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German Pages 206 [212] Year 1964
Preußen / Epochen und Probleme seiner Geschichte
PREUSSEN Epochen und Probleme seiner Geschichte
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp. B E R L I N 1964
Die Aufsätze dieses Buches sind aus einer von der Historischen Gesellschaft zu Berlin in den Jahren 1962/1963 unter dem Titel „Preußen als historisches Problem" veranstalteten Vortragsreihe hervorgegangen. Herausgeber: Richard Dietrich
© Archiv-Nummer 47 71 64/2 Copyright 1964 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandluflg. J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp. — Printed in Germany — Alle Rechte der Ubersetzung, des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Anfertigung von Mikrofilmen — auch auszugsweise — vorbehalten.
Vorwort Seit Otto Hintzes großer Darstellung: „Die Hohenzollern und ihr Werk" ist fast ein halbes Jahrhundert vergangen, ohne daß eine neue Gesamtdarstellung der preußischen Geschichte erschienen wäre. Die Zeiten seitdem waren einem solchen Unternehmen nicht günstig. Die vorliegende Aufsatzsammlung stellt nicht den Anspruch, ein solches Unterfangen zu versuchen. Als sich die Historische Gesellschaft zu Berlin entschloß, in den Monaten vom Dezember 1962 bis zum Juli 1963 mit dieser Vortragsreihe an die Öffentlichkeit zu treten, tat sie es aus der Erwägung heraus, daß der Versuch, von den Ergebnissen der neuesten Forschung her sich diesem brennenden Problem „Preußen" zu nähern und sich mit ihm auseinanderzusetzen, eigentlich überfällig sei. Das Echo, das diese Vortragsreihe seinerzeit gefunden hat, rechtfertigte diesen Versuch und ermutigte die Gesellschaft, auch sie wieder in Buchform herauszugeben, zumal der Verlag de Gruyter sich in dankenswerter Weise bereit erklärte, sie wieder zu betreuen. Die Vortragsreihe lief damals unter dem Titel: „Preußen als historisches Problem". Der Herausgeber bedauert es außerordentlich, daß es ihm nicht möglich war, diesen Titel beizubehalten, seitdem die aus dem Nachlaß herausgegebene Sammlung von Aufsätzen Carl Hinrichs' diese Benennung erhalten hat. Der neue Titel ist gewählt worden, um zwei Erwägungen Ausdruck zu geben: einmal der, daß es sich keinesfalls um eine abgeschlossene Geschichte Preußens handelt, — sie ist und bleibt ein echtes Desiderat der Forschung —; zum zweiten deshalb, weil gerade von den Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit und den neuesten Forschungsergebnissen her eben nicht nur „Probleme" und „Kapitel" der preußischen Geschichte geboten werden sollten, sondern der Versuch wenigV
Vorwort stens gemacht werden mußte, sich der „Problematik" Preußens zu nähern. Der Herausgeber bedauert es ebensosehr, daß es nicht allen an jener Vortragsreihe beteiligten Rednern möglich gewesen ist, ihre Vorträge zum Druck zur Verfügung zu stellen. Es ist ihm deshalb ein ganz besonderes Bedürfnis, Herrn Dozent Dr. Ernst Klein herzlich und aufrichtig dafür zu danken, daß er sich bereit erklärt hat, den Beitrag über den preußisdien Absolutismus beizusteuern. Der Herausgeber selbst hat es übernommen, den anderen ausgefallenen Beitrag zu ersetzen, der das Verhältnis Preußens und Deutschlands in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts behandelt. E r hat es nur mit Bedenken getan, als eine Reihe von Kollegen die Bitte um Hilfe aus Zeitmangel abgelehnt hatten. Wichtiger jedoch, als selbst nun mit zwei Beiträgen vertreten zu sein, erschien es ihm, das Zustandekommen dieser Publikation auf jeden Fall zu sichern. Otto Hintze schrieb in seinem Gedenkwort zur Vierhundertjahrfeier der Herrschaft des Hauses Hohenzollern in der M a r k : „Der preußische Staat ist eine Schöpfung der Hohenzollern". Und er nahm diesen Eingangssatz wieder auf in den Schlußsätzen: „Die Umschau über das Soll und Haben unseres Volksund Staatslebens . . . gewährte im großen und ganzen ein Bild, das patriotische Herzen wohl befriedigen konnte . . . In diesem Kriege werden die eisernen Würfel geworfen um Sein und Nichtsein einer deutschen Weltmacht; wie einst das Preußen Friedrichs des Großen im Siebenjährigen Kriege, so kämpft in diesen Tagen das Deutsche Reidi unter seinem Hohenzollernkaiser um seine Existenz gegen eine Welt von Feinden . . . eine starke monarchistische Führung wird unsere Zukunft ebensowenig entbehren können, wie die vom Lärm der Waffen erfüllte Gegenwart." Diese Welt liegt weit hinter uns. Preußen war eine Schöpfung der Hohenzollern und es erwies sich als so lebenskräftig, daß es trotz seiner heterogenen Zusammensetzung den Sturz der Dynastie überlebte und zum tragenden Pfeiler der Republik werden konnte. Erst die völlig unhistori-
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Vorwort
sehe Politik eines Adolf Hitler hat ihm den Todesstoß versetzt, denn die Auflösungserklärung des Kontrollrates war nur die Todeserklärung f ü r einen schon lange Verstorbenen. Die geschichtliche Leistung der Hohenzollern und des von ihnen geschaffenen Staates Preußen ist unbestritten und unbestreitbar. Wenn in den folgenden Seiten trotzdem manches kritische Wort fallen wird, so um der historischen Ehrlichkeit willen. Die Erscheinungsform des preußischen Staates hat neben ihren Stärken ebenso ihre Schwächen gehabt, wie sie jedes historische Phänomen hat. Auf sie hinzuweisen und sie zu untersuchen, ist heute die Pflicht jeder ehrlichen Geschichtsforschung, die es sich zur Aufgabe macht, in unserer Geschichte die Wurzeln unserer Gegenwart aufzusuchen. Schließlich sei auch an dieser Stelle noch einmal dankbar Carl Hinrichs' gedacht. Sein 1956 in der Historischen Gesellschaft zu Berlin gehaltener Vortrag: „Preußen als historisches Problem" ist der Keim dieser Vortragsreihe gewesen, die selbst zu organisieren und zu betreuen und in der selbst über „Die Formen des preußischen Absolutismus" zu sprechen ihm nicht mehr vergönnt gewesen ist. Berlin, im Frühjahr 1964
Riebard
Dietrich
Inhalt ERSTES
KAPITEL
Ordensstaat, Herzogtum Preußen und preußische Monarchie. Von Herbert Heibig
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ZWEITES KAPITEL
Von der Mark Brandenburg zum Preußenstaat. Von Johannes Schultze
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DRITTES KAPITEL
Die Entstehung des Junkertums. Von F. L. Carsten
57
VIERTES KAPITEL
Der preußische Absolutismus. Von Ernst Klein
77
FÜNFTES KAPITEL
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert. Von Richard Dietrich
99
SECHSTES KAPITEL
Preußen und die Weimarer Republik. Von Georg Kotowski.
.
. 145
Anmerkungen
171
Bibliographie
179
Sachregister
186
Personenregister
195
ERSTES
KAPITEL
Ordensstaat, Herzogtum Preußen und preußische Monarchie von Herbert Heibig
Bei den Verhandlungen, die der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. in Wien und Warschau über die von ihm angestrebte Erwerbung der Königskrone führen ließ, spielte die Titelfrage eine erhebliche Rolle. Es kam dem Hohenzollern darauf an, die königlidie Würde nicht auf seine mitteldeutschen Reichslande zu begründen, was ihn lehnsabhängig vom Kaiser gehalten hätte, sondern auf sein souveränes Herzogtum Preußen, weil er ein unabhängiger König sein wollte. Aber da ergaben sidi Schwierigkeiten in Polen. Dort wollte man lange Zeit von einem König von Preußen nichts wissen, da ja der Westteil des ehemaligen Ordensstaates Preußen seit 1466 der Krone Polens einverleibt war. Die polnischen Vorschläge, Friedrich möge sidi zum „König der Wenden" oder zum „Rex Brandenburgicus in Prussia" krönen lassen, verwarf er sofort, weil diese Titel eben in bezug auf Reichsländer gebracht werden konnten. Begreiflicherweise konnte auch der absurde Einfall des Beichtvaters des polnischen Königs und sächsischen Kurfürsten Friedridi August, der in der Krönungsfrage bei der Kurie sondierte und empfahl, der brandenburgische Kurfürst möge bei der Krönung den Titel „König der Vandalen" annehmen, nicht dessen Zustimmung finden. Kurfürst Friedrich war weder ein starker Charakter noch ein Mann von besonderer Begabung, aber sein politisches Einfühlungsvermögen reichte vollkommen aus, um die Stellung der Hohenzollern unter den deutschen Fürsten richtig einzuschätzen. Mit Erfolg hat er auf der Erhöhung seiner Würde aus der Souveränität über das Herzogtum Preußen bestanden 1
Preußen
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Herbert Heibig und dieses Ziel mit der Krönung zum König in Preußen in Königsberg am 18. Januar 1701 erreicht. Erst vier Jahrzehnte früher hatte der Vater des ersten Königs, der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm, unter Ausnutzung der politischen Lage im Frieden von Oliva die Lösung des Herzogtums Preußen von der Lehnshoheit Polens durchgesetzt und damit die volle Souveränität über das Land erhalten. Schon 1618 war das Herzogtum durch Nachfolgerecht an Friedrich Wilhelms Großvater, den Kurfürsten Johann Sigismund, gefallen und damit die Personalunion mit der kurfürstlich brandenburgischen Linie eingetreten. Denn weitere drei Generationen vorher — nach dem Tode des letzten Ordenshochmeisters und ersten Herzogs Albrecht, der aus der ansbadischen Linie der Hohenzollern stammte —, hatte als erster der brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. 1569 die Mitbelehnung an dem Herzogtum Preußen erwirken können, zusammen mit Albrechts Sohn. Als dieser letztere 1618 starb, konnte das schon erwähnte Recht der Nachfolge von Kurfürst Johann Sigismund mit Erfolg geltend gemacht werden. Bis zu seinem Regierungsantritt, also bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts, umfaßte die Masse der brandenburgischen Länder und Herrschaften, einschließlich des Besitzes der Linie Ansbach-Bayreuth, ein Gebiet von rund 39 400 qkm. Es wurde fast um das Doppelte vermehrt durch das Erbe des etwa 36 200 qkm großen Herzogtums Preußen. Westpreußen und der Netzedistrikt, die erst 1772 hinzukamen, fügten dem im Nordosten einen weiteren Landgewinn von knapp 35 500 qkm hinzu. Noch beim Regierungsantritt des ersten Hohenzollernkönigs stellte das Herzogtum Preußen den nach Umfang und Geschlossenheit bei weitem größten Besitz dar, aber es war gegenüber den brandenburgischen Stammländern eine junge Erwerbung. Jedoch band die kurbrandenburgischen Länder damals noch immer das Lehnsverhältnis zum Kaiser, das erst 1806 bei der Auflösung des alten Reiches erlosch. Preußen hingegen war frei von solchen Bindungen, hier konnte die Pro2
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klamierung der Monarchie als ein Akt echter Souveränität nidit bestritten werden, und diese Auffassung hat der erste Hohenzollernkönig durch seine Selbstkrönung sehr bewußt betont. Mit der Begründung des Königtums in Preußen setzte die Übertragung dieses Landesnamens in die kurbrandenburgischen Länder ein, ihre Behörden galten fortan als königlich preußische. Mit dem Namen verknüpft sich die Erinnerung an die Geschichte des Ordenslandes und des Herzogtums, doch ist darauf hinzuweisen, daß entsprechend seinem mehrfachen Bedeutungswandel der Name Preußen im Blick auf Volk und Staat einen versdiiedenen Inhalt gehabt hat. Die Stämme der heidnischen Prussen, die, zur baltischen Völkerfamilie gehörig, in ihrer Hauptmasse östlich der unteren Weichsel, zum kleineren Teil westlich dieses Stromes ansässig waren, wurden in der abendländischen Welt schon vor dem 13. Jahrhundert, vor der Ankunft des Deutschen Ordens in ihren Stammesbereichen, als Prutheni, Prussi u. ä. bezeichnet. Vom Orden zwangsweise christianisiert und seiner Herrschaft unterworfen, bildeten schließlich die prussischen Stammesgebiete das Kernstück für den Staat des Deutschen Ordens. Den Zeitgenossen war das so selbstverständlich, daß im frühen 14. Jahrhundert, nachdem sich der Orden 1309 in den Besitz Pommerellens mit Danzig, Dirschau und Sdiwetz gesetzt hatte, der alte Name des Landes der Prussen auch auf die neugewonnenen, von Westslawen und deutschen Zuwanderern bewohnten Gebiete überging und nunmehr der Gesamtstaat des Ordens weithin beiderseits des Unterlaufs der Weichsel als „Preussen" bezeichnet wurde. Nicht nur die Ordensleitung selbst sprach in ihren Verträgen von den „terrae Prussiae" oder den „Landen zu Preussen", die längst über die prussischen Stammesgebiete hinausgewachsen waren; auch die Kurie gebrauchte „Preußen" als Namen für den Staat des Ordens einschließlich Pommerellens. Besonders deutlich zeigt sich das in der Überlieferung der geschäftigen und reichen Stadt Danzig, dem unbestritten führenden Vorort der sechs Hansestädte im Bereich des Ordens, die in ihren eigenen Ausl*
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sdireiben, in den Rezessen der Hansetage und auch sonst vielfach im Schriftverkehr innerhalb des hansischen Wirtschaftsraumes als zu Preußen gehörig bezeichnet wird. Schon vor der Mitte des 14. Jahrhunderts galten demnach der preußische Ordensstaat und seine Hansestädte als eine Einheit. Durch die Übertragung des Namens der prussischen Stammesgebiete auf das weit größere Staatswesen des Deutschen Ordens — freilich niemals unter Einbeziehung der von ihm 1402 erworbenen und für rund ein halbes Jahrhundert besessenen N e u m a r k — wurden die Voraussetzungen geschaffen, d a ß sich ein neuer Stammesbegriff Preußen herausbilden konnte. Dieser bezog sich dann in der Hauptsache auf die vom Orden ins L a n d gerufene und angesetzte deutsche Bevölkerung, die durch Wachstum und Binnenwanderung im L a u f e zweier J a h r hunderte so stark zunahm, daß sie volkstumsmäßig den C h a rakter des Ordensstaates bestimmte und einen Neustamm bildete, dessen Angehörige sich schließlich gleichfalls als Preußen bezeichneten. D e m ging freilich eine längere Entwicklung voraus, während der dieser N a m e vorerst auf die gebürtigen Stammpreußen (Prussen) beschränkt blieb, wobei zugleich die Zugehörigkeit zu einer Bevölkerungsschicht zum Ausdrude kam, die unter festgelegten Rechtsordnungen und daraus entstandenen sozialen Verhältnissen lebte. Durch den Aufstand gegen den Orden 1 2 6 0 hatten sich die Prussen um die ihnen elf J a h r e zuvor im Vertrag von Christburg gewährte persönliche Freiheit und um andere Rechte gebracht. Z w a r blieb die ständische Schichtung in Grundherren (Edle), bäuerliche Kleinbesitzer und eine breite Masse unfreier Gärtner und Gesindeleute bestehen, aber die rechtliche und soziale Lage der beiden ersten Bevölkerungskreise änderte sidi beträchtlich. N u r die an der Erhebung unbeteiligten oder auf der Seite des Ordens verbliebenen Grundherren erhielten ihren Besitz bestätigt und erfuhren in ihrem Rechtsstand bald eine Angleichung an die deutschen Freien. Diese prussischen Edlen sind daher auch zuerst im deutschen Volkstum aufgegangen. D i e breite Schicht der
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bisher freien bäuerlichen Kleinbesitzer mußte dagegen eine Minderung der überkommenen Rechts- und Wirtschaftslage hinnehmen. In Einzelhöfen oder geschlossenen Dorfschaften ansässig, grundsätzlich von den deutschen Zinsdörfern getrennt, behielt der Prusse auch nach 1260 zwar H o f und Grundstück, aber nur mit einem beschränkten Besitz- und Erbrecht, außerdem war er verpflichtet zu ungemessenem Scharwerk und Kriegsdienst. Die Unfreien lebten als Hintersassen der Ordensdomänen, der deutschen und prussischen Grundherren und des städtischen Grundbesitzes. Als Prusse wurde somit der Angehörige eines Standes von H a l b - und Unfreien angesprochen, mit dieser Bezeichnung also die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Reditskreis ausgedrückt, der sich vom deutschen beträchtlich unterschied. Zwar ging die Ordensleitung seit der Mitte des 14. Jahrhunderts dazu über, prussische Dörfer durch eine Handfeste mit deutschem Recht zu bewidmen und dadurdi die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Besserstellung zu schaffen, in Einzelfällen auch Stammpreußen in deutsche Zinsdörfer einzusiedein. Aber zwischen der Masse der prussischen Bevölkerung und den deutschen Bauern blieben die sozialen Spannungen bestehen. Die in der gleichen Zeit weite Teile Europas verheerenden Pestepidemien griffen auf das Ordensland über und führten zu einer Agrarkrise, die noch dadurch verstärkt wurde, daß besonders jüngere Prussen vom Lande in die Städte abzogen. Diese Landflucht bedeutete aber zugleich Ausbruch aus dem bisherigen Rechtsstand. Die Ordensleitung war bestrebt, die bestehenden Verhältnisse zu erhalten und der Unterwanderung der rechtlichen und sozialen Grenzen entgegenzuwirken, wie das die vier während der Jahre 1417 bis 1444 erlassenen Landesordnungen deutlich machen. Bestand in der früheren Zeit durchaus die Möglichkeit, daß Stammpreußen das Bürgerrecht in den Städten des Ordenslandes erwerben konnten, so wurde eine soldie Verleihung nunmehr ausdrücklich verboten. Gewiß entsprach die Maßnahme der Absicht, dem Lande die Arbeitskräfte zu erhalten, sie verband 5
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sich aber mit einer allgemein für die Städte Deutschlands in dieser Zeit bekannten Erscheinung, die den Zugang zu den Zünften erschwerte und zu einer Erstarrung des Zunftwesens führte. Im Bereich der ostdeutschen Siedelbewegung und besonders im Ordensstaat wirkte sich das vielfach zunächst gegen die „Undeutschen" aus, um einen Ausdruck der Zeit zu gebrauchen. Erst die Entwicklung der innerpolitischen Verhältnisse in Preußen hat im Verlaufe des gleichen Jahrhunderts dazu beigetragen, daß die Rechtsgrenzen zwischen Deutschen und Stammpreußen beweglich wurden. Das in Planung und Durchführung so erfolgreiche ländliche Siedelwerk des Ordens hatte zwei nach Rechtslage und wirtschaftlicher Struktur verschiedene Typen deutscher Besitzformen geschaffen. Durch Einzelvertrag erhielten deutsche Freie eine Landzuweisung von in der Regel zehn bis vierzig, seltener auch mehr Hufen, mit der Gerichtsbarkeit über ihre Hintersassen und der Auflage zu Kriegsdiensten für den Orden. Auf ihren Dienstgütern wurden die Grundlagen zu der später für Preußen so charakteristischen Gutswirtschaft gelegt. Bis ins 15. Jahrhundert spielte die adlige Herkunft mancher Inhaber solcher Dienstgüter keine Rolle, erst in der herzoglichen Zeit gewannen sie als „Rittergutsbesitzer" gegenüber den nichtadligen „Kölmern" größere rechtliche Vorteile. Mit den in Dörfern angesiedelten deutschen Bauern schloß der Orden keine Einzelverträge ab, doch wurden die für die Dorfgemeinschaft gültigen Rechte in Handfesten niedergelegt, die der Orden den für die Ortsgründung verantwortlichen adligen oder bürgerlichen Unternehmern meist nach Ablauf der Freijahre ausfertigte. Die Bauern erhielten ihren Besitz als frei verfügbares Erbe, blieben gebunden an die dörfliche Genossenschaft und ebenso durch die geregelte Hufenverfassung, hatten aber der Ordensherrschaft nicht Dienste zu leisten, sondern mußten an sie Zinsen zahlen, die sich nach der Größe des Hufenbesitzes richteten. Die fruchtbaren Böden, in Gewanne aufgeteilt und durch die Dreifelderwirtschaft ertragreich genutzt, lieferten hohe Ge-
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treideüberschüsse, die der Orden aufkaufen und auf den westeuropäischen Märkten absetzen ließ. Das füllte seine Kassen ebenso wie die regelmäßig zufließenden Abgaben der Bauern aus den deutschen Zinsdörfern. Durdi die großen Siedlungsmaßnahmen des 14. Jahrhunderts, den inneren Landesausbau und die in die Wildnis vorgetriebenen Rodungen, erschöpften sich jedoch die Kräfte des einheimisch gewordenen deutschen Volkstums. Als zudem der seit Ausgang dieses Jahrhunderts nachlassende Zuzug deutscher Zuwanderer aus dem Reich sich auszuwirken begann, mußte der Orden, obwohl er zunächst durch seine Ordnungen die alten Verhältnisse zu erhalten versuchte, auch Prussen zur Fortführung seines Siedelwerkes heranziehen. In den Gebieten der preußischen Bischöfe, besonders im Ermland, waren Prussen bereits auf deutschen Hufen und damit zu besserem Recht angesetzt worden, als der Orden seit der Mitte des 14. Jahrhunderts teilweise dazu überging, die Äcker prussischer Dörfer nach der deutschen Fluraufteilung umzulegen und das Erbzinsrecht für den bäuerlichen Besitz einzuführen. Bei der Besiedlung der Wildnis sind dann besonders häufig auch freie prussische Grundbesitzer auf kulmischen Eigengütern angesetzt worden. Dieser Einbruch in die deutsche Rechts- und Wirtschaftssphäre, den der Orden erst aufzuhalten, dann zu lenken versuchte, mußte im Laufe der Zeit zu einer Annäherung der beiden Volksteile führen, zumal sich im 15. Jahrhundert die Lage der deutschen Bauern verschlechterte und sich dadurch ein sozialer Ausgleich mit den Prussen anbahnte. Erst diese Entwicklung machte es möglich, daß der preußische Stammesname auf die deutsche Bevölkerung des Landes übergehen konnte. Nachdem es schon früher üblich geworden war, die deutschen Brüder des preußischen Ordenszweiges in ihrer Gesamtheit „Preußen" zu nennen, und in Polen unter der „terra Prutenorum" das Land der Ordensritter verstanden wurde, umfaßte schließlich die Bezeichnung „Preußen" ohne Unterschied der volksmäßigen Herkunft und Zugehörigkeit die gesamte im Lande des Ordens einheimisch gewordene Bevölkerung. 7
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Der Brauch, den Namen des Ordensstaates auf seine Bewohner zu übertragen, ist nicht von diesen selbst ausgegangen. Vielmehr ist er ihnen bei ihrer Begegnung mit der Umwelt zugelegt worden, zuerst nachweisbar als Kollektivbenennung im Schriftverkehr der Hanse und als Herkunftsbezeichnung für Einzelpersonen in den Matrikeln der europäischen Universitäten. Doch erst nach der Mitte des 15. Jahrhunderts, als der Kampf um ständische Rechte Adel und Städte in dem Bewußtsein einte, als selbständige Repräsentanten des Landes gegen die Ordensherrschaft vorzugehen, wuchs die Neigung unter den deutschen Einwohnern Preußens, sich selbst Preußen zu nennen. Politisch führte die ständische Bewegung zur Zerreißung des Ordensstaates, volkstumsmäßig war aber in der gleichen Zeit die Bildung des ostdeutschen Neustammes der „Preussen" abgeschlossen und fand in dem selbstverständlichen Gebrauch seines Namens Ausdrude, diesseits und jenseits der neupolnischen Grenzen. Denn für die Erhaltung des Landesnamens Preußen und seine Weiterentwicklung zu einem neuen Stammesbegriff ist es von entscheidender Bedeutung gewesen, daß auch die Stände des Ordensstaates seine Einheit anerkannten. Selbst ihr Widerstand gegen die Ordensleitung, der gerade von den Ständen der westlichen Landesteile vorgetragen wurde, vermochte diesem Einheitsbewußtsein keinen Abbruch zu tun. Bezeichnenderweise blieb nach 1466 dem im 2. Thorner Frieden an die Krone Polen abgetretenen westlichen Ordensgebiet der Landesname Preußen erhalten. Und sechzig Jahre später, nach der Umwandlung des dem Ordensstaat verbliebenen östlichen Teiles seines Herrschaftsbereiches in ein weltliches Herzogtum, wurde es Brauch, von „Herzoglich Preußen" zur Unterscheidung von dem polnisch gewordenen „Königlich Preußen" zu sprechen. Hatte die Lebensfähigkeit dieses ostdeutschen Neustammes, dessen Bildung in der Hauptsache das Werk des Deutschen Ordens gewesen war, in seiner Eigenart und Geschlossenheit in dem zur Heimat gewordenen Lande durch Jahrhunderte 8
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hindurch Bestand, so ist ganz im Gegensatz dazu die staatsbildende Kraft der Ordensgemeinschaft in Preußen schon nach zweieinhalb Jahrhunderten erschöpft gewesen. Die innere Verfassung des Ordens war ein Erbe seiner Gründung im Heiligen Lande am Ausgang des 12. Jahrhunderts. Schon die drei Kernsätze der Ordensregel, die von dem Ordensmitglied Verzicht auf persönlichen Besitz, Enthaltsamkeit und Unterordnung forderten, schließen in sich die Grundmotive geistlicher Amtsgesinnung ein. Das durch Gelübde abgelegte Bekenntnis zum Armutsideal machte den Ritterbruder, der für die ihm aufgetragenen Pflichten keinen persönlichen Gewinn erwarten durfte, zum uneigennützigen Amtsverwalter im Dienste der Ordensgemeinschaft, und ebenso kam der Korporation der unbedingte Gehorsam ihrer Mitglieder als staatliche Formungskraft zugute. Wenn auch der Hochmeister selbst nach den Ordensstatuten durch das Kapitel und die Großgebietiger eingeschränkt war, so stellten doch Gehorsam und Disziplin die Voraussetzungen dar, auf denen das Innenleben des Ordens beruhte. Sie ließen sich unmittelbar zu Grundlagen der Staatsführung machen, der dann noch in besonderem Maße der Gedanke des Dienens zugute gekommen ist. Diese Grundforderungen verbanden die einzelnen Inhaber der hierarchisch einander zugeordneten Ämter und verbürgten den reibungslosen Ablauf der inneren wie der öffentlichen Tätigkeit der Brüderschaft. Die Auffassung von Herrschaft und Verwaltung als Dienst lebte, von der Idee in die T a t umgesetzt, in der Gemeinschaft der Ordensangehörigen. Sie ist, nachdem ihre Staatsform gesichert war, auf diese übertragen worden. Obwohl der Orden in seiner geistlich-ritterlichen Exklusivität keinen unmittelbaren Zugang zu der von ihm beherrschten Bevölkerung fand, blieb doch auch nach seinem Untergang die Selbstverständlichkeit des Dienens als lebendiges Erbe untrennbar mit dem Begriff des „Preußischen" verbunden. Gestützt auf eine vom Kaiser garantierte programmatische Rechtsgrundlage für einen eigenständigen Staat, dem mit dem
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uneingeschränkten Besitz der Regalien, der Gerichts- und Verwaltungsbefugnisse die volle Landeshoheit übertragen wurde, konnte der Orden die inneren Verhältnisse in dem gewonnenen Land selbständig regeln. Er mußte sich auch nicht, wie die zur Landesherrschaft strebenden geistlichen und weltlichen Gewalten in den westlichen Teilen des Reiches, mit konkurrierenden lokalen Kräften auseinandersetzen. Zwar bestanden noch im 13. Jahrhundert Ansätze zur Bildung unabhängiger bischöflicher Territorien in Preußen, da aber der Orden die Domkapitel der Bistümer Kulm, Pomesanien und Samland inkorporierte, die Bischöfe und Domherren damit Priesterbrüder des Ordens wurden, konnte nicht nur einer Aufsplitterung in selbständige geistliche Herrschaftsgebiete vorgebeugt, sondern auch eine Rivalität zwischen Landesherrschaft und Kirche, die in späterer Zeit die inneren Verhältnisse des Reiches so empfindlich störte, vermieden werden. Die Inkorporation dieser Bistümer machte es möglich, die verschiedenen Zweige der Landesverwaltung zu weitgehender Übereinstimmung zu bringen, Militärwesen, Gerichtsbarkeit und vielfach auch das Siedlungswerk in den Diözesen unter die Leitung von Ordensvögten zu stellen. Nur im Bistum Ermland begnügte sich der Orden mit der Ausübung einer Schirmvogtei, die ihm aber auch ein Aufgebot für das Ordensheer und die Führung bei Verhandlungen über außenpolitische Probleme sicherte. Beherrschte im Ordensland vom Beginn seiner Staatlichkeit ein großräumiger Zug die Territorialbildung, so kam dieser weiter zugute, daß die durch Eroberung oder inneren Ausbau nacheinander gewonnenen und in Komtureien gegliederten Landbezirke gemäß der Ordensverfassung in der gleichen Weise verwaltet wurden. Ihrem geistlich-weltlichen Charakter entsprechend, vereinigte der Komtur, dem ein Konvent von Ritter- und Priesterbrüdern zur Seite stand, geistliche Befugnisse, militärische Befehlsgewalt und administrative Leitung in seiner Person und lenkte von dem ihm zugewiesenen Ordenshaus für den meistens recht umfangreichen Landbezirk Siedelwesen, Finanzverwaltung, Recht10
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sprechung und die sonstigen lokalen Maßnahmen, wie er in seinem Amtsbezirk auch das militärische Aufgebot zusammenzurufen und zu führen hatte. Dabei blieben die Komture stets von der Ordensleitung abhängig. Die Verlegung des Hodimeistersitzes von Venedig nach der Marienburg 1309 hat dann die territorialstaatliche Entwicklung des Ordenslandes erheblich gefördert. Landesherr blieb zwar entsprechend seiner Verfassung der Gesamtorden, verkörpert durch Hochmeister und Generalkapitel, aber im Laufe des 14. Jahrhunderts ging die legislative und exekutive Rechtsgewalt in immer größer werdendem Umfang auf das Meisteramt über, so daß schließlich alle Funktionen des Verwaltungsapparates in dieser Zentralinstanz vereinigt waren. Zwar änderte sich nicht die Struktur der Ämterhierarchie, die sich von der Regierungsspitze bis zu den Komturen und den von diesen mit besonderen Aufgaben betrauten Pflegern und Vögten abstufte. Die großen Gebietiger und andere Mitglieder des Generalkapitels in der Umgebung des Hochmeisters leiteten und beaufsichtigten weiterhin für ihre Dienstbereiche die Landesverwaltung, aber sie blieben letztlich Ratgeber gegenüber der fürstlichen Entscheidungsgewalt des Hochmeisters. Seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert lag die tatsächliche Landesherrschaft in seinen Händen. Als geistliches Haupt des von Priesterbrüdern versorgten Kirchenwesens, Gesetzgeber, oberster Gerichtsherr und Führer des Ordensheeres, konnte der Hochmeister in die Besetzung der Ämter und die Tätigkeit der Brüder eingreifen, insbesondere auch das Siedelwerk und die Wirtschaftsplanung der Territorialpolitik des Ordens nutzbar machen. Durch eine rasch zunehmende Fülle von Gesetzen, Privilegien und Anordnungen verschiedenster Art haben die Hochmeister ihrer vermehrten Initiativgewalt Ausdruck gegeben. Erst die für den Orden ungünstigen Verhältnisse des 15. Jahrhunderts, hervorgerufen durch die außenpolitische Konstellation und die ständische Bewegung, hielten die Entwicklungstendenz zu einer vollkommenen Zentralgewalt auf und ließen sie nicht mehr ausreifen.
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Doch war es gewiß nicht so, daß der Orden in der Zeit seiner unbestrittenen Machtstellung nur bestimmt hätte, wie die ihm von Kaiser Friedrich II. überlassenen Hoheitsrechte in der Sphäre der Beherrschten angewandt werden sollten, und daß er den verschiedenen Bevölkerungsgruppen seines Landes keine Gelegenheit gegeben hätte, selbst Anteil an der Gestaltung ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu nehmen. Vielmehr ist schon im 13. Jahrhundert von der Ordensführung mit den Untertanen im Kulmerland, später in Pommerellen verhandelt worden. Es sollte nicht übersehen werden, daß die meisten Handfesten der Städte und Dörfer, auch die Verleihungsurkunden für die Dienstgüter vielfach auf Grund von Verhandlungen mit den Beliehenen, nicht einfach als herrschaftliche Satzung und oft erst nach längerer Ansässigkeit zustande gekommen sind. In diesem Sinne ist die Kulmer H a n d feste von 1233 zu verstehen, in der gleichzeitig mit für Thorn, zugeschnitten auf die Verhältnise der landbesitzenden Bürger, eine Umsetzung älteren deutschen Gewohnheitsrechtes nach den besonderen Bedürfnissen des Ordensstaates erfolgte. Da aber, wie treffend gesagt wurde, die Kulmer Handfeste alle dem Lande zugestandenen Verfassungsrechte an zwei Bürgergemeinden interpretierte, war sie mehr als ein Stadtrecht, zumal ihr sachlicher Gehalt auch auf Landsassen angewandt werden konnte. In der Praxis hat ja tatsächlich die Handfeste als Landesrecht Anwendung gefunden. Der Orden hat immer an der nach kulmischem Recht vorauszusetzenden Auffassung festgehalten, daß ihm als Grundherrn das Obereigentum in seinem Staatsgebiet zustand, wenn er den Angesiedelten unter Wahrung der persönlichen Freiheit den erblichen und unter gewissen Beschränkungen verkäuflichen Besitz von Landstücken verlieh und das Erbrecht auch auf das weibliche Geschlecht ausdehnte. Unter diesen Bedingungen erhielten die Stadtbürger die Verfügung über ihre Grundstücke, die deutschen Freien Verschreibungen auf die Dienstgüter und die Bauern der deutschen Zinsdörfer das Eigentum an den ihnen überlassenen H u 12
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fen. In bezug auf Erwerb, Verkauf und Vererbung von Grund und Boden waren die deutsdistämmigen ständischen Sdiichten völlig gleichberechtigt; denn die Rechtsgleichheit bildete die natürliche Grundlage der Siedlungspolitik des Ordens. Eine Änderung begann sich anzubahnen, als größere Landkomplexe an Ritterbürtige verliehen wurden, der Landadel seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert politisch stärker hervortrat und sich von den Freien abzusondern begann. Doch fand die in dieser Zeit noch recht dünne Adelsschicht erst nach 1466 erhebliche Verstärkung, als zahlreiche vom Orden ins Land gerufene Söldnerführer sich nach dem Ende des Krieges gegen Polen auf den ihnen als Entschädigung überlassenen Herrschaften in Preußen niederließen. Wie die aristokratisch gelenkte Führung des Ordens über zwei Jahrhunderte darauf achtete, daß keiner der Standeskreise den anderen gegenüber für sich eine Bevorzugung im Besitzrecht in Anspruch nehmen konnte, so sorgte sie auch von Anfang an dafür, daß Bürgern, Freien und Bauern, ihrer Lebenssphäre angemessen, ein Raum zu eigener rechtlicher Betätigung blieb. Den städtischen Bürgerschaften wurde die Wahl der Richter zugestanden, da aber der Orden über die Bestimmungen der Kulmer Handfeste hinaus nicht rechtsetzend in die Verwaltung der Städte eingriff, ging nach Bildung der Ratskollegien, die sich schließlich durch freie Zuwahl ergänzten, den Gesamtbürgerschaften das freie Wahlrecht verloren. Die Freien erhielten über die Hintersassen ihrer Dienstgüter die niedere, zuweilen auch die höhere Gerichtsbarkeit. Für die Bauern der deutschen Zinsdörfer übte der Erbschulze die Mittlerrolle zur Ordensobrigkeit; sein Amt leitete sich meistens aus der Tätigkeit eines Lokators bei der Gründung des Dorfes her. Gut und Land besaß er als erbliches Lehen, sein Hufenbesitz war zinsfrei und größer als derjenige der einzelnen Bauern, und außer den Einkünften aus besonderen Gerechtsamen bezog er vom dörflichen Niedergericht, dem er vorstand, Anteile der anfallenden Bußen. Dem zuständigen Komtur, als dem Vertreter der Ordensherrschaft ver13
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antwortlich für den rechtzeitigen Eingang der von den Bauern zu zahlenden Zinse, die sie nach Ablauf der auf die Ansetzung folgenden Freijahre abgestuft nach der Hufenzahl und Bodengüte entrichten mußten, hatte der Erbschulze auch die Lieferung der geringen Naturalabgaben und die Ableistung des Scharwerksdienstes, zu dem die Bauern bis zu einer Woche jährlich auf den Ordensdomänen verpflichtet waren, zu überwachen. Seine Amtstätigkeit verpflichtete ihn indessen nicht nur gegenüber der Herrschaft, sondern auch gegenüber der dörflichen Genossenschaft. In der Gestaltung der Selbstverwaltung innerhalb der Gemeinde hatte der Orden den bäuerlichen Siedlern freie Hand gelassen, so daß sie weiter nach den in ihrer Heimat üblichen Gebräudien leben konnten. Für die Aufrechterhaltung der Ordnung in D o r f und Flur mußte der Erbschulze als Dorfrichter und Gemeindevorstand sorgen, wobei er für den Fall, daß Gemeindebesitz vorhanden war, Hilfskräfte annahm. Doch ist es in Preußen nicht zur Bildung besonderer Einrichtungen für die dörfliche Selbstverwaltung gekommen. Während die von dem Orden eingerichtete Landesverwaltung auch nach seinem Untergang in ihren Grundzügen weiterbestand und das von ihm zur Festigung und Behauptung seines Staates getragene Besiedlungswerk in neuen Ansätzen fortgesetzt wurde, befand sich die Herrschaft der Hochmeister seit der ersten totalen Krise im Jahre 1410 laufend im Rückgang gegenüber der ständischen Bewegung, die die innere Entwicklung in Preußen für die folgenden zwei Jahrhunderte aufs stärkste belasten sollte. Dabei ist die durch die Forderungen der Stände ausgelöste Politik, die Preußen im 15. Jahrhundert zu einem territorialen Ständestaat umformte, in der Hauptsache von den Städten und dem grundbesitzenden Adel bestimmt worden. Die Geistlichkeit bildete keinen eigenen Stand, denn die Priesterbrüder gehörten als Ordensmitglieder zur Landesherrschaft, wie auch die Bischöfe und Domkapitel als Landesherren ihrer Herrschaftsbereiche galten. Ständische Vertreter aus dem preußischen Ordensgebiet wurden zum ersten 14
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Male von dem Hochmeister Heinrich von Plauen im Jahre nach der Katastrophe von 1410 berufen. Die finanzielle N o t lage des Staates zwang die Ordensleitung zu der bis dahin ungewöhnlichen Maßnahme, eine allgemeine Landessteuer auszuschreiben, und diese Geldforderung gab wie allenthalben im Reiche auch in Preußen den Anstoß zur Bildung ständischer Vertretungen. Nachdem sich der Hochmeister mit Unterstützung der kleinen Städte und der Gewerke der Hauptstädte, die er geschickt gegen die Ratsgeschlechter und den Landadel auszuspielen verstand, durchgesetzt hatte, stärkte er auch die Stellung der Inhaber von bäuerlichen Dienstgütern, vor allem stammpreußische Freie. Abgesandte dieser verschiedenen ständischen Schichten sind zu den Ständetagen in seiner Zeit zusammengekommen, nicht nur die Repräsentanten der großen Städte und des landsässigen Adels wie unter seinen Nachfolgern. Der Ansatz zu einem Mitspracherecht der Stände auf breiter demokratischer Ebene wurde jedoch nicht weiterentwickelt. Heinrich von Plauen behielt ihnen gegenüber noch vollständig die Initiative zur Entscheidung, aber als die Stände sich später aus eigenem Entschluß versammelten und Forderungen stellten, blieben sie auf die führenden Kreise, Hauptstädte und Landadel, beschränkt. Mit den dem R a t der Ordensgebietiger von Ritterschaft und Städten vor der Wahl des nächsten Hochmeisters 1414 vorgelegten Bedingungen über eine Erweiterung ihrer Privilegien begann die Entwicklung des Ständestaates in Preußen. Schon damals wurde Immunitätsschutz für die Ständevertreter gefordert, ein Verlangen, das die Anerkennung der allgemeinen Ständeversammlung als einer stehenden Einrichtung voraussetzte. Das dem künftigen Hochmeister in seiner Notlage abgeforderte Zugeständnis zu dem Wahlrezeß, der u. a. die letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung im Lande, die Einschränkung der Ordensgerichtsbarkeit und den Fortfall von Handelsbeschränkungen in den Städten zugunsten der Ordenswirtschaft vorsah, kam in seiner innenpolitischen Auswirkung 15
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schließlich einer Kapitulation der autoritären Ordensführung vor den Ständen gleich. Damit erreichten diese dem Hochmeister Michael Küdimeister gegenüber eine Macht, wie sie auf so breiter Grundlage und mit so weitgehenden Zugeständnissen zu erhalten oder wiederzuerlangen unter keinem der Nachfolger möglich war. Eben weil den Ständen so umfassende Befugnisse später nicht mehr zugestanden wurden, gerieten sie in immer stärkere Opposition zum Orden. Ein Vertrag zwischen Landesherrschaft und Ständen über die beiderseitige Zusammenarbeit sowie über die Abgrenzung der ständischen Kompetenzen kam nie zustande. So blieb für die folgenden vier Jahrzehnte den Ständen nur der Anspruch auf das Recht, an der Entscheidung über Krieg und Frieden teilzuhaben, die Androhung von Widerstand, um ihre Forderungen durchzusetzen bis zur letzten Konsequenz, einen anderen Landesherrn zu wählen. Damit wurde zugleich die korporative Landesherrschaft des Ordens bestritten; die Stände hielten sich an die persönliche Herrschaft des Hochmeisters. Diese Auffassung brachte die Bundesakte zum Ausdruck, in der eine Feststellung der Rechte erfolgte, die von den Mitgliedern der Ritterschaft und den Städten beansprucht wurden, welche sich 1440 im Preußischen oder, wie sie ihn selbst nannten, „Bund vor Gewalt" zusammenschlössen. Seine Gründer und Parteigänger kamen aus den an der Weichsel gelegenen Landschaften, nur vereinzelt aus Pommerellen und dem östlichen Preußen. Als eine Vertretung der Landstände im gesamten Ordensgebiet konnte der Bund also nicht gelten, wenn er gelegentlich auch diesen Anspruch erhob. Von der Ordensleitung niemals anerkannt, mußte sie seine zeitweise sehr lebhafte politische Tätigkeit hinnehmen, die ihr und dem Staat schließlich zum Verhängnis werden sollte. Dabei hat der Bund, der über die wirtschaftlich stärksten Kräfte unter den Städten und der Ritterschaft verfügte, zunächst nicht an eine Lösung aus dem Verband des Ordensstaates gedacht. Es ist bezeichnend, daß unmittelbar nach der Gründung des Bundes seine
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Führer dem Hochmeister unter der Bedingung, ihre Vereinigung anzuerkennen, die persönliche Landesherrschaftt angetragen haben. E r mußte ablehnen, weil die Ordenskorporation ihre Hoheitsrechte nicht preisgeben wollte. Aber auch das Anliegen des Bundes war durchaus verständlich. Der bis in diese Jahrzehnte im Ordensgebiet zahlreich landsässig gewordene Adel kannte nach der lehnrechtlichen Auffassung nur die direkte Bindung zwischen Mann und Herrn, er strebte deshalb nach Abschaffung der kollektiven Ordensherrschaft durch einen Herrscher, dem persönlich Huldigung und Dienst geleistet werden konnte. Gerade weil sich aus mancherlei Ursachen die Gegensätze im Gesamtorden, zwischen den preußischen K o m tureien und den verschiedenen landsmannschaftlichen Gruppen innerhalb der Ordensführung verschärften, glaubten die Bündler in Durchführung ihres Programms die Landesherrschaft des Hochmeisters stützen und die Einheit des Landes auf ständischer Ebene retten zu können. Doch war ein Übereinkommen zwischen den beiden Kräften, Orden und Bund, nicht zu erzielen, und so kam es 1454 zum Bruch. Die Städte Danzig, Elbing, Thorn und ein beträchtlicher Teil der in der Weichselniederung ansässigen Ritterschaft fielen vom Orden ab und stellten sich, nachdem sich deutsche Fürsten dem Bunde versagt hatten, unter die persönliche Landesherrschaft des Königs von Polen. Städte und Land sind 1466 mit den vom Orden in dem mehrjährigen Krieg verlorenen übrigen westpreußischen Gebieten vereinigt worden und standen bis 1772 unter der Krone Polens. Aber die vom Bund durch den Abfall vom Orden erstrebte ständige Autonomie hat unter der neuen Landesherrschaft nicht lange Bestand gehabt. Das Unvermögen des Ordens, die innere Einheit zu wahren, dem Drängen der Stände nach einem persönlichen Herrscher, nach Mitsprache an der Landespolitik und nach Garantien ihrer Rechte geschickt entgegenzukommen, andererseits die vielfach rein materiell begründete Handlungsweise der Stände — des Adels und der Städte — , hatten zum Zusammenbruch des 2
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Ordensstaates und zum Verlust seiner reichsten Gebiete geführt. Die ständische Bewegung ließ sich aber auch in dem ostpreußisdien, dem Orden verbliebenen Herrschaftsbereich nicht aufhalten. Wenn in den folgenden Jahrzehnten die Hodimeister gelegentlich erwogen, durch ein militärisches Vorgehen gegen Polen die Bestimmungen des Friedens von 1466 abzuschütteln, dann scheiterten solche Pläne am Widerstand der Stände. Sie bemühten sich durch Vermittlung um Ausgleich, unterstützt von den Ständen des polnischen Preußens, mit denen sie sich auch weiterhin verbunden fühlten. Als 1498 die Wahl des Herzogs Friedrich von Sachsen zum Hochmeister erfolgte, geschah das nicht nur in der Erwartung, über den deutschen Fürsten Unterstützung für den Orden im Reiche zu erhalten, es wurde damit auch der Übergang zur persönlichen Landesherrschaft im Fürstenstaat vollzogen, worum die Stände mehr als ein halbes Jahrhundert gerungen hatten. Noch war der Hochmeister Ordensbruder unter Ordensbrüdern, aber er richtete eine fürstliche Residenz ein und umgab sich mit einem ausgedehnten Hofstaat von Räten und juristisch gebildeten Klerikern, die dem Orden nicht angehörten und den Rat der Gebietiger bald ganz zurückdrängten. Das gab den Anstoß zur völligen Säkularisation des Ordensstaates, die schon Friedrichs Nachfolger Albrecht 1525 vollzog. Als Herzog von Preußen ist der letzte Hochmeister Albrecht von den Ständen als ihr weltlicher Landesherr gewählt worden, so wie die im Preußischen Bund geeinten Stände im westlidien Teil des Staates siebzig Jahre vorher den polnischen König als Landesherrn gewählt hatten. Von bestimmendem Einfluß für die Neugestaltung des Staates war die Haltung der Stände aber auch dadurch, daß ihr eindeutiges Bekenntnis die Ausbreitung der evangelischen Lehre stetig förderte. Insofern gab die reformatorische Bewegung den Anlaß, den Orden, dessen Verfassung sich als nicht mehr zeitgemäß und der als Korporation politisch sich als nicht mehr lebensfähig erwies, aus dem Staatsleben auszuschalten. Nach innen hat sich diese Verände18
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rung nicht sehr einschneidend ausgewirkt. Der einzige erkennbare Wandel bestand darin, daß sich die Gemeinschaft der Ordensritter auflöste; doch blieb ein großer Teil von ihnen, mit erblichem Grundbesitz ausgestattet, im Lande, vielfach sogar in den bisherigen Verwaltungsstellen. Gleiches gilt in zahlreichen Fällen von den Ordenspriestern, die als evangelische Prediger weiter wirkten. Der Landadel gewann seit der letzten Phase der Ordensherrschaft, unter einem unverkennbar weltlicher werdenden Regiment, vor allem seit der Errichtung des Herzogtums eine immer größere Macht. E r stellte die Hauptleute im Verteidigungssystem des Ordens, die Räte der Hochmeister und Herzöge, die Beisitzer im Obergericht und erlangte auf diese Weise ein direktes Mitspracherecht in Landesangelegenheiten. Der politisch-wirtschaftliche Einfluß des Patriziats ist in den Städten wie auf den Ständetagen nicht weniger ausschlaggebend gewesen. Während sich im letzten Jahrhundert der Ordensherrschaft und in den ersten Jahrzehnten des H e r zogtums die Sozialstruktur und die Rechtslage des Bürgertums kaum veränderten, verlor das Bauerntum in dieser Zeitspanne viel von den Rechten und Freiheiten, die ihm bei der Ansiedlung gewährt worden waren. Das ausgewogene Verhältnis von Herrschaft, gemeindlicher Selbstverwaltung und persönlicher Freiheit in den deutschen Zinsdörfern wurde durch die Kriege des Ordens mit Polen im 15. und 16. Jahrhundert gestört. Die Verwüstung von Dörfern und Fluren, vor allem auch die Bevölkerungsverluste hatten beträchtliche wirtschaftliche Einbußen zur Folge, die von den Amtsträgern des Ordens, in größerem Maße von dem Landadel durch zwangsweise E r höhung der bäuerlichen Arbeitsleistung auszugleichen versucht wurden. In der Hauptsache wirkte sich das in einer nicht mehr begrenzten Scharwerkspflicht, in der ungemessenen Fronleistung auf den Ordensdomänen und dem adeligen Gutsland aus. W a r schon in den Kriegszeiten die Bevölkerung in Bewegung geraten, so versuchte sie nunmehr den Lasten und dem persönlichen Druck durch Ausweichen in Landesteile zu entgehen, in 19
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denen, wie im Ermland, die Forderungen sich noch in erträglichen Grenzen hielten. Dem wiederum konnte der Orden nur durch Einschränkung der persönlichen Freizügigkeit entgegentreten, bis schließlich unmittelbar nach der Errichtung des Herzogtums, schon 1526, die bäuerliche Bevölkerung schollenpflichtig gemacht wurde. Diese Bindung, als erbliche Last über die Einzelperson auf ihre Nachkommen ausgedehnt, führte zur Erbuntertänigkeit, die in der Folge das rechtliche und wirtschaftliche Leben in den Dörfern der Adelsgüter und der landesherrlichen Domänen bestimmte. Am Ende des 18. Jahrhunderts wurden in Ostpreußen von über 120 Domänenämtern mehr als 300 staatliche Vorwerke und einige tausend Dörfer verwaltet; von den bäuerlichen Stellen standen 55 Prozent unter königlicher Domänenherrschaft:, zwanzig Prozent waren adlig gebunden und 25 Prozent in freibäuerlichem Besitz geblieben. Von der Abschichtung des bäuerlichen Standes wurden die Erb- und Lehnschulzen nicht betroffen. Sie galten weiterhin als Freie, nicht weil das größere Hufenland sie aus der Masse der Bauern heraushob, sondern weil die ihnen gewährten Sonderrechte eine erbuntertänige Bindung verhinderten. Wo jedoch die Erbrechte erloschen, setzte die Herrschaft aus den Bauern des Dorfes einen Schulzen, dem Erleichterungen vom Scharwerk und andere Vergünstigungen zugebilligt wurden. In den Stand der Freien rückte der Setzschulze indessen nicht auf. Trotz der Veränderungen im Sozial- und Rechtsgefüge des preußischen Bauerntums behielt der Schulze seine Funktion in der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft des Dorfes als Leiter der Gemeindeselbstverwaltung. Im Gebiet des ehemaligen Herzogtums haben erst die königlich preußischen Dorfordnungen von 1702 und 1723 die Stellung des Schulzen generell eingeschränkt und ihn zum Polizeiorgan herabgedrückt. Die Landesverwaltung des Herzogtums behielt die ehemaligen Komtureien als Hauptämter bei. Die Amtshauptleute, Inhaber der Gerichtsbarkeit über Adel und Kölmer, der Polizeigewalt und militärischen Befugnisse, deren Zuständigkeit 20
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auch das umfangreiche Domanialland unterstand, kamen in den ersten Jahren der weltlich-fürstlichen Herrschaft Albrechts von Brandenburg meistens aus den Kreisen ehemaliger Ordensritter, später aus dem Landadel. Als Amtssitze fanden vielfach die Ordensburgen weiter Verwendung. Verschiedene Hauptämter wurden sogar erblich verliehen, so Gerdauen an die Herren von Schlieben und Schönberg an den ehemaligen Bischof des Samlandes Georg von Polenz. Die übergeordnete Zentralbehörde der Landesregierung, die kollegiale Oberratsstube, knüpfte mit den in ihr tätigen Beratern des Herzogs, Landhofmeister, Oberburggraf, Kanzler und Obermarschall, institutionell eng an den R a t der Hochmeister, die Gebietiger, an. Neben diesen vier Oberräten kam in der fürstlichen Kanzlei und dem Hofgericht seit den letzten Jahrzehnten vor der Säkularisation die Tätigkeit von gelehrten, von auswärts berufenen Räten zur Wirkung, bis die Regimentsordnung von 1542 dem einheimischen Adel auch diese Stellen sicherte. So blieb die Kontinuität der staatlichen Funktionen erhalten. Das ständisch-reformatorische Anliegen beschränkte sich auf die Ausschaltung der Ordensherrschaft, die als nicht mehr zeitgemäß erschien und sich politisch als nicht genügend aktionsfähig erwiesen hatte. Für den Herzog trat eine Erweiterung seiner landesherrlichen Befugnisse durch Verfügungsrecht über die Kirchengüter ein, er gewann Verbindung mit dem Reich durch Anlehnung an die Fürsten gleicher Konfession, und er erschloß durch seine Heirat neue dynastische Verbindungen. Weil die Säkularisation des Ordensstaates vom Hochmeister als dem künftigen fürstlichen Landesherrn und den Ständen Preußens als ein gemeinsames Anliegen durchgeführt wurde, vollzog sich die Umwandlung der in ihrem Wesen bereits verweltlichen Ordensregierung ohne Einbußen für die staatliche Einheit. Bei der Änderung der politischen Verfassung erwiesen sich die Stände als das beharrende Element, das seine Stärke sogar noch festigte. Denn ohne ihre Beihilfe hätte sich die neue 21
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fürstliche Macht schwerlich durchsetzen und behaupten können. Erst die Anerkennung durch die Stände verschaffte dem Herzog die legitime Gewalt. Im Laufe der folgenden 130 Jahre wuchsen freilich die Stände des Herzogtums in ein territorial-feudales Denken hinein, das zur Aufrichtung eines reinen Ständeregimentes hinführte, wobei in Opposition gegen die eigene Landesherrschaft den oberherrlichen Lehnsansprüchen des polnischen Königs gelegentlich Vorschub geleistet wurde. Daran trug in erster Linie der Adel Schuld, der seit etwa 1540 auf den preußischen Landtagen in zwei Kurien vertreten war. Der ersten, von Herren und Landräten gebildet, gehörten die Bischöfe an, die landsässig gewordenen Nachkommen ehemals reichsunmittelbarer Geschlechter, wie die Dohna, Eulenburg und Schlieben, sowie die Landräte, das waren etwa zwölf vom Herzog in den Landtag berufene Personen seines Vertrauens, neben den vier Oberräten meistens Amtshauptleute. In dieser Zusammensetzung zeigte die erste Kurie mehr den Charakter eines fürstlichen Ratskollegiums und sonderte sich durch die soziale Stellung seiner Mitglieder ständisch scharf ab. Doch blieben seit Anfang des 17. Jahrhunderts nur noch Landräte und Prälaten zusammen, die Mitglieder des Herrenstandes traten zur zweiten Kurie über. In dieser versammelten sich die Vertreter der Ritterschaft, je zwei aus den etwa vierzig Ämtern. Sie wurden von dem landgesessenen Adel auf Ausschußtagen in den Ämtern gewählt, wo sie ihre Instruktionen für den Landtag erhielten, nicht nur von ihren adligen Standesgenossen, sondern in der Form von Petitionen auch von den nicht wahlberechtigten Kölmern, den freien Besitzern nichtadliger Dienstgüter. In dieser zweiten Kurie wuchs der Geist ständischer Reaktion gegen die Landesherrschaft, und weil der Adel bei der Aufbringung der Steuern gegenüber den Städten bevorzugt wurde, führte das auch zu wachsender Entfremdung zwischen den adligen Oberständen und den Städten. Ihre Vertreter bildeten die dritte Kurie, da es aber in Ostpreußen nach 1466 nur eine große Stadt gab, sind auf den Ständetagen die
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Ordensstaat, Herzogtum Preußen und preußische Monarchie R ä t e der drei Gemeinden Königsbergs seitdem die einzigen einflußreichen Abgeordneten dieser Kurie gewesen. F ü r die Unabhängigkeit der Stände spielte es eine entscheidende Rolle, daß ihnen neben der Bewilligung von Steuern auf den L a n d tagen die Aufsicht über Einzug und Verwendung der Gelder erhalten blieb. D i e Kastenherren, Vorsteher der jeweils für mehrere Ämter eingerichteten Steuerkassen, rechneten mit der Landeshauptkasse, dem Landkasten, ab, von dem die fürstliche Rentkammer nur einen Teil der eingehenden Steuergelder erhielt. D i e Hauptmasse floß in den von Ständevertretern geleiteten Landkasten, die allein dem Landtag verantwortlich blieben. D i e ständische Autonomie ist erst unter dem Großen Kurfürsten gebrochen und damit die Voraussetzung geschaffen worden, daß Preußen im Verband des aufstrebenden märkischen Hohenzollernstaates wieder stärker in die Geschichte Deutschlands einbezogen wurde. D i e Auflösung der Ordensherrschaft und die Säkularisation des restlichen Staatsgebietes in Preußen durch den letzten Hochmeister hatten Albrecht von Brandenburg freilich nicht die unbestrittene Souveränität über das von ihm neugeschaffene Herzogtum gebracht. Seit 1526 versuchte der Orden, der mit einer Reihe von Balleien im Reiche weiterbestand, gestützt auf die Politik Karls V., sich Preußens wieder zu bemächtigen. 1 5 3 0 wurde der bisherige Deutschmeister als Hochmeister feierlich mit Preußen belehnt, zwei J a h r e später auf dem Reichstage in Speyer über Albrecht wegen seines Abfalls die Reichsacht verhängt. D i e G e f a h r lag nahe, daß die Reformation in Preußen wieder beseitigt werden könnte, als der Kaiser mit starken Hilfstruppen des Ordens 1547 siegreich gegen die Schmalkaldener blieb und zur gleichen Zeit auf dem Reichstag zu Augsburg die Vollstreckung der Reichsacht gegen Preußen beschlossen wurde. Erst 1552 ist durch den Zusammenbruch der kaiserlichen Macht Karls die Bedrohung abgewendet worden. D e r Orden hatte zwar sein Ziel, die Rückgewinnung Preußens, nicht erreicht, aber seine Ansprüche gab er nicht auf. I n den
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folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten ging er immer wieder von der Tatsache aus, daß die gegen Herzog Albrecht ausgesprochene Reichsacht 1536 auf das ganze Land ausgedehnt und in gültiger Rechtsform niemals aufgegeben worden war. Dabei vertrat der Orden seine Forderungen im eigenen Namen und zugleich mit dem Hinweis auf die Rechte des Reiches gegenüber einem widerrechtlich entfremdeten Gebiet, wobei dem der Gedanke zugrunde lag, daß Albrecht durch die Lehnsnahme von Polen Felonie begangen habe. Wurde mit dieser Argumentation ein Rechtsanspruch des Reiches auf das Herzogtum Preußen erhoben, so kam außerdem ein weiterer Gesichtspunkt hinzu, der gelegentlich die Kurie für den Orden eintreten ließ, nämlich die unrechtmäßige Säkularisation geistlichen Besitzes durch eine von der Kirche abgefallene Landesherrschaft. Wenn auch durch den Augsburger Religionsfrieden die Frage für ein halbes Jahrhundert aus der Diskussion verschwand und gleichzeitig die Bedeutung des Deutschen Ordens als eines selbständigen politischen Faktors im Reiche zusehends sank, so trat doch seit etwa 1600 eine neue Lage ein. Durch die seitdem üblich gewordene Übertragung des Deutschmeisteramtes an österreichische Erzherzöge konnte ein enges Verhältnis des Ordens zum Kaiserhaus hergestellt werden. Das bot wiederum Österreich in zunehmendem Maße eine Grundlage, politische Interessen des Hauses Habsburg als Belange des Reiches im deutschen Nordosten zu vertreten. Wahrscheinlich hat schon bei der Bewerbung des zum Deutschmeister designierten Erzherzogs Maximilian um die polnische Krone 1586 der Wunsch mitgespielt, dem Orden wieder zu seinem Recht zu verhelfen. Zwar kamen in der ersten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges die gegen Schweden gerichteten Pläne über den Aufbau einer kaiserlichen Flotte in der Ostsee nur bis zu Verhandlungen mit den Hansestädten, Danzig an führender Stelle. Immerhin erweckte die Aussicht auf eine habsburgische Seeherrschaft im Norden beim Orden neue Hoffnungen. Auf dem Generalkapitel in Mergentheim 1627 forderte er die Anerkennung seiner 24
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Ansprüche auf Preußen und verteidigte sie in einer im gleichen Jahr in Mainz gedruckten Schrift, die 1701 noch einmal aufgelegt wurde. Der weitere Verlauf des Krieges hat zwar solche Pläne vereitelt, aber im Nordischen Krieg trat Preußen abermals in den Gesichtskreis der Reichspolitik. Diesmal war es der Große Kurfürst, der das ehemalige Ordensland mit seinen politischen Plänen verband. Ende 1655, nach dem ersten siegreichen Vorstoß des schwedischen Königs Karl Gustav in Polen, legte der Kurfürst dem Kaiser einen Bündnisplan vor und regte an, Polen nach dem Tode des regierenden Königs dem Sohn des Kaisers zu übertragen. Für sich selbst forderte der Hohenzoller Pommerellen und die Anerkennung als Souverän über das gesamte Preußen, bot aber dem Kaiser das Heimfallsrecht über das polnische und herzogliche Preußen für den Fall des Aussterbens des brandenburgischen Hauses an. Weiterhin wurde das Niederschlagen der Ansprüche des Deutschen Ordens verlangt und die Anerkennung der über Preußen zu treffenden Regelung durch die Kurie angeregt. Durch den Fortgang des Krieges entfielen weitere Verhandlungen über das Projekt des Kurfürsten; aber auch der Deutsche Orden, dem in dieser Zeit der Bruder des Kaisers als Hochmeister vorstand, fand keine Unterstützung seiner über Preußen angestrebten Rechtsansprüche. Es bedeutete einen erheblichen Rückschlag für die Hoffnungen des Ordens, als bei dem Friedensschluß zwischen Brandenburg und Polen der Hohenzoller 1657 von Leopold I. die Anerkennung des souveränen Besitzes von Preußen erhielt. In der Tatsache, daß Leopold vor seiner Kaiserwahl, die erst 1658 erfolgte, also noch als König von Ungarn und Böhmen dieses Zugeständnis gemacht hatte, Kaiser und Reich deshalb weiterhin das Recht des Ordens auf Preußen vertreten könnten, lag lediglich eine schwache Möglichkeit für einen Vorbehalt, der für das brandenburgisdie Besitzrecht auf Preußen irgendwie einmal gefährlich werden konnte. Die Bestimmungen des Friedens von Oliva lösten dann wenige Jahre später die bis dahin bestehenden 25
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Lehnsbindungen herzoglich Preußens an die polnische Krone. Die volle Souveränität über das L a n d war von dem Großen Kurfürsten erreicht worden. Aber die Führung des Titels „Herzog von Preußen" hatte ihm der Kaiser noch nicht zugestanden, eben weil man sidi am Wiener H o f e bewußt blieb, mit einem solchen Zugeständnis den Ansprüchen des Ordens endgültig zu entsagen. Endlich half man sich nach weiteren Verhandlungen, die sich bis 1694 hinzogen, über diese Situation in Wien mit dem Hinweis hinweg, daß der Kaiser dem K ö n i g von Polen den Herzogstitel von Westpreußen und dem König von Schweden den Herzogstitel von Livland auch nicht vorenthalte, die Rechte des Ordens an diesen Ländern jedoch grundsätzlich gewahrt bleiben sollten. Nunmehr wurde der preußische Herzogstitel für den brandenburgischen Kurfürsten von den kaiserlichen Kanzleien in Anwendung gebracht und seine Führung 1697 auch auf Reichstag und Reichskammergericht ausgedehnt, in gleicher Weise unter Vorbehalt der Rechte des Reichs und des Deutschen Ordens auf Preußen. D i e an den Kaiser und den Reichstag gerichteten Einsprüche des Ordens fanden keine Beachtung. Gleichwohl setzte der Orden seinen K a m p f fort, und wenn es auch nur ein Federkrieg blieb, so hat er doch die Verhandlungen Friedrich Wilhelms mit Österreich über die preußische Königswürde belastet. A m Regensburger Reichstag traten nunmehr für den Orden und seine Forderungen die drei geistlichen Kurfürsten ein, auch der Kurfürst von der P f a l z , der Bruder des damaligen Deutschmeisters, unterstützte ihn gegen den Hohenzollern. D i e Ordensvertreter schadeten allerdings ihrer Sache durch schroffes Auftreten und dadurch, daß sie den tatsächlichen Verhältnissen nicht Rechnung trugen. D e n Widerstand der evangelischen Reichsstände vermochten sie nicht zu brechen. Erst vor dem Hintergrund dieser politischen Auseinandersetzungen werden die Gedankengänge der offiziellen brandenburgischen Abwehrschrift deutlich, die gegen die 1701 in Regensburg vorgelegte Beschwerde des Ordens zwei J a h r e
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später von dem halleschen Staatsrechtler Johann Peter Ludewig veröffentlicht wurde. Dem Wirken des Ordens in Preußen widerfährt keine Gerechtigkeit, seine Herrschaft wird als tyrannisch gebrandmarkt und die Landerschließung und Siedlungstätigkeit als Kulturleistung nicht anerkannt. Jeglicher Rechtsanspruch des Reiches an Preußen wird bestritten, ein solcher Polens hingegen ausdrücklich betont, alles in der Absicht, die vertragsrechtliche Abtretung Preußens durch Polen an Brandenburg und die diesem zugestandene Souveränität über das Land, also das Ergebnis des Friedens zu Wehlau 1657 als Grundlage des auch vom Reiche unabhängigen Besitzes Preußens zu erhärten. Im einzelnen begründete Ludewig seine Ablehnung der Ansprüche des Ordens auf Preußen mit den Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens und des Prager Friedens 1635, die beide die vor dem Passauer Religionsvertrag von 1552 säkularisierten geistlichen Güter von der Rückgabe ausnahmen. Außerdem stützte er sich auf den Vertrag des Westfälischen Friedens, der das Jahr 1624 als Normaljahr für den Bestand der geistlichen Güter festgesetzt hatte. Mit derselben Beweisführung argumentierte der brandenburgische Bevollmächtigte in Wien gegen die Ansprüche des O r dens. Diesem wiederum versicherte der Kaiser nach 1701, daß er dem Kurfürsten von Brandenburg sein Ansinnen nicht habe abschlagen können, aber grundsätzlich die Ansprüche des Reichs und des Deutschen Ordens in dem Vertrag mit den Hohenzollern gewahrt habe und dem Deutschmeister daher auch die herkömmliche Belehnung weiter erteilen werde. Eine klare Rechtslage war also nicht geschaffen worden. Wenn auch die weitere politische Entwicklung die Aussichten des Ordens trotz der reichsrechtlichen Vorbehalte nicht günstiger gestaltete, so konnten seine Ansprüche doch bei veränderter Konstellation, wenigstens als Vorwand, österreichischen Absichten auf Preußen als Rechtsunterlage dienen. Das damalige Reichsrecht war mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht in Einklang zu bringen, außerdem blieb zu berücksichtigen, daß auch die Kurie sich bis
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1788 weigerte, den preußischen Königstitel zur Kenntnis zu nehmen. Als sie es schließlich tat, geschah das in einer Form, die keine ausdrückliche Anerkennung des Besitzrechtes auf das alte Ordensland aussprach, sondern nur das Einverständnis mit der königlichen Würde des jeweiligen Herrschers von Gesamtpreußen. Dem war 1772 als Folge der Teilung Polens der Anfall Westpreußens an den Staat Friedrichs des Großen vorausgegangen, wodurch diesem Pommerellen, der Netzedistrikt, das Kulmerland, das Gebiet um Marienburg und Elbing sowie das Ermland einverleibt werden konnten. Dadurch wurde der Orden noch einmal auf den Plan gerufen und erwogen, eine Entschädigung für Preußen zu fordern. Diese Erörterungen sind allerdings nur in Ordenskreisen angestellt worden und alle Projekte, von denen sich keins verwirklichen ließ, mußten schließlich mit müder Resignation aufgegeben werden. Dennoch haben Friedrich der Große in dem Besitzergreifungspatent vom 13. September 1772 und sein Minister von Hertzberg in einer ausführlichen Denkschrift aus dem gleichen Jahre, in denen eine geschichtlich-staatsrechtliche Begründung der Ansprüche auf Westpreußen gegeben wird, sorgfältig jede Bezugnahme auf den Deutschen Orden vermieden. Die Begründung für den Anfall Pommerellens wird aus der ehemaligen Zugehörigkeit dieses Landes zu Pommern hergeleitet, aus der behaupteten aber nicht bewiesenen Gesamtherrschaft des Greifenhauses über ein Gebiet, das von der Recknitz bis zur Weichsel gereicht habe, weiter aus einer ebenso unsicheren Verwandtschaft der westpommerschen Herzöge von Stettin-Stralsund mit den ostpommerschen in Danzig. Die Abtretung Pommerellens an den Orden 1309 und von diesem an Polen 1466 habe das Erbrecht der westpommerschen Linie verletzt, auf das nach der Erbverbrüderung Pommerns mit Brandenburg 1529 und nach dem Aussterben des pommerschen Herzogshauses 1637 das Kurhaus Brandenburg seine Ansprüche stützen könne. — Für die Landstriche um Deutsch-Krone, zwischen Drage, Netze 28
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und Küddow, wird die seit 1296 bestehende Zugehörigkeit zur Neumark in Anspruch genommen, mit der sie 1402 dem Orden verkauft wurden. In den Kriegen mit Polen an dieses verloren, habe das Land um Deutsch-Krone deshalb nicht mit der Neumark 1455 an Brandenburg zurückfallen können, weshalb die Rückforderung 1772 als gerecht erscheine. — Für die übrigen Erwerbungen dieses Jahres wurden die Ansprüche nicht historisch begründet, obwohl es gerade beim Kulmerland, dem Ermland, dem Gebiet um Marienburg und Elbing naheliegend gewesen wäre, wenn der König in Preußen als Rechtsnachfolger des Herzogs und Hochmeisters sich auf den Besitzstand des Ordens vor 1466 berufen hätte. Stattdessen wurde diese ganze Ländermasse beansprucht als Entschädigung für den Verzicht auf die Hauptstadt Pommerellens, Danzig, das bei der ersten Teilung Polens seine Freiheit behielt, und für den, wie es in Hertzbergs Denkschrift hieß, dem Königreich Preußen so lange vorenthaltenen Besitz Pommerellens und des Netzegebietes. Verständlicherweise verzichtete der Verfasser der Denkschrift darauf, die Forderungen mit der räumlichen Ausdehnung des Hochmeisterstaates zu begründen, denn noch galt der Deutsche Orden als Glied des Römischen Reiches, mit Sitz und Stimme auf dem Reichstag, dessen Ansprüche bei einer geschichtlichen Beweisführung nicht außer acht gelassen werden konnten. Aber eben diese Tatsache zeigt auch, daß sich in den 250 Jahren, von der Säkularisation des Ordensstaates bis zum Übergang Westpreußens an den königlich brandenburgisch-preußischen Staat, im Reiche eine Tradition hinsichtlich der Ansprüche des Deutschen Ordens auf sein ehemaliges Staatsgebiet in Preußen gebildet und trotz zunehmender Undurchführbarkeit erhalten hatte, die der Berliner H o f nicht ignorieren konnte. E r vermochte das um so weniger, weil der Orden seine Forderungen nidit nur im eigenen Namen vertrat, sondern zugleich mit dem Hinweis auf die Rechte des Reichs gegenüber einem widerrechtlich entfremdeten Gebiet. So haben noch zu Ausgang des 18. Jahrhunderts dynastisch-
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staatsrechtliche Erwägungen verhindert, daß in dieser Zeit eines mächtig sich regenden gesamtpreußischen Staatsgefühls eine Berufung auf die Staatsgründung des Ordens und die von ihm in Preußen geleistete Kulturarbeit denkbar sein konnte. Man darf auch nicht verkennen, daß die starke ständische Opposition, deren Eigentümlichkeit in ihrer Verflechtung mit Polen bestand, die mit Schuld trug am Untergang der Ordensherrschaft und anfangs auch gegen den Großen Kurfürsten gewirkt hatte, erst durch die Aufrichtung der Souveränität endgültig aufgelöst worden ist. Aber schon die Entscheidungen von 1525 im östlichen Preußen, im westlichen Teil bereits 1454, hatten den Zugang zur Ordenstradition verschüttet. So wird es verständlich, daß 1701 die beiden so nahe verwandten Gestaltungskräfte, Ordensstaatsidee und preußisches Königtum, keine Verbindung miteinander eingingen. Noch für ein Jahrhundert blieb die durch Landschaft und Vergangenheit bestimmte Eigenart Ostpreußens charakterisiert durch zwei Erscheinungen, die seinen Menschen aus dem Zustand ständigen Beharrens an der äußersten Grenze der Monarchie erwachsende Kraft des Standhaltens und die ihnen abgeforderte Verpflichtung, sich den Problemen des gesamtpreußischen Großstaates ebenso anzupassen wie den besonderen Erfordernissen der lokalen Situation in der östlichen Provinz. Diese Kräfte wuchsen sichtlich und waren schließlich stark genug, um in der Zeit der Reform und Befreiung einen allgemeinen geistigen und politischen Umbruch bewirken zu können.
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ZWEITES
KAPITEL
Von der Mark Brandenburg zum Preußenstaat von Johannes
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Das Kernland des preußischen Staates war die Mark oder Markgrafschaft Brandenburg. Sie führt den Namen nach der in germanische Zeiten zurückreichenden Havelfeste, die dann, Herrensitz eines Wendenfürsten und Mittelpunkt einer wendischen Stammesherrschaft, unter der vorübergehenden deutschen Herrschaft von König Otto I. auch zum Bischofssitz erkoren wurde. Die als „Mark" bezeichnete deutsche Herrschaft begründete hier der von dem letzten unabhängigen Wendenfürsten Pribislaw mit dem christlichen Taufnamen Heinrich (gest. um 1150) zum Erben eingesetzte letzte Markgraf der Nordmark Albrecht, gen. der Bär, aus dem Hause Askanien, nachdem es ihm gelungen war, sich der Brandenburg am 11. Juni 1157 mit der Waffe zu bemächtigen und damit in die Herrscherrechte des Wendenfürsten einzutreten. Äußerlich tritt dies darin in Erscheinung, daß Albrecht unmittelbar danach zusammen mit seinem ältesten Sohne Otto, der bereits seit längerer Zeit neben dem Vater den Titel Markgraf führte, sich als „Brandenburger Markgraf" titulierte. D a ß diese Titeländerung von besonderer Bedeutung für sie war, ist daraus ersichtlich, daß beide sich zugleich ein neues Siegel mit diesem Titel stechen ließen. Wir dürfen darin auch einen Akt von weittragender Wirkung erblicken. Albrecht, als Markgraf der Nordmark lediglich Amtsträger des Reiches für dessen Interessen im ostelbischen Raum, gründete mit Bildung einer Brandenburger Mark als Nachfolger des Wendenfürsten eine Gebietsherrschaft. Über deren anfängliche Ausdehnung fehlt jede Kunde. Nach allgemeiner Annahme erstreckte sie sich im 12. J h . nach Osten nicht über die Nuthe, das bei Potsdam mündende Nebenflüßchen der Havel, hinaus 31
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mit den Grenzfesten Saarmund und Trebbin und umfaßte im wesentlichen das im Norden vom Rhinluch begrenzte, noch heute als Havelland bezeichnete Gebiet. Dazu trat die südlich angrenzende, nach ihrem sandigen Charakter benannte Landschaft Zauche (gekennzeichnet durch die späteren Orte Ziesar, Brandenburg-Neustadt, Lehnin, Beelitz, Treuenbrietzen), welche der Wendenfürst bereits vor Jahren dem jungen Otto, wie es heißt, als Patengeschenk übereignet hatte. Die askanischen Markgrafen haben deshalb die Zauche stets als Allodial- d. h. Eigenbesitz behandelt. Das dem Wendenfürsten danach verbliebene und 1157 von den Askaniern in Besitz genommene Gebiet mußte dagegen als Reichslehen gelten, nachdem, wie als wahrscheinlich anzunehmen ist, der Wendenfürst in den letzten Lebensjahren' dafür die Lehnshoheit des deutschen Königs anerkannt hatte. Die Brandenburg selbst galt, soweit sie nicht von König Otto dem Bischof übereignet war, immer noch als königliches Eigentum, womit auch die Erscheinung eines königlichen Burggrafen hier zusammenhängt. Mit dieser bereits aus Allodial- und Lehnsbesitz zusammengesetzten ostelbisdien Herrschaft der Askanier verband sich in der Folge der von Albrecht bereits zu Lebzeiten seinem ältesten Sohn, der als Nachfolger in der Markgrafenwürde auch Erbe der Brandenburger Herrschaft war, zugeteilte westelbische askanische Allodialbesitz. Dieser umfaßte den größten Teil des später und bis heute als Altmark bezeichneten Gebietes mit Salzwedel, Tangermünde, Arneburg, Stendal und Wische. Dazu kam auch noch östlich der Elbe der halbe Burgward Havelberg. Die Umwandlung des markgräflichen Amtes in eine Landesherrschaft entsprach der Zeittendenz. Kurz zuvor hatte der Wettiner Konrad sich ähnlich eine Hausmacht geschaffen und damit den Grund zur Landesherrschaft gelegt. Vielleicht diente es den Askaniern als Vorbild, daß der Wettiner sich seitdem „Meißner Markgraf" titulierte. Ein J a h r vor Eroberung der Brandenburg war die Mark Österreich Herzogtum geworden. 32
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Diese drei Territorialherrschaften an der östlidien Reichsgrenze, damals noch von geringem Machtbereich, sollten Kristallisationskerne zu größeren Staatenbildungen werden, die dadurch früher oder später als Konkurrenten einander gegenübertreten mußten. Alle drei standen damals noch im Schatten der Machtposition des Weifen Heinrichs des Löwen, der in seiner Hand die Herzogtümer Sachsen und Bayern vereinte und Erweiterung seiner Macht nach Osten suchte. Es gilt nun, in knappen Zügen die Entwicklung aufzuzeigen, welche dieses neue, zunächst nur kleine politische Gebilde durch eigenes organisches Wachstum und später durch Angliederung anderer Territorien zu einem deutschen Großstaat aufsteigen ließ. D a ß die Askanier von vornherein mit der Ausdehnung ihrer Herrschaft nadi Osten rechneten, ist nicht zu bezweifeln. Dies bezeugen ihre wiederholten Feldzüge, anfangs z. T. in Verbindung mit dem Weifenherzog, gegen die Pommern, weldie in den Bereich der einstigen Nordmark, in die Landschaften um die Flüsse Ucker, Tollense, Peene vorgedrungen waren, sowie alsdann im besonderen der Anspruch der Askanier auf die Lehnshoheit über Pommern. Seit wann dieser Anspruch seitens der Askanier erhoben wurde, ist strittig; vermutlich ergab er sich erst aus der Situation, die sich durch den Sturz des Weifenherzogs und die Zerschlagung des sächsischen Herzogtums ergab. Für die Entwicklung der askanisdien Stellung im Osten war letztere ein Ereignis von entscheidender Bedeutung. Kaiser Friedrich II. hat 1231 den damaligen Markgrafen die Lehnshoheit über Pommern zugestanden als ein bereits vom Vater und früher besessenes Recht. Diese Lehnshoheit oder später die Annexion des Territoriums der Pommernherzöge haben jahrhundertelang im Vordergrunde der brandenburgischen Politik gestanden, ebenso wie auf der Gegenseite bei den Pommern die Abwehr solchen Anspruchs. Eine Erweiterung des angenommenen ältesten Brandenburger Herrschaftsbereiches tritt erst bei Albrecht II., einem Enkel des „Bären", zweifels3
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frei in Erscheinung. Die von ihm als Stütze gegen Pommern um 1213 an der Oder angelegte Burg Oderberg setzt die Beherrschung des mittleren Havelgebietes bis etwa Zehdenick und die des Barnim bis zum Finowtal voraus. Im Kampfe mit den Dänen konnte Albrecht auch den bis da schmalen Besitzstand in der Prignitz erweitern. Nach seinem frühen Tode haben seine Söhne Johann I. und Otto III. die väterliche Politik fortgesetzt. In selten brüderlich-einmütigem Zusammenwirken haben sie in der Zeit, in der die Madit des Reiches verfiel, den Grund für eine beachtliche Machtstellung der Brandenburger Mark innerhalb des Reiches gelegt. Johann und Otto zählen zu den bedeutendsten Herrscherpersönlichkeiten, die jemals in der Mark geboten, ja zu den erfolgreidisten Kolonisatoren der deutschen Gesdiichte. Weniger durch kriegerische Eroberung, als vielmehr vorwiegend durch geschickte Ausnützung der politischen Gegebenheiten, durch Verträge und Kauf, auf friedlichen Wegen, haben sie das Gebiet der Mark nicht nur um ein Vielfaches erweitert, sondern auch ihre Erwerbungen durch Begründung fast aller hier später vorhandenen Städte der Kultur erschlossen und ertragsfähig gemacht. Zu den von ihnen nach und nach erworbenen Landschaften gehören: das Land Stargard (das spätere Mecklenburg-Strelitz), der gegen den Meißner Markgrafen erkämpfte Ostteil des Teltow mit Köpenick und Mittenwalde, das Uckerland mit der bereits von dem Pommernherzog gegründeten Stadt Prenzlau, das halbe Land Lebus, wo sie die später für den Osthandel so bedeutsame Stadt Frankfurt anlegten, das Land Sternberg östlich der Oder und das weite Gebiet nördlich der Warthe bis an den polnischen Herrschaftsbereich, als „Land über Oder" bezeichnet, die spätere Neumark. In letzterem nur dünn von einem nicht näher bestimmbaren, jedenfalls nicht polnischen Volkstum besiedelten Raum fanden die Askanier als Besitzer umfangreicher Gebiete das Bistum Brandenburg und den Templerorden sowie auch bereits deutsche Siedler vor. Die bedeutendste städtische Gründung war hier Landsberg an der War34
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the. Im Süden erwarben sie die Oberlausitz mit Bautzen und Görlitz als Heiratsgut. Es lagen vornehmlich religiöse Gründe vor, wenn jetzt auch das ferne Preußenland in das Blickfeld der Askanier trat. Gemeinsam mit dem Schwager, König Ottokar von Böhmen, unternahm Markgraf Otto 1254/55 einen Kreuzzug zur Unterstützung des Deutschen Ordens gegen die noch heidnischen Preußen, der bis nach Samland führte. Er war beteiligt an der Gründung der Feste an der Pregelmündung, die wohl zu Ehren König Ottokars den Namen Königsberg erhielt. Bei einem abermaligen Feldzuge dorthin 1265/66 erbaute Markgraf Otto selbst am Frischen Haff eine Burg, der er den Namen Brandenburg gab. Als die Ermländer sie nach seinem Abzüge zerstörten, unternahm er alsbald eine neue Heerfahrt, um die Feste, nunmehr für die Dauer, wiederherzustellen. Angesichts der Beharrlichkeit des Markgrafen, sein Banner in Preußen aufzupflanzen und den Namen Brandenburg hier dauernd zur Geltung zu bringen, möchte man glauben, daß dieser auch sonst so weitsichtige Markgraf eine künftige Verbindung Brandenburgs mit Preußen ins Auge faßte. Als Zeugnis der frühzeitigen engen Beziehungen haben die Burg und das dabei entstandene gleichnamige Städtchen bis in die Gegenwart bestanden. Die Nachkommen der Brüder haben trotz einer Landesteilung die Expansionspolitik durch Vorrücken der Grenzen nach Norden und Osten fortgesetzt mit dem Ziele, Zugang zum Meer zu gewinnen. 1276 konnte durch Vertrag mit dem Herzog von Pommerellen Danzig in Besitz genommen werden; ein Vertragsbruch des Herzogs zwang die Askanier jedoch zur Aufgabe. Der später überlassene Landstrich mit Schlawe und Rügenwalde bildete für Danzig nur einen kümmerlichen Ersatz. Ein Plan, die Insel Gotland an sidi zu bringen, ist bezeichnend für ihre weitreichenden Absichten: er schlug fehl. Aber ein 1305 mit dem König von Böhmen und Polen, Wenzel, vollzogener Tausch des in den Pfandbesitz der Askanier ge3'
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Johannes Schnitze langten Landes Meißen gegen Pommerellen bedeutete den Wiedergewinn Danzigs. D i e Ermordung Wenzels und die damit verbundene Lösung Polens von Böhmen machten auch diese Aussicht zunichte. D e r Versuch, das vertragsmäßige Recht mit der Waffe zu erlangen, mißglückte. Ebensowenig erreidite jedoch der Pole sein Ziel. D e r von ihm gegen die Brandenburger zu H i l f e gerufene Deutsche Orden behielt D a n z i g mit Hinterland für sich. D e r letzte Askanier Woldemar trat diesem 1309 seine Rechte für 10 0 0 0 M a r k ab. Auch die verbliebene Stellung in Pommerellen (Schlawe, Stolp) mußte Woldemar in der Bedrängnis, in die er durch eine große K o a l i t i o n unter Führung des Dänenkönigs geraten war, zugunsten des ihm verbündeten Pommernherzogs aufgeben ( 1 3 1 7 ) . Auch nach Süden gelang es den Askaniern, ihren Machtbereich auszudehnen. H i e r hatten die benachbarten Wettiner fast gleichzeitig wie die Askanier ihre Hausmacht weit ausgebaut, die nach E r w e r b der Landgrafschaft Thüringen mit der P f a l z Sachsen (1264) von der W e r r a über Meißen und die Niederlausitz bis an die Oder (Schiedlo) reichte. Aber die durch das fürstliche Erbrecht bedingten Landesteilungen, deren Gefahren bei den Askaniern weitgehend durch das Bewußtsein der Interessengemeinschaft überwunden wurden, führten bei den W e t tinern zu innerem Zwist und Zerfall. D i e M a r k Landsberg (Umgebung von Delitzsch), die P f a l z Sachsen, die Niederlausitz und zeitweise auch die M a r k Meißen gingen in die H ä n d e der askanischen Konkurrenten über. U m 1308 erreichte die Ausdehnung der askanischen Herrschaft einen Höhepunkt. Sie erstreckte sich von der O h r e (1. Nebenfluß der Elbe) im Westen bis zur K ü d d o w (Nebenfluß der Warthe) und Weichsel im Osten, von Bautzen und Görlitz im Süden bis zur Eide (Grenze gegen Mecklenburg) und bis an die Ostsee bei Rügenwalde und Stolp im Norden. Nachdem bereits Woldemar größere Gebiete wie Stargard und Pommerellen hatte aufgeben müssen, traten nach seinem Tode in dem Streit um das Erbe, sowie unter den M a r k 36
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grafen aus den Häusern Wittelsbach und Luxemburg weitere Verluste ein. Kaiser Karl IV. plante die Mark in ein großböhmisches Reich, das audi die von der Mark wieder getrennte Niederlausitz und Schlesien umfaßte, einzubeziehen, wobei die Mark ihre Selbständigkeit eingebüßt hätte. Am beklagenswertesten für die Stellung der Mark an der Ostgrenze des Reiches war die Preisgabe der Neumark, des Gebietes nördlich der Warthe, durch Karls Nachfolger. König Sigmund verpfändete sie (1400/02) an den Deutschen Orden für rund 80 000 ungarische Gulden, wobei er nur für sich und seine Brüder den Rückkauf vorbehielt. Der deutsdie König scheute sich nidit, als der Orden gegenüber dem Verkaufsangebot zögerte, auch mit dem Polen darüber zu verhandeln. Der von Sigmund 1415 als Markgraf eingesetzte Nürnberger Burggraf hat es dann als Hauptaufgabe betrachtet, die verlorenen Gebiete und Rechte wiederzugewinnen, die er jedoch frühzeitig den Söhnen überließ. Die Zollern traten damit in die Fußstapfen der askanischen Markgrafen, um zugleich mit der Festigung der landesherrlichen Stellung im Innern den askanischen Machtbereich wiederherzustellen und zu erweitern. Dazu gehörte auch der aufgegebene Anspruch auf die Lehnshoheit über Pommern. Friedrich I. hat große Pläne für die Stellung seines Hauses im Reich und darüber hinaus verfolgt. Den ältesten Sohn vermählte er mit der mutmaßlichen Erbin des Hauses SachsenWittenberg, so daß sich die Möglichkeit einer Vereinigung der beiden benachbarten Kurlande ergab. Den zweiten Sohn Friedrich verlobte er als Kind mit der als Erbin der polnischen Krone geltenden Tochter des Polenkönigs, Hedwig, und gab ihn im Hinblick darauf zur Erziehung an den polnischen Hof. Er hoffte damit nicht nur die polnische Krone seinem Hause zu gewinnen, sondern auch auf diesem nicht unbedenklichen Wege die an den Deutschen Orden verkaufte Neumark für die Mark mit Gewalt zurückzuerlangen. Diese Politik, welche den Bruch der Freundschaft mit König 37
Johannes Schnitze Sigmund, dem er allein den Besitz der Mark verdankte, zur Folge hatte, war verfehlt. Der greise Polenkönig ging eine neue Ehe ein, aus der wider Erwarten Söhne geboren wurden. Die Braut starb 1431 in den Armen des Bräutigams, wie man wohl nicht mit Unrecht vermutete, durch Gift der Stiefmutter, die das Erbe ihrer Söhne sichern wollte, falls deren Vaterschaft in Zweifel gezogen würde. Die Ungnade des deutschen Königs hatte andererseits die Folge, daß das Kurland Sachsen-Wittenberg dem Hause Wettin zufiel und dessen Position im Reiche hob (1423). Dem gleichen Friedrich, dem der polnische Thron ein Traum blieb, wurde später als Kurfürst von Brandenburg der Wunsch nahegebracht, die böhmische Königskrone zu übernehmen. Dies hätte eine Verwirklichung des einstigen Planes Kaiser Karls IV. bedeutet. Durch Verbindung der Mark mit Böhmen, das auch Schlesien einbegriff, wäre ein Staat entstanden, der die Interessen des Reiches gegenüber Polen und Ungarn zu verteidigen imstande gewesen wäre. Damals handelte es sich vor allem darum, die Verbindung Polens mit Böhmen zu verhindern. Der einstmals f ü r den polnischen Thron bestimmte Kurfürst hat die nationale Bedeutung des Plans wohl erkannt und sich ernsthaft damit befaßt. Im Hinblick auf die hier der Mark und dem Reich drohende Gefahr schrieb er dem Bruder: „Würden die beide gezunge Polen und Böhmen zu einer Macht kommen, als die Polen sehr danach stehen, so wollten sie die ganze Mark haben, auch Österreich." Mit Rücksicht auf seinen geschwächten körperlichen Zustand und die bei der Ausführung des Planes unausbleiblichen Verwicklungen hat Friedrich doch Abstand davon genommen (1468). Wenige Jahre später versuchte es ein Wettiner, die böhmische Krone zu gewinnen, jedoch ohne Erfolg. Sie sollte dann dem Haus Habsburg zufallen und mit Österreich verbunden werden. Unter den Gebietsverlusten der Mark stand die Neumark an erster Stelle. Ihre Rückgewinnung spielte bereits bei dem 38
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verfehlten polnischen Heiratsplan Friedrichs I. eine wesentliche Rolle. Als der für Polen bestimmte und dort aufgewachsene Friedrich I I . Kurfürst der Mark geworden war (1440), wurde ihm die Rückführung dieser Landschaft, vielleicht besonders wegen des gescheiterten polnischen Planes, Herzenssache. U n mittelbar nach Empfang der königlichen Belehnung mit der Mark (1442) stellte er dem Hochmeister des Deutschen Ordens die kategorische Forderung nach Rückgabe der Landschaft in ihrer alten Ausdehnung mit der Begründung, daß die einstige Veräußerung gegen das Reichsgesetz der „Goldenen Bulle" verstoßen habe und deshalb ungültig gewesen sei. Das Rückkaufsrecht war nur König Sigmund und dessen Brüdern vorbehalten worden und mit diesen erloschen. Es kam zu längeren Verhandlungen in Frankfurt an der Oder, bei denen die Brandenburger sich von der Rechtmäßigkeit der E r werbung durch den Orden überzeugen mußten. Trotzdem fand sich der Hochmeister bereit, noch 30 000 Gulden zur endlichen Abfindung zu zahlen (1443). Friedrich verzichtete darauf mit seinen Brüdern gegenüber dem Orden auf die, wie es in der Urkunde hieß, „Landesbergische Mark, nun die neue M a r k ober Oder genannt". Bei der Bezeichnung als „Landesbergische M a r k " unterlief ein kurioser Irrtum der Brandenburger. Man war offenbar bei den archivarischen Nachforschungen über den einstigen askanischen Besitz auf die aus dem Besitz der Wettiner erworbene Mark Landsberg (bei Delitzsch) gestoßen und hatte sie mit Landsberg an der Warthe in Verbindung gebracht und für die Neumark gehalten. Die Neumark schien damit endgültig für Brandenburg verloren, da auch König Friedrich I I I . danach dem Orden den ewigen Besitz der Landschaft bestätigte. Trotzdem erreichte Friedrich doch noch sein Ziel. Durch die Vereinigung Polens mit Litauen (1386) war der Orden bereits in eine mißliche Lage geraten. Diese verschärfte sich zu äußerster Bedrängnis, als er sich einem Aufstande im eigenen Lande gegenübersah, der bei Polen Unterstützung
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fand. Der Mangel an Mitteln nötigte den Hochmeister, jetzt die Neumark dem Brandenburger als Pfand für erbetene Hilfe anzubieten. Für 40 000 Gulden ging sie 1454 in den Pfandbesitz Friedrichs über mit dem Recht, „sein Banner in solchem Lande aufzuhängen". Nachdem sich auch der Polenkönig um den Erwerb bemüht hatte, erfolgte ein Jahr später (19. 9. 1455) auf dem Ordensschloß Mewe der Verkauf der Neumark mit Driesen und Schivelbein durch den Hochmeister an den Brandenburger für 100 000 Gulden und gegen Zusicherung des freien Durchzuges durch die Mark für den Orden. Der Rückkauf war auch hierbei noch vorbehalten, jedoch erst für die Zeit nach Friedrichs Tod. Durch den Frieden von Thorn (19. 10. 1466) verlor der Orden Westpreußen mit Ermland an Polen und wurde gezwungen, die Oberhoheit des Polenkönigs anzuerkennen. Damit fielen auch das dem Orden einst von den Askaniern überlassene Gebiet mit Danzig und Marienburg an Polen. Im Zusammenhange damit erfüllte Kurfürst Friedrich die tiefe Sorge, es möchte von Seiten Polens unter Inanspruchnahme des dem Orden vorbehaltenen Rückkaufsrechts der Erwerb der Neumark angestrebt werden. In solcher Sorge ließ er um diese Zeit ein Memorial aufzeichnen, in dem er für seine Nachfolger die Rechtslage darlegte, wonach allein der Orden selbst dies Recht, keinesfalls der Polenkönig in Anspruch nehmen dürfe. Es müsse unbedingt darauf gehalten werden, „das sulch Iant die Neumark by deutschen landen und dem heiligen romischen Reich und by dem wirdigen kurfürstentumb der Mark zu Brandenburg, der es by ansetzung der kure ingeleibet ist, blibe und nicht zu undeutsch gezunge gebracht würde. Das deucht sin gnade gottlich, erlich und rechtlich. Item sin gnade hat das lant zu der Marke wider gebracht, will sichs ymand nach seinen tod wieder nehmen lassen, das stet zu ihm". Der letzte Hochmeister Albrecht aus dem Hause Zollern hat später, 1517, auf das Rückkaufsrecht verzichtet. Friedrich, einst zum Träger der polnischen Königskrone aus40
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ersehen, fühlte sich nunmehr als Kurfürst des deutschen Reidies als dessen Grenzwächter gegenüber dem Polenreich. Den gleichen „nationalen" Standpunkt vertrat er etwa gleichzeitig gegenüber dem Kaiser bei seinen Bemühungen um Anerkennung und Unterstützung seiner Rechte auf das Herzogtum Pommern-Stettin. Er ließ dem Kaiser vortragen, daß es die Interessen des Reidies erforderten, ihm als einem Grenzfürsten, der am Ende deutscher Lande gegen Polen und Preußen gesessen sei, Beistand zu leisten, damit „deutschen landen und dem heiligen reich nicht mehr an fremde gezunge entzogen werde". Dem damaligen Kaiser Friedrich III. machten allerdings derartige Vorhaltungen wenig Eindruck. Kurfürst Friedrich und ebenso 50 Jahre später Joachim I. haben es ängstlich vermieden, durch offenes Eintreten für den Orden die bestehenden guten Beziehungen zu Polen zu gefährden. Es ist eine wenig beachtete Tatsache, daß die Beziehungen der Mark Brandenburg zu dem östlichen Nachbar bei weitem weniger durch offene Konflikte getrübt waren als die zu den Nachbarn im Norden und Westen. Das Verhältnis zu dem Orden wurde wesentlich durch diese Rücksichtnahme bestimmt. Durch die Trennung vom Reichsgebiet geriet das Ordensland in zunehmende politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von Polen, solange es ohne feste Stütze durch eine andere Madit die Selbständigkeit zu behaupten versuchte. Nur eine engere Verbindung Preußens mit Brandenburg konnte die beiderseitige Stellung im Osten auf die Dauer sichern. Hatte Kurfürst Friedrich mit dem Erwerb der Neumark einen großen Erfolg erzielt, so blieb ihm und seinem Nachfolger solcher bei den Bemühungen um den Erwerb von Pommern-Stettin, bei denen auch die Waffen mitsprachen, versagt. Nicht allein dieser Anspruch mußte aufgegeben werden, auch auf die Lehnshoheit leistete Kurfürst Joachim I. endgültig 1529 Verzicht gegen den Abschluß einer Erbeinigung, die den Anfall Pommerns beim Aussterben des Herzogshauses sicherte. 41
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Zu dem Rückführungsprogramm Friedrichs II. gehörte ferner die an Böhmen gefallene Niederlausitz. Hier gelang es ihm nur, zeitweise die Pfandherrschaft an sidi zu bringen, doch verblieben die Herrschaften Cottbus, Peitz und Teupitz als böhmische Lehen bei Brandenburg. Als Teile von Schlesien befanden sich zuletzt Crossen, Züllichau und Schwiebus vorübergehend in Händen der Askanier. Die Verheiratung einer jugendlichen Tochter des Kurfürsten Albrecht an den greisen Schlesierherzog zwecks dessen Beerbung führte zu erbitterten Kämpfen mit einem anderen Anwärter, brachte jedoch die Herrschaft Crossen mit Sommerfeld, Bobersberg und Züllichau wieder ein. Hier in Schlesien wie in der Niederlausitz stießen die Brandenburger jetzt auch auf die Wettiner, die ihren Machtbereich in gleichen Richtungen zu erweitern suchten. 1472 erwarben sie käuflich die Herrschaft Sagan, 1477 pfandweis als böhmisches Lehen die Herrschaften Sorau, Beeskow und Storkow. Auf Beeskow und Storkow hatten auch die Brandenburger Anrechte erworben. Die damalige Rührigkeit des Hauses Wettin in der Erweiterung der politischen Machtsphäre auch im Westen zeigte sich in der Besetzung kirchlicher Reichsstifter: des Erzbistums Magdeburg (1476), des Bistums Halberstadt, des Erzbistums Mainz (1482), des Stifts Quedlinburg durch Angehörige des Hauses. Dazu kamen der Erwerb der Schutzherrschaft über Erfurt (1483) und die gleichzeitig vom Kaiser in Aussicht gestellte Anwartschaft auf die Herzogtümer Jülich und Berg; eine Ausweitung des politischen Einflusses, welche die weitere Entfaltung der Brandenburger Machtstellung abzuschnüren drohte. Wie bereits früher, wurde die aussichtsreiche Entwicklung der wettinischen Hausmacht, die um 1483 neben derjenigen der Habsburger als die bedeutendste im Reiche gelten konnte, durch eine Landesteilung (1485), die sich zu einer dauernden gestaltete, unterbunden. Die Konkurrenz des Hauses Wettin mit dem Brandenburger Haus tritt augenfällig darin in Erscheinung, daß letzteres sich ein Menschenalter 42
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später in fast der gleichen Machtsituation befand wie zuvor die Wettiner, ohne auch seinerseits aus dieser trotz der wesentlich günstigeren Umstände entsprechende Vorteile zu ziehen. Den Zollern war es gelungen, in den ersten 100 Jahren ihrer Herrschaft einen großen Teil der verlorenen einstmals von den Askaniern beherrschten Gebiete wiederzugewinnen und den Besitzstand der Mark noch durch Neuerwerbungen zu mehren, so daß sich dieser beim Tode Joadiims I. (1535) nahezu gegen 1415 verdoppelt hatte. Darüber hinaus gewann die Machtstellung des Zollernschen Gesamthauses zur Zeit Joadiims I. einen ganz außergewöhnlichen Auftrieb. Der Bruder Albrecht, durch Joadiims Hilfe zum Erzbischof von Magdeburg, Bischof von Halberstadt, danach noch zum Erzbischof und Kurfürst von Mainz erhoben, beherrschte damit ein Gebiet vom Rhein über das Eichsfeld und Erfurt bis über die Elbe, wo es an die Mark Brandenburg grenzte. 1511 war der fränkische Vetter Albrecht, als Sohn einer polnischen Prinzessin zum Hochmeister des Deutschen Ordens erwählt, Herrscher des Preußenlandes geworden. Dessen Bruder Georg der Fromme von Ansbach erwarb 1523 das sdilesische Fürstentum Jägerndorf. Das Haus verfügte somit über zwei Kurstimmen im Reich, das einflußreiche Amt des deutschen Erzkanzlers, ein ansehnliches Gebiet in Franken und in der Mitte des Reichs über ein fast zusammenhängendes Territorium vom Rhein bis zum äußersten Osten an der Memel und einen Außenpösten in Schlesien. Dazu kam nodi, daß zu dieser Zeit als Erzbischof in Riga ein Berliner Bürgerssohn, Johann Blankenfelde, der Bruder der Geliebten des Kurfürsten, saß. Es1 war ein noch größeres Einflußgebiet, als es sich um 1483 in den Händen der Wettiner befunden hatte. Unbegrenzte Möglichkeiten eröffneten sidi somit, wenn die Glieder des Hauses gemeinsame Ziele verfolgten oder ein einheitlicher Wille ihre Politik lenkte. Die Möglichkeiten erwei43
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terten sich in diesem Falle im Hinblick auf die besonderen Zeitumstände, die Verhältnisse im Reich und die reformatorische Bewegung. Ein gemeinsamer Anschluß an letztere, den allein die fränkischen Glieder des Hauses vollzogen, die Säkularisierung der geistlichen Territorien des Kardinals, wie sie der Hochmeister durchführte und die Luther dem Kardinal empfahl, hätte in enger Verbindung mit der Mark Brandenburg schon damals dem Zollernhause eine Großmachtstellung innerhalb des Reiches verschafft, wie sie die Mark erst im Laufe des 17. Jahrhunderts gewann. Der Verlauf der deutschen Geschichte wäre dadurch in völlig andere Bahnen gelenkt worden. Aber der dazu erforderliche einheitliche Wille bestand nicht. Die beiden Hauptpersonen des Hauses, die kurfürstlichen Brüder Joachim und Albrecht, waren nicht für die Konzeption derartiger Pläne geschaffen, sie zogen, allen Neuerungen ebenso wie allen kämpferischen Dingen abhold, den ruhigen Lebensgenuß vor; außerdem gingen schon beide, wenn sie auch in der ablehnenden Haltung gegenüber Luther im wesentlichen übereinstimmten, getrennte Wege. Gemeinsames Handeln oder Unterordnung des einen unter den anderen kam bei ihnen nicht in Frage. So erkannte auch Joachim aus der Einstellung gegen die kirchlichen Neuerungen heraus den Vetter als Herzog von Preußen nicht an, obwohl sich durch dessen Schritt die Möglichkeit, ja sogar die Wahrscheinlichkeit eröffnete, daß dem kurfürstlichen Hause über kurz oder lang das neue Herzogtum als Erbe zufiel. In jedem Falle bedeutete die Umwandlung des Ordenslandes in ein erbliches Herzogtum eine so wesentliche Erweiterung des Zollernschen Machtbereiches, daß deren besondere Bedeutung gegenüber dem Osten Joachim, trotz Seiner guten Beziehungen zu Polen, augenfällig sein mußte. Als Joachims Söhne entgegen der dem Vater gegebenen Verpflichtung den Anschluß an die reformatorische Bewegung vollzogen, beseitigten sie zugleich unbewußt auch den Gegensatz gegen das lutherische Herzogtum Preußen und damit ein 44
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wesentliches künftiges Hindernis für dessen späteren Übergang an das Brandenburger Fürstenhaus. Die von Joachim I. auf Grund des fürstlichen Erbrechts ebenso kurzsichtig bewirkte Teilung des Kurlandes unter seine Söhne, die sowohl gegen das Reichsrecht wie gegen die von seinem Großvater Albrecht getroffene weise Erbteilung verstieß, brachte die Gefahr einer dauernden Trennung der Lande, wie sie bei den Wettinern eingetreten war. Allein das Schicksal, welches, wie bereits bei der Teilung der Mark unter die beiden Friedrich vor 100 Jahren, dem jüngeren Bruder einen Sohn versagte, hat diese Gefahr abgewendet. Nochmalige Versuche, das familiäre Erbrecht zugunsten jüngerer Söhne in Anwendung zu bringen, wurden von den Kurprinzen vereitelt. Waren bereits das Erzstift Magdeburg und das Bistum H a l berstadt unter Joachims Bruder Albrecht in enge Beziehungen mit der Mark getreten, so bahnte sich die dauernde Verbindung mit diesen Territorien dadurch an, daß es den folgenden Kurfürsten gelang, brandenburgische Prinzen als Administratoren in beiden Stiftsgebieten, die sich ebenfalls der Reformation anschlössen, einzusetzen und sie dadurch in Verbindung mit dem brandenburgischen Kurstaat zu halten. Die staatsrechtliche Vereinigung wurde jedoch erst durch den Westfälischen Friedensvertrag 1648 gegen die Konkurrenten gesichert. Das Erzstift Magdeburg ging 1680 aus der Hand eines letzten wettinischen Administrators mit Ausnahme einiger an Sachsen gefallener Außenämter als weltliches Herzogtum in den Besitz Brandenburgs über. Die zweite Vermählung Kurfürst Joachims I I . mit der polnischen Königstochter Hedwig verstärkte die Beziehungen zu Polen, und es tauchte noch einmal der bereits von Friedrich I. verfolgte Plan auf, dem Brandenburger Haus die polnische Königskrone zu gewinnen. Bei der Kinderlosigkeit König Sigmunds I I . stand das Erlöschen des Jagellonischen Hauses bevor. Aus der zweiten Ehe des Kurfürsten war ein Sohn Sigmund entsprossen, der durch die Mutter ein Enkel 45
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des Polenkönigs Sigmund I. war und den Namen von ihm trug. Es lag daher der Gedanke nahe, ihm die Anwartschaft auf den polnischen Thron zu sichern. Alle Bemühungen und Opfer, die von Seiten des Kurfürsten wie des inzwischen zum Erzbischof von Magdeburg erhobenen Prinzen aufgewendet wurden, um Stimmung dafür in Polen zu machen, waren vergeblich; der frühe Tod Sigmunds (1566) machte den Plan außerdem gegenstandslos. Dagegen vermochte der Kurfürst dem polnischen Schwager ein anderes für die zukünftige Entwicklung des Landes wohl noch wichtigeres Zugeständnis abzuringen, die Mitbelehnung mit dem Herzogtum Preußen neben der fränkischen Zollernlinie. 1563 erteilte der König die schriftliche Zusicherung. Als dann 1568 der erste Herzog von Preußen, Albrecht, starb und dessen Sohn Albrecht Friedrich auf dem polnisdien Reichstag in Lublin am 19. Juli 1569 die Belehnung erhielt, wurde Joachim II. und seinen Erben die Mitbelehnung zuteil. Sie wurde bei dem feierlichen Akt dadurch symbolisiert, daß die brandenburgischen Gesandten, an deren Spitze Lewin v. der Schulenburg, als Vertreter des Kurfürsten die Lehnsfahne berührten. Damit gewannen die Brandenburger neben den fränkisdien Vettern, die zu der Zeit nur noch in einer Person, dem Markgrafen Georg Friedrich, vertreten waren, feste Aussicht auf die Erbfolge in Preußen. Diese Mitbelehnung wurde nach dem Tode Joadiims II. für dessen Sohn Johann Georg und danach noch mehrfach erneuert. Die Erbaussichten auf das Herzogtum Preußen rückten in unmittelbare Nähe, als Herzog Albrecht Friedrich in Geisteskrankheit verfiel und zwei junge Söhne 1580 und 1586 verstarben. Der Herzog war vermählt mit Marie Eleonore von Kleve, an die sich ein Erbrecht auf die Jülich-Klevisdien Lande am Niederrhein und in Westfalen knüpfte. Für das Haus Brandenburg eröffneten sich somit Aussichten auf territoriale Erwerbungen von weittragender Bedeutung. Deren Verwirklichung stand fortan im Vordergrunde der brandenburgischen 46
Von der Mark Brandenburg zum Preußenstaat Politik, die sich zur Erreichung dieser Ziele aller Mittel bediente. Zum Vormund des erkrankten Herzogs hatte der Polenkönig als Lehnsherr 1577 den fränkischen Vetter Georg Friedrich als nächsten Agnaten eingesetzt. D a auch dieser keine Söhne besaß, rückte das Haus Brandenburg auf den nächsten Platz. Um das Erbrecht an Preußen zu sichern, mit dem sich durch die Herzogin Marie Eleonore bzw. deren ältester Tochter das Erbrecht an den niederrheinischen Herrschaften verknüpfte, wurde 1591 Johann Sigismund, der Enkel des damaligen Kurfürsten Johann Georg, mit Anna, der ältesten Tochter des Herzogs, verlobt. Die Vermählung erfolgte am 30.10. 1594 in Königsberg. Nicht genug damit ließ sich dessen Vater, der nunmehrige Kurfürst Joachim Friedrich, 1603, nachdem er kurz zuvor Witwer geworden war, eine jüngere Schwester seiner Schwiegertochter als Gattin antrauen. Er wurde damit Schwager seines Sohnes und wie dieser Schwiegersohn des geisteskranken Herzogs. Schon vorher, 1598/99, hatte man mit dem fränkischen Vetter Georg Friedrich zur Regelung der Erbfolge in Gera einen Hausvertrag geschlossen. Er bestimmte, daß das Herzogtum Preußen und das Fürstentum Jägerndorf ebenso wie die fränkischen Fürstentümer dem Kurhause zufielen. Jedoch wurde gemäß der von Kurfürst Albrecht getroffenen Disposition, wonach letztere getrennt von dem Kurland bleiben sollten, bestimmt, daß die Fürstentümer Ansbach und Bayreuth als zwei selbständige Herrschaften nach dem Tode des derzeitigen Inhabers Georg Friedrich den Stiefbrüdern des Kurfürsten Joachim Friedrich, Christian und Joachim Ernst, zufallen sollten. Georg Friedrich starb 1603. Als ältester mit Preußen mitbelehnter Agnat war nunmehr Kurfürst Joachim Friedrich nächst- oder alleinberechtigt zur Führung der preußischen Vormundschaft. Es bedurfte jedoch längerer Verhandlungen und der Erfüllung zum Teil harter Forderungen, u. a. Barzahlung von 47
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300 000 Gulden an den Polenkönig, ehe sidi dieser dazu verstand, dem Brandenburger die Vormundschaft und damit die Regentschaft zu überlassen (April 1605). Damit trat Preußen unter die unmittelbare Verwaltung des Brandenburger Landesherren, soweit dies in Preußen möglich war, wo die Stände durch die Regimentsräte nahezu selbständig regierten. Beglückt war man im Lande Preußen, d. h. in den dort herrschenden Kreisen, von der neuen Herrschaft keineswegs. Wenn auch der Landesherr gemäß der ständischen Verfassung ziemlich machtlos war, so war doch von Seiten des neuen Regenten, der einen festen Rückhalt außerhalb des Landes besaß, die Einschränkung der hergebrachten Freiheiten zu befürchten. Nach dem Tode Joachim Friedrichs (1609) fiel die Vormundschaft an dessen Sohn Johann Sigismund, den Gemahl der ältesten Tochter des Preußenherzogs. Auch er hatte bei der Übernahme starke Widerstände zu überwinden und drückende Bedingungen zu erfüllen, bevor er Ende 1611 die Belehnung mit dem Herzogtum für den Todesfall des Schwiegervaters empfangen konnte. Dieser Fall trat 1618 ein. Die förmliche Inbesitznahme des Landes erfolgte, nachdem die Brandenburger bereits seit dreizehn Jahren Regenten waren, ohne besondere Zwischenfälle. Der Übertritt Johann Sigismunds zum reformierten Bekenntnis hatte zwar auch in Preußen starkes Mißfallen erregt, man konnte sich aber damit abfinden, da der Kurfürst zu der Zeit bereits regierungsunfähig war und als eigentlicher Regent seine energische treu lutherisch gesinnte Gattin Anna, die Tochter ihres Herzogs, galt. Die dauernde Verbindung des Preußenlandes mit der Mark Brandenburg war nunmehr vollzogen, wenn auch das Besitzrecht an beiden Landen verschieden, die Kurmark Reichslehen, Preußen polnisches Lehen war, letzteres damit außerhalb des Reiches stand. Bereits neun Jahre zuvor (1609) war durch den Tod des letzten Herzogs von Kleve der andere Erbfall eingetreten, welcher sich an Herzogin Marie Eleonore von Preußen und 48
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deren älteste Tochter Anna, die Gattin des kurz zuvor Kurfürst gewordenen Johann Sigismund, knüpfte. D a auf das Erbe auch der Pfalzgraf von Neuburg, die Wettiner und schließlich auch der Kaiser Ansprüche geltend machten, kam es zu einem langwierigen Erbschaftsstreit, in dem es anfangs zu einer gemeinsamen Verwaltung durch Brandenburg und Pfalz-Neuburg, dann (1614) zu einer Teilung zwischen beiden kam, wobei dem Brandenburger die Landschaften Kleve, Mark und Ravensberg zufielen. Der definitive Vertrag darüber kam jedoch erst 1666 zustande, die kaiserliche Bestätigung erfolgte 1678. Dadurch, daß der Brandenburger Staat zugleich mit dem Erwerb des deutschen Außenpostens im Osten auch im deutschen Westen Fuß faßte, wuchs er in Deutschland hinein. Nach beiden Erbschaften erstreckte sich der unmittelbare Herrschaftsbereich Johann Sigismunds vom Rhein bis zur Memel; er bedeutete bereits eine maßgebende Position im mittel- und ostdeutschen Raum. Die jetzt vollzogene Verbindung der Mark mit den abgesonderten Territorien im Westen und Osten war lediglich ein Gebilde des Zufalls, der durch das familiäre Erbrecht der Regentenfamilien, d. h. letzten Endes durch Heiratsspekulation und persönliches Schicksal gelenkt wurde. Weder staatliche, wirtschaftliche oder völkische Gesichtspunkte wirkten in Richtung auf einen Zusammenschluß mit. Nur im Preußenlande mußte das evangelische Bekenntnis als Bindemittel gegenüber dem katholischen Polen erscheinen. Das vom Reich abgetrennte ehemalige Ordensland konnte für sich allein auf die Dauer auch seine Nationalität gegenüber einem erstarkenden Polen kaum bewahren. M i t dem Aussterben des pommerschen Greifenhauses (1637) hätte auf Grund der Erbeinung auch die so lange erstrebte Vereinigung des benachbarten Pommerlandes mit der Mark erfolgen müssen. Die Besetzung des Landes durch die Schweden machte den Vertrag wirkungslos. Der Westfälische Friede gestand dem Brandenburger nur Hinterpommern zu, das je4
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doch erst später von den Schweden geräumt wurde. Der heiß begehrte Besitz Stettins ließ sich noch nidit verwirklichen. Es war die schwierige Aufgabe der Brandenburger Regenten, aus den ihnen durch das Schicksal zugefallenen, in ihrer geschichtlichen Entwicklung so verschiedenartigen Herrschaftsbereichen in West und Ost in Verbindung mit dem Stammlande, der Mark, als Mittelstück ein einheitliches Staatsgefüge, verwaltungs- und wirtschaftsmäßig eine politische Einheit zu bilden. Sie haben sie gelöst. Vorbedingungen waren dafür: in Preußen die Befreiung des Landes von der Abhängigkeit von Polen, d. h. Erlangung der Souveränität nach außen hin, sodann nidit minder in allen Territorien die Stabilisierung der landesherrlichen Autorität. Beide Ziele hier in dieser Folge zu erreichen, ist bereits ein Menschenalter später dem Enkel des letzten Preußenherzogs, Kurfürst Friedrich Wilhelm, gelungen. Durch geschicktes Lavieren in dem zwischen Karl Gustav von Schweden und dem Polenkönig Johann Kasimir geführten Kriege, in dem die Brandenburger in der dreitägigen Scülacht von Warschau (18. bis 20. Juli 1656) auf Seiten des Schweden entscheidenden Anteil an dessen Siege hatten, erlangte der Kurfürst im Vertrag von Labiau zunächst für sich und seine Nachkommen die Anerkennung des Schweden als „höchste, unabhängige und eigenmächtige Regenten von Preußen und Ermland" (10. November 1656). Der glückliche weitere Verlauf der Dinge brachte ein Jahr später auch das wichtigere gleidie Zugeständnis des Polen, das Herzogtum Preußen als unabhängigen Besitz „als oberster Herr mit unumschränkter Gewalt zu haben, besitzen und zu regieren" (Vertrag von Wehlau, 19. September 1657). Auf Ermland mußte der Kurfürst jedoch verzichten. Der Pole behielt sich für den Fall des Aussterbens der Zollern den Rückfall vor. Der 1660 in Oliva geschlossene allgemeine Friede bestätigte diese Abmachungen. Damit war der Kurfürst souveräner Herr geworden und die erste Voraussetzung für die Bildung des 50
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brandenburgisch-preußischen Staates geschaffen. Noch 1640 hatte ein brandenburgischer Geheimer R a t geäußert: „Preußen halten wir wie einen Aal am Schwanz." Es tat dem keinen besonderen Abbruch, daß der Kaiser bisher einen Herzog von Preußen nicht anerkannt hatte und daß ebenso der Deutsche Orden seinen vom Kaiser gestützten Anspruch auf das Ordensland aufrechterhielt. Die weitere Vorbedingung für eine staatliche Versdimelzung der neu gewonnenen räumlich getrennten Herrschaften mit der Mark bestand in der Stärkung und Vereinheitlichung der Position des Landesherrn, d. h. in der Befreiung von den Fesseln, mit denen er durch die hergebrachten ständischen Verfassungen in der Mark und noch wesentlich stärker in den neuen Gebieten gebunden war. Die Verschiedenheit der Rechtsanschauungen und der Sondergeist der ständischen Körperschaften in den bisher selbständigen Gebietsteilen, der in Kleve-Mark und in Preußen wesentlich stärker ausgebildet war als in der M a r k Brandenburg, konnten, solange die Stände das entscheidende Wort sprachen, es niemals auch nur zu einer annähernden staatlichen Verschmelzung dieser Territorien und zu einer monarchischen Landesherrschaft kommen lassen. N u r im Gegensatz zu den lokalen Gewalten und deren Sonderinteressen ließ sich beides anbahnen und durchführen durch einen zielbewußten Willen, dem die Mittel der Gewaltanwendung zu Gebote standen. Voraussetzung dafür waren die Konzeption eines einheitlichen Staatsgedankens und der Wille zur Macht auf Seiten des gemeinsamen Landesherrn. Nur durch Ausschaltung der Stände und Landtage als mitbestimmende politische Machtfaktoren in allen Landesteilen konnte das Ziel der Vereinigung erreicht werden, das gleichzeitig zu einem absolutistischen Regiment führen mußte. Kurfürst Friedrich Wilhelm, der sich als ein göttliches Rüstzeug zu außergewöhnlicher Mission in seiner Eigenschaft als Herrscher berufen fühlte und als göttliches Werkzeug auch unbedingte Autorität im Staate in Anspruch nahm, war der vom 51
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Schicksal für diese Aufgabe bestimmte Mann. Seine Auffassung vom Herrscherberuf enthält der Spruch, den er seine Söhne auswendig lernen ließ: sie gesturus sum prineipatum, ut rem populi esse sciam non meam privatam (ich werde als Regent die Sache des Volkes, nicht die eigene führen)". Sein Verantwortungsgefühl gegenüber clem populus entsprang seiner religiösen Vorstellung von der göttlichen Mission des Regenten. Wie er von Beginn seiner Regierung an die Unabhängigkeit von äußeren Gewalten erstrebte, so war auch die selbständige Verfügungsgewalt im Innern der Lande das Ziel seiner Politik. Die Gesamtstaatsidee tritt bereits in der neuen Ordnung für den brandenburgischen Geheimen Rat von 1651 in Erscheinung. Dieser erhielt dadurch die Funktion eines zentralen Verwaltungsorgans für den gesamten Länderbesitz als eines einheitlidien Staatsganzen, in dem nicht allein die märkischen, sondern ebenso die rheinisdi-westfälischen und preußischen Angelegenheiten beraten und zur Entscheidung des Kurfürsten gebracht wurden. Die Protokolle dieses Geheimen Rates zeigen deutlich, in welchem Umfange dies geschah, und wie damit der Einheitsstaat vorbereitet wurde. Die zentrale Staatsverwaltung hat dann später im 18. Jahrhundert durch die Regierung aus dem fürstlichen Kabinett mit der Kabinettsorder die höchste Ausbildung gefunden. In der Mark Brandenburg waren die Landstände unter den Markgrafen aus den Häusern Wittenbach und Luxemburg zu weitgehender Selbständigkeit und Unabhängigkeit gelangt. Es war Aufgabe des Nürnberger Burggrafen und seiner Nachfolger, die landesherrliche Autorität wiederherzustellen. Friedrich II. hat dies weitgehend gegenüber den Städten erreicht. Von Kurfürst Albrecht wurde das Wort gesprochen: „Wir wollen Herr im Hause sein und ein gewaltsames (d. h. selbständiges) Regiment führen." Aber gerade er bewies gegenüber den opponierenden Städten unendliche Geduld und vermied jede Gewalt. Trotzdem war es sein Prinzip, keinerlei Mitreden der Stände in der Politik zu gestatten. Das von den Ständen 52
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behauptete Recht jeder Steuerbewilligung madite jedodi den Landesherrn völlig von ihnen abhängig. Indem es Kurfürst Joadiim I. gelang, die bewilligten Steuern zu einer ständigen Abgabe zu machen, verschob sich der fürstlich-ständische Dualismus weitgehend zugunsten des Landesherrn. Während sein Sohn Johann in dem für ihn abgetrennten Gebietsteil Küstrin den Einfluß der Stände noch weiter beschränkte, bewirkte die Schuldenwirtschaft seines Bruders, Joachims II., das Gegenteil, indem die Steuererhebung unter ihm ganz in die Hände der Stände überging. Trotzdem ließen er und seine Nachfolger sich die Entscheidung nicht aus der Hand nehmen. Es waren die Nöte des dreißigjährigen Krieges, weldie eine völlige Wandlung anbahnten. Der Ünterhalt der das Land bedrückenden fremden Soldateska wie der zu ihrer Abwehr geworbenen eigenen Regimenter zwangen zur Einführung einer neuen Steuer, der Kontribution, deren Erhebung angesichts des Fortbestehens der gefahrvollen Situation von den Ständen nicht verweigert werden konnte und somit zu einer dauernden Einrichtung wurde. In den Städten wurde sie später durdi eine indirekte Steuer, die Akzise, ersetzt. Gleichzeitig aber gaben die zur Sicherung des Landes vom Kurfürsten gehaltenen Truppen diesem eine Machtposition, in der er jeder Opposition nunmehr als Heerführer begegnen konnte. Auf dem brandenburgischen Landtag von 1653, bei dem die Stände dem Kurfürsten für die Abtragung der Schulden 530 000 Taler bewilligten, bestätigte er in seinem Reverse in 72 Punkten alle Privilegien und gelobte, sie „jederzeit steif, vest und unverbrüchlich zu halten". Es war jedodi der letzte allgemeine Landtag, der in Brandenburg stattfand. Wurde der Rezess von 1653 noch als Grundlage der Landesverfassung angesehen, so verlor er bald diese Bedeutung, indem durch die stillsdiweigende und kaum zu verhindernde Weitererhebung der Kriegssteuern der Kurfürst faktisch als Kriegsherr die Finanzhoheit ausübte und damit der Steuerbewilligung durch 53
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die Stände nicht mehr bedurfte. Dieser Prozeß vollzog sich in der Kurmark ohne besondere Widerstände. Der Adel benutzte die Situation zur Stärkung seiner gutsherrlichen Machtsphäre. Die Stände traten in der Mark als politischer Machtfaktor nidit mehr in Erscheinung. Anders war es in den rheinischen und in den preußischen Landen. Die Widerstände, die sich hier auch auf auswärtige Mächte stützen konnten, waren an beiden Stellen wesentlich stärker, so daß sie nur mit Gewalt überwunden werden konnten. Während sich die Zwangsmaßnahmen im Westen in maßvollen Grenzen hielten, indem man sich angesichts der militärischen Drohung fügte, kam es in Preußen zu dramatischen Aktionen. Zwar suchte man im Rheinland auch Rückhalt bei den Niederlanden, Pfalz-Neuburg und beim Kaiser, es war jedoch wesentlich bedrohlicher, wenn die preußischen Stände um ihrer vermeintlichen Rechte willen die Rechtsgültigkeit der Souveränität des Kurfürsten bestritten, weil sie ohne ihre Zustimmung erworben worden sei, und zum Schutze ihrer Freiheiten den Eingriff des Polenkönigs herbeizuführen suchten. Hiergegen war ein schnelles und energisches Vorgehen erforderlich. Mit einer im Königsberger Sdiloß aufgestellten Heeresmacht von 3000 Mann und durch Bedrohung der auf die Stadt gerichteten Kanonen des von ihm errichteten Forts Friedrichsburg hat Friedrich Wilhelm Ende 1662 die Stadt Königsberg persönlich zur Unterwerfung gezwungen. Der Schöppenmeister Roth büßte lebenslang die Freiheit ein. Der Landtagsabschied von 1663 bewirkte die Anerkennung der Souveränität. Am 18. Oktober 1663 fand die Erbhuldigung in Königsberg statt. Die weiter andauernde Opposition des Adels wurde durch ebenso scharfes Vorgehen eingeschüchtert, wobei in einem rechtlich nicht einwandfreien Verfahren der Oberst von Kalckstein der Folter und Hinrichtung verfiel (1672). Nicht bewilligte Steuern trieb man durch militärische Exekution ein. Die Militär- und Finanzhoheit des Kurfürsten war dadurch auch in Preußen praktisch verwirklicht, das Herzogtum ebenfalls der 54
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brandenburgischen Zentralgewalt in Cölln an der Spree untergeordnet. Die Bindemittel zwischen den isolierten Landesteilen, zu denen in der Folge weitere traten, bildeten die gleichmäßige Gesetzgebung und Verwaltungsorganisation sowie das neue stehende Heer, das die Standorte wechselte; dazu traten der sich im Laufe der Zeit entwickelnde enge Verkehr und das gemeinsame Erlebnis. Von den drei Gebietsherrschaften, die sich etwa gleichzeitig um die Mitte des zwölften Jahrhunderts an der Ostgrenze des Reiches in den Marken Österreich, Meißen und Brandenburg bildeten, hatte Österreich unter den Habsburgern die größte territoriale Ausdehnung gewonnen und zwei Königskronen, in Böhmen und außerhalb des Reiches in Ungarn, erlangt. Die Wettiner, durch ihre Landesteilung geschwächt, vermochten es jetzt, den Glanz ihres Hauses durch die einst von den Zollern erstrebte polnische Königskrone zu heben (1697). Das Haus Brandenburg - Preußen konnte bei der bereits gewonnenen Machtposition dahinter im Range nicht zurückbleiben. Es lag nicht allein im Interesse des Regentenhauses, sondern auch im Zukunftsprogramm des neuen Staatsgebildes, wenn es Kurfürst Friedrich III. gelang, dem Kaiser, der einen Herzog von Preußen nicht anerkennen wollte, die Zustimmung dazu abzunötigen, daß der Kurfürst sich in dem souveränen Preußen mit einer Königskrone krönte. Mittelpunkt des neuen Königreiches Preußen und Residenz des Königs blieb Berlin als nunmehrige Hauptstadt von Preußen. Die Titelbezeichnung des gemeinsamen Landesherren nach dem Preußenlande dehnte sich nicht nur auf die Mark Brandenburg, sondern auch auf die anderen Landschaften des Staates und seine weiteren Erwerbungen aus. So kam es nach und nach dazu, daß die Brandenburger, Rheinländer, Magdeburger, Pommern, Schlesier, Lausitzer usw. Preußen wurden. Als Angehörige eines festgegründeten großen Staates mit vorbildlicher Verwaltung und Rechtsprechung, aufblühender Wirtschaft und 55
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zugleich glanzvoller Vergangenheit haben sich auch diese Preußen mit Ausnahme allein der erst später hinzugetretenen Länder mit alter Herrschertradition (Hannover, Hessen) auch mit einem gewissen nationalen Stolz als solche gegenüber den Angehörigen der deutschen Kleinstaaten gefühlt und darüber wohl zum Teil die alte landschaftliche Zugehörigkeit vergessen. Auch der Mehrzahl der Brandenburger dürften die preußischen Farben Schwarz-Weiß vertrauter geworden sein als die alten märkischen Rot-Weiß. In der Hauptstadt Berlin bildete sich ein neues Volkstum aus allen Teilen der Monarchie mit einem starken Zuschuß von den durch die Landesherren aus dem Ausland, insbesondere Frankreich, herbeigezogenen Elementen. Es ergab sich dadurch eine spezifisch preußische Mischung, die auch heute noch ihre Eigenart trotz der Völkerverschiebung der letzten Zeit erhalten hat und erkennbar ist in dem besonderen Charakter der Berliner mit den Tugenden der Zähigkeit, des Fleißes, des Selbstbewußtseins, eines gesunden Rechtsempfindens und eines praktischen Urteils. Der Preußenstaat ist nur noch ein geschichtliches Phänomen, aber auch sein Kernstück, die Mark Brandenburg, ist längst als politische Einheit verschwunden. Bereits 1815 wurde bei Einrichtung der preußischen Provinzen der westelbische Teil abgetrennt. Heute besteht auch eine verwaltungsmäßige Einheit des restlichen Ostteils der alten Mark, der preußischen Provinz, nicht mehr. Stücke davon wurden sogar zu anderen Landschaften geschlagen. Mauern und Stacheldraht teilen die Hauptstadt Berlin."' * Dieser Beitrag wurde in etwas abgeänderter Fassung auch in den Blättern für deutsche Landesgesdiidite, Jg. 99,1963, abgedruckt.
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DRITTES
KAPITBL
Die Entstehung des Junkertums von F. L. Carsten „Junker" und „Junkertum" wurden im Verlaufe des 19. J a h r hunderts zu einem politischen Begriff, zu einem Schlagwort, und wenn von den Gegnern des Junkertums angewandt, zu einer Art von politischem Schimpfwort. Aber ursprünglich hatten sie keine politische Bedeutung und bezeichneten eher eine bestimmte soziale Gruppe und eine Form der gesellschaftlichen Struktur. Die Mitglieder des Adels Nordostdeutsdilands bezeichneten sich selbst stolz als „Junker", ein Name, der auch anderswo üblich war und selbst von städtischen Patrizierschichten übernommen wurde; noch heute findet der Besucher von Bern direkt beim Münster eine Junkerngasse. Was das Junkertum Nordostdeutschlands auszeichnete, war auch nidit Reichtum oder besonders große Güter; denn viele Junkerfamilien waren verhältnismäßig arm, und ihre Güter wurden in früheren Jahrhunderten oft geteilt. Im Gegensatz zu Böhmen, Polen und Ungarn gab es in Brandenburg und Pommern keinen Hochadel als besonderen Stand und wirklichen Großgrundbesitz nur in ganz seltenen Fällen. Das Hauptinteresse der Junker war die Erzeugung von Getreide; im Laufe der Zeit breiteten sich ihre Güter und Vorwerke auf Kosten des Bauernlandes immer weiter aus; Bauern wurden ausgekauft, „relegiert" oder „gelegt", um die adligen Eigenwirtschaften zu vergrößern; da andere Arbeitskräfte nidit vorhanden waren, wurden sie mit den Frondiensten höriger, an die Scholle gebundener Bauern bewirtschaftet; die Frondienste, ursprünglich nur geringfügig, wurden im Verlauf der Zeit immer mehr gesteigert — bis zu drei, vier oder fünf Tagen in der Woche — und wurden häufig zu „ungemessenen" Diensten; aus freien Bauern wurden hörige, über die der Guts-
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F. L. Carsten herrschaft alle Hoheitsrechte, einschließlich der Hand- und Halsgerichtsbarkeit, zustanden; die adligen Güter waren „immun" gegenüber jedem Eingriff von außen, und auf ihnen herrschte der Gutsherr „absolut" über seine Untertanen. Die Fürsten andererseits waren schwach, abhängig vom Adel und von den Geldbewilligungen der Landstände; innerhalb der Stände wurde der Adel allein ausschlaggebend und erwarb — zum Dank für neue Geldbewilligungen — wichtige Privilegien, die seine wirtschaftliche Stellung festigten, vor allem auch gegenüber den meist unbedeutenden und im Niedergang begriffenen Städten. Die politische und wirtschaftliche Vorherrschaft des Adels — gegenüber den Fürsten sowohl wie gegenüber den anderen Ständen — gehören zum Begriff des „Junkertums". Man könnte versucht sein, das Entstehen dieser sozialen Struktur und Gesellschaftsform in Nordostdeutschland und seinen Nachbarländern im Osten Europas mit der deutschen Kolonisation ursprünglich slawischer Gebiete oder gar mit bestimmten slawischen Zügen, die von den deutschen Einwanderern übernommen wurden, in Beziehung zu setzen; denn ein „Junkertum" in diesem Sinne entstand im deutschen Mutterlande westlich der Elbe und Saale nidit. Aber es entstand auch nicht in Sachsen, das genauso wie seine Nachbarn im Norden und Süden zum Gebiet der deutschen Kolonisation gehört. Und es entstand andererseits in Gebieten, die überhaupt nicht slawisch waren und von der deutschen Kolonisation nicht berührt wurden, z. B. in Ungarn, wo sich die Vormacht des Adels länger erhielt als in irgendeinem anderen Lande Mitteleuropas. Auch gab es keine geradlinige Entwicklung von der Zeit der deutschen Kolonisation bis zum 17. oder 18. Jahrhundert, kein langsames Anwachsen der adligen Güter und adligen Eigenwirtschaften durch die Jahrhunderte, kein langsames Herabdrücken der eingewanderten deutschen Bauern auf die Lage der slawischen oder prussischen Ureinwohner — sei es, daß diese zur Zeit der Kolonisation Hörige waren oder von den Er58
Die Entstehung
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oberern zu Hörigen gemacht wurden. Sicherlich wurden zur Zeit der Kolonisation sehr große, manchmal riesige Besitzungen verliehen, denn das eroberte Land w a r nur sehr dünn besiedelt, und viele slawische Adlige waren im Kampf gefallen oder wanderten aus. Aber in weiten Gebieten Mecklenburgs, Pommerns, Brandenburgs und Polens behielten slawische Adlige ihre ererbten Güter und vermischten sich bald mit den einwandernden Deutschen. Auch in Brandenburg scheinen manche der besonders umfangreichen Besitzungen slawischen Ursprungs zu sein. Eine allgemeine Enteignung und Vertreibung des slawischen oder prussischen Adels fand bestimmt nicht statt. Die großen, zur Zeit der Kolonisation verliehenen Güter waren oft nur claims, wie das Krollmann und andere für Preußen im einzelnen nachgewiesen haben. Sie wurden in verhältnismäßig kurzer Zeit in viele Teile geteilt, durch Erbfolge zersplittert, in kleineren Stücken gegen Ritterdienste ausgeteilt oder mit neugegründeten Dörfern besiedelt. Die neuen Grundherren erwarben nur die niedere Gerichtsbarkeit, die Hochgerichtsbarkeit verblieb zunächst dem Landesherrn, und sein advocatus führte den Vorsitz im allgemeinen Landgericht. Zur Zeit der Gründung deutscher Dörfer „aus wilder Wurzel" oder der Umwandlung slawischer Dörfer in solche mit deutschem Recht wurden die Abgaben der Bauern pro Hufe festgelegt und ebenso ihre Dienstleistungen, die in geringfügigen Fuhren oder Hand- und Spanndiensten — im allgemeinen nur drei bis sechs Tage im Jahr — bestanden; denn die Eigenwirtschaften waren klein. Nur die Klöster hatten oft eine Reihe von grangiae, die z. T. von den Mönchen selbst, z. T. mit Hilfe von Lohnarbeitern oder Kossäten — in Preußen Gärtner genannt — bewirtschaftet wurden. Das bemerkenswerte ist nun aber, daß gerade im 14. Jahrhundert eine deutliche Tendenz bestand, diese grangiae in Bauerndörfer umzuwandeln, wie sich das für die Zisterzienserklöster Eldena und Kolbatz in Pommern, Chorin und Himmelpfort in der Uckermark, das Nonnenkloster Spandau und die Besitzungen des Johanniterordens
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in der Nähe von Berlin im einzelnen nachweisen läßt. 1 Das zeigt sich audi darin, daß die geringen Bauerndienste jetzt häufig in Dienstgeld umgewandelt wurden, 2 offensichtlich weil sie nicht benötigt wurden, da die Eigenwirtschaften nicht zu-, sondern abnahmen. Es gab also, vor allem im 14. Jahrhundert, eine langsame Auflösung der Grundherrsdiaft, eine starke Zersplitterung des Grundbesitzes, ähnlich wie sie sich früher und stärker in den mehr westlichen Ländern durchgesetzt hatte. Auch wo die Landesherren ihre Hoheitsrechte aus Geldmangel verkauften oder verpfändeten, gingen diese keineswegs überall in den Besitz der Grundherren über, sondern gelangten in sehr verschiedene Hände. Kaiser Karls IV. Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 3 zeigt am klarsten diesen Zustand der Zersplitterung des Grundbesitzes und der Hoheitsrechte, wie er sidi im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte herausgebildet hatte. Noch erstaunlicher aber ist, daß es in der Mark Brandenburg auch während der folgenden zwei Jahrhunderte — also bis zum dritten Viertel des 16. Jahrhunderts — keine starke Tendenz zur Zunahme der adligen Eigenwirtschaften gab, daß sich im Gegenteil bis weit ins 15. Jahrhundert hinein eine — wenn auch geringfügige — Abnahme derselben nachweisen läßt. Durch das Landbuch und die Schoßregister besitzen wir vergleichbare Zahlen für 291 Dörfer der Mittelmark: diese ergeben zwischen 1375 und 1450 eine Abnahme der steuerfreien Ritterhufen um etwas über 4 % und zwischen 1375 und etwa 1575 eine Zunahme nur um etwas über 8 %. In 347 Dörfern der Mittelmark betrug die Zunahme zwischen 1450 und 1575 etwa I2V2 %- 4 Dabei muß noch in Rechnung gestellt werden, daß die Zahlen für 1575 dem Schoßregister von 1624 entnommen sind, dessen Zweck war festzustellen, wie viele Hufen die Adligen während der vergangenen fünfzig Jahre dem Schoß entzogen hatten, während die Hufen, die schon vor fünfzig Jahren steuerfrei gewesen waren, dies auch weiter bleiben sollten. Da die Adligen also ein Interesse daran hatten, 60
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die Zahl der steuerfreien Hufen für 1575 möglichst hoch anzugeben, war sie vermutlich in Wirklichkeit wesentlich niedriger, d. h. die Zunahme während der vergangenen zwei Jahrhunderte noch geringer. Und all das trotz der verschiedenen Faktoren, die im 15. und 16. Jahrhundert auf eine Zunahme der adligen Eigenwirtschaften hinwirkten, die im folgenden behandelt werden. Was die Lage der Bauern betrifft, so fand im Mittelalter nicht eine Angleichung nach unten — ein Herabdrücken der deutschen Bauern auf die Lage der slawischen — sondern eine solche nadi oben statt: die slawischen und prussischen Bauern übernahmen mit den deutschen Methoden des Ackerbaus auch deren rechtliche und soziale Stellung. Zahlreiche slawische Dörfer erhielten deutsches Recht und dörfliche Selbstverwaltung unter ihrem Schulzen. Da sehr bald eine große Knappheit an bäuerlichen Siedlern bestand, und da viele Neusiedler bald weiter nach dem Osten zogen, wo die Kolonisation bis ins 16. Jahrhundert weiterging, mußte einfach auf die nichtdeutsche Bevölkerung zurückgegriffen werden, wenn das Siedlungswerk nicht in den Anfängen steckenbleiben sollte. Auch so blieb die Siedlerknappheit das entscheidende, den Fortschritt der Kolonisation hemmende Moment: deutsche bäuerliche Siedler sind zwar in die polnischen Fürstentümer gelangt, aber z. B. nicht nach Livland und Estland, obgleich dort die Landesherrschaft deutsch war. Nicht nur die Dörfer entfalteten sich, auch die Städte blühten auf, vor allem an der Küste der Ostsee und an den Flüssen, die in sie münden. Natürlich gab es Städte schon vor dem Beginn der deutschen Kolonisation, und einige von ihnen waren wichtige Handelszentren; aber in großer Zahl und als freie, sich selbst verwaltende Städte, mit Ratsherren und Zünften und eigener Gerichtsbarkeit, entstanden sie erst durch die weitreichenden Privilegien, die ihnen im Zuge der Kolonisation verliehen wurden. Das geschah oft durch slawische Fürsten, wie es z. B. Herzog Barnim von Pommern in der Gründungs61
F. L. Carsten urkunde der Stadt Prenzlau von 1235 ausdrückte, er habe beschlossen, in seinem Lande freie Städte zu gründen®. Selbst unter deutschen Landesherren finden wir slawische Bürger in diesen Städten, nicht nur als Einwohner, sondern auch als Ratsherren, Schöffen und Zunftmeister®. Die aufblühenden Städte und ihre Bürger erwarben bald umfangreichen Grundbesitz in der Umgebung der Stadt. Allein dieser Umstand und der große Landbesitz der Kirdie und der Klöster verhinderte, daß der Adel zur politisch und wirtschaftlich herrschenden Gruppe wurde, und auch innerhalb der Landstände hielten sich die drei Stände im späteren Mittelalter das Gleichgewicht. Diese Entwicklung war in ihren Grundzügen parallel mit der in Westdeutschland und den westlichen Ländern: nur verlief sie viel rascher, wenn man berücksichtigt, wie wenig entwickelt die Gebiete östlich der Elbe vor dem Beginn der deutschen Kolonisation gewesen waren. Vielleicht waren es gerade die freieren Entwicklungsmöglichkeiten im Osten, der Fortfall vieler Bindungen und Schranken, die großen Chancen, die sich für Tüchtige und Wagemutige ergaben, die die schnelle Entfaltung des Kolonialgebietes ermöglichten. Doch schon im 15. Jahrhundert verschwanden diese Voraussetzungen, wurde die günstige Entwicklung in den östlichen Gebieten nicht nur zeitweise unterbrochen, sondern dauernd aufs schwerste beeinträchtigt. Das traf besonders für die Städte zu. In langen Kämpfen, vor allem gegen Dänemark und Schweden, hatte sich die deutsche Hanse im Verlauf des 14. Jahrhunderts die Vormacht an der Ostsee errungen. Der Friede von Stralsund von 1370 bezeichnete den Höhepunkt ihrer Macht, ihrer Beherrschung Skandinaviens und des für sie lebenswichtigen Sundes. Doch in den folgenden Jahrzehnten erstarkten die skandinavischen Länder wieder; die Hanse war nicht im Stande, die Vormachtstellung am Sund aufrecht zu erhalten, und sie verlor ihre Monopolstellung im Ostseehandel im Verlaufe des 15. Jahrunderts, da holländische und englische Schiffe in wachsender Zahl in der Ostsee erschienen und die hansischen Fracht62
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raten und Warenpreise unterboten. Als man versuchte, ihnen die größeren Häfen durch Handelsverbote und -beschränkungen zu verschließen, wandten sie sich in die kleineren Häfen, segelten die Flüsse hinauf, kauften dort Getreide und andere Waren auf und machten den Hanseaten im Landesinneren Konkurrenz. Wären diese fremden Kaufleute in der Ostsee zu einer Zeit günstiger Konjunktur und wachsender Umsätze erschienen, dann hätten Fremde und Deutsche gleichmäßig von ihnen profitieren können. Aber das 15. Jahrhundert war eine Zeit großer Preisschwankungen, des Uberangebotes von Waren und schrumpfender Märkte. Daher wurde die holländische Konkurrenz zu einer Lebensgefahr für die Hansestädte, die auf die wachsenden Schwierigkeiten mit immer neuen Verboten, Kontrollen und Schutzmaßnahmen antworteten und schließlich selbst Kaufleuten aus einer anderen Hansestadt den freien Handel bei sich verboten. Auch an den wichtigsten westlichen und östlichen Knotenpunkten des hansischen Handels — in Brügge und Nowgorod — entstanden im Verlaufe des 15. Jahrhunderts wachsende Schwierigkeiten. Auch sie hingen z. T . damit zusammen, daß die Hanse den Handel in diesen Stapelplätzen scharf zu kontrollieren und zu monopolisieren suchte. Brügge mußte seine führende Stelle an Antwerpen abtreten, wo der Handel nicht derartigen Beschränkungen unterlag, wo alle Gäste willkommen waren. Auch in Nowgorod erschienen nicht-hanseatische Konkurrenten, deren Ausschluß nur zeitweise und mit Mühe gelang. Vor allem aber ergaben sich dort immer stärkere politische Schwierigkeiten, die 1478 zur Eroberung und Unterwerfung der Stadt durch Iwan den Großen, zur Zerstörung des hanseatischen Stapels und zur Schließung der deutschen Niederlassung im Verlaufe des folgenden Jahrzehntes führten. Der Handel aber war der Lebensnerv der Hansestädte: er wurde jetzt an den wichtigsten Stellen gleichzeitig bedroht und abgeschnürt. Als dann die holländischen Kaufleute begannen, die Verbote und Beschränkungen in den Hansestädten dadurch zu 63
F. L. Carsten umgehen, daß sie direkt mit den Adligen im Hinterlande Handel trieben, war das Schicksal der Hansestädte besiegelt, da mit dem Rückgang des Handels ihr gesamter Wohlstand verfiel. Diesem allgemeinen Niedergang der Städte an der Ostsee haben sich nur ganz wenige entziehen können: z . B . Danzig, das durch seine günstige Lage die Ein- und Ausfuhr des weiten polnischen Hinterlandes vermittelte, oder Riga und Reval, deren geographische Lage fast ebenso günstig war. Diese Städte verstanden es, sich ihre politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit gegenüber der Landesherrschaft wie gegenüber dem Adel zu erhalten; sie wurden faktisch Städterepubliken, die auf den Landtagen wie eine selbständige Macht auftraten. Aber auf die Städte in Deutschland traf das nicht zu. Die große Mehrzahl von ihnen waren kleine Landstädte geblieben, deren Bürger Äckerbau trieben und vom Austausch mit dem umliegenden Lande lebten. Als im 15. Jahrhundert die Bevölkerung und mit ihr der Umfang dieses Austausches sank, als eine große wirtschaftliche Krise eintrat, waren sie dem nicht gewachsen. Darüber hinaus war das 15. Jahrhundert fast überall in Deutschland eine Zeit schwerer innerer Auseinandersetzungen in den Städten. Überall versuchten die Zünfte und die Gemeine, die Herrschaft der Patrizier, die meist den führenden Kaufmannsfamilien entstammten, zu brechen und den unteren städtischen Schichten einen Anteil an der Stadtverwaltung zu sichern. Die Hanse, in der natürlicherweise die Kaufleute und ihre Interessen ausschlaggebend waren, traf die schärfsten Gegenmaßnahmen: Bürger, die sich gegen die Ratsherren verschworen, sollten mit dem Tode bestraft werden, und Städte, in denen die Gemeine sich des Rates bemächtigte, sollten die hansischen Privilegien verlieren und aus der Hanse ausgeschlossen werden 7 . Die Kämpfe innerhalb der Städte aber boten energischen Fürsten die Handhabe zum Eingriff, zur Unterwerfung stolzer, auf ihre Privilegien pochender Städte. Das bekannteste Beispiel war das scharfe Vorgehen Kurfürst
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Friedridis II. gegen Berlin und Cölln. 1442 baten ihn deren Zünfte und Gemeine um Hilfe gegen den R a t ; er erschien mit bewaffneter Macht in der Stadt; die Schlüssel zu den Stadttoren mußten ihm ausgehändigt werden; er selbst ernannte einen neuen Rat für Berlin und einen anderen für Cölln, machte zukünftige Ratswahlen von seiner Zustimmung abhängig, trennte die Verwaltung der Schwesterstädte, die erst zehn Jahre früher zu einer Stadt vereinigt worden waren, voneinander und verbot alle Bündnisse und Einungen mit anderen Städten innerhalb und außerhalb der Mark. Berlin und Cölln verloren ihre wichtigsten Privilegien: ihr gemeinsames Rathaus, das Recht der freien Ratswahl, ihr Stapelrecht, ihre eigene Gerichtsbarkeit, ihre Mitgliedschaft in der Hanse; innerhalb von Cölln unmittelbar an der Spree mußte dem Kurfürsten ein Platz zur Errichtung einer Burg eingeräumt werden — ein Symbol seiner Herrschaft über die Stadt. Ein neuer Aufstand in Berlin sechs Jahre später endete mit einer völligen Niederlage und der Verhängung schwerer Geldstrafen: Berlins Unabhängigkeit war vernichtet 8 . Vierzig Jahre später vollendete Friedrichs Neffe, Johann Cicero, die Unterwerfung der märkischen Städte, vor allem der mächtigen Städte der Altmark unter Führung von Stendal und Salzwedel. Auch sie verloren ihre Privilegien und ihre Bündnisse mit anderen Städten und schieden dann endgültig aus der Hanse aus 9 . Vor allem mußten sie dem Markgrafen eine Bierzise bewilligen, gegen die sie sich bisher erforgreich gesträubt hatten, und von der die Adligen für das von ihnen gebraute Bier befreit wurden, so daß in Zukunft adliges Bier billiger war als städtisches: ein unschätzbarer Vorteil in den Wirtschaftskämpfen der kommenden Zeit. Die märkischen Städte wurden zu unbedeutenden Landstädten; die große Bedeutung ihres Handels im Mittelalter sank dahin; es dauerte Jahrhunderte, bis sich in ihnen wieder Zeichen der Unbotmäßigkeit und der politischen Opposition zeigten. Das Vorgehen der Hohenzollern gegen die märkischen Städte wurde 5
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bald von anderen Fürsten nachgeahmt, so von Herzog Bogislav X. von Pommern gegen Stettin, Köslin und andere Städte 10 . Innerhalb der Landstände, die sich zum entscheidenden Organ der kleinen deutschen Fürstentümer entwickelten, waren die geschwächten Städte nicht mehr imstande, dem Einfluß des erstarkenden Adels erfolgreich Widerstand entgegenzusetzen oder ihm das Gleichgewicht zu halten; vor allem verschwand mit der Einführung der Reformation der geistliche Stand aus den Landständen, und damit ein weiteres Gegengewicht gegen die Alleinmacht des Adels. Ganz ähnlich war die Entwicklung in Polen, wo die Städte überhaupt keine Rolle im Sejm spielten, und in Böhmen, wo der Adel schon 1479 versuchte, die Städte gänzlich von den Landtagssitzungen auszuschließen, was ihm 1485 audi vorübergehend gelang 11 . Doch blieben die Städte Sachsens, Böhmens und Schlesiens viel bedeutender als die in Polen und der Mark Brandenburg, und das hat wichtige Folgen für die Struktur der betreffenden Länder gehabt. Es war auf Einladung Prags, daß sich im Juli 1508 — wenige Tage vor Zusammentritt des böhmischen Landtages — die böhmischen Städte auf eigene Initiative versammelten, um über die gegen die Herren und Ritter nötigen Schritte zu beraten; danach wurden die Vertreter der Städte wieder zum Landtag zugelassen, wo sie bis zur Schlacht am Weißen Berge eine große Rolle spielten 12 . Die reichen Erz- und Silbergruben auf beiden Seiten der böhmischen Berge führten zur Entstehung wichtiger Industrien und bedeutender Städte. Unter allen Städten innerhalb der ostdeutschen Fürstenstümer war allein Leipzig eine Stadt von europäischer Bedeutung. Trotz seiner geographischen Lage ähnelte Sachsen in seiner sozialen Struktur und in der Lage seiner Bauern viel mehr den westdeutschen Fürstentümern als seinen Nachbarn im Norden und Osten, und innerhalb der Landstände spielten auch die Städte eine gewichtige Rolle 13 . Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die die Städte an der Ostsee und in ihrem Hinterland im 15. Jahrhundert trafen, 66
Die Entstehung des
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hätten vielleicht im Laufe der Zeit überwunden werden können, wenn sie nicht zusammengetroffen wären mit einer schweren agrarischen Krise, die den Handel zwischen Stadt und Land schwer beeinträchtigte und die Lage des Bauernstandes verhängnisvoll beeinflußte. Auch nach der deutschen Kolonisation war die Bevölkerung der östlichen Gebiete verhältnismäßig dünn geblieben — geringer als im Westen Europas; durch die vielen Kriege und Fehden, endemischen Bürgerkrieg unter schwachen Landesherren, die verwüstenden Hussiteneinfälle, vor allem aber durch die Pest, die Europa seit der Mitte des 14. Jahrhunderst immer wieder heimsuchte, verminderte sich die Bevölkerung weiter. Zur Zeit des Höhepunktes der Kolonisation wurden viele Dörfer auf Land gegründet, das zur dauernden Bebauung nicht geeignet war, wo die Ernteerträge bald zurückgingen. Da weiter im Osten die Kolonisation fortgesetzt wurde, da der Siedlermangel nicht nachließ, sondern immer größer wurde, konnten die Bauern weiterwandern und sich in neuen Dörfern eine bessere Stellung und mehr Land erwerben. Da sie freizügig waren, konnten das die Grundherren nicht verhindern. Für sie aber war es gleichgültig, ob die Bauern starben oder weiterwanderten: ihr Einkommen, das im wesentlichen aus Bauernzinsen bestand, schrumpfte zusammen. Nach dem Schoßregister von 1450 waren in 157 Dörfern der Mittelmark 4714 Hufen besetzt und 1953 Hufen — fast 30 % — wüst, und viele Dörfer waren gänzlich verlassen. Während der folgenden dreißig Jahre nahm die Zahl der wüsten Hufen in 117 Dörfern, für die wir vergleichbare Zahlen besitzen, von 945 auf 1145 Hufen zu — um über 20 %. In den beiden Kreisen Ruppin und Templin waren über hundert Dörfer gänzlich verlassen, etwa die Hälfte aller bestehenden Siedlungen 14 . Da es unmöglich war, neue Bauern für die verlassenen Stellen zu finden, wurde ein Teil von ihnen — in der Mittelmark 1450 337V2 von 1953 wüsten Hufen — von den Grundherren selbst bewirtschaftet, während viele der gänzlidi verlassenen Dörfer in Schäfereien umgewandelt wurden. 5'
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F. L. Carsten Für die wachsenden Eigenwirtschaften aber wurden — mangels anderer Arbeitskräfte — mehr Bauerndienste benötigt, und diese höheren Dienste fielen auf eine verminderte Bauernzahl. Daher wurde es nötig, Dienstgeld im Dienste zurückzuverwandeln 1 6 und die Dienstforderungen immer mehr zu steigern. Aus wenigen Tagen im J a h r wurden bald mehrere Tage in der Woche; da die Adligen im Verlauf der Zeit die gesamte Gerichtsbarkeit auf ihren Gütern erworben hatten, und da die Dienste als ein Ausfluß der Gerichtsbarkeit angesehen wurden 1 6 , waren die Bauern nicht imstande, diesen wachsenden Anforderungen Widerstand entgegenzusetzen. Ihr Widerstand war ein passiver: sie entzogen sich den wachsenden Lasten durch die Flucht. Daher mußten die Grundherren ihre Bauern an die Scholle binden und von denen, die flüchtige Bauern bei sich aufnahmen, ihre Auslieferung verlangen. Im Ordensstaat Preußen forderten die Ritter zum ersten Male im Jahre 1412 — ein Jahr nach dem vernichtenden Krieg mit Polen — daß alle Bauern aus den Städten ausgewiesen werden müßten, die nicht beweisen könnten, daß sie mit Zustimmung ihres Herrn abgezogen seien, und dies wurde in die Landesordnung des gleichen Jahres aufgenommen. 1417 kamen Hochmeister und Stände überein, daß ein fortgelaufener Bauer seinem Herrn auszuliefern sei, und von 1445 an mußte jeder Bauer einen Abzugsschein vorweisen, bevor seine Aufnahme gestattet war 1 7 . Aber für die Städte war das eine Lebensfrage, da ihr Wachstum von dem Recht abhing, Neuankömmlinge bei sich aufzunehmen, selbst Hörige, denn „Stadtluft macht frei in J a h r und T a g " . In Pommern leistete die Stadt Anklam 1458 einem Auslieferungsbegehren der Familie von Schwerin drei Jahre lang Widerstand, mußte aber schließlidi die adlige Forderung bewilligen und versprechen, in Zukunft keine flüchtigen Bauern mehr bei sich aufzunehmen 1 8 . In der Mark wurde der Stadt Köpenick 1483 förmlich der Prozeß gemacht, weil sie sich weigerte, einen entlaufenen 68
Die Entstehung
des
Junkertums
Bauern herauszugeben: sie wurde dazu und zu einer — ins Belieben des Markgrafen gestellten — Geldstrafe verurteilt 1 9 . I m Jahre 1487 verbot es der böhmische Landtag, dessen Verordnungen seit 1472 die Freizügigkeit der Untertanen bereits eingeschränkt hatten, einen fortgelaufenen Bauern zu verbergen und seine Auslieferung zu verweigern; wenige Jahre später wurde durch königliche Verordnungen die erbliche Untertänigkeit der Bauern eingeführt 2 0 . Die livländisdien Städte andererseits leisteten den Forderungen des Adels erfolgreich Widerstand und bestanden auf ihrem Recht zur Aufnahme von ,Läuflingen' 2 1 . Aber sie waren eine Ausnahme: in ganz Ostdeutschland und seinen Nachbarländern gibt es kein, ähnliches Beispiel eines erfolgreichen Widerstandes einer Stadt gegen den Adel. Vermutlich war der Niedergang der Städte gegen Ende des 15. Jahrhunderts bereits so weit fortgeschritten, daß sie an einen ernsthaften Widerstand nidit mehr denken konnten. Anklam und Köpenick waren kleine Städte, die ohne die Hilfe der größeren nichts ausrichten konnten. Diese halfen weder Berlin und Cölln trotz deren Bitten um Unterstützung, nodi nahmen sie sich der Bauern an, als sie an die Sdiolle gefesselt wurden. Diese mußten jetzt über die Grenze nadi Polen fliehen, von wo sie nidit ausgeliefert wurden, und wo mit ihnen zahlreiche neue deutsche Dörfer gegründet wurden 2 2 . Die Städte hatten ein weiteres wichtiges Privileg verloren, und die kleineren wurden mehr und mehr vom Adel abhängig. Bald mußten die Bürger der sogenannten ,Mediatstädte* ihrem adligen Herrn genauso dienen, wie das die Bauern seit längerem gewohnt waren. Audi in verschiedenen Ländern Westeuropas gab es im 15. Jahrhundert große wirtschaftliche Schwierigkeiten, Rückgang der Bevölkerung, Schrumpfung der Absatzmärkte, lang anhaltenden Bürgerkrieg, sdiwere Bedrohungen der staatlichen Ordnung, sinkenden Wohlstand. Aber im 16. Jahrhundert trat ein Umschwung ein; eine Zeit neuer Ausdehnung begann, ein Aufblühen der Städte und ihres Handels, während der Adel
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F. L.
Carsten
allmählich seine wirtschaftliche und politische Bedeutung einbüßte. Damit verschwand auch die Hörigkeit der Bauern, oder sie erhielt sich nur in Resten bestimmter Abgaben und patrimonialer Rechte, da bäuerliche Dienste keine wirtschaftliche Rolle mehr spielten und freie Arbeitskräfte an ihre Stelle traten. Die Wirtschaftskrise des 15. Jahrhunderts hatte diese Entwicklung vielleicht aufgehalten, aber seit dem 16. Jahrhundert ging sie unausgesetzt weiter. Die Mittelschichten, die Bourgeoisie, die Gentry, das Bürgertum, die Kaufleute und Unternehmer gewannen an Stärke und drückten der Gesellschaft Westeuropas allmählich ihren Stempel auf. Die Auflösung der Klöster in den protestantischen Ländern, die Ausdehnung nach Übersee verstärkten diese Tendenzen nodi: sie waren am stärksten in den Seemächten, England und Holland, aber wirkten auch in ihrem Hinterland und ebenso in Frankreich. Im Osten Europas aber brachte auch die Konjunktur des 16. Jahrhunderts keinen Umschwung zugunsten der Städte und der Bauern. Zwar nahm die Bevölkerung wieder zu, die Kornpreise stiegen rasch, und ebenso die Ausfuhr von Holz, Getreide und anderen Agrarprodukten nach dem Westen Europas, wo die Städte abhängig von Getreideeinfuhren aus dem Ostseegebiet waren. Doch gerade die steigenden Kornpreise und die wachsenden Einfuhren der westlichen Länder wirkten als Anreiz zur Erriditung neuer und immer größerer adliger Eigenwirtschaften und Vorwerke. In 347 Dörfern der Mittelmark nahmen die adligen Eigenwirtschaften im letzten Viertel des 16. und ersten Viertel des 17. Jahrhunderts um mindestens 54 Prozent zu. Jetzt waren es nicht mehr wüste Bauernstellen, die von den Adligen unter den eigenen Pflug genommen wurden, um sie irgendwie zu nutzen, sondern in dem gleichen Zeitraum wurden in diesen Dörfern von den Grundherren 1649 Bauernhufen eingezogen und die betreffenden Bauern ausgekauft, um die Eigenwirtschaften zu vergrößern. Diese umfaßten jetzt bereits fast ein Fünftel des gesamten bebauten Landes 23 . Während und nach der Einführung 70
Die Entstehung des Junkertums der Reformation w a r ein beträchtlicher T e i l des kirdilidien Grundbesitzes in adlige H ä n d e übergegangen, sei es durdi K a u f , Verpachtung oder Verpfändung; in vielen Dörfern hatten sich die Adligen das Kirchenland einfach angeeignet 2 4 . Aber dafür mußten jetzt jüngere Söhne, die man früher in kirchlichen Stellen unterbringen konnte, mit einem G u t versorgt werden, und das konnte nur auf Kosten der Bauern geschehen. Anscheinend waren die Klöster seit dem 14. J a h r hundert weniger an Eigenwirtschaften und der systematischen Ausnutzung des Bodens interessiert und mit bäuerlichen A b gaben zufrieden gewesen; aber das änderte sich rasch unter den neuen Herren. Für diese wachsenden adligen Güter wurden immer höhere bäuerliche Arbeitsleistungen benötigt, die auf immer weniger Bauern fielen. Bereits wurden in bestimmten Gegenden Brandenburgs und Pommerns ungemessene Dienste gefordert, die der Gutsherr nach Belieben ansagen konnte. Schon der pommersche Chronist Thomas K a n t z o w , der zwischen 1532 und 1541 schrieb, berichtet über Bauern, „die haben an den H ö f e n kein Erbe und müssen der Herrschaft so viel dienen, als sie immer von ihnen haben will, und können oft von solchem Dienst ihr eigen W e r k nicht tun und müssen deshalb verarmen und entlaufen. U n d ist von denselben Bauern ein Sprichwort, daß sie nur sechs T a g e in der Woche dienen, den siebenten T a g müssen sie Briefe tragen. Demnach sind dieselbigen Bauern nicht viel anders als eigen; denn die Herrschaft verjagt sie, wann sie w i l l . . . " 2 5 D a die adligen Güter mit den Fronden der Bauern und ihrer Kinder, die zum Gesindedienst verpflichtet waren, bewirtschaftet wurden, bestand kein Anreiz zur E i n f ü h rung landwirtschaftlicher Neuerungen und die Erträge blieben niedrig. D a die Produktion von Getreide wegen der hohen Preise im allgemeinen der Viehwirtschaft vorgezogen wurde, gab es Dünger nur in ganz geringen Mengen. D a die hörigen Bauern zum Dienst mit ihren eigenen Zugtieren und Werkzeugen erscheinen mußten, blieben diese primitiv und un71
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zureichend. Es war ein wirtschaftliches System, das zur Stagnation neigte, und in dem ein technischer Fortschritt nur in ganz geringem Maße möglich war 26 . Die fronenden Bauern hatten keine Veranlassung, besonders hart zu arbeiten und mußten mit der Peitsche und mit Strafen angetrieben werden. Man hat oft angenommen, daß nur die Gutsherrsdiaft des Ostens unter den damaligen Bedingungen imstande war, die vom Westen benötigten Getreidemengen zu erzeugen; aber freie Bauern hätten vermutlich verhältnismäßig größere Überschüsse für den Markt produziert, vorausgesetzt, daß ihre Bauernhöfe nicht zu klein waren — und das war im Osten im allgemeinen nicht der Fall 27 . Die Adligen der Ostseeländer aber produzierten nicht nur Getreide für den Markt und verkauften es selbst — wenn möglich an fremde Kaufleute. Sie brauten auch Bier und verlegten damit die Dorfkrüge, da sie keine Bierzise zu zahlen brauchten und einen Druck auf die dörflichen Wirtshäuser ausüben konnten. Sie führten Salz und Mühlsteine frei von Zoll ein, nicht nur für ihren eigenen Bedarf, Wozu sie ihre Privilegien berechtigten, sondern auch zum Weiterverkauf. Das gleiche galt für die Einfuhr von Wein, Lebensmitteln und anderen Waren und für die Ausfuhr von Wolle, Vieh und Agrarerzeugnissen, die sie im Lande aufkauften, bevor sie einen städtischen Markt erreichen konnten. So wurde aus den kriegerischen Rittern (oder Raubrittern) des Mittelalters friedlich gesinnte Unternehmer mit starken kaufmännischen Interessen. Kein Wunder, daß sie gegen alle außenpolitischen Abenteuer waren, ihre Landesherren immer wieder vor dem Abschluß von Bündnissen und der Erhebung territorialer Forderungen warnten und für eine friedfertige Politik eintraten 28 . Im Gegensatz zu vielen anderen Teilen Europas war in Nordostdeutschland das Jahrhundert vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges eine Zeit des Friedens und — für den Adel — eine Zeit steigenden Wohlstandes. Die Kurfürsten von Brandenburg, die Herzöge von Mecklenburg, Pommern und Preußen 72
Die Entstehung
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Junkertums
waren schwache'Herrscher, abhängig von den Geldbewilligungen der vom Adel beherrschten Landstände, und hatten durch umfangreidien Domänenbesitz die gleichen Interessen wie die anderen Gutsbesitzer. Sie waren außerstande, dem Machtstreben des Adels Einhalt zu gebieten; sie waren nicht mehr als primi inter pares. Das Herzogtum Preußen und Polen entwickelten sich zu wahren Adelsrepubliken, und in ihren westlichen Nachbarländern sah es kaum anders aus. Trotz der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung blieben daher die Städte klein. Laut dem brandenburgischen Schoßregister von 1573 hatten Berlin und Cölln zusammen 1185 Häuser, die Stadt Brandenburg 1069, Frankfurt an der Oder 1029, Prenzlau 723, Neuruppin 625 und Spandau 424 Häuser 2 9 ; und in der Altmark im Jahre 1567 Stendal 1252, Salzwedel 952, Tangermünde 570, Gardelegen 483 und Seehausen 410 Feuerstellen 30 . Nur sieben Städte — in der Mittelmark Bernau, Gransee, Rathenow und Treuenbrietzen, in der Priegnitz Kyritz, Perleberg und Pritzwalk — hatten zwischen 300 und 400 Häuser; der Rest war noch kleiner — im Grunde nur große Dörfer. Und das war vor den Kriegsleiden des 17. Jahrhunderts, die den märkischen Städten weitere erhebliche Einbußen brachten. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstand in Brandenburg-Preußen ein neues politisches System, während in Mecklenburg und Polen das alte System der Adelsherrschaft erhalten blieb. Aber der Absolutismus brachte keine soziale Reform: er schützte die adligen wirtschaftlichen Privilegien und machte Halt vor den Grenzen der adligen Güter. Nur auf dieser Basis — der eines Bündnisses zwischen Dynastie und Adel — ließ sich unter den Verhältnissen Nordostdeutschlands der Absolutismus überhaupt errichten. Am klarsten fand das seinen Ausdruck in dem bekannten kurmärkischen Landtagsrezeß von 1653, durch den die Begründung eines kleinen stehenden Heeres ermöglicht wurde. In ihm mußte der Große Kurfürst die wichtigsten Privilegien des Adels bestätigen und ihnen wichtige neue hinzufügen: 73
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„Außerhalb des Newen Zolles von dem Korne, so zur Axte und Waßer in frembden Landen geführet, . . . soll den Praelaten, Herrn und Ritterschaft ihr eigen Getreide und Pacht Korn . . . Viehe, Wolle, und was sonsten von der Ritterschaft Güthere zu verkauffen sein möchte, zu waßer und zu lande auszuführen, und dagegen ihre gekauffte Weine, Victualien, Küchen und andere notturfft ohne Zoll, wie sie vor Alters solcher immunität genoßen, wieder ins Land zuführen, unweigerlich gestattet werden . . . Laßen wir nuhnmehr gndst. geschehen, dass sowoll Praelaten, Herrn und Ritterschaft . . . die Mühlensteine zu ihrer eigenen Notturffl, und weiteres nicht, kauffen und zu Waßer und Lande holen mögen . . . Wollen Wir die Praelaten, Herrn und Ritterschaft Unsers gantzen Churfürstenthumbs . . . vermöge voriger Landes Recessuum hiermit eximiren und befreyen, also und dergestalt, daß ein jeder, wie vormahlß beschehen, das zu seiner Haußhaltung, auch Sdiäferey undt Mayerer deputat nöhtige Salz, frey und ungehindert, wo es Ihme beliebet, einkauften, undt zu Wasser und Lande abholen lassen möge . . . Es sollen auch keine Kauffleuthe, Bürger oder Tuchmacher sich unterfangen, mit Außländischer Kauffleuthe Gelder die Wolle auffzukauffen, und außerhalb Landes zuverführen. Die von Adel aber werden bey der alten Freyheit, ihre Wolle ihrer gelegenheit nach, inn oder außerhalb Landes, zu verkauffen, billig geschützet..." Bezüglich des .Bauernlegens* bestimmte der Rezeß: „Das Außkauffen der Bauren wird vermöge des Landes-Reversus de Ao. 1540. und 1572. demjenigen nochmahls gestattet, so ihre Güther selbst bewohnen, und sonsten keinen Sitz noch Wohnung h a b e n . . . Die Wiederspenstige ob grave et enorme delictum zu relegiren, kann der Obrigkeit, so die Gerichte, et Jus primae Instantiae hat, auch nicht gewehret w e r d e n . . Dies waren nur gesetzliche Bestätigungen des bestehenden Zustandes, so einschneidende Wirkungen sie auch für Bürger 74
Die Entstehung
des
Junkertums
und Bauern haben mochten: sie waren die Grundlage, auf der der brandenburgische Staat erriditet wurde. Neu und verhängnisvoll für" die Bauernschaft aber war eine Bestimmung, die dem zuletzt zitierten Paragraphen angehängt wurde: „Die Leibeigenschaft thuet deren Orthen, da sie introduciret undt gebräuchlich, allerdinge verbleiben. Würde Jemand dowieder possessionem oder praescriptionem libertatis opponiren, wird dazu nicht alleine diuturnitas temporis, sondern auch bona fides, titulus, vel scientia et patentia Domini requiriret werden . . ." 3 1 In der Zukunft mußte der Bauer beweisen, daß er nicht gutsuntertänig war, sei es durch Urkunden, die für ihn kaum erhältlich waren, sei es mit Hilfe seines Herrn, die ihm dieser kaum verleihen würde. Obgleich diese Bestimmung wohl nicht auf alle Teile der Mark angewandt wurde, ist die Tatsache bezeichnend, daß die Orte, in denen die Gutsuntertänigkeit üblidi war, im Rezeß nicht genannt wurden; jede gesetzliche Beschränkung auf bestimmte Gegenden war vermieden worden. Die Entstehung des stehenden Heeres löste für viele Adelsfamilien die Frage, wie sie ihre jüngeren Söhne versorgen konnten: eine Frage, die seit der Einführung der Reformation besonders dringend geworden war. Denn der brandenburgische und pommersche Adel war — im Gegensatz zu dem etwa Böhmens und Ungarns — arm, die Güter waren verhältnismäßig klein und drohten durch Erbteilungen ständig kleiner zu werden. Daher brauchte der Adel die Stellen in der Armee und im Staatsapparat; sie wurden zu seiner Existenzgrundlage. Aber ebenso brauchte der absolute Staat den Adel: ohne seine — zunächst z. T. etwas widerwillig geleisteten — Dienste hätte sich der Staat überhaupt nicht aufbauen lassen. Der Adel verlor seine politische Macht, die er durch die Landstände ausgeübt hatte; aber er behielt seine wichtigsten Privilegien — außer den rein wirtschaftlichen auch das der Steuerfreiheit — und er blieb die herrschende Schicht, auch im Preußen des 18. Jahrhunderts. Das Junkertum entstand im 15. und 16. 75
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Jahrhundert, aber es konnte sich wesentliche Grundlagen seiner Macht — und damit die Gutsuntertänigkeit der Bauern — bis ins 19. Jahrhundert bewahren. Der Adel diente dem preußischen Staat, aber der preußische Staat diente auch ihm 34 . Auf der Grundlage der politischen und wirtschaftlichen Vormaditstellung der Junker und der Untertänigkeit der Bauern konnte sich nur die reine Adelsherrschaft; herausbilden — wie in Mecklenburg und in Polen — oder der Absolutismus, der auf einem Kompromiß zwischen Fürst und Adel beruhte: eine dritte Möglichkeit — die Entstehung starker Städte und eines kräftigen Bürgertums — gab es nicht.
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VIERTES
KAPITEL
Der preußische Absolutismus von Ernst Klein Wenn vom fürstlichen Absolutismus die Rede ist, dann pflegt man im allgemeinen als klassisches Beispiel monarchischer, uneingeschränkter Selbstregierung neben dem französischen Staat des „roi soleil" die Herrschaft der beiden großen Preußenkönige des 18. Jahrhunderts zu nennen, die mit harter Hand, im Bewußtsein göttlichen Auftrags der eine, in stoischer Pflichterfüllung als Diener des Staates der andere, jenen preußischen Staat begründet und vollendet haben, wie er, von Mit- und Nachwelt ebenso oft bewundert wie verachtet, schließlich zum deutschen Schicksal geworden ist. Eben deshalb stand und steht Preußen sowohl im Blickpunkt besonderen historischen Interesses als auch im Widerstreit der Meinungen 1 , denen besonders in jüngster Zeit nicht selten das unheilvolle Ende preußisch-deutscher Geschichte schon in den Anfängen vorgegeben zu sein scheint, nämlich in der politisch-sozialen Struktur des absolutistischen Militär- und Beamtenstaates, wie er sich seit dem Großen Kurfürsten in Brandenburg-Preußen herausgebildet hatte. Doch wäre es verfehlt, die im Vergleich zu den westeuropäischen Staaten andersartige, im Ergebnis verhängnisvolle innerpolitische Entwicklung Preußens und Deutschlands der Aufrichtung des königlichen Absolutismus zur Last zu legen, wie hart und durchgreifend er in seiner preußischen Gestalt auch immer sein mochte, sondern von entscheidender Bedeutung für die Zukunft wurde vielmehr die Tatsache, daß es Preußens Königen — aller großen Worte ungeachtet — eben nicht gelang, ihre Herrschaft uneingeschränkt zu begründen, daß ihre Auseinandersetzung mit der Aristokratie zunächst mit einem Kompromiß, schließlich aber mit einem Bündnis endete, welches den Adel in die Lage 77
Emst Klein versetzte, seine dominierende Stellung innerhalb des Staates über die Reformzeit hinweg zu behaupten und einer konstitutionellen Entwicklung wirksame D ä m m e aufzurichten 2 . Niemand hätte im 16. Jahrhundert voraussagen können, welche Zukunft dem brandenburgischen Kurstaat beschieden sein würde, unterschied er sidi doch in keiner Weise von den übrigen deutschen Territorien, deren machtpolitische Basis zu schmal war, um große Politik zu betreiben. Erst die im Wege dynastisdien Erbgangs gewonnenen Erwerbungen von Preußen (1618) und Kleve, M a r k und Ravensberg ( 1 6 0 9 ) bewirkten eine entscheidende Umorientierung der brandenburgischen P o litik, denn sie brachten nicht nur territorialen Gewinn, sondern die Behauptung der nunmehr vom äußersten Osten bis zum äußersten Westen Deutschlands verstreuten Besitzungen nötigten den brandenburgischen Kurfürsten zum Eingreifen in die Politik der großen Mächte. D a ß es dabei zur Wahrung politischer Interessen nicht genügte, wohlerworbene Rechte ins Feld zu führen, hatte sich unter anderem gezeigt, als es Georg Wilhelm 1637 nicht gelang, die Pommersche Erbfolge gegen den Widerstand der Schweden durchzusetzen. Sein Nachfolger, der G r o ß e Kurfürst, zog aus den leidvollen J a h r e n des 3 0 jährigen Krieges die Konsequenzen, indem er durch die E i n führung des stehenden Heeres im K a m p f mit den Ständen jene Grundlagen schuf, auf denen sein Enkel später aufbauen konnte. Als Friedrich Wilhelm I . am 25. Februar 1713 den T h r o n bestieg, handelte es sich nicht um einen Regierungswechsel im üblichen Sinne, denn cler junge, immerhin erst 24jährige H e r r scher ließ vom ersten T a g e seiner Regierung keinen Zweifel daran, daß er mit der Regierungsweise seines Vaters radikal brechen und den S t a a t von Grund auf reformieren werde. „Wie eine A r t von Verhängnis ist das neue Regiment auf die unvorbereiteten, durch die milde, ausgabenfreudige Regierung Friedrichs I. verwöhnten adligen und bürgerlichen Schichten hereingebrochen 3 ." F ü r die Eingeweihten am H o f e kamen frei78
Der preußische
Absolutismus
lieh die Veränderungen nicht überraschend, hatte doch Friedrich Wilhelm schon als Kronprinz dem Treiben am Hofe seines Vaters mit unverhohlener Abneigung gegenübergestanden, dessen Regierung er als „die dolleste Haushaltung von der Welt" kritisiert hatte 4 . Die Einrichtung seiner kronprinzlichen Musterwirtschaft in Wusterhausen, die Unterhaltung einer starken Kompanie langer Kerle, Keimzelle jener ebenso berühmten wie wegen ihrer Rekrutierung berüchtigten Garde-Grenadiere, aus eigenen Mitteln deuteten sdion an, was von dem künftigen Herrn zu erwarten war: der Aufbau einer schlagkräftigen Armee und die Beschaffung der dazu notwendigen finanziellen Mittel. Gleich in seiner ersten Ansprache an die Minister erklärte Friedrich Wilhelm: „Mein Vater fand Freude an prächtigen Gebäuden, großen Mengen Juwelen, Silber, Gold und Möbeln und äußerlicher Magnifizenz — erlauben Sie, daß ich auch mein Vergnügen habe, das hauptsächlich in einer Menge guter Truppen besteht 5 ". N u n wäre es freilich verfehlt, diesen Ausspruch ganz wörtlich zu nehmen und den Aufbau der Armee für eine königliche Marotte zu halten, wie es seine Vorliebe für die langen Kerls, ungeachtet ihrer Bedeutung als Mustertruppe für die Erprobung neuer Exerziermethoden, zweifellos gewesen ist. Wenn Friedrich Wilhelm, selbst eine ganz und gar unkriegerische Erscheinung, vom ersten Tage seiner Regentschaft an die Vergrößerung und Verbesserung des Heeres in den Mittelpunkt seiner Bemühungen stellte, so war das nicht allein den unleugbaren militanten Neigungen des Königs zuzuschreiben, sondern in erster Linie bildeten diese militärischen Anstrengungen die Frucht außenpolitischer Erfahrungen, wiewohl er später bekanntlich zögerte, von der gewonnenen Macht Gebrauch zu machen. Friedrich Wilhelm ging davon aus, daß ein Staat, der seine Interessen wahrnehmen und nicht zum Spielball der Politik fremder Mächte werden will, über eine hinreichende militärische Macht verfügen müsse, und über genügend Geld zum eventuellen Einsatz dieser Macht. 79
Ernst Klein Dieser Forderung hatte weder sein Vater noch sein Großvater genügen können, weil deren Armee nicht nur zu schwadi gewesen war, um politisches Eigengewicht zu besitzen, sondern ihre Unterhaltung zudem — vor allem im Kriege — von den Subsidien auswärtiger Mächte abhing, und Friedrich Wilhelm hatte es als Kronprinz im spanischen Erbfolgekrieg selbst erleben müssen, wie preußische Truppen mithalfen, fremde Siege zu erringen, dann aber beim Friedensschluß Preußen als bloße „Auxiliarmacht" keine politischen Ansprüche durchzusetzen vermochte. M a n mußte froh sein, von den Großmächten wenigstens den G l a n z der K r o n e international anerkannt und diejenigen Teile der oranisdien Erbsdiaft, die man schon hatte, bestätigt zu erhalten 6 . U m die für den jungen Monarchen aus solchen Erfahrungen sich ergebenden Folgerungen einer Verstärkung der Armee — die er im L a u f e seiner Regierung verdoppelte — und der Ansammlung eines Kriegsschatzes, mit dem er im Ernstfall von fremden Hilfsgeldern unabhängig zu werden gedachte, praktisch zu verwirklichen, sah sich Friedrich Wilhelm der N o t wendigkeit gegenüber, die Staatseinnahmen drastisch zu erhöhen. D a s hätte natürlich auf sehr verschiedene Art, beispielsweise durch einen primitiven Fiskalismus, geschehen können. Aber die A r t und Weise, wie Friedrich Wilhelm an die Lösung dieser Aufgabe heranging und sie schließlich auch erfolgreich durchführte, hat dazu geführt, daß er nicht nur der „roi Sergeant", der jähzornige, unerbittliche Drillmeister geblieben, sondern zugleich auch als Preußens „größter innerer K ö n i g " in die Geschichte eingegangen ist 7 . Denn wenn auch die militärische Rüstung den ersten unmittelbaren Anlaß und ständigen Antrieb der inneren Reformen Friedrich Wilhelms bildete, so beruhte doch die Macht und das Ansehen eines Staates auch nach seiner Auffassung nicht allein in der kriegerisdien Potenz, sondern ebensosehr auf der inneren, von einer sittlichen Idee getragenen Ordnung sowie einer blühenden Wirtschaft und der Wohlfahrt einer 80
Der preußische
Absolutismus
möglichst zahlreichen Bevölkerung, die er für den größten Reichtum eraditete. Nicht umsonst wird Friedrich Wilhelm von dem bedeutendsten deutschen Wirtschaftstheoretiker des 18. Jh., dem Kameralisten Johann Heinrich Gottlob Justi, als „guter Wirt" gepriesen, dessen Wirtschaftspolitik ihm so vorbildlich zu sein schien, daß er viele seiner theoretischen Forderungen am preußischen Beispiel exemplifizierte. Friedrich Wilhelm war auf seine Aufgabe bestens vorbereitet, er hatte nicht nur auf Reisen im In- und Auslande Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt, sondern er kannte auch den Staat, an dessen Spitze er zu treten berufen war, genau genug, um zu wissen, daß jene grundlegenden Veränderungen, wie er sie im Sinne hatte, nur mit fester Hand und unbedingter Autorität durchzuführen sein würden. Er ließ daher vom ersten Augenblick an keinen Zweifel daran, daß der preußische König fortan ganz allein regieren werde, und daß er weder Rat noch Räsonnement, sondern absoluten Gehorsam erwarte 8 . Selbst Fürst Leopold von Anhalt-Dessau, der sich angesichts seines langjährigen vertrauten Verhältnisses zum Kronprinzen wohl als den kommenden Mann am Hofe betrachtet hatte, mußte zu seiner Enttäuschung erleben, daß auch sein Rat nicht gesucht wurde. Friedrich Wilhelm ließ den Dessauer wissen, daß er zwar sein Freund bleiben werde, doch wolle er allein der Finanzminister und Feldmarsdiall des Königs von Preußen sein, und das werde den König von Preußen aufrecht erhalten 9 . Entgegen allen Erwartungen nahm der junge König keine personellen Veränderungen vor, wie groß auch immer seine Vorbehalte gegen Männer wie Ilgen und Grumbkow sein mochten, machte jedoch den Ministern bemerklich, daß es mit dem früheren Schlendrian und den gewohnten Intriguen ein Ende haben müsse, anderenfalls werde er sie züchtigen, daß sie sich wundern sollten. Auch an der bestehenden Behördenverfassung wurde zunächst nichts geändert, doch trat an die Stelle der Regierung im Rat fortan die autoritäre Regierung 6
Preußen
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Ernst Klein aus dem königlichen Kabinett als der obersten dirigierenden und kontrollierenden Instanz mit H i l f e schriftlicher Kabinettsbefehle. Dieses Verfahren ergab sich aus der Auffassung Friedrich Wilhelms von den Aufgaben seines Regentenamtes und wurde noch befördert durch seine Abneigung gegenüber einer mündlichen Diskussion mit seinen Ministern. D e m Grundsatz, daß ein Regent, „der mit honneur in die weldt regiren will, seine affehren alles selber t u h n " müsse, wie ihn Friedrich Wilhelm in seinem politischen Testament von 1722 dem Nachfolger einschärfte 1 0 , hat er selbst nach K r ä f t e n , bis zur physischen Erschöpfung, nachzuleben gesucht. Sein Selbstherrschertum kommt sinnfällig in dem vielzitierten W o r t zum Ausdruck: „Wir sind H e r r und K ö n i g und können tun, was wir wollen", wobei freilich angemerkt werden muß, daß der königliche Wille nicht so absolut war, als daß er die Schranken der adligen Gutsherrschaft und Standesprivilegien zu überwinden vermocht hätte. Wenn dieser bedingungslose Herrschaftsanspruch aber im übrigen nicht in reine Willkür ausartete, so lag das an der tief verwurzelten religiösen Überzeugung Friedrich Wilhelms, daß er dereinst seinem Herrgott für sein T u n werde Rechenschaft ablegen müssen. D i e gleiche, im calvinischen Glauben ruhende Grundhaltung seines Wesens gewährte ihm aber auch die G e wißheit göttlichen Auftrags und die daraus resultierende Selbstsidierheit, die keine andere Verantwortlichkeit als die vor G o t t und dem eigenen Gewissen anerkannte, was nicht heißt, daß er sich seine Selbstprüfung und Gewissenserforschung nicht oft sauer genug werden ließ. A u f der anderen Seite aber folgte für ihn aus diesem Bewußtsein des BerufenSeins die bedingungslose Hingabe an diesen, seinen Beruf, die Forderung nach unablässiger Arbeit und strenger Pflichterfüllung. Deshalb ermahnte er seinen Nachfolger: „Der liebe G o t t hat euch auf den Trohn gesetzet nicht zu faulentzen, sondern zu arbeitten und seine Lender wohll zu R e g i r e n 1 1 " . A u f die große Bedeutung der religiösen Überzeugung für das 82
Der preußische
Absolutismus
Königtum Friedridi Wilhelms, deren calvinischer Ursprung unverkennbar blieb, audi wenn Friedridi Wilhelm die Prädestinationslehre ablehnte und die Konfessionsunterschiede gelegentlich als Pfaffengezänk bezeichnete, ist mit Recht oft hingewiesen worden. Dieser Umstand gewinnt noch an historischer Relevanz dadurch, daß der König gleich zu Beginn seiner Regierung zum Halleschen Pietismus Beziehungen anknüpfte 1 2 , die zwar zunächst nicht ungetrübt waren, vor allem wegen der Zwangsrekrutierungen, dann aber zu einer ersprießlichen und für den preußischen Staat folgenreichen Zusammenarbeit führten. Das war kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, daß die ganz auf Tätigkeit gestellte Natur Friedrich Wilhelms, die in täglicher Arbeit und Pflichterfüllung wahren Gottesdienst erblickte, in dem Christentum der Tat August Hermann Franckes eine mindestens in der Praxis verwandte Bestrebung erblicken mußte. Durch die Errichtung des Potsdamer MilitärWaisenhauses und der Kadetten-Anstalt nach dem Muster des Franckeschen Waisenhauses und Pädagogiums und ihre Besetzung mit Lehrern, die in Halle ausgebildet waren, durch die Anstellung pietistischer Feldprediger in der Armee, die Ausbildung der Theologen in Halle und die Rekrutierung zahlreicher Beamter aus Zöglingen der Hallenser Anstalten erfolgte eine Durchdringung des preußischen Staates mit pietistischem Geist, was freilich nicht ohne Rückwirkung auf den Pietismus selbst blieb, so daß man versucht sein kann, die Regierung Friedrich Wilhelms I. als pietistischen Absolutismus zu charakterisieren 13 . Trotz seiner besonderen Fürsorge für die Armee, für deren Bedürfnisse es niemals an Geld mangelte, deren Chargen er durch ein neues Rangreglement eine dem zivilen Dienst gegenüber bevorzugte gesellschaftliche Stellung einräumte, und obwohl Friedrich Wilhelm stets die Uniform seiner Armee trug, war er dennoch der bürgerlichste König, der je auf dem preußischen Thron gesessen, nicht nur wegen seines persönlichen, hausbackenen Lebenszuschnitts, sondern weil er zugleich seinem 6*
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Volk und Staat die bürgerlichen Tugenden der Sparsamkeit, Arbeitsamkeit, Pflichterfüllung, Pünktlichkeit und des Gehorsams gegen Gott und die Obrigkeit einzupflanzen suchte, wenn es sein mußte, mit drakonischen Mitteln, welche vor Ministern und Würdenträgern nicht haltmachten, und die gegebenenfalls auch dem eigenen Thronfolger gegenüber anzuwenden er, wie man weiß, kein Bedenken fand. Aber wie sympathisch es den nachlebenden Betrachter auch immer berühren mag, daß Friedrich Wilhelms unerbittliche Strenge vor der eigenen Person, seinem Haus und Hof nicht haltmachte, wie sehr man aus historischer Distanz die unbestreitbaren Verdienste seines harten Regiments zu würdigen vermag, den Betroffenen selbst, den Bauern und Bürgern, deren Leib und Leben der König in bis dahin unbekannter Totalität für den Dienst am Staate in Anspruch nahm, mußte diese Anspannung aller Kräfte als drückende Last erscheinen Viel böses Blut machten vor allem die Zwangsrekrutierungen, bei denen zuweilen mit ähnlichen Methoden gearbeitet wurde, wie sie jene berüchtigten „press gangs" der britischen Marine anwandten. Das Kantonreglement von 1733 lenkte zwar die Rekrutenwerbung in einigermaßen geregelte Bahnen, doch blieb auch dann noch die zeitlich unbegrenzte Dienstpflicht, trotz des Beurlaubungssystems, eine vor allem für den Bauernstand lästige Verpflichtung, die auf das gesamte Wirts diaftsund Sozialleben Preußens einen nachhaltigen Einfluß ausübte14. Wirtschaftlich gesehen, bildete die ständig sich vergrößernde Armee auf der einen Seite eine ökonomische Belastung, da ja die finanziellen Mittel zu ihrer Unterhaltung, die am Ende der Regierung Friedrich Wilhelms I. mehr als 2/3 des Staatshaushaltes ausmachten, zunächst erwirtschaftet werden mußten, andererseits aber war sie ein bedeutender Konsument und wirkte durch ihren steigenden Bedarf an Nahrung, Kleidung, Montur und Bewaffnung als Motor der gewerblichen und Agrarwirtsdhaft, wodurch die nachteiligen wirtschaftlichen Folgen, welche sich zunächst aus der plötzlichen Abschaffung der 84
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luxuriösen Hofhaltung Friedrichs I., insbesondere für das Berliner Wirtschaftsleben, ergeben hatten, mehr als aufgewogen wurden. Überhaupt wird man die Bedürfnisse der Armee und die zu deren Befriedigung notwendigen Mittel als Angelpunkt der Wirtschafts- und Finanzpolitik Friedrich Wilhelms ansehen können, denn durch Sparsamkeit allein war das finanzielle Problem nicht zu lösen. Der König hatte zwar vermutlich niemals eine wirtsdiaftstheoretische Schrift gelesen, doch sagte ihm sein gesunder Menschenverstand, daß man das Sdiaf, das man scheren will, auch füttern muß, daß also eine wesentliche Erhöhung der Staatseinkünfte eine Zunahme des Sozialproduktes zur Voraussetzung hatte, wenn man nidit einem ruinösen Fiskalismus anheim fallen wollte. Deshalb ließ Friedrich Wilhelm sowohl der Landwirtschaft als auch den Gewerben jede nur mögliche Förderung und Unterstützung angedeihen, denn eine Erweiterung der gewerblichen Produktion bedeutete zugleich eine Erhöhung der Akzise-Einkünfte, und die Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge brachte größere Einnahmen aus den Domänen, die zwar in Generalpacht gegeben wurden, dodi immer nur auf sechs Jahre, so daß der Fiskus an den Verbesserungen der Wirtschaft durch Erhöhung der Pachtsummen partizipieren konnte. Die Handels- und Gewerbepolitik Friedrich Wilhelms 15 war daher von dem Bestreben gekennzeichnet, der heimischen Industrie den inneren Markt zu sichern und sie mit dem nötigen Rohstoff zu versorgen, wobei der König auch in dieser, seiner kameralistischen Wirtschaftspolitik mit ähnlich durchgreifender Strenge verfuhr, wie sie auch sonst seiner Regierungsweise eigen ist. Im Vordergrund stand dabei die Wollmanufaktur, weil für diesen Industriezweig das Rohmaterial im eigenen Lande in ausreichender Menge zur Verfügung stand, und als Mittel der Wirtschaftspolitik diente neben Ein- und Ausfuhrverboten die Akzise, die, einst vom Großen Kurfürsten aus fiskalischen Gründen eingeführt, nun durch eine entsprechende 85
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Ausgestaltung der Tarife in ein Instrument der Wirtschaftspolitik umgewandelt wurde und damit eine doppelte Funktion erfüllte. Neben der Akzise und der außer in Ostpreußen nur von den Bauern zu entrichtenden Kontribution bildeten die Domäneneinkünfte die wichtigste Einnahmequelle, deren Ertrag Friedrich Wilhelm während seiner Regierung fast verdoppelte, so daß sie am Ende seiner Regierung beinahe die Hälfte aller Staatseinnahmen ausmachten. Während Friedrich I. auf Vorschlag des Kammerrats Lüben von Wulffen die Domänen parzellieren und in Erbpacht hatte austun wollen, legte Friedrich Wilhelm I. größten Wert auf die Erhaltung und möglichste Vermehrung des Domänenbestandes, weshalb schon am 13. August 1713 durch Hausgesetz die Unveräußerlichkeit der Domänen ein für allemal festgesetzt wurde. Auf diese Weise hat Friedrich Wilhelm den Bestand nicht nur erhalten, sondern noch Grundbesitz im Werte von 5 Millionen Talern hinzu erworben, wobei er sich auch nicht scheute, nach dem Vorbild seines Freundes Leopold von Anhalt-Dessau adlige Güter aufzukaufen, so daß am Ende seiner Regierung der Anteil der Domänen an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche etwa ein Drittel betrug. Zugleich aber sorgte der König für eine geordnete Finanzverwaltung, die in den alljährlich aufgestellten Etats ihren Niederschlag fand, deren Voranschläge strikt eingehalten werden mußten. In wenigen Jahren waren die Schulden seines prachtliebenden Vaters getilgt, und es wurde fortan nach dem Grundsatz verfahren, daß die Ausgaben niemals die Einkünfte überschreiten, und daß nichts mit Schulden angefangen werden dürfe, denn das schaffe Kredit und „Reputación 16 ". Zudem schuf Friedrich Wilhelm unmittelbar nach seiner Thronbesteigung eine Einrichtung, die in Europa — mindestens unter den größeren Staaten — ohne Beispiel war: den Staatsschatz, dem während seiner Regierung etwa 1 /io der Staatseinnahmen alljährlich überwiesen wurden, so daß er seinem Nachfolger 86
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einen Schatz von acht Millionen Talern hinterlassen konnte. Friedrich der Große hat später ebenfalls stets für einen wohlgefüllten Tresor Sorge getragen, ließ das Geld aber im Unterschied zu seinem Vater nicht völlig ungenutzt im SchloBkeller liegen, sondern hat es teilweise für wirtschaftliche Zwecke eingesetzt. Wirtschaftliche und finanzielle Erwägungen waren es schließlich auch, die Friedrich Wilhelm veranlaßten, durch die bekannte Reform der Behördenverfassung von 1723 eine effektivere Verwaltung herzustellen, deren bis dahin gehandhabte Doppelgleisigkeit zu Reibungen und Konflikten, gelegentlich sogar zu Prozessen gegeneinander geführt hatten, die aus der heterogenen Interessenlage der für die Domänenverwaltung zuständigen Amtskammern und der die gewerblichen Belange vertretenden Kriegskommissariate resultierten. Durch die Errichtung des Generaldirektoriums in Berlin, dessen Organisation Friedrich Wilhelm selbst in der Stille seines Jagdhauses in der Schorfheide im Dezember 1722 konzipiert hatte, und das den umständlichen Titel „General- Ober-Finanz- Kriegs- und Domänen-Direktorium" führte, dem die Kriegs- und Domänenkammern der Provinzen subordiniert wurden, zwang der König die feindlichen Brüder zu gedeihlicher Zusammenarbeit. Folgenreicher als die Organisation, die bis zu den Reformen unter Stein und Hardenberg im wesentlichen unverändert blieb, war indessen der Geist, den der arbeitsbesessene Herrscher den Institutionen einzuimpfen verstand, und der erst jenen preußischen Beamtentypus geschaffen, wie er mit all seinen Vorzügen und Schwächen bis in die jüngste Vergangenheit das Gesicht des preußisch-deutschen Beamtentums geprägt hat. Friedrich Wilhelm meinte sein Ziel am besten dadurch zu erreichen, daß er auch die Zivilverwaltung einer militärischen Disziplin unterwarf, wodurch die preußische Bürokratie jenen später oft kritisierten und auch karikierten militanten Zug erhielt, der dadurch nicht geringer wurde, daß in der Folgezeit die niederen Beamten sich vielfach aus ehemaligen, militärisch 87
Ernst Klein untauglich gewordenen Unteroffizieren, die mittleren und höheren teilweise aus abgedankten Offizieren rekrutierten. Aber wie immer man heute darüber denken, welche unheilvolle Entwicklung man rückblickend hier vorgezeichnet finden mag, Friedrich Wilhelm konnte kaum anders verfahren, wenn er den vorgesetzten Zweck, Preußen von einer „Auxiliarmacht" in den Rang einer europäischen Großmacht zu erheben, in wenigen Jahren erreichen wollte. Denn Zeit nahm er sich bei diesem Unternehmen nicht, seine labile Gesundheit und das schon relativ früh ausgeprägte Gefühl, daß ihm kein langes Leben beschieden sein würde, trieben ihn zu jener drängenden Eile, mit der er seine Behörden vorwärts peitschte. Wie er dabei selbst mit den Ministern umging, lehrt schon ein Blick in die Instruktion f ü r das Generaldirektorium. Es ist im Rahmen dieses kurzen Essays, bei dem es nur darauf ankommt, die wesentlichen Züge des preußischen Absolutismus zu charakterisieren, natürlich nicht möglich, auf alle Bereiche der inneren Verwaltung näher einzugehen und die Leistungen Friedrich Wilhelms im einzelnen zu würdigen, aber es muß abschließend noch sein Verhältnis zum Adel etwas eingehender betrachtet werden, nicht nur, weil die Aufrichtung des monarchischen Absolutismus naturgemäß zur Auseinandersetzung mit den Ständen zwang, sondern weil sich die Haltung Friedrich Wilhelms in dieser Hinsicht wesentlich von der seines Nachfolgers unterschied. Das Verhältnis Friedrich Wilhelms zur gutsherrlichen Aristokratie war äußerst gespannt, Kampflust und Mißtrauen gegenüber dem Adel kennzeichnen seine Regierung 17 , wenn auch nicht in allen Provinzen in gleicher Weise, so daß das aus späterer Zeit gewohnte Bild vom preußischen Adel als Stütze des Thrones f ü r die erste H ä l f t e des 18. Jh. noch nicht zutrifft. Wohl konnte der Adel an eine offene Auflehnung nicht mehr denken, wozu freilich auch insofern keine Veranlassung gegeben war, als seine lebenswichtigen Interessen, seine soziale Herrenstellung auf dem Lande nidit auf dem Spiel stand, aber 88
Der preußische Absolutismus er leistete den Intentionen des Königs dodi hinhaltenden Widerstand, den Friedrich Wilhelm trotz aller Energie nicht immer zu überwinden vermochte, wie die Grundsteuerregulierung in den mittleren Provinzen zeigt. Hinsichtlich der bäuerlichen Verhältnisse hat der K ö n i g einen Eingriff in die Redate des Adels gar nicht erst versucht, sich vielmehr darauf beschränkt, auf den Domänen mit gutem Beispiel voranzugehen, ohne indessen bei den Gutsherren die vielleicht erhoffte Nachfolge zu finden. D e r Adel hatte mit dem absoluten Königtum seinen Frieden noch nicht gemacht und war zunächst auch keineswegs bereit, den Dienst im blauen Rock des Königs als besondere E h r e und Auszeichnung zu betrachten. Wie gespannt das Verhältnis zwischen K r o n e und Adel nodi war, zeigt jenes vielzitierte W o r t Friedrich Wilhelms anläßlich der Einführung des Generalhufenschoß in Ostpreußen: „Ich ruiniere die Junkers ihre Autorität; ich komme zu meinem Zweck und stabilisiere die Souveraineté wie einen rodier von bronce." Die Einrichtung des Generalhufenschoß in Ostpreußen traf zwar auf adligen Widerstand, war aber insofern relativ leicht durchzuführen, als damit nichts prinzipiell Neues geschaffen wurde, denn der Adel war dort von der Grundsteuer niemals ausgenommen gewesen, wenngleich viele es verstanden hatten, sich ihrer Steuerpflidit teilweise zu entziehen. Anders verhielt es sich in den mittleren Provinzen, w o der Adel von der Kontribution befreit w a r ; hier vermochte der König nicht, gegenüber dem hartnäckig auf seine verbrieften Rechte pochenden Adel seinen Willen durchzusetzen. D a f ü r gelang es ihm aber, den Adel zur Ablösung des längst nicht mehr geleisteten Roßdienstes durdi eine Steuer von 4 0 Talern pro Lehenspferd zu zwingen. Die dafür gebotene Allodifikation der Rittergüter, ihre Befreiung von allen lehensrechtlichen Beschränkungen — namentlich der weiblichen Erbfolge und des Verbots hypothekarischer Belastung — wurde vom Adel, wohl mit Redit, als ungenügende Kompensation empfunden. D a h e r 89
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setzten auch in diesem Falle die Betroffenen den Absichten des Königs heftigen Widerstand entgegen, besonders die Ritterschaft in der Altmark und in Magdeburg. Die Magdeburger schritten sogar zur Klage gegen den König vor dem Reichshofrat in Wien und ließen sich jahrelang den Lehenskanon durch militärische Exekution abpressen. Wenn Friedrich Wilhelm in seiner Agrarpolitik, anders als sein Nachfolger, die Domänenwirtschaft so eindeutig in den Vordergrund stellte und dem adligen Grundbesitz wenig Berücksichtigung zukommen ließ, obwohl er den Adel nötigte, seine Söhne ins Kadettenkorps zu stecken und die höheren Funktionen der Bürokratie zu übernehmen, so wird man diese Haltung daher nicht allein fiskalischen Erwägungen zuschreiben dürfen, sondern auch auf dem Hintergrund dieser immer noch schwelenden Auseinandersetzung zwischen Krone und Ständen sehen müssen. Das Mißtrauen des Königs zeigte sich auch in der Bestimmung, daß Adlige keine Domänen pachten durften 18 , weil Friedrich Wilhelm eine Entfremdung des Staatsgutes befürchtete. Man wird sich also nicht wundern, wenn in Friedrich Wilhelms Testament dem „lieben Successor" empfohlen wird, auf den Adel ein wachsames Auge zu haben. In seiner Charakteristik des Adels der einzelnen Provinzen fand Friedrich Wilhelm nur für die Pommern und Mittelmärker lobende Worte, alle anderen erschienen in mehr oder weniger ungünstigem Licht; vor allem die Altmärker, unter denen auch die Bismarcks namentlich erwähnt wurden, seien „schlimme, ungehorsame Leute", denen man „den Daumen auf die Augen halten" müsse. Nun ist dieses Testament zwar 1722 geschrieben, und in den späteren Jahren haben die Spannungen zweifellos nachgelassen, nicht zuletzt deshalb, weil die Erziehung der jüngeren Adligen im Kadettenkorps diese als Offiziere der Armee in den absolutistischen Staat integrierte 19 , aber zu einer adelsfreundlichen Politik hat das unter Friedrich Wilhelm doch nicht geführt. 90
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Wenn Friedrich der Große dem Adel gegenüber eine völlig andere, geradezu entgegengesetzte Einstellung besaß, dann war das in erster Linie darauf zurückzuführen, daß er den Adligen als brauchbaren und verläßlichen Offizier kennen und schätzen gelernt hatte. Auf den Schlachtfeldern der sdilesisdien Kriege wurde jenes Bündnis zwischen Adel und Königtum geschmiedet, das den preußischen Staat fortan kennzeichnete, das aber zu einem politischen Übergewicht der Aristokratie in dem Augenblick führen mußte, in welchem die Krone nicht mehr durch eine Herrscherpersönlichkeit vom Range eines Friedrich repräsentiert wurde. Und „um den Schein selbständiger königlicher Gewalt gegen den bürgerlich-liberalen Konstitutionalismus zu behaupten", haben Preußens Könige an diesem Bündnis festgehalten, „ohne zu erkennen, daß die Führung in diesem Bunde immer mehr an den Adel überging, und wie teuer das preußische Königtum die Dienste bezahlte, die ihm der Adel seit dem 18. Jh. in Offizierskorps und Beamtentum leistete 20 ". Friedrich kaufte keine Rittergüter mehr auf, ließ alle Prozesse zur Revindikation entfremdeter Domänengrundstücke niederschlagen, denn es sei wichtiger, einen wohlhabenden Adel zu haben, damit er in der Lage sei, ihm die Offiziere zu stellen, als großen Domänenbesitz. Die Gutsherren auszukaufen, wie es der alte Dessauer getan, zieme sich allenfalls für den Fürsten von Zippel-Zerbst, stehe aber dem König von Preußen nicht wohl an 21 . Hier wird die aristokratische Natur des Königs sichtbar, die sich dem Adel innerlich solidarisch fühlte, und die neben den erwähnten praktisch-militärischen Rücksichten die positive Einstellung Friedrichs zur Aristokratie erklärt. Er schärfte die bis dahin nicht mehr streng beobachtete Vorschrift wieder ein, daß Bürgerliche keine adligen Güter erwerben sollten, und soweit sie solche im Besitz hatten, wollte Friedrich ihnen jedenfalls die adligen Standesvorrechte entzogen wissen, namentlich die Kreisstandschaft und das Recht, den Landrat zu präsentieren, welches er in vollem Umfange
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wiederherstellte. Er förderte überhaupt die adlige Selbstverwaltung in den Kreisen, begünstigte die Errichtung von Fideikommissen und Majoraten, gewährte insbesondere nach dem 7jährigen Krieg dem Adel weitgehend finanzielle Hilfe und veranlaßte die Gründung ritterschaftlicher Kreditinstitute, der sogenannten Landschaften. Aber obwohl Friedrich der Große den Adel als ersten Stand im Staate betraditete, der, da seine Söhne „das Land defendieren, . . . auf alle Weise meritieret, conservieret zu werden 22 ", verlor er doch das Gesamtinteresse des Staates nicht aus den Augen, welches die Erhaltung der übrigen Stände ebensosehr verlangte. Deshalb verbot er die Einziehung von Bauernstellen zum Gutsland; nicht nur, weil der Bauernstand die Kontribution zahlte und ihm die Rekruten zu stellen hatte, sondern auch aus bevölkerungspolitischen Gründen und mit Rücksicht auf die innere Kolonisation wünschte Friedrich die Erhaltung des Bauernstandes, den er im Wege der Neulandgewinnung sogar beträchtlich vermehrte. Und mit Rücksicht auf dié Wollmanufaktur bestätigte er das von seinem Vater schon 1719 erlassene, rigorose Wollausfuhrverbot, obwohl es gewiß den Interessen des Adels zuwiderlief, weshalb selbst Friedrich Wilhelm zunächst damit gezögert hatte, um nicht „seinem getreuen kurmärkischen Adel das Messer am Halse zu setzen 23 ". Auch bei der Regulierung des Getreidepreises mit Hilfe der zu diesem Zweck errichteten Magazine berücksichtigte der König keineswegs einseitig die agrarischen Interessen, sondern sorgte für einen Ausgleich zwischen Stadt und Land. Dagegen hat Friedrich das gutsherrlichbäuerliche Verhältnis als Philosoph zwar unangemessen gefunden, als König jedoch keine Möglichkeit gesehen, es zu ändern, weil er meinte, daß die Gutsherren ohne ihre bäuerlichen Frondienste nicht würden bestehen können. Schon als Kronprinz hatte Friedrich die innerpolitischen Maßnahmen seines Vaters am Ende verstehen und seine Leistungen in dieser Hinsicht anzuerkennen gelernt, wie man in 92
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Friedrichs Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg nachlesen kann 24 . Deshalb kam es nach seinem Regierungsantritt nicht zu ähnlich grundstürzenden Veränderungen, wie es 1713 der Fall gewesen war, wengleich in den alten Formen ein neuer Geist lebendig wurde. Die friedfertige Außenpolitik seines Vaters hatte Friedrich zwar nidit fortgesetzt, dessen Mahnung, keinen ungerechten Krieg zu beginnen, nicht beherzigt, sondern war zum „Rendezvous des Ruhmes" aufgebrochen, aber im Inneren setzte er die Politik Friedrich Wilhelms weitgehend fort. Das gilt für die Finanzpolitik ebenso wie für die Wirtschaftspolitik, in der freilich die Gewerbe und Manufakturen größeres Gewicht erhielten, wodurch Friedrichs Wirtschaftspolitik eine noch stärker merkantilistische Ausprägung erhielt, als es unter seinem Vorgänger der Fall gewesen war. Seine Bemühungen um die Woll- und Baumwollmanufakturen, die Seidenindustrie, die Porzellanmanufaktur und die schlesische Leinenindustrie, in die er beträchtliche Mittel investierte, die er auf alle Weise zu fördern suchte, beispielsweise durch Prämien, Steuervergünstigungen, Heranziehung auswärtiger Fachkräfte, sind bekannt genug und können hier im einzelnen nicht geschildert werden. Die Staatsfinanzen wurden in ebenso peinlicher Ordnung gehalten wie zuvor, so daß Friedridi seinem Nachfolger trotz der Schlesischen Kriege und der durch das Retablissement verursachten großen Aufwendungen einen Staatsschatz von 55 Millionen Talern hinterlassen konnte — zwanzig Jahre später hatte der preußische Staat ebenso viele Schulden. Auch in der Rechtspflege setzte Friedrich die Bemühungen seines Vaters fort, der schon bald nach seinem Regierungsantritt die Juristenfakultät in Halle mit den Vorarbeiten zur Herstellung eines einheitlichen, preußischen Landrechts beauftragt hatte; doch kam die geplante Reform damals noch nicht zustande: N u r eine neue Kriminalordnung wurde 1717 für die Kurmark erlassen, die dann auch für die übrigen 93
Ernst Klein Provinzen Geltung erhielt. Erst während der Regierung Friedrichs des Großen konnte Samuel von Cocceji das große Reformwerk in Angriff nehmen, das schließlich, von Carmer fortgeführt, durch den Erlaß des Allgemeinen Landrechts 1791 Krönung und Abschluß fand. Den von Friedrich Wilhelm geschaffenen Verwaltungsaufbau ließ Friedrich ebenfalls im wesentlichen unverändert, das Generaldirektorium blieb als oberste Verwaltungsbehörde bestehen, doch änderte Friedrich im Laufe der Zeit die Ressortverteilung, indem er den vier nach dem Territorialprinzip gegliederten Departements bestimmte Agenden entzog und diese besonderen Fadiressorts übertrug. Auf diese Weise entstanden 1740 das Departement für Handel und Gewerbe, 1746 das Departement für das Marsch- und Einquartierungswesen, 1766 das Akzise- und Zolldepartement, 1768 das Bergwerks- und Hüttendepartement und 1771 das Forstdepartement. Die darin zum Ausdruck kommende Tendenz vom Territorial- zum Ressortprinzip war indessen nichts absolut Neues, denn einmal waren auch den Provinzial-Departements bestimmte Agenden zugewiesen, in denen sie für den Gesamtstaat zuständig waren, und zum anderen gehörten Justiz und auswärtige Angelegenheiten, von der Armee ganz zu schweigen, ohnehin nicht in die Zuständigkeit des Generaldirektoriums, das nur die Verwaltung der Finanzen und des Inneren, einschließlich der Wirtschaft natürlich, zu besorgen hatte. Aber während Friedrich Wilhelm diese kollegialisch organisierte Zentralbehörde wirklich als solche hatte fungieren lassen, wiewohl unter seiner persönlichen, dirigierenden und kontrollierenden Leitung aus dem Kabinett, hat Friedrich sehr viel stärker unmittelbar aus dem Kabinett mit Hilfe seiner Sekretäre regiert, nicht selten unter Umgehung der Zentralbehörde. D a durch, daß Friedrich dem schlesischen Provinzialminister eine vom Generaldirektorium unabhängige Stellung verlieh, gelegentlich außerordentliche Kommissionen zur Bewältigung besonderer Aufgaben einsetzte, die indirekten Steuern durch Einführung 94
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der Regie der allgemeinen Finanzverwaltung entzog und neben den beiden Generalkassen die königliche Dispositionskasse errichtete, über die er allein verfügte, wurde das königliche Kabinett zur eigentlichen Zentralbehörde, in der alle Fäden zusammenliefen, während das Generaldirektorium mangels Kenntnis und Übersicht seine ursprüngliche Aufgabe nicht mehr erfüllen konnte. Dieser persönlichen Regierung aus dem Kabinett war selbst ein so arbeitsfähiger und arbeitswilliger Herrscher wie Friedrich mit zunehmendem Alter kaum noch gewachsen, unter seinen schwächeren Nachfolgern mußte diese Regierungsweise dazu führen, daß die Geheimen Kabinettsräte einen größeren politischen Einfluß gewannen, als es ihrer subalternen Stellung zukam. Aber so folgenreich diese Entwicklung auch insofern war, als die Reformen nach 1806 bekanntlich mit dem Kampf gegen die Regierung unverantwortlicher Kabinettsräte begannen, wichtiger war Friedrichs ausgesprochene Vorliebe für den Adel, die sich zugleich mit einer Geringschätzung des Bürgertums und der breiten Masse des Volkes verband, und die daraus resultierende Verfestigung der sozialen Struktur, an der alle Reformpläne scheitern sollten. Die Bevorzugung des Adels, mit welcher Friedrich von der seit dem Großen Kurfürsten verfolgten und von seinem Vater fortgesetzten Politik abwich, ist schließlich für den preußischen Staat verhängnisvoll geworden 25 . Neben diesem im Endeffekt negativen ist abschließend nodi ein positives Element zu betrachten, durch welches sich die Regierungsweise Friedrichs von der seines Vorgängers doch so wesentlich unterscheidet, daß man für sie einen eigenen Begriff geprägt hat: den „aufgeklärten Absolutismus". Wie weit dieser Begriff auch auf die verfassungsgeschichtliche Entwicklung anderer europäischer Staaten anwendbar ist, kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, unzweifelhaft ist jedoch, daß Friedrich nicht nur selbst in der geistigen Welt des aufgeklärten Zeitalters lebte, sondern auch seine Regierung in auf95
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geklärtem Geiste zu führen suchte, wenngleich dabei der König dem Philosophen oft genug im Wege stand. Das äußerte sich nicht nur in seiner im Gegensatz zu Friedrich Wilhelm positiven Einstellung zu Kunst und Wissenschaft, in einer Säkularisierung und Entkonfessionalisierung des Staates, die jeden nach seiner Fasson selig werden ließ, was in besonderem Maße den Beifall der geistigen Elite seiner Zeit gefunden hat, sondern vor allem in seiner rational begründeten Staatsauffassung. Während Friedrich Wilhelm noch seine Person und die Dynastie mit dem Staat identifizierte und daher beispielsweise die Domänen als Fideikommiß des Hauses Hohenzollern angesehen hatte, stellte Friedrich ganz bewußt den Staat über seine Person und über sein Haus, so daß im Allgemeinen Landrecht die Domänen als Staatseigentum bezeichnet werden, von dem der Monarch nur gewisse Nutzungen und Einkünfte bezieht. H a t t e der Herrscherwille Friedrich Wilhelms sich nur der Verantwortung vor Gott verpflichtet gefühlt, so sah sich Friedrich in der Erfüllung seines Auftrages gebunden an das Gesamtinteresse des Staates, dem er sich selbst als erster Diener unterwarf, den zum Besten der Gesamtheit zu verwalten, er als seine unabdingbare Verpflichtung betrachtete. Aus den königlichen Bedienten wurden Beamte des Staates, die innere und äußere Politik orientierte sich nicht mehr an dynastischen Erwägungen, sondern wurde der Staatsräson unterworfen, wie er sie verstand. Diese neue Staatsauffassung, die vor allem auch in der Rechtspflege zum Ausdruck kam, in der die Person des Fürsten — die Affäre des Müllers Arnold ungeachtet — hinter den in den Gesetzen verkörperten Staat zurücktrat, trug zwar dazu bei, die einzelnen Provinzen zu einem einheitlichen Staatsgebilde zusammenzuschweißen und förderte die Herausbildung eines über Heer und Beamtentum hinausgreifenden Staatsbewußtseins, doch gewährte sie den Untertanen freilich keine größere Sicherheit vor monarchischer Willkür, die nur im Pflichtbewußtsein des Herrschers beruhte. 96
Der preußische
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Denn Friedrich regierte ja keineswegs weniger absolutistisch als sein Vorgänger, eher war, wie wir gesehen haben, das Gegenteil der Fall. Vor allem aber liegt bei aller Würdigung seiner menschlichen und staatsmännischen Größe die Beschränktheit der friderizianischen Regierung darin, daß Friedrich den aufklärerischen Geist nur teilweise in sich aufgenommen, wie sein Verhältnis zum Volk und zur Volksbildung zeigte, daß er die Konsequenzen aus seiner aufklärerischen Staatslehre nicht zog, weil das eine Umgestaltung der sozialen Struktur zur Folge haben mußte, an der er nicht rütteln wollte und angesichts der starken ökonomischen Position des Adels und der noch geringen Bedeutung des preußischen Bürgertums wohl auch nicht konnte, selbst wenn er diese Absicht gehabt hätte. Deshalb ist Friedrich nicht Wegbereiter des bürgerlichen Zeitalters, sondern Vollender des preußischen Absolutismus geworden 28 .
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Preußen
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FÜNFTES KAPITEL
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert von Richard
Dietrich
Friedrich Meinecke hat einer seiner großen Aufsatzsammlungen den Titel gegeben: „Preußen und Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert". In dem diese Sammlung einleitenden Vortrag vom Stuttgarter Historikertag 1906, der den Titel trägt: „Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert", äußert Meinecke, er wolle nur ein zentrales Problem dieser Entwicklung herausgreifen, die Frage nämlich, ob und unter welchen Kautelen ein Bundesstaat mit nur einer Großmacht im Bunde möglich sei, mit der Gegenfrage Preußens, „ob man denn auch ihm gerecht werden wolle, ob man denn auch seinen Anspruch auf Bewahrung seiner eigenen historischen Individualität und Staatspersönlichkeit gerecht werde 1 ". Meinecke kam damals zu dem Ergebnis: „Lebendige Gewalten . . . sind heute sowohl das alte Preußen wie das neue Deutschland. Die Formen, in denen sie auf- und miteinander wirken, sind vergänglich; auch die geistigen Mächte, die sie in sich bergen, sind es. Aber sie haben die Kraft, das Neue zu zeugen und leben dann fort in ihm 2 ". Elfeinhalb Jahre später, im Oktober 1917, im Geleitwort zu dieser Sammlung, heißt es dann schon: „Nach dem Kriege werden wir alle Stufen dieser Entwicklung einer nationalen Selbstprüfung zu unterziehen haben 3 ." So 1906 und 1917. Und heute? Preußen und Deutschland vom Ausgang des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, das bedeutet Reform und Restauration, Revolution und Reaktion, Verfassungskampf und Dualismus, Kleindeutsche Lösung der Deutschen Frage und Preußische Hegemonialpolitik, Diskrepanz zwischen staatlicher Struktur und gesellschaftlicher Wirklichkeit. 7'
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Richard Dietrich I. Preußen
und Deutschland zwischen Reform gründung
und Reichs-
Als Friedrich der Große gegen Ende seiner Regierung bei der Bildung des deutschen Fürstenbundes bewußt auf die überlieferten Formen der Reichsverfassung zurückgriff, indem er ihn als Assoziation der Kurfürsten von Sachsen, Brandenburg und Braunschweig erscheinen ließ, glaubten die deutschen Kleinstaaten, den Bund als Hebel für die Reform der Reichsverfassung benutzen zu können. Bei aller Ehrlichkeit des Strebens, wie man es einem Carl August von Weimar und seinem Minister Goethe zugestehen muß, lag hier doch eine arge Verkennung des Wesens staatlicher Macht vor. Für Friedrich den Großen war dieser Bund, wie Härtung es in seiner Verfassungsgeschichte kurz und treffend ausgedrückt hat, „nur ein Akt der auswärtigen Politik, ein Mittel, um der Machterweiterung Österreichs entgegenzutreten 4 ." In der T a t : niemand anderes als Friedrich der Große hat die Formen der alten Reichsverfassung endgültig gesprengt, indem er ohne Rücksicht auf alle Beschränkungen, die der Artikel V I I I des Instrumentum Pacis Osnabrugense den deutschen Territorien auferlegte und deren sich noch sein Vater, Friedrich Wilhelm I., durchaus bewußt gewesen war, preußische Macht- und Interessenpolitik betrieb. Sein Werk war die Sdimälerung der Basis der Hausmacht des habsburgischen Kaisertums im Reich in den drei Schlesischen Kriegen gewesen, in denen er mit der Erwerbung und Behauptung Schlesiens den deutschen Dualismus begründet und Preußen, auch wenn er selbst darüber noch sehr vorsiditig urteilte, in die Reihe der europäischen Großmächte eingeführt hatte. Sein Werk war es auch gewesen, im bayerischen Erbfolgekrieg und im Deutschen Fürstenbund verhindert zu haben, daß Josefs I I . Politik, die österreichische Basis im Reidi wieder zu verbreitern, Erfolg gehabt hätte. Preußen spielte nach Hartungs Urteil im Fürstenbund „die gleiche Rolle, wie Frankreich im Rheinbund von 1658, es wollte den Bund im eigenen, 100
Preußen und Deutschland im 19.
Jahrhundert
nicht im deutschen Interesse leiten 5 ." Im gleichen Sinne handelte Friedrich Wilhelm II., als er bald darauf zum Kummer der deutschen Kleinfürsten zugunsten anderer Konstellationen den Fürstenbund wieder preisgab. Schon in diesem frühen Stadium erwies sich der Dualismus der beiden deutschen Großmächte also als das, was er, wenn auch zeitweise verdeckt, bleiben sollte, bis Bismarck den gordischen Knoten durchhieb: „ein Machtgegensatz . . . , der sich nicht durch friedliche Organisationen und Reformen aus der Welt schaffen ließ«." Diese Tatbestände verbergen sich hinter der herben Äußerung des Freiherrn vom Stein in einem Brief an den Grafen Münster vom 1. Dezember 1812: „Setzen Sie an die Stelle Preußens, was Sie wollen, lösen Sie es auf . . . es ist gut, wenn es ausführbar ist 7 ." Diesem Skeptizismus eines Mannes, der im gleichen Briefe schrieb, er habe „nur ein Vaterland, das heißt Deutschland", und sich für diesen Patriotismus auf die alte Reichsverfassung berief, der aber doch zugleich durch seine Reform wesentlich dazu beigetragen hatte, diesem Preußen neue sittliche Kräfte zuzuführen und es dadurch zur Führung in Deutschland zu qualifizieren, steht der Optimismus anderer entgegen, wie etwa der Heeresreformer oder Wilhelm von Humboldts: der Glaube, daß ein sittlich erneuertes Preußen den Anspruch auf die Führung in Deutschland mit Recht anmelden dürfe. Die Verfassungsberatungen des Wiener Kongresses legen von diesem Dilemma ein beredtes Zeugnis ab. Es ist hier nicht der Ort, auf die Einzelheiten der Verfassungsdebatte und auf die zahlreichen Verfassungspläne, vor allem von preußischer Seite, zur Lösung der Quadratur des Zirkels des deutschen Dualismus einzugehen, wie sie von Stein, Hardenberg oder Humboldt verfolgt worden sind. Aber es muß ausdrücklich festgestellt werden, daß es dieser Dualismus gewesen ist, der eine das Einheitssehnen des deutschen Volkes befriedigende Verfassung unmöglich gemacht hat. Eben die zugegebenermaßen 101
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notwendige Berücksichtigung der historischen und politischen Individualität Preußens neben der Österreichs hat Deutschland damals die später, etwa von Treitschke, so hart bekämpfte lose Form des Staatenbundes beschert. Fritz Härtung hat mit seiner Bemerkung, daß die Zeit für die Einsicht noch nicht reif gewesen sei, daß dieser Dualismus zweier deutscher Großmächte eben keine Verfassungsfrage, sondern eine Machtfrage gewesen sei, sicherlich recht8. Einschränkend müßte man allerdings vielleicht sagen, daß in diesem Zusammenhang seine Feststellung, die Lösung dieses Problems sei nur durch Opfer zu erkaufen gewesen, noch unbezweifelbarer gewesen wäre, wenn sie nicht mit der Bemerkung verbunden wäre, sie habe sich nur durch Blut und Eisen lösen und nur durch Verzicht auf die deutschösterreichischen Lande erkaufen lassen. Dies eben ist der Punkt, an dem das Problem Preußens und seines Verhältnisses zu Deutschland im 19. Jahrhundert noch heute von eminenter historischer Relevanz, ja geradezu Sprengkraft ist. Wie stark dies der Fall ist, sieht man vielleicht am besten daran, daß der einzige Versuch, den unseligen Gegensatz kleindeutscher und großdeutsdier Geschichtsschreibung zu überbrücken in einer gesamtdeutschen Auffassung des Problems, der mit Ernst und Konsequenz durchgeführt worden ist, Heinrich von Srbiks großartiges Werk über die „Deutsche Einheit", heute gerade in seiner Heimat nach wie vor verleugnet wird. Wenn man den Weg überblickt, der von dem ersten preußischen Verfassungsentwurf, der einen starken Bund, dem sich auch Preußen eingeordnet hätte, hatte schaffen wollen, über das preußische Minimalprogramm mit einheitlicher Kriegsverfassung, Bundesgericht und Garantie der einzelstaatlichen Verfassungen, bis zu den „Grundzügen" einer Bundesverfassung führt, wie die Bundesakte sich selbst kennzeichnet, wird man dem Urteil Hans Herzfelds 9 zwar zustimmen, daß gegenüber den Verhältnissen des alten Reichs ein unleugbarer Fortschritt erzielt worden sei, aber doch audi Hartungs Bemerkung beipflichten müssen, „daß Preußen durch eine geschicktere und 102
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im 19.
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energischere Diplomatie in einzelnen Punkten vielleicht mehr hätte durchsetzen können 10 ". Von viel tieferer Bedeutung als dieser Kompromiß im Dualismus zwischen Preußen und Österreich ist jedodi wohl die verhängnisvolle Tatsache, daß die Kräfte der Reform in Preußen selbst erlahmt sind; ein Zusammenhang, auf den unter einem anderen Aspekt nodi hinzuweisen sein wird. Herzfeld spricht in dieser Beziehung mit Recht von einer dauernden Tragik in der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts 11 . In der Tat hat das Auseinanderfallen von Geist und Macht für die von Preußen selbst beanspruchte deutsche Mission dieses Staats verhängnisvolle Folgen gehabt. Gewiß sind nicht alle Reformen steckengeblieben; gewiß ist die Eingliederung der neu gewonnenen Gebiete trotz manchen Widerstrebens, vor allem im Rheinland, reibungsloser gelungen, als man vielleicht hätte hoffen und erwarten dürfen; aber man soll doch die Gefahren, die in der Rüdewendung zum Altpreußentum lagen, nidit bagatellisieren oder gar idealisieren, wie es in jüngster Zeit mehrfach geschehen ist, etwa bei Hellmuth Rößler oder bei Hans Joachim Schoeps12. Entscheidend ist doch nur eines: daß dieser preußische Staat, in dem Hegel in einer idealisierenden Betrachtung der Wirklichkeit die Selbstverwirklichung des absoluten Geistes der Weltgeschichte, eine Art Realisierung der platonischen Staatsidee glaubte sehen zu können, daß dieser Staat in dem verhängnisvollen Konflikt H a r denbergs mit Humboldt und Boyen 1819 den Weg der Absage an die Reform gegangen ist. Der Bruch des königlichen Verfassungsversprechens, die Bindung Preußens an die Karlsbader Beschlüsse, der Verzicht auf eine Nationalrepräsentation zugunsten eines Staatsrats und von Provinzialständen haben das ursprüngliche Konzept Steins zerstört, in welchem Selbstverwaltung und Verfassung in unlösbarem Zusammenhang gestanden hatten. Damals ist der Charakter Preußens für das nächste Jahrhundert seiner Geschichte geprägt worden: ein konservativer Staat auf der Basis des Bündnisses der Mo103
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narchie mit einem übermächtigen Grundadel, mit der von diesem beherrschten Armee und dem von diesem durchdrungenen Beamtentum. Diese Vorgänge sind nicht zuletzt deshalb so wichtig, weil durdi diese Wendung der preußischen Politik die ausgesprochen unpolitische Haltung eines großen Teiles des deutschen Liberalismus sich erklären läßt. Das gilt sowohl von dem an Frankreich orientierten südwestdeutschen Liberalismus eines Rotteck oder Welcker, der von der Fortschrittlichkeit des Verfassungslebens der deutschen Mittel- und Kleinstaaten gegenüber dem der beiden Großmächte ehrlich überzeugt w a r ; das gilt andererseits aber auch vom rheinischen Liberalismus in Preußen, der sich mehr am Vorbild Englands orientierte und sich unter diesen preußischen Zuständen einseitig auf das wirtschaftliche Gebiet verwiesen sah; das gilt schließlich auch von dem an Kants Pflichtbegriff orientierten Beamtenliberalismus der ostpreußischen Schule. Nun wird man nicht verkennen, daß das, was auf dem Wege zu einer strafferen Zusammenfassung Deutschlands in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreicht worden ist, das Werk Preußens gewesen ist: die Maaßensche Zollgesetzgebung und der deutsche Zollverein. Aber auch hier sind einige Einschränkungen am Platze. So sehr der Zollverein das Werk von Motz ist, so wenig wäre er doch denkbar ohne die Vorarbeiten des rheinischen Wirtschaftsliberalismus, ohne die des Schwaben Friedrich List im Deutschen Handels- und Gewerbeverein und ohne das Versagen des Deutschen Bundes auf dem ihm aufgetragenen Gebiet der Wirtschaftspolitik. Und überdies: der Zollverein, den Heinrich von Treitschke als die erste Klammer um Deutschland empfand und feierte, ganz gewiß im Geist und Sinn von Motz, wie ihn auch die öffentliche Meinung, etwa Dahlmanns Politik und Paul Achatius Pfizers „Briefwechsel zweier Deutscher" würdigte, war doch in erster Linie nicht um der deutschen Einheit willen geschaffen, sondern in Verfolgung politisch-wirtschaftlicher Interessen Preußens. Deshalb, und nicht nur an der 104
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vorsichtig abwartenden, gegen die politischen Gefahren einer wirtschaftlichen Führung Preußens im Zollverein für Österreichs Stellung im Bunde mißtrauischen Haltung Metternichs, hat sich die Hoffnung nicht erfüllt, daß das im Zollverein um das außerösterreichische Deutschland geschlungene Band sich als stark genug erweisen werde, die Frage des deutschen Dualismus zu lösen. Ja, dieses Band war nicht einmal eng genug, um 1866 den Krieg von Mitgliedern des Zollvereins untereinander zu verhindern. Es hieße die Vielgestaltigkeit historischer Vorgänge in unerlaubter Weise vereinfachen, wollte man eine einzige Entwicklungslinie im Verhältnis Preußens und Deutschlands zueinander durch die Jahrzehnte bis 1848 hin durchziehen. Es hat Momente einer starken Annäherung des nationalen Gedankens an Preußen gegeben, wie etwa 1829 bei Preußens Veto gegen Polignacs Plan eines europäischen Ländertausches, der Frankreich das linke Rheinufer und Belgien einbringen und Preußen mit Holland entschädigen wollte. Ein anderes Beispiel war die Rheinkrise von 1840 mit dem ersten Aufwallen eines politischen deutschen Nationalgefühls seit 1815 gegen die Wiederaufnahme der Parole der natürlichen Grenzen Frankreichs am Rhein durch Thiers. Dem stehen aber Erscheinungen einer ausgesprochenen Entfremdung auf dem Gebiete der Innenpolitik gegenüber. Ein erstes Beispiel sind die Demagogenverfolgungen gegen Männer wie Arndt, Jahn, Schleiermacher und de Wette oder gar gegen Joseph Görres. Bei einer weiteren Gelegenheit offenbart sich dieser Gegensatz in den Jahren 1837—1840 im Kölner Kirchenstreit. Hier trifft zum erstenmal der politische Katholizismus, der sich aus seiner Oppositionshaltung heraus mit den Freiheitsforderungen des liberalen rheinischen Bürgertums verband, im offenen Gegensatz mit dem monarchisch-autoritären preußischen Staat aufeinander. Aus dieser Situation heraus kam es dann zur großdeutschen Ausprägung dieses Katholizismus in seinem Gegensatz zu der weltlichen Staatsmacht der unter der Führung 105
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protestantischer Dynastien stehenden deutschen Staatenwelt, nidit nur, aber vor allem Preußens. Dann aber brachte das Jahre 1840 auch auf dem Gebiete der inneren Politik noch einmal eine, wenn auch nur kurze Annäherung zwischen dem deutschen liberalen Nationalgedanken und dem preußischen Staat. Mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I V . , der zum Abbruch des Kölner Kirchenkampfs, zur Rückberufung von Arndt, J a h n und Boyen und zur Ernennung von Eichhorn führte, schien sich eine Aussöhnung anzubahnen. Aber nur zu schnell verflog diese Hoffnung, als sich herausstellte, daß der im Geist des romantischen K o n servativismus Ancillons, der Brüder Gerlach, K a r l Ludwig v. Hallers und Friedrich Julius Stahls aufgewachsene König nicht die Kraft fand, dem Drängen der Zeit nach einem Verfassungsstaat nachzugeben. Sein Festhalten an den ständischen Idealen seiner Jugend und seine schroffe Ablehnung einer geschriebenen konstitutionellen Verfassung als eines Blattes Papier, dem er nie gestatten werde, sich zwischen ihn und sein V o l k zu schieben, erwiesen ihn alsbald als einen politischen Träumer. Wenn es trotzdem am Vorabend der Revolution von 1848 noch einmal zu einer Art Gleichklang zwischen den Vorgängen in Preußen und der öffentlichen Meinung Deutschlands kommen sollte, so war das nicht das Verdienst der offiziellen preußischen Politik, sondern im Gegenteil das der Opposition. Nur zögernd hatte sich der König wegen der angespannten finanziellen Lage des Staats zur Einberufung des Vereinigten Landtags entschlossen, und auch jetzt blieb er fest in der Ablehnung jedes Gedankens an eine Verfassung, hielt fest an dem Ideal der ständischen Repräsentation und lehnte sowohl Periodizität wie finanzielles Bewilligungsrecht der Stände ab. „Auch in Preußen war der Zwiespalt zwischen dem Könige und der Mehrheit der Bevölkerung offen am T a g e 1 3 . " Gerade diese Tatsache aber rief ein ungeheures Echo in Deutschland hervor. Die Vereinigung des rheinischen und ostpreußischen Liberalismus zu gemeinsamer Opposition und das „Ausbleiben 106
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert jeder entspannenden Antwort auf die brennende Verfassungsfrage" mit der daraus notwendigerweise entstehenden offenen Unzufriedenheit machte „die Summe der in Preußen lebenden K r ä f t e siditbar 1 4 ". Als um so tragischer muß man es bezeichnen, daß dieser Gleichklang in der Revolution von 1848/49 nicht nur nicht erhalten blieb, sondern in eine noch tiefere Entfremdung ausmündete. Es ist unmöglich, diesen Prozeß hier in allen seinen Phasen zu verfolgen, aber zwei Entwicklungen sollen dodi herausgegriffen werden: Der Versuch der Paulskirche, die deutsche Einheit vom Boden der Volkssouveränität her zu verwirklichen, ist gescheitert sowohl am Dualismus der beiden deutschen Großmächte wie audi an der Tatsache, daß die deutsche konstitutionelle Bewegung nach 1815 sidi nicht im Bunde als der gesamtdeutschen Lebensform hatte entwickeln können, sondern sich auf den Boden der mittleren und kleineren Einzelstaaten verwiesen gesehen hatte. Im Rausch der Märztage 1848 hatte es zunächst so geschienen, als ob Preußen und Deutschland eines geworden seien. Jener berühmte Satz aus der Proklamation Friedrich Wilhelms IV. an sein Volk: „Preußen geht fortan in Deutschland auf" schien die völlige Einheit Preußens und Deutschlands zu besiegeln. In Wirklichkeit enthüllte er jedoch nur den ganzen Umfang und die ganze Tiefe des Zusammenbruchs der alten Gewalten in Preußen und damit auch den Verlust allen preußisdien Prestiges gerade in dem Augenblick, in dem die Revolution zu ihrer eigenen Durchsetzung und Sicherung der Führung durch eine Großmacht wie Preußen dringend bedurft hätte. Was das bedeutet, wurde mit erschreckender Klarheit schon in dem Augenblick deutlich, als der Dahlmannsche Verfassungsentwurf sidi f ü r ein konstitutionelles Erbkaisertum mit weitgehenden Kompetenzen der Zentralgewalt gegenüber den Einzelstaaten entschied, denn damit war das Problem des deutschen Dualismus aufgeworfen, die Frage nicht nur nach der preußisdien oder österreichischen Führung, sondern die nach 107
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dem Verhältnis Österreichs zu einem deutschen Nationalstaat überhaupt. Die deutsche Revolution von 1848 bedeutete den ersten, wenn auch letztlich erfolglosen Versuch eines sich politisch mündig fühlenden Volkes, die Ströme der konstitutionellen und der nationalen Bewegung in ein einziges Bett zu leiten. Die Revolution sah sich jedoch schon sehr bald vor die N o t wendigkeit gestellt, sich mit der Existenz der deutschen Einzelstaaten auseinanderzusetzen. Bereits bei der Errichtung der provisorischen Zentralgewalt, ohne daß Gagern bei seinem „kühnen Griff" die Einzelstaaten vorher unterrichtet hätte, war dieses Problem nur oberflächlich verdeckt worden. Es trat in aller Klarheit in dem Moment hervor, als in den Einzelstaaten, besonders in Preußen und Österreich, die Revolution überwunden und die monarchische Gewalt von neuem konsolidiert worden war. In diesem Augenblick trat die Ohnmacht der Zentralgewalt offen zutage. Der Versuch, die deutsche Einheit vom Boden der Volkssouveränität aus herzustellen, mußte fehlschlagen, weil die alten Staatsgewalten in den Einzelstaaten und mit ihnen der Dualismus der beiden Führungsmächte sich als stärker erwiesen. Der Wille des liberalen deutschen Bürgertums, die nationale Einheit Deutschlands in Freiheit herzustellen, konnte schließlich nur in der kleindeutschen Lösung Gestalt gewinnen. Das hieß aber, das Deutschtum Österreichs zu opfern. Hier wird das Eigengewicht der alten Staatlichkeit besonders deutlich. An Schwarzenbergs Großösterreich zerbrach nicht nur das Einheitsstreben der Paulskirche, sondern auch der Versuch Radowitz', in der preußischen Unionspolitik die kleindeutsche Lösung zu retten. Es ist gleichgültig, ob, wie die liberale Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts und im Grunde die deutsche Historiographie bis heute gemeint hat, der Gedanke der Union in Olmütz am Widerspruch Rußlands gescheitert ist oder ob das politische Schwergewicht Großösterreichs und die zielstrebige 108
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Politik Schwarzenbergs den Sieg über das Zaudern der preußisdien Staatsmänner davongetragen haben. Die Epoche der Revolution endete jedenfalls auf den Dresdener Konferenzen 1850/51 mit der Unterwerfung Preußens unter die Wiederherstellung des Bundes in der alten Gestalt. Mit diesem Problem war aber nicht nur verbunden die Frage der Führerschaft des Kaiserstaates im künftigen Deutschland, sondern audi die nach der Stellung Preußens im Bunde neben Österreich. Metternich hatte sich immer mit der tatsächlichen Führung Österreichs begnügt und streng auf die Form der Parität beider deutschen Mächte geachtet. Schwarzenberg versuchte nun den Ehrenvorrang Österreichs in eine wirkliche politische Vormachtstellung zu verwandeln und damit Preußen eindeutig auf den zweiten Platz zu verweisen. Dieser Wandel der österreichischen Politik ist nicht unwichtig, denn in ihm liegt, wie Bismarck selbst häufig bezeugt hat, mindestens einer der Gründe für die Verhärtung auch der preußischen Politik und ihre Umwandlung in eine rein preußische Macht- und Interessenpolitik. Von ebenso tiefer Bedeutung aber ist die Entwicklung in Preußen selbst gewesen. Wenn Friedrich Wilhelm I V . auch schon vor dem Straßenkampf des 18. März und der persönlichen Demütigung des 19. März die Berufung eines liberalen Ministeriums, den Erlaß einer Konstitution und die Wiedereinberufung des Vereinigten Landtages zugesagt hatte, so haben jene Ereignisse doch insofern für den weiteren Verlauf der Revolution ihre Bedeutung bekommen, als unter ihrem Eindruck der Entschluß zur Berufung einer konstituierenden N a tionalversammlung gefaßt werden mußte. Nach ihrem Zusammentreten am 22. Mai kam es sofort zu der grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen Krone und oppositioneller Mehrheit über die Frage: Vereinbarung einer Verfassung oder E r l a ß auf Grund der Volkssouveränität. Es war das Verhängnis dieser Versammlung, daß sie den sich im allgemeinen an der belgischen Verfassung orientierenden, aber in einzelnen Fällen im monarchischen Sinn abgeänderten Entwurf Punkt für Punkt 109
Riebard Dietrich im Geiste der Demokratie zu ändern gedachte. Denn dadurch gewann die im März fast vollständig ausgeschaltete altständische Partei in der Umgebung des Königs Zeit, sich zu sammeln: Die Camarilla der Gebrüder Gerlach, Bismarcks und Rankes begann sich zu organisieren in der konservativen Partei und sich ein eigenes publizistisches Organ zu schaffen, die „Neue preußische (Kreuz-) Zeitung". Gerade der Versuch der Revolution, sich in der „Resolution Stein" im August 1848 der Armee zur „Verwirklichung eines konstitutionellen Reditszustandes" zu versichern, indem widerstrebende Offiziere zum Aussdieiden aus der Armee aufgefordert wurden, schlug ihr zum Unheil aus. Das liberale Ministerium Auerswald-Hansemann wurde durch das des Generals Pfuel ersetzt. Die Ablehnung der von der Paulskirdie verlangten Eidesleistung auf den Reichsverweser und die ostentative Beibehaltung der sdiwarzweißen Kokarde statt der von der Paulskirdie angeordneten schwarzrotgoldenen waren weitere Anzeichen des wachsenden Widerstandes des Altpreußentums. Das gleiche gilt von der Ersetzung der Bürgerwehr durch eine königlidie Sdiutzmannschaft. Weitere Etappen dieser Entwicklung sind die Berufung des Ministeriums Brandenburg am 9. November, die Besetzung Berlins durch Linientruppen des Generals Wrangel am 15. November und die „rettende T a t " des 5. Dezember, die nach dem vergeblichen Beschluß der Steuerverweigerung erzwungene Vertagung und Verlegung der Nationalversammlung nach Brandenburg und die Oktroyierung einer Verfassung. An dieser Verfassung ist weniger interessant ihr sidi am belgisdien Vorbild orientierender ziemlich liberaler Inhalt als zwei andere Elemente: die Oktroyierung und die Revisionsklausel. Die Oktroyierung, also der Erlaß der Verfassung aus dem freien Entschluß des Herrschers, bedeutet das betonte Festhalten am monarchischen Prinzip und die Ablehnung des Prinzips der Volkssouveränität. Sie bedeutet weiter die völlige Abkehr von der Bereitschaft, Preußen in Deutschland aufgehen 110
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zu lassen zugunsten des erklärten Willens, die Eigenstaatlichkeit Preußens zu behaupten. Die Revisionsklausel — nach Zusammentreten der neu geschaffenen Kammern sollte die Verfassung in gemeinsamer Beratung von Kammer und Regierung revidiert werden können — gab der Regierung die Möglichkeit, den liberalen Charakter der Verfassung wieder im konservativen Sinne zu ändern. Idi kann Härtung nicht ganz zustimmen, wenn er meint, die Revision habe „an der oktroyierten Verfassung nicht viel geändert 15 ". Gewiß, äußerlich änderte sich nicht viel, aber doch an den entscheidenden Punkten: die Ersetzung des allgemeinen, gleichen, geheimen Wahlrechts durch das Dreiklassenwahlrecht, die Beseitigung der absoluten Pressefreiheit, die Ablehnung des Verfassungseides der Armee, die Umgestaltung der ersten Kammer in ein Herrenhaus, all diese Veränderungen brachten doch gerade die Züge in die Verfassung hinein, die das staatliche Leben Preußens weitgehend in einen Gegensatz zu dem der anderen deutschen Staaten bringen und Preußen den Charakter zwar einer nach außen hin konstitutionellen Monarchie, aber in Wahrheit dodi eines konservativen Obrigkeitsstaates verleihen sollten. Die innerpolitischen Maßnahmen der Reaktionszeit bis 1858 haben diesen Bestrebungen dann ja auch weitgehend zum Erfolg verholfen: Beibehaltung der alten ständischen Kreis- und Provinzialordnungen, Wiederherstellung der gutsherrlichen Polizeigewalt und der Fideikommisse, Einschränkung des Vereins- und Versammlungsrechts, reaktionäre Kirchenund Schulgesetzgebung, Beseitigung der Zuständigkeit der Schwurgerichte für Pressevergehen und für politische Straftaten. Wie sehr diese Entwicklung den Charakter des preußischen Staates prägen sollte, zeigt sowohl das Aufatmen über die „Neue Ära" wie die Härte, die dann der Heeres- und Verfassungskonflikt angenommen hat. Wieder beobachten wir diesen seltsamen Wechsel von Anziehung und Abstoßung. Und wiederum war es im Grunde ein Mißverständnis, das die An111
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näherung des nationalen und liberalen Gedankens an den preußischen Staat hervorrief. Das Wort des Prinzregenten Wilhelm, Preußen werde in Zukunft eine Politik der moralischen Eroberungen führen und sei bereit, überall das Recht zu schützen, bedeutete ja nicht ein Bekenntnis zur Gedankenwelt des Liberalismus und der nationalen Staatsidee im Sinne eines Parteidenkens, sondern sollte nur dokumentieren den Wechsel im Regierungssystem innerhalb der geltenden Rechtsordnung des preußischen, d. h. aber eben des konservativen Staatsgedankens. Gerade das Gegenteil aber erwartete die Öffentlichkeit von der Ersetzung des Ministeriums Manteuffel durch die Regierung Hohenzollern-Auerswald. So konnte die Enttäuschung nidit ausbleiben, als trotz des Abwartens der Altliberalen nicht nur der Wechsel der Parteiherrschaft ausblieb, sondern auch die erhofften Reformen nicht zustande kamen. Das gleiche gilt, wenn auch aus anderen Gründen, von der Außenpolitik. Auch hier gelang es nicht, das neue Ministerium in Ausnutzung der europäischen Lage 1859 zu einer im nationalen und liberalen Sinne aktiven deutschen Politik zu veranlassen. Im Gegenteil, hier standen sich die Auffassungen fast noch schroffer gegenüber: diejenige, die in Erinnerung an die Koalitionskriege gegen Ludwig X I V . , gegen die Französische Revolution und gegen Napoleon meinte, daß der Rhein am P o verteidigt werden müsse und diejenige, die, am radikalsten in der rein preußischen Großmachtpolitik Otto von Bismarcks vertreten, der Auffassung war, daß man die preußischen Soldaten aufbrechen und über den Main bis an den Bodensee marschieren lassen solle. Es ist der alte Gegensatz der großdeutschen und kleindeutschen Lösung der deutschen Frage. Der K o m promißversuch des Prinzregenten mit der Mobilmachung der preußischen Armee und seinem Verlangen an Wien, ihm den Oberbefehl am Rhein zu konzedieren, der Versuch also, im Rahmen der Bundesverfassung die Quadratur des Kreises des deutschen Dualismus zu lösen, scheiterte sofort am Widerstande 112
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Österreichs, das die Gefahr einer solchen Konzession für seine eigene Führung im Bunde nur allzu deutlich spürte. Und doch hat gerade dieser Mißerfolg zunächst zu einer weiteren Annäherung des nationalen Liberalismus an den preußischen Staat geführt in der Gründung des Deutschen Nationalvereins gemeinsam durch Hannoveraner wie Bennigsen und Miquel und Altpreußen wie Victor von Unruh und Schultze-Delitzsch und in Zusammenarbeit mit dem vor allem am Rhein und in Südwestdeutsdiland einflußreichen Kongreß Deutscher Volkswirte. Wenn sich hier gemäßigte Vertreter der erbkaiserlichen Partei der Paulskirche und des Gothaer Programms mit ebenso gemäßigten Vertretern der 48er Demokratie zusammenfanden in der Konzeption einer monarchischpreußisdien Führung für Kleindeutschland, so war dabei die selbstverständliche Voraussetzung die, daß Preußen selbst sich als Preis für die Verwirklichung seiner deutschen Mission innerlich liberalisieren und schließlich doch in Deutschland aufgehen werde. Aber eben diese Entwicklung trat nicht ein. Im Gegenteil haben der Heereskonflikt und der aus ihm hervorgehende Verfassungskonflikt Preußen im Innern auf die Bahn einer verschärften Reaktion gedrängt und in seinem Verhältnis zur liberalen deutschen Nationalbewegung Klüfte aufgerissen, so tief und breit wie nie zuvor, so unüberbrückbar, daß auch das Nachgeben der preußischen Regierung in ihrem Ersuchen um Idemnität sie nicht wieder hat ganz schließen können. Es waren ja nicht einmal in erster Linie die militärischen Aspekte der von Roon und König Wilhelm betriebenen Heeresreform, die Vermehrung der Rekrutenzahl, die Verdoppelung der Regimenter, das Festhalten an der dreijährigen Dienstzeit, ja nicht einmal so sehr die angestrebte Beseitigung aller liberalen Elemente der Boyenschen Heeresreform in der Auflösung der Landwehr durch ihre Aufteilung in Feldarmee ,und Reserve, die den Kampf so erbittert werden ließen. Entscheidend, und darauf hat meines Erachtens Fritz Härtung mit Recht hinge8
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wiesen, ist doch wohl die Absicht von Männern wie Alvensleben und Edwin Manteuffel aus der militärischen Umgebung des Königs, es über die Heeresreform, selbst auf die Gefahr innerer Unruhen hin, zum Konflikt mit dem Landtag kommen zu lassen, „um dann die Verfassung beseitigen und den alten Absolutismus wieder herstellen zu können 1 8 ". Und genau dieser Konflikt kam nun zum Ausbruch mit der Auflösung des Abgeordnetenhauses am 11. März 1862 wegen der Annahme des Antrags der Fortschrittspartei, der mit der geforderten Spezialisierung des Ausgabenetats die Ausgabenpolitik der Regierung der parlamentarischen Kontrolle unterwerfen wollte. Es handelte sich für die Fortschrittspartei dabei um die Durchsetzung ihrer programmatischen Forderung auf „konsequente Verwirklichung des verfassungsmäßigen Rechtsstaats." Der Auflösung der Kammer folgte am 17. März die Ablösung des Ministeriums Hohenzollern-Auerswald durch das konservative Ministerium Hohenlohe-Ingelfingen und schließlich die Ablehnung des Heeresetats durch die fortschrittliche Mehrheit des neuen Abgeordnetenhauses am 23. September 1862. Damit war in der T a t die Frage nach dem Charakter des preußischen Staats gestellt und der Kampf um ihn eröffnet worden: monarchische Prärogative oder parlamentarisches Regierungssystem. Die Ernennung Bismarcks zum Ministerpräsidenten am 23. September 1862 sollte diesen, die Grundfesten des Staats erschütternden Charakter des Konflikts schon dadurch deutlich machen, daß dem neuen Ministerpräsidenten seine militärisch-technische Seite völlig gleichgültig war. Nachdem die Liberalen die von ihm anfänglich erstrebte Zusammenarbeit in der Regierung abgelehnt hatten, eröffnete Bismarck mit der Aufstellung der Lückentheorie nach den Artikeln 99, 62 und 109 der Verfassung den nur notdürftig in Rechtsformen gehüllten Kampf um die Macht im Staate. Bei der Unvereinbarkeit der Standpunkte von Regierung und Opposition war eine Lösung des Konflikts mit den Mitteln und auf dem Boden der Verfassung unmöglich. Zudem trug die Regierung keine Be-
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denken, in den Presseverordnungen vom 1. Juni 1863 auch zu Maßnahmen zu greifen, die „etwas außerhalb der Legalität" lagen. Gewiß kann man sich auf den Standpunkt stellen, daß der Opposition in diesem Kampfe die Sympathien der gesamten öffentlichen Meinung des nichtpreußischen Deutschland nichts genützt hätten, da nach den Erfahrungen der Revolutionsjahre 1848/49 in Preußen jetzt eben keine revolutionäre Situation gegeben gewesen sei. Man kann auch der Meinung sein, daß die Opposition audi mit allen Mitteln des publizistischen Kampfes und ungeachtet immer neuer Siege bei den Landtagswahlen nichts gegen eine Regierung ausrichten konnte, die fest im Sattel saß, gestützt auf den König, auf eine zuverlässige Armee und ein im allgemeinen ebenso zuverlässiges Beamtentum und die unter einem Leiter stand, der felsenfest davon überzeugt war, daß eben die großen Fragen der Zeit „nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse" entschieden würden, „sondern nur durch Eisen und Blut". Auch wenn bei weitem nicht alle von der Regierung geplanten radikalen außergesetzlichen und verfassungswidrigen Maßnahmen verwirklicht worden sind, wird sich die Historie des Urteils nicht enthalten können, daß hier ein Willkürregiment errichtet worden war, das noch auf Jahrzehnte hinaus, wenn nicht bis in unsere Gegenwart die Entwicklung Preußens und Deutschlands aufs schwerste belastet hat. Gewiß, nach dem Sieg von Königsgrätz hat der redite Flügel des Liberalismus im Indemnitätsgesetz seinen Frieden mit der Regierung gemadit und sich der Macht der Tatsachen gebeugt. Aber um welchen Preis! Einmal um den der Spaltung des Liberalismus, der diesen bald in politische Ohnmacht führen sollte. Und dann um denjenigen der Lösung des deutschen Dualismus im kleindeutschen Sinne mit der Ausschließung der Deutschen Österreichs aus dem gesamtdeutschen Staatsverband. Natürlich ist es richtig, worauf unter anderem Herzfeld sowohl wie Bußmann in jüngster Zeit wieder hingewiesen haben 17 , daß keine Rede davon sein könne, daß Bismarck bewußt und 8*
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konsequent von Anfang an auf diese Lösung hingearbeitet, gar vielleicht planmäßig einen Krieg mit Österreich vor-, bereitet und herbeigeführt habe. Bismarcks Versuche, sich mit Österreich über Schleswig-Holstein zu verständigen, von den Schönbrunner Verhandlungen 1864 über die Gasteiner Konvention 1865 bis zur Mission Gab lenz 1866, sprechen deutlich dagegen. Für keine Epoche seiner Diplomatie gilt sein Wort: „Einförmigkeit im Handeln war nie meine Sache" mehr als gerade für diese Jahre. Andererseits aber trägt eben dieses Handeln doch das Signum einer entschlossenen preußischen Großmachtpolitik. Und eine solche mußte auf die Dauer zum Zusammenstoß mit Österreich führen, da im Rahmen des Deutschen Bundes zwei Großmächte mit jeweils absoluten Führungsansprüchen auf alle Zeit einfach nebeneinander nicht existieren konnten. Sicher hat Bismarck zunächst in der Unterredung mit Karolyi die Möglichkeit eines Zusammengehens beider Mächte mit preußischer Führung nördlich des Mains und österreichischer südlich desselben ventiliert und man kann ihm die Ehrlichkeiten dieses Versuches ohne weiteres glauben. Man kann es aber auch Österreich nicht verargen, wenn es ablehnte und die Wasser der durch den Verfassungskonflikt aufs höchste angestiegenen antipreußischen Flut in Deutschland auf seine Mühlen zu leiten versuchte, zumal es unter Schmerling gerade im Begriff war, selbst liberale Experimente zu unternehmen: daher die österreichische Politik der Bundesreform, daher die Begegnung Kaiser Franz Josefs mit König Wilhelm in Gastein, daher der Frankfurter Fürstentag und die Mission König Johanns von Sachsen zu König Wilhelm nach Baden-Baden. Man kann es jedoch Bismarck ebensowenig verargen, wenn er als preußischer Machtpolitiker sich dieser erdrückenden Umarmung zu entziehen versuchte, wenn er Österreich in der schleswig-holsteinischen Frage vor den Wagen Preußens spannte und wenn er schließlich versuchte, mit dem Eingreifen Preußens in den kurhessischen Verfassungskampf und mit den 116
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preußischen Bundesreformplänen mit ihrem scheinbaren Aufnehmen nationaler und liberaler Forderungen auf direkte Volkswahlen eines gesamtdeutschen Parlamentes, Österreich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der Erfolg hat, trotz der Empörung eben dieser öffentlichen Meinung Deutschlands über soviel Zynismus, Bismarck recht gegeben. Nur wird der Historiker rückschauend auch hier wieder Einschränkungen machen müssen. Die Verdrängung Österreichs aus Deutschland hat zwar das Problem des Dualismus der beiden deutschen Führungsmächte radikal gelöst, aber die nationalstaatliche Einigung Deutschlands auf kleindeutscher Basis unter preußischer Führung hat die nationale Sehnsucht des deutschen Volkes nach Einheit letztlich eben doch nicht erfüllt. Sie war das Ergebnis preußischer Machtpolitik und hat zu einer Hegemonie Preußens in diesem Kleindeutschland geführt, aber nicht zu einem echten Bundesverhältnis; einer Hegemonie, die der hessische Minister Dalwigk drastisch, aber nicht ganz zu Unrecht, als das Zusammenleben des Hundes mit seinen Flöhen charakterisiert hat. Fassen wir das Ergebnis der Entwicklung des Verhältnisses Preußens und Deutschlands in den beiden ersten Menschenaltern des 19. Jahrhunderts zusammen. In Preußen selbst bildete sich die konstitutionelle Monarchie heraus, nicht die westeuropäische parlamentarische Regierungsform. Das „monarchische Prinzip", wie es Friedrich Julius Stahl 1845 formuliert hatte, war Wirklichkeit geworden, oder, wie es Fritz Härtung ausgedrückt hat, „ein Gleichgewichtssystem, das in mancher Beziehung an den alten landständischen Dualismus erinnert und wie dieser zu einer Trennung zwischen Regierung und Regierten, Fürst und Land geführt hat 1 8 ." Man kann ihm sogar darin zustimmen, wenn er unter Berufung auf Carl Schmitts Verfassungslehre meint, daß das System der konstitutionellen Monarchie die endgültige Entscheidung über die Ansprüche sowohl des Monarchen wie der Volksvertretung nur hinausgeschoben habe. Für das Verhältnis Preußens zu Deutschland 117
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aber kann man das Urteil Bußmanns aufnehmen: „Wenn sich Bismarck mit der nationalen Idee, einer der treibenden Kräfte des Jahrhunderts, verbündete, wollte er dem preußischen Staate nutzen, aber in einem objektiven Sinne diente er zugleich auch der Sache eines nationalen Staates, dem Anliegen seiner politischen Gegner, wobei die Vokabel der sogenannten ,Interessen des Deutschen Volkes' vermieden werden soll 1 9 ." Wenn wir dieses Urteil aufnehmen, so geschieht es in dem Bewußtsein, daß damals etwas Unwiderrufliches geschehen ist. Die Amputation, die der deutsche Volkskörper damals erlitten hat, hat sich als unheilbar erwiesen. Es würde jedoch historischer Pflicht auf Gerechtigkeit widersprechen, wollte man nicht anerkennen, daß diese Lösung sich damals als die einzige anbot, um einen unheilvollen Dualismus, der sich der Weiterentwicklung der deutschen Verhältnisse hemmend in den Weg stellte, zu beseitigen. Es sei denn, man wollte einer Großmacht wie Preußen zumuten, sich selbst aufzugeben, zumindest, wenn nicht in Deutschland „aufzugehen", d. h. sich aufzulösen in ihre historischen Bestandteile, auf ihren natürlichen Anspruch auf Führung zu verzichten. Wenn wir dieses Urteil aufnehmen, so geschieht es jedoch weiter in dem Bewußtsein, daß die Feststellung, Bismarck habe in einem objektiven Sinne zugleich der Sache eines nationalen Staates gedient, eben doch nur aufrechterhalten werden kann, wenn man mindestens im Unterbewußten „nationalen S t a a t " und „Kleindeutschland" letztlich gleichstellt. Die Vokabel „Interessen des deutschen Volkes" muß dann allerdings vermieden werden. U m so mehr aber stimmt die Feststellung, daß Bismarck dem preußischen Staat habe nutzen wollen. Die Stellung, die dieser preußische Staat im Norddeutschen Bund und später im Deutschen Reich erlangte, nutzte ihm in mindestens dem gleichen Maße wie dem gesamten nationalen Staat, den er seiner Hegemonie unterstellte.
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II. Preußen in der Verfassung und Geschichte des Deutschen Kaiserreichs Durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes und die aus ihr hervorgegangene Verfassung des Kaiserreichs war das von Bismarck neu begründete kleindeutsche Reich als ein Bundesstaat organisiert worden. D i e Präambel beider Verfassungen zählt die einzelnen Mitgliedstaaten des Bundes bzw. Reiches, die regierenden Fürsten und die Senate der Freien und Hansestädte als solche auf und stellt fest, daß dieselben „einen ewigen Bund zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der W o h l fahrt des Deutschen V o l k e s 2 0 " schließen. D e r erste Artikel beider Verfassungen wiederholt diese Feststellung noch einmal ausdrücklich, indem er das Bundesgebiet umschreibt als aus den Staaten bestehend, deren N a m e n noch einmal alle miteinander aufgezählt werden. Angesichts dieser klaren verfassungsrechtlichen Feststellungen der beiden Verfassungsgesetze könnte man die Frage stellen, was denn dieses Thema, zu dem hier Stellung genommen werden soll, eigentlich für einen Sinn haben sollte, ob es nicht einfach falsch gestellt worden sei. Das ist natürlich nicht der Fall. Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit stimmen ja nie gänzlich miteinander überein und im Fall der Bismarckschen Verfassung vielleicht so wenig wie sonst selten. Das Deutsche Reich war eben kein Bundesstaat in dem normalen Sinne, in dem wir den Begriff sonst staatsrechtlich zu verwenden pflegen, und diese Tatsache ist es eben, die die Staatsrechtler und Verfassungshistoriker seit der Begründung des Norddeutschen Bundes immer wieder zum Nachdenken angeregt hat. Es ist kein Zufall, daß der Streit der Staatsrechtler um den Charakter der Bismarckschen Schöpfung, fast möchte man sagen, mit dem T a g e der Begründung dieses Staatswesens eingesetzt und dessen ganze Existenz begleitet hat, und auch noch über sein Ende hinaus während der Weimarer Republik fortgeführt worden ist. Diese Auseinander119
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Setzung ist nun aber nicht nur eine Frage, die die Staatsreditler angeht, sondern auch ein Problem für den Verfassungshistoriker. Fritz Härtung hat zwar in seiner Verfassungsgeschichte gemeint: „Der Historiker wird sich in den Streit, der von den Juristen mit viel Scharfsinn geführt worden ist und ohne eingehende Definitionen der grundlegenden Begriffe unfruchtbar bleiben muß, nicht einmischen, und statt die Frage zu beantworten, in welche staatsrechtliche Kategorie die geschichtliche Erscheinung des Deutschen Reichs einzuordnen ist, lieber dessen lebendige Wirksamkeit sdiildern 2 1 ." Ich kann dieser Auffassung Hartungs nicht ganz beistimmen. Soviel ist daran sicher richtig, daß die These des bayerischen Staatsrechtlers M a x von Seydel, das Deutsche Reich sei ein Staatenbund mit voller Souveränität seiner Gliedstaaten gewesen, nicht haltbar ist. Aber das gleiche gilt von der sog. „herrschenden Lehre" der deutschen Staatsrechtswissenschaft des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, die vor allem von Laband verkörpert wurde. Sie wollte das Reich verstehen als einen Einheitsstaat in bündischen Formen, da die Souveränität beim Reich liege und ihrem Charakter nach unteilbar sei. Auch diese Auffassung kann man mindestens nicht unbesehen hinnehmen. Am weitesten käme man wahrscheinlich noch mit der sog. „Staatenstaatstheorie", die von dem Gedanken ausgeht, daß Souveränität teilbar sei, daß Gesamtstaat und Gliedstaaten in ihrer Vorbehaltssphäre jeweils souverän seien. Doch diesem Problem näher nachzugehen, muß sich vorliegender Versuch versagen. Die Themenstellung weist vielmehr auf ein anderes Problem hin: die Durchbrechung des bundesstaatlichen Grundcharakters des Deutschen Reichs, wie ihn die Verfassung postuliert, durch die Gliedschaft Preußens in diesem Staatsgebilde als der einzigen Großmacht neben 26 Mittel- und Kleinstaaten. Doch dieses Faktum kann wiederum nur die eine Seite des Themas darstellen, die verfassungsgeschichtliche, die ich in Umkehrung des Themas aus sachlichen wie historischen Gründen mir an den Anfang zu stellen erlaube. Die andere Seite 120
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des Themas wäre die Rolle und Bedeutung Preußens für die Entwicklung des Reichs bis 1918, ein eminent politisches, vor allem aber auch sozialgeschiditliches Problem. Zur Klärung der ersten Frage, der nach der Rolle Preußens in der Verfassung des Kaiserreichs, ist es notwendig, zunächst einen kurzen Blick auf die Entstehungsgeschichte der Verfassung des Norddeutschen Bundes zu werfen. In einem der Putbuser Diktate Bismarcks (30. 10.66) findet sidi der berühmte Satz: „Man wird sich in der Form mehr an den Staatenbund halten müssen, diesem aber praktisch mehr die Natur des Bundesstaates geben mit elastischen, unscheinbaren, aber weitgreifenden Ausdrücken 22 ." Mit diesem Satz, dem sich manche andere, ähnliche an die Seite stellen ließen, war der Weg zur Gestaltung der Verfassung des Norddeutschen Bundes gewiesen. Zwei grundlegende Elemente mußten in ihr vereinigt werden: Seit dem preußischen Antrag auf Bundesreform vom 9. April 1866 und den am 10. Juni auf Bismarcks Veranlassung von Savigny dem Bundestag eingereichten „Grundzügen zu einer neuen Bundesverfassung" konnte es sidi nur noch um einen bündischen Zusammenschluß der deutschen Staaten und zugleich um eine Berufung eines deutschen Zentralparlaments als Vertretung des deutschen Volkes beim Bund auf Grund des allgemeinen und direkten Wahlrechts nach dem Reichswahlgesetz vom 12. April 1849 handeln. Dies Parlament aber konnte nur ein Akzidens sein, nur mit beratender Stimme fungieren, nicht auf Grund der Volkssouveränität selbst dem neuen Staat sein Grundgesetz geben. Primär war seit dem Siege Preußens über Österreich im Kriege von 1866 und der von Österreich im Prager Frieden anerkannten Auflösung des Deutschen Bundes immer die Souveränität der Staaten, vor allem des größten unter ihnen, Preußen, der in der Lage war, seinen kleinen Bundesgenossen in weitestem Maße Formen und Ausmaße des Zusammenschlusses vorzuschreiben. Primär ist der Norddeutsche Bund, und das sollte sich 1870 bei den Verträgen mit den süddeutschen Mittelstaaten zeigen, die ihn
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zum Deutschen Reich erweiterten, eine Gründung der Bundesstaaten auf dem Wege eines Verfassungsbündnisses, also von Staatsverträgen gewesen, wie es in der Tat bei den sog. Vorverträgen, vor allem den Juniverträgen Preußens mit den norddeutschen Kleinstaaten, denen das Königreich Sachsen im Friedensvertrag im Oktober beitreten mußte, auch zunächst sogar auf rein völkerreichtlicher Basis durchgeführt worden ist. Die Schwierigkeit der näheren Bestimmung des Charakters des Deutschen Reiths in der Rolle, die Preußen in ihm zu übernehmen hatte, liegt darin, daß die Verfassung sich bewußt als Organisationsakte gibt und sich aller dogmatischen Festlegungen oder doktrinären Bestimmungen über die Natur des zu schaffenden Staates enthält. Es ist ihr und dem uns gestellten Problem also nur beizukommen auf Grund einer Analyse und Interpretation einzelner Verfassungbestimmungen, die sich mit der praktischen Regelung dieser Grundfragen befassen. Als eigentlichen Träger der Souveränität im Deutschen Reich pflegt man stets den Bundesrat als die Gesamtheit der verbündeten Regierungen zu bezeichnen. Das ist natürlich in keinem Artikel der Verfassung ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber sowohl aus ihrer Präambel, wie aus Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 5, in dem es heißt, daß die Bundesgesetzgebung durch den Bundesrat (und den Reichstag) ausgeübt werde. Schon in dem Diktat vom 30. Oktober hatte Bismarck auf diese Konstruktion hingewiesen, als er schrieb: „Als Zentralbehörde wird daher nicht ein Ministerium, sondern ein Bundestag fungieren, bei dem wir, wie ich glaube, gute Geschäfte machen, wenn wir uns an das Kuriensystem zunächst des alten Bundes anlehnen 23 ." Dieses Wort von den „guten Geschäften", die „wir" machen werden, bedarf allerdings einer besonderen Erläuterung. Mit dem „Wir" ist natürlich Preußen gemeint. Was will der Ausdruck „gute Geschäfte machen" besagen? Hier ist schon die erste Schwierigkeit angedeutet. Der Antwort kommen wir vielleicht näher, wenn wir uns die scheinbar pragmatische Verteilung der Stimmen im Bundesrat 122
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einmal näher ansehen. In einem Diktat vom 19. November heißt es: „Diese Herstellung eines monardiisdien Bundesstaates, oder deutschen Kaiserreichs, würde formell mehr Schwierigkeiten haben als die Durchführung des zweiten Systems, welches sich den hergebrachten Bundesbegriffen anschließt und deshalb leichter bei den Betheiligten Eingang findet, auch wenn es Preußen dieselbe dominirende Stellung sichert. Letzteres würde annähernd erreicht, wenn man bei Vertheilung der Stimmen nicht an den engeren Rath, sondern an das Plenum der Bundesversammlung anknüpft. In letzterem würde Preußen, wenn ihm die Stimmen der jetzt annektirten Staaten zugelegt werden, 17 Stimmen haben, die übrigen Staaten des norddeutschen Bundes, wenn Darmstadt für Oberhessen eine von seinen ursprünglichen drei Plenarstimmen behält, würden zusammen 26 Stimmen zu führen haben; gesamte Stimmenzahl 43, absolute Majorität 22. Preußen würde also diese Majorität haben, sobald 5 der kleineren Stimmen ihm beitreten. Die Gefahr, daß die preußische Regierung in erheblichen Fragen sowohl im Reichstag als im Bundestage in die Minorität geriethe, ist bei der Ueberzahl preußischer Abgeordneter nicht wahrscheinlich; doch könnte man noch den Riegel vorschieben, daß in allen militärischen Fragen die Zustimmung des Bundesfeldherrn, und daß zu Verfassungsänderungen zwei Drittel der Stimmen erforderlich sind. Diese zwei Drittel sind nach Obigem ohne Preußen nicht herzustellen . . . Die Vorzüge dieses Systems bestehen in seiner Anlehnung an das Hergebrachte, dem sich die Regierungen als etwas Gewohntem und Selbstverständlichem leichter fügen werden, als jeder neuen Kombination, die ebenso, wie es ursprünglich die Vertheilung der Plenarstimmen war, den Charakter der Willkürlichkeit tragen müßte, wenn man nicht etwa auf einem Bundestage die Stimmen nach der Bevölkerung vertheilen, wollte, wodurch die übrigen Regierungen neben Preußen vollständig mundtot gemacht werden würden 24 ." 123
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Nur scheinbar also lehnt sich die Konstruktion des Bundesrats an die des alten Bundestags nach dem Ausscheiden österreidis an, indem Preußen bei einem Gesamtbestand von 43 Stimmen durch Hinzuaddieren der Stimmen der annektierten Bundesstaaten seinen Anteil auf 17 Stimmen erhöhte. Bismarcks Voraussicht, daß dieses System sich bewähren werde, ist in einem solchen Grade eingetroffen, daß bei Hinzutreten der Süddeutschen Staaten im Jahre 1870, von denen Bayern 6, Württemberg 4, Baden 3 und Hessen für seine südlich des Mains gelegenen Gebietsteile 2 Stimmen erhielt, nidits grundlegendes geändert zu werden brauchte. Entscheidend war nämlich nicht nur das Stimmenverhältnis, sondern Qualifikation und Gewicht dieser Stimmen. Der Bundesrat war an sich konstruiert nach dem Muster der alten Bundesversammlung als ein Gesandtenkongreß in Permanenz mit einfacher Stimmenmehrheit und Niditzählung der nicht vertretenen und der nicht instruierten Stimmen. N u r bei Verfassungsänderungen und bei Änderungen der Militärgesetzgebung sollte eine qualifizierte Mehrheit notwendig sein. Daß diese Mehrheit nicht gegen Preußen herzustellen war, dafür hatte Bismarck sdion 1866 gesorgt; dafür sorgte er wiederum 1870, als er Bayern entgegenkam und ihm zusagte, daß eine Sperrminderheit von 14 Stimmen, die ja auch die drei Königreiche Bayern, Sachsen und Württemberg theoretisch erreichen konnten, die aber Preußen mit seinen 17 Stimmen automatisch besaß, zur Ablehnung jeder Verfassungsänderung und jeder Änderung der Militärgesetzgebung ausreichend sei. Da zum Zustandekommen eines jeden Reichsgesetzes fernerhin die Ubereinstimmung von Bundesrat und Reichstag notwendig war, konnte der Bundesrat, d. h. aber Preußen, auch jeden in einer solchen Richtung liegenden Beschluß des Reichstags verhindern. Aber das ist nun nidit das allein Entscheidende. Mindestens ebenso wichtig ist eine andere Änderung gegenüber dem System des alten Deutschen Bundes. Im Bundestag hatte Österreich nur das Ehrenpräsidium des „Primus inter Pares" gehabt. Im 124
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Bundesrat des neuen Reiches besaß Preußen ein Realpräsidium. Das will sagen, daß das Präsidium des Norddeutschen Bundes bzw. der Kaiser des Deutschen Reiches über materielle Vorrechte vor den übrigen Bundesmitgliedern verfügte, die ihn deutlich über diese hinaushoben: er vertrat Bund bzw. Reich völkerrechtlich nach außen, hatte das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, das Recht und die Pflicht, die Durchführung von Bundesbeschlüssen in den Einzelstaaten zu überwachen und damit zusammenhängend, wenn auch an die Zustimmung des Bundesrates gebunden, bei Widerstreben eines oder mehrerer Einzelstaaten gegen diese Durchführung von Bundesbeschlüssen die Bundesexekution anzuordnen und durchzuführen. Schließlich stand ihm, wenn auch in Friedenszeiten durch die Militärkonventionen mit den größeren der Mittelstaaten in verschiedenem Grade eingeschränkt, der Oberbefehl über das Heer und, in Krieg und Frieden uneingeschränkt, der über die Flotte zu. Diese Präsidialrechte waren aber in der Verfassungswirklichkeit preußische Rechte, Rechte des Preußischen Staates durch die straffe Verklammerung Preußens mit dem Reich. Diese Verklammerung wurde wieder auf zwei Wegen erreicht: einmal durch preußische „Reservatrechte", wie man sie nennen könnte und zum anderen durch die Konstruktion des Bundesbzw. Reichskanzleramts. Wenn hier der Ausdruck „Reservatrechte" für Preußen gebraucht wurde, so bedarf das einer Erläuterung, denn im allgemeinen pflegt man ja nur von Reservatrechten der süddeutschen Mittelstaaten, allenfalls Sachsens, zu sprechen. Als solche preußische Reservatrechte kann man bestimmte Rechte bezeichnen, die allein Preußen als solchem zustanden — und die sich aus seiner Stellung als der einzigen Großmacht im Bunde ergaben. Dazu gehört zunächst das preußische Vetorecht gegen jede Verfassungsänderung, wie es Art. 78 postuliert, wenn er eine Bundesratsmehrheit von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen, bzw. seit 1871 eine Minderheit von 14 Stimmen für 125
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ihre Ablehnung als erforderlich und ausreichend vorschreibt, während Preußen allein eben schon über 17 Stimmen verfügte. Dazu gehört weiterhin das Vetorecht nadi Art. 5 Abs. 2 der Verfassung gegenüber allen Änderungen auf dem Gebiete des Militärwesens und der Kriegsmarine, nach dem bei Meinungsverschiedenheiten im Bundesrat die Stimme des Präsidiums den Ausschlag geben sollte, wenn sie sich für Aufrechterhaltung der bestehenden Einrichtungen aussprach. Dieses Vetorecht bezog sich auch, auch wenn es nicht ausdrücklich in der Verfassung gesagt wurde, auf die Gesetzgebung über die indirekten Steuern und Zölle, denn sie dienten in erster Linie den militärischen Bedürfnissen. Schießlich gehört zu diesen preußischen Reservatrechten auch die Stellung des preußischen Königs als Bundesfeldherr, denn in seiner Eigenschaft als Bundespräsidium bzw. als Kaiser nach Art. 11 der Verfassung oblag ihm nach Art. 63 bis 65 der Verfassung der Oberbefehl über die gesamten Land- und Seestreitkräfte einschließlich ihrer Organisation, Ausbildung und Bewaffnung. Schon in diesen Bestimmungen wird eine besondere Verklammerung Preußens mit dem Reich sichtbar. Gerade der eben erwähnte Art. 11 der Verfassung spricht es deutlich aus, daß die Einheit des neuen Staates nicht durch die Person des Herrschers, nicht durch den König Wilhelm von Preußen oder durch die Dynastie der Hohenzollern hergestellt werden sollte, sondern durch den preußischen Staat. Art. 11 formuliert ausdrücklich: „Das Präsidium des Bundes steht der Krone Preußen zu" und die Neufassung von 1870 will nichts anderes sagen, wenn sie an die Stelle der Worte „Krone Preußen" sagt: „dem Könige von Preußen", denn diese Änderung war lediglich durch die Einführung des Kaisertitels bedingt, „welcher den Namen Deutscher Kaiser führt". Daraus ergab sich aber eine weitere Konsequenz: dem Gesamtstaat, also dem Reich, stand infolgedessen die sog. Kompetenzkompetenz zu, d. h., es konnte von sich aus seine Hoheitsrechte und Kompetenzen ausdehnen und diejenigen der Gliedstaaten einschrän126
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ken. Das konnte natürlich auch Preußen betreffen, denn von dieser Kompetenzkompetenz des Reichs waren nadi Art. 78 nur die sog. Reservatrechte ausgenommen, zu deren Minderung die Zustimmung des berechtigten Bundesstaates notwendig war. Aber darin eine Rechtsminderung des preußischen Staates sehen zu wollen, wäre abwegig. Gerade im Vergleidi zu den bayerischen Reservatrechten, von denen Württembergs oder Sachsens ganz zu schweigen, wird dies deutlich. Die Reservatrechte Preußens waren die für die Lebensfähigkeit des Reichs entscheidenden; eine Mehrung der Reichskompetenz war im Grund immer eine Verstärkung auch der Stellung des preußischen Staats im Reich, auch wenn es nach außen hin anders scheinen konnte. Daß dem jedoch so war, zeigt die zweite Verklammerung Preußens mit dem Reich in der Konstruktion des Kanzleramts. Von Bismarck war das Amt des Bundeskanzlers an sich gedacht gewesen als ein Exekutivorgan des Preußischen Ministers des Auswärtigen, das also mit einem höheren Beamten dieses Ministeriums zu besetzen gewesen wäre. Diese ursprüngliche Konzeption wurde umgeworfen durch den Antrag Bennigsens bei der Beratung der Verfassung im Reichstag, der die parlamentarische Verantwortlichkeit und die Begründung eines echten Reichsministeriums unter Vorsitz eines Kanzlers bezweckte. Bismarck hat diesen Antrag aus den Erfahrungen der preußischen Konfliktszeit heraus zu Fall gebracht. Der Art. 17 der Verfassung bezeichnet in seiner endgültigen Formulierung zwar den Bundeskanzler noch als verantwortlich, indem er die Gegenzeichnung der Akte des Präsidiums zu deren Gültigwerden zu übernehmen hat. Es wird aber vermieden zu sagen, wem gegenüber eine solche Verantwortlichkeit Platz zu greifen habe. Aber bereits diese unbestimmte Einführung der Verantwortlichkeit des Kanzlers war für Bismarck Anlaß genug, das geplante Kanzleramt völlig umzugestalten. Jetzt konnte der Kanzler nicht mehr ein nachgeordnetes Exekutivorgan der preußischen Regierung für Angelegenheiten des Bundes bleiben, sondern er war zum verantwortlichen Leiter der gesamten 127
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Politik des Bundes aufgerückt. Die These, die Otto Becker in seinem Werk über „Bismarcks Ringen um Deutschlands Gestaltung 2 5 " aufgestellt hat, daß Bismarck schon durch Savignys Vorentwurf zur Verfassung und durch dessen Streben nach dem Amt des Bundeskanzlers zu dieser Umwandlung des Kanzleramtes angeregt worden sei, ist nicht zu halten. Der Verlauf der Verhandlungen, sowie der erst jetzt von Bismarck gefaßte Entschluß, das Kanzleramt selbst zu übernehmen, sprechen dagegen. Entscheidend war dabei die Tatsache, daß nach der Gestalt, die das Kanzleramt nach den Verhandlungen und Beschlüssen des Reichstags bekommen hatte, notwendigerweise der preußische Ministerpräsident, mindestens aber der preußische Minister des Auswärtigen, Reichskanzler werden mußte, da er nach der Konstruktion des Bundesrats die preußischen Stimmen in demselben zu instruieren und zu führen hatte. Die praktische Auswirkung in der Verfassungswirklichkeit war die, daß der Bundesrat in seiner Bedeutung stark zurücktrat. An sich sollte ja die Gesetzgebungsarbeit des Bundesrats darauf beruhen, daß jedes seiner Mitglieder zur Einbringung von Vorlagen an ihn berechtigt war. Die Tatsache nun, daß der preußische Ministerpräsident Bundeskanzler wurde, die Macht Preußens mit dem vollen Gewicht seines Amtes und seiner Person in die Waagschale werfen konnte, die weitere Tatsache, daß Preußen im Bundesrat über eine qualifizierte Minderheit an Stimmen verfügte, daß seine Vertretung schließlich aus hohen, qualifizierten Ministerialbeamten bestand, ließ es dazu kommen, daß die Vorlagen, die an den Bundesrat kamen, meist preußische Vorlagen waren; auch wenn sie oft in die Form von „Präsidialvorlagen" gekleidet waren, waren sie meist in den Fachabteilungen der preußischen Ministerien ausgearbeitet oder zumindest vorbereitet worden. Die bei der allmählichen Ausdehnung der Gesetzgebungsarbeit des Reichs notwendig gewordene Herausbildung eigener oberster Reichsbehörden führte meist noch zu einer weiteren personellen Verklammerung, indem die Chefs (Staatssekretäre) dieser Reichs128
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ämter häufig die entsprechenden preußischen Fachminister waren. Das Ergebnis war eine Verkümmerung des Bundesrats; die initiative Mitarbeit der Einzelstaaten in ihm versiegte allmählich, ihre Vertreter wurden, bei aller Fachkenntnis, mehr und mehr zu Statisten. Betrachtet man diese Konstruktion der Verfassung, so ist es berechtigt zu sagen, daß das Reich nur bedingt als föderativer Staat bezeichnet werden kann. In Wirklichkeit handelte es sich um eine stark ausgebaute und nach allen Seiten hin abgesicherte Hegemonie Preußens. Das gilt zunächst vom Norddeutschen Bunde, hat sich aber 1870 durch die Verträge mit den süddeutschen Staaten nicht geändert. Das Reich war ein Hegemonialstaat mit einer hegemonialen Verfassung in bündischen Formen und diese Hegemonie lag eindeutig bei Preußen. Der Titel des bekannten Werkes von Hans Goldschmidt: „Das Reich und Preußen im Kampf um die Führung 28 " ist im Grunde irreführend. Man kann ernsthafte Zweifel geltend machen, ob die These Goldschmidts richtig ist, daß die Tendenz der Entwicklung des Reichs nach 1871 zum Aufgehen Preußens im Reich geführt habe. Auf jeden Fall müßte man wohl vorsichtiger formulieren, daß die Entwicklung dahin gegangen sei, Preußen und das Reich immer stärker miteinander zu verklammern, daß diese Entwicklung aber gleichzeitig der Führungsrolle Preußens zugute gekommen sei. Wäre es anders gewesen, so hätten schwerlich Braun und Severing den anfänglichen Beschluß der preußischen Landesversammlung vom Dezember 1918, Preußen im Reich aufgehen zu lassen, so rasch 'wieder revidiert und sich für die Eigenstaatlichkeit Preußens entschieden. Aber man muß auch die andere Seite sehen. Die Stellung Preußens als führende Macht im Reich hat auch den Charakter des Reichs selbst immer stärker geprägt. Auffallend ist ja zunächst die Diskrepanz der Verfassungsverhältnisse Preußens und des Reichs. Im Reich galt für den Reichstag das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht. In Preußen galt 9
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nach wie vor das Landtagswahlgesetz von 1849 mit dem allgemeinen, indirekten, öffentlichen Dreiklassenwahlredit. Die Entwicklung des Reichs war in dem entscheidenden Jahrzehnt von 1867 bis 1878 vom Liberalismus, in der Zusammenarbeit Bismarcks mit den Nationalliberalen, vor allem Bennigsen, geprägt worden. Damals waren die Weichen gestellt worden, so daß auch nach dem Bruch Bismarcks mit den Nationalliberalen die weitere Entwicklung im großen und ganzen in den in diesen Jahren vorgezeichneten Bahnen verlief, wobei allerdings auch eine Rolle spielte, daß vor allem nadi Bismarcks Entlassung die Regierung zunehmend in einen gewissen Immobilismus verfiel, daß nicht mehr regiert, sondern im wesentlichen nur noch die laufenden Geschäfte fortgeführt und von dem hohen Beamtentum verwaltet wurden. Preußen hingegen war der konservative Staat kat' exodien. Von da aus kann die ganze Tiefe der Problematik der Verbindung zwischen Preußen und dem Reich überhaupt erst begriffen werden. Preußen war ein Bundesstaat mit allen einem solchen zukommenden Rechten, andererseits aber war es eben in diesem Bund die Hegemonialmacht, die in ihrer Stellung über die der anderen Bundesstaaten weit hinausragte. Sein König war der Kaiser, ausgestattet mit der vollen Verfügungsgewalt über die gesamte Exekutive des Reiches, seine Regierung war im Besitz eines fast absoluten Vetorechts auf den wichtigsten Gebieten der Gesetzgebung, aber auch der Exekutive des Reichs, so daß z. B. audi eine Reichsexekution gegen ein Reichsbeschlüssen widerstrebendes Preußen undenkbar gewesen wäre. Der Ministerpräsident des preußischen Staats war Reichskanzler und zugleich stimmführender Vertreter Preußens im Bundesrat. Gewiß, man kann nicht bestreiten, daß durch eine solche Verknüpfung auch Interessenkollisionen zwischen Preußen und dem Reich entstehen konnten. Aber, wie es von altpreußischer Seite immer wieder geschehen ist, solche Möglichkeiten und solche Verbindungen zwischen Preußen und dem Reich als einen schmerzlichen Verlust oder eine schmerzliche 130
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert Minderung der preußischen Staatsinteressen und der Souveränität dieses Staates hinzustellen, ist angesichts der hervorragenden Stellung Preußens innerhalb des Gefüges des Reiches kaum vertretbar und wird auch den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Es ist doch nicht nur so gewesen, d a ß Preußen selbstverständlich auf die Interessen des Reichs bei seiner Politik Rücksicht nehmen mußte, sondern auch umgekehrt w a r dasselbe der Fall. Es war doch eben nicht nur so, daß zwecks besserer Vertretung der Interessen des Reichs dessen Staatssekretäre, also die Chefs der höchsten Reichsämter, also Reichsbeamte und als solche Untergebene des Kanzlers, Mitglieder des preußischen Staatsministeriums wurden, dessen C h e f ja eben in Personalunion wieder der Reichskanzler war, sondern auch umgekehrt wurden häufig preußische Staatsminister zu Chefs der obersten Reichsämter ernannt und vermochten so in diesen die Interessen Preußens zur Geltung zu bringen. Schließlich wurden j a auch im Bundesrat infolge dieser personellen Verquickungen die meisten der sog. Präsidialvorlagen in den preußischen Fachministerien von preußischen Beamten ausgearbeitet und eingebracht, so daß die Gesetzgebung des Reichs im Grunde eine preußische Gesetzgebung war. Es ist eine Tatsache, daß diese Querverbindungen vom Altpreußentum und nicht zuletzt auch von K ö n i g Wilhelm I., der ja bekanntlich im Kaisertitel nur einen Charaktermajor sehen wollte, der den G l a n z der ehrwürdigen preußischen Königskrone verdunkeln werde, bekämpft worden sind. Das ändert jedoch nichts daran, daß der Blickwinkel, unter dem dieser K a m p f geführt wurde, falsch war. M a n kann durchaus zugeben, daß der Einfluß der Politik des Reichs auf diejenige Preußens während der nationalliberalen Ä r a größer war als derjenige der preußischen Politik auf die des Reichs. Bismarcks Bündnis mit den Nationalliberalen im Reich hat in Preußen die Vollendung der liberalen Reformen des Jahrhundertbeginns ermöglicht, die in der Erweiterung der provinzialen Selbstverwaltung, der Einführung der Kreisordnung und der L a n d 9*
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Richard Dietrich gemeindeordnung und in der Begründung der Verwaltungsgeriditsbarkeit gipfelten. Und es ist audi zweifellos richtig, daß gerade die Kreisordnung von 1872 mit ihrer Beseitigung der gutsherrlichen Polizei und des Junkerprivilegs auf das Landratsamt in den Ostprovinzen, eine Regelung, die übrigens im Herrenhaus nur durch einen Pairsschub durchgesetzt werden konnte, eine Umgestaltung Preußens im liberalen Sinne bedeutet haben. Aber, um mit Hegel zu sprechen, es war die List der Geschichte, daß gerade diese liberal geplanten und in ihrem Grundzug liberal konzipierten Maßnahmen zu einer Stärkung des konservativen Grundcharakters des preußischen Staates führen sollten. D a ß es so kam, dafür sind mehrere Gründe maßgeblich. Einmal ein allgemeiner Grund, den Preußen mit allen anderen modernen Staaten gemeinsam hatte: die Ausdehnung der Verwaltungsaufgaben, auch und gerade auf dem Gebiete der Selbstverwaltung, führte zu einer Verstärkung des Einflusses des Berufsbeamtentums. Einzelheiten dazu kann man in Heffters bekanntem Buch über die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert nachlesen. Hier kann nur so viel gesagt werden, daß das alte Ideal der preußischen Reformzeit, den Bürger zur ehrenamtlichen Mitarbeit in der Selbstverwaltung und damit am Staat heranzuziehen, sich in den immer komplizierter werdenden wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Verhältnissen der zweiten Jahrhunderthälfte schon nicht mehr verwirklichen ließ, sowohl wegen der fehlenden Sachkunde des ehrenamtlichen Laienbeamten, sondern auch wegen der Unmöglichkeit, genügend interessierte Bürger zu finden, die wirtschaftlich unabhängig genug gewesen wären, sich unter Opferung ihres Berufs solchen Selbstverwaltungsaufgaben ehrenamtlich zu widmen. Dazu kam aber noch etwas weiteres. Auch bei der jetzigen Ausdehnung der Selbstverwaltung blieb dem Staat und seinem Beamtentum noch ein genügend weites Tätigkeitsfeld reserviert, da auch diese Ausdehnung der Selbstverwaltung keineswegs dem Subsidiaritätsprinzip Genüge tat, 132
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert nach dem der Staat sich auf das Notwendigste zu beschränken habe. All das, was man im 18. Jahrhundert als „Polizei" zu bezeichnen pflegte, blieb ihm im Grunde vorbehalten und dazu auch noch die Staatsaufsicht über die Selbstverwaltung. Umgekehrt ließ aber auch gerade die Ausdehnung der Selbstverwaltung die Staatsbehörden um so mehr zu bewußten Vertretern der Staatsgewalt gegenüber den Regierten, den Untertanen werden und damit das alte Verhältnis befehlender Obrigkeit hier, gehorchender Masse der Untertanen da weiterbestehen. Das gilt besonders unter dem Aspekt, daß dieses preußische Beamtentum damals einen stark bürokratisdi-zentralistischen Geist absolutistisch-konservativer Prägung auszubilden begann, wie schon noch unter Bismarck die Ära Puttkamer zeigen sollte. Schon damals begann Preußen im Gegensatz zur Entwicklung des Reichs einen ausgesprochen konservativen Charakter anzunehmen, nur daß diese Diskrepanz damals noch nicht so stark spürbar wurde, weil Bismarck auch dieses konservative Preußen noch immer f ü r seine politischen Ziele im Reich, auch wenn sie nicht auf dieser konservativen Linie lagen, einzuspannen wußte. Die volle Tiefe der Gegensätzlichkeiten der Entwicklung zwischen Preußen als dem größten und führenden Bundesland auf der einen, dem Reich in seiner Gesamtheit sowohl wie den anderen, süd- und südwestdeutschen Einzelstaaten auf der anderen Seite, von dem hochindustrialisierten „roten H e r z " Deutschlands in Sachsen und Thüringen ganz zu schweigen, sollte jedoch erst in der nachbismarckschen Zeit spürbar werden. Bei einem Versuch, diesen Dingen auf den Grund zu gehen, wird jedoch sehr bald deutlich, daß der Gegensatz, der in dem Begriffspaar „Allgemeines Wahlrecht — Dreiklassenwahlrecht* bezeichnet wird, den Kern der Dinge noch nicht trifft. Man darf nicht vergessen, daß trotz aller Methoden offizieller und offiziöser Wahlbeeinflussung das Ergebnis des Dreiklassenwahlrechts in der Zeit des Verfassungskonflikts auch in den östlichen 133
Richard Dietrich Provinzen des Königreichs oppositionelle Mehrheiten, sogar in ihrer radikalsten Form der Fortschrittspartei, gewesen war. Dieses gleiche Dreiklassenwahlrecht führte jetzt in den gleichen Gegenden zu ebenso kompakten konservativen Mehrheiten. Der Schluß liegt also nahe, daß solche Wahlergebnisse nicht allein dem Wahlrecht, das Bismarck übrigens nur in der Konfliktszeit als das elendeste aller denkbaren Wahlrechte bezeichnet hat, zuzuschreiben sind, sondern daß offenbar der Geist der Bevölkerung sich gewandelt hatte, mindestens derjenigen Wählersdiiditen, die eben damals oppositionell, nun aber konservativ stimmten, also des oberen Bürgertums, des höheren Beamtentums. Härtung hat einmal diese Tatsache mit den Worten bezeichnet, daß der T y p des liberalen Geheimrats im höheren Beamtentum ausgestorben sei und, könnte man hinzufügen, daß der Typ des Bürokraten ihn abgelöst habe. Das ist richtig, wie es auch richtig ist, daß hinfort ein neu erstarkter Konservativismus für Preußen bestimmend geworden ist. Doch ehe man die Folgen, die diese Entwicklung für das Reich und Preußen gehabt hat, betrachtet, muß man sich die Frage vorlegen, was hinter dieser Wandlung steht. Der Rahmen dieser Untersuchung erlaubt für die Beantwortung dieser Frage eben nur eine kurze Andeutung. In der preußischen Reform hatte es einen Augenblick lang geschienen, als ob es möglich sein werde, zu einer Verschmelzung von Geist und Staat zu kommen, zu einer Symbiose von Macht und Intellekt. Die Verfassungs- und Verwaltungsform Steins und H a r denbergs, die Bildungsreform Humboldts und die Heeresreform Boyens, Scharnhorsts und Gneisenaus müssen in dieser Beziehung als eine Einheit gesehen werden. Allen drei Reformen war die Grundvorstellung gemeinsam, daß man den Untertan zum Bürger machen müsse, um ihn zur verantwortlichen Mitarbeit am Staat zu erziehen: in der Selbstverwaltung, die ja ihre Krönung in einer Nationalrepräsentation finden sollte, vor allem aber auch in der Armee, in der der Bürger in der allgemeinen Wehrpflicht dem Staat dienen sollte und in der er 134
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die Wehrpflidit als Pendant der vom Staat garantierten Freiheitsredite empfinden sollte. Boyens Wehrverfassung, aufbauend auf dem Ideal des Scharnhorstsdien Bürgers in Uniform, der auch als Soldat, nadi Gneisenaus Formulierung von der »Freiheit der Rücken" die Menschenwürde nicht verlieren sollte, mit der allgemeinen Wehrpflicht und der Landwehrordnung mit der demokratischen Selbstwahl der Offiziere, war auf dem Gebiet der Militärorganisation der adäquate Ausdruck dieser Ideale. Garantie der individuellen Freiheit und Würde vom und durch den Staat, freiwillige Mitarbeit im und am Staat, Verpflichtung zur Verteidigung des Staats, das waren die drei Grundpfeiler dieser Reform gewesen; ihr bildungsgeschiditlicher Hintergrund die Wiederbelebung des humanistischen Gedankenguts in Humboldts Bildungsreform, in Verbindung mit dem Kantschen Pflicht- und Ehrbegriff und schließlich auch mit der im Neupietismus wiederbelebten Christlichkeit bei Schleiermadier. Von all diesen Idealen war nidit viel übriggeblieben. Daß die Selbstverwaltung in freiwillig-verantwortlicher Mitarbeit des Bürgers den Erfordernissen und Möglichkeiten der Zeit nicht mehr entsprach, sahen wir schon. Aber auch das Bildungsideal Humboldts hatte den Wandlungen der Zeit nicht standgehalten. Aus dem allseitig gebildeten Menschen war im Zuge der Industrialisierung und Technisierung allmählich der homo oeconomicus, der homo technicus geworden, der Spezialist, der homo faber, wie Meinecke27 es ausgedrückt hat, der Kaufmann, Techniker und Unternehmer. Aber auch das Militärideal der Reform war den Wandlungen der Zeit nicht gewachsen. Nicht nur eine gewisse politische Unzuverlässigkeit der Landwehreinheiten in der Revolution von 1848, viel mehr noch die Unzulänglichkeit der Ausbildung, Bewaffnung und vor allem der Ausschöpfung der Wehrkraft des Volkes hatten zur Roonschen Heeresreform von 1860 geführt, die nicht nur eine Vermehrung des Heeres bei Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit, sondern auch eine Auflösung der Landwehr und ihre Überführung in die Reserve des aktiven Heeres 135
Richard Dietrich mit sich gebracht hatte. Damit war aber auch das „demokratische" Prinzip der Selbstwahl ihres Offizierskorps gefallen. An die Stelle des Landwehroffiziers trat der vom Offizierskorps des aktiven Regiments kooptierte Reserveoffizier mit dem Privileg der einjährig-freiwilligen Dienstzeit und Ausbildung vor der Masse der anderen Wehrpflichtigen. Diese scheinbar nur militärtechnische Maßnahme sollte jedoch eine ungeahnte soziale Wirkung haben. Sie erst führte allmählich jene Militarisierung des Zivilen herbei, die für Preußen, und mit der erzwungenen Übernahme seiner Heeresverfassung durch das übrige Deutschland seit 1867, so verhängnisvolle Folgen haben sollte. Wollte man es überspitzt ausdrücken, so könnte man sagen, daß jetzt an die Stelle der Bildung im Sinne Humboldts die militärische Ausbildung trat, wenn man daran denkt, daß der Reserveoffizier gesellschaftlich mehr galt als jedes bürgerliche Verdienst, ja daß er in der Hofrangliste vor dem ältesten Geheimrat rangierte. Diese Militarisierung des zivilen Lebens ist erst jener Faktor gewesen, der das alte konservative Preußen so umgewandelt hat, daß sein Einfluß für die Entwiddung Deutschlands verhängnisvoll werden sollte. Es ist weniger der altpreußische Konservatismus christlich-monarchischer Prägung, wie er etwa in Kleist-Retzow, in Moritz von Blanckenburg oder in Adolf von Thadden seine Verkörperung gefunden hatte, der nun seit den ausgehenden achtziger Jahren Preußen prägte, als eben diese neupreußisch-konservative Verbindung von Rittergutsbesitzer, Reserveoffizier, Beamtentum und Kaufmannsgeist in den Jahrzehnten Wilhelms I I . Dieses neukonservative Preußen ist nun aber auch bestimmend für den Gang der Dinge im Reich geworden. Der neue Kurs Wilhelms II., der im Reich immerhin sich vier Jahre hatte halten können, wurde in Preußen schon nach zwei J a h ren abgewürgt. Auf diesen ostelbischen Junkerkonservatismus der letzten Epoche des Kaiserreichs gehen die Wendung zur Schutzpolitik, die Stagnation in der von Wilhelm I I . zunächst mit Verve und Verständnis für die Erfordernisse der Zeit 136
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert neubelebten Sozialpolitik, die erneuten Versuche, die Sozialdemokratie mit den Machtmitteln eines Polizeistaats zu unterdrücken, zurück. Gewiß: man kann sagen, daß der Einfluß dieser konservativen Reaktion also dodi nur negativ gewesen sei, daß er sidi nur hemmend, nicht fördernd ausgewirkt habe (es sei denn, daß durch ein Bündnis mit einer anderen Partei, etwa dem Zentrum, sogar etwas Positives erreicht worden sei); aber daß seit damals ein immer stärkerer Gegensatz zwischen dem Reich und Preußen sich auftat, ist nicht zu leugnen. Auf der einen Seite stand das reaktionär konservative Preußen des Dreiklassenwahlrechts, auf der anderen Seite das Reich mit seinem Reichstag, der nach dem demokratischsten aller Wahlrechte gewählt wurde, mit seinen wesentlich liberaleren Verhältnissen in der Verfassung, der sozialen Gliederung seiner Bevölkerung, dem aufgeschlosseneren Wesen des Volkes in den süd- und mitteldeutschen Mittel- und Kleinstaaten. Das bedeutete aber zugleich, daß ein Gegensatz bestand zwischen der ostelbisch-agrarisdi-konservativen, Preußen beherrschenden Partei und den nicht konservativen Kreisen des außerpreußischen Reichsgebiets, ja der westlichen Provinzen des preußischen Staates selbst. Dieser Gegensatz wird an einem Punkt besonders deutlich: bei den Wahlreformbestrebungen des Anfangs unseres Jahrhunderts. Die süddeutschen Staaten gingen in den Jahren 1904 bis 1906 f ü r ihre Landtage zum allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht nadi dem Vorbild des Reichstagswahlrechts über; allein Preußen behielt bei der Wahlrechtsreform das Wahlgesetz von 1849 mit dem indirekten, öffentlichen Dreiklassenwahlrecht bei und entschloß sich lediglich, den sozialen Strukturänderungen durdi die Industrialisierung und das Entstehen von Industriegroßstädten im Westen der Monarchie durch die Bildung von sage und schreibe zehn neuen Wahlkreisen f ü r die Industriegroßstädte Rechnung zu tragen. Es ist also kein Wunder, wenn dieses Preußen den nationalliberalen Kreisen (von den fortschrittlichen und den soziali137
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stischen ganz zu schweigen) Süddeutsdilands, die ja auch zugleich dort die eigentlichen Träger des Reichsgedankens waren, als Hemmschuh der weiteren Entwicklung des Reichs erschien. Das gilt sogar für die nationalliberalen Kreise des westelbischen Preußens selbst und fällt ganz besonders schwer ins Gewicht, wenn man bedenkt, daß angesichts der einseitig agrarischen Ausrichtung der preußischen Konservativen sich die Nationalliberalen zur eigentlich konservativen Partei des deutschen Westens und Südens gewandelt hatten. Es ist ebensowenig zu verwundern, daß diese Nationalliberalen entschlossen waren, die Blockpolitik Bülows im Reich dazu zu benützen, in Preußen die überfällige Wahlreform zu erzwingen. Wilhelm I I . war zunächst dazu aus Einsicht in die Notwendigkeit, die Verhältnisse Preußens den veränderten Zeitumständen anzupassen, durchaus bereit. Als es zum Schwur kam, wich er jedoch vor dem Druck der Konservativen zurück. Man braucht die in der Reichspolitik liegenden Gründe für dieses Zurückweichen (Daily-Telegraph-Affäre, Rache an Bülow wegen dessen H a l tung) gar nicht zur Erklärung heranzuziehen. Der Konservativismus erwies sich in Preußen als stärker als die Krone nach dem alten Motto: „Unser König absolut, wenn er unsern Willen tut!". Diese Kapitulation der Krone vor dem Willen der Konservativen Partei bedeutete natürlich beileibe keine Parlamentarisierung der preußischen Regierungsverhältnisse, aber eben doch eine Durchsetzung des konservativen Machtwillens im Staat. Und dies scheint mir einer der wesentlichsten Unterschiede dieses erneuerten preußischen Konservativismus gegenüber der altpreußisch aristokratischen Honoratiorenpartei der Jahrhundertmitte, aber auch allen anderen deutschen Parteien dieser Epoche selbst zu sein: diese Konservativen hatten einen unbändigen Willen zur Macht und wußten ihn zu nützen. Nicht nur daß die gesamte Staatsverwaltung mit ihren Parteigängern oder wenigstens mit Männern zuverlässig-konservativer Gesinnung durchgesetzt wurde, man verstand es auch, alle wichtigen Schlüsselpositionen der Regierung in seine Hände zu 138
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bringen, so daß immer die Gewähr gegeben war, daß die Politik der Regierung diejenige der konservativen Partei war, so daß die Sicherheit bestand, daß keine Reformen in Angriff genommen würden, die die Positionen der Konservativen angetastet hätten: weder etwa die längst überfällige Verwaltungsreform noch etwa die noch überfälligere Wahlreform: erstere hätte die Domänen der Partei im Verwaltungsapparat in den Kreisen, Bezirksregierungen und Provinzialregierungen berühren können, letztere das Übergewicht der ostelbischagrarischen, mithin konservativen Wahlkreise über die städtisch-industriellen, daher liberalen oder sozialistischen des Westens antasten müssen. So war das Ergebnis dieser konservativen Innenpolitik in den letzten Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg in Preußen Reaktion, Stagnation überall, an allen Fronten, die sich aber auch lähmend auf das innere Leben des Reichs auswirken mußte. An diesen Verhältnissen ist letztlich das Bismarckreich im ersten Weltkrieg gescheitert. Die Staatsform des Reidis hat ihre Bewährungsprobe nicht bestanden. Die Diskrepanz zwisdien Theorie und Wirklichkeit wurde bald und allzu rasch offenbar. Der Staat verlangte von seinen Bürgern, die in Wirklichkeit immer noch seine Untertanen waren, den Einsatz bis zum letzten, das letzte Opfer an Gut und Blut. Er verweigerte andererseits jedoch diesem Staatsbürger in Uniform die primitivste Gleichheitsforderung des allgemeinen Wahlrechts. Das preußische Dreiklassenwahlredit erwies sich jetzt in der Tat als ein Anachronismus, vor allem wenn man an die weitgehende Militarisierung des öffentlichen und privaten Lebens in Preußen-Deutschland in der Folge der Roonschen Heeresreform denkt, von der vorhin schon gesprochen wurde. Die Forderung auf Reform des preußischen Wahlrechts ist im Grunde nichts weiter gewesen als eine logische Folgerung aus und Fortführung der Reformen Steins und Scharnhorsts, ein Ernstmachen mit dem Begriff des Staatsbürgertums und der staatsbürgerlichen Mitverantwortung des Einzelnen. Preußen hätte diesem 139
Richard Dietrich Ruf nach Reform Folge leisten müssen, wenn es seinen Anspruch auf die Rolle als deutsche Führungsmacht noch oder wieder glaubhaft machen wollte. Wenn Deutschland in seinem Daseinskampf des ersten Weltkriegs von seinen Menschen die freiwillige und überzeugte Hingabe an das allgemeine Ganze verlangte, so war die Gewährung wenigstens der bürgerlichen Gleichheit schlechthin eine Lebensfrage der Nation. Aber nicht nur das Preußentum hat vor dieser Aufgabe versagt, wenn dieses auch in erster Linie, sondern die ganze Bismarcksche Verfassungskonstruktion hat versagt. Man soll sich die Dinge nicht zu leicht machen und immer wieder nur von einem Versagen der Menschen, vor allem des Kanzlers Bethmann-Hollweg, vor dieser Aufgabe sprechen. Es handelt sich im Grunde eben doch um ein Versagen der Institutionen, der institutionellen Verbindung von Reichskanzleramt und Amt des preußischen Ministerpräsidenten, um ein Versagen aber letztlich des preußischen Staates. Er hatte sich durch seine Waffenerfolge 1866 und 1870/71 das Recht auf die Führung der deutschen Einigungsbewegung errungen, nachdem 1848/49 das deutsche Bürgertum bei diesem Versuch der Einigung gescheitert war. E r hatte in Bismarck den Staatsmann gefunden, der mit überlegener diplomatischer Führungskunst dieses Werk zustande brachte. Er hat aber nicht die innere sittliche Kraft gefunden, über Bismarcks Ausscheiden aus dem Amt hinaus diese Führungsrolle zu behaupten, den Anspruch mit Leben zu erfüllen und ihn so glaubhaft zu machen und historisch zu rechtfertigen. Es mußte erst die krisenhafte Zuspitzung des Kriegswinters 1916/17 eintreten, es mußte erst die russische Revolution vom März 1917 die Gefährdung des monarchischen Systems in Europa aufzeigen und es mußte schließlich auch erst der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten von Amerika die militärisch aussichtslose Lage des Reichs offenbar machen, ehe man sich in Preußen zu den ersten widerwilligen Konzessionen an den „Zeitgeist" entschloß. Die Osterbotschaft des Königs versprach die Ersetzung des Dreiklassenwahlrechts durch das ge140
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert heime und unmittelbare Wahlrecht. Aber auch dieses erste Entgegenkommen an die demokratischen Grundtendenzen der Zeit war nur eine Halbheit. Weder vermochte sie die Gegner des preußischen Regierungssystems zufriedenzustellen noch eine Aussicht auf wirkliche Durchführung zu eröffnen, ganz abgesehen davon, daß die Anhänger des Systems durch sie vor den K o p f gestoßen wurden. D i e Verheißung der Botschaft, daß das Herrenhaus reformiert werden würde, interessierte weniger als die Tatsache, daß nicht einmal das gleiche Wahlredit versprochen und daß kein verbindlicher Termin für die Durchführung der R e f o r m in Aussicht gestellt wurde. „Nach Beendigung des Krieges" konnte ja alles schon wieder ganz anders aussehen. Allzu offenbar war, daß dieses Reformversprechen nicht der Einsicht in die Notwendigkeit entsprang, sondern aus der Furcht vor einer Umwälzung geboren war, in der Hoffnung, damit zu retten, was sich noch retten lassen würde. W i e wenig man in der T a t aus den Verhältnissen gelernt hatte, zeigt allein schon die Verschleppung der endlich im November 1917 eingebrachten Wahlrechtsvorlage im Landtage durch Konservative, Freikonservative und Nationalliberale und dann die Ablehnung des gleichen Wahlrechts im M a i 1918, als die militärische Lage sich wieder stabilisiert zu haben schien. Als das Herrenhaus dann im Laufe des Oktober 1918 das gleiche Wahlrecht schließlich annahm, war es schon zu spät. M a n hat gesagt, Bismarck habe 1867 mit seiner Indemnitätsvorlage in Preußen dem Landtag nach den J a h r e n des K o n flikts das Rückgrat gebrochen. I n dieser Zuspitzung ist das sicher nicht richtig. Zerbrochen wurde nur der Liberalismus. Aber auch dies genügte bereits, denn auf seinen Trümmern konnte in Preußen j a erst jene konservative Herrschaft aufgebaut werden, die schließlich sogar die K r o n e zu überspielen und unter ihren Willen zu beugen vermochte. A n dem dadurch bedingten Dualismus zwischen dem Reich und Preußen ist das Bismarckreich schließlich zerbrochen. Preußen war infolge seiner reaktionären Innenpolitik und der rückständigen sozialen 141
Richard
Dietrich
Struktur seiner Ostprovinzen, die der Konservativismus mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten bestrebt war, endlich nicht mehr in der Lage, die ihm von Bismarck zugedachte Rolle der deutschen Hegemonialmadit zu spielen. Es steht außer Frage, daß die Verfassungsinstitutionen des Reichs in der Krise des ersten Weltkriegs versagt haben; aber welche Verfassungsinstitutionen wären einer solchen Belastung wohl gewachsen gewesen. Man kann Bismarck selbst zum Zeugen anrufen, der in einem der Putbuser Diktate einmal geschrieben hat, „das Bestreben, eine vollendete Minerva aus dem Kopfe des Präsidiums entspringen zu lassen", würde „die Sache in den Sand der Professorenstreitigkeiten führen". Aber der tiefere Grund für das Versagen liegt in dem Erstarren des preußischen Staates. Sein Einfluß auf die deutsche Entwicklung ist in der sozialen Militarisierung des Lebens schließlich sogar verhängnisvoll geworden. So ist es kein Wort zuviel, wenn Härtung die Revolution des November 1918 als „Katastrophe des Bismarckschen Regierungssystems" bezeichnet so gut „wie die Schlacht von Jena eine Niederlage des Staates Friedrichs des Großen" 28 gewesen war. Angesichts des Trümmerhaufens, den der Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 hinterlassen hatte, formulierte Friedrich Meinecke als Resultat bitteren Nachdenkens seit 1917 die Sätze: „In der unmittelbaren Leistung Bismarcks selbst war etwas, das auf der Grenze zwischen Heilvollem und Unheilvollem lag, und in seiner weiteren Entwicklung immer mehr zum Unheilvollen hinüberwachsen sollte. . . . Der erschütternde Verlauf des ersten und noch mehr des zweiten Weltkriegs läßt die Frage nicht mehr verstummen, ob nicht Keime des späteren Unheils in ihm von vornherein wesenhaft steckten 29 ." Leopold von Ranke hatte einst in seiner „Genesis des preußischen Staates" vom Aufstieg Preußens geschrieben: „Vor den Augen der Geschichte hat sich seine Bildung Schritt für Schritt vollzogen 30 ;" wir vermögen diesen Satz heute nicht mehr in dem Stolz, der 142
Preußen und Deutschland im 19. Jahrhundert
Ranke damals erfüllte, nadizuempfinden. Aber wenn wir auch vielleicht aus einem größeren Abstand zu den Ereignissen heraus Meineckes tiefen Pessimismus nicht mehr im vollen Umfang zu teilen vermögen, so bleibt dodi seine Frage zu beantworten, eine der wichtigsten nodi ungelösten Aufgaben einer erst noch zu schreibenden Geschichte des preußischen Staates.
SECHSTES KAPITEL
Preußen und die Weimarer Republik von Georg
Kotowski
Am 25. Februar 1947 erließ der Alliierte Kontrollrat in Deutschland sein Gesetz Nr. 46, welches lautet: „Der Staat Preußen, der seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen ist, hat in Wirklichkeit zu bestehen aufgehört. Geleitet von dem Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit der Völker und erfüllt von dem Wunsche, die weitere Wiederherstellung des politischen Lebens in Deutschland auf demokratischer Grundlage zu sichern, erläßt der Kontrollrat das folgende Gesetz: Artikel 1 Der Staat Preußen, seine Zentralregierung und alle nachgeordneten Behörden werden hiermit aufgelöst. Artikel 2 Die Gebiete, die ein Teil des Staates Preußen waren und die gegenwärtig der Oberhoheit des Kontrollrates unterstehen, sollen die Rechtsstellung von Ländern erhalten oder Ländern einverleibt werden. Die Bestimmungen dieses Artikels unterliegen jeder Abänderung und anderen Anordnungen, die die Alliierte Kontrollbehörde oder die zukünftige Verfassung Deutschlands festsetzen sollte. Artikel 3 Staats- und Verwaltungsfunktionen sowie Vermögen und Verbindlichkeiten des früheren Staates Preußen sollen auf die beteiligten Länder übertragen werden, vorbehaltlich etwaiger Abkommen, die sich als notwendig herausstellen sollten und von der Alliierten Kontrollbehörde getroffen werden. 10
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Artikel 4 Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Unterzeichnung in Kraft 1 ." Es fällt nicht schwer, am Wortlaut der Begründung zu erkennen, daß dieses Kontrollratsgesetz nicht den Zweck gehabt haben kann, den Neuaufbau Deutschlands durch eine endgültige Lösung des preußisch-deutschen Problems zu erleichtern, so überfällig diese auch gewesen sein mag. Wenn schon für zurückliegende Zeiten die undifferenzierte Bezeichnung des Staates Preußen als Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutichland fragwürdig ist, so kann sie für das Preußen der Weimarer Republik nur derjenige verwenden, dem vollständige Unkenntnis oder politischer Fanatismus ein sachliches Urteil verwehren. Denn gerade der preußische Staat hat bis in die letzten Monate der Weimarer Republik hinein eine verhältnismäßig stabile Demokratie aufbauen und behaupten können, und erst der Staatsstreich des Reichskanzlers von Papen hat den bis dahin unerschütterten Widerstandswillen der politischen Kräfte in Preußen gegen jede Art von Diktatur zum allmählichen Erlahmen gebracht. Die nationalsozialistische Herrschaft als genuin preußisch anzusehen, geht auf der anderen Seite gewiß nicht an. Unter ihren leitenden Männern befanden sich fast keine Preußen; man kann auch nicht sagen, daß die neuen Herrscher zwar nicht aus Preußen stammten, aber doch über Preußen zur Macht gelangt seien, denn Preußen ist endgültig erst gefallen, nachdem Hitler im Reiche die Herrschaft an sich gezogen hatte. Die Formel des Alliierten Kontrollrates kann daher nicht als eine vielleicht etwas vereinfachte, im Grunde aber doch zutreffenden Skizzierung der Stellung Preußens in Deutschland und in Europa verstanden werden. Mindestens muß man sie an dem Bekenntnis messen, welches der letzte preußische Ministerpräsident, der Buchdrucker Otto Braun aus Königsberg, 1938 in der Emigration ablegte: „So sehr mich 146
Preußen und die Weimarer Republik die Schönheiten der N a t u r , die mich in meinem E x i l umgeben", so schrieb Braun, „über manche Bitternis hinwegbringen, habe ich dodi Sehnsucht nach meiner herben preußischen H e i m a t , bin stolz, ein Preuße und ein Deutscher zu sein und sehne den T a g herbei, wo jene Nichtpreußen und Talmideutschen, die heute Deutschland beherrschen und durdi U n t a t e n schlimmster A r t den deutschen N a m e n schänden, von der politischen B i l d fläche verschwunden sein werden 2 ." W i r werden zu keinem vertieften Verständnis unseres P r o blems gelangen, wenn wir uns damit begnügen, Schuldthesen aufzustellen oder zu widerlegen; wir müssen vielmehr einige Grundvoraussetzungen des Verhältnisses Preußens zum Reiche in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen näher untersuchen 3 . Es ist daran zu erinnern, daß Preußen und Deutschland nach der Bismarckschen Reichsverfassung in einem eigentümlichen gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis gestanden haben, welches nicht ausschloß, daß die Reichszentralgewalt im Rahmen erkannter Notwendigkeiten sich stärkte, das aber auf der anderen Seite verfassungsmäßig so wenig gesichert war, daß von einem bestimmten Zeitpunkt an partikulare Gewalten diesem unvermeidlichen Zentralisierungsprozeß erhebliche Widerstände in den Weg stellen konnten. D e r Weltkrieg hat dieses Problem naturgemäß auf das äußerste verschärft; eine handlungsfähige Regierung nach innen wie nach außen wäre gerade in dieser Zeit unbedingt erforderlich gewesen. Doch gerade jetzt zeigte es sich, daß die Bismarcksche Reichsverfassung, jedenfalls in den Händen unfähiger Männer, nicht mehr ausreichte, um die notwendige Übereinstimmung in den Zielen der obersten Gewalten des Reiches und Preußens herbeizuführen. D e r Konflikt ist dadurch verschärft worden, daß seit der Jahrhundertwende die süddeutschen Staaten durch Wahlrechts- und Verfassungsänderungen bereits weitgehend demokratisiert worden waren, während in Preußen Reformversuche bis in die letzte Phase des Krieges hinein erfolglos blieben. Bekanntlich ist nicht einmal 10*
147
Georg Kotowski das Dreiklassenwahlrecht in Preußen beseitigt worden. Eine erhebliche Mitschuld wenigstens am innenpolitischen Schicksal des Deutschen Reiches muß bei denjenigen Teilen der alten preußischen Herrenschicht gesucht werden, die gegen jede politische Vernunft die Aufrechterhaltung eines Zustandes zu erzwingen versuchten, der im Grunde dem vor- oder allenfalls frühindustriellen Zeitalter entsprochen hat. Damit wurde die Differenz zu den süddeutschen Staaten vergrößert, und nicht durch Zufall taucht in den politischen Auseinandersetzungen dieser Zeit erneut der Ausdruck „Mainlinie" auf. Ein tatkräftiger Monarch hätte unter Geltendmachung seiner außerordentlichen Rechte diese das Reich in seiner Entscheidungsgewalt lähmenden Hindernisse beiseite schieben oder überwinden können; dazu war aber Wilhelm II. nicht der Mann, und er war auch nicht dazu bereit, eine starke Persönlichkeit mit der Leitung der Reichsgeschäfte zu betrauen. Eine orthodox preußische Führung aber war f ü r das Reich seit langem unmöglich geworden. Noch im Kaiserreiche selbst hat sich das in charakteristischer Weise gezeigt. Vornehmlich im Ersten Weltkriege, vor allem in dessen zweiter Hälfte, sind in zunehmendem Maße Süddeutsche in die obersten Positionen des Reiches und Preußens berufen worden, Männer wie Graf Hertling und Max von Baden, Politiker, die aus einer Atmosphäre stammten, in der die Kooperation auch heterogener politischer K r ä f t e nichts Außergewöhnliches war. Wie stark diese Tendenz gewesen ist, erkennt man im übrigen auch daran, daß nach dem Sturze des Generals Ludendorff die entscheidende Position in der Obersten Heeresleitung einem Süddeutschen, dem württembergischen Generalleutnant Groener, übertragen wurde. Fernerhin läßt sich dieser Prozeß am A u f stieg süddeutscher Führer in den großen politischen Parteien erkennen; auch in ihnen traten an die Stelle von Norddeutschen und vornehmlich von Preußen in zunehmendem Maße Süddeutsche. Es genügt in diesem Zusammenhange, an die Namen Ebert, Payer, Erzberger zu erinnern. 148
Preußen und die Weimarer Republik Als bekannt und anerkannt muß ich voraussetzen, daß die revolutionäre Umwandlung des Deutschen Reiches die militärischen Entscheidungen weder präjudiziert noch aucii nur entscheidend bestimmt hat; im Gegenteil: erst das Offenbarwerden des militärischen Zusammenbruches und die Auseinandersetzung über die Noten Wilsons führten dazu, daß der Reichsleitung die Zügel aus der H a n d glitten. In einem Machtvakuum konnten sich zunächst revolutionäre Kräfte durchsetzen, welche allerdings zu selbständigem Handeln auf die Dauer bei weitem nicht stark genug waren. Die verfassungsändernden Gesetze vom Oktober 1918 hatten alles das, was vernünftigerweise unter den damaligen außen- wie innenpolitischen Verhältnissen an Demokratisierung erreicht werden konnte, bereits im Prinzip geregelt; das bedeutet, um mit Arthur Rosenberg zu sprechen, daß in der Novemberrevolution die Massen eigentlich gegen sich selbst revoltierten 4 . Alle meine folgenden Überlegungen gehen von der Überzeugung aus, daß im Herbst 1918 weder die Schaffung einer sozialistischen Republik noch auch die Beibehaltung der unveränderten Reichsverfassung möglich gewesen ist. Den Einzelnachweis kann ich hier nicht führen®. Ich muß auch die Problematik der revolutionären Umwandlung, die Deutschland damals durchlebte, als bekannt voraussetzen. Für uns spielt hier nur jenes Ergebnis eine Rolle, welches sich für das Verhältnis Preußens zum Deutschen Reiche feststellen läßt. Es wäre naheliegend gewesen, nun die alten Forderungen der Demokratie des 19. Jahrhunderts wieder aufzugreifen und das Deutsche Reich zu der einen unteilbaren Republik zu machen. Die preußische Volksvertretung hat, um eine solche Lösung nicht zu verbauen, die Verabschiedung einer endgültigen preußischen Verfassung lange hinausgeschoben. Der erste Entwurf einer Reichsverfassung, der von Hugo Preuß eingebracht wurde, ging davon aus, daß Preußen als Großstaat aufzulösen sei. Die Nationalversammlung hat sich angesichts des massiven Widerstandes der deutschen Länder hierzu nicht ent149
Georg Kotowski schließen können. Dennoch hat die verfassunggebende preußische Landesversammlung am 17. Dezember 1919 einen Antrag der Regierungsparteien, der Sozialdemokratie, der Deutschen Demokratischen Partei und der Zentrumspartei, mit 210 gegen 32 Stimmen angenommen, in dem es heißt: „Durch die Reichsverfassung sind die Grundlagen f ü r den deutschen Einheitsstaat derart geschaffen worden, daß seine Errichtung nur eine Frage der Zeit, der langsameren oder schnelleren Entwicklung ist. Die ungeheuerliche Not, in der sich das deutsche Volk befindet, die trostlose finanzielle und wirtschaftliche Lage des Reiches wie der Länder und Gemeinden, die ständig wachsenden Schwierigkeiten und Hemmnisse, die das Nebeneinander von Reichsregierung und zahlreichen Landesregierungen zur Folge hat, lassen den Versuch geboten erscheinen, die Zusammenfassung aller Volkskräfte in einem Einheitsstaat so bald als möglich herbeizuführen." D a n n heißt es weiter: „Wiederholt hat Preußen durch seine Staatsregierung und Volksvertretung zum Ausdruck gebracht, daß es bereit sei, im deutschen Einheitsstaate aufzugehen, wenn dieselbe Bereitwilligkeit auch bei den anderen Ländern besteht. Preußen ist im Begriff, sich eine Verfassung zu geben. Als das größte der deutschen Länder erblickt Preußen seine Pflicht darin, zunächst den Versuch zu machen, ob sich nicht bereits jetzt die Schaffung eines deutschen Einheitsstaates erreichen läßt. Aus diesen Erwägungen heraus ersucht die Landesversammlung die Staatsregierung, sofort, noch vor der Einbringung der endgültigen Verfassung, die Reichsregierung zu veranlassen, mit den Regierungen aller deutschen Länder über die Errichtung des deutschen Einheitsstaates in Verhandlungen einzutreten 6 ." Es ist behauptet worden, die Mehrheitsparteien in Preußen hätten diesen Antrag lediglich deswegen gestellt und durchgesetzt, weil ihnen bekannt war, daß die süd- und mitteldeutschen Länder ihm ohnehin nicht beitreten würden. Als Einwand gegen die Redlichkeit des preußischen politischen Willens scheint 150
Preußen und die Weimarer Republik das Argument jedoch geringe Bedeutung zu haben. Richtig ist allerdings, daß die Mehrheitsparteien nicht bereit waren, lediglich Preußen aufteilen zu lassen, dagegen die übrigen deutschen Länder mit allen Rechten zu erhalten. Insbesondere war es der zu immer stärkerer Machtfülle aufsteigende O t t o Braun, der einem einseitigen Verzicht Preußens auf Staatlichkeit sich entgegenstemmte, wenngleich er vor allem später sehr weitreichende Formen der Verschmelzung Preußens mit dem Reich nicht nur nicht bekämpfte, sondern im Rahmen seiner Möglichkeiten herbeizuführen trachtete. Gegen eine Aufteilung Preußens, und zwar nur Preußens, bestanden im übrigen wirklich erhebliche Bedenken. Wäre Preußen in selbständige Länder aufgeteilt, dabei das Reich jedodi als Föderativstaat erhalten worden, so wäre unter den damaligen Bedingungen die Gefahr der Abtrennung weiterer Reichsteile erheblich gestiegen. Ich kann dieses Problem hier nur andeuten, muß jedoch darauf hinweisen, daß es von entsdieidender Bedeutung gewesen ist, denn bekanntlich haben lange Zeit starke Kräfte in Frankreich auf eine Abgliederung von Reichsteilen im Westen hingearbeitet; auch an den anderen Grenzen Deutschlands bestanden Gebietswünsche der z.T.neugeschaffenen Nachbarstaaten. Eine Ablösung einzelner Provinzen vom preußischen Staate konnte unter diesen Verhältnissen zugleich zu einer Ablösung vom Deutschen Reiche führen. Diese aber wollte niemand. Man kann also nicht umhin, ein entscheidendes Argument f ü r die Aufrechterhaltung der preußischen Staatseinheit in der Überlegung zu sehen, daß die Abtrennung weiterer deutschsprechender Teile vom Reiche dadurch am leichtesten vermieden werden konnte. Die einzig mögliche Alternative war daher nicht die Aufteilung Preußens in selbständige Länder, sondern die Schaffung eines deutschen Einheitsstaates. D a ß ein solcher dezentralisierter Einheitsstaat nicht geschaffen werden konnte, hat eine Reihe von Ursachen; hinweisen möchte ich dabei auf die Tatsache, daß die Rücksicht auf Deutsch-Österreich eine Rolle spielte, dessen provisorische 151
Georg
Kotowski
Nationalversammlung am 12. November 1918 einstimmig die Vereinigung mit dem Deutschen Reiche beschlossen hatte. Dieser Beschluß wurde zwar durch den Einspruch der Siegermächte schließlich wirkungslos, er hat aber dazu beigetragen, die endgültige Form der Reichsorganisation zurückzustellen, um die Deutsdi-Österreicher nicht in die Lage zu versetzen, sich im Falle eines Zusammenschlusses beider Staaten gleichsam als eine Provinz des Altreiches fühlen zu müssen. Zweifellos hat durch diese Entwicklungen die Stabilität des Reiches gelitten. Allerdings werden wir uns vor der Annahme hüten müssen, daß etwa von Preußen aus eine bewußte oder auch nur eine mittelbare Lahmlegung der Reichspolitik erfolgte; Preußen hätte, auch wenn seine demokratischen Führungsschichten einen solchen Plan gehabt hätten, eine derartige Politik im übrigen auch nicht führen können. Die Weimarer Reichsverfassung hatte den größten deutschen Staat weitgehend seines Einflusses auf die Reichspolitik beraubt. Wohl blieb Preußen als Einheit erhalten, aber es ist auch Preußen gewesen, welches faktisch alle diejenigen Gebietsabtretungen, die der Versailler Vertrag vom Deutschen Reiche verlangte, zu leisten hatte. Lediglich von Elsaß-Lothringen kann man in diesem Zusammenhange absehen. Die preußische Haushaltswirtschaft wurde dadurch insofern besonders betroffen, als die in das verbliebene Reichsgebiet umsiedelnden Beamten von Preußen unterzubringen und zu versorgen waren. Hinzu kommt, daß Preußen durch die Erzbergersche Finanzreform auf das stärkste betroffen war. Damit soll nicht behauptet werden, daß die Übertragung der Steuerhoheit auf das Reich überflüssig gewesen wäre. Sie entsprach zweifellos den Notwendigkeiten, hatte aber eben doch den Nebenerfolg, daß Preußen eine schmerzliche Einbuße an wirtschaftlicher und finanzieller und damit natürlich auch an politischer Macht hinnehmen mußte. Im Bismarck-Reiche hatten dem Reiche beinahe nur die Einnahmen aus indirekten Steuern und aus Zöllen zugestanden, so daß in der Kaiserzeit das Reich wenn nicht geradezu der 152
Preußen und die Weimarer
Republik
Schuldner, so doch der Kostgänger der Länder, in erster Linie also Preußens, gewesen war. Dieses Verhältnis wurde jetzt beinahe ins Gegenteil verkehrt, denn Preußen mußte seine Steuerkraft im wesentlichen dem Reiche überlassen; und was noch sdiwerer wiegt, es mußte aus seinen eigenen Mitteln eine ganze Anzahl leistungsschwacher, ja selbst leistungsunfähiger Länder erhalten. Zwar sah die Weimarer Verfassung vor, daß Landesteile oder auch ganze Länder mit umliegenden Gebieten zusammengefaßt und zusammengeschlossen werden konnten. Aber von dieser Möglichkeit ist wenig Gebrauch gemacht worden. Die einzige wichtigere Entscheidung auf diesem Gebiete fiel bei der Schaffung des Staates Groß-Thüringen aus einer Unzahl kleiner und allerkleinster Streubesitzungen. Von weiteren Gebietsstandsveränderungen ist kaum zu reden; denn der Ubergang Coburgs an Bayern und der Anschluß Pyrmonts an Preußen haben die Innenstruktur des Reiches in erkennbarer Weise nicht verändern können. Es war daher nicht abwegig, wenn sich Preußen wiederholt darüber beschwerte, daß es mit seinen Finanzmitteln die Selbständigkeitsbestrebungen kleiner, existenzunfähiger Länder fördern müsse. N u n hat schon Hugo Preuß in seiner Schrift über den Artikel 18 der Reichsverfassung vom Jahre 1922 mit Redit darauf hingewiesen, daß es widersinnig sei, als politische und administrative Gliederung des republikanischen Reiches die dynastischen Zufallsbildungen der überkommenen 25 Einzelstaaten beizubehalten 7 . Ihre Buntscheckigkeit, so sagte er, habe mit wirtschaftlichen, kulturellen oder Stammeszusammenhängen nichts zu tun. Für die Zweckmäßigkeit der Verwaltung war die Zerrissenheit dieser territorialen Gebilde und die groteske Verschiedenheit ihrer Größe ein kräfte- und mittelvergeudendes Hindernis. Durch die Bestimmungen des § 35 des Finanzausgleichsgesetzes aus der Inflationszeit mußten Staaten, deren Einnahmen aus Einkommen- und Körperschaftsteuern unter 80 % des Reichsdurchschnitts blieben, die Differenz aus der Reidiskasse vergütet erhalten; das bedeutete, daß die steuer153
Georg Kotowski stärkeren Länder das Defizit der steuerschwachen aufbringen mußten. Nicht ohne Recht hat O t t o Braun in einer beachtenswerten Rede vor einer Studentengruppe an der Berliner U n i versität im J a h r e 1927 darauf hingewiesen 8 , d a ß doch nicht recht einzusehen sei, warum z. B . Mecklenburg-Strelitz sich nicht mit Mecklenburg-Schwerin vereinigen könne und eine eigene Regierung mit allen dazugehörigen Instanzen und A u f wendungen unterhalte. Dieses kleine Land, das weit unter dem Reichssteuerdurchsdinitt lag, konnte auf Grund der geltenden Gesetze erhebliche Zuschüsse verlangen und diese für Zwecke verwenden, die sich die steuerreichen Länder unter den extremen Bedingungen der Zeit nicht leisten konnten. Als Beispiel sei erwähnt, daß Mecklenburg-Strelitz ein kostspieliges Landestheater bei einer Bevölkerung von damals 12 0 0 0 Einwohnern in der Hauptstadt erbaute und damit viel böses B l u t erregte, denn preußische Städte von erheblichem Umfange, ja auch bedeutende Großstädte hätten bei der Lage der preußischen Staats- und ihrer eigenen Gemeindefinanzen eine solche A u f gabe nicht in Angriff nehmen können. Andererseits wurde Preußen für die vielen zusätzlichen Aufwendungen, die es für das Reich und die übrigen Gliedstaaten aufzubringen hatte, nicht mehr entschädigt durch einen entsprechenden Einfluß auf die Reichspolitik. I m Kaiserreich war der Reichskanzler zugleich preußischer Minister des Auswärtigen und im Regelfall auch preußischer Ministerpräsident gewesen; in gewissem Umfange waren preußische und Reichsressorts unter demselben Leiter zusammengeschlossen worden. D a z u w a r das Oberhaupt des Reiches wie Preußens ein und derselbe Monarch, der kraft Erbrechtes in seiner Eigenschaft als König von Preußen Deutscher Kaiser war. Eine solche Kombination war unter republikanisch-demokratischen Verhältnissen kaum möglich. E i n gewähltes Staatsoberhaupt hätte eine solche Doppelfunktion schwerlich ausüben können, denn das hätte entweder bedeutet, daß die übrigen Gliedstaaten des Reiches ein nur von den preußischen Wählern 154
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Republik
erhobenes Staatsoberhaupt zugleich als das ihre anerkennen mußten, oder umgekehrt, daß sich Preußen ein von der Gesamtheit aller Deutschen gewähltes Staatsoberhaupt als Staatspräsidenten hätte gefallen lassen müssen. Spätere Entwicklungstendenzen haben zu einer Vereinigung der beiden Großstaatsverwaltungen hingeführt; sie erfolgten aber unter so veränderten Bedingungen, daß für die Entstehungszeit der preußischen Verfassung wie die der Weimarer Reichsverfassung auf sie nicht verwiesen werden kann. Im Ergebnis jedenfalls ist festzuhalten, daß der Einfluß des preußischen Staates auf das Deutsche Reich verfassungsmäßig außerordentlich reduziert worden ist. Das gilt auch für die Ländervertretung, in der der preußische Staat keine entscheidende Bedeutung mehr hatte. Die Weimarer Reichsverfassung hatte einen Reichsrat geschaffen, in welchem Preußen freilich die stärkste Vertretung besaß. Dennoch aber konnte es diese seine Vertretung nicht zu einer dauernden Beeinflussung dieses Reichsverfassungsorganes verwenden. Audi in der Verfassung des Bismarck-Reiches hatte Preußen einen verhältnismäßig zu kleinen Anteil an den Bundesratsstimmen gehabt; es war aber durch andere Verfassungsbestimmungen für diesen tatsächlichen Verlust sehr reich entschädigt worden. Am wichtigsten war die Bestimmung gewesen, daß die Bundesratsstimmen jedes einzelnen Staates nur einheitlich abgegeben werden konnten; das hieß, daß die preußischen Stimmen im Bundesrate grundsätzlich die Politik des Reichskanzlers und des preußischen Außenministers, der ja im Regelfall auch der preußische Ministerpräsident war, zu unterstützen hatten. In wichtigen Fragen konnte Preußen überhaupt nidit überstimmt werden 9 . In der Weimarer Republik sind diese Bestimmungen vollständig anders geworden. Zusammensetzung und Funktion des Reichsrates waren im 4. Abschnitt der Weimarer Verfassung geregelt, und wenn wir die Bestimmungen lesen, wird es deutlich, daß der Verfassungsgeber die Absicht gehabt hatte, Preu155
Georg
Kotowski
ßen möglichst zu schwächen. Artikel 61 bestimmte, daß jedes Land mindestens eine Stimme führe, im übrigen auf je 700 000 Einwohner eine Stimme zu entfallen habe. Andererseits wurde aber festgehalten, daß kein Land mehr als zwei Fünftel aller Stimmen führen dürfe. Man könnte hier noch von einer verhältnismäßig gleichartigen Regelung wie in der Bismarck-Verfassung sprechen. Aber der Artikel 73 setzte zugleich fest, daß die Hälfte der preußischen Stimmen zum Reichsrate nicht Stimmen des preußischen Staates, sondern Stimmen der preußischen Provinzen sein müßten, auf deren Auswahl und Instruktion die preußische Regierung überhaupt keinen Einfluß nehmen konnte. Preußen mußte also nun mit einem Überstimmtwerden im Reichsrate rechnen. Wichtiger noch war die moralische Schwächung der Staatsautorität, denn die hochkonservativen Kräfte vor allem in den östlichen Teilen Preußens, die im Staate selbst keinen entscheidenden Einfluß mehr hatten, konnten im Reichsrate der eigenen Landesregierung Opposition machen und sie unter bestimmten Umständen sogar lahmlegen. Dieser preußische Staat spielte also weder im Reichsrate selbst noch in den Ausschüssen des Reichsrates eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich führte den Vorsitz nun immer ein Mitglied der Reichsregierung. Man hat wohl eingewandt, daß der Reichsrat nach der Weimarer Verfassung überhaupt kein entscheidender politischer Machtfaktor gewesen sei; dieser Einwand beruht aber auf der unrichtigen Auffassung, daß die Mitwirkung an der Reichsgesetzgebung durch den Reichsrat keine bedeutende politische Aufgabe gewesen sei, und jedenfalls verlor Preußen auch dann am meisten, wenn dieses Argument zutraf. Tatsächlich hatte der größte deutsche Staat, Preußen, im Reichsrate kaum mehr Einfluß als jeder beliebige Mittelstaat. Bei einer Pro-Kopf-Zählung zeigt sich, daß in Preußen auf je 1,4 Millionen Einwohner eine Reichsratsstimme entfiel, dagegen in Schaumburg-Lippe auf je 48 000 Einwohner. Dies hätte man unter dem Gesichtspunkt föderalistischer Tradition vielleicht hinnehmen können; denkt man dabei aber zugleich 156
Preußen und die Weimarer Republik an die erwähnte Tatsache, daß die preußischen Stimmen nicht gebündelt abgegeben werden konnten und daß in den Plenarsitzungen eine Instruktion der aus Preußen stammenden Stimmen überhaupt wegfiel, so wird deutlich, daß die preußische Staatsregierung auf die Reichspolitik fast keinen Einfluß mehr nehmen konnte. Freilich muß man berücksichtigen, daß die Ersetzung des Bundesrates der Bismarckschen Verfassung durch den Reichsrat der Weimarer Verfassung alle Länder, nicht nur Preußen, betroffen hatte; man denke dabei an die Tatsache, daß nadi Artikel 68 der Weimarer Verfassung Gesetzesinitiativen vom Reichsrate und seinen Mitgliedern nicht mehr ausgehen konnten. Das heißt, daß hier eine tatsächliche U m k e h rung der Verhältnisse der Bismarck-Zeit erfolgte, in der die meisten Reichsgesetze von der Präsidialmacht, also von Preußen, eingebracht worden waren. I n Wirklichkeit war mithin die Schwädiung aller deutschen Länder durch die Bestimmungen über den Reichsrat zwar formell für alle gleich, tatsächlich aber hat sie Preußen bei weitem am stärksten betroffen. Diese wie andere Bestimmungen waren aus den Erfahrungen der Vergangenheit geschöpft, sie waren von Männern beschlossen worden, die vermeiden wollten, daß ein reaktionäres Preußen ein möglicherweise fortschrittlich-demokratisches Reidi lahmlegen könnte. I n Wirklichkeit aber ist es nun gerade Preußen gewesen, das nach den ersten revolutionären Wellen der J a h r e 1 9 1 9 und 1920 trotz immer wieder aufflackernden Aufständen und vielfältigen Unruhen eine beträchtliche innere Stabilität erreichte. Diese Stabilität sticht auffällig ab von den Verhältnissen im Reiche mit seinen rasch wechselnden Regierungen. Während das Deutsche Reich von 1919 bis 1933 zwanzig Regierungen verbrauchte und dabei in zunehmendem M a ß e in die H ä n d e der nicht mehr demokratischen Rechten überging, hatte Preußen eine ungewöhnliche Festigkeit der demokratischen Mitte mit Kontakten nach links und nach rechts aufrechterhalten können. I n Preußen wie im Reiche war bei den Wahlen zur Nationalversammlung eine starke demokratische, 157
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allerdings keine sozialistische Mehrheit gewählt worden. Während im Reiche der zuverlässig demokratische Kern rasch abbröckelte und reduziert wurde, sich freilich zeitweilig wieder festigen konnte, hat Preußen bis zum Zusammenbruche des Reiches stabile demokratische Regierungen gehabt 10 . Dies hat es dem preußischen Staate auch erlaubt, einen Demokratisierungsprozeß in der Verwaltung durchzuführen, wie er im Reiche gar nicht möglich gewesen wäre. Dabei muß man daran denken, daß durch die Umstellung der Beziehungen Preußens zum Reiche ein erheblicher Teil der früheren preußischen Landesbeamten auf das Reich übergegangen war, weil dessen Exekutive auf Kosten der Länder erheblich ausgedehnt worden war. Diese Verwaltungen also konnten dem in Preußen einsetzenden Demokratisierungsprozeß entzogen werden. Dem entspricht im übrigen, daß die Zahl der preußischen Landesbeamten im Vergleich zu der der Reichsbeamten relativ zurückging. Die verhältnismäßig starke preußische Regierung hatte es sich erlauben können, eine ganze Anzahl von Beamtenstellen als Stellen für politische Beamte auszuweisen. Ihre Inhaber konnten also jederzeit audi ohne Angabe von besonderen Gründen in den Wartestand oder in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Seit 1919/20 gehörten zu diesen Positionen: Unterstaatssekretäre, Ministerialdirektoren, Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten, Staatsanwälte, Vorsteher der Polizeibehörden, Landräte, diplomatische Personen und die Beamten der Pressestelle beim Staatsministerium, schließlich sogar Beamte der inneren Verwaltung wie Ministerialdirigenten, Oberpräsidialräte, Oberregierungsräte bei den Regierungen und der Oberregierungsrat als erster Vertreter des Polizeipräsidenten von Berlin. Diese Verordnung hat, da sie zunächst energisch, später jedoch behutsam angewandt wurde, dazu geführt, daß gerade die preußische Verwaltung in einem verhältnismäßig großen Umfange demokratisiert werden konnte und daß gegen die demokratische Staatsordnung eingestellte Beamte in der Betätigung ihrer politischen Meinung diejenigen 158
Preußen und die "Weimarer Republik Schranken fanden, die für Beamte im Bismarck-Reiche oder im Königreich Preußen ganz selbstverständlich gewesen wären. Preußen ist es dadurch geglückt, nidit nur ein demokratisches Parlament und parlamentarische Regierungen, sondern eine von den gewählten Volksvertretern abhängige Exekutive zu schaffen. Dies ist jedoch weder im Reich noch in den meisten deutschen Einzelstaaten gelungen. Freilich galten diese Bestimmungen in Preußen nicht für Richter. Es ist verständlich, daß diese Demokratisierungsmaßnahmen in breiteren Kreisen des Volkes wie auch selbstverständlich bei den betroffenen Beamten nicht beliebt waren. Es ist auch zuzugeben, daß wenigstens in den ersten Jahren auf diesem Wege ungeeignete Personen in hohe Ämter eintreten konnten, was naturgemäß viel Verdruß, Ärger und auch politische Skandale auslöste. Insgesamt wird man aber doch von einem unvermeidlichen Nachholprozeß sprechen müssen, denn die demokratischen und selbstverständlich auch die sozialdemokratischen Parteianhänger waren vor der Revolution ja kaum in die Lage versetzt worden, sich für den Dienst in einem hohen V e r w a l tungsamte vorzubereiten oder gar eine solche Stellung wahrzunehmen. Unter diesen Voraussetzungen ist es Preußen jedenfalls im allgemeinen möglich gewesen, die vorhandenen radikalen und antidemokratischen Gruppen in Schach zu halten. D i e preußische Regierung konnte daher auch Macht und A n sehen behalten; für die Reichsregierungen der Zeit war dies durchaus nicht im gleichen Umfange der Fall. Noch für die Weimarer Republik gilt, was im Kaiserreich selbstverständlich gewesen w a r : der T i t e l eines preußischen Staatsministers w a r das Höchste, was man im öffentlichen Leben Deutschlands erringen konnte 1 1 . Eine sonderbare Mischung war eingetreten, eine Synthese zwischen dem alten Preußen und den neuen demokratischen Führungsschichten, eine Synthese, die diesen demokratischen Regierungen wirkliche Macht verschaffte. Wenn diese Machtausübung am Ende der Weimarer Republik schrittweise eingeschränkt wurde, so lag das nicht sosehr an den 159
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inneren Verhältnissen in Preußen, sondern daran, daß die Reichszentralgewalt immer schwächer wurde und schließlich ihre parlamentarische Grundlage verlor. Der Ministerpräsident Otto Braun hat zeitweilig den Gedanken erwogen, entweder das (Vize-)Kanzleramt im Reiche zu übernehmen oder aber den Reichskanzler zum preußischen Ministerpräsidenten zu machen 12 . Es muß dahingestellt bleiben, ob bei der Stellung, die der Reichspräsident von Hindenburg im politischen Leben einnahm, ein solcher Weg gangbar gewesen wäre; es scheint aber, wenn wir auch heute noch kein abschließendes Urteil darüber abgeben können, daß Braun hier schon am Einspruch seiner eigenen Partei gescheitert ist, zu deren Tradition es gehört hatte, eine Machtanhäufung in einer Hand, ja sogar schon die Schaffung eines eigentlichen Parteiführeramtes zu verhindern. Es ist schwer zu sagen, ob dieser Versuch, wesentliche Inhalte der Bismarckschen Reichsverfassung unter veränderten Bedingungen zu übernehmen, auf die Dauer hätte durchgeführt werden können. Immerhin darf man nicht verkennen, daß die Weltwirtschaftskrise eine zwar die Grundfesten des öffentlichen Lebens erschütternde Tatsache, aber eben doch ein vorübergehendes Ereignis war, und daß schon eine zeitweilige Verzahnung von Reichs- und preußischer Regierung mit hoher Wahrscheinlichkeit einen eminenten Stabilisierungsfaktor dargestellt hätte. Daß dieser Gedanke in der Luft lag, zeigte sich später, als der Reichskanzler Franz von Papen mit derselben Begründung, nun aber gegen die Verfassung und mit einem an den Haaren herbeigezogenen Vorwand, Preußen seiner eigenen Herrschaft unterwarf. Damit kommen wir zum letzten Hauptteil unserer Erwägungen, zu demjenigen Teil, in dem wir das Verhältnis Preußen und Reich von der Seite des Reiches aus zu untersuchen haben und dabei den Versuch unternehmen wollen, die Wechselwirkung, die hier tatsächlich bestanden hat, darzustellen. In Erinnerung an die über die verfassungsmäßigen Probleme gemachten Ausführungen darf ich zunächst kurz zusammen160
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fassend darauf hinweisen, daß in der Weimarer Verfassung in zum Teil erheblicher Abweichung von dem Entwurf Hugo Preuß' 1 3 ein Reichspräsident auf der einen Seite, ein Reichstag auf der anderen Seite als zwei sozusagen gleichberechtigte E x ponenten des Volkswillens geschaffen wurden, welche durch die Verfassung in Beziehung zueinander gesetzt wurden, um in einer nicht ganz exakt definierten Form die Reichsregierung zustande kommen zu lassen. Bei einem normal funktionierenden Parlament trat der Reichspräsident in den Hintergrund. Bei einem nicht normal funktionierenden Parlament aber konnte nicht nur, was die Verfassung vorsah und was man auch als vernünftig bezeichnen muß, der Reichspräsident als zeitweiliger Wahrnehmer der Exekutivgewalt handeln, sondern er konnte unter bestimmten Umständen sich faktisch an die Stelle einer von der Volksvertretung bestimmten Regierung setzen. Das Ergebnis der bisherigen Debatte über die Rolle des Reichspräsidenten von Hindenburg scheint mir mit einer ziemlichen Sicherheit zu beweisen, daß dieser an eine bewußte Zerstörung der Verfassung nicht gedacht hat. Das hat aber mit dem Urteil über seine Gesamtverantwortlichkeit nichts zu tun, und dieses Urteil kann wohl nicht anders lauten, als daß die Amtsführung des Präsidenten von Hindenburg in der schweren Staatskrise von einem bestimmten Augenblick an so unglücklich, so ungeschickt und so sachunkundig gewesen ist, daß eine Welle der nationalsozialistischen Bewegung, die zwar bedrohlich und für das Reich verhängnisvoll sein konnte, jedoch kaum die Gewähr der Dauer in sich trug, solange sie noch in Opposition war, im Zusammenwirken mit der konspirativen Tätigkeit bestimmter hochkonservativer und schwerindustrieller Kreise ausreichte, um gleichsam auf verfassungsmäßigem Wege die Weimarer Verfassung zu zerstören. Reichspräsident von Hindenburg ist sicherlich Altpreuße gewesen; in unserem Zusammenhange aber ist nur wichtig, daß er in der Endphase der Weimarer Republik nicht den Staat Preußen, sondern das Deutsche Reich repräsentiert hat und von diesem Amte aus sich 11
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durch Mittelsmänner den preußischen Staat unterwerfen konnte. Es ist sehr charakteristisch und auch auffällig, daß sich diejenigen Rechtskreise, welche das Werk von Weimar zerstören wollten, nicht mehr darauf verlassen konnten, über Preußen an die Macht zu kommen, sondern daß sie ihren Zugriff zur Macht ansetzten an dem schwächsten Punkt, und das war nun die Spitze des Reiches, der Reichspräsident und seine engere Umgebung. Man muß dabei feststellen, daß der preußische Staat an der Aufrechterhaltung der Sicherheit, der Selbständigkeit und der Freiheit seiner Bürger seit dem Sturze Brünings geradezu von Reichs wegen gehindert wurde. Franz von Papen hat durch die Aufhebung des SA-Verbotes den preußischen Staat mit zusätzlichen innerpolitischen Unruhen belastet, welche er dann zum Anlaß nahm, um die Preußenregierung zu entmachten 14 . Er hat damals die kühne Behauptung aufgestellt, die preußische Regierung könne die Ordnung nicht mehr aufrechterhalten. Wir wollen dabei die objektiven Schwierigkeiten nidit verkennen, vor denen der Reichspräsident und seine Berater unter den Bedingungen der extremen Zuspitzung der Weltwirtschaftskrise gestanden haben. Aber es gehört auch zu den Schwächen Hindenburgs, daß er sich gerade unter solchen Verhältnissen einen Berater von den Qualitäten Franz von Papens hat aufschwatzen lassen, einen Mann, an dem er offenkundig Gefallen hatte. Bei seiner geringen Urteilsfähigkeit mußte die Konzentration der Macht in seiner H a n d bedenklich werden. Freilich kann keine Kritik an Hindenburg und selbst an Papen von der einen Grundtatsache absehen, daß der Reichstag eben keine arbeitsfähigen Mehrheiten mehr stellte und insofern eine echte Ausnahmesituation bestand 15 . Ein qualifizierter Politiker hätte wohl auch eine solche Lage bewältigen können. Es besteht kein vernünftiger Grund zu der Annahme, daß die Staatskrise von 1932 schwerer und tiefergreifend gewesen sein soll als die von 1923, die der Reichspräsident Eben, wenn auch unter großen Schwierigkeiten, ohne Gefährdung der Demokratie hat beheben können 16 . 162
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Es wirkte sich aus, daß die Weimarer Republik als ersten Nachfolger eines demokratischen Staatsoberhauptes einen persönlich zweifellos nicht unehrenhaften Mann wählte, der aber eben doch nach Herkunft und Vergangenheit die parlamentarische Demokratie unmöglich als seine eigene Sache empfinden konnte. Selbstverständlich sollen diese Feststellungen nicht dazu dienen, die dunkle Rolle gewisser Drahtzieher in dieser Zeit zu verharmlosen. Hierbei ist in erster Linie nicht an die Pläne etwa des Generals von Schleicher zu denken, der seine Staatskunst zwar beträchtlich überschätzte, dem man aber auf der anderen Seite doch nicht zutrauen kann, daß er die Republik hat vernichten wollen. Größere Bedeutung kommt gewissen altpreußischen Kreisen zu, die eben gerade deswegen, weil sie im preußischen Staate keine wirkliche Macht mehr hatten, sich ihres Landsmannes Paul von Hindenburg bedienten, um über das Reich in Preußen erneut zu ihren alten Positionen zu gelangen. Es trägt weder zum Ruhme dieser Kreise noch auch zum Ruhme Hindenburgs bei, daß der im Amt befindliche Reichspräsident, der höchste Reichsbeamte also, ein Geschenk aus Kreisen der Wirtschaft, der Industrie und der Landwirtschaft in einem Werte von Millionen entgegengenommen hat 1 7 . Wirtschaftlich interessierte Kreise, überwiegend, wenn auch keineswegs ausschließlich den alten preußischen Führungsschichten angehörend, haben in einer unsittlichen Weise Politik und Interessen verknüpft und damit die Weimarer Republik und nach der Machtergreifung im Reiche auch den preußischen Staat niedergeworfen und dadurch schließlich zerstört. Der Sturz des Reichskanzlers Brüning war kein Ruhmesblatt für Hindenburg. Auch heute noch läßt sich ein sachlicher Grund für die Schwenkung der Politik des Reichspräsidenten nicht erkennen, der seine Wähler von 1932 im Stiche ließ und dadurch nicht etwa zum Exponenten des ganzen Volkes, sondern lediglich derjenigen politischen Rechten wurde, welche ihn in den letzten Jahren ununterbrochen und schließlich auf das leidenschaftlichste bekämpft hatte. Zwar blieb Hindenburg ein 11»
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Gegner der Nationalsozialisten; indem er sich jedoch gegen die demokratische Mitte mißbrauchen ließ, ebnete er dennoch den Nationalsozialisten den Weg zur Madit. Als er dem Reichskanzler Franz von Papen am 20. Juli 1932 gestattete, die preußische Regierung, die nach den Landtagswahlen vom April 1932 ihre parlamentarische Mehrheit verloren hatte und seitdem geschäftsführend im Amte war, abzusetzen, zerschlug er die letzte, freilich auch schon gefährdete Bastion eines möglichen demokratischen Widerstandes, ohne dadurch eine Stabilisierung der Verhältnisse zuungunsten der Nationalsozialisten zu erreichen18. Widerstand zu leisten, eventuell unter Einsatz der Polizei, der Gewerkschaften und des Reichsbanners, ist von den sozialdemokratischen Führern, vor allem von Severing, der in Abwesenheit Otto Brauns zu entscheiden hatte, abgelehnt worden 19 . Es war und ist höchst umstritten, ob eine kraftvolle Widerstandspolitik echte Chancen geboten hätte. Braun und Severing haben auch später noch ihre Entscheidung für richtig, ja für allein möglich erklärt. Ein Generalstreik, wie etwa beim Kapp-Putsdi, hätte bei über 5 Millionen Arbeitslosen im Reiche, soviel ist richtig, sich nun gegen den gewählten Reichspräsidenten richten müssen; seine Ausrufung wäre nur gerechtfertigt gewesen, wenn eine reguläre Machtergreifung im Reiche das Ziel einer demokratisdien Preußenregierung gewesen wäre. Unter diesen Umständen ist es schwer, Brauns Argument zu entkräften, wenn er ausführt 20 : „Nur wer die Sachlage völlig verkennt, sein Wunschbild für Wirklichkeit hält, kann so urteilen. Denn erstens hatte die sozialdemokratische Arbeiterschaft keine Waffen, sonst wäre sie vielleicht ebenso wie später in Wien in Abwehr der Entwaffnung gegen den Willen der Parteileitung losgegangen, was zu einer blutigen Niederlage geführt hätte. Und zweitens sollte sie sich auflehnen gegen eine vom Reichspräsidenten erlassene Verordnung, die später wohl vom Staatsgerichtshof teilweise aufgehoben, aber in ihrem wesentlichen und wirksamsten Teil 164
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als mit der Verfassung in Einklang stehend von ihm aufrechterhalten wurde. Und wie war das Kräfteverhältnis? Die Anhänger der Weimarer Republik, die in ihrer Mehrheit noch geneigt waren, wohl mit dem Stimmzettel, aber nidit mit der Waffe für dieses Regime zu kämpfen, hatten gegen sich die schwerbewaffnete Reichswehr, die militanten Verbände der Reaktion und das Gros der preußischen Polizei, das sich sicher nicht gegen den vom verfassungsmäßig gewählten Reichspräsidenten mit der vollziehenden Gewalt betrauten militärischen Befehlshaber aufgelehnt hätte, sondern seinem Kommando gefolgt wäre und zu allem noch die über die Absetzung BraunSeverings jubelnden Kommunisten im Rücken. Unter solchen Umständen die treuen Republikaner zum Kampfe mit den Waffen zu rufen, wäre verbrecherischer Wahnwitz gewesen. Und was hätte das Ziel eines solchen Kampfes sein sollen? Vielleicht die Niederringung des Reichspräsidenten und seiner Reichsregierung, die Stabilisierung der Weimarer Republik, gegen die bei der letzten Wahl weit über 50 % der Wähler gestimmt hatten, oder gar eine Sowjetdiktatur?" Nichts von dem Gesagten kann ernsthaft bestritten werden; dennodi bleibt ein einziger Einwand: Auch die Regierung von Papen mußte eine gewaltsame Auseinandersetzung vermeiden. Daß sie verfassungswidrig handelte, war ihr klar — Papen sprach bald von einem Akt der „Staatsräson" —, und blutige Kämpfe mußte sie ebenso scheuen wie die geschäftsführende Preußenregierung. Die Frage bleibt also offen, ob Papen bei seiner geringen Anhängerschaft gerade in Berlin seine verfassungswidrigen Maßnahmen mit Gewalt durchzusetzen versucht hätte. Eine endgültige Aussage läßt sich zu dieser Streitfrage naturgemäß nicht machen. So nahm die Zerschlagung Preußens denn ihren Lauf. Das Urteil des von Preußen angerufenen Staatsgerichtshofes vom 25. Oktober 1932 21 ging von der Vorausetzung aus, daß das Prestige des Reichspräsidenten nicht vermindert werden dürfe und verzichtete daher auf eine Nachprüfung der Behauptung, 165
Georg Kotowski daß die öffentliche R u h e und Sicherheit in Preußen nur mehr vom Reiche gewährleistet werden könne. Andererseits erklärte es die Reichsexekution für unzulässig und zugleich die endgültige oder vorübergehende Absetzung der preußischen R e gierung für ungültig, da man dieser nur Zuständigkeiten entziehen könnte. D a m i t war eine paradoxe Situation entstanden, in der es zwei preußische Regierungen nebeneinander gab, von denen die eine, die demokratische und geschäftsführende, Preußen nach außen vertrat und ihre Funktionen dem Parlament gegenüber beibehielt, während die andere die eigentliche E x e kutive in Anspruch nahm. D a m i t mußte aber die Position Preußens so sehr geschwächt werden, daß es als Machtfaktor von nun an überhaupt ausfiel. D i e Pläne des Generals von Schleicher, die N S D A P zu spalten, um mit einem Teile der Partei unter Gregor Strasser zu regieren und diesem in A u f nahme der Pläne O t t o Brauns, aber nun unter Einbeziehung eines Teiles einer totalitären Partei bei gleichzeitiger Schwächung der Demokratie in Personalunion das A m t des preußischen Ministerpräsidenten und das des Reichsvizekanzlers zu übertragen, scheiterten. Ein letzter Versuch Brauns, Schleicher für einen gemeinsamen K a m p f gegen den Nationalsozialismus zu gewinnen, schlug im J a n u a r 1933 fehl 2 2 . A m 30. J a n u a r 1933 wurde H i t l e r zum Reichskanzler ernannt. Aber der Führer der Nationalsozialisten war damit noch nicht D i k t a t o r . Weder im Reichstage noch im preußischen Landtag hatte er eine Mehrheit. Wenn es ihm auch gelang, Hindenburg mit H i l f e Papens zur Reichstagsauflösung zu bewegen und damit unter für ihn günstigsten Bedingungen N e u wahlen zu erzwingen, so kam er in Preußen zunächst nicht voran. Noch nicht sicherer Beherrscher der Reichswehr, konnte er ohne Verfügungsgewalt über die preußische Beamtenschaft und vor allem über die Polizei 2 3 wohl einen terroristischen Drude, nicht jedoch dauernde Macht ausüben. F r a n z von Papen wurde auch auf diesem Gebiet sein gefügiges Werkzeug. D a Preußen nach seiner Verfassung keinen Staatspräsidenten 166
Preußen und die Weimarer Republik hatte, lagen bestimmte Befugnisse, die üblicherweise ein Staatsoberhaupt wahrnimmt, bei einem Ausschuß von drei Personen, der nach Artikel 14 der preußischen Verfassung das Recht zur Landtagauflösung hatte. Dieser Ausschuß bestand nach demselben Artikel aus dem Ministerpräsidenten, dem Landtagspräsidenten und dem Präsidenten des Staatsrates, der als V e r tretung der Provinzen auf Grund des Abschnittes I V der V e r fassung gebildet worden war. Als stärkste Fraktion stellte die N S D A P den Landtagspräsidenten, Kerrl, der die Auflösung verlangte. D e r in seiner überwiegenden Mehrheit nicht nationalsozialistische Landtag lehnte jedoch am 4. Februar 1933 den Antrag der N S D A P , sich aufzulösen und Neuwahlen am T a g e der Reichstagwahlen durchzuführen, ab. K e r r l mußte also versuchen, die Auflösung auf anderem Wege zu erreichen und daher den Präsidenten des Staatsministeriums und den des Staatsrates für seine Pläne zu gewinnen. Ministerpräsident war O t t o Braun, der nach dem Urteil des Staatsgerichtshofes in dieser Eigenschaft nicht vom Reichskommissar vertreten werden konnte. Präsident des Staatsrates war der Oberbürgermeister von K ö l n , K o n r a d Adenauer. Beide lehnten noch am 4. Februar den Antrag des nationalsozialistischen Landtagspräsidenten ab. Reichstagwahlen ohne Preußenwahlen aber konnten Hitler keine volle Macht verschaffen, und so erwirkte Papen als Reichskommissar für Preußen eine Verordnung des Reichspräsidenten, die am 6. Februar erging und das Urteil des Staatsgerichtshofes aufhob. In ihr heißt es: 2 4 „Durch das Verhalten des Landes Preußen gegenüber dem Urteil des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich vom 2 5 . O k t o b e r 1932 ist eine Verwirrung im Staatsleben eingetreten, die das Staatsleben gefährdet. Ich übertrage daher bis auf weiteres dem Reichskommissar für das Land Preußen und seinen Beauftragten die Befugnisse, die nach dem erwähnten Urteil dem Preußischen Staatsministerium und seinen Mitgliedern zustehen." D a s war ein offener Bruch der Verfassung. Franz von Papen hat in seinem umfangreichen „Lebenserinnerungen" 167
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eine halbe der 677 Seiten diesen Ereignissen gewidmet und sie noch dazu an einer Stelle untergebracht, wo man sie nicht suchen würde. Er schreibt 25 : „Es sei erlaubt, hier nachzuholen, wie sich die staatsrechtliche Lage Preußens entwickelt hatte. Durdi das Urteil des Staatsgerichtshofes vom 25. 10. 1932 war die Regierungsbefugnis zwischen der preußischen Regierung und der kommissarischen des Reiches aufgeteilt worden. Das wenig salomonische Urteil der Jeilung der Hoheitsrechte war praktisch nicht durchführbar. Meine Bemühungen, mit dem Ministerpräsidenten Braun im November zu einer Regelung zu gelangen, waren ebenso gescheitert wie Schleichers spätere Versuche. Preußen weigerte sich fortgesetzt, eine neue, den Mehrheitsverhältnissen entsprechende Regierung zu bilden oder aber den Landtag aufzulösen, um erneut an die Wählerschaft zu appellieren. Eine Auflösung bedurfte der Zustimmung des Präsidenten des Kabinetts, des Landtages und des Staatsrates. Braun und Adenauer blockierten diese Entscheidung, obwohl es ihnen klar sein mußte, daß der zweigleisige Weg, die Hoheitsrechte auszuüben, mit dem Wohl des Staates unvereinbar sei. Angesichts dieser Lage schlug ich am 6. 2.1933 dem Reichspräsidenten den Erlaß einer Notverordnung ,zur Wiederherstellung geordneter Verhältnisse in Preußen' vor. Die Verordnung löste die geschäftsführende preußische Regierung auf, wodurch ich als Reichskommissar an die Stelle Brauns trat. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Landtages konnten wir nun Herrn Adenauer überstimmen und Neuwahlen gleichzeitig mit der Reichstagswahl auf den 5. März anberaumen." Eines Kommentars bedarf es hier nicht. Zu ergänzen ist nur, daß Adenauer nicht überstimmt wurde, weil er eine erneute Beschlußfassung überhaupt ablehnte, da die Verordnung des Reichspräsidenten rechtsunwirksam sei. Aufhalten konnte er damit das Unheil natürlich nicht. Andererseits aber hatte sich Papen durch seine Intrigen nun selbst endgültig entmachtet. Bei den Preußenwahlen erhielt die NSDAP 211 Mandate, 168
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konnte also wie im Reiche nur mit dem Wahlblock Papens eine Regierungsmehrheit bilden. Papen unterwarf sich, noch bevor der Landtag zusammentrat. Am 10. April 1933 wurde Hermann Göring preußischer Ministerpräsident und preußischer Innenminister 28 , und mit dem Zusammentritt dieser aus einem Verfassungsbruch geborenen, nach der Ansicht Papens jedoch „ordnungsmäßigen" Regierung fielen die Voraussetzungen eines Reichskommissars jetzt fort. Reichs- und preußische Exekutive waren nun in den Händen der Nationalsozialisten. Die Staatskrise hatte schließlich doch noch zur Zerstörung des Rechtsstaates geführt. Damit kein Zweifel darüber bestehen könne, welchen Herrn der Staat Friedrich Wilhelms I., Friedrichs des Großen, Wilhelms I., Bismarcks und Brauns erhalten würde, erklärte Göring schon am 3. März 1933 in Frankfurt am Main: „Meine Maßnahmen werden nicht angekränkelt sein durch juristische Bedenken und Bürokratie. Ich habe keine Gerechtigkeit auszuüben, sondern nur zu vernichten und auszurotten 27 ."
Anmerkungen ZUM
3.KAPITEL:
Quellennachweise im einzelnen bei F. L. Carsten, The Origins of Prussia, S. 76. 2 Ebenda, S. 78—79, mit Quellenangaben. 3 Joh. Sdiultze, Das Landbuch der M a r k Brandenburg von 1375. 4 Für die Berechnung im einzelnen für die verschiedenen Dörfer wie insgesamt siehe: F. L. Carsten, The Origins of the Junkers, S. 171-78. Das Schoßregister von 1450 bei E. Fidicin, Kaiser Karl's IV. Landbuch der M a r k Brandenburg, Berlin, 1856; das Schoßregister von 1624 bei F. Grossmann, Über die gutsherrlich-bäuerlichen Rechtsverhältnisse in der Mark Brandenburg vom 16. bis 18. Jahrhundert, Leipzig, 1890. 6 Codex Pomeraniae Diplomaticus, herausgegeben von K. F. W. Hasselbach, J . G. L. Kosegarten und F. Baron von Medem, Greifswald, 1843—62, Nr. 219, S. 479. 6 A. F. Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis, X I V , Berlin, 1857, Nr. 5, S. 3, Nr. 104, S. 75, Nr. 108, S. 78; X V , Berlin, 1858, Nr. 9, 27, 41, 62, 69, 112, S. 10—82, für die wichtigen Städte Salzwedel und Stendal. I Beschlüsse von 1418, 1447, 1470 und 1487: Die Recesse und andere Akten der Hansetage von 1256—1430, VI, Leipzig, 1889, Nr. 557, S. 555; Hanserecesse von 1431—1476, III, Leipzig, 1881, Nr. 288, S. 177, 186—87; VI, Leipzig, 1890, Nr. 356, S. 332; Hanserecesse von 1477—1530, II, Leipzig, 1883, Nr. 160, S. 142—43. 8 E. Kaeber, Die Beziehungen zwischen Berlin und Cölln im Mittelalter und der Konflikt der beiden Städte mit Kurfürst Friedrich II., Hansische Geschichtsblätter, LIV, 1929, S. 19 ff.; F. L. Carsten, Medieval Democracy, S. 82—85. 9 F. L. Carsten, a. a. O., S. 86—89. 1 0 Th. Kantzow, Pomerania, eine Pommersche Chronik aus dem 16. Jahrhundert, herausgegeben von G. Gaebel, Stettin, 1908, II, S. 36—39, 50—51, 82, 86—87; J . Micraelius, Antiquitates Pomeraniae, Stettin und Leipzig, 1723, S. 299—300, 304—306; Hausbuch des Herrn Joachim von Wedel, herausgegeben von J . Freiherr von Bohlen-Bohlendorf, Tübingen, 1882, S. 15—16; F. W. Barthold, Geschichte von Rügen und Pommern, IV 1, Hamburg, 1843, S. 428—31, 486 bis 487; IV 2, Hamburg, 1845, S. 21—23, 32—33; G. Kratz, Die Städte der Provinz Pommern, Berlin, 1865, S. 74, 395—96. I I R . R. Betts, Constitutional Development and Political Thought 1
171
Anmerkungen in Eastern Europe, The New Cambridge Modern History, II, Cambridge, 1958, S. 469; C. A. Macartney, Eastern Europe, a . a . O . , I, Cambridge, 1957, S. 390. 12 F. Palatky, Geschichte von Böhmen, V 2, Prag, 1867, S. 153. 13 F. L. Carsten, Princes and Parliaments, S. 195, 257. 14 W. Sorg, Wüstungen in den brandenburgischen Kreisen Ruppin und Templin und deren Ursachen, 1936, S. 18—20, 57—62. Die übrigen Zahlen sind nach den von E. Fidicin gedruckten Schoßregistern der Mittelmark von 1450 und 1480 berechnet. 15 1540 entschied Kurfürst Joachim II. auf Klagen des Adels, daß dieser dazu berechtigt sei und sich über bäuerliche Weigerungen hinwegsetzen könne: Kurmärkische Ständeakten aus der Regierungszeit Kurfürst Joachims II., herausgegeben vom W. Friedensburg, I, München und Leipzig, 1913, S. 95—96, 102, Fußn. 2. 16 Der Zusammenhang zwischen Diensten und Gerichtsbarkeit ergibt sich klar aus A. F. Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis, I, Berlin, 1838, Nr. 9, S. 459; V, Berlin, 1845, Nr. 97, S. 69, Nr. 19, S. 311; X, Berlin, 1856, Nr. 23a, S. 463; XI, Berlin, 1856, Nr. 219, S. 435; XXII, Berlin, 1862, Nr. 13, S. 495. 17 Acten der Ständetage Preußens unter der Herrschaft des Deutschen Ordens, I, Leipzig, 1874, Nr. 155, S. 199, Nr. 250, S. 308; II, Leipzig, 1880, Nr. 410, S. 666. 18 Urkundenbuch zur Geschichte des Geschlechts von Schwerin, herausgegeben von L. Gollmert, Berlin, 1875, Nr. 336, S. 249—50; Th. Kantzow, a . a . O . , I, S. 387—88; J. Micraelius, a . a . O . , S. 283; F. W. Barthold, a . a . O . , IV 1, S. 244—45, 261—62; G. Kratz, a. a. O., S. 9—10. 19 Codex diplomaticus Brandenburgensis continuatus, herausgegeben von G. W. von Raumer, II, Berlin, 1833, Nr. 119, S. 180—81. 20 B. Bretholz, Geschichte Böhmens und Mährens, II, Reichenberg, 1922, S. 156; F. G. Heymann, John Zizka and the Hussite Revolution, Princeton, 1955, S. 480; F. Palacky, Geschichte von Böhmen, V 1, Prag, 1865, S. 293, 296—97; V 2, Prag, 1867, S. 8—9. 21 V. Niitemaa, Die Undeutsche Frage in der Politik der Livländischen Städte im Mittelalter, Annales Academiae Scientiarum Fennicae, ser. B, tom. 64, Helsinki, 1949, vor allem S. 267—89. 22 E. Schmidt, Geschichte des Deutschtums im Lande Posen unter polnischer Herrschaft, Bromberg, 1904, S. 325—28, 330—36; G. Köster, Die Entwicklung der nordostdeutschen Verkehrsstraßen bis 1800, Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte, XLVIII, 1936, S. 140. 23 Laut dem mittelmärkischen Schoßregister von 1624 — gedruckt bei Grossmann, a . a . O . , S. 111—38 — hatten seit etwa 1575 die 172
Anmerkungen adligen Eigenwirtschaften von 3236% auf 4885% Hufen zugenommen und die Bauernhufen von 21 889% auf 20 240% Hufen abgenommen. 441 Bauernstellen waren eingezogen worden. 2 4 A. F. Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis, V I I , Berlin, 1847, S. 255—56, 261, 285, 383—88, 455, 490—501; X , Berlin, 1856, S. 179; X I , Berlin, 1856, S. 144, 478, 485—86; X I I , Berlin, 1857, S. 33, 202; Kurmärkische Ständeakten aus der Regierungszeit Kurfürst Joachims II., herausgegeben von W. Friedensburg, I, S. 55. 2 5 Thomas Kantzow, Pomerania, herausgegeben von H. G. L. Kosegarten, II, Greifswald, 1817, S. 419; herausgegeben von G. Gaebel, Stettin, 1908, II, S. 161—62. 2 6 Vergi, für die Zustände in Estland: A. Soom, Der Herrenhof in Estland im 17. Jahrhundert, Lund, 1954. 2 7 Vergi, für die gleiche Frage im polnischen Westpreussen: W. Maas, Zur Siedlungskunde Westpreussens 1466—1772, Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas, Nr. 32, Marburg, 1958, S. 3. 2 8 H. Croon, Die kurmärkischen Landstände 1571—1616, Berlin, 1938, S. 105 ff ; O. Hintze, Die Hohenzollern und ihr Werk, Berlin, 1915, S. 135, 152; H. Prutz, Preußische Geschichte, I, Stuttgart, 1900, S. 266, 284. 2 9 A. F. Riedel, Notiz über die Zunahme des Anbaues der Städte in der Mittelmark und Uckermark, Märkische Forschungen, II, 1843, S. 191—92. 3 0 L. Götze, Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, Stendal, 1873, S. 250—52, mit Zahlen für 1564 und 1567, auch für andere Teile der Mark. 3 1 C. O. Mylius, Corpus Constitutionum Marchicarum, V I 1, Berlin, 1751, Nr. 118, Spalte 437—38, 448, 451, 459—60. 3 2 Vergi, dazu neuerdings: O. Büsch, passim.
173
Anmerkungen Z U M 4. K A P I T E L : 1
Vgl. Fritz Härtung, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 95 f. Vgl. Fritz Härtung, a. a. O., S. 102 f. 3 Vgl. Carl Hinrichs, Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., S. 217. 4 Vgl. Fritz Härtung, König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, S. 129. 5 Vgl. Carl Hinrichs, a. a. O., S. 186 f. 6 Vgl. Otto Hintze, Die Hohenzollern und ihr Werk, S. 272 ff. 7 Vgl. Fritz Härtung, a. a. O., S. 123. 8 Vgl. Carl Hinrichs, a . a . O . , S. 184. 8 Vgl. ebenda, S. 209. 10 Vgl. Fritz Härtung, Die politischen Testamente der Hohenzollern, S. 125. u Vgl. Fritz Härtung, König Friedrich Wilhelm I., S. 125 f. 12 Vgl. hierzu Carl Hinrichs, Pietismus und Militarismus, S. 270 ff. 13 Vgl. Carl Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 14. 14 Vgl. dazu Otto Büsch, Militärsystem und Sozialleben. 15 Vgl. Acta Borussica, Handels-, Zoll- und Akzisepolitik, Bd. II/l und 2, Berlin 1922. 16 Vgl. Acta Borussica, Behördenorganisation III, S. 458. 17 Vgl. Otto Hintze, Die Hohenzollern und der Adel, S. 49. 18 Vgl. Acta Borussica, Behördenorganisation V/1, S. 386. 19 Vgl. Fritz Härtung, Verfassungsgeschichte, S. 108. 20 Ebenda, S. 102. 21 Vgl. Otto Hintze, Die Hohenzollern und der Adel, S. 54. 22 Ebenda. 23 Vgl. Acta Borussica, Handels-, Zoll- und Akzisepolitik, Bd. I I / l , S. 281 f. 24 Vgl. Fritz Härtung, König Friedrich Wilhelm I., S. 148. 25 Vgl. Fritz Härtung, Der aufgeklärte Absolutismus, S. 165. 26 Vgl. Fritz Härtung, a. a. O., S. 165. 2
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Anmerkungen Z U M 5. K A P I T E L : 1
Friedrich Meinecke: Preußen und Deutschland . . . S. 4. Friedrich Meinecke: a . a . O . , S. 20. 3 Friedrich Meinecke: a. a. O., S. IV. 4 Fritz Härtung: Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 161. 5 ebenda. 6 ebenda. 7 So bei Pertz, Stein III, S. 226 f. Die Fassung des Manuskripts im Steinarchiv, die Botzenhart-Ipsen, Stein, S. 329, wiedergeben, weicht davon etwas ab; der Sinn ist jedoch der gleiche. 8 Härtung a. a. O., S. 173. 9 Hans Herzfeld: Die moderne Welt, I, S. 72. 10 Härtung, ebenda. 11 Herzfeld, a. a. O., S. 103. 12 Hellmuth Rößler; Größe und Tragik des christlichen Europas, besonders S. 472 ff. und Hans Joachim Schoeps: Das andere Preußen, passim; ders.: Aus den Jahren preußischer Not und Erneuerung, passim. 13 Härtung, a. a. O., S. 253. 14 Herzfeld, a. a. O., S. 125. 15 Härtung, a. a. O., S. 257. 16 Härtung, a. a. O., S. 263. 17 Herzfeld, a. a. O., S. 187 ff.; Walter Bußmann: Europa und das Bismarckreich; in: Deutsche Einheit. . . S. 157 ff. 18 Härtung, a. a. O., S. 268. 19 Bußmann, a. a. O., S. 159. 20 Karl Binding: Deutsche Staatsgrundgesetze . . . Heft 1, S. 2, 6, 7. 21 Härtung, a. a. O., S. 277. 22 Robert v. Keudell: Fürst und Fürstin Bismarck, S. 326. 23 ebenda. 24 Keudell, a. a. O., S. 335 f. 25 Otto Becker; Bismarcks Ringen . . . S. 236 ff. und 371 ff. 2B Goldschmidt geht von der m. E. irrigen Grundthese eines dauernden Dualismus Preußen—Reich aus, der in hin und her wogenden Auseinandersetzungen einmal dem einen, ein anderes Mal dem anderen die Führung zugespielt habe. Bei aller Anregung, die von dieser Problemstellung ausgeht, möchte ich doch den hegemonialen Charakter der preußischen Politik und ihren dauernd starken Einfluß auf die des Reiches stärker herausgearbeitet wissen. 27 Friedrich Meinecke: Die deutsche Katastrophe, S. 56 ff., besonders S. 62. 28 Härtung, a . a . O . , S. 311. 2 9 Meinecke, Katastrophe, S. 26. 30 L. v. Ranke, 12 Bücher preussischer Geschichte, Gesamtausgabe der Deutschen Akademie, Bd. I, S. 7*. 2
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Anmerkungen Z U M 6. K A P I T E L : 1 Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, 1947, Nr. 14, S. 262. Text auch in: Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart, VI. Bd., bearb. von K. Hohlfeld, 1952, S 218. 2 O. Braun: Von Weimar . . . , S. 286. 3 Vgl. R. Dietrich in diesem Bande, S. 137 ff. 4 „Die Bewegung im Reich brachte den Parteivorstand der SPD und die sozialdemokratischen Minister in der ersten Novemberwoche in eine peinliche Lage. Die SPD machte in Wirklichkeit Revolution gegen sich selbst: Sozialdemokratische und von Sozialdemokraten geführte Massen zerrissen eine gesetzliche Ordnung, an deren Spitze eine von der SPD beherrschte Regierung stand." A. Rosenberg, S. 239. 6 Vgl. dazu: G. Kotowski, S. 763 ff. 6 P. Hirsch, S. 177. 7 H. Preuß: Reich und Länder, S. 157. 8 O.Braun: Deutscher Einheitsstaat, S. 22. 9 Vgl. dazu Artikel 5: „Bei Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegsmarine und die im Artikel 35 bezeichneten Abgaben gibt, wenn im Bundesrate eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Aussdilag, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht." — Verfassungsänderungen gegen den Willen Preußens waren selbstverständlich ausgeschlossen. 1 0 Der Sozialdemokrat Otto Braun war von 1920 bis zum Zusammenbruch fast ununterbrochen Ministerpräsident. Gleichzeitig bestanden die Regierungen, einige Monate im Jahre 1921 ausgenommen, durchweg aus Angehörigen der „Weimarer Koalition" (SPD, DDP, Zentrum), zu denen von 1921 bis 1925 noch Vertreter der DVP traten. 1 1 Starke und einflußreiche Politiker erstrebten daher im allgemeinen auch keinen Sitz in der Reichsregierung. Jedenfalls galt die Ernennung eines preußischen Staatsministers zum Reichsminister nicht als „Beförderung". 1 2 O. Braun: Von Weimar . . . , S. 354 f. — C. Severing, S. 303 f. 1 3 H. Preuß: Reich und Länder. — H. Triepel: Quellensamml u n g . . . — G. Anschütz: Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919. — O.Becker: Weimarer Reichsverfassung, 1931. — Ö. Meißner: Das neue Staatsrecht. 1 4 Weil diese nicht fest genug gegen die Kommunisten auftrete. Vgl. dazu O. Braun: Von Weimar . . . , S. 403. Dagegen F. von Papen, S. 176, 182 ff., 196, 215 ff. 1 6 Vgl. dazu K. D. Bracher: Die Auflösung der Weimarer Repu-
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Anmerkungen blik, vor allem S. 364 ff., 608 ff., 645 ff. 1 6 Ich erinnere an die bekannte Tagebuchnotiz des britischen Botschafters in Berlin vom 3 1 . 1 2 . 1 9 2 3 : „Nun geht das Krisenjahr zu Ende. Die inneren und äußeren Gefahren waren so groß, daß sie Deutschlands ganze Zukunft bedrohten... Wenn man zurückblickt, sieht man klarer, wie nah dies Land am Abgrund stand. In den zwölf Monaten vom Januar bis heute hat Deutschland die folgenden Gefahren überstanden: die Ruhrinvasion; den kommunistischen Aufstand in Sachsen und Thüringen; den Hitlerputsch in Bayern; eine Wirtschaftskrise ohnegleichen; die separatistische Bewegung im Rheinland. Jeder einzelne dieser Faktoren, falls er sich ausgewirkt hätte, würde eine grundlegende Veränderung entweder in der inneren Struktur des Landes oder in seinen Beziehungen nach außen herbeigeführt haben." Viscount d'Abernon. S. 337 f. 1 7 Dazu: O.Braun: Von W e i m a r . . . , S. 295. — E. von Oldenburg-Januschau, S. 222 f. 1 8 O.Braun: Von Weimar . . . , S. 378 ff., 393 ff. 1 9 C. Severing, S. 348 ff., 352 ff. 2 0 O. Braun: Von Weimar . . . , S. 409 f. 2 1 Zum Gesamtproblem A. Brecht (Hgb.): Preußen contra Reich. 2 2 O. Braun: Von Weimar . . . , S. 436 f. 2 3 Beamtenschaft wie Polizei Preußens unterstanden seit dem Staatsstreich Papens dem Reichskommissar für Preußen, zu dieser Zeit also Papen, so daß die Nationalsozialisten (Göring) zwar starken, jedoch keinen unkontrollierbaren Einfluß auf die preußische Exekutive hatten. 2 4 C. Severing, S. 379. — A. Brecht: Vorspiel zum Schweigen, S. 120 f. — G. Schulz: Die Anfänge des totalitären Maßnahmenstaates, S. 429. 2 5 F. von Papen, S. 330. 2 6 Bei der Regierungsbildung am 30. Januar 1933 war Göring zum kommissarischen preußischen Innenminister, Papen zum Reichskommissar für Preußen bestellt worden. Nachdem Papen sich der NSDAP völlig unterworfen hatte, konnte ihm Göring die gesamte Macht in Preußen aus der Hand nehmen. 2 7 Zitiert bei A. Bullock: Hitler, S. 262. Inzwischen ist erschienen: G. Schulz: Zwischen Demokratie und Diktatur. Verfassungspolitik und Reichsreform in der Weimarer Republik, Band I: Die Periode der Konsolidierung und der Revision des Bismardtschen Reichsaufbaus 1919—1930, 1963.
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Preußen
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Bibliographie Diese Bibliographie erhebt selbstverständlich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern will nur einige wichtige —• und vor allem neuere Darstellungen zur preußischen Geschichte) die in den üblichen Bibliographien noch nicht verzeichnet sind —• zusammenstellen, um dem Leser eine erste Orientierung zu ermöglichen. Unter „A" werden eine Reihe von Quellensditionen und Gesamtdarstellungen zur preußischen Geschichte zusammengefaßt, unter „B" in Anlehnung an die PLiuptepochen der preußischen Geschichte und unter Verwendung der von d?n Verfassern der einzelnen Kapitel zitierten Literatur einige wichtige Darstellungen zu Einzelproblemen gegeben. A. Quellen und Darstellungen zur gesamten preußischen Geschichte bzw. übergreifenden Problemen und Epochen Ausgewählte Urkunden zur Brandenburgisch-preußischen Verfassungs- und Verwaitungsgeschichte, hersg. v. W. Altmann, 2 Bde, 2. Aufl. 1914/15. Die Politischen Testaments der Hohenaollerii, hersg. v. G. Küntzel und M. Hass, in: Quellensammlung z. deutschen Gesch., 2 Hefte, 2. Aufl. 1919/20. W. Berges und C. Hinrichs: Die deutsche Einheit als Problem der europäischen Geschichte. 1960. Johann Gustav Droysen: Geschichte der preußischen Politik (bis 1756), 5He. in 14Bden, Bd. 1—10 in 2. Aufl. 1868—1886. Fritz Härtung: Detitsche Vsilassungsgeschichte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. 7. Aufl. 1959. Fritz Härtung: Volk und Staat in der deutschen Geschichte. Gesammelte Aufsätze. 1940. Fritz Härtung: Staatsbildende Kräfte der Neuzeit. Gesammelte Aufsätze. 1961. Fritz Härtung: Studien zur Geschichte der preußischen Verwaltung. 3 Tie. 1942—1948. Hans Herzfeld: Die moderne Welt. 2 Bde. 2. Aufl. 1957. Carl Hinrichs: Preußen als historisches Problem. Gesammelte Aufsätze, hersg. v. G. Ostreich. 1963. Otto Hintze: Geist und Epochen der preußischen Geschichte. Gesammelte Abhandlungen, hersg. v. Fritz Härtung. 1943. Otto Hintze: Die Hohenzollern und ihr Werk. 1915. 12*
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Bibliographie Friedrich Meinecke: Preußen und Deutschland im 19. u. 20. Jahrhundert. Gesammelte Aufsätze. 1920. Friedrich Meinecke: Preußische-deutsche Gestalten und Probleme. Gesammelte Aufsätze. 2. Aufl. 1940. Friedrich Meinecke: Weltbürgertum und Nationalstaat. 7. Aufl. 1928. Friedridi Meinecke: Die deutsche Katastrophe. 1948. Leopold v. Ranke: Zwölf Bücher preußischer Geschichte (bis 1745), Neuausgabe in drei Bden v. G. Küntzel, 1930. Gerhard Ritter: Staatskunst und Kriegshandwerk. 2 Bde. 1954/1957. Hellmuth Rößler: Größe und Tragik des christlichen Europa. 1955. B. Quellen und Literatur zu den Hauptepochen der preußischen Geschichte 1. Der Ordensstaat Kurt Forstreuter: Vom Ordensstaat zum Fürstentum. Geistige und politische Wandlungen im Deutsdiordenstaate Preußen unter den Hochmeistern Friedridi und Albrecht (1498—1525). 1951. Walther Hubatsch: Kreuzritterstaat und Hohenzollernmonardiie. Zur Frage der Fortdauer des Deutschen Ordens in Preußen, in: Deutschland und Europa, Festschr. f. Hans Rothfels, 1951. Waither Hubatsch: Die inneren Voraussetzungen der Säkularisation des deutschen Ordensstaates in Preußen, in: Archiv für Reformationsgeschichte 43/1952. Walther Hubatsch: Albrecht von Brandenburg-Preußen, Deutschordenshochmeister und Herzog in Preußen 1490—1568. 1960. Eridi Maschke: Preußen. Das Werden eines deutschen Stammesnamens, in: Ostdeutsche Wissenschaft, Jahrbuch des Ostdeutschen Kulturrates 2/1955. Theodor Schieder: Die preußische Königskrönung von 1701 und die politische Ideengeschichte, in: Altpreußische Forschungen 12/1935. Bruno Schumacher: Geschichte West- und Ostpreußens. 3. Aufl. 1958. Bruno Schumacher: Die staatsrechtliche Begründung der Erwerbung Westpreußens durch Friedrich den Großen und der Deutsche Orden, in: Altpreußische Forschungen 11/1934. Peter G. Thielen: Landesplanung im Ordensstaat Preußen, in: Forschungs- und Sitzungsberichte der Akademie für Landesplanung, Bd. XV, Histor. Raumforschung 3, 1961. Erich Weise: Das Widerstandsrecht im Ordensland Preußen und das mittelalterliche Europa. Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung, Bd. 6. 1955. Erich Weise: Entwicklungsstufen der Verfassungsgeschichte des Or180
Bibliographie densstaates Preußen im 17. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Ostforschung 7/1958. 2. Markgrafschaft und Kurfürstentum Brandenburg bis 1648 Das Landbuch der Mark Brandenburg: von 1373. Hersg. v. J. Sdiultze. Brandenburgische Landbücher Bd. 2. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Mark Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd. VIII, 2. 1940. Codex Diplomaticus Brandenburgensis: hersg. v. A. F. Riedel. 41 Bde, 1838—1869. E. Fidicin: Die Territorien der Mark Brandenburg. 4 Bde. 1857 bis 1864. Johannes Sdiultze: Die Mark Brandenburg. 3 Bde. 1961—1963. Berthold Schulze: Besitz- und siedlungsgeschichtliche Statistik der brandenburgischen Ämter und Städte 1540—1800. Einzelschriften der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Heft 7, 1935. Berthold Schulze: Neue Siedlungen in Brandenburg 1500—1800, ebenda, Heft 8, 1938. 3. Brandenburg-Preußen im Zeitalter des Absolutismus. (1648—1806) Acta Brandenburgica: Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm. 23 Bde, 1864—1929. Acta Borussica, Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hersg. v. d. Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin: I: Behördenorganisation und Allgemeine Staatsverwaltung, bearb. v. G. Schmoller, O. Hintze u. a. 15 Bde, 1894 ff. II. Die preußische Seidenindustrie, bearb. v. G. Schmoller u. O. Hintze. 3 Bde. 1892. III: Getreidehandelspolitik, bearb. v. G. Schmoller u. a. 4 Bde, 1896 ff. IV: Münzwesen, bearb. v. F. Frhr. v. Schrötter, 6 Bde und 4 Hefte, 1902 ff. V: Handels-, Zoll- und Akzisepolitik, bearb. v. H . Rachel, 3 Bde, 1911 ff. VI: Die Wollindustrie in Preußen, bearb. v. C. Hinrichs, 1933. Friedrich der Große: Werke, hersg. v. B. Volz, 10 Bde, mit Illustrationen von A. Menzel, 1912—1914. Georg Küntzel: Der Große Kurfürst, in: Meister der Politik, Bd. 2, 2. Aufl. 1923. Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I. Bd. 1. 2. Aufl. 1947. Carl Hinrichs: Der Kronprinzenprozeß. 1936. Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I., in: Die Welt als Geschichte 4/1938. 181
Bibliographie Carl Hinricbs: Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., in: Jahrbuch für Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, 5/1956. Carl Hinricbs-, Pietismus und Militarismus, in: Archiv für R e f o r m a tionsgeschichte 49/1958. Walter Bußmann: Friedrich der Große im Wandel des europäischen Urteils, in: Deutschland und Europa. Festschrift f. H a n s Rothfels. 1951. W i l h e l m Diltbey: Friedrich der G r o ß e u n d die deutsche A u f k l ä r u n g . 1927. George P . Gooch: Friedrich der Große. 1950. R e i n h o l d Koser: Geschichte Friedrichs des G r o ß e n . 4 Bde. Bd 1 — 3 : 7. Aufl. 1921 — 1927, Bd. 4. 5. Aufl. 1914. G e r h a r d Ritter: Friedrich der Groß-:. ¡936. S t e p h a n Skalweit: Friedrich der G r o ß e u n d der A u f s t i e g P r e u ß e n s , i n : D i e E u r o p ä e r u n d : h r c Geschichte. Hsrsc;. v. L. P a n i s c h . 1961. O t t o Biitd}: Militär-System u n d So'.iallebcn in» alten Preußen. Veröffentlichungen der Berlinr-r Hister:«chen Komml-.slon, Bd 7. 1962. F. L. Carsten: T h e O r i g i n s of P r u s s i a . 1954. F. L. Carsten: T h e O r ; ~ h s of the J u n k e r s , in: T h e English Histórica! R e v i e w ! \ U 1947. F. L. Carsten: M e d i e v a l D e m o c r a c y in t h e B r a n d e n b u r g T o w n s and i"; de fear ir» ilie /if^'r'nvh Century, in: Transactions of t h e R o y a l H i s t ó r i c a ! Society, 4tli Series, X X V / 1 9 4 3 . F. I„ C :v >,• Prirsc:« a n d P a r l i a m e n r s in Gcrmanv. 1959. 4. P r e u ß e n vr-J D e u t s c h l a n d
1806—1918
Erich r.otr.?ak:'.'dt (hr:sg.) F r e i h e r r v . Stein, Briefwechsel, D e n k schriften, A u f z e i c h n u n g e n . 7 Bde. 1931—1937. G. Winter: Die R e o r g a n i s a t i o n des preußischen Staates u n t e r Stein u n d H a r d e n b e r g . 1. T e i l : A l l g e m e i n e S t a a t s - u n d B e h ö r d e n r e f o r m . Bd 1. 1931. Die Aiisvcrtipe Politik Preußens, 1858—1871, hersg. v. E. B r a n d e n b u r g , O . H o e t z s c h u. a., 9 Bde., 1932 ff. O r t o v. Bisrr.arck: Politische Schriften, R e d e n , B r i e f e , G e s p r ä c h e : F r i e d r i c h s r u h e r A u s g a b e , 19 Bde, 1 9 2 4 — 1 9 3 5 . R o b e r t v. Kendel!: F ü r s t u n d F ü r s t i n Bismarck. 1901. D i e Verfassung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches, in: Deutsche Staatsgrundgesetze, hersg. v. Karl Binding, 1. Heft. 1892. D i e Verfassung des Königreiches Preußen: ebenda H e f t 4. 1893. H a n s Goldschmidt: D a s Reich und Preußen im K a m p f u m die Führung. 1931.
182
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Sachregister Abgeordnetenhaus, preussisches 114 Absolutismus 73, 77, 83, 95, 97 Adel 54, 57 f., 62, 64, 66, 69, 72, 88 f., 91 f., 95, 97 Akzise 85 f. Alliierter Kontrollrat 145 f. Allodialbesitz 31, 32, 89 A l t m a r k 32, 65, 73, 90 Amtskammern 87 Anklam 68 f. Ansbach 47 Antwerpen 63 Arneburg, Stadt an der Elbe 32 Armee 79 f., 83 f., 104, 111, 115, 134 Augsburg, Religionsfrieden von 24, 27 Baden, Großherzogtum 124 Baden-Baden 116 Balleien 23 Barnim 34 B a u m w o l l m a n u f a k t u r 93 Bautzen 35 f. Bayern 33, 124, 153 Bayreuth 47 Beamtentum 104, 115, 132 f., 166 Beelitz, Stadt in Brandenburg 32 Beeskow, Stadt und Herrschaft 42 Behördenverfassung 81, 87 Berg, H e r z o g t u m 42 Berlin 56, 60, 65, 69, 73, 87, 158, 165 Bern 57 Bernau, Stadt in Brandenburg 73 Besitzergreifungspatent 28 Besitzrecht, bäuerliches 5 186
Bewilligungsrecht (d. Stände) 106 Bierzise 65, 72 Bobersberg, Stadt in der H e r r schaft Krossen 42 Böhmen 25, 36, 38, 42, 55, 57, 66, 75 Brandenburg 34, 73 — (Burg) 31 — (Neustadt) 32 Brandenburg am Frischen Haff 35 Brügge 63 Bürgerrecht 5 Bürgertum 97, 105, 108, 134 Bürgerwehr 110 Bund, Preußischer 16 f. Bundesakte, preußische 16 —, deutsche 102 Bundesgesetzgebung 122 Bundesrat 122, 124 f., 128 f., 157 Bundesreform 116 f., 121 Bundesstaat 99, 119, 127, 130 Bundestag 124 Bundesverfassung 102. 112 Bundesversammlung 124 Calvinismus (Calvinischer Glaube) 82 f. Chorin 59 Christburg, Vertrag von (1249) 4 Coburg 153 Cölln/Spree 55, 65, 69, 73 Cottbus 42 Crossen, Stadt an der O d e r 42 D ä n e m a r k 62 Dänen 34 Daily-Telegraph-Affäre 138
Sachregister D a n z i g 3, 17, 24, 28 f., 35 f., 40, 64 Delitzsch 36 D e m a g o g e n v e r f o l g u n g 105 D e m o k r a t i e 110, 113, 146, 162 Deutsche Frage (Großdeutsche Lösung der . . .) 112 (Kleindeutsche Lösung der . . .) 99, 112 f., 117 f. Deutscher Bund 104 f., 109, 116, 121, 124 Deutscher N a t i o n a l v e r e i n 113 Deutsche Demokratische P a r t e i 150 Deutscher O r d e n 3 f., 12, 16, 35 f., 43, 51 D e u t s c h - K r o n e 28 f. Deutschmeister 23 f., 26 f. Dienstgeld 30 D i e n s t f o r d e r u n g e n 68 D i e n s t g ü t e r 12, 15 D i k t a t u r 146 Dirschau 3 Dispositionskasse 95 D o m ä n e 20, 73, 85 f., 89 ff., 96 D o m ä n e n ä m t e r 20 D o m ä n e n k a m m e r 87 D o m ä n e n v e r w a l t u n g 87 D o m ä n e n w i r t s c h a f t 90 D o r f o r d n u n g 20 Dor f sch aft 5 D r a g e , F l u ß in der N e u m a r k 28 Dreifelderwirtschaft 6 Dreiklassen Wahlrecht 1 1 1 , 1 3 0 , 133 f., 137, 139 f., 148 D r e i ß i g j ä h r i g e r K r i e g 24 D r e s d e n , K o n f e r e n z v o n 109 Driesen, S t a d t in der N e u m a r k 40 Dualismus 99 ff., 105 f., 112, 115, 117 f.
Eichsfeld 43 Einheitsstaat 52, 120, 150 f. Einzelhöfe 5 E i n z e l s t a a t e n 107 f. Einzelvertrag 6 Elbe 43, 58, 62 Elbing 17, 28 f. Eide, F l u ß in Mecklenburg 36 E l d e n a , S t a d t in Mecklenburg 59 E l s a ß - L o t h r i n g e n 152 E n g l a n d 70 E r b f o l g e k r i e g (Bayrischer) 100 — (Spanischer) 80 E r b k a i s e r t u m 107 E r b p a c h t 86 Erbrecht 5, 20, 28, 36, 45, 49 Erbschulze 13 f., 20 Erbzinsrecht 7 E r b t e i l u n g 45 E r b u n t e r t ä n i g k e i t 20 E r b v e r b r ü d e r u n g 28 E r f u r t 42 f. E r m l a n d 7, 10, 28 f., 40, 50 Estland 61 E x e k u t i v e 130, 159, 161, 166, 169 Evangelische Lehre 18 Felonie 24 Fideikommisse 92, 96, 111 Finanzausgleichsgesetz 153 F i n a n z h o h e i t 54 F i n a n z v e r w a l t u n g 10, 86, 95 F i n o w t a l 34 Fiskalismus 80, 84 Fluraufteilung 7 Fortschrittspartei 134 F r a n k e n 43 F r a n k f u r t / M a i n 169 — , Fürsten tag zu 116 F r a n k f u r t / O d e r 34, 39, 73 Frankreich 70, 151 Freie S t ä d t e 119 Frisches H a f f 35 187
Sachregister Fronden 71,92 Fronleistung 19, 57 Fürstenbund (Deutscher) 100, 101 Gardelegen, Stadt in der Altmark 73 Gastein, Konvention von 116 Gebietiger 21 Generalhufenschoß 89 Generalkapitel 11, 24 Generalkasse 95 General-Ober-Finanz-Kriegsund Domänendirektorium (Generaldirektorium) 87 f., 97 f. Generalstreik 164 Genossenschaft (Dörfliche) 6 Gerdauen, Stadt in Ostpreußen 21 Gerichtsbarkeit 6, 10, 13, 20, 59, 65, 68 Gewanne 6 Gewerbe 93 Gewerkschaften 164 Goldene Bulle 39 Görlitz 35 f. Gothaer Programm 113 Gotland 35 Gransee, Stadt in Brandenburg 73 Grundgesetz 121 Grundsteuerregulierung 89 Halberstadt (Bistum) 42 f., 45 Halle 83, 93 Handels- und Gewerbeverein, Deutscher 104 Handfeste, Kulmer 5, 6, 12 f. Hannover 56 Hanse 8, 62, 64 f. Hansestädte 3 f., 24, 119 Hansetage 4 188
Hausgesetz (1713) 86 Hausmacht 32, 36, 100 Hausvertrag (Gera) 47 Havel 31 f., 34 Havelberg 32 Heer, stehendes 55, 73, 75, 78 Heeresetat 114 Heereskonflikt 111, 113 Heeresreform 113, 114, 139 Heeresverfassung 136 Hegemonie 117, 129, 130, 142 Hegemonialpolitik 99 Heiliges Land 9 Heimfallsrecht 25 Herrenhaus 111, 132, 140 Himmelpfort/Uckermark 59 Hessen 56, 124 Hintersassen 5, 13 Hochmeister 2, 11, 14 ff., 21, 23, 25, 68 Hoheitsrechte 12,17, 60,126,168 Holland 70, 105 Hufen 7 Hufenverfassung 6 Hussiteneinfälle 67 Immunitätsschutz 15 Indemnität (-sgesetz, -svorlage) 113, 115, 141 Inflationszeit 153 Instrumentum Pacis Osnabrugense 100 Jägerndorf, Fürstentum 43, 47 Jülich 42, 46 Kabinett 52, 82, 94 f. Kabinettsorder 52, 82 Kabinettsräte 95 Kadettenanstalt 83 Kadettenkorps 90 Kaiserwahl 25 Kantonreglement 84
Sachregister Kanzleramt 127 f. Kapp-Putsdi 164 Karlsbader Beschlüsse 103 Kastenherr 23 Katholizismus 105 Kirchengesetzgebung 111 Kirchengüter 21 Kirchenstreit, Kölner 105 f. Kleve 46, 48 f., 51, 78 Klöster 59, 62, 70 f. Koalitionskriege 112 Königgrätz (Sieg von) 115 Kolbatz, Kloster in Pommern 59 Kolonisation 58 f., 61 f., 67, 92 Kompetenzkompetenz 126 f. Komtur 10 f., 17 Komturei 10, 17, 20 Königsberg 2, 35, 47, 146 Kongreß Deutscher Volkswirte 113 Konservativismus 106, 134 Konservative Partei 110 Konstitutionelle Monarchie 111, 117 Kontribution 86, 89, 92 Köpenick 34, 68 f. Köslin 66 Kreditinstitute 92 Kreisordnung 111, 131 f. Kreuzzug 35 Kriegsdienst 5 f. Kriegskammer 87 Kriegskommissariate 87 Kriegsschatz 80 Kriminalordnung 93 Küddow, Fluß in Hinterpommern 29, 36 Kulm 10, 12, 28 f. Kurie 24 f., 27 Kurmark 48, 54, 93 Kurland 37 Küstrin 53 Kyritz 73
Labiau, Vertrag von (1656) 50 Landadel 15, 19 Landbudi, von 1376 der Mark Brandenburg 60 Landesherrschaft 10, 16 f., 22, 24, 32, 50 f., 59, 61, 64 Landesordnung 5, 68 Landesrecht 12 Landessteuer 15 Landesversammlung (Preußische) 129, 150 Landesverwaltung 24 Landgemeindeordnung 131 Landkasten 23 Landratsamt 132 Landrecht (Allgemeines Preußisches) 93, 94, 96 Landsberg, Mark 36, 39 Landsberg/Warthe 34, 39 Landstände 16, 52, 58, 66, 73, 75 Landtag 22 f., 51, 64, 114, 141, 168 f. Landtag (Böhmischer) 66, 69 Landtagsabsdiied, preußischer (1663) 54 Landtagsrezeß (1653), kurmärkischer 73, 75 Landtagswahlen 115 Landtags Wahlgesetz 130 Landwehrordnung 135 Lebus, Bistum 34 Lehenshoheit 2, 32 f., 37, 41 Lehenskanon 90 Lehnsnahme 24 Lehnsverhältnis 2 Lehnin, Kloster in Brandenburg 32 Lehnsschulze 20 Leinenindustrie 93 Leipzig 66 Liberalismus 104, 106, 112 ff., 130, 141 Litauen 39 189
Sachregister L i v l a n d 26, 61 Lückentheorie 114 L u x e m b u r g ( H a u s ) 52 M a g a z i n e 92 M a g d e b u r g (Erzbistum) 42, 43, 45 f., 90 M a i n 124 Mainlinie 148 M a i n z 25 M a i n z (Erzbistum) 42 f. M a j o r a t e 92 M a n u f a k t u r e n 93 M a r i e n b u r g 11, 28 f., 40 Mecklenburg 36, 59, 73, 76 Mecklenburg-Schwerin 154 Mecklenburg-Strelitz 34, 154 Meißen 34, 36, 55 Memel 43, 49 M e w e (Ordensschloß) 40 Militärgesetzgebung 124 M i l i t ä r h o h e i t 54 Militarismus 145 f. M i n i s t e r p r ä s i d e n t 154, 160, 167 ff. Minister-Verantwortlichkeit 127 f. M i t t e l m a r k 73 M i t t e n w a l d e , S t a d t in B r a n d e n b u r g 34 N a t i o n a l g e d a n k e 106 N a t i o n a l s o z i a l i s m u s 146, 161, 164, 166, 169 N S D A P 167 f. N a t i o n a l s t a a t 108 Nationalversammlung, — preußische v o n 1848, 109 f. — deutsche v o n 1919, 149, 157 — österreichische v o n 1919, 152 N a t u r a l a b g a b e n 14 N e t z e , N e t z e d i s t r i k t 2, 28 f. N e u m a r k 4, 29, 34, 37, 39, 40 f. 190
N e u r u p p i n 73 N i e d e r l a n d e 54 N i e d e r l a u s i t z 36 f., 42 N i e d e r r h e i n 46 N o r d d e u t s c h e r B u n d 118 f., 121, 125, 129 Nordischer K r i e g 25 N o r d m a r k 33 N o w g o r o d 63 N o t v e r o r d n u n g vom 6. 2. 1933 168 N u t h e , F l u ß in B r a n d e n b u r g 31 Obergericht, Beisitzer im p r e u ß i schen ( O r d e n s s t a a t ) 19 O b e r l a u s i t z 35 O b e r r a t s s t u b e , (Kollegiale, O r d e n s s t a a t ) 21 O d e r 34, 36 O d e r b e r g 34 O h r e , F l u ß in der A l t m a r k 36 O l i v a (Friede von) 2, 25, 50 O l m ü t z , K o n v e n t i o n v o n 108 O r d e n s b u r g e n 21 Ordensgerichtsbarkeit 15 O r d e n s h a u s 10 O r d e n s h e e r 11 O r d e n s l a n d 3, 5, 11, 25, 41, 44 Ordensregel 9 Ordensritter 7 O r d e n s s t a a t 1, 4, 6, 8, 16, 18, 21, 49, 51, 68 O r d e n s v e r f a s s u n g 9, 18 O r d e n s vögte 10 O r d n u n g (1651), G e h e i m r a t s - 52 Österreich 26, 32, 38, 55, 102, 108 f., 116 f., 1 2 1 , 1 2 4 , 151 f. O s t p r e u ß e n 20, 30, 86, 89 Ostsee 24, 36 Ostseehandel 62 P ä d a g o g i u m , Franckesches in H a l l e 83
Sachregister Passau, Religionsvertrag von 2 7 P a t r i z i a t 19 Paulskirche (Deutsche N a t i o n a l versammlung 1 8 4 8 / 4 9 in d e r . . . ) 113 Peene, F l u ß in P o m m e r n 33 Peitz, Herrschaft in der N i e d e r lausitz 42 Perleberg, Stadt in der Prignitz 73 Personalunion (Brandenburg und Preußen) 2 Pest 6 7 Pfalz 36 Pfalz-Neuburg 54 Pfandherrsdiaft 42 Pfandbesitz 3 5 Pietismus 83 Polen 1 f., 13, 18, 2 5 f., 28 ff., 36, 38 ff., 4 4 , 50, 57, 5 9 , 6 6 , 69, 7 3 , 76 Polizei 164 ff. Polizeigewalt 2 0 , 111 Pomesanien 1 0 Pommerellen 3, 12, 16, 2 5 , 28 f., 3 5 f. P o m m e r n 2 8 , 33 f., 37, 4 1 , 4 9 , 5 7 , 5 9 , 6 8 , 71, 9 0 ( H i n t e r p o m mern) 4 9 Porzellanmanufaktur 93 P o t s d a m 31 (Militärwaisenhaus) 83 Prädestinationslehre 83 Prag 66 — F r i e d e von, ( 1 6 3 5 ) 2 7 , ( 1 8 6 6 ) 121 P r ä m i e n 93 Präsidialrechte 1 2 5 Pregel 35 P r e n z l a u 3 4 , 6 2 , 73 Pressefreiheit 111 Presseverordnungen 115 Prignitz 34, 73
P r i t z w a l k , Stadt in der Prignitz 73 Privilegien 15, 6 5 , 6 9 , 72 f., 7 5 , 82 — (Hansische) 6 4 Provinzialininister 9 4 Provinzialovdnung 111 Provinzialstände 103 Putbus (Stadt auf Rügen, D i k t a t e Bismarcks aus . . .) 121 ff. P y r m o n t , Deutsches L a n d 153 Quedlinburg
42
Ratskollegien 13, 22 Ratsherrn 61 R a t s w a h l 65 Ravensberg, Grafschaft 49, 78 Rathertow 73 R e a k t i o n 99, 1 1 3 , 145 f., 1 6 5 Recht (Deutsches) 5 Rechte (Ständische) 8 Rechtsgleichheit 13 Rechtsordnungen 4 Recknitz, Grenzfluß zwischen Mecklenburg und P o m m e r n 2 8 R e f o r m a t i o n 2 3 , 45, 6 5 , 7 1 , 7 5 R e f o r m e n 93 ff., 9 9 ff., 103, 1 1 2 , 1 3 1 , 1 3 4 , 146 f. — (Finanzen) 152 Regalien 10 Reichsacht 23 f. Reichsbanner 164 Reichsexekution 166 Reichsgesetzgebung 39, 1 2 4 , 156 Reichskammergericht 2 6 Reichskanzler 125, 1 2 7 , 130, 1 4 0 , 154, 160, 163 f., 166 Reichskasse 153 Reichskommissar 167 ff. Reichslande (mitteldeutsche) 1 Reichslehen 32, 48 Reichspräsident 1 6 0 ff., 1 6 7 f.
191
Sachregister Reichsrat 155 ff. Reichsrecht 27, 45 Reichsstände (evangelische) 26 Reichstag 21, 26, 29, 122, 124, 127, 129, 137, 161 Reichstag (Augsburg) 23 Reichstag (Lublin) 46 Reichstag (Regensburg) 26 Reichstag (Speyer) 23 Reichstagswahlen 167 f. Reichswahlgesetz 121 Reichswehr 165 f. Reichsverfassung 100 f., 149, 153 Reichsver weser 110 Rekrutenwerbung 84 Rentkammer 23 Republik 149 Reservatrechte 125 ff. Restauration 99 Retablissement 93 Reval 64 Revisionsklausel 110 f. Revolution 99 —, französische 112 —, deutsche (1848) 106, 107 ff., 135 —, deutsche (1918) 146, 159 Rhein 43, 49, 105 (Rheinkrise) Rheinbund 100 Rhinluch 32 Riga 43, 64 Rittergüter 91 Ritterschaft 15 ff., 22, 90 Rüdckaufsrecht 39 f. Rügenwalde, Stadt in Hinterpommern 35 f. Ruppin, Grafschaft 67 Saale 58 Saarmund, Burg im Lande Teltow 32 Sachsen 33, 36, 124, 133 Sagan 42 192
Säkularisation 18, 21, 23 f., 29, 44, 96 Salzwedel 32, 65, 73 Samland 10, 21, 35 SA-Verbot 162 Scharwerk 5, 14, 19, 20 Schaumburg-Lippe 156 Schiedlo, Kursächsischer Ort an der Oder 36 Schievelbein, Stadt in Hinterpommern 40 Schirmvogtei 10 Schlawe, Stadt in Hinterpommern 35 f. Schlesien 37 f., 42 f., 66, 100 Schleswig-Holstein 116 Schönberg, Hauptamt des Deutschen Ordens 21 Sdiönbrunner Verhandlungen 116 Schorfheide 87 Schoßregister 60, 67, 73 Schulgesetzgebung 111 Schutzherrschaft 42 Schutzmannschaft 110 Schweden 24, 26, 49 f., 62, 78 Schwetz, Stadt an der Weichsel 3 Schwiebus, Herrschaft in Niederschlesien 42 Schwurgerichte 111 Seehausen, Stadt in der Altmark 73 Seidenindustrie 93 Sejm 66 Selbstverwaltung 14, 19 f., 61, 92, 103, 132 ff. Setzschulze 20 Siedelwerk 6 f., 10 Sommerfeld, Stadt in der Niederlausitz 42 Sorau, Stadt in der Niederlausitz 42
Sachregister Souveränität 1 ff., 23, 26 f., 50, 54, 120 ff., 131 Sowjetdiktatur 165 Sozialdemokratie 137, 150 Sozialdemokratische Arbeiterschaft 164 Sozialpolitik 137 Spandau 59, 73 Staat (brandenburgischer) 75, 78, 105 — (preußischer) 106, 158 — (Föderativ-) 151 Staatenbund 102, 120 Staatseinnahmen 80, 85 Staatshaushalt 84 Staatsgerichtshof 164 f., 167 f. Staatsidee 112 Staatskrise 162 Staatsrat 103, 167, 168 Staatsräson 96, 165 Staatsschatz 86, 93 Staatsstreich 146 Städte 16, 52, 58, 61 f., 66, 69 Stadtrecht 12 Stammesherrschaft 31 Stände 14 ff., 18, 21 ff., 51, 54, 68, 78, 88, 92 Ständestaat 14 f. Ständetag 15, 19, 22 Ständeverfassung 48, 51 Ständeversammlung 15 Standes Vorrechte 91 Stapelplätze 63 Stapelrecht 65 Stargard, Land 34, 36 Stendal 32, 65, 73 Sternberg, Land 34 Stettin 28, 41, 50, 66 Steuerbewilligung 52 Steuerfreiheit 75 Steuerhoheit 152 Steuerkasse 23 13
Preußen
Steuern 23, 54, 94, 152 (Einkommen und Körperschafts-) 153 Steuervergünstigung 93 Stolp 36 Storkow, Herrschaft 42 Stralsund 28, (Friede von) 62 Subsidiaritätsprinzip 132 Subsidien 80 Tangermünde 32, 73 Teltow, Land 34 Templerorden 34 Templin, Stadt in der Uckermark 67 Testament (Politisches) 82, 90 Territorien (Bischöfliche) 10 (Deutsche) 100 (Geistliche) 44 Teupitz, Herrschaft in der Niederlausitz 42 Thorn 12, 17 (Friede von) 8 Thüringen 36, 133, 153 Tollense, Fluß in Pommern 33 Trebbin, Burg im Lande Teltow 32 Treuenbrietzen, Stadt in der Zauche 32, 73 Ücker 33 f. Ungarn 25, 38, 55, 57 f., 75 Universitäten 8, 154 Venedig 11 Vereinigter Landtag 106, 109 Vereinigte Staaten von Amerika 140 Vereins- und Versammlungsrecht 111 Verfassung 21, 103, 106, 109 f., 119 ff., 124, 127, 145, 147, 150, 160, 165, 167 193
Sachregister Verfassung (Preußische) 155, 166 f. Verfassung (Bismarck) 155 ff., 160 — (Weimar) 151, 153, 155, 156 f., 161 Verfassungskampf 99, 111, 113, 116 Verfassungskonflikt 133 Verfassungsstaat 106 Versailles, Vertrag von (1919) 152 Vertrag mit Pommerellen (1276) 35 Vertrag über das Jülich-Klevische Erbe (1666) 49 Verwaltungsgerichtsbarkeit 132 Verwaltungsorganisationen 55 Vetorecht 125, 130 Volkssouveränität 107 ff., 121
Wahlrecht 111, 121, 129, 133, 137, 139, 147 Wahlreform 137, 139 Wahlrezeß 15 Warschau 1, 50 Warthe 34, 36, 37 Wehlau, Friede zu 27, 50 Wehrverfassung 135 Wehrpflicht 135 Weichsel 3, 17, 28, 36 Weimarer Republik 146, 155, 159, 163, 165
194
Weißer Berg (bei Prag, Schlacht am) 66 Weltkrieg 147 — (Erster) 148 Weltwirtschaftskrise 160, 162 Werra 36 Westfalen 46 Westfälischer Friede 27, 45, 49 Westpreußen 2, 26, 28, 40 Wien 1, 26 f., 90, 164 (Wiener Kongreß) 101 Wirtschaftspolitik 81, 85, 93 Wische, Landschaft in der Altmark 32 Wittelsbach (Haus) 52 Wollausfuhrverbot 92 Wollmanufaktur 85, 92 f. Württemberg 124 Zauche, Landschaft in der Mittelmark 32 Zehdenick, Stadt in Brandenburg 34 Zentralgewalt 108 Zentrumspartei 150 Ziesar, Stadt im Bistum Brandenburg 32 Zinsdörfer 5, 7, 12 f., 19 Zölle 152 Zollgesetzgebung 104 Zollverein 104 f. Zünfte 6, 61, 64 f. Züllichau, Stadt in der Herrschaft Schwiebus 42 Zwangsrekrutierung 84
Personenregister Adenauer, Konrad, geb. 1876, 1920—1932 Präs. d. preuß. Staatsrats 167 f. Albrecht der Bär, etwa 1100 bis 1170, Markgraf von Brandenburg seit 1150 31 Albrecht II., Markgraf v. Brandenburg, 1205—1220 33 Albredit v. Brandenburg-Ansbach, Hochmeister des Deutschen Ordens seit 1510, Herzog v. Preußen 1525—1568 2, 18, 21, 23 f., 40, 43 Albrecht Achilles, Kurfürst von Brandenburg 1470—1486 42, 44 f., 47, 52 Albrecht, Erzbisdiof von Magdeburg und Mainz, Kurfürst, 1490—1545 43, 45 Albrecht Friedrich von Preußen, Herzog, 1568—1618 46 Alvensleben, Gustav von, preuß. General, 1803—1881 114 Ancillon, Friedrich von, preuß. Staatsmann, 1767—1837 106 Anna von Preußen, Tochter des Herzogs Albredit Fr. v. Preußen, Gemahlin des Kurfürsten Johann Sigismund 47 ff. Arnold, Johann, Wassermüller bei Pommerzig (Neumark) 96 Arndt, Ernst Moritz, Schriftsteller u. Politiker, 1769—1860 105 f. Auerswald, Rudolf v., preuß. Ministerpräsident, 1795—1866 110, 112, 114 13»
Barnim I., Herzog von Pommern, 1222—1278 61 Becker, Otto, Historiker, 1885 bis 1955 128 Bennigsen, Rudolf von, nat.-liberaler Politiker, 1824—1902 113, 127, 130 Bethmann Hollweg, Theobald v., 1856—1921, Reichskanzler 1909—1917 140 Bismarck, Otto v. (Fürst), 1815 bis 1898, 1862 preuß. Min.Präs., 1867—1890 Reichskanzler 101, 109 ff., 112, 114 ff., 121 f., 124,127 f., 130 f., 133 f., 140 ff., 147, 152, 169 Blanckenburg, Moritz von, 1815 bis 1888, Konserv. Politiker 136 Blankenfelde, Johann, Erzbischof von Riga 43 Bogislaw X., Herzog von Pommern, 1474—1523 66 Boyen, Hermann von, preuß. General u. Kriegsminister, 1771 bis 1848 103, 106, 134 f. Brandenburg, Friedr. Wilh. Graf von, 1792—1850, preuß. Min.Präs. 1848—1850 110 Braun, Otto, 1872—1955, soz.dem. Politiker, preuß. Min.Präs. 1920—1932 129, 146 f., 151, 154, 160, 164 ff. Brüning, Heinrich, geb. 1885, Zentrums-Politiker, 1930 bis 1932 Reichskanzler 162 f. Bülow, Bernhard Fürst von, 1849 bis 1929, 1900—1909 Reichskanzler 138 195
Personenregister Bußmann, Walter, Historiker, geb. 1914 115, 118 Christian, Markgraf v. Brandenburg-Bayreuth, 1603—1655 47 Dahlmann, Friedridi Christoph, Historiker und Politiker, 1785 bis 1860 104, 107 Dalwigk, Reinhard, Frh. v., hessischer Minister, 1802—1880 117 Dohna, Grafen von 22 Ebert, Friedridi, soz.-dem. Politiker, 1871—1925, Reidispräs. seit 1919 148, 162 Eichhorn, Joh. Albr. Fr., preuß. Minister, 1779—1856 106 Erzberger, Matthias, Zentrumspol., 1875—1921, seit 1919 Reidisfinanzminister 148, 152 Eulenburg, Grafen von 22 Francke, August Hermann, ev. Theologe u. Pädagoge, Prof. u. Begründer d. Waisenhauses in Halle, 1663—1727 83 Franz Josef I., Kaiser v. Österreich, 1848—1916 116 Friedrich II., Deutscher Kaiser, 1215—1250 12, 33, 42 Friedrich III., Deutscher Kaiser, 1440—1493 39, 41 Friedrich I., Kurfürst v. Brandenburg, 1415—1440 37, 39, 45 Friedrich II., Kurfürst von Brandenburg, 1440—1470 37 ff., 52, 65 Friedrich III., Kurfürst v. Brandenburg (Friedrich I., König in Preußen seit 1701), 1688 bis 1713 40 f., 54, 78, 85 f. 196
Friedrich II., der Große, König von Preußen, 1740—1786 28, 87, 91 ff., 100, 142, 169 Friedrich von Sachsen, Hochmeister des Deutschen Ordens, 1498—1510 18 Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen, 1693—1733 (August der Starke) 1 Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Brandenburg, der Große Kurfürst, 1640—1688 2, 26, 30, 50 f., 54, 73, 77, 89 f., 94, 96, 100, 169 Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, 1713—1740, 78 ff., 94, 96, 100, 169 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen, 1786—1797 101 Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen, 1840—1861 106 f., 109 Georg der Fromme, Markgraf von Ansbach-Jägerndorf, 1536 bis 1543 43 Georg Friedrich, Markgraf von Ansbach-Jägerndorf, 1556 bis 1603 46 f. Gerlach, Ernst Ludwig v., Leopold v., preuß. Politiker bzw. General, 1795—1877, 1790 bis 1861 106, 110 Gneisenau, August Graf v., preuß. Heerführer, 1760—1831 134 f. Göring, Hermann, nat.-soz. Politiker, 1893—1946 169 Görres, Joseph von, Publizist u. Politiker, 1776—1848 105 Goethe, Johann Wolfgang v., 1749—1832 100
Personenregister Goldsdimidt, Hans, Historiker, geb. 1879 — ? gestorben als Emigrant in England durch deutschen Luftangriff 129 Groener, Wilhelm, General u. Min., 1867—1939 148 Grumbkow, Friedr. Wilh. v., preuß. Min. u. Gen.-Feldmarschall, 1678—1739 81 Haller, Karl Ludwig v., Staatsrechtler, 1768—1854 106 Hansemann, David, Wirtsdiaftspolitiker, preuß. Min., 1790 bis 1864 110 Hardenberg, Karl August Fürst von, preuß. Min. u. Staatskanzler, 1750—1822 87, 101, 103, 134 Härtung, Fritz, Historiker, geb. 1883 100, 102, 113, 117, 120, 134, 142 Hedwig, v. Polen, Verlobte Kurfürst Friedr. II., f 1431 37 f. Hedwig, v. Polen, Gemahlin Kurfürst Joachims II., 1513—1573 45 Heffter, Heinrich, Historiker, geb. 1903 132 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, Philosoph, 1770—1831 103, 132 Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, 1142 bis 1180 33 Heinrich von Plauen, Hochmeister des Deutschen Ordens, 1410 bis 1430 15 Hertling, Georg Graf v., kath. Politiker, 1843—1919, 1917/18 Reichskanzler 148
Hertzberg, Ewald Friedr. Graf von, preuß. Min., 1725—1795 28 Herzfeld, Hans, Historiker, geb. 1893 102 f., 115 Hindenburg, Paul von Beneckendorff u. v. H., Gen.-Feldmarschall u. Reichspräs, (seit 1925), 1847—1934 160 ff., 166 Hitler, Adolf, nat.-soz. Politiker, 1889—1945 146, 166 f. Hohenlohe-Ingelfingen, Adolf Prinz v., preuß. Min.-Präs. 1862 (1797—1873) 114 Hohenzollern, Anton Fürst v. H.Siegmaringen, preuß. Min.Präs. 1858—1862 (1811—1885) 112, 114 Humboldt, Wilh. von, preuß. Staatsmann u. Philosoph, 1767 bis 1835 101, 103, 134 ff. Ilgen, Heinrich Rüdiger v., preuß. Minister, f 1728 81 Jahn, Friedrich Ludwig, d. Turnvater, 1778—1852 105 f. Joachim I., Kurfürst von Brandenburg, 1499—1535 41, 43 f., 45, 53 Joachim II., Kurfürst von Brandenburg, 1535—1571 2, 45 f., 53 Joachim Ernst, Markgraf v. Ansbach, 1603—1625 47 Joachim Friedridi, Kurfürst von Brandenburg, 1598—1608 47 f. Johann I., Markgraf von Brandenburg, 1220—1267 34 Johann Cicero, Kurfürst v. Brandenburg, 1486—1499 65 197
Personenregister Johann Georg, Kurfürst v. Brandenburg, 1571—1598 46 f. Johann II. Kasimir, König von Polen, 1648—1672 50 Johann Sigismund, Kurfürst von Brandenburg, 1608—1619 2, 47, 48, 49, 53 Johann, König von Sachsen, 1854 bis 1873 116 Josef II., deutscher Kaiser, 1765 bis 1790 100 Justi, Johann Heinrich Gottlob von (Kameralist), 1705—1771 81
Kalkstein, Christian v., Oberst, t 1 6 7 2 54 Kant, Immanuel, Philosoph, 1724 bis 1804 104, 135 Kantzow, Thomas, Humanist 71 Karl IV., deutscher Kaiser, 1346 bis 1378 37 f., 60 Karl V., deutscher Kaiser, 1519 bis 1556 23 Karl August, Herzog (Großherzog) von Sachsen-Weimar, 1757—1828 100 Karl X I . Gustav, König von Schweden, 1660—1697 25, 50 Kerrl, Hanns, nat.-soz. Politiker, 1887—1941 167 Kleist-Retzow, Hans Hugo v., konservativer Politiker, 1814 bis 1892 136 Konrad, v. Wettin, Markgraf v. Meißen, 1123—1157 32 Küchmeister, Michael, Hochmeister des Deutschen Ordens, 1414—1422 16 Laband, Paul, Staatsrechtler, 1838—1918 120 198
Leopold I., deutscher Kaiser, 1658—1705 25 Leopold I., Fürst von AnhaltDessau (der Alte Dessauer), 1693—1747 81, 86, 91 List, Friedrich, Nationalökonom und Politiker, 1789—1846 104 Lüben von Wulfen, Christian Friedrich, Kammerrat unter Friedrich Wilhelm I. 86 Ludendorff, Erich, General, 1865 bis 1937 148 Ludewig, Johann Peter v. (Staatsrechtler), 1668—1743 27 Ludwig X I V . , König von Frankreich, 1643—1715 112 Luther, Martin, 1486—1543 44 Maaßen, Karl Georg, preuß. Min., 1769—1834 104 Manteuffel, Edwin Frhr. v., preuß. General-Feldmarschall, 1809—1885 114 Manteuffel, Otto Frhr. v., preuß. Minister, 1805—1882 112 Marie Eleonore von Jülich-KleveBerg, Gemahlin Herzog Albrecht Friedr. v. Preußen, f 1608 46 ff. Max, Prinz von Baden, 1867 bis 1929, 1918 deutscher Reichskanzler 148 Maximilian, Erzherzog von Österreich, 1558—1618 24 Meinecke, Friedrich, Historiker, 1862—1954 9 9 , 1 3 5 , 1 4 2 f. Metternich, Klemens, Fürst von, österreichischer Staatskanzler, 1773—1859 105,109 Miquel, Johannes von, nat.-lib. Politiker, preuß. Finanzmin., 1828—1901 113
Personenregister Motz, Friedrich von, preuß. Min., 1775—1830 104 Münster, Ernst Graf zu, Hannov. Min., 1766—1839 101 Napoleon I., Kaiser der Franzosen, 1804—1814/15 112 Otto I., deutscher Kaiser, 936—973 31 f. Otto III., Markgraf v. Brandenburg, 1220—1267 31 f., 34 f. Ottokar II., König von Böhmen, 1253—1278 35 Papen, Franz von, Politiker, geb. 1879, 1932 Reichskanzler 146,160,162,164 f., 166 ff. Payer, Friedrich von, demokratischer Politiker, 1847—1931, 1917/18 Vizekanzler 148 Pfizer, Paul Adiatius, Politiker, 1801—1867 104 Pfuel, Ernst von, preuß. General und Minister, 1779—1866 110 Polenz, Georg von, Bischof von Samland, 1478—1550 21 Polignac, Jules Armand Fürst v., franz. Staatsmann, 1780 bis 1847 105 Preuß, Hugo, Staatsrechtler, 1860 bis 1925 149,153,161 Pribislaw (Heinrich von Brandenburg), Wendischer Fürst, 1127—1150 31 Puttkamer, Robert von, preuß. Min., 1828—1900 133 Radowitz, Joseph Maria von, preuß. General und Minister, 1797—1853 108 Ranke, Leopold von, Historiker 1795—1886 110,142 f. Rößler, Helmuth, Historiker, geb. 1910 103
Roon, Albrecht, Graf von, preuß. Gen.-Fld.-Marschall u. Kriegsminister, 1803—1879 113,135, 139 Rosenberg, Arthur, kommunist. Politiker, geb. 1889 149 Roth, Hieronymus, Sdiöppenmeister von Königsberg f 1678 54 Rotteck, Karl Wenzelslaus von, Politiker u. Historiker, 1775 bis 1840 104 Savigny, Karl Friedrich von, Preuß. Diplomat, 1814—1875 128 Sdiarnhorst, Gerh. von, preuß. General, 1775—1813 134 f., 139 Schleiermacher, Friedrich, evang. Theologe, 1768—1834 105, 135 Schleidier, Kurt von, General, 1882—1934, Reichswehrminister u. Reichskanzler, 1932/33 163,166 Schlieben, von, preuß. Adelsfamilie 21 f. Schmerling, Anton Ritter von, Österreich. Staatsmann, 1805 bis 1893 116 Schmitt, Carl, Staatsrechtler, geb.1888 117 Sdioeps, Joachim, Theologe und Historiker, geb. 1909 103 Schulenburg, Lewin von der, brandenb. Gesandter 46 Schulze-Delitzsch, Hermann, Sozialpolitiker, 1808—1883 113 Schwarzenberg, Felix Fürst von, österr. Staatsmann, 1800 bis 1852 109 Schwerin, Adelsfamilie 68
199
Personenregister Severing, Karl, sozialdem. Politiker, preuß. u. Reichsmin, 1875 bis 1952 129,164 f. Seydel, Max Ritter von, Staatsrechtler, 1846—1901 120 Sigmund, Sohn Joachims II. von Brandenburg 45 Sigmund II. August, König von Polen, 1548—1572 37, 39,45 f. Srbik, Heinrich Ritter von, Historiker, 1878—1951 102 Stahl, Friedrich Julius, Rechtsphilosoph, 1802—1861 106, 117 Stein, Karl, Reichsfreiherr von u. zum, deutscher Staatsmann 1757—1831 87,101,103,134, 139 Strasser, Gregor, nat.-soz. Politiker 1892—1934 166 Thadden, Adolf von, 1796—1882 136 Thiers, Adolphe, franz. Historiker u. Staatsmann, 1797—18 77 105 Treitschke, Heinrich von, Historiker, 1834—1896 102,104
200
Unruh, Victor von, preußischer Politiker, 1806—1886 113 Welcker, Karl Theodor, liberaler Politiker, Staatsrechtler, 1790 bis 1869 104 Wenzel III., König von Böhmen und Polen, 1305/06 35 f. de Wette, Wilhelm Martin Leberedit, ev. Theologe, 1780 bis 1849 105 Wilhelm I., Prinzregent 1858 112 f., König von Preußen 1861 bis 1888, deutscher Kaiser seit 1871 116, 126, 131, 169 Wilhelm II., König von Preußen, deutscher Kaiser 1888—1918 136,138,148 Wilson, Thomas Woodrow, 1913 bis 1921 Präsident der USA, 1856—1924 149 Woldemar, Markgraf von Brandenburg, 1303—1319 36 Wrangel, Friedr. Graf von, preuß. Gen.-Feldmarschall, 1784—1877 110
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Preußen als historisches Problem Gesammelte Abhandlungen Herausgegeben von Gerhard Oestreich (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 10) G r o ß - O k t a v . VI, 430 Seiten. 1964. Ganzleinen D M 28,— Inhalt Einleitung von Gerhard Oestreich Erster Teil: Preußen
im
Hochabsolutismus
Preußen als historisches Problem (1956) • Friedrich Wilhelm I. (1938) Das Ahnenerbe Friedrich Wilhelms I. (1956) • Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. (1956) • Die preußische Zentral Verwaltung in den Anfängen Friedrich Wilhelms I. (1958) • Hille und Reinhardt, zwei Wirtschafts- und Sozialpolitiker des preußischen Absolutismus (1941/42) • Der Hallisdie Pietismus als politisch-soziale R e f o r m bewegung des 18. Jahrhunderts (1953) . Der Konflikt zwischen Friedrich Wilhelm I. und Kronprinz Friedrich (1936). Zweiter Teil: Das
Barockzeitalter
Staat und Gesellschaft im Barodczeitalter (1951) • Der Große K u r fürst (1956) • König Friedrich I. von Preußen (1944) • Die Idee des geistigen Mittelpunktes Europas im 17. und 18. Jahrhundert (1952) • Zur Selbstauffassung Ludwigs X I V . in seinen Mémoires (1956). Dritter Teil: Berliner
Geschichtsforscher
Leopold von Ranke (1956) • Schelling und ,der Konflikt der modernen Welt' in Rankes .Epochen der neueren Geschichte' (1958) • Der Historismus als ein Lebensproblem Friedrich Meineckes (1959) • Fritz H ä r t u n g (1958) • H a n s Herzfeld (1957). Bibliographie Carl Hinridis von Werner Schochow
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Berlin Neun Kapitel seiner Geschichte Oktav. XII, 297 Seiten, 20 Tafeln, darunter 3 Ausfalttafeln, zahlreiche Textabbildungen. 1960. Mehrfarbiger Ganzleinenband DM 14,— Inhalt Vor- und Frühgeschichte des Berliner Bodens ( F r i e d r i c h Gandert) • Entstehung der Mark Brandenburg und ihrer Städte ( J o h a n n e s Schultze) • Berlins Gründung und erster Aufstieg. Sein Kampf mit der Territorialgewalt (Berthold Schulze) • Reformation und Renaissance in Berlin ( W i l l y Hoppe) • Berlin und die Hohenzollern (Richard Dietrich) • Im Jahrhundert Goethes ( A l f r e d Zastrau) • Berlins Weg zur Industrie- und Handelsstadt (Richard Dietrich) • Die städtebauliche Entwicklung Berlins seit dem Ende des 18. Jahrhunderts (Ernst Heinrich) • Berlin auf dem Wege zur Weltstadt (Hans Herzfeld).
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