Predigt am zwei und zwanzigsten Oktober in der Dreifaltigkeitskirche zu Berlin [Reprint 2021 ed.] 9783112431023, 9783112431016


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Predigt am zwei und zwanzigsten Oktober in der Dreifaltigkeitskirche zu Berlin [Reprint 2021 ed.]
 9783112431023, 9783112431016

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Predigt am

Zwei und Zwanzigsten Oktober Inder

Dreifaltigkeitskirche zu Berlin gesprochen

een

D. F. Schleiermacher.

Berlin, imDerlage der Nealschulbuchhandlung.

j 8 i 5-

\5ttt Fest des Friedens zu feiern, danach sehnen wir uns Alle, schon seitdem dieser unerwartet erneuerte blutige Krieg zum andernmal siegreich beendet ist, der mit den früheren Zähren des Unglücke und der Unsicherheit «inen Zeitraum bildet, welche» wir, wenn er gleich nie aus unserm und un­ serer Nachkommen Gedächtniß verschwinden darf, doch gern einmal abschließen möchten um, ihn als etwas vergangenes hinter uns stellend, uns dem neu und schöner beginnenden frtedlichen Leben gemeinsam zu widmen.' Ein Fest des Friedens sehnten wir uns zum Eintritt in diese Neue Zeit zu begehen, an dem wir mit vollen frommen Zügen die Freude über die herrlichen Thaten unseres Volkes und das wohlerworbkne Vertrauen auf die Zukunft stärkend und erbaulich genössen. Ehe uns aber noch dieser Wunsch gewährt wird, da das große Werk nur langsam reift, er­ scheint uns der heutige Tag durch eine zwiefache Feier aus­ gezeichnet. Die Eine ein allgemeines Fest unseres gesammten deutschen Volkes, das frische Andenken an die blutigen und verhängnißschweren aber auch entscheidenden und rühm vollen Tage von Leipzig, an jene Kette von' Schlachten, welche zuerst dem Kampf, wo alles was dem Menschen 21 2

4 theuex ist zum letztenmal,

wie es schien,

auf dem Spiele

stand, die entscheidende Wendung gab, durch welche nicht nur

diejenigen Staaten Deutschlands sich gesichert fühlten, welche

so glücklich gewesen waren kühn vorangchn zu dürfen, der» auch die

andern

entledigt

wurden und

son-

ihrer Kräfte

so daß nicht.länger zweifelhaft bleiben konnte,

mächtig,

ob

Deutschland ein Land der Dienstbarkeit sein werde oder der

Selbständigkeit.

Die andere Feier dieses Tages ist eine be-

sondere schon alterthümlichr, für da« ganze Reich unseres KL« niges.

Denn wie sollten nicht auch alle dem Zepter seines

Hauses später unterworfene Provinzen

herzlichsten

den

An­

theil nehmen an dem zum viertenmal sich wiederholenden hun­ dertjährigen Gedächtniß des Tage«, an welchem der erste Ho-

henzollern als Beherrscher dieser brandenburgischen Mark, die Gelübde der Treue von

den Eingesessenen

empfing.

Willkommen vereinigen sich uns heute diese beiden hochwichti­

gen Begebenheiten zu Einem Feste. Denn fragen wir uns, was

uns am tiefsten und heftigsten bewegte in den traurigen Zei­ ten die diesem blutigen Kriege vorangingen?

Es war die

Besorgniß, daß die freie Herrschermacht unseres Königes noch mehr möchte gebeugt werden unter fremde Gewalt,

.>icse frevelnde Gewalt,

oder daß

welche schon so vieles gewagt hatte,

zuletzt auch noch ihre zerstörende Hand legen möchte an da«

geheiligte Band zwischen stammten Beherrschern.

diesen

Ländern und

ihren

Und fragen wir uns weiter,

ange­ was

hat wohl jetzt möglich gemacht, daß unser preußischer Staat

ungünstig gelegen,

aus verschiedenartigen Theilen zusammen­

gesetzt, durch lange Leiden entkräftet,

dennoch so vieles hat

beitragen können zur Befreiung Deutschlands, zur Sicherung

Europens?

Wir werden alle zuerst darauf zurükkommen, es

war der mächtige Einfluß jener das innerste Leben jdurchdrin-

5 genden Webe

und

alle

womit

Ergebenheit,

&taate$ und alle Stände aller Provinzen

Provinzen M

dem König

und

seinem erhabenen Hause zugethan sind, das geistigste Werk der

Jahrhunderte,

das sich still für diese großen entscheidenden

Wirkungen gesammelt hielt. —

Und auch zu einem frommen

Denn frommer sich

Feste vereinigt sich beiderlei Angedenken.

hmgebender Muth war es, der an jenen blutigen Tagen das Vaterland rettete, und fromme Treue hat Jahrhunderte hin­

durch das Band zwischen unsern Fürsten und ihren Völkern

fester geknüpft und geheiliget.

Beides also will auch fromm

gefeiert sein, nicht nur still im einsamen Nachdenken und im engern Kreise,

nicht

nur in lauter überströmender Freude;

sondern zuerst wollen wir im Hause des Herrn in mer Andacht dies zwiefache Fest begehen,

Dank

und

unsere

Gelübde

Laßt uns dazu den Herrn

um

vor

Gott

seinen

gemeinsa­

für beides unsern

zusammenführend.

Segen

anrufen

im

Gebet des Erlösers.

Text i Kött. 8/ 56—58.

Gelobet

sei der Herr der seinem Volk Ruhe

gegeben hat! der Herr unser Gott sei mit uns,

wie er gewesen ist mit unsern Vätern! Er ver­

lasse uns nicht und ziehe die Hand nicht ab von uns zu neigen unser Herz zu ihm,

wandeln in allen seinen Wegen,

daß wir

und

halten

seine Gebote, Dies, m. a. Fr. sind Worte eines Königes an fein Volk, eines Königes,

der den Frieden feines Landes gesichert,

Grcnjen seines Gebietes erweitert,

die

sein Volk durch Vortheil-

6

hafte Verbindungen und durch ausgedehnteres Verkehr mit andern Völkern zu größerem Wohlstände erhoben, und indem er Weisheit und Kunst unter seinen Unterthanen verbreitete, sie diese« Wohlstände« werth gemacht hatte, so daß Macht und Ansehen seine« Staate« unter seiner Regierung den höchsten Gipfel erreichte. Und Werte eine« frommen Könige« sind e«, der für alle« dieses nur den Namen de« Herrn erhöhte, unb dem nicht« so am Herzen lag, al« in treuer Anhänglichkeit an dem göttlichen Gesez» sein Volk zusammenzuhalten. Worte demnach, ihrer Veranlassung und ihres Inhalte« wegen gleich geeignet, daß wir sie unserer heutigen Detrachtnng zum Grunde legen, um diesen Tag würdig zu feiern, Sie wer­ den uns daraufführen, wofür wir heute Gott danken, und wa« für Wünsche und Gelübde wip vor ihn bringen sollen. I. Gelobet fei der Herr, sagt Salomon, der seinem Volke Ruhe gegeben hat. Da« kann vielleicht manchem theil« wenig scheinen, wenig für die hochfliegenden Wünsche der Menschen, zumal wenn sich an einem feierlichen Tage ihr Blick über einen weiten Zeitraum verbreitet, wenig auch, und vielleicht nur ein mildernd bescheidener Auedruck in dem eige­ nen Munde, für dir großen Thaten jenes Königes, theil« auch scheint e« manchem vielleicht heute noch unpassend für un«, die wir immer noch nicht gänzlich beruhiget sind durch die sichere Kundmachung «ine« wirklich gestifteten Friedens. Aber, meine theuren Freunde, Ruhe ist nicht einerlei mit dem Frieden von außen. Denn wie mitten im äußeren Frieden Unruhe fein kann und Angst,, da« wissen wir au« unserm eigenen traurigen Beispiel, und wir sehen e« auf eine andere Art an schauderhaften Beispielen in der FerneUnd wie auch mitten im Kampf? nach außen die glückseligste

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Ruhe vorhanden sein kann im Innern, wie lebhaft muß uns das heute vorfchweben im Andenken an jene glorreichen Tage, nach denen der Kampf noch lange genug fortgrdauert hat, und nicht mit immer gleichem Erfolge, ohne daß doch tm mindesten unsere Ruhe wäre gestört worden. Diese Ruhe ist also vielmehr ein innerer Zustand; sie ist die Selbstgenüg« samkeit deß Menschen im Vertrauen auf die göttliche Obhut und auf daü hinreichende Maaß seiner Kräfte; sie ist die Si­ cherheit daß was ihm auch begegnen könne, ihm sein Ziel nicht aus den Augen rücken, und das wesentliche seines Da, seins nicht verändern werde. Sie ist also etwas weit höhe« res als der äußere Friede; und für tin ganzes Volk wie für einen einzelnen Menschen wird um sie zu haben vorzüglich, nur erfordert, daß der köstliche innere Friede da sei, das Ge­ fühl von der Uebereinstimmung des eigenen Willens mit dem göttlichen, und daß eine tröstliche Erfahrung gemacht worden fei von dem was die Kräfte vermöge». 5» der letzten Hinsicht nun können wir mit unserm ge­ jammten Volke sqgefl, wenn wir jener errettenden Schlacht gedenken und ihrer unmittelbaren herrlichen Folgen, Gelobet sei der Herr, der seinem Volk Ruhe gegeben hat. Denn da­ mals fing an überall der Sinn und Wille laut zu werden, daß kein Zweig des Volkes dürfe nach Vergrößerung streben oder nach Macht über die andern durch verkehrte und ver­ gängliche Freundschaft mit dem Feinde des Volkes, sondern daß wir stark sein wollten, wie es nach dem Willen Gottes Brüdern geziemt, zusammenwohnend in Liebe und EintrachtDamals machten wir nach mehreren auch erhebenden und glorreichen aber doch noch wechselnden Begebenheiten, eine solche Erfahrung hon unsern Kräften, die uns berechtigt zu der Ueberzeugung daß sie immer hinreichend sein werden zu dem redlichen gottgefälligen Zweck der Srlbstbeschühung.

Wie viel schönes und kräftiges ist nicht schon hervorgegangm aus dieser gottverliehenen Ruhe! und wieviel dürfen wir nicht noch erwarten ' auch für die bevorstehende Gott gebe recht lange Zeit friedlichen und ungestörten Wirkens! Wieviel Ursache also Gott zu danken an dem Gedächtnißtage der schauerlichen blutigen Gründung dieser Ruhe! Sehen wir aber, meine Freunde und Brüder, auf unsern engeren Verband unter dem Schirm unsers theuren Königes und feines erhabenen Haufes r dürsten wir dann wol auch von uns ohne alle Beschämung sagen, unsere Ruhe fei erst gegründet an jenem Tage der Schlacht? Fühlen wir nicht, daß dieser Tag nicht möglich gewesen wäre nach den anfängsich zweideutigen ja dem ersten Anscheine nach niederschlagen­ den und lähmenden Kriegsereignissen, wenn nicht mitten unter diesen eine festbegründete Ruhe Volk und Krieger, König und Heerführer aufrecht erhalten hätte? Müssen wir nicht wohlüberlegt gestehen, diese Ruhe sei ein altes ererbtes Gut, das schon seit langer Zeit immer nur vorübergehend Und oberflächlich hatte können getrübt werden? Müssen wir nicht dankbar gestehen, sie beruhe auf eben diesem Bande, welches rtns mit dem erhabenen Herrscherstamme vereinigt, der nun vier hundert Jahre glücklich und'gesegnet in diesen Landen regiert hat, und sie -sei, seitdem so viele- göttliche Wohlthaten und Segnungen uns durch dieses Königshaus zugeflossett, nur dann wesentlich gestört worden, wenn diesem geheiligten Bande selbst Gefahr drohte, fv lange wir aber dieses ungelockert und kräftig fühlten, fei auch aus dem Ge­ müthe jedes kundigen und besonnenen so wie jedes einfältigen getreuen Unterthanen die Ruhe nicht gewichen. Welchem Verständigen gilt das nicht für den ersten Grundpfeiler und die sicherste Bürgschaft des gemeinen Wohls

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und Gedeihens unter jeder größeren Vereinigung von Menschen, daß ihr an die Spitze gegeben sei ein in ungestörter Folge gesetzmäßig regierendes Herrscherhaus. Denn welche Ver­ wirrungen sind gefährlicher und austösender als die mit dem Wechsel der Herrschaft verbundenen/ schon wenn er natürlich herbeigeführt wird durch das Aussterben eines Stammes/ noch weit mehr aber wenn bürgerliche Unruhen wenn im Innern des Volkes wüthende Zwietracht die Veranlassung gab. Wohl kemer von den größer? Staaten Europa's, die mit dem unsrigen könnten verglichst werden, keiner darf sich rühmen der Wohlrhat, welche der Herr uns erzeigt hat/ durch vier Jahrhunderte schon beherrscht worden zu sein in unun­ terbrochener männlicher Erbfolge von demselben Geschlecht, ohne daß je die Hand des Fürsten in Gewaltthätigkeit gewe­ sen wäre wider sein Volk, noch eine frevelnde Hand aus dem Volk sich..erhoben hätte wider den Herrscher. »Zur glücklichen von Gott gesegneten Stunde ward diesem deutschen Grenz, lande, das durch Kriege und durch die Unordnungen wechseln­ der Befehlshaber im innersten zerrüttet war und erschöpft, Friedrich von Hohenzollern von einem der edelsten Geschlech­ ter aus dem innersten Herzen Deutschlands entsprossen, ein tapferer Kriegesmann, ein weises und mildes Oberhaupt, zum Herrscher gegeben, um die tiefen Wunden des Landes zu heilen, und es inniger und fester dem Mutterlande zu verbin­ den. Das war der Anfang des preußischen Staates, und alle Größe zu der er sich erhoben hat, ist ihm durch dasselbe Herrscherhaus geworden. Gott der Herr hat nicht aufgehört die Abkömmlige dieses treflichen Ahnherrn, in verschiedenem Maaße freilich wie das Loos der Menschen es mit sich bringt, auszurüsten mit männlicher Tugend und kräftigem Geist. Und zwar so, daß je größer die Noth geworden war, sei es

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durch Fahrlässigkeit und Schwäche eine« einzelnen entarteten, fei es durch Schuld der Zeiten oder durch fremden Neid, um desto größer war der Geist, welcher zur Rettung von Gott gesendet wurde. Und so haben wir öfter gesehen aus ähnlü chem Elend worin der Ahnherr des Hauses hisse Länder fand, seine Nachkommen ste zu schönerer Blüthe wieder erheben. S» haß her Ruhm und Glanz de« Hause«, die Ausdehnung und der Reichthum des Landes, der innere Werth und die geistige Entwicklung des Volkes fortgeschritten ist, nicht zwar in ununterbrochenem gleichförmigen Wachsen, denn das wäre mehr als menschlich, aber zwischen bedrängenden Prüfungen bath m stiller Vorbereitung, bald in bedeutenden und glänzendenErscheinungen, indem djeHerscher jezt dem im Vylke waltenden guten Geist liebevoll nachgingen, jezt ihn weise und schirmend begleitetem jezt ihm, wie es aueerwählten Rüstzeugen Gottes geziemt, in kraftvollem heldenmäßigen Schritte voraneilten. Uich in so im­ mer inniger sich verwebendem gemeinsamen Leben ist auch Huld und Wyhlgeneigcheit der Herrscher, Treue und Anhängkeit der Unterthanen immer gewachsen, bis nun in den ewig denkwürdigen Zeiten die jetzt König und Volk Mil einander durchlebt haben, die gegenseitige Lisbe auf Noth imb Tod zu den hellsten und reinsten Flammen aufgeschlagen ist! Haben wir nicht in diesem Gefühl wachsender sich verklärender Liebe schon lange jene herrliche Sicherheit genossen, und Alle ge­ wußt, daß sie uns nie verloren gehen könnte, wenn auch die Freude dann und wann getrübt worden, wie denn auch selbst in denen die Zuversicht nicht erstorben war, die wirklich auf eine Zeit von unserm Herrscherhause getrennt wurden? Haben wir nicht wohl gewußt, daß mit unserm königlichen Herrn ver­ eint Golt uns zwar züchtigen könne aber nicht verderben, weil dies Holk und dies Königshaus, an dem sich Gottes

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Gnade schon so sehr verherrlicht, auch noch müsse >u großem aufgespart sein.

Gelobet also sei Gott der seinem Volk diese Ruhe gegeben hat. Das rufeq wir, die Bewohner dieser Marken, welche zuerst unter bey jetzigen Unterthanen des Königs seinem heil­ bringenden Herrscherstamme gehorchten! Das rufen wir, die Bewohner dieser Hauptstadt, die sich seit jenem glücklichen Zeitpunkt von einem fast unscheinbaren Anfänge allmählig zu einer der Zierden Europas erhoben hat! Und uns rufen es dankbar mitempfindend nach alle die Genossen deutscher Zunge, die allmählig unter derselben beglückenden Herrschaft mit uns sind vereiniget worden.

II. Aber nun laßt u»S auch sehen, welche« sind denn die Wünsche die wir an diesem feierliches Tage billig vor Gott bringen, Wünsche die, weit sie nicht auf etwa« nur äußerli­ ches gehen, sich in unsern Herzen und auf unsern Lippen jü heiligen Gelübden gestalten müssen. Der Herr sei mit uns wie er gewesen ist mit unsern Vätern! er erhalte uns und unsern Kindern das erhabene Königshaus, durch welche« er unsere Väter 4