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German Pages [325] Year 2018
Patrick Poch
Porträtgalerien auf Papier Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
VERÖFFENTLICHUNGEN DER KOMMISSION FÜR NEUERE GESCHICHTE ÖSTERREICHS Band 111,2 Kommission für Neuere Geschichte Österreichs Vorsitzende: Brigitte Mazohl Stellvertretende Vorsitzende: Reinhard Stauber, Kurt Scharr Mitglieder: Franz Adlgasser Peter Becker Ernst Bruckmüller Laurence Cole Werner Drobesch Margret Friedrich Elisabeth Garms-Cornides Michael Gehler Andreas Gottsmann Margarete Grandner Hanns Haas Wolfgang Häusler Ernst Hanisch Gabriele Haug-Moritz Michael Hochedlinger Lothar Höbelt Thomas Just Katrin Keller Grete Klingenstein Alfred Kohler Christopher Laferl Wolfgang Maderthaner Stefan Malfèr Lorenz Mikoletzky Gernot Obersteiner Hans Petschar Helmut Rumpler † Martin Scheutz Arno Strohmeyer Arnold Suppan Werner Telesko Thomas Winkelbauer Sekretär: Christof Aichner
Patrick Poch
Porträtgalerien auf Papier Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz’ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR
Die in den Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs gemachten Aussagen sind die der jeweiligen Verfasser, nicht die der Kommission.
Diese Publikation erscheint innerhalb der Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs als Band 2 der Reihe Geschichte der FamilienFideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen, herausgegeben von Hans Petschar.
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund ( FWF ): PUB 440-G24 Open Access: Wo nicht anders festgehalten, ist diese Publikation lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 4.0; siehe http://creativecommons.org/licenses/ by/4.0/ Diese Publikation wurde einem anonymen, internationalen Peer-Review-Verfahren unterzogen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http ://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: „Das Glück der Zukunft“. Vermählung des Erzherzogs Franz mit Elisabeth von Württemberg. Kupferstich/Radierung von Quirin Mark nach Hieronymus Löschenkohl, um 1788 (Detail). Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 5074. ISBN 978-3-205-20855-6 © 2018 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H. & Co. KG, 1030-Wien Kölblgasse 8–10, A-1030 Wien www.boehlau-verlag.com Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Satz: Bettina Waringer, Wien
1. INHALT 1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Quellenlage und Forschungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.2 Zum Aufbau des Bandes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2. Porträtgrafik in der kaiserlichen Privatbibliothek. . 2.1 Porträtwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Porträtstichsammlung in Portefeuilles. . . . . . . . . 2.3 Die Kupferstichsammlung nach Schulen.. . . . . . . . . .
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I. EINFLUSSSPHÄREN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Herausbildung von Kunstkennerschaft in der Jugend. . 3.1 Kunsterfahrung am toskanischen Hof. . . . . . . . . . . . . . 3.2 Auseinandersetzung mit Druckgrafik im Zeichenunterricht . 3.3 Die Kopien nach Jacques Callots „Großer Apostelserie“. . . . 3.4 Porträtstiche als Lehrmittel im Geschichtsunterricht. . . . .
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II. SAMMELSTRATEGIEN.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Die frühen Erwerbungen ab 1785. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.1 Erwerbungen im Kunsthandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.1.1. Zur Zusammensetzung der frühen Porträterwerbungen. . . 71 4.1.2 Artaria & Compagnie als Hauptlieferant von Porträtgrafik. 80 4.1.3 Der Kaiser als Großkunde von Kunsthändlern und Kommissionären. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4.1.4 Der eigenhändige „Catalogue de Portraits“. . . . . . . . . . . 94 4.2 Erwerbungen durch Agenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 4.2.1 Johann Baptist Skall, Hofbeamter und -chronist.. . . . . . 102 4.2.2 Das geplante Porträtwerk Skalls.. . . . . . . . . . . . . . . 105 4.2.3 Die Porträtlieferungen Skalls. . . . . . . . . . . . . . . . . 106
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4.2.4 Joseph Sonnleithners „Geschichte der Musik in Denkmälern“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Die Porträtlieferungen Sonnleithners. . . . . . . 4.2.6 Die mitgelieferten Biografien. . . . . . . . . . . . 4.2.7 Zur Zusammensetzung der Lieferungen.. . . . . 4.3 Die Erwerbung der Porträtsammlung des Hannoveraner Sammlers Georg Friedrich Brandes. . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Der Verkauf der Sammlung.. . . . . . . . . . . . 4.3.2 Zum inhaltlichen Profil der Sammlung. . . . . .
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5. Erwerbungen unter den Bibliotheksvorstehern Young und Khloyber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5.1 Einsendungen und Dedikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 5.2 Das Zirkularschreiben an die Gesandtschaften. . . . . . . . . . . . . 131
III. ORDNUNGSSTRATEGIEN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 6. Bürgerliches Sammeln und Ordnen von Porträtgrafik im 18. Jahrhundert. . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Private Kupferstichsammlungen in Wien um 1800. . . . . . . . . 6.2 Bürgerliche Porträtstichsammlungen in Deutschland. . . . . . . 6.3 Zur Rezeption der Porträts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Formen bürgerlicher Porträtstichsammlungen. . . . . . . . . . . 6.4.1 Universale Porträtstichsammlungen. . . . . . . . . . . 6.4.2 Gelehrtensammlungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3 Heimat- und stadtgeschichtliche Porträtsammlungen. 6.4.4 Genealogische Sammlungen. . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Zur Anordnung von Porträts in Kupferstichkabinetten. . . . . . 6.5.1 Alphabetische und chronologische Aufstellung. . . . . . 6.5.2 Klassifikatorische Aufstellung. . . . . . . . . . . . . . .
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7. Ordnungsmodelle aristokratischer Porträtstichsammlungen im 18. Jahrhundert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 7.1 Porträtgrafik in fürstlichen Kunstkammern.. . . . . . . . . . . . . . 177 7.2 Von der Kunstkammer zum Grafikkabinett. . . . . . . . . . . . . . . 191 7.3 Die Porträtstichbände im Cabinet des Estampes Ludwigs XIV.. . . . 192 7.4 Die Porträtstichsammlung Augusts des Starken. . . . . . . . . . . . 197
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7.4.1 Die Ordnung der Porträts durch Johann Heinrich von Heucher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Die Neuordnung durch Karl Heinrich von Heineken. . . 7.5 Die kosmopolitische Sammlung – Prinz Eugen von Savoyen. . . . 7.5.1 Die Ordnung der Sammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.2 Weiterführung und Inventarisierung der Porträtsammlung unter Adam von Bartsch 1791–1821. . 7.6 Die Porträtstichsammlung des Kurfürsten Carl Theodor. . . . . . 7.6.1 Die Ordnung der Sammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Die historische Porträtgalerie – Louis-Philippe I.. . . . . . . . . . . 7.7.1 Die Ordnung der Sammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.2 Die Systematik als Modell für die Porträtgalerie im Musée historique de Versailles. . . . . . . . . . . . . . . . 8. Die Ordnung der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Datierung und Analyse der eigenhändigen Systematisierungsarbeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Die Ordnung der Regentenporträts nach Herrschaftsrang und -territoium. . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Die Ordnung der nicht dynastischen Porträts nach Ständen. 8.4 Inventarisierung und Neuorganisation durch Leopold Joseph von Khloyber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Die Ausdifferenzierung der Ordnungsklassen. . . . . . . . . .
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9. Resümee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Literaturverzeichnis.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Abbildungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
1. EINLEITUNG Spricht man von fürstlichen oder aristokratischen Porträtsammlungen, so hat man meist Galerien von gemalten Ahnenbildnissen vor Augen, die in Prunksälen großer Schlossbauten oder in eigens eingerichteten Ahnensälen der dynastischen Selbstdarstellung großer und kleinerer Fürstenhäuser dienten. Seit der frühen Neuzeit gehören Ahnengalerien zum Ausstattungsprogramm fürstlicher Residenzen und bilden dort ein Paradebeispiel feudaler Machtdarstellung. Derartige Porträtgalerien, von Walter Schürmeyer im Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte als „Bildnissammlung von Mitgliedern eines bestimmten Geschlechts aus mehreren Generationen“ definiert,1 erfüllten über das Repräsentationsbedürfnis hinaus stets auch einen auf Legitimation gerichteten Zweck. Durch Veranschaulichung der eigenen Abstammung wird der historische Herrschaftsanspruch aufgezeigt. Dies verbindet sie mit den gemalten Stammbäumen oder Stammtafeln, die gleichfalls die genealogische Abstammung eines Hauses sichtbar machten, um daraus politische Ansprüche abzuleiten. Das Interesse der Habsburger an solch dynastisch-genealogischen Forschungen erreichte unter Kaiser Maximilian I. (1459–1519) einen Höhepunkt. Genealogen wie Jakob Mennel oder Johannes Stabius erstellten in seinem Auftrag Ahnenreihen und Stammbäume, die den Ursprung der Habsburgerdynastie bis in die Antike zurückverfolgten, um Macht und Ruhm des Hauses Habsburg zu untermauern. Auch kleinere Fürstenhäuser widmeten sich eingehend der eigenen Familiengeschichte und setzten viel daran, möglichst vollständige und ruhmreiche Ahnenreihen erstellen zu lassen, um die Bedeutung des eigenen Geschlechts zu untermauern und den Herrschaftsanspruch über ihr jeweiliges Territorium zu stützen. Das historisch-genealogische Interesse förderte nicht nur eine beträchtliche Anzahl von gestochenen Stammbaumdarstellungen zutage. Seit dem frühen 16. Jahrhundert entstanden auch druckgrafische Ahnenreihen von Einzelbildnissen wie etwa die 122 Blätter umfassende genealogische Holzschnittfolge Hans Burgkmairs für Kaiser Maximilian I.2 Als druckgrafische Blätter schließlich mehr und mehr zum Gegenstand fürstlichen Sammlungsinteresses wurden, wurden Porträtstiche von Angehörigen dynastischer Familien oft in eigenen Bänden unter genealogischen Gesichtspunkten zusammengestellt und ergaben so eine neue Form von 1 2
Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 1, München, 1937. ÖNB, HAD, Cod.8018, Genealogia Maximiliani I. caesaris, Augsburg, 1510/12. Die Handschrift enthält 77 Holzschnitte von Hektor bis Maximilian I.
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„Ahnengalerien auf Papier“, die weit umfangreicher waren als ihre gemalten Pendants. Neben der Dokumentation der eigenen familiären Tradition fanden sich in den meisten aristokratischen Kollektionen auch Bildnisfolgen anderer Fürstenhäuser sowie wichtiger Mitglieder des Adels. Es entstand so ein System verwandtschaftlicher und politischer Beziehungen, in deren Mittelpunkt der Fürst und die eigene Familie standen. Für Kaiser Franz II. (1768–1835), ab 1804 Franz I. von Österreich, bildeten eben diese historisch-dynastischen Studien ein mit besonderem Nachdruck betriebenes Betätigungsfeld, welchem er sich mit Hingabe widmete. Entsprechend dem allgemein verbreiteten Bild des Kaisers als peniblem Bürokraten rangierte er auf hunderten von Papierbögen Angehörige dynastischer Familien nach deren Regierungszeiten oder nach genealogischen Gesichtspunkten in Form von Tabellen, die später als Grundlage für die systematische Programmatik seiner Porträtsammlung dienten. Die heute in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrten Systematisierungsarbeiten des Kaisers sind zugleich historische Dokumente ersten Ranges, in welchen er entscheidende politische Veränderungen in Europa bisweilen mit knappen Bemerkungen kommentierte. So notierte er die eigene Abdankung als römischer Kaiser mit den Worten „1806 die Kayser Würde niedergelegt“.3 Die Absetzung Napoleons I. registrierte er mit dem lapidaren Vermerk „1814 vom Thron abgetrethen“, die des Schwagers Joachim Murat als König von Neapel mit der Bemerkung „verjagt“.4 Den dynastischen Sammlungen standen im 18. Jahrhundert unzählige Kollektionen bürgerlicher Sammler gegenüber, die mit großem Eifer Porträtstiche von Gelehrten, Künstlern oder Literaten zusammentrugen, die für das geistige Leben ihrer Epoche bedeutend waren. Das Auffinden einer Quittung des Wiener Kunsthändlers Franz Xaver Stöckl brachte den Nachweis, dass im Frühjahr 1796 eine der größten privaten Porträtstichsammlungen in Deutschland, die bislang als verschollen galt, in den Besitz des Kaisers gelangte. Die enzyklopädisch ausgerichtete Gelehrtensammlung des Hannoveraner Juristen Georg Friedrich Brandes (1709–1791) entsprach dem Geist der Aufklärung und des norddeutschen Protestantismus und war von großem Einfluss auf die spätere inhaltliche Ausrichtung der kaiserlichen Sammlung. Mit einem Mal zählten neben den Bildnissen berühmter Feldherren nun ausgerechnet protestantische Pastoren zu den am stärksten vertretenen Gruppen innerhalb der Porträtsammlung des katholischen Monarchen. Reformatorenbildnisse von Martin Luther, Philipp Melanchton oder Johannes Calvin vereinigte der Kaiser indes unter der Bezeichnung „Ketzer“. 3 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1. 4 Ebenda.
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In der von Franz etablierten geburtsständischen Trennung der Porträtsammlung in zwei Abteilungen – Angehörige fürstlicher Familien und Personen bürgerlicher Abkunft –, welche durch unterschiedliche Farbgebung der Portefeuilles noch zusätzlich bekräftigt wurde, offenbart sich ein Weltbild, welches die Unterschiede zwischen Obrigkeit und Untertanentum noch keinesfalls überwunden sehen wollte, sondern vielmehr für ihre Bewahrung, auch in ordnungstheoretischer Hinsicht, plädierte. Die vorliegende Arbeit möchte durch Rekonstruktion der historischen Ordnungsschemata aristokratischer Porträtstichsammlungen zwischen absolutistischem Machtanspruch und bürgerlicher Aufgeklärtheit – vom Feldherren Prinz Eugen von Savoyen bis zum Bürgerkönig Louis-Philippe I. – die unterschiedlichen Ansprüche der jeweiligen Sammler an ihre Kollektionen sichtbar machen. Zugleich sollen allgemeine Entwicklungen in der Gliederung von Porträtsammlungen erforscht werden. Die Ergebnisse erlauben schließlich eine eindeutige Abgrenzung der kaiserlichen Sammlung und deren individueller Ordnungscharakteristika. 1.1 Quellenlage und Forschungsstand Für die nachfolgende Studie waren verschiedenartige Quellengattungen von Bedeutung. Zunächst zählen dazu jene Schrift- und Bildquellen aus der Jugend des Kaisers, die punktuelle Hinweise auf den praktischen Umgang des Erzherzogs mit druckgrafischen Blättern geben. Den frühesten Anhaltspunkt bildet das Unterrichtsprogramm seines Geschichtslehrers Sigismund Anton von Hohenwart aus dem Jahr 1777, in welchem dieser das Heranziehen druckgrafischer Porträts als Lehrmittelbehelf für den Unterricht propagiert.5 Schulhefte aus dem Geografie- und Geschichtsunterricht zeigen akribisch verfertigte genealogische Tabellen zu Regentendynastien verschiedener europäischer Staaten, welche Jahre später maßgeblich für die Systematisierung der dynastischen Bestände der Porträtsammlung waren.6 Schließlich fördert die Analyse von Bildern aus dem Zeichenunterricht des Erzherzogs Erkenntnisse zur Auseinandersetzung des Jugendlichen mit Werken grafischer Kunst zutage. Zentrales Quellenmaterial zur Erforschung der frühen Erwerbungsgeschichte bildet bislang unveröffentlichtes Aktenmaterial aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Die Kammerrechnungen im Handarchiv Kaiser Franz’ I. für die Zeit als Erzherzog in Wien (1784–1791) sowie die Rechnun5 6
ÖNB, HAD, Cod. Ser. n. 12113. ÖNB, HAD, Cod. Ser. n. 12123 bis Cod. Ser. n. 12140.
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gen und Monatsabrechnungen im Bestand der Generaldirektion der Allerhöchsten Privat- und Familienfonde für die Regierungszeit Franz’ II. (1792– 1806) erlauben eine nahezu lückenlose Dokumentation der frühen Genese der Porträtsammlung.7 Die dort abgelegten Belege von Kunst- und Buchhändlern über den Ankauf von Porträtstichen sind nicht nur für die Darstellung der Entwicklung der Sammlung von Bedeutung. Die teilweise genaue Aufstellung der veräußerten Blätter inklusive der darauf dargestellten Personen besitzt auch Aussagekraft hinsichtlich des persönlichen Geschmacks des Sammlers. Das vorhandene Angebot des jeweiligen Händlers, auf dessen Grundlage die Selektion basierte, lässt sich anhand von überlieferten Geschäftsinventaren oder Auktionskatalogen untersuchen.8 So markierte der Kaiser gewünschte Blätter bisweilen persönlich in Auktionskatalogen, die er dann den Kommissionären retournierte.9 Einträge in den Rechnungsbüchern belegen ferner Porträtlieferungen durch zwei Agenten, nachweisbar bis in das Jahr 1813.10 Überlieferte Cahiers mit kurzen Lebensbeschreibungen, die gemeinsam mit den Bildnissen übergeben wurden, erlauben eine einigermaßen zuverlässige Rekonstruktion, welche Porträts durch die beiden Agenten in den Besitz des Kaisers gelangten. Letztlich erbringt die Auswertung der Rechnungen wichtige Erkenntnisse über die Provenienz großer Sammlungsteile, die das rasante Anwachsen der Sammlung näher zu klären vermögen. Wichtigster Fund in diesem Zusammenhang ist zweifellos die Quittung über den Ankauf der 14.000 Blätter umfassenden Porträtsammlung des Hannoveraner Sammlers Georg Friedrich Brandes.11 Als Quelle besonderen Ranges können die handschriftlichen Aufzeichnungen des Kaisers zur eigenen Porträtsammlung bezeichnet werden, welche in der Literatur bislang kaum Beachtung gefunden haben. In sieben Holzkassetten finden sich Inventarlisten, genealogische Tabellen, Verzeichnisse von Teilbeständen sowie ein systematischer Katalog von der Hand des Kaisers, teilweise mit später hinzugefügten Ergänzungen anderer Schreiber.12 Die Hauptfunktion bestand darin, jedes erworbene Blatt mit wenigen erläuternden Angaben einer eindeutigen Ordnungsklasse innerhalb der Sammlung zuzuordnen. Die eigenhändigen Aufzeichnungen stellen eine unschätzbare Quelle dar, die es ermöglicht, dem Kaiser bei der klassifizierenden Beschäftigung mit der Sammlung gleichsam zuzusehen und so das Bild des Samm7 8 9 10 11 12
ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Handarchiv Kaiser Franz 1–5 bzw. ÖStA, HHStA, GDPFF 72–89. So etwa im Firmenarchiv des Hauptlieferanten Artaria & Compagnie in der Wienbibliothek. Siehe Kap. 4.1.3. ÖStA, HHStA, GdPFF, Rechnungsbücher, Hauptreihen, 411 (1805) bis 419 (1814). Siehe Kap. 4.3. ÖNB, BAG, FKB 28032/1-7.
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lers zu erweitern. Obwohl den Tabellen und Inventaren kein einheitliches Schema zugrunde liegt, kommt ihnen hinsichtlich der Etablierung und Ausdifferenzierung der systematischen Programmatik der Sammlung besondere Relevanz zu. Die Abfolge der einzelnen Faszikel lässt die von Franz entworfene Ordnung sichtbar werden, die die Grundlage der heute noch gültigen räumlichen Aufstellung der Porträtsammlung bildet. Mit der Zuweisung einer fixen Dotation aus den Mitteln der Privatkasse 1812 beginnt im Prinzip die Institutionalisierung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I.13 Das Schriftgut zu ihrer Verwaltung hat sich im 50 Archivkartons umfassenden „Archiv der Fideikommissbibliothek“ erhalten, welches bis zum Jahr 1945 reicht.14 Es enthält neben der Korrespondenz zwischen den Bibliotheksvorstehern und dem Kaiser oder nachgeordneten Hofstellen auch Ausgabenjournale und Rechnungen über den Erwerb von Porträtgrafik. Das Archiv dokumentiert darüber hinaus den direkten Austausch zwischen kaiserlicher Sammlung und zeitgenössischer Kunstproduktion in Form von Akten über Einsendungen grafischer Werke in- und ausländischer Künstler. Der Bestand für die Jahre 1809–1835 ist heute im Online-Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek erschlossen. Da das Archiv allerdings erst zu einem Zeitpunkt einsetzt, als die Sammlung bereits zu einem überwiegenden Teil zusammengetragen war, wird darauf nur in dem Maße eingegangen, als es für das Thema relevant scheint. Als einzige zuverlässige Quelle zu Umfang und Zusammensetzung der Porträtsammlung Kaiser Franz’ I. nach dessen Tod stehen heute drei Sammlungsinventare im Haus-, Hof- und Staatsarchiv aus den Jahren 1849–50 zur Verfügung. Die Verzeichnisse wurden, ursprünglich auf Veranlassung des Fürsten Metternich, durch den Vorstand der Privatbibliothek, Leopold Wilhelm von Khloyber, „nach genauer Vergleichung mit den, in der Bibliothek vorfindigen umständlichen Catalogen“ erstellt.15 Sie bildeten, gemeinsam mit den Verzeichnissen der in der k.k. Fideikomissbibliothek vorhandenen Sammlungen von Büchern und Manuskripten, Inkunabeln, Landkarten, Kupferstichen und Holzschnitten, Handzeichnungen und Lithografien sowie topografischen Ansichten, die Grundlage für die im Dezember 1859 erfolgte Feststellung und Inventur des von Kaiser Franz Joseph I. 1849 urkundlich bestätigten und präzisierten Fideikommisses. In drei Bänden wird dort 13 14 15
Huber-Frischeis/Knieling/Valenta (2015), S. 212–218. ÖNB, BAG, Archiv der Fideikommissbibliothek. ÖStA, HHStA, Haus-Archiv, Inventare der Fideikommissbibliothek 14–16, „Numerisches Verzeichnis der in der k. k. Fideicommiss-Bibliothek vorhandenen Sammlung von Porträten nach genauer Vergleichung mit den, in der Bibliothek vorfindigen umständlichen Catalogen“.
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die Porträtsammlung nach der vorhandenen Klassifizierung der Regenten (Band 1) und der verschiedenen Stände (Band 2–3) Person für Person verzeichnet und die Anzahl deren Bildnisse vermerkt, samt einer kurzen Anmerkung zur Ausführung der Porträts.16 Hatten diese Inventare also primär urkundlichen Charakter, durch Festschreibung des Besitzstandes als Bestandteil eines Rechtsdokuments17, so war der Zweck des rund zwanzig Jahre früher, auf Befehl Kaiser Franz’ I. erstellten fünfzigbändigen „Catalog der Porträten-Sammlung“18 jener der Bestandserschließung. Zum einen diente er dem Wiederauffinden einzelner Personenporträts innerhalb der nach Klassen erfolgten Aufstellung. Darüber hinaus erhob er den Anspruch, sämtliche Bildnisse innerhalb der Aufstellung unter Angabe von Ordnungsklasse, entwerfenden wie ausführenden Künstlern sowie Format des Blattes zu erfassen. Dies geschah zunächst in Form einer alphabetischen Kartei aus losen Zetteln, die zu jeder Person auch kurze biografische Angaben wie Lebensdaten, Beruf und Wirkungsort enthielt. Die Überführung und Reinschrift des Bandkatalogs erfolgte schließlich ab dem Mai 1829. Beide Kataloge haben sich bis heute erhalten und fungierten bis weit in das 20. Jahrhundert hinein als Hilfsmittel wissenschaftlicher Arbeit. Grundlage für die vergleichende Untersuchung zeitgenössischer fürstlicher Privatsammlungen bilden gedruckte Verzeichnisse und handschriftliche Inventare aus Archiven in Wien, München, Dresden und Paris. Der zu Beginn stehenden Fragestellung nach der Eingliederung von Porträtgrafik in den Sammlungskomplex der Kunstkammer wird anhand der überlieferten Inventare der Kunstkammern in Dresden, München, Ambras und Prag nachgegangen.19 Im Falle der Kunstkammer des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol hat sich ein zeitgenössischer Klebeband mit Porträtstichen im Bestand des Kunsthistorischen Museums erhalten.20 Für die Analyse der Aufstellung der Porträts im Kupferstich-Kabinett Augusts des Starken ist das früheste erhaltene handschriftliche Inventar im Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden von Johann Heinrich von Heucher aus dem Jahr 1738 von Bedeutung.21 Die Neu16 17 18
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Gegebenenfalls wurde vermerkt, ob es sich um Handzeichnungen, Schabkunstblätter oder Lithografien handelt. Vgl. dazu Ketelsen (1990), S. 103 f. ÖNB, BAG, FKB.INV.85, „Catalog der Porträten Sammlung Seiner Majestät Kaiser Franz des I. nach Ständen oder anderen bemerkenswerthen Eigenschaften der dargestellten Personen eingerichtet“. Diesen Titel tragen nur die Bde. 19–50, welche die nach Ständen geordnete Abteilung umfassen. Zu den Editionen der Kunstkammerinventare siehe Anm. 560. Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. KK_6635. Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Cat. 1, Consignation en
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organisation der Sammlung durch seinen Nachfolger Karl Heinrich von Heineken wird bereits in dessen 1771 erschienener Abhandlung „Idée générale d‘une collection complette d‘estampes“22 skizziert. Sein theoretisches Modell zur Klassifikation von Kupferstichsammlungen gilt als richtungsweisend und fand als Handbuch auch Eingang in die Privatbibliothek des Kaisers Franz I. Die Blätter der Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen wurden Mitte des 20. Jahrhunderts ihren historischen Portefeuilles entnommen und mit dem Hauptbestand der Porträtsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek vereinigt.23 Ihre ursprüngliche Aufstellung nach Staaten lässt sich heute nur mehr anhand der Klassenbezeichnungen nachvollziehen, welche die nunmehr leeren Kassetten aus der Zeit des Prinzen, die sich vollständig im Bildarchiv und der Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten haben, aufweisen. Darüber hinaus geben zwei unter Adam von Bartsch angelegte handschriftliche Inventare Hinweise auf die ursprüngliche Binnengliederung der Porträtsammlung. Erweiterte Kenntnisse zur Weiterführung und Inventarisierung nach dem Tod des Prinzen liefern zudem eigenhändige Konzepte Adam von Bartschs in der Sammlung von Handschriften und alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek. Die historische Ordnung der Porträtsammlung des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz kann anhand eines handschriftlichen Inventars der Bilder und Kupferstiche in der Residenz Mannheim im Geheimen Hausarchiv des Bayerisches Hauptstaatsarchivs rekonstruiert werden.24 Die Analyse der Gliederung der Porträtsammlung König Louis-Philippes I. wird wiederum wesentlich durch die Digitalisierung der Porträts durch das Centre de recherche du château de Versailles erleichtert, aufgrund derer die erhaltenen Porträts nun in ihrer authentischen Anordnung innerhalb der Klebebände über die Bilddatenbank des Centre zugänglich sind.25 Handschriftliche Aufzeichnungen in den Pariser Archives Nationales dokumentieren darüber hinaus unterschiedliche Stadien der Vorarbeiten zu den thematischen Alben.26
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détail de tous les Tomes d’Estampes qui se trouvent dans les Bureaux du Salon d’estampes de Sa Maj[esté] le Roi de Pol[ogne] Elec[teur] de Saxe, 1738, fait par Johann Heinrich von Heucher. Die Porträtsammlung findet sich dort unter Bureau IV (fol. 10–14) und Bureau X (fol. 99–104). Idée générale d‘une collection complette d‘estampes avec une dissertation sur l’origine de la Gravure & sur les premiers Livres d’Images, Leipzig–Wien, 1771. Vgl. Wieser (1986), S. 274. München, BayHStA, GHA, Handschrift 67, S. 39–42. http://www.banqueimages.crcv.fr. (Zugriff: 23.11.2017) Paris, Archives nationales, 300 AP I, 1111C, 1-49 bzw. 300 AP I, 1112B, 50-107.
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Neben den vergleichenden Untersuchungen zu Porträtstichsammlungen aus unmittelbar fürstlichem Besitz förderten Nachforschungen zu bürgerlichen Porträtsammlungen ungemein reiches Material zutage. In Anbetracht der Vielzahl an gedruckten Quellen wie Reiseberichten, Stadtchroniken, zeitgenössischen Journalen, Auktionskatalogen oder Verzeichnissen, die noch zu Lebzeiten. der Sammler oder nach deren Tod erstellt wurden, kann dieser Überblick keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Es wird daher aus einer heute nicht mehr zu benennenden Anzahl an privaten Porträtstichsammlungen nur Quellenmaterial zu Sammlungen herangezogen, deren Umfang sich auf mehrere tausend Blätter belief. Der Betrachtungszeitraum beschränkt sich dabei ebenfalls auf das 18. Jahrhundert, in welchem sich diese Gattung, beeinflusst vom Geist der Aufklärung, der wachsenden Wertschätzung einer meist stadtbürgerlichen Sammlerszene erfreute. Angesichts der Fülle an Aufsatzliteratur, Ausstellungskatalogen, Sammelbänden und Monografien, die sich in den letzten Jahrzehnten allgemein mit Grafiksammlungen in Privatbesitz befassten, ist es unmöglich, einen rezenten Überblick über die Literatur zu diesem Themenbereich zu geben. Hingegen fand mit dem Sammlungstypus der grafischen Porträtsammlung in der bisherigen Forschung keine nennenswerte Auseinandersetzung statt.27 Porträtgrafik wird in der Literatur allenfalls als Teilaspekt von Kupferstichkabinetten gewürdigt, deren Blätter nach inhaltlichen Kriterien abgelegt wurden. Nur wenige Arbeiten wenden sich dem druckgrafischen Bildnis als autonomen Sammelgegenstand zu, obgleich die Anzahl eigenständiger Porträtstichsammlungen im 18. Jahrhundert alleine im deutschsprachigen Raum unzählbar ist. Dies mag zum Teil darin begründet sein, dass sich kaum eine der zahllosen Sammlungen bis heute erhalten hat. Große Privatsammlungen sind zumeist in Museen oder Nationalbibliotheken aufgegangen, wie etwa die beiden umfangreichen Sammlungen Nicolas Cléments und Roger de Gaignières, die gemeinsam mit der Grafiksammlung des Michel de Marolles den Grundstock der Porträtsammlung (Serie N) im Département des Estampes et de la photographie der Bibliothèque nationale de France (BnF) bilden.28 27
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Die relativ gut erforschte Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, heute Teil der Schausammlung im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums in Wien, wird hier nicht dazugezählt, da es sich dabei, wenngleich auf Papier, ausschließlich um gemalte Porträts handelt. Zu den Porträts im Département des Estampes et de la photographie der BnF vgl. Pognon (1963). Zu den größten Sammlungen druckgrafischer Porträts im deutschsprachigen Raum zählen nach der Porträtsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, das Germanische Nationalmuseum Nürnberg,
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Im Falle der Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen scheint dies jedoch besonders verwunderlich, zählte diese doch nicht nur zu den bedeutendsten ihrer Zeit, sondern war nach dem Tod des Prinzen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts im Mitteloval des barocken Prunksaals der Hofbibliothek öffentlich aufgestellt. Zahlreiche Beiträge der letzten Jahre widmeten sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Kupferstichsammlung des Prinzen Eugen, keiner jedoch bezieht sich auf dessen umfangreiche Porträtsammlung.29 Sie soll deshalb in der vorliegenden Arbeit erstmals in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung und systematischen Ordnung der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Verhältnismäßig wenige Beschreibungen liegen von bürgerlichen Privatsammlungen des 18. Jahrhunderts vor, die Aufschluss über deren strukturelle Zusammensetzung geben. Teilweise erhalten hat sich heute noch die Porträtsammlung des Schriftstellers und Gelehrten Friedrich Nicolai im Landesarchiv Berlin.30 Nicolais eigenhändiges Verzeichnis der Klassen seiner Bildnissammlung wurde 2015 im Archivbestand wiederentdeckt und wird in der vorliegenden Arbeit erstmals publiziert.31 Wenig ist auch zur Porträtsammlung des Jakob Gottfried Bötticher bekannt, die sich heute in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle befindet und rund 13.000 druckgrafische Abbildungen enthält, die ursprünglich nach Berufsgruppen bzw. gesellschaftlicher Stellung der Dargestellten geordnet waren.32 Ihr widmete Rhea Matschke 1990 ihre Diplomarbeit.33 Auch Beiträge zu fürstlichen Porträtsammlungen sind selten. Cornelia Manegold hat 2009 zum ersten Mal die Porträtsammlung der Staatlichen Graphischen Sammlung München einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt, deren Bestände auf das Kupferstich- und Zeichnungskabinett des Kurfürsten Carl Theodor von
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das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster, die Universitätsbibliothek Leipzig, die Kunstsammlungen der Veste Coburg sowie die Staatliche Graphische Sammlung München. Mit Ausnahme eines dreiseitigen Artikels von Walter G. Wieser anlässlich der Ausstellung „Bibliotheca Eugeniana“ im Jahr 1986, der sich in seiner knappen Darstellung allerdings hauptsächlich auf die weiteren Standorte der Sammlung innerhalb der Österreichischen Nationalbibliothek und der „Staatlichen Graphischen Sammlung Albertina“ beschränkt. Vgl. Wieser (1986). Berlin, Landesarchiv, F Rep. 250-02. Siehe Anhang IV. Halle, Franckesche Stiftungen, Bibliothek, Signaturengruppe BÖTT. Die ursprüngliche Ordnung des Sammlers Jakob Gottfried Bötticher wurde bereits von Karl Weiske, von 1887–1924 Studienrat am Gymnasium der Franckeschen Stiftungen, aufgelöst. Matschke (2003).
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der Pfalz zurückgehen.34 Weitaus ausführlicher widmete sich 2009 Hélène Delalex der Geschichte der Porträtstichsammlung des „Bürgerkönigs“ Louis-Philippe I., deren Klebebände sich heute noch größtenteils im Schloss von Versailles befinden.35 Durch die Wiederentdeckung der handschriftlichen Konzepte in den Pariser Archives Nationales können nun auch die verschollenen Alben hinsichtlich deren Binnengliederung rekonstruiert werden. Der Systematik dieser Sammlung ist in dieser Arbeit ebenfalls ein Kapitel gewidmet. Der Forschungsstand zur Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. hat sich in den letzten Jahren stetig verbessert. Grund hierfür ist ein an der Österreichischen Nationalbibliothek angesiedeltes und vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanziertes Forschungsprojekt, das sich von 2010 bis 2014 mit der Erforschung der Bibliotheksgeschichte für den Zeitraum von 1784 bis 1835 beschäftigte. Durch die komplette Aufarbeitung des Archivs der Fideikommissbibliothek bis zum Todesjahr des Kaisers, Recherchen in den Beständen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs sowie Forschungsaufenthalte in Florenz, Höxter und London konnte der Kenntnisstand zu dieser Privatbibliothek vertieft werden. Die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse bildet den ersten Band der vorliegenden Publikationsreihe zur Geschichte der Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen.36 Bereits ab dem Jahr 2006 erfolgte aus Mitteln des damaligen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur die Digitalisierung und systematische Erschließung der Porträtsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, die zu diesem Zeitpunkt nur zu einem Teil bearbeitet war. Die mehr als 186.000 Einzelporträts, von denen rund ein Drittel der historischen Porträtsammlung Franz’ I. zuzuordnen sind, sind seit 2009 über den Online-Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek verfügbar. Anlässlich des Abschlusses des Erschließungsprojektes erschien im Frühjahr 2011 eine Publikation, die sich mit den Beständen der Porträtsammlung aus interdisziplinärer Perspektive auseinandersetzte und an der auch der Autor der vorliegenden Arbeit mitwirkte.37 Die darin enthaltenen Statistiken zur Verteilung der Ordnungsklassen beziehen sich allerdings auf den Gesamtbestand 34 35 36
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Manegold (2009). Versailles, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Cabinet des Arts graphiques, INV.GRAV. LP1-115. Siehe Delalex (2009). Huber-Frischeis/Knieling/Valenta, Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784–1835. Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz. Wien–Köln–Weimar, 2015. Petschar, Hans [Hrsg.], Die Porträtsammlung Kaiser Franz’ I. Zur Geschichte einer historischen Bildersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Wien, 2011.
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an Porträts, die im Porträtsaal der heutigen Sondersammlung Bildarchiv und Grafiksammlung aufgestellt sind. Erst die Auswertung der historischen Inventare zur Porträtsammlung im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, die nach dem Tod des Kaisers zur Bestandsfeststellung und zum Besitznachweis der kommenden Inhaber des Fideikommisses dienten, erlaubt nun präzisere Aussagen über Umfang, Zusammensetzung und Struktur der ursprünglichen kaiserlichen Privatsammlung. Eine umfassende systematische Sammlungsgeschichte der Porträtsammlung Kaiser Franz’ I. ist bislang noch nicht veröffentlicht worden. Den meisten jüngeren Darstellungen der Sammlungshistorie liegt eine Publikation des ehemaligen Vorstands der Porträtsammlung der Nationalbibliothek, Wilhelm Beetz, aus dem Jahr 1935 zugrunde.38 Seine bis dahin ausführlichste Abhandlung stützt sich hauptsächlich auf ältere Publikationen sowie auf Aktenmaterial aus dem Archiv der Fideikommissbibliothek, welches im Jahr 1809 einsetzt. Wie die folgenden Untersuchungen zeigen werden, war die Sammlung zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits nahezu vollständig zusammengetragen. Die Frage nach der eigentlichen Entstehung blieb in der Literatur bis heute weitgehend ausgeklammert. Unter den vergleichsweise wenigen früheren Aufsätzen sei zuerst jener des Sammlungsvorstands Rudolf Payer von Thurn aus dem Jahr 1927 erwähnt, der die umfassenden eigenhändigen Inventare des Kaisers zur Porträtsammlung zumindest kursorisch erwähnt.39 Eine weitere kurze Beschreibung aus dem Jahr 1895 liegt durch den Skriptor Johann Jureczek vor, der darin auf die reichhaltige Sammlung handgeschriebener Biografien eingeht.40 Hanns Bohatta erwähnt in seinem 1899 erschienenen Beitrag die alphabetischen Kataloge zur Sammlung, die ab dem Jahr 1822 angelegt wurden.41 Der langjährige Kurator der Sammlung, Wilfried Slama, stützt sich in der jüngsten überblicksartigen Sammlungsgeschichte aus dem Jahr 2011 wiederum auf die beiden Biografen der frühen Lebensjahre des Erzherzogs Franz, Cölestin Wolfsgruber (1899) und Walter Consuelo Langsam (1954), sowie auf damals noch unveröffentlichtes Material aus dem Archiv der Fideikommissbibliothek.42 38
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Beetz, Wilhelm, Die Porträtsammlung der Nationalbibliothek in ihrer Entwicklung. Graz, 1935. Bereits 1926 erschien anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Gebäudes in der Wiener Hofburg eine kürzere Version. Siehe Beetz (1926). Payer von Thurn, Rudolf, Ein kaiserlicher Bibliophile, Weimar, 1927. Jureczek, Johann, Die Porträtsammlung der K. und K. Familien-Fideicommissbibliothek in Wien, Berlin, 1895. Bohatta, Hanns, Die k. u. k. Familien-Fideicommiss-Bibliothek in Wien, Wien, 1899. Slama, Wilfried, Die Geschichte der Sammlung unter Franz I. In: Petschar (2011), S. 33–61.
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1.2 Zum Aufbau des Bandes Der vorliegende Band ist in drei Hauptgruppen aufgegliedert, welche den drei leitenden Forschungsfragestellungen entsprechen: Einflusssphären – Sammelstrategien – Ordnungsstrategien. Im ersten Abschnitt wird den Entstehungsbedingungen der Sammlung nachgegangen und der Frage nach möglichen Motivationsfaktoren zum Aufbau einer derart umfassenden Sammlung, wenngleich deren späterer Umfang zum Zeitpunkt ihrer Gründung nicht vorhersehbar war. Eine entwicklungsgeschichtliche Analyse wäre nicht möglich ohne Berücksichtigung spezieller Einflussfaktoren aus dem unmittelbaren Kontext der Prinzenerziehung. Die Behandlung der Frage, welche Faktoren in den Jugendjahren des Erzherzogs von Einfluss auf die Entwicklung des späteren Kaisers als Kenner und Sammler von Porträtgrafik waren, bedarf einer differenzierten Betrachtungsweise: Zum einen soll hinterfragt werden, in welchen Zusammenhängen er druckgrafischen Bildnissen begegnete, bevor sie zum Objekt seiner Sammeltätigkeit wurden. Zum anderen gilt es nachzuvollziehen, wann der Grundstein zur Herausbildung einer kunstkennerschaftlichen Rezeption von Porträtgrafik gelegt wurde, in der das einzelne Blatt nicht mehr nur als bloße Personendarstellung wahrgenommen wurde, sondern zugleich als Werk grafischer Kunst. Im zweiten Abschnitt wird die Entwicklung des Erzherzogs und späteren Kaisers als Sammler nachvollzogen. Der Zweck einer Sammeltätigkeit erschließt sich meist aus der Frage nach einer bestimmten Intention, die mit der Anlage der Sammlung verknüpft ist. Im Vordergrund steht deshalb zunächst die Fragestellung nach einem möglichen vorgefassten Konzept, welches durch die Fokussierung auf einzelne Themenbereiche sichtbar wird. Unter diesem konzeptionellen Gesichtspunkt soll untersucht werden, welche Personenporträts in den ersten Jahren in die Sammlung gelangten und so das frühe Sammlungsprofil nachgezeichnet werden. Ausgehend von der These, dass der überwiegende Teil der Porträtsammlung bereits in der ersten Hälfte der rund fünfzig Jahre währenden Sammeltätigkeit erworben und zusammengetragen wurde43, soll die Sammelpraxis über mehrere Phasen nachvollzogen und dabei die spezielle Bedeutung beteiligter Agenten, Händler und Künstler herausgearbeitet werden. Wie zu zeigen sein wird, war das rasche Anwachsen in dieser kurzen Zeitspanne nur durch eine konsequente und breit angelegte Erwerbungspolitik möglich, die auf mehreren Strategien beruhte. Der dritte Abschnitt der Arbeit ist dem ordnenden Umgang mit der eigenen Sammlung gewidmet und dem persönlichen Anteil des Kaisers an ihrer 43
Siehe dazu Kap. 4.
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Strukturierung. Zunächst soll geklärt werden, inwieweit sein methodisches Vorgehen einem allgemein vorherrschenden Systematisierungsansatz folgt. Anhand zeitgenössischer Darstellungen privater Porträtstichsammlungen des 18. Jahrhunderts werden verschiedene Formen von Klassifikationen aufgezeigt. Dabei soll auch der Frage nach den konzeptionellen Unterschieden zwischen bürgerlichen und aristokratischen Porträtsammlungen nachgegangen werden. Die Positionierung der kaiserlichen Sammlung wird anschließend aus vergleichender Perspektive untersucht. Ausgehend von der Frage, in welcher Form Porträtgrafik ursprünglich in fürstlichen Sammlungen integriert war, soll anhand von vier heute noch rekonstruierbaren aristokratischen Porträtstichsammlungen des 18. Jahrhunderts die konzeptionelle Einordnung der Sammlung Franz’ I. und deren Abgrenzung zu vergleichbaren Kollektionen der Zeit analysiert werden. Hierzu sollen spezifische Charakteristika der jeweiligen Ordnungsmodelle herausgearbeitet und einem Vergleich unterzogen werden. Zuletzt werden die Konzepte der Aufbewahrungspraxis und strukturellen Organisation der kaiserlichen Porträtsammlung und deren historische Entwicklung näher beleuchtet. Anhand eigenhändiger und späterer Systematisierungsansätze wird die Herausbildung der Systematik, die heute nach Regenten, Ständen und Berufen vorliegt, dargelegt. Die angewandte Methodik ergibt sich aus der speziellen Überlieferungssituation zu den jeweiligen historischen Sammlungen und steht auf mehreren arbeitstechnischen Grundlagen. Ausgangspunkt bildet zunächst die systematische Auswertung sämtlicher erhaltener Dokumente, die zur Rekonstruktion des Aufbaus der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I. beitragen. Hierzu zählt in erster Linie die quantitative und qualitative Auswertung von Belegen über den Erwerb von Porträtstichen. Die Eingrenzung des Untersuchungszeitraums ergibt sich einerseits aus den mit der Ankunft des Erzherzogs Franz in Wien 1784 einsetzenden Aktenstücken im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, andererseits aus den im Archiv der Fideikommissbibliothek überlieferten Dokumenten bis zu seinem Todesjahr 1835. Ankäufe von Kunstblättern anderer Sujets finden in der Betrachtung keine Berücksichtigung. Die an den Anfang meiner Ermittlungen gestellte Frage nach möglichen Einflussfaktoren soll anhand der Analyse von Schrift- und Bilddokumenten aus der Kindheit des Erzherzogs in Florenz beantwortet werden. Hierzu zählen zeitgenössische Berichte ebenso wie Unterrichtskonzepte seiner Lehrer oder Zeichnungen aus dem Zeichenunterricht. Die Aufarbeitung des Quellenmaterials zur Ordnung der Sammlung betrifft in erster Linie zwei umfassende handschriftliche Konvolute, die sich in der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten haben. Deren systematische Auswertung soll die Gewinnung von Erkenntnissen zu Entstehung
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und Entwicklung der historischen Ordnung zum Ziel haben. Von besonderer Relevanz für die entwicklungsgeschichtlichen Betrachtungen ist der Bezug zu theoretischen Ordnungsmodellen und Sammlungskonzepten. Zeitgenössische Ratgeber, gedruckte Sammlungsverzeichnisse oder theoretische Traktate von Samuel Quiccheberg über Michel de Marolles, Sigmund Jakob Apin, James Granger, Karl Heinrich von Heineken bis Adam von Bartsch sollen zum prinzipiellen Verständnis der Einordnung von Porträtgrafik in ihren jeweiligen Entstehungszeiten in die Betrachtungen einfließen. Einen weiteren methodischen Schwerpunkt stellt die vergleichende Analyse der Sammlungsstruktur mit zeitgenössischen Porträtstichsammlungen aus bürgerlichem und aristokratischem Besitz dar. Untersuchungsgegenstand bilden hier zum einen beschreibende Darstellungen von Kollektionen bürgerlicher Grafiksammler in zeitgenössischen Schriftquellen. Als Vergleichsbeispiele aristokratischer Porträtsammlungen sollen vier bedeutende und unter vergleichbaren Umständen formierte fürstliche Kollektionen des 18. Jahrhunderts herangezogen werden, von denen heute keine mehr vollständig erhalten ist. Es handelt sich um die Porträtsammlungen des sächsischen Kurfürsten August des Starken, des Prinzen Eugen von Savoyen, des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz und des Königs Louis-Philippe I. in Frankreich. Anhand der überlieferten Aufbewahrungseinheiten, Inventare oder Klebealben sollen deren zugrunde liegenden Ordnungsstrukturen rekonstruiert und aus vergleichender Perspektive betrachtet werden.
2. PORTRÄTGRAFIK IN DER KAISERLICHEN PRIVATBIBLIOTHEK Eine umfassende Darstellung einer druckgrafischen Bildnissammlung setzt die Miteinbeziehung sämtlicher Erscheinungsformen von Porträtgrafik voraus, die darin auftreten. Dies können zum einen lose Blätter sein, die in unterschiedlichen druckgrafischen Techniken wie Holzschnitt, Kupferstich, Radierung oder Schabkunst, später auch Stahlstich oder Lithografie, unterschiedliche Gattungen von Personendarstellungen wiedergeben. Man begegnet Einzelporträts, Doppelporträts, Familienporträts, Gruppenbildern, Porträtreihen (meist unter gemeinsamen historisch-biografischen Kontext, wie etwa die Gesandten zu einem bestimmten Kongress), oder Porträttafeln mit kleinformatigen Medaillons oder Brustbildern, etwa sämtlicher Päpste seit dem Apostel Petrus. Porträtstiche gehörten vom 17. bis zum 19. Jahrhundert zu den häufigsten Illustrationen von Büchern.44 Nicht selten wurden sie von Händlern oder Sammlern aus diesem Kontext herausgelöst, um in der Folge als lose Blätter einer Einzelblattsammlung einverleibt zu werden. Umgekehrt können Sammlungen von Einzelblattporträts wiederum einem gedruckten Werk zugrunde liegen.45 Als abgelöstes Einzelblatt konnte man einen Porträtstich dann in einen Band von leerem Papier montieren, wie dies über Jahrhunderte bei Grafiksammlungen verbreitet war. Solche Klebebände, Alben, die oft mit kostbaren Einbänden versehen wurden, boten dem Sammler die Möglichkeit, Porträtstiche von unterschiedlichem Format nach eigenen inhaltlichen oder ästhetischen Kriterien zu arrangieren. Klebealben mit grafischen Bildnissen vom 16. bis in das frühe 19. Jahrhundert finden sich heute noch vielfach in Museen und Bibliotheken.46 Dass sich Franz I. als Sammler auch für derartige geschlossene Sammlungskomplexe interessierte, belegen fünf in ihrer Art äußerst seltene Klebealben des Geistlichen und Grafiksammlers Alois Auerbach, die sich in 44 45
46
Vgl. dazu Berghaus (1995) bzw. Katalog Zürich (1984). Ein Beispiel hierfür ist etwa das „Verzeichnis einer Sammlung von Bildnissen, gröstentheils berühmter Aerzte […]“ (1771) des königlich preußischen Leibarztes Johann Carl Wilhelm Moehsen (1722–1795). Dessen umfangreiche Sammlung von Ärzteporträts bildete später den Grundstock der 3820 Blätter umfassenden Porträtstichsammlung seines Nachfolgers Johann Friedrich Goercke (1750–1822), die 1846 von der Königlichen Bibliothek zu Berlin angekauft wurde. Neuer Anzeiger für Bibliographie und Bibliothekwissenschaft, Jg. 1851, S. 318. Zur wissenschaftlichen Aufarbeitung einer Porträtsammlung in Klebebänden am Beispiel der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek Arolsen siehe Marie Isabelle Vogel (2015).
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2. Porträtgrafik in der kaiserlichen Privatbibliothek
Abb. 1: Hofburg mit Hofbibliothek von der Bastei aus gesehen, nach 1797
der ehemaligen kaiserlichen Privatbibliothek erhalten haben.47 Die Alben wurden vom kaiserlichen Ministerresidenten in Frankfurt, Paul Anton Freiherr von Handel, bei einem Halberstädter Buchhändler erworben und dem Kaiser übersandt, der sie in ihrer ursprünglichen, vom Sammler selbst vorgenommenen Ordnung beließ.48 So gewähren die Bände einen Einblick in das Arrangement einer gebundenen Porträtstichsammlung des frühen 19. Jahrhunderts. Auerbach, der von 1802 bis 1826 Pfarrer im bayerischen Oberstimm war, legte seine aus fünf ledergebundenen Folianten bestehende Porträtsammlung von Geistlichen, Fürsten und Gelehrten in der Art eines biografischen Lexikons an, wobei die Sortierung der Blätter eben nicht nach formalen oder inhaltlichen Gesichtspunkten, sondern nach alphabetischer Ordnung vorgenommen wurde. Die Porträts montierte er, teilweise dicht 47
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ÖNB, BAG, 271.933-D.Fid, Lexicon, das ist Sammlung von Bildnissen der Kaiser, Könige, und anderer Fürsten, der Päbste, Cardinäle, Erz- und Bischöfe, Ordensstifter und Gelehrten ohne Unterschied der Stände und Religion, wie auch der Bildnisse verschiedener Kriegshelden und anderer großer Männer, und berühmten Personen, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts, welche in verschiedenen Jahrhunderten gelebt und sich durch Heiligkeit und frommen Lebenswandel, wie auch durch Gelehrsamkeit, Kriegsthaten, Kunst und Wissenschaften, und anderer Dinge ausgezeichnet haben, samt einer kurzen Biographie von einem jeden. Gesammelt und nach alphabetischer Ordnung beschrieben von Alois Auerbach Pfarrer zu Oberstimm (nach 1817). Die Korrespondenz zur Erwerbung siehe ÖNB, BAG, FKBA14043.
2. Porträtgrafik in der kaiserlichen Privatbibliothek
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Abb. 2: Sigmund Jacob Apin, Anleitung wie man die Bildnüsse berühmter und gelehrter Männer mit Nutzen sammlen und denen dagegen gemachten Einwendungen gründlich begegnen soll […], 1728
nebeneinander, recto und verso auf die Seiten der Sammelbände und stellte ihnen kurze handschriftliche Lebensbeschreibungen gegenüber, die er aus Gelehrtenlexika, Enzyklopädien und genealogisch-historischen Werken entnahm.49 Die deutlichen Gebrauchsspuren der Bände, wie die beriebenen Einbände und gebrochenen Bindungen, die durch die häufige Benützung entstanden sind, weisen sichtbar auf die Nachteile dieser gebundenen Form der Aufbewahrung hin. Zudem können später hinzugekommene Blätter in das einmal festgelegte systematische Arrangement nicht mehr integriert werden. Bereits im 16. Jahrhundert erscheinen daher Empfehlungen für die lose Aufbewahrung von grafischen Blättern in Kästen, Mappen oder ähnlichen Behältnissen. Der flämische Autor Samuel Quiccheberg spricht sich in seiner theoretischen Idealordnung eines umfassenden Museums aus dem Jahr 1565 dafür aus, druckgrafische Blätter in losen Pergamentumschlägen liegend in geräumigen Fächern zu verwahren.50 In der Zeit um 1600 dürfte diese Aufbewahrungsform bereits weit verbreitet gewesen sein.51 Anfang des 18. Jahrhunderts erschien schließlich der erste deutschsprachige Ratgeber für Sammler von Porträtstichen des Nürnberger Gelehrten 49
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Im Anschluss an die Titelseite nennt er als Quellen den „Genealogisch-Historischen Archivarius“ des protestantischen Pfarrers Michael Ranft (Leipzig, 1731–38) sowie dessen Fortsetzung „Genealogisch-historische Nachrichten von den vornehmsten Begebenheiten […]“ (Leipzig, 1739 ff.), Burkhard Gotthelf Struves „Einleitung zur deutschen Reichs-Historie […]“ (Jena 1747), das „Conversations-Lexicon oder enzyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände“ (Leipzig, 1814–19) sowie Andreas Strauß‘ „Viri scriptis, eruditione ac pietate insignes, quos Eichstadium vel genuit vel alvit“ (Eichstätt, 1790). Quiccheberg, Samuel: „Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi […]“, München, 1565. Zitiert nach Roth (2000), S. 139. Brakensiek (2003), S. 76.
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2. Porträtgrafik in der kaiserlichen Privatbibliothek
Sigmund Jakob Apin (1693–1732). Hier wurden zum ersten Mal konkrete Vorschläge formuliert, nach welchen inhaltlichen Ordnungsprinzipien eine Sammlung von grafischen Bildnissen konzipiert werden könne. In seinem vierten Kapitel, „Unmaßgebliche Vorschläge, wie man seine Sammlung am besten anstellen soll“, beklagt er: „Viele meinen sie treffens am besten, wann sie sich grosse Bände von Pappier machen lassen, und darein kleben, was sie bekommen. So ist auch nicht zu rathen, Theologos, Jure-Consultos, Medicos &c. binden zu lassen, weil man auf diese Art nichts davon und darzu thun, und das geringste Changement nicht treffen kann, welches doch bey dergleichen Collectionen höchst nöthig, indem noch immer was vorkommt, das man nicht gesehen, oder besessen, und doch gerne hier und dar eingeschoben wissen wollte.“52 Auch Apin rät daher, die Porträtstiche zwischen Papier von einheitlichem Format zu legen und sie dann in hölzernen Kapseln zwischen die übrigen Bücher der Bibliothek zu stellen. So seien sie bequem zu gebrauchen und „mit Vergnügen anzusehen“.53 2.1 Porträtwerke Einen anderen Typus druckgrafischer Bildnisgalerien in der Privatbibliothek Franz’ I. stellen sogenannte „Porträtwerke“ dar, Bildnisvitenbücher, in denen mittels nebeneinandergestellter Biografien und Bildnisse eine bestimmte Auswahl von Personen mit gemeinsamen lebensgeschichtlichen Berührungspunkten gewürdigt wurde. Hier trat ein Verleger an die Stelle des Sammlers und bestimmte Programmatik, Ordnung und Ausschmückung des Vitenbuches mit Bildnissen. Porträtfolgen, die in ikonografisch einheitlicher Form in Druckwerken dargeboten wurden, erlebten ihren ersten Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien, von wo aus sie schnell in ganz Europa Verbreitung fanden.54 Ausgehend von der „viri illustres“-Literatur der Antike entstanden programmatisch angelegte Bildnisfolgen in Buchform, deren ikonografischer Gleichförmigkeit das „einheitsstiftende Prinzip des gruppenbil52 53 54
Apin (1728), S. 46 f. Ebenda, S. 47 f. Die grundlegendste Literatur zu dieser Gattung: Pelc, Milan: Illustrium Imagines. Das Porträtbuch der Renaissance, Leiden [u.a.], 2002; Casini, Tommaso: Ritratti parlanti. Collezionismo e biografie illustrate nei secoli XVI e XVII, Florenz, 2004; Rave, Paul Ortwin: Paolo Giovio und die Bildnisvitenbücher des Humanismus, Berlin, 1959; Wartmann, Andreas: Drei Porträtwerke aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Berghaus (1995); Kanz, Roland: Dichter und Denker im Porträt, München, 1993 (insbes. Kap. 5).
2. Porträtgrafik in der kaiserlichen Privatbibliothek
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denden Standesverweises“ (Roland Kanz)55 zugrunde lag. Zunächst noch auf historische bzw. altrömische Persönlichkeiten beschränkt, entstanden nach und nach auch Folgen von Gelehrten-, Geistlichen- oder Künstlerporträts in wachsender Zahl und regionaler Verbreitung. Das Porträt, das zu Beginn meist als Medaillenbildnis zur bildlichen Ausstattung eines Elogiums oder einer Lebensbeschreibung beigefügt wurde, nahm zunehmend eine beherrschendere Rolle gegenüber dem Text ein, bis dieser in vielen Fällen nur mehr als erläuternde Ergänzung der Bildnisse fungierte. Diese Porträtstiche bildeten, wenngleich sie in Druckwerken enthalten waren, stets einen integralen Bestandteil der Porträtsammlung Franz’ I. Historischen Aufzeichnungen zur Sammlung lässt sich entnehmen, dass der Bibliotheksbestand nicht prinzipiell getrennt von der Kunstsammlung gesehen wurde, sondern, etwa im Falle der Porträtwerke, Bibliothek und Grafiksammlung eine Einheit bildeten. So schreibt noch der Kustos k. und k. Familien-Fideikommiss-Bibliothek, Alois Karpf, in einem Bericht zu den Lokalen der Porträtsammlung im Augustinergang der Hofburg aus dem Jahr 1893: „Die Sammlung zählt über 130 größere Porträtwerke und ungefähr 80.000 Einzelporträte“.56 Ein solch umfassendes Verständnis einer Sammlung von Einzelblättern und illustrierten (Porträt-)werken als „Ikonografische Sammlung“ war zur Zeit Kaiser Franz’ I. keinesfalls unüblich. Eine der umfangreichsten zeitgenössischen Porträtstichsammlungen in Deutschland, die des Frankfurter Richters und Bürgermeisters Gerhard Matthäus Wallacher (1744–1806), wird in einem Bericht aus dem Jahr 1806 quantitativ folgendermaßen beschrieben: „Sie bestehet in 3916 Bänden […]. Diese 3916 Bänden enthalten 176260 Portraits. Sodenn an losen Portraits, so nicht in Büchern stehen 22909. Mithin zusammen 199169 Stück.“57 Wallacher legte einen zehnbändigen Katalog zu seiner Sammlung an, in dem sämtliche Porträts, sowohl die losen Blätter als auch jene, die in Büchern enthalten waren, nach alphabetischer Ordnung erfasst waren. Bei den Porträts aus Büchern führte er jeweils auch den Titel des Druckwerkes an. Die Katalogisierung von grafischen Bildnissen in Druckwerken der ehemaligen kaiserlichen Privatbibliothek wurde hingegen erst nach dem Tod des Kaisers in Angriff genommen.58 Etwa zur gleichen Zeit begann man auch 55 56
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Kanz (1993), S. 46. ÖNB, BAG, Archiv der Fideikommissbibliothek, Box „Autographen“, Manuskript von Alois Karpf, „Die k. u. k. Familien-Fideicommiss-Bibliothek“, fol. 8. Stark gekürzt erschienen in: Zentralblatt für Bibliothekswesen (1893), S. 357 f. Gaudelius (1806), S. 167. Drei unterschiedliche Kapselkataloge mit den Bezeichnungen „Catalog“, „Porträte aus Büchern“ bzw. „Bücher“ verzeichnen die in Druckwerken enthaltenen Einzelporträts und
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2. Porträtgrafik in der kaiserlichen Privatbibliothek
an anderen Bibliotheken, wie an der königlichen Bibliothek zu Berlin, mit der Inventarisierung von Porträtstichen in Druckwerken. Hier wurden die Blätter allerdings zuvor aus den Werken herausgelöst.59 Am Ende des bereits erwähnten Ratgebers für Bildnissammler führt Sigmund Jakob Apin ein chronologisches Verzeichnis aller „Iconographis“ an, also jener Werke, die Porträtstiche mit Lebensbeschreibungen enthalten, seit Entstehen dieser Gattung bis zum Erscheinungsjahr des Handbuchs 1728.60 Das Verzeichnis enthält 218 Titel, beginnend mit Andrea Fulvios „Illustrium Imagines, Imperatorum […]“61 (1517) und endet mit Friedrich Roth-Scholtz’ Buchhändler- und Buchdruckergeschichte „Icones bibliopolarum et typographorum […]“62 (1726). Rund siebzig Jahre später unternimmt der Theologe und Sammler Johann Andreas Gottfried Schetelig einen erneuten, umfassenderen Versuch, ein vollständiges alphabetisches Verzeichnis sämtlicher historischer, biografischer und sonstiger Druckwerke aus allen Disziplinen zu erstellen, in denen mindestens drei Bildnisse enthalten sind. Frontispizporträts, „Bildnisse […], die nur einzeln vor manchen Büchern stehen“, waren davon allerdings ausgenommen.63 Anhand der historischen Bibliothekszahlen der Porträtwerke, die in der ehemaligen Privatbibliothek des Kaisers Franz I. verwahrt werden, lässt sich feststellen, dass sich viele davon bereits in der Jugendzeit des Erzherzogs in dessen Besitz befanden oder zumindest in einer äußerst frühen Phase seiner Sammeltätigkeit im Buchhandel angeschafft wurden, die meisten davon jedenfalls vor 1791.64 Die illustrierten Künstlerviten des Giorgio
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wurden bis in das 20. Jahrhundert geführt. Sie enthalten in alphabetischer Reihenfolge jeweils den Namens des Dargestellten, kurze biografische Angaben, den Namen des Stechers, das Format des Bandes sowie dessen Bibliothekszahl (in den späteren Aufnahmen auch die Seitenangabe). ÖNB, BAG, A/2/35, A/2/26 sowie A/2/27. Im Jahr 1893 waren bereits über 7000 Nummern verzeichnet. (Manuskript Karpf, siehe Anm. 56, fol. 10). Die Porträtsammlung, bestehend aus mehr als 20.000 Porträtstichen (im Jahr 1883) von Regenten, Gelehrten, Künstlern, Reformatoren etc., entstand durch das Herausschneiden der Bildnisse aus „gänzlich veralteten Werken, welche die Bibliothek missen konnte“, so eine Anzeige in der Wiener Abendpost vom 24. September 1883, Seite 2. Seit 1929 wird der nunmehrige Bestand von ca. 100.000 Blättern von der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin verwaltet. Apin (1728), S. 113–175. Fulvio, Andrea: Illustrium Imagines, Imperatorum et illustrium virorum ac mulierum vultus ex antiquis numismatibus expressi […], Rom, 1517. Apin führt als erstes Werk Johann Huttich/Johann Sabucus Romanorum principum effigies […] (1534/1552) an und datiert dieses fälschlicherweise in das Jahr 1511. Roth-Scholtz, Friedrich: Icones bibliopolarum et typographorum ab incunabulis typographiae […] bene meritorum, 2 Bde., Nürnberg u. Altdorf, 1726–1729. Schetelig (1795), S. XXII. Dieser Schluss ergibt sich aus den Bibliothekszahlen der Porträtwerke in der Fideikom-
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Vasari (Ausgabe von 1568) kaufte Franz etwa im März 1793 beim Wiener Buchhändler Gräffer. 65 Dessen ungeachtet umfasst die Sammlung von Bildnisvitenbüchern die bedeutendsten Werke ihrer Zeit. Es finden sich darunter nicht nur Schlüsselwerke dieser Gattung aus dem 16. Jahrhundert wie etwa die „Elogia“ des Paolo Giovio (1575)66 mit Holzschnitten von Tobias Stimmer, die den Maßstab für alle späteren Werke dieser Art setzte, oder ihr deutsches Pendant, die „Icones“ des Dichters und Juristen Nikolaus Reusner (1587)67 mit den Bildnissen von Dichtern, Gelehrten und Reformatoren. Auch aus dem 17. und 18. Jahrhundert gelangten die namhaftesten Porträtsammelwerke in den Besitz des Kaisers. Diese Werke wurden, obwohl zeitgleich mit der Anlage der Einzelblattsammlung erworben, räumlich getrennt in den Regalen der Privatbibliothek aufbewahrt, wo sich die meist großformatigen Bände auf einige Buchkästen verteilten.68 Die Bibliothekszahlen der Buchbestände, die erstmalig in einem Schätzgutachten aus dem Jahr 1807 aufscheinen,69 weisen für die in Frage kommenden Titel allerdings keine durchgehende Zählung auf, die auf eine chronologische oder gar systematische Aufstellung der Porträtwerke in der Privatbibliothek hindeuten würden. Auch lässt sich anhand des Standortrepertoriums, das etwa um die gleiche Zeit entstanden sein dürfte, eine Aufstellung nach inhaltlichen Aspekten nicht nachvollziehen.70 Folgte ihre Aufstellung zwar keiner nachvollziehbaren Systematik, so boten die Porträtwerke doch in ihrem Inneren meist bereits eine Ordnung nach Klassen und Rängen. Schon im 16. Jahrhundert bildeten sich länder- und berufsspezifische Bildnisfolgen heraus, in denen Gelehrte, Geistliche oder
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missbibliothek, welche überwiegend im Bereich zwischen 4000 und 6000 liegen. So weisen sowohl die zwischen 1784 und 1791 im Buchhandel angeschafften Druckwerke der Privatbibliothek, als auch jene, die ursprünglich aus Florenz stammen, eine Bibliothekszahl auf, die niedriger als 6000 ist. Vasari, Giorgio: Le vite dei più eccellenti architetti, pittori et scultori italiani […], Ausgabe von 1568. ÖNB, BAG, FKB 5308. Die Rechnung Gräffers: ÖStA, HHStA, GDPFF, 73-3. Giovio, Paolo, Elogia virorum bellica virtute illustrium, septem libris iam olim ab authore comprehensa, et nunc ex eiusdem musaeo ad vivum expressis imaginibus exornata, auctore, Basel, 1575. ÖNB, BAG, FKB 5374 Reusner, Nikolaus: Icones sive imagines virorum literis illustrium, […], 2. Auflage, Straßburg, 1590. ÖNB, BAG, FKB 6846. So standen die Porträtwerke mit einer Bibliothekszahl, die niedriger als 6000 ist, laut Standortrepertorium überwiegend in den Kästen XVII–XIX. Siehe Kap. 4. Zur Datierung der Inventare und Kataloge der Privatbibliothek siehe den Beitrag von Rainer Valenta in Huber-Frischeis/Knieling/Valenta (2015), S. 363–388.
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2. Porträtgrafik in der kaiserlichen Privatbibliothek
Künstler unter bestimmten Ordnungsprinzipien formiert waren. Geistliche wurden etwa nach ihrer Ordenszugehörigkeit zusammengestellt, Gelehrte spalteten sich im Laufe der Zeit auf eindeutig abgegrenzte Wissenschaftszweige auf. Das thematische Spektrum der Bildniswerke in der kaiserlichen Privatbibliothek reichte von Päpsten („pontificium maximorum elogia et imagines […]“)71, Juristen („Illustrium jureconsultorum imagines […]“)72, Heerführern („Ritratti et elogii di capitani illustri“)73, Dichtern („Pinacotheca Scriptorum […]“)74, Professoren („Effigies et vitae proffessorum […]“)75 bis zu den Buchdruckern („Icones bibliopolarum et typographorum […]“)76, Frauen („Ritratti e vite di donne illustri […]“)77, Medizinern („Bildnissen größtentheils berühmter Ärzte“)78 oder Verbrechern („Begebenheiten ausnehmender Betrüger […]“)79. Ab dem 18. Jahrhundert war das Bürgertum in den Porträtwerken schließlich ebenso stark vertreten wie der Adel. Das allgemeine Interesse galt nun mehr und mehr zeitgenössischen Persönlichkeiten. 2.2 Die Porträtstichsammlung in Portefeuilles Wurden die Bildniswerke, die zu einem großen Teil aus Folianten bestanden, in den Buchkästen der Privatbibliothek aufgestellt, so beanspruchte die Lagerung von Einzelblättern in Kassetten eine Reihe von vorbereitenden Arbeiten. Die Blätter mussten teilweise von ihren ursprünglichen Trägermaterialien abgelöst werden und wurden, spätestens seit dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts, auf Kartons im Großfolio-Format montiert, die der 71
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Onofrio Panvinio: XXVII Pontificium Maximorum elogia et imagines accuratissime ad vivum aeneis typis delineatae, Rom, 1568. ÖNB, BAG, FKB 5302. Die im Folgenden angeführten Werke bilden lediglich eine exemplarische Auswahl aus einer Vielzahl von Bildniswerken in der ehemaligen Privatbibliothek zu den verschiedensten Berufs- und Ständegruppen. Illustrium Jureconsultorum Imagines ex Musalo M. M. Benavidii, Rom, 1566. ÖNB, BAG, FKB 5534 Ritratti et elogii di capitani illustri, Rom, 1635. ÖNB, BAG, FKB 5314. Brucker, Johann Jakob: Pinacotheca Scriptorum Nostra Aetate Literis Illustrium […], Augsburg, 1741–1755. ÖNB, BAG, FKB 5347. Emmius, Ubbo: Effigies et vitae Professorum academiae Groningae et Omlandiae cum historiola fundationis eiusdem acad. Groningen, 1654. ÖNB, BAG, FKB 18627. Roth-Scholtz, Friedrich: Icones bibliopolarum […] (1726–1729). ÖNB, BAG, FKB 5375. Ritratti e vite di Donne illustri che fiorirono dal secolo XI sino al XVIII. Venedig, 1775. ÖNB, BAG, FKB 5444. Moehsen, Johann Carl Wilhelm: Verzeichnis einer Samlung von Bildnissen größtentheils berühmter Ärzte […], Berlin, 1771. ÖNB, BAG, FKB 5402. Rocoles, Jean-Baptiste de; Pauli, Carl Friedrich: Begebenheiten ausnehmender Betrüger. Halle, 1760. ÖNB, BAG, FKB 12691
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Größe der Sammlungsportefeuilles entsprachen. Die nicht abreißende Arbeit spiegelt sich in den Quittungen diverser Buchbinder wider, die laufend neue Sammlungsportefeuilles oder Stichkartons in Rechnung stellen.80 Bereits die Neuzugänge der 1790er-Jahre, wie der Ankauf der Porträtsammlung des Georg Friedrich Brandes (Kap. 4.3), erforderten verschiedenste begleitende Maßnahmen. Sämtliche Klebebände, in denen die Sammlung untergebracht war, mussten aufgelöst und die Kupferstiche einzeln abgelöst werden. Bis zum Tod des Kaisers im Jahr 1835 lassen sich kontinuierliche Ausgaben aus der Privatkasse für Buchbinderarbeiten in Zusammenhang mit der Porträtsammlung belegen, etwa für die Anschaffung von Papier aus der k.k. Aerarial-Papier-Manufaktur zur Montage von sechstausend „noch nicht aufgezogene[n] Kupferstiche[n]“81 oder „für das Kleiner schneiden des großen Papieres zum Kupfer aufkleben“.82 In den hölzernen Kassetten, in welche der Kaiser den größten Teil seiner Grafiksammlung kleiden ließ, und die auf den Rechnungen generell als „Portefeuilles“ bezeichnet werden, waren die montierten Blätter, entsprechend sortiert, leicht aufzufinden. Diese Form der Aufbewahrung von Grafikblättern setzte sich im 18. Jahrhundert erst allmählich durch.83 So war die Kupferstichsammlung der benachbarten Hofbibliothek, die sich zu einem überwiegenden Teil aus der ehemaligen Sammlung des Prinzen Eugen von Savoyen zusammensetzte, auf ledergebundene Klebealben verteilt, die zum größten Teil nach den herkömmlichen Schulen geordnet waren.84 Die Porträtstichsammlung des Prinzen wurde hingegen als Loseblattsammlung in Portefeuilles aufbewahrt. Gerade umgekehrt verhielt es sich bei der Porträtsammlung des Georg Friedrich Brandes. Diese war in Klebealben gebunden, während der nach Schulen geordnete Teil der Kupferstichsammlung lose in Portefeuilles verwahrt wurde. Franz selbst wählte sowohl für die Porträtsammlung als auch für die Kupferstichsammlung eine Aufbewahrung in repräsentativen Portefeuilles, die 80
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Seit 1785 wurde das Aufziehen von Landkarten auf Leinwand, die Herstellung von Portefeuilles oder das Zuschneiden von Stichkarton überwiegend vom „Bürgerlichen Buchbinder“ Johann Georg Kapler aus Wien besorgt, der diese Arbeiten bisweilen auch in „in S.M. Cabinet“ durchführte. ÖStA, HHStA, GDPFF, 75, Rechnung vom 26. Oktober 1793. Kapler belieferte auch die geheime Kabinettskanzlei mit Papier. Später kamen auch die Buchbinder Georg Friedrich Kraus und Johann Baptist Hoffer, ab 1824 auch Heinrich Buchholz hinzu (alle in: Frank/Frimmel, 2008). Die Buchbinderrechnungen in ÖStA, HHStA, GDPFF, 72-89 bzw. ÖNB, BAG, FKBR, 1814–1835. ÖNB, BAG, FKBA05059, fol. 1v. Rechnung des Buchbinders Hofer vom 24. Oktober 1820, ÖNB, BAG, FKBR1820/124, fol. 1r. Brakensiek (2003), S. 454. Siehe Kap. 7.5.
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Abb. 3: Portefeuilles der Porträtsammlung: „Erzhaus Österreich“
von außen Bibliotheks-Großfolianten glichen. Die Holzkassetten für die Porträtsammlung wurden von den Buchbindern am Rücken und auf den Kanten mit Kalbsleder verstärkt, mit marmoriertem Papier bezogen und mit Messinghaken zum Verschließen ausgestattet. Die Rücken wurden zusätzlich mit Etiketten aus verschiedenfarbigem Leder versehen, auf die mit Goldprägung der Titel und darunter in einem Kranz die römische Bandzählung gedruckt wurde. Die systematische Ordnung der Kollektion war so nach außen hin sichtbar und dennoch war es jederzeit möglich, Änderungen an ihr vorzunehmen. Die Portefeuilles mussten laufend restauriert werden, die Deckel neu überzogen, Kanten ausgebessert, neue Rückenschilder aufgelegt oder Messinghaken ersetzt werden. Nach rund fünfundzwanzigjähriger Sammeltätigkeit belief sich die Anzahl der Sammlungsportefeuilles im Jahr 1809 bereits auf 678.85 552 entfielen davon auf die Porträtstiche, 126 auf die Kupferstichsammlung.86 Weitere vierzehn Jahre später berichtet der Wien-Historiker Franz Heinrich Böckh, die Anzahl der Kassetten der Porträtsammlung belaufe sich auf 700, die der Sammlung von Kupferstichen nach Schulen und der Handzeichnungen auf 250.87 In einem Bericht des Bibliotheksvorstehers Leopold Joseph von Khloyber (1789–1869), sechs Jahre vor dem Tod des Kaisers, wird die Gesamtzahl der Einzelporträts mit 64.200 angegeben. Davon entfielen auf „Porträten re85
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Aus einem Bericht des Wiener Kunsthändlers Ignaz Sauer an den Vorsteher der kaiserlichen Privatbibliothek, Peter Thomas Young vom 7. Dezember 1809. ÖNB, BAG, FKBA01001, fol. 1r. Es handelt sich dabei um die früheste Quelle mit quantitativen Angaben zur Porträtsammlung. Wiener Zeitung vom 14. Dezember 1897, S. 5. Böckh (1823), S. 83. In einem rund zehn Jahre später verfassten Bericht Leopold Joseph von Khloybers über die Bestände und Arbeiten in der k. k. Privatbibliothek wird die Anzahl der Portefeuilles der Porträtsammlung hingegen mit 623 angegeben. ÖNB, BAG, FKBA15162, fol. 4r.
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Abb. 4: Die Porträtsammlung um 1925
gierender Familien“ 18.200 Blätter, auf die „verschiedener Stände“ 46.000 Blätter.88 Eine im selben Jahr begonnene Maßnahme zum Ausbau der genealogischen Abteilung der Sammlung per schriftlicher Anweisung an k.k. Gesandtschaftsposten im Ausland bereicherte diese abermals um rund 2500 Bildnisse fürstlicher Familien aus ganz Europa.89 Mit dem Ableben des Kaisers am 2. März 1835 fand auch die Ausdehnung der Porträtsammlung ein jähes Ende. Die umfassende Bestandsrevision nach seinem Tod ermöglicht heute eine relativ exakte Abgrenzung der ursprünglichen Sammlung. In einer am 17. April 1835 angelegten „Détail-Übersicht des Standes der Privat-Bibliothek“ wird deren Umfang mit 66.709 Blättern angeführt.90 Die fünfzehn Jahre später angelegten Samm88 89 90
Sammlungbericht vom 15. März 1829, ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz I, 20. Siehe Kap. 5.2. ÖNB, BAG, FKBA21001, fol. 25r. Bei der Versteigerung der Porträtsammlung des Wiener Bankiers Johann Jakob Ritter von Franck am 29. Februar 1836 durch Artaria in Wien dürften noch zahlreiche Blätter für die kaiserliche Porträtsammlung erworben worden sein. Dies belegt ein Exemplar des Auktionskatalogs in der Österreichischen Nationalbibliothek, in welchem zu den jeweiligen Losnummern handschriftlich die Meistbieter und die erzielten Preise eingetragen wurden. Neben bekannten Wiener Kunsthändlern wie Franz Xaver Stöckl oder Artaria findet sich darunter immer wieder der Name des Kanzlisten der Privatbibliothek, Georg Thaa. Vgl. ÖNB, 307977-B.1. Alt.Mag., Catalogue De La Très-Belle Et Précieuse Collection De Portraits Anciens Et Modernes De Feu Mr.
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lungsinventare beziffern die Anzahl der Porträts auf insgesamt 68.545 Blätter.91 Die Sammlung erfuhr also unter dem Nachfolger Ferdinand I. keine nennenswerte Erweiterung mehr. Das rasante Wachstum im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts, insbesondere aber der Ankauf der Sammlung Georg Friedrich Brandes‘ im Frühjahr 1796 rückte die Frage der Lagerung zunehmend in den Vordergrund. Die Unterbringung der neuen Blätter in Portefeuilles, die an Zahl stetig zunahmen, machte es notwendig, neue Räumlichkeiten für die Aufstellung der Sammlung zu erschließen, die anfänglich vermutlich noch im Wohnappartement des Erzherzogs und späteren Kaisers im zweiten Stockwerk des Schweizerhofes untergebracht war. Wahrscheinlich bereits vor dem Jahr 1795 waren in unmittelbarer Nähe der Wohngemächer zwei Räume für dessen Privatbibliothek eingerichtet worden.92 Auf diesen wurde 1796 ein eingeschoßiger Aufbau mit einem Treppenturm errichtet, der die Grafiksammlung beherbergen sollte. Während das untere Geschoß weiterhin zur Aufbewahrung der Bibliothek diente, wurden im oberen, aus zwei Sälen und einem Kabinett bestehenden Stockwerk in raumhohen Regalen die Portefeuilles der Porträtsammlung und der restlichen Kunstblattsammlung aufgestellt.93 Die Sammlung verblieb dort bis nach dem Tod des Kaisers.94 2.3 Die Kupferstichsammlung nach Schulen Nur kurz sei an dieser Stelle auch auf die Kupferstichsammlung eingegangen, die Franz zeitgleich mit der Porträtstichsammlung begründete. Obgleich auch diese Teilsammlung grafische Porträts, meist Doubletten, enthielt, wurde ihr Bestand von Beginn an explizit von der Bildnissammlung
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93 94
Le Chevalier Jac. De Franck, Banquier à Vienne. Première Partie. ÖStA, HHStA, Haus-Archiv, Inventare der Fideikommissbibliothek 14–16. Eine ausführliche Untersuchung zu den Räumlichkeiten der Privatbibliothek und der Kunstsammlung Kaiser Franz’ I. anhand neu erschlossener schriftlicher Quellen und historischer Pläne liegt durch Rainer Valenta vor: Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. In: Huber-Frischeis/Knieling/Valenta (2015), S. 178–199. Balbi (1835), S. 93. Die Räume wurden in den Jahren 1812–13 nochmals erweitert. Im Jahr 1890 wurde der Transfer der k.k. Familien-Fideikomissbibliothek in den so genannten neuen Augustinergang, einem Verbindungstrakt zwischen den kaiserlichen Appartements und der Hofkirche beschlossen. Dort war die Bibliothek in einer langgestreckten Flucht aus neun verbundenen Zimmern untergebracht, in deren vierten Saal die Porträtsammlung und im daran anschließende Raum die Sammlung von Handzeichnungen beherbergt war. Ihren heute noch gültigen Aufstellungsort im zweiten Stockwerk des Corps de Logis erhielt die Fideikommissbibliothek erst im Jahr 1908. Vgl. Petschar (2011), S. 21 f.
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getrennt, wie es vielfach der Praxis zeitgenössischer Grafiksammlungen entsprach. Eine auf Befehl des Kaisers durchgeführte Inventur und Schätzung der Kupferstiche und Handzeichnungen in der kaiserlichen Privatbibliothek durch den Wiener Kunstsachverständigen Ignaz Sauer im Jahr 1807 untermauert die Trennung der beiden Sammlungen nach Gegenstandsbereichen.95 Sauer nahm zunächst eine Schätzung der Druck- und Handschriften in der Privatbibliothek vor sowie der Porträtstichsammlung und schließlich eine gesonderte Schätzung der übrigen Kupferstiche und Handzeichnungen. Das Gutachten, das vermutlich die früheste quantitative Erhebung der Kupferstichsammlung des Kaisers darstellt, teilt diese lediglich in „alte“ und „moderne“, also zeitgenössische Blätter, und bewertet sie getrennt voneinander. Die Aufstellung der Blätter nach Schulen dürfte vermutlich erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt sein. Ihrem Umfang nach nahm die Kollektion mit knapp 4500 Blättern zu diesem Zeitpunkt eine untergeordnete Stellung unter vergleichbaren Privatsammlungen ein.96 Eine rund 30 Jahre später, unmittelbar nach dem Ableben des Kaisers, vom Bibliotheksvorsteher Leopold Joseph von Khloyber verfasste Aufstellung der „übrigen Kupferstichsammlung“ weist bereits eine Aufgliederung der Sammlung nach Sachgebieten in „historische, nach Schulen geordnete Darstellungen“ (5350 Blätter), „Ansichten“ (3361 Blätter) und einige weitere kleine Teilbestände wie Karikaturen, Lithografien oder Uniformbilder auf. 97 Auch die Handzeichnungen werden hier bereits gesondert angeführt. Da sich bis heute kein zeitgenössischer Katalog oder ein Inventar der Kupferstichsammlung aus der Zeit Franz’ I. erhalten hat, stellt ein Sammlungsverzeichnis aus dem Jahr 1850 die früheste Quelle zu deren Zusammensetzung und systematischen Ordnung dar.98 So bot der allgemeine, nach Schulen geordnete Teil der Kupferstiche ein breit gefächertes Spektrum, vornehmlich von biblischen und mythologischen Darstellungen oder historischen Ereignissen, aber auch Seestücken, Jagdszenen und Porträts. Die Blätter waren in fünf regionale Schulen – Deutsche, Englische, Französi95 96
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ÖNB, BAG, FKB.INV.13a-c, „Tabulae aestimationis librorum tam impressorum, quam manuscriptorum“, 1807. Die umfangreiche Kupferstichsammlung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen (1738– 1822) umfasste zur gleichen Zeit bereits etwa 70.000–80.000 druckgrafische Blätter. Dossi (1998), S. 30. ÖNB, BAG, FKBA21001, fol. 15v. ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Inventare der Fideikommissbibliothek, 11. Das „Verzeichnis der in der k.k. Fideikommißbibliothek vorhandenen Sammlung von Kupferstichen und Holzschnitten“ beziffert die Gesamtzahl der Sammlung mit 6018 Blätter, wovon auf die Deutsche Schule 2067, auf die Englische Schule 662, auf die Französische Schule 1438, auf die Italienische Schule 883 und auf die Niederländische Schule 968 Blätter entfallen.
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sche, Italienische und Niederländische Schule – eingeteilt und innerhalb der Schulen nicht historisch-chronologisch, sondern alphabetisch nach den Kupferstechern geordnet. Der künstlerische Wert der Blätter ist überaus unAbb. 5: Portefeuilles der Kupferstichsammlung terschiedlich. So schrieb auch Leopold Joseph von Khloyber in einer Stellungnahme vom Juli 1838, die Kupferstichsammlung, „so wertvoll und kostbar sie auch in einzelnen Blättern ist – ist doch im Ganzen minder beträchtlich. Es lag nie in der Absicht des höchstseligen Kaisers eine Sammlung von solchem Umfange anzulegen, wie sie die k.k. Hofbibliothek, oder die Bibliothek S[eine]r kaiserl[ichen] Hoh[eit] des Herrn Erzherzogs Karl besitzt. Was der Zufall gewöhnlich im Wege des geheimen Kabinetts brachte, wurde angeschafft und hinterlegt. Nie ist eine Gelegenheit benützt worden um irgendeine Schule oder einen Meister zu ergänzen.“99 Trotz der Trennung der Teilsammlungen fanden auch Porträtstiche Eingang in die Kupferstichsammlung. Dies betraf jedoch nahezu ausschließlich Werke zeitgenössischer Stecher, von deren neu erschienenen oder eingesandten Blättern der Kaiser mehrere Abdrucke erwarb.100 Für die Einordnung neu hinzugekommener Bildnisse galt grundsätzlich, dass diese der Porträtsammlung einzuverleiben seien. Lediglich Doubletten dort bereits befindlicher Blätter wurden zusätzlich auch in die Kupferstichsammlung aufgenommen.101 Die Aufsicht über die Kupferstichsammlung hatte seit 1815 der Wiener Maler Eduard Frister inne, dessen Haupttätigkeit im Aufziehen der Kupferstiche und Handzeichnungen auf Karton bestand.102 So berichtet 1835 auch der italienische Bibliotheksstatistiker Adriano Balbi, dass von den drei Bediensteten der Privatbibliothek des Kaisers Franz’ I. einer ausschließlich für dessen Kupferstiche und Handzeichnungen zuständig sei.103 99 ÖNB, BAG, FKBA21004, fol. 5v. 100 So erfreuten sich etwa Zustandsdrucke „avant la lettre“, also vor Anbringung der Schrift, bei Franz I. großer Beliebtheit, weshalb ihm viele Blätter sowohl vor als auch nach der Schrift angeboten wurden. 101 Als Beispiel hierfür seien etwa Werke der Wiener Kupferstecher Johann Jaresch oder Karl Lavos angeführt, von denen der Kaiser jeweils ein Exemplar für die Porträtsammlung und eines für die Kupferstichsammlung erwarb. ÖNB, BAG, FKBA11057 bzw. FKBA13045. 102 Huber-Frischeis/Knieling/Valenta (2015), S. 128–135. 103 „Trois emplyés sont attachés à cette magnifique bibliothèque, dont deux pour les livres,
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Der überwiegende Teil der Kupferstichsammlung des Kaisers Franz I. befindet sich seit dem Jahr 1922 in der Albertina, während einzelne großformatige Blätter, vorwiegend der Italienischen und der Englischen Schule, in der ehemaligen Privatbibliothek verblieben sind.104 Eine praktische Beschäftigung des Kaisers mit der eigenen Sammlung in Form einer sortierenden und ordnenden Tätigkeit, der Inventarisierung von Teilbeständen und der daraus abgeleiteten Ordnungsstruktur lässt sich heute aufgrund der überlieferten Quellen nur für die Porträtstichsammlung nachweisen, nicht jedoch für die Kupferstichsammlung. Der nachfolgende sammlungsgeschichtliche Teil der Arbeit bezieht sich daher ausschließlich auf die Loseblattsammlung von Einzelporträts. Jene Blätter, die einem Stecherœuvre in der nach Schulen geordneten Sammlung zugeordnet wurden, werden in die folgenden Betrachtungen zur Systematik nicht einbezogen.
les cartes géographiques et les portraits, le troisième pour les estampes et les dessins à main.“ Balbi (1835), S. 94. 104 Die Kupferstichsammlung der Fideikommissbibliothek, in 61 Portefeuilles nach Schulen geordnet, wurde im März 1922 aufgrund eines Regierungsbeschlusses im Zuge der Neuordnung der staatlichen Sammlungen gemeinsam mit dem überwiegenden Teil der Handzeichnungen und Aquarelle aus den privaten Sammlungen der Kaiser Franz I. und Ferdinand I. an die Albertina abgegeben. Ursprünglich sollten Blätter von „vornehmlich historischem Interesse“ in der nunmehrigen Porträtsammlung der Nationalbibliothek verbleiben, tatsächlich dürften aber die großen Formate (heutige Signaturengruppen Pk511 und teilw. Pk3003) in der Sammlung verblieben sein, während die „Schulen mittleres Format“ in die Albertina überführt wurden. Von den ursprünglichen Portefeuilles befinden sich in Bildarchiv und Grafiksammlung der ÖNB heute noch die „Englische Schule O–Z“ sowie die „Italienische Schule A–N“. Die abgegebenen Blätter wurden mit Albertina-Passepartouts versehen und nach Künstlern geordnet in den historischen Bestand integriert. Blätter aus der ehemaligen Kupferstichsammlung des Kaisers finden sich heute etwa in den Kassetten „Englische Farbstiche montiert“. Zur Auseinandersetzung zwischen Nationalbibliothek und Albertina vgl. ÖNB Archiv, NB 84-1922.
Abb. 6: Palazzo Pitti in Florenz
I. EINFLUSSSPHÄREN
3. HERAUSBILDUNG VON KUNSTKENNERSCHAFT IN DER JUGEND Das früheste erhaltene Zeugnis für die Auseinandersetzung des Erzherzogs Franz mit der eigenen Porträtsammlung bildet der eigenhändig geführte „Catalogue de Portraits“, der bereits in den ersten Jahren nach seinem Eintreffen in Wien angelegt worden sein dürfte (Abb. 24).105 Das gebundene Verzeichnis, das mehr als achttausend Einträge zu Porträtdarstellungen unterschiedlichster Personen enthält, ist geführt in der Art eines „Catalogue raisonné“, enthält also neben kurzen biografischen Angaben zu den Porträtierten auch die Namen der Maler und Inventoren der Porträts sowie die Namen der ausführenden Stecher. Die Art der Verzeichnung zeugt von einem Zugang zu den Sammlungsobjekten, der diese nicht bloß als Darstellungen unterschiedlicher Persönlichkeiten, sondern gleichermaßen als Werke der grafischen Kunst begreift. Dieser Umstand führt zu der Fragestellung, wann der Grundstein für eine kunstkennerschaftliche Rezeption von Druckgrafik gelegt wurde. Es soll daher im folgenden Kapitel darauf eingegangen werden, welche Faktoren in den Jugendjahren des Erzherzogs von Einfluss auf die Entwicklung des späteren Kaisers als Kenner und Sammler von Kupferstichen waren. Zum einen gewähren Handzeichnungen, die sich aus der Kindheit und Jugend erhalten haben, einen Einblick in die frühe Beschäftigung des Erzherzogs mit grafischen Blättern. So bildete etwa das Bemalen von Kupferstichen in der Kindheit des Kaisers und seiner Geschwister ein gängiges Mittel zur Gestaltung der Freizeit. Mit Einsetzen des Zeichenunterrichts ging man dazu über, von Vorlageblättern, die Details berühmter Gemälde wiedergaben, möglichst exakte Kopien zu erstellen. Dabei setzte sich Franz auch mit der zeichnerischen Nachahmung von Meisterwerken der Druckgrafik auseinander, wie im anschließenden Kapitel näher ausgeführt wird. Franz I. als Zeichner begegnet uns auch in seinen Reisetagebüchern. So enthält jenes zur italienischen Hofreise des Jahres 1819 topografische Skizzen, Grundrisse von Gebäuden wie der Villa Favorita bei Neapel und Zeichnungen archäologischer Funde aus Pompej und Herkulaneum von der Hand 105 ÖNB, BAG, FKB 28032/8. Siehe dazu Kap. 4.1.4.
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I. Einflusssphären
des Kaisers.106 Darüber hinaus enthalten die Aufzeichnungen teilweise äußerst detaillierte Beschreibungen von Kunst- und Baudenkmälern wie dem Petersdom in Rom in präziser architektonischer Fachterminologie. Sie vermitteln zweifelsfrei ein authentisches Interesse des Kaisers für italienische Kunst, Architektur und Altertümer. Zum anderen wurden im Geschichtsunterricht, dem Hauptfach der Großprinzen, Porträtstiche von Feldherren oder Staatsmännern als Lehrmittelbehelf herangezogen. Diese Methode, die vom 1777 bestellten Geschichtslehrer der beiden älteren Söhne, Sigismund Anton von Hohenwart, propagiert wurde, schärfte die visuelle Wahrnehmung der Jugendlichen und begünstigte zugleich die Kenntnis historischer Porträts. Nicht zuletzt förderte auch die Rezeption von Johann Caspar Lavaters zur gleichen Zeit erschienenem physiognomischen Werk „Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe“ (1775–78), in welchem das Porträt des Menschen als Kennzeichen seiner individuellen Psyche gedeutet wird und das für den Unterricht der Erzherzoge angeschafft wurde, eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem menschlichen Konterfei. Die vielfältigen Einflusssphären, denen sich der Erzherzog während seiner Erziehung in Florenz unter Großherzog Leopold ausgesetzt sah, waren zweifellos von entscheidender Bedeutung für dessen Entwicklung als Kenner und Sammler von Grafik. Entsprechend soll es in der Folge darum gehen, die Einflussfaktoren dieses Prozesses näher zu beleuchten. 3.1 Kunsterfahrung am toskanischen Hof Die Erziehung der Großprinzen am toskanischen Hof unter Großherzog Leopold wurde mehrfach von den Biografen der Erzherzoge Franz, Karl (1771– 1847) oder Johann (1782–1859) beschrieben und dargestellt.107 Leopolds Auffassung von Pädagogik entsprach modernen Erkenntnissen seiner Zeit. Die Erziehung der eigenen Kinder gehörte laut dem französischen Schriftsteller und Reisenden Louis Dutens zu den größten finanziellen Aufwendungen des Großherzogs.108 Dem sorgfältig konzipierten Erziehungsplan, der sich in seinen zahlreichen Instruktionen und „Points d’éducation“ offenbart, stand eine bürgerlich erscheinende, liberale Atmosphäre und eine für aristokra106 Die Reinschrift des Tagebuchs wurde von Thomas Kuster ediert: Kuster (2010). 107 Vgl. etwa die grundlegenden Biografien von Wolfsgruber (1899), Zeissberg (1895) und Theiss (1960). 108 „Un des plus grands objets de la dépense du Grand Duc étoit l’education de ses enfans […]“. Dutens (1807), Bd. 2, S. 239.
3. Herausbildung von Kunstkennerschaft in der Jugend
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tische Verhältnisse vergleichsweise schlichte Lebensführung am toskanischen Hof gegenüber. Ganz allgemein wurde von den Großprinzen auch eine Vertrautheit mit den Künsten erwartet. Zum Kanon der Prinzenbildung gehörte daher neben dem Fecht- auch der Zeichen-, Musik- und Tanzunterricht, ebenso wie der regelmäßige Besuch von Theateraufführungen. Der Ajo der älteren Knaben, Graf Franz von Colloredo-Wallsee, berichtet in seinem Tagebuch, dass er und sein Sotto-Ajo, Marchese Federigo Manfredini, mit dem etwa Abb. 7: Kaiser Leopold II. vierzehnjährigen Erzherzog Franz mehrmals (1747–1792) in der Woche Galerien, Museen oder Privatsammlungen in Florenz aufsuchte. Oftmals wurden auch Bibliotheken und Kirchen besucht, wie etwa die gotische Basilika Santa Maria Novella.109 Das Kennenlernen derartiger Meisterwerke bot die Möglichkeit einer sehr frühen Auseinandersetzung mit Kunstwerken aller Art und forderte den Jugendlichen angesichts der Vielzahl an Kulturstätten und Bauwerken in Florenz förmlich zu einer solchen heraus. Das besondere Interesse des Erzherzogs Franz an bildender Kunst kommt auch in den Aufzeichnungen Colloredos immer wieder zum Ausdruck. So erwähnt er unter anderem, dass sich der Fünfzehnjährige eingehend mit dem (von Christian von Mechel in diesem Jahr herausgegebenen) Katalog der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien beschäftigte.110 Über die Auseinandersetzung mit Werken der Kupferstichkunst wird in den Kindheitsschilderungen der Prinzen mehrfach berichtet. So soll Großherzog Leopold den älteren Söhnen regelmäßig Porträtstiche von Monarchen oder Päpsten vorgelegt haben, die er ihnen selbst erläuterte.111 Der Lehrer für Geografie und deutsche Grammatik, Anton Ludwig, belohnte seine Schüler bei gutem Lernerfolg gerne mit dem Betrachten von Kupfer-
109 Zitiert nach Wolfsgruber (1899), Bd. 1, S. 230. Das Tagebuch Colloredos: ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 73–74. 110 Ebenda, S. 230. Mechel, Christian von: „Verzeichniß der Gemälde der Kaiserlich Königlichen Bilder-Gallerie in Wien“ Wien–Basel, 1783. 111 Wolfsgruber (1899), Bd. 1, S. 175; Zeissberg (1895), S. 25.
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I. Einflusssphären
stichen.112 Franz besaß auch selbst Kupferstiche, die er als Geschenk erhielt und die vermutlich den Grundstock seiner späteren Kupferstichsammlung bildeten.113 Auch das „Handbuch über Empfang und Ausgaben für die Erzherzoge Franz und Ferdinand, sowie Karl, Leopold und Joseph in Florenz“ (1774–1784) verzeichnet regelmäßige Ausgaben für den Ankauf von Kupferstichen.114 Die Frage, inwieweit Großherzog Leopold für seinen ältesten Sohn ein Vorbild hinsichtlich einer sammlerischen Beschäftigung mit Grafik darstellte, soll ein Blick auf Umfang und Zusammensetzung dessen eigener Grafiksammlung klären, die als Teil der großherzoglichen Privatbibliothek im Palazzo Pitti untergebracht war. Ein 1771 gedruckter Katalog der Privatbibliothek gewährt einen Einblick in die Bestände zu einem Zeitpunkt, als Leopold sechs Jahre die Herrschaft im Großherzogtum Toskana innehatte und Erzherzog Franz drei Jahre alt war.115 Unter dem Kapitel „Estampes“ finden sich in dem Katalog rund zweihundert Stiche und Handzeichnungen aus damaligem Besitz des Großherzogs aufgelistet. Es handelt sich in der Mehrheit um Stichreproduktionen biblischen und mythologischen Inhalts nach barocken Meistern wie Guido Reni, Pietro da Cortona, Andrea Sacchi oder Nicolas Poussin, ferner eine Folge von Blättern des französischen Stecherdilettanten Antoine de Marcenay de Ghuy, etliche Tafeln aus Georges-Louis Leclerc de Buffons Naturgeschichte „Histoire naturelle […]“116, Handzeichnungen des neapolitanischen Malers Desiderio de Angelis und mehrere Prospekte und topografische Ansichten, größtenteils von Neapel und Umgebung. Auch wenn die Erwerbungen der folgenden Jahre heute nicht mehr im Einzelnen zu ermitteln sind, so gibt das 1771 erstellte Verzeichnis doch einigermaßen Auskunft über den Grundbestand der großherzoglichen grafischen Sammlung im Palazzo Pitti. Die Analyse der verzeichneten Blätter legt die Vermutung nahe, dass die Grafiksammlung des Großherzogs in ihrer Dimension wohl zu keinem Zeitpunkt über den üblichen Grafikbesitz eines aristokratischen Hofes des späten 18. Jahrhunderts hinausging. Leopold war also weit entfernt von einem passionierten Grafiksammler. Die Kunstblätter, die er in den Jahren vor Erscheinen des Katalogs gesammelt hatte, entprachen weder in qualitativer noch in quantitaiver Hinsicht den späteren Sammelambitionen des Erzherzogs Franz. 112 113 114 115 116
Theiss (1960), S. 38. Wolfsgruber (1899), Bd. 1, S. 230. ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 90–2. „Catalogue des livres du cabinet particulier de LL. AA. RR.“, Florenz, 1771, S. 429–440. „Histoire naturelle, générale et particulière“, 44 Bde, Paris, 1749–1804.
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Zweifellos begünstigten aber dessen vielfache Betrachtungen von Kupferstichen aus der väterlichen Bibliothek nicht nur die Aneignung von grundlegenden fachlichen Kenntnissen auf diesem Gebiet. Durch die wiederholten Erfahrungen, in denen der Erzherzog das Studieren von Bildnissen als eine gewohnte Form der Alltagsbeschäftigung kennengelernt hatte, mag später auch der Entschluss gereift sein, diese Gepflogenheit mit der Anlage einer eigenen Sammlung weiterzuführen. Darüber hinaus erschloss sich der Erzherzog auch im Rahmen des Kunstunterrichts einen ganz eigenwilligen Zugang zu Grafik, wie im Folgenden dargelegt wird. 3.2 Auseinandersetzung mit Druckgrafik im Zeichenunterricht Eine Möglichkeit der Auseinandersetzung mit Werken der grafischen Kunst, die nachhaltigen Einfluss auf die spätere Entwicklung des Erzherzogs als Kenner und Sammler hatte, bildete der Unterricht im Zeichnen, den Franz wie auch seine Geschwister auf Iniative ihres Vaters erhielten. Wenngleich der Biograf seines jüngeren Bruders Erzherzog Johann, Viktor Theiss, Leopolds Rolle als Förderer künstlerischer Fähigkeiten kritisch beurteilt, da der künstlerisch-ästhetischen Seite in den Erziehungsplänen der Großprinzen nur eine Randposition beigemessen wird,117 so zeigen doch die „Points d’éducation“, die Leopold 1782 an seine Schwester Marie Karoline schickt, dass er ihr das Malen und Zeichnen als festen Bestandteil der Freizeitaktivitäten der Prinzen empfiehlt.118 Tatsächlich dürfen diese Aktivitäten im frühen Kindesalter aber nicht als Impuls für die Entfaltung eines ausgeprägten künstlerischen Ehrgeizes verstanden werden. Es stand dabei vielmehr das spielerische Wahrnehmen und Erfassen im Vordergrund, etwa durch das Zerschneiden und Ausmalen von Karten oder Kupferstichen.119 Das „Illuminieren“ von Kupferstichen zählte dabei zu den bevorzugten Tätigkeiten des Erzherzogs Franz, welche er noch im Alter von neun Jahren ausübte.120 Diese Praxis führte zwangsläufig zu einer ersten Auseinandersetzung mit Werken der Reproduktionsgrafik. Durch diese Art des malerischen Nachvollzugs konnte bereits ein Bewusstsein für den künstlerischen Schaffensprozess eines Kupferstichs gewonnen werden. Die Gepflogenheit wurde später von den eigenen Kindern fortgeführt, wie eine ganze Reihe 117 Theiss (1969), S. 40. 118 Points d’éducation pour les enfants, envoyés par S.A.R. à reine des Naples. ÖStA, HHStA, Familienakten, Karton 56. Zitiert in: Schaeffer (1935), Bd. 1, S. 103. 119 Langsam (1954), S. 27, S. 71. 120 Wolfsgruber (1899), Bd. 1, S. 176.
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von erhaltenen Kupferstichen belegt, die von der ältesten Tochter Marie-Louise und den Söhnen Ferdinand, Josef oder Franz Karl koloriert und auch s igniert wurden.121 Im Jahr 1795 bestellte der Kaiser beim Nürnberger Spielwarenhändler Georg Hieronymus Bestelmeyer ein Malbuch, das Aquarellfarben sowie Kupferstiche zum Ausmalen enthielt.122 Ab dem 12. Lebensjahr bildete der Zeichenunterricht schließlich einen festen Bestandteil des Unterrichtsplans des Erzherzogs Franz, zweimal wöchentlich für jeweils eine bzw. eineinhalb Stunden.123 ZeichenlehAbb. 8: Erzherzog Franz, um 1790 rer der ältesten Brüder war der Florentiner Maler Giuseppe Magni (†1787), Professor an der Akademie der Künste in Florenz und Leiter einer Zeichenschule, der als Inspektor und Restaurator in der Uffiziengalerie tätig war und auch an der Ausstattung der Galleria Palatina im Palazzo Pitti mitgewirkt hatte.124 Ein Konvolut von Zeichnungen und Aquarellen von der Hand des Erzherzogs, das sich in der ehemaligen Privatbibliothek erhalten hat, vermittelt einen Eindruck davon, wie die zeichnerischen Kenntnisse vermittelt wurden. Die Methoden der Kunstunterweisung der Prinzen entsprachen im Allgemeinen der Praxis, wie sie zu dieser Zeit an der Kunstakademie in Wien gelehrt wurden. Die Wurzeln dieser Verbindung reichen zurück in die Kindheit des Großherzogs, dessen älteste Schwester Maria Anna (1738–1789) Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in Wien als auch gewähltes Mitglied der Akademie der Künste in Florenz war.125 Zu ihren Zeichenlehrern zählte neben dem Landschaftsmaler Friedrich August Brand auch der Hofkupferstecher Jakob Matthias Schmutzer, Direktor der 1766 gegründeten Kupferstecher-Akademie. Die Rötelzeichnung eines Frauenkopfes mit Perlen121 ÖNB, BAG, Pk 144, 59–60b (Marie-Luise); 70–73 (Ferdinand); 101–105 (Joseph); 122–124 (Franz Karl). Meist wurden Stiche nach englischen Meistern wie Richard Westall oder Joseph Barney herangezogen. 122 ÖStA, HHStA, GDPFF, 78, 9. August 1795. Vgl. „Systematisches Verzeichnis eines Magazins von verschiedenen Kunst- und andern nüzlichen Sachen […], Nürnberg, 1803. ÖNB, BAG, FKB 8926, S. 12, Nr. 420. 123 Wolfsgruber (1899), Bd. 1, S. 121–123. 124 Eine Kurzbiografie Giuseppe Magnis bei Torresi (1999). 125 Wurzbach (1861), Bd. 7 ,S. 267. Die Ehrenmitgliedschaft an der Akademie wurde auch an dilettierende Frauen von Stand verliehen. Plank (1997), S. 95.
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schmuck im Haar, die sie der Akademie verehrte, um sich zum Mitglied erklären zu lassen, geht offensichtlich auf eine Zeichnung Schmutzers zurück.126 So bildete auch die Aneignung manueller Druckverfahren einen festen Bestandteil des Zeichenunterrichts der Schwestern Leopolds II. Die ehemalige kaiserliche Privatbibliothek verwahrt Radierungen der Schwestern Maria Elisabeth (1743–1808) und Maria Karolina (1752–1814), die diese im Alter von 14 bis 16 Jahren nach eigenen Vorlagen schufen.127 Von Maria Anna haben sich zwei Schabkunstblätter und vierzehn Radierungen von Landschaften und Stillleben aus den Jahren 1771 und 1772 mit der Bezeichnung „gemahlet und geetzet von I. K. H. Erz H. Ma. Anna“ erhalten, die größtenteils auf Gemälde niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts zurückgehen.128 Vor allem aber bildete das Kopieren nach Vorlagen einen zentralen Aspekt des Zeichenunterrichts der Erzherzoge und Erzherzoginnen. Das Verfahren des Nachzeichnens diente in erster Linie dazu, die eigene Wahrnehmung zu schärfen und bildliche Zusammenhänge besser zu erfassen. Auch an der Akademie stellte das Kopieren nach Vorlageblättern die erste Stufe der Ausbildung für wenig geübte Schüler dar.129 Zahlreiche Vorlageblätter aus der Hand Jakob Matthias Schmutzers, nach denen die korrekte Wiedergabe des menschlichen Körpers geübt wurde, haben sich nicht nur in der Akademie der bildenden Künste erhalten. Auch in den Zeichenmappen aus den Nachlässen der jüngeren Geschwister des Kaisers Franz, die in der Fideikommissbibliothek verwahrt werden, finden sich mehrfach Zeugnisse dafür, dass Zeichnungen Schmutzers für den Unterricht der Erzherzoge herangezogen wurden. Deutlich wird dies etwa bei einigen Ausdrucksstudien der jüngsten Brüder des Kaisers, Erzherzog Ludwig (1784–1864) und Erzherzog Rudolf (1788–1831), die menschliche Emotionen und Stimmungen wiedergeben.130 Die signierten Kohlezeichnungen sind bezeichnet mit „Das Mitleiden“, „Das Schrecken“, „Der Zorn“ usw., und gehen auf eine Schmutzer zugeschriebene Serie von „Affekten“ im Bestand der Akademie der bildenden Künste nach dem Vorbild von Charles Le Bruns „Méthode pour apprendre à dessiner les passions“ (1698) zurück.131 126 Wien, Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste, Inv. Nr. 17120 (Maria Anna) bzw. Inv. Nr. 19121 (Jakob Matthias Schmutzer). 127 Poch (2017), S. 29 f. 128 ÖNB, BAG, 254.807-D.Fid. Es finden sich darin Fluss- und Winterlandschaften nach Jan van Goyen und Aert van der Neer oder nächtliche Feuersbrünste nach Egbert van der Poel. Die Radierung eines Bettlermädchens (Taf. 16) geht auf ein Gemälde Joos van Craesbeecks zurück: Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. GG 2662. 129 Katalog Wien (2006), S. 26. 130 ÖNB, BAG, Pk 4340. 131 Wien, Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste, Inv. Nr. 6249.
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Auch unter der nachfolgenden Generation von Akademieprofessoren lassen sich Verbindungen zum Zeichenunterricht der Geschwister des Kaisers Franz nachweisen. Zwei unsignierte Kreidezeichnungen aus dem Nachlass Erzherzog Ludwigs stellen Details aus dem Rubens-Gemälde „Der Hl. Ambrosius und Kaiser Theodosius“ (um 1615/16) im Wiener Kunsthistorischen Museum dar.132 Im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste finden sich zwei exakte Pendants, die auf Hubert Maurer, Professor der historischen Zeichnungsklasse von 1785 bis 1817, zurückgehen.133 Die Zeichenmappen der Geschwister Franz’ enthalten darüber hinaus signierte Originalzeichnungen, die zum Kopieren im Unterricht herangezogen wurden. Eine Rötelzeichnung aus dem Nachlass des Erzherzogs Ludwig, die dieser zur Gänze kopierte, ist mit „Conti“ signiert und geht auf den Maler, Zeichner und Kupferstecher Karl Conti (1741–1795) zurück, Schüler von Jakob Matthias Schmutzer und Zeichenlehrer an der Akademie unter der Direktion von Hubert Maurer.134 Als Kaiser Leopold II. unerwartet im März 1792 verstirbt und weitere zwei Monate später auch die Mutter der Erzherzoge, Maria Ludovika, verpflichtet sich der nunmehrige römisch-deutsche Kaiser Franz I., für die Erziehung seiner jüngeren Geschwister zu sorgen. Die fünf jüngsten Brüder, die nach dem Regierungsantritt des Vaters im Mai 1790 nach Wien gekommen waren, hatten ihre Quartiere im zweiten Stock des Leopoldinischen Traktes der Hofburg bezogen, in unmittelbarer Nähe zu den Gemächern ihres älteren Bruders Franz.135 Der jüngste Bruder, Erzherzog Rudolf, war zu diesem Zeitpunkt erst zwei Jahre alt. Die Tatsache, dass die ältesten Kinder des Kaisers und seine jüngsten Geschwister nur wenige Jahre auseinanderlagen (Marie Louise, die älteste Tochter Franz’, war nur drei Jahre jünger als sein jüngster Bruder Rudolf) und zudem in unmittelbarer Nachbarschaft in der Wiener Hofburg lebten, legt die Fragestellung nahe, inwiefern es Parallelen im Kunstunterricht der eigenen Kinder des Kaisers und dem seiner Geschwister gab. Etwa ab dem Jahr 1803 lässt sich am Wiener Hof unter Kaiser Franz die Ausformung eines elementaren Zeichenunterrichts in mehreren Stufen erkennen, worauf Handzeichnungen von Angehörigen des Kaisers und deren Lehrer, die sich in seiner ehemaligen Privatbibliothek erhalten haben, hindeuten. So zeigt etwa eine Rötelzeichnung aus dem Nachlass des Erzherzogs 132 Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. GG 524. ÖNB, BAG, Pk 4340, 59 und Pk 4340,60. 133 Wien, Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste, Inv. Nr. 12345. 134 ÖNB, BAG, Pk 4340, 22. 135 Lorenz/Mader-Kratky (2016), S. 346 f.
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Ludwig anatomische Studien von Augen, die aus runden geometrischen Formen entstehen. Dieselbe Vorgehensweise wird von einer zu dieser Zeit sehr bekannten Zeichenschule propagiert, die vom Nürnberger Akademiedirektor Johann Daniel Preißler verfasste „Durch Theorie erfundene Practic, Oder Gründlich verfasste Reguln derer man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kann“. 1720 erstmals in drei Teilen erschienen und danach mehrfach neu aufgelegt, kann sie als eine der populärsten Zeichenlehren des 18. Jahrhunderts bezeichnet werden.136 Zu Beginn stehen einfache geometrische Figuren, Linien, Kreise, Halbreise oder Wellen, denen laut Preißler nicht nur die Funktion zukommt, die Wahrnehmung zu schärfen, sondern gleichzeitig ein brauchbares System zu liefern, um die zeichnerische Erfassung der Vorlageblätter zu erleichtern. Die sechzehn Vorlageblätter enthalten schließlich Zeichenvorlagen für Augen, Ohren, verschiedene Kopfstellungen, Hände, Arme oder Beine. Diese sollten so lange wiedergegeben werden, bis der Schüler sie auswendig, also aus der Vorstellung zeichnen konnte. Die Tafeln Preißlers sind in der ehemaligen kaiserlichen Privatbibliothek zweifach vorhanden. Einmal in einer Ausgabe von 1789, also für den zu behandelnden Zeitraum belegbar, sowie als Nachdruck von 1796, welcher der Kaiserin Maria Theresia, zweiter Ehefrau Franz’ und Mutter seiner Kinder, vom Herausgeber persönlich zugeeignet ist. Tatsächlich belegen sowohl Studienblätter der eigenen Kinder als auch die der Brüder Ludwig und Rudolf, dass diese alle nach Preißlers Zeichenakademie arbeiteten. Ein Blatt von Marie-Louise (1791–1847), ältester Tochter Franz’ und spätere Gemahlin Napoleons I., ist bezeichnet mit „Geendigt den 27. Jänner 1803“ und zeigt die gleichen geometrischen Hilfskonstruktionen für das Nachzeichnen von Augen.137 Es entstand im Alter von zwölf Jahren. Von ihren jüngeren Geschwistern Leopoldine (1797–1826) und Joseph (1799–1807) haben sich Skizzen aus dem Alter von 7 bzw. 8 Jahren erhalten, die auf dasselbe Vorlageblatt zurückgehen.138 Die gleichen Übungen existieren auch von der Hand der Brüder des Kaisers, Ludwig und Rudolf.139 Geht man von den Datierungen der Blätter aus, so dürfte der Unterricht im Zeichnen etwa im Alter von sieben Jahren eingesetzt haben, wobei es für die ersten Jahre offensichtlich einen gemeinsamen Lehrplan für die weibli136 Plank (1997), S. 127. 137 ÖNB, BAG, Pk 477,51b. Auch der älteste Sohn und spätere Kaiser Ferdinand I. zeichnete nach der gleichen Zeichenschule. Infolge seiner physischen Entwicklung führte er diese Übungen allerdings erst im Alter von 18 Jahren aus. ÖNB, BAG, Pk 1000,31-43. 138 ÖNB, BAG, Pk 477,78b (Leopoldine) bzw. Pk 477,100a (Joseph). 139 ÖNB, BAG, Pk 4340,63 (Ludwig) bzw. Pk 4340,156 (Rudolf).
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Abb. 9: Erzherzog Franz, Hl. Hieronymus
chen und männlichen Nachkommen des Kaiserhauses gab, der bestimmte Übungen für ein bestimmtes Alter vorsah. So ist etwa eine signierte Kohlezeichnung von der Hand der Erzherzogin Maria Karoline (1801–1832), die ein Detail aus Raffaels „Vertreibung des Heliodor“ in der Stanza di Eliodoro im Vatikanpalast wiedergibt, mit 18. Februar 1811 datiert, also im Alter von zehn Jahren.140 Ihr jüngerer Bruder Franz Karl (1802–1878), der das gleiche Motiv ausführt, datiert sein Blatt mit 25. Aug. 1812, also ebenfalls im Alter von zehn Jahren.141 Welchen Anteil der Zeichenlehrer an diesen Kohlezeichnungen hatte, muss offen bleiben. Trotz der Signierung der Kinder dürften zumindest die Konturlinien vorgezeichnet worden sein. Betrachtet man nun die Zeichnungen, die sich aus der Jugend des späteren Kaisers Franz I. erhalten haben, so gelangt man schnell zu der Erkenntnis, dass diesen ganz ähnliche Lehrmittel zugrunde lagen. Auch Franz dürfte kaum nach der Natur gezeichnet haben. Die rund fünfzig überlieferten Blätter, die unter dem Deckblatt „Von Sr K.K. Majestät in der Jugend“ zusammengefasst sind, zeugen vielmehr von dem Bestreben, sich verschiedene Genres der Malerei zu erschließen. Nur zwei der Blätter sind datiert. 140 ÖNB, BAG, Pk 477,112. Details aus Gemälden Raffaels wurden am häufigsten als Vorlagen herangezogen. 141 ÖNB, BAG, Pk 477,128.
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Ein Aquarell einer idealen Landschaft mit See ist signiert und datiert mit „Franz 1777“, entstand also im Alter von neun Jahren.142 Eine weitere Darstellung einer bäuerlichen Behausung mit hügeliger Landschaft im Hintergrund ist bezeichnet mit „789 F.“ und entstand demnach erst im Alter von einundzwanzig Jahren, zu einem Zeitpunkt, als der Kunstunterricht längst abgeschlossen war.143 Die frühesten dilettantischen Versuche, Köpfe von Engeln, zeigen noch deutlich die eingeschränkten Möglichkeiten des Heranwachsenden. Allmählich lässt sich ein Fortschritt seiner zeichnerischen Gewandtheit erkennen, etwa bei einigen sorgfältig ausgeführten Kopien nach alten Meistern – vorwiegend Porträts – in Kreide oder Kohle. Es folgen Studien von Muskelpartien des männlichen Oberkörpers, wie sie auch in Preißlers Zeichenakademie vorgegeben sind, schließlich Details aus Gemälden wie Aposteldarstellungen, Einsiedler oder Verkündigungsengel. Zuletzt befasste sich Franz offensichtlich vermehrt mit Landschaftsdarstellungen wie Flusslandschaften oder Bergkulissen. In einem Erziehungsplan vom 21. August 1780 notierte Großherzog Leopold, der Zeichenlehrer Magni solle den Erzherzogen nicht allzu viel helfen und ihre Zeichnungen nach Hause tragen, um sie unter dem Vorwand, sie zu korrigieren, zu retuschieren. Man werde ihm auch sagen, sich nicht allzu viel bei Figuren aufzuhalten, sondern sie mehr an das Landschaftszeichnen zu gewöhnen und an Entwürfe nach ihren eigenen Ideen.144 3.3 Die Kopien nach Jacques Callots „Großer Apostelserie“ Eine Serie von sieben Federzeichnungen sticht überraschend aus dem Konvolut von Handzeichnungen des Erzherzogs hinaus und weist in veranschaulichender Weise auf seine spätere Entwicklung als Kenner von Druckgrafik voraus. Es handelt sich dabei um die undatierte zeichnerische Wiedergabe eines Teils der sogenannten „Großen Apostelserie“ von Jacques Callot, die 1631 von dessen Freund und Verleger Israël Henriet in Paris herausgege-
142 ÖNB, BAG, Pk 477,21b. Weitere 26 Zeichnungen des Erzherzogs Franz aus den Jahren 1776–1779 befinden sich in ÖSTA, HHStA, Hausarchiv, Franz Colloredo Akten 1-4. 143 ÖNB, BAG, Pk 477,18a. 144 „Magni à ne plus les aider ni porter leurs desseins au Logis pour les rétoucher ni leur faire les contours sous pretexte de les corriger, on Lui dira aussi de ne pas tant s‘arreter à leur faire dessiner des figures, mais plutôt de les accoutumer a dessiner des Paysages, croquer leurs idée […]“. ÖStA, HHStA, Familienakten 56, Konv. 9, Points d‘education le 21 Aout 1780, fol 121r.
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Abb. 10: Erzherzog Franz, Salvatoris Beatae Mariae Virginis […]
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Abb. 11: Erzherzog Franz, Apostel Thomas
ben wurde.145 Die Auswahl des Zyklus Callots ist ein Hinweis auf die Präsenz einiger erstrangiger Werke der grafischen Künste in der Bibliothek des Großherzogs und es verwundert nicht, dass Franz für seine Kopien Blätter aus der väterlichen Kupferstichsammlung als Vorlagen heranzog. Die laienhaften, kindlichen Nachzeichnungen sind in jedem Fall ein Indiz für ein frühes Interesse an Druckgrafik. Ein ähnliches Beispiel für die Auseinandersetzung mit Stichwerken findet sich weder in den Zeichenmappen seiner Geschwister noch in den zeichnerischen Nachlässen sonstiger Angehöriger des Kaiserhauses. Bei den Nachzeichnungen folgt Franz exakt den Kompositionen Callots. Beginnend beim Titelblatt, einem offenen Buch, das von einem Engel gehalten wird, mit den Attributen der zwölf Apostel und der Titelinschrift „Salvatoris Beatæ Mariæ Virginis Sanctorvm Apostolorvm Icones“. Den darunter stehenden Künstler- und Verlegervermerk, „A I. Callot Inventae, Sculptae, et a Iseraele amico suo in lucem editae“ ergänzt Franz um die Zeile „et a Francisco delineatae“. Ein ähnlicher Verweis auf die eigene Autorenschaft 145 Nach Meaume (1860) die Blätter Nr. 104, 105, 106, 112, 113, 116, 119. ÖNB, BAG, Pk 477,16a–17d.
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findet sich auf zwei weiteren Blättern, den Darstellungen der Apostel Thomas und Judas Thaddäus, wo er unterhalb der Darstellung den Vermerk „Cal[l]ot invenit Israel excudit Franciscus delineavit“ bzw. „Israel excud Ca[l]ot fec. Franciscus delineavit“ hinzufügt. Diese, wenngleich wohl in belustigender Absicht hinzugefügte, Abwandlung der Adresse zeugt zumindest von einem gewissen Verständnis des Jugendlichen für den arbeitsteiligen Schaffensprozess eines Tiefdrucks, an dem Zeichner, Radierer und Drucker bzw. Verleger beteiligt sind. Sechs Darstellungen aus dem Zyklus Callots, die der hl. Maria, des Christus als Welterlöser sowie der Apostel Matthäus, Judas Thaddäus, Thomas und des Jakobus des Jüngeren werden zur Gänze als Federzeichnungen wiedergegeben. Charakteristische Merkmale der Radierungen Callots, wie etwa die unterschiedlichen Schraffuren bei den Gewändern der Heiligen, bleiben in den Zeichnungen des Erzherzogs ausgespart. Auch bei den Gesichtern der Heiligen werden die eingeschränkten Möglichkeiten des Jugendlichen deutlich sichtbar. Die skizzenhaft angelegten Hintergrundszenen aus den Viten der Apostel folgen generell den Originalvorlagen, einige der Figuren weisen eine dezente Kolorierung auf. Mit der zeichnerischen Nachahmung der Radierungen Callots erschloss sich Franz eine geeignete Methode, die eigene Wahrnehmung druckgrafischer Werke zu vertiefen, indem er die radierten Linien der Vorlage mehr oder weniger präzise mit der Feder nachvollzog. Die Anführung des Inventors, der auf den Originalen nicht aufscheint, zeugt bereits von einem sachkundigen Zugang des Jugendlichen, der sich wenige Jahre später auch im eigenhändigen „Catalogue de Portraits“ manifestiert. Diese Art der Auseinandersetzung mit druckgrafischen Arbeiten war für die Entwicklung des späteren Kaisers als Sammler wie auch für dessen spätere Rezeption von Porträtgrafik zweifellos von entscheidender Bedeutung. 3.4 Porträtstiche als Lehrmittel im Geschichtsunterricht Ungeachtet aller kunstkennerschaftlichen Zugänge ist festzustellen, dass der Anlage der Porträtsammlung in erster Linie außerkünstlerische Motive zugrunde lagen. Bei den frühesten Erwerbungen, die der Erzherzog aus dem Wiener Kunsthandel zusammentrug, handelt es sich mehrheitlich um Bildnisse unmittelbarer Zeitgenossen, die als Politiker oder Militärs auf europäischer Bühne agierten.146 Diese zielgerichtete Auswahl verdeutlicht bereits, dass ein historisches Interesse am Bildinhalt weit mehr als kunsthistorische 146 Siehe Kap. 4.1.1.
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Motive seiner Vorliebe für Porträtgrafik zugrunde lag. Davon zeugen auch die vom Kaiser eigenhändig verfassten Kurzbiografien, in welchen er Taten und Werke, die mit den porträtierten Personen verbunden sind, aus verschiedenen Quellen zusammentrug und niederschrieb. Damit folgte er einer Tradition, zu der er bereits im Rahmen des Geschichtsunterrichts in Florenz angehalten wurde. Die Sammlung sollte in erster Linie Anschauungsmaterial für seine historisch-genealogischen Studien bereitstellen. Das Porträtstudium war eine Methode, geschichtliche Entwicklungen in der Vergegenwärtigung ihrer Protagonisten nachzuvollziehen. Die Praxis, durch bildliche Vergegenwärtigung historische Zusammenhänge besser zu erfassen und dadurch einen nachhaltigeren Lernerfolg zu erzielen, wurde von Graf Sigismund Anton von Hohenwart (1730–1820) propagiert, der 1777 auf Wunsch der Kaiserin Maria Theresia zum Geschichtslehrer der ältesten Söhne des Großherzogs bestellt wurde. Hohenwart, der zuvor bereits Geschichtslehrer am Theresianum in Wien gewesen war und zum Zeitpunkt seiner Berufung Regens des Konviktes Nordicum in Linz, legte dem Großherzog im Mai 1777 einen schriftlichen Entwurf vor, wie er die Unterweisung der Söhne durchzuführen gedachte.147 Das 28 Seiten umfassende, gründlich ausgearbeitete Konzept zum täglichen Unterricht in allgemeiner Geschichte ist nach Epochen unterteilt, innerhalb derer für jeden Abschnitt ein chronologisch gegliedertes Einzelprogramm erstellt wurde. So ist etwa der Lehrplan zur Geschichte der Kaiser aus dem Hause Habsburg nach der Dauer ihrer jeweiligen Regierungen aufgeteilt, am Schluss folgt eine summarische Addition. Um derartige Regentenfolgen und andere historische Zusammenhänge sichtbar zu machen, damit sie besser verinnerlicht werden können, empfahl Hohenwart, als Lehrmittelbehelf für seinen Unterricht auch Porträtstiche heranzuziehen: Eben in dieser Absicht würde ich gehorsamst um die Erlaubnis bitten, den Erzherzogen bey vorkommender Gelegenheit gestochene oder abgeformte Statuen, Büsten, Risse, Medaillen u.s.w. auf wichtige Fälle, Regenten-folgen, Gebäude u.a. vorlegen zu dürfen. Durch derlei Mittel werden alle[n] inner[en] und äusser[en] Sinnen geholfen, der Vortrag lebhafter, das Lernen angenehmer, das Beibehalten sicherer gemacht […]148
Die Verbildlichung von Geschichte durch das Heranziehen von Bildnisgrafiken und durch Vergegenwärtigung der abgebildeten Person schien Hohenwart ein geeignetes Hilfsmittel, die Lektüre der historischen Werke, die er 147 ÖNB, HAD, Cod. Ser. n. 12113. 148 Ebenda, fol. 28.
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in seinem Konzept für den Unterricht vorsah, begleitend zu unterstützen. So empfahl er unter anderem, die „Tables chronologiques de l‘histoire universelle“ (1729) des französischen Historikers Nicolas Lenglet Du Fresnoy, Zeittafeln von Königshäusern und Päpsten seit der Antike, für die Erzherzoge abschreiben zu lassen. Durch die begleitende Betrachtung von gestochenen Regentenfolgen konnte man den Lauf der Geschichte einprägsamer nachvollziehen. Die bildlichen Vergleiche konnten zudem Zusammenhänge sichtbar machen, die in der Lektüre verborgen blieben, seien es etwa Attribute und Beigaben, Ordenszugehörigkeiten oder historische Trachten. Zweifelsohne war diese Art der Herangehensweise von Einfluss auf den späteren Sammler von Porträtstichen. Mag zwar dessen alleiniges Motiv für die Anlage einer Porträtsammlung nicht die Erweiterung der eigenen geschichtlichen Kenntnisse gewesen sein, so spiegelt sich doch vielmehr ein Bedürfnis, die „Helden der Weltgeschichte von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen“, wie es Siegfried H. Steinberg in seinem Aufsatz zum „Porträt als historische Quelle“ formuliert, in seinen frühen Erwerbungen deutlich wider.149 Ein weiteres Indiz für eine mittelbare Auswirkung des Geschichtsunterrichts auf das spätere systematische Profil der Sammlung liefern die Übungshefte aus dem Geografie- und Geschichtsunterricht dieser Jahre, die sich in Form von achtzehn gebundenen Quart- und Foliobänden in der ehemaligen kaiserlichen Privatbibliothek erhalten haben.150 Die Hefte, die etwa in die Jahre 1779 bis 1783 zu datieren sind, enthalten eigenhändige Aufzeichnungen des Schülers zum Unterrichtsstoff, teilweise auf mehr als hundert Seiten langen Abhandlungen zur Geschichte und Geografie einzelner Staaten, die zu einem großen Teil zeitgenössischen historischen Werken entnommen sind.151 Behandelt werden darin die Königreiche England, Schottland und Irland, Frankreich, Spanien, Portugal und Sizilien sowie die Herzogtümer Lothringen, Savoyen, Piemont, Parma, Piacenza oder Modena. Zunächst folgen allgemeine Beschreibungen der Länder („Vom Königreich überhaupt“), ihrer Geografie, Bevölkerung, der wichtigsten Städte, der Wirtschaft und der gegenwärtigen politischen Verfassung. Danach folgt eine chronologische Darstellung der Geschichte des jeweiligen Landes, schließ149 Steinberg (1933), S. IV. 150 Die Hefte wurden 1924 an die Handschriftensammlung der ÖNB abgegeben. ÖNB, HAD, Cod. Ser. n. 12123 bis Cod. Ser. n. 12140. 151 Als Vorlage zu den Abhandlungen werden etwa Claude-François-Xavier Millots „Élements de l‘histoire d‘Angleterre […]“ (1769) oder Nicolas-Gabriel Clercs „Histoire physique, morale, civile et politique de la Russie ancienne et moderne […]“ (1783 ff.) angeführt.
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Abb. 12: Schulheft zur französischen Geschichte mit Ludwigsorden
lich eine Abfolge der Könige oder Herzoge mit biografischen Erläuterungen. Dazwischen finden sich oft sehr fein mit Bleistift oder Feder gezeichnete und kolorierte Wappen von Fürstenhäusern sowie die vollzählig aufgeführten Titel des aktuell regierenden Oberhauptes. Auffallend sind die zahlreichen eingelegten oder in den Text integrierten genealogischen Tabellen zu einzelnen Ländern, Herzogtümern oder Grafschaften, die der Schüler mit Akribie und offensichtlichem Engagement verfertigt hat. Oft sind diese kunstvoll und in mehreren Farben ausgeführt, um, wie etwa im Falle der Grafen von Holland, Seeland, Friesland und Hennegau, die jeweiligen regierenden Häuser („Stammen Bayern“, „Stammen Burgund“, „Stammen Österreich“ etc.) voneinander abzuheben. Andere bestehen aus einfachen chronologischen Listen, welche in drei Spalten eine fortlaufende Zählung, den Namen des Regenten und das Jahr seines Regierungsendes verzeichnen. Die Analogie, die diese Tabellen zu jenen Aufzeichnungen des Kaisers aufweisen, die Jahre später als Grundlage für den Aufbau der genealogischen Abteilung der Porträtsammlung dienten, ist beträchtlich. Vergleicht man etwa die Tabelle der Könige von León aus dem Übungsheft zur Geschichte Portugals und Spaniens152 mit der rund 10 Jahre später erstellten Tabelle der 152 ÖNB, HAD, Cod. Ser. n. 12140, fol. 28v.
3. Herausbildung von Kunstkennerschaft in der Jugend
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„Könige von Spanien“ in den handschriftlichen Aufzeichnungen zur Porträtsammlung, so lässt sich hinsichtlich deren äußerer Form eine weitgehende Übereinstimmung feststellen (Abb. 78, 79). Als biografisches Datum wird im ersten Fall der Anfang der Regierung, im anderen Fall das Ende angeführt. Die Basis für das vorrangige Interesse des Erzherzogs an einer historisch-dynastischen Ausrichtung der Sammlung dürfte also ganz offenkundig im Rahmen seines Geschichtsunterrichts bereitet worden sein. Der dort praktizierten Auseinandersetzung mit chronologischen Regentenfolgen und genealogischen Tabellen kam Jahrzehnte später bei der Entwicklung der systematischen Programmatik der Sammlung erneut eine maßgebende Rolle zu. Ohne seine historischen und genealogischen Studien wäre die spätere systematische Anordnung der Porträts nicht denkbar. Diese wiederum bedurfte des Heranziehens genealogischer Literatur, über welche die eigene Privatbibliothek verfügte.153 Auch das Verfassen von kurzen Lebensbeschreibungen der Porträtierten, welches schon vom deutschen Historiker Johann Jakob Brucker in seinem „Bilder-Sal“ (1741) den Sammlern von Bildnissen nahegelegt wurde,154 nahm seinen Anfang im Geschichtsunterricht und wurde vom Kaiser noch bis in das 19. Jahrhundert hinein praktiziert. Letztendlich korrespondieren seine Aufzeichnungen zur systematischen Einrichtung der Sammlung, die sich in zahllosen Tabellen und Listen erhalten haben, in mehreren Aspekten mit der Form der Wissensvermittlung, wie sie vom Lehrer Sigismund Anton von Hohenwart propagiert wurde. Das Resultat war schließlich eine Sammlung, die nicht nur Bildmaterial zu nahezu allen europäischen Ländern und Epochen bot. Die chronologische Abfolge geistlicher und weltlicher Würdenträger ermöglichte darüber hinaus vergleichende Porträtstudien, etwa durch das Gegenüberstellen von Porträts derselben Person in unterschiedlichen Lebenphasen. Dieser geschichtlich verstandene Gebrauch der Porträtsammlung als bildliches Quellenmaterial für das Studium der Geschichte bildete den eigentlichen Impuls zu ihrer Formierung.
153 So erwarb Erzherzog Franz im Mai 1785 beim Buchhändler Johann Georg Kapler in Wien Johann Hübners katechetische Lehrbücher „Genealogische Tabellen nebst denen darzu gehörigen genealogischen Fragen“ (Leipzig 1727–37) sowie dessen „Kurtze Fragen aus der Genealogie, Nebst denen darzu gehörigen Tabellen […] (Leipzig, 1737–1744). ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, Rechnung vom 21. Mai 1785. 154 „Werden solche Bildnisse so dann nach dem Exempel so vieler Gelehrten mit gründlichen Lebens-beschreibungen und Abbildungen des Charakters der Gelehrten verknüpfet, so muß notwendig Nutzen und Ergözlichkeit aus solcher Sache fliessen.“ Brucker (1741), Bd. 1, Vorrede S. IV.
Abb. 13: Der Kohlmarkt in Wien, 1786
II. SAMMELSTRATEGIEN
Im Herbst des Jahres 1807 wurde der Wiener Verleger und Schätzungskommisär in Kunstsachen, Ignaz Sauer, auf kaiserlichen Befehl mit der Inventur und Schätzung sämtlicher Druckwerke und Handschriften der kaiserlichen Privatbibliothek sowie der daran angeschlossenen Sammlung von Kupferstichen und Handzeichnungen beauftragt.155 Sauer, der zwei Jahre später während der Belagerung Wiens durch die Franzosen die Evakuierung der Porträtsammlung leitete, übergab dem Kaiser im Dezember desselben Jahres das Ergebnis seiner Schätzung in Form dreier Tabellen: Eine Aufstellung der Druck- und Handschriften („Tabulae aestimationis librorum tam impressorum, quam manuscriptorum“), eine „Inventur und Schätzung der modernen Kupferstiche und Handzeichnungen“ und eine „Inventur und Schätzung der alten Kupferstiche und Handzeichnungen“.156 Die drei lithografierten Tabellen führen in der linken Spalte jeweils den fortlaufenden „Numerus Catalogi“ des entsprechenden Werkes oder Kunstblattes an, daneben wurde handschriftlich der geschätzte Wert eingetragen. Das Gutachten Sauers bildet die früheste erhaltene Quelle für quantitative Angaben zur kaiserlichen Grafiksammlung. Die zeitgleich mit der Porträtsammlung angelegte Sammlung von Kupferstichen und Handzeichnungen dürfte demnach bereits zu Beginn getrennt von der Porträtsammlung untergebracht gewesen sein, wie es der Praxis zahlreicher privater Kupferstichkabinette des 18. Jahrhunderts entsprach.157 Die Trennung der Sammlungen nach Gegenstandsbereichen spiegelt sich im Gutachten ebenso wider wie eine Sonderung nach „alter“ und „moderner“ (zeitgenössischer) Druckgrafik. Demnach umfasste die Kupferstichsammlung des Kaisers nach rund zwanzigjähriger Sammeltätigkeit im Jahr 1807 exakt 4444 Einzelblätter, davon 3315 „moderne“ Blätter im Wert von 19.086 fl. 45 kr. und 1129 „alte“ im Wert von 4574 fl. 35 kr. 155 Für die auf allerhöchsten Befehl vorgenommene Schätzung der in der k.k. Privatbibliothek befindlichen Kupferstiche und Handzeichnungen wurden Sauer sowie dem Schätzmeister Joseph Leicher im Mai 1808 jeweils 150 fl. bezahlt. ÖStA, HHStA, GDPFF, Rechnungsbücher, Hauptreihen 413 (1808), p. 95, Nr. 66. 156 ÖNB, BAG, FKB.INV.13a-c, „Tabulae aestimationis librorum […]“, 1807. 157 Siehe etwa die Sammlung des G. F. Brandes, Kap. 4.3.
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II. Sammelstrategien
Die Bestände der „Collectio Iconum virorum et feminarum illustrium“, der Porträtsammlung, wurden von Sauer nicht zahlenmäßig erfasst, sondern einer Gesamtschätzung unterzogen, die er im Anschluss an die Schätzergebnisse der Bücher und der Sammlung von Handzeichnungen botanischen Inhalts anführte. Ihren Wert schätzte er zu diesem Zeitpunkt bereits auf 32.500 fl. Spezifischere Aussagen zum Umfang der Sammlung lassen sich aus einem späteren Schreiben Sauers ableiten, welches dieser im Dezember 1809 an den Vorsteher der kaiserlichen Privatbibliothek, Kabinettssekretär Peter Thomas Young, richtete. Young hatte Sauer während der Zeit der französischen Invasion die Sorge um die Verwahrung der Porträtsammlung übertragen, welche dieser im Keller des k.k. Waisenhauses in der Wiener Währinger Straße vor den herannahenden französischen Truppen versteckte. In dem Bericht, den Sauer nach Abzug der Franzosen an Young erstattete, erwähnt er, dass er „am 3ten May, wo sich der Feind mit schnellen Schritten bereits Wien genähert hatte“, eine „Sammlung von 678 Portefeuilles“ übernommen habe.158 552 Portefeuilles in Großfolio sollen dabei auf die Porträts entfallen sein, dazu kamen „126 eben solche mit Kunstblättern“.159 Beide Quellen geben Grund zur Annahme, dass ein überwiegender Teil der Porträtsammlung, die sich zum Tod des Kaisers im Jahr 1835 auf mehr als 66.000 Blätter belief, bereits in der ersten Hälfte seiner rund fünfzig Jahre währenden Sammeltätigkeit erworben wurde. Das rasante Anwachsen in dieser relativ kurzen Zeitspanne war nur durch eine konsequente und breit angelegte Erwerbungspolitik möglich, die auf mehreren Strategien beruhte (Tf. 1). In allererster Linie sei hier die kontinuierliche Ankaufstätigkeit im in- und ausländischen Kunsthandel genannt, die für den gesamten Sammelzeitraum belegt ist. Noch ein Jahr vor dem Tod des Kaisers lassen sich Ankäufe von Porträtstichen im Kunsthandel nachweisen. Neben dem fortwährenden Angebot des Kunsthandels wurden auch auf Auktionen und Messen stattliche Beträge in die Vermehrung der Porträtbestände investiert. Hierfür boten sich ebenfalls Kunsthändler als Kommissionäre an, die vor Ort reisten, um das Angebotene zu sichten oder um als Mittelsmänner Gebote für den Kaiser abzugeben. Eine besondere Stellung kommt dabei dem Ankauf der Porträtsammlung aus dem Nachlass des Hannoveraner Sammlers Georg Friedrich Brandes auf der Leipziger Ostermesse des Jahres 1796 zu (Kap. 4.3), der die Bestände der kaiserlichen Sammlung mit einem Schlag um 14.000 Blätter bereicherte und Auswirkungen auf die gesamte bisherige Sammlungsstruktur 158 ÖNB, BAG, FKBA01001. 159 Wiener Zeitung vom 14. Dezember 1897, S. 5.
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3. Herausbildung von Kunstkennerschaft in der Jugend
Lieferungen Agenten Skall u. Sonnleithner ca. 1799 - 1813 1805
Ankauf Porträtsammlung G.F. Brandes 1796
1795
1815
Porträtsammlung1825
1785
1835
Sendungen Zirkularschreiben 1828 - 1832
Erwerbungen im Kunsthandel / Auktionen 1785 - 1835 = ca. 5.000 Blätter
Tf.1:
Schematische Darstellung der wichtigsten Erwerbungsvorgänge
nach sich zog. Rund ein Fünftel des Gesamtbestandes ist der Brandes’schen Porträtsammlung zuzuordnen. Zum anderen war die rapide Vermehrung der Bestände in den ersten drei Jahrzehnten der Sammeltätigkeit zu einem nicht unerheblichen Teil der Beauftragung von Agenten zu verdanken, die den Kaiser über mehr als ein Jahrzehnt hinweg in regelmäßigen Lieferungen mit Porträtstichen versorgten. Diese Rolle kam in erster Linie zwei, im Folgenden noch näher zu erwähnenden, Beamten am Hof zu, deren teils weiträumige Kontakte der Kaiser nutzte, um sich Zugang zum europäischen Grafikmarkt zu verschaffen. Bis zum Jahr 1815 gelangten auf diesem Wege mehr als 10.000 Bildnisse zusammen mit in Heftchen gebundenen handschriftlichen Biografien in die kaiserliche Sammlung160 Auf das bewusste Schließen von Lücken zielte schließlich die zwei Jahrzehnte später unternommene Anstrengung, Bildnisse dynastischer Familien, die zu diesem Zeitpunkt unterrepräsentiert waren oder ganz abgingen, per Zirkularschreiben an die k.k. Gesandtschaftsposten an ausländischen Höfen anzufordern. Dies kann als letzter wirkungsvoller Impuls zur Vermehrung der Sammlung vor dem Tod des Kaisers angesehen werden, der diese in den folgenden Jahren um weitere hunderte Bildnisse europäischer 160 Vgl Kap. 4.2.
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II. Sammelstrategien
Fürstenhäuser bereicherte.161 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch bereits eine Entwicklung in den Erwerbungsvorgängen abgezeichnet, die auf einem zunehmenden Anteil von Anschaffungen hinauslief, welche im direkten Kontakt zwischen Künstler und Sammler getätigt wurden. Zu den bislang ausschließlich auf Initiative des Kaisers am Markt und über Agenten getätigten Ankäufen kamen nun nach und nach Blätter hinzu, die dem Kaiser direkt von den Künstlern mit der Bitte um Aufnahme in die Porträtsammlung übersendet oder angeboten wurden. All diese Faktoren führten im Laufe der rund fünfzigjährigen Sammeltätigkeit zu einem Anwachsen der Bestände auf über 66.000 Blätter in 646 Portefeuilles, wobei rund ein Drittel auf die Regentenfamilien entfiel, der Rest auf den nach Ständen geordneten Teil der Sammlung.162 Dazu kamen 14.000 ausgesonderte Doubletten. Viele der erhaltenen Quellen und Zeugnisse aus der Frühphase der Sammlung, als sich deren Umfang noch in überschaubaren Grenzen bewegte, weisen bereits auf spätere Erwerbungsschwerpunkte hin. Sie dokumentieren, wie die Porträtstichsammlung des Kaisers Stück für Stück Gestalt annahm.
161 Vgl Kap. 5.2. 162 Aus der „Détail-Übersicht des Standes der Privat-Bibliothek w. Sr. M. Kaiser Franz des I. am 17.ten April 1835“, ÖNB, BAG, FKBA21001.
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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4. DIE FRÜHEN ERWERBUNGEN AB 1785 Mit dem Beginn der sammlerischen Aktivitäten des Erzherzogs Franz und speziell seiner Laufbahn als Sammler von Porträtgrafik wird in der Literatur meist ein Tagebucheintrag seines Erziehers, des Obersthofmeisters Franz Graf von Colloredo-Wallsee vom 18. Mai 1785 in Verbindung gebracht. Dort berichtet dieser, den Erzherzog habe auf einmal die Lust gefasst, sich Kupferstiche anzuschaffen, welche er umgehend als Wandschmuck für seine Wohngemächer in der Hofburg verwendete.163 Die Gleichsetzung der Notiz Colloredos mit dem Gründungsdatum der Porträtsammlung erscheint jedoch fragwürdig, sieht man sich die Rechnungsbelege des Monats Mai 1785 in den monatlichen Kammerrechnungen des Erzherzogs Franz näher an. Am 20. Mai 1785, also zwei Tage nach Colloredos Eintrag, bestätigt die Kunsthandlung Artaria & Compagnie den Empfang von 159 fl. 40 kr. für Kupferstiche aus ihrem Magazin am Wiener Kohlmarkt.164 Unter den dreizehn Posten findet sich unter anderem eine Serie von siebzehn Ansichten der Häfen Frankreichs nach Claude Joseph Vernet, vier Ansichten von Livorno, Prospekte von London, Rom, Paris und Wien, einige Darstellungen von Seeschlachten und Meeresansichten, jedoch keine Porträts. Es dürften im Mai dieses Jahres also vorwiegend Landschaften und Seestücke ihren Platz an den Wänden des erzherzöglichen Appartements gefunden haben, die bei Artaria angekauft wurden. Die Anfänge des Erwerbs von Porträtstichen lassen sich erst einen Monat später festmachen, als die gleiche Kunsthandlung am 11. Juni 1785 eine Rechnung über 59 fl. 10 kr. ausstellt. Auf der Liste der angekauften Kunstblätter befinden sich neben weiteren Ansichten von St. Petersburg, Ostende oder Messina sowie William Woolletts monumentalen Seeschlachtenbild „The Battle at La Hougue“ nach Benjamin West auch ein einziges Bildnis, jenes des britischen Flottenadmirals George Brydges Rodney (1718–1792).165 Zu Beginn der grafischen Erwerbungen beschränkte sich die Aufmerksamkeit des Erzherzogs also durchaus nicht auf Porträts, diese spielten vielmehr eine untergeordnete Rolle. Sein Interesse war auf ein weit größeres Gebiet von Städteansichten, Schlachtenbildern, Tier- und Pflanzendarstellungen sowie 163 „Erzherzog hat auf ainmal die Lust gefasset sich Kupferstich anzuschaffen, da bei selben alles gleich geschehen muß und nichts lang Anhaltet mußten ihm gleich Kupfer geholet werden. Er wählte einige […] aus, messete die Wande ab, wohin Er solche seyn wollte.“ ÖStA, HHStA, Sammelbände 74, fol. 117. Teilw. zitiert bei: Wolfsgruber (1899), Bd. 2, S. 34; Beetz (1935), S. 5 f. 164 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 20. Mai 1785. 165 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 4, 11. Juni 1785.
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II. Sammelstrategien
Abb. 14: Rechnung von Artaria & Compagnie, 20. Mai 1785
historischen Blättern gerichtet. Dazwischen finden sich immer wieder Belege über Ankäufe von Porträtstichen, die jedoch zahlenmäßig klar hinter den anderen Sujets zurücktraten. Erst allmählich wird ein Trend offensichtlich, der ein zunehmendes Interesse für Porträts in den Erwerbungen der ersten Jahre dokumentiert und schließlich in einer nahezu ausschließlichen Konzentration auf dieses Genre mündet. Bereits ein Jahr nach seiner Ankunft in Wien hatten die Bestände an grafischen Bildnissen im Besitz des Erzherzogs rasch eine rein zur Dekoration bestimmte Menge überstiegen und waren, wenn auch an Umfang überschaubar, zu einer kleinen Sammlung angewachsen. Auch aus Florenz lässt sich Franz Kupferstiche nachschicken, wie ein „Kaiserl. Königl. Österreichisches Consummo Zahlungs Pollet“ vom 8. August 1785 bestätigt: „Sr. Königl. Hocheit Prinz Frantz haben aus Florentz mit Attestat 1 Kistel 15 Stk. Florent. Kupferstiche“ erhalten.166 Etwa ab der Mitte desselben Jahres lassen sich die Anfänge einer planmäßigen Sammeltätigkeit von Porträts verfolgen, als Franz beginnt, diese systematisch und in größerer Zahl im Kunsthandel zu erwerben. Mit periodischen Unterbrechungen aufgrund von Reisen oder Frontbesuchen lässt sich in den folgenden Jahren eine beständig fortdauernde Erwerbungstätigkeit von Einzelblättern und Bildnisreihen nachvollziehen, die der Kollektion rasch zu einer außergewöhnlichen Bandbreite verhalf. Das verfolgte Ziel war nun offensichtlich der systematische Aufbau eines umfassenden Porträtbestandes, auf den er ständig zugreifen konnte. Dabei dürfte auch schon früh die Möglichkeit des Vergleichs ähnlicher Blätter eine Rolle gespielt haben, wie das bereits erwähnte Bildnis des britischen Admirals George Brydges Rodney belegt, welches Franz im Juni 1785 ankaufte. Nur wenig später erwarb er eine weitere Reproduktion nach dem gleichen Gemäl-
166 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 8. August 1785.
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4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
Abb. 15: „Handbüchel über Meine Ausgaben“ (1793–1800)
de.167 Beispiele für das Schließen von Lücken oder Ergänzungen bereits vorhandener Serien lassen sich für diese frühe Phase noch nicht belegen. Der Ankauf von Fachliteratur zur Anlage einer Kupferstichsammlung, im Speziellen Sigmund Jakob Apins Handbuch „Anleitung, wie man die Bildnisse berühmter und gelehrter Männer mit Nutzen sammeln soll“ (1728), lässt sich zwar nicht mit Sicherheit in diese Jahre, aufgrund der Signatur aber jedenfalls in die Zeit vor 1807 datieren. Auch wenn sich der eigentliche Kern der Porträtsammlung heute nicht mehr im Einzelnen rekonstruieren lässt, zumal keine Inventare überliefert sind, die deren Umfang für diesen Zeitraum nachweisen, erlaubt doch die Fülle an überlieferten Rechnungsbelegen über Porträtankäufe ab dem Jahr 1785, die sich in den monatlichen Kammerrechnungen des Erzherzogs und späteren Kaisers Franz erhalten haben, die Zusammensetzung der frühen Sammlung zumindest von dessen Ankäufen her nachzuvollziehen.168 Angesichts dieser Quellen und der peniblen Aufstellung von Ausgaben, die Franz in seinem „Handbüchel über Meine Ausgaben“169 festhielt, lässt sich rekonstruieren, in welchem Umfang er in den folgenden Jahren Porträtgrafik im Kunsthandel erwarb. 4.1 Erwerbungen im Kunsthandel Im Gegensatz zum Ankauf einer geschlossenen Privatsammlung, wie dies 1796 in Form der Porträtsammlung des Georg Friedrich Brandes gelang, 167 Die beiden für diesen Erwerbungszeitraum in Frage kommenden Bildnisse Rodneys in der Porträtsammlung, ein Mezzotinto von James Watson (PORT_00070658_01) und eine Pinselzeichnung von Joseph Lange (PORT_00070656_01) entstanden beide nach dem Gemälde Joshua Reynolds (um 1761, Privatbesitz). 168 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1–5 (1784–1792) und ÖStA, HHStA, GDPFF, 72–89 (1792–1806). 169 ÖNB, BAG, FKB 45569.
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II. Sammelstrategien
oder zu den regelmäßigen Lieferungen von Kupferstichen durch beauftragte Agenten, haben Belege von Erwerbungen im Kunsthandel immer eine gewisse Aussagekraft hinsichtlich des persönlichen Geschmacks des Sammlers durch das Prinzip der Selektion. Auch wenn bei Rückschlüssen stets berücksichtigt werden muss, dass diese Selektion auf der Grundlage eines vorhandenen Angebots des jeweiligen Händlers oder eines Verkaufskataloges basiert und man nicht von einem unbegrenzten Angebot im Kunsthandel ausgehen darf, so erlauben die erhaltenen Rechnungen jedenfalls, sofern sie eine Datierung aufweisen, nicht nur eine zeitliche Rekonstruktion der Ankäufe, sondern dokumentieren im Idealfall auch, welche Einzelblätter in den Besitz des Sammlers gelangten. Im Fall der Belege, die sich in den monatlichen Kammerrechnungen des Erzherzogs Franz erhalten haben, begegnet der Glücksfall, dass durch die genaue Aufstellung der veräußerten Blätter in den meisten Fällen eine eindeutige Identifizierung der dargestellten Personen auf den Bildnissen möglich ist, bisweilen sind zusätzlich noch die Künstler vermerkt. Einige der Rechnungen bleiben hinsichtlich ihres Inhalts weniger eindeutig, etwa wenn im Falle von Ersteigerungen auf Auktionen nur eine Aufstellung von Losnummern ohne den dazugehörigen Auktionskatalog vorliegt. In nahezu allen Fällen sind die jeweiligen Positionen mit einem Kaufpreis versehen. Die Porträtstiche aus dem frühesten Besitz des Erzherzogs lassen sich auf diese Weise, auch wenn manche Ankäufe keinen Eintrag in den monatlichen Abrechnungen erhalten haben sollten, mit einiger Genauigkeit rekonstruieren. Die Rechnungsbögen, die die Ausgaben des Erzherzogs für die Jahre 1785 bis 1791 ausweisen, sind nach Monaten chronologisch geordnet und wurden von ihm persönlich geführt. Zunächst folgt ein Bogen mit den Rubriken „An Wen?“ und „Wofür?“, in welchen die monatlichen Ausgaben eingetragen wurden. Die Aufwendungen werden nach bestimmten Kategorien gegliedert wie etwa Trinkgelder und Almosen für kirchliche Einrichtungen, Privatpersonen und Soldaten oder Löhne für Sprach- und Tanzlehrer. Nachweise für den Erwerb von Kunstblättern finden sich meist unter den Bezeichnungen „zu nützlichen Anschaffungen“ bzw. „für verschiedene nöthige Gegenstände“. Den zweiten Teil der monatlichen Rechnungen bilden die Abrechnung seines Kammerdieners Florian Schmidt. In einem eigenen Umschlag sind hier zunächst die Auslagen für Handwerker, Dienstpersonal oder Almosen angeführt, danach folgen die entsprechenden Quittungen. Empfänger von Almosen mussten den Erhalt per Unterschrift quittieren. Belege über den Ankauf von Kunstblättern lassen sich hier nur ausnahmsweise finden. Die Auswertung des Materials gewährt einen Einblick in die Zusammensetzung der Sammlung in den ersten Jahren. Der früheste Rechnungsbeleg für Porträtgrafik, nämlich das erwähnte Bildnis Admiral Rodneys, stammt
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4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
Abb. 16: George Brydges Rodney (1718– 1792)
vom 27. Juni 1785, also rund ein Jahr nach der Ankunft in Wien. Die Kunsthandlung Artaria & Compagnie bestätigt darauf den Empfang von 5 fl. für das Blatt.170 Wie auf der Mehrzahl der vom Verlagshaus Artaria in den folgenden Jahren ausgestellten Quittungen wird der Namen der Person vermerkt, dessen Porträt der Erzherzog aus dem Grafikbestand der Kunsthandlung ausgewählt hat. Interessanterweise finden sich unter den Bildnissen, die den eigentlichen Grundstock der kaiserlichen Porträtsammlung bildeten, nur wenige Monarchen. Neben dem Preußenkönig Friedrich II. oder der russischen Kaiserin Katharina II. interessierten vorwiegend Generäle wie etwa der spätere Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, George Washington.171 Bei der Mehrheit der frühen Erwerbungen handelt es sich um Blätter kleineren und mittleren Formats, deren Verkaufswert in der Regel um 1 fl. lag. Darüber hinaus finden sich auf den ersten Rechnungen auch einige repräsentativere Darstellungen. Einige Positionen ragen aufgrund ihres hohen Verkaufspreises von vier bis sechs Gulden deutlich aus den übrigen Posten heraus. Es handelt sich dabei zumeist um Schabkunstblätter aus der zeitgenössischen britischen Porträtproduktion, die meisten nach Gemälden von Joshua Reynolds. Man kann vermuten, dass in erster Linie das Interesse an den Dargestellten eine Anschaffung dieser wertvollen großformatigen Blätter lohnenswert erscheinen ließ. Vor allem britische Admiräle und Feldherren dürften das Interesse des Schülers zu diesem Zeitpunkt in besonderem Maße erregt haben: George Rodney und Samuel Hood, die als Kommandierende der Royal Navy nur zwei Jahre zuvor in der Schlacht von Les Saintes einen entscheidenden Sieg gegen die Franzosen errungen hatten, finden sich in der 170 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 4, 11. Juni 1785. 171 Sein Bildnis wurde am 27. Juni 1785 erworben. ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 4, 27. Juni 1785.
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II. Sammelstrategien
Auswahl ebenso wie der Admiral George Byng oder der Armeekommandeur John Leslie, 10th Earl of Rothes.172 Dies lässt sich wohl als eine Ausdrucksform jugendlicher Heldenverehrung für die Generäle zur See und zu Land interpretieren. Doch auch der englische Staatsmann und Jurist Charles Pratt, 1st Earl Camden, der als Verfechter von Freiheitsrechten und durch sein Eintreten für Pressefreiheit bekannt war, der ein Jahr zuvor verstorbene Mediziner und Geburtshelfer William Hunter oder der Schriftsteller George Colman, der zu dieser Zeit Erfolge mit seinen Theaterstücken in Covent Garden feierte, begründeten mit repräsentativen Bildnissen die Sammlung des Erzherzogs. Eine besondere Wertschätzung all dieser Persönlichkeiten ist offensichtlich. Betrachtet man in diesem Zusammenhang nochmals die allererste Rechnung des Verlagshauses Artaria vom Mai 1785 (Abb. 14), so scheinen diese frühen Porträterwerbungen in gewisser Hinsicht an die Motive der anfangs erstandenen Blätter, wenngleich sich darunter auch kein einziges Porträt befand, anzuknüpfen. Dominieren dort Bildnisse britischer und französischer Seehelden, deren Hintergründe den Ausblick auf das sturmbewegte Meer freigeben oder Darstellungen wilder Seegefechte auf wichtige Siege verweisen, so finden sich auch unter den ersten Grafikerwerbungen des Erzherzogs vorwiegend Seestücke, Seeschlachten oder Hafenansichten, die ein starkes genrespezifisches Interesse des Siebzehnjährigen in diese Richtung unterstreichen. In erster Linie waren es Kupferstiche nach dem französischen Maler Claude Joseph Vernet, allesamt großformatige Blätter von außerordentlicher Qualität, die bei diesem ersten Ankauf in seinen Besitz gelangten. Es lassen sich siebzehn Blätter nach dessen Hafenzyklus „Ports de France“ nachweisen, sowie die Hafenszene „Les différens travaux d´un port de mer“ von Jean Daullé (1760).173 Zwei Pendants mit Darstellungen der ruhigen und der stürmischen See, auf der Rechnung bezeichnet mit „a Calm“ und „a Storm“ sind wohl ebenfalls auf Gemälde Vernets zurückzuführen.174 172 Anhand der historischen Inventare zur Sammlung lassen sich die Blätter eindeutig identifizieren. Es sind dies: Samuel Hood (1724–1816), Mezzotinto von John Jones (1783) nach Joshua Reynolds, PORT_00070641_01; John Leslie, 10th Earl of Rothes (1698–1767), Mezzotinto von James Macardell (1763) nach Joshua Reynolds, PORT_00102308_01 oder PORT_00100780_01; Charles Pratt, 1st Earl Camden (1714–1794), Mezzotinto von Johann Gottfried Haid (1766) nach Joshua Reynolds, PORT_00126557_01; George Colman, (1732–1794) Mezzotinto von Giuseppe Marchi (1773) nach Gemälde von Sir Joshua Reynolds, PORT_00092264_01; William Hunter (1718–1783), Punktierstich von Joseph Collyer (1783) nach Gemälde von Mason Chamberlain, PORT_00158332_02 oder PORT_00158332_02. 173 Arlaud (1976), Nr. 130, ÖNB, BAG, Pk 3003, 985. 174 Daniel Lerpinière nach Claude Joseph Vernet (1781 bzw. 1782), Arlaud (1976), Nr. 284.I bzw. Nr. 283.II.
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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Auch die anderen Positionen wie die Darstellung eines Seegefechts („Combat naval“) oder die „Quatre Vues de Livourne“ von Balthasar Anton Dunker und Gottfried Eichler nach Jakob Philipp Hackert (nach 1778)175 vermitteln einen Eindruck von der Begeisterung des Erzherzogs für Hafen- und Marinebilder. Ab dem Mai 1785 investierte Franz in stetig steigendem Maße in seine Grafiksammlung (Tf. 2). In den Abrechnungen der Monate Mai bis Dezember lassen sich Belege zu mindestens fünf weiteren Ankäufen im Kunsthandel nachweisen, für den Monat Juni sind zwei Ankäufe bei Artaria im Abstand von zwei Wochen dokumentiert. Monatsabrechnungen späterer Jahre belegen zum Teil bis zu vier Ankäufe pro Monat im Abstand von nur wenigen Tagen. In den folgenden Jahren kam es auch immer wieder zu Warensendungen seiner Mutter oder der Brüder in Florenz, darunter befanden sich Bilder ebenso wie Büsten griechischer Philosophen.176 Umgekehrt ließ sich sein Bruder Ferdinand von Franz Bildnisse von Artaria aus Wien schicken, so etwa die Porträts der Tante Maria Karolina, Königin von Neapel, und deren Gemahl Ferdinand IV. oder des Feldmarschalls Gideon Freiherr von Laudon.177 Anhand der datierten Belege lässt sich zudem nachvollziehen, zu welchen Zeitpunkten sich dem Erzherzog aufgrund von Reisen oder Frontbesuchen keine Gelegenheit bot, Erwerbungen im Kunsthandel zu tätigen. Am 21. Juni 1786 wurde Franz von Kaiser Joseph II. gemeinsam mit seinem Lehrer Johann Baptist Schloißnigg zu einer zweimonatigen Reise nach Ungarn geschickt, wo er in Steinamanger (Szombathely) das erste Mal eine Truppe kommandieren sollte und anschließend in Pest mit dem Kaiser einem großen Manöver beiwohnte.178 Noch im Mai 1786 wurden sechzehn Kunstblätter, darunter einige Porträts, bei Artaria erworben, nach seiner Rückkehr nach Wien am 31. August kam es bereits im September zu weiteren Grafikkäufen. Zehn Monate später, am 1. Juli 1787, brach Franz zum Zwecke des Studiums des Festungsbaus nach Böhmen auf, wo er über Brünn (Brno), Olmütz (Olomouc), Königgrätz (Hradec Králové) und Theresienstadt (Terezín) nach Prag reiste, wo er Fabriken, die Universität und die Akademie der Wissenschaften besuchte. Auch die Teilnahme an zwei Feldzügen in den Jahren 1788 und 1789, die den Erzherzog an Kriegsschauplätze des Russisch-öster175 Nicolas (1924), Nr. 47.1-4 , ÖNB Kartensammlung, +Z110275308, +Z110275400, +Z110275503 sowie +Z110275606. 176 Siehe Anm. 166. 177 Zitiert bei Wolfsgruber (1899), Bd. 2, S. 125, leider ohne nähere Angaben zur Quelle. 178 Bei den folgenden Itineraria beziehe ich mich auf die Angaben bei Wolfsgruber (1899), Bd. 2, der die genauen Daten der Reisen und Feldzüge 1788 und 1789 anführt, ohne die Quelle zu nennen.
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II. Sammelstrategien
5000 fl.
4000 fl.
3000 fl. 2. Türkenfeldzug 1. Türkenfeldzug
2000 fl.
Ungarnreise
Böhmenreise
1000 fl.
0 fl. 1785
Tf. 2:
1786
1787
1788
1789
1790
1791
Ausgaben für Grafikerwerbungen im Kunsthandel in Gulden 1785–1791
reichischen Türkenkriegs führten, lassen sich angesichts der Ermangelung von Belegen für Kunstankäufe in diesen Monaten nachvollziehen. Am 14. März 1788 brach Franz, dem Entschluss des Onkels folgend, von Wien auf, um die türkischen Stellungen an der Save zu inspizieren und der Belagerung und Eroberung von Šabac beizuwohnen. Nach der erfolgreichen Einnahme der Stadt Ende April absolvierte er eine Studienreise, die ihn durch Kroatien, Slawonien und anschließend ins Banat, nach Siebenbürgen, in die Bukowina und nach Galizien führte. Nachdem er im September desselben Jahres zwischen dem Lager bei Ilova und Caransebeș heftigen Angriffen türkischer Truppen beiwohnte, kehrte er am 11. November 1788 wieder nach Wien zurück. Noch im selben Monat seiner Rückkehr kaufte er in Wien Kupferstiche im Wert von 589 fl. 50 kr.179 Die erste Hälfte des darauffolgenden Jahres war gekennzeichnet durch eine Phase der Ruhe an den Kriegsfronten und des häuslichen Familienlebens mit seiner ein Jahr zuvor angetrauten Gemahlin Elisabeth von Württemberg. In dieser Phase kam es zu einem steten Ausbau der Sammlung durch kontinuierlich getätigte Ankäufe von Porträts, Ansichten, historischen und naturwissenschaftlichen Blättern, nahezu ausschließlich bei Artaria in Wien. Am 28. August musste sich der Erzherzog abermals zum Einrücken bereit machen, als der Kaiser ihm befahl, an der Seite des Feldmarschalls Gideon Freiherr von Laudon an der Belagerung Belgrads teilzu179 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, „Aufsatz pro Novembri 1788“.
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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Abb. 17: Erzherzog Franz bei der Belagerung von Belgrad 1789
nehmen. Franz traf an Laudons Seite Vorbereitungen zur Einkreisung und zum Sturm auf die Vorstadt. Nach kurzer Belagerung kam es im Oktober schließlich zur Kapitulation und er kehrte bereits am 24. November wieder nach Wien zurück. Nach dieser Reise setzt wieder ein deutlich erkennbarer Anstieg der Ausgaben für Grafikblätter ein. Beträge um 300 fl. und mehr pro Lieferung stellten nunmehr keine Seltenheit dar. Im Frühstadium der Sammlung nahmen Porträtstiche, wie bereits dargelegt, noch eine untergeordnete Rolle ein. Es wurden Landschaften, Veduten und historische Blätter zu teilweise beträchtlichen Preisen angekauft, was zunächst auf einen Ausbau der Sammlung von Ansichten schließen ließe.180 Etliche der Erwerbungen dürften in Zusammenhang mit dem täglichen Unterricht im Militärwesen gestanden haben, der Franz ab dem Juli 1784 und in vertiefender Weise ab dem Mai 1785 zuteilwurde. Etwa wenn Landkarten und Grundrisse, Porträts von Generälen und Adjutanten oder Uniformbilder von Ulanen oder kroatischen Freikorps angeschafft wurden. Daneben galt sein Interesse allen Arten von Pflanzen- und Tierdarstellungen, Jagdszenen 180 Neben der Kupferstichsammlung nach Schulen, die sich heute größtenteils in der Albertina befindet, existiert noch eine Sammlung von knapp 4000 topografischen Ansichten aus ehemaligem Besitz des Kaisers Franz unter der Bezeichnung „FKB-Vues“ in der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek.
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II. Sammelstrategien
und Pferderennen, mythologischen Szenen und antiken Monumenten. Das besondere Interesse, das Franz historischen Bildthemen entgegenbrachte, manifestiert sich in Grafikblättern, die zu aktuellen Ereignissen der Zeit Bezug nehmen. Vor allem der privilegierte Kunsthändler und Kupferstecher Hieronymus Löschenkohl bediente als „Bildberichterstatter“ dieser Jahrzehnte die starke Nachfrage des Wiener Publikums nach bildlichen Darstellungen zeitgeschichtlicher Ereignisse.181 In seinem Verkaufsgewölbe am Kohlmarkt handelte er mit seinen volkstümlich anmutenden und meist grell kolorierten Stichen zu aktuellen Vorgängen des öffentlichen Lebens, denen kurze Texte zur Erläuterung beigefügt waren. Mit Preisen von durchschnittlich 1 fl. 30 kr. waren diese allgemein erschwinglich. Löschenkohls Stärke lag in der kurzen Zeitspanne zwischen dem Ereignis, auf das er Bezug nahm, und der Herausgabe seiner Stiche, die meist nur vier bis sechs Wochen betrug.182 Ihre Veröffentlichungen kündigte er in Annoncen, meist in der Wiener Zeitung, an. Bereits im Oktober 1786 hatte Erzherzog Franz bei Löschenkohl, der ein gutes Verhältnis zum Kaiserhaus pflegte, Flugblätter gekauft.183 Es handelte sich dabei unter anderem um die kurz zuvor erschienene Darstellung „Friedrichs letzter Tag“.184 Nachdem Friedrich der Große am 17. August in Schloss Sanssouci verstorben war, wurde er noch am selben Abend in der Potsdamer Garnisonskirche beigesetzt. Erst am 9. September folgte das Leichenbegängnis, bei dem der leere Paradesarg in einer feierlichen Inszenierung in die Gruft einzog. Die Darstellung dieser Feierlichkeit erwarb Franz bei Löschenkohl ebenso wie die „Überfahrt ins Elysium“, auf der der Preußenkönig über den Styx gerudert und von Persönlichkeiten wie Alexander dem Großen, Julius Cäsar, Prinz Eugen oder Rousseau empfangen wurde.185 Die größte zusammenhängende Serie Löschenkohls behandelt die Ereignisse des Türkenfeldzuges des Jahres 1788. Am 13. August 1788 preist er in einer Anzeige in der Wiener Zeitung „ganz neue interessante, den jetzigen Krieg betreffende Kupferstiche“ an, die in seinem Gewölbe am Kohlmarkt zu haben seien.186 Die Serie, die er als eine „Kriegsgeschichte in Bildern“ bezeichnet, umfasst Prospekte und Porträts von Anführern der kaiserlichen 181 Zu den Flugblättern des Hieronymus Löschenkohl: Reingard Witzmann (1978) sowie der Ausstellungskatalog des Wien Museums: Katalog Wien (2009). 182 Witzmann (1978), S. 12. 183 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 25. Oktober 1786. 184 Wien Museum, Inv. Nr. 108.585. 185 Die Ankündigung der Serie im Anhang zur Wiener-Zeitung Nr. 86 vom 28. Oktober 1786. ÖNB, BAG, PORT_00067806_01. 186 Anhang zur Wiener-Zeitung Nr. 65 vom 13. August 1788.
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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und zaristischen Truppen, aber auch türkischer Sultane und Großwesire sowie die wichtigsten Ereignisse vom Beginn des Feldzuges bis zu dem von den Russen erfochtenen Sieg über die türkische Flotte am 28 Juni. Von diesen Hauptmomenten waren sowohl eine bildliche Darstellung als auch eine Karte der Gegend, wo diese stattfanden, zu erstehen. Der Käufer erhalte so laut Löschenkohl die Gelegenheit, nicht nur die Aktion selbst, sondern auch den Plan, „welches vorzüglich einen Offizier interessirt“, und die „Portraits der Helden, die sich vorzüglich hervorgethan haben“, zu studieren.187 Als Beweise für die Authentizität der Darstellungen führte Löschenkohl an, die beiden Blätter „Aussicht von türkisch Dubiza“188, welche die Grenzstadt einmal vom türkischen Lager und einmal vom kaiserlichen Lager aus zeigen, stammen nach einer „sehr richtigen Zeichnung“, die er „aus dem Lager selbst erhielt“. Der Anmarsch des Großwesirs mit der türkischen Armee wiederum sei „nach einer getreuen Abbildung“, die er „von Mr. Morache [erhielt], der diesen Zug im April selbst ansah“.189 Erzherzog Franz kehrte am 11. November 1788 vom Türkenfeldzug nach Wien zurück. Am 29. November 1788 gelangten fünfundneunzig Pläne, Ansichten und Porträts des Türkenkrieges aus der Werkstatt Löschenkohls in seine Sammlung, darunter Darstellungen von Orten und Kriegsereignissen, denen er noch wenige Wochen zuvor als Augenzeuge beigewohnt hatte.190
4.1.1. Zur Zusammensetzung der frühen Porträterwerbungen War unter den Grafikerwerbungen der ersten drei Jahre das Porträt als Genre also noch in der Minderheit und scheint auf den Rechnungen der Kunsthändler nur sporadisch auf, lassen sich ab dem Jahr 1788 zunehmend Lieferungen nachweisen, die ausschließlich Porträtstiche zum Inhalt hatten. Unter den umfangreichen Ankäufen der nun folgenden Jahre, die in den monatlichen Kammerrechnungen fortlaufend dokumentiert sind, lässt sich eine allmähliche Hinwendung zur Porträtgrafik als eigenes Sammelgebiet feststellen. Die Belege, die durch ihre detaillierte Aufstellung der veräußerten Posten meist eine eindeutige Identifizierung angekaufter Blätter ermöglichen, stellen wertvolle Quellen für die Rekonstruktion der Ursprünge der 187 Ebenda. 188 Wien Museum, Inv. Nr. 86.623 bzw. 86.624. 189 Bei einigen Blättern scheint als Zeichner der damalige Hauptmann Josef Christian Auracher von Aurach auf, ab 1802 Professor der Kriegswissenschaft an der Theresianischen Militärakademie. Vgl. Witzmann (1978), S. 19. 190 Die Motive der einzelnen Blätter sind auf der Rechnung angeführt: ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 2, 29. November 1788.
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II. Sammelstrategien
Sammlung dar und ermöglichen einigermaßen zuverlässige Rückschlüsse auf deren Zusammensetzung. Die Auswertung der individuell getätigten Ankäufe erlaubt es auch, die Auswahl auf einen konzeptionellen Ansatz hin zu untersuchen. Eine vollständige Rekonstruktion des Grundstocks der Sammlung stößt aus bereits dargelegten Gründen an ihre Grenzen. In einzelnen Fällen ermöglicht die Quellenlage bestenfalls, Anschaffungen zeitlich einzugrenzen. Anhand der überwiegenden Mehrzahl der erhaltenen Belege lässt sich jedoch verlässlich ersehen, wann Ankäufe von Porträtstichen getätigt wurden und zu welchem Preis. Zudem verzeichnen die meisten Quittungen auch die dargestellten Personen und, seltener, die beteiligten Künstler. Bezieht man diese Informationen in die Analyse des Profils der frühen Sammlung mit ein, so stellt sich über die Ermittlung gewisser Vorlieben des Erzherzogs hinaus die Frage nach einem konkreten Sammelkonzept. Auf den ersten Blick lässt sich bei seiner Selektion ein ganz generelles Interesse an druckgrafischen Porträts jeglicher Art feststellen, unabhängig von deren Qualität. Die Erwerbungen der ersten Jahre beschränken sich keineswegs auf Blätter von hohem künstlerischem Wert, es zeigt sich vielmehr das Bestreben, eine rasche Vermehrung des Bestandes auf Kosten übermäßiger Ansprüche zu erreichen. So weit das Spektrum der Blätter hinsichtlich deren künstlerischer Qualität reichte, so breit legte Franz die Sammlung auch in Hinblick auf ihre inhaltliche Ausrichtung an. Der universal-enzyklopädische Anspruch, der ein wesentliches Merkmal seiner rund fünfzigjährigen Sammeltätigkeit bildete, wird bereits in den Erwerbungen der ersten Jahre deutlich. Das Sammeln grafischer Bildnisse, unabhängig von Herkunft, Rang oder Amt der Dargestellten, entsprach durchaus den Konventionen der Zeit und unterschied sich kaum von zeitgenössischen Sammlungen bürgerlicher Provenienz.191 Dennoch lässt sich in Hinblick auf die frühen Porträterwerbungen nicht von einer generellen Profillosigkeit sprechen. Die inhaltliche Zusammensetzung der Bildnisse, die den eigentlichen Kern der Sammlung bildeten, reichte von zeitgenössischen Militärs und Staatsmännern bis zu Dichtern und Gelehrten – Angehörige unterschiedlicher sozialer Gruppen, aber zumeist höheren Standes. Kaiser, Könige oder Päpste fanden hingegen zunächst kaum Berücksichtigung. So unterschiedlich die Wirkungskreise der Persönlichkeiten also waren, welche es verdienten, in die Porträtsammlung des jungen Erzherzogs aufgenommen zu werden, so agierten sie doch alle in seiner unmittelbaren Gegenwart. Man könnte den Grundstock seiner Sammlung als eine Galerie von Zeitgenossen bezeichnen, die zur Zeit der Spätaufklärung das politische und geistige Leben Europas mitbestimmten. Mit dem Sammeln ihrer Bildnisse konnte der 191 Vgl. dazu Kap. 6.4.
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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Wunsch des Schülers nach Anschaulichkeit gestillt werden, das Bedürfnis zu wissen, wie ein Feldherr, der ihn im Geschichtsunterricht beeindruckt hatte, aussieht, oder ein Philosoph, mit dessen Schriften er sich beschäftigte. Erst nach und nach stieg das Interesse an Bildnissen regierender Häupter. Es lässt sich zunächst auch hier kein übergreifendes Konzept erkennen, etwa dem Vorbild einer Ahnengalerie folgend, wie dies bei der Grundausstattung einer fürstlichen Porträtsammlung zu erwarten wäre. Franz folgte vielmehr seinem gängigen Muster, Porträts zeitgenössischer Persönlichkeiten zu erstehen, welches gerade auch für die Bildnisse regierender Monarchen und deren Angehöriger galt. Im Jahr 1788, dem Jahr seiner Teilnahme am Türkenfeldzug an der Seite seines Onkels Joseph II., erwarb er gleich drei Bildnisse des Kaisers, zwei bei Artaria und eines bei Löschenkohl.192 Darunter das Doppelbildnis mit dem eigenen Vater und Großherzog der Toskana, Leopold, nach dem ad-vivum-Gemälde von Pompeo Batoni (1769).193 Unter den Ankäufen der ersten Jahre befanden sich fast ausschließlich Porträts aktuell regierender Monarchen, oft aus der eigenen Familie, wie der Tante Marie Antoinette oder des Onkels Ferdinand IV. von Neapel. Ferner Bildnisse europäischer Herrscher wie der russischen Kaiserin oder der Könige von Frankreich und Preußen. Der Preußenkönig Friedrich II. nahm unter den Porträts, die in den ersten vier Jahren erworben wurden, eine Sonderstellung ein. Sein Bildnis und das seines jüngeren Bruders Heinrich von Preußen wurde von Erzherzog Franz gleich in mehrfachen Ausführungen angekauft.194 Biografisch-anekdotische Darstellungen wie das Blatt „Ziethen sitzend vor seinem König den 25ten Januar 1785“ von Daniel Nikolaus Chodowiecki 195, welches zu Lebzeiten Friedrichs des Großen entstand und ihn mit seinem bereits altersschwachen Husarengeneral Hans Joachim von Zieten zeigt, fanden ebenso das Interesse des Erzherzogs wie die bereits erwähnte Serie Löschenkohls zum Tod Friedrichs, die Franz zwei Monate nach dessen Ableben erwarb. Derartige Aktualitätsbezüge lassen sich in den folgenden Jahren im192 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 6. Februar und 5. März 1788 (Rechnungen Artaria) sowie 10. November 1788 (Rechnung Löschenkohl). 193 Es handelte sich höchstwahrscheinlich um die Kupferstich-Reproduktion von Andrea Rossi (1775), die bereits 1781 in einem Verkaufskatalog von Artaria angepriesen wurde: Verzeichniß von folgenden Kunstwerken welche Bey Artaria Compagnie Kunst, Kupferstich, Landkarten und Musikalien-Händlern, und Verlegern in Wien auf dem Kohlmarkt der Michaelerkirche gegenüber um beygesetzte Preise zu haben sind. Wien, 1781. Wienbibliothek, Druckschriftensammlung, A-86807, S. 4. 194 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 7. Dezember 1784, 27. Juni 1785 und 16. Oktober 1786 (Rechnungen Artaria). 195 Engelmann (1857), Nr. 565; ÖNB, BAG, PORT_00067422_01.
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II. Sammelstrategien
Abb. 18: Daniel Chodowiecki, Ziethen sitzend vor seinem König, 1785
mer wieder nachweisen und sind ein zentrales Charakteristikum für den Grundstock der Sammlung. Als sich im August 1793 in Frankreich die politischen Ereignisse überschlugen, kaufte der nunmehrige römische Kaiser Franz II. bei Artaria mehrere Blätter, die ganz aktuell auf die Vorgänge in Paris Bezug nahmen. So etwa den zwei Monate zuvor in London erschienenen Kupferstich von Luigi Schiavonetti nach Charles Benazech, der die Trennung Ludwigs XVI. von seiner Familie am 29.9.1792 im Pariser Temple darstellt.196 Ferner zwei Bildnisse der eigenen Tante Marie Antoinette, die wenige Tage zuvor in das Conciergerie-Gefängnis überstellt worden war und dort auf ihren Prozess wartete, sowie zwei Porträts des bereits enthaupteten Königs Ludwig XVI. und dessen Sohn Louis Charles von Amedeo Gabrielli, die ebenfalls erst kurz zuvor erschienen waren. 197 Allmählich lässt sich bei den Neuzugängen auch eine zunehmende Berücksichtigung der eigenen Familiengeschichte feststellen. Nach den ersten zehn Jahren Sammeltätigkeit setzte sich die Familiengalerie, die das Haus Habsburg bzw. Habsburg-Lothringen repräsentierte – soweit sich dies anhand der Belege nachweisen lässt – aus Porträts des Vaters Kaiser Leopold II., des Onkels Kaiser Joseph II., der Tanten Erzherzoginnen Maria Christina und Marie Antoinette, der Onkel Erzherzog Maximilian und König Ferdinand IV. von Neapel, der Großeltern Kaiser Franz I. und Maria Theresia, der Urgroßmutter Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel sowie der Vorfahren Kaiser Maximilian I., Karl V., Rudolf II. oder Philipp IV. von Spanien zusammen. Über die eigene Dynastie hinaus doku196 „The Seperation of Lewis the Sixteenth in the Temple“, ÖNB, BAG, Pk 3003,1047. 197 Punktierstiche nach Joseph Boze (Ludwig XVI), ÖNB, BAG, PORT_00039044_01; bzw. nach J. Miery (Ludwig XVII), 1793, ÖNB, BAG, PORT_00039115_01.
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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mentierte die Sammlung auch verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen europäischen Fürstenhäusern und umfasste zu diesem Zeitpunkt bereits Bildnisse mehrerer Generationen von Königen und Kurfürsten aus Frankreich, England, Schweden, Sachsen oder Hannover. Auch gestochene Folgen von Ahnenreihen und Stammbäumen waren darunter.198 Neben den Einzelblattporträts kam auch unterschiedlichen Porträtreihen und -serien eine zunehmende Bedeutung beim Ausbau des Bestandes zu, die mehrere Porträts in Form von Bildnisfolgen darboten. Sei es in ikonografisch einheitlicher Form, wenn sie zur Ausschmückung eines Vitenbuchs gedient hatten, oder als Teilsammlungen, bei denen etwa ein Händler einen bestimmten Teil seiner Sammlung veräußerte. Man kann davon ausgehen, dass derartige Bestände unter Beibehaltung ihres inhaltlichen Konnexes abgelegt wurden und so bereits als Grundlage für die Herausbildung einer späteren Gliederung nach Berufen oder Ständen fungierten. So legte etwa der Nürnberger Kupferstecher und Kunsthändler Adam Ludwig Wirsing im August 1791 einer Lieferung von Kupferstichen, die der Erzherzog aus dessen Katalog ausgewählt hatte, eine „uralte Sammlung“ von einundachtzig Porträts Nürnberger Patrizierfamilien bei, die sehr rare Blätter beinhaltete und an der „Kaiserl. Majestät […] kein Missfallen […] haben“ werde.199 Diese bildete nicht nur den Kern der späteren Sammlung von Kleinporträts Nürnberger Bürgerfamilien, man kann darin auch Hinweise auf spätere Ordnungsklassen innerhalb der Sammlungssystematik erkennen wie etwa die Klassen „Ratsherren“ oder „Bürgermeister“. Belege für den Erwerb größerer und kleinerer Bildnisserien im Kunsthandel, die auf spätere Ordnungsklassen vorgreifen, ließen sich einige anführen. Darunter „12 Portretes von Preusische Generelen“ (Juni 1785 bei Artaria), „Porträts der Bürgermeister von Zürich“ (Dezember 1792 bei Rudolph Gräffer), „48 Ordensstifter“ (November 1795 bei Johann Georg Binz) oder „Ritratti die Generali della Compagna di Jesu“ (Bücher-Auctions-Institut 1792). Sie zeugen bereits vom mehr oder weniger raschen Anwachsen einzelner Berufs- und Ständegruppen innerhalb der Porträtsammlung. Synchron zum quantitativen Anwachsen der Sammlung zeichnen sich allmählich auch erkennbare Konturen hinsichtlich deren Inhalte ab und es können einzelne Erwerbungsschwerpunkte innerhalb der Berufsgruppen festgestellt werden. Dabei wusste sich neben den Feldherren- und Fürstenporträts das Geistige Bildnis immer mehr zu behaupten. Hier galt das Interesse des Kaisers den Bildnissen von Kardinälen und Bischöfen ebenso wie von Predigern, Theologen oder einfachen Mönchen verschiedener Kongregationen. 198 Am 29. März 1793 wurden etwa beim Händler Joseph Rupert Gartner 2 Blatt „Bayrische Stammbaum“ gekauft. ÖStA, HHStA, GDPFF, 73-3, Rechnung vom 29. März 1793. 199 ÖStA, HHStA, GDPFF, 72, Rechnung vom 21. August 1791.
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II. Sammelstrategien
Dem italienischen Gelehrten Eusebio della Lena (1747–1818) kam in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle als Agent zu. Della Lena, ein Buch- und Grafikhändler aus Venedig, der kurzzeitig auch Präfekt am Wiener Theresianum war,200 verbrachte über mehrere Jahre den Winter in Wien, wo er seltene Ausgaben lateinischer und griechischer Klassiker sowie Grafikblätter, die er in Italien aufspürte, an Stiftsbibliotheken und private Sammler verkaufte. Auch sein älterer Bruder, der Luccheser Kunstsammler und Spanische Vizekonsul in Venedig, Giacomo della Lena (1731–1807), war in der Privatbibliothek durch ein 1789 entstandenes und teilweise handschriftlich verfasstes Vitenbuch vertreten. Gemeinsam mit dem venezianischen Maler und Kunstschriftsteller Giovanni Maria Sasso (1742–1803) verfasste er eine Fortschreibung der 1648 erschienenen venezianischen Künstlerviten von Carlo Ridolfi, „Le maraviglie dell’ Arte […]”201, wobei er die Porträts und Lebensbeschreibungen weitgehend von Ridolfi übernahm und diese um Viten und Bildnisse späterer Vertreter der venezianischen Malerei erweiterte.202 In den vom Kaiser jährlich weitergeführten „Hand Büchel über den Geld-Empfang und Meine Ausgaben“203 finden sich in den Jahren 1800 bis 1805 regelmäßig Einträge wie „dem Abbate della Lena für die Portraite und Handzeichnungen“ (Januar 1802) oder „dem Abbate Eusebia Maria della Lena für Kupferstiche“ (Februar 1805), die dessen Tätigkeit als Agent und Porträtlieferant für den Kaiser in diesen Jahren dokumentieren. Acht dazugehörige Originalbelege della Lenas, die in den monatlichen Ausweisen über die Ausgaben der Kammerkasse des Kaisers abgelegt sind, listen mehr als 400 Einzelblätter auf, die zu einem wesentlichen Teil aus Porträts italienischer Geistlicher und Gelehrter bestehen.204 Dabei handelt es sich mehrheitlich um Werke venezianischer Kupferstecher wie Francesco Zucchi (1692–1764), Teodoro Viero (1740–1819) oder der Nonne und Kupferstecherin Isabella Piccini (1644– 1734). Bisweilen vermerkte della Lena auch kurze biografische Erläuterungen auf den Porträts.205 Ein weiterer Erwerbungsschwerpunkt betraf das militärische Bildnis. Angesichts der hohen Anzahl an Generälen oder Offizieren, die die Sammlung in den ersten vier Jahren in Form von Porträts bereicherten, liegt die Vermu200 Ruffini (2012), S. 8; Pyrker (1966), S. 12. 201 C. Ridolfi: Le Maraviglie dell‘ Arte ovvero, Le vite degli Illustri Pittori Veneti and dello Stato, Venezia, G. B. Sgava, 1648. 202 ÖNB, BAG, FKB 9556, Ritratti de‘ più celebri antichi e moderni Pittori della Scuola Veneziana (nach 1789). 203 ÖNB, BAG, FKB 45569. 204 ÖStA, HHStA, GDPFF, 83-5 bis 89-2. 205 Siehe z.B.: ÖNB, BAG, PORT_00129044_01, PORT_00137174_01 oder PORT_00105025_01
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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tung nahe, dass die Anerkennung dieser Materie im laufenden militärischen Unterricht des Erzherzog begründet lag.206 Die Annahme lässt sich dadurch stützen, dass Franz in den Jahren 1785 bis 1788 neben diversen Handbüchern und Schriften zur Kriegskunst auch zahlreiche geschichtliche Darstellungen großer Kriege des Jahrhunderts erwarb.207 Darunter Ludwig Müllers Beschreibung der drei Schlesischen Kriege208 ebenso wie Éléazar de Mauvillons dreibändige Darstellung des Ersten Schlesischen Krieges209, Georg Rudolph Fäschs Geschichte des Österreichischen Erbfolgekriegs210 oder die Abhandlung zum Russisch-Österreichischen Türkenkrieg von Louis-Félix Guynement de Kéralio211. Ferner Johann Gottlieb Tielkes und Henry Lloyds mehrbändige Beiträge zur Geschichte des Siebenjährigen Krieges212 sowie Domenico Caminers 36-teilige Geschichte des Russisch-Osmanischen Krieges213. Zwischen diesen kriegshistorischen Werken und den Porträts von Generälen und Militärs, die im selben Zeitraum in die Porträtsammlung gelangten, lassen sich Zusammenhänge ausmachen, in der Mehrheit waren diese an den angeführten kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt. Heerführer vergangener Epochen sind in den Ankäufen hingegen kaum vertreten. Im Zentrum des Interesses standen preußische Generäle, die im Siebenjährigen Krieg oder zuvor im ersten Schlesischen Krieg gegen die Habsburgermonarchie kämpften, wie Friedrich Wilhelm von Seydlitz und Heinrich von Preußen. Daneben englische Admiräle oder Offiziere in österreichischen Diensten während des Russisch-Österreichischen Türkenkriegs wie Franz Seraph von Orsini-Rosenberg, Paul Kray von Krajowa oder Charles Joseph de Ligne. Auch die Namen amerikanischer Generäle aus dem Unabhängigkeitskrieg wie John Paul Jones, Israel Putnam oder George Washington sind den Porträtrechnungen dieser Jahre zu entnehmen. Das grundlegende Interesse an militärischen Sujets äußert sich im gleichzeitigen Erwerb monumentaler Schlachtenbilder, wie etwa William Woolletts „The Battle at La Hogue“ (1781) nach dem Gemälde von Benjamin West, das die Seeschlacht bei La Hogue im Rahmen des Pfälzischen Erbfolgekriegs darstellt und für das der Erzherzog im Juni 1785 den stattlichen Preis von 21 fl. bezahlte.214 206 Zum militärischen Unterricht des Erzherzogs Franz in Wien siehe: Wolfsgruber (1899), Bd. 2, S. 32 f.; Langsam (1954), S. 98 f.; Breininger (1994), S. 95–98. 207 Vgl.dazu Wolfsgruber (1899), Bd. 2, S. 32. 208 Müller (1785). 209 Mauvillon (1745–47). 210 Fäsch (1787). 211 Kéralio (1780). 212 Tielke (1776–86); Lloyd (1783–1801). 213 Caminer [übers. v. Johann Christoph Schmidlin], (1771–1775). 214 ÖNB, BAG, Pk 511a, 43; ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 11. Juni 1785.
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II. Sammelstrategien
Abb. 19: Die Schlacht von La Hogue 1692
Persönliche Interessengebiete abseits des militärischen und geschichtlichen Unterrichts – von der zeitgenössischen Literatur und Philosophie bis hin zu den modernen Naturwissenschaften – offenbaren sich in Ankäufen zahlreicher Bildnisse bekannter Naturforscher, Literaten und Dichter seiner Zeit. Betrachtet man die Auswahl etwas näher, stellt man fest, dass es sich dabei überwiegend um Persönlichkeiten handelt, die sich den Idealen der Aufklärung verpflichtet sahen. Hierin unterscheidet sich die Sammlung kaum von der Mehrzahl bürgerlicher Kollektionen, die im gelehrten Milieu des späten 18. Jahrhunderts entstanden. Franz, der sich später als Kaiser nach und nach von der Reformpolitik seiner beiden Vorgänger abwandte, traf diese Auswahl im Wesentlichen noch als etwa Zwanzigjähriger und unter der Regierung seines väterlichen Onkels Joseph II., der als Exponent des aufgeklärten Absolutismus mit führenden Köpfen der Zeit wie Rousseau, Voltaire oder Lavater persönlich bekannt war. So finden sich unter den Porträts, die im Jahr 1788 in die Sammlung gelangten, maßgebende Protagonisten des Aufklärungsgedankens in Frankreich wie die Herausgeber der „Encyclopédie“, Denis Diderot und D’Alembert, deren Hauptwerk acht Jahre zuvor mit dem fünfunddreißigsten Band abgeschlossen worden war, ferner die Philosophen und Schriftsteller Rousseau, Voltaire oder Fontenelle. Auch die Porträts von Wegbereitern und Sympathisanten der ein Jahr später ausgebrochenen Revolution von 1789 wie Jean-François de La Harpe oder Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, dessen kritisches Stück „La folle journée“ in abgewandelter Form der Mozartoper „Le nozze di Figaro“ 1786 von Joseph II. goutiert worden war, finden sich unter den Neuzugängen dieses Jahres. Die Hinwendung zu den Naturwissenschaften äußert sich in den Porträts von Vertretern diverser Wissenschaftszweige, in die sich das baro-
4. Die frühen Erwerbungen ab 1785
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cke Universalwissen nach und nach auffächerte. So treten unter den verschiedenen Berufsgruppen Botaniker wie Rémi Willemet oder Joseph Banks, Mathematiker wie Leonhard Euler und Antoine Deparcieux oder Mediziner wie William Hunter und Giovanni Alessandro Brambilla auf, der Leibarzt Josephs II. Dem Künstlerbildnis kommt eine eher untergeordnete Bedeutung in der Aufteilung der einzelnen Klassen zu. Auffallend ist, dass es sich auch bei den, größtenteils bei Artaria angekauften, Bildnissen von Malern oder Grafikern vorwiegend um zeitgenössische Künstler handelte. Hingegen beherbergte die eigene Privatbibliothek im Jahr 1807 bereits die Standardwerke illustrierter Künstlerviten von Giorgio Vasari, Carlo Ridolfi, Ottavio Leoni, Alessandro Longhi oder Johann Caspar Füssli.215 Schließlich sei noch eine Reihe von Schauspielern und Sängerinnen erwähnt, die zu dieser Zeit auf Wiener oder deutschen Theater- und Opernbühnen brillierten und deren Porträts Eingang in die Sammlung fanden. Dabei faszinierten den jungen Erzherzog offensichtlich große Heldendarsteller wie Johann Friedrich Reinecke ebenso wie der Wiener Komödiant und Possenspieler Josef Felix von Kurz (gen. Bernardon), die anmutige Schauspielerin Felizitas Abt oder die italienische Sopranistin Brigida Banti. Die Frage nach einem vorgefassten inhaltlichen Konzept für die Anlage der Sammlung lässt sich also aufgrund der Analyse der Erwerbungen der ersten Jahre verneinen. Vielmehr deutet die thematische Bandbreite der dargestellten Personen zu Beginn seiner Sammeltätigkeit darauf hin, dass Franz bei den Ankäufen unmittelbaren Eingebungen folgte und stets offen war für neue Blätter jenseits von Nationalität oder Standeszugehörigkeit der Porträtierten. Die Auswahl der Bildnisse basierte einerseits auf Grundlage des Angebots des vorwiegend Wiener Kunstmarkt, andererseits auf deren Bezug zu unterschiedlichen Interessensgebieten des Erzherzogs, seien es im Unterricht vermittelte Inhalte oder persönliche Präferenzen. Es verteilen sich die Berufsgruppen Staatsmänner und Militärs, Geistliche Würdenträger sowie Gelehrte und Literaten in etwa gleicher Dichte über die Erwerbungen des untersuchten Zeitraums, wobei ausgerechnet dem Adelsporträt eine deutlich untergeordnete Bedeutung zukommt. Die Erwerbungsstrategie der frühen Jahre verfolgte mit ihrer klaren Tendenz zu zeitgenössischen Persönlichkeiten keinesfalls das Ziel, eine Ausnahmestellung unter den Kollektio215 Vasaris Viten in sieben Bänden kaufte Franz am 23.3.1793 beim Wiener Buchhändler Gräffer um 20fl. ÖStA, HHStA, GDPFF, 73-3. Der Erwerbungszeitraum der übrigen Titel ergibt sich durch einen Vergleich der Signaturen der entsprechenden Porträtwerke in der Privatbibliothek mit dem Schätzgutachten Ignaz Sauers aus dem Jahr 1807. ÖNB, BAG, FKB.INV.13a-c, „Tabulae aestimationis librorum […]“, 1807.
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nen bürgerlicher Sammler einzunehmen oder sich von diesen zu unterscheiden. Vielmehr entsprach sie eben jenem klassischen Sammlungscharakter des gelehrten Bürgertums dieser Zeit, das sich in seinem Standesbewusstsein zunehmend auf gleicher Höhe mit dem Adel sah.
4.1.2. Artaria & Compagnie als Hauptlieferant von Porträtgrafik Als Erzherzog Franz Mitte der 1780er-Jahre nach Wien kam, hatten sich dort in den vergangenen Jahrzehnten einige Unternehmen etablieren können, die auf den Handel mit grafischen Blättern spezialisiert waren. Die führende und maßgebende Position auf dem Wiener Kunstmarkt nahm das Verlagshaus Artaria & Compagnie ein, das seit 1770 am Tuchlauben und ab 1775 auf dem Kohlmarkt, dem Zentrum des Wiener Grafikhandels, residierte.216 Bis in die 60er-Jahre des Jahrhunderts wurde in Wien der Handel mit Kupferstichen, abgesehen von einigen Buchhändlern, vor allem von fahrenden Bilderhändlern ausgeübt, die auf Märkten umherzogen und ihre Ware dort vertrieben. Die beiden Cousins Carlo und Francesco aus der vom Comer See stammenden Kunsthändlerfamilie Artaria, die sich selbst in einer Anzeige im Wienerischen Diarium als „Kaufleute aus Meyland“217 bezeichneten, wurden 1766 in Wien sesshaft und eröffneten am Tiefen Graben eine Kupferstichhandlung. 1770 wurden sie von Maria Theresia mit dem Privilegium für den Kunsthandel ausgezeichnet und konnten sich fortan als „privilegierte Kupferstichhändler“ betätigen. Im gleichen Jahr begründeten sie im Haus Tuchlauben Nr. 5 ein Kunstkontor. Während Carlo, der von seinem Wiener Zeitgenossen Johann Pezzl als „industrioser Mann und Kenner“ bezeichnet wird,218 das Geschäft führte, reiste sein Cousin durch Europa, um neue Geschäftsverbindungen mit diversen Künstlern anzubahnen. Dank seiner Reisen verfügte das Geschäft über ein reiches Magazin an zeitgenössischen englischen, französischen, italienischen und deutschen Kupferstichen aller Genres wie Historienblätter, Landschaften oder geistliche Motive, in erster Linie aber Porträts. Insbesondere die anhaltend hohe Nachfrage nach englischen Blättern, vor allem in der zu dieser Zeit äußerst geschätzten Punktiermanier, konnte durch die Kunsthändler ausreichend bedient werden. So lobt auch Johann Pezzl den „herrlichen Vorrath von den schönen 216 Zur Unternehmensgeschichte Artaria & Compagnie vgl. Weinmann (1952), Slezak/Aurada (1970), Hilmar (1977), Frank (2007). 217 Wienerisches Diarium Nr. 92 vom 16. November 1768, S. 16. 218 Pezzl (1788), S. 773.
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kolorirten Englischen Blättern, von den Karikaturen und satyrischen Kupferstichen, welche in London unaufhörlich zum Vorschein kommen“.219 Das Unternehmen verfügte über einen ständigen Vorrat an alten Kunstblättern aus allen Schulen sowie Porträts, von denen 6000 bis 8000 Blätter säuberlich geordnet in Portefeuilles zur Durchsicht bereit standen.220 Artaria & Compagnie schaffte bald den Aufstieg zur ersten Kunsthandlung der Stadt und konnte bereits 1775 in das Haus „Zu den drei Läufern“ auf dem Kohlmarkt Nr. 133 umziehen.221 1789 bezog es das Haus „Zum englischen Gruß“ auf dem Kohlmarkt Nr. 1181, das später in Familienbesitz überging und noch heute als Verlagsstandort dient.222 Das Archiv der Firma, bestehend aus Kundenkorrespondenz, Geschäftsinventaren und Rechnungsbelegen, befindet sich heute in der Wienbibliothek. Es hat sich darin ein Verzeichnis aus dem Jahr 1781 erhalten, welches die in der Wiener Filiale angebotenen Werke, vor allem Kupferstichserien und illustrierte Bücher, auflistet. Demnach führte die Kunsthandlung in diesem Verkaufsjahr neben Galeriewerken wie „Die große Gallerie zu Versailles“ mit Reproduktionen nach den Gemälden Charles Le Bruns oder „Das florentinische Museum“ auch Stichserien von Giambattista Tiepolo, John Boydell oder William Hogarth. Darüber hinaus wurden Veduten von Rom und Florenz, Architekturtraktate, Zeichenschulen, Atlanten und Landkarten angeboten, sogar Zeichenutensilien wie Pastellkreide, Pinsel oder Tusche. Sammler von grafischen Blättern fanden neben „verschiedenen Venetianischen und Augspurger schwarz und illuminierten Kupferstichen“ ein „vollkommenes Sortiment sowohl von allerneuesten als auch Antiquen französisch, englisch, italienischen und allen hier in Wien herausgegebenen“ Kupferstichen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass das Doppelporträt der Zusammenkunft Josephs II. mit seinem Bruder Leopold 1769 in Rom von Pompeo Batoni, gestochen von Andrea Rossi, wieder „neu angekommen“ sei.223 Grafische Porträts zählten von Beginn an zu den bevorzugten Handelsgegenständen des Unternehmens. Neuerscheinungen wurden regelmäßig im Wienerischen Diarium annonciert. Im August 1773 kündigte Artaria ein Bildnis des Fürsten Wenzel Anton von Kaunitz vom Kupferstecher Jakob 219 Ebenda, S. 774. 220 Verzeichniß von folgenden Kunstwerken welche Bey Artaria Compagnie Kunst, Kupferstich, Landkarten und Musikalien-Händlern, und Verlegern in Wien auf dem Kohlmarkt der Michaelerkirche gegenüber um beygesetzte Preise zu haben sind. Wien, 1781. Wienbibliothek, Druckschriftensammlung, A-86807, S. 4. 221 Anhang zum Wienerischen Diarium Nr. 8 vom 28. Jänner 1775. 222 Heute Kohlmarkt Nr. 9. Der heutige Bau stammt von Max Fabiani aus den Jahren 1901/02. 223 Verzeichniß […] (1781), S. 4.
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Matthias Schmutzer an.224 Schmutzer, der seit 1766 die neugegründete Kupferstecher-Akademie in Wien leitete, belieferte Artaria ab 1771 regelmäßig mit eigenen Werken, darunter mehrere Bildnisse Maria Theresias und Josephs II.225 Mitte der 1770er-Jahre begann Artaria, Porträtstiche von österreichischen Kupferstechern anfertigen zu lassen und selbst zu verlegen. Dazu zählten Arbeiten von Johann Ernst Mansfeld und dessen Sohn Johann (Joseph) Georg, Jakob Adam, Johann Georg Janota oder dem Mezzotintostecher Johann Peter Pichler. Es entwickelte Abb. 20: Dominik Artaria (1775–1842) sich daraus eine kleine Porträtserie, führte das Wiener Geschäft ab 1793 überwiegend im Oktavformat und zu etwa 40 kr. das Stück, welche das Unternehmen in Zeitungen als die „von uns herausgegebene Sammlung der bekannten Portraiten in 8vo Format“ bewarb.226 Neue Porträts wurden in regelmäßigen Abständen im Wienerischen Diarium (ab 1780 Wiener Zeitung) vorgestellt. So etwa 1776 das Bildnis des Dichters Pietro Metastasio, welches Artaria von Johann Ernst Mansfeld „auf ihre eigene Kosten und Verlag“ stechen ließ.227 Weitere Verlagsankündigungen dieser Serie betrafen Bildnisse des k.k. Feldmarschalls Franz Moritz Graf von Lacy (Johann Ernst Mansfeld, 1776)228, des Freiherrn Samuel von Brukenthal (Johann Ernst Mansfeld, 1779)229, des Siebenbürgischen Fürsten Franz II. Rákóczi (Peter Paul Westermayer nach Johann Kupecký, 1781)230, des Großfürstenpaares von Russland (Johann Ernst Mansfeld, 1781)231 sowie die Porträts des Erzbischofs Maximilian Friedrich von Köln, des Karl Prinz von Liechtenstein oder des Mineralogen Ignaz von Born (alle Jakob Adam, 1783).232 224 Anhang zum Wienerischen Diarium Nr. 69 vom 28. August 1773. 225 Schmitt-Vorster (2006), S. 145 f. 226 Anhang zur Wr. Zeitung Nr. 25 vom 28. März 1781. 227 Anhang zum Wienerischen Diarium Nr. 34 vom 27. April 1776. 228 Anhang zum Wienerischen Diarium Nr. 52 vom 29. Juni 1776. 229 Nachtrag zur Wr. Zeitung Nr. 42 vom 24. Mai 1780. 230 Ebenda. 231 Anhang zur Wr. Zeitung Nr. 95 vom 28. November 1781. 232 Anhang zur Wr. Zeitung Nr. 21 vom 12. März 1783.
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In den handschriftlichen Geschäftsinventaren der 1780er-Jahre, die sich im Firmenarchiv erhalten haben, sind diese Blätter als „Ritratti del nostro fondo“ ausgewiesen. Die Inventarbücher lassen in etwa nachvollziehen, in welchen Auflagen die im Auftrag der Firma entstandenen Porträtstiche gedruckt wurden. So waren im Jahr 1784 von einem Bildnis des Kardinals József Batthyány 145 Abdrucke vorrätig,233 von dem 1781 entstandenen Porträt der russischen Großfürstin von Johann Ernst Mansfeld befanden sich 1787 noch 54 Exemplare im Magazin auf dem Kohlmarkt.234 Ende 1792 erschien ein gedruckter Katalog, in dem die in Eigenverlag publizierten und zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Porträtstiche vollzählig aufgeführt sind.235 Die Bildnisse sind dort in vier Formate unterteilt: „grand re[g]al fol.“, „dits in folio“, „autres portraits graves en differentes manieres“ und „differents petits portraits gravés au burin in 8vo“. Analog zu den unterschiedlichen Formaten lässt sich eine hierarchische Abstufung nach Rang und Stand der dargestellten Personen feststellen. So handelt es sich bei den zwei einzigen Blättern in Großfolio – Schabkunstblätter von Johann Peter Pichler nach Giovanni Battista Lampi zu je 6 fl. das Stück – um ganzfigurige Porträts des Kaisers und seines Staatskanzlers Kaunitz im Ornat des Ordens vom Goldenen Vließ. Unter den Dargestellten in Folioformat zum Preis von 3 fl. je Blatt finden sich neben Angehörigen des Kaiserhauses wie Joseph II., Leopold II. und dessen Gemahlin Maria Ludovika auch deren Neffe Ferdinand IV. von Neapel-Sizilien sowie die regierenden Könige von Frankeich und Polen nebst einigen Feldherren wie Józef Poniatowski oder Gideon Ernst von Laudon. Erst in der nächstfolgenden Abteilung, den „autres portraits graves en differentes manieres“, welche Blätter in Punktiermanier und Schabkunst enthält, finden sich neben Angehörigen des Kaiserhauses und des Adels auch Vertreter des Bürgertums: Der Leibarzt Josephs II., Johann Alexander Brambilla, der Astronom Maximilian Hell, der Dichter Pietro Metastasio und der Maler Heinrich Friedrich Füger. Zuletzt folgt die bereits erwähnte Porträtsammlung in Oktavformat, die zu einem überwiegenden Teil aus Arbeiten von Johann Ernst und Johann (Joseph) Georg Mansfeld sowie Jakob Adam besteht. Unter den Notabilitäten im kleinsten 233 Geschäftsinventar Nr. 3 der Jahre 1780–1784, Wienbibliothek, Handschriftensammlung, Ic 163861. 234 Geschäftsinventar Nr. 4 der Jahre 1784–1787, Wienbibliothek, Handschriftensammlung, Ic 86012. 235 Catalogue des Estampes et Cartes geographiques du Fonds d’Artaria et Compagnie et qui se trouvent dans leur Magasin sur le Kohlmarkt Nro. 1181 a Vienne, verm. 1792, Wienbibliothek, Druckschriftensammlung, A 86808. Die Datierung des Katalogs lässt sich aufgrund eines darin enthaltenen Blattes von Sebastian Mansfeld ableiten, welches die Krönung Kaiser Franz’ II. zum König von Ungarn in Ofen am 6. Juni 1792 darstellt.
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Format scheint eine beträchtliche Anzahl von Zeitgenossen auf, die nicht dem Adel oder dem Klerus angehören. Darunter Naturwissenschaftler wie Nikolaus Joseph von Jacquin und Ignaz von Born, Künstler wie Anton Raphael Mengs und Jakob Matthias Schmutzer, die Sängerin Anna Morichelli oder die Komponisten Haydn und Mozart.
4.1.3 Der Kaiser als Großkunde von Kunsthändlern und Kommissionären In seinen „Wiener Dosenstücken“ schildert der Bibliothekar und Chronist Franz Gräffer die anekdotische Begebenheit eines Spaziergangs Kaiser Josephs II. durch Wien, auf dem dieser zu einer Auslage im Dreilauferhaus, dem Geschäftssitz von Artaria und Compagnie, hintrat, um darin die „alten und neuen Bücher und Kupferstiche“ zu betrachten.236 Dass der Kaiser tatsächlich zum Kundenstamm des Unternehmens zählte, belegt eine Abrechnung in den Geheimen Kammerzahlamtsbüchern aus dem Jahr 1781. Demnach wurden „dem Kupfer Bilder Handler Artaria et Comp. wegen für Sr Mayt. des Kaisers gelieferten verschiedenen Kupfer Stiche“ 63 Gulden ausbezahlt.237 Eine Aufstellung von Geschäftskunden aus dem Jahr 1784, welche sich im Firmenarchiv erhalten hat, vermittelt einen Eindruck davon, zu welchen Käuferschichten das Unternehmen sonst noch Geschäftsbeziehungen unterhielt.238 Auf der handschriftlichen Liste finden sich fast ausschließlich Namen des europäischen Hochadels und des gehobenen Bürgertums, darunter der Landgraf von Hessen-Rheinfels, die Grafen von Trauttmansdorff und von Pappenheim oder der Erzbischof Leopold Graf zu Firmian. Auch von den Fürsten Anton I. und Nikolaus I. Esterházy ist bekannt, dass diese ab 1785 regelmäßig Ankäufe bei Artaria tätigten.239 Erzherzog Franz zählte, wie bereits dargelegt, schon wenige Monate nach seiner Ankunft in Wien zum Kundenstamm des Unternehmens. Da es sich bei seinem ersten Ankauf ausschließlich um Grafiken handelte, die nicht im Eigenverlag erschienen waren, liegt die Vermutung nahe, dass er die Blätter aus dem ständigen Sortiment der Kunsthandlung ausgewählt hatte, das zur Durchsicht bereit stand. Mit dem Hafenzyklus „Ports de France“ nach Claude Joseph Vernet erwarb er an diesem Tag die vielleicht erfolgreichste 236 Gräffer (1918), S. 166. 237 ÖStA, HHStA, Geh. Kammer- und Hofzahlamtsbücher 1763–90, 1136; zit. nach Fleischer (1932), S. 199. 238 Publiziert bei Frank (2007), S. 644. 239 Gonda (1999), S. 192 f.
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topografische Grafikserie der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.240 Auch nach seiner Krönung zum römischen Kaiser wurden die von der Kunsthandlung eingereichten Rechnungen stets persönlich an ihn adressiert.241 Die jeweiligen Beträge wurden nach deren Begleichung gewissenhaft im fortlaufend geführten „Handbüchel über Meine Ausgaben“ mit dem Vermerk „für Kupferstiche dem Artaria“ notiert.242 In den darauffolgenden vier Jahrzehnten unterhielt der Kaiser mit dem Wiener Geschäft, das ab 1793 von Dominik Artaria weitergeführt wurde, regelmäßige geschäftliche Beziehungen, die bis zu seinem Tod fortbestanden. Mehrmals pro Jahr, bisweilen auch mehrmals monatlich, wurden über die Niederlassungen in Wien und Mannheim Kupferstiche, Landkarten, Bücher, sogar Gemälde bezogen. Die mitgelieferten Rechnungsbelege der Kunsthandlung ab dem Jahr 1814 befinden sich heute im Archiv der Fideikommissbibliothek der Österreichischen Nationalbibliothek. In den monatlichen Kammerrechnungen, die sich im Handarchiv Kaiser Franz’ I. erhalten haben, scheint für die 1780er-Jahre die Kunsthandlung Artaria & Compagnie noch als einziger Lieferant des Erzherzogs für Porträtgrafik auf. Lediglich im Oktober 1786 und im November 1788 finden sich auch Rechnungen des Konkurrenten auf dem Wiener Grafikmarkt, Hieronymus Löschenkohl, der 1781 das Privileg als Kunsthändler und Kupferstecher erhielt und dessen Geschäftslokal sich ebenfalls auf dem Wiener Kohlmarkt befand.243 Die Ankäufe, die für die 1790er-Jahre belegt sind, wurden hingegen bereits zu einem beträchtlichen Teil bei internationalen Kunsthandlungen getätigt. Franz begann zunächst, im Zuge von Auslandsaufenthalten das jeweilige Angebot des Kunstmarkts vor Ort zu nützen. Teilweise entwickelten sich daraus auch längerfristige Geschäftsbeziehungen. So nutzte er offensichtlich die Reise zur Krönung seines Vaters Leopold II. zum römisch-deutschen Kaiser 1790 in Frankfurt, um Kupferstiche für die eigene Sammlung zu erwerben. Nach der Krönung, die am am 9. Oktober im Kaiserdom stattfand, reiste die Kaiserfamilie am 17. Oktober über Aschaffenburg und Würzburg zurück nach Wien.244 Am zweiten Tag der Reise weilte man in Nürnberg. Mit gleichem Datum hat sich eine Rechnung des Nürnberger Kunsthändlers 240 So Christoph Frank (2007), S. 622. 241 Die Angabe des Lieferungsempfängers lautete ab 1792 gewöhnlich auf „Sa Majesté L’Empereur et Roy François 2“, nach 1804 auf „Sa Majesté L’Empereur & Roÿ“. 242 ÖNB, BAG, FKB 45569. Die überlieferten Hefte enthalten die Ausgaben für die Monate November 1791 bis Februar 1806. 243 Zur Konkurrenz zwischen Artaria und Löschenkohl siehe Monika Sommer in Katalog Wien (2009), S. 68–73. 244 Wolfsgruber (1899), Bd. 2, S. 164.
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II. Sammelstrategien
Abb. 21: Krönung zum römisch-deutschen Kaiser in Frankfurt am 14. Juli 1792
Adam Ludwig Wirsing erhalten, auf welcher dieser dem Erzherzog neben Tier- und Pflanzentafeln auch „19 Stück Französische Kupfer“ um 20 fl. in Rechnung stellt.245 Ein Jahr später nützt Franz einen Aufenthalt in Graz, um seine Sammlung mit Blättern aus dem dortigen Kunsthandel zu bereichern. Am 12. Juli 1791 reist er gemeinsam mit seiner Mutter dem Kaiser entgegen, der sich auf dem Rückweg der Einsetzung seines zweitältesten Sohnes Ferdinand als Großherzog der Toskana aus Florenz befand.246 Am 16. Juli fuhr die Familie gemeinsam von Marburg nach Graz. Auf diesen Aufenthalt bezieht sich eine Notiz vom Juli 1791 in den monatlichen Kammerrechnungen, die unter der Rubrik „Extra ordinaire“ vermerkt: „An Kupferstichen in Gratz und anderen kleinen Ausgaben … 250 fl.“247 Selbst die Reise zur eigenen Kaiserkrönung, welche am 14. Juli 1792 in Frankfurt stattfand, wurde zum Kauf von Büchern und Grafikblättern genutzt. Franz hielt sich bis zum 19. Juli in der Stadt auf. Nach den Krönungsfeierlichkeiten im Frankfurter Dom fand am 16. Juli um 10 Uhr im Kaisersaal des Römers das feierliche Treuegelübde der Frankfurter Bürgerschaft 245 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 4, 18. Oktober 1790. 246 Wolfsgruber (1899), Bd. 2, S. 197. 247 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 5, Aufsatz pro Julio 1791.
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Abb. 22: Rechnung von Artaria & Compagnie, 17. Juli 1792
statt.248 Vom selben Tag datiert eine Rechnung der Frankfurter Buchhändler Gebrüder Van Duren über sieben Werke Franz Ludwig von Cancrins sowie ein „nouveau theatre“.249 Einen Tag später bestätigt der Frankfurter Buchhändler Johann Georg Fleischer auf einer Quittung der soeben gekrönten „Römisch Kaiserl. Majestät“ den Empfang von 39 fl. 36 kr. für botanische Werke und „Portrait des hommes illustres“.250 Die Firma Artaria & Compagnie weilte in diesen Tagen ebenfalls in Frankfurt und fand in der kaiserlichen Familie einträgliche Kunden. Seit den 1770er-Jahren war die Wiener Niederlassung regelmäßig auf der Frankfurter Messe vertreten, um die neuesten Stichproduktionen einem breiten internationalen Publikum bekannt zu machen.251 Auch im Jahr 1792 hatten sie einen Laden im Haus Braunfels auf dem Liebfrauenberg angemietet, in dem sie „alle Gattungen englisch, französisch und italienischer Kupferstiche“ anboten.252 Während der Kaiser am 17. Juli Ansichten von Amsterdam, eine wertvolle Handschrift und einige gebundene Werke erstand, hat sich auch für seine Gemahlin Maria Theresia eine beachtliche Rechnung über 84 Kunstblätter erhalten, darunter überwiegend Porträts und Veduten.253 248 249 250 251 252 253
Hattenhauer (1995), S. 475 f. ÖStA, HHStA, GDPFF, 72, Rechnung vom 16. Juli 1792. ÖStA, HHStA, GDPFF, 72, Rechnung vom 17. Juli 1792. Rieger (1991), S. 203 f. Frankfurter Meß-Schema (1792), S. 17. ÖStA, HHStA, GDPFF, 72, Rechnung vom 17. Juli 1792. In den Jahren 1792 bis 1800 finden sich immer wieder Rechnungen über Porträtstiche von Artaria & Compagnie, die auf die Kaiserin ausgestellt sind. Im April 1802 notiert Franz in sein „Handbüchel über
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In den Jahren nach der Kaiserkrönung baute Franz seine Kontakte zu inund ausländischen Kunsthändlern weiter aus. Es folgte eine Phase, in der er nicht nur in verstärktem Ausmaß in Porträtgrafik investierte, es erweiterte sich auch der Kreis der Händler, zu denen er regelmäßige Geschäftskontakte unterhielt. Für die zweite Hälfte der 1790er-Jahre lassen sich bereits fünf Händler nachweisen, die den Kaiser kontinuierlich mit druckgrafischen Blättern belieferten und auf die in der Folge kurz eingegangen werden soll. Die Erwerbungen der Jahre 1793 bis 1805, die zu einem überwiegenden Teil in den Abrechnungen der Allerhöchsten Privat- und Familienfonde dokumentiert sind, zeugen von einem regen Ausbau der Porträtsammlung in diesem Zeitraum.254 Deutlichstes Indiz dafür sind die enormen Mengen an Einzelblättern, die Franz im Kunsthandel oder auf Auktionen erstand. Die dazugehörigen Sammelrechnungen listen teilweise komplette Sammlungen auf, etwa „1900 Stück verschiedener Portraite und Kupferstiche das Hundert à 7 f.“ (Wiener Bücher-Auctions-Institut, 1792), „Eine grosse Parthie von Portraiten bestehend in 2700 Stück“ (Franz Xaver Stöckl, 13. März 1793), oder „6500 Porträte in Kupfer gestochen in fol. 4er und 8er“ (Johann Georg Binz, 2. Juli 1805). Die Strategie dieser Jahre dürfte vor allem darin bestanden haben, die Porträtsammlung mit großen Mengen an Material zu bereichern. Die Ankäufe wurden weiterhin vorwiegend auf dem lokalen Kunstmarkt getätigt, der in den 1790er-Jahren bereits von einer Handvoll Händlern beherrscht wurde, die sich um Sammler bemühten. Der Zeitgenosse Johann Pezzl nennt als Wiener Kunsthändler neben Artaria & Compagnie auch Franz Xaver Stöckl, Joseph Frister und Lukas Hohenleithner, welche „zwar keine so gar reichhaltigen Magazine haben, wie Artaria, aber doch schöne Sachen feil biethen“.255 Zumindest was Franz Xaver Stöckl betrifft, dürfte diese Aussage nur bedingt zutreffen. Der Kunsthändler und beeidete Schätzmeister verfügte über ein Warenlager von beachtlichem Ausmaß, welches er laufend um Neuzugänge aus Nachlässen oder Tauschgeschäften vermehrte. Seine Porträtsammlung umfasste im Jahr 1823 bereits an die 10.000 Blätter.256 Ab der Mitte der 1780er-Jahre schaltete er regelmäßig Inserate in der Wiener Zeitung. Stöckls Spezialität waren seine halbjährig stattfindenden Versteigerungen von Kupferstichen und Handzeichnungen, die er ab 1794 im Wiener Meine Ausgaben“: „Dem Artaria für Kupferstiche […] die er meiner Frau geliefert hat“. ÖNB, BAG, FKB 45569. 254 ÖStA, HHStA, GDPFF, 72–89. Bei den in der Folge angeführten Rechnungen beziehe ich mich ausschließlich auf diesen Bestand. 255 Pezzl (1788), S. 775. 256 Böckh (1823), S. 119, Gräffer (1918), S. 293.
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Schottenhof durchführte. Besitzer inländischer wie ausländischer Sammlungen konnten dort ihre Doubletten oder ganze Sammlungen zur Veräußerung übergeben. Über die abgegebenen Blätter verfertigte Stöckl dann sorgfältige Kataloge, die nach Schulen geordnet waren.257 An der dritten Auktion Stöckls am 14. Dezember 1795 nahm der Kaiser über den Wiener Kommissionär Johann David Hoerling teil und erwarb dort unter anderem 51 Bildnisse des polnischen Porträtstechers Friedrich John, 46 Blätter jagdlicher Darstellungen nach Jan van der Straet und rund 2500 Heiligenbildnisse verschiedenster Meister.258 Darüber hinaus belieferte Stöckl den Kaiser fortlaufend mit beträchtlichen Mengen von Porträtstichen, so etwa 2700 Blättern im März 1793 oder 1500 Kupferstichen und Kunstbüchern im Oktober desselben Jahres.259 Seine größte Leistung bestand schließlich in der Ersteigerung der Porträtsammlung des Hannoveraner Sammlers Georg Friedrich Brandes auf der Leipziger Ostermesse des Jahres 1796. (Kap. 4.3) Auktionen boten dem Kaiser eine günstige Gelegenheit, diskret über Mittelsmänner an seltene Blätter aus aufgelösten Privatkabinetten zu gelangen. Während der Kunsthandel vorwiegend über neuere Stiche verfügte, konnte man dort in erster Linie wertvolle alte und rare Blätter erwerben. Seit den späten 1780er-Jahren stieg die Zahl an Kunstauktionen in deutschen Städten wie Frankfurt oder Hamburg rasant an und sorgte so für einen Aufschwung des örtlichen Kunstmarkts.260 Grafikauktionen fanden nicht selten im Anschluss an eine Messe statt, um einem weiteren Interessentenkreis die Teilnahme zu ermöglichen.261 Neben den öffentlichen Versteigerungen im Schottenhof bot Franz in den 1790er-Jahren auch mehrfach auf Kunstauktionen in Deutschland, etwa in Nürnberg oder Leipzig. Dabei fungierte meist der aus Halle stammende und in Wien ansässige Buchhändler Johann David Hoerling als Mittelsmann, der die Aufträge des Kaisers annahm und sie dann über ortsansässige Agenten gegen Provision abwickeln ließ. Der früheste überlieferte Beleg einer durch Hoerling durchgeführten Akquisition ist jener von der Kupferstichauktion des Nürnberger Kunsthändlers Frauenholz, die Ende September 1793 in Nürnberg abgehalten wurde und auf der Franz eine beträchtliche Anzahl von Kunstblät257 Stöckl (Auktionskatalog) 1795. 258 Nota „Auf Allerhöchsten Befehl ist in der Kupferstich-Auction im Schottenhof folgendes Erstanden Worden“. ÖStA, HHStA, GDPFF, 79, 21. Dezember 1795. Die Lot-Nummern sind auf der Rechnung angeführt. 259 ÖStA, HHStA, GDPFF, 73, Rechnung vom 13. März 1793 bzw. 74, Rechnung vom 16. Oktober 1793. 260 Zu den Gemäldeauktionen in Frankfurt vgl. North (2002), S. 75 f., zu Hamburg vgl. Holst (1939), S. 271 f. 261 Rieger (1991), S. 204.
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tern und Porträts im Gesamtwert von mehr als 3200 fl. erwerben konnte. Johann Friedrich Frauenholz, Kunsthändler und -verleger, der sich auf den Kauf aufgelöster Sammlungen spezialisiert hatte, veranstaltete ab dem Jahr 1790 alljährlich festgesetzte Auktionen, die er öffentlich durch einen Notar durchführen ließ. Einige Monate zuvor gab er jeweils Verzeichnisse heraus, in denen die zu auktionierenden Blätter mit Nennung des Künstlers, des Bildinhalts, der Maße sowie der Beschaffenheit des Abdrucks angeführt waren.262 Die erhaltenen Rechnungen mit den erstandenen Lot-Nummern belegen, dass der Kaiser die Auktionskataloge zunächst systematisch durchgesehen und die entsprechenden Aufträge mit einem „x“ gekennzeichnet hatte, bevor er sie Hoerling übergab.263 Bei näherer Betrachtung der einzelnen Lose wird deutlich, dass er durchaus beabsichtigte, größere Beträge in die Anschaffung seltener und kostbarer Kunstblätter verschiedener Schulen für seine Kupferstichsammlung zu investieren.264 Andererseits wurden bei den Auktionen aber auch geschlossene Bildnissammlungen, die in den Katalogen etwa unter der Kategorie „Norica“ als Konvolut angeboten wurden, vergleichsweise günstig zur Komplettierung der eigenen Porträtsammlung ersteigert. So erstand Franz bei der vierten Auktion im September 1793 eine Porträtsammlung berühmter Ärzte, Botaniker und Wundärzte, bestehend aus knapp 2000 Blättern, sowie weitere 2000 Porträts von Nürnberger Bürgern, Geistlichen und Gelehrten. Bei der sechsten Auktion im Oktober 1795, an der er abermals über den Mittelsmann Hoerling teilnahm, erstand er neben verschiedenen Kupferstichen aus allen Schulen über 4000 Porträtstiche, die Hälfte davon „Nürnberger Portraits“, rund 1000 Blätter „große Herren geistlichen und weltlichen Standes“, und 82 Bildnisse „verschiedener Herzoge“.265 Hoerling nahm auch für andere Auktionen Aufträge des Kaisers an, etwa für jene des Leipziger Kunsthändlers Carl Christian Heinrich Rost im Jänner desselben Jahres.266 Dabei kümmerte er sich stets persönlich um die Provision der Kommissionäre vor Ort, organisierte Verpackung, Transport262 Frauenholz (Auktionskatalog) 1793. 263 Die Rechnung Hoerlings vom 31. Dezember 1793 lautet „Ueber Die aus dem Frauenholzischen Auctions-Catalog mit x ausgezeichneten und erstandenen Kupfer, und Kupferwerke“. ÖStA, HHStA, GDPFF, 74, 31. Dezember 1793. 264 So wurden 1793 unter anderen drei großformatigen Radierungen von Jacques Callot, die Belagerungen von Breda, La Rochelle und der Insel Saint-Martin-de-Ré, für 89 fl. ersteigert, oder eine Darstellung der reuigen Magdalena nach Charles Le Brun für 77 fl. 265 ÖStA, HHStA, GDPFF, 80, 30. Jänner 1796. 266 XV. Auktion am 20. Jänner 1795. Rost führte seit 1780 alljährliche Versteigerungen durch. Vgl.: „Anzeige einer ansehnlichen Kupferstich Sammlung alter, neuer und seltener Blätter berühmter Meister aus allen Schulen, nebst einigen Handzeichnungen und Kupferstichwerken.“ Leipzig, 1795.
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kisten und Träger, beglich Akzisen, Konsum- und Stadtmauten sowie die Frachtkosten für den Postwagen nach Wien. Auch in den darauffolgenden Jahren setzten sich die Erwerbungen in ähnlichem Ausmaß fort. Es scheint, als ob Franz über das Angebot an Porträtgrafik auf dem heimischen Kunstmarkt laufend informiert war. So lassen sich speziell in Wien, wo der Kupferstichhandel eng mit dem Buchhandel verbunden war, bis in die 1810er-Jahre Porträtlieferungen von Buchhändlern und Antiquaren nachweisen, die den Kaiser für gewöhnlich mit Druckwerken für dessen Privatbibliothek belieferten. In wenigen Fällen betrafen diese Lieferungen einzelne, neu erschienene Blätter, in der Mehrheit handelte es sich um Konvolute von einigen hundert bis mehreren tausend Blättern. Für die 1790erJahre lassen sich neben Johann David Hoerling vor allem der Buchhändler Johann Georg Binz sowie das Wiener „Bücher-Auctions-Institut“ als Hauptanbieter benennen. Während Letzteres mit Sitz im Bürgerspital von Zeit zu Zeit öffentliche Versteigerungen von Kunstblättern durchführte,267 auf welchen Franz im Jahr 1792 an die 2000 Porträts „berühmte Generale“, „berühmte Ungarn“ und „Generali della Compagna di Jesu“ ersteigern ließ,268 bestand das Hauptgeschäft von Johann Georg Binz im antiquarischen Buchhandel. Binz belieferte Franz seit den späten 1780er-Jahren regelmäßig mit antiquarischen Büchern und verfügte über mehrere Magazine in Wien.269 Von ihm haben sich einige Rechnungen über Grafiken erhalten, so etwa zwei Quittungen aus dem Jahr 1795, einmal über einen Stich nach dem Maler Salvator Rosa und einmal über Porträts von 48 Zisterziensermönchen und Ordensstiftern.270 Im Juli 1805 stellte Binz dem Kaiser gar eine komplette Sammlung von „6500 Portraite in Kupfer gestochen“, in Quart- und Oktavformat, in Rechnung.271 Nach der Jahrhundertwende scheint auch der Wiener Buchhändler und Verleger Johann Cappi wiederholt als Lieferant von Porträtgrafik auf. Cappi war zunächst Angestellter und später Teilhaber bei Artaria & Compagnie, bevor er im September 1801 eine eigene Befugnis als Kunst- und Musikalienhändler erhielt.272 Knapp drei Wochen später erwarb Franz bei Cappi eine Lieferung von Gesandtenporträts auf dem Kongress zu Rastatt.273 In den folgenden Jahren setzte sich diese Verbindung fort und Cappi besorgte für den Kaiser neben kartografischen Blättern und Veduten auch zahlreiche Porträtstiche gekrönter Häupter und Aristokraten. 267 268 269 270 271 272 273
Böckh (1823), S. 397. ÖStA, HHStA, GDPFF, 73. Vgl. Gräffer (1918), S. 154, Hupfer (2003), S. 37, Frank/Frimmel (2008), S. 153. ÖStA, HHStA, GDPFF, 79, 10. November 1795 bzw. 15. Dezember 1795. ÖStA, HHStA, GDPFF, 89 (leider ohne jegliche Angaben zur Provenienz der Sammlung) Frank/Frimmel (2008), S. 30. ÖStA, HHStA, GDPFF, 84, 16. November 1801.
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Darüber hinaus seien noch jene Händler angeführt, welche die kaiserliche Sammlung sporadisch oder stückweise mit Neuzugängen belieferten. Neben der Kunst- und Musikalienhandlung des ehemals bei Artaria & Compagnie beteiligten Händlers und Verlegers Tranquillo Mollo274 und dem von Joseph Schreyvogel und Joseph Sonnleithner begründeten „Wiener Kunst- und Industrie-Comptoir“275 lassen sich für die 1790er- und 1800er-Jahre Ankäufe druckgrafischer Porträts bei den Wiener Buchhändlern Rudolph Sammer, Rudolph Gräffer, Franz Rath, Ignaz Sauer, Carl Schaumburg und Joseph Rupert Gartner belegen.276 Auf dem ausländischen Markt zählten neben Johann Friedrich Frauenholz und dem ebenfalls in Nürnberg niedergelassenen Kunsthändler Adam Ludwig Wirsing auch der Basler Kupferstecher und Verleger Christian von Mechel zu den Lieferanten des Kaisers. Mechels Kunsthandlung wurde schon von Kaiser Joseph II. während einer Durchreise durch Basel im Jahr 1777 beehrt.277 Kurz darauf lud dieser Mechel nach Wien, wo er mit der Neuaufstellung und Katalogisierung der kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere betraut wurde.278 Auch Erzherzog Franz pflegte bereits 1789 Kontakte zu Mechel und bezog über diesen etwa Johann Hübners „Genealogische Tabellen“, die ihm dann als Vorlage für seine chronologisch-genealogischen Regentenlisten dienten (vgl. Kap. 8.2).279 In dem von Franz geführten „Handbüchel über Meine Ausgaben“ findet sich im März 1795 ein Eintrag über 430 fl. mit dem Vermerk „Dem Mecheln für Kupferstiche“.280 Der dazugehörige Beleg des Basler Kunsthändlers vom 10. März weist mehr als 80 Positionen auf, darunter Porträts, Prospekte und Historienblätter. In der Mehrheit handelt es sich dabei um eigene Reproduktionsstiche Mechels oder in dessen Verlag erschienene Blätter. In Nürnberg, einem der Zentren der Produktion und des Handels von Porträtstichen, war der Kupferstecher und Kunsthändler Adam Ludwig Wirsing über mehrere Jahre bis zu seinem Tod 1797 regelmäßiger Lieferant von Bildnissen. Wirsing hatte sich um 1780 unter anderem darauf spezialisiert, die begehrten Tier- und Pflanzenbilder der Nürnberger Künstlerfamilie Dietzsch in Kupfer zu stechen und als gebundene Werke oder Einzelblätter herauszu274 Frank/Frimmel (2008), S. 135. 275 Ebenda, S. 108. 276 Zu den erwähnten Buchhändlern, bis auf Joseph Rupert Gartner, vgl. Frank/Frimmel (2008), zu Joseph Rupert Gartner vgl. Gartner (Auktionskatalog) 1804. 277 Meusel (1809), Bd. 2, S. 320. 278 Christian von Mechel, Verzeichniß der Gemälde der Kaiserlich Königlichen Bilder Gallerie in Wien […], Wien 1783, bzw. Catalogue des tableaux de la Galerie imperiale et royale de Vienne […], Basel, 1784. 279 Hübner (1733–44). 280 ÖNB, BAG, FKB 45569.
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geben, welche Erzherzog Franz im Oktober 1790 bei ihm erstand.281 Ein Jahr später lieferte Wirsing bereits 350 Porträtstiche nach Wien, die der Erzherzog zuvor aus dem Katalog des Kunsthändlers ausgewählt hatte.282 Wirsing selbst legte noch eine kleine Sammlung von seltenen Porträts Nürnberger Patrizierfamilien bei.283 Den Transport der Kisten mit den Kupferstichen zum Kammerdiener Ludwig Dufour in Wien besorgte Wirsing durch den „ordentlichen k.k. Postwagen“.284 Später kam auch Spielzeug für die Kinder und jüngeren Geschwister des Kaisers hinzu, die Wirsing im Galanteriewarengeschäft des Nürnberger Kaufmannes Georg Hieronymus BeAbb. 23: Kaiserin Maria Theresia mit den stelmeyer für den Kaiser besorgte. Kindern Marie Louise und Ferdinand, Bestelmeyer, der in seinem Geschäftsum 1796 haus in Nürnberg ein mannigfaltiges Sortiment, vorwiegend an Spielwaren, führte, war über die Grenzen Nürnbergs hinaus durch seine illustrierten Versandkataloge bekannt, aus denen auch der Kaiser nach Wien Waren bestellte. So lieferte Wirsing etwa im August 1796 Spielwaren aus dem Bestelmeier’schen Katalog im Wert von mehr als 300 fl., darunter Marionettenfiguren, mechanisches Spielzeug, verschiedene Musikinstrumente sowie Mal- und Bilderbücher.285 281 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 4, 18. Oktober 1790. Vermutlich handelte es sich dabei um die „Sammlung von verschiedenen nach der Natur illuminierten Blumen“, Nürnberg, 1785 (FKB 5000 bzw. FKB 2655). 282 „Kaiserl. Mayestät haben folgende Artikel aus dem Catalog zu choisiere allermildest geruht, welche in aller Unterthämigkeit hiemit übersende […]“. ÖStA, HHStA, GDPFF, 74, 21. August 1791. Von den Verlagskatalogen Wirsings konnte ich bislang nur ein älteres Exemplar in der UB Augsburg nachweisen: „Catalogus der Verlags-Kupferstiche und Werke, welche von Adam Ludwig Wirsing, Kupferstecher und Kunsthändler in Nürnberg heraus gegeben werden und daselbst zu finden sind“, Nürnberg, 1774. 283 „Diese uralte Sammlung von Nürnberg. Patriciis wagte ich in aller Unterthänigkeit beizulegen, weil nur rare Piece ist, […] Kaiserl. Majestät werden kein Missfallen daran haben […]“. 284 Passierschein vom 20. September 1795, ÖStA, HHStA, GDPFF, 79. 285 ÖStA, HHStA, GDPFF, 78, 9. August 1795. Vgl. „Systematisches Verzeichnis eines Magazins von verschiedenen Kunst- und andern nüzlichen Sachen […], Nürnberg, 1803.
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Das erste Jahrzehnt nach der Wahl zum römisch-deutschen Kaiser stellte somit die intensivste Phase des Ausbaus der Sammlung dar. In den von Franz geführten Ausgabenbüchlein lassen sich zwischen 1793 und 1805 regelmäßige Hinweise auf Porträtankäufe zu Beträgen zwischen 300 fl. und 1500 fl. finden.286 Alleine durch jene Erwerbungen, für die sich Nachweise in Form von Quittungen erhalten haben, lassen sich für diesen Zeitraum Ankäufe von insgesamt mehr als 15.000 Einzelblättern belegen, wobei hier die rund 14.000 Blätter umfassende Porträtsammlung Brandes’ nicht berücksichtigt ist. Als Empfänger der Ware ist auf den Quittungen meist der Kaiser persönlich angeführt, die Bezahlung erfolgte dann etwa über seinen Kabinettsekretär oder im Ausland über einen Reichshofratsagenten. Es gelang Franz als Großabnehmer in- und ausländischer Kunsthändler und -kommissäre, die öffentlichen Kupferstichauktionen dieser Jahre gezielt zur Vermehrung der eigenen Sammlungsbestände zu nutzen. Die Porträtsammlung wurde in diesem Zeitraum mit einer ansehnlichen Menge an Material bereichert.
4.1.4 Der eigenhändige „Catalogue de Portraits“ Das älteste überlieferte Verzeichnis in Zusammenhang mit der Porträtsammlung ist der handschriftliche „Catalogue de Portraits“, der sich heute in Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek befindet.287 Der einbändige Katalog ist nicht nur der früheste Beleg für die Auseinandersetzung des Erzherzogs mit der eigenen Sammlung, er ist auch Zeugnis seines Bestrebens, diese beständig zu vermehren. Ein Vergleich mit späteren handschriftlichen Aufzeichnungen des Kaisers lässt deutlich erkennen, dass das Verzeichnis, wie bereits Rudolf Payer von Thurn feststellte, aus der Jugendzeit des späteren Kaisers stammt.288 Es lasse sich darin gar, so Payer von Thurn, die Entwicklung seiner Handschrift vom „knabenhaft unfreien Anschluss an die Vorlagen des Schreiblehrers“ bis zur Ausbildung der individuellen Handschrift verfolgen.289 Der überwiegend in französischer Sprache abgefasste Katalog, bestehend aus 255 Bögen in drei Faszikeln, die später, teilweise beschnitten, zusammengebunden und auf dem Rücken mit der Bezeichnung „Catalogue de Portraits“ 286 ÖNB, BAG, FKB 45569. Die entsprechenden Einträge lauten etwa „dem Johann Cappi für Kupferstiche“, „für Kupferstiche dem Artaria“ usw. 287 ÖNB, BAG, FKB 28032/8, „Catalogue de Portraits“. 288 Payer von Thurn (1927). 289 Ebenda, S. 69.
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Abb. 24: Der „Catalogue de Portraits“
versehen wurden, verzeichnet 8614 Porträts in alphabetischer Reihenfolge nach den Anfangsbuchstaben der Namen der Dargestellten. Innerhalb dieser wird die alphabetische Ordnung nicht weiter befolgt. Das Verzeichnis ist äußerst gewissenhaft geführt. In vier Spalten wird jedes Einzelblatt mit dem Namen des Porträtierten und fallweise einer Standesbezeichnung, dem Namen des Malers oder Inventors sowie dem Namen des Stechers erfasst. Die letzte Spalte verzeichnet die Nummer einer Ordnungsklasse oder eines Standortes. Die Eintragungen weisen mehrfach sichtbare Ergänzungen auf, die von der gleichen Hand fortgeschrieben wurden. Vereinzelt finden sich auch biografische Anmerkungen des Erzherzogs, die auf Ehe- und Verwandtschaftsverhältnisse hinweisen. Dabei stößt man immer wieder auf offensichtliche Fehler, die bis in die eigene Familie reichen.290 Vergleicht man die darin angeführten Porträts jedoch mit späteren Inventaren und Katalogen zur Sammlung, gelangt man zu der überraschenden 290 So wird etwa die dritte Gemahlin Kaiser Leopolds I., Eleonore Magdalene Therese von Pfalz-Neuburg, in dem Katalog irrtümlich mit „sa 1re Femme“ bezeichnet.
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Erkenntnis, dass sich diese zum Zeitpunkt der Entstehung des Kataloges gar nicht in der Sammlung befunden haben können. Dies lässt wiederum den Schluss zu, dass das Verzeichnis in erster Linie zum Zwecke der Vervollständigung der Sammlung und zum Abgleich mit bereits vorhandenen Blättern erstellt wurde. So bemerkt auch Rudolf Payer von Thurn, dass mit dem Verzeichnis „der Entwurf, gewissermaßen das Endziel der Sammlung, die Übersicht des erst zu Sammelnden vorliegt, in der die tatsächlich erworbenen Blätter mit einem Bleistifthäkchen gekennzeichnet werden.“291 Dem ist zunächst einmal entgegenzuhalten, dass der Katalog keinerlei Häkchen aufweist. Einige Namen von Kupferstechern sind hingegen mit roter Tinte unterlegt. Am Ende des ersten Faszikels folgt schließlich eine Addition der rot unterstrichenen Einträge der Buchstaben F bis P, die eine Summe von 681 ergibt. Am Ende des zweiten Faszikels findet sich wiederum der Vermerk „232 roth unterstrichen“. Es lassen sich jedoch vielen der so gekennzeichneten Positionen weder konkrete Objekte in der Sammlung zuordnen, noch sind diese in später angelegten Katalogen und Inventaren nachweisbar. Bei näherer Betrachtung der Schreibweisen einzelner Namen, Standesbezeichnungen oder Kommentare lässt sich weiters erkennen, dass diese meist direkt von Porträtstichen übernommen wurden. So ist etwa das Porträt des Architekten und Bildhauers Agostino di Giovanni aus Vasaris Viten292 zwar nicht ganz korrekt, jedoch gemäß der Bildunterschrift mit „Agostino Sanese Scultore ed [sic!] architetto“ erfasst. Der Porträtstich des 1761 an seinen bei Hamm erlittenen Verwundungen verstorbenen Albrecht Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel von Johann Martin Beringeroth ist, verkürzt aus der Umschrift des Kupferstiches übernommen, mit „Albert Henry Pr. de Brunsvig mort de ses Blessures en 1761“ angeführt.293 Das 1776 bei John Bell in London erschienene Rollenbildnis der englischen Schauspielerin Frances Abington als Beatrice in Shakespeares „Much Ado About Nothing“294 wird im Katalog als „Abington / Mrs / in the Character of Beatrice, in much ado about nothing“ aufgelistet. Ähnliche Beispiele ließen sich noch viele anführen und bestätigen die Annahme, dass Franz die entsprechenden Blätter bei deren Verzeichnung vor Augen gehabt haben muss. Hierfür sprechen auch zahlreiche Anmerkungen zur äußerlichen Beschaffenheit einzelner Blätter. Ein großformatiges Mezzotinto von Gabriel Bodenehr dem Jüngeren etwa, das Karl VII. als rö291 Ebenda, S. 69. 292 Vasari, Giorgio, „Le vite dei più eccellenti architetti, pittori et scultori italiani“, Ausgabe von 1568, Erster Teil. 293 ÖNB, BAG, PORT_00052478_01. 294 British Museum, Inv. Nr. K,57.11; Burnim, Highfill (1998), Nr. 1.
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misch-deutschen Kaiser darstellt295, ist in dem Katalog mit dem Kommentar „tres grande Estampe“ versehen. Zu Joseph II. finden sich vier Einträge zu Bildnissen in verschiedenen Lebensaltern und Uniformen: „jeune comme Archiduc“296, „idem en Profil“297, „Empereur en Profil“298 sowie „idem Roi des Romains“299. Darunter „Josephine sa femme II“ (Maria Josepha von Bayern)300 und „Marie Elizabeth de Bourbon sa I.re femme“ (Isabella von Bourbon-Parma)301. Als weit komplexer erweist sich freilich die Notation, mittels derer Franz jede Position mit einer fixen Zahl zwischen 1 und 103 versah. Bedeutet dies doch, dass er sich zum Zeitpunkt der Erstellung des Katalogs auf eine bestehende Ordnung oder Ablage der verzeichneten Bildnisse berief, obgleich diese nicht als Einzelblätter in seiner Sammlung greifbar waren. Zudem folgen die Einträge in ihrer Reihenfolge zunächst den Nummern der einzelnen Klassen, innerhalb derer die Namen dann alphabetisch gereiht sind. Es lässt sich allerdings anhand dieser Klassifikation kein eindeutig durchgängiges Ordnungsschema der verzeichneten Porträts nachvollziehen. Die Inhalte der einzelnen Klassen weisen vereinzelt thematische Bezüge auf, die sich weniger aus Familien- und Standeskontext dort abgelegter Personen ergeben, als aus dem offensichtlichen Bestreben, zusammenhängende Blätter, die einer bestimmten Folge eines Stechers oder Verlegers zuzuordnen sind, zusammenzuführen. Zahlreiche adelige Familien sind über mehrere Klassen verteilt. Der vermeintliche Stammvater der Grafen von Zollern etwa, Tassilo, ist wie sein Sohn Danko in Klasse 2 zu finden, während deren Nachkomme, Eitel Friedrich I., in Klasse 3 aufscheint. Porträts des Friedrich Wilhelm von Brandenburg verteilen sich auf die Klassen 7 bis 9, während Prinz Eugen von Savoyen sowohl in Klasse 3 als auch in Klasse 15 zu finden ist. Habsburger Kaiser finden sich z.B. als „Roi des Romains“ in Klasse 1, als „Roi de Boheme“ in Klasse 1a, und als „Roi d’Hongrie“ in Klasse 3. Hingegen sind einzelne Bildnisfolgen wie die Textkupfer der Kurfürsten von Brandenburg von Georg Friedrich Schmidt aus Friedrichs des Großen 295 ÖNB, BAG, PORT_00050763_01. 296 Kupferstich von Jean Charles Francois nach dem in Wachs bossierten Bildnis von Florian Zeiss, ÖNB, BAG, PORT_00047826_01. 297 Kupferstich von Johann Esaias Nilson, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Inv. Nr. A4607. 298 Kupferstich von Daniel Berger nach Entwurf von Frédéric Reclam , ÖNB, BAG, PORT_00047837_01. 299 Kupferstich von Anton Tischler nach Entwurf von Pierre Joseph Lion, ÖNB, BAG, PORT_00077349_01. 300 Kupferstich von Johann Esaias Nilson, ÖNB, BAG, PORT_00051555_02. 301 Kupferstich von Johann Esaias Nilson, ÖNB, BAG, PORT_00054775_01.
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Geschichte des Hauses Brandenburg302 oder die legendären Könige von Dänemark von Albert Haelwegh aus dessen „Regum Daniae icones […]“303 teilweise vollständig in einer Klasse vereint. Die Klasse Nr. 1 beginnt mit Bildnissen römischer bzw. römisch-deutscher Kaiser von Augustus bis zum Habsburger Rudolph II., bei denen in der Spalte der Maler jeweils der Name „Ciccarelli“ eingetragen ist. Es handelt sich dabei offensichtlich um die Vitenreihe des italienischen Theologen und Biografen Antonio Ciccarelli, „Le vite degli imperatori Romani […]“304 mit 173 Radierungen römischer Kaiser in Holzschnitt-Rahmung von Giovanni Battista Cavalieri, welche sich in der ehemaligen kaiserlichen Hofbibliothek befindet. Eine weitere nachvollziehbare Reihe, die ebenso in Klasse Nr. 1 vereint war, ist der 1573–77 beim römischen Kunsthändler und Verleger Antonio Lafreri erschienene „Speculum Romanae Magnificentiae […]“305, eine aus mehreren Alben mit variierender Anzahl von Einzelblättern bestehende Folge mit römischen Motiven, aus welcher im Katalog drei Blätter verzeichnet sind: Eine Pyrrhus-Statue von Jacobus Bos nach der Bildsäule im Kapitolinischen Museum in Rom306, eine Darstellung der Kapitolinischen Wölfin nach einer antiken Bronze307 sowie der Triumphzug des Marc Aurel nach der Relieftafel vom einstigen Marc-Aurel-Bogen308, beide ebenfalls im Kapitolinischen Museum. Franz vermerkte bei den Blättern lediglich den Verleger: „Ant. Lafrery“. Sie bilden gemeinsam mit dem „Urteil des Paris“ von Pietro Santo Bartoli309 die einzigen im Katalog aufscheinenden Blätter, bei denen es sich nicht um reine Porträts handelt. Es folgen in Klasse Nr. 1 unter anderem eine Serie römischer Kaiser zu Pferd von Crispyn de Passe nach Jan van der Straet310, einige griechische Philosophen der Antike, Bildnisse von Sultanen, Hunnenführern und exotischen Kaisern, schließlich Könige von England, Ungarn, Dänemark, Polen 302 Mémoires pour servir à l‘histoire de la maison de Brandebourg, Au donjon du château, Berlin, 1751. 303 Regum Daniae icones accurate expressae, Kopenhagen, 1646. 304 Le vite degli Imperatori Romani, di Antonio Ciccarelli da foligni dottore in Teologia con le figure intagliate in rame da Giovan Battista de Cavalieri, Rom, 1590, ÖNB, 53.F.14. 305 Speculum Romanae magnificentiae. Omnia sere quaecunqu(e) in Urbe monumenta extant partim meta antiquam partim uixta hodiernam formam accuratiss. delineata repraesentans (etc.), Rom, 1573–77. 306 Nach Antonio de Salamanca (1562), Huelsen (1921), Nr. 67a. 307 Nicolas Beatrizet zugeschrieben (1552), Huelsen (1921), Nr. 47a. 308 Nicolas Beatrizet (1583), Huelsen (1921), Nr. 49e. 309 Nach der Darstellung des Grabes der Nasonier aus „Picturae Antiquae Cryptarum Romanarum et Sepulcri Nasonum [...]“, Rom, 1738. 310 Titus, Tiberius, Caligula; New Hollstein (1993), Nr. 319ad.11, 311ad.3, 312ad.4.
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und Preußen. Die zweite Klasse ist ebenfalls vorwiegend Kaisern und Königen vorbehalten und enthält Bildnisse der Habsburger von Maximilian I. bis Joseph II. sowie Könige von England, Frankreich, Ungarn, Böhmen und Polen samt einigen Gemahlinnen. Zusätzlich enthält die Klasse auch Päpste, Kardinäle und Bischöfe. Ähnlich inhomogen verteilen sich Adelsränge, Stände und Nationen ganz allgemein auf die einzelnen Ordnungsklassen und lassen allenfalls grobe Umrisse einer übergreifenden Systematik durchscheinen. Ein bemerkenswertes Charakteristikum des Katalogs stellt indes das Bemühen dar, die Provenienz einzelner Porträtstiche in Form verkürzter Quellenangaben zu vermerken, seien es Herkunftsnachweise zu Standardwerken der Vitenliteratur oder zu privaten Sammlungen, die etwa in Form räsonierender Verzeichnisse der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden. Neben den bereits erwähnten Qualitätsurteilen sind diese Kommentare ein weiteres Indiz dafür, dass Franz die Blätter kannte und in den meisten Fällen auch Kenntnis hatte, aus welchem Werk diese stammen. So findet sich etwa beim Eintrag eines Porträtstichs des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar der Vermerk „The. Europ.“, ein Hinweis auf die Herkunft des Blattes aus dem von Matthäus Merian dem Älteren begründeten Geschichtswerk „Theatrum Europaeum“.311 Zwei Medaillenbildnisse des schwedischen Naturforschers Carl von Linné aus Johann Karl Wilhelm Moehsens „Beschreibung einer Berlinischen Medaillen-Sammlung […]“312 sind mit dem Kommentar „en Medailles de Moehsen“ versehen. Die Porträtstiche des Leipziger Buchhändlers Thomas Fritsch und des Nürnberger Buchdruckers Johann Ernst Adelbulners313 aus Friedrich Roth-Scholtzs Werk „Icones bibliopolarum et typographorum […]“314 tragen im Katalog den Vermerk „Rothschlotz“ [sic!]. Sucht man die betreffenden Druckwerke in der Privatbibliothek des Kaisers, so stellt man fest, dass diese nicht nur dort enthalten, sondern auch mit Bibliothekszahlen versehen sind, die auf besonders frühe Erwerbungen hinweisen.315 Dies legt wiederum die Vermutung nahe, dass sich viele der Werke, die Bildnisse aus dem Katalog enthalten, zum Zeitpunkt seiner 311 „Theatrum Europaeum oder außführliche und wahrhafftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten, so sich hin und wieder in der Welt, fürnemblich aber in Europa und Teutschlanden, so wol im Religion- als Prophan-Wesen, vom Jahr Christi 1617 biß auff das Jahr 1718 ... zugetragen […]“, Zweiter Teil, Frankfurt am Main, 1646, S. 912, bzw. Vierter Teil, 1643, S. 14. 312 Moehsen (1773), Bd. 1, S. 217 bzw. S. 225. 313 ÖNB, BAG, PORT_00020320_02 bzw. PORT_00083810_01. 314 Roth-Scholtz (1729), Zweiter Teil, Tf.13 (Fritsch) bzw. Tf.1 (Adelbulner). 315 Vgl. Anm. 64. Alle in der Folge angeführten Werke der Privatbibliothek weisen Signaturen unter 6000 auf.
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Erstellung bereits in der Privatbibliothek des Erzherzogs befunden haben. Weitere Stichproben ergeben ein ähnliches Resultat sowohl in Hinblick auf das Vorhandensein des jeweiligen Druckwerkes in der Privatbibliothek als auch auf dessen Bibliothekszahl. So entstammen die im Katalog angeführten Bildnisse ungarischer Könige, wie sich deren Zählung entnehmen lässt, fast ausnahmslos einem anlässlich der Krönung Josephs I. zum König von Ungarn 1687 erschienenen Festband mit Porträts ungarischer Könige von Attila bis Joseph I.316, welcher sich sowohl in der Privatbibliothek, als auch in der ehemaligen kaiserlichen Hofbibliothek (Bestand der Privatbibliothek des Prinzen Eugen) befindet.317 Hingegen sind die Bildnisse dänischer Könige sämtlich Albert Haelweghs Werk „Regum Daniae icones […]“ (1646)318 entnommen. Neben solchen druckgrafischen Porträtgalerien sind es oft allgemeine Geschichtswerke, denen sich im Katalog enthaltene Bildnisse zuordnen lassen. Zahlreiche Porträtstiche englischer Könige und anderer Fürstlichkeiten nach dem Maler Adriaen van der Werff stammen etwa aus Isaac de Larreys vierbändiger „Histoire d’Angleterre […]“ (1697–1713)319, welche sich ebenfalls in der ehemaligen Privatbibliothek befindet. Zwar ist dieses Werk teilweise beschnitten und sämtliche Porträts wurden aus dem ersten Band herausgelöst, die Praxis, Porträtstiche aus Bänden herauszutrennen und als lose Blätter der Sammlung einzuverleiben, lässt sich jedoch in keinem Fall nachweisen. Weitere Geschichtswerke aus der Privatbibliothek, deren Illustrationen sich in dem Verzeichnis wiederfinden, sind „The heads of illustrious persons of Great Britain“ (1743–51)320 mit Kupferstichen von Jacobus Houbraken und George Vertue oder Jean Francois Dreux Du Radiers „L‘Europe illustre […]“ (1777)321 mit Kupferstichen von Johann Georg 316 Schad, Johannes Adamus Xaverius: Effigies Ducum et Regum Hungariae. In applausu oblatae, 1687. 317 Bei dem Werk aus der Privatbibliothek (ÖNB, BAG, FKB 4797) handelt es sich um ein Manuskript, in welchem die Vita Josephs I. bis zum Jahr 1701 fortgeführt wurde. Die Abdrücke der Porträts sind von weit besserer Qualität als in dem Exemplar der ehem. k.k. Hofbibliothek (ÖNB, 64.C.3), welches zudem gedruckte Rahmen mit der Bezeichnung „J. Sigmund Schott fe.“ enthält. Die beiden letzten Porträts (Leopold I., S. 146 und Joseph I., S. 157) tragen überdies auf dem Porträt selbst die Bezeichnung „E[lias] Nessenthaler fe. Viennae“. 318 Siehe Fußnote 308, ÖNB, BAG, FKB 4618. 319 Larrey, Isaac de: Histoire D‘Angleterre, D‘Ecosse, Et D‘Irlande, Rotterdam, 1697–1713. Die Ausgabe in der Privatbibliothek von 1723, ÖNB, BAG, FKB 4650. 320 The heads of illustrious persons of Great Britain engraven by Houbraken and Vertue, with their lives and characters by Thomas Birch, London, 1743–51. ÖNB, BAG, FKB 5084. 321 Dreux Du Radier, Jean Francois : L’Europe illustre, contenant l’histoire abregee Des Sou-
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Wille, Georg Friedrich Schmidt und Pierre-François Basan. Auch zahlreiche Bildnisse geistlicher Würdenträger lassen sich konkreten Serien zuordnen, die in gebundener Form Eingang in die Privatbibliothek gefunden haben. So etwa die Kardinalsbildnisse des flämischen Kupferstechers Albertus Clouwet aus den „Vitae et res gestae romanorum Pontificum […]“ (1677)322 und aus Giovanni Giacomo de Rossis „Effigies [...] Cardinalium nunc viventium […]“ (1658–76)323 oder die Papstbildnisse aus Onofrio Panvinios „XXVII Pontificum Maximorum Elogia […]“ (1568).324 Schließlich lassen sich auch noch einzelne Bildnisfolgen anführen, die nicht in Buchform erschienen, wie etwa die rund 600 Einzelblätter umfassende Serie „Recueil de Portraits Podes Personnes, qui se sont distinguées tant dans les Armes […]“325 des Pariser Kupferstechers und Verlegers Étienne Desrochers. Der „Catalogue de Portraits“ steht offenkundig in keinerlei Zusammenhang mit der späteren umfassenden Inventarisierung, die Franz für die Porträtbestände in Angriff nahm. Es scheint, als ob er jene Bildnisse, die er im Laufe seiner Literaturstudien oder bei anderen Gelegenheiten ausmachte, in das alphabetische Verzeichnis eintrug. Durch vollständige Erschließung der Blätter einschließlich Stecher und Inventor bot ihm ein derartiges Verzeichnis die Möglichkeit, bei Ankäufen im Kunsthandel rasch zu ermitteln, welche Porträts der eigenen Sammlung noch fehlten. So lässt sich auch die Notation der einzelnen Klassen in keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der späteren Ordnung der Sammlung bringen. Sie verweist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Standorte von Druckwerken mit Bildnissen in der eigenen Privatbibliothek, letztlich muss diese Frage offen bleiben. Die Existenz des Katalogs, der am Beginn einer jahrelangen umfassenden Erschließungstätigkeit des späteren Kaisers steht, ist zunächst Ausdruck seines Strebens nach Vollständigkeit der Sammlung und scheint darüber hinaus auch Einfluss auf deren späteres Profil gehabt zu haben. In erster Linie ist
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verains, des Princes, des Prelats, des Ministres, des grands Capitains, des Magistrats, des Savans, des Artistes, & des Dames celebres en Europe. Paris, 1777. ÖNB, BAG, FKB 4747. Vitae et res gestae romanorum Pontificum et Cardinalium a Clemente X. usque ad Clementem XII., scriptae a Mario Guarnacci. Rom, 1677. Die Ausgabe in der Privatbibliothek von 1751, ÖNB, BAG, FKB 5750.. Rossi, Giovanni Giacomo de: Effigies nomina et cognomina S.D.N. Alexandri Papae VII et RR. DD. S.R.E. Cardinalium nunc viventium, Rom, 1658–76 Onuphrii Panvinii [...] XXVII Pontificum Maximorum Elogia et imagines accuratissimae ad vivum aeneis typeis delineatae. Rom, 1568. ÖNB, BAG, FKB 5302. Recueil de Portraits Podes Personnes, qui se sont distinguées tant dans les Armes que dans les Belles-lettres et les Arts comme aussi la famille FamilieRoyale Real, Reale, Royal; Real, Reale, Royal; Reihe; Reihe; Royalde France et des Cours étrangères, 1725. circaDPorträtie Serie Seriewurde nach Desrochers Tod von Gilles Edme Petit weitergeführt.
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er aber ein frühes Beispiel für einen kennerschaftlichen Zugang des Sammlers, dokumentiert durch sachkundige Kommentare und Anmerkungen, mit denen er einzelne Einträge versah. Sie deuten auf eine routinierte Wahrnehmung bei der Betrachtung druckgrafischer Porträts. 4.2 Erwerbungen durch Agenten Im Sinne einer breit angelegten Akquisitionspolitik, die Franz konsequent verfolgte und die auf mehreren Faktoren beruhte, standen ihm neben den Erwerbungen auf dem Wiener Kunstmarkt, die er sich in großem Umfang selbst vorbehielt, erfahrene Händler mit weiträumigen Kontakten zur Seite, die das Angebot des Kunsthandels kannten und auf in- und ausländischen Auktionen Gebote für den Kaiser abgaben. Doch begann er auch früh, sich weitere Zugänge zum Grafikmarkt zu erschließen, insbesondere zu Stätten der Porträtstichproduktion, die nur durch die Aussendung von Kunstagenten erreicht werden konnten, die vor Ort reisten, um das Angebotene zu sichten. Bis zum Jahr 1813 bediente sich Franz zweier Agenten, die mit der Lieferung von jährlich mehreren hundert Bildnissen für die Porträtsammlung samt dazugehöriger Lebensbeschreibungen beauftragt wurden. Diese bedeutende Rolle kam zwei Beamten aus dem weiteren Umfeld des Kaisers zu, Johann Baptist Skall (1774–1832) und Joseph Sonnleithner (1766–1835). Beide waren nicht nur zur gleichen Zeit als Beamte an verschiedenen Stellen des Hofes beschäftigt, sie wandten sich beide auch im selben Jahr, 1799, mit unterschiedlichen Konzepten für großangelegte Druckwerke an den Kaiser, die letztendlich scheiterten. So plante Skall eine mehrbändige Sammlung von Biografien und Bildnissen berühmter Generäle, Admiräle und Staatsmänner, Sonnleithner eine mehrbändige Geschichte der Musik mit Bildnissen und Biografien berühmter Tonsetzer. Letztlich wurden beide vom Kaiser mit der regelmäßigen Lieferung von Porträtstichen aus dem In- und Ausland für seine Sammlung beauftragt. Dabei sollte Skall zunächst Bildnisse und Biografien von Generälen, Admirälen und Staatsmännern beschaffen, Sonnleithner die von Gelehrten und Künstlern. Die Tätigkeit Skalls und Sonnleithners als Agenten für die kaiserliche Porträtsammlung dauerte schließlich mehr als ein Jahrzehnt.
4.2.1 Johann Baptist Skall, Hofbeamter und -chronist Johann Baptist Skall wurde 1774 in Ungarn geboren. Schon als Jugendlicher wurde ihm von Kaiser Joseph II. ein königlich ungarisches Studien-Sti-
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pendium von jährlich 260 fl. gewährt, als Belohnung für die Verdienste seines Vaters um Handel und Manufaktur in Ungarn.326 Seine steile Dienstlaufbahn am Wiener Hof begann Skall 23-jährig im Jahr 1797 als Ingrossist in der k.k. Buchhalterei.327 Bereits drei Jahre später wurde er zum Hofkanzlisten in der Obersthofmeister-Amtskanzlei unter Obersthofmeister Georg Adam Fürst von Starhemberg befördert. Nachdem er 1801 kurzzeitig auch als Kabinettskurier tätig war, wurde er 1805 Offizial in der k.k. Obersthofmeister-Amtskanzlei. Unter Obersthofmeister Ferdinand Fürst zu Trauttmansdorff-Weinsberg wurde Skall 1808 schließlich zum Hofkonzipisten und am 26. Juni desselben Jahres aufgrund seiner besonderen Verwendbarkeit im Hofwirtschaftsamt zum k.k. Rat und Hofkontrollor befördert.328 In dieser Position, die er fünf Jahre innehatte, traf er immer wieder persönlich mit dem Kaiser zusammen. Acht Monate nach seiner Bestellung zum Hofkontrollor nahm er am Feldzug im Rahmen des fünften Koalitionskrieges 1809 teil. Auf der Feldzugreise des Kaisers, die von 9. April bis 14. Dezember dauerte, also während der Schlachten bei Aspern und Wagram und schließlich im kaiserlichen Hoflager in Totis (Tata), war Skall als Leiter der Hofwirtschaftsangelegenheiten für die Versorgung der Suite und die Vorbereitung der Quartiere verantwortlich. Als im September 1809 Karl Ambrosius von Österreich-Este, Erzbischof von Gran und jüngster Bruder der Kaiserin, in Totis verstarb, beauftragte ihn der Kaiser, das Zeremoniell für dessen Beisetzung und das Totenamt zu arrangieren. Während dieser acht Monate führte Skall ein Reisetagebuch, welches später das fünfte Kapitel seiner „Historischen Memoires denkwürdiger Begebenheiten am kaiserlich-österreichischen Hofe in den Jahren 1808, 1809 und 1810“ bildete, welche er 1825–1827 in Manuskriptform in drei Teilen der kaiserlichen Privatbibliothek mit der Bitte um Aufnahme übersandte.329 Skall schildert in seinen Aufzeichnungen die Ereignisse im Hoflager und berichtet von seinen persönlichen Begegnungen mit dem Kaiser, von dessen Abschied von seiner Familie, seiner Freude beim Betrachten von Familiengemälden bis hin zur feierlichen Rückkunft nach Wien. 326 ÖNB, Cod.Ser.n. 12163, Vorrede zum 1. Band, S. 8. Skalls Vater betrieb Baumwollspinnereien in Pressburg sowie in der Neutraer, Trentschiner und Barscher Gespanschaft. 327 Hof- und Staats-Schematismus des Österreichischen Kaiserthums, 1797 ff. 328 Aus den Akten des Obersthofmeisteramtes, zitiert nach: Mitteilungen des K. und K. Kriegsarchivs, 1907, S. 187. 329 Die Memoires sind heute in mehreren Abschriften erhalten: ÖNB, Cod. Ser. n. 12155– 12157; ÖStA, Kriegsarchiv, Memoiren, II. Abt., Nr. 128. Skall bemühte sich um die Drucklegung, welche ihm 1827 vom Kaiser genehmigt wurde, tatsächlich wurde dieses Vorhaben aber nie realisiert.
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Seine gesammelten Erinnerungen der Jahre 1808 bis 1810, die Skall mit dem Untertitel „von einem Augenzeugen“ versah, sollten, wie er selbst in der Einleitung schreibt, „nebst einem Teil des Innern vom Kaiserhof manche Charakterzüge und Anekdoten aus dem Leben des Kaisers und seiner erhabenen Familie“ näher bringen.330 Tatsächlich war Skall in seiner Funktion als Hofkontrollor dem engsten Umfeld des Kaisers öfters nahe genug gestellt, um aus der Sicht eines Augenzeugen berichten zu können. Zudem durfte er durch die persönliche Genehmigung seines direkten Vorgesetzten, des damaligen Obersthofmeisters Fürst zu Abb. 25: J. B. Skall, „M. Therese eveillant le Trauttmansdorff, der Skall „aufs Genie des beaux Arts“, um 1800 liberalste“ unterstützte, sich zum Studium der Verhältnisse, Sitten und Gebräuche des kaiserlichen Hofes auch aus den vorhandenen Amtsakten „alle erforderlichen Exzerpten“ machen.331 Das besondere Interesse, das Skall der Persönlichkeit des Kaisers und der privaten Lebensweise der kaiserlichen Familie entgegenbrachte, spiegelt sich nicht nur in seinen Schriften, wie etwa der Schilderung eines „Aufenthalts Ihrer Majestäten in Laxenburg im Sommer des Jahres 1808 und des Kaisers Lebensweise daselbst“332, in der er neben einer kurzen Beschreibung der Möblierung und des Tafelporzellans in der kaiserlichen Sommerresidenz auch auf die Frühstücksgewohnheiten, das private Musizieren sowie die Kleidung des Kaisers und dessen Umgangssprache eingeht. Wenige Jahre zuvor verehrte Skall dem Kaiser ein von ihm verfertigtes Bildnis dessen Gemahlin Maria Theresia von Neapel-Sizilien. Die Bleistiftzeichnung auf Pergament trägt den Titel „M.Therese eveillant le Genie des beaux Arts“ und
330 Zitiert nach: Mitteilungen des K. und K. Kriegsarchivs (1907), S. 190. 331 ÖNB, Cod.Ser.n. 12155, Einleitung. 332 ÖNB, Cod.Ser.n. 12157.
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ist signiert mit „I. B. Skall fec.“.333 Sie zeigt die Kaiserin als junge Frau mit offenem, lockigem Haar in einem hellen, hochtaillierten Kleid mit Umhang um die linke Schulter und einem Lorbeerkranz in der herabhängenden rechten Hand in einer Parklandschaft auf einen schlafenden Genius zutretend und mit der Linken dessen Arm berührend. Laute, Zirkel und Winkelmaß und Schriftrolle unterhalb eines Globus weisen ihn als Genius der Künste aus. Bei der Wahl des Motivs bediente sich Skall eines Bildnisses der Königin Charlotte von Großbritannien und Irland von Angelika Kauffmann, das durch ein 1772 veröffentlichtes Mezzotinto von Thomas Burke334 Bekanntheit erlangt hatte. Skall übernahm das Motiv zur Gänze und verlängerte die Figur etwas nach unten. Anstelle der Königskrone unterhalb der Vorhangdraperie sitzt bei Skall ein römischer Krieger, der mit der rechten Hand eine über die Schulter gelegte Keule hält. Vier Jahre später wurde Skall als Kanzleidirektor ins Oberststallmeisteramt übersetzt und am 14. Juni 1815 zum k. k. niederösterreichischen Regierungsrat ernannt. Er starb am 1. März 1832 im 59. Lebensjahr in Wien.
4.2.2 Das geplante Porträtwerk Skalls 1799 suchte Skall beim Kaiser um die Erlaubnis an, einzelne Bildnisse aus dessen Porträtsammlung von namhaften Künstlern nachstechen zu lassen und in einem mehrbändigen Porträtwerk öffentlich herauszugeben, wozu ihm Kaiser Franz die Genehmigung erteilte. Das monumentale Fortsetzungswerk mit dem Titel „Biographien und Bildnisse merkwürdiger Generale, Admirale und Staatsmänner. Aus der Privat-Sammlung Sr. Röm. k.k. Apostol. Majestät“ sollte je erscheinendem Band 25 Porträts berühmter Feldherren und Staatsmänner aus verschiedenen Nationen und Zeiten enthalten, welchen kurze Schilderungen ihrer Charaktere und Taten, die Skall selbst verfasste, gegenübergestellt waren. Jedes Jahr sollten ein bis zwei Bände erscheinen, für den ersten Band waren unter anderen Bildnisse und Kurzbiografien von Moritz von Oranien-Nassau, Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich, Josef Wenzel Fürst von Liechtenstein, Guido Graf von Starhemberg, Gideon Ernst Freiherr von Loudon oder der Kardinäle Klesl, Alberoni und Jiménez geplant. Um die Exklusivität des auf Velinpapier gedruckten und in Maroquin gebundenen Werkes zu unterstreichen, sollten von jeder Platte nur 200 Abdrücke gemacht werden, bevor diese dann „in Gegenwart eines hiezu angesuchten k.k. Commisairs“, 333 ÖNB, BAG, Pk 500,123. 334 London, National Portrait Gallery, Inv. Nr. NPG D21301.
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zerbrochen würden.335 Die Pränumeration zum Preis von 18 Dukaten für den ersten Teil (in einfacherer Ausführung zu 16 Dukaten) war beim Wiener Buchhändler Anton Doll zu entrichten. Um sein Vorhaben auch außerhalb Wiens zu bewerben, schaltete Skall im Oktober 1799 ein Inserat in der Weimarer „Allgemeinen Literatur Zeitung“, worin sich auch die Weimarer Buchhändler Gebrüder Gädicke anboten, Pränumerationen auf das Werk anzunehmen.336 Bis zum Juni 1800 konnte man seine Vorausbezahlung in den genannten Buchhandlungen abliefern, die vorläufige Kostenberechnung des ersten Bandes lag beim Buchhändler Doll zur Einsicht auf. Es zeigte sich jedoch bald, dass das überdimensioniert angelegte Projekt an eben diesen beträchtlichen Vorausleistungen – immerhin mussten 200 Pränumeranten für jeden Band gefunden werden – scheitern würde. Als im März 1800 nicht genug Pränumerationen für die Deckung der Kosten des ersten Bandes eingegangen waren, wurden die Beträge schließlich gegen Rückgabe der Empfangsscheine wieder zurückerstattet.337 Nach diesem Scheitern unternahm Skall keinen weiteren Anlauf mehr zur Realisierung des Werkes.
4.2.3 Die Porträtlieferungen Skalls Schließlich wurde Skall aber damit beauftragt, die Bildnisse der Generäle, Admiräle und Staatsmänner, an deren öffentlichen Herausgabe er gescheitert war, nebst von ihm verfassten kurzen Lebensläufen, in regelmäßigen Lieferungen von ebenfalls je 25 Stück für die kaiserliche Porträtsammlung herbeizuschaffen. Ein Auftrag, der sich schließlich bis über das Jahr 1812 hinaus erstrecken sollte. Einträge in den Rechnungsbüchern der „kaiserl. königl. Patrimonial & Privat Cassa“ belegen Lieferungen bis in das Jahr 1813, vermerkt unter der Rubrik „auf allerhöchst angeschaffte Kunstsachen“.338 Dieser Quelle zufolge stellt es sich so dar, dass Skall bis zum Jahr 1808 dreimal jährlich für jeweils acht Lieferungen, bestehend aus 25 Einzelblättern, 335 Allgemeine Literatur Zeitung vom 26.10.1799. 336 Bereits am 28. September 1799 schrieb die Degotardische Laibacher Zeitung: „Se. Maj., immer geneigt Künste und Wissenschaften zu unterstützen, haben dem bey Allerhöchstihrem Familien-Güter-Departement angestellten Johann Baptist Skall, allergnädigst zu erlauben geruhet, die Sammlung von Biographien und Bildnissen merkwürdiger Generale, Admirale und Staatsmänner, welche derselbe zu allerhöchsten Privatgebrauche zu bearbeiten hat, öffentlich herausgeben zu dürfen“. Degotardische Laibacher Zeitung, Nr. 78, 28. Sept. 1799, S. 2. 337 Neuer Teutscher Merkur, Januar 1800, S. XXIV–XXVI. 338 ÖStA, HHStA, GdPFF, Rechnungsbücher, Hauptreihen, 1805 (411) bis 1814 (419).
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die Summe von 1800 fl. (also 9 fl. pro Blatt) in Bancozetteln erhielt. Für das Jahr 1807 sind vierteljährliche Abrechnungen vermerkt. In den Jahren 1809 bis 1811 nimmt der Umfang der Lieferungen deutlich ab und es werden nur mehr etwa ein Drittel der üblichen 600 Stück übergeben, bevor es 1812 wieder zu drei Abrechnungen im gewohnten Umfang kommt. Bis zum August 1813 fanden auf diese Weise insgesamt 8425 Porträtstiche und -zeichnungen durch den Agenten Johann Baptist Skall Eingang in die kaiserliche Porträtsammlung.339 Jedes Porträt wurde von ihm auf Papier in einheitlichem Format aufgezogen. Dazu übertrug er kurze Lebensbeschreibungen, die er aus Büchern und Gelehrtenlexika zog, in kleine Heftchen, die er gemeinsam mit den Bildnissen übergab. Gelegentlich wurden diese auch erst nachträglich übergeben, so dass Skall nach Einstellung aller Porträtlieferungen mit mehreren hundert Biografien im Rückstand war.340 Zunächst war Skall offensichtlich nur damit beauftragt worden, Biografien und Bildnisse von Generälen, Admirälen und Staatsmännern heranzuschaffen. Ab dem Jahr 1812 kamen auch Porträts von Päpsten und regierenden Häuptern hinzu. Skall selbst spricht in einem Brief an den Kaiser von seiner „Sammlung von Bildnissen merkwürdiger Generale, Admirale und Staatsmänner, an welche späterhin auch die Bildnisse sämtl. Päbste, Kaiser, Könige, Churfürsten, und regierenden Fürsten angeschlossen werden mußten“341 Die Rechnungsbücher geben den Inhalt seiner Lieferungen bis zum August 1811 ähnlich lautend als „Sammlung der Biographien und Bildnisse merkwürdiger Generale, Admirale und Staatsmänner“ an, im März 1812 hingegen als „Sammlung merkwürdiger Generale, Admirale und Staatsmänner, Pabste Kaiser Könige und Kurfürsten“. Ende 1812 verfügte der Kaiser schließlich die Einstellung der Porträtlieferungen. Es wurde Skall jedoch genehmigt, die restlichen in dessen Besitz verbliebenen 800 Blätter in acht Lieferungen à 100 Stück zu den üblichen Bedingungen abzugeben.342 Es kam im darauffolgenden Jahr allerdings nur mehr zu drei Übergaben von je 100 Blatt, die letzte Zahlung erfolgte im August 1813. Danach stellte er seine Lieferungen ein. Sieben Jahre später und nach Austritt Skalls aus dem Oberststallmeisteramt wollte dieser wieder an die mit dem Kaiser getroffene Vereinbarung anknüpfen und übergab im April 1820 in der Privatbibliothek ein an den 339 Aus einem Bericht des Bibliotheksvorstandes Young vom 20. September 1820, ÖNB, BAG, FKBA03027(3). 340 Ebenda. 341 ÖNB, BAG, FKBA03027(2), Allerunterthänigstes Promemoria des Reggsrathes Skall, die von ihm für die allerh. Privat-Bibliothek bewerkstelligte Sammlung betreffend, 30. August 1820. 342 Ebenda.
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Kaiser adressiertes, verschiedene Porträts enthaltendes Portefeuille mit der Bemerkung, er wolle nun die verbliebenen 500 Blätter nachreichen und bitte um eine Empfangsbestätigung, um die Bezahlung aus der k.k. Privatkasse entgegennehmen zu können.343 Der Vorsteher der Privatbibliothek, Peter Thomas Young, verweigerte ihm die Bestätigung und richtete seinerseits ein Schreiben an den Kaiser, in welchem er sich gegen den Ankauf aussprach, da dieser zum einen mit einem Gesamtwert von 1000 Dukaten sehr teuer käme und zum anderen die ohnehin schon beträchtliche Anzahl an Doubletten in der Sammlung noch erhöhen würde.344 Der Kaiser antwortete ihm vier Tage später: „Vor allem haben Sie sich die Überzeugung zu verschaffen, daß Ich ihm Skall wirklich zugestanden habe, die fräglichen 500 Stücke Portraits nachzuliefern, und Mir sodann das Erhobene vorzulegen. Es verstehet sich übrigens von selbst, daß, wenn diese Anzahl übernommen werden sollte, nur Portraits anzunehmen seyn, von welchen keine Doubletten in Meiner Sammlung vorhanden sind.“345 Skall überreichte daraufhin 500 Blätter zur Einsicht, worunter sich allerdings nur 20 fanden, die noch nicht in der kaiserlichen Porträtsammlung vorhanden waren und welche der Kaiser auch einbehielt. Nun richtete sich Skall in einem Schreiben an den Kaiser, in dem er diesen um eine Aufwandsentschädigung bat, da er ihm nur 20 Porträts, darunter vier Handzeichnungen, abgenommen habe, er aber wegen der Anschaffung der noch in seinem Besitz befindlichen 450 Porträts, für die er eigentlich 4050 fl. hätte erhalten sollen, erhebliche Auslagen hatte.346 Hierauf reagierte wiederum Young in einem mehrseitigen Schreiben, in dem er Skall zunächst nochmals vorhielt, von der vereinbarten Lieferung von 800 Blättern im Jahr 1813 lediglich 300 abgegeben zu haben. Zu dessen Rechtfertigung, die im selben Jahr erfolgte Anstellung im Oberststallmeisteramt hätte ihn an den weiteren Lieferungen gehindert, merkte Young an, es wäre ihm durchaus möglich gewesen, die Vereinbarung zu erfüllen, zumal sich die noch zu liefernden 500 Stück 1812 bereits in dessen Besitz befanden und er diese nur mehr auf Papier aufzuziehen und abzuliefern brauchte. Zu Skalls gegenwärtiger finanzieller Misslage merkte Young an: Allein! wie kann Skall mit gutem Gewissen von einem – ihn treffenden Schaden reden? – Er, der bey den bis 2. August 1813 gelieferten 8425 St. Portraits zu dem akkordierten Durchschnittspreise von 9f – W[iener] W[ährung] 343 ÖNB, BAG, FKBA03027(1), 25.04.1820. 344 Ebenda. 345 Ebenda. 346 ÖNB, BAG, FKBA03027(2), Allerunterthänigstes Promemoria […], 30. August 1820.
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je Stück die Summe von Siebenzigfünftausend, achthundertzwanzigfünf [75.825] Gulden eingenommen hat?
Der Allerhöchste Entschluss lautete schließlich: In der Voraussetzung, daß die Umstände so sind, wie sie hier angeführt werden, haben Sie dem Skall zu bedeuten, daß, da er selbst von der weiteren Lieferung abgestanden ist, Ich seinem Gesuche nicht zu willfahren befunden habe.
4.2.4 Joseph Sonnleithners „Geschichte der Musik in Denkmälern“ Als zweiten Agenten, der in kaiserlichem Auftrag Material für die Porträtsammlung heranschaffen sollte, engagierte Franz im selben Jahr einen weiteren Hofbeamten, der durch seine künstlerischen Ambitionen und umfassenden Sprachkenntnisse die Aufmerksamkeit des Kaisers erlangt hatte. Es handelt sich um den späteren Theaterdirektor und Mitbegründer der Gesellschaft der Musikfreunde, Joseph Ferdinand Sonnleithner. Sonnleithner wurde 1766 als Sohn des bekannten Juristen und Komponisten Christoph Sonnleithner in Wien geboren.347 Durch die Tätigkeit des Vaters und die eigene musikalische Veranlagung war er bereits früh mit Tonkünstlern wie Haydn und Mozart bekannt. Die berufliche Laufbahn begann er nach dem Jus-Studium 1785 als Beamter in einigen niederösterreichischen Kreisämtern. Nach dem Tod des Vaters wandte er sich mit der Bitte um Unterstützung für die Familie an Kaiser Joseph II., der ihm schließlich die Stelle eines Kanzlisten im Geheimen Kabinett verschaffte. Sonnleithner pflegte ein persönliches Verhältnis zum Kaiser und traf des Öfteren mit diesem zusammen. Nach dem Tod Josephs II. übernahm Sonnleithner das Amt eines Hofkonzipisten in der k.k. Hofkanzlei, von 1804 bis 1814 war er Sekretär der k.k. Hoftheater in Wien, schließlich Gründer und erster Sekretär der Gesellschaft der Musikfreunde. Am 5. Februar 1799 übermittelte Joseph Sonnleithner Kaiser Franz per Brief die Ankündigung eines von ihm herausgegebenen Werkes, welches er unter der Mitarbeit der bekannten Komponisten Joseph Haydn, Antonio Salieri und Johann Georg Albrechtsberger realisieren wolle.348 Die „Geschichte der Musik in Denkmälern von der ältesten bis auf die neueste Zeit mit den 347 Zu Joseph Sonnleithner siehe Nekrolog in „Österreichische Zeitschrift für Geschichtsund Staatskunde vom 6.April 1836 sowie Schirlbauer (2007). 348 ÖNB Archiv, HB 659-1799.
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Bildnissen und Biographien der berühmten Tonsetzer“, welche auf eine Idee des Göttinger Musikforschers Johann Nikolaus Forkel zurückging, der auch das Vorwort verfasste, sollte ausgewählte Werke einzelner Tonkünstler vom Mittelalter bis in die Gegenwart nebst deren Lebensbeschreibungen und Bildnissen in insgesamt 50 Foliobänden vorstellen. Jährlich sollten zehn Bände zu jeweils 60 Bögen erscheinen, nach fünf Jahren das komplette Werk zum Gesamtpreis von 600 fl. vorliegen.349 Sonnleithner suchte dazu unter anderem beim Präfekten der k.k. Hofbibliothek, Gottfried van SwieAbb. 26: Joseph Sonnleithner (1766–1835) ten, um die Herausgabe von dort befindlichen musikalischen Werken und Handschriften gegen Empfangsschein an, die er Albrechtsberger, Haydn und Salieri zur Auswahl und Bearbeitung übergeben wollte.350 Beim Kaiser stieß das Projekt auf Interesse, weshalb er auch gleich pränumerierte. In der Übersicht der Kammerausgaben des Jahres 1799 findet sich der Eintrag: „Hofkammerkonzipisten, Jos. Sonnleithner, den ersten Pränumerazionsbetrag auf sein Werk: Geschichte der Musick in Denkmälern / 54fl.“351 Noch im selben Jahr erteilte der Kaiser Sonnleithner den Auftrag zu einer wissenschaftlichen Reise nach Deutschland, Dänemark und Schweden, um dort neben Material für das geplante Druckwerk auch Bildnisse und Biografien von Gelehrten und Künstlern für die Porträtsammlung zu erwerben. Aufgrund des erleichterten Transports zur See konnte man dort vor allem englische und französische Porträtstiche erstehen, die am heimischen Kunstmarkt wenig präsent waren. Sonnleithner bereiste zwei Jahre lang das nördliche Europa, konnte dabei wichtige Verbindungen knüpfen und lernte in Kopenhagen seine spätere Frau kennen. Bereits auf der Hinreise dürfte er in Deutschland Porträts für den Kaiser erworben haben. An sei349 Siehe Ankündigung im Intelligenz-Blatt zur Allgemeinen Musikalischen Zeitung Nr. XVIII, September 1799, S. 91 f. 350 Stummvoll (1968), 1.Teil, S. 289. 351 ÖStA, HHStA, GDPFF, 82.
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nen Freund, den Dresdener Antiken- und Münzkabinettsinspektor Wilhelm Gottlieb Becker, schrieb er im Oktober 1799 aus Kopenhagen: „Den Geldbetrag für den Buchbinder Vogt oder Vogel, bey dem ich Gelehrtenbildnisse gekauft habe, werde ich Ihnen, sobald ich wieder den Deutschen Laden betrete, anweisen […]“352 Wieder nach Wien zurückgekehrt, gründete er 1801 mit Joseph Schreyvogel das Kunst- und Industrie-Comptoir zu Wien, das sich bald neben Artaria und Johann Cappi als führende Kunst- Literatur- und Musikalienhandlung in Wien behaupten konnte.353 Sein Projekt der „Geschichte der Musik in Denkmälern“ wurde schließlich jedoch durch die französische Besatzungsmacht in Wien endgültig vereitelt, die die 27 fertig gestochenen Druckplatten des ersten Bandes im November 1805 einschmolz.354 Das Manuskript zum Einleitungstext ist heute noch erhalten.355
4.2.5 Die Porträtlieferungen Sonnleithners Nach seiner Rückkehr nach Wien bestand der Kontrakt zwischen dem Agenten Sonnleithner und dem Kaiser zur regelmäßigen Ablieferung von Blättern für die Porträtsammlung fort. Die Rechnungsbücher der k.k. Patrimonial- und Privatkassa belegen Zahlungen mit dem Vermerk „Dem Joseph Sonnleithner für die [...] Lieferung der Sr. Majestät übergebenen Bildnissen und Biographien der Gelehrten und Künstler“ (und ähnlich lautend) bis in das Jahr 1812.356 Insgesamt wurden bis zu diesem Zeitpunkt 108 Lieferungen von immer gleichem Umfang in regelmäßigen Zeitabständen von wenigen Monaten entgegengenommen. Deren Anzahl steigerte sich von vier jährlichen Übergaben im Jahr 1805 bis zu acht im Jahr 1810, bevor diese wieder zurückgingen. Jede Porträtlieferung Sonnleithners wurde mit 537 fl. 30 kr. vergütet. Ende 1812 verfügte der Kaiser schließlich die Einstellung aller Porträtlieferungen, sowohl die von Skall als auch die Sonnleithners. Es wurde dem nunmehrigen Leiter der Wiener k.k. Hoftheater aber zugestanden, noch sechs Lieferungen zu dem vereinbarten Preis zu übergeben. Am 3. Jänner 1815 teilt der Kaiser dem Kammerzahlmeister Mayer mit:
352 353 354 355 356
Wienbibliothek, Handschriftensammlung, H.I.N.29171. Frank/Frimmel (2008), S. 153. Wiener (2009), S. 449. Staatsbibliothek zu Berlin, Mus. ms. autogr. theor. Forkel, J. N., Denkmäler. ÖStA, HHStA, GdPFF, Rechnungsbücher, Hauptreihen, 1805 (411) bis 1814 (419).
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Dem Sonnleithner wurde mittels allergnädigster Entschließung auf meinen unterm 16. Jänner 1813 erstatteten allerunterthänigsten Vortrag die Bewilligung ertheilt, 6 Lieferungen seiner Sammlung um den früher bestimmten Preis von 537 f. 30 kr. für jede Lieferung abzugeben. Die Bezahlung der ihm hiernach gebührenden 3225 f. wurde ihm in 8 quartaligen Raten pro 403 f. 7 ½ kr. W[iener] W[ährung] zugesichert. Bis nun sind 5 Lieferungen abgegeben, und dem Sonnleithner 5 Raten à 403 f. 7 ½ kr. mit 2015 f. 37 2/4 kr. W[iener] W[ährung] verabfolgt worden. Daher derselbe noch eine Lieferung zu übergeben, und den Rest der ganzen 3225 f. mit 1209f. 22 2/4 kr. in 3 vierteljährlichen Raten pro 403 f. 2/4 kr. aus der genannten allerhöchsten Kasse zu beziehen hat.357
So endete die Tätigkeit Joseph Sonnleithners als Agent, wie die seines Berufsgenossen Johann Baptist Skall, nach rund 15 Jahren im Februar 1815.
4.2.6 Die mitgelieferten Biografien Die Ermittlung von Lebensbeschreibungen der dargestellten Personen aus Lexika und biografischen Werken sowie deren säuberliche Übertragung in kleine Heftchen, die dann gemeinsam mit den Bildnissen übergeben wurden, stellte von Beginn an einen Bestandteil der Vereinbarungen zwischen dem Kaiser und den Agenten Skall und Sonnleitner dar. Dabei gab es offenkundig genaue Vorgaben, wie die Cahiers beschaffen sein sollten. Mehr als 10.000 solcher handschriftlichen Viten, deren Erstellung sich über einen Zeitraum von 14 Jahren erstreckte, werden heute in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt. Sie lagern, alphabetisch geordnet, in 145 historischen, lederüberzogenen Holzkassetten mit der goldgeprägten Rückenbezeichnung „Lebensbeschreibungen berühmter Männer“ sowie den Anfangsbuchstaben der darin vorgestellten Personen. Die Heftchen sind allesamt in Oktavformat, etwa die Hälfte verfügt über aquarellierte Umschläge in verschiedenen Farben, auf die gestochene Kartuschen geklebt sind, in welche die Namen der jeweiligen Personen handschriftlich eingetragen wurden. Darunter findet sich eine Nummerierung. Dort, wo diese Umschläge fehlen, sind die Namen direkt auf den Heftchen vermerkt. Mitunter lässt sich hier auch die Handschrift des Kaisers wiederfinden. Als Verfasser der Lebensläufe lassen sich vier unterschiedliche Schreiber nachweisen. Die biografischen Aufzeichnungen sind in Qualität und Quantität durchaus unterschiedlich. Einige wachsen zu regelrechten Abhandlungen aus, wie etwa die Gotthold Ephraim Lessings, die nicht weniger als 178 Seiten 357 ÖNB, BAG, FKBA01074.
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umfasst, oder jene des deutschen Theologen Eusebius Amort, welche eingeheftete Seiten seines „Catalogus operum ac opusculorum“ enthält. Andere wiederum geben gerade einmal die Unterschrift des Bildnisses wieder. Dem Anspruch des Kaisers auf Lauterkeit der Quellen wird jeweils auf der ersten Seite der aquarellierten Heftchen entsprochen, wo die Angabe der Quelle stets in gleichem Wortlaut erfolgt: „Diese kurze biografische Nachricht ist aus […] gezogen“. Die Quellen reichen dabei von allgemeinen biografischen Lexika wie Charles Paul Landons „Galerie historique […]“358 oder Christian Gottlieb Jöchers „Allgemeinem Gelehrtenlexikon“359 bis zu nationalen Schriftsteller- und Abb. 27: Eine von 10.000 Cahiers mit Künstlerlexika wie Johannes Molhandschriftlichen Lebensbeschreibungen lers „Cimbria literata […]“360 oder Giammaria Mazzuchellis „Scrittori 361 d‘Italia […]“ , I. G. Doppelmayers „Historischen Nachrichten von den Nürnbergischen Mathematikern und Künstlern“362 oder Johann Caspar Füsslis „Geschichte und Abbildungen der besten Künstler in der Schweiz“.363
4.2.7 Zur Zusammensetzung der Lieferungen Die Cahiers mit den Biografien der Personen, deren Bildnisse Lieferung für Lieferung übergeben wurden, ermöglichen die Rekonstruktion jener Port358 Galerie historique des hommes les plus célèbres, 13 Bde., Paris, 1805–09. 359 Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Darinne die Gelehrten aller Stände […], 4 Bde., Leipzig, 1750–51. 360 Cimbria literata sive Scriptorum ducatus utriusque Slesvicensis et Holsatici, quibus et alii vicini quidam accensentur, historia literaria tripartita, 3 Bde., Kopenhagen, 1744. 361 Gli Scrittori d’Italia, 2 Bde., Brescia, 1753–63. 362 Doppelmayer, I.G.: Historische Nachrichten von den Nürnbergischen Mathematikern und Künstlern, Nürnberg, 1730. 363 Geschichte und Abbildungen der besten Künstler in der Schweiz, 5 Bde., Zürich, 1769–79.
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räts, die durch die beiden Beauftragten in den Besitz des Kaisers gelangten. Zwar ist durch das Fehlen von spezifischen Angaben zu Malern oder Stechern keine lückenlose Identifizierung bis zum Einzelblatt möglich, dennoch haben die Biografien Aussagekraft hinsichtlich der Zusammensetzung der abgelieferten Porträts. Was die zeitliche Eingrenzung der Viten betrifft, lassen sich aufgrund der Sterbedaten der dargestellten Personen vielfach Rückschlüsse auf deren Entstehungszeit ableiten. So enthält etwa die Lebensbeschreibung des österreichischen Kupferstechers Jakob Adam (1748– 1811) in Heft Nr. 9086 noch nicht dessen Todesjahr, was zunächst einmal den Schluss zulässt, dass die Biografien mit ähnlichen und niedrigeren Eingangsnummern vor dem Jahr 1811 erstellt wurden. Im Falle des französischen Orientalisten Jean-Baptiste Adanson (1732–1804) in Heft Nr. 5219 ist dessen Todesjahr ebenfalls nicht in der Lebensbeschreibung vermerkt. Als Quelle wird dort der 9. Band der „Allgemeinen geographischen Ephemeriden“364 aus dem Jahr 1802 angegeben. Es kann also davon ausgegangen werden, dass diese Biografie nach dem Jahr 1802 und vor dem Tod Adansons im Jahr 1804 verfasst wurde. Vom französischen Botaniker Michel Adanson (1727–1806) sind zwei Biografien überliefert.365 In Heft Nr. 5220, dem als Quelle ebenfalls der 9. Band der „Allgemeinen geographischen Ephemeriden“ aus dem Jahr 1802 zu Grunde liegt, ist das Todesjahr Adansons noch nicht vermerkt. In der zweiten Biografie in Heft Nr. 7051 hingegen, die auf eine Chronik der Fremdenlegion aus dem Jahr 1807 zurückgeht,366 ist dieses bereits vermerkt. Die Nummerierung der aquarellierten Heftchen dürfte also durchaus der Reihenfolge der Lieferungen entsprechen. Nach einer ersten Analyse der handschriftlichen Lebensläufe, sowohl deren äußerer Form als auch deren Inhalt, lassen sich im Wesentlichen zwei Haupttypen bestimmen, die erstaunlich gut mit den unterschiedlichen Sammelaufträgen der beiden Agenten Skall und Sonnleithner korrespondieren. So enthalten die Hefte mit den aquarellierten Umschlägen nahezu ausschließlich Lebensläufe gelehrter Personen wie Theologen, Juristen oder Mediziner sowie Künstlerbiografien von Malern bis Tonkünstlern. Die Vermutung liegt also nahe, dass es sich hierbei um jene Biografien handelt, die 364 Allgemeine geographische Ephemeriden. Verfasset von einer Gesellschaft Gelehrten, und herausgegeben von A. C. Gaspari und F. J. Bertuch. Bd. 9, Weimar, 1802. 365 Mitunter sind zwei, in seltenen Fällen auch mehrere Biografien zu einzelnen Personen verfasst worden, worauf teilweise auch dezidiert hingewiesen wird. Im Fall des Karl von Liechtenstein-Kastelkorn (1623–1695) ist auf dem Deckblatt dessen zweiten Biografie vermerkt: „Vide Liefer. No 28“, und innen: „Desselben Biographie ist in Lieferung No 28 gegeben worden. In der gegenwärtigen Lieferung ist das Bildnis dieses Fürsten von Philipp Kilian gestochen.“ 366 Annales nécrologiques de la Legion d‘Honneur […] par Joseph Lavallée, Paris, 1807.
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gemeinsam mit den Porträtlieferungen Joseph Sonnleithners übergeben wurden. Die Mehrheit der Hefte ohne Umschlag hingegen, die wiederum in zwei unterschiedliche Schrifttypen zerfallen, enthalten überwiegend Lebensläufe von Fürsten und hohen Militärs. Hinsichtlich Rang und Tätigkeit der vorgestellten Personen erbringt die Auswertung der erhaltenen Biografien folgendes Bild: Die Porträtlieferungen Johann Baptist Skalls, die zunächst nur Generäle, Admiräle und Staatsmänner umfassten, wurden später um die Bildnisse von Päpsten, Kaisern, Königen, Kurfürsten und regierenden Fürsten erweitert. Es lassen sich unter jenen Cahiers, die den Lieferungen Skalls zugeordnet werden können, zunächst mehrere, offenkundig zusammenhängende Serien von Porträtstichen bestimmen, die einzelne Dynastien oder Herrscher in Bildnisfolgen zur Anschauung brachten. Darunter finden sich eine nahezu lückenlose Folge römischer Kaiser von Augustus bis in die Spätantike, eine Porträtserie der Könige des Frankenreiches von den Merowingern bis zu den Kapetingern sowie umfangreiche Reihen siebenbürgischer Fürsten und englischer wie polnischer Könige vom Spätmittelalter bis in das 18. Jahrhundert. Daneben lieferte Skall Porträtstiche von Kurfürsten, Fürsten, Herzogen und Statthaltern bis hin zu den Dogen von Venedig sowie von Staatsmännern, Ministern und Gesandten, vornehmlich aus Österreich, Deutschland, Ungarn und Frankreich. Die Militärs setzen sich zusammen aus Generälen und Feldmarschällen, Marschällen von Frankreich, Offizieren und Obersten, vorwiegend aus den bereits genannten Teilen Europas. Ganz anders fällt die Auswertung jener Cahiers aus, die einen aquarellierten Umschlag aufweisen. Hier dominieren auf der einen Seite Gelehrte unterschiedlichster Disziplinen und Epochen, auf der anderen Seite Künstler verschiedenster Kunstgattungen – ganz offensichtlich jenem Auftrag folgend, der an Joseph Sonnleithner erging. Unter den Gelehrten finden sich in erster Linie Theologen aus den protestantischen Teilen Deutschlands, Rechtsgelehrte, Ärzte, Philosophen und Literaten, die Künstlerbiografien entfallen in der Mehrheit auf Maler, dann Kupferstecher, Bildhauer, Baumeister und Tonkünstler. Auch hinsichtlich der Herkunft der Personen lassen sich wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellen. Unterschiedliche Kontakte der beiden Agenten zu Orten des in- und ausländischen Grafikhandels spiegeln sich in den Nationalitäten der Personen wider, deren Bildnisse dort in kaiserlichem Auftrag erstanden wurden. So beziehen sich die Lebensbeschreibungen der Staatsmänner und Militärs zu einem hohen Anteil auf Persönlichkeiten aus dem Gebiet der österreichischen Monarchie, während die Hefte mit Gelehrten- und Künstlerviten überwiegend auf Personen aus Deutschland, den Niederlanden, England, Frankreich und dem Norden Europas entfallen. Im Falle der geistlichen Würdenträger lässt sich dies beson-
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ders anschaulich darstellen: Während sich diese in der ersten Gruppe im Wesentlichen auf katholische Bischöfe und Kardinäle beschränken, begegnen einem in Gruppe zwei nahezu ausschließlich protestantische Amtsträger wie Pastoren, Pfarrer oder Superintendenten. Der prägnanteste Unterschied zu den vom Kaiser getätigten Erwerbungen liegt jedoch im Zeitraum, in dem die Dargestellten lebten und wirkten. Während sich Franz bei seinen Ankäufen insbesondere für Bildnisse von Zeitgenossen interessierte, fanden durch die Lieferungen der beiden Agenten nun Persönlichkeiten aller Zeiten und Epochen, von der Antike bis in die Gegenwart des Kaisers, Eingang in die Porträtsammlung. 4.3 Die Erwerbung der Porträtsammlung des Hannoveraner Sammlers Georg Friedrich Brandes Den bedeutendsten Zuwachs an Umfang und Wert, von ihrer Gründung bis zum Tod des Kaisers, erfuhr die Porträtsammlung im Frühjahr 1796, als der Wiener Auktionator Franz Xaver Stöckl eine der umfangreichsten privaten Porträtsammlungen Deutschlands im Auftrag des Kaisers auf der Leipziger Ostermesse ersteigerte. Stöckl, Wiener Kunsthändler und beeideter Schätzmeister mit Sitz in der Wiener Seitzergasse, zählte zu den ersten heimischen Kunsthändlern, die sich auf dem bislang von Italienern dominierten Markt behaupten konnten. Er verfügte über ein großes Warenlager von Kupferstichen und Handzeichnungen, darunter auch eine ansehnliche Porträtsammlung. Künstler wie Adam von Bartsch, Friedrich August Brand oder Johann Ziegler arbeiteten für ihn, darüber hinaus besaß er eine bedeutende Sammlung eigener Verlags-Platten verschiedener Stecher.367 Kontakte zwischen Kaiser Franz und Stöckl lassen sich bereits ab dem Jahr 1793 nachweisen.368 In den folgenden Jahren fanden regelmäßig Ankäufe von Porträts und Kupferstichen statt. 1796 können durch die monatlichen Abrechnungen in dem von Franz geführten „Handbüchel über Meine Ausgaben von den Jahren 1793 […] bis Ende 1800“369 zwei Ankäufe bei F. X. Stöckl belegt werden: Im März scheint unter den Ausgaben der Betrag von 278 fl. 53 kr. mit dem Vermerk „Für Kupferstiche dem Stöckel“ auf, vier Monate später wird der Ausgang der beträchtlichen Summe von 3752 fl 42 kr. 367 Die Porträtsammlung umfasste rund 10.000 Blätter im Jahr 1823. Böckh (1823), S. 119; Frank/Frimmel (2008), S. 189. 368 ÖStA, HHStA, GDPFF, 73-3 und 74-4. 369 ÖNB, BAG, FKB 45569.
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mit der Anmerkung „Für Kupferstiche“ vermerkt. In den monatlichen Ausweisen über die Kammerausgaben des Kaisers, in denen die Originalbelege zum Ankauf von Kupferstichen abgelegt sind, ließ sich zu diesem Eintrag der dazugehörige Beleg ausfindig machen. Es handelt sich um eine Rechnung Stöckls vom 8. Juni 1796 über die „auf Befehl Ihro […] Majestät gekauften in 14000 Stücken bestehenden Sammlung von Portraiten“ in der Höhe von insgesamt 3752 fl. 42 kr. 370 Das Datum der Rechnung deutet ebenso wie die darauf verzeichnete Gebühr für einen Leipziger Spediteur, den Leipziger Ausfuhrzoll und einen Wechsler unzweifelhaft darauf hin, dass Stöckl die Porträtsammlung des Hannoveraner Sammlers Georg Abb. 28: Rechnung über den Erwerb der Friedrich Brandes (1709–1791) für Porträtsammlung G. F. Brandes den Kaiser erwerben konnte. Mit einem Schlag war die Sammlung des Kaisers dadurch um eine Privatkollektion von über 14.000 Bildnissen Gelehrter, Künstler und anderer ausgezeichneter Männer vermehrt, aufgeklebt in 20 Foliobänden und gebunden in rotem Maroquin. Die Rechnung Stöckls bringt Licht in das weitere Schicksal einer bedeutenden deutschen Gelehrten-Sammlung des 18. Jahrhunderts, die bis heute als verschollen galt. Die Porträtsammlung war Teil des Kupferstichkabinetts des geheimen Kanzleisekretärs Georg Friedrich Brandes, der im Kurfürstentum Hannover wichtige Verwaltungsämter bekleidete und 1769 zum Universitätsdezernenten für Göttingen ernannt wurde. Als junger Mann kam Brandes auf Reisen durch Holland und England in Verbindung mit Literatur und Kunst und trug in über vier Jahrzehnten eine Sammlung von Kupfer- und Porträtstichen, Karten und Atlanten zusammen, die zu den bedeutendsten ihrer Zeit in Deutschland zählte.371 370 ÖStA, HHStA, GDPFF, 80-4, 8. Juni 1796. 371 Eine ausführliche Untersuchung zur Sammlerpersönlichkeit G. F. Brandes mit dem Schwerpunkt auf dessen Privatbibliothek liegt durch Gabriele Crusius (2008) vor. Zu
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Das Herzstück der Brandes’schen Kunstsammlung war ein Kupferstichkabinett von rund 27.000 Blättern, das in fünf Schulen (Italienische, Niederländische, Französische, Deutsche und Englische), und innerhalb dieser alphabetisch nach den Malern bzw. Inventoren der Stiche geordnet war. Jedes Œuvre begann mit Porträts des Meisters, es folgten Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, danach Marienbilder, Heilige, profane Motive, Allegorien, Landschaften, schließlich Porträts und Studienblätter.372 Im Gegensatz zur Porträtsammlung waren die Blätter nicht gebunden, sondern wurden lose in Portefeuilles aufbewahrt. Brandes tauschte sich mit Kommissionären und Agenten in England, Holland, Frankreich und Italien über neu erschienene Werke aus und ließ sie sich, sofern sie in seine Sammlungen passten, schicken. Sein besonderes Augenmerk lag dabei auf Probe- und Zustandsdrucken, die er, etwa im Falle englischer Blätter, aus erster Hand vom Londoner Radierer und Verleger John Boydell erhielt.373 Neben seiner Sammeltätigkeit veröffentlichte er Beiträge in Göttinger Zeitungen und in Friedrich Nicolais „Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen Künste“, die dieser ab 1759 zusammen mit Moses Mendelssohn herausgab. Er verfasste dort meist anonym allgemeine Beiträge über die Künste und zahlreiche Rezensionen zu neu herausgekommenen Kupferstichwerken. Zur eigenen Sammlung erstellte Brandes einen ausführlichen vierbändigen Katalog in französischer Sprache, der zu jedem Blatt den Titel, den Besitzer des Gemäldes, sofern bekannt, den Kupferstecher, das Maß und schließlich eigene Bemerkungen über den vorliegenden Abdruck enthielt. Ein fünfter Band erschloss in alphabetischer Ordnung die Porträtsammlung. Beide Kataloge sind heute nicht mehr nachweisbar.374
4.3.1 Der Verkauf der Sammlung Schon zu Lebzeiten Brandes’ weckte dessen Kupferstichsammlung das Interesse an verschiedenen europäischen Fürstenhöfen. Dennoch sollte es nach seinem Tod noch fünf Jahre dauern, bis die Sammlung ihre letzte AufstelBrandes als Kupferstichsammler und seiner Auseinandersetzung mit der Druckgraphik siehe auch Brakensiek (2003), S. 425–438; Priever (2010), S. 127–140. 372 Diese Art der Klassifizierung hatte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts allmählich durchgesetzt. Brakensiek (2003), S. 435. 373 Annalen der Braunschweig-Lüneburgischen Churlande (1787), S. 103. 374 Überliefert ist der von Michael Huber überarbeitete und erst nach Brandes’ Tod erschienene „Catalogue raisonné du Cabinet d’Estampes de feu Monsieur Brandes […] (1793) sowie der handschriftliche Katalog zur Privatbibliothek, heute Landesbibliothek Oldenburg, CIM I 88, MM 1-7.
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lung in der Porträtsammlung des Kaisers fand. Bereits Anfang der 1770erJahre nahm der polnische König Stanislaus II. August über seinen General Carl Friedrich Ernst von Cocceji Verhandlungen mit Brandes über den Verkauf der Sammlung auf, welche schließlich scheiterten.375 Katharina II. von Russland und deren Ziehsohn Herzog Peter Friedrich Ludwig von Oldenburg, der später die Brandes’sche Privatbibliothek erwarb, wurde die Kupferstichsammlung wenige Jahre vor Brandes’ Tod zum Kauf angeboten, jedoch ohne Erfolg.376 1790 erschien in Johann Georg Meusels „Museum für Künstler und für Kunstliebhaber“ unter der Rubrik „Vermischte Nachrichten“ die öffentliche Anzeige, Herr Hofrat Brandes in Hannover sei gesonnen, „sein sehr beträchtliches Kupferstichkabinet zu veräussern“.377 Der anschließende, in französischer Sprache verfasste Text erläutert, dass Brandes, der bislang alle Kaufangebote, seien sie von gekrönten Häuptern oder sonstigen Personen gekommen, zurückgewiesen hat, nun aber, nachdem ihn seit einigen Jahren eine Augenkrankheit belaste, bestimmt habe, sein Kabinett vollständig und zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen.378 Die Porträtsammlung wird dort mit 15.000 Blättern angegeben, der größte Teil davon auf Papier „format d’atlas“ aufgezogen und in rotem Leder, prachtvoll vergoldet, gebunden. Liebhaber, die mehr Details zu dem prachtvollen Kupferstichkabinett erfahren möchten, welche in umfangreichen handschriftlichen Katalogen erschlossen ist, mögen sich an den Direktor der Göttinger Universitätsbibliothek, Christian Gottlob Heyne, oder dessen Mitarbeiter wenden, die ihnen die Kataloge übermitteln. Georg Friedrich Brandes starb am 6. September 1791. Die Erben, darunter sein Sohn, der Hannoveraner Jurist und Reformkonservative Ernst Brandes, wollten die Sammlung nun auf schnellem Wege verkaufen, jedoch unter der Bedingung, dass sie als Gesamtensemble erhalten bleibe. Als Vermittler konnte man den Verleger Friedrich Justin Bertuch, Gründer des Weimarer Industrie-Comptoirs, gewinnen. Vier Monate nach dem Tod Georg Friedrich Brandes’ erschien in dem von Bertuch herausgegebenen „Journal des Luxus und der Moden“ die öffentliche Anzeige, dass die Erben des Hofrats wünschen, „das dieß kostbare, mit großer Kenntnis, Fleiß und Sorgfalt gesammelte, und so vortrefflich bearbeitete Kabinet, welches über 375 Brakensiek (2003), S. 438. 376 1790 kaufte Herzog Peter Friedrich Ludwig die Bibliothek, ihre 22.000 Bände wurden als „Herzogliche öffentliche Bibliothek“ 1792 zu großzügigen Benutzungsbedingungen im Oldenburger Schloss aufgestellt. Crusius (2008), S. 53. 377 Meusel (1790), S. 374. 378 Ebenda, S. 375.
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42000 Blaetter enthaelt, in seiner jetzigen Verfassung bleiben möge, und sie es daher an einen vermögenden Kunstliebhaber im Ganzen verkauffen zu können.“379 Nachdem sich auch in diesem Jahr kein privater Käufer für das Kabinett samt Porträtsammlung finden konnte, trat nun der in Leipzig ansässige Kunsthändler und Verleger Carl Christian Heinrich Rost auf den Plan, der darauf spezialisiert war, private Kupferstich- oder Gemäldesammlungen durch jährlich stattfindende Kunstauktionen an den Meistbietenden zu verkaufen.380 Rost erwarb das Kabinett Anfang 1792 von den Erben zum weiteren Verkauf. Dass er bereits mit dem Gedanken spielte, sich über den von den Erben geforderten En-bloc-Verkauf hinwegzusetzen, falls sich ein solcher in absehbarer Zeit nicht realisieren ließe und die Kupferstichsammlung stattdessen in Teilen zu veräußern, wird in einer Anzeige im „Journal des Luxus und der Moden“ vom September 1793 deutlich, in der Rost den Ankauf bekannt gab und die Sammlung zum weiteren Verkauf anbot: „Die Vereinzelung dieses wichtigen Cabinets […] würde zwar durch meine Kunstauctionen einen höhern Werth, als durch den Verkauf im Ganzen ausmachen: allein die Achtung für diese mit den seltensten Kunstkenntnissen und vieljähriger Mühe zusammengebrachte Sammlung fordert mich auf, sie noch einige Jahre für bemittelte Liebhaber, welche auf das Ganze Rücksicht nehmen könnten, aufzubewahren […].“381 Um potenziellen Käufern einen näheren Eindruck von Umfang und Wert der Sammlung zu verschaffen, beauftragte Rost den Leipziger Literaturprofessor und Kunstkenner Michael Huber, selbst Besitzer einer bedeutenden Privatsammlung, den eigenhändigen Kupferstichkatalog Brandes’, den dieser parallel zum Aufbau der Sammlung geführt und stetig erweitert hatte, zu überarbeiten. Huber konkretisierte oder kürzte Brandes’ Einträge fallweise und ergänzte sie durch eigene Anmerkungen. Er ließ neue Portefeuilles anschaffen und vermehrte die Sammlung um etliche Blätter fehlender Meister aus dem Besitz der Rost’schen Kunsthandlung mit dem Ziel, eine möglichst vollständige Folge von allen bekannten Meistern der Kupferstecherkunst „von ihrer Entstehung an bis auf gegenwärtige Zeiten“ zu schaffen.382 Im Oktober 1793 erschien der erste von zwei Bänden des „Catalogue raisonné du Cabinet d’Estampes de feu Monsieur Brandes […]“, der die Ita379 Intelligenz-Blatt des Journals des Luxus und der Moden , Jänner 1792, S. XIX. 380 Nekrolog C.C.H. Rosts in der „Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften“ (1798), S. 166 f. 381 Journal des Luxus und der Moden, November 1793, S. 563. 382 Ebenda, S. 564. Die Kupferstichsammlung des Carl Christian Heinrich Rost wurde nach dessen Tod am 5. Mai 1800 ebenfalls in Leipzig verauktioniert.
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lienische und die Niederländische Schule enthielt, ein halbes Jahr später folgte der zweite Teil. Den Katalog zur Porträtsammlung, in dem Brandes alle Porträts nach dem Namen der Dargestellten alphabetisch geordnet hatte, gab Rost vorerst nicht in Druck, zumal er vorhatte, die Brandes’sche Bildnissammlung vom Kupferstichkabinett zu trennen, falls dies vom Käufer der wesentlich wertvolleren Kupferstichsammlung verlangt werden sollte. Auch in den folgenden zwei Jahren nach Erscheinen des „Catalogue raisonné“ ließ sich ein Verkauf des gesamten Kabinetts nicht realisieren. Rost fasste nun, nachdem sämtliche Veräußerungsversuche gescheitert waren, den Entschluss, die Sammlung Blatt für Blatt in mehreren Auktionen einzeln zu verkaufen. Abb. 29: Auktionskatalog der Leipzig bot sich durch die halbjährig Kupferstichsammlung, 1795 stattfindenden Oster- und Michaelismessen und die Präsenz zahlreicher Kupferstichsammler, die bei solchen Gelegenheiten nach Seltenheiten Ausschau hielten, für einen lukrativen Einzelverkauf an. Im Dezember 1795 kündigte Rost im Journal des Luxus und der Moden die „Auction des großen Brandesschen Kupferstich-Kabinets“ an, welche auf der kommenden Ostermesse vom 10. April an und an den folgenden Tagen stattfinden würde.383 Da man mit einer beträchtlichen Anzahl von Aufträgen rechnete, nahmen mehrere Kunsthändler Kommissionen entgegen, darunter das Weimarer Industrie Comptoir, die Kunsthandlung Frauenholz in Nürnberg und Franz Xaver Stöckl in Wien. Aufgrund ihres Umfangs sollte die Sammlung in zwei Teilen zu verschiedenen Zeitpunkten verauktioniert werden. Der erste Teil, die Englische, Deutsche und Italienische Schule sowie die Porträtsammlung zur Ostermesse 1796, die Niederländische und die Französische Schule im Oktober zur Michaelismesse. Rost ließ nun abermals einen Katalog zur Sammlung 383 Journal des Luxus und der Moden, November 1795, S. 567.
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drucken, der einen Auszug aus dem „Catalogue raisonné“ darstellte und bei einem Preis von acht Groschen wesentlich günstiger war. An dem Auktionskatalog, dessen Gliederung der Ordnung der Sammlung entsprach und der in zwei Teilen zu den jeweiligen Auktionen erschien, dürfte Michael Huber wieder maßgeblich beteiligt gewesen sein.384 Am Ende des ersten Teiles findet sich eine Anzeige über die große Porträtsammlung, welche „im Ganzen an den Meistbietenden überlassen“ wird.385 Zur öffentlichen Versteigerung gelangte die Kupferstichsammlung des Georg Friedrich Brandes, die zu diesem Zeitpunkt aus mehr als hundert Portefeuilles bestand, ab dem 8. April 1796, täglich von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr durch den verpflichteten Universitätsproklamator und Buchhändler Johann August Gottlob Weigel. Jeden Tag wurden 450 Nummern proklamiert, die sofort gegen Barzahlung in Reichstalern Sächsisches Konventionsgeld ausgehändigt wurden. Während der gesamten Auktion war auch die Brandes‘sche Porträtsammlung ausgestellt und stand Interessenten zu bestimmten Stunden zur Durchsicht bereit. Am 9. Mai, nach der Versteigerung der letzten 200 Blätter der Italienischen Schule, kam auch sie zur Versteigerung. Wie groß die Zahl der Mitbietenden war, ist nicht überliefert, schließlich wurde sie für 2000 Reichstaler an den meistbietenden Franz Xaver Stöckl übergeben. Dass der Kaiser als Auftraggeber mit keinem Wort erwähnt wurde, entsprach Stöckls Prinzip, Aufträge gegen Anweisung barer Bezahlung und einer Provision von fünf Prozent diskret zu übernehmen und abzuwickeln. Stöckl besorgte auch die Verpackung der Bände in zwei Kisten, den Transport durch eine Leipziger Spedition sowie den Ausfuhrzoll und konnte die Porträtsammlung Anfang Juni 1796 dem Kaiser in Wien übergeben.
4.3.2 Zum inhaltlichen Profil der Sammlung Gesicherte Aussagen zur Gestalt und Zusammensetzung der Porträtsammlung des Georg Friedrich Brandes erweisen sich als schwierig, zumal sich weder eine Geschäftskorrespondenz Brandes’ noch Abrechnungen zu seinen Kunstsammlungen erhalten haben.386 Während der überwiegende Teil der 384 „Kupferstich-Cabinet des verstorbenen Herrn Hofrath Brandes in Hannover, enthaltend eine Sammlung der Werke alter und neuer berühmter Meister aus allen Schulen von Anfange der Kupferstecherkunst bis auf gegenwärtige Zeit […], Leipzig, 1795/96. 385 Ebenda, S. 738. 386 Einschlägige Recherchen von Gabriele Crusius, die in ihrer grundlegenden Arbeit zur Bibliothek des G. F. Brandes ein Kapitel seiner Kupferstichsammlung gewidmet hat, blieben erfolglos. Sie dürften von dessen Sohn Ernst Brandes vernichtet worden sein. Vgl. Crusius (2008), S. 12.
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Bände der Brandes’schen Privatbibliothek mit seinem Exlibris ausgestattet war, lassen sich in der Porträtsammlung Kaiser Franz’ I. keine Sammlerzeichen nachweisen, die auf einen Vorbesitzer Brandes hinweisen. Unterschiede lassen sich zunächst in den quantitativen Angaben zur Sammlung in zeitgenössischen Beschreibungen ausmachen. So wird in einer Nachricht in den „Annalen der Braunschweig-Lüneburgischen Churlande“ aus dem Jahr 1787 der Gesamtbestand der Porträtsammlung mit über 15.000 Einzelbildnissen angegeben, worunter sich zahlreiche seltene Blätter befänden. Die Bildnisse seien in „großen Foliobänden aufgeklebt und wohl gebunden“.387 Der „Catalogue raisonné“ des Michael Huber beziffert ihre Anzahl hingegen lediglich auf „plus de 12000 portraits de différentes personnes“388, im zwei Jahre später erschienenen Auktionskatalog wird der Umfang der Sammlung wiederum mit „über 14000 Portraite“ in „in 20 schönen rothledernen gross Folio-Bänden“ angegeben, dazu noch ein „sehr beträchtliches Supplemente in Portefeuillen zur Ergänzung“.389 Die Rechnung Franz Xaver Stöckls vom 8. Juni 1796 lautet wie der Auktionskatalog auf vierzehntausend Stück, wovon der „größte Theil“ in zwanzig rotledernen Bänden gebunden ist. Es ist anzunehmen, dass die Bände kurz nach deren Übergabe aufgelöst wurden. Da alle Blätter auf starken Großfolio-Bögen aufgebracht waren, konnte man diese lose in die Portefeuilles einlegen. Die Erwerbung der Porträtsammlung des Georg Friedrich Brandes markierte den signifikantesten quantitativen Anstieg in der Geschichte der Sammlung des Kaisers. Rund ein Fünftel des Bestandes, den die kaiserliche Porträtsammlung zu seinem Tod im Jahr 1835 aufwies, ist der Brandes’schen Porträtsammlung zuzuordnen. Wie bei der Kupferstichsammlung, bei der Brandes ein besonderes Augenmerk auf die verschiedenen Abdrucke eines Stichs legte und in der Blätter „vor der Schrift“, vor allem aus England, stark vertreten waren, dürften auch bei der Formierung der Bildnissammlung kennerschaftliche Auswahlprinzipien eine große Rolle gespielt haben. Die zeitgenössischen Journale wie auch der Auktionskatalog preisen „extrem rare Stücke“ und „Hauptwerke der Stecherkunst aller Nationen“, die in der Porträtsammlung zu finden seien, welche „schwerlich in einer andern Sammlung gefunden“ und von Liebhabern und Kennern als kostbar angesehen werden müssten. Eigenhändige Kommentare in dem von Brandes erstellten systematischen Katalog zu seiner Privatbibliothek, der sich bis heute in 6 Bänden im Handschriftenbestand der Landesbibliothek Olden387 Annalen der Braunschweig-Lüneburgischen Churlande (1787), S. 105. 388 Catalogue raisonné […], S. XV. 389 Kupferstich-Cabinet des verstorbenen Herrn Hofrath Brandes […] (1795), S. XI, S. 738.
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burg erhalten hat, geben Einblick in seine Beschäftigung mit der Erschließung der eigenen Porträtsammlung. In zahlreichen Anmerkungen verweist er auf die in den Werken enthaltenen Porträts und Frontispize, deren Zustände der Druckplatten oder Seltenheit.390 In der Klasse VIII mit der Bezeichnung „Beaux Arts“ verweist Brandes unter der Abteilung 5, „Recueils des Portraits“, in einer vorangestellte „Nota“ auf seine Loseblatt-Sammlung: „Les Ouvrages, ou les Portraits ne sont que l’accessoire, se trouvent dans les Classes de leurs Sujets, principalément, dans cettes de l’Histoire & Histoire Litteraire. Les Portraits detachés sont recueillis separément sous un Catalogue particulier, & n’entrent point dans céluici“. Daran anschließend werden jene Teile der Porträtsammlung aufgelistet, die nicht als Einzelblätter Eingang in die Klebebände fanden, sondern als gedruckte Porträtreihen oder illustrierte Bücher, in denen Biografien und Bildnisse nebeneinandergestellt sind, der Bibliothek zugeordnet wurden. Sie gingen wie alle Stiche, die sich in gebundenem Zustand befanden und im Bibliothekskatalog verzeichneten waren, 1790 an Herzog Peter Friedrich Ludwig über und befinden sich noch heute im Bestand der Oldenburger Landesbibliothek. Der Zusammenstellung der Klebebände, von denen jeder rund 700 Bildnisse enthielt, widmete Brandes viel Zeit. Bei seinem Tod hinterließ er ein beträchtliches Supplement an Portefeuilles, in dem sich jene Blätter befanden, die er noch nicht geordnet und arrangiert hatte. Die systematische Ordnung der Klebebände ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Der Auktionskatalog gibt an, die Porträts in den Bänden seien „nach den Namen alphabetisch geordnet“.391 Es ist aber wahrscheinlich, dass hier eine frühere Anzeige aus dem Journal des Luxus und der Moden falsch wiedergegeben wurde, die sich auf den „musterhaften Catalog“ zur Porträtsammlung bezieht, „darinnen alle Portraite nach ihren Namen alphabetisch geordnet“ waren.392 Die Anlage eines Klebebandes rein nach dem Alphabet wäre für eine Sammlerpersönlichkeit wie Brandes äußerst ungewöhnlich und es ist eher anzunehmen, dass er die Bände nach inhaltlichen Ordnungsprinzipien konzipiert hatte, wie es den Gelehrtensammlungen seiner Zeit entsprach und die Porträts innerhalb der einzelnen Klassen einer alphabetischen Ordnung folgten. Die wenigen zeitgenössischen Berichte beschreiben die Porträtsammlung 390 Landesbibliothek Oldenburg, Sign.: CIM I 88 MM. Der Katalog wurde von Brandes selbst verfasst und dürfte um 1780 entstanden und bis zu seinem Tod 1791 weitergeführt worden sein. Die überlieferten Abschriftbände (Vol 1,[1]; [1,2]; [Vol 2], [Vol 3,1]) sind wohl noch von Brandes selbst im Zuge der Kaufverhandlungen mit dem Herzog von Oldenburg 1790 entstanden, die originalschriftlichen Bände [Vol 1], [Vol 3] wurden – mit teilweise lose eingelegten Blättern – von den Oldenburger Bibliothekaren bis 1845 weitergeführt. 391 Kupferstich-Cabinet des verstorbenen Herrn Hofrath Brandes […] (1795), S. 738. 392 Journal des Luxus und der Moden, November 1793, S. 566.
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des Georg Friedrich Brandes als eine Sammlung von „Gelehrten und Künstlern“, „Liebhabern der Wissenschaften“ oder Persönlichkeiten, „die durch ihre Schriften bekannt“ waren. Es lässt sich daraus das Profil einer Porträtsammlung ableiten, die hinsichtlich ihrer dargestellten Persönlichkeiten dem Typus einer mehr oder weniger enzyklopädisch ausgerichteten Gelehrtensammlung entsprach. Gekrönte Häupter, Generäle oder Staatsmänner, zu denen etwa Franz seit Beginn seiner Sammeltätigkeit eine besondere Neigung entwickelte, standen hier an Zahl und Bedeutung weit hinter den Gelehrten verschiedenster Fakultäten, Künstlern oder Literaten zurück. Der Geist, der für die Entstehung der Sammlung maßgeblich war, war jener der Aufklärung, wie er sich auch in den Werken der Brandes’schen Privatbibliothek niederschlug. Dort finden sich Hauptwerke der aufgeklärten Staatstheorie, Philosophie, der politischen Ökonomie und Sozialwissenschaften, die auf eine aktive Auseinandersetzung Brandes’ mit Wissenschaftspositionen der Hochaufklärung hinweisen.393 Die Einverleibung der Porträtsammlung des Georg Friedrich Brandes in die kaiserliche Porträtsammlung bedeutete daher nicht nur einem massiven quantitativen Zuwachs, sondern vor allem auch eine Verlagerung hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausrichtung, die auf die spätere systematische Gliederung maßgeblichen Einfluss hatte.
393 Gabriele Crusius setzt sich in ihrer Publikation „Aufklärung und Bibliophilie“ (2008) eingehend mit der Zusammensetztung und Systematik des Brandes’schen Bücherensembles auseinander.
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5. ERWERBUNGEN UNTER DEN BIBLIOTHEKSVORSTEHERN YOUNG UND KHLOYBER Die ersten zehn Jahre des 19. Jahrhunderts waren geprägt durch eine zweimalige Bedrohung der Privatbibliothek des Kaisers vor Plünderung durch das herannahende französische Heer. Im Jahr 1805 blieben die Bibliotheksräume, an denen die Kupferstichsammlung angeschlossen war, größtenteils vom Feind verschont. Der aus der Gegend von Hannover stammende Buchhändler Carl Schaumburg nahm einen großen Teil der Bibliothek in Verwahrung und konnte ihn in Sicherheit vor den einmarschierenden Truppen bringen.394 Vier Jahre später musste die Sammlung abermals vor dem Zugriff durch die Franzosen bewahrt werden. Diesmal war es der Kunst- und Musikalienhändler Ignaz Sauer, der wenige Jahre zuvor mit einem Schätzgutachten zum Wert der kaiserlichen Grafiksammlung beauftragt worden war und nun die Evakuierung der Sammlung leitete. Sauer, Chorregent und Organist im k.k. Waisenhaus in der Währingerstraße, konnte die auf 678 Portefeuilles aufgeteilte Sammlung im Keller des Waisenhauses vor den Franzosen verstecken.395 Beide Male hatte die Porträtsammlung keine nennenswerten Verluste erlitten. Noch einmal, im Sommer 1813, wurden die Portefeuilles in Kisten verpackt und auf Donauschiffe verladen, um sie gegebenenfalls auf dem Wasserweg nach Ungarn in Sicherheit bringen zu können. Der für die Verbündeten glückliche Ausgang des Krieges machte diese Maßnahme schließlich obsolet. Während dieser Zeit der militärischen Auseinandersetzungen beschloss der Kaiser, einen Bediensteten mit den immer umfangreicher werdenden Tätigkeiten in Bezug auf seine Privatbibliothek und die daran angeschlossene Kupferstich- und Porträtsammlung zu betrauen. Die Wahl fiel auf den Hofbeamten Peter Thomas Young (1764–1829), Sekretär in der Geheimen Kabinettskanzlei, der bereits unter Leopold II. gedient hatte.396 Young protokollierte in den Jahren seiner Dienstzeit als Bibliotheksvorsteher penibel alle Vorgänge und meldete sie dem Kaiser. Das von ihm angelegte Archiv, welches mit dem Jahr 1809 einsetzt, dokumentiert die fortwährende Einflussnahme des Kaisers Franz auf alle die Porträtsammlung 394 Erwähnt in einem Bericht des Bibliotheksvorstehers Young an den Obersthofmeister Fürst Trauttmansdorff betreffend ein Gesuch Schaumburgs um den Titel eines Hofbuchhändlers. ÖNB, BAG, FKBA01003. 395 Sein Bericht zur Evakuierung der Sammlung ist gleichzeitig das erste Aktenstück des Archivs der Fideikommissbibliothek. ÖNB, BAG, FKBA01001. 396 Zur Karriere des Peter Thomas Young siehe ausführlich Huber-Frischeis/Knieling/Valenta (2015), S. 89–116
5. Erwerbungen unter den Bibliotheksvorstehern Young und Khloyber
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betreffenden Belange.397 Franz, der von Young schriftliche Vorträge über alle auf die Sammlungen bezogenen Eingänge wie Erwerbungen, Bittgesuche oder Personalia vorgelegt bekam, notierte seine Resolutionen oft eigenhändig auf den vorgelegten Votantenbögen.398 Ab dem Jahr 1813 wurde eine in monatlichen Raten ausbezahlte Dotation von 10.000 fl. Wiener Währung jährlich aus der k.k. Privatkasse für Bibliothek und Kunstsammlung genehmigt. Die Berechnung erfolgte durch Young anhand der Ausgaben der vergangenen Jahre.399 Aufgrund des steten Kursverfalls der Wiener Währung gegenüber der Konventionsmünze wandte sich Young mehrmals an den Kaiser mit der Bitte um neuerliche Verbesserung der Dotation. Die ersehnte Erhöhung erfolgte allerdings erst im Jahr 1817 in durchaus moderatem Rahmen auf 12.000 fl. Wiener Währung jährlich.400 Neben Peter Thomas Young waren zu dieser Zeit noch ein Skriptor, Franz Thein, und zwei Bibliotheksdiener angestellt.401 Im Jahr 1815 wurde eine zusätzliche Hilfskraft, der Wiener Porträtmaler Eduard Frister, eingestellt, der sich ausschließlich um die Ordnung der kaiserlichen Kupferstichsammlung zu kümmern hatte. Nach Youngs Ableben im Jahr 1829 übernahm der bisherige Skriptor Leopold Joseph von Khloyber (1789–1869) die Leitung der Bibliothek. Khloyber, der seit 1822 mit der Erschließung der Porträtsammlung befasst war, bekleidete diese Funktion bis zu seinem Tod im Jahr 1869. 5.1 Einsendungen und Dedikationen Die knapp 30 Jahre andauernde Periode von der Bestellung eines Bibliothekars und der Ausstattung mit einer Bibliotheksdotation bis zum Tod Franz’ im März 1835 bedeutete gleichsam das Ende der auf Initiative des Kaisers getätigten Ankäufe. Zwar lassen sich größere Erwerbungen von Porträtstichen im Kunsthandel, insbesondere bei Artaria, noch bis ein Jahr vor seinem Tod nachweisen – sie sind nahezu lückenlos in den Ausgabenjournalen und 397 ÖNB, BAG, Archiv der Fideikommissbibliothek 1809–1945. Das gesamte Archiv der Privatbibliothek (später Fideikommissbibliothek) besteht aus 51 Schatullen, wovon die ersten 20 die Akten bis zum Tod Kaiser Franz’ I. 1835 enthalten. 398 In den Jahren 2010 bis 2013 wurden im Zuge eines wissenschaftlichen Projektes die Kartons des Archivs der Fideikommissbibliothek der Jahre 1809 bis 1835 vollständig inhaltlich bearbeitet und in der Archivdatenbank der ÖNB verzeichnet. 399 Slama (2011), S. 45. Entwurf zur Errechnung einer Bibliotheksdotation: ÖNB, BAG, FKBA01012. 400 Slama (2011), S. 46; ÖNB, BAG, FKBA02072. 401 Matthias Braunbeck und Michael Brunner.
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Belegsammlungen des Bibliotheksarchivs dokumentiert. Doch lässt sich ab den 1810er-Jahren allmählich eine Verlagerung der Akquisitionsvorgänge in Richtung einer passiven Sammelpolitik beobachten, die auf einen zunehmenden Anteil von Erwerbungen hinauslief, welche im direkten Kontakt zwischen Künstlern und Sammlung getätigt wurden. Neben Autoren, Verlegern oder Privatpersonen, die sich mit Bittgesuchen und Eingaben direkt an den Kaiser oder die Privatbibliothek wandten, war man zunehmend mit Einsendungen von Druckgrafiken oder Zeichnungen in- und ausländischer Künstler konfrontiert, die um die Aufnahme ihrer Arbeiten in die Porträt- oder Kupferstichsammlung oder um Pränumeration von im Entstehen begriffenen Werken baten. Dabei behielt es sich der Kaiser weiterhin vor, alle Entscheidungen hinsichtlich deren Erwerbung selbst zu treffen. Bei der Mehrheit der im Bibliotheksarchiv dokumentierten Fälle dieser Jahre handelt es sich um akademische Kupferstecher aus Wien, die sich mit druckgrafischen Erzeugnissen an die kaiserliche Privatbibliothek wandten und diese unter Nennung eines konkreten Ankaufspreises zur Aufnahme in die Kupferstichsammlung anboten. Die Blätter wurden nicht selten in zwei Ausführungen, vor und nach der Schrift, angeboten, wobei der Preis um einige Gulden variierte. Der Bibliotheksvorsteher teilte dem Kaiser den Inhalt des Schreibens per schriftlichem Vortrag mit, der meist auch eine Beurteilung der Qualität des eingesandten Blattes beinhaltete. Schließlich entschied sich der Kaiser für oder gegen einen Ankauf. Unter den Bittstellern finden sich einige namhafte Kupferstecher, die zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Zenit ihres künstlerischen Schaffens standen. Der Maler und Grafiker Vincenz Georg Kininger etwa sandte im Jahr 1821 sein monumentales Mezzotinto „Apotheose des Kaisers Franz – Die Segnungen des Friedens“ nach Heinrich Friedrich Füger402 ein, mit der Bitte, es dem Kaiser widmen zu dürfen. Es wurden daraufhin über die k.k. Polizeihofstelle Erkundigungen über den Künstler eingeholt. Deren Präsident, Joseph Graf Sedlnitzky, äußerte sich positiv über den Künstler, der „unter die ersten und vorzüglichsten Künstler in seinem Fache gehöre“ und zudem unbescholten sei. Es wäre demnach unbedenklich, dem Wunsch des Künstlers, „dessen häusliche Umstände nicht glänzend sind“, nachzukommen und die Widmung anzunehmen.403 Auf Anraten des Staatsrates Andreas Freiherr von Stifft lehnte Kaiser Franz eine Widmung jedoch ab und ließ stattdessen Fürst von Metternich eine Denkmünze aushändigen, die dieser in seiner Funktion als Protektor der k.k. Akademie der bildenden Künste, Kininger 402 ÖNB, BAG, Pk 3003,420. 403 ÖNB, BAG, FKBA05043 fol. 1r.
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zum Dank überreichen sollte.404 Derartige Dedikationsansuchen wurden häufig abgelehnt. Wenn etwa die Qualität eines vorgelegten Werkes der Würde des Kaisers nicht angemessen entsprach oder Einwände gegen den Künstler, sei es in politischer oder moralischer Hinsicht, vorlagen, gab der Bibliotheksvorstand in seinem Vortrag die Empfehlung ab, die Dedikation abzulehnen, welcher der Kaiser meist nachkam. Einige Offerenten wandten sich regelmäßig mit grafischen Werken an die Privatbibliothek, wie etwa der aus Budapest stammende Kupferstecher Abb. 30: Vinzenz Georg Kininger, Apotheose des Johann Jaresch, der in den Kaisers Franz, 1821 1820er-Jahren gleich viermal eigene Arbeiten zur Aufnahme in die Porträt- und Kupferstichsammlung anbot, darunter Porträts des Kronprinzen Ferdinand und dessen Gemahlin Maria Anna, des Wiener Weihbischofs Matthias Steindl oder des Direktors der Wiener Sternwarte, Johann Litrow, die allesamt durch den Kaiser angekauft wurden. Auf gleiche Weise übersandten auch die akademischen Kupferstecher Tommaso Benedetti, Paul Gleditsch, Carl Heinrich Rahl oder Leopold Blau mehrfach Proben ihres Schaffens. Auch aus dem Ausland trafen Einsendungen von Porträtstichen etablierter Künstler ein. Ein Porträt des Kaisers vom Mailänder Kupferstecher Giuseppe Longhi nach einem Gemälde von Natale Schiavoni405 wurde über den Botschafter Franz Joseph Graf Saurau übergeben. Man überlegte daraufhin, ob man dem Künstler als Entlohnung eine goldene Dose, eine Medaille oder einen Ring zukommen lassen solle.406 Zwei Jahre später schickte Longhi abermals sieben Exemplare seines Kupferstichs nach Raffaels „Sposalizio“ 404 Ebenda, fol. 5v. 405 ÖNB, BAG, PORT_00048411_01. 406 ÖNB, BAG, FKBA02104. Franz behielt ein Exemplar vor der Schrift und drei nach der Schrift für die eigene Kupferstichsammlung und ließ zwei Exemplare der Hofbibliothek und ein Exemplar der Akademie der bildenden Künste übergeben.
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II. Sammelstrategien
(1504)407 ein, welchen er dem Kaiser gewidmet hatte. Longhi erhielt daraufhin 150 Dukaten und eine goldene Dose. Neu erschienene Porträtstiche des Fürsten Karl Philipp von Schwarzenberg, des Königs Wilhelm I. von Württemberg, des Königs Maximilian I. Joseph von Bayern, des Herzogs Karl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach oder des Großherzogspaares von Hessen wurden von Kupferstechern aus den jeweiligen Ländern eingesandt und, sofern nicht schon in der Sammlung vorhanden, durch Gegengaben, meist in Form von Geldgeschenken, honoriert. Auf finanzielle Unterstützung durch den Kaiser durften auch Studenten der Akademien in Wien oder Graz hoffen, die sich mit grafischen Arbeiten, meist Reproduktionen nach bekannten Originalen, vorstellten. Gelegentlich wurden Arbeiten auch vom Präsidenten der Akademie der bildenden Künste in Wien, Oberstkämmerer Johann Rudolf Graf Czernin, eingereicht. Franz nahm die Werke meist an und ließ sie aus den Bibliotheksgeldern bezahlen. Die Annahme eines Porträtstiches des Guardians der Kapuziner vom erst sechzehnjährigen Akademieschüler Karl Lavos im Jahr 1829 empfahl Bibliotheksvorstand Khloyber dem Kaiser mit der Bemerkung, „weil […] Euere Majestät geschickten Jünglingen gerne aufmunternde Unterstützungen angedeihen laßen […]“.408 Lavos, Bruder des Porträt- und Genremalers Joseph Lavos, wandte sich daraufhin noch zweimal mit neuen Werken an den Kaiser, so etwa 1834 mit einem Reproduktionsstich nach Ferdinand Georg Waldmüllers Genrebild „Der alte Geiger“ (1828). Im Begleitschreiben zu dem Kupferstich gab Lavos bekannt, dass er als Knabe im Theater am Kärntnertor als Tänzer engagiert war, bis er „durch eine vor acht Jahren ausgestandene Krankheit aber ganz gehörlos geworden, und hiedurch des Glücks beraubt wurde, als Tänzer sein Fortkommen und Unterhalt zu haben“.409 Khloyber empfahl dem Kaiser daraufhin, das Blatt aufgrund des Könnens und der Bedürftigkeit des Künstlers abzunehmen. Lavos gehöre „zu den besseren Künstlern Wiens“ und „sein gegenwärtiges Blatt ist gelungen zu nennen. Hinsichtlich seiner Aufführung liegen die besten polizeilichen Notizen vor.“410 Der Kaiser befahl im März 1834 den Erwerb von fünf Abzügen des Stiches und die Auszahlung von 54 fl. an den Künstler, welcher kurz darauf verstarb.411 407 ÖNB, BAG, Pk 511,125. Franz behielt ein Exemplar vor der Schrift und drei nach der Schrift für die eigene Kupferstichsammlung und ließ zwei Exemplare der Hofbibliothek und ein Exemplar der Akademie der bildenden Künste übergeben. ÖNB, BAG, FKBA06023. 408 ÖNB, BAG, FKBA13045, fol. 3r. 409 ÖNB, BAG, FKBA18030, fol. 1v. 410 Ebenda, fol. 3r–v. 411 Wurzbach (1865), Bd. 14, S. 231.
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Letztendlich war ein beträchtlicher Teil der Einsendungen mit der Bitte um finanzielle Unterstützung verbunden. Mittellose Künstler und Dilettanten übersandten dem Kaiser unter dem Vorwand, ihm ein möglicherweise interessantes Sammelobjekt überreichen zu wollen, Bittgesuche, in denen sie auf ihre Hilfsbedürftigkeit aufmerksam machten. Dieser vergleichsweise direkte Weg über die Privatbibliothek ersparte dem Bittsteller, sich mit seinem Anliegen an eine Hofstelle zu wenden, wo ein derartiges Gesuch für gewöhnlich bearbeitet worden wäre, oder an einer der zahlreichen Audienzen des Kaisers teilzunehmen.412 So bezeugen viele der beiliegenden Schreiben, dass der Adressant etwa „Kinder zu ernähren“ habe413 und es mit der finanziellen Situation nicht zum Besten stehe. In der Mehrheit der Fälle genehmigte Franz die Abnahme des Offerierten und gewährte dem Bittsteller eine Zahlung aus der Privatkasse. Als derlei unaufgeforderte Einsendungen, insbesondere aus dem deutschsprachigen Ausland, schließlich ausuferten, sah sich Franz auf Anraten seines Bibliothekars Peter Thomas Young 1823 genötigt, einen Erlass in den maßgeblichen ausländischen Zeitungen zu publizieren, wonach unaufgeforderte, ungenehmigte Einsendungen fortan dem Einsender, unter Umständen auch auf dessen Kosten, zurückgestellt werden.414 5.2 Das Zirkularschreiben an die Gesandtschaften Einen letzten entscheidenden Impuls zur Vermehrung der Sammlungsbestände vor dem Tod des Kaisers bildete die per Umlaufschreiben an die k.k. Gesandtschaftsposten gesendete Anordnung, Bildnisse von Angehörigen der fürstlichen Familien, an deren Höfen die Gesandten akkreditiert waren, für die kaiserliche Porträtsammlung zu erwerben. Das Schreiben, das auf das Schließen von Lücken in der genealogischen Abteilung der Porträtsammlung zielte, wurde im Februar 1828 an 21 Gesandtschaften in auswärtigen Staaten verschickt und vermehrte die Sammlung in den darauffolgenden Jahren um weitere hunderte Bildnisse fürstlicher Familien aus ganz Europa. Insbesondere die Bestände zu einigen zu diesem Zeitpunkt noch unterrepräsentierten souveränen deutschen Fürstenhäusern konnten durch die eingetroffenen Sendungen ergänzt werden. Die Strategie, sich zur Ergänzung der Bildnissammlung der eigenen familiären und politischen Beziehungen zu bedienen, stellt unter den Sammler412 Knieling/Huber-Frischeis/Valenta (2011), S. 76 f. 413 ÖNB, BAG, FKBA20088. 414 Ebenda, S. 76.
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II. Sammelstrategien
persönlichkeiten des Hauses Habsburg keine Neuheit dar. So war die wohl bedeutendste Porträtsammlung des 16. Jahrhunderts nördlich der Alpen ebenfalls die eines Habsburgers und Vorfahren Kaiser Franz’. Erzherzog Ferdinand von Tirol (1529–1595), Sohn von Kaiser Ferdinand I., legte neben anderen Sammlungen für sein Lustschloss Ambras eine Sammlung von fast eintausend Porträts regierender Fürsten und deren Ahnen sowie berühmter Zeitgenossen aus allen Ländern Europas an.415 In nur zwölf Jahren, von 1578 bis 1590, konzipierte und realisierte er eine Porträtsammlung, die nicht nur als die älteste, sondern sicher auch als die zeitgenössisch umfangreichste nördlich der Alpen bezeichnet werden kann. Sie beginnt mit dem Babenberger Leopold I. und schließt mit den Geschwistern und Söhnen des Erzherzogs ab.416 Im Prinzip handelt es sich dabei ebenfalls um eine Porträtsammlung auf Papier. Um den Transport zu erleichtern, ließ Ferdinand die Bildnisse zwar in Öl, aber auf Papier anfertigen. Erst nach dem Eintreffen in Ambras wurden diese dann auf kleine Holztafeln aufgezogen. Wie Kaiser Franz nahm auch Ferdinand von Tirol die Dienste von Agenten und professionellen Kunsthändlern in Anspruch. Jakob Schrenck von Notzing, Ferdinands rechte Hand in allen Sammlungsangelegenheiten, führte dabei die Korrespondenz. Etliche Porträts sind den beiden Habsburger Sammlern auch durch Geschenke zugekommen. Um Lücken in ihren Sammlungen zu schließen, bedienten sich also sowohl Erzherzog Ferdinand als auch Kaiser Franz ihrer familiären und politischen Verbindungen. Ferdinand schickte aus Innsbruck unzählige Gesuchsschreiben an Fürsten ausländischer Höfe, in denen er um die Anfertigung von möglichst authentischen Porträts sowie beigefügten Biografien der jeweiligen Familien bat. Zu den Bittschreiben legte er ein Musterblatt Papier in der Größe von etwa 10 x 15 cm, damit alle zurückkommenden Porträts das gleiche Format aufwiesen.417 Er schrieb persönlich die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg an und beauftragte Vertreter des Wiener Hofes im Ausland mit der Beschaffung von Porträts. Über seinen ältesten Sohn, Kardinal Andreas von Österreich, ließ er sich Papst- und Kardinalsbildnisse aus Rom liefern, den Hofmaler Francesco Terzio beauftragte er, in Rom schöne Frauen für seine Porträtsammlung zu porträtieren.418 Der rund zweihundert Jahre später entstandene Entwurf des Rundschrei415 Zur Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol vgl. Kenner (1896), Ladner (1932), Pflauder (1999). 416 Die Sammlung ist heute Teil der Schausammlung im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums in Wien. 417 Kenner (1896), S. 44. 418 Ebenda, S. 40.
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bens Kaiser Franz’ I. aus der Hand des Bibliotheksvorstehers Peter Thomas Young und des Skriptors Leopold Joseph von Khloyber befindet sich heute im Archiv der Fideikommissbibliothek.419 Young teilt darin den Gesandten den Auftrag des Kaisers mit, nur Porträts jener Personen, die auf mitgesendeten genealogischen Tabellen als nicht vorhanden markiert waren, in ihren jeweiligen Ländern besorgen zu lassen: „Da nun ungeachtet aller Ausdehnung dieser Sammlung, die nach Voigtel’s und Hübner’s genealogischen Tabellen geordnet ist, dennoch so Manches abgeht, was vielleicht auf Hochdero Gesandtschafts-Posten leicht zu haben ist, so wünschen Allerhöchstdieselben, dass jene Sammlung nach und nach durch Ankauf – seyen es nun Kupferstiche, oder lithographirte Abdrücke – soweit als möglich kompletirt werde.“420 Dem Zirkularschreiben wurden einzelne Tafeln aus Traugott Gotthilf Voigtels „Genealogischen Tabellen zur Erläuterung der Europaeischen Staatengeschichte […]“421 beigelegt, die sich auf die jeweiligen Höfe, an denen die Gesandten akkreditiert waren, bezogen. Jene Personen, von denen man bereits über Bildnisse verfügte, waren darauf mit roter Tinte markiert, um einlaufende Doubletten zu vermeiden.422 Darüber hinaus enthielt das Schreiben folgende präzise Anweisungen zur Auswahl der Bildnisse: „1tens. Von den angetrauten Prinzen sind, wenn sie aus einem auswärtigen Hause stammen, keine Porträte zu erstehen; indem der dortländige k.k. Herr Gesandte damit bereits beauftraget ist; wohl aber hat der dießfällige Ankauf zu geschehen, wenn der Gemahl oder die Gemahlin aus keiner souverainen Familie entspringt. 2tens. Portraite von natürlichen Nachkommen, wie auch von Maitressen, die Voigtel in seinen Tabellen gewöhnlich übergeht, können gleichfalls erkauft werden.“ 3tens. Im Falle, daß von einer und derselben Person mehrere Porträte von verschiedenen guten Meistern zu haben wären; so kann bey der Ungewißheit über ihre Aehnlichkeit von jedem dieser Künstler ein Exemplar angeschafft werden. 4tens. Da sich besonders bey älteren Kupferstichen nicht selten der Fall ereignet, daß Prinzen und Prinzessinnen bloß mit Anführung ihres Taufnahmens
419 420 421 422
ÖNB, BAG, FKBA11007. Ebenda, fol. 1r–v. Voigtel (1811). So waren etwa auf der Tafel der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz alle Erzbischöfe bis auf jene von Willigis (†1011) bis Konrad von Dhaun (†1434) als vorhanden markiert. Vgl. ÖNB, BAG, FKBA11018.
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II. Sammelstrategien
ohne irgendeine andere Notiz dargestellt sind, und derselbe Nahme öfters in der nähmlichen Familie vorkommen kann, so wäre es gut, wenn der Käufer oder sonst Jemand auf der Rückseite des Blattes die etwa nöthige genealogische Aufhellung mit dem Bleystifte anmerkte, und z. B. angäbe, NN, Sohn von ***, oder NN. verstorben anno ***. 5tens. Wird ersucht, bey Porträten, wo vielleicht die Aehnlichkeit sich ausmitteln läßt, dieses gleichfalls auf der Rückseite mit den Worten: ähnlich, oder sehr ähnlich zu notiren.
Nach Maaß als eine ziemliche Anzahl solcher Porträte angekauft und beysammen seyn wird, wünschen Seine Majestät, daß Ew. etc. selbe unmittelbar an Allerhöchstdieselben einsenden, ohne abzuwarten, daß die Anzahl sämmtlicher, nach Ausweise der eingeschickt werdenden Tabellen der Ah. Sammlung abgängigen Porträte aufgetrieben worden sey; und daß jeder Sendung immer auch die diesfällige Rechnung über jedesmaligen Ankauf beygelegt werde, damit Seine Majestät den Ersatz des dafür ausgelegten Geldbetrages alsogleich anordnen können.“423 Zunächst musste man sich vergewissern, für welche Länder oder Städte die entsandten Botschafter jeweils akkreditiert waren und welche Höfe folglich in ihren Zuständigkeitsbereich fielen. Dies gab gleich zu Beginn Anlass zu einiger Verwirrung. So wurde etwa diskutiert, wer mit den Bildnissen der hessischen Landgrafen aus der Darmstädter Linie betraut wurde, da der Ministerresident in Frankfurt, Paul Anton Freiherr von Handel, der auch am Großherzoglich-hessischen Hof akkreditiert war, anbot, ob er nicht nach diesen Porträts, oder „überhaupt des hessischen Stammes forschen soll“, denn es wäre durch seine Bekannten in Darmstadt möglich, diese „noch bestehenden Lücken auszufüllen“.424 Tatsächlich fielen die hessischen Landgrafen aber in den Zuständigkeitsbereich des Gesandten für das Kurfürstentum Hessen, Karl Eduard Freiherr von Hruby-Geleny. Zudem schickte Handel, der bis 1816 Militärintendant in Würzburg war, eine Sammlung von Bildnissen Würzburger Fürstbischöfe nach Wien, die diesem schließlich zurückgesandt wurden mit der Begründung, der Gesandte in München, Caspar Philipp Graf von Spiegel, sei für die Fürstbischöfe von Würzburg zuständig. Man übersandte dem Freiherrn von Handel schließlich aus Voigtels Werk die genelogischen Tabellen der fränkischen und schwäbischen (bzw. hohenstaufischen) Könige und Kaiser, der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz sowie der Grafen und Fürsten aus dem Haus Nassau.425 423 ÖNB, BAG, FKBA11007, fol. 2r–3v. 424 ÖNB, BAG, FKBA11019, fol. 2v. 425 Von Handel war auch Ministerresident für das Großherzogtum Hessen und das Herzogtum
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Dem Ministerresidenten bei den großherzoglichen Häusern Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Oldenburg sowie der freien Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck, Karl Freiherr Binder von Kriegelstein, sandte man Tabellen der Herzoge von Mecklenburg, Oldenburg und Holstein. Dem Gesandten in Dresden, Franz Graf von Colloredo-Wallsee, schickte man Tafeln mit Herzogen und Fürsten von Sachsen, Anhalt und aus dem Haus Reuß. Dem Gesandten für das Kurfürstentum Hessen und Braunschweig, Karl Eduard Freiherr von Hruby-Geleny, die Tabellen mit den Markgrafen Abb. 31: Entwurf des Rundschreibens, 1828 von Baden, den Landgrafen von Hessen-Kassel und den Herzogen von Braunschweig. Der Gesandte in München, Caspar Philipp Graf von Spiegel, erhielt Tabellen mit Herzogen und Kurfürsten von Bayern sowie Fürstbischöfen von Würzburg. Der Vertreter in Berlin, Josef Graf von Trauttmansdorff-Weinsberg, erhielt Stammtafeln der Markgrafen von Brandenburg und der Herzoge von Pommern, aber auch der Erzbischöfe und Kurfürsten von Köln und Trier, Herzoge von Kleve und Berg sowie der Grafen von Isenburg. Das Zirkularschreiben wurde weiters den Gesandtschaften in Turin, Paris, Brüssel, Madrid, Lissabon, Kopenhagen, Stockholm, London, Warschau und St. Petersburg übermittelt. Bereits einen Monat nach Versendung der Gesuche trafen erste Rücksendungen aus Frankfurt, München, Hamburg, Florenz, Rom, Stockholm und London ein. Sie dokumentieren das mehr oder weniger ambitionierte Bestreben der Gesandten, das Angebot des jeweiligen lokalen Grafikmarkts systematisch nach den angeforderten Bildnissen zu durchforsten. Den ersten Lieferungen von Porträts lagen meist Rechnungen von Kunsthändlern bei. So beschafften die Frankfurter Buchhändler Friedrich Wilmans und Carl Christian Jügel eine beträchtliche Anzahl von Bildnissen nassauischer Herzoge. Aus Nürnberg übersandte Johann Andreas Boerner, nunmehriger Besitzer der Kunsthandlung Frauenholz, dem Gesandten Graf Spiegel die der Nassau. Vgl. Hof- und Staats-Schematismus des Österreichischen Kaisertums (1830), S. 212.
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II. Sammelstrategien
kaiserlichen Sammlung noch abgehenden und von ihm aufgetriebenen Porträts von Herzogen und Kurfürsten von Bayern. Der Florentiner Kunsthändler Luigi Bardi schickte eine Quittung für mehrere Bildnisse toskanischer Herrscher, aus London traf eine Serie englischer Königshäuser des Kunsthändlers und Verlegers Rudolph Ackermann ein. Zudem wurden von den Gesandten Experten aus verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen hinzugezogen, um bei der Herbeischaffung der Porträtstiche behilflich zu sein. In Kassel war dies etwa der Sprachwissenschaftler und Sekretär der dortigen Bibliothek, Wilhelm Grimm, der den Auftrag erhielt, ein Verzeichnis der ihm bekannten Bildnisse des Hauses Hessen-Kassel sowie der Landgrafen aus der Darmstädter Linie zu erstellen. In Braunschweig wurde der Galerieinspektor am Herzoglichen Museum, Ludwig Pape, für die Beschaffung von Porträts der Herzoge von Braunschweig herangezogen. Der bedeutende Historiker Waldecks, Johann Adolph Theodor Ludwig Varnhagen, erstellte Biografien zu den Grafen und Fürsten von Waldeck. In München wurden der Inspektor des königlich-bayerischen Kupferstichkabinetts, Franz Brouillot, der ehemalige Reichsarchivar Franz Joseph von Samet und der Augsburger Stadtbibliothekar Daniel Eberhard Beyschlag aufgefordert, bei der Recherche der benötigten Porträts mitzuwirken. Auch private Sammler wurden konsultiert, wie etwa der bekannte Kölner Gemäldesammler Sulpiz Boisserée, der kurmainzische Registrator und Kunstkenner Johann Peter Steinbrech oder der Inspektor des königlich-dänischen Münzkabinetts und Kupferstichsammler, Christian Jürgensen Thomsen. Letzterer erhielt zum Dank eine Auswahl von Doubletten aus der kaiserlichen Kupferstichsammlung, da man in Kopenhagen, wie der dortige Botschafter Eduard Georg Wilhelm von Langenau bemerkte, „nur Englische und Französische Erzeugnisse des erleichterten Transports zur See wegen kennt“.426 Auch in Schweden gäbe es, wie der Gesandte in Stockholm, Eduard Graf von Woyna mitteilte, „keine sogenannten Kunsthandlungen, die den Wünschen der Kunstliebenden entsprechen“. Zudem sei die „Kupferstecherkunst erst seit der vor wenig[en] Jahren stattgefundenen Heimkehr des Professors Forselles in Stockholm in eine vollkommene Ausübung gekommen“ und die Lithografie befinde sich noch „auf der niedrigste[n] Stufe der Ausbildung“.427 Woyna werde sich aber bemühen, auf einer im Herbst stattfindenden Versteigerung von Büchern und Gemälden weitere Porträts anzukaufen. Besagter Kupferstecher Christian Didrik Forsell, Professor an der Kunstakademie 426 ÖNB, BAG, FKBA15099, fol. 6v. 427 ÖNB, BAG, FKBA11018, fol. 7r.
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in Stockholm, der wenige Jahre zuvor ein allgemein beachtetes ganzfiguriges Porträt des schwedischen Königs Karl XIV. Johann herausgegeben hatte,428 plane jedenfalls in absehbarer Zeit eine Serie sämtlicher schwedischen Könige, Staatsmänner, Feldherren und Gelehrten herauszugeben. Vor ein ähnliches Problem sah sich auch der Gesandte in St. Petersburg, Stefan Graf von Zichy gestellt, der durch seinen Legationssekretär mitteilen ließ, dass er trotz aller Bemühungen „bey dem Mangel ordentlicher Kunsthandlungen in St. Petersburg“ keine der zu ergänzenden Porträts habe auftreiben können.429 Da insbesondere von den älteren Linien der Fürstenhäuser sowie von geistlichen und weltlichen Würdenträgern des Mittelalters kaum Bildnisse auf Papier aufzutreiben waren, wurde schließlich von mehreren Gesandtschaftsposten die Idee herangetragen, deren Konterfeis, sofern sie von Epitaphen, Skulpturen und Standbildern bekannt waren, zu kopieren. Der Gesandte in Madrid, Lazar Ferdinand Conte Brunetti, ließ anfragen, ob es dem Willen des Kaisers entspreche, dass für jene Personen, deren Porträts lediglich auf Monumenten, Skupturen oder Ölgemälden außerhalb Madrids zu finden seien, Künstler entsendet werden sollen, um von diesen Zeichnungen anzufertigen. In diesem Falle sei ihm mitzuteilen, ob diese Kopien in Öl gemalt werden sollen oder ob es dem Kaiser genüge, eine gute Zeichnung in Kreide zu haben. Brunetti wies gleichzeitig darauf hin, dass Ersteres wohl recht teuer käme.430 Franz lehnte dieses Vorhaben jedoch kategorisch ab: „Dem Brunetti ist zu bedeuten, daß ich die mir fehlenden Abbildungen nur zu erhalten wünsche, wenn sie zu haben sind; keineswegs aber daß Künstler um sie zu bekommen zu reisen oder die vorhandenen Standbilder und Gemählde abzukopiren haben.“431 Auch der Ministerresident in Frankfurt meldete sich mit ähnlichem Ansinnen betreffend die von ihm zu beschaffenden Bildnisse deutscher Kaiser und Fürsten aus dem Hause Nassau: „Von manchen sind gar keine, wohl aber Epithaphen mit Standbildern vorhanden (was auch bei einigen Erzbischöfen vor Williges [Willigis, Erzbischof von Mainz] der Fall sein dürfte) – ich nehme mir daher die Freiheit, anzufragen, ob Se. Majestät allergnädigst genehmigen, daß ich diese copiren lasse, und in welcher Manier?“432 Der Bibliotheksvorstand Young empfahl daraufhin dem Kaiser, „dass die428 ÖNB, BAG, Pg III/4/94, Stahstich (1822) nach Gemälde von François Gérard (1811), Stockholm, Kungliga Husgerådskammaren. 429 ÖNB, BAG, FKBA11063, fol. 1r. 430 ÖNB, BAG, FKBA11040, fol. 1v. 431 ÖNB, BAG, FKBA11017, fol. 7v. 432 ÖNB, BAG, FKBA11018, fol. 1r–v.
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II. Sammelstrategien
ses am besten, wohlfeilsten, und schnellsten in der Tuschmanier, und in der beyläufigen Größe des gegenwärtigen klein-Folio-Bogens geschehen“ solle433, worauf Franz schließlich seine Zustimmung gab.434 Mangels Verfügbarkeit etlicher auf den mitgesendeten Tabellen gekennzeichneter Porträts mecklenburgischer Herzoge wandte sich der Gesandte in Hamburg, Karl Binder von Kriegelstein, an den Großherzoglich-Mecklenburgischen Hofmaler Friedrich Christoph Georg Lenthe, der als Galeriedirektor für die herzoglichen Schlösser Ludwigslust und Schwerin zuständig war. Lenthe wurde beauftragt, Kopien von Bildnissen der fehlenden Abb. 32: Adolf Friedrich IV., Herzog zu Personen, die in den Gemälde- und AhMecklenburg (1738–1794) nengalerien der Schlösser verfügbar waren, anzufertigen. Im November 1828 trafen die ersten acht Kopien in Pastell aus der Galerie zu Ludwigslust in Wien ein. Bevor er weitere in Auftrag gebe, bat Binder-Kriegelstein, sich zu überzeugen, ob die Ausführung der Stücke sowie deren Preis von 1 Louis d’or die kaiserliche Zustimmung finde. In diesem Fall würde er „die folgenden, nach den Tabellen Verzeichniße angegebenen Portraits, nach und nach verfertigen lassen, in so weit es füglich bei den dunklen und kurzen Wintertagen geschehen kann.“435 Die Blätter wurden daraufhin einer Schätzung durch den Wiener Kunsthändler Dominik Artaria unterzogen, der feststellte, dass der Preis von 1 Louis d’or pro Stück „überschwenglich reich sey“.436 Obgleich Bibliothekar Young den Kaiser noch darauf hinwies, dass Pastellzeichnungen „wegen der so leichten Verwischbarkeit“ nur sehr schwer aufbewahrt werden könnten, stimmte der Kaiser schließlich der Kopierung weiterer 40 Porträts aus den Galerien zu Ludwigs433 Ebenda, fol. 9r. 434 Belegt ist lediglich die Lieferung einer Pinselzeichnung des Gegenkönigs Günther XXI., Graf von Schwarzburg-Blankenburg nach der im Frankfurter Dom befindlichen Grabplatte. ÖNB, BAG, PORT_00029674_01. 435 ÖNB, BAG, FKBA11027, fol. 1v. 436 Ebenda, fol. 10r.
5. Erwerbungen unter den Bibliotheksvorstehern Young und Khloyber
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lust, Neustadt, Schwerin, Doberan, Rostock, Güstrow, Ratzeburg und Lübeck zu.437 Letztendlich erbrachte die Unternehmung der Sammlung auch eine erhebliche Anzahl an Doubletten, die, ungeachtet der im Rundschreiben enthaltenen Instruktionen, eingesandt wurden. Bibliothekar Young hatte sich mit etlichen von den Gesandten unaufgefordert herangetragenen Angeboten zu befassen, die zum Teil ganze Porträtsammlungen zum Inhalt hatten. Mehrfach wandte er sich deswegen erzürnt an den Kaiser, wenn etwa von den „angetragenen Bildniss-Bücher von Kilian und D[ominik] Custos […] die allerhöchste Bibliothek bereits vierfache Exemplare“ besaß438 oder der Gesandte für das Großherzogtum Baden Porträts des Großherzogs und der Markgräfin Amalie übersandte, die beide „in der Voigtelschen Tabelle mit rother Dinte unterstrichen“ und somit als vorhanden markiert waren. Bei Letzterer käme zudem der Umstand zu tragen, dass „in der an die Gesandten erlassenen Weisung ausdrücklich gesagt wurde, daß von den angetrauten Prinzen, wenn sie aus einen auswärtigen Hauptstamme [kommen], keine Portraite zu erstehen sind“.439 Auch beklagte Young, dass mehrere durch die Gesandten beauftragte Personen „wiewohl unter der Bedingung der Verschwiegenheit, in die Kenntniß gesetzt worden, für welchen hohen Zweck und Ort diese Portraits gesucht werden“.440 Kaiser Franz bat schließlich, den Gesandten „in Meinem Nahmen [zu] ersuchen, bey fernerer Erstehung derley Bildniße sich genau nach der ihm durch Meine Privatbibliothek zugekommene Anweisung zu halten, damit Meine Sammlung nicht unnöthigerweise mit Doubletten vermehrt werde.“441 Von den Einsendungen, die sich aufgrund der Vielzahl an Residenzen, für die die Botschafter zuständig waren, bis über das Jahr 1831 hinaus erstreckten, nahm Young nur mehr einen Teil persönlich entgegen. Peter Thomas Young verstarb am 14. Februar 1829 im Alter von 64 Jahren. Der Skriptor Leopold Joseph von Khloyber folgte Young in dessen Funktion als Bibliotheksvorstand nach und bekleidete sie bis zu seinem Tod im Jahr 1869.
437 Letztlich wurden insgesamt 28 Zeichnungen von Friedrich Lenthe für die Porträtsammlung erworben. Sie tragen heute die Inventarnummer (ÖNB, BAG) Pk 456. 438 ÖNB, BAG, FKBA11032, fol. 6v. 439 ÖNB, BAG, FKBA11026, fol. 3r–v. 440 ÖNB, BAG, FKBA11032, fol. 6v. 441 ÖNB, BAG, FKBA11026, fol. 3v.
Abb. 33: Innerer Burghof mit Reichskanzleitrakt, um 1792
III. ORDNUNGSSTRATEGIEN
6. BÜRGERLICHES SAMMELN UND ORDNEN VON PORTRÄTGRAFIK IM 18. JAHRHUNDERT Die Gründung der Porträtsammlung Kaiser Franz’ I. fällt in eine Zeit, als das Sammeln von druckgrafischen Bildnissen seinen Höhepunkt bereits erreicht hatte. Beeinflusst vom Geist der Aufklärung erfreute sich die Gattung in ihren unterschiedlichen Genres – vom höfischen und geistlichen Bildnis über das Gelehrten- und Künstlerporträt bis hin zu Darstellungen von Kaufleuten und einfachen Bürgern – seit dem Beginn des Jahrhunderts der allgemeinen Wertschätzung einer bürgerlichen Sammlerszene. In England waren es Samuel Pepys (1633–1703), Präsident der Royal Society, und sein Freund, der Dichter John Evelyn (1620–1706), die bereits in den 1660er-Jahren begonnen hatten, Porträtstiche von Robert Nanteuil und anderen Stechern systematisch zusammenzutragen. Begünstigt durch die druckgrafische Vervielfältigung zahlreicher Bildnisse, etwa des Porträtmalers Joshua Reynolds, war das Sammeln von Porträtgrafik im 18. Jahrhundert zur allgemeinen Mode geworden. James Grangers Werk über das methodische Sammeln englischer Porträtstiche, „A Biographical History of England […]“ (1769), das große Verbreitung fand und zahlreiche Neuauflagen erfuhr, wird ein ausschlaggebender Anteil an der Verbreitung von Porträtsammlungen in England zugesprochen.442 In Frankreich trug der Vorsteher der königlichen Bibliothek, Nicolas Clément (1647–1712), der seit 1670 die Aufsicht über die Kupferstichsammlung innehatte, eine Sammlung von mehr als 18.000 Porträtstichen, thematisch geordnet in über 100 Portefeuilles, zusammen, die er nach seinem Tod der Bibliothèque royale vermachte.443 Die Kupferstichsammlung des Abbé Michel de Marolles (1600–1681), die nach deren Ankauf durch Finanzminister Jean-Baptiste Colbert 1667 den Grundstock des königlichen Cabinet des Estampes bildete und ihrerseits einen Teil der noch älteren Grafiksammlung 442 Granger, James: A Biographical history of England, from Egbert the Great to the Revolution, consisting of characters disposed in different classes, and adapted to a methodical catalogue of engraved British heads; intended as an essay towards reducing our biography to system, and a help to the knowledge of portraits […], London, 1769. Vgl. dazu Hajós (1969), S. 24–26. 443 Die Sammlung befindet sich heute im Département des Estampes et de la Photographie der Bibliothèque nationale de France.
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III. Ordnungsstrategien
des Claude Maugis, Abbé von Saint-Ambroise (um 1600–1658), enthielt, umfasste auch eine beträchtliche Anzahl von Bildnissen historischer Persönlichkeiten.444 Die enorme Kupferstichsammlung der über vier Generationen im Kunstgeschäft tätigen Pariser Kunsthändlerfamilie Mariette, aus der unter anderem die Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen hervorging, dürfte zum Zeitpunkt ihrer Versteigerung im Jahr 1775 mehr als 60.000 druckgrafische Bildnisse enthalten haben.445 Eigentliche Zentren des Sammelns von Porträtgrafik waren aber die Reichs- und Universitätsstädte Deutschlands, wo es im Zeitalter der fortschreitenden Aufklärung, die für die Entstehung derartiger Sammlungen maßgeblich war, zu einer allgemeinen „Verbürgerlichung“ der bildenden Kunst kam.446 Das Sammeln von Kunst und deren persönlicher Besitz galten über alle Standes- und Konfessionszugehörigkeiten hinweg als Voraussetzung für den Nachweis eines „gebildeten Geschmacks“ des Eigentümers.447 Während aber gemalte Porträts in Privatbesitz als ortsgebundene Kunstwerke nur deren vermögenden Besitzern zugänglich waren, bot das Medium Druckgrafik aufgrund seiner Verfügbarkeit und relativen Erschwinglichkeit auch weniger begüterten Sammlern die Möglichkeit, umfangreichere Kollektionen von Porträtstichen anzulegen. Zwischen Auftraggeber und ausführendem Künstler schob sich nun ein eigenständiges Druck- und Verlagswesen.448 Dabei ging es den meisten Sammlern weniger um die Leistung des Stechers oder die Qualität des Abdrucks, im Mittelpunkt des Interesses stand zumeist alleine das Konterfei des Dargestellten.449 Das gleichzeitig zunehmende Repräsentationsbedürfnis bürgerlicher Schichten in den deutschen Großstädten erweiterte das thematische Angebot von Porträtstichen historischer Persönlichkeiten bald um Personen der 444 Catalogue de livres d‘estampes et de figures en taille douce, avec un dénombrement des pièces qui y sont contenues, Paris, 1666. Vgl Kap. 7.3. 445 Vgl. Neue allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 36, 2. Stück, 7. Heft, Intelligenzblatt, Nr. 15, Kiel, 1798, S. 429. 446 Vgl. dazu Ulrike Renz (2001), die den privaten Gemäldebesitz bürgerlicher Sammler im 18. Jahrhundert am Beispiel der Hansestadt Hamburg untersuchte, sowie Kurt Wettengl (2002) und Michael North (2002) am Beispiel der Städte Frankfurt am Main und Hamburg. 447 Renz (2001), S. 42. 448 Schinkel (1977), S. 55. 449 Der Gesandte in München, Caspar Philipp Graf von Spiegel, bemerkt in einem Schreiben an den Vorstand der kaiserlichen Privatbibliothek über den Wert seiner zuvor übersandten Bildnisse, diese seien „ganz gemeine Blätter, […] höchstens nur für historische Bildnißsammler, ohne Rücksicht auf artistischen Gehalt […]“. ÖNB, BAG, FKBA13030, fol. 1r.
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unmittelbaren Gegenwart und bediente so das wachsende Informationsbedürfnis an relevanten Personen des Zeitgeschehens. Die Folge war ein rasantes Anwachsen der Produktion von Porträtstichen unterschiedlichster Qualität, zu den Darstellungen von Gelehrten, Künstlern oder Literaten gesellten sich zunehmend solche von Handelsleuten, Buchdruckern oder Handwerkern. Der stetig steigenden Nachfrage bürgerlicher Liebhaber, die im Gegensatz zu fürstlichen Sammlern über keine Agenten verfügten, kamen niedergelassene Kunsthändler nach, die sich um die Sammler bemühten. Das Angebot an Porträtgrafik in den Zentren des deutschen Grafikhandels war dementsprechend groß. 6.1 Private Kupferstichsammlungen in Wien um 1800 Im Jahr 1809 verbrachte der Pharmazeut, Kunstfreund und vermeintliche Sohn König Ludwigs XV., Charles Louis Cadet de Gassicourt (1769– 1821), während der französischen Besatzung mehrere Tage in Wien, wo er unter anderem einige private Kunstkabinette aufsuchte. In seinen Reiseerinnerungen berichtet er: Nous passâmes quatre jours à visiter la belle collection du prince Lichstenstein [sic!], celle du comte Fries, du comte Harriach [sic!], les cabinets de gravures du duc de Saxe-Teschen et du banquier Vander-Mull [sic!].450
Aus dieser knappen Schilderung geht unzweideutig hervor, in welchen Schichten sich das Sammlertum in der Kaiserstadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts vollzog: In allererster Linie war es der Hochadel, dessen beherrschender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Einfluss sich auch auf das kulturelle Leben der Stadt ausdehnte. Neben der beträchtlichen Kupferstichsammlung der Hofbibliothek, die sich zu einem überwiegenden Teil aus der ehemaligen Sammlung des Prinzen Eugen von Savoyen zusammensetzte, befanden sich die bedeutendsten und umfangreichsten privaten Kupferstichsammlungen in Wien allesamt im Besitz des Hochadels. Die Grafiksammlung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen (1738– 1822) und seiner Gemahlin Erzherzogin Marie Christine (1742–1798) umfasste um 1800 bereits über 80.000 druckgrafische Blätter, dazu kamen rund 5000 Handzeichnungen.451 Die Sammlung des Fürsten Nikolaus II. Ester450 Cadet de Gassicourt (1812), S. 210. 451 Pezzl (1802), S. 159. Zur Geschichte der Grafiksammlung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen vgl. Dossi (1998); Katalog Wien (2014).
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házy (1765–1833), die 1814 in dessen Stadtpalais in Mariahilf transferiert wurde, bestand aus 50.000 druckgrafischen Blättern und rund 3500 Handzeichnungen.452 Fürst Alois I. von Liechtenstein (1759–1805) erbte die immense Kupferstichsammlung des 1781 verstorbenen Reichshofreferendarius Paul Anton von Gundel mit rund 70.000 Blättern, die noch sein Vater angekauft hatte und die er in seinem Stadtpalais in der Herrengasse unterbrachte.453 Der KupAbb. 34: Albert von Sachsen-Teschen mit ferstichsammlung des Johann NeGemahlin Marie Christine pomuk Ernst Grafen von Harrach (1756–1829), die über 200 Portefeuilles zählte, lag wiederum die reiche Sammlung des 1802 verstorbenen Hofrats der Finanz- und Kommerz-Hofstelle, Johann Baptist Freiherr von Hertelli zugrunde.454 Auch der Generalmajor Karl Fürst von Paar (1772–1819) besaß in seinem Palais in der Wollzeile eine aus mehreren tausend Blättern bestehende Kupferstichsammlung.455 Daneben bildete eine kleine Gruppe von meist zugezogenen Großkaufleuten und Bankiers eine bürgerliche Sammlerszene, die das Sammeln von Kupferstichen ebenfalls mit Nachdruck betrieb. Über die Wiener Freimaurerlogen standen sie mit den aristokratischen Sammlern in Verbindung. Zu ihnen zählte etwa der aus Köln zugezogene Getreidegroßhändler Jakob Friedrich van der Nüll (1750–1823), der neben einer bedeutenden Mineraliensammlung auch eine beträchtliche Sammlung von Kupferstichen besaß, darunter das gesamte druckgrafische Œuvre von Francesco Bartolozzi.456 Eine der größten Grafiksammlungen mit annähernd 100.000 Blättern war die des Bankiers und Kunstsammlers Moritz Reichsgraf von Fries (1777– 1826), dessen wöchentlicher Salon in seinem Palais am Wiener Josefsplatz zu den gesellschaftlichen Mittelpunkten der Stadt zählte.457 Die private Kup452 Zu dieser Sammlung vgl. Gonda (1999); Körner (2013). 453 Vgl. Krünitz, Johann Georg, Oeconomisch-technologische Encyclopädie […], sechs und funfzigster Theil, Berlin 1792, S. 535 f.; Falk, Bd. 3 (1882), S. 242; Zu Paul Anton von Gundel vgl. auch Nekrolog in der Wiener Zeitung vom 30. Juni 1781. 454 Wurzbach, Bd. 7 (1861), S. 380. 455 Ebenda, Bd. 21 (1870), S. 151. 456 Flügel [u.a.] (2010), S. 91. 457 Steeb (1999), S. 185 f.; Böckh (1823), S. 303.
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Abb. 35: „Bilder Cabinet“ mit Porträtsammlung, 1. Drittel 18. Jahrhundert
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ferstichsammlung des Staatsbeamten und Kunstsammlers Johann Melchior von Birkenstock (1738–1809), die gemeinsam mit dessen Gemäldesammlung und Privatbibliothek nach dessen Tod zur Versteigerung gelangte, umfasste mehr als 15.000 Blätter. Unter ihnen befand sich auch eine Sammlung von 4434 Porträtstichen von Fürsten, Geistlichen, Gelehrten, Künstlern und anderen Persönlichkeiten. 458 6.2 Bürgerliche Porträtstichsammlungen in Deutschland Ganz anders stellt sich hingegen die Situation in Deutschland dar. Hier war das Sammeln von grafischen Blättern nicht traditionell dem Adel vorbehalten. Gerade im Bereich der Porträtgrafik bildete sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Sammlerszene, die sich aus Kunstgelehrten und Geschichtsforschern ebenso wie aus kulturell interessierten Bürgern oder Liebhabern von Grafik zusammensetzte. In großen Städten wie Hamburg, Berlin, Frankfurt oder Leipzig entstand eine heute nicht mehr zu ermittelnde Anzahl an privaten Kupferstichsammlungen. Folgt man einer Aufstellung Friedrich Nicolais über die Kabinette „einiger Privatpersonen“ in Berlin aus den Jahren 1769 bzw. 1786, so befand sich die Mehrheit der Berliner Kupferstichsammlungen im Besitz von Künstlern wie Malern oder Kupferstechern, gefolgt von Hof- und Staatsbeamten sowie Wirtschaftsbürgern wie Kaufleuten.459 In Hamburg lässt sich wiederum für den gleichen Zeitraum eine Dominanz von Großkaufleuten unter den Kunstsammlern feststellen.460 Für Frankfurt, einem der Zentren des europäischen Kunsthandels, nennt Heinrich Sebastian Hüsgen im Jahr 1780 mehr als 80 private Kunstkabinette, die sich überwiegend im Besitz von wohlhabenden Beamten oder Handelsleuten befanden.461 Viele Sammler legten in ihren Kupferstichkabinetten, die meist nach Schulen eingerichtet waren, eigene Abteilungen mit Porträtstichen an. Diese Porträtsammlungen teilten zumeist das Schicksal der Kabinette und 458 Catalogue raisonné de la collection d’estampes anciennes et modernes de toutes les ecoles de feu Mr. J. M. de Birckenstock, […], Vol. II, Wien [1812], S. 462. 459 Nicolai, Friedrich: Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten […], Berlin, 1769 (1. Auflage) bzw. 1786 (3. Auflage). Zusammengestellt in Frank (2002), S. 159–168. 460 Basierend auf dem „Hamburgischen Künstler-Lexikon“, Hamburg, 1854. Vgl. Renz (2001), S. 22. 461 Hüsgen, Henrich Sebastian: Nachrichten von Franckfurter Künstlern und Kunst-Sachen enthaltend das Leben und die Wercke aller hiesigen Mahler […], Frankfurt, 1780, S. 310– 321.
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wurden nach dem Ableben des Sammlers verauktioniert, in größere Sammlungen eingegliedert oder komplett zerstreut. Angaben zu Existenz und Zusammensetzung bürgerlicher Porträtsammlungen des 18. Jahrhunderts lassen sich daher heute nur mehr vereinzelt in zeitgenössischen Quellen wie Briefen, Anzeigen, Auktionskatalogen oder Verzeichnissen finden, die noch zu Lebzeiten des Sammlers erstellt wurden. In Ausnahmefällen sind derartige Privatsammlungen heute noch geschlossen oder als Fragmente in Archiven oder Bibliotheken überliefert. 462 Anhand der Analyse von Auktionskatalogen, ReisebeAbb. 36: Johann Andreas Gottfried Schetelig (1729–1807) richten, zeitgenössischen Journalen und gedruckten Verzeichnissen lassen sich für den Zeitraum, in dem die Sammeltätigkeit des Erzherzogs Franz ihren Anfang nahm, alleine im deutschsprachigen Raum eine Reihe von Porträtstichsammlungen in bürgerlichem Besitz nachweisen, deren Umfang weit mehr als zehntausend Blätter betrug. Hierzu zählen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – etwa die Sammlung des Hamburger Arztes und Kunstsammlers Friedrich Ludwig Christian Cropp (1718–1796) mit rund 30.000 Porträts463, die Sammlung des Stadtpredigers in Celle, Johann Andreas Gottfried Schetelig (1729–1807), mit mehr als 21.000 Bildnissen464, jene des Frankfurter Juristen Gerhard Matthäus Wallacher (1744–1806) mit rund 23.000 Einzelblättern465, die bereits erwähnte Sammlung des Hannoveraner Kanzleisekretärs Georg Friedrich Brandes (1709–1791) mit rund 15.000 Blättern466, die des Güstrower Sena462 Als Beispiele seien etwa die Bildnissammlung des Jakob Gottfried Bötticher in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle erwähnt, die Porträtsammlung des Georg Wilhelm Hansen in der Staatsbibliothek zu Berlin, die Sammlung des Georg Andreas Will in den Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg, Teile der ehemaligen Porträtsammlung Friedrich Nicolais im Landesarchiv Berlin oder die Sammlung des Georg Wolfgang Panzer im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. 463 Hamburgische Künstlernachrichten. Supplemente zu Füeßli’s Künstlerlexicon. Hamburg, 1794, S. 121. Die Sammlung ging nach dem Tod Cropps an dessen Schwiegersohn und Begründer des Museum für Gegenstände der Natur und Kunst in Hamburg, Peter Friedrich Röding (1767–1846). 464 Vgl. Hirsching, Bd. 5 (1792), S. 300. 465 Vgl. Gaudelius, Bd. 1 (1806), S. 167. 466 Vgl. dazu Kap. 4.3.
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tors Georg Wilhelm Hansen (1740–1806) mit rund 14.000 Porträts467 oder die ehemalige Sammlung des Inspektors der Hallenser Waisenhaus-Buchhandlung, Jakob Gottfried Bötticher (1692–1762), bestehend aus rund 13.000 Stück.468 Das Sammeln von Porträtstichen löste in manchen Städten einen wahren Wetteifer unter den Sammlern aus. So beklagt der Altdorfer Professor und passionierte Sammler von Nürnberger Bildnissen, Georg Andreas Will, in seiner „Bibliotheca Norica Williana“ (1793), diese Liebhaberei werde in Nürnberg „mit einem ängstlichen und unglaublichen Eifer getrieben“.469 Die Sammlungsbegierde führe schließlich dazu, Abb. 37: Friedrich Ludwig Christian dass jeder meint, „er müsse die Blätter auch Cropp (1718–1796) haben, die er irgendwo sieht“.470 Will berichtet über einzelne Sammler, die sich eigens Platten stechen und dann nur ein oder wenige Male abdrucken ließen, nur um einander Seltenheiten und unikale Blätter zu zeigen oder andere dagegen einzutauschen.471 6.3 Zur Rezeption der Porträts Im Gegensatz zu den Gemälden in bürgerlichem Privatbesitz, denen primär eine dekorative Funktion bei der ästhetischen Ausstattung der Wohnräume zukam, dienten grafische Sammlungen zumeist der persönlichen Bildung ihrer Besitzer. Ihr Platz war in der Regel das Kabinett, der private Ort kunsttheoretischer Studien des gebildeten Sammlers. Porträtstichsammlungen wurden im ausgehenden 18. Jahrhundert jedoch nicht alleinig unter dem Anspruch angelegt, die eigenen Kenntnisse zu erweitern. Viele Sammlungen befanden sich im Besitz von Liebhabern, die auf keine gelehrten Studien verweisen konnten. Diese sahen das Porträtstudium in erster Linie als eine 467 Vgl. Raspe (1865), S. 45 f. 468 Ekkehhard. Mitteilungsblatt des Hallischen Genealogischen Abends, Bd. 3, Halle, 1927, S. 11. Zur Porträtsammlung des Jakob Gottfried Bötticher vgl. Matschke (2003). 469 Will, Bd. 8 (1793), S. VIII. 470 Ebenda, S. X. 471 Ebenda, S. IX.
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Form des kultivierten Zeitvertreibs an. In seinem Ratgeber verurteilt Sigmund Jakob Apin jene Sammler, die sich damit begnügen, viele Blätter zu haben und diese „zuweilen bey müssigen Stunden durchblättern“. Derartige Sammlungen dienten laut Apin „zu nichts als zum Zeitvertreib“.472 Tatsächlich kann das Ordnen und Rezipieren von Porträtstichen im späten 18. Jahrhundert als eine Art anspruchsvoller Unterhaltung angesehen werden. In einer Phase der Kultivierung von Freizeit und Geselligkeit bildete die Beschäftigung mit Bildnisgrafik, oft innerhalb einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten, eine Form der gebildeten Kommunikation. Vom preußischen General Ludwig von Borstell (1773–1844) wird berichtet, dass dessen umfangreiche Porträtstichsammlung eine „ergiebige und nicht versiegende Quelle der Unterhaltung“ bei den Zirkeln im Salon der Familie war, bei denen seine Frau, bisweilen in fließendem Latein, Konversation mit den unterschiedlichsten Gelehrten führte, deren geistvolle Anmerkungen sie dann mitunter auf den Porträts vermerkte.473 Viele Sammler begriffen ihre Sammlung als Quelle der Erbauung und den ordnenden Umgang mit den Porträts als ein geistvolles Mittel zur Gestaltung der Mußestunden. Der Königlich-Großbritannische Leibarzt und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann berichtet in seinem Hauptwerk „Über die Einsamkeit“ von einem befreundeten Schweizer Arzt in Richterswil, dessen „einziger Aufwand“ eine „grosse Sammlung gemahlter und in Kupfer gestochener Menschengesichter“ sei.474 Das Betrachten der Porträts bildete dabei eine Möglichkeit der Erholung und Zerstreuung. Man versuchte über das Bildnis eine persönliche Beziehung zum Dargestellten aufzubauen und sich ein genaues, lebensnahes Bild einer bekannten Persönlichkeit zu machen. Die Herausgabe von Porträts zeitgenössischer Literaten, Gelehrter oder Künstler bildete einen wesentlichen Teil der öffentlichen Kommunikation. Zu wissen, wie ein Autor aussieht, war zu dieser Zeit ein zunehmendes Anliegen der gebildeten Öffentlichkeit.475 Der Historiker Georg Andreas Will bezeichnete es im Jahr 1793 als ein „geistiges Vergnügen“, „Personen aus allerley Zeitalter, Stand und Qualität vor sich zu haben, sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen“ und „einen großen und berühmten Mann, den man längst verehrte, kennen zu lernen, über einen eitlen und schwachen zu lächeln und tausend männliche und weibliche Sonderheiten
472 Apin (1728), S. 20. 473 Aus dem Vorwort des „Auctions-Catalog der Portrait-Sammlung des Generals der Cavallerie Ludwig von Borstell“, M. Sachse’s Kunstauction, Nr. 57, Berlin, 1882. 474 Zimmermann, Johann Georg: Über die Einsamkeit, Vierter Theil, Leipzig, 1785, S. 87. 475 Kanz (1993), S. 12.
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zu bemerken und mitzutheilen“.476 Diese Form der „bürgerlichen Selbstbespiegelung“ (Roland Kanz)477 bildete die erbauliche Unterhaltung bürgerlicher Salons. Ab der Mitte des Jahrhunderts erschienen auch in Journalen und Ratgebern Beiträge, die über den Sinn und Zweck des Sammelns von Porträtstichen räsonierten. Besitzer einschlägiger Sammlungen, die diese mittels gedruckter Verzeichnisse einem interessierten Publikum vorstellten, wandten sich in einleitenden Vorbemerkungen mit theoretischen Überlegungen zum Nutzen einer Bildnissammlung an das Lesepublikum. Die zugeschriebenen Eigenschaften reichten – je nach Standpunkt – von didaktischen, zerstreuenden, kommemorativen bis hin zu tugendfördernden Funktionen einer solchen Sammlung. Über das „Lehrhafte“ einer Porträtstichsammlung hinaus, quasi als bildhafter Typus einer Gelehrtenbibliothek, die einen kunst- oder historischen Überblick über einzelne Wissenschaftsdisziplinen zu bieten vermochte, wird gegen Ende des Jahrhunderts wieder vermehrt auf den „Geist“ und den „moralischen Charakter“ hingewiesen, der durch die Vergegenwärtigung einer auf einem Porträt dargestellten Person anschaulich wird.478 Der Schweizer Pfarrer Johann Caspar Lavater (1741–1801) benützte seine Sammlung von Porträts als Studienmaterial für eine physiognomische Art der Kunstbetrachtung, die das Äußere des Menschen als Kennzeichen seiner individuellen Psyche deutet.479 1775–78 erscheinen in Leipzig seine vielbeachteten „Physiognomischen Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe“. Der Schweizer Theologe und Philosoph der Aufklärung Johann Georg Sulzer (1720–1779) leitet in der „Allgemeinen Theorie der schönen Künste“, der ersten Enzyklopädie in deutscher Sprache, seine Abhandlung zum Begriff „Portrait“ mit einer Apologie der physiognomischen Betrachtung 476 Will, Bd. 8 (1793), S. VIII. 477 Kanz (1993), S. 56. 478 So heißt es etwa in einer ausführlichen Rezension des von Johann Carl Wilhelm Moehsen 1771 herausgegebenen „Verzeichnis einer Samlung von Bildnissen, größtentheils berühmter Aerzte“: „Der Nutzen einer Sammlung von Bildnissen berühmter Männer […] schränket sich nicht nur […] auf die Kunst und die Geschichte des Gegenstandes ein, sondern leitet uns auch öfters, wo nicht zuverläßig, doch wahrscheinlich auf den Geist und moralischen Character des Mannes, der sich unsern Augen darstellet.“ Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste, Zwölften Bandes Erstes Stück, Leipzig, 1771, S. 42 f. 479 Der Großteil der Studiensammlung Lavaters, mehr als 22.000 Zeichnungen und Kupferstiche, darunter rund 6000 Porträts, wurde 1828 von Kaiser Franz I. aus dem Nachlass des Wiener Bankiers Moritz von Fries erworben und befindet sich heute in Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Zum Porträt als physiognomisches Studienmaterial in der Sammlung Lavater vgl. Goritschnig (1999), Althaus (2010).
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von Bildnissen ein.480 Ein halbes Jahrhundert zuvor zitiert Sigmund Jakob Apin den Rezensenten eines Porträtwerks, „daß bey Portraits dieser vortreffliche Nutze sich zeige, daß man aus der Gesichts-Bildung jedes Menschen innern character erkennen könne […]“.481 Es sei allerdings zu wünschen, „daß man der Persohnen moralischen character mit wenig Worten unter jegliches Portrait beysetzete.“ Diese beigefügten Beschreibungen seien laut Apin notwendig, um sich ein untrügliches Urteil über den Charakter eines Dargestellten zu bilden. Denn viele verstehen es, sich, gerade wenn sie porträtiert werden, meisterlich zu verstellen. Zudem können die gedruckten Verse Abb. 38: Sigmund Jakob Apin und Unterschriften unter den Porträts mit(1693–1732) unter mehr Lob enthalten, als der Person tatsächlich zusteht.482 Apin, der selbst Sammler war, verweist in seinem Handbuch nachdrücklich auf den Aspekt des Nützlichen, der aus einer Sammlung von Porträtstichen zu erwarten ist, und widmet diesem ein eigenes Kapitel. Der Vorteil einer solchen Sammlung bestehe im immerfort zugänglichen Anschauungsmaterial, welches, in entsprechender „Einrichtung“, mit einer Zunahme historischer und kunsthistorischer Erkenntnisse verbunden sei. Eine auf dieses Ziel ausgerichtete Sammlung unterstütze genealogische, heraldische und numismatische Studien gleichermaßen. Die Erinnerungsfunktion der Porträts bestehe einerseits im Gedenken an verstorbene oder „abwesende Gelehrte, die man auf Reisen gesprochen“ und welche man sich beim Betrachten der Bildnisse wieder vergegenwärtigt, andererseits im Zurückrufen von aus dem Gedächtnis entfallenen Lebensgeschichten und Werken der 480 „Nichts ist also gewisser, als dieses, daß wir aus der Gestalt der Menschen, vorzüglich aus ihrer Gesichtsbildung etwas von dem erkennen, was in ihrer Seele vorgeht“. Allgemeine Theorie der schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden Artikeln abgehandelt, von Johann George Sulzer, Dritter Theil (Neue vermehrte Auflage), Leipzig, 1787, S. 600. 481 Apin bezieht sich dabei auf eine Rezension von Johann Leonhard Blancks „Bildnisse Berühmter Künstler, Buchhändler, Buchdrucker und Anderer Männer […], Nürnberg, 1725, erschienen in den „Fraenckischen Acta erudita et curiosa“, Dritte Sammlung, Nürnberg, 1726, S. 201–206. 482 Apin (1728), S. 68.
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Dargestellten. Schließlich komme einer solchen Sammlung auch ein Vorbildcharakter zu, beim Betrachter eine „kräfftige Anreitzung zur Tugend“ und „einen starcken Trieb [zu] erwecken, in die Fußstapfen seiner Vor-Eltern zu treten“.483 Auf den Vorbildcharakter, den Bildnisgalerien seit der Antike einnehmen, verweist auch der Augsburger Theologe Johann Jakob Brucker (1696–1770), der um die Mitte des Jahrhunderts mit der Herausgabe einer erfolgreichen Bildnisvitenfolge zeitgenössischer Gelehrter aller Fakultäten begann, ausgestattet mit Mezzotinto-Porträts des Augsburger Stechers Johann Jakob Haid.484 Im Vorwort des ersten Bandes nennt Brucker die „Gedancken und Uberlegungen, welche zu gegenwärtigem Wercke Anlaß gegeben“ und verweist auf den konkreten Nutzen, den eine private Sammlung von Gelehrtenporträts ihrem Besitzer bietet. Er empfiehlt den Sammlern von Porträtgrafik die Erstellung von gründlichen Zusammenstellungen der Lebensgeschichte und der Werke, die mit den dargestellten Personen verbunden sind. Auf diese Weise muss „notwendig Nutzen und Ergözlichkeit aus solcher Sache fliessen.“485 Aus einem wohl getroffenen Porträt den Charakter des Dargestellten abzulesen, fördere laut Brucker die eigene Hochachtung und Würdigung seiner Verdienste. Denn das Wissen um das Aussehen eines Gelehrten wecke beim Betrachter das Bedürfnis, sich eingehender mit dessen Schriften zu beschäftigen und schaffe letztlich einen Anreiz, der ihn zur Nacheiferung anspornt.486 Rund fünfzig Jahre später nimmt auch Georg Andreas Will zur Auseinandersetzung über die Zweckmäßigkeit druckgrafischer Porträtsammlungen Stellung. Auf die oft gestellte Frage, ob „dergleichen Sammlung ihren Nutzen“ habe, verweist Will in erster Linie auf den kunstwissenschaftlichen Stellenwert, den eine grafische Bildnissammlung einnimmt. Er liege darin, „eine große Menge einheimischer und fremder Mahler, Zeichner und Kupferstecher nach ihren Namen, Zeitalter und ihrer Manier“ kennenzulernen.487 Durch das vergleichende Porträtstudium lerne man, „die große, mittelmäßige, oder schlechte Kunst, mit der sie bearbeitet wurden, zu beurtheilen.“ Neben diesen kunsthistorischen Argumenten, die auf Grafiksammlungen an sich zutreffen, biete eine Porträtsammlung darüber hinaus einen historischen Überblick zur „Adels- Geschlechts- Gelehrten- und Aemter-Ge483 Ebenda, S. 70. 484 Bilder-Sal heutiges Tages lebender und durch Gelahrtheit berühmter Schrifftsteller […], Augsburg, 1741–55. 485 Brucker (1741), Bd. 1, Vorrede. Zu diesem Werk vgl. auch den Beitrag von Christoph Schreckenberg (1995). 486 Ebenda. 487 Will (1793), S. XI.
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schichte“ sowie zur „Trachten- und Moden-Geschichte“. Der praktische Umgang mit den Bildnissen, diese „bald so, bald anders, zu ordnen“, sei laut Will ein „anständiger Zeitvertreib“ und eine „Erholung in Stunden, in welchen man sich mit nichts anders beschäftigen kann und darf“.488 6.4 Formen bürgerlicher Porträtstichsammlungen Bildnisgalerien in Form von Gemälden gehörten im 18. Jahrhundert nicht nur zur Grundausstattung aristokratische Herrschaftssitze. Auch geistliche Residenzen verfügten über Gemäldesammlungen, die Angehörige der Ordensgemeinschaft in einer Art geistlichen Ahnengalerie an den Klosterwänden versammelten. In den Universitäten und Akademien wurde der Lehrkörper in Form von Professorengalerien, zumeist in den Bibliotheken, den Studenten vor Augen geführt. Rathäuser und Stadtgerichte waren oft mit Ratsherren- oder Richtergalerien ausgestattet. Sogar Stadtbibliotheken stellten in ihren Büchersälen die Porträts von Gelehrten oder Stiftern öffentlich zur Schau.489 Immer ging es dabei um die Demonstration einer gemeinsamen Geistes- und Standeszugehörigkeit nach außen. Wo Gemälde nicht verfügbar waren, übernahmen vielfach gedruckte Bildnisgalerien diese Funktion. Durch die Sammeltätigkeit des Adels angeregt, begann man auch in den Klöstern, Kupfer- und Porträtstichsammlungen anzulegen,490 in den Universitäten entstanden grafische Sammlungen von Professorenbildnissen. Umgekehrt konnten die nichtinstitutionellen, privaten Sammlungen des Bürgertums durchaus auch Bildnisse dynastischer Familien oder geistlicher Würdenträger enthalten, insbesondere dort, wo es sich um auf bestimmte Regionen beschränkte Sammlungen handelte. Anhand der Analyse von zeitgenössischen Beschreibungen, Zeitungsannoncen, gedruckten Verzeichnissen oder Katalogen zu druckgrafischen Porträtsammlungen des 18. Jahrhunderts in bürgerlichem Privatbesitz lassen sich hinsichtlich deren inhaltlicher Zusammensetzung verschiedene Formen von Sammlungen unterscheiden. Je nachdem, worauf sich das Interesse des jeweiligen Sammlers 488 Ebenda, S. X. 489 So etwa in der alten Stadtbibliothek in Frankfurt. Ein Verzeichnis der dort öffentlich ausgestellten Porträts führt Henrich Sebastian Hüsgen in seinen „Nachrichten von Franckfurter Künstlern […]“, Frankfurt, 1780, S. 233, an. 490 Ein frühes und seltenes Beispiel geistlichen Grafiksammelns stellen die drei Klebebände des Passauer Diözesangeistlichen Max Gandolf Steyerer von Rothenthurn (1668–1755) in der Grafischen Sammlung des Bistums Passau dar. Vgl. Brakensiek (in Leuschner, 2003), S. 23–26. Im umfangreichen Bestand der Grafischen Sammlung des Stiftes Göttweig dominieren thematisch die Porträtstiche. Vgl. Lechner/Grünwald (2010), S. 69.
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richtete, entstanden entweder reine Gelehrtensammlungen, genealogische Familiengalerien, Sammlungen, die auf einen regional begrenzten heimatlichen Lebensbereich beschränkt waren, oder universale Porträtstichsammlungen, jenseits aller Landes- oder Standesschranken.
6.4.1 Universale Porträtstichsammlungen Die einfachste Form, Porträtstiche zu sammeln, war, diese aus Büchern herauszuschneiden. Sammlungen, die mittelbar oder unmittelbar auf Druckwerke unterschiedlicher Inhalte zurückgingen, gelangten schnell zu einer ansehnlichen Bandbreite in Bezug auf Beruf und Standeszugehörigkeit der dargestellten Personen. Die Praxis, Porträtstiche aus Büchern herauszulösen, um sie der eigenen Sammlung einzuverleiben, wurde in Ratgebern und Sammlungsverzeichnissen mehrfach propagiert. Sigmund Jakob Apin rät den Sammlern von Bildnisstichen: „Findest du vor Büchern, Leich-Predigen, Calendern, Disputationen Portraits, so nehme sie ohne Bedencken heraus, und lege sie zu deiner Collection.“ Die Anmerkung Apins am Ende dieses Absatzes lautet: „Sie müssen aber nicht geborgt, sondern dein eigen seyn.“491 Auch der deutsche Jurist und Sammler Daniel Nettelbladt (1719–1791) rät dazu, die eigene Sammlung durch herausgelöste Porträts aus Büchern und anderen Druckwerken bereichern: „Diese Wege zu Bildnissen, die nicht einzeln zu bekommen sind, zu gelangen, sind zwar theils kostbar, theils grausam, sie rechtfertigen sich aber dadurch, daß keine bessere und gelindere vorhanden sind. Wer hier nicht mitmachet, wird nimmer eine starke und ansehnliche Sammlung erhalten“492 Porträt- und Kupferstichsammlungen im Allgemeinen waren oft an Bibliotheken angebunden, in deren Nachbarschaft sie aufgestellt waren. Ähnlich den Privatbibliotheken des 18. Jahrhunderts waren auch Bildnissammlungen mit universal-enzyklopädischem Anspruch, also einem breiten Repertoire an historischen wie zeitgenössischen, lokalen oder internationalen Persönlichkeiten verschiedenster Stände und Professionen, am weitesten verbreitet. Eine umfassende, universelle Porträtsammlung historischer Persönlichkeiten umfasse laut Apin neben den Gelehrten aller Fakultäten Potentaten wie Päpste, römische und türkische Kaiser, Könige, Kurfürsten, Fürsten, Grafen, Freiherren, Adelige, berühmte Generäle und Kriegshelden sowie das Patriziat in den freien Reichsstädten.493 491 Apin (1728), S. 32. 492 Nettelbladt (1758), S. 380. 493 Apin (1728), S. 38.
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Universale Porträtstichsammlungen waren zumeist in Abteilungen oder Klassen untergliedert. Ein exemplarisches Beispiel für eine derartige Einteilung stellt die Sammlung des Hamburger Stadtbibliothekars und Predigers in Celle, Johann Andreas Gottfried Schetelig, dar, deren Einzelporträts lose in Foliobänden eingelegt waren.494 Sie enthielt zu Beginn eine Abteilung fürstlicher Familien in chronologischer Ordnung. Die Geistlichkeit erstreckte sich über alle Konfessionszugehörigkeit hinweg, von Kardinälen und katholischen Würdenträgern über lutherische und reformierte Theologen bis zu den Vertretern anderer Religionsgemeinschaften. Danach folgten in alphabetischer Reihenfolge Gelehrte aller Fakultäten, Künstler, Kaufleute, Bürger und schließlich Frauenbildnisse. Der Zeitraum der dargestellten Persönlichkeiten umfasste, neben den Abbildungen antiker Personen, im Wesentlichen drei Jahrhunderte, vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart des Sammlers. Ähnliche Gliederungen nach Berufsgruppen oder Standeszugehörigkeit weisen die meisten universalen Sammlungen auf, über deren Zusammensetzung sich heute noch ein Einblick gewinnen lässt.495
6.4.2 Gelehrtensammlungen Den universalen Porträtstichsammlungen mehr oder weniger gebildeter, zumeist aber vermögender bürgerlicher Sammler standen jene Kollektionen von Privatgelehrten gegenüber, die als „gelehrte Ahnengalerien“ bezeichnet werden können. Sigmund Jakob Apin trennt die „Collectores“ von Porträtsammlungen generell in „Gelehrte“ und „Ungelehrte“.496 Gelehrtensammlungen zeichneten sich inhaltlich dadurch aus, dass sie sich ausschließlich auf Bildnisse von Gelehrten einzelner oder mehrerer Wissenschaftsdisziplinen spezialisierten, die für das geistige Leben ihrer jeweiligen Epoche bedeutend waren. Der Höhepunkt des Sammelns von Porträtgrafik fiel in eine Zeit, die in Deutschland als Periode der Büchergelehrsamkeit bezeichnet werden kann.497 Die in der Frühaufklärung an einer Vielzahl von deutschen Universitäten als Lehrfach etablierte Literärgeschichte (historia literaria), die Darstellung der Entwicklung der Gelehrsamkeit im Allgemeinen und ihren einzelnen Fachgebieten, eine Frühform der Wissenschafts- und Literaturgeschichte, führte zu einem wachsenden Interesse am Gelehrten selbst, an 494 Eine zeitgenössische Erwähnung der Sammlung findet sich in Hirsching, Bd. 5 (1792), S. 300. 495 Vgl. Kap. 6.5.2. 496 Apin (1728), S. 28. 497 Raabe (1988), S. 107.
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seiner Biografie, nicht zuletzt auch an seiner äußeren Erscheinung. In den Universitäts-, Handels- und Residenzstädten wurden zahlreiche Privatbibliotheken im gelehrten Milieu um Sammlungen von Bildnissen und Biografien berühmter Gelehrter ergänzt. Diese Sammlungen fungierten gleichsam als andere Form einer Gelehrtenbibliothek, auch sie dienten dem Betreiben gelehrter Studien. Daniel Nettelbladt führt als primären Nutzen und Endzweck einer Bildnissammlung von Gelehrten an, bezüglich der eigenen Kenntnis der Gelehrtengeschichte „seinem Gedächtnisse zu Hülfe [zu] komme[n]“. Er rät daher, eine solche Sammlung chronologisch nach den Sterbejahren der Dargestellten einzurichten.498 Im ausgehenden 18. Jahrhundert rekrutierte sich der „gelehrte Stand“ aus einer breiteren Schicht akademisch Gebildeter, die sich nicht mehr nur aus Fachgelehrten oder lateinkundigen „Literati“ zusammensetzte, sondern darüber hinaus auch Universitätsabsolventen und Schreibende mit einschloss.499 Letztere wurden häufig durch druckgrafische Porträts gewürdigt, die als Frontispize ihren eigenen Schriften vorangestellt waren. Das Sammeln von Bildnissen berühmter Gelehrter wurde zur Beschäftigung eines gebildeten Mittelstandes. Über die im letzten Drittel des Jahrhunderts vermehrt erscheinenden literarischen Journale oder Kunstzeitschriften wie die „Miscellaneen artistischen Inhalts“ standen die Sammler in Dialog und stellten ihre Kollektionen vor. Es finden sich dort Rezensionen neu erschienener Kupferstiche ebenso wie Subskriptionsangebote und Annoncen von Kunstund Buchhändlern, auch Porträtstiche, wie etwa in der von Friedrich Nicolai herausgegebenen Rezensionszeitschrift „Allgemeine deutsche Bibliothek“.500 Nicolais eigene Porträtsammlung enthielt fast ausschließlich Bildnisse von Gelehrten der verschiedensten Disziplinen, vor allem aber Theologen und Schriftgelehrte, daneben auch zahlreiche Künstlerbildnisse (siehe Anhang IV). Die polyhistorische Gelehrsamkeit des Barock wich im 18. Jahrhundert einer enger gefassten Gruppe einzelner Fachwissenschaften. An die Stelle der Porträtsammlungen von Vertretern universaler gelehrter Interessen wie der des Nürnberger Arztes und Gelehrten Gottfried Thomasius (1660– 1746)501 traten nun häufiger reine Sammlungen von Juristen, Ärzten oder 498 Nettelbladt (1758), S. 379. 499 Vgl. Bosse (2008), S. 13–16. So schreibt Friedrich Nicolai in seinem Sebaldus Nothanker (1773): „Sehr selten ist bey uns ein Gelehrter ein Homme de Lettres. Ein Gelehrter ist bey uns ein Theologe, ein Jurist, ein Mediciner, ein Philosoph, ein Professor, ein Magister, ein Director, ein Rector, ein Conrector, ein Subrector, ein Baccalaureus, ein Collega infimus, und er schreibt auch nur für seine Zuhörer und seine Untergebnen.“ Nicolai (1773), S. 121. 500 Zur Entstehung und Entwicklung deutschsprachiger Rezensionszeitschriften im 18. Jahrhundert vgl. Habel (2007), Wilke (1978). 501 Kap. 7.5.1.
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Theologen, die ausschließlich Vertreter des eigenen Berufsstand würdigten. Dabei dominierten unter allen vertretenen Berufsgruppen die Juristen. 1760 veröffentlichte der Leipziger Jurist Karl Ferdinand Hommel (1722– 1781) eine Aufstellung seiner Porträtsammlung berühmter Rechtsgelehrter. Das zu dieser Zeit umfassendste und in alphabetischer Reihenfolge erstellte Verzeichnis von Rechtsgelehrten („Effigies iurisconsultorum in indicem redactae“) führt nach modernem wissenschaftlichem Standard das Format des jeweiligen Blattes, den Stecher sowie das Druckwerk an, in dem das Bildnis enthalten ist.502 Die umfangreiche Abb. 39: Johann Karl Wilhelm Moehsen, Sammlung des Frankfurter Juristen Verzeichnis einer Samlung von Bildnissen Gerhard Matthäus Wallacher enthielt größtentheils berühmter Aerzte […], 1771 im Jahr 1788 einem zeitgenössischen Bericht zufolge alleine 12.000 Bildnisse, die ausschließlich Rechtsgelehrte darstellten.503 Im Bereich der Medizin war die Porträtsammlung berühmter Ärzte des königlich preußischen Leibarztes Johann Carl Wilhelm Moehsen (1722–1795), die von seinem Nachfolger Johann Friedrich Goercke (1750–1822) weitergeführt wurde, zu dieser Zeit die umfangreichste. Moehsen selbst bemerkt im Vorwort zum gedruckten Verzeichnis seiner Sammlung, er habe sich „gleich von Anfang vorgesetzet, die Gränzen meiner Facultät nicht zu überschreiten“.504
6.4.3 Heimat- und stadtgeschichtliche Porträtsammlungen Zu den illustrierten Regentenfolgen einzelner Länder und Herrschaftsgebiete, die seit dem 16. Jahrhundert in gedruckter Form erschienen, etwa 502 Effigies iurisconsultorum in indicem redactae a Carolo Ferd. Hommelio […], Leipzig, 1760. Bereits zwei Jahre zuvor erstellt Daniel Nettelbladt ein Verzeichnis von Druckwerken, die Bildnisse berühmter Rechtsgelehrter enthalten: Nettelbladt (1758). 503 Vgl. Schetelig (1795), S. XIV. 504 Moehsen (1771), S. 5. Vgl. dazu Anm. 45.
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der Herzoge von Bayern oder der Kurfürsten von Sachsen, gesellten sich im 17. Jahrhundert Formen von Porträtsammlungen, die sich inhaltlich auf die geschichtliche Darstellung kleinerer Regionen beschränkten und verdiente Männer und Frauen eines bestimmten Stadt- oder Landkreises vorstellten. 1671 brachte der brandenburgische Geschichtsforscher Martin Friedrich Seidel (1621–1693) zur Erläuterung und zum Andenken der „Märkischen Historie“ eine Bildnissammlung von gelehrten Persönlichkeiten aus der Mark Brandenburg seit dem Mittelalter heraus.505 Die rund hundert Bildnisse nach Gemälden, Epitaphen und sonstigen Bildwerken, teils aus der eigenen Familie, teils von Landsleuten verschiedener Epochen, ließ Seidel auf eigene Kosten in Kupfer stechen und versah sie mit einer Vorrede, allerdings gänzlich ohne biografische Erläuterungen. Als Ordnungsprinzip wählte er, um den Fortgang der brandenburgischen Geschichte zu dokumentieren, eine chronologische Reihung nach dem Todesdatum der Personen. So steht gleich zu Beginn das einzige Frauenbildnis der Sammlung, jenes der Roswitha von Gandersheim († nach 973). Im 18. Jahrhundert mehrten sich private Grafiksammlungen, die aus heimatgeschichtlicher Perspektive zusammengetragen und entsprechend geordnet wurden. Neben historischen Prospekten und Landkarten zählten die Porträts berühmter Landsleute zu den bevorzugten Objekten heimatverbundener Sammler. Der Jurist und Buchhändler Georg Friedrich Kasimir Schad (1737–1793) sammelte neben historischen Ansichten vorwiegend Porträts von Personen aus den brandenburgischen Fürstentümern in Franken, Ansbach und Bayreuth, und brachte davon 1792 ein Verzeichnis heraus.506 In vier Abschnitten gliedert er die Bildnisse hierarchisch nach brandenburgischen Fürsten und Markgrafen, adeligen Personen (getrennt nach männlichem und weiblichem Geschlecht), Gelehrten, Künstlern, diversen Bürgern und außergewöhnlichen Personen sowie als vierte und letzte Abteilung die „Frauenzimmer bürgerlichen Standes“. Bereits ein Vierteljahrhundert zuvor hatte der Stockholmer Staatsbeamte und Numismatiker Carl Reinhold Berch (1706–1777) ein Verzeichnis seiner Privatsammlung publiziert, für die er ausschließlich Bildnisse schwedischer Aristokraten und Bürger zusammengetragen hatte.507 Berchs Sammlung diente in erster Linie der Würdi505 Icones et elogia virorum aliquot praestantium qui multum studiis […] ex Collectione Martini Friderici Seidel […], 1671. Das Werk wurde 1751 von Georg Gottfried Küster unter Beifügung von Lebensbeschreibungen neu herausgebracht. Küster (1751). 506 Schad, Georg Friedrich Casimir, Versuch Einer Brandenburgischen Pinacothek, Oder Bildergallerie Der Beyden Nunmehr Koeniglich-Preussischen Fürstenthümer In Franken: Anspach und Bayreuth […], Nürnberg u. Leipzig, 1792. 507 Catalogue de portraits, contenant les rois, les reines et les princes du sang royal de Suède […] qui sont partie des receuils de Charles-Renaud Berch, Stockholm, 1767.
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gung der schwedischen Geschichte und umfasste nahezu sämtliche Regenten und deren Familien, wovon Berch von einigen Personen mehr als vierzig verschiedene Porträtstiche besaß, die er in genealogisch-historischer Abfolge reihte. Dazu kamen Staatsmänner, Militärs, Gelehrte, Handelsleute oder Künstler, die entweder im Königreich geboren wurden oder längere Zeit dort wirkten. In den freien Reichsstädten erholte sich der Handel nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs nur allmählich. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts erfuhren Städte wie Nürnberg, Augsburg oder Frankfurt wieder einen relativen wirtschaftlichen Aufschwung, Abb. 40: Carl Reinhold Berch, Catalogue de der zugleich auch dem Kunstbetrieb Portraits [...], 1767 einen belebenden Impuls versetzte. Die Bürger in den vom Patriziat dominierten Reichsstädten widmeten sich vermehrt der Malerei und der weit erschwinglicheren Kupferstecherkunst, wobei das Porträtfach eines der beliebtesten war.508 Ein zunehmendes Selbstdarstellungsbedürfnis breiter Schichten der Stadtbevölkerung, allen voran in Augsburg und Nürnberg, führte in den Jahrzehnten um 1700 zu einen enormen Anstieg kleinformatiger Porträts von Ratsherren, Gelehrten, Kaufleuten, aber auch einfachen Handwerkern und Bürgern, die sie von mehr oder weniger begabten Künstlern in Kupfer stechen ließen.509 Gemeinsam mit den Bildnissen verstorbener Adeliger und wohlhabender Bürger aus den um die Mitte des 18. Jahrhunderts wieder weitgehend außer Gebrauch gekommen illustrierten Leichenpredigten stellten diese kleinformatigen Porträtstiche bald ein beliebtes Sammelobjekt dar. Auch die überwiegend protestantische Geistlichkeit in Nürnberg und der „paritätischen Reichsstadt“ Augsburg ließ sich auf diese Art abbilden, was zum einen die Lehrtradition der Stadt fundieren sollte 508 Zum Kunstgeschmack des bürgerlichen Sammlerpublikums im 18. Jahrhundert vgl. North (2002). 509 Zu den produktivsten Bildnisstechern in Nürnberg zählten um 1700 die Brüder Georg (vor 1646–vor 1722) und Michael Fenitzer (vor 1641–1701) sowie bis 1680 Johann Friedrich Leonard (1633–1680).
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und andererseits – ähnlich den gemalten Pastoren- oder Superintendentengalerien, die zum Ausstattungsprogramm vieler protestantischer wie reformierter Kirchen gehörten – als „Ahnengalerie“ einzelner Pfarren fungierte.510 Neben den Pfarrherren und Pastoren ließen sich auch einfache Prediger porträtieren, was mitunter den Spott auswärtiger Besucher hervorrief.511 Zeitgleich begannen patriotisch gesinnte Sammler zur Dokumentation der Geschichte ihrer Vaterstädte stadtgeschichtliche Sammlungen anzulegen, die neben topografisch-historischen Darstellungen auch Porträtstiche von Mitbürgern und deren Vorfahren enthielten, meist geordnet nach Standeszugehörigkeit.512 1741 berichtet der Reiseschriftsteller Johann Georg Keyßler von der bemerkenswerten Sammlung des Kaufmanns Johann David Geysel in Nürnberg, die aus mehr als 21.000 Porträtstichen besteht. Erwähnenswert schien Keyßler vor allem die Tatsache, dass „bey fünftausend Stücke nur von nürnbergischen Personen sind.“513 Die Porträtsammlung Geysels, die den Grundstock der späteren Sammlung des Pfarrers und Bibliographs Georg Wolfgang Panzer (1729–1805) bildete und sich heute als Teil der Paul Wolfgang Merkel’schen Familienstiftung im Germanischen Nationalmuseum befindet, ist ein frühes Beispiel einer Porträtstichsammlung mit stadtgeschichtlichem Sammelschwerpunkt. Zu den Sammlern eines neuerwachten historisierenden Stadtpatriotismus gehörten in Nürnberg neben Geysel auch der Theologe Georg Jakob Schwindel (1684–1752), der eine Sammlung von Lebensbeschreibungen und Bildnissen Nürnberger Theologen und anderer Gelehrter zusammentrug, der Arzt und Naturforscher Christoph Jacob Trew (1695–1769), der seine Porträtsammlung kurz vor seinem Tod der Universität Altdorf vermachte, sowie der Arzt und Polyhistor Gottfried Thomasius (1660–1746), dessen Sammlung mit zahllosen Bildnissen Nürnberger Bürger vom Prinzen Eugen von Savoyen auf einem 510 Zur Funktion von Predigerporträts reformierter Kirchengemeinden am Beispiel Emden vgl. Slenczka (2011). 511 So bemerkt etwa Wilhelm Ludwig Wekhrlins in seiner Reisebeschreibung „Anselmus Rabiosus Reise durch Ober-Deutschland“ (1777): „[…] wenn sich ein junger Geistlicher in einer unbekannten Stadt bey lebendigen Leib in Kupfer stechen lässt, weil er in zwey bis drey Predigten etliche loci communes gesagt hat, und wenn die Gemeinde diese Bilder im Wettstreite kauft, und in goldne Rahmen einfasst, so weis man nicht, ob man mehr Mitleiden mit dem Hochmuthe des Heiligen, oder mit der Einfalt seiner Verehrer tragen soll.“ Wekhrlin (1778), S. 41. 512 Der Augsburger Stadthistoriker Paul von Stetten berichtet 1788 über derartige Sammlungen: „Ausser dem aber giebt es mehrere Sammler, welche die Bildnisse ihrer Mitbürger und deren Voreltern, die in Kupferstichen oder auf andere Weise verfertiget und vervielfältiget worden sind, fleissig zusammentragen, und in gewissen Classen und Ordnungen aufbehalten.“ Stetten (1788), Bd. 2, S. 246 f. 513 Keyßler (1751), S. 1403.
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seiner Aufenthalte in Nürnberg erworben und der eigenen Sammlung einverleibt wurde.514 Zur Gründungszeit der Porträtsammlung des Erzherzogs Franz hatten sich in Nürnberg mehrere Privatsammlungen etabliert, die sich nahezu ausschließlich auf Bildnisse von Nürnberger Bürgern beschränkten. Sie wurden überwiegend von Gelehrten oder Professoren der Universität Altdorf zusammengetragen, die sich um die Stadtgeschichte bemühten. Hierzu zählten etwa die Sammlungen des Juristen und Prokanzlers der Universität Altdorf, Paul Jakob von Feuerlein (1752–1811) 515, des Juristen und Professors in Altdorf, Abb. 41: Georg Wilhelm Panzer, Verzeichnis Benedict Wilhelm von Zahn (1738– von Nürnbergischen Portraiten […], 1790 1821), oder des Juristen Johann Gustav Silberrad (1715–1782).516 1790 veröffentlichte der Nürnberger Pfarrer und Bibliograf Georg Wolfgang Panzer (1729–1805) auf Grundlage seiner eigenen reichhaltigen Sammlung ein „Verzeichnis von Nürnbergischen Portraiten“, welches mehr als 7000 Porträtstiche von Nürnberger Bürgern aus seinem Besitz anführt.517 Das Verzeichnis, das sich in erster Linie an „Vaterländische Sammler und Liebhaber“ wendet, führt neben den Namen der Dargestellten auch Inschriften, Künstleradressen und Formate an. Die Anordnung der Personen, die „aus allen Ständen“ der Stadtbevölkerung entstammen, wie auch der Zusatz zum Titel besagt, setzt sich über die Prinzipien einer ständischen Ordnung hinweg und erfolgt, gleich ob Ratsherr oder Gastwirt, in alphabetischer Reihenfolge. Einen Einblick in die klassifikatorische Einrichtung einer Nürnberger Porträtstichsammlung gewährt die mehr als 6000 Blätter umfassende Sammlung des Stadthistorikers und Professors an der Altorfina, Georg 514 Vgl. Kap. 7.5.1. 515 Vgl. Will, Georg Andreas: Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon […], Fünfter Theil, Altdorf, 1802, S. 331. 516 Vgl. Murr, Christoph Gottlieb: „Beschreibung der vornehmsten Merkwürdigkeiten in des H.R. Reichs freyen Stadt Nürnberg […]“, Nürnberg, 1778, S. 519–531. 517 Panzer, Georg Wolfgang: „Verzeichnis von Nürnbergischen Portraiten aus allen Staenden […], Nürnberg, 1790.
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III. Ordnungsstrategien
Andreas Will (1727–1798), die sich heute im Bestand der Stadtgeschichtlichen Museen Nürnberg befindet.518 Will montierte die Porträts bis zum Jahr 1755 in große Klebebände, die in vier Klassen unterteilt waren: Nürnberger Patrizier („Imagines Patriciorum Norimbergensium“), Nürnberger Gelehrte („Imagines Eruditorum Norimbergensium“), verschiedene Nürnberger Bürger beiderlei Geschlechts („Imagines variarum utriusque sexus personarum Norimbergensium“) sowie Professoren der Universität Altdorf und deren Gattinnen („Imagines Professorum Altorfinorum eorumque coniugum“).519 Als sich der Umfang der Sammlung stark vermehrte, ordnete er die neu hinzu gekommenen Blätter nach Format lose in Portefeuilles. Die Folioformate wurden alphabetisch in Faszikel gelegt und um eine Klasse („Imagines Literatorum Norimbergensium“) erweitert. Neben Einzelporträts sammelte Will auch als Reihen erschienene Werke wie etwa die Bildnisse der Schaffer, Diakone und Pastoren der Nürnberger Pfarren St. Lorenz und St. Sebald des Kupferstechers Christoph Melchior Roth520, die vom Nürnberger Verleger Friedrich Roth-Scholtz herausgegebenen Bildnisvitenwerke zu Altdorfer Professoren, Nürnberger Ratsherren, Buchdruckern und sonstigen Gelehrten521 oder die 1745 erschienene Porträtserie des Kupferstechers Bernhard Vogel nach Werken von Johann Kupecky.522
6.4.4 Genealogische Sammlungen Die genealogische Abfolge als Leitprinzip einer Bildnissammlung, etwa zur Illustration von Stammbäumen und Ahnenreihen, war in erster Linie aristokratischen Sammlern vorbehalten, die sich damit gegenüber bürgerlichen 518 Die Grafiksammlung des Georg Andreas Will, die neben den Porträts auch historische Ansichten von Nürnberg enthält, war seit 1816 gemeinsam mit dessen stadtgeschichtlicher Bibliothek („Bibliotheca Norica Williana“) in der Stadtbibliothek Nürnberg aufgestellt und wurde 1971 an die neu gegründete Graphische Sammlung der Stadt Nürnberg abgegeben, die seit 2013 gemeinsam mit der Gemälde- und Skulpturensammlung die „Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg“ bildet. 519 Vgl. Wills Darstellung der eigenen Sammlung in: Will (1793), S. 74. 520 Hirsch, Carl Christian; Würfel, Andreas: Lebensbeschreibungen aller Herren Geistlichen, welche in der Reichs-Stadt Nürnberg seit der Reformation Lutheri gedienet […], Nürnberg, 1756. 521 Roth-Scholtz, Friedrich: „Icones eruditiorum academiae Altdorfinae […]“, Nürnberg, 1721, „Icones consiliariorum de illustri Republica Noribergensi […]“, Nürnberg, 1723, „Icones Virorum Omnium Ordinum Eruditione […]“, Nürnberg, 1725; „Icones bibliopolarum et typographorum […]“, Nürnberg, 1726–42. 522 Incomparabilis artificis, Imagines et picturae, quotquot earum haberi potuerunt […], Nürnberg, 1745.
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Kollektionen oder dem niederen Adel im Sinne einer geburtsständischen Differenzierung abzugrenzen suchten. Doch auch bürgerliche Sammlungen, sogar solche von Gelehrtenporträts, wurden mitunter aus familiengeschichtlicher Perspektive geordnet, dies belegen etwa Bildnisfolgen der sächsischen Gelehrtenfamilien Olearius, Carpzov oder Mencke.523 Eine Sonderrolle nahmen auch in diesem Zusammenhang die freien Reichsstädte wie Augsburg oder Nürnberg ein, durch die rege Sammeltätigkeit des Patriziates und dessen adelsähnliche Stellung an der Spitze der stadtbürgerlichen Gesellschaftspyramide. In Nürnberg verstanden sich die Patrizier als Adelige und erhoben den Anspruch, mit dem Landadel auf einer Stufe zu stehen.524 Nicht zuletzt aufgrund ihres langen Bestehens durch geschlossene Heiratskreise und Wahrung von Ständegrenzen hatten viele der in den Adelsstand erhobenen Familien einen gesellschaftlichen Vorrang gegenüber der übrigen Bürgerschaft. Ein typisches Charakteristikum war dabei die hohe Bedeutung von Familienbewusstsein und Traditionspflege in den patrizischen Familien, die sich etwa in der Anfertigung von Geschlechterbüchern niederschlug.525 Familiengeschichtliche Kenntnisse spielten in der Selbstdarstellung eine zentrale Rolle. Damit verbunden waren die Studien der Genealogie und Heraldik, welche auch in Christian Schroeters 1704 erschienenem Werk zur Bildung des jungen Adels propagiert werden.526 Etliche Patrizierfamilien begannen gegen Ende des 17. Jahrhunderts, druckgrafische Ahnengalerien anzulegen, die meist über mehrere Jahrhunderte zurückreichten. Dadurch entstand in Städten wie Augsburg oder Nürnberg eine große Nachfrage nach grafischen Porträts, die als Auftragsarbeiten vermögender Bürger entstanden und nach deren Anweisungen meist fingierte, also nicht auf ad-vivum-Vorlagen zurückgehende Darstellungen ihrer Vorfahren wiedergaben. Den zeitgenössisch anmutenden Dargestellten war nicht selten ein berufstypisches Attribut beigefügt. Diese Bildnisse, oft von mäßiger Qualität, dienten dann den Ratsfamilien zur Ergänzung ihrer genealogischen Familiengalerien und Stammbäume und wurden bald zum 523 Hierüber bemerkt Sigmund Jakob Apin: „Wieder andere richten sich nach den Familien, und legen zusammen berühmte Carpzovios, Olearios, Mulleros, Alardos, Menckenios &c. Weil es aber selten geschiehet, daß aus einer Familie alle studieren, und ferner einer zu diesem, der andere zu einem andern Studio Lust hat, auch in diversen Facultäten Promotion bekommen, so trifft man auch hier keine rechte Ordnung.“ Apin (1728), S. 23. 524 Mährle (2000), S. 27. 525 Ebenda, S. 27 f. 526 „[…] hat man bey adelichen und Standes-Personen schöne Gelegenheit von ihren Wapen und Fahnen zu reden. Wer sich aber auf solche Weise will sehen lassen, muß in Arte Heraldica bekandt seyn, und jede Farbe, Figur und andre Stücke des Wapens untersuchen […]“. Schroeter, Chritian: Gründliche Anweisung zur deutschen Oratorie […], Leipzig, 1704, S. 10.
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III. Ordnungsstrategien
Abb. 42: Doppelporträt des Nürnberger Schabkünstlers Georg Fennitzer
begehrten Objekt für Sammler von Porträtstichen inner- und außerhalb der Reichsstädte. So existierten zu fast allen Nürnberger Patrizierfamilien druckgrafische Ahnenreihen, die sich in zeitgenössischen Porträtsammlungen wiederfanden. Die 1793 versteigerte Porträtsammlung des Nürnberger Theologen und Stadtbibliothekars Johann Heinrich Hartlieb (1723–1792) enthielt etwa Bildnisse der Nürnberger Familien Pirckheimer, Behaim, Dietherr, Dörrer und Ebner.527 Die Ebners von Eschenbach waren eine der ältesten Patrizierfamilien in Nürnberg und besaßen selbst eine beträchtliche Sammlung von Bildnissen, die Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach (1673–1752) von seinem Onkel, dem Patrizier und Norica-Sammler Christoph Jakob Imhoff (1654–1726), geerbt hatte und die sich über 180 Portefeuilles erstreckte.528 Nach dem Tod Ebners wurde sie zum öffentlichen Nutzen bestimmt. Durch den Ankauf der Porträtsammlung des Nürnberger Arztes und Sammlers Gottfried Thomasius (1660–1746) fanden zahlreiche Bildnisfolgen Augsburger und Nürnberger Patrizierfamilien auch Eingang in die Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen. Drei Portefeuilles nahmen dort die „Familles patriciennes“ ein. Dies bemerkte auch der Nürnberger Historiker Georg Andreas Will nach einem Besuch der Kaiserlichen Bibliothek in Wien Anfang der 1790er-Jahre. Will wunderte sich bei der Durchsicht der Porträtsammlung des Prinzen Eugen, wie „reichhaltig sie von Nürnbergischen Blättern sey“. „Bey einer Familie, die ich durchblätterte, habe ich meines Wissens kein Blatt vermisset“.529 527 Vgl. Hartlieb (Auktionskatalog, 1793), S. 206. 528 Murr (1778), S. 427. 529 Will (1793), S. VIII.
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6.5 Zur Anordnung von Porträts in Kupferstichkabinetten Wie bereits dargelegt, bildeten Porträtstichsammlungen im 18. Jahrhundert oft Unterabteilungen von Grafikkabinetten, die entweder nach kunsthistorischen Kriterien – also durch Ablage der Blätter nach den herkömmlichen Schulen – oder nach Gegenständen geordnet waren. Dabei setzten sich die Bildnisse in vielen Fällen aus Doubletten zusammen, die bereits in die nach Schulen geordneten Abteilungen Eingang fanden, oder solchen, die keinem der dort vertretenen Meister zugeordnet werden konnten. Einige Sammler beschränkten sich ausschließlich auf das Bildnis als Sammelobjekt. Das zunehmende Sammeln von Porträtstichen führte zu einer Vielzahl eigenständiger Kollektionen. Handbücher zur Einrichtung ebensolcher wie jenes Sigmund Jakob Apins erschienen schon im ersten Drittel des Jahrhunderts. In England veröffentlichte rund 40 Jahre später der geistliche Grafiksammler James Granger eine „Biographical History of England“, in deren Vorwort er ähnliche Ratschläge zur Anlage einer Bildnissammlung anführt.530 Den gelehrten Umgang mit der eigenen Sammlung bildete in erster Linie das Ordnen. War das Arrangieren von Kupferstichkabinetten nach kunstkennerschaftlichen Prinzipien unter gelehrten Sammlern und Liebhabern nahezu obligatorisch geworden, spielte sich die intellektuelle Beschäftigung mit einer Porträtstichsammlung ebenfalls primär im ordnenden Umgang ab. Zunächst diente dies dem gezielten Wiederauffinden verzeichneter Blätter. Sigmund Jakob Apin bezeichnet in seinen „Unmaßgebliche[n] Vorschläge[n], wie man seine Sammlung am besten anstellen soll“ jene Kollektionen, in denen die Bildnisse ohne jegliche Konzeption „wie Kraut und Rüben“ zusammen liegen, vorweg als „ordentliche Confusion“.531 Die Systematisierung der Porträts wurde zu einer Beschäftigung, der man sich mit Hingabe widmen konnte. Die Bildnisse, häufig aus Sammelwerken herausgelöst, wurden auf neue Kartons aufgeklebt, welche dann mit biografischen Notizen aus Gelehrtenlexika versehen und nach unterschiedlichen Kriterien geordnet werden konnten.532 Durch das Binden zu Alben oder das 530 Granger, James, A biographical history of England, from Egbert the Great to the Revolution [...] With a preface, shewing the utility of a collection of engraved portraits [...], London, 1769. Zu den Übereinstimmungen zwischen Apin und Granger vgl. Hajós (1969), S. 24–26. 531 Apin (1728), S. 20. 532 Dies berichtet etwa Karl Weiske über den Sammler Johann Gottfried Bötticher (1692– 1762). Weiske (1927), S. 11. Auch der Kammerregistrator und Aufseher der Naturaliensammlung am Hof des Markgrafen in Bayreuth, Johann Friedrich Wilhelm Wunder (1778–1842) hatte seine Porträtstichsammlung „auf halbe Folio-Bögen weißen Papier geklebt“ und unter jedem Portrait „mit wenigen Worten das Leben des Mannes sauber
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III. Ordnungsstrategien
Einlegen in Portefeuilles erfuhr der jeweilige Systematisierungsansatz auch räumlich seine Umsetzung, meist mit nach außen hin sichtbaren Klassenbezeichnungen. Das Modifizieren der festgesetzten Ordnung, das Neuarrangieren und Umlegen einzelner Blätter von einem Band in einen anderen, um sie dann in neuen Kombinationen zu betrachten, war dabei nichts Ungewöhnliches. In der Vorrede zu seinem „Bilder-Sal heutiges Tages lebender und durch Gelahrtheit berühmter Schrifftsteller“ (1741) räumt der Herausgeber Johann Jakob Brucker ein, er habe die Lebensbeschreibungen der Dargestellten direkt den Porträtstichen beigefügt, „damit sie ein jeder nach eigenem Belieben und Urtheil ordnen könne“533 Auch in dem mehrbändigen Porträtwerk „Leben und Bildnisse der großen Deutschen“ von Anton Klein (1785) verspricht der Herausgeber, um „dem Liebhaber das Vergnügen zu lassen, seiner Zeit die Kupfer und Leben nach seinem Gefallen zu ordnen, werden dieselben weder nach den Staenden oder Gefaechern, noch nach der Zeitordnung gesetzt“.534 Der Unterschied zwischen der Gliederung von Kupferstichsammlungen und Porträtstichsammlungen ist im Prinzip einfach: Hier legt man die Blätter nach den ausführenden oder entwerfenden Künstlern ab, dort nach den dargestellten Persönlichkeiten. Die Systematik orientiert sich also in erster Linie daran, welche Personen in der Sammlung vertreten sind. Aus diesem Gefüge ergibt sich dann die Frage nach den Ordnungskriterien. Die Vielzahl unterschiedlicher Porträtstichsammlungen des 18. Jahrhunderts wies daher nicht bloß einen einzigen Systematisierungsansatz, sondern ein Nebeneinander verschiedener Formen von Klassifikationen auf. Man begegnet alphabetischen, chronologischen oder klassifikatorischen Ordnungsansätzen, vielfach auch einer Kombination mehrerer Modelle, etwa das eine als oberstes Ordnungsprinzip und ein anderes in der Gliederung der Unterabteilungen. Anhand zeitgenössischer Quellen wie Anzeigen, Auktionskataloge oder erhaltener Inventare lassen sich die verschiedenen Formen von Ordnungsansätzen nachvollziehen.
6.5.1 Alphabetische und chronologische Aufstellung Einer rein alphabetischen Reihung als erstes Ordnungsprinzip einer Bildnissammlung begegnet man tatsächlich äußerst selten. Von einer Einrichtung nach dem Alphabet, wie er sie bei einem zeitgenössischen Sammler hinzu geschrieben“. Vgl. Hirsching, Bd. 2 (1787), S. 426. 533 Brucker, Bd. 1 (1741), Vorrede. 534 Klein, Bd. 1 (1785), Vorbericht.
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beobachtet hatte, rät auch Sigmund Jakob Apin ab. Schließlich käme es bei einer gelehrten Kollektion nicht auf „quantitatem imaginum“ sondern auf „qualitatem earum“ an und deshalb sei eine solche nach inhaltlichen Gesichtspunkten zu rangieren.535 Hingegen empfahl sich das Reihen nach dem Alphabet innerhalb einer bestimmten Klasse, da dadurch die Auffindbarkeit eines Blattes erheblich erleichtert wurde. Aus ähnlich praktischen Überlegungen wurden die Porträts in handschriftlichen und gedruckten Sammlungsinventaren oder Auktionskatalogen zumeist alphabetisch gereiht.536 Einer Gliederung nach Standes- oder Berufsgruppen, welche dann nach dem Alphabet angeordnet waren, begegnet man hingegen öfters. Nicht nur in der Porträtsammlung Kaiser Franz’ I. waren die Berufsgruppen alphabetisch gereiht, während die dynastische Abteilung einem hierarchischen Ordnungsprinzip folgte. Auch bürgerliche Sammler wie der Stadtprediger Johann Andreas Gottfried Schetelig aus Celle gingen ähnlich vor. Er ordnete beispielsweise die Regentenporträts chronologisch, die Berufsgruppen wiederum alphabetisch, womit er sich zumindest in deren Anordnung über eine hierarchische Differenzierung nach Standeszugehörigkeit hinwegsetzte. Der deutsche Kupferstecher Daniel Chodowiecki wurde 1781 damit beauftragt, die umfangreiche Kupferstichsammlung des Hamburger Kaufmanns Garlieb Helwig Sillem zu inventarisieren und für ein gedrucktes Verzeichnis zu systematisieren. Chodowiecki teilte den ihm anvertrauten Bestand von Kupferstichen in fünf Hauptschulen, von der italienischen bis zur englischen, und innerhalb der Schulen reihte er die Blätter alphabetisch nach den Namen der Maler oder Zeichner. Im Falle der Porträtdarstellungen entschied er sich vorab für eine durchgehend alphabetische Ordnung, wie er im Vorwort seines Verzeichnisses anmerkt: „Da bey diesen es mehr auf den, den sie vorstellen, als auf den Meister, der sie gemacht hat ankommt, so habe ich sie nach dem Nahmen der vorgestellten Personen, auch nach dem Alphabet geordnet“.537 Eine konsequent chronologische Reihung nach den Lebensdaten der Dargestellten, entsprach – als herkömmliche Methode der Geschichtsschreibung – wiederum am ehesten dem Prinzip einer historisch orientierten Sammlung, deren vorrangiges Ziel eine bildende Funktion, die Erweiterung geschichtlicher Kenntnisse war. Bereits im 16. Jahrhundert wurden numismatische Sammlungen üblicherweise chronologisch nach den Prägedaten der Mün535 Apin (1728), S. 27. 536 Als Beispiel sei etwa der Frankfurter Jurist und Sammler Gerhard Matthäus Wallacher genannt, der seine 199.169 Blätter umfassende Porträtstichsammlung „nach alphabetischer Ordnung catalogisirt“ hatte. Vgl. Gaudelius (1806); S. 167. 537 Chodowiecki (1782), S. 4.
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zen geordnet. Die Münz- und Porträtsammler entnahmen die Chronologie als Ordnungskriterium der antiken Geschichtsschreibung.538 Die gleiche Vorgehensweise fand nicht nur in Sammlungen von Porträtbüsten Anwendung, auch die gedruckten Porträtwerke der Renaissance weisen zumeist chronologische Ordnungsprinzipien auf. Betrachtet man die bekanntesten Bildnisvitenbücher des 16. Jahrhunderts von Andrea Fulvios numismatischer Biografienreihe „Illustrium imagines […]“ (1517)539 über Antonio Lafreris „Illustrium Virorum ut extant in Urbe, expressi Vultus“ (1569) bis zu Nikolaus Reusners „Titel: Icones sive Imagines Virorum Literis Illustrium […]“ (1587)540, so reihen diese die darin vorgestellten Personen allesamt nach deren Todesdatum. Auch gelehrte Sammler des 18. Jahrhunderts griffen vielfach auf eine Strukturierung nach den Lebensdaten der Dargestellten zurück.541 Johann Andreas Gottfried Schetelig bemerkt in der Vorrede zu seiner „Ikonographischen Bibliothek“, eine primär aus historischem Interesse am Bildgegenstand angelegte Porträtstichsammlung sei in chronologischer Folge zu arrangieren, da die Bildnisse „in der Chronologie und Genealogie eben die Dienste thun, welche die Urkunden vielmals leisten“.542 Auch der deutsche Jurist und Sammler Daniel Nettelbladt (1719–1791) riet den Sammlern von Gelehrtenbildnissen, diese in Portefeuilles zu je etwa 100 Stück zu legen und in eine chronologische Ordnung zu bringen, welche „am füglichsten nach ihren Sterbejahren einzurichten“ sei.543 Die chronologische Ordnung sollte dabei in drei Hauptklassen zerfallen: Eine mit Gelehrten vor dem 12. Jahrhundert, eine mit solchen vom 12. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts und eine mit denjenigen, die in den Jahrhunderten danach lebten. Da diese letzte Klasse erwartungsgemäß am meisten Material enthalten werde, sollte diese wiederum nach Jahrhunderten chronologisch geordnet sein. Die Klassenbezeichnungen sollten sichtbar auf den Rücken der Portefeuilles angebracht sein, z.B. „Icones I[uris]C[onsul]torum recentiorum Sec. XVII“.544 538 Minges (1998), S. 128 f. 539 Fulvio konnte als Vorlage für sein Porträtbuch die Münzsammlung des römischen Gelehrten Jacopo Mazzocchi benützen. 540 Reusner, Nikolaus, Icones sive Imagines Virorum Literis Illustrium, Quorum Fide Et Doctrina religionis & bonarum literarum studia, nostra patrumque memoria, in Germania praesertim, in integrum sunt restituta Additis eorundem elogiis diversorum auctorum, Straßburg, 1587. 541 So etwa die Sammlung des Hamburger Arztes Friedrich Ludwig Chrsitian Cropp (1718– 1796), dessen rund 30.000 Porträtstiche „chronologisch in Fächern geordnet“ waren. Hamburgische Künstlernachrichten. Supplemente zu Füeßli’s Künstlerlexicon. Hamburg, 1794, S. 121. Vgl. Anm. 463. 542 Schetelig (1795), S. VII. 543 Nettelbladt (1758), S. 379. 544 Ebenda, S. 380–382.
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6.5.2 Klassifikatorische Aufstellung Die verbreitetste Gliederungsform bürgerlicher Sammlungen war eine Anordnung der Porträts nach biografischen Gesichtspunkten, also die Bildung von Klassen anhand gemeinsamer lebensgeschichtlicher Zusammenhänge. Von einer obersten Gliederung nach den Herkunftsstaaten der Porträtierten, wie sie etwa die Sammlung des Prinzen Eugen im ersten Viertel des Jahrhunderts erfuhr, rät Sigmund Jakob Apin ab. Zum einen kämen von manchen Ländern nur sehr wenige Porträts zusammen, zum anderen wisse man nicht immer gleich, „cuius Nationis“ ein gesuchter Autor sei. Darüber hinaus mache eine Separierung nach Klassen je Nation, etwa nach Fakultäten, zu viel Mühe.545 Ohne Zweifel war Apins Handbuch von erheblichem Einfluss auf die Struktur bürgerlicher Porträtstichsammlungen des 18. Jahrhunderts. Eine simple Unterteilung in vier Teile, entsprechend den vier klassischen Fakultäten, wie sie sich im Laufe der Geschichte an den Universitäten herausgebildet hatte und auch in zahlreichen Gelehrtenbibliotheken zur Anwendung kam, empfahl er lediglich den „Anfängern“, welche nur „etliche hundert“ Porträts besitzen.546 Wer auf einen reicheren Vorrat zurückgreifen könne, dessen Bestände müssen auf weit mehr Klassen zerfallen, die dann wiederum in Unterkategorien aufgefächert werden können oder eine alphabetische Binnengliederung aufweisen. Viele zeitgenössische Sammler, so Apin, klebten ihre Porträtstiche in Klebebände, welche sie dann nach einer Kombination aus Standeszugehörigkeit und wissenschaftlichen Fakultäten separierten. Etwa geistliche Personen, weltliche Personen, Juristen, Mediziner und Philosophen.547 Geht man noch weiter und möchte auch die „Haupt-Personen der politischen Historie“ vertreten haben, so lege man zusätzlich die Porträts aller Potentaten und ihrer Vorfahren, wie Päpste, Kaiser, Könige, Kurfürsten, Fürsten, Grafen Freiherren, Adelige, Generäle und Kriegshelden, sowie das Patriziat der Reichsstädte in eigenen Klassen ab.548 Bereits ein Jahr vor Apins Handbuch hatte sich der französische Gelehrte Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville (1680–1765) in einem öffentlichen Brief dafür ausgesprochen, druckgrafische Porträts nach gesellschaftlicher Stellung
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Apin (1728), S. 21. Ebenda, S. 37. Ebenda, S. 26. Ebenda, S. 38 f. Eine derartige Einrichtung sei laut Apin allerdings nur anhand präziser historisch-genealogischer Handbücher zu bewerkstelligen.
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III. Ordnungsstrategien
der Dargestellten zu ordnen („Les Portraits seroient rangez par conditions“).549 Analysiert man die Strukturen größerer Privatsammlungen, so gelangt man zu der Erkenntnis, dass es sich bei der von Apin und Dezallier d’Argenville propagierten Ordnung nach berufs- bzw. sozialständischen Aspekten um die verbreitetste Form der Gliederung von Bildnissammlungen handelte. In bürgerlichen Sammlungen hatte sich ebenso wie in den Kollektionen aristokratischer Sammler eine an der ständischen Sozialordnung orientierte Systematik durchgesetzt. Die Bildnisse des Adels, wenngleich auch zahlenmäßig geringer vertreten, standen auch in den bürgerlichen Kollektionen zumeist an der Spitze einer mehrteiligen, hierarchisch aufgebauten Ordnungsstruktur. Abb. 43: Friedrich Nicolais „Klassen der Ein besonders bemerkenswertes Bildersammlung“ Beispiel stellt dabei die vom Hauptvertreter der Berliner Aufklärung, dem Schriftsteller Friedrich Nicolai (1733–1811) handschriftlich verfasste Systematik zur eigenen Porträtsammlung dar, die im Landesarchiv Berlin aufbewahrt wird. Nicolais Sammlung von Porträtstichen gelehrter Persönlichkeiten umfasste annähernd 7000 Blätter in 12 Klebebänden. Die erste Ordnungsklasse der Bildnissammlung bildet auch beim aufgeklärten Gelehrten Nicolai jene der „Kaiser, Könige, Fürsten und Minister“, jedoch mit dem Zusatz „welche die Wissenschaften befördert haben“. Unmittelbar danach, an zweiter Stelle und zugleich an der Spitze der bürgerlichen Gelehrten- und Künstlerporträts, stehen bei Niolai die „Gelehrten Frauenzimmer“. 550 Nicolais Zeitgenosse Johann Andreas Gottfried Schetelig brachte es gar 549 „Lettre sur le choix & l’arrangement d’un Cabinet curieux, écrite par M. Des-Allier d’Argenville, Secretaire du Roy en la Grande Chancellerie, à M. de Fougeroux, Tresorier-Payeur des Rentes de l’Hotel de Ville“. In: Mercure de France, Juni 1727, S. 1304. 550 Berlin, Landesarchiv, E Rep. 200-02-01, Nr. 1, Bl. 96. Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Frau Dr. Regina Rousavy vom Landesarchiv Berlin für ihre erfolgreiche
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auf mehr als 9000 Porträts fürstlicher Personen, die er chronologisch gereiht hatte. Einige Regentenfolgen, wie die deutschen Kaiser oder die Könige von Frankreich, England und Polen waren in einer Vollständigkeit vertreten, wie man sie eher von einer aristokratischen Sammlung erwarten würde.551 Auf den Adel folgte zumeist die Geistlichkeit in strikter Ämterhierarchie, von den Päpsten und Kardinälen über Erzbischöfe, Fürstbischöfe, welche kirchliche und weltliche Gewalt gleichermaßen ausübten, Bischöfe und Pfarrer bis hin zu den einfachen katholischen, lutherischen oder reformierten Geistlichen sowie Angehörigen von Ordensgemeinschaften, gereiht nach deren Ordenzugehörigkeit. Die Bildnisse von Theologen beanspruchten nicht selten eine eigene Position innerhalb des ständischen Ordnungssystems und wurden wie die übrigen Gelehrten zumeist nach Fakultäten gelegt. Auktionskataloge von Privatsammlungen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur Versteigerung gelangten, spiegeln diese Gliederung wider, wie im Fall der 1788 auf der Leipziger Frühjahrsmesse versteigerten Porträtstichsammlung des Fränkischen Kreiskassiers und Kunstsammlers Johann Georg Friedrich von Hagen (1723–1783), der seine Bildnisse in großen Foliobänden „nach den Ständen und Facultäten“ geordnet hatte.552 Für Gelehrtensammlungen, die nach Fakultäten geordnet waren, schlug Sigmund Jakob Apin die Bildung von Unterkategorien vor. Theologen etwa könnten nach Universitätslehrern oder solchen, die in einer Pfarre gedient hatten, separiert werden. Juristen könnten aufgegliedert werden in solche, die politische Ämter bekleideten und solche, die durch ihre theoretischen Schriften Bekanntheit erlangt haben. Erstere könnten dann wiederum in Unterkategorien zerfallen wie Minister, Senatoren, Konsulenten oder Räte. Gelehrte der philosophischen Fakultät könne man in Universitäts- oder Gymnasialprofessoren trennen oder in Mathematiker, Physiker, Philologen und Historiker. Im Falle der Mediziner erschien es Apin hingegen zu umständlich, zu separieren, ob jemand ein königlicher Leibarzt, ein Universitätsprofessor oder ein Stadtphysikus war. Auch hinsichtlich deren theoretischer Beschäftigung habe sich der eine mehr um das botanische Fach, der andere mehr um das chemische, und der dritte um die Anatomie oder Chirurgie Verdienste erworben. Man solle deshalb alle Personen, die den Titel eines „Medicus“ führen, alphabetisch reihen.553 Recherche. Zur Porträtsammlung Friedrich Nicolais vgl auch Neubert (1992), S. 455 f., sowie Parthey, Bd. 1 (1871), S. 7, S. 163 f; Katalog Berlin (1983), S. 25 f.; Katalog Halberstadt (2012), S. 89–91. 551 Eine zeitgenössische Beschreibung der Porträtstichsammlung Scheteligs in Hirsching, Bd. 5 (1792), S. 300 f. 552 Rost (Auktionskatalog, 1788), Vorbericht, S. III. 553 Apin (1728), S. 43.
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III. Ordnungsstrategien
Hiernach fächerte sich das Bürgertum je nach Berufsstand bzw. gesellschaftlicher Position in mehr oder weniger eng gefasste Klassen auf. Die Feingliederung einer nach Ständen und Berufen gegliederten Sammlung konnte ganz unterschiedliche Erscheinungsformen annehmen.554 Zu Beginn stand zumeist das finanzkräftige Stadtbürgertum – Rats- oder Kaufherren, denen ein höherer Stand innerhalb des Klassengefüges zugebilligt wurde. Danach erst folgten bildwürdige Vertreter niederer Stände, etwa handwerklicher Berufsgruppen wie Buchdrucker etc. Auch dem Künstlerbildnis kam generell eine nachgereihte Bedeutung innerhalb der ständisch strukturierten Ordnungssystematik zu, entweder in einer Klasse zusammengefasst oder in einzelne Gattungen aufgegliedert wie „Maler“ oder „berühmte Musiker“.555 Sie bildeten meist den Abschluss. Nicht selten trifft man auch auf Abteilungen von „Frauenzimmern“, gleich, ob diese sich in Wissenschaft oder Künsten hervorgetan haben oder aufgrund ihrer Schönheit Bildwürdigkeit erlangten. Desgleichen wurden oft Klassen von „Merkwürdigen Personen“ oder „lächerlichen Kupfern“ angelegt, worunter man neben Darstellungen von Hofnarren und Harlekins auch solche von Riesen, Kleinwüchsigen, Feuerschluckern oder Wasserspeiern legte. Die Grenzen derartiger Ordnungskonstruktionen, die jedem Bildnis eine feststehende Position innerhalb einer Abfolge nach Rang und Stand zuweisen, zeigen sich dort, wo Personen gleichzeitig unter mehreren Kategorien abgelegt werden konnten. So entstammten etwa Feldherren und hohe Militärs sowie der hohe Klerus der katholischen Kirche nicht selten adeligen Familien, die bereits in einer genealogischen Abteilung Aufstellung fanden. Entsprach das Ordnungskonzept gemäß der herkömmlichen Gesellschaftsordnung Adel – Klerus – Bürgertum auch vielfach nicht mehr der gesellschaftlichen Realität des ausgehenden 18. Jahrhunderts – das Bürgertum in den Städten sah sich in seinem Standesbewusstsein zumindest auf gleicher Höhe mit dem Adel –, so bildete die Anordnung der Dargestellten entsprechend ihrer Position im gesellschaftlichen Gefüge doch ein bewährtes System für die Bildung von Klassen. Es erleichterte das Ablegen und Auffinden von Porträts. 554 Als heute noch erhaltenes Beispiel für eine nach Ständen geordnete Sammlung sei neben der Porträtstichsammlung des Friedrich Nicolai im Landesarchiv Berlin auch die Porträtsammlung des Jakob Gottfried Bötticher in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle angeführt, welche rund 13.000 druckgrafische Abbildungen von Fürsten, bedeutenden Gelehrten, Staatsmännern und Künstlern enthält, die von Bötticher ursprünglich nach Berufsgruppen bzw. gesellschaftlicher Stellung der Dargestellten geordnet worden waren. Vgl. Ekkehhard. Mitteilungsblatt des Hallischen Genealogischen Abends, Bd. 3, Halle, 1927, S. 11, bzw. Matschke (2003), S. 42. 555 So etwa in der Porträtsammlung des Jakob Gottfried Bötticher. Vgl. Matschke (2003), S. 49.
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Das Konzept einer nach Herkunft und gesellschaftlicher Stellung ausgerichteten Ordnung von Porträts, an deren Spitze die Monarchen stehen, lässt sich zunächst in aristokratischen Sammlungen ausmachen. Bereits Samuel Quiccheberg legte in seiner theoretischen Idealordnung „Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi“ (1565) fest, dass die Ahnengalerie des „Theatergründers“ in der ersten Klasse der Systematik anzuordnen sei.556 Im 17. Jahrhundert lassen sich ähnliche Modelle feststellen, etwa in den Porträt-Klebebänden des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern (1573–1651).557 Die Porträtsammlung des Prinzen Eugen war innerhalb ihrer Länderordnung vergleichbar strukturiert, Karl Heinrich von Heineken legte dieselbe Ordnung von Porträtstichen seiner „Idée générale d‘une collection complette d‘estampes“ (1771) zugrunde.558 Der gebildete Bürger der Spätaufklärung war in seinem Denken jedoch Kosmopolit und kannte keine Nationalitäts- oder Standesschranken. In den Sammlungen bürgerlicher Gelehrter dominierten daher oft die „rangfreien“ Gelehrtenbildnisse gegenüber den Herrscher- oder Fürstenbildnissen. Deren Ordnungskriterium bildete das wissenschaftliche Fach, in welchem der Dargestellte seine Bekanntheit erlangt hatte.
556 Siehe Kap. 7.1. 557 Vgl. dazu Brakensiek (2003), S. 197–201. 558 Siehe Kap. 7.4.2.
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III. Ordnungsstrategien
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN IM 18. JAHRHUNDERT Es stellt sich nun die Frage, durch welche Merkmale sich höfische Porträtstichsammlungen von den im vorigen Kapitel behandelten bürgerlichen Kollektionen unterscheiden. Zunächst muss bei einem derartigen Vergleich ins Treffen geführt werden, dass fürstliche Sammler in der Beschaffung der Porträts naturgemäß auf breitere Strategien ihrer Erwerbungspolitik zurückgreifen konnten als bürgerliche Sammler, die zumeist auf das Angebot des lokalen Kunsthandels angewiesen waren. Sammlerpersönlichkeiten wie Kaiser Franz I. oder Prinz Eugen von Savoyen waren nicht nur in der Lage, weitaus größere Beträge in die Aufstockung der eigenen Bestände zu investieren. Sie konnten darüber hinaus auf ein weit verzweigtes Netz von Agenten, Kunsthändlern und Kommissionären zurückgreifen, die herumreisten, um Angebotenes zu sichten oder bei Auktionen Gebote für ihre Auftraggeber abzugeben. Bei fürstlichen oder aristokratischen Porträtstichsammlungen verbindet sich das Sammeln und Ordnen der Bildnisse weitgehend mit repräsentativen Konzepten. Dies manifestiert sich bereits in der repräsentativen Außendarstellung der meisten aristokratischen Sammlungen, die in der Folge behandelt werden sollen. Aufwendig gestaltete Portefeuilles oder Klebebände, die am Rücken das Monogramm oder Wappen des Fürsten tragen, entsprachen dem Repräsentationsbedürfnis ihrer aristokratischen Besitzer und unterschieden sich schon äußerlich von der weitgehend zweckmäßigen Unterbringung der meisten bürgerlichen Sammlungen. Durch die Titelbezeichnungen auf den Rücken der Bände bzw. Portefeuilles war das – zumeist hierarchische – Ordnungsprogramm der jeweiligen Sammlung nach außen sichtbar. Man begegnet entweder einer prinzipiellen Trennung von Personen adeliger und bürgerlicher Herkunft oder einem durchgehend hierarchischen Ordnungsprinzip nach Adelsrang und Stand. Im Falle der Porträtsammlung des Kaisers Franz I. wurde die Trennung der dynastischen Abteilung von der nach Ständen geordneten bürgerlichen Abteilung im Zuge der Neuordnung der Porträtsammlung 1831 durch unterschiedliche Farbgebung der Rückenschilder zusätzlich hervorgehoben. Die genealogische Dimension einer aristokratischen Porträtstichsammlung implizierte immer auch eine dynastische Aussage. Die familiengeschichtliche Anordnung der Bildnisse beschränkte sich dabei nicht alleine auf die Herkunft des eigenen Geschlechts, nach dem Vorbild gemalter Ahnengalerien. Sie weitete sich vielmehr auch auf Angehörige verschwägerter dynastischer Familien oder auf andere europäische Fürstenhäuser aus
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und spiegelte so verwandtschaftliche Beziehungen ebenso wider wie die Heirats- und Bündnispolitik verschiedener Herrscherhäuser. Auf die jeweiligen Regenten folgten deren Gemahlinnen, die gleichzeitig auch in ihren Herkunftsfamilien repräsentiert waren. Darauf schlossen in chronologischer Reihenfolge deren Nachkommen an, wobei Töchter, die an fremde Höfe verheiratet wurden, wiederum zugleich auch diesen zugeordnet wurden. Es entstand so ein System verwandtschaftlicher Verbundenheiten, in dessen Zentrum der fürstliche Besitzer und dessen Familie standen. Es soll im Folgenden die systematische Ordnung von vier heute noch rekonstruierbaren Porträtstichsammlungen in aristokratischem Besitz einem Vergleich unterzogen werden, die zu den bedeutendsten ihrer Zeit zählten, wobei sich keine der untersuchten Sammlungen bis heute in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten hat. Zu den betrachteten Sammlungen zählen neben der Porträtsammlung Kaiser Franz’ I., die der italienische Statistiker und Geograph Adriano Balbi (1782–1848) als „erlesenste und wahrscheinlich Größte ihrer Art“ bezeichnete, die Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen, die im 20. Jahrhundert gemeinsam mit der kaiserlichen Sammlung in der heutigen Porträtsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek aufgegangen ist, die Porträtsammlung des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz (1724–1799), deren Inventar sich heute im Geheimen Hausarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchiv befindet, sowie jene des Bürgerkönigs Louis-Philippe I. von Frankreich (1773–1815), deren Bände sich größtenteils im Cabinet des arts graphiques des Schlosses von Versailles erhalten haben. Zuvor soll jedoch der Frage nachgegangen werden, in welcher Form Porträtgrafik in fürstlichen Sammlungen integriert war, bevor sie sich im Laufe des 18. Jahrhunderts als eigenständige Abteilung innerhalb der neu gegründeten Grafikkabinette etablierte.
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III. Ordnungsstrategien
Abb. 44: Aufbewahrungsschränke eines wissenschaftlichen Kabinetts, um 1700
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7.1 Porträtgrafik in fürstlichen Kunstkammern Als Aufbewahrungsort mehr oder weniger umfangreicher grafischer Porträtfolgen in fürstlichem Besitz dienten im 16. Jahrhundert die Bibliothek oder die Kunstkammer. Dies belegen die überlieferten Inventare der bedeutendsten Kunstkammern auf dem Boden des römisch-deutschen Reichs wie jene in Dresden (gegründet 1560), München (1563-67), Ambras (1576) und Prag (um 1590). Der umfassenden Sammelleidenschaft ihrer Besitzer entsprechend enthielten die enzyklopädisch angelegten Kunst- und Wunderkammern der Renaissance eine Vielfalt von Objekten, von wissenschaftlichen und mechanischen Geräten über Musikinstrumente, Münzen und Porträtbüsten bis zu exotischen Gegenständen wie Korallen oder Muscheln. Außergewöhnliche, seltene und kuriose Naturprodukte wurden durch kunstvolle Fassungen gewürdigt. Druckgrafik, Handzeichnungen und illustrierte Bücher bildeten einen integralen Bestandteil der frühneuzeitlichen Kunstkammern, der nicht zuletzt auch zu Studienzwecken genutzt wurde. Im Gegensatz zu den italienischen Studioli unterschieden sich die Kunstkammern dabei durch ihre Größe, Universalität und durch eine größere Öffentlichkeit.559 Die gesammelten grafischen Werke bildeten ein breites Themenspektrum von religiösen und mythologischen Motiven über naturwissenschaftliche und topografische Abbildungen bis hin zu Darstellungen von Festen oder Einzügen. Darunter auch grafische Porträts des Fürstenhauses oder befreundeter Dynastien. Der Frage nach der Einordnung von Porträtgrafik in den Sammlungskomplex der Kunstkammer soll im Folgenden anhand der überlieferten Inventare der Kunstkammern des Kurfürsten August von Sachsen (1526–1586), des Herzogs Albrecht V. von Bayern (1528–1579), des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol (1529–1595) sowie des Kaisers Rudolf II. (1552–1612) nachgegangen werden. Von allen vier genannten Sammlungen wurden kurz nach dem Tod ihrer Gründer oder noch zu deren Lebzeiten zum Zwecke der Revision Inventare erstellt, die Aufschluss über die Zusammensetzung der jeweiligen Sammlungen geben.560 1587 ließ Christian von Sachsen (1560–1591) 559 Vgl. dazu auch Minges (1998) S. 31–35. 560 Zu allen genannten Kunstkammerinventaren bis auf dem Dresdner Inventar liegen Editionen des Quellentextes vor. Das Originalinventar zur Dresdner Kunstkammer von 1587 wird im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden aufbewahrt: Dresden, HStAD, 10009 Kabinette und Galerien, Nr. 1, Inventarium über des Churfürsten zu Sachsen und Burggraven zu Magdeburgks meines gnedigsten hern Kunst-Cammern in Ihrn Churf. Gnaden Schloß und Fehstunge zu Dresden [...], Anno 1587. Der nachfolgenden Aufstellung liegt die auszugsweise Textedition von Christien Melzer (2010), Anhang I, S. 515–557, zugrunde.
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III. Ordnungsstrategien
ein Jahr nach dem Tod seines Vaters August ein Inventar zur Dresdner Kunstkammer erstellen. 1598, neun Jahre nach dem Tod des Herzogs Albrecht V. von Bayern, erschien das von Johann Baptist Fickler aufgenommene Inventar zur Münchener Kunstkammer. Das Ambraser Inventar von 1596 entstand als Nachlassinventar Erzherzog Ferdinands II. ein Jahr nach dessen Tod, das in den Jahren 1607–1611 von Daniel Fröschl erstellte Inventar zur Prager Kunstkammer war noch zu Lebzeiten Kaiser Rudolfs II. angelegt worden. Untersucht man die genannten Verzeichnisse auf Einträge, die auf druckgrafische Porträts hinweisen, so lassen sich derartige Bestände in allen Inventaren nachweisen, sei es in loser oder in gebundener Form. Der überwiegend inhomogenen und zufälligen Anordnung der Objekte in den Kunst- und Wunderkammern, die mal nach materiellen Gesichtspunkten, mal nach Sachgruppen erfolgte, entsprach auch die Einordnung von Porträts, sei es auf Miniaturen, Einblattdrucken oder in Kupferstichbänden. Gemalte Bildnisse des Gründers der Kunstkammer oder seiner Familie wurden nicht selten gleichberechtigt neben druckgrafischen Bildnisfolgen des Herrscherhauses aufgestellt. Weitere Porträtwerke fanden sich darüber hinaus häufig in den fürstlichen Bibliotheken, die in engem Bezug zur Kunstkammer standen und stets in unmittelbarer Nachbarschaft zu dieser untergebracht waren. Für gewöhnlich fungierten die Privatbibliotheken als Aufstellungsort illustrierter Druckwerke. Einzelne Werke zur Numismatik, Architektur, Trachtenkunde, Jagd- und Turnierbücher, aber auch Porträtwerke wurden zudem bestimmten Bereichen der Kunstkammer zugeordnet. Die Kunstkammern in Dresden, München und Ambras verfügten alle über eigene Bücherschränke, die grafische Sammelalben enthielten. So befand sich
Das von Johann Baptist Fickler erstellte Münchner Kunstkammerinventar ist in der Bayerischen Staatsbibliothek in zwei Exemplaren überliefert: München, BSB, Cgm 2133 bzw. Cgm 2134, Inventarium oder Beschreibung aller deren Stuckh und sachen frembder und Inhaimaischer bekanter und unbekanter selzamer und verwunderlicher ding so auff Ir Fürstl. Dthl. Herzogen in Bayern etc. Kunst Camer zu sehen und zu finden ist angefangen den 5. Februarii anno 1598 Geschrieben durch Joan Baptist Ficklern der Rechten Doctorn Fürstl. Dhtl. in Bayern Hofrath zu München. 2004 erschien eine Transkription der Inventarhandschrift Cgm 2133. Diemer [Hrsg] (2004). Das Ambraser Hinterlassenschaftsinventar aus dem Jahr 1596 befindet sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek: ÖNB, HAD, Cod.8228, Inventarium germanicum rerum mobilium archiducis Ferdinandi Oenipontani. Es wurde 1888 durch Wendelin Boeheim publiziert. Boeheim [Hrsg.] (1888). Das Kunstkammerinventar Kaiser Rudolfs II. von 1607–1611, das nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bibliothek des regierenden Fürsten von Liechtenstein entdeckt wurde, wurde 1947 transkribiert und 1976 durch Rotraut Bauer und Herbert Haupt herausgegeben. Bauer/Haupt [Hrsg.] (1976).
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Abb. 45: Ansicht von Dresden, Mitte 17. Jahrhundert
etwa in München gleich beim Eingang der Kunstkammer ein „buechcasten“, in dem gedruckte Kunstbücher, Codices, Grafikfolgen und Klebebände mit Kupferstichen unterschiedlicher Formate nebeneinander „stehend und liegend“ aufbewahrt wurden.561 Umgekehrt wurden in der Ambraser Sammlung Einblattdrucke auch in den Schubladen der Bibliothek aufbewahrt, wie aus dem Verlassenschaftsinventar des Erzherzogs Ferdinand von Tirol hervorgeht.562 Die verbreitetste Erscheinungsform druckgrafischer Porträts in den fürstlichen Kunstkammern bildeten die gedruckten Porträtwerke des 16. Jahrhunderts. Bildnisvitenbücher mit den Porträts römischer Kaiser, Päpste, Könige, Fürsten, Gelehrter und anderer „Viri illustres“ finden sich in allen vier Inventaren angeführt. Einzelporträts hingegen wurden zumeist als gebundene Serien aufbewahrt.563 So stößt man in den Verzeichnissen immer wieder auf Einträge, die auf individuell zusammengestellte Klebealben hinweisen, in denen Einzelporträts thematisch zu geschlossenen Serien zusammengefasst wurden. Im Fall der Ambraser Kunstkammer haben sich derartige „Porträtstichbände“ bis heute erhalten.564 Die Dresdner Kunstkammer entstand im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts und wurde im Westflügel des Dresdner Residenzschlosses in sieben Räumen des dritten Obergeschoßes eingerichtet.565 Nachweislich befanden 561 Diemer (2004), S. 48. 562 ÖNB, HAD, Cod.8228, fol. 644r „[…] in ainer schubladen allerlai kupferstich, ain guete anzal“. Zit. nach Boeheim (1889), S. IV. 563 Die Münchner Kunstkammer verfügte auch über eine Lose-Blatt-Grafiksammlung, die in Schubladen untergebracht war. Der Anteil der Porträts innerhalb dieser Sammlung lässt sich heute nicht mehr feststellen. 564 Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. KK_6634 bzw. KK_6635. 565 Ein Grundriss der Kunstkammer im Dresdner Schloss (um 1615) aus dem Staatsarchiv Dresden ist abgebildet in: Heres (1991), S. 41. Zu den Grafikbeständen der Dresdner Kunstkammer vgl. die ausführliche Arbeit von Christien Melzer (2010).
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III. Ordnungsstrategien
sich bereits in der Bibliothek des Kurfürsten August mehrere Werke, die grafische Porträts enthielten. Die ursprünglich ebenfalls im Residenzschloss untergebrachte kurfürstliche Bibliothek wurde 1574 nach Schloss Annaburg überführt. Im Zuge der Verlagerung wurde der erste Katalog angelegt, der sich heute in der Sächsischen Landesbibliothek befindet.566 Das Verzeichnis, welches einen Bestand von 1722 Bänden erfasst, enthält eine Abteilung, in der neben Werken zu Architektur und Perspektive auch „Kupferstichen Contrafacturn und sonst allerley figurn und gemahl“ verzeichnet sind. Dort findet man zwischen Vermessungs- und Festungslehren, Perspektiv- und Zeichenschulen sowie kartografischen Werken immer wieder Eintragungen, die sich auf gedruckte Bildnisfolgen beziehen. Unter ihnen ein Porträtwerk mit Bildnissen von 28 römischen Päpsten samt deren Lebensbeschreibungen567, Johann Agricolas Bildnisvitenbuch der sächsischen Herzoge, Fürsten und Kurfürsten568, ein französischsprachiges Porträtwerk sämtlicher Könige von Frankreich569, ein Folioband mit den Bildnissen römischer Kaiser und Gelehrter von Jacopo da Strada570 sowie ein Band mit Kupferstichporträts nach Münzen Abraham Ortelius’.571 In der Kunstkammer des Kurfürsten war der überweigende Teil der Handzeichnungen und Druckgrafik in einem eigenen Bücherschrank untergebracht. Dieser zählte jedoch nicht zur kurfürstlichen Bibliothek, sondern fungierte quasi als „Fachbibliothek“ der Kunstkammer.572 Hier war die Mehrzahl der zu Alben gebundenen oder in Klebebänden verwahrten Druckgrafiken aufgestellt. Die früheste zuverlässige Quelle zur Kunstkammer, das 1587 angelegte Inventar, welches sich heute im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden befindet, dokumentiert hinsichtlich der Themenverteilung grafischer Werke innerhalb der Kunst566 Dresden, SLUB, Bibl. Arch. I. Ba 20, Registratur der bucher in des Churfursten zu Saxen liberey zur Annaburg, 1574. 567 Ebenda, fol. 87v, „Contrafet der Romischen Bäbste derer in der zal 28 sampt den Summarien Ihres Lebens“, wahrscheinlich handelt es sich um Onofrio Panvinios „Accuratae effigies Pontificum Maximorum […], Strassburg, 1573. 568 Ebenda, fol. 88r, „Warhafftige Abcontrafactur und Bildnus aller GrosHertzogen, Chur und Fuersten, welche vom Jahr nach Christi Geburth, 842. bis auff das jetzige 1563. Jahr, das Landt Sachssen, Löblich und Christlich regieret haben […], Wittenberg, 1563. 569 Ebenda, fol. 88v, „Contrafacturn aller Konige in Frannckreich in Kupfer gestochen mit Frantzosischer sprach gedruckt“, wahrscheinlich George Bernards „Cronique sommairement traictee des faictz heroiques de tous les Rois de France […], Lyon, 1570. 570 Ebenda, fol. 89r, „Contrafacturn unnd bildnüs etzlicher alten Keiser Keyserin Unnd anderer fürnehmer Romisch persones mit der feder gerissen und getuscht Die Strada von M gn[ä]d[ig]st[en] h[errn] gelihen in folio“. 571 fol. 90r, „Allerley Contrafet alter heidnischer personen die man von alten Müntzen in Kupfer gestochen und in druck augeben hat durch Abraham Orteln zu Antorff“. 572 Vgl. Melzer (2010), S. 149, S. 166.
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kammer einen klaren Schwerpunkt zugunsten naturwissenschaftlicher Sujets. Druckgrafiken und illustrierte Bücher mit Darstellungen zu Topografie und Landvermessung, Geometrie, Mathematik oder Architektur dominieren klar gegenüber Einzelblättern oder Serien mit Porträtdarstellungen.573 Dazwischen finden sich immer wieder Einträge wie „Allerley Kupferstücke in roten Leder“ oder „in weißen Bergament gebunden“, die keine spezielle thematische Zuordnung zulassen. Insgesamt lassen sich in dem Inventar etwa 20 Positionen nachweisen, die sich auf grafische Bildnisse in der Kunstkammer des Kurfürsten August beziehen. Neben den Porträts des Kurfürsten selbst und seiner Familie finden sich dort Darstellungen habsburgischer Kaiser und befreundeter Fürsten, geschlossene Serien antiker römische Kaiser und Päpste sowie gedruckte Porträtwerke mit sächsischen, holländischen und flandrischen Fürstenbildnissen. Bei den im Kunstkammerinventar verzeichneten Einzelporträts, wenngleich diese nicht alle mit letzter Sicherheit als druckgrafische Werke identifiziert werden können, handelt es sich fast ausschließlich um verwandte oder befreundete fürstliche Zeitgenossen Augusts. So findet man neben einer Darstellung Kaiser Karls V. während der Belagerung Wittenbergs 1547 von Jobst Camerer574 und einem Porträt des regierenden Kaisers Rudolf II.575 ein Doppelporträt des Kurfürsten selbst mit seinem Sohn Christian I.576, ein Doppelporträt der habsburgischen Erzherzoge Matthias und Maximilian577, mit deren Vater August seit gemeinsamen Kindertagen in Innsbruck freundschaftlich verbunden war, ferner ein Bildnis des Königs Sebastian I. von Portugal578 sowie Porträts des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz579 und seiner Tochter Prinzessin Dorothea Susanne, über deren Kinder der Kurfürst die Vormundschaft innehatte.580 An Porträtfolgen und gedruckten Porträtwerken finden sich neben Serien von römischen Kaisern581 und Päps573 Ebenda, S. 64. 574 Dresden, HStAD, 10009 Kabinette und Galerien, Nr. 1, Inventarium über des Churfürsten zu Sachsen und Burggraven zu Magdeburgks meines gnedigsten hern Kunst-Cammern [...], Anno 1587, fol. 67v, „1 Contrafect Keiser Caroli V Pontinirt, wie derselbe in der Wittembergischen Belagerunge gesehen und contrafect worden“. 575 Ebenda, fol. 67v , „Contrafect Keyser Rudolphi“. 576 Ebenda, fol. 72r, „1 kupfer mit Churf. Augusten seligen, und herzogen Christians Contrafect“. 577 Ebenda, fol. 198v, „Contrafect Archiducum Austriae Maximiliani et Mathiassn“. 578 Ebenda, fol. 198v, „Contrafect Regis Sebastiani Portugaliae“. 579 Ebenda, fol. 198r, „Contrafactur Pfalzgraf Fridrichen des Dritten und Churfürsten, Herzogen in Bayern“. 580 Ebenda, fol. 198r, „Contrafect Dorotheen gebornen Pfaltzgravinnen beim Rhein“, Anno 1581. 581 Ebenda, fol. 189r, „Bildtnuß der Römischen Kaiser“ bzw. fol. 165v, „Imperatorum Roman-
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III. Ordnungsstrategien
Abb. 46: Ansicht von München, um 1600
ten582 drei Bände mit Bildnissen der Herzoge, Fürsten und Kurfürsten von Sachsen, darunter Salomo Politanius‘ Porträtwerk von 1570583, Michiel Vosmeers Bildnisvitenbuch der Fürsten von Holland und Seeland und Herren von Friesland (1578)584, ein weiteres Werk mit Bildnissen der Grafen von Flandern (1580?)585 sowie Theobald Müllers Porträtwerk berühmter Kriegshelden aus der „Elogia“ des Paolo Giovio (1577).586 Die Münchner Kunstkammer wurde unter Herzog Albrecht V. von Bayern im Obergeschoß des zwischen 1563 und 1567 errichteten Marstalles (heute Alte Münze) eingerichtet. Die vier Säle und Eckräume in der dreigeschossigen Vierflügelanlage bildeten zu dieser Zeit den größten Ausstellungsraum, größer als in Dresden, Wien oder später in Ambras. Die Objekte der herzoglichen Kunstkammer waren dort auf rund 60 große und kleine „Tafeln“ und „Tischl“ verteilt. Die Präsentation ist heute nicht mehr eindeutig nachvollziehbar, da die Sammlung 1632 bei der Besetzung Münchens durch das schwedische Heer und dessen Verbündete geplündert
582 583 584 585
586
orum omnium Orientalium et Occidentalium verissima Imagines […]“. Zu den Kaiserbildnissen Octavio da Stradas in der Dresdner Kunstkammer vgl. Melzer (2010), S. 130–139. Ebenda, fol. 175v, „Der Bäbste zu Rom Bildtnuße“, sowie fol. 177v, Philips Galles „Pontificum maximorum numero XXVII Effigies ad vivum typis aeneis […], Antwerpen,1572. Politianus, Salomon, Imagines illustrissimorum Ducum, Electorum Saxoniae […], Wittenberg, 1570. Vosmeer, Michiel, Principes Hollandiae Et Zelandiae, Domini Frisiae: Cum genuinis ipsorum iconibus, à Theodorico Aquitaniae ad Iacobam Bauariae […], Antwerpen, 1578. Ebenda, fol. 175v, „Imagines comitum Flandriae“, wahrscheinlich handelt es sich dabei um Martin Corneilles „Les généalogies et anciennes descentes des forestiers et comtes de Flandre […], Antwerpen, 1580. Ebenda, fol. 180r, Müller, Theobald, Eigentliche und gedenckwürdige Contrafacturen oder abbildungen wolverdienter unnd weitberümpter Kriegshelden […], Basel, 1577.
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wurde. Die verlässlichste Quelle bildet heute das in zwei Handschriften in der Bayerischen Staatsbibliothek überlieferte, von Johann Baptist Fickler aufgenommene Inventar von 1598.587 Wie in Dresden wurden auch in München Handschriften und illustrierte Bücher sowohl in der Bibliothek, die Herzog Albrecht im Obergeschoß des 1568 bis 1571 errichteten Antiquariums unterbringen ließ, als auch in der Kunstkammer aufbewahrt. Gleich zu Beginn des Inventars wird ein „Cassten mit Aschenfarb angemalt“588 erwähnt, der sich direkt beim Eingang zur Kunstkammer befand. Darin war eine Sammlung von rund 120 Druckwerken, Codices, Sammelalben und Handzeichnungen verschiedenster Größen untergebracht, von Regalformat bis „parvo folio“.589 Die Aufzählung der Werke beginnt mit numismatischen Handschriften des Jacopo Strada590 mit den Bildnissen römischer Staatsmänner und setzt sich fort mit illustrierten Münzwerken, Kunst- und Architekturbüchern, Pferdebüchern, Trachtendarstellungen, Wappen- oder Schreibmeisterbüchern. Dazwischen finden sich immer wieder Einträge von Bänden mit Passionsdarstellungen, Heiligenbildern, Architekturdarstellungen oder Grotesken, die auf montierte Sammelalben hinweisen. So wird etwa ein weißer Pergamentband mit religiösen Darstellungen erwähnt, welche „thails in kupfer gestochen, thails geözt, thails geschnitten“ sind.591 Das Nebeneinander dieser unterschiedlichen druckgrafischen Techniken lässt auf einen montierten Klebeband schließen.592 Auch deuten die Inhaltsangaben einiger Bände auf Sammelalben hin, in denen sowohl Handzeichnungen als auch Druckgrafiken enthalten waren. So verzeichnet Fickler etwa ein „Architectur buech etlicher Gebew, Triumphpögen, Portiken, und anderer Romischer gebew in kupffer gestochen, thails von freier handt gerißen“593 oder ein „ Architectur buech von gestochnen und mit der handt aufgerißnen stuckhen […]“594. An diesen Bücherkasten schloss ein weiterer aschfarbener Schrank an, der beiderseits mit je 74 Schubladen ausgestattet war, in denen die eigentliche Grafiksammlung des Herzogs untergebracht war. Dort befanden sich Einzelblätter wie Kupferstiche, Holzschnitte oder Handzeichnungen, die 587 Siehe Anm. 560. Den folgenden Auszügen aus der Inventarhandschrift Cgm 2133 liegt die Transkription von Peter Diemer [Hrsg] (2004) zu Grunde. 588 München, BSB, Cgm 2133, fol. 1v. 589 Ebenda, fol. 8v bzw. fol. 6r. 590 Imagines Regum, Consulum, Dictatorum, Magistrum Equitum, Tribuni-Militum consularis potestatis, ab urbe condita usque ad C. Jul. Caesarem Dictatorem […], 1571. 591 München, BSB, Cgm 2133, fol. 4v. 592 Diese Annahme vertritt auch Peter Diemer (2008), S. 227. 593 München, BSB, Cgm 2133, fol. 8v. 594 Ebenda, fol. 9r.
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teils montiert, teils lose in den Schubladen lagen.595 Leider geht das Inventar nicht näher auf den Inhalt und die Anzahl der Blätter ein, so dass die Grafiksammlung in der Münchner Kunstkammer heute nicht mehr rekonstruierbar ist. Ihr weiteres Schicksal ist gänzlich unbekannt. Es ist anzunehmen, dass sich unter den Grafikblättern in den 148 Schubladen auch etliche Porträts befunden haben. Unter den verzeichneten Werken des Bücherschranks lassen sich hingegen einige Bände nachweisen, die als individuell arrangierte Porträtbände identifiziert werden können. So wird dort ein kleinformatiger pergamentgebundener Band erwähnt, der zeitgenössische wie historische Porträtstiche enthält.596 Oder ein weiterer mit alten und neuen Kupferstichen und Handzeichnungen, darunter das Bildnis Martin Luthers.597 Auch finden sich darunter bedeutende gedruckte Bildniswerke des 16. Jahrhunderts wie etwa Francesco Terzios fünfbändiges Prachtwerk der habsburgischen Fürsten und deren Vorfahren (1558)598 oder Enea Vicos Münzbildnisserie römischen Kaiserinnen (1557).599 In enger Verbindung mit der Münchner Kunstkammer steht das 1565 verfasste Traktat des flämischen Humanisten und Antiquars in bayerischen Diensten, Samuel Quiccheberg (1529–1567), welches als die älteste bekannte museumstheoretische Schrift gilt.600 Quiccheberg, der seit 1557 Bibliothek und Sammlungen des Johann Jakob Fugger verwaltete, trat 1559 in ein Dienstverhältnis als Berater Herzog Albrechts V. Seine „Inscriptiones vel Tituli Theatri amplissimi“ beschreiben den Idealtypus einer fürstlichen Kunstsammlung und geben detaillierte Anleitungen zu deren Einrichtung.601 595 Ebenda, fol. 10r, „[…] schubladen, welche alle mit gestochnen Kupferstichen, unnd von der handt gerissnen, aufgezogenen, unnd unaufgezognen stuckhen, sambt etlichen holzgeschnittnen angefült.“ 596 Ebenda, fol. 6r, „ein weiß buech in weiß Pergame darinnen allerlay Brustbilder, sowol Moderna als antiqua in kupffer gestochen in parvo folio“. 597 Ebenda, fol. 6v, „Ein buech in Pappen gebunden, mit allerlay alten und newen kupfferstichen, mit Martin Luters bildtnus und ruemraisgen falschen Titl, sambt etlichen von der handt aufgerißnen stuckhen.“ 598 Francisci Tertii Bergomatis Serenissimi Ferdinandi archiducis Austriae ecc. pictoris aulici Austriacae gentis imaginum […], Innsbruck, 1558. 599 Le imagini delle donne auguste intagliate in istampa di rame, con le Vite […], Venedig, 1557 Imperatorum Romanorum omnium orientalium et occidentalium verissimae imagines ex antiquis numismatis ... delineatae addita cuiusque vitae descriptione ex Thesauro Jacobi Stradae. 600 Quiccheberg, Samuel, Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi, complectentis rerum universitatis singulas materias et imagines eximias […], München, 1565. 601 Die Deutung des Ordnungsmodells Quicchebergs wurde in der Literatur ausgiebig diskutiert. Vgl. dazu Schlosser (1908), Hajós (1958), Minges (1998), Roth (2000), Brakensiek (2003), Diemer/Diemer (2008).
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Das Werk wurde 1565 in München gedruckt, etwa gleichzeitig mit der Fertigstellung des Münchner Kunstkammergebäudes. Es liegt nahe, dass sich Quicchebergs Empfehlungen auf die Münchner Sammlung beziehen. Der erste Abschnitt des Werkes enthält eine hierarchische Aufstellung von Sammlungsobjekten, die in fünf Hauptklassen („Classes“) zu je zehn bis elf Überschriften („Inscriptiones“) gegliedert werden.602 Die erste Klasse beginnt mit Bildern und Objekten religiösen Inhalts („Tabulae sacrarum historiarum“). Daran schließen die Genealogien und Stammbäume des Sammlungsgründers und dessen Familie sowie verwandter Fürsten an. Schließlich folgen Porträts des Gründers und dessen Vorfahren, als Brustbilder oder ganze Figuren, danach Landkarten und topografische Ansichten, kriegerische Darstellungen, Schauspiele, Triumphzüge, festliche Veranstaltungen usw. In der „Inscriptio Tertia“ der fünften „Classis“ wird eine Sammlung von Kupferstichen („Imagines ex aere impressae“) und anderer Bilder aus Papier unterschiedlichen Formats erwähnt, die nach Quiccheberg nicht zu Bänden zusammengebunden, sondern lose unter bestimmten Kategorien in Pergamentmappen zusammengefasst in geräumigen Fächern abzulegen seien. Die empfohlenen Kategorien gliedern sich in biblische Historienbilder, Historienbilder des Neuen Testaments, Apostel und Evangelisten, Heilige, theologische Entdeckungen („Theologiae inventiones“), Geschichten einzelner Christen, Wunderdarstellungen, Feldzüge, Porträts und schließlich Stammbäume. Danach folgen in einem zweiten Bereich Naturalien, Tiere, Pflanzen, profane Szenen etc.603 Die Bedeutung, die Quiccheberg den Bildnissen in einer fürstlichen Sammlung zumisst, zeigt sich darin, dass er diese gleich an den Beginn seiner Klasseneinteilung stellt. Direkt an die Bilder geistlicher Thematik schließen jene weltlicher Repräsentation an. In der fünften Klasse werden schließlich zwischen Genealogien und Wappen adeliger Familien als sechste „Inscriptio“ die „Porträts berühmter außerordentlicher Männer“604 angeführt, die man in größtmöglicher Zahl zusammentragen sollte und worunter folgende vertreten seien: Kaiser, Könige, Fürsten sowie andere Männer von herausragender Tugend, an deren Gedenken sich der Gründer des Theaters erfreute oder die er vor allen übrigen Familienmitgliedern am meisten bevorzugte.605 Grafische Porträts werden in derselben Klasse der Sammlung von Kupferstichen untergeordnet, wo sie eine eigene grafische Porträtsammlung bilden. 602 603 604 605
Die folgende Aufstellung basiert auf der Übersetzung von Harriet Roth (2000). Zitiert nach Roth (2000), S. 139 f. „Effigies illustrium, et clarorum virorum“. Zitiert nach Roth (2000), S. 75.
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III. Ordnungsstrategien
Abb. 47: Schloss Ambras, um 1700
Auch wenn die Mitwirkung Quicchebergs an der Einrichtung der Münchner Kunstkammer heute nicht mehr nachzuweisen ist, so mag man durch seine detaillierten Empfehlungen doch eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, wie die thematische Gliederung der Grafiksammlung in der Kunstkammer Herzog Albrechts V. ausgesehen haben mag. Die Ambraser Kunstkammer wurde in der zweiten Hälfte der 1570erJahre gemeinsam mit der Rüstkammer des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol in der 1572 fertiggestellten „Kornschütt“ im Unterschloss des Schlosses Ambras eingerichtet. Direkt darüber war die umfangreiche Bibliothek untergebracht, die von Julius von Schlosser als „eine der bedeutendsten ihrer Zeit“ bezeichnet wurde.606 Sie war nach Fakultäten geordnet und enthielt mehr als 3000 Bände. Während in der Rüstkammer die Leibharnische der Kaiser, Könige, Fürsten und berühmten Zeitgenossen nach Rang und Herkunft geordnet waren, gibt über die Einrichtung der benachbarten Kunstkammer das Verlassenschaftsinventar Auskunft, das ein Jahr nach dem Tod des Erzherzogs erstellt wurde.607 Dort wird angegeben, dass „in der grossen kunstcamer […] achtzehen hohe underschidliche casten“ stehen.608 Den 18 606 Schlosser (1908), S. 44. 607 ÖNB, HAD, Cod. 8228, Inventarium germanicum rerum mobilium archiducis Ferdinandi Oenipontani, Innsbruck, 1596. Den folgenden Angaben liegt das Transskript von Wendelin Boeheim (1888) zu Grunde. 608 Ebenda, fol. 347r.
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hohen Schränken aus Zirbenholz, die Rücken an Rücken aufgestellt waren, waren an den Schmalseiten jeweils zwei „Zwerchkästen“ angeschlossen. Der achte Schrank der Kunstkammer war Handschriften, illustrierten Büchern und grafischen Werken gewidmet.609 Auf acht Regalböden waren dort die prächtigsten illustrierten Handschriften wie das von Maximilian I. in Auftrag gegebene „Ambraser Heldenbuch“610, die Probedrucke zu dessen biografischen Werken „Freydal“, „Theuerdank“ und „Weißkunig“ mit den handschriftlichen Anmerkungen des Kaisers oder die Wenzelsbibel611 aufgestellt, die sich heute allesamt in der Österreichischen Nationalbibliothek befinden. Daneben standen numismatische Werke, Tier-, Turnier-, Architekturbücher usw. Das Inventar belegt darüber hinaus eine beträchtliche Anzahl von montierten Klebealben und Stichserien, die zwischen illustrierten Handschriften und Druckwerken aufgestellt waren. Zwar lässt sich bei mehreren Einträgen nicht mit Sicherheit feststellen, ob es sich dabei um gebundene Sammelalben mit Kupferstichen oder um illustrierte Druckwerke handelt. Eine Anzahl von 34 Klebebänden aus der Sammlung des Erzherzogs Ferdinands, die zusammen mehr als 5000 Druckgrafiken enthalten, hat sich jedoch erhalten und zählt heute zum Kunstkammer-Bestand des Kunsthistorischen Museums Wien.612 Dazu zählen etwa Alben mit biblischen und Heiligenfiguren wie die „Figurae Sanctorum“ mit 126 Druckgrafiken oder „Allerlaj Heyligen unnd Heiligin in der gressern Furm“ mit 212 Druckgrafiken.613 Klebebände mit Porträtstichen standen auf dem vierten und fünften Regalboden („stell“) unmittelbar neben Bänden mit Handzeichnungen von Kaisern und Königen und den Prunkausgaben gedruckter Bildniswerke wie dem unter der Patronanz Ferdinands entstandenen fünfbändigen Prachtwerk Francesco Terzios, „Imagines Gentis Austriacae“ mit Bildnissen von Angehörigen des Hauses Österreich.614 Zwei montierte Porträtstichbände aus dem achten Schrank der Ambraser Kunstkammer sind heute noch im Bestand des Kunsthistorischen Museums überliefert. Es handelt sich dabei um den ursprünglich auf der „funften stell“ aufgestellten Klebeband mit dem im Inventar angeführten Titel „Ain bibl von allerlei conterfeturen etlicher doctores und glerter leüth auch andere 609 610 611 612 613
Ebenda, fol. 383r, „Achtet casten, darinnen allerlei büecher“. ÖNB, HAD, Cod. Ser. nova 2663. ÖNB, HAD, Cod. Vind. 2759–2764. Ein Katalog der erhaltenen Grafikbände findet sich bei Parshall (1982), S. 146–177. Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. KK_5343 bzw. KK_6637. Handschriften und Druckschriften aus der ehemaligen Ambraser Sammlung finden sich auch in der Sammlung von Handschriften und alten Drucken der ÖNB. Ein Verzeichnis siehe unter Katalog Innsbruck (1995), S. 33. 614 Die Ambraser Ausgabe: Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. KK_5355.
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III. Ordnungsstrategien
conterfeturn, die erst fügur ist Martin Lutter“615, der 43 Bildnisse von Theologen und Gelehrten enthält, beginnend mit Martin Luther, Jan Hus und Joachim Camerarius, gefolgt von Päpsten und Kardinälen616 sowie ein im Inventar auf der „vierten stell“ verzeichneter umfangreicher Porträtband mit dem knappen Titel „Allerlei conterfeturn“617, der auf 255 Seiten 398 Holzschnitte und Kupferstiche überwiegend deutscher, niederländischer und italienischer Künstler vereinigt.618 Dieser Band gewährt einen seltenen Einblick in die Binnengliederung einer gebundenen Porträtsammlung des 16. Jahrhunderts. Zu Beginn des Klebebands stehen Darstellungen Christi Abb. 48: Klebeband mit Bildnissen aus und Mariens, gefolgt von drei Päpsten, der Ambraser Kunstkammer die zu Lebzeiten Erzherzog Ferdinands das Amt innehatten. Daran schließt eine Art Ahnengalerie des Sammlungsgründers an: Beginnend mit den Bildnissen Kaiser Karls V. und des Vaters Ferdinand I. folgen auf 20 Seiten Porträts von Geschwistern, Cousins und Cousinen, Tanten und Onkeln aus dem Hause Habsburg sowie deren Angetraute, oft paarweise auf einer Doppelseite gegenübergestellt. Schließlich folgen die Porträts der wichtigsten verwandten und zeitgenössischen Monarchen bis hin zu Sultan Süleyman I. und dessen Tochter Mihrimah. Hierauf schließt einigermaßen unvermutet eine Abfolge von unterschiedlichsten Porträtreihen oder Serien aus Bildniswerken der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an, immer wieder durchbrochen von Einzelbildnissen, die in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang zueinander stehen. Man begegnet zunächst Münzporträts römischer Kaiser, dann ganzfigurigen Bildnissen von Königen und Königinnen des Antwerpener Verlegers Hans Liefrinck, schließlich einer Reihe Augsburger Bürger, wiederum gefolgt von einer Serie römischer Helden des Hendrick Goltzius. Nach 62 Seiten stößt man plötzlich wieder auf die gleiche Christus- und Ma615 616 617 618
ÖNB, HAD, Cod.8228, fol. 390r. Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. KK_6634. ÖNB, HAD, Cod.8228, fol. 388v. Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. KK_6635.
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riendarstellung vom Beginn des Klebebandes. Derartige Wiederholungen des gleichen Porträts treten gleich mehrfach auf. Eine durchgehende Programmatik liegt dem Band offensichtlich nicht zugrunde. Eine weitere bedeutende Porträtsammlung auf Papier im Besitz Ferdinands befand sich in unmittelbarster Nachbarschaft. In nur zwölf Jahren, von 1578 bis 1590, konzipierte und realisierte der Erzherzog eine Kollektion von fast 1000 Porträts regierender Fürsten und deren Ahnen sowie berühmter Zeitgenossen aus allen Ländern Europas, die nicht nur als die älteste, sondern sicher auch als die umfangreichste Sammlung nördlich der Alpen bezeichnet werden kann. Sie beginnt mit dem Babenberger Leopold I. und schließt mit den Geschwistern und Söhnen des Erzherzogs ab. Erzherzog Ferdinand kümmerte sich persönlich um deren Ausbau und schickte Gesuchsschreiben an Fürsten ausländischer Höfe, in denen er um die Anfertigung von möglichst authentischen Porträts sowie beigefügten Biografien der jeweiligen Familien bat. Über seinen ältesten Sohn, Kardinal Andreas von Österreich, ließ er sich Papst- und Kardinalsbildnisse aus Rom liefern, den Hofmaler Francesco Terzio beauftragt er, in Rom schöne Frauen zu porträtieren.619 Um den Transport zu erleichtern, ließ Ferdinand die Bildnisse zwar in Öl, aber auf Papier anfertigen. Erst nach dem Eintreffen in Ambras wurden diese dann auf kleinen Holztafeln aufgezogen. Damit alle eintreffenden Porträts das gleiche Format aufwiesen, legte er den Bittschreiben jeweils ein Musterblatt Papier in einheitlicher Größe bei.620 Sein Sammelinteresse erschöpfte sich aber nicht wie bei seinem Urgroßvater Maximilian I. auf Bildnisse von Vorfahren aus der Vergangenheit. Feldherren und Staatsmänner aus Ferdinands unmittelbarer Gegenwart fanden ebenso in der Sammlung Berücksichtigung wie Gelehrte, Dichter oder Künstler. Auch „Wundergestalten“ waren vertreten. So fanden sich neben den Darstellungen von Zwergen und Riesen auch die Bildnisse einer Familie mit behaarten Gesichtern. Die ursprüngliche Anordnung der Sammlung lässt sich nur mehr vage aus einem Inventar des Ambraser Schlosshauptmannes Johann Baptist Primisser von 1788 nachvollziehen, der die Porträtsammlung, die bis dahin unberührt in acht Truhen in der Kunstkammer gelagert war, zum ersten Male verzeichnete, bevor sie in Rahmen gefasst und aufgestellt wurde.621 Demnach lässt sich eine hierarchische Ordnung erkennen, an deren Spitze das Erzhaus stand, danach folgten die römisch-deutschen Kaiser, die Könige verschiedener Länder, dann die deutschen und italienischen Herzoge und Fürsten, die Orientalen, schließlich berühmte Persönlichkeiten aus mehre619 Kenner (1893), S. 40. 620 Lhotsky (1941/45), S. 187. 621 Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. KK_6657-6659 bzw. KK_6660-6662.
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III. Ordnungsstrategien
ren Ländern Europas. Heute ist die Sammlung Teil der Schausammlung im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums in Wien. Da es sich dabei ausschließlich um gemalte Porträts handelt, soll in der weiteren Folge nicht näher auf diese eingegangen und lediglich auf die grundlegende Literatur verwiesen werden.622 Schließlich sei noch die Prager Kunstkammer betrachtet, die nahezu eine Generation später durch Kaiser Rudolf II. in der Prager Burg eingerichtet worden war. Auch sie vereinte neben Kunstwerken astronomische Instrumente, exotische Tiere, geschnittene Steine und etliches mehr. Rudolf, der die Sammlung seines Onkels Ferdinand II. von Tirol auf seiner Rückreise von Spanien nach Wien im Juli 1571 kennenlernte, konnte nach dem Tod Ferdinands etliche Kunstkammerobjekte aus dessen Nachlass erwerben. Die Prager Kunstkammer bestand nach Rotraud Bauer und Herbert Haupt aus drei aufeinander folgenden Räumen, wovon ein Raum die eigentliche „kunstcamer“ war, der zwei „gewelbe“ oder „vorkamern“ („fördere kunstcammer“) vorgelagert waren.623 In der Mitte der eigentlichen Kunstkammer befand sich ein langer Tisch („tafel“), der mit Kunstwerken vollgestellt war. Entlang der Wände waren 20 offene oder geschlossene Almare (Kästen) mit unterschiedlicher Anzahl von Fächern aufgestellt, deren Inhalt in den überlieferten Inventaren genau verzeichnet ist. Bücher und Alben mit Druckgrafiken oder Zeichnungen, die Rudolf II. in großer Anzahl besaß, wurden größtenteils in Truhen oder Schreibtischen, die mit Laden versehen waren, innerhalb der Kunstkammer aufbewahrt. Das älteste überlieferte Inventar zur Prager Kunstkammer stammt aus den Jahren 1607–1611 und wurde noch zu Lebzeiten des Kaisers von dessen Miniaturmaler und Antiquar Daniel Fröschl (1563–1613) angelegt.624 Das „Verzaichnus, was in der Röm: Kay: May: Kunstcammer gefunden worden“, in dem auch die Neuzugänge während der letzten fünf Lebensjahre Rudolfs II. nachgetragen wurden, wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt, 1947 transkribiert und 1976 veröffentlicht.625 Da es sich dabei aber lediglich um ein Teilinventar der umfangreichen Sammlungen Rudolfs II. handelt, ist es heute praktisch unmöglich, konkrete Angaben zu den grafischen Porträtbeständen innerhalb der kaiserlichen Sammlungen zu machen. Die Kunst622 Zur Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol vgl. Kenner (1892 bzw. 1893/98), Ladner (1933 bzw. 1935), auch Lhotsky (1941/45), Pflauder (1999), Schütz (2002). 623 Bauer/Haupt (1976), S. XVII. 624 Im Inventar beruft sich Fröschl auf „eun alt inventarium“ und auf das „alte register“, woraus man schließen kann, dass es ein ebensolches schon im 16. Jahrhundert gegeben haben muss. Bauer/Haupt (1976), S. XXXVII. 625 Siehe Anm. 560.
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kammer wurde 1648 nach der Einnahme Prags durch schwedische Truppen geplündert. Bereits zuvor nach Wien verbrachte Bestände bilden heute unter anderem die Grundlage für die Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien.626 Es seien daher in der Folge lediglich jene Porträts angeführt, über die das Inventar Fröschls Auskunft gibt. Im Allgemeinen sind die Objekte dort in Gruppen entsprechend ihrer sachlichen oder materiellen Zusammengehörigkeit verzeichnet – zunächst die „Naturalia“, dann die „Artificialia“ und zuletzt die „Scientifica“. Die Gruppe der „Artificialia“ umfasst unter anderem einen Bestand an gestochenen Kupferplatten unterschiedlicher Meister nebst einigen Abdrücken. So waren laut dem Inventar in einem „Kästlein“ „geschnittene Kupfer“ von Schongauer und Dürer sowie mehrere Arbeiten des Hofkupferstechers Egidius Sadeler verwahrt.627 Darunter das Porträt Rudolfs II. nach einem Gemälde von Hans von Aachen (1603)628 sowie ein weiteres Bildnis des Kaisers (1604)629. Ferner Dürers Porträts des Erasmus von Rotterdam (1526)630 und des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg (1523).631 In einem anderen, kleineren „Nussbaumin Käslin“ lagen weitere 30 Kupfer- und Messingplatten samt Abdrucken von Lucas van Leyden. 7.2 Von der Kunstkammer zum Grafikkabinett Noch im ausgehenden 17. Jahrhundert war Porträtgrafik meist in größere Sammlungskomplexe wie jenen der Kunstkammer integriert. Zu den späteren Beispielen dieser Eingliederung zählt etwa die Kunstkammer des Herzogs Ernst I. von Sachsen Gotha (1601–1675) in Schloss Friedrichstein, die in den 50er-Jahren des 17. Jahrhunderts gegründet wurde. Sie enthielt unter dem Bestandskomplex der „Artificiala“, welcher rund 1150 Objekte umfasste, auch „Allerhand Bücher von Kupferstichen“, worunter sich einige Klebebände mit Porträtstichen befanden.632 Die im 19. Jahrhundert aufgelösten Bände wiesen ähnlich hierarchische Binnenstrukturen auf wie die erhaltenen Porträtbände aus der Kunstkammer des Erzherzogs Ferdinand II. 626 Naturalia wurden ebenso wie das Mineralogische Kabinett an das Naturhistorische Museum abgegeben. 627 Verzaichnus […] (1607/11), fol. 327e, zit. nach Bauer/Haupt (1976), S. 106. 628 Hollstein Nr. 323 bzw. New Hollstein (1996) Nr. 93. 629 Hollstein Nr. 322.I bzw. New Hollstein (1996) Nr. 94. 630 Bartsch, Le Peintre Graveur, Bd. VII (1808), Nr. 114.107. 631 Bartsch, Le Peintre Graveur, Bd. VII (1808), Nr. 111.103. 632 Gotha, Stiftung Schloss Friedrichstein, Schlossmuseum, Archiv, „Inventarium über die Kunst Cammer, aufgerichtet den 29. Februarii 1659“ (bis 1672 ergänzt).
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III. Ordnungsstrategien
von Tirol. Sie werden im „Inventarium über die Kunst Cammer“ des Hofbeamten Hiob Ludolf aus dem Jahr 1659 mit Titeln wie „Kayser und Könige Conterfaict“ oder „Päbst, Cardinäl, Bischoff und allerley Orden, auch Gelehrten“ angeführt.633 Zu diesem Zeitpunkt lässt sich bereits ein allmählicher Zerfall der universalen Sammlungen beobachten. Damit verbunden ist das Bestreben, die mehr zufällig angehäuften Objekte in den Kunst- und Wunderkammern in ein vernunftmäßiges System zu bringen634, wobei die frühesten Traktate zur wissenschaftlichen und systematischen Gliederung von fürstlichen Sammlungen, wie jenes des Samuel Quiccheberg, bereits in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zurückreichen. Die Auftrennung ehemals enzyklopädischer Kunstkammerbestände in einzelne Spezialsammlungen ist am Beispiel Dresden unter August dem Starken besonders gut zu beobachten, wo Johann Heinrich von Heucher auf Wunsch des Kurfürsten die Kupferstiche aus den Beständen der Kunstkammer und der Bibliothek herauslöste und zu einem Grafikkabinett zusammenführte.635 7.3 Die Porträtstichbände im Cabinet des Estampes Ludwigs XIV. In Frankreich wurde bereits ein halbes Jahrhundert zuvor das erste königliche Grafikkabinett gegründet. Den Grundstock dazu bildete freilich eine bürgerliche Privatsammlung. Jean-Baptiste Colbert, Minister unter Ludwig XIV., konnte im Jahr 1667 für den vergleichsweise geringen Betrag von rund 30.000 Livre die monumentale Grafiksammlung des Michel de Marolles für die königliche Bibliothek erwerben, aus der später das Pariser Cabinet des Estampes hervorging.636 Michel de Marolles (1600–1681), Abt der Benediktinerabtei Saint-Sauveur de Villeloin, begann im Jahr 1644 mit der Anlage einer Kupferstichsammlung, welche innerhalb weniger Jahre zur umfangreichsten Privatsammlung druckgrafischer Blätter des 17. Jahrhunderts heranwuchs. Bereits 1656 berichtet er in seinen Memoiren, er habe eine außergewöhnliche Sammlung zusammengetragen, die sich auf mehr als 70.000 Kupferstiche aller Sujets 633 Ich bedanke mich bei Direktor Bernd Schäfer für seine Hinweise zu den Titelblättern der Klebebände sowie bei Ute Däberitz für die Übermittlung Ihres Vortrags aus dem Jahr 2003 zur Gliederung der Gothaer Kunstkammer. 634 Koschatzky (13. Aufl., 1999), S. 24. 635 Vgl. Kap. 7.4.1. 636 Zur Sammlungsgeschichte der seit 1976 als „Département des Estampes et de la photographie“ bezeichneten Abteilung der Bibliothèque nationale de France siehe Guibert (1926), Renoult/Melet-Sanson (2001).
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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belaufe.637 Nachdem er sein Lebenswerk durch die Vermittlung Colberts an Ludwig XIV. verkauft hatte, begann er mit der Anlage einer weiteren Sammlung, die es schließlich ebenfalls auf mehr als 100.000 Blätter brachte.638 Im März 1667 wurde die erste Sammlung Marolles in das Gebäude der Bibliothèque royale verbracht, wo sie neu geordnet und in prachtvolle, mit den Initialen und dem Wappen Ludwigs XIV. gezierte Maroquinbände gebunden wurde.639 Die Sammlung des Michel de Marolles war die erste Grafiksammlung, die auf Vollständigkeit angelegt war.640 Die Blätter waren in rund 400 große und Abb. 49: Michel de Marolles (1600–1681) mehr als 120 kleinformatige Klebealben montiert. Ein Jahr vor dem Verkauf publizierte Marolles in Paris einen Katalog, aus welchem sich neben dem Inhalt der Klebealben auch deren systematische Ordnung nachvollziehen lässt.641 Im Vorwort („Discours en forme de Preface“) weist Marolles bereits auf einen geplanten Verkauf hin, damit die Sammlung, wie er selbst angibt, nach seinem Tod nicht zerstreut werde.642 Dem Katalog zufolge gliederte sie sich in zwei Teile, wobei in dem einen die Alben bestimmten Meistern gewidmet waren, beginnend mit Raffael, in dem anderen waren sie bestimmten Sujets zugeordnet. Die themenorientierten Bände folgten einer nicht durchgängig stringenten systematischen Ordnung. 637 „[…] un recueil si prodigieux, qu’elles se montent à plus de soixante & dix mille; mais c’est d’images en tailles-douces sur toute sorte de sujets.“ Les Memoires de Michel de Marolles, Abbé de Villeloin, Paris, Bd. 1, 1656, S. 154. 638 Der Katalog zur zweiten Sammlung, die nach dem Tod Marolles versteigert wurde, erschien 1672: Catalogue de livres d‘estampes et de figures en taille-douce avec un dénombrement des pièces qui y sont contenues, Paris, 1672. 639 Die Bände sind zum Teil noch heute an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort in der Pariser Rue Vivienne, Département des Estampes et de la photographie der Bibliothèque nationale de France, erhalten. 640 Brakensiek (2003), S. 19. 641 Catalogue de livres d‘estampes et de figures en taille-douce avec un dénombrement des pièces qui y sont contenues, Paris, 1666. 642 „[…] j’apprehende bien qu’aprés ma mort, elles ne dissipent, & que tout d’un coup, un corps qui s’est formé peu à peu de diverses parties, de plusieurs endroits avec assez de difficulté, ne vienne à se démembrer.“ Catalogue de livres d‘estampes (1666), S. 18.
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III. Ordnungsstrategien
Unter den 541 angeführten Bänden findet sich eine beachtliche Porträtstichsammlung, die mit Sicherheit zu den umfangreichsten ihrer Zeit zählte. Schon in seinem Vorwort verweist Marolles auf die „außergewöhnliche“ Zahl an Porträts berühmter Personen, die er von verschiedenen Meistern zusammengetragen hat.643 Insgesamt schätzt er sie auf mehr als 17.300 Stück.644 Nacheinander werden in dem Katalog rund 60 ausschließlich dem Porträt gewidmete Bände aufgelistet. Sie bestehen zum einen aus gedruckten Porträtwerken („Livre de Portraits“), wobei Marolles meist deren Titel, Herausgeber, Druckort und Erscheinungsjahr angibt. Andere Einträge verweisen auf individuell zusammengestellte Klebebände oder Portefeuilles, welche jeweils zwiAbb. 50: Michel de Marolles, Catalogue schen 200 und 400 Porträtstiche verde Livres d’Estampes […], 1666 schiedener Meister enthalten, die Marolles unter gemeinsamen thematischen Gesichtspunkten zusammenfasst (Tab. 1). So bildet sein Katalog von 1666 die früheste gedruckte systematische Erfassung von Porträts innerhalb einer Kupferstichsammlung. Betrachtet man die Titel der individuell arrangierten Porträtstichbände, so lässt sich hinsichtlich deren systematischer Gliederung allerdings keine einheitliche Struktur erkennen, sondern vielmehr ein Nebeneinander verschiedener Ordnungskriterien. So wurden einige der Bände nach Herkunft der Künstler eingerichtet („Portraits de divers Maistres d’Italie, d’Alemagne & des Païs-Bas“645), andere nach Rang und Stand der Dargestellten („Portraits de Papes et de Cardineaux“, Portraits D’Empereurs et de Roys“, „Autres Portraits De Sçavants, de Medecins & de Peintres“646), wieder andere nach Herkunft der Dargestellten („Portraits d’Italie, & d‘autres païs“, „Por-
643 „Quant aux Portraits des Personnages illustres, le prodigieux nombre que j’en ay recueilly de divers Maitres […]“ Catalogue de livres d‘estampes (1666), S. 14. 644 Ebenda, S. 15. 645 Ebenda, S. 65. 646 Ebenda, S. 66 f.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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traits d’Angleterre“, „Portraits d’Alemagne“647) und einige nach druckgrafischen Verfahren („Portraits en bois de divers Maistres“, „Portraits en Crayon“648). 85
Porträts niederländischer Meister
87
Personen aus Italien und anderen Ländern
88
Personen aus England
89
Personen aus Deutschland
93
Porträts italienischer, deutscher und niederländischer Meister
94
Päpste und Kardinäle
95
Kaiser und Könige
96
Fürsten aus Italien, Deutschland und anderen Ländern
97
Fürsten aus Italien und den Niederlanden
98
Türken
100
Französische Könige und andere berühmte Franzosen
101
Gelehrte
103
Gelehrte, Ärzte und Maler
109
Porträts in Holzschnitten
190
Personen aus Frankreich
191
Gelehrte und Maler
192
Verschiedene Porträts
375
Päpste und Kardinäle unbekannter Meister
377
Fürsten und andere Personen
378
Porträts verschiedener bekannter und unbekannter Meister
Tab. 1: Die Porträtstichbände im „Catalogue de Livres d’Estampes“ (1666) mit Nummer und Titel des Bandes
Nach dem Ankauf der Sammlung durch Ludwig XIV. wurden die Klebebände aufgelöst und – ebenfalls durch Michel de Marolles – in nunmehr 224 gebundenen Alben neu arrangiert und in der königlichen Bibliothek aufgestellt. Die ursprüngliche Systematik wurde dabei weitgehend modifiziert. Im Falle der Porträtbände wurde deren ursprüngliche Struktur hingegen vielfach übernommen. Im frühesten erhaltenen Inventar, 1684 vom damaligen Unterbibliothekar Nicolas Clément erstellt, werden die Titel der einzelnen Bände der Marolles’schen Sammlung aufgeführt.649 Es finden sich darunter 647 Ebenda, S. 64 f. 648 Ebenda, S. 68, S. 154. 649 BnF, Département des Estampes et de la photographie, Est., Ye. 4, rès, petit fol., Mémoi-
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III. Ordnungsstrategien
die Alben mit den Porträts französischer, italienischer, deutscher und niederländischer Könige und Fürsten650 ebenso wie die Bände mit Gelehrten, Ärzten und Malern651 oder die Porträts in Holzschnitten.652 Im 18. Jahrhundert wurde es zunehmend gebräuchlich, Kupferstichkabinette systematisch nach kunstwissenschaftlichen Gesichtspunkten einzurichten. Der wissenschaftliche Anspruch der Aufklärung förderte methodische Ordnungslehren zutage, wie Karl Heinrich von Heinekens „Idée générale d‘une collection complette d‘estampes“ (1771) oder Adam von Bartschs ab 1803 erschienenes Hauptwerk „Le Peintre graveur“. Eine der frühesten überlieferten theoretischen Abhandlungen stammt von dem französischen Gelehrten Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville, der neben einer umfangreichen Muschelsammlung auch eine erlesene Kollektion von Handzeichnungen und Kupferstichen besaß. 1727, ein Jahr vor Erscheinen Sigmund Jakob Apins „Anleitung, wie man die Bildnisse berühmter und gelehrter Männer mit Nutzen sammeln soll“, veröffentlichte er im „Mercure de France“ einen Brief, in welchem er unter anderem Leitlinien für die Auswahl und Ordnung einer Kupferstichsammlung formulierte.653 Darin plädiert Dezallier d’Argenville für das Nebeneinander einer Ordnung nach Schulen und einer nach ikonografischen Gesichtspunkten als die zweckmäßigste Gliederung einer Sammlung, da dieses sowohl die Entwicklung eines einzelnen Künstlers als auch Unterschiede verschiedener Meister bei der Behandlung des gleichen Sujets sichtbar mache. In eine Sammlung von Porträts seien laut d’Argenville nur solche Blätter aufzunehmen, welche entweder von berühmten Malern oder exzellenten Stechern stammen oder aber sehr berühmte Personen darstellen.654 Die Porträts wären dann nach Ständen zu ordnen, ebenso wie Landschaftsdarstellungen nach Ländern gruppiert werden.655 Innerhalb der einzelnen Gruppen wie Kaiser, Päpste etc. sei wiederum eine chronologische Ordnung einzuhalten.656
650 651 652 653 654
655
656
res et inventaires particuliers de diverses choses trouvées dans la Bibliothèque du Roy au mois de may 1684, fol. 1–21. Ebenda, Nr. 192–198 sowie Nr. 235–239. Ebenda, Nr. 241. Ebenda, Nr. 243. Mercure de France, Juni 1727, S. 1300–1316. Siehe Anm. 549 „Les Portraits seroient rangez par conditions, & l’on n’y admettroit que ceux qui sont gravez par les grands Peintres ou par d’excellens Graveurs, ou enfin les personnes très-illustres […]“. Ebenda, S. 1304. „Ce sont donc trois ordres principaux que l’on se propose dans l’arrangement de ce Cabinet; l’Histoire par matieres, le Portrait par Conditions, & le Paysage par Pays“. Ebenda, S. 1305. „[…] par exemple, les Portraits des Empereurs ou des Papes, suivant le temps qu’ils ont vécu […]“. Ebenda, S. 1306.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
197
Nur wenige Jahre später stand der Leibarzt des sächsischen Kurfürsten August des Starken, Johann Heinrich von Heucher, vor der Aufgabe, einen Bestand von mehreren tausend druckgrafischen Werken aus verschiedenen kurfürstlichen Sammlungen zusammenzuführen und daraus das neu gegründete Dresdner Kupferstich-Kabinett zu formieren. Die Systematik, die er nach modernen wissenschaftlichen Grundsätzen einführte, sah eine Klassifizierung der Kupferstiche nach Malerschulen und innerhalb dieser nach motivischen Kriterien vor. Daneben richtete er Schränke ein, die ausschließlich nach Sujets geordnete Blätter enthielten, wie Architekturdarstellungen, Ornamente oder Kostüme. Unter ihnen befand sich auch, auf zwei Schränke verteilt, die umfangreiche Sammlung von Porträtstichen. 7.4 Die Porträtstichsammlung Augusts des Starken Der Grafikbesitz der sächsischen Kurfürsten, die von 1697 bis 1763 als August II. (1670–1733) und August III. (1696–1763) zugleich Könige von Polen waren, reicht bis weit in das 16. Jahrhundert zurück, als Kurfürst August (1526–1586) um 1560 eine enzyklopädisch angelegte Kunstkammer errichten ließ, die bis nach 1701 im Dachgeschoß des Dresdner Residenzschlosses untergebracht war.657 Kurfürst Friedrich August I., der Starke, ließ 1720 die einzelnen Sammlungsbereiche der kurfürstlichen Kunstkammer in Spezialsammlungen aufgliedern. Die Bestände an Zeichnungen und grafischen Blättern ließ er aus Kunstkammer und königlicher Bibliothek herauslösen und als selbstständige repräsentative Sammlung neu aufstellen. Etwa zeitgleich mit der Formierung der Kupferstichsammlung des Prinzen Eugen in Wien und ein halbes Jahrhundert nach der Gründung des Cabinet des Estampes Ludwigs XIV. entstand so das zweitälteste königliche Kupferstich-Kabinett in Europa.658 Zur Unterbringung der neuen Sammlung, aber auch des Naturalien- und Münzkabinetts sowie der königlichen Bibliothek wurde im August 1720 das Regimentshaus am Dresdner Jüdenhof, ehemaliger Wohnsitz des Stadtgouverneurs, bestimmt. Die zunächst als „Estampes-Cammer“ bezeichnete Grafiksammlung war in zwei Sälen um den dritten Hof untergebracht, wobei die geplante Aufstellung vom König eigenhändig in den Grundriss des Gebäudes
657 Zur Frühgeschichte des Grafiksammelns in Dresden vgl. die ausführliche Arbeit von Christien Melzer (2010). 658 Zur Geschichte des Dresdner Kupferstich-Kabinetts vgl. Singer (1911), Heres (1991), Schnitzer (2000), Dittrich (2010), Melzer (2010).
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III. Ordnungsstrategien
eingetragen wurde.659 Die Unterbringung der kostbaren Sammlungen in einem Bürgerhaus stieß jedoch auf Vorbehalte hinsichtlich der konservatorischen Bedingungen, und so bestimmte Friedrich August bereits wenige Jahre später deren neuerliche Umsiedlung in den zu diesem Zeitpunkt bereits größtenteils fertiggestellten Zwinger. Dort fand die Grafiksammlung ab 1728 im als „Salon d’Estampes“ bezeichneten Erdgeschoß des heutigen Deutschen Pavillons ihre neue Bleibe. Im Obergeschoß darüber fand die königliche Bibliothek Aufnahme, daneben schloss das Mineralienkabinett an. Die neu zusammengeführte Sammlung war ausgesprochen umfangreich und umfasste Handzeichnungen ebenso wie grafische Werke verschiedener SchuAbb. 51: Friedrich August I., Kurfürst len und Themenbereiche. Aus den vorvon Sachsen (1670–1733) handenen Porträtstichen und -werken, mit Ausnahme der den Schulen zugeordneten Blätter, entstand eine „Collection de Portraits“, die sich über zwei Schränke verteilte. Der Großteil der Porträts war in Klebebänden einmontiert, auch die Wände waren teilweise mit Porträtstichen unterschiedlicher Regenten in vergoldeten Rahmen dekoriert.660 Der Reiseschriftsteller Johann Georg Keyßler, der die Sammlung im Oktober 1730 besichtigte, berichtet: „Die Portraite der Maler allein machen etliche Bände aus; daß auch die Bildnisse der Maitressen in ziemlicher Anzahl seyn, ist leicht zu erachten.“661
7.4.1 Die Ordnung der Porträts durch Johann Heinrich von Heucher Mit der Trennung der naturwissenschaftlichen Sammlungen aus den Beständen der Kunstkammer beauftragte Friedrich August 1720 seinen Leib659 Die Pläne sind publiziert in Heres (1991), S. 46. 660 Die Stiche wurden später „cassirt vermöge Königl. Befehl“, weil sie „unter gelben Copal Firnis mit der Zeit völlig verdorben“. Zitiert nach Heres (1991), S. 71 f. 661 Keyßler (1741), S. 1073. Die Mätressen bildeten neben den „Dames Allemandes“ einen eigenen Band innerhalb der Porträtsammlung.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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medicus Johann Heinrich von Heucher (1677–1747), Professor der Anatomie und Botanik an der Universität Wittenberg. Der in Wien geborene Heucher, dem später die Oberaufsicht über Naturalien- und Kupferstich-Kabinett übertragen wurde, stand in den folgenden Jahren vor der Aufgabe einer generellen Neustrukturierung des kurfürstlichen Grafikbesitzes durch Zusammenführen von bereits in den königlichen Sammlungen vorhandenen Beständen mit den von ihm getätigten Neuerwerbungen. Wenn auch bereits vor 1720, wie Christien Melzer bemerkt, ein materiell und theoretisch abgegrenzter Bereich für Abb. 52: Johann Heinrich von Heucher Grafik bestand,662 so ist Johann Hein(1677–1747) rich Heucher maßgeblich für die Einrichtung und erste Systematisierung des königlichen Kupferstich-Kabinetts nach wissenschaftlichen Kriterien verantwortlich. Das älteste Verzeichnis zum Grafikkabinett Augusts des Starken bildet das 1738 von Heucher angelegte handschriftliche Inventar, „Consignation en détail de tous les Tomes d’Estampes qui se trouvent dans les Bureaux du Salon d’estampes […]“, welches sich heute im Dresdner Kupferstich-Kabinett befindet und dort als frühestes erhaltenes Inventar die Signatur „Cat.1“ trägt.663 Das 170 Seiten starke Manuskript erfuhr später einige Nachträge bzw. Umgruppierungen, die zum Teil noch von der Hand Heuchers, zum Teil von seinen Nachfolgern stammen. Betrachtet man in dem Inventar die Eintragungen unter der Abteilung „La Collection de Portraits, rangée“ so lässt sich feststellen, dass sich die Porträtsammlung sowohl aus thematisch angelegten Bänden (Volumes) zusammensetzte, in denen die Einzelporträts montiert waren, aus einigen Einzelblatt-Reihen664, als auch aus etlichen gebundenen Bildniswerken des 662 Christien Melzer in Dittrich (2010), S. 140. 663 Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Cat. 1, Consignation en détail de tous les Tomes d’Estampes qui se trouvent dans les Bureaux du Salon d’estampes de Sa Maj[esté] le Roi de Pol[ogne] Elec[teur] de Saxe, 1738, fait par Johann Heinrich von Heucher. Die Porträtsammlung findet sich dort unter Bureau IV (fol. 10–14) und Bureau X (fol. 99–104). 664 Darunter etwa eine Serie von 12 Porträts der Familie Kaiser Leopolds I. von Bartholomäus Kilian (fol. 99), eine 44 Blätter umfassende Porträtserie von Simon Thomassin (fol. 100) oder eine Sammlung von 17 Gelehrten, Theologen und Rechtsgelehrten (fol. 12).
200
III. Ordnungsstrategien
16. bis frühen 18. Jahrhunderts – von der in Holzschnitten wiedergegebenen Porträtsammlung des Paolo Giovio (1577)665 bis zu Friedrich Roth-Scholtzs Buchhändler- und Buchdruckerbildnissen (1726–29)666. Gedruckte Porträtwerke wurden also nicht separat aufgestellt, sondern von Heucher als Teil der Porträtsammlung direkt neben den Klebebänden einsortiert. Porträtstiche oder -werke, die sich zuvor in der Kunstkammer, der königlichen Bibliothek oder anderen Einrichtungen befanden, ließ er sich bald nach seiner Ernennung von diesen aushändigen, um sie der Sammlung einzuverleiben. Diese Übergaben erfolgten auf ausdrücklichen Wunsch des Kurfürsten, der im November 1720 anlässlich der Bestallung des Kabinettsministers Ernst Christoph von Manteuffel (1676–1749) zum Generaldirektor der Sammlungen und Bibliotheken eine Verordnung erließ, dass „zur Vermehrung Unserer Cabineter dienliche Sachen […] extradiret und verabfolget werden […]“ sollen.667 Vor allem der auch für das Münzkabinett verantwortliche Bibliothekar Siegmund Gottlob Seebisch (1669–1753) lieferte in den ersten Jahren nach Heuchers Amtsantritt etliche Porträtstiche von Regenten, Bischöfen, Gelehrten und sonstigen Personen aus der königlichen Bibliothek an das Kupferstich-Kabinett ab, die anschließend in die Porträtsammlung eingeordnet wurden.668 Die „Consignation en détail“, die 18 Jahre nach Gründung des Kupferstich-Kabinetts erstellt wurde, dokumentiert Heuchers Bemühungen, die Porträtstiche aus den kurfürstlichen Sammlungen in eine systematische Ordnung zu überführen. Prinzipiell stand Heucher, der als Botaniker und Naturforscher eine Neigung zur wissenschaftlichen Klassifizierung mitbrachte, vor der Aufgabe einer grundlegenden Neusystematisierung des gesamten Kupferstich-Kabinetts. In der „Consignation en détail“ gliedert er den gesamten im Kabinett vorhandenen Grafik- und Zeichnungsbestand in 22 „Bureaux“, wobei ein Bureau jeweils einem Schrank im Kabinett entsprach. Jedes der Bureaux war mit einer römischen Zahl und einem Titel versehen und in der Regel mit acht Schüben oder Schubladen, sogenannten „Repositoires“, ausgestattet.669 Der Umfang der Porträtsammlung zu diesem Zeitpunkt lässt sich anhand der Tatsache ermessen, dass sich diese über zwei Bureaux erstreckte. Die von Heucher entwickelte Ordnung des Dresdner Kupferstich-Kabinetts präsentiert sich als ein Nebeneinander von stilistischen, ikonografi665 Müller, Theobald, Musaei Joviani Imagines artifice manu ad vivum expressae […], Basel, 1577. 666 Roth-Scholtz, Friedrich: Icones bibliopolarum et typographorum ab incunabulis typographiae […] bene meritorum, 2 Bde., Nürnberg u. Altdorf, 1726–1729. 667 Aus der Bestallungsurkunde Manteuffels vom 15. November 1720, zitiert nach Heres (1991), S. 47. 668 Die Transkripte der Bescheinigungen über Abgaben aus der Bibliothek an das Kupferstich-Kabinett aus den Jahren 1723–1764 sind publiziert bei Melzer (2010), S. 655–666. 669 Schnitzer (2000), S. 19.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
201
Abb. 53, Abb. 54: Johann Heinrich von Heuchers „Consignation en détail“, 1738, Beginn der Bureaus IV und X
schen und technischen Ordnungsklassen. Fünf Bureaux gliedern Reproduktionsstiche nach europäischen Malerschulen (Italienische, Flämische und Niederländische, Französische, Deutsche und andere Nationen), zwei Bureaux nach Malergrafik, zwei nach Handzeichnungen, drei nach grafischen Techniken. Zehn Bureaux waren schließlich nach Sujets geordnet, wie Naturgeschichte, Architektur, Kostüme, die vollständige Stichwiedergabe des Cabinet du Roy oder eben die Sammlung von Porträtstichen. Die Porträtsammlung, die sich auf Bureau IV und Bureau X verteilte, bestand aus Einzelbildnissen, die keinem Malerœuvre zugeordnet werden konnten bzw. aus Doubletten, aus geschlossenen Porträtreihen sowie aus gedruckten Bildniswerken. Beide Porträtschränke wiesen systematische Binnengliederungen auf, die sich jedoch grundlegend voneinander unterschieden. Während Bureau IV („La Collection de Portraits, rangée“) die Porträts nach Rang und Stand der Dargestellten ordnete, wies Bureau X („Portraits“) ein nach Staaten orientiertes Ordnungsschema auf. Innerhalb des ersten Bureaus lassen sich drei aufeinanderfolgende Hauptklassen erkennen: Geistliche Bildnisse – Gelehrtenbildnisse – Künstlerbildnisse.670 An der Spitze stehen zwei gebundene Alben mit Christus- und Marien670 Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Cat. 1, fol. 10–14. Die Auf-
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III. Ordnungsstrategien
darstellungen sowie der „Marianische Atlas“ wundertätiger Marienbilder des Jesuiten Wilhelm Gumppenberg671, schließlich zwei Bände mit Heiligenbildern. Es folgen Bände mit Porträts von Päpsten, Kardinälen, Geistlichen Kurfürsten, Bischöfen und Prälaten, katholischen Theologen, protestantischen und reformierten Theologen, dazwischen immer wieder gedruckte Porträtwerke und Bildnisvitenbücher von Heiligen, Päpsten oder Kardinälen. Am Schluss folgt ein eigener Band mit Darstellungen von Sektierern, Ketzern und Fanatikern. Christusdarstellungen Mariendarstellungen Heilige Päpste Kardinäle Geistliche Kurfürsten Bischöfe und Prälaten Katholische Theologen Protestantische und reformierte Theologen Sektierer, Heterodoxe und Fanatiker Rechtsgelehrte Ärzte Botaniker Wundärzte und Apotheker Mathematiker, Physiker und sonstige Philosophen Geschichtsschreiber, Redner und Dichter Gelehrte Schriftsteller Maler und Kupferstecher Tonkünstler, Schauspieler und Tänzer Sonstige Künstler Diverse Persönlichkeiten Tab. 2: Die Porträtbände im Bureau IV der „Consignation en détail“ (1738) mit den drei Hauptgruppen Geistliche Bildnisse – Gelehrtenbildnisse – Künstlerbildnisse zählung der Porträtbände bezieht sich auf die Haupteintragungen Heuchers im Inventar von 1738. Nachträgliche Eintragungen werden, da diese nicht datiert sind, hier nicht berücksichtigt. 671 Marianischer Atlas, Oder Beschreibung Der Marianischen Gnaden-Bilder Durch die gantze Christen-Welt aus dem großen Lateinischen Wercke Guillelmi Gumpenberg [...] ins Teutsche übersetzet, Mit vielen Mirackel-Bildern vermehret [...] Authore Augustino Sartorio, Prag, 1717.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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Die sieben Bände mit Gelehrtenporträts teilen sich auf in Rechtsgelehrte, Ärzte, Botaniker, Wundärzte und Apotheker, Mathematiker, Physiker und „sonstige Philosophen“, Geschichtsschreiber, Redner und Dichter sowie gelehrte Schriftsteller, schließlich folgen drei Bände mit Künstlerporträts. Unter dem Titel „Melange“ werden Porträtwerke zusammengefasst, die keiner Klasse zugeordnet werden konnten. Das zweite Bureau672 enthält eine nach Staaten orientierte Einteilung, die eine relative Ähnlichkeit zur Systematik der Porträtsammlung des Prinzen Eugen in Wien aufweist (Tab. 3). Wie in den Portefeuilles der Eugen’schen Sammlung werden auch die Porträts in diesen Bänden nach Ländern arrangiert, beginnend mit dem „Haus Österreich“ über Spanien und Portugal, Frankreich, England, Schweden und Dänemark, Polen, Ungarn, Deutschland, bis zu den Niederlanden. Innerhalb der einzelnen Länder folgen die Porträts einem hierarchischen Ordnungsprinzip, entsprechend dem Rang bzw. der Funktion der Dargestellten. An erster Stelle stehen die Regentenfamilien, dann die geistlichen Würdenträger, die Staatsminister und Generäle, schließlich der einfache Adel, die Bürger- und zuletzt die Frauenporträts. Im Anschluss an diese Ländersystematik folgen zwei Porträtbände mit Admirälen und Generälen, die unter verschiedenen Landesherren dienten, sowie je ein Band mit „Dames Allemandes“ und „Maitresses“. Die Abfolge der einzelnen Klassen in den beiden Sammlungen variiert nur unwesentlich. Während Heucher die Porträts der Geistlichen unmittelbar nach den Regentenfamilien aufstellte, wurden diese in der Porträtsammlung des Prinzen Eugen stets zuletzt gereiht. Porträts von Gelehrten und Künstlern der jeweiligen Länder, die bei Eugen nach ihrer Herkunft einsortiert wurden, fanden bei Heucher wiederum separat in Bureau IV ihre Aufstellung. Tatsächlich dürfte Heucher die Ordnung der Wiener Sammlung nicht unbekannt gewesen sein. Zum einen berichtet Johann Georg Keyßler 1730 in seinen „Neuesten Reisen“ detailliert über die Anzahl der Portefeuilles der Porträtsammlung des Prinzen Eugen und wie viele davon jeweils auf welches Land entfallen.673 Keyßlers Reisebericht dürfte sich mit einiger Sicherheit in der kurfürstlichen Bibliothek oder in der Privatbibliothek Heuchers befunden haben. Zum anderen gab es durch den Generaldirektor der kurfürstlichen Sammlungen, Ernst Christoph von Manteuffel, Beziehungen zu Wien, welcher sowohl dem Dresdner Hof als auch bis zum Tod des Prinzen Eugen 1736 dem Wiener Hof als Informant diente.674 672 Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Cat. 1, fol. 99–104. 673 Keyßler (1751), S. 1224. 674 Vgl. Flathe, Heinrich Theodor , Ernst Christoph Graf von Manteuffel, in: Allgemeine
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III. Ordnungsstrategien
Im Gegensatz zur geschlossenen Sammlung des Prinzen Eugen stand Johann Heinrich von Heucher jedoch vor der anspruchsvollen Aufgabe, als erster einen inhomogenen, über Jahrhunderte gewachsenen Porträtbestand, der sich aus Objekten unterschiedlicher Sammlungen zusammensetzte, in eine gemeinsame wissenschaftliche Ordnung zu überführen. Die Grenzen seiner Ordnungskonstruktion offenbaren sich in der uneinheitlichen Aufgliederung der Porträts auf zwei separate Bureaux, deren Wurzel möglicherweise in den ursprünglichen Inhalten der einzelnen Schränke liegt. Eine endgültige Zusammenlegung und Vereinheitlichung der Systematik bewirkte erst sein Nachfolger Karl Heinrich von Heineken, der in seinem Werk „Idée générale d‘une collection complette d‘estampes“ 1771 theoretische Grundsätze zur idealen Ordnung eines Kupferstich-Kabinetts entwickelte.
7.4.2 Die Neuordnung durch Karl Heinrich von Heineken Nach dem Tod Johann Heinrich von Heuchers wurde als dessen Nachfolger der aus Lübeck stammende Kunstgelehrte Karl Heinrich von Heineken (1706–1791) mit der Leitung des „Salon d’Estampes“ betraut. Unter seiner Direktion, gefördert vom kunstliebenden Kurfürsten Friedrich August II., kam es zu einer quantitativen Ausweitung und grundlegenden Neuordnung des Dresdner Kupferstich-Kabinetts. Heineken, der im Laufe seines Lebens selbst eine beträchtliche Kupferstichsammlung zusammentrug, die zu seinem Tod alleine mehr als 5000 Künstlerbildnisse enthielt675, war seit 1735 als Bibliothekar und Privatsekretär des Grafen Heinrich von Brühl in Dresden tätig. Für diesen hatte er ein Grafikkabinett eingerichtet, welches rund 30.000 Kupferstiche, vorwiegend nach Gemälden italienischer und französischer Künstler des 16. bis 18. Jahrhunderts, umfasste.676 Heineken organisierte die Gliederung der Sammlung und die Anordnung der Kupferstiche in Klebebänden. Die rund 329 prunkvoll ausgestatteten Bände ordnete er größtenteils nach Malerschulen und innerhalb dieser in alphabetischer Ordnung nach den Stechern. Daneben legte er einzelne Alben nach Genres wie Landschaften oder Porträts an. Auch größere Malerwerke sortierte er nach Genres, welche wiedeDeutsche Biographie, Bd. 20 (1884), S. 256 f. 675 Vgl. Museum für Künstler und für Kunstliebhaber […], Dreyzehntes Stück, Mannheim, 1791, S. 91. 676 Zur Grafiksammlung des Grafen von Brühl vgl. Ozerkov (2009). Die Sammlung gelangte Ende der 1760er-Jahre nach Russland und ist heute über drei Abteilungen der Eremitage in St. Petersburg verteilt.
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rum eine Binnengliederung, von religiösen bis zu profanen Motiven, aufweisen. Bei Malern, die überwiegend im Porträtfach tätig waren, gliederte Heineken die Porträtstiche in Klassen, beginnend mit Porträts des Künstlers. So folgen etwa die Bildnisse in den zwei Bänden der „Portraits et les autres Oevres“ von Hyacinthe Rigaud folgender Ordnung: Porträts von Rigaud – König und königliche Familie – Generäle und Militärs – Angehörige des Hofstaates – Ausländer – Richter und Advokaten – Geistlichkeit – Gelehrte – Frauen.677 Durch die Formierung und Systematisierung der Brühl’schen Sammlung gewann Heineken jene Erfahrung, der er sich nach seinem Amtsantritt als Direktor des Dresdner Kupferstich-Kabinetts 1746 bei der Organisation der königliAbb. 55: Karl Heinrich von Heineken chen Sammlung bedienen konnte und (1707–1791) die schließlich in seiner theoretischen Abhandlung aus dem Jahr 1771 mündete. Am Ende seiner 17 Jahre dauernden Direktion umfasste die kurfürstliche Sammlung rund 130.000 grafische Blätter, die Sammlung von Porträtstichen enthielt 5670 Bildnisse.678 Die nachhaltigste Leistung Heinekens bestand jedoch in einer tiefgreifenden systematischen Neuorganisation der grafischen Sammlung nach seinem eigenen methodischen Modell. Die theoretischen Prinzipien, die er teilweise bereits in der Systematik der Grafiksammlung des Grafen von Brühl umgesetzt hatte und die er nun im kurfürstlichen Kupferstich-Kabinett weiterentwickelte, formuliert er in seiner 1771 anonym erschienenen Abhandlung „Idée générale d‘une collection complette d‘estampes“679, dem theoretischen Modell einer umfassenden und systematisch strukturierten Grafiksammlung. Sein Modell, in dem er sich immer wieder auf die Dresdner Sammlung bezieht, gilt als Archetyp der 677 St. Petersburg, Kupferstichabteilung der Staatlichen Eremitage, Inv. Nr. OG2017620433. Publiziert bei Ozerkov (2009), S. 164. 678 Singer (1911), S. 15. 679 Idée générale d‘une collection complette d‘estampes avec une dissertation sur l’origine de la Gravure & sur les premiers Livres d’Images, Leipzig–Wien, 1771.
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III. Ordnungsstrategien
Klassifikation von Kupferstichsammlungen und fand als Handbuch auch Eingang in die Privatbibliothek des Kaisers Franz I.680 Die Bestände des Salon d’Estampes wurden neu durchgesehen und in zwölf unterschiedliche Klassen eingeteilt. Dabei beließ Heineken im Prinzip die Aufstellung nach Schulen, Gattungen und Motiven, die Heucher eingeführt hatte. Die erste Klasse umfasste Galeriewerke und geschlossene Sammlungen, die fünf darauffolgenden Klassen enthielten Kupferstiche nach Gemälden der fünf bedeutendsten europäischen Malerschulen, der Italienischen, Französischen, Flämischen und Holländischen, Englischen und Deutschen Schule. Die siebente Klasse enthielt die Porträtsammlung, danach folgten Skulptur und Abb. 56: Karl Heinrich von Heinekens Architektur (VIII), antike Kunst (IX), „Idée Générale […]“, 1771 Zeremonien (X), schließlich Kunstbücher (XI) und Handzeichnungen (XII). Heineken propagiert gleich zu Beginn seiner „Idée générale“ eine Ordnung der Kupferstiche nach Malerschulen und nicht nach den Stechern mit dem Grundsatz „L’Objet principal ayant toujours été l’étude des Peintres“. Die Bureaux, die Heucher einzelnen Kupferstechern eingerichtet hatte, wurden größtenteils wieder aufgelöst. Vergleicht man nun die Ordnung der Porträtsammlung, der Heineken eine eigene Klasse eingeräumt hat, mit der von Heucher etablierten Systematik, so fällt auf, dass Heineken die Vermengung der thematisch angelegten Porträtbände mit gedruckten Porträtwerken aufhebt und die Sammlung generell in zwei Teile gliedert: Der erste enthält die Einzelporträts, aus denen sich die Klebebände zusammensetzen, der zweite umfasst jene Druckwerke, die grafische Porträts beinhalten. Bei der Einteilung der Porträtbände wiederum fasst Heineken Heuchers zweigeteilte, nach Ständen und nach Staaten geordnete Systematik zusammen und überführt sie in eine einheitliche, hierarchisch gegliederte Ordnung.
680 ÖNB, BAG, FKB 28246.
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Regierender Fürst und Familie Päpste Kaiser Könige Kurfürsten Fürsten Kardinäle Erzbischöfe, Bischöfe, Prälaten Staatsminister Generäle und Militärs Richter und Anwälte Gelehrte (Theologen, Rechtsgelehrte, Ärzte, Philosophen, Mathematiker, Literaten) Katholische Geistlichkeit Protestantische Geistlichkeit Diverse Persönlichkeiten Persönlichkeiten aus Asien, Afrika und Amerika Architekten, Maler, Kupferstecher, sonstige Künstler Tab. 4: Die Ordnung der Porträtbände (Klasse VII) in Karl Heinrich von Heinekens „Idée générale d‘une collection complette d‘estampes“ (1771)
Grundsätzlich lassen sich die Klassen bzw. Bände in fünf Obergruppen unterteilen: Weltliche Potentaten, Geistlichkeit, Staatsbeamte und Militärs, Gelehrte und zuletzt Künstler. Zwei Bände teilen sich Personen, die zu keiner dieser Gruppen gehören, sowie außereuropäische Fürsten und sonstige Persönlichkeiten. Dabei folgt Heineken einem einheitlichen, noch strenger hierarchisch orientierten ersten Ordnungsprinzip nach Amt bzw. gesellschaftlichem Rang der Dargestellten. An der Spitze der Abteilung habe laut Heineken „selbstverständlich“ jener Band zu stehen, welcher die Porträts des Fürsten und dessen Familie enthält, in dessen Besitz sich das Kabinett befindet.681 Auf ihn folgen an zweiter Stelle die Porträts der Päpste als geistliche Oberhäupter. Schließlich beginnen die Bände mit den Porträts der weltlichen Potentaten in hierarchischer Abfolge: Die Porträts der Kaiser (beginnend mit den römischen und endend mit den russischen), die Porträts der Könige (von den portugiesischen bis zu den preußischen), schließlich die Kurfürsten und europäischen Fürsten samt derer Familien. 681 „Cette Partie doit commencer naturellement par un Volume, qui fait voir les Portraits du Souverain & de sa famille, à qui appartient le Cabinet“. Idée générale d‘une collection complette d‘estampes […], 1771, S. 504.
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III. Ordnungsstrategien
Die Geistlichkeit gliedert sich ebenfalls in hierarchischer Ordnung in Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Prälaten. Angehörige katholischer Ordensgemeinschaften sowie die protestantischen Würdenträger folgen bei Heineken allerdings erst nach den Gelehrten. Es folgen Bände mit Staatsministern, Generälen und Militärs, Richtern und Anwälten, dann die Gelehrten, aufgeteilt auf Theologen, Rechtsgelehrte, Ärzte, Philosophen, Mathematiker und Literaten. Am Ende stehen die Porträts von Künstlern, gegliedert in Architekten, Maler, Bildhauer, Kupferstecher und sonstige Künstler. Heineken erwähnt, dass ihm sowohl die Porträtsammlung in der Bibliothèque Royale als auch jene des Prinzen Eugen in der Wiener Hofbibliothek wohl bekannt sei. Mit Pierre Jean Mariette, der mit der Einrichtung der Letzteren beauftragt worden war, stand er in stetem Austausch. In Hinblick auf die Anordnung der Porträts in der kursächsischen Grafiksammlung konnte er auf die bestehenden Kategorien, die von Johann Heinrich von Heucher erstmals für das Sammlungsgut entwickelt wurden, aufbauen. Er reduzierte die Bureaux und verdichtete sie innerhalb seines Schemas der 12 Klassen. In seiner „Idée générale“ legt er schriftlich ein hierarchisches Modell für die Klassifikation von grafischen Porträts nach Ständen vor, welches Ende des 18. Jahrhunderts in zahlreichen Kabinetten zur Anwendung kam. 7.5 Die kosmopolitische Sammlung – Prinz Eugen von Savoyen Ein naheliegendes Modell – im wörtlichen Sinne – für die Anlage, Ordnung und Präsentation einer Porträtstichsammlung von fürstlichem Ausmaß bot sich dem jungen Erzherzog Franz, als er fünf Tage nach seiner Ankunft in Wien zum ersten Mal die Hofbibliothek besuchte.682 Keine hundert Meter von den eigenen Privatgemächern entfernt, im Mitteloval des barocken Prunksaals, war die imposante Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen aufgestellt, seit diese 1738 von dessen Nichte und einzigen Erbin, Anna Viktoria von Savoyen, gemeinsam mit der Bibliothek und der Kupferstichsammlung des Prinzen verkauft worden war.683 Im Gegenzug wurde der Prinzessin eine jährliche Leibrente von 10.000 Gulden vertraglich zugesichert, auszuzahlen jeweils am 12. des Monats Dezember und rückwirkend auf das Jahr 1737.684 682 Wolfsgruber (1899), Bd. 2, S. 4. 683 Der Übergabekatalog ÖNB, HAD, Cod. 14378, Catalogus librorum bibliothecae principis Eugenii de Sabaudia […], Vol. III., die Kassetten der Porträtsammlung auf fol. 1399 f. 684 Die betreffende Passage aus der Verkaufsurkunde lautet: „[…] si una Bibliothecam antelati condam Patruelis mei, Princepis Eugenii ad me devolutam altissime dictae Majestati
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215 Portefeuilles der „besten und raresten Contrefaits gelehrter vortrefflicher Männer“685 wurden im selben Jahr aus dem Stadtpalais des Prinzen in der Wiener Himmelpfortgasse, wo sie in den Bibliotheksräumen im Piano nobile, in den untersten Fächern der Bücherrepositorien aufgestellt waren, in das nur wenige Jahre zuvor fertig gestellte Gebäude der Hofbibliothek verbracht. Der damalige Präfekt der kaiserlichen Hofbibliothek, Pius Nikolaus Garelli, veranlasste die geschlossene Aufstellung der Porträtsammlung gemeinsam mit den Druckwerken und der Kupferstichsammlung des Prinzen im Zentrum des Bibliothekssaales.686 Abb. 57: Prinz Eugen von Savoyen Schon zu Lebzeiten Eugens wurde (1663–1736) dem prunkvollen Äußeren der Sammlung die Bewunderung seiner Zeitgenossen zuteil. Die Holzkassetten, wie die Klebebände der Kupferstichsammlung einheitlich mit rotem Maroquin überzogen, stammen aus der Werkstatt des Buchbinders und Bibliothekars des Prinzen, Etienne Boyet, der 1713 von Paris nach Wien kam und bis zum Tod Eugens in dessen Diensten stand. Auf dem Vorder- und Rückendeckel tragen sie das goldgepresste Supralibros des Prinzen, das Wappen der Linie Savoyen-Carignan, umgeben von der Kollane des Ordens vom Goldenen Vließ in ovaler Kartusche. Die Rücken der Portefeuilles, in sieben Felder geteilt, in denen sich jeweils ein bekröntes Savoyer Wappen mit dem aus zwei tradidero, pro omnibus Praetensionibus meis, mihi quoad vixero, annue decem mille floreni ex Cassa Carneruli Bancali per Partes angaricales à duodecima mensis Decembris evoluti millesimi septingentesimi trigesimi septimi Anni, Annum Inchoativum numerando, praeferenter et punctualiter, prouti et absque Omni Taxae et Arrhae Solutionis Detractione dentur.“ Gegenstand des Verkaufs war auch das Schloss Ráckeve in Ungarn. Die Verkaufsurkunde vom 27. Februar 1738 befindet sich im Archivio di Stato di Torino, Materie politiche per rapporto all‘interno, Principi di Carignano Soissons, Mazzo 6, Fascicolo 5. 685 Aus einer Beschreibung der Bibliothek des Prinzen Eugen von seinem Zeitgenossen Johann Basilius Küchelbecker. In: Küchelbecker (1730), S. 689. 686 Vgl. Nader (1986), S. 37. Zu den Bibliotheksräumen im Stadtpalais vgl. Seeger (2004), S. 134, sowie die ausführliche Beschreibung in „Des Grossen Feld-Herrns Eugenii Herzogs von Savoyen Kayserl. und des Reichs General-Lieutenants Helden-Thaten, biss auf Dessen seel. Absterben.“, Sechster Theil (1739), S. 1130–1140.
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III. Ordnungsstrategien
E verschlungenen Doppelmonogramm des Prinzen in Goldprägung abwechselt, tragen den Titel „Rec. de Portraits“, darunter die Bezeichnung eines Staates oder Territoriums, die Nummer des Bandes und schließlich eine Bezeichnung der Klasse innerhalb der Ländersystematik. Die Einrichtung der Sammlung nach Staaten und Weltteilen war so nach außen hin sichtbar. Für den jugendlichen Erzherzog Franz mag sie nicht nur Vorbild, sondern vielleicht sogar unmittelbare Inspiration zur Gründung der eigenen Porträtsammlung gewesen sein. Mehr als hundert Jahre blieb Abb. 58: Der Prunksaal der Österreichischen der Prunksaal der Hofbibliothek Nationalbibliothek um 1920 das einzige Domizil der Sammlung, ehe infolge räumlicher Umgruppierungen im Jahr 1845 ihre Übertragung gemeinsam mit der Kupferstichsammlung in geeignetere Räumlichkeiten beschlossen wurde.687 Zu Beginn der 20er-Jahre des folgenden Jahrhunderts absolvierte die Sammlung schließlich eine Rundtour innerhalb der Wiener Hofburg, als im Zuge der Neuordnung im Bereich der staatlichen Sammlungen im Dezember 1920 per Regierungsbeschluss die Überführung der Kupferstichbestände der ehemaligen kaiserlichen Hofbibliothek in die neu gegründete „Staatliche Graphische Sammlung Albertina“ verfügt wurde. In den folgenden Jahren wurden zudem Bestände aus den Kunstsammlungen der Fideikommissbibliothek von der Nationalbibliothek an die Albertina abgegeben, wie etwa die Kupferstichsammlung des Kaisers Franz I., in 71 Portefeuilles nach Schulen geordnet, sowie der überwiegende Teil der Handzeichnungen und Aquarelle aus den privaten Sammlungen der Kaiser Franz I. und Ferdinand I.688 687 Vgl. Wieser (1986), S. 273, Buchowiecki (1957), S. 169. 688 Unter anderem waren dies 33 Portefeuilles mit Handzeichnungen und Aquarellen von Jakob und Rudolf von Alt, Eduard Gurk, Leander Russ und Horace Vernet, die Originalaquarelle zu den Donau-Ansichten von Jakob Alt in 7 Portefeuilles, die Aquarelle zu den „Hauptmomenten aus dem Leben Sr. Majestät Franz I. Kaisers von Oesterreich“ von Johann Nepomuk Hoechle, Aquarellminiaturen von Thomas Ender und Josef Kriehuber sowie Porträts des Herzogs von Reichstadt von Jean-Baptiste Isabey und Karl Agricola. ÖNB Archiv NB 84-1922.
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Während die Kupferstichsammlung der Hofbibliothek und mit ihr die 255 Klebebände aus Eugen’schem Besitz in der Albertina verblieb, wo sie sich bis heute befindet, kehrte dessen Bildnissammlung schon zwei Jahre später auf eine Anordnung des Unterrichtsministeriums gemeinsam mit der Porträtsammlung der Hofbibliothek wieder an die Nationalbibliothek, in deren nunmehrige Porträtsammlung, zurück. Vor der Übergabe, die sich über ein Jahrzehnt hinzog, wurden aus jeder zu übergebenden Partie diejenigen Blätter ausgeschieden, welche in „überwiegendem Maße als Kunstblätter in Betracht“ kamen und der Albertina einverleibt. Der Direktion der Albertina stand es zudem frei, die Bestände der Porträtsammlung der ehemaligen Fideikommissbibliothek durchzusehen und die Übergabe von Blättern zu beantragen, welche als Kunstblätter in Betracht kamen und sich noch nicht in der Albertina befanden. Blätter von vornehmlich historischem Interesse sollten hingegen in der Porträtsammlung verbleiben.689 Infolge der Vereinigung der Porträtsammlung mit dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek im Jahr 1947 wurden die Blätter der Eugen‘schen Bildnissammlung schließlich aus ihren historischen Portefeuilles herausgenommen und im Zuge ihrer Erschließung auf Kartons von doppeltem Format aufgezogen, die den traditionellen Portefeuilles der Porträtsammlung des Kaisers Franz I. entsprachen.690 Rund zweihundert Jahre nach dem Ankauf der Porträtsammlung des Prinzen Eugen durch die Hofbibliothek und mehr als hundert Jahre nach dem Tod des Kustos und Leiters ihrer Kupferstichsammlung, Adam von Bartsch, der sich während seiner Amtszeit wiederholt dafür aussprach, die „für immer geschlossene und unauflösbare“ Sammlung „als ein für sich bestehendes völlig geschlossenes Ganzes“ zu betrachten und daher „so viel als möglich unverletzt zu erhalten“,691 wurden die Porträts aus ihrer historischen Gliederung nach Herkunft der Dargestellten herausgelöst und in die Systematik der Porträtsammlung Kaiser Franz’ I., nach Rang und Berufsstand der Porträtierten, integriert.
689 ÖNB Archiv NB 84-1922. 690 Davon betroffen waren neben der Porträtsammlung des Prinzen Eugen auch die mehr als neuntausend Blatt umfassende Bildnissammlung Erzherzog Karls, die 1936 in die Nationalbibliothek kam, sowie rund 7000 Porträts aus der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste, in der Mehrheit Doubletten aus der Porträtsammlung der Fideikommissbibliothek, die unter Kaiser Ferdinand I. an die Akademie abgegeben wurden. FKB-Archiv 58/1936. Bei neu bearbeiteten Blättern aus der Kupferstichsammlung der Hofbibliothek wurde deren Provenienz mittels eines Stempels „Eug“ auf dem Untersatzkarton vermerkt. 691 ÖNB Archiv, HB 469-1790 sowie ÖNB, HAD, Cod. 15344.
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III. Ordnungsstrategien
Die leeren Kassetten, neben den Deckblättern die einzige Quelle für eine Rekonstruktion der historischen Ordnung der Sammlung, werden heute gemeinsam mit den unter Bartsch angelegten Inventaren in Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt. Dass der große Feldherr und Staatsmann Eugen von Savoyen ungeachtet seiner zahlreichen Staats- und Kriegsgeschäfte und gleichzeitig mit der Vermehrung seiner Bücher- und Kupferstichsammlung auch noch eine derart große Anzahl von Bildnissen zusammentragen konnte, war nur durch Kunsthändler möglich, die nicht nur Abb. 59: Portefeuilles der für die Erweiterung seiner Sammlung, Porträtsammlung Prinz Eugens sondern auch für deren zweckmäßige Ordnung sorgten. Zu Lebzeiten des Prinzen spielte der Kunsthandel noch eine maßgebliche Rolle bei der Zusammenstellung und inhaltlichen Strukturierung privater Sammlungen.692 Allen voran sei Paris als das Zentrum des Grafikhandels im 18. Jahrhundert und hier im Speziellen die Buchhändlerund Verlegerfamilie Mariette genannt, die bereits maßgeblich an der Formierung und Ordnung der Kupferstichbände des Prinzen beteiligt war.693 Pierre Jean Mariette (1694–1774), Enkel des Pariser Buch- und Kunsthändlers Pierre Mariette, kam zu Beginn des Jahres 1717 als junger Mann mit 23 Jahren gemeinsam mit einem Teil der für den Prinzen zusammengestellten Kupferstichsammlung aus dem Privatbesitz des Großvaters und Vaters nach Wien, wo er fast zwei Jahre mit Ordnungs- und Katalogisierungsarbeiten beschäftigt war. Doch Mariette sammelte auch Porträts694 und es dürfte für die Porträtsammlung ebenso wie für die Kupferstichsammlung des Prinzen gelten, dass, wie es in „Des Grossen Feld-Herrns Eugenii […] Helden-Thaten […]“ (1739) heißt, „der Anfang zu solcher Collection schon in
692 Vgl. Brakensiek (2003), S. 524. 693 Zur Beteiligung der Familie Mariette an den Kupferstichbänden des Prinzen Eugen vgl. u.a. Krasa (1986), S. 294 f., Brakensiek (2003), S. 258 f. Benedik (2010), S. 156 f., Smentek (2014), S. 40–56. 694 Griffith (1994), S. 48.
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Pariß gemacht worden“ sei.695 Auch die Systematik der Sammlung dürfte bereits ansatzweise mitgeliefert worden sein. So bildeten die Porträts französischer Persönlichkeiten die zweitgrößte Gruppe innerhalb der nach Staaten gegliederten Porträtsammlung des Prinzen. In vollständiger genealogischer Ordnung wurden nicht nur die französischen Herrscherdynastien zur Anschauung gebracht, auch die Großämter der Krone, hohe Militärs, Minister und Beamte des Staatswesens, Präsidenten der Parlamente oder Mitglieder der Académie française waren in annähernder Vollständigkeit durch Bildnisse vertreten. Nach dem Vorbild der Abb. 60: Titelblatt zur Abteilung Inhaltsverzeichnisse, die am Schluss Frankreich (Erzbischöfe von Paris) eines jeden Klebebandes der Kupferstichsammlung beigebunden waren und Beschreibungen zu den darin befindlichen Kupferstichen und deren Künstlern enthielten, ließ man für die Porträtsammlung Deckblätter anfertigen, Doppelbögen in folio, auf denen jedes einzelne Porträt der jeweiligen Kassette mit Namen, Berufsbezeichnung oder Titel sowie den „Noms des Peintres“ bzw. „Graveurs“ vermerkt war. Ein 981 Seiten starker handschriftlicher Katalog Mariettes, der sich im British Museum erhalten hat und etwa zwischen 1717/18 und 1725 geführt wurde, verzeichnet die Gliederung von 179 Portefeuilles der Sammlung.696 Im Juni 1718 schreibt Mariette an seinen Vater, er sei noch immer mit dem Porträtkatalog beschäftigt.697 Auch nach seiner Rückkehr nach Paris blieb Pierre Jean Mariette der Hauptlieferant Eugens für die Ankäufe von Kupferstichen, Zeichnungen und sonstigen Kunstobjekten in Frankreich.698 Das einzige überlieferte Schriftstück, in dem sich Eugen zu seiner Bildnissammlung äußert, ist ein Brief an Mariette aus dem Jahr 1724, in dem der Prinz diesen erinnert, ihm einen Teil der Porträts und Grafiken, die er noch zu 695 „Des Grossen Feld-Herrns Eugenii Herzogs von Savoyen Kayserl. und des Reichs General-Lieutenants Helden-Thaten, biss auf Dessen seel. Absterben.“, Sechster Theil (1739), S. 1131. 696 British Museum, Inv. Nr. 1845,1223.1. 697 Musée du Louvre, Département des Arts graphiques, Cabinet des dessins, fonds des autographes, A 1631. 698 Vgl. Katalog Paris (1967) S. 26, S. 172.
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III. Ordnungsstrategien
liefern habe, zu schicken und seine Anstrengungen fortzusetzen, ihm den Rest sobald wie möglich zukommen zu lassen. „Ich zweifle nicht daran“, so der Prinz, „dass Sie sich bemühen werden, mir die umfassendste Porträtsammlung, die möglich sein wird, zu überreichen.“699 Auch Nicolas Fouquet (1615–1680), Superintendant und Finanzminister unter Ludwig XIV., Mäzen und Kunstsammler, wird in der älteren wie in der jüngeren Literatur zur Bibliothek und Kupferstichsammlung des Prinzen Eugen immer wieder mit dessen Porträtsammlung in Verbindung gebracht. Neben der antiken Bronzefigur eines betenden Knaben, die der Prinz 1717 durch Vermittlung von Jean Mariette um 18.000 Francs von Fouquets Nachkommen, dem Marquise de Belle-Isle erwarb, soll er auch eine Porträtsammlung aus dessen Besitz erworben haben, die den Grundstock der späteren Eugenianischen Sammlung bildete.700 Diese Annahme ist zumindest fragwürdig und konnte bis heute nicht nachgewiesen oder durch Quellen belegt werden. Sie bezieht sich ausschließlich auf einen Brief der englischen Schriftstellerin Lady Mary Wortley Montagu an den Abbè Conti vom Januar 1717, in dem diese berichtet, der Prinz Eugen habe sie auf der Durchreise durch Wien durch seine Bibliothek geführt und ihr dort „mit besonderem Vergnügen“ die berühmte Sammlung von Porträts gezeigt, die ehemals Fouquet besaß und die er um einen überaus hohen Preis erworben habe.701 Der Brief wurde allerdings bereits 1965 von Robert Halsband als Fälschung identifiziert.702 Eine weit stichhaltigere Erklärung zum rasanten Anwachsen der Sammlung findet sich im Ankauf einer bestehenden Privatsammlung von erhebli699 „Comme il y a deja quelque mois que je ne recois plus de vos nouvelles et que je ne sais pas non plus quand vous m’envoyerè une partie de ce que vous avè encore à me fournir en portraits et estempes, j’ai cru de devoir vous en faire ressouvenir afin que vous ne laisserè pas passer la bonne saison dans la quelle nous sommes pour m’envoyer ce que vous avè de piet et que vous continuiè vos soins pour me faire avoir le reste le plûtôt que vous pouvè, ne doutant pas que vous ne tacheré à me tendre la collection des portraits la plus completee qu’il sera possible.“ ÖStA, HHStA, Diplomatie und Außenpolitik vor 1848, GK 98b-11, fol. 78r. 700 Vgl. z.B. Braubach (1965), S. 92; Mazal (1986), S. 25; Benedik (2010), S. 159. 701 „The prince, who is a connoisseur in the fine arts, shewed me, with particular pleasure, the famous collection of portraits that formerly belonged to Fouquet, and which he purchased at an excessive price.“ Zitiert nach: Montagu (1767), S. 21. 702 Vgl. Halsband (1965), S. 293. Obgleich der Quellenbestand zu Fouquet und seinen Besitzungen sehr lückenhaft ist und nur wenige private Briefe oder Rechnungsbücher seiner Anwesen überliefert sind, gibt es für eine graphische Porträtsammlung aus dem Besitz Fouquets nach heutigem Forschungsstand keinerlei Hinweise. Die Kupferstichsammlung Fouquets dürfte zu einem überwiegenden Teil aus topographischen Ansichten bestanden haben (vgl. Bonnaffée, 1882, S. 19 und Chatelain, 1905, S. 452). Auch Christine Howald (2011) hat in den von ihr konsultierten Quellen keine Hinweise zu einer Porträtsammlung Fouquets gefunden. Für diese Auskunft danke ich Frau Dr. Howald herzlich.
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chem Ausmaß, die der Prinz auf einem seiner Aufenthalte in Nürnberg erwerben und seiner eigenen Sammlung einverleiben konnte, nämlich die des Nürnberger Arztes und Gelehrten Gottfried Thomasius (1660–1746). Gottfried Thomasius von Troschenreuth und Wiedersberg, Mitglied der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen Akademie und weitgerühmter Mediziner, besaß neben einer der größten nürnbergischen Bibliotheken seiner Zeit von etwa 27.000 Bänden auch eine bedeutende Sammlung von Colloquien, Episteln und Tagebüchern vorreformatorischer bis zeitgenössischer Theologen.703 Er selbst verfasste Elogen und Abb. 61: Gottfried Thomasius (1660– kleine Verse in verschiedenen Spra1746) chen, vor allem für Bildnisse gelehrter Zeitgenossen.704 Dazu kamen eine erlesene Münzsammlung und die Porträtsammlung, die zu seiner Zeit zu den größten dieser Art in Deutschland zählte.705 Thomasius’ Haus in Nürnberg war Sammelplatz einheimischer wie ausländischer Gelehrter, zahlreiche hohe Gäste beehrten ihn auf ihren Reisen durch Nürnberg mit ihrem persönlichen Besuch. Es ist möglich, dass Prinz Eugen nach der erfolgreichen Schlacht bei Malplaquet und der Einnahme der Festungen Mons und Dornick im Dezember 1709 auf seiner Durchreise durch Nürnberg bei Thomasius zu Gast war. Im Nürnberger Ratsverlass wird von einer feierlichen Begrüßung des hohen Gastes durch den reichsstädtischen Rat am 1. Dezember 1709 im Wirtshaus zur Goldenen 703 Die Bibliothek wurde auf Veranlassung seiner einzigen Tochter und Erbin erst 24 Jahre nach Thomasius’ Tod am 8. Juni 1770 in Nürnberg versteigert. Eine erste Anzeige in den Leipziger „Neuen Zeitungen von Gelehrten Sachen“ erschien allerdings bereits am 2. März 1747. Der dreibändige Auktionskatalog, verfasst vom Nürnberger Bibliographen Georg Wolfgang Panzer, entstand ebenfalls über 24 Jahre. In der 32 Seiten langen lateinischen Vorrede ist eine ausführliche Lebensbeschreibung des Bibliothekenbesitzers enthalten: Bibliothecae Thomasianae sive locupletissimi thesauri ex omni scientia librorum (…), Nürnberg, 1745–1769. 704 Z.B. auf einem Kupferstichporträt des Leipziger Juristen und Dichters Caspar Ziegler (1621–1690) von Jacob von Sandrart. 705 Zum Umfang einzelner privater Porträtstichsammlungen im 18. Jahrhundert vgl. Scheteling (1795), S. VIII f, und S. XIV f.
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III. Ordnungsstrategien
Gans berichtet.706 Der Zeitgenosse Johann Gottlieb Biedermann erwähnt ein Schreiben Thomasius’, in dem dieser berichtet, der Prinz habe seine Sammlung gesehen und „sogleich von ihm erhandelt“.707 Dass der bei Biedermann angegebene Umfang der Thomasius’schen Sammlung von 60.000 Porträts weit übertrieben scheint, lässt sich möglicherweise damit begründen, dass nicht nur die losen Blätter, sondern auch die in Porträtwerken enthaltenen Bildnisse dazugerechnet wurden, eine Gesamtzählung, die durchaus üblich war.708 Biedermann berichtet weiter, dass auf „jedem Blatte ein kurzes Leben sauber beschrieben“ gewesen sei.709 Biografische Bezeichnungen auf den Blättern lassen sich heute allerdings nicht mehr nachweisen. Es ist wahrscheinlich, dass die Porträts bald nach dem Ankauf von ihren ursprünglichen Untersatzpapieren abgelöst und auf neue Kartons aufgezogen wurden. Die Blätter nürnbergischer Provenienz wurden auf unterschiedliche Papiere geklebt, die drei verschiedene Wasserzeichen aufweisen.710 Der Ankauf der Nürnberger Gelehrtensammlung hatte schließlich eine zahlenmäßige Dominanz von Bürgerbildnissen aus den Reichsstädten Augsburg, Nürnberg und Frankfurt am Main zur Folge, Darstellungen von Angehörigen Nürnberger Patrizier- oder Bürgerfamilien bildeten mit insgesamt 14 Portefeuilles gar die größte zusammenhängende Klasse innerhalb der Eugen’schen Porträtsammlung. Dass die Anlage der Porträtsammlung, wie von mehreren Autoren vermutet, vor allem in die letzten Lebensjahre des Prinzen, zwischen 1730 und 1735 fiel,711 lässt sich bereits durch einen Bericht Johann Georg Keyßlers, eines Zeitgenossens Eugens und Reiseschriftstellers, widerlegen, der in einem Brief „von der Stadt Wien“ vom 1. August 1730 eine genaue Anzahl der Portefeuilles zu den einzelnen Staaten nennt, wie sie damals im Stadtpalais des Prinzen in der Himmelpfortgasse aufgestellt waren. So waren laut Keyßler im Jahr 1730 bereits 48 Portefeuilles zu Frankreich, 61 zu Deutschland, zehn zu den Vereinigten Niederlanden und neun zu den Spanischen Niederlanden, zwei zu Lothringen, 13 zu Großbritannien und ebenso viele zu den geistlichen Orden vorhanden.712 Auch wenn, wie 706 Fränkischer Kurier vom 1. Mai 1929, S. 4. 707 Biedermann (1752), S. 132. 708 Vgl. z.B. die Beschreibung der Porträtsammlung von G. M. Wallacher in Gaudelius (1806), S. 167. Auch weist der Auktionskatalog der Privatibliothek (1745–69) kein einziges Porträtwerk auf. 709 Biedermann (1752), S. 132. 710 Ein Herz mit den Initialen „H G“, darüber Vierkopfschaft; eine Sonne mit Gesicht in Kreis und abwechselnd geraden und wellenförmigen Strahlen, sowie die Initialen „G W“. 711 So z.B. Friedrich von Bartsch (1854), S. IV. 712 Keyßler (1751), S. 1224.
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Keyßler bemerkt, „ihre Anzahl täglich zunimmt“, geht aus dieser Beschreibung hervor, dass sechs Jahre vor dem Tod des Prinzen Eugen die nach Klassen geordneten Bände seiner Porträtsammlung bereits jenen Umfang erreicht hatten, in dem sie 1738 an die Hofbibliothek verkauft wurden und heute in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt werden.
7.5.1 Die Ordnung der Sammlung Die systematische Ordnung und Aufstellung der Bildnisse folgte dem obersten Prinzip einer geografischen Gliederung nach Herkunft der Dargestellten und unterschied sich somit grundsätzlich vom Ordnungsschema der Porträtsammlung des Kaisers Franz. Nur so war es möglich, zwei so unterschiedliche Sammlungen wie die von Mariette angelegte und jene des Gottfried Thomasius, welche die verschiedenartigen Staatsordnungen in Frankreich und Deutschland abbildeten, in einer übergreifenden Systematik zusammenzuführen. Während Franz ein streng hierarchisches Prinzip nach Rang des Porträtierten als erstes Ordnungskriterium des dynastischen Teils seiner Sammlung festlegte, teilte sich die Sammlung des Prinzen Eugen in 13 Länder bzw. Territorien auf. An der Spitze stand, analog zu seiner nach Regionalschulen gegliederten Kupferstichsammlung, Italien. Danach folgte Frankreich, Deutschland, das Herzogtum Lothringen, die Katholischen und die Vereinigten Niederlande, Spanien, Portugal, Großbritannien, Polen, Schweden, Dänemark und schließlich Ungarn. Flankiert wurde diese Länderordnung zu Beginn von Persönlichkeiten der Antike – römische und byzantinische Kaiser, Helden des antiken Griechenlands oder hebräische Stammesväter und Propheten. Den Abschluss bildeten Repräsentanten religiöser Ordensgemeinschaften, Schauspieler, groteske oder missgebildete Personen, Kriminelle sowie verschiedene anonyme Persönlichkeiten, deren Identität nicht ermittelt werden konnte. Die Ordnung der Bildnisse innerhalb der einzelnen Länder variierte je nach politischen Gegebenheiten, vorhandenem Porträtbestand oder nach bereits vorliegenden Strukturen angekaufter Sammlungen. Die 31 Portefeuilles mit der Bezeichnung „Italie“ teilen sich in das Königreich Neapel, das Großherzogtum Toskana, das Herzogtum Mailand, die Herzogtümer Savoyen, Piemont und Sardinien, Mantua, Parma und Piacenza, Ferrara und Modena sowie die Republiken Venedig und Genua. Der Kirchenstaat und sämtliche Päpste wurden, ungeachtet ihrer Herkunft, ebenfalls zu Italien gezählt. Innerhalb dieser territorialen Gliederung folgte die Ordnung der Bildnisse wiederum hierarchischen Prinzipen: Zu Beginn
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III. Ordnungsstrategien
Verteilung nach Ländern 70
60
Anzahl der Portefeuilles
50
40
30
20
10
0
Tab. 5:
Die Verteilung der Portefeuilles der Porträtsammlung auf die einzelnen Staaten
standen die Könige, Großherzoge und Herzoge samt deren Familien und legitimierten Prinzen sowie die Dogen von Venedig und Genua. Einzelne Adelsfamilien fanden innerhalb der Systematik als eigene Abteilung Berücksichtigung, wie die aus Neapel stammenden Carafa, die Florentiner Gondi und Medici oder die Kardinäle aus den Familien Colonna und Orsini. Es folgten Markgrafen, Edelmänner und sonstiger Adel, danach Minister und hohe Militärs, nach unten staffelten sich berühmte Männer je nach Stand und Beruf, Gelehrte, Ärzte, Künstler und Geistliche. Die Bildnisse der Franzosen bildeten mit insgesamt 48 Portefeuilles die zweitgrößte Gruppe innerhalb der Ländersystematik und wiesen gegenüber den italienischen eine ganz unterschiedliche Binnengliederung auf. Zunächst wurden in aller Vollständigkeit die großen französischen Herrscherdynastien in genealogischer Abfolge zur Anschauung gebracht. An der Spitze standen die merowingischen Könige, beginnend mit dem legendären Pharamund. Auf Karolinger und Kapetinger folgten in vier großen Teilen Angehörige der Königshäuser Valois und Bourbon in genealogischer Ordnung. Zwei Portefeuilles füllten allein die Bildnisse der Bourbonenkönige Ludwig XIII. und der beiden Zeitgenossen Prinz Eugens Ludwig XIV. und Ludwig XV. sowie des Grand Dauphins. Die Mätressen der französischen Könige, in der Porträtsammlung des Kaisers Franz direkt „ihren“ Königen und deren Gemahlinnen nachgeordnet, teilten sich mit den legitimierten Nachkommen eine eigene Klasse. Erst
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danach folgten die Dauphins und die Nachkommen der Krone mit den Herzogen von Burgund und der Bretagne sowie den Grafen von Toulouse, der Provence und von Anjou und Blois, die das Ende der dynastischen Abteilung Frankreichs bildeten. Der beachtliche Porträtbestand zu den bourbonischen Nebenlinien der Bourbon-Condé, Bourbon-Conti und Bourbon-Soissons zeugt vom Bestreben des Prinzen nach Vollständigkeit der eigenen Vorfahren, die über die Großmutter väterliAbb. 62: Abteilung Frankreich: cherseits mit dem Haus Bourbon verMätressen, Großämter der Krone wandtschaftlich verbunden waren.713 An zweiter Stelle reihte man die Großämter der Krone: Kanzler, Garde des Sceaux, Connétables, Marschalle. Hohe Militärs wie Großadmiräle, Generäle der Galeeren oder Großmeister der Artillerie fanden sich noch vor Herzogen und Herzoginnen, gefolgt vom gesamten restlichen Adel, den Grafen, Marquisen, Edelmännern, Damen und Demoiselles niedrigerer Herkunft und schließlich jenen Personen, deren Herkunft zweifelhaft erschien.714 Im direkten Anschluss an den Adelsstand richtete sich die Ordnung wiederum an der politischen Hierarchie innerhalb des Staatswesens aus: Es folgten zunächst die Porträts der Staatsminister und -sekretäre, der obersten Beamten der Finanzverwaltung und der Surintendanten der königlichen Gebäude und Gärten. Danach in alphabetischer Ordnung hohe Räte und Beamte wie die „Conseillers d’État“ oder „Maîtres des requêtes“. Auf die Intendanten der Provinzen folgten schließlich noch die Präsidenten, Räte und Generalprokurateure der Parlamente von Paris und der Provinzen. Die bürgerlichen Stände schlossen an die Staatsbeamten und Minister an, wobei Mitglieder der Académie française in einem eigenen Portefeuille zusammengefasst waren. Wie in der Porträtsammlung des Kaisers Franz wurden auch in der Sammlung des Prinzen Eugen Personen außerhalb des Adelsstandes unter berufs- und sozialständischen Aspekten geordnet. Während sich Franz allerdings durch eine alphabetische Reihung nach Standes713 Eugens väterliche Großmutter Marie Marguerite de Bourbon (1606–1692) gehörte dem Haus Bourbon-Condé, einem Nebenzweig des herrschenden französischen Königshauses an. 714 „Personnes dont la naissance a été contestée“.
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III. Ordnungsstrategien
und Berufsbezeichnungen über eine hierarchische Ordnung hinwegsetzte und somit Vließritter neben Verbrechern zu stehen kamen, teilte man die Stände in der Sammlung des Prinzen Eugen nach Klassen, deren hierarchische Abfolge sich innerhalb der Länder jeweils mehr oder weniger wiederholte.715 Zuvorderst reihte man stets Gelehrte und „Hommes de Lettres“ – Rechtsgelehrte und Advokaten, Geschichtsschreiber, Kritiker, Grammatiker und Philologen, Dichter und Philosophen. Danach kamen die Naturwissenschaften in Person von Mathematikern und Geographen, gefolgt von berühmten Ärzten, Wundärzten, Chemikern, Apothekern oder Alchemisten. Die Klasse der „Artistes“ teilte sich in Maler, Bildhauer, Baumeister und Gartenarchitekten, Kupferstecher und Kupferhändler, Buchdrucker und Buchhändler, Tonkünstler, Ballettmeister, Fechtmeister, Kalligraphen, schließlich Handwerker wie Goldschmiede, Steinschneider, Glockengießer und Waffenschmiede. Der Klerus, oftmals als „erster Stand“ bezeichnet, fand sich, außer bei den Bildnissen des Kirchenstaats und der Fürsterzbistümer, stets zuletzt gereiht. Auf Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe, geordnet nach ihren Bistümern, folgten Äbte und Prioren, Domherren, Pfarrer nach Pfarren, schließlich Priester, Doktoren der Theologie und andere Geistliche in alphabetischer Reihenfolge. Den Abschluss teilte sich jeweils die reformierte Geistlichkeit mit den Anhängern diverser Irrlehren („Heresiarques“)716. Wiederum anders stellt sich die Ordnung der Bildnisse dar, die unter der Abteilung „Allemagne“ die bei Weitem größte Gruppe innerhalb der Porträtsammlung ausmachten. Unter dem allgemeinen Überbegriff waren nicht nur die deutschen Fürsten- und Herzogtümer vereint, man zählte auch das Haus Österreich, die gesamten habsburgischen Erblande und das Königreich Böhmen sowie die Schweiz dazu. Deutlich offenbaren sich hier die Grenzen einer Ordnungskonstruktion, die Personen nach territorialer Herkunft zu gliedern versucht. An mehreren Stellen wurde das System absichtlich durchbrochen, indem man etwa dazu überging, Akteure historisch bedeutender Ereignisse in eigenen Unterklassen zusammenzufassen. Sie wurden dann jeweils dem Land zugeordnet, auf dessen Boden das Geschehen stattfand. Diese Kategorien bilden einen interessanten Schnittpunkt zwischen der Porträtsammlung des Prinzen und 715 Die einzelnen Klassen variierten je nach vorhandenem Porträtbestand. So gab es etwa bei deutschen Reichsstädten wie Augsburg oder Regensburg die Kategorie „Bürger“, die bei anderen Ländern fehlte. Die Klasse „Kunstsammler“ existierte wiederum nur bei den Niederlanden usw. 716 Hierzu zählten Täufer und Wiedertäufer, Mystiker, Exulanten und Anführer kleinerer Sektenbewegungen.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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einer anderen Teilsammlung, die er parallel dazu anlegte und die heute ebenfalls nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form existiert. Es handelt sich um eine thematische Zusammenstellung historischer Blätter, die unter dem Titel „Recueils par matières“ in zehn Klebebänden wichtige Ereignisse europäischer Herrschaftsgeschichte dokumentierte.717 Neben diversen biografischen Darstellungen aus verschiedenen Regentenhäusern wie Taufen, Krönungen und Vermählungen fanden sich dort auch Illustrationen von Ratssitzungen oder Ratifikationen von Friedensverträgen. Die Porträts der Akteure solcher politischen Zusammenkünfte wurden wiederum in der Porträtsammlung abgelegt, wo sie eigene Kategorien bildeten, wie etwa die Gesandten und Bevollmächtigten zum Westfälischen Frieden, gemeinsam mit den souveränen Fürsten, die dem Frieden beigetreten waren. Ebenso die Vermittler und Bevollmächtigten zum zwölfjährigen Waffenstillstand zwischen Spanien und den Niederlanden aus dem Jahr 1609 oder die Gesandten zu den immerwährenden Reichstagen in Regensburg ab dem Jahr 1665. Mehrfachlegungen von Personen konnten in dieser Form der Systematik nicht umgangen werden. Vielmehr wurden Personen, wenn es sich aus deren Titeln oder Funktionen ergab, bewusst mehreren Klassen zugeordnet. Anhand der zeitgenössischen Monarchen und deren Ehefrauen wird dieses Prinzip besonders deutlich. So teilten sich die zehn Porträts Augusts des Starken (1670–1733) jeweils zu fünf Blättern auf die Kurfürsten von Sachsen und auf die Könige von Polen auf. Der beachtliche Bestand an Bildnissen des französischen Königs Ludwig XIV. (1638–1715), mit mehr als 60 Einzelporträts die meistrepräsentierte Person in der Porträtsammlung des Prinzen Eugen, war aufgeteilt auf die Könige von Frankreich in chronologischer Folge (sieben Blätter), auf die genealogische Aufstellung des Hauses Bourbon (53 Blätter) und auf die Serie der Dauphins von Frankreich (ein Blatt). In seiner Funktion als Schirmherr fand er außerdem Platz bei den Mitgliedern der Académie française (ein Blatt), wie auch, als beteiligter Monarch, im Portefeuille zu den Friedensverträgen von Münster und Osnabrück (ein Blatt). Gemäß dem genealogischen Ordnungsprinzip des Hauses Bourbon wurde direkt nach dem König seine Gemahlin Maria Theresia (1638–1683) gereiht. Gleichzeitig war sie als Infantin von Spanien auch im Portefeuille der spanischen Habsburger präsent. Kaiser Leopold I. (1640–1705) war wiederum vertreten unter den römisch-deutschen Kaisern (ein Blatt), dem Haus Ös717 Die Bände wurden zwischen 1867 und 1876 aufgelöst und in die Sammlung historischer Blätter der Kupferstichsammlung der Hofbibliothek eingegliedert. Vgl. Benedik (2010), S. 158.
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III. Ordnungsstrategien
terreich (38 Blätter), den Königen von Böhmen (ein Blatt) und den Königen von Ungarn (zwei Blätter). Die Bildnisse der Habsburger, die nach einer kurzen chronologischen Abfolge „deutscher“ Kaiser seit Karl dem Großen den Beginn der Abteilung Deutschland markierten, stellten einen der Schwerpunkte in der Porträtsammlung des Prinzen dar. Über fünf Portefeuilles, geordnet nach Linien und reichend bis zum regierenden römisch-deutschen Kaiser Karl VI., erstreckten sich die „Princes et Princesses de la Maison d’Autriche“ und standen somit in Umfang und Vollständigkeit den französischen Königshäusern Valois und Bourbon um nichts nach. Abb. 63: Ludwig XIV., König von Frankreich (1638–1715) So rangierte gleich nach dem französischen König Ludwig XIV. als die am öftesten vertretene Person in der Porträtsammlung des Prinzen Eugen an zweiter Stelle dessen größter Widersacher auf europäischer Bühne, der Habsburger Kaiser Leopold I., in dessen Diensten der Prinz mehr als 20 Jahre gestanden hatte. Interessanterweise waren diese beiden Monarchen auch die Meistrepräsentierten in der mehr als ein halbes Jahrhundert später begründeten Porträtsammlung des Kaisers Franz I. Dort allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Ein numerischer Vergleich der Porträts zu beiden Herrschern gibt einen Eindruck über das Größenverhältnis der zwei Sammlungen: Während Prinz Eugen 63 Porträtstiche Ludwigs XIV. besaß, brachte es Kaiser Franz auf 138. Von Leopold I. existierten in der Sammlung Eugens 42 Darstellungen, in der des Kaisers 161.718 Durch eifrig betriebene Selbstinszenierung im Medium Druckgrafik zum einen, durch die ungewöhnlich lange Dauer beider Regierungen zum anderen, haben die zwei barocken Mo718 An dritter Stelle in der Porträtsammlung Franz’ II. folgte Kaiser Joseph II. mit 121 Bildnissen. Die Zahlen sind dem „Numerischen Verzeichnis der in der k.k. Fideicommiss-Bibliothek vorhandenen Sammlung von Porträten“ (1849) entnommen. ÖStA, HHStA, Haus-Archiv, Inventare der Fideikommißbibliothek 14–16. Zwischen dem Tod des Kaisers Franz 1835 und der Erstellung der Inventare zu den Sammlungen dürften keine Porträts der beiden Monarchen mehr angekauft und der Sammlung einverleibt worden sein.
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narchen wohl die „Spitzenpositionen“ in beiden Sammlungen eingenommen. So beginnen die Darstellungen des Sonnenkönigs bereits mit dessen Inthronisation als Vierjähriger und reichen bis hin zu Porträts des Königs im Greisenalter. Darunter Reiterbildnisse, Medaillen, Apotheosen und Allegorien. Auch die Porträts Leopolds I. erstrecken sich umfangreich über alle Lebensalter, vom Knaben- bis zum Aufbahrungsbildnis. Wie die französischen Königshäuser wurden auch die Habsburger mit ihren Familien in genealogischer Ordnung gereiht. Auf die jeweiligen Regenten folgten deren Ehefrauen, danach die Nachkommen in chronologischer Reihenfolge. Weibliche Nachkommen, die an fremde Höfe verheiratet wurden, wurden zugleich den jeweiligen Dynastien zugeordnet. Nach den frühen Grafen von Habsburg und den Grafen von Tirol folgten die Herzoge und Erzherzoge von Österreich vor Entstehung der besonderen Linien, von Rudolf IV. (ab 1273 als Rudolf I.) bis zu Philipp I. dem Schönen. Danach schloss die spanische Linie an, ausgehend von Kaiser Karl V. bis zum letzten spanischen Habsburger Karl II. Schließlich, in drei Teilen, die österreichische Linie von Ferdinand I. bis zum regierenden Kaiser Karl VI. Auf die Angehörigen des Kaiserhauses folgten die hohen Militärs des Kaiserreichs, zunächst die großen Feldherren und Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armeen, größtenteils selbst fürstlicher Herkunft, dann Admiräle, Feldmarschälle, Generäle, Oberste, Hauptleute und Offiziere im Dienste der Kaiser. Daran, im Unterschied zur hierarchischen Gliederung der französischen Abteilung, schlossen in Gestalt des österreichischen Hochadels die obersten Hofchargen der Kaisers an: Obersthofmeister, Oberstkämmerer, Obersthofmarschälle, Oberststallmeister, ferner Hofkanzler, Mitglieder des Geheimen Rats und sonstige Verwaltungsbeamten des Reiches bis hin zu den Bürgermeistern von Wien. Da man offensichtlich bemüht war, auch den Adel der habsburgischen Erblande, vor allem aber das Königreich Böhmen mit den böhmischen Herzogen und Königen, worunter sich zwölf Habsburger bis zu Kaiser Joseph I. befanden, noch vor den deutschen Fürsten- und Herzogtümern des Heiligen Römischen Reiches mit den Kurfürsten an der Spitze zu reihen, teilte man diese Länder auf und so folgte der geistliche Stand Böhmens und der Erblande erst nach den deutschen Herrschaftsgebieten, direkt vor den deutschen Reichsstädten. Die darauffolgende Gruppe deutscher Fürstentümer und Reichsstädte, 42 Portefeuilles in territorialer Abfolge, wovon allein 14 der Reichsstadt Nürnberg gewidmet waren, sind, wenn auch in die allgemeine Systematik integriert, als Teilsammlung innerhalb der Porträtsammlung des Prinzen einzustufen. Die Ausmaße im Hinblick auf Umfang und Vollzähligkeit einzelner Untergruppen, seien es protestantische Würdenträger des sächsischen Raums
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III. Ordnungsstrategien
oder das Stadtpatriziat von Nürnberg, sind augenscheinlich nicht auf ein spezielles Sammelinteresse des Prinzen Eugen zurückzuführen. Es offenbart sich hier vielmehr jene geschlossene Teilsammlung, die der Prinz in Nürnberg von Gottfried Thomasius käuflich erworben hatte. Man kann davon ausgehen, dass Thomasius seine Sammlung in eine hervorragende Ordnung gebracht hat, wie es einer Gelehrtensammlung des 18. Jahrhunderts entsprach. Das Systematisieren der eigenen Bibliothek, aber auch jener befreundeter Gelehrter war eine der Betätigungen, denen sich Thomasius mit Hingabe widmete.719 Wo es möglich war, konnte man die Ordnung weitgehend übernehmen, insgesamt musste die Sammlung jedoch in das allgemeine hierarchische Ordnungsschema eingepasst werden. So wies jede der territorialen Abteilungen in ihren Grundzügen eine ähnliche hierarchische Binnengliederung auf, wie sie auch bei den französischen Bildnissen angewandt wurde. Auf die Kurfürsten, Fürsten und den sonstigen Adel folgten die Militärs, Räte und Beamten, Gelehrten und Schriftsteller, schließlich Ärzte, Künstler und zuletzt die Geistlichkeit. Den Beginn der jeweiligen Abteilungen bildeten die Kurfürsten und Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, die Kurfürsten und Regenten von Bayern, die Kurfürsten und Fürsten von Sachsen, die Fürsten der Mark Brandenburg, von Preußen und Pommern, die Herzoge von Braunschweig-Lüneburg und Württemberg, die Landgrafen von Hessen, Fürsten von Friesland, Herzoge von Kleve, Fürsten von Anhalt, zuletzt die Fürsten aus dem Haus Nassau. Einen eigenen Kosmos innerhalb der mehrheitlich adeligen, genealogisch-hierarchisch strukturierten Gruppe deutscher Fürsten- und Herzogtümer stellten die Portefeuilles zu den Reichsstädten Augsburg, Nürnberg und Frankfurt am Main dar, in denen die Dominanz einer bürgerlichen Oberschicht des 18. Jahrhunderts deutlich hervortrat. Wie ein Gegenpart aufgeklärt-städtischer Eliten zur feudalen Sammlung von Kaisern, Fürsten und Bischöfen scheinen die Bildnisse von Angehörigen des finanzkräftigen Bürgertums, der Handelsleute, Ratsherren oder Ärzte bürgerlicher Herkunft. Im Falle der „Ville libre de L’Empire Nuremberg“ bildeten sie mit insgesamt 14 Portefeuilles gar die größte zusammenhängende Gruppe innerhalb der gesamten Porträtsammlung. Gottfried Thomasius sammelte und ordnete aus der Perspektive eines reformierten Gelehrten. Gekrönten Häuptern, Generälen oder großen Staatsmännern galt weniger sein Interesse als den Gelehrten verschiedenster Fakultäten, Dichtern, Künstlern und Pastoren protestantischer Gemeinden. Dazu kam, dass er mit großem Sammeleifer große Mengen kleinformatiger Porträtstiche und Schabkunstblätter Nürnberger Bürgerfamilien 719 Vgl. Will (1758), S. 383.
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zusammentrug, die ab der Mitte des 17. Jahrhunderts in großer Zahl auf den Markt kamen.720 Die meisten der Serien und Einzelblätter fanden dank des Ankaufs der Sammlung Thomasius’ auch Eingang in die Porträtsammlung des Prinzen Eugen. Drei Portefeuilles nahmen die „Familles patriciennes“ ein, drei die „Bourgeois et Marchands“, weitere zwei die „Ministres protestans“. Auf die Stadt Nürnberg folgten, wenn auch in weit bescheidenerem Abb. 64: Abteilung Deutschland: Bürger Umfang, die Städte Frankfurt, Ulm, und Kaufleute aus Nürnberg Regensburg, Breslau sowie die Hansestädte Lübeck, Bremen und Hamburg. Ausführlicher stellte sich der Bestand dann wiederum zu den Niederlanden dar, gegliedert in zwei etwa gleich große Abteilungen. Von den Grafen von Flandern und Herzogen von Brabant bis zu den Kardinälen, Bischöfen, Äbten und Domherren spannte sich der Bogen der Katholischen Niederlande, von den Grafen von Holland bis zu den protestantischen Amtsträgern und Theologen jener der Vereinigten Niederlande. Ein Großteil davon dürfte ebenfalls auf die Sammlung Gottfried Thomasius’ zurückgehen. Dazwischen zeugten zahllose Porträts niederländischer Handelsleute, Admiräle und Offiziere zu Land und zu Meer vom Aufstieg der Republik zur Welthandelsmacht, die Künstlerbildnisse, vorwiegend aus dem 17. Jahrhundert, vom Goldenen Zeitalter der niederländischen Malerei. Spanien, Portugal, Großbritannien, Polen, Schweden, Dänemark und Ungarn lautete der weitere Ablauf der Ländersystematik, den immer gleichen hierarchischen Strukturen folgend. Zuvorderst ordnete man Darstellungen antiker und mythischer Herrscher des jeweiligen Territoriums ein, westgotische Könige, Anführer der Hunnen oder legendäre Könige von Dänemark, worauf sich dann die chronologische Abfolge von Regentenfamilien der jeweiligen Länder in genealogischer Ordnung bis zu jenen Monarchen erstreckte, die im Todesjahr des Prinzen, 1736, an der Regierung waren: Philipp V. in Spanien, Johann V. in Portugal, Georg II. in Großbritannien, Stanislaus I. Leszczyński in Polen, Friedrich in Schweden, Christian VI. in Dänemark und Kaiser Karl VI. als Karl III., König von Ungarn. Die daran anschließende Rangfolge des Adels richtete sich nach den speziellen Eigenheiten des jeweiligen Landes aus. Auf das englische Königshaus 720 Vgl. Kap. 6.4.4.
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III. Ordnungsstrategien
folgten mit den „Marquis“, „Comtes“ und „Barons“ der „höchste“ Adel des Königreichs721, danach die „Chevaliers“, „Écuyers“ und „Gentilhommes“, die den „zweiten“ Adelsrang des Königreichs repräsentierten722, schließlich dessen weibliche Standesvertreter, „Duchesses“, „Comtesses“ und „Dames“. Bei Polen wiederum gab es unterhalb der Könige, gemäß dem gleichberechtigten Prinzip des polnischen Adels, nur die allgemeine Kategorie „Noblesse“. Der Klerus, nicht geburtsständisch und in seiner sozialen Zusammensetzung heterogen, war wie der Adel hierarchischen Ordnungsprinzipien unterstellt und bildete als eigene Gruppe stets den Abschluss eines jeweiligen Landes. Da kamen zunächst die Kardinäle, die Erzbischöfe und Bischöfe, Amtsträger der anglikanischen Kirche und Presbyterianer, zuletzt protestantische Theologen und Anhänger herätischer Gruppen. Für Darstellungen von Heiligen und Ordensgründern, aber auch von Eremiten, Bußpredigern und anderen Formen monastischen Lebens, die einer bestimmten Gemeinschaft zugeordnet werden konnte, hatte man die Gruppe „Ordres Religieux“ geschaffen, die in 13 Portefeuilles die Bildnisse von Gründern, Vorstehern und Mönchen verschiedenster Kongregationen beinhaltete, mehrheitlich aus dem europäischen Raum, darunter etliche Klöster, die später unter Kaiser Joseph II. aufgelassen wurden.723 Direkt daran schlossen die geistlichen Ritterorden an mit den Großmeistern und Rittern der Malteser, des Lazarus- oder des Templerordens, gefolgt von antiken Bischöfen, Kirchenlehrern und Bischöfen „in partibus infidelium“. War die systematische Ordnung auf eine rein europäische Bildnissammlung angelegt, die in ihren Hauptgruppen die europäischen Herrschaftsgebiete zur Zeit des Prinzen widerspiegeln sollte, musste man dessen ungeachtet auch außereuropäische Fürsten und Einheimische unterbringen, die, wenngleich in einem verschwindendem Anteil von nicht einmal einem Prozent des Gesamtbestandes, bildlich vertreten waren. Kaiser des Mogulreiches, von Marokko oder indische Maharadschas, die in der Sammlung des Kaisers Franz gemäß ihrem hohen Rang ganz zu Beginn der Aufstellung Platz fanden, wurden in der Sammlung des Prinzen Eugen kurzerhand an den Schluss der Sammlung gereiht, wo sie unter der Kategorie „Asie, Afrique & Amerique“ gemeinsam mit Persern, Tartaren, Chinesen und Japanern eine Klasse bildeten. Den Ausklang der Aufstellung bildete schließlich 721 „qui composent la première noblesse du royaume“. 722 „qui composent le second ordre de la noblesse du royaume“. 723 Die Ordensgemeinschaften waren alphabetisch gereiht: Augustiner, Benediktiner, Zisterzienser, Karmeliter, Dominikaner, Franziskaner, Kapuziner, Kartäuser, Prämonstratenser, Cölestiner, Kamaldulenser, Trinitarier, Paulaner, Jesuiten, Theatiner, Barnabiten, Somasker und Oratorien; danach die Frauenklöster wie Salesianerinnen, Ursulinen oder Annuntiatinnen.
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das einzige übernationale Portefeuille, in dem die Porträts und Rollenbildnisse vorwiegend zeitgenössischer Schauspieler und Artisten gemeinsam mit grotesken und außergewöhnlichen Personen vereint waren, die durch ihr besonderes Aussehen zu Bildniswürden gelangten. Feuerschlucker und Wasserspeier lagen dort neben siamesischen Zwillingen, Riesen, Kleinwüchsigen oder Personen mit extremer Leibesfülle. Das unterste Ende beanspruchten legendäre Verbrecher, die durch ihre Straftaten Bekanntheit erlangt hatten, Attentäter und Giftmischer, Hochstapler und Brandstifter, Straßenräuber und Königsmörder.
7.5.2 Weiterführung und Inventarisierung der Porträtsammlung unter Adam von Bartsch 1791–1821 Die Beibehaltung der historischen Aufstellung der Eugen’schen Porträtsammlung und deren gleichzeitige Fortführung im Sinne der vorhandenen Systematik war von Beginn an seiner Tätigkeit als Leiter der Kupferstichsammlung das erklärte Vorhaben des Kustoden und Kupferstichkenners Adam von Bartsch, der 1777 zwanzigjährig vom neuernannten Präfekten Gottfried van Swieten als Skriptor in die Hofbibliothek aufgenommen wurde.724 Die Kupferstichsammlung des Prinzen Eugen hatte in den Jahrzehnten seit ihrer Übernahme keine wesentliche Vermehrung erfahren. Die Verwaltung erfolgte mehr oder weniger fachmännisch durch den Kustos Joseph Martinez, der sich, ursprünglich für orientalische Sprachen angestellt, neben Ordnung und Finanzen der Hofbibliothek auch um die Erweiterung der Inkunabelsammlung kümmerte.725 Ende des Jahres 1790, wenige Wochen vor seine Ernennung zum Aufseher der Kupferstichsammlung, legte Bartsch einen aus 14 Paragraphen bestehenden Vorschlag zur „Fortsetzung und Erhaltung der k.k. Kupferstichsammlung“ vor, in dem er als sein erstes Ziel nannte, „die Sammlung des Prinz Eugen so viel als möglich unverletzt zu erhalten“.726 Die künftige Einarbeitung neu hinzugekommener Porträtstiche sowie jener, die sich von alters her in der Bibliothek befanden und dort großenteils unbearbeitet und außer allem Gebrauch in einem eigenen „Duplika724 Zu Leben und Werk Adam von Bartschs siehe Stix (1921, 1927), Koschatzky (1978), Rieger (2014). 725 Stix (1921), S. 88. Martinez, der die Söhne Kaiserin Maria Theresias in der italienischen Sprache unterrichtete, war bereits 1773 auf den 16-jährigen Bartsch aufmerksam geworden, worauf er ihn Erzherzogin Maria Anna zur Förderung ihres numismatischen Werkes empfohlen hatte. Vgl.: Neuestes Conversations-Lexicon (…), Wien, 1826, Bd. 2, S. 218. 726 ÖNB Archiv, HB 469-1790.
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III. Ordnungsstrategien
Abb. 66: Adam von Bartsch, Vorschlag für die Porträt sammlung, 1790 (Detail)
Abb. 65: Adam von Bartsch (1757–1821)
tenzimmer“ lagerten, sollte die historische Ordnung aus der Zeit des Prinzen Eugen keinesfalls beeinträchtigen. In einem drei Jahrzehnte später verfassten programmatischen Manuskript „Über die Verwaltung der Kupferstichsammlung der k.k. Hofbibliothek“ bekräftigt Bartsch nochmals, dass die Porträtsammlung des Prinzen Eugen „als ein für sich bestehendes völlig geschlossenes Ganzes zu betrachten“ sei und in selbige „keine Porträte ferneres eingeleget werden“ dürfen.727 Die Haupttätigkeiten Adam von Bartschs in seiner dreißigjährigen Amtszeit als Leiter der Kupferstichsammlung bildeten sowohl deren Reorganisation als auch die Bereicherung derselben, an welcher Präfekt van Swieten großes Interesse zeigte.728 1784 entsandte dieser den jungen Kustos Bartsch nach Paris, um vom dortigen Kupferstichhändler Basan die bedeutende Rembrandt-Sammlung des Miniaturmalers Jean-Antoine Peters zu erstehen.729 Die Erwerbung glückte nicht, doch konnte Bartsch auf dieser Reise durch die Möglichkeit der gründlichen Durchsicht des Lagers Basans als auch des Cabinets du Roy den Grundstock für seine spätere Kennerschaft auf dem Gebiet der Kupferstichkunde legen. Etliche Briefe, die er auf dieser 727 ÖNB, Cod. 15344. 728 So berichtet etwa der spätere erste Kustos der Hofbibliothek, Ignaz von Mosel, von einer nicht näher angeführten Anzahl von Handzeichnungen, die sich in der Hofbibliothek befanden und deren Vermehrung nicht in der Absicht der Verwaltung lag. Diese sollen im Juli 1796 auf den Wunsch des Herzogs Albrecht von Sachsen-Teschen gegen Kupferstiche aus dessen Sammlung getauscht worden sein, welche zur Ergänzung der Sammlung der Hofbibliothek geeignet waren. Vgl. Mosel (1835), S. 205. 729 Pierre Francois Basan (1723–1797), selbst Kupferstecher, war einer der bedeutendsten Pariser Kupferstichhändler seiner Zeit.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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Reise an Van Swieten geschickt hatte, sind heute noch in der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten.730 Die Kupferstichsammlung der Hofbibliothek bestand zu Bartschs Zeiten zu mehr als 80 Prozent aus der Sammlung des Prinzen Eugen.731 Diese war auf insgesamt 290 in rotes Maroquinleder gebundene Klebebände verteilt und zum größten Teil nach den herkömmlichen Schulen geordnet. Ein kleinerer Teil der Sammlung von etwa 31 Bänden ordnete die Blätter nach Materien wie Blumen, Fische, Vögel, Kostüme oder Ornamente. Hier wurden auch anonyme Blätter, Doubletten, oder die Werke jener Künstler eingelegt, für die kein eigener Bereich in den Œuvrebänden vorgesehen war.732 Am Schluss eines jeden Bandes waren eigenhändige Beschreibungen Jean Mariettes beigebunden, die Informationen zum Inhalt und den Künstlern des jeweiligen Bandes wiedergaben. Sie stellten gleichzeitig auch das einzige Inventar zur Sammlung dar.733 Die Mehrheit der Blätter war von Mariette nach den Malern gruppiert worden, auf deren Gemälde die Kupferstiche zurückgingen. Bartsch hingegen forderte bereits 1790 für Kupferstecher, „die sich in ihrer Kunst besonders auszeichnen“, die Einrichtung eigener Stecherœuvres.734 Innerhalb dieser wäre wiederum eine chronologische Ordnung von Vorteil, „weil man daraus die interessanten Beobachtungen anstellen kann, wie er [der Stecher] seinen Gang in der Kunst gemacht hat.“735 Während der Amtszeit Bartschs kamen weitere 80 neu montierte, von ihm selbst geordnete und beschriebene Klebebände hinzu.736 Die Einteilung derselben in ikonografische Klassen übernahm er schließlich so, wie sie von Mariette für die Kupferstichbände des Prinzen Eugen festgelegt worden war. Eine eigene Klasse bildeten dabei die Porträts.737 Die Vorgehensweise bei der Unterbringung von Porträtgrafik innerhalb der Kupferstichsammlung wird bereits in einem Brief Bartschs an Gottfried van Swieten von seiner Paris-Reise im April 1784 deutlich, in dem er dem Präfekten von der erfolgreichen Ersteigerung eines Kupferstich-Konvoluts nach Gemälden Hyacinthe Rigauds berichtet. Zwar befand sich das „Œuvre 730 Sie wurden 1927 von Alfred Stix veröffentlicht: Stix: Pariser Briefe des Adam Bartsch aus dem Jahre 1784. 731 Fünf Sechstel der Sammlung im Jahre 1818, vgl. Mosel (1835), S. 245. 732 Brakensiek (2003), S. 261. 733 Zu den Verfassern der Indexteile siehe Krasa (1986), S. 294 f., Brakensiek (2003), S. 258 f. und Benedik (2010), S. 156 f. 734 ÖNB Archiv, HB 469-1790, §2. Zum Ordnungsschema Bartschs vgl. Brakensiek (2003), S. 515. 735 Ebenda, § 8. 736 Mosel (1835), S. 254. 737 Zur ikonographischen Gliederung der Bände vgl. Brakensiek (2003), S. 517.
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III. Ordnungsstrategien
de Rigaud“ als eigenes Malerwerk bis auf wenige Stücke bereits vollständig in der Kupferstichsammlung der Hofbibliothek. Dies sei laut Bartsch jedoch leicht zu verschmerzen, da man durch diesen Ankauf nun mit den Porträts der Stecher Johann Georg Wille und Georg Friedrich Schmidt auch die bereits angefangenen Stecherwerke zu diesen beiden Künstlern bereichern könne. Die „Edelinkschen Stücke“738 wiederum können aus dem Werk dieses Meisters, aus dem sie zuvor gezogen wurden, wieder eingelegt werden, „und so mehrere andere schickliche Vertheilungen gemacht werden. Endlich ist ja eine große Collection de Portraits da, wo alles, was sonst noch übrig bleiben sollte, an seinem Orte gar füglich kann untergebracht werden.“739 Um die Porträtsammlung des Prinzen Eugen als geschlossene historische Sammlung zu bewahren, in die keine weiteren Blätter eingelegt werden sollten, begann Bartsch mit der Anlegung einer gesonderten „Supplement-Porträtsammlung“ für neu hinzugekommene Blätter („Supplement de la Collection des Portraits“), die an die Sammlung des Prinzen anschloss und als „Ergänzung und Fortsetzung der großen Sammlung“ anzusehen war.740 Die Kassetten der Supplement-Sammlung gleichen sich, wenn auch weit schlichter ausgestattet, in Größe und Farbe den Portefeuilles der Eugen’schen Sammlung, weisen auf dem goldverzierten Rücken aber keine Klassenbezeichnungen auf. Statt dem Stammwappen des Prinzen tragen sie den kaiserlichen Doppeladler. Sämtliche unter Bartsch neu erworbenen Porträts wurden zudem in der linken Ecke des Untersatzkartons mit dem Buchstaben S für „Supplément“ versehen. Für die Einordnung der neu hinzugekommenen Bildnisse legte Bartsch verbindliche Regeln fest: Grundsätzlich seien diese in der neu geschaffenen Supplement-Sammlung unterzubringen. Porträtstiche von Künstlern, denen eigene Abteilungen in den Œuvrebänden der Kupferstichsammlung gewidmet waren, sollten hingegen in diese eingeklebt werden. Lediglich Doubletten dort bereits befindlicher Blätter wären zusätzlich auch in die Porträtsammlung aufzunehmen.741 Für Maler, die sich ausschließlich mit dem Porträt befassten, sollte kein eigener Bereich in der Kupferstichsammlung eingeräumt werden. Die nach ihnen gestochenen Blätter seien gleich in die Porträtsammlung einzulegen. Für diesen letzten Punkt definierte Bartsch allerdings auch Ausnahmen: Stiche nach Porträts des englischen Malers Joshua Reynolds (1723–1792) etwa seien in dessen Malerœuvre aufzunehmen, da dieser, wie Bartsch be738 739 740 741
Gérard Edelinck (1640–1707). Stix (1927), S. 339 f. ÖNB, Cod. 15344. ÖNB Archiv, HB 469-1790, § 3 und § 4.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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gründete, zum einen als Porträtmaler durch die „ganz neue, besondere und geniale Behandlung desselben, ein Vorbild und Studium der Künstler aller Nationen geworden“ sei, zweitens, „weil die Sammlung der nach seinen Gemälden von den besten Künstlern gestochenen Blätter eine der bedeutendsten ist (Die Bibliothek besitzt fünf Bände)“ und schließlich habe er auch „als ein nicht unbedeutender Historienmahler sich ausgezeichnet“.742 Eine ähnliche Würde wurde auch dem französischen Porträtstecher Robert Nanteuil (1623–1678) zuteil. Dieser Künstler habe die meisten seiner Porträts nach dem Leben „mit vorzüglicher Treue und Festigkeit gezeichnet, und dieselben mit Abb. 67: Inventar von 1813 ebenso kunstvollen und bewunderungswürdigen Einfachheit, als mit verständigem und geschmackvollen Grabstichel gleichsam im Kupfer eingemahlt. Seine Blätter werden immer das Studium von Künstlern und die gerechte Bewunderung von Kennern erregen.“743 Porträts, die von diesen Künstlern herrührten, wurden nur dann, wenn sie sich bereits in der Kupferstichsammlung befanden, auch in die Porträtsammlung eingelegt. Ein erstes alphabetisches Verzeichnis zur Porträtsammlung des Prinzen Eugen wurde 1813 fertig gestellt. Das 90 Seiten starke und in französischer Sprache verfasste „Répertoire de la Collection des Portraits“744 verzeichnet den historischen Bestand ohne die später hinzugekommenen Supplement-Bände. Von seiner Funktion her eigentlich ein Standortrepertorium, diente es der schnellen Auffindbarkeit einzelner Personen durch die alphabetische Auflistung von Fürstenfamilien samt deren Nebenlinien, Staaten, Bistümern oder Ordensgemeinschaften. Es verzeichnet jedoch noch keine Einzelporträts. In römischer Zählung wurde die Nummer des jeweiligen Portefeuilles eingetragen, daneben in arabischer Zählung die Anzahl der darin enthaltenen Blätter. Das Verzeichnis ist ohne jede Aussparung von Zwischenräumen für spätere Nachträge verfasst und sollte ausschließlich den historischen Bestand der ursprünglichen Eugen‘schen Sammlung dokumentieren. 742 ÖNB, Cod. 15344. 743 Ebenda. 744 Das Inventar befindet sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek (Bildarchiv und Grafiksammlung).
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III. Ordnungsstrategien
In den Folgejahren begann man, einen umfassenden alphabetischen Sammlungskatalog anzulegen, der jedes Einzelblatt mit Namen, Standesbezeichnung, Geburts-, Blüte- und Todesjahr der dargestellten Personen verzeichnet. Bei dieser Unternehmung wurde Bartsch maßgeblich von Vorarbeiten des Wiener k.k. Börse- und Wechsel-Sensals Heinrich Xaver Ritter von Hauer unterstützt, der bereits 1814 bei der für den Fall einer feindlichen Invasion durchgeführten Einpackung der in der Hofbibliothek aufbewahrten kostbaren Bücher mitgewirkt hatte. Hauer, Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in Wien, überreichte der Bibliothek 1816 die „vollständigen, aus mehr dann 40,000 Rubriken bestehenden Materialien zum Katalog der in der k.k. Hofbibliothek befindlichen großen Porträtsammlung“, an denen dieser über mehrere Jahre und aus „ganz freyem Antriebe“ gearbeitet hatte.745 In einem Schreiben vom 19 Dezember 1816 sprach der Bibliothekspräfekt Ossoliński Hauer seinen Dank für dessen Arbeit aus, die dieser mit „rühmlichsten Fleisse bestens vollendet“ und „diesem Institute als Geschenk dargebracht“ habe. Auch Obersthofmeister Trauttmansdorff richtete zwei Monate später in einem Schreiben seinen besonderen Dank an Hauer.746 Die Reinschrift des Alphabetischen Katalogs, der sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek (Bildarchiv und Grafiksammlung) befindet, stammt aus dem Jahre 1823 und wurde erst zwei Jahre nach dem Tod Adam von Bartschs unter dessen Nachfolger und Sohn Friedrich Joseph Adam von Bartsch (1798–1873) fertig gestellt. Wie im „Répertoire“ von 1813 sind auch im Alphabetischen Katalog ausschließlich Blätter verzeichnet, die in der ursprünglichen Eugen’schen Sammlung enthalten waren. Es finden sich auch hier nur Angaben zu den dargestellten Personen, nicht zu den Einzelporträts oder deren Künstlern. Die Reihung der Porträtierten erfolgte alphabetisch nach deren Nachnamen, bei Angehörigen regierender Häuser nach dem Vornamen. Zusätzlich wurden kurze biografische Angaben zu Beruf, Titel oder Ämtern vermerkt, in den meisten Fällen auch ein Wirkungsdatum oder -ort. Am Ende jeder Beschreibung ist die Nummer des Portefeuilles in römischer Zählung und der Einzelblätter in arabischer Zählung hinzugefügt. Unter dem Eintrag „Autriche“ finden sich etwa in alphabetischer Reihenfolge zunächst die „archiduchesses“ angeführt, danach folgen die „archiducs“ samt deren Lebensdaten, Angaben zu Vorfahren oder Verehelichungen. Zusätzlich wurden die Personen auch unter ihrem Vornamen eingetragen. Jedem Buchstaben des Alphabetischen Katalogs ist heute der korrespondierende Teil jenes Inventars beigebunden, welches die gesonderte Supple745 ÖNB Archiv, HB 1622-1816. 746 ÖNB Archiv, HB 1634-1817.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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ment-Porträtsammlung verzeichnete, erkennbar an der Verschiedenheit von Papier und Skriptorenhand. Dieser ursprünglich aus zwei Folio-Bänden bestehende Katalog wurde auf Anweisung Bartschs „weitzeilig“ geschrieben, war also auf Einschaltungen eingerichtet, und auf eine „dreyfache Vermehrung“ berechnet. Um einem „Überfüllen“ des Supplement-Kataloges vorzubeugen, ordnete Bartsch an, jedes Porträt, welches an der dazugehörigen Stelle nicht mehr eingeschrieben werden konnte, auf lose Oktav-Zettel zu notieren, diese alphabetisch zu ordnen und so lange zu sammeln, bis ihre Anzahl beträchtlich genug sei, einen dritten Band anzulegen.747 Tatsächlich wurde der Katalog zu den Supplement-Portefeuilles noch bis in das späte 19. Jahrhundert fortgeführt. So ist etwa der Tod des Kronprinzen Rudolf 1889 darin noch vermerkt. Da die Porträts, die sukzessive in die Supplement-Sammlung einflossen, nur in der Reihenfolge, in der sie akquiriert wurden und ohne Rücksicht auf die systematische Anordnung eingelegt werden konnten, begann man mit der Anlegung eines nach Klassen geordneten Repertoriums, in welchem die gesamte Porträtsammlung nach Staaten und Klassen, analog zur systematischen Ordnung der Eugen’schen Sammlung, verzeichnet war. Die „Disposition de la Collection des Portraits“748 ist heute dem „Répertoire“ von 1813 beigebunden. Sämtliche Portefeuilles werden darin in fortlaufender römischer Zählung angeführt, daneben in arabischer Zählung die Bandnummern der Eugen’schen Portefeuilles. Die Supplement-Kassetten sind mit „Suppl.“ bzw. „Addit.“ gekennzeichnet. Erstreckten sich einzelne dynastische Linien über mehrere Kassetten, wurde eine Anmerkung hinzugefügt, mit welcher Person die jeweilige Kassette endet.749 Dynastien, die in der Sammlung des Prinzen Eugen mit dem zu Lebzeiten des Prinzen regierenden Monarchen endeten, wurden weitergeführt, das Erlöschen einzelner Linien vermerkt.750 Neu entstandene Königreiche wurden direkt ihren Vorgängerstaaten angeschlossen.751 Adam von Bartsch übernahm die historische Systematik der Eugen’schen Sammlung sowohl für die unter seiner Amtszeit hinzugekommenen Blätter als auch für jene, die sich von alters her in der Bibliothek befunden hatten. Bis zu seinem Tod 1821 wurden rund 2000 Porträtstiche in 17 neue Kas747 ÖNB, Cod. 15344. 748 Die Reinschrift stammt aus dem Jahr 1827. 749 Z.B.: „Descendans de l’Emp. Rodolphe Ier jusqu’à Philippe Ier le Bel, roi de Castille et de Léon“. 750 Z.B.: „Branche de Bourbon-Conti, sortie de celle de Condé. Eteint en 1814“. 751 An die Vereinigten Niederlande etwa schloss die Batavische Republik (ab 1795) an, dann das Königreich Holland (ab 1806), an die Katholischen Niederlande das Königreich Belgien (ab 1830).
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III. Ordnungsstrategien
setten eingeordnet. 14 Jahre später war die Supplement-Sammlung auf 30 Portefeuilles angewachsen752, weitere 16 Jahre später auf 75 Portefeuilles.753 Erst wenn die von ihm begründete Supplement-Porträtsammlung der Hofbibliothek im Verlauf vieler Jahre zu einer so bedeutenden Größe wie die 217 Kartons zählende Porträtsammlung des Prinzen Eugen angewachsen sei, dann sollte auch diese, gemäß seinem Konzept von 1820, nach „Welttheilen, einzelnen Staaten und Provinzen“ geordnet und der „für immer geschlossenen und unauflösbaren Porträt-Sammlung“ des Prinzen Eugen als „eben so viele einzelne Supplemente“ hinzugefügt werden, jedoch „mit genauer Beobachtung des bey Errichtung der Eugenischen Porträtsammlung zu Grunde gelegten Systems.“754 7.6 Die Porträtstichsammlung des Kurfürsten Carl Theodor Die heutige Staatliche Graphische Sammlung München verdankt ihren Ursprung nicht der Kunstkammer des Herzogs Albrecht V. von Bayern, denn diese wurde 1632 bei der Besetzung Münchens durch das schwedische Heer und dessen Verbündete geplündert. Ihr Grundstock geht vielmehr auf das ehemalige Kupferstich- und Zeichnungskabinett des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz (1724–1799) zurück, welches sich noch bis 1794 im Mannheimer Schloss befand. Der kunstsinnige Fürst, der unter anderem die von Peter Anton von Verschaffelt 1758 begründete Mannheimer Zeichnungsakademie zu einem staatlichen Institut erhob, beauftragte im Jahr deren Gründung seinen ersten Hofmaler und Direktor der Düsseldorfer Gemäldegalerie, Lambert Krahe, mit der Einrichtung einer Sammlung von Druckgrafiken und Handzeichnungen in einem eigenen Zimmer neben der Gemäldegalerie des kurfürstlichen Schlosses. Wie zahlreiche fürstliche Sammlungen wurde auch das Mannheimer Kupferstich- und Zeichnungskabinett innerhalb nur weniger Jahre zusammengetragen. Bereits elf Jahre später berichteten die „Étrennes palatines pour L’année 1769“, eine Art Jahrbuch, die kurfürstliche Sammlung zähle zu den umfangreichsten in Europa und umfasse bereits mehr als 400 Folio-Bände.755 Die Kupferstichsammlung war nach zehn nationalen Schulen eingeteilt und innerhalb dieser thematisch gegliedert, wobei die Französi752 753 754 755
Mosel (1835), S. 339. Vgl. Wieser (1986), S. 273. ÖNB, Cod. 15344. „Elle est une des plus nombreuses de l’Europe, composée de plus de 400 volumes grands in folio“. Étrennes palatines pour L’année 1769, Mannheim, 1769, S. 56.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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Abb. 69: Inventar der Porträtsammlung des Kurfürsten Carl Theodor, 1780
Abb. 68: Carl Theodor, Kurfürst von der Pfalz (1724–1799)
sche und die Deutsche Schule besonders umfangreich vertreten war.756 Sie dürfte weniger repräsentativen oder ästhetischen Zwecken, sondern vielmehr als „Vorbildersammlung“757 bzw. zur Vermittlung kennerschaftlichen Wissens über die künstlerische Entwicklung der Grafik gedient haben. Auch Krahes eigene, äußerst erlesene und umfangreiche Kunstsammlung diente nach ihrem Verkauf als Studienmaterial für Studenten der von Carl Theodor gegründeten Düsseldorfer Kunstakademie. Die Erwerbungen erfolgten zu einem großen Teil durch den Kurfüsten selbst. 1782 bewilligte er eine Dotation von jährlich 1000 Gulden für die Anschaffung neuer Kupferstiche und Handzeichnungen.758 Rund zehn Jahre später umfasste die Sammlung bereits an die 60.000 Kupferstiche und 7000 Originalzeichnungen, welche 1794 angesichts der Bedrohung durch herannahende französische Truppen vom 756 Bereits die „Étrennes palatines“ berichten 1769: „Les gravures y sont partagées selon les differentes écoles, telles que l’Italiene, la Francoise, la Flamande, l’Angloise, la Hollandoise, L’Allemande &c.“ 757 Vgl. dazu Opel (2007), S. 121. 758 Pallmann (1908), S. 7.
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III. Ordnungsstrategien
Mannheimer Schloss nach München, der neuen Residenz des nunmehrigen bayerischen Kurfürsten, verbracht wurden. Über die Zusammensetzung des Grafikkabinetts vor dessen Übersiedlung gibt ein Inventar Auskunft, welches 1780 vom kurfürstlichen Hofkammerrat Johann Cloßmann zusammen mit dem Galerie-Inspektor Franz Bichler erstellt wurde. Im Juli des Jahres wurde im Auftrag des Kurfürsten dessen Kupferstich- und Zeichnungssammlung Schule für Schule durchgezählt. Das Inventar, welches sich heute im Geheimen Hausarchiv des Bayerisches Hauptstaatsarchivs befindet, verzeichnet unter anderem eine rund 6000 Blätter umfassende Porträtstichsammlung, die dort unter der Überschrift „Portraits in Kupfer“ verzeichnet ist.759 Die Bildnisse wurden offensichtlich überwiegend lose in Portefeuilles im Kleinfolio-Format aufbewahrt.760 Das Inventar führt lediglich eine kurze Inhaltsangabe der einzelnen Bände an, sowie die Anzahl der darin befindlichen Einzelblätter. Demnach umfasste die Sammlung zu diesem Zeitpunkt exakt 6041 Porträts in 37 Portefeuilles.
7.6.1 Die Ordnung der Sammlung Die Aufzählung der 37 Portefeuilles der Porträtsammlung im Inventar von 1780 folgt einer eigenen Nummerierung. Es ist davon auszugehen, dass diese Reihung auch die Aufstellung der Sammlung zu diesem Zeitpunkt widerspiegelt. Betrachtet man die Abfolge der einzelnen Portefeuilles, so offenbart sich eine nahezu durchgehend hierarchische Ordnungssystematik, die durch einzelne, Staaten oder Künstlern gewidmete Komplexe durchbrochen wird, etwa zwei Bände mit Porträts aus Anton van Dycks „Iconographia“ oder vier Bände mit „verschiedenen englischen Porträts“. Zuvorderst finden, gemäß der katholischen Gesinnung des Kurfürsten, die Päpste ihren Platz, danach folgen Kaiser, Kurfürsten und Regenten in territorialer Gliederung, dahinter staffelt sich das Bürgertum mehr oder weniger geschlossen nach Rang bzw. Funktion, von Amtsträgern über Künstler bis zu den Gelehrten.
759 München, BayHStA, GHA, Handschrift 67, S. 39–42. 760 Im Inventar werden sowohl „portdesfeuilles“ als auch „Kleinfolianten“ genannt, der letzte Band wird hingegen als „Einband“ bezeichnet.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
Portraits in Kupfer – Kleine Folianten 1
Päpste
2
Röm.-deutsche Kaiser, Könige Ungarn und Böhmen
3
Könige Frankreich
4
Kurfürsten
5
Regenten Spanien und Portugal
6
Königshaus Großbritannien
7
Regenten Dänemark, Polen, Schweden, Russland, Türkei
8
Fürsten
9
Bischöfe, Prälaten, Herren des Deutschen Ordens
10
Porträts Holland und Brabant
11
Porträts Münster und Osnabrück
12
Porträts van Dyck
13 14
Porträts Frankreich
15
Porträts England
16
Frauen
17 18 19
Porträts England
20 21
Porträts englische Geistliche
22
Räte und Professoren
23 24
Bürgermeister und Senatoren
25 26 27 28 29
Protestantische Prediger und Theologen Gelehrte und Künstler Philosophen Theologen und Geistliche Gelehrte
30
Verschiedene Porträts
31 32
Maler
33
Minister und Generäle
34
Professoren
35
Französische Helden
36
Gelehrte
37
(Einband) Spanische Könige, Holländische Fürsten
Tab. 6: Die Portefeuilles der Porträtstichsammlung Carl Theodors im Inventar von 1780
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238
III. Ordnungsstrategien
Die „erste Klasse“ der Bildnissammlung des von Jesuitenpatres zu strenger Frömmigkeit erzogenen Carl Theodor bildet selbstverständlich ein Portefeuille mit den Porträts verschiedener Päpste als geistliche Oberhäupter. Erst danach schließen Bildnisse der römisch-deutschen Kaiser und Könige „von dem Haus Österreich Ungarn und Böhmen“ an. Die folgenden sechs Portefeuilles mit den Porträts europäischer Könige und Regenten sind nach Ländern gegliedert. Auf das „Haus Österreich“ folgt der mit mehr als 450 Bildnissen umfangreichste Komplex der Könige von Frankreich, dann die Kurfürsten des Heiligen Römischen Reichs, die Regenten von Spanien und Portugal, das „königliche Haus von Großbritannien“ sowie die Regenten von Dänemark, Polen, Schweden, Russland und des Osmanischen Reichs. Den Abschluss bildet ein Portefeuille mit Bildnissen verschiedener Fürsten. An die Regentenbildnisse schließt die vom Kurfürsten stets mit großzügigen Förderungen bedachte katholische Geistlichkeit in Form von „Bischöffen, Praelaten und Deutsch Ordensherren“ an. Vertreter des Protestantismus, welchen er zeitlebens mit entschiedener Missachtung begegnete, finden sich, obwohl äußerst umfangreich an Zahl, erst im letzten Drittel der Systematik unter der Kategorie „Praedicanten und Doctoren“. Auffallend ist die überproportionale Anzahl von Porträts englischer Provenienz, die als eigene umfassende Abteilung Berücksichtigung findet. Rund ein Sechstel der Bände tragen Bezeichnungen wie „Britische Portraits“, „verschiedene Englische Portraits“ oder „Portraits Englischer Geistlicher“. Dies liegt in erster Linie in der Erwerbungspolitik des Kurfürsten begründet, der wie die meisten zeitgenössischen fürstlichen Sammler auf Agenten, Gesandte und Residenten im Ausland zurückgreifen konnte. So betätigte sich schon der mit der Einrichtung des Grafikkabinetts betraute Maler Lambert Krahe während seiner frühen Jahre in Italien auch als Kunstagent. Die von ihm vermittelten Ankäufe aus Italien bildeten wahrscheinlich den Grundstock der kurfürstlichen Sammlung.761 Der langjährige kurpfälzische Resident und spätere Gesandte in Den Haag, Jakob Oliver Freiherr von Cornet belieferte den Kurfürsten mit Kupferstichen aus holländischen Auktionen. Wolfgang Wegner führt in dem Zusammenhang eine aus dem Jahr 1759 stammende „Liste d’estampes gravées en Angleterre et Hollande; pour la Collection Electorale“ an, die sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv befindet.762 Darauf finden sich mehrere Hinweise auf englische Porträtstiche, die für den Kurfürsten erworben wurden, so etwa „Portraits des illustres anglois, gravés par Houbraken et autres“ vom Amsterdamer Verleger Pieter Gerard van Balen, „Portraits du tems de Henri VIII. gravés d’après Holbein“, 761 Wegner (1960), S. 13 ff. 762 Im Folgenden zitiert nach Wegner (1960), S. 25 f.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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oder „quatre ou cinq feuilles historiés en portraits de Charles I. et de sa famille, par v. Dyck“. Rund 230 Porträts nach Anton van Dyck erstrecken sich über zwei Portefeuilles der Porträtsammlung. Schließlich reiste auch der 1759 zum Hofkupferstecher ernannte Barthélemy de LaRocque im Dienste des Kurfürsten nach Holland und England, von wo aus er sich als Agent für die kurfürstliche Sammlung betätigte.763 Der in London ansässige Maler Antonio Cesare Poggi wiederum bereiste als Kunsthändler mehrmals Deutschland, wo er in Mannheim auch Kupferstiche an den Kurfürsten verkaufte.764 So beinhalten rund ein Viertel der Bände vermischte Bildnisse von Persönlichkeiten unterschiedlicher Nationen, die nicht in die Ständeordnung eingegliedert wurden, Engländer, Holländer und Brabanter, französische Porträts.765 Die restlichen Nummern des Inventars folgen einer klassischen Einteilung nach Ständen und Berufen, wie „Minister und Generals“, „Räthe und Professoren“, „Bürgermeister und Senatoren“, „Gelehrte und Künstler“, „Mahler“ oder „Frauenzimmer“. Erstaunlich umfangreich stechen darunter die Bildnisse von Philosophen hervor, die mit 1258 Einzelporträts repräsentiert sind. Direkt an die Porträtsammlung schließt im Inventar eine Aufstellung von Objekten an, die vom Kammerherrn Ludwig Savioli-Fontana-Corbelli für die Sammlung angekauft wurden. Hier erst findet man auch 43 „Bildnisse Famillen Portraits des Durchlauchten Churhauses Bayern“766, also Porträts von Angehörigen des Wittelsbacher Fürstenhauses. Sie wurden erst nach dem Tod des Kurfürsten im Zuge einer grundlegenden Neuorganisation der Grafikbestände in die allgemeine Porträtsammlung integriert. Dort standen die Porträts des Sammlungsgründers Carl Theodor und des Wittelsbacher Fürstenhauses schließlich an der Spitze der Porträtsammlung, noch vor den römisch-deutschen Kaisern.767
763 Ebenda, S. 26. 764 Pallmann (1908), S. 8. 765 Das Portefeuille Nr. 11 vereint Porträts zu den Friedensverträgen von Münster und Osnabrück. Vgl. dazu den Beitrag von Gerd Dethlefs zu den Porträtsammelwerken zum Westfälischen Frieden: Dethlefs (1995) 766 München, BayHStA, GHA, Handschrift 67, S. 44. 767 Vgl. Pallmann (1908), S. 66. Zum weiteren Ausbau der Münchner Porträtsammlung siehe Manegold (2009).
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III. Ordnungsstrategien
7.7 Die historische Porträtgalerie – Louis-Philippe I. Eine bemerkenswerte Analogie zur Sammel- und Ordnungstätigkeit Franz’ I. lässt sich etwa zur gleichen Zeit in der Person seines Schwagers und letzten Königs der Franzosen, Louis-Philippe I. (1773–1850) beobachten.768 Der aus der bourbonischen Nebenlinie Orléans stammende Louis-Philippe, aufgrund seiner vergleichsweise liberalen Haltung auch „Bürgerkönig“ genannt, war von früher Jugend auf Sammler und Liebhaber von Büchern und Kupferstichen. Mit einem stattlichen Teil seines beträchtlichen Vermögens förderte er junge Literaten und Künstler ebenso wie die Buchdruckerkunst im Allgemeinen, indem er Werke bei verschiedenen privaten Druckereien in Auftrag gab.769 Seine erlesene Privatbibliothek, untergebracht in einem Flügel des Palais Royal, beherbergte neben seltenen Drucken und kostbaren Handschriften auch eine Sammlung von Porträtstichen, die in ihrem Umfang durchaus mit jener des Habsburger-Kaisers vergleichbar war. Jean Vatout, französischer Geschichtsschreiber und erster Bibliothekar des Königs, berichtet in seinen „Souvenirs historique des résidences royales de France“, dass der König neben seiner Bibliothek in einem „Grand salon des Gravures“ eine prachtvolle Sammlung gestochener Porträts aufgestellt hatte, die sich auf 25.000 Stück belief.770 Das rasche Anwachsen seiner Porträtsammlung verdankte Louis-Philippe vor allem dem Ankauf großer privater Sammlungen im In- und Ausland. Als im Juli 1832 der erste Pastor der reformierten Kirche von Paris, Paul-Henri Marron, ein aufgeklärter Kunstliebhaber und Sammler von Handschriften und künstlerischen Raritäten, an der Cholera starb, erwarb der König dessen Porträtsammlung. Die bedeutende Sammlung Marrons, bestehend aus rund 30.000 grafischen Porträts, wurde allerdings in den folgenden Jahren wieder stückweise veräußert, bevor sie 1848, während der Invasion des Königlichen Palastes, zu einem großen Teil vernichtet wurde.771 Dies dürfte auch die Differenz zur Schätzung Vatouts (25.000 Stück) erklären. Das Sammeln, Ordnen und Katalogisieren der druckgrafischen Bildnisse zählte wie bei Kaiser Franz I. zu den bevorzugten privaten Beschäftigungen Louis-Philippes. Zeitgenossen berichten, dass sich der König so gut wie jeden Tag während der wenigen Freizeit, die ihm die öffentlichen Geschäfte übrig ließen, seiner Sammlung widmete.772 768 Louis Philippe heiratete 1809 Maria Amalia von Neapel-Sizilien (1782–1866), eine jüngere Schwester der Kaiserin Maria Theresia, zweite Gemahlin Franz’ I. 769 Dupont, Bd. 1 (1854), S. 344. 770 Vatout (1838), S.337. 771 Haag/Haag, Bd. 7 (1857), S. 285. 772 Dupont (1854), S. 346.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
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Am 1. Mai 1829 erschien in Paris ein „Catalogue général des portraits formant la collection de S. A. R. Mgr. le Duc d’Orleans“, der rund 9000 grafische Porträts aus der Sammlung Louis-Philippes verzeichnet. Zur Geschichte der Sammlung gibt der Katalog keinerlei Auskunft. Der Geschichtsschreiber Georg Bernhard Depping berichtete jedoch 1838, dass der König „den Katalog, wie mir versichert worden, allein angefertigt hat“.773 In zwei Bänden sind darin die Porträts der königlichen Sammlung mit kurzen biografischen Abrissen aufgelistet. Die Zusammenstellung folgt einer chronologischen Ordnung nach den Sterbedaten der Dargestellten. Sie beginnt mit Karl dem Großen und reicht bis in die GegenAbb. 70: Louis-Philippe I., König der Franzosen (1773-1850) wart Louis-Philippes, mit den Porträts berühmter Zeitgenossen wie Victor Hugo oder Charles Dupin. In vier Spalten gibt der Katalog Auskunft über das Todesdatum des Porträtierten („Date de la Mort“), das Format des Blattes („Format“), die Nummer des Bandes oder Portefeuilles, in dem sich das Blatt befindet („Numéro“), sowie die Seitenzahl („Page“) innerhalb des Bandes oder Portefeuilles. Keine Angaben finden sich zu Stecher, Maler oder Drucktechnik. Es dürfte daher der Katalog, trotz Drucklegung und Veröffentlichung, vor allem dem König selbst zur schnellen Auffindung eines Blattes innerhalb der beträchtlichen Sammlung gedient haben. Zudem konnte er so die eigene Kollektion einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen. Ein Jahr später erschienen zwei weitere Bände, die die Porträts wiederum in alphabetischer Reihenfolge auflisten, von Charles Abbot bis François Zypeus. Eine zusätzliche Spalte („Ordre chronologique“) verweist auf den jeweiligen Band und die Seite des chronologischen Kataloges. Abgesehen von diesen „Zentralregistern“ gibt es keinerlei Hinweise zur systematischen Ordnung der Port773 Beilage zu den Blättern für literarische Unterhaltung, Jg. 1838, Nr. 5, Leipzig, 23. September 1838, S. 1083.
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III. Ordnungsstrategien
rätstichsammlung zu jenem Zeitpunkt. Allerdings folgen die Nummern der Bände im chronologischen Teil des „Catalogue général“, die in römischen Ziffern angegeben sind und bis zum Band XLI reichen, exakt der Reihung nach Sterbedaten der aufgelisteten Personen. Es ist daher davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt auch die physische Aufstellung der Porträtsammlung Louis Philippes einer chronologischen Ordnung folgte. Bereits einige Jahre vor seiner Herrschaftsübernahme zu Beginn der Julimonarchie arbeitete Louis-Philippe daran, die Porträtsammlung in eine neue, historisch ausgerichtete Ordnung zu überführen. Es wurde mit der Anlage von Klebebänden mit jeweils ca. 200 bis 400 Porträts berühmter Persönlichkeiten begonnen, die sich zeitlich um eine bestimmte Herrscherpersönlichkeit gruppieren, deren Name gleichzeitig programmatisch und titelgebend für den gesamten Band stehen sollte. Beginnend mit vier chronologischen Bänden zu den frühen Königen von Frankreich, vom legendären König Pharamund bis zu Karl VI., entstand so eine Serie von 115 Klebealben, die sich inhaltlich den Regierungen römisch-deutscher Kaiser, europäischer Könige, Fürsten oder Päpste widmen und die Porträts der berühmtesten Personen dieser Epochen enthalten. Die vom Minister Marthe Camille Bachasson de Montalivet als „schönste Sammlung grafischer Porträts der Welt“774 beschriebene Sammlung ist in repräsentativen Halblederbänden gebunden, die am Rücken die bekrönten Initialen des Königs tragen.775 Der historische Anspruch der Programmatik wird bereits in der goldgeprägten Titelbezeichnung „Portraits Historiques“ deutlich. Darunter folgt die Nummer des Bandes sowie die Bezeichnung des titelgebenden Monarchen und dessen Regierungsdaten, etwa „Henri III Roi de France 1574–1589“. Am unteren Ende des Rückens findet sich der Name des königlichen Buchbinders René Simier. Die Montage der Porträtstiche innerhalb der Klebebände erfolgte ganz unterschiedlich und je nach Größe der Blätter, mal untereinander, mal dicht nebeneinander und seitenfüllend. Bis heute haben sich 75 Bände mit insgesamt 16.350 Einzelporträts im Cabinet des arts graphiques des Schlosses von Versailles erhalten.776 Sie bilden eines der seltenen Beispiele einer fürstlichen Porträtstichsammlung, die noch annähernd in ihrem Originalzustand erhalten ist. Die Wiederentdeckung der handschriftlichen Konzepte zu den Bänden in den Pariser Ar774 Montalivet (1850), S. 106. 775 Fünf Alben sind in rotem Leder gebunden und tragen das herzogliche Wappen von Orléans. 776 Versailles, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Cabinet des Arts graphiques, INV.GRAV. LP 1– LP 115. Zehn Bände tragen zwar einen Titel, enthalten aber keine Grafikblätter.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
243
chives Nationales durch Hélène Delalex ermöglicht nun auch die Rekonstruktion der verschollenen Bände hinsichtlich der systematischen Anordnung der Porträts.777 Erwartungsgemäß dominieren unter sämtlichen heute noch erhaltenen, verschollenen oder bereits konzipierten, aber nicht mehr fertiggestellten Klebebänden der Porträtsammlung zahlenmäßig jene, die Bezug auf französische Regimes nehmen. 37 Bände sind französischen Königen, Prinzen und Herzogen gewidmet, drei Bände der „Assemblée constituante“ (1789-91), ein Band der „Assemblée législative“ (1791– 92) und einer der „Convention nationale“ (1792–95). An zweiter Stelle folgen die Königinnen und Könige Abb. 71: Seite mit geistlichen Porträts aus dem Klebeband zu König Heinrich III. von England von Elisabeth I. bis (1551–1589) Victoria mit insgesamt elf Bänden, dann die römisch-deutschen Kaiser von Ferdinand II. bis Franz II. sowie die spanischen Könige von Philipp III. bis Ferdinand VII. mit jeweils acht Bänden. Sieben Bände sind Päpsten gewidmet, sechs den Königen von Dänemark, je fünf den russischen Kaisern und schwedischen Königen, vier Preußen, drei Polen, zwei Sizilien und je ein Band behandelte die aktuellen Könige von Portugal, Bayern und Sachsen, den Sultan des Osmanischen Reiches Mahmud II. sowie den ersten amerikanischen Präsidenten George Washington. Zeitliche Überschneidungen waren bei dieser Einteilung nicht zu vermeiden. Man versuchte deshalb, bei der Auswahl der Zeitgenossen möglichst auf Personen aus dem verwandtschaftlichen, politischen, militärischen oder kulturellen Umfeld des jeweiligen Monarchen zurückzugreifen, oder auf solche, die auf dessen Territorium 777 Ich bedanke mich bei Hélène Delalex vom Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon für ihre Hinweise zu den Manuskripten der Porträtsammlung Louis-Philippes. Sie legte einen grundlegenden Beitrag zur Geschichte der Sammlung vor, ohne detailliert auf die Binnengliederung der Alben einzugehen. Vgl. Delalex (2009). Die Alben wurden 2007 zur Gänze digitalisiert und sind über die Bilddatenbank des Centre de recherche du château de Versailles zugänglich: http://www.banqueimages.crcv.fr. (Zugriff: 23.11.2017)
244
III. Ordnungsstrategien
wirkten. Schießlich konnte Louis-Philippe aus einem immens reichen Fundus an grafischen Porträts schöpfen.
7.7.1 Die Ordnung der Sammlung Die handschriftlichen Aufzeichnungen zur Porträtsammlung Louis-Philippes, die heute in den Archives Nationales aufbewahrt werden, dokumentieren unterschiedliche Stadien der Vorarbeiten zu den thematischen Alben. Sie reichen von chronologischen Tabellen verschiedener Dynastien bis hin zu fertig ausgearbeiteten Konzepten einzelner Bände.778 So findet sich darunter auch eine vom königlichen Bibliothekar Jean Vatout erstellte Auflistung sämtlicher Könige von Frankreich, nach Dynastien gegliedert.779 Sie zeigt deutliche Parallelen zu den handschriftlichen Tabellen Kaiser Franz’ I., dessen chronologische Aufstellung der Könige von Frankreich ebenfalls nach Dynastien gegliedert ist. Die Tabelle beginnt bei den „Mérovingiens“ mit dem legendären König Pharamund bis Childerich III. Rechts daneben vermerkt Vatout die Anzahl der Könige („20 Rois“) sowie die Gesamtdauer ihrer Herrschaft („232 ans de durée“). Darunter folgt die Jahreszahl des Endes der Herrschaft Childerichs III. (751) sowie die Aufstellung des darauffolgenden Herrschergeschlechts der „Carolingiens“, beginnend mit Pippin dem Jüngeren, samt Anzahl der Könige und Gesamtdauer der Herrschaft. Darauf folgt die Jahreszahl 987 und die Herrscherliste der „Capétiens“, beginnend mit Hugo Capet usw. Es dürfte sich bei den genannten Tabellen zweifellos um Vorarbeiten zu den ersten vier Bänden der Porträtsammlung handeln, welche von König Pharamund bis Pippin dem Jüngeren, von Karl dem Großen bis zum Kapetingerkönig Ludwig VI., von Ludwig VII. bis Philipp IV. und von Ludwig X. bis Karl V. reichen (siehe Anhang II).780 Betrachtet man nun die Anordnung innerhalb des ersten Bandes der Porträtsammlung, so beginnt dieser auf der ersten Seite mit vier Porträts König Pharamunds sowie einem Bildnis seiner legendenhaften Ehefrau Argotta. Auf der nächsten Seite folgt jedoch nicht der nächste Frankenkönig, sondern der Gotenkönig Theoderich der Große, der oströmische Kaiser Theodosius II. und dessen Gemahlin Eudokia sowie der weströmische Kaiser Flavius Honorius samt dessen Ehefrauen Maria und Thermantia. Auf Seite drei finden sich neben einem Porträt des schot778 Paris, Archives nationales, 300 AP I, 1111C, 1–49 bzw. 300 AP I, 1112B, 50–107. 779 Paris, Archives nationales, 300 AP III, 76–449. 780 Versailles, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Cabinet des Arts graphiques, INV.GRAV.LP1 bzw. INV.GRAV.LP4.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
245
tischen Königs Fergus Bildnisse der Kirchenväter Hieronymus und Augustinus. Deutlich erkennbar zeichnet sich hier bereits jenes Konzept ab, welches Louis-Philippe als grundlegende Systematik für die gesamte Sammlung vorschwebte. Sie sollte in erster Linie einen geschichtlichen Überblick über bedeutende Persönlichkeiten unterschiedlicher Epochen bieten, die alle innerhalb eines anhand einer bestimmten Herrschaft definierten Zeitalters das politische, geistige und kulturelle Leben mitbestimmten. Zu Beginn stehen der titelgebende Herrscher und dessen Familie, bisweilen auch ein Papst. Hiernach folgen in stets wiederkehrender Abfolge Monarchen und Adel, Großämter und Militärs, Staatsmänner und hohe Beamte, Geistliche, Gelehrte und Künstler. Als repräsentatives Beispiel für die hierarchische Binnengliederung der 115 Klebebände sei in der Folge auf Band Nr. 30 näher eingegangen, welcher König Ludwig XIV. gewidmet ist und 246 Porträtstiche enthält (Tab. 7).781 Dessen erste 27 Seiten enthalten ausschließlich Porträts des Monarchen, grob nach Lebensalter geordnet, sowie zwei historische Darstellungen nach Charles Le Brun – die Hochzeit mit Maria Theresia von Österreich sowie das Zusammentreffen mit deren Vater Philipp IV. von Spanien. Danach folgen auf vier Seiten Bildnisse seiner Gemahlin und der gemeinsamen Tochter Marie-Thérèse. Der Grand Dauphin, Sohn Ludwigs XIV., fehlt in diesem Album gänzlich – ihm ist ein eigener Band (Nr. 44) gewidmet. Auf Marie-Thérèse folgen nun Porträts zeitgenössischer Monarchen samt deren Familien – der schwedische König Karl X. Gustav mit seiner Gemahlin Hedwig Eleonora, sein Bruder Adolf Johann I. und sein Sohn, König Karl XI., sowie König Peter II. von Portugal und dessen Gemahlin Maria Francisca. Den zeitgleichen Königen von England, Spanien, Dänemark und Polen sowie dem römisch-deutschen Kaiser Leopold I. sind jeweils eigene Bände gewidmet. Es folgen schließlich die Großherzoge und Herzoge von Toskana und Lothringen mit ihren Gemahlinnen, danach setzt eine sich über zehn Seiten erstreckende Serie von „Marschällen von Frankreich“ ein, gefolgt von Ministern und hohen Staatsbeamten unter Ludwig XIV. Die Geistlichkeit ist mit Erzbischöfen und Bischöfen, Prälaten und Predigern vertreten, daran schließen berühmte Dramatiker und Schriftsteller der Epoche an. Die Abteilung der Frauen setzt sich, abgesehen von einer Äbtissin, ausschließlich aus Mätressen Ludwigs XIV. zusammen. Das Ende des Bandes bilden Baumeister und Gartenarchitekten, Maler und Kupferstecher.
781 Versailles, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Cabinet des Arts graphiques, INV.GRAV.LP30.
246
III. Ordnungsstrategien
fol.
30 LOUIS XIV. ROI DE FRANCE 1643–1715
1
Ludwig XIV., König von Frankreich (1638–1715)
28
Maria Theresia von Österreich (1638–1683)
31
Marie-Thérèse von Frankreich (1667–1672)
32
Karl X. Gustav, König von Schweden (1622–1660)
35
Hedwig Eleonora, Königin von Schweden (1636–1715)
37
Adolf Johann I. (1629–1689)
39
Karl XI, König von Schweden (1655–1697)
41
Peter II, König von Portugal (1648–1706)
43
Maria Francisca, Königin von Portugal (1646–1683)
KÖNIGE
Cosimo III. de’ Medici, Großherzog der Toskana (1642–1723) 46
Marguerite Louise, Großherzogin der Toskana (1645–1721) Karl IV., Herzog von Lothringen (1604–1675)
47
Nicole, Herzogin von Lothringen (1608–1657) Beatrix de Cusance (1614–1663)
48
Henriette, Prinzessin von Lothringen (1605–1660)
50
Karl V., Herzog von Lothringen (1643–1690)
53
Heinrich von Lothringen, Marquise von Moy (1596–1672)
HERZOGE
César, Herzog von Choiseul (1598–1675) 54
François-Henri de Montmorency, Herzog von Luxemburg-Piney (1628–1695)
56
Louis-Joseph de Bourbon, Herzog von Vendôme (1654–1712) Marie Anne de Bourbon (1678–1718)
57
Sébastien Le Prestre, Marquise von Vauban (1633–1707)
59
Anne-Jules de Noailles, Herzog von Noailles (1650–1708) Nicolas de Catinat (1637–1712)
61
François de Neufville, Herzog von Villeroy (1644–1730)
63
Anne-Hilarion de Costentin, Graf von Tourville (1642–1701)
MARSCHÄLLE
ADMIRÄLE
Abraham Duquesne (1604/10–1688) Henri Le Bouthillier de Rancé (1626–1700) 64
Nicolas Fouquet (1615–1680)
67
François Fouquet (1611–1673)
68
Louis Fouquet (1633–1702)
69
Jean-Baptiste Colbert (1619–1683)
72
Nicolas Colbert (1627–1676) Jean-Baptiste Colbert, Marquis von Seignelay (1651–1690)
73
François Michel Le Tellier, Marquis von Louvois (1641–1691)
75
Michel Chamillart, Marquis von Cany (1652–1721) Guillaume de Lamoignon, Marquis von Basville (1617–1677)
78
Madeleine Potier (1623–1705)
79
Edouard Nollé und Jean Nollé (+ 1656, + 1682)
80
Denis Talon (1626–1698)
82
Nicolas Brulart (1627–1692)
MINISTER STAATSBEAMTE
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
83
Hardouin de Perefixe de Beaumont (1606–1671)
86
Jacques-Bénigne Bossuet (1627–1704)
88
Esprit Fléchier (1632–1710) Louis Bourdaloue (1632–1704)
247
GEISTLICHKEIT
89
Toussaint de Forbin-Janson (1631–1713)
91
Hippolyte de Béthune (1643–1720)
92
Pierre Corneille (1606–1684)
94
Thomas Corneille (1625–1709)
95
Molière (1622–1673)
98
Jean de La Fontaine (1621–1695)
99
Jean Racine (1639–1699)
101
Nicolas Boileau (1636–1711)
103
Jean de La Bruyère (1645–1696)
104
Louise de la Vallière (1644–1710)
106
Françoise-Athenaïs de Rochechouart, Marquise von Montespan (1640–1707)
107
Marie Angélique de Scoraille de Roussille, Herzogin von FonFRAUEN tanges (1661–1681)
108
Françoise d’Aubigné, Marquise von Maintenon (1635–1719)
110
Marie de la Baume (1624–1712)
111
Guy Crescent Fagon (1638–1718)
112
Jules Hardouin-Mansart (1646–1708)
115
Claude Perrault (1613–1688)
116
André Le Nôtre (1613–1700)
118
Charles Le Brun (1619–1690)
119
Gregor Brandmüller (1661–1691)
120
Adam Frans Van der Meulen (1632–1690)
122
Pierre Puget (1620–1694)
SCHRIFTSTELLER
GELEHRTE
ARCHITEKTEN KÜNSTLER
Gérard Edelinck (1649–1707) Tab. 7: Das Ordnungsschema der Porträtsammlung Louis Philippes am Beispiel des Bandes Nr. 30, „LOUIS XIV. ROI DE FRANCE 1643–1715“. In der linken Spalte die Seitenangabe des Albums.
Die gleiche hierarchische Abfolge von Klassen zieht sich in identer oder vergleichbarer Weise durch alle untersuchten Alben der Porträtsammlung.782 Der methodischen Umsetzung der Ordnungssystematik gingen detailliert ausgearbeitete Konzepte voraus, in denen die Gliederung der Alben Seite für Seite festgelegt wurde. Dabei enthalten die überlieferten Manuskripte bereits konkrete Klassenbezeichnungen wie „Künstler“, „Kupferstecher“ oder „Maler“. 782 Untersucht wurden die Bände Nr. 13, 14, 16, 26, 30, 41, 47 und 71.
248
III. Ordnungsstrategien
Abb. 72: Schloss Versailles, um 1800
Die Neuordnung der Sammlung erstreckte sich über einen Zeitraum von rund 25 Jahren bis zur Februarrevolution von 1848, die das Ende der Herrschaft Louis-Philippes einleitete. Mehrere Bibliotheksmitarbeiter waren mit der Anlage der Alben beschäftigt. Wie Hélène Delalex in ihrem Beitrag zur Sammlung darlegt, finden sich im Tagebuch des ersten Bibliothekars Jean Vatout mehrere Hinweise auf die persönliche Mitwirkung des Königs an der systematischen Ordnung der Sammlung.783 Auch vereinzelte eigenhändige Kommentare in den Konzepten zu den Klebebänden untermauern die kritische Auseinandersetzung des Monarchen mit der Anordnung der Porträts innerhalb der Alben. So notierte er etwa 1839 in den Entwürfen zum Band Nr. 28, der dem spanischen König Philipp IV. gewidmet ist, die ursprünglich geplante Anordnung der Porträts müsse nochmals modifiziert und alle Spanier hintereinander montiert werden, damit sie nicht von Niederländern oder anderen Nationalitäten durchbrochen werden, die erst anschließend folgen sollten.784
783 Delalex (2009), S. 87. 784 „Modifier l’arrangement de ce volume, mettre tous les Espagnols ensemble et non les séparer par des étrangers et par les Hollandais qui doivent venir après. Observations du Roi, 25 décembre 1839“. Zitiert nach Delalex (2009), S. 87.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
249
7.7.2 Die Systematik als Modell für die Porträtgalerie im Musée historique de Versailles Zeitgleich mit der Anlage der Klebebände wurde ein weit umfangreicheres Projekt in Angriff genommen, welches den König über mehrere Jahre beschäftigen sollte. Ab dem Jahr 1833 wurde das ehemalige Königsschloss in Versailles, Hauptresidenz der absolutistischen Könige von Ludwig XIV. bis zur Französischen Revolution, im Auftrag Louis-Philippes zu einem monumentalen „Musée historique“ umgestaltet, das der Bevölkerung den Ruhm Frankreichs anhand von Darstellungen bedeutender Ereignisse und Persönlichkeiten der französischen Geschichte jeglicher politischen Ausrichtung näherbringen sollte. Die nationalästhetisch konzipierte Galerie auf geschichtsträchtigem Areal verstand sich als Bestandteil der kollektiven Erinnerung und als Apell an ein gemeinsames Nationalempfinden aller Franzosen.785 Nachdem das alte Königsschloss, Symbol einer überkommenen Herrschaftsform, vom Abriss bedroht war, setzte man es 1832 auf die „liste civile“ des Königs, um den Staatshaushalt zu entlasten. Dieser ließ es von 1834 bis 1837 auf eigene Kosten umbauen, um es am 10. Juni 1837, anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten des Thronfolgers Ferdinand Philippe mit Prinzessin Helene zu Mecklenburg-Schwerin, in neuer Funktion der Bevölkerung zu übergeben. Wie sein Architekt Frédéric Nepveu protokollierte, besuchte der König während des Umbaus annähernd vierhundertmal das Schloss, um Anweisungen zu geben.786 Die ehemals vom Sonnenkönig und dessen Gemahlin bewohnten „Grands Appartements“, der dem Krieg gewidmete „Salon de la Guerre“, die „Galerie des Glaces“ und der „Salon de la Paix“ wurden nicht verändert. Sie wurden zur Illustration der Geschichte in den Rundgang einbezogen. Im ersten Obergeschoß wurde die heute noch bestehende „Galerie des Batailles“ mit 33 großformatigen Schlachtengemälden herausragender Siege der französischen Geschichte von Zülpich (496) bis Wagram (1809) errichtet, fünf „Salles des Croisades“ mit Darstellungen von Kreuzzügen ins Heilige Land, ein „Salle de 1792“ mit Generälen und Marschällen der Revolution, ein dem Revolutionsjahr 1830 gewidmeter „Salle de 1830“ sowie mehrere dem Empire gewidmete Räume. Im Erdgeschoß des Corps de Logis wurden die ehemaligen Appartements des Dauphins, der Dauphine und der Mesdames komplett aufgelöst, um sie zu 785 Zu den Hintergründen vgl. Cvetkovski (2010), S. 260–265, bzw. Gaehtgens (2010), S. 185. Zur Geschichte des Museums: Laborde (1841), Francastel (1930), Constans (2000). 786 Chantilly, Bibliothèque du château, Ms 1349–1352, Procès-verbaux des visites de Louis-Philippe à Versailles.
250
III. Ordnungsstrategien
großräumigen Porträtgalerien umzugestalten. Dabei entfernte man zunächst die historischen Wandtäfelungen, um glatte Wände zu schaffen. Dort wurden nun tausende Porträtgemälde in mehreren Reihen übereinander gehängt. Im Badesaal der Marie-Antoinette entstand ein „Salle des Rois de France“ mit den Porträts der Könige von Frankreich von Chlodwig I. bis Louis-Philippe, vierzehn „Salles des Maréchaux“ stellten die Marschälle von Frankreich seit dem 12. Jahrhundert in chronologischer Folge vor, weitere Säle waren den „Amiraux“, „Connétables“ und „Guerriers célèbres“ gewidmet. Bereits einige Jahre zuvor hatte eine eigens installierte staatliche „Inspection des monuments historiques“ unter der Leitung des Autors Prosper Mérimée den Auftrag erhalten, in Depots und Residenzen des ganzen Landes nach Gemälden, Statuen und Büsten von historischem Wert zu forschen. So stammten zahlreiche Porträtgemälde, die im „Musée historique“ präsentiert wurden, aus der Pariser Sorbonne oder der Académie française. Porträts von Admirälen wurden aus dem Marineministerium, eine Serie von Marschällen aus dem Hôtel de Toulouse in Paris entlehnt.787 Freilich konnte man bei Weitem nicht genug Material heranschaffen, um die geplanten Bildnisgalerien lückenlos darzustellen. Ein beträchtlicher Teil der Gemälde entstand deshalb als Auftragsarbeiten zeitgenössischer französischer Maler für das Museum. Sie hingen inmitten berühmter Werke von Charles Le Brun, Hyacinthe Rigaud, Eugène Delacroix oder François Gérard. Nach der Herrschaft Kaiser Napoleons III. und der Proklamierung des deutschen Kaiserreiches am 18. Jänner 1871 in der „Galerie des Glaces“ sollte das Schloss Ende des 19. Jahrhunderts durch den damaligen Konservator Pierre de Nolhac wieder weitgehend als Königsschloss hergestellt werden. In den folgenden Jahrzehnten wurden große Teile des ehemaligen „Musée historique“ komplett entfernt und lediglich Originalgemälde sowie die großen Historiensäle Louis-Philippes belassen. Einen ungefähren Eindruck von der ursprünglichen chronologischen Anordnung der Gemälde und Skulpturen bietet das monumentale mehrbändige Werk von Charles Gavard, „Galeries historiques de Versailles“, quasi ein illustrierter Generalkatalog des Museums, welcher bereits ab 1838, ein Jahr nach der Museumseröffnung, bis 1848 in insgesamt 13 Bänden, 6 Supplementbänden und einem umfangreichen Begleittext in weiteren vier Bänden erschien. Eine vollständige Prachtausgabe wurde auch für die kaiserliche Fideikommissbibliothek angeschafft.788 Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Studie ist jene Galerie, die sich über die Wände beider Flügel im zweiten Stock des Schlosses erstreckte. Neben den Sälen im Erdgeschoß, die überwiegend den Porträts der Großäm787 Nolhac (1896), S. 40. 788 Gavard (1838–48); ÖNB, BAG, 275.329-F.Fid.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
251
Abb. 73: Salle des Portraits historiques, um 1840
ter gewidmet waren, ließ der König hier eine Porträtgalerie von gewaltigem Ausmaß einrrichten, welche Bildnisse von rund 2000 Persönlichkeiten aller Zeiten und Länder umfasste, die einen Platz in der Geschichte Frankreichs beanspruchten. Im Aile du Nord waren in elf aufeinanderfolgenden Sälen rund 1000 Porträtgemälde von Personen des Mittelalters bis zum Ende des Ancien Régimes ausgestellt, entlang des Aile du Midi präsentierten acht Säle überwiegend Porträts von Personen des 19. Jahrhunderts. Auffallend ist, dass die „Salles des Portraits historiques“ in ihrer Anlage und systematischen Einrichtung unverkennbare strukturelle Parallelen zur privaten druckgrafischen Porträtsammlung Louis-Philippes und deren Gliederung in Klebealben aufweisen. Der Rundgang, den der Besucher im zweiten Stock des Museums zu durchlaufen hatte, folgte demselben chronologischen, nach Regierungsepochen gegliederten Programm wie die Alben der Porträtstichsammlung. So gruppierten sich sämtliche Porträts in den Sälen und Galerien des zweiten Stocks jeweils um eine bestimmte Herrscherpersönlichkeit oder Epoche der französischen Geschichte, die programmatisch für den gesamten Raum stand (Tab. 8). Nach dem Treppenaufgang betrat man zunächst einen Saal mit Bildnissen berühmter Franzosen bürgerlicher Herkunft, von der Regierung des Ritterkönigs Franz I. bis in die Gegenwart Louis-Philippes. Neben Staatsund Kirchenmännern hingen dort überwiegend Porträts von Gelehrten und Künstlern, die das geistige und kulturelle Leben Frankreichs ihrer Zeit mitbestimmten. Danach folgte der erste, nach Regenten eingerichtete Saal, beginnend mit einem Porträt Karls des Großen und reichend bis zum letzten König aus dem Haus Valois, Heinrich III. So folgte nun Saal für Saal eine sich über den gesamten Stockwerk erstreckende chronologische Aneinanderreihung französischer Herrschaften und Regierungen aus drei Jahrhunderten bis zur Julimonarchie Louis-Philippes, wobei dem Zeitalter des Sonnenkönigs Ludwig XIV. gleich drei Räume gewidmet waren.
252
III. Ordnungsstrategien
AILE DU NORD
AILE DU MIDI
151
(Treppenaufgang)
163
(Treppenaufgang)
152
Gelehrte, Literaten und Künstler von König Franz I. bis Louis-Philippe
164
Ludwig IX. bis Karl IX.
153
Karl der Große bis Heinrich III.
165
Heinrich III. bis Ludwig XIV.
154
Karl IX. bis Heinrich IV.
155
Ludwig XIII.
156
Anna von Österreich
157 158
166 167 168
Ludwig XIV.
159 160
Philippe II., duc d‘Orléans
161
Ludwig XV., Ludwig XVI.
162
Ludwig XVI.
169
Regentschaft während Unmündigkeit Ludwigs XV. Ludwig XV. bis Konsulatsregierung Napoleons I. Persönlichkeiten aus England seit Napoleon I. (Ansichten ehemaliger Königsresidenzen)
170
Napoleon I.
171
Napoleon I.bis Napoleon III.
172
Empire und Restauration
Tab. 8: Die Einrichtung der Porträtgalerie im 2. Stock des Musée national de Versailles nach Regierungen. In der linken Spalte die Saalnummern. Aus: Soulié, Notice du musee imperial de Versailles, Bd. 3, Paris, 1861
Es scheint nun die Frage naheliegend, ob auch die Systematik innerhalb der Klebealben eine Enstprechung in der Hängung der Gemälde in den „Salles des Portraits historiques“ fand, ob die Porträtstichsammlung also als eine Art Prototyp zur gemalten Bildnisgalerie im „Musée historique“ in Versailles angesehen werden kann. Um dies zu beantworten, bedarf es zunächst der Konsultierung eines historischen Inventars oder Katalogs, der die ursprüngliche Hängung der Porträts zum Zeitpunkt der Eröffnung abbildet. Die ausführliche Beschreibung „Versailles et son Musée historique“ des französischen Kritikers Jules Janin aus dem Eröffnungsjahr 1837 enthält keine vollständige Auflistung der Gemälde der Porträtgalerie. Ein komplettes Verzeichnis sämtlicher Gemälde hätte, wie Janin anmerkt, den Umfang des Bandes bei weitem gesprengt.789 So führt er lediglich jene Bildnisse an, die ihm als die Bemerkenswertesten erschienen. Das monumentale Werk Charles Gavards folgt zwar weitgehend der Anordnung der Säle, geht aber bei der Reihenfolge der Porträtdarstellungen konsequent chronologisch vor.790 Erst Eudoxe Soulié liefert mit seinem dreibändigen Werk „Notice du Musée Impérial de Versailles“ (1859–61) ein lückenloses Inventar der dort ausgestellten Gemälde, gegliedert nach Stockwerken, inklusive der Künstler, Maße sowie kurzen Angaben zum Bildinhalt. Im dritten Band wird die 789 Janin (1837), S. 49. 790 Vgl. Gavard, Bd. 1 (1839), S. VI f.
7. ORDNUNGSMODELLE ARISTOKRATISCHER PORTRÄTSTICHSAMMLUNGEN
253
bildliche Ausstattung der Räume der zweiten Etage des Schlosses nach Raumnummern geordnet wiedergegeben. Zur Klärung der Fragestellung nach Gemeinsamkeiten zwischen der Anordnung der Gemälde in der Porträtgalerie und der Montierung der Porträtstiche in den Alben sollen exemplarisch die im Verzeichnis Souliés angeführten Porträts aus den Sälen zur Regierungszeit Ludwigs XIV. mit dem oben angeführten, ebenfalls Ludwig XIV. gewidmeten Band Nr. 30 der Porträtstichsammlung einem Vergleich unterzogen werden. Das Grand Siècle, das sich als beherrschende Epoche durch das ganze Museum zog, bildete auch innerhalb der Porträtgalerie einen Schwerpunkt. Drei Säle des Aile du Nord waren mit rund 200 Porträtgemälden Verwandter und Zeitgenossen des Sonnenkönigs ausgeschmückt. Bereits ein erster Blick auf die numerische Auflistung der Gemälde des ersten der drei Räume weist hinsichtlich deren Aufeinanderfolge offensichtliche Ähnlichkeiten mit der Reihenfolge innerhalb des Klebebandes auf.791 Die gemeinsamen biografischen Zusammenhänge der dort hintereinander angeführten Personengruppen stimmen weitgehend mit jenen Klassen überein, nach denen auch die Porträtstiche in den Bänden angeordnet wurden: Herrscherhäuser – Hoher Adel – Marschälle, Admiräle und Militärs – Minister und Staatsbeamte – Künstler, Architekten und Literaten – Frauen. Die Einteilung erstreckt sich jedoch nicht über alle drei Räumlichkeiten zusammen, sondern beginnt in jedem Saal aufs Neue, teilweise mit den Bildnissen identer Personen. Dem Inventar zufolge enthielten alle drei Säle Porträts von Angehörigen des Königshauses Bourbon und dessen Nebenlinien, beginnend mit Ludwig XIV. und dessen Gemahlin Maria Theresia von Österreich. Dabei handelte es sich quasi um Familiengalerien, wobei neben dem Grand Dauphin auch andere leibliche Nachkommen Ludwigs, uneheliche und legitimierte Söhne, Töchter und Enkel vertreten waren.792 Zu ihnen gesellten sich Herzoge und Herzoginnen von Orléans, Lothringen oder Fürsten von Condé. Zeitgenössische Monarchen, denen in der Porträtstichsammlung jeweils eigene Bände gewidmet waren, hingen nun Seite an Seite mit dem französischen Hochadel: die Könige von England, Spanien, Polen, Portugal und Schweden, russische Zaren und römisch-deutsche Kaiser, zumeist mit deren Ehefrauen. Eine nächste Gruppe war, wie im Klebeband zu Ludwig XIV., den „Marschällen von Frankreich“ und anderen hohen Militärs gewidmet. Darunter fanden sich die großen Marschälle und Heerführer ebenso wie Admiräle der königlichen Marine.793 Aufeinanderfolgend wurden auch die Porträts von 791 Vgl. Soulié (1861), S. 156–172. 792 Soulié (1861), Nr. 3619–3625, Nr. 3659–3663, Nr. 3696–3698 u.a. 793 Ebenda, Nr. 3528–3536, Nr. 3670–3675 u.a.
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III. Ordnungsstrategien
Ministern und Staatsmännern unter Ludwig XIV. gehängt, wobei einflussreiche Persönlichkeiten wie Jean-Baptiste Colbert oder Louis Phélypeaux in zwei Sälen gleichzeitig vertreten waren. Ein weiterer umfangreicher Komplex betraf die führenden französischen Künstler des Grand Siècle. Nebeneinander waren Maler, Bildhauer, Architekten, Kupferstecher und Poeten ausgestellt, die die Kunstlandschaft Frankreichs in dieser Epoche bestimmten.794 Bildnisse von Gelehrten diverser Wissenschaften vom 16. bis zum 19. Jahrhundert waren zum größten Teil bereits im ersten Raum nach dem Treppenaufgang versammelt. Die Frauenporträts umfassten, wie in der grafischen Porträtsammlung, abgesehen von Regentinnen und Ehefrauen von Aristokraten, fast ausschließlich Mätressen des Sonnenkönigs. Zusammenfassend muss angemerkt werden, dass sich die konsequente Umsetzung einer einheitlichen Ordnungssystematik im Falle der Porträtgemälde natürlich als ungleich schwieriger erwies als die Einrichtung der Klebebände, da schon aufgrund der unterschiedlichen Größe der Gemälde in Bezug auf die vorgegebene Gebäudestruktur eine solche nicht immer einzuhalten war. Trotz der Adaptierung zahlreicher Räume musste man sich weitgehend mit der ursprünglichen Saalstruktur arrangieren, wodurch sich wohl auch einzelne Abweichungen erklären lassen. Zudem konnte man nicht auf die Masse an Porträts zurückgreifen, wie dies bei der Auswahl für die einzelnen Klebebände der Fall war. Insgesamt lässt sich jedoch feststellen, dass die Idee einer historisch-chronologischen, nach Regierungsperioden von Monarchen und innerhalb dieser nach Standeszugehörigkeit gegliederten Ordnung sowohl für das Arrangement der Privatsammlung Louis-Philippes als auch für die Einrichtung der Porträtgalerie im zweiten Stock des „Musée historique“ leitend gewesen war. Man könnte die Initiative zur Neuordnung der eigenen Porträtstichsammlung also auch als eine Art Probelauf zur Gründung des Historischen Museums verstehen, die grafische Bildnissammlung als Miniaturmodell der Porträtausstattung des Historischen Museums. In beiden Fällen war der Bibliothekar Jean Vatout bei der Auswahl der Bilder mit eingebunden. Der entscheidende Unterschied bestand jedoch im nationalen Anspruch des Museums. Anhand der Porträtgalerien sollte in Versailles in erster Linie auf den Glanz der eigenen Herkunft verwiesen und so eine nationale Geschichtsidentität erzeugt werden. Für eine derartige nationale Geschichtserzählung eignete sich die Systematik in besonderem Maße. Museen als Orte nationaler Identifikation entstanden zur gleichen Zeit in ganz Europa.795
794 Ebenda, Nr. 3577–3587, Nr. 3677–3683 u.a. 795 Vgl. dazu Telesko (2010), S. 253–274.
8. DIE ORDNUNG DER PORTRÄTSTICHSAMMLUNG KAISER FRANZ’ I.
8.1 Datierung und Analyse der eigenhändigen Systematisierungsarbeiten Die Beschäftigung mit der eigenen Sammlung beschränkte sich im Falle Franz’ I. nicht nur auf das Betrachten der Kupferstiche in den „Rekreationsstunden“, worüber sein Biograf Cölestin Wolfsgruber mehrfach berichtet.796 Insbesondere in den Jahren nach seiner Krönung zum römisch-deutschen Kaiser befasste er sich intensiv damit, die zusammengetragenen Porträts zu sortieren und in eine Ordnung zu überführen, nach der die Blätter systematisch abgelegt werden konnten. Schriftliche Aufzeichnungen von der Hand des Kaisers – genealogische Tabellen, Verzeichnisse von Teilbeständen sowie ein konkreter systematischer Katalog über Zehntausende von Porträtstichen, die sich bis heute in der ehemaligen Privatbibliothek erhalten haben, lassen keinen Zweifel daran, dass es sich bei diesen Systematisierungsarbeiten um ein mit besonderer Ernsthaftigkeit betriebenes Betätigungsfeld des Monarchen handelte. Voraussetzung für die Ordnungsarbeiten dürften wohl die andauernden umfangreichen Neuzugänge der ersten zehn Jahre seiner Sammeltätigkeit gewesen sein, welche ihn schließlich dazu bewegten, sich dem systematischen Ordnen zuzuwenden. Insbesondere die Ankäufe ganzer Privatsammlungen wie jener des Georg Friedrich Brandes mussten letztendlich zu einer pragmatischen Lösung hinsichtlich deren Aufstellung und Eingliederung führen. Die von Franz geführten Verzeichnisse erlauben einen Einblick in die damals entwickelte Klassifizierung der Porträts, nach welcher jeder Person ein bestimmter Platz innerhalb der Sammlung zugewiesen wurde. Die handschriftlichen Auflistungen lagern in sieben Holzkassetten, die jeweils zwei bis fünf Faszikel enthalten, welche mit kurzen Angaben zum Inhalt versehen wurden.797 Der überwiegende Teil der darin enthaltenen Verzeich796 Wolfsgruber, Bd. 1 (1899), S. 237; Bd. 2 (1899), S. 46, basierend auf dem Tagebuch des Franz von Colloredo-Wallsee. Auch die Mutter des späteren Kaisers Franz Joseph I., Erzherzogin Sophie, berichtet in ihrem Tagebuch, Kaiser Franz I. habe ihr immer wieder neuwerworbene Kupferstiche präsentiert. Corti (1950), S. 40. 797 ÖNB, BAG, FKB 28032/1-7. Die sieben lederüberzogenen Holzkassetten mit der goldgeprägten Rückenbezeichnung „CATALOGEN“ entsprechen jenen Kapseln, welche handschriftliche Vorarbeiten des Bibliotheksvorstehers Peter Thomas Young zu den Bänden
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III. Ordnungsstrategien
nisse und Porträtlisten stammt nachweislich von der Hand des Kaisers, selten finden sich auch Hinzufügungen von anderen Schreibern, die später nachgetragen wurden.798 In der dritten Kapsel befinden sich zudem mehrere Fragmente nicht fertig gestellter Verzeichnisse, etwa eine alphabetische Auflistung von Personennamen mit den Anfangsbuchstaben A und B, eine Liste mit Herrschaftstiteln, einige Kurzbiografien von Admirälen sowie diverse Notizen auf Schmierpapier. Abgesehen von Franz selbst lassen sich noch zwei weitere Schreiber zweifellos identifizieren: Adam von Bartsch, seit 1791 Kustos Abb. 74: Franz II. als Erbkönig von der Kupferstichsammlung der HofbiblioUngarn und Böhmen in ungarischer thek, ist der Verfasser einer Liste von 18 Uniform, um 1792 Porträts samt biografischen Anmerkungen.799 Die Handschrift des Vorstehers der Privatbibliothek Peter Thomas Young findet sich auf einem alphabetischen Verzeichnis von Päpsten.800 Die Frage nach dem Entstehungszeitpunkt der Aufzeichnungen kann nur annäherungsweise beantwortet werden. Eine zeitliche Einordnung lässt sich am ehesten anhand der biografischen Angaben auf den chronologischen Aufstellungen diverser Herrscherhäuser treffen – konkret an den dort verzeichneten oder eben noch nicht vermerkten Regierungs- und Todesdaten der aufgelisteten Regenten. Diese Methode würde eine Datierung der Inventare und Listen etwa um die Mitte der 1790er-Jahre nahelegen. So wurde etwa VI bis XI des ab 1821 in Reinschrift übertragenen systematischen Bibliothekskatalogs der Privatbibliothek enthalten. 798 Fünf Kapseln enthalten zu Beginn ein eingelegtes Blatt mit der handschriftlichen Bezeichnung „Allerhöchst Eigenhändig von Wail. Sr. Oesterr. kaiserl. Majestät Franz I.“. Für ihre Unterstützung bei der Sichtung und Analyse des umfangreichen Materials bedanke ich mich bei Veronika Drescher und Moritz Lenglachner. 799 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1. Der Bogen trägt die Überschrift „Die rückwärts auf dem Kupferstichen bezeichneten Nummerus beziehen sich auf diejenigen, welche hier angeführt sind.“ Auf der zweiten Seite findet sich der Name Bartschs. Ein Austausch von Porträtstichen zwischen der Kupferstichstichsammlung der Hofbibliothek und der Porträtsammlung Franz’ I. konnte nicht nachgewiesen werden. 800 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1. Der Bogen trägt die Überschrift „Alphabetisches Verzeichnis der Päbste, welche entweder durch hinterlassene Schriften, oder als Gelehrter bekannt sind. Aus Jöcher’s Gelehrten-Lexicon herausgezogen“.
8. Die Ordnung der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I.
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der Tod des Vaters Leopold II. (1792) in der chronologischen Aufstellung der „Könige von Hungarn“ und der Tod Ludwigs XVI. (1793) in der Tabelle der „Könige von Frankreich“ noch in identem Schriftbild und mit gleicher Feder und Tinte vermerkt, mit welcher die meisten der chronologischen Regentenlisten angelegt wurden. Dies würde den Schluss zulassen, dass die Abb. 75: Kassetten mit handschriftlichen Aufzeichnungen mehrheitlich nach Aufzeichnungen des Kaisers zur Porträtsammlung dem Jahr 1793 entstanden. Hingegen handelt es sich beim Eintrag des Regierungsendes des polnischen Königs Stanislaus II. August (1795) und der beigefügten Anmerkung „entsezt bey der Theilung Polens“ zweifelsfrei um eine spätere Ergänzung des Kaisers, worauf die wesentlich dunklere Tinte, auf der mehr Schreib- oder Löschsand haftet, als auch ein etwas weniger sauberes Schriftbild hinweisen. Auch der Tod des Königs Friedrich Wilhelm II. von Preußen (1797) wurde in derselben Anlageart zu einem späteren Zeitpunkt nachgetragen, als die chronologische Aufstellung der „Könige von Preußen“ ursprünglich angelegt wurde. Diese Tatsache lässt wiederum auf einen Abschluss der ersten Inventarisierungsarbeiten vor dem Jahr 1797 schließen. Diese Annahme würde auch dadurch gestärkt werden, dass die Anzahl der Einträge im als „Catalogen“ bezeichneten Inventar der nach Berufsklassen geordneten Porträts sich auf mehr als 23.000 Blätter beläuft. Der Erwerb der Porträtsammlung des Georg Friedrich Brandes im Jahr 1796 war also zum Entstehungszeitpunkt der „Catalogen“ mit Sicherheit bereits erfolgt. Etwa ab diesem Zeitpunkt setzen die nachträglichen Ergänzungen ein. Anhand dieser lässt sich ersehen, dass die Verzeichnisse und Inventare bis zum Jahr 1815 fortgeführt wurden. Teilweise wurden auch neue Verzeichnisse auf modernerem Papier begonnen, wie etwa eine Auflistung der „Könige von Westphalen“, auf der lediglich der Name des einzigen Königs des 1807 gegründeten und 1813 wieder aufgelösten Königreichs, Jérôme Bonaparte (1784–1860), vermerkt ist. Bereits existierende Listen wurden hingegen fortgeführt. Die eigenhändigen Nachträge und vereinzelten biografischen Kommentare des Kaisers stellen gleichzeitig interessante historische Dokumente zu den politischen Umbrüchen dieser Jahre dar. So vermerkt er etwa persönlich die eigene Abdankung als römischer Kaiser mit den Worten „1806 die
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III. Ordnungsstrategien
Abb. 76: Tabelle der römisch-deutschen Kaiser (Detail)
Kayser Würde niedergelegt“ (Abb. 76). Die Abdankung Napoleons I. trägt er mit der Notiz „1814. vom Thron abgetretten“ ein.801 Noch spätere Ergänzungen finden sich auf der Aufstellung der „Könige von Neapel“. Hier wurde das Ende der Herrschaft des Schwagers Napoleons, Joachim Murat, im Jahr 1815 von Kaiser Franz mit dem Wort „verjagt“ vermerkt. Die Wiedereinsetzung des Bourbonenkönigs Ferdinand I. wurde noch auf der Liste notiert.802 Bei der Königin Maria I. von Portugal vermerkt Franz noch „1792 wahnsinnig 1816 gestorben“.803 Zusammenfassend lässt sich der zeitliche Schwerpunkt der Inventarisierungs- und Systematisierungsarbeiten Franz’ I. aufgrund der Ähnlichkeiten hinsichtlich Schriftbild, Feder und Tinte auf die 1790er-Jahre eingrenzen. Spätere Ergänzungen von seiner Hand wurden bis nach 1816 vorgenommen. Die Auswertung der handschriftlichen Aufzeichnungen ergibt ein relativ klares Bild des damals bereits entwickelten Ordnungskonzeptes für die Porträtsammlung, welches in den darauffolgenden Jahrzehnten nur mehr geringfügig modifiziert wurde. Die schriftliche Erfassung der unterschiedlichen Teilbestände in Form von Tabellen und alphabetischen Inventaren führte letztlich zur Etablierung jener Ordnungsstruktur, die sich im Wesentlichen noch in der heutigen Aufstellung der Sammlung im Porträtsaal der Österreichischen Nationalbibliothek widerspiegelt. Dabei handelt es sich 801 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1. 802 Als „Ferdinandus IV“. ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1. 803 Ebenda, Könige von Portugal.
8. Die Ordnung der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I.
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jedoch nicht um eine einzelne durchgängige Systematik, die sich über den gesamten Bestand an Porträts erstreckt. Die etwa zeitgleiche Anlage der genealogischen und chronologischen Regentenlisten mit dem alphabetischen, nach Ständen und Berufen geordneten Katalog belegt, dass Franz zu diesem Zeitpunkt bei der Ablage seiner Porträts bereits klar zwischen Angehörigen fürstlicher Familien und Personen bürgerlicher Herkunft unterschied. Die heute noch sichtbare zweiteilige Gliederung des Porträtbestandes in eine „dynastische Abteilung“ nach Herkunft und Rang der Dargestellten und eine alphabetische nach Verdiensten und Berufen, die ab dem Jahr 1832 durch Anbringung verschiedenfarbiger Schilder auf den Portefeuilles zusätzlich akzentuiert wurde, war eine ebenso früh wie bewusst erfolgte Einteilung des Kaisers. Für Franz, der in seinen persönlichen Aufzeichnungen immer wieder von „meinen Untertanen“ spricht,804 bildete diese durch Geburt vorgegebene Unterscheidung der Dargestellten in Obrigkeit und Untertanentum das oberste Ordnungsprinzip.
Kapsel 1 1
Kaiserliche Familien nach alphabetischer ordnung
2
Königliche Familien nach alphabetischer ordnung
3
Erzherzogliche und herzogliche Familien
Kapsel 2 1
Fürstliche Familien nach alphabetischer ordnung
2
Gräfliche Landgräfliche Mar- und Pfalzgräfliche Familien
3
[ohne Titel]
Kapsel 3 [ohne Titel]: Regenten „ohne Familie“ alphabetisch nach Adelsrang Kapsel 4 1
Päpste Kayser und Könige
2
Erzherzoge Großherzoge und Herzoge
3
Großfürsten Fürsten und Geistliche Fürsten
4
Grafen Landgrafen und Margrafen
5
Herren und Grosmeister
Kapsel 5
804 So etwa in seinem Reisetagebuch zur italienischen Hofreise aus dem Jahr 1819. ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Hofreisen 40-1, fol. 567 f. Zitiert nach Kuster (2010), S. 52.
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III. Ordnungsstrategien
1
Catalogen Von A bis F
2
Catalogen Von F bis K
Kapsel 6 1
Catalogen von K bis P
2
Catalogen P bis S
Kapsel 7 1
Catalogen von S bis Z
2
[ohne Titel]
Tab. 9: Titelbezeichnungen der Faszikel in den handschriftlichen Inventaren zur Porträtsammlung
8.2 Die Ordnung der Regentenporträts nach Herrschaftsrang und -territoium Die Inventarisierung von Porträts Angehöriger souveräner Familien erfolgte in zwei parallel geführten und teilweise konvergierenden Verzeichnissen, die sämtliche zu diesem Zeitpunkt in der Porträtsammlung vorhandenen Regentenbildnisse auf unterschiedliche Arten erfassten. Das erste verzeichnet die Angehörigen dynastischer Familien alphabetisch unter Angabe ihrer verwandtschaftlichen Position, das zweite ordnet Regenten ohne deren Familien alphabetisch nach Adelsrang. Daneben legte der Kaiser 230 chronologische Tabellen an, in welchen er sämtliche Regenten, gegliedert nach Rang, Herrschaftsgebiet, Haupt- und Nebenlinien, in der Reihenfolge ihrer Regierungszeit auflistet. Alle Verzeichnisse wurden nach ihrer ersten Anlage mehrmals um Neuzugänge ergänzt. Das vorrangige Interesse des Kaisers an einer Ordnung der Porträts aus genealogischer Perspektive zeigt sich deutlich in den tabellarischen Aufstellungen „mit Familie“.805 Es handelt sich dabei im Wesentlichen um ein alphabetisches Verzeichnis von Bildnissen Angehöriger europäischer Fürstenfamilien, vornehmlich innerhalb des Heiligen Römischen Reiches sowie einiger außereuropäischer Herrschaftsgebiete, gegliedert nach deren Rang: kaiserliche Familien, königliche Familien, erzherzogliche und herzogliche Familien, gräfliche (auch land-, mark- und pfalzgräfliche) Familien sowie fürstliche Familien. Innerhalb eines Adelsranges sind die Listen alphabetisch nach dem jeweiligen Geschlecht oder Territorium gereiht, also etwa Hanau – Hohenlohe – Holland – Isenburg – Löwenstein – Nassau etc., in805 ÖNB, BAG, FKB 28032/1-2.
8. Die Ordnung der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I.
261 Abb. 77: Johann Hübners Genealogische Tabellen
nerhalb der einzelnen Familien sind die Angehörigen wiederum in alphabetischer Reihenfolge angeführt und meist mit kurzen genealogischen Erläuterungen versehen. Es findet sich also etwa im Faszikel „Gräflich Landgräfliche Mar[k]- und Pfalzgräfliche Familien“ in der Abteilung „Baden Familie“ unter dem Buchstaben J der Eintrag: „Johanna Elisabetha 2. Tochter Friderici Magni von Durlach“.806 Für diese Art der Systematisierung von Porträtstichen adeliger Personen waren fundierte historisch-genealogische Studien maßgebend, die des Heranziehens genealogischer Literatur bedurften. Bereits im September 1784 wurden im Auftrag des Erziehers Colloredo beim Wiener Buchhändler Rudolph Gräffer Johann Hübners „Genealogische Tabellen, nebst denen darzu gehörigen Fragen […]“ (1727 ff.) für den Unterricht des Erzherzogs angekauft.807 Vergleicht man die handschriftlichen genealogischen Tabellen einzelner Familien, etwa der gräflichen Familien, mit den entsprechenden Einträgen in Hübners Stammtafeln, so besteht kein Zweifel, dass diese dem Kaiser als unmittelbare Vorlage für seine eigenen Aufzeichnungen gedient haben. Die teilweise latinisierten Ansetzungen von Personenamen stimmen nahezu vollständig mit dem Hübner’schen Werk überein. Auch die chronologischen Regentenlisten entsprechen sowohl hinsichtlich der Reihenfolge einzelner Nebenlinien als auch hinsichtlich der biografischen Daten den Stammtafeln Hübners.808 In den meisten Fällen stimmen auch die Einträge der jüngsten 806 ÖNB, BAG, FKB 28032/2/2, Johanna Elisabeth von Baden-Durchlach (1680–1757), Tochter Friedrichs VII. Magnus, Markgraf von Baden-Durlach (1647–1709). 807 ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 1, 3-1, Rechnung vom 04.09.1784. 808 So etwa die Reihenfolge der Linien der Grafen von Solms: Solms-Braunfels, in Greiffenstein, in Hungen, Solms-Lich, in Hohensolms, in Laubach, in Sonnenwalde und Pouch, in
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III. Ordnungsstrategien
Nachkommen einer Linie mit jenen überein, mit welchen die Stammtafeln enden. Bis auf einige nachträgliche Ergänzungen reichen etwa die Tabellen gräflicher Familien nur bis in die 1740er-Jahre. Dies lässt sich ganz rational dadurch erklären, dass die zweite Auflage des zweiten Teils von Hübners Werk, die dem Kaiser bei der Erstellung der gräflichen Inventarlisten vorlag, bereits 1744 erschien. Die offensichtlich zeitgleich angelegten chronologischen Tabellen erfassen die Regenten gemäß der dynastischen Erbfolge oder Regierungsabfolge in ihren jeweiligen Herrschaftsgebieten.809 Viele von ihnen beginnen mit sagenhaften Ahnen aus ferner Vergangenheit. Auch hier bildet das oberste Ordnungskriterium der Herrschaftsrang, wobei an der Spitze die Päpste stehen und am Ende die zu den Reichsständen zählenden Ritterorden. Die Titelbezeichnungen der einzelnen Faszikel lauten hier: Päpste, Kayser und Könige – Erzherzoge Großherzoge und Herzoge – Großfürsten Fürsten und Geistliche Fürsten – Grafen Landgrafen und Markgrafen – Herren und Großmeister. Innerhalb des gleichen Ranges erfolgte die Ordnung wiederum in alphabetischer Reihenfolge anhand der Namen der Herrschaftsgebiete und Territorien. In diesen Aufstellungen wurden ausschließlich Potentaten ehemals oder aktuell regierender Häuser ohne deren Angehörigen verzeichnet. Kaiser, Könige und sonstige Fürsten folgen in strikter chronologischer Reihenfolge samt Angabe ihres Regierungsendes. Zusätzlich wurde jeder Person eine chronologische Ordnungszahl zugewiesen. In einigen Fällen finden sich auch persönliche Anmerkungen des Kaisers zum Ende einer Regierung, etwa „nach Spanien gegangen“ oder „nach Sizilien geflüchtet“, wie im Falle der Könige von Neapel aus dem Hause Bourbon.810 Bisweilen vermerkte er auch das Fehlen eines Porträts. Die Liste der Könige von Ungarn führte er bis zum eigenen Namen „Franciscus I.“. Neben dem Eintrag der Großmutter Maria Theresia notierte er mit Bleistift „geht ab“.811 Auch die chronologischen Verzeichnisse wurden anhand von Nachschlagewerken und genealogischen Tabellen erstellt. Sie dokumentieren das Streben des Kaisers nach Vollständigkeit und die Tendenz zum Schließen von Lücken innerhalb der dynastischen Abteilung. Bereits im Geschichtsunterricht des Erzherzogs Franz bildete die tabellarische Auflistung von Regenten nach deren Regierungsperioden einen obligatorischen BestandRödelheim, in Wildenfels und in Baruth. Vgl. Hübner, Zweyter Theil (1744), Tab. 390-400 bzw. ÖNB, BAG, FKB 28032/4/4, „Grafen von Solms“. 809 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1-5. 810 Bei Karl VII. (1716–1788) bzw. dessen Sohn Ferdinand IV. (1751–1825). 811 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1, Könige von Hungarn.
8. Die Ordnung der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I.
Abb. 78: Schulheft aus Geschichte, Tabelle der Könige von León (Detail)
263
Abb. 79: Aufzeichnungen zur Porträtsammlung, Tabelle der Könige von León (Detail)
teil der geschichtlichen Länderkunde. Die aus seiner Jugend überlieferten Übungshefte zur europäischen Geschichte weisen zahlreiche Tabellen mit der gleichen dreispaltigen Gliederung Ordnungszahl – Name des Herrschers – Jahreszahl auf. Betrachtet man beispielsweise die Tabelle der Könige von León aus dem Übungsheft zur Geschichte Portugals und Spaniens812 und vergleicht diese mit der Tabelle der „Könige von Spanien“ aus den handschriftlichen Aufzeichnungen zur Porträtsammlung, so lässt sich eine weitgehende Übereinstimmung hinsichtlich deren charakteristischer Strukturen feststellen. Lediglich die Jahreszahl bildet im ersten Fall den Anfang der Regierung, im anderen Fall das Ende. Zusätzlich zu den genealogischen Verzeichnissen und chronologischen Tabellen legte Franz noch ein drittes Inventar zu den Regentenporträts an. Dort erfasste er sämtliche Porträts „ohne Familie“ alphabetisch nach Herrschaftsrang, ohne jegliche zeitliche Einordnung oder genealogische Erläuterungen.813 Das Inventar verzeichnet rund 2.500 Porträts nach den Klassen Päpste, Kaiser, Könige, Kurfürsten, Erzherzoge, Großherzoge, Herzoge, Grafen, Landgrafen, Markgrafen, Pfalzgrafen, Großfürsten, Fürsten, Geistliche Fürsten, Dogen, Großmeister, nicht regierende Herzoge, nicht regierende Fürsten und nicht regierende Grafen. 812 ÖNB, HAD, Cod. Ser. n. 12140, fol. 28v. 813 ÖNB, BAG, FKB 28032/3.
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III. Ordnungsstrategien
Eine Art vorangestellter „Index“ von Territorialstaaten und Geschlechtern führt zu Beginn sämtliche Herrschaftstitel aus den chronologischen Regentenlisten nochmals alphabetisch nach Territorien auf, von „Anhalt Fürsten“ bis „Württemberg Herzoge“. Noch nicht Abb. 80: Faszikel der chronologischen darin enthalten sind jene Staaten, die Tabellen: Erzherzoge, Großherzoge und Herzoge erst nach 1800 entstanden, wie etwa das Großherzogtum Würzburg, das Königreich Westphalen oder das Großherzogtum Kleve und Berg. Die Systematisierung der Porträts europäischer Potentaten durch Kaiser Franz I. birgt durchaus einige konzeptionelle Eigenheiten. Deutlich wird dies etwa am Beispiel der „Kaiserlichen Familien nach alphabetischer Ordnung“, worunter sich neben einigen europäischen Häusern von kaiserlichem Rang auch antike römische Kaiser samt deren Ehefrauen und türkische Sultane mit ihren Ehefrauen finden. Unter „Rusland Familie“ werden russische Zaren und Kaiser bis zu Katharina II. und ihren Nachkommen aufgelistet, unter „Böhmen Familie“ scheinen auch römisch-deutsche Kaiser auf wie etwa Sigismund oder Karl IV. Sucht man hingegen römisch-deutsche Kaiser aus dem Haus Habsburg, so wird man erst in den genealogischen Aufstellungen der „Erzherzogliche[n] und herzogliche[n] Familien“ unter der Abteilung „Oesterreich Familie“ fündig, wo diese dann mit ihrem Kaisertitel angeführt werden. Im Verzeichnis der „Königlichen Familien“, Abteilung Frankreich, scheint der nie regierende, von Franz aber als legitimer Nachfolger geführte Dauphin Louis Charles de Bourbon als Ludwig XVII. auf. In der chronologischen Aufstellung hingegen wurde dieser Eintrag von Franz nachträglich wieder durchgestrichen. Als nächster „König von Frankreich“ folgt dort Kaiser Napoleon I. 8.3 Die Ordnung der nicht dynastischen Porträts nach Ständen Den umfangreichsten Abschnitt der handschriftlichen Aufzeichnungen zur eigenen Porträtsammlung, welcher sich über drei Katalogkapseln erstreckt, bildet ein alphabetisches Inventar zu den Porträts nicht dynastischer Personen.814 Das Bestreben Franz’ nach einer grundsätzlichen Teilung der Sammlung nach dem Prinzip des aufgeklärten Absolutismus in Bildnisse von Regenten, Standespersonen „vornehmer Herkunft“ und Untertanen vorwiegend 814 ÖNB, BAG, FKB 28032/5-7. Die Faszikel dieses Inventars tragen die Bezeichnung „Catalogen“ und gliedern sich in die fünf Abschnitte A bis F, F bis K, K bis P, P bis S und S bis Z.
8. Die Ordnung der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I.
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bürgerlicher Abstammung, welches sich auch in der systematischen Aufstellung manifestieren sollte, äußert sich nicht zuletzt in deren gesonderter Erfassung. Dabei setzten sich die Rubriken, nach welchen er die Bildnisse nicht dynastischer Personen erfasste, aus einem Konglomerat aus politischen, geistlichen und militärischen Ämtern, bürgerlichen BeruAbb. 81: Portefeuilles mit fen, sozialen und weltanschaulichen Klassenbezeichnungen: Feldherren, Frauen Gruppen bis hin zu mythologischen oder sagenhaften Gestalten zusammen. Aus diesen Normen, mit welchen er jeweils die Position einer Personengruppe im gesellschaftlichen Gefüge festlegte, bildete er 63 Ordnungsklassen, denen die einzelnen Porträts zugeordnet wurden (Tab. 10). Zusätzlich zu den Namen der Porträtierten notierte der Kaiser auch kurze Angaben zu Herkunft, Beruf oder Dienstgrad. In der Einführung einer „ständischen Ordnung“ als nach Schichten aufgebaute Sozialpyramide, an deren Spitze der Kreis der Monarchen steht und darunter das Untertanentum nach gesellschaftlicher und kultureller Zugehörigkeit, gleicht die Systematik, die Franz für seine Sammlung festlegte, einigen Kollektionen zeitgenössischer Sammler.815 Ob diese Konzeption von Anbeginn an bestimmend war, lässt sich aus heutiger Sicht kaum nachvollziehen. Sicher ist allerdings, dass der Ankauf des Nachlasses Georg Friedrich Brandes’ im Jahr 1796 Auswirkungen auf die Sammlungsstruktur gehabt haben muss. Die dort mitgelieferte Systematik könnte bei der Zusammenführung der riesigen Privatsammlung mit den eigenen Beständen ansatzweise auf den Gesamtbestand übertragen worden sein. Die Feingliederung der einzelnen Klassen dürfte sich dann nach und nach aus der Beschäftigung mit den Lebensbeschreibungen der Porträtierten entwickelt haben. Dem Erstellen von Kurzbiografien als wichtigem Bestandteil der intellektuellen Beschäftigung mit der Sammlung kam von Beginn an besondere Bedeutung zu. Bis heute haben sich teilweise ausführliche Lebensbeschreibungen von der Hand des Kaisers erhalten.816 Aus dieser engen 815 Als ein Beispiel sei hier die Porträtsammlung des Johann Andreas Gottfried Schetelig aus Celle angeführt, der die Bildnisse der Monarchen separat chronologisch reihte, die der Bürger alphabetisch. Vgl. Hirsching, Bd. 5 (1792), S. 301. 816 Etwa zu 20 Admirälen, von Andrea Doria bis Niles Juel. ÖNB, BAG, FKB 28032/2/3. Dass diese erst nach 1790 verfasst wurden, ergibt sich aus einer kurzen Notiz des Kaisers darin, dass der spätere König Wilhelm IV. von England 1790 zum Admiral ernannt wurde.
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III. Ordnungsstrategien
Verbindung zwischen Ordnungstätigkeit und Biografik mögen sich letztendlich die Klassenbezeichnungen abgleitet haben, die zu einem überwiegenden Teil noch für die heutige Aufstellung der Porträtsammlung gültig sind. Im Gegensatz zur streng hierarchischen Ordnung der Regentenporträts nach Rang und Abkunft folgten die Ordnungsklassen der nicht dynastischen Bildnisse einer rein alphabetischen Reihung nach Standes- und Berufsgruppen. Es entstand so eine rangfreie „Galerie berühmter Persönlichkeiten“, in der Rebellen gleichberechtigt neben Rechtsgelehrten standen. Der universale Anspruch der Sammlung wird in der großen Anzahl der Klassen deutlich. Es lässt sich darin nicht erkennen, ob einzelnen Berufsklassen das Interesse des Kaisers in besonderem Maße galt. Abte und Pröbste Admiralen Advokaten Apotheker Bischöffe und Erzbischöffe Buchdrucker und Buchführer Bürger Bürgermeister Cardinale Chimici Chirurgi Domherrn Einsidler Verschiedene Frauen Geistliche Gelehrte Generale Kayserliche Generalen Gesandten Kayserliche Gesandte Götter Gouverneure Kayserliche Gouverneure Handwerker Heilige Hofchargen Kayserliche Hofchargen Kammerherrn Kaiserliche Ketzer Künstler Klosterfrauen Mahler Medici
Militairs Kaiserliche Militairs Minister Kayserliche Minister Mönche Musici Notarien Pastoren Pfarrherren Philosophen Poeten Prediger Professoren Propheten Räthe Kayserliche Räthe Rathsherren Rebellen Rechtsgelehrte Schulmeister Sekretaire Kaiserliche Stabsoffiziere, Kaiserliche Stabsoffiziere Superintendenten Sybillen Theaterleute Theologen Verbrecher Verschiedene Portraitea Wunderbare Geschöpfe a
Die genaue Klassenbezeichnung lautet „Männer
Verschieden deren Eigenschaft nicht bekannt ist“
Tab. 10: Die 63 Klassenbezeichnungen der bürgerlichen Porträts in den alphabetischen „Catalogen“
8. Die Ordnung der Porträtstichsammlung Kaiser Franz’ I.
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Der Begriff „Stände“ in Zusammenhang mit den Ordnungsklassen der nicht dynastischen Porträts taucht in den Akten erst im Zusammenhang mit der Neuordnung der Sammlung und der Erstellung eines Katalogs auf. Der Bibliothekar Leopold Joseph von Khloyber berichtet dem Kaiser im Februar 1832, die Reinschrift des aus 31 Folio-Bänden bestehenden Katalogs sei nun beendet und dieser nach den „vorhandenen 70 Classen der Stände geordnet“.817 Bereits zwei Jahre zuvor legt Khloyber einen Bericht zum Stand der Bibliothek vor, in welchem er die zwei Abteilungen der Porträtsammlung als „Porträten regierender Familien“ und „Porträten verschiedener Stände“ anführt.818 Hingegen trägt der Titel des im Jahr 1832 fertiggestellten Katalogs schließlich nicht mehr nur die Bezeichnung „nach Ständen“, sondern den Zusatz „oder anderen bemerkenswerthen Eigenschaften der dargestellten Personen“. Zu sehr haben sich die darin angeführten Kategorien vom ursprünglichen Begriff des „Standes“, nach Georg Stephan Wiesands Juristischem Handbuch von 1762 die Definition des Rechtsstatus einer Person, entfernt.819 Die Klassifizierungsmerkmale der darin abgegrenzten gesellschaftlichen Personengruppen sind vielmehr beruflicher, weltanschaulicher, sozialer oder körperlicher Natur. Wenngleich das Ordnungskonzept zahlreicher Porträtstichsammlungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts im Prinzip noch der konventionellen hierarchischen Systematik entsprach, die jedem Dargestellten eine gesicherte Position in einer ständischen Wertordnung zuwies, so wusste man doch, dass dies längst nicht mehr der gesellschaftlichen Realität entsprach. Die Auflösung der herkömmlichen, streng abgegrenzten Ständegesellschaft war längst fortgeschritten. Aufklärung und Industrialisierung hatten tiefgreifende soziale Veränderungen nach sich gezogen, die Privilegien des Adels waren größtenteils abgeschafft, das aufstrebende Besitz- und Bildungsbürgertum bildete nun den Stand der „Honoratioren“, Gelehrten, Künstler und Kaufleute.820 In der Kaiserstadt Wien, die um 1800 etwa 230.000 Einwohner zählte, war die Situation freilich noch eine andere. Umwälzungen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich vollzogen sich dort erst zeitversetzt, es kam zu einer „Verzögerung der Verbürgerlichung“ (Horst
817 818 819 820
ÖNB, BAG, FKBA16018, fol. 1r. ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz I, 20, 15. März 1829, fol. 1r. Wiesand (1762), S. 1012. Zitiert nach Bosse (2008), S. 18. Die „Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände […]“ definiert 1824 im Artikel „Bürgerstand“: „Eine Abtheilung des Bürgerstandes heißt die Classe der Honoratioren, vornehmere Bürger; sie begreift den Stand der Gelehrten, Künstler und Kaufleute.“ Deren „Ausschließung fällt nothwendig weg, wo Bildung und Verdienst allein die Würdigkeit bestimmen sollen“.
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Möller).821 Der aus dem Habsburgerreich in die Residenzstadt gezogene Adel nahm die gesellschaftliche wie wirtschaftliche Vorrangstellung ein, durch den vergleichsweise geringen Anteil großbürgerlicher Kaufleute besaß die Residenzstadt daher mehr aristokratischen als bürgerlichen Charakter. Die „ansehnlichsten Classen“ der Einwohner von Wien beschreibt Johann Pezzl 1802 in der ersten Ausgabe seiner Beschreibung von Wien.822 Nach dem k.k. Hof ist dies zunächst der höhere Adel, welcher sich aus Fürsten, Grafen und Freiherrn zusammensetzt. Zu diesem Zeitpunkt lebten laut Pezzl in Wien 21 fürstliche, ungefähr 70 gräfliche und 50 freiherrliche Familien. Danach folgt der „zweyte Adel“. Er besteht aus Rittern und Landmännern, Edlen und Herren. Die Bürgerschaft besteht aus 7000 Personen, ist sehr wohlhabend und zählt manche reiche Häuser. Der Handelsstand ist in dieser Klasse der vermögendste. Die Beamten bestehen aus landesfürstlichen, ständischen und städtischen und betragen ungefähr 4000 Köpfe. Die übrigen Klassen bestehen aus Geistlichen, Militärpersonen, Universitätsmitgliedern, Künstlern, Hausoffizieren, Professionisten, Handwerkern, Fabrikanten und Arbeitsleuten von niedrigeren Gattungen. Zum Zeitpunkt der Festlegung der Ordnungsklassen durch Kaiser Franz kann man noch von einer teilweise intakten Ständegesellschaft sprechen, die länger als anderswo der ständisch-feudalen Gesellschaftsstruktur verhaftet blieb. Insbesondere der dominierende Einfluss des Adels wird in der Verteilung der Ordnungsklassen deutlich. So sind nicht nur direkt dem Hof zuzuordnende Gruppen wie Hofchargen, Kammerherrn oder Sekretäre, also Träger von Hofämtern oder sonstige Tätigkeiten im Dienste des kaiserlichen Hofes ausübende Angehörige des Hofadels, außerordentlich hoch vertreten. Auch der hohe Anteil an staatlichen Verwaltungs- und Regierungsfunktionen wie kaiserliche Räte, Gouverneure, Gesandte oder Minister, welche ebenfalls meist dem hohen Adel entstammten, zeugt von einem bestimmenden Einfluss des Adels innerhalb der „ständischen“ Abteilung. Dasselbe lässt sich auch in den Klassen der kaiserlichen Generäle und Stabsoffiziere feststellen – Laufbahnen, die ausschließlich adeligen Standespersonen vorbehalten waren, sowie einigen geistlichen Ämterklassen des hohen katholischen Klerus. Franz notierte im alphabetischen Katalog zu den Namen jeweils auch die Ämter der Hofchargen, die Ränge der Offiziere und sonstigen Militärs sowie die Einsatzorte von Gesandten und Gouverneuren. Demgegenüber stehen wiederum Klassenbezeichnungen, die sich unzweifelhaft auf die Eingliederung der Porträtsammlung des Georg Friedrich 821 Möller (1989), S. 123. 822 Pezzl (1802), S. 237 f.
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Brandes zurückführen lassen. Deren ursprünglicher Besitzer, protestantisch gesinnt und aufgeschlossen gegenüber den geistigen Strömungen der Aufklärung, begründete diese in einem denkbar konträren Umfeld als der Kaiser in Wien. So kommt es zu dem Phänomen, dass sich auch ein großer Teil des deutschen protestantischen Klerus nach Ämtern gegliedert in der Systematik des Kaisers widerspiegelt. Die Bildnisse der „Pastoren“, deren Pfarrhäuser im 18. Jahrhundert Zentren geistlich geprägter bürgerlicher Kultur in Deutschland waren, bilden mit 1645 Einzelporträts gar die zweitgrößte Ordnungsklasse innerhalb der Ständeordnung des Alphabetischen Katalogs. Auch in der Verteilung der übrigen Klassen kommen die starke akademische Prägung der Brandes’schen Sammlung und die führende Rolle des Gelehrtenstandes in der Verteilung der einzelnen Stände deutlich zum Ausdruck. So führen unter allen vertretenen Berufsgruppen jene der „Professoren“ mit 1766 Einzelporträts. Nach den „Pastoren“ und den „Bürgern“ folgen auf dem vierten Platz schließlich die Bildnisse der „Gelehrten“ mit 1441 Blättern. Diese Gruppe umfasst im Wesentlichen Schriftsteller, Denker und Forscher, welche keiner der vorhandenen Fakultätsklassen „Rechtsgelehrte“, „Theologen“, „Medici“ oder „Philosophen“ und keiner der enger gefassten Berufsklassen aus dem Bereich der Gelehrsamkeit zugeordnet werden konnten. Franz vermerkt in dieser Kategorie zumeist Nationalität und Beruf der Dargestellten, etwa „Bibliothecarius“ oder „Cosmographus“. Die drittgrößte Klasse, jene der „Bürger“, umfasst das in den Reichsstädten lebende Stadtbürgertum, welches nicht in den Ämterklassen „Ratsherren“ oder „Bürgermeister“ vertreten war. Es finden sich darin finanzkräftige Kaufleute und hohe Beamte ebenso wie eine breite bürgerliche Mittelschicht der verschiedensten Berufsgruppen bis hin zu klein- und unterbürgerlichen Schichten wie Gärtner oder Wirtsleute, welche größtenteils aus den Kupferdruckzentren Augsburg und Nürnberg stammten. Da es in vielen deutschen Reichsstädten nahezu keinen Adel gab, verkehrten dort die Kaufmannsfamilien als Oberschicht gemeinsam mit den Gelehrten, mit denen sie durch das gleiche kulturelle Selbstverständnis verbunden waren.823 Einige Berufsgruppen wie „Handwerker“ oder die „Buchdrucker“, denen der bibliophile Sammler Brandes offensichtlich besondere Wertschätzung entgegengebrachte, bildeten eigene Klassen innerhalb der Systematik. Bei den übrigen Bürgern vermerkte der Kaiser in den Inventaren jeweils deren Beruf wie „Postmeister“, „Kaufmann“ oder „Schneider“. Die Malerbildnisse bilden eine eigene, mehr als tausend Porträts umfassende Abteilung. Kupferstecher, Bildhauer oder Medailleure waren unter der Rubrik „Künstler“ subsumiert. Daneben gab es die Kategorien „Musici“ –Komponisten, Kapellmeister und Instru823 Ruppert (1982), S. 296.
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III. Ordnungsstrategien
mentalisten – sowie „Theaterleute“, die Franz ebenfalls samt deren Metier, ob Sängerin oder Komödiant, verzeichnete. In den Klassenbezeichnungen spiegeln sich auch Kriterien jenseits beruflicher oder sozialer Zugehörigkeit, in Richtung moralisch oder physisch charakterisierender Merkmale, wie etwa „Verbrecher“, unter Abb. 82: Portefeuilles mit welchen Franz im Katalog jeweils Klassenbezeichnungen: Minister, Missgestalten deren Vergehen vermerkte („Räuber“, „Königsmörder“, „Französische Vergifterin“), oder „Wunderbare Geschöpfe“, unter denen Darstellungen von Zwergen, Greisen oder Personen von außergewöhnlicher Physiognomie abgelegt wurden. Die dogmatisch katholische Perspektive des Kaisers offenbart sich wiederum deutlich in der Klassenbezeichnung „Ketzer“, worunter einem neben Sektierern, Exulanten und Wiedertäufern auch Reformatoren wie Martin Luther, Philipp Melanchton, Johannes Calvin oder Huldrych Zwingli begegnen.824 Die marginale Rolle der Frau im öffentlichen Leben spiegelt sich in der vergleichsweise geringen Anzahl an Frauenbildnissen der nicht dynastischen Abteilung, welche sich zum einen auf berufsständische Klassen wie jene der „Mahler“ oder „Theaterleute“ verteilen oder mit den „Klosterfrauen“ und „verschiedenen Frauen“ eigene Ordnungsklassen innerhalb der Systematik bilden. Letztere, welche immerhin 385 Bildnisse umfasst, beinhaltet zumeist porträtwürdige Ehefrauen verdienter Männer. Ursprünglich waren diese unter der Kategorie „Verschiedene Portaite“ abgelegt. Franz überführte sie schließlich zur Gänze in eine eigene Ordnungsklasse „Verschiedene Frauen“. Die ursprüngliche Rubrik „Verschiedene Portraite“ wurde daraufhin umbenannt in „Männer Verschieden deren Eigenschaft nicht bekannt ist“.825 8.4 Inventarisierung und Neuorganisation durch Leopold Joseph von Khloyber Wenige Jahre vor der letzten großen Erwerbungsinitiative des Kaisers – per 824 Die Bildnisse Martin Luthers wurden erst gegen Ende des Jahrhunderts in die Klasse der „Gottesgelehrten“ verlegt. 825 ÖNB, BAG, FKB 28032/7.
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Umlaufschreiben an die an ausländischen Höfen akkreditierten k.k. Gesandtschaftsposten, Porträtstiche der dort regierenden Familien zu akquirieren – wurde eine Gesamtrevision der vorhandenen Porträtbestände in Angriff genommen. Das Resultat der mehrere Jahre dauernden Inventarisierung der Einzelporträts, welche zunächst in einer alphabetischen Kartei aus losen Zetteln erfasst wurden, bildete schließlich ein aus 50 Bänden bestehender Alphabetischer Katalog zur Porträtsammlung, der 1829 angelegt und bis weit in das 20. Jahrhundert weitergeführt wurde.826 Die Initiative zur Revision und Neuaufstellung der Porträtsammlung zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt an keine wesentliche Erweiterung derselben mehr gedacht war. Das vergangene Jahrzehnt war durch eine mehrheitlich passive Akquisitionspolitik geprägt, die sich im Wesentlichen auf Einsendungen von grafischen Werken in- und ausländischer Künstler beschränkte, die um Aufnahme ihrer Arbeiten in die Porträt- oder Kupferstichsammlung baten. Erwerbungen im Kunsthandel und auf Auktionen erfolgten noch bis knapp nach dem Tod des Kaisers, allerdings nur mehr in geringem Umfang.827 Bei der öffentlichen Versteigerung der Privatbibliothek und Kunstsammlung des kaiserlichen Schwiegervaters, König Maximilian I. Joseph von Bayern, im Oktober 1826 wurden lediglich vier Porträts erworben.828 Der Bibliotheksvorsteher Peter Thomas Young, in den vergangenen Jahrzehnten erste Ansprechperson des Kaisers in allen Angelegenheiten die Privatbibliothek und Porträtsammlung betreffend, begab sich im Juli 1828 schwer erkrankt zur Kur nach Baden. Konsequenterweise ließ man seinen Stellvertreter, den Skriptor Leopold Joseph von Khloyber, weiterhin die Inventarisierung der Porträtsammlung durchführen, mit welcher er bereits seit seiner Aufnahme in die Privatbibliothek befasst war und die er dank seiner historischen und genealogischen Kenntnisse mit großer Sorgfalt vornahm.829 Khloyber führte nun auch den Schriftverkehr mit Buchhändlern und Hofstellen und übernahm gewissermaßen Youngs Position als Bibliotheksvorsteher. Nach dem Tod Youngs im Februar 1829 wurde ihm die Leitung der Privatbibliothek und der angeschlossenen grafischen Sammlungen anvertraut. Der Inventarisierung musste zunächst ein systematisches Ordnen vor826 ÖNB, BAG, FKB.INV.85. 827 Die entsprechenden Ankäufe sind in den Ausgabenjournalen und Belegsammlungen des Archivs der Fideikommissbibliothek dokumentiert. 828 Dies war auch dadurch bedingt, dass beim Eintreffen des Auftrages an den Gesandten die Versteigerung bereits begonnen hatte. Vgl. ÖNB, BAG, FKBA09021, fol. 6v, bzw. Huber-Frischeis/Knieling/Valenta (2015), S. 350 f. 829 Ein großer Teil des alphabetischen Zettelkatalogs zur Porträtsammlung trägt Khloybers Handschrift.
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III. Ordnungsstrategien
angehen. Begonnen wurde bei der nicht dynastischen Abteilung, welche man Blatt für Blatt durchsah, alphabetisch nach den Ständeklassen und innerhalb dieser nach den dargestellten Personen ordnete und mit einer durchlaufenden Inventarnummer auf dem Untersatzblatt versah. Nach Abschluss dieser ArAbb. 83: Zettel aus dem Zettelkatalog zur beiten legte man zu jeder Person Porträtsammlung, um 1829 eine Karteikarte in Form eines losen Zettels an, auf dem der Name der Person samt kurzen biografischen Angaben wie Geburts- oder Todesjahr, Beruf und Wirkungsort vermerkt wurde, sowie die Porträtgrafiken (zumeist unter Angabe von Inventarnummer, Künstler und Format), mit welchen sie in der Sammlung vertreten war. Gab es mehrere Porträts zu einer Person, wurden diese auf dem gleichen Zettel vermerkt. Am Kopf notierte man die Klassenbezeichnung, welcher die Person zugeordnet wurde, Botaniker, Prediger usw. Nachdem die Übertragung auf Zettel abgeschlossen war, ordnete man diese nun nach den Klassenbezeichnungen in alphabetischer Reihenfolge. So konnte nun der eigentliche, nach Klassen gegliederte Katalog zur Porträtsammlung erstellt werden. Den Vorteil eines solchen Systems schildert Khloyber dem Kaiser in einem Arbeitsbericht vom November 1831: Dieser bewegliche Zettel-Catalog hat den Vortheil, daß bloß durch mechanische Verlegung der Zettel jeder beliebige Catalog daraus angefertigt werden kann. […] Zettel-Cataloge haben auch das Gute, dass sie nicht mit der Zeit wegen Ueberfüllung umgeschrieben zu werden brauchen. Auch kann man sie immer rein erhalten; denn ist ein Erratum vorhanden, so zerreißt man den Zettel, und legt dafür das Correctum hinein.830
Die Reinschrift des von Khloyber als „Classen-Catalog“ bezeichneten Bandkatalogs erfolgte ab dem Mai 1829. Eine Rechnung vom April desselben Jahres im Archiv der Fideikommissbibliothek belegt den Ankauf von vorgedruckten Tabellen beim Lithographischen Institut in Wien, aus denen die Katalogbände gebunden wurden.831 Die Tabellen enthalten die Spalten „Zahl“, „Nahme“, „Stand“, „Zeichner oder Mahler“, „Kupferstecher“, „Format“ und „Anmerkung“. 830 ÖNB, BAG, FKBA15162, fol. 3v. 831 ÖNB, BAG, FKBJ1829/31.
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Die Übertragung der Zettel in die Tabellen oblag dem Kanzlisten Georg Thaa.832 Nach den Sortierungsarbeiten, die offensichtlich alphabetisch nach den Ordnungsklassen vorgenommen wurden, begann man bei der Überführung nun wiederum mit den zuoberst liegenden Klassen, weshalb der Katalog in umgekehrter Reihenfolge des Alphabets erstellt wurde. Der erste fertiggestellte Band aus dem Jahr 1829 war daher jener, der die Klassen „Verbrecher“ bis „Zoologen“ umfasst. Von den ursprünglich vorgesehenen Kategorien wurde jedoch nur der Name des Dargestellten, der Name des Malers oder Zeichners, der Stecher und das Format des Blattes eingetragen. Unter Abb. 84: Bandkatalog zur Porträtsammlung der Kategorie „Stand“ wurden die (Band 40), 1830 biografischen Informationen der Zettel übernommen, in das Anmerkungsfeld trug man exemplarspezifische Erläuterungen wie „unbedeutender Holzschnitt“ ein oder Kommentare zur dargestellten Person, etwa „schon Hofrath Bartsch hat über diesen Beauregard vergebens nachgesucht“.833 Nach rund zwanzig Monaten waren im Jänner 1832 die 31 Bände des Katalogs der nicht dynastischen Abteilung mit dem Titel „Catalog der Porträten Sammlung Seiner Majestät Kaiser Franz des I. nach Ständen oder anderen bemerkenswerthen Eigenschaften der dargestellten Personen eingerichtet“ fertiggestellt und vom Buchbinder gebunden. Er verzeichnet 46.448 Porträtstiche. In seiner „Darstellung der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien“ aus dem Jahr 1832 erwähnt der Historiker Franz Xaver Schweickhardt bereits explizit den kurz zuvor fertiggestellten „eigends an832 Thaa war seit April 1830 in der Privatbibliothek beschäftigt. Sieben Bände des Kataloges wurden von Philipp Held übertragen. Vgl. Huber-Frischeis/Knieling/Valenta (2015), S. 153 bzw. S. 177. 833 Im Falle des Porträts eines gewissen „Joseph Beauregard“, wahrscheinlich Professor der französischen Sprache in Helmstedt (1716–1779), vgl. Meusel, Johann Georg, Lexikon der […] verstorbenen teutschen Schriftsteller, Bd. 1, Leipzig, 1802.
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III. Ordnungsstrategien
gefertigten Katalog […] in welchem die biographischen Notizen beigefügt sind“.834 Die nach Klassen sortierten Zettel wurden wieder in ihre alte alphabetische Ordnung zurückgelegt, eine Tätigkeit, die laut Khloyber „eine sehr schnelle Operation ist und die Nachmittagsstunden ausfüllt“.835 8.5 Die Ausdifferenzierung der Ordnungsklassen Zählt man die einzelnen Klassenbezeichnungen im Bandkatalog, so kommt man auf eine Gesamtzahl von 69 Ordnungsklassen. Im Vergleich zur ursprünglichen Anordnung durch den Kaiser kam es also nach der Bestandsaufnahme und Neukatalogisierung zu einem quantitativen Anstieg der Rubriken um sieben Klassen. Betrachtet man deren Bezeichnungen, zeigt sich, dass diese nicht einfach zu den bestehenden Klassen hinzugefügt wurden, sondern dass die ursprüngliche Ordnungsstruktur im Zuge der Revision einer generellen Neuorganisation unterzogen wurde, die einerseits in der Ausdifferenzierung bestehender Klassen, andererseits in der Anpassung oder Beseitigung antiquierter oder ungeläufiger Klassenbezeichnungen bestand (siehe Anhang III). Das berufsständische Ordnungsschema, welches Franz um die Jahrhundertwende aus den ihm vorliegenden biografischen Informationen ableitete, erfuhr im Zuge der Neuinventarisierung Jahrzehnte später nochmals eine Modifikation, die nach und nach Gestalt annahm und in der Herausbildung der in den 1830er-Jahren neu festgeschriebenen 69 Ordnungsklassen mündete. Dabei spiegeln sich im Prozess, dem die Systematik unterworfen war, auch gesellschaftliche Wandlungs- und Differenzierungsprozesse des im Laufe der Zeit erstarkten und sich von ständischen Bindungen lösenden Bürgertums. Anhand einiger gesellschaftlicher Gruppen lässt sich dies von seinen Auswirkungen auf die Klassenbezeichnungen her besonders deutlich fassen. So handelt es sich bei den am stärksten vom ursprünglichen Ordnungsprinzip abweichenden Gruppen um jene der Gelehrten, Künstler und Kaufleute. Wie Georg Friedrich Brandes war auch der Kaiser ein gebildeter Sammler, dessen Interesse neuen geistes- und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit galt, insbesondere der Botanik. Die Klassen, in welche er Gelehrtenbildnisse im Wesentlichen unterteilte, waren noch die ursprünglich fakultären, „Rechtsgelehrte“, „Theologen“, „Medici“ oder „Philosophen“. Daneben gab es die allgemeine Kategorie „Gelehrte“ sowie einige wenige 834 Schweickhardt, Dritte Abtheilung (1832), S. 49. 835 ÖNB, BAG, FKBA16018, fol. 1v.
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enger gefasste Berufsklassen wie die „Chimici“ (Chemiker), bei welchen es sich überwiegend um Alchemisten handelte. Gerade im Bereich der Naturwissenschaften kam es infolge der Neuinventarisierung jedoch zu einer vielschichtigen Aufgliederung in mehrere neu angelegte Berufsklassen. Dem lagen durchaus pragmatische Motive zugrunde. Zum einen war man offensichtlich mit einem zunehmenden Bestand an Porträtstichen einzelner Autoren konfrontiert, die durch die wachsende literarische Produktion im Bereich der Naturkunde und sonstigen Wissenschaften und der darin enthaltenen Frontispizporträts in die Sammlung gelangten. Zum anderen begrenzten sich die einzelnen Wissenschaftszweige immer klarer, die universale Gelehrsamkeit des Barock spaltete sich auf immer mehr Einzelfächer auf. So treten in den Klassenkatalogen nun Berufsgruppen wie Botaniker, Mathematiker, Physiker, Geographen, Mineralogen oder Zoologen auf. Auch ökonomische Entwicklungen und volkswirtschaftliche Schriften des ausgehenden 18. Jahrhunderts spiegeln sich in der Etablierung neuer Ordnungsklassen. Das bürgerliche Kaufherrenbildnis, überwiegend aus süddeutschen Reichsstädten, wurde in den vom Kaiser angelegten „Catalogen“ noch den allgemeinen Kategorien der „Bürger“ oder „Ratsherren“ zugeordnet. Im Bandkatalog bildete es nun gemeinsam mit Bankiers und Großhändlern, die durch frühindustrielle und kapitalistische Entwicklungen allgemeine Bekanntheit erlangt hatten, die Klasse der „Handelsleute“. Für Schriftsteller im Bereich der politischen Ökonomie wurde die Rubrik „Ökonomen“ angelegt. Die allgemeine Klasse der „Künstler“, welche bei Franz neben jener der Maler bestand, wurde aufgeteilt in „Kupferstecher“ und „Bildhauer“, aus denen sie sich weitestgehend zusammensetzte.836 Zusätzlich wurde auch eine neue Klasse der „Baumeister“ geschaffen. Die Rubrik „Künstler“ wurde indes beibehalten, sie umfasste nun alle möglichen künstlerisch-handwerklich tätigen Personen wie Medailleure, Siegelschneider oder Goldschmiede sowie Kunstsammler und -kenner. Anpassungen wurden auch hinsichtlich des Sprachgebrauchs einzelner Klassenbezeichnungen vorgenommen. Bei mehreren wurden deren Benennungen stilistisch überarbeitet, eingedeutscht oder dem Sprachgebrauch der Zeit angepasst. So wurden aus den „Medici“ und „Chirurgi“ nun Ärzte und Wundärzte, aus den „Chimici“ Chemiker und aus den „Musici“ Tonkünstler. Die Klasse der „Rebellen“ wurde in „Aufrührer“ umbenannt, die „Wunderbaren Geschöpfe“ in „Missgestalten“. Häretiker, die vom Kaiser noch gemeinsam mit den Reformatoren unter dem Begriff „Ketzer“ zusammengefasst wurden, nannte man nun „Irrlehrer und Anhänger derselben“. 836 Zum Stellenwert der Kupferstecher im druckgrafischen Porträt vgl. Poch (2011).
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III. Ordnungsstrategien
Noch vor der Fertigstellung des Zettelkatalogs wurde die Erschließung der dynastischen Bestände in Angriff genommen. Die Regentenporträts wurden jedoch nicht auf Zetteln, sondern in vorgedruckten Tabellen verzeichnet.837 Dabei wurde die bestehende Systematik, welche die Monarchen sowohl in genealogischer Ordnung „mit Familie“, also zusammen mit ihren Angehörigen, und „ohne Familie“ nach chronologischer Regierungsabfolge anführt, bis auf wenige Abweichungen beibehalten. Eine „Umsignierung“ der genealogisch geordneten Abteilung der Regentenporträts war laut Khloyber indes „zum Theile“ notwendig.838 Um bei den Regenten „mit Familie“ das verwandtschaftliche Verhältnis innerhalb einer Dynastie auszudrücken, führte der genealogisch versierte Khloyber nun eine sogenannte „Reihezahl der Familienmitglieder“ ein, die eine eigene Spalte in den vorgedruckten Tabellen bildete. Diese Zahl reihte zunächst alle männlichen wie weiblichen Mitglieder einer Familie chronologisch, beim Begründer der Dynastie beginnend. Zusätzlich wurde eine zweite Zahlenkombination vergeben, die anzeigte, der wievielte Nachkomme welcher Person der Dargestellte ist. So trägt beispielsweise Robert von Clermont (1256–1317) innerhalb des königlich-französischen Hauses Bourbon die Reihezahl 1. Sein ältester Sohn, Ludwig I. der Lahme (1279–1341) trägt die Reihezahl 2 1/1, als Nummer zwei innerhalb des Hauses Bourbon und gleichzeitig erster Nachkomme der Nummer 1. König Ludwig XIV. (1638–1715) trägt bereits die Reihezahl 6055/1, als erster Nachkomme der Nummer 55, Ludwigs XIII. (1601–1643) usw. Ehefrauen waren ebenso wie Mätressen mit jeweils einem Bildnis vertreten, welches den Zusatz „1. Gemahlin“, „2. Gemahlin“ oder „Mätresse“ trug. Generell wurden sie aber ihren Stammfamilien zugeordnet. Der innere Aufbau der einzelnen Gruppen stimmt bis auf wenige Abweichungen exakt mit der Systematik überein, die Franz Jahrzehnte zuvor in seiner ersten Inventarisierung festlegte. Die wenigen neu hinzugekommenen Klassen hatten ihren Grund zum einen in einer zwischendurch erfolgten Neubildung europäischer Staaten, wie etwa die Könige von Etrurien, Württemberg oder Holland. Andere Klassen ergaben sich einfach durch inzwischen neu hinzugekommene Bildnisse wie jene der Herzoge von Friaul oder der Grafen und Fürsten von Reuß, welche vom Gesandten in Dresden, Franz Graf von Colloredo-Wallsee, eingesandt wurden.839 Die Klasse der „geistlichen Fürsten“ wurde um etliche Fürstbistümer erweitert, die „Könige ohne Familie“ um zahlreiche außereuropäische Königreiche wie Haiti oder Kongo. 837 Dies wird in einem Bericht Khloybers an den Kaiser vom 15. März 1829 beschrieben. ÖStA, HHStA, Handarchiv Kaiser Franz I, 20, 15. März 1829, fol. 1r. 838 ÖNB, BAG, FKBA19046, fol. 4r. 839 Siehe Kap. 5.2.
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Zwar bemühte sich Khloyber, die Tabellen bereits beim Entwurf sauber zu beschreiben, damit der Katalog schneller gebunden werden konnte. Die Revisionsarbeiten und die Reinschrift, die im Jänner 1832 einsetzte, beschäftigten den Kanzlisten Thaa jedoch weit länger als geplant. Die endgültige FertigstelAbb. 85: Einlegeblatt zur Porträtsammlung: lung des Katalogs regierender FaErzhaus Österreich (Detail), um 1831 milien, welcher schließlich 18.540 Personen in 19 Bänden verzeichnete, erlebte der Kaiser nicht mehr. Sechs Tage nach dem Tod Franz’ I. berichtet Khloyber dessen Sohn Ferdinand I. den Stand der Arbeiten am Gesamtkatalog zur Porträtsammlung: „Derselbe wird so eben mundirt, ist bereits 40 Foliobände stark“.840 Zehn Bände waren zu diesem Zeitpunkt also noch nicht vollendet. Eine weitere Neuerung betraf die kalligrafischen Einlegeblätter, die nun am Beginn einer jeden Dynastie vor den Porträts eingeordnet wurden. Bereits Kaiser Franz hatte parallel zu den Beschriftungen der Faszikel in seinen Inventaren auch leere Großfoliobögen mit den Namen der jeweiligen Dynastien in Kanzleischrift beschrieben, die dann in die Portefeuilles eingelegt wurden. Nun sollten diese von dem aus einer Malerfamilie stammenden Kustos Eduard Frister, der mit der Montierung der Kupferstiche auf Untersatzkarton betraut war, in Schönschrift ausgeführt werden. Khloybers Idee, auch die Stammtafeln der jeweiligen Dynastien auf Bögen zu übertragen und in deren Portefeuilles einzulegen, scheiterte bereits nach den ersten Versuchen. Nicht nur war der durch den Bogen vorgegebene Raum zu klein für die „oft sehr zahlreiche Filiation“ (Abstammung) einzelner Familien, auch merkte er bald, dass eine solche Übertragung „die pünctlichste Genauigkeit fordert, und daher zeitraubend ist“.841 Er schlug dem Kaiser daher vor, zwei bis drei Exemplare der „Genealogischen Tabellen zur Erläuterung der Europaeischen Staatengeschichte“ von Traugott Gotthilf Voigtel842, die einige Jahre zuvor bereits an die Gesandten im Ausland verschickt worden waren, anzuschaffen, die benötigten Tafeln herauszunehmen und sie dann zu Beginn jeder Abteilung einzulegen. Der Kaiser genehmigte diese Vorgehensweise sowie die Anschaffung der Tabel-
840 FKBA21001, fol. 3v. 841 FKBA16018, fol. 2r–v. 842 Voigtel (1811).
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III. Ordnungsstrategien
len.843 Zugleich ordnete Kaiser Franz an, dass zu jeder souveränen Familie auch deren Wappen, kunstvoll gezeichnet und koloriert, eingelegt werden solle. Mit der Ausführung beauftragte man den Landschafts- und Wappenmaler Joseph Stein (1784–1843), der in der Wiener Krugerstraße ein Wappenbüro betrieb.844 Stein, laut Khloyber „der geschickteste Künstler seines Faches in Wien und vielleicht auch in Deutschland“, erhielt für jedes Wappenblatt 6 fl. Konventionsmünze aus der kaiserlichen Privatkasse, für größere, feiner ausgeführte Wappen 8 fl. Die Auszahlung erfolgte jeweils nach der Ablieferung von 20 Blättern. Noch Ende 1832 trafen die ersten Wappen ein, bis Oktober 1833 wurden 45 Vorsatzblätter mit farbigen Wappen geliefert und in die entsprechenden Portefeuilles der dynastischen Abteilung eingelegt.845 Da man im Zuge der Neuorganisation der Porträtsammlung auf kaiserlichen Befehl auch die Portefeuilles erneuern ließ, wurden diese nach und nach dem Buchbinder übergeben, damit er sie mit den Klassenaufschriften versehen konnte. Zudem mussten rund 350 schadhafte Portefeuilles restauriert werden, eine Arbeit, die sich durch die im August 1831 in Wien ausbreitende Choleraepidemie verzögerte. Diesen Anlass nutzte Khloyber, um sich die kaiserliche Einwilligung zu einer weiteren durchgreifenden Veränderung einzuholen: Bei jenen Portefeuilles, welche die gegenwärtig neu inventarisierte dynastische Abteilung der Porträtsammlung enthielten, könnten die nach Adelsrang geordneten Klassenbezeichnungen doch auf rote Schilder geprägt werden. So würden sie sich deutlich von den Portefeuilles der ständischen Abteilung abheben, deren Klassenbezeichnungen auf blaue Schilder gedruckt wurden. Der Kaiser willigte mit einer knappen Resolution ein: „Die Portefeuilles, welche Souverains enthalten, sind mit rothen Schildern zu versehen“.846 Die Trennung der Porträtsammlung in Herrscher und Untertanen war nun auch äußerlich sichtbar vollzogen.
843 FKBA16018, fol. 3v. 844 Böckh (1822), S. 281. 845 Khloyber plante ursprünglich, 120 bis 140 Wappen malen zu lassen. Weshalb die Lieferungen eingestellt wurden, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Es lassen sich 42 Blätter nachweisen, die bis zum Jahr 2007 in den jeweiligen Portefeuilles eingelegt waren und heute das Konvolut mit der Inventarnummer Pk 4867 bilden. 846 FKBA15162, fol. 6r.
9. Resümee
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9. RESÜMEE Die Dynastie als das verbindende Prinzip, welches einem in den Systematisierungsarbeiten Franz’ I. begegnet, liegt freilich nicht nur seiner Bildnissammlung zugrunde. Auch die im Auftrag des Kaisers ab 1798 im Stil einer mittelalterlichen Ritterburg errichtete Franzensburg im Schlosspark von Laxenburg weist in der Ausstattung einzelner Räume mit Gemälden und Skulpturen ein identes Programm auf. Die Prunkräume und Ahnenhallen mit ihren genealogisch-dynastischen Ausstattungsprogrammen wie der „Habsburgersaal“ oder der „Lothringersaal“ machen die Franzensburg gewissermaßen zu einem Denkmal der Dynastie.847 1833 werden 61 Gemälde aus dem K.K. Lustgebäude in der Ungargasse (Harrachpalais) dem Direktor der kaiserlichen Gemäldegalerie Johann Peter Krafft zur Restaurierung übergeben. Es handelt sich um Doppelgemälde von Herrschern aus dem Hause Lothringen in chronologischer Folge bis Franz I. Stephan.848 Die Untersuchung der historischen Inventare, erhaltenen Klebealben und handschriftlichen Konzepte zur Gliederung fürstlicher Bildnissammlungen förderte durchaus unterschiedliche Modelle zu Tage. Als oberstes Ordnungsprinzip begegnet man Aufstellungen nach Staaten bzw. Territorien (Prinz Eugen), nach Adelsrang bzw. Berufsstand (Kaiser Franz) oder nach historischen Epochen (Louis-Philippe). Der analytische Blick auf die unterschiedlichen Modelle zeigte, dass sich diese stets an dem Anspruch ausrichteten, den der jeweilige Sammler an seine Kollektion stellte. So bildet der ordnende Umgang mit der eigenen Sammlung eine Gemeinsamkeit zwischen dem Kaiser Franz und seinem Schwager Louis-Philippe I. Die persönliche Mitwirkung beider Monarchen an der Ordnungssystematik ihrer Sammlung ist durch Quellen hinlänglich belegt. Beide trugen zielstrebig Sammlungen zusammen, die einen historischen Überblick über verschiedene Epochen der europäischen Herrschaftsgeschichte bieten konnten. Betrachtet man jedoch die Ordnung beider Sammlungen, so spiegelt sich in jener des Königs ein noch eindeutigerer Hang zu deren Historizität. Im Vordergrund stand der Pantheongedanke, die Internalisierung einer nationalen Identität. Eine primär auf diese Bestimmung ausgerichtete Sammlung folgt konsequenterweise chronologisch-historischen Ordnungsprinzipien, um so den Lauf der Geschichte besser illustrieren zu können. Wieder anders stellt sich die Gliederung der Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen dar, der sich die eigene Sammlung von renommier847 Bürgler (1998), S. 80. 848 ÖNB, BAG, FKBA17015; das Verzeichnis der Gemälde fol. 4r.
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III. Ordnungsstrategien
ten Kunsthändlern liefern und rangieren ließ. Gesamtbild und Charakteristik dieser universalen barocken Sammlung waren durch die nach außen hin sichtbare Gliederung der Kassetten nach Erdteilen und Ländern geprägt. Zum überwiegenden Teil setzt sich die Porträtsammlung des Prinzen Eugen aus Persönlichkeiten Italiens, Frankreichs und Deutschlands zusammen. Eine Verbundenheit, welcher der Prinz auch in Form seiner Unterschrift „Eugenio von Savoy“ Ausdruck gab. Das Gliederungsprinzip zeugt von der kosmopolitischen Haltung des Prinzen und seinem allgemeinem Interesse an der Historie und an politischen Vorgängen, welches sich in den Bildnissen von Monarchen und Staatsmännern, Gelehrten und Dichtern seiner Zeit, zu welchen er teilweise persönliche Beziehungen pflegte, widerspiegelt. Verbündete wie Gegner werden in systematischer Abfolge, die sich jeweils an der politischen Hierarchie der unterschiedlichen Staatsformen ausrichtet, dargestellt. Entsprechend den auf den ersten Blick durchaus unterschiedlichen Ordnungskonzepten – nach Rang und Stand der dargestellten Personen, nach den Epochen, in denen sie wirkten, oder nach deren Herkunftsländern – finden sich etwa in der Rangordnung der Porträtsammlung Franz’ I. die asiatischen Kaiser ganz vorne gereiht, während sie in der nach Territorien gegliederten Sammlung des Prinzen Eugen an hinterster Stelle rangieren. In der Binnenstruktur offenbaren sich dann wieder Gemeinsamkeiten, jede der untersuchten Sammlungen orientiert sich mehr oder weniger an einem allgemein vorherrschenden Modell hierarchisch-ständischer Ordnung. Der familiengeschichtliche Bezug und die Darstellung der eigenen Vorfahren in möglichst vollständiger genealogischer Abfolge erweist sich als markantes Merkmal, welches Porträtstichsammlungen in fürstlichem Besitz von den meisten bürgerlichen Kollektionen ihrer Zeit unterscheidet. Die Praktiken des Sammelns und Ordnens sind hier immer eng mit dem Repräsentationsbedürfnis ihrer aristokratischen Besitzer verknüpft. Die imposante äußere Ausstattung der Kassetten und Alben mit Fürstenwappen oder -initialen machen die „Ahnengalerien auf Papier“ letztlich zu einem idealen Medium fürstlicher Repräsentation.
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Ausstellungskataloge:
Katalog Berlin (1983): Friedrich Nicolai. Leben und Werk. Ausstellung zum 250. Geburtstag. Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz, 7. Dezember 1983 – 4. Februar 1984. Hrsg. von Peter Jörg Becker, Tilo Brandis und Ingeborg Stolzenberg. Berlin, 1983 Katalog Dresden (2000): Eine gute Figur machen. Kostüm und Fest am Dresdner Hof. Kupferstichkabinett Dresden, 10. September – 3. Dezember 2000. Hrsg. von Claudia Schnitzer und Petra Hölscher. Dresden, 2000 Katalog Halberstadt (2012): „Sie hören nicht auf, sich um unsre Litteratur, und ihre Freunde, verdient zu machen!“ Friedrich Nicolai (1733–1811). Gleimhaus Halberstadt, 22. Juni – 2. September 2012. Hrsg. von Rainer Falk. Halle (Saale), 2012 Katalog Innsbruck (1995): Natur und Kunst. Handschriften und Alben aus der Ambraser Sammlung Erzherzog Ferdinands II. (1529–1595). Schloss Ambras, 23. Juni – 24. September 1995. Hrsg. von Alfred Auer und Eva Irblich. Innsbruck, 1995
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Katalog Innsbruck (2002): Werke für die Ewigkeit. Kaiser Maximilian I. und Erzherzog Ferdinand II. Schloss Ambras, 6. Juli – 31. Oktober 2002. Hrsg. von Wilfried Seipel. Wien, 2002 Katalog Paris (1967): Le Cabinet d‘un grand amateur P.-J. Mariette 1694–1774. Dessins du 15e siecle au 18e siecle. Musee du Louvre Galerie Mollien, Paris, 1967 Katalog Wien (1986): Bibliotheca Eugeniana. Die Sammlungen des Prinzen Eugen von Savoyen. Österreichische Nationalbibliothek, Graphische Sammlung Albertina, Wien, 15. Mai – 3. Oktober 1986 Katalog Wien (2006): Das Zeitalter Maria Theresias. Meisterwerke des Barock. Musée National d‘Histoire et d‘Art Luxemburg, 18. November 2006 – 11. Februar 2007. Hrsg. von Michael Krapf und Cornelia Reiter. Wien, 2006 Katalog Wien (2009): Hieronymus Löschenkohl – Sensationen aus dem alten Wien. Wien-Museum Karlsplatz, 24. April 2009 – 16. August 2009. Hrsg. von Monika Sommer. Wien, 2009 Katalog Wien (2010): Prinz Eugen Feldherr, Philosoph und Kunstfreund. Belvedere Wien, 11. Februar – 6. Juni 2010. Hrsg. von Agnes Husslein-Arco und Marie-Louise von Plessen. München, 2010 Katalog Wien (2014): Die Gründung der Albertina. Herzog Albert und seine Zeit. Albertina, Wien, 14. März – 29. Juni 2014. Hrsg. von Christian Benedik und Klaus Albrecht Schröder. Wien, 2014 Katalog Wien (2017): Maria Theresia. Habsburgs mächtigste Frau. Österreichische Nationalbibliothek, Wien, 17. Februar – 5. Juni 2017. Hrsg. von Michaela Pfundner und Gabriele Mauthe. Wien, 2017 Katalog Zürich (1984): Das Porträt auf Papier. Zentralbibliothek Zürich, 15. Mai. – 14. Juli 1984. Hrsg. von Bruno Weber. Zürich, 1984 Katalog Zürich (2001): Das Antlitz – eine Obsession. Johann Caspar Lavater. Kunsthaus Zürich, 9. Februar – 22. April 2001. Konzept und Redaktion: Karin Althaus
Verkaufs- und Auktionskataloge:
Artaria (1781): Verzeichniß von folgenden Kunstwerken welche Bey Artaria Compagnie Kunst, Kupferstich, Landkarten und Musikalien-Händlern, und Verlegern in Wien auf dem Kohlmarkt der Michaelerkirche gegenüber um beygesetzte Preise zu haben sind. Wien, 1781 Frauenholz (1793): Verzeichnis einer betraechtlichen Kupferstich-Sammlung, alter und neuer, groesstentheils seltener Blaetter aus allen Schulen, nebst Kupferstich-Werken und Kunstsachen, welche den 30. September 1793 in der Frauenholzischen Behausung in den Nachmittags-Stunden oeffentlich gegen baare Bezahlung in Conventionsgelde sollen versteigert werden. Nr. 4, Nürnberg, 1793 Gartner (1804): Verzeichniß der sehr großen Bücher-Sammlung des verstorbenen Joseph Rupert Gartner, welche [...] öffentlich verkauft werden. Wien, 1804 Hartlieb (1793): Bibliotheca Hartliebiana Seu Catalogus Librorum Optimae Notae
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Historicorum, Philosophicorum, Philologicorum Et Theologicorum Quos Olim Possidebat b. Io. Henr. Hartlieb […], Nürnberg, 1793 Rost (1788): Von Hagensche Kupferstich-Sammlung alter, neuer und seltener Blätter aus allen Schulen, auch einer beträchtlichen Anzahl von Kupferstichwerken und Handzeichnungen […]. Leipzig, 1788 Stöckl (1795): Verzeichniss einer beträchtlichen Sammlung von alten und neuen, zum Theil sehr seltenen Kupferstichen der berühmtesten Meister aus allen Schulen […] welche den 13. April, 1795 […] veräussert werden. Wien, 1795.
Zeitungen und Periodika:
Allgemeine Musikalische Zeitung. Leipzig, 1799 Allgemeine Literatur Zeitung. Jena, 1799 Annalen der Braunschweig-Lüneburgischen Churlande. Hannover, 1787 Fränkischer Kurier. Nürnberg-Fürther Neuste Nachrichten. Nürnberg, 1929 Frankfurter Meß-Schema. Frankfurt, 1792 Hof- und Staats-Schematismus des Österreichischen Kaiserthums. Wien, 1797–1805 Journal des Luxus und der Moden. Weimar, 1792–1795 Mitteilungen des K. und K. Kriegsarchivs. Wien, 1907 Neuer Anzeiger für Bibliographie und Bibliothekwissenschaft. Halle, 1852 Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste. Leipzig, 1798 Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen. Leipzig, 1747 Österreichische Zeitschrift für Geschichts- und Staatskunde. Wien, 1835–1837 Wienerisches Diarium (ab 1780 Wiener Zeitung). Wien, 1773–1897
Handschriftliche Quellen:
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LITERATURVERZEICHNIS
Wien, ÖNB, HAD, Cod. Ser. n. 12155-12157 Wien, ÖNB, ÖNB Archiv, HB 469-1790 Wien, ÖNB, ÖNB Archiv, HB 659-1799 Wien, ÖNB, ÖNB Archiv, HB 1622-1816 Wien, ÖNB, ÖNB Archiv, HB 1634-1817 Wien, ÖNB, ÖNB Archiv, NB 84-1922 Wien, ÖNB, BAG, FKB 45569 Wien, ÖNB, BAG, FKB 28032/1-8 Wien, ÖNB, BAG, FKB.INV.13a-c Wien, ÖNB, BAG, FKBR1820/124 Wien, ÖNB, BAG, FKBA01001, FKBA01003, FKBA01012, FKBA01074, FKBA02072, FKBA02104, FKBA03027, FKBA05043, FKBA06023, FKBA09021, FKBA11007, FKBA11018, FKBA11019, FKBA11026, FKBA11027, FKBA11032, FKBA11040, FKBA11057, FKBA11063, FKBA13030, FKBA13045, FKBA15099, FKBA15162, FKBA16018, FKBA18030, FKBA19046, FKBA20088, FKBA21001, FKBA21004 Wien, ÖStA, HHStA, Diplomatie und Außenpolitik vor 1848, GK 98b-11 Wien, ÖStA, HHStA, Familienakten 56 Wien, ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Handarchiv Kaiser Franz 1-5 Wien, ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 73-74, 90 Wien, ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Inventare der Fideikommißbibliothek 11, 14-16 Wien, ÖStA, HHStA, GDPFF, Ältere Reihe 72-89 Wien, ÖStA, HHStA, GDPFF, Rechnungsbücher, Hauptreihen, 411-419 Wien, Wienbibliothek, Handschriftensammlung, Ic 86012 Wien, Wienbibliothek, Handschriftensammlung, Ic 163861 Wien, Wienbibliothek, Handschriftensammlung, H.I.N.29171
Abbildungsverzeichnis
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ABKÜRZUNGEN BayHStA Bayerisches Hauptstaatsarchiv BSB Bayerische Staatsbibliothek GHA Geheimes Hausarchiv ÖNB Österreichische Nationalbibliothek HAD Sammlung von Handschriften und alten Drucken BAG Bildarchiv und Grafiksammlung FKB Fideikommissbibliothek FKB.INV Handschriftliche Inventare zur Fideikommissbibliothek FKBR Rechnungsbelege zur Fideikommissbibliothek FKBA Archiv der Fideikommissbibliothek ÖStA Österreichisches Staatsarchiv HHStA Haus-, Hof- und Staatsarchiv GDPFF Generaldirektion der allerhöchsten Privat- und Familienfonde GK Große Korrespondenz
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1: Radierung von Karl Postl nach Lorenz Janscha, nach 1797. ÖNB, Kartensammlung, KAR0500024 Abb. 2: ÖNB, 283.916-A. Fid, Titelblatt Abb. 3: Foto: ÖNB Abb. 4: Fotografie, um 1925. ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 3125, 1 Abb. 5: Foto: ÖNB Abb. 6: Gouache von Franz Jaschke, 1816. ÖNB, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Cod. Min. 80, 86 Abb. 7: Federzeichnung von Sigmund von Perger nach Gemälde von Heinrich Friedrich Füger (um 1791), ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00048065_01 Abb. 8: Aquarell auf Elfenbein, unbekannter Künstler, um 1790, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Port. Min. XV, 12 Abb. 9: Kohlezeichnung von Erzherzog Franz, o. J., ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 477, 12b Abb. 10: Federzeichnung von Erzherzog Franz, o. J., ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 477, 16a Abb. 11: Federzeichnung von Erzherzog Franz, o. J., ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 477, 17c Abb. 12: ÖNB, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Cod. Ser. n. 12129 Abb. 13: Kolorierte Radierung von Karl Schütz nach eigener Zeichnung, 1786, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, 207586-F.Por, Tf. 5
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 14: Österreichisches Staatsarchiv, Haus- Hof- und Staatsarchiv, Handarchiv Kaiser Franz, 1 Abb. 15: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB 45569, Titelblatt Abb. 16: Schabkunst von James Watson nach Gemälde von Joshua Reynolds (um 1761), ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00070658_01 Abb. 17: Lithographie von Franz Wolf nach Johann Nepomuk Hoechle, 1835, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 187, 1 Abb. 18: Kupferstich/Radierung von Daniel Nikolaus Chodowiecki nach eigener Zeichnung, 1786, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00067425_01 Abb. 19: Kupferstich/Radierung von William Woollett nach Gemälde von Benjamin West, 1781, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 511a, 43 Abb. 20: Lithografie von Robert Theer nach Gemälde von Jakob Schlesinger, o. J., ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00112126_01 Abb. 21: Lithographie von Franz Wolf nach Johann Nepomuk Hoechle, 1835, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 187, 3 Abb. 22: Österreichisches Staatsarchiv, Haus- Hof- und Staatsarchiv, GDPFF, 72 Abb. 23: Aquarell auf Elfenbein von Peter Eduard Stroely, um 1796, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Port. Min. XVI, 12 Abb. 24: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB 28032/8 Abb. 25: Bleistift, Kreide und Tusche auf Pergament von J. B. Skall, um 1800, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 500, 123 Abb. 26: Platinotypie nach Gemälde, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, LW 75679-B Abb. 27: Foto: ÖNB Abb. 28: Österreichisches Staatsarchiv, Haus- Hof- und Staatsarchiv, GDPFF, 80-4 Abb. 29: Bayerische Staatsbibliothek München, 10626360 Art. 48 p-1, Titelblatt, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10258121-4 Abb. 30: Schabkunst von Vinzenz Georg Kininger nach Gemälde von Heinrich Friedrich Füger, 1821, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 3003, 42 Abb. 31: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKBA11007 Abb. 32: Pastell von Gaston Lenthe nach Gemälde von Georg David Matthieu, um 1828, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 456, 6 Abb. 33: Radierung von Sebastian Mansfeld nach Zeichnung von Karl Schütz, um 1792, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, 207586-F.Por, Tf. 2 Abb. 34: Aquarell auf Elfenbein, unbekannter Künstler, um 1790, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Port. Min. IX, 25 Abb. 35: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, 283.916-A.Fid, Frontispiz Abb. 36: Kupferstich/Radierung von Christoph Wilhelm Bock nach Johann Jacob de Lose, 1802, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00137522_01 Abb. 37: Kupferstich/Radierung von Hans Andreas Joachim Hillers, 1781, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00072883_01
Abbildungsverzeichnis
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Abb. 38: Kupferstich/Radierung von Wolfgang Philipp Kilian, 1726/32, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00094282_01 Abb. 39: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, 283.834-C.Fid, Titelblatt Abb. 40: Niedersächsische Staats-und Universitätsbibliothek, 8 H SUEC 314/51, Titelblatt Abb. 41: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB 18.631, Titelblatt Abb. 42: Schabkunst von Georg Fennitzer, o. J., ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00084048_01 Abb. 43: Berlin, Landesarchiv, E Rep. 200-02-01, Nr. 1, Bl. 96 Abb. 44: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, 254.672-A.3.Fid, Tab. XI Abb. 45: Kupferstich bei Johann Janssonius, vor 1657, ÖNB, Kartensammlung, KAR0503359 Abb. 46: Kupferstich von Frans Hogenberg, um 1575, ÖNB, Kartensammlung, KAR0503919 Abb. 47: Kupferstich von J. Müller, 1703, ÖNB, Kartensammlung, KAR0511959 Abb. 48: Wien, Kunsthistorisches Museum, KK 6635, fol. 71r Abb. 49: Kupferstich/Radierung von Nicolas de Poilly nach eigener Zeichnung, o. J., ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00024155_01 Abb. 50: ÖNB, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, BE.10.R.5, Titelblatt Abb. 51: Kupferstich/Radierung von Johann Georg Mentzel, 1705/43, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00055934_01 Abb. 52: Kupferstich von Johann Martin Bernigeroth nach Johann Christian Besler, 1744, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00073646_01 Abb. 53: Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Cat. 1, fol. 10r Abb. 54: Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Cat. 1, fol. 99r Abb. 55: Kupferstich/Radierung von Carl Gottlieb Rasp, 1781, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00139410_01 Abb. 56: ÖNB, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, 211.448-B, Titelblatt Abb. 57: Kupferstich/Radierung bei Johann Christoph Weigel, um 1705, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00056914_01 Abb. 58: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, L 15031-B Abb. 59: Foto: ÖNB Abb. 60: Foto: ÖNB Abb. 61: Schabkunst von Bernhard Vogel nach Johann Kupezky, 1735, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00075753_01 Abb. 62: Foto: ÖNB Abb. 63: Kupferstich/Radierung von Nicolas Bazin, 1682, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, PORT_00038727_01 Abb. 64: Foto: ÖNB
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 65: Gouache auf Elfenbein, unbekannter Künstler, um 1786, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 2520 Abb. 66: ÖNB Hausarchiv, HB 469-1790, fol. 3 Abb. 67: Foto: ÖNB Abb. 68: Schabkunst von Johann Gerhard Huck nach Gemälde von Pompeo Batoni, 1788, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pg III/3/49E Abb. 69: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Geheimes Hausarchiv, Handschrift 67, S. 39 Abb. 70: Aquatinta von Jean Pierre Marie Jazet nach Gemälde von Nicolas Gosse, o. J., ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pg III/5/37 Abb. 71: Versailles, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Cabinet des Arts graphiques, INV.GRAV. LP13A, fol. 45r Abb. 72: Aquatinta von Nicolas-Marie-Joseph Chapuy nach Zeichnung von Toussaint, 1808, ÖNB, Kartensammlung, KAR0502118 Abb. 73: Bayerische Staatsbibliothek München, 8603066 4 Gall.sp. 52 p, S. 447, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10483217-5 Abb. 74: Gemälde von Joseph Hickel (zugeschrieben), um 1792, ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 3956 Abb. 75: Foto: ÖNB Abb. 76: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB 28032/4/1 Abb. 77: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB 4404a, 1. Teil, Titelblatt Abb. 78: ÖNB, Sammlung von Handschriften und alten Drucken, Cod.Ser.n. 12140, fol. 28v Abb. 79: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB 28032/4/1 Abb. 80: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB 28032/4/2 Abb. 81: Foto: ÖNB Abb. 82: Foto: ÖNB Abb. 83: Foto: ÖNB Abb. 84: ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, FKB.INV.85, Bd. 40, Titelblatt Abb. 85: Foto: ÖNB
301
Anhang
ANHANG Anhang I: Porträtsammlung des Prinzen Eugen von Savoyen Bezeichnungen der Sammlungsportefeuilles (ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung) 1. Ordnungsklasse
Band
2. Ordnungsklasse
Zählung
ANTIQUITÉ
TOM. I.
PATRIARCHES ROYS & PROPH[ETES] DES HÉBR[EUX] & SAGES DE LA GR[ÈCE]
I
TOM. II.
II
TOM. III.
TOM. IV.
TOM. V.
TOM. VI.
ROYS PRINCES & HÉROS DE L’ANC[IENNE] GRÈCE HOMM[ES] ILL[USTRES] PRINCESS[ES] & HÉROINES DE L’ANC[IENNE] GRÈCE ROYS DE ROME & EMPEREURS ROM[AINS] I. PART[IE] EMPEREURS ROM[AINS] & DE CONSTANTIN[OPLE] II. PART[IE] ILLUSTRES ROMAINS & ROMAINE
ITALIE
TOM. I.
ANCIENS ROYS
VII
TOM. II.
PAPES
VIII
TOM. III.
PAPES
IX
TOM. IV.
PAPES
X
TOM. V.
XI
TOM. VI.
TOM. VII.
TOM. VIII.
TOM. IX.
TOM. X.
CLERGÈ DE L‘ETAT ECCLESIAST[IQUE] CLERGÈ DE L‘ETAT ECCLESIAST[IQUE] NOBLESSE OFFICIERS L‘ETAT ECCLESIAST[IQUE] FAM[ILLE] DES COLONNA FAMIL[LE] DES URSINS IURISC[ONSULTES] & G[ENS] DE LETT[RES] DE L‘ETAT ECCLESIAST[IQUE] MEDEC[INS] CHIRURG[IENS] PEINTRES &c DE L‘ETAT ECCLES[IASTIQUE] ROYS DE NAPLES
TOM. XI.
XVII
TOM. XII.
TOM. XIII.
TOM. XIV.
NOBLESSE HOMM[ES] DE LETTRES & ART[ISTES] DE NAPLES FAM[ILLE] DES CARAFA ORIGINAIRE DE NAPLES CARD[INAUX] & EVEQ[UES] DE NAPLES ETATS DE SICILE GRAND DUCS DE TOSCANE FAM[ILLE] DE MEDICIS
III IV V VI
XII XIII
XIV
XV XVI
XVIII XIX XX
302
Anhang
TOM. XV.
TOM. XVI.
TOM. XVII.
TOM. XVIII.
NOBLESSE DE TOSCANE FAM[ILLE] DE GONDY IURISCONSULT[ES] & GENS DE LETTRES DE TOSCANE PEINTRES SCULPT[EURS] ARCHITECTES &c DE TOSCANE CLERGÉ DE TOSCANE
TOM. XIX.
DUCS & NOBLESS[E] DE MILAN
XXV
TOM. XX.
XXVI
TOM. XXI.
XXVII
TOM. XXII.
GENS DE LETTRES ART[ISTES] & CLERGÉ DE MILAN DUCS DE SAVOYE PR[INCES] DE PIEDMONT PRINC[ES] DE SAVOYE ETATS DU PAIS
TOM. XXIII.
DUCHEZ DE MANT[OUE] & DE PARME
XXIX
TOM. XXIV.
XXX
TOM. XXV.
DUCHEZ DE FERR[ARE] ET DE MODENE DOGES DE VENISE
TOM. XXVI.
XXXII
TOM. XXVII.
TOM. XXVIII.
TOM. XXIX.
TOM. XXX.
NOBLES VENITIENS & GENTILS HOMMES DE TERRE FERME IURISCONS[ULTES] & GENS DE LETTR[ES] DE VENISE MATHEMATICIENS MEDEC[INS] & CHIRUR[GIENS] DE VENISE PEINTRES SCULPT[EURS] ARCHITECTES &c DE VENISE CLERGÉ DE VENISE
TOM. XXXI.
REPUBLIQUE DE GENES
XXXVII
FRANCE
TOM. I.
ROYS
XXXVIII
TOM. II.
XXXIX
TOM. III.
TOM. IV.
TOM. V.
TOM. VI.
PRINC[ES] & PRINCESS[ES] DES MAIS[ONS] DE VALOIS & BOURB[ON] PRINC[ES] & PRINCESS[ES] DE LA MAIS[ON] DE BOURBON PRINC[ES] & PRINCESS[ES] DE LA MAIS[ON] DE BOURBON PRINC[ES] & PRINCESS[ES] DE LA MAIS[ON] DE BOURBON PRINC[ES] LEGITIMÉS MAITRESSES DES ROYS DAUPHINS DUCS DE BOURG[OGNE] DE BR[ETAGNE] C[OMTES] DE TOULOUSE DE PROV[INCE] D‘ANJOU CHANCELIERS GARD[ES] DES SCEAUX CONNETABLES MARECHAUX DE FRANCE
TOM.VII.
TOM. VIII.
TOM. IX.
XXI XXII XXIII XXIV
XXVIII
XXXI
XXXIII XXXIV XXXV XXXVI
XL XLI XLII XLIII XLIV
XLV XLVI
303
Anhang
TOM. X.
MARECHAUX DE FRANCE
XLVII
TOM. XI.
XLVIII
TOM. XII.
GRAND[S] OFFIC[IERS] DE LA COURONNE DUCS & DUCHESSES
TOM. XIII.
DUCS & DUCHESSES
L
TOM. XIV.
LI
TOM. XV.
TOM. XVI.
COMT[ES] MARQUIS & GENTILSHOMMES COMT[ES] MAQUIS GENTILSHOMMES DAMES ET DEMOIS[ELLES] MINISTRES D‘ETAT
TOM. XVII.
LIV
TOM. XVIII.
TOM. XIX.
TOM. XX.
TOM. XXI.
TOM. XXII.
TOM. XXIII.
TOM. XXIV.
TOM. XXV.
SECRET[AIRES] D’ETAT SURINT[ENDANTS] CONTROL[LEURS] & INT[ENDANS] DES FINANCES SURINT[ENDANS] DES BATI[MENS] CONS[EILLERS] D‘ETAT M[AITRES] DES REQUET[ES] INTEND[ANS] DES PR[OVINCES] CONS[EILLERS] D‘ETAT M[AITRES] DES REQUET[ES] INTEND[ANS] DES PR[OVINCES] PREM[IERS] PRESIDENS ET AUTRES PRESID[ENS] DU PARL[EMENT] DE PAR[IS] CONSEILLERS GENS DU ROY DU PARLEM[ENT] DE PARIS PRESID[ENS] CONSEILL[ERS] GENS DU ROYS DES PARLEM[ENS] DES PROV[INCES] OFFIC[IERS] DES COURS SOUVER[AINES] & IURISD[ICTIONS] DE PARIS MAGISTRATS DES PROVINC[ES] FINANC[IERS] TRESOR[IERS]DE FR[ANCE] ACADEMIE FRANCOISE
TOM. XXVI.
IURISCONSULTES AVOCATS
LXIII
TOM. XXVII.
LXIV
TOM. XXVIII.
HISTOR.ANTIQU[AIRES] CRITIQ[UES] GRAMMAIR[IENS] POETES
TOM. XXIX.
LXVI
TOM. XXX.
TOM. XXXI.
PHILOS[OPHES] MATHEM[ATICIENS] GEOGR[APHES] INGENIEURS MEDEC[INS] CHIRURG[IENS] CHIM[ISTES] APOTICAIR[ES] PEINTRES SCULPT[EURS] & ARCHITECTES
XLIX
LII LIII
LV
LVI
LVII
LVIII LIX
LX LXI
LXII
LXV
LXVII LXVIII
304
Anhang
TOM. XXXII.
LXIX
TOM. XXXIV.
GRAV[EURS] IARDINIERS VOYAG [EURS] CURIEUX IMPR[IMEURS] & LIBR[AIRES] MUSIC[IENS] DANS[EURS] ECU[YEURS] M[AITRES] D’ARMES MARCH[ANDS] & ARTIS[ANS] CARDINEAUX
TOM. XXXIII.
TOM. XXXV.
CARDINEAUX
LXXII
TOM. XXXVI.
ARCHEVEQUES & EVEQUES
LXXIII
TOM. XXXVII.
ARCHEVEQUES & EVEQUES
LXXIV
TOM. XXXVIII. ARCHEVEQUES & EVEQUES
LXXV
TOM. XXXIX.
ARCHEVEQUES & EVEQUES
LXXVI
TOM. XL.
ARCHEVEQUES & EVEQUES
LXXVII
TOM. XLI.
ARCHEVEQUES & EVEQUES
LXXVIII
TOM. XLII.
ARCHEVEQUES & EVEQUES
LXXIX
TOM. XLIII.
ABBES & PRIEURS
LXXX
TOM. XLIV.
ABBES & PRIEURS
LXXXI
TOM. XLV.
CHANOINES
LXXXII
TOM. XLVI.
CUREZ DE PARIS & DES PROVINCES
LXXXIII
TOM. XLVII.
LXXXIV
TOM. XLVIII.
DOCT[EURS] EN THEOL[OGIE] & AUTR[ES] ECCLES[IASTIQUES] MINISTR[ES] PROT[ESTANS] DEVOTS & DEVOT[ES] EMPEREURS PR[INCES] & PRINCESS[ES] DELA MAISON D’AUTRICHE PR[INCES] & PRINCESS[ES] DELA MAISON D’AUTRICHE PR[INCES] & PRINCESS[ES] DELA MAISON D’AUTRICHE PR[INCES] & PRINCESS[ES] DELA MAISON D’AUTRICHE PR[INCES] & PRINCESS[ES] DELA MAISON D’AUTRICHE OFFICIERS GENER[AUX] DE L‘EMPEREUR OFFIC[IERS] DE GUERRE DE L‘EMPEREUR GRANDS OFFIC[IERS] & MIN[ISTRES] DE L‘EMPER[EUR] PAYS HEREDIT[AIRES] DE L‘EMPEREUR ROYAUME DE BOHÈME
LXXXVII
ALLEMAGNE
TOM. I.
TOM. II.
TOM. III.
TOM. IV.
TOM. V.
TOM. VI.
TOM. VII.
TOM. VIII.
TOM. IX.
TOM. X.
TOM. XI.
LXX
LXXI
LXXXV LXXXVI
LXXXVIII LXXXIX XC XCI XCII XCIII XCIV XCV XCVI
305
Anhang
TOM. XII.
MAYENCE TREVES & COLOGNE
XCVII
TOM. XIII.
BAVIERE IERE PARTIE
XCVIII
TOM. XIV.
BAVIERE 2E PARTIE
XCIX
TOM. XV.
C
TOM. XVI.
PALATIN[AT] DU RHIN DUCH[É] DE NEUBOURG PR[INCES] & PRINCESS[ES] DE SAXE
TOM. XVII.
PR[INCES] & PRINCESS[ES] DE SAXE
CII
TOM. XVIII.
CIII
TOM. XIX.
TOM. XX.
TOM. XXI.
NOBL[ESSE] GENS DE GUERR[E] MAGISTR[ATS] & CONS[EILLERS] DE SAXE MAGISTRATS. CONS[EILLERS] & IURISC[ONSULTES] DE SAXE GENS DE LETTR[ES] MEDEC[INS] & ARTIST[ES] DE SAXE MIN[ISTRES] PROTEST[ANS] DE SAXE
TOM. XXII.
MIN[ISTRES] PROTEST[ANS] DE SAXE
CVII
TOM. XXIII.
CVIII
TOM. XXIV.
TOM. XXV.
ELECT[ORALE] PRINCES & PRINCESSES DE BRANDENBOURG POMERAN[IE] PRUSSE & BRANDENBOURG DUCHÈ DE BRUNSWICK
TOM. XXVI.
DUCHÈ DE WIRTEMBERG
CXI
TOM. XXVII.
CXII
TOM. XXVIII.
TOM. XXIX.
TOM. XXX.
TOM. XXXI.
LANDGRAVES PR[INCES] & PRINCESS[ES] DE HESSE PRINC[ES] DE FRISE DUCS DE CLEVES &c PR[INCES] D‘ANHALT. DE MANSFELDT &c PR[INCES] & PRINCESS[ES] DE NASSAU PR[INCES] & PRINCESS[ES] DE NASSAU NOBLESSE DE L‘EMPIRE
TOM. XXXII.
CXVII
TOM. XXXIII.
TOM. XXXIV.
TOM. XXXV.
TOM. XXXVI.
TOM. XXXVII.
CLERGÉ DE BOHEM[E] & DES PAYS HERED[ITAIRES] CLERGE DE BOHEM[E] & DES PAYS HERED[ITAIRES] ORDRE TEUTONIQ[UE] MAGISTR[ATS] PATRIC[IENNES] GENS DE LETT[RES] & ART[ISTES] D‘AUGSBOURG MIN[ISTRES] PROTEST[ANS] D‘AUGSBOURG FAM[ILLE] DES FUGGER D‘AUGSBOURG SENATEURS DE NUREMBERG
CI
CIV CV CVI
CIX CX
CXIII
CXIV CXV CXVI
CXVIII
CXIX
CXX CXXI CXXII
306
Anhang
CXXIII
TOM. XXXVIII. SENAT[EURS] & NOBL[ESSE] DE NUREMBERG TOM. XXXIX. NOBLESSE DE NUREMBERG
TOM. XL.
NOBLESSE DE NUREMBERG
CXXV
TOM. XLI.
CXXVI
TOM. XLII.
MAGISTRATS CONS[EILLERS] & IURISC[ONSULTES] DE NUREMBERG GENS DE LETT[RES] DE NUREMBERG
TOM. XLIII.
TOM. XLIV.
TOM. XLV.
TOM. XLVI.
TOM. XLVII.
TOM. XLVIII.
TOM. XLIX.
TOM. L.
TOM. LI.
TOM. LII.
TOM. LIII.
TOM. LIV.
TOM. LV.
TOM. LVI.
TOM. LVII.
TOM. LVIII.
TOM. LIX.
TOM. LX.
MEDEC[INS] CHIRURG[IENS] APOTIC[AIRES] ECRIVAINS IMPRIM[EURS] & MUSIC[IENS] DE NUREMBERG PEINTR[ES] SCULPT[EURS] GRAV[EURS] & ORFEVR[ES] DE NUREMBERG BOURG[EOIS] & MARCH[ANDS] DE NUREMBERG BOURG[EOIS] & MARCH[ANDS] DE NUREMBERG BOURG[EOIS] & MARCH[ANDS] DE NUREMBERG ARTISANS &c DE NUREMBERG ECCLESIAST[IQUES] & MIN[ISTRES] PROTEST[ANS] DE NUREMBERG MIN[ISTRES] PROTEST[ANS] DE NUREMBERG REPUBLIQ[UE] DE FRANCFORT SUR LE MEYN REP[UBLIQUES] DE ROTEMB[OURG] SCHWEIN FURT BIBERACH. EISLING[EN] NÖRDLINGEN &c REP[UBLIQUES] DE RATISBON & D‘ULM REP[UBLIQUES] DE BRESLAW LUBEC[K] BREME & HAMBOURG NOBL[ESSE] MAGISTR[ATS] GENS DE LETTR[ES]& ART[ISTES] D‘ALSACE MINISTR[ES] PROT[ESTANS] D‘ALSACE
CXXIV
CXXVII CXXVIII
CXXIX
CXXX CXXXI CXXXII CXXXIII CXXXIV CXXXV CXXXVI CXXXVII
CXXXVIII CXXXIX CXL CXLI
MAGISTRATS GENS DE GUER[RE] & DE CXLII LETTR.ET ART[ISTES] DE SUISSE MINISTR[ES] REFORM[ÉS] DE SUISSE CXLIII REP[UBLIQUE] DE GENEVE PERSONNES DE DIVERS ETATS CXLIV PLENIPOTENTIAIR[ES] POUR LA PAIX DE MUNSTER
CXLV
307
Anhang
TOM. LXI.
LORRAINE
TOM. I. TOM. II.
PLENIPOTENTIAIR[ES] POUR LA TREVE DE 1609.& DEPUTÉS A RATISB[ONNE] EN .1665. DUCS & PRINCES DE CETTE MAISON
CXLVI
CXLVIII
CL
CXLVII
PAYSBAS CATHOLIQUES
TOM. II.
PRINCE ETABLIS EN FRANCE ETATS DU PAYS COMTES DE FLANDR[ES] DUCS DE BRABANT SEIGNEURS NOBLESSE
TOM. III.
SEIGNEURS NOBLESSE
CLI
TOM. IV.
MAGISTRATS GENS DE FINANCE
CLII
TOM. V.
HOMMES DE LETTRES
CLIII
TOM. VI.
PEINTRES
CLIV
TOM. VII.
PEINTRES & AUTRES ARTIST[ES]
CLV
TOM. VIII.
CARDINAUX ARCHEV[EQUES] & EVEQ[UES] ABBÉS CHANOIN ET AUTR[ES] ECCLES[IASTIQUES] COMTES DE HOLLANDE
CLVI
TOM. I.
TOM. IX. PROVINCES UNIES
TOM. I. TOM. II.
CXLIX
CLVII CLVIII CLIX
TOM. III.
PENSIONAIRES BOURGMESTRES MAGISTRATS OFFICIERS DE TERRE & DE M[ER]
TOM. IV.
HOMMES DE LETTRES
CLXI
TOM. V.
HOMMES DE LETTRES
CLXII
TOM. VI.
CLXIII
TOM. VII.
TOM. VIII.
TOM. IX.
TOM. X.
ESPAGNE
TOM. I.
TOM. II.
TOM. III.
PEINTRES ARCHIT[ECTES] SCULPT[EURS] GRAVEURS & ORFEVRES MARCHANDS & CLERGÉ CATHOL[IQUE] MINISTRES & THEOLOG[IENS] PROTEST[ANS] MINISTRES & THEOLOG[IENS] PROT[ESTANS] MINISTRES & THEOLOG[IENS] PROTEST[ANS] ROYS VISIGOTS DE LEON ET DE CASTILLE ROYS DE CAST[ILLE] LEON ARAGON DEP[UIS] FERDIN[AND] V. NOBLESSE
TOM. IV.
CLXXI
TOM. V.
NOBLESSE GENS DE LETTR[ES] ARTISTES CLERGÉ
CLX
CLXIV CLXV CLXVI CLXVII CLXVIII CLXIX CLXX
CLXXII
308
Anhang
PORTUGAL
TOM. I.
ROYS
CLXXII
TOM. II.
CLXXII
ISLES BRITANNIQUE
TOM. I.
PR[INCES] PRINCESS[ES] ETATS DU ROYAUME ROYS D‘ANGLETERRE I. PART[IE]
TOM. II.
ROYS D‘ANGLETER[RE] II. PART[IE]
CLXXVI
TOM. III.
ROYS D’ECCOSSE PR[INCES] & PRINCESSES D’YORCK & STUART GRANDS OFFICIERS CHEFS DE IUSTICE DUCS & PAIRS MARQUIS COMTES & BARONS I. PART[IE] MARQUIS COMTES & BARONS II. PART[IE] BARONNETS, CHEV[ALIERS] ECUYERS, GENTILSH[OMMES] DUCHESS[ES] COMTESS[ES] AUTRES DAMES DUCHESS[ES] COMTESS[ES] AUTRES DAMES HOMMES DE LETTRES
CLXXVII
TOM. IV. TOM. V.
TOM. VI. TOM. VII. TOM. VIII.
TOM. IX.
TOM. X
TOM. XI. TOM. XII.
MEDEC[INS] VOYAGEU[RS] ARTIST[ES] & MARCH[ANDS] CARDIN[AUX] ARCHIEVEQ[UES] & EVEQUES PRETRES CATHOL[IQUES] & MINISTRES ROYS & REYNES
CLXXV
CLXXVIII CLXXIX CLXXX CLXXXI CLXXXII CLXXXIII CLXXXIV CLXXXV CLXXXVI
TOM. XIII.
POLOGNE
TOM. I.
TOM. II.
SUEDE
TOM. I.
NOBLESSE HOMMES DE LETTR. CLERG.&c ROYS
TOM. II.
ETATS DU ROYAUME
CXCI
DANNEMARCK
TOM. I.
CLXXXVII CLXXXVIII CLXXXIX CXC
ROYS ET PRINC[ES] DE HOLSTEIN
CXCII
DANNEMARCK TOM. II. TOM. II. MOSCOVIE HONGRIE TOM. I.
ETATS DU ROYAUME MOSCOVITES
CXCIII
ROYS
CXCIV
TOM. II.
CXCV
TOM. III.
PR[INCES] NOBLESSE DE TRANS[YLVANIE] VALAC[HIE] MOLDAV[IE] ALBAN[IE] NOBLESSE HOMMES DE LETTR[ES] CLERGÉ &c ORDRE DE S[T.] AUGUSTIN ORDRE DE S[T.] BENOIT
CXCVIII
ORDRES RELIGI- TOM. I. EUX TOM. II.
CXCVI CXCVII
309
Anhang
TOM. III.
BERNARDINS CARMES
CXCIX
TOM. V.
CCI
TOM. VI.
GENER[AUX] DE L‘ORD[RE] DE S[T.] FRANÇOIS RELIG[IEUX] DE L‘ORDRE DE S[T.] FRANÇOIS CAPUCINS
CCIV
TOM. VII. TOM. VIII.
CCII CCIII
TOM. IX.
TOM. X.
RECOLLETS CHARTREUX PREMONTRÉS CELEST[INS] CAMALD[ULES] TRINITAIRES DE LA MERCY MINIMES & AUTRES JESUITES
TOM. XI.
JESUITES
CCVII
TOM. XII.
CCVIII
TOM. XIII.
TOM. XIV.
ANC[IENS] EVEQUES. DOCT[EURS] DE L‘EGLISE TURQUIE & GRECE ASIE AFRIQUE & AMERIQUE EN PETITES SUITTES
THEATINS BARNAB[ITES] SOMASQUES ET PRETR[ES] DE L’ORAT[OIRE] RELIGIEUS. DE LA VISITATION URSEL[INES] DE L’ANNONC[IADE] &c CHEVALIERS DES ORDRES MILITAIR[ES] & EVEQUES IN PARTIBUS
CCV
CCVI
CCIX
CCX CCXIII
CCXIV
PRINCES & AUTRES HABITANS ROYS PRINCES PRINCESSES & HOMMES ILLUSTR[ES]
CCXV
CCXVII
CCXI
CCXII
COMEDIENS PERSON[NAGES] GROTESQ[UES] & EXTRAOR[DINAIRES] ANONYMES TOM. I. TOM. II.
CCXVI
310
Anhang
Anhang II: Porträtsammlung Louis-Philippes I., Titel der Klebeände (Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Cabinet des Arts graphiques, LP 1-115) Band
Titel
erhalten
1
König Pharamund bis Karl der Große (420–768)
ja
2
Karl der Große (768) bis Ludwig VII., König von Frankreich (1137)
-
3
Ludwig VII. (1137) bis Ludwig X., Könige von Frankreich (1314)
-
4
Ludwig X. bis Karl VI., Könige von Frankreich (1314–1380)
ja
5
Karl VI., König von Frankreich (1380–1422)
-
6
Karl VII., König von Frankreich (1422–1461)
-
7
Ludwig XI., König von Frankreich (1461–1483)
ja
8
Karl VIII. bis Ludwig XII., Könige von Frankreich (1483–1515)
ja
9
Franz I., König von Frankreich (1515–1547)
ja
Heinrich II. bis Franz II., Könige von Frankreich (1547–1560)
ja
10 11
ja
12
Karl IX., König von Frankreich (1560–1574)
ja
13
Heinrich III., König von Frankreich (1574–1589)
ja
14
Elisabeth I., Königin von England (1558–1603)
ja
15
Papst Sixtus V. (1585–1590)
ja
16
Heinrich IV., König von Frankreich (1589–1610)
ja
17
Philipp III., König von Spanien (1598–1621)
ja
18
Jakob I., König von England (1603–1625)
ja
19
Christian IV., König von Dänemark (1588–1648)
ja
20
Ludwig XIII., König von Frankreich (1610–1643)
ja
21
Gustav II. Adolf, König von Schweden (1611–1632)
ja
22
Ferdinand II., römisch-deutscher Kaiser (1619–1637)
ja
23
Papst Urban+ VIII. (1623–1644)
ja
24
Karl I., König von England und Oliver Cromwell (1625–1660)
ja
25
Christina, Königin von Schweden (1633–1654)
ja
26
Ferdinand III., römisch-deutscher Kaiser (1637–1658)
ja
28
Philipp IV., König von Spanien (1621–1665)
ja
29/I
Anna von Österreich, Regentin von Frankreich (1643–1651)
ja
29/II
ja
30
Ludwig XIV., König von Frankreich (1643–1715)
ja
31/I
Philippe von Frankreich, Herzog von Orléans (+1701)
ja
31/II
ja
32
Louis II. de Bourbon, prince de Condé (+1686)
ja
33
Anne Marie Louise d’Orléans (+1693)
ja
34
Johann II. Kasimir, König von Polen (1648–1668)
ja
311
Anhang
35
Friedrich III., König von Dänemark (1648–1670)
ja
36
Papst Alexander VII. (1655–1667)
ja
37
Karl II. bis Jakob II., Könige von England (1660–1689)
ja
39
Leopold I., römisch-deutscher Kaiser (1658–1705)
ja
40
Christian V., König von Dänemark (1670–1699)
ja
41
Karl II., König von Spanien (1665–1700)
ja
42
Wilhelm III., König von England (1689–1702)
ja
43
Papst Innozenz XII. (1691–1700)
ja
44
Louis, Dauphin von Frankreich (+1711)
ja
45
Louis, Dauphin von Frankreich, Herzog von Burgund (+1712)
ja
46
Friedrich I., König in Preußen (1701–1713)
ja
47
Anne, Königin von England (1702–1714)
ja
48
Karl XII., König von Schweden (1797–1718)
ja
49
Papst Clemens XI. (1700–1721)
ja
50
Peter I., Kaiser von Russland (1682–1725)
ja
51
Friedrich IV., König von Dänemark (1699–1730)
-
52
Georg I., König von Großbritannien und Irland (1714–1727)
-
53
Philippe II. de Bourbon, Herzog von Orléans (1715–1723)
-
54
Leopold, Herzog von Lothringen (1690–1720)
-
55
Viktor Amadeus II., Herzog von Savoyen (1675–1732)
-
56
August II., König von Polen (1697–1734)
-
57
Louis Alexandre de Bourbon, comte de Toulouse (+1737)
_
58
Friedrich Wilhelm II., König in Preußen (1713–1740)
ja
59
Karl VI., römisch-deutscher Kaiser (1711–1740)
ja
60
Philipp V., König von Spanien (1700–1746)
ja
61
Christian VI., König von Dänemark (1730–1746)
ja
63
Stanislaus I. Leszczyński, König von Polen (1737–1766)
ja
64
Ludwig XV., König von Frankreich (1715–1774)
ja
65
Ludwig I., Herzog von Orléans (1703–1752)
ja
66
Papst Benedikt XIV. (1740–1758)
ja
67
Ferdinand VI., König von Spanien (1746–1759)
ja
68
Georg II., König von Großbritannien und Irland (1727–1760)
ja
69
Elisabeth, Kaiserin von Russland (1741–1762)
ja
70
Louis-Ferdinand de Bourbon, Dauphin von Frankreich (+1765)
ja
71
Franz I. Stephan, römisch-deutscher Kaiser (1745–1765)
ja
72
Friedrich V., König von Dänemark (1746–1766)
-
73
Maria Theresia von Österreich (1740–1780)
-
74
Louis-Philippe I., Herzog von Orléans (+1785)
-
312
Anhang
75
Friedrich II., König von Preußen (1740–1786)
ja
76
Karl III., König von Spanien (1759–1788)
-
77
Joseph II., römisch-deutscher Kaiser (1765–1790)
-
78
Gustav III., König von Schweden (1771–1792)
-
79
Katharina II., Kaiserin von Russland (1762–1796)
-
80
Christian VII., König von Dänemark (1766–1808)
-
81
Paul I., Kaiser von Russland (1796–1801)
-
82
George Washington (+1799)
-
83
Ludwig XVI., König von Frankreich (1774–1793)
ja
84
Konstituante (1789–1791)
ja
85
ja
86 87
ja Gesetzgebende Nationalversammlung (1791–1792)
ja
88
Nationalkonvent (1792–1795)
ja
89
Direktorium (1795–1799)
ja
90
Papst Pius VI. (1775–1799)
ja
91
Napoleon Bonaparte, Erster Konsul (1799–1804)
ja
92
Napoleon I., Kaiser der Franzosen (1804–1821)
ja
93
ja
94
Karl IV., König von Spanien (1788–1819)
ja
95
Georg III., König von Großbritannien und Irland (1760–1819)
ja
96
Papst Pius VII. (1800–1823)
ja
97
Ludwig XVIII., König von Frankreich (1814–1824)
ja
98
Ferdinand IV., König beider Sizilien (1751–1825)
ja
99
Alexander I., Kaiser von Russland (1801–1825)
-
100
Maximilian I. Joseph, König von Bayern (1806–1825)
-
101
Johann VI., König von Portugal (1816–1826)
-
102
Friedrich August I., König von Sachsen (1806–1827)
-
103
Franz I., König beider Sizilien (1825–1830)
-
104
Georg IV., König von Großbritannien und Irland (1820–1830)
-
105
Ferdinand VII., König von Spanien (1808–1833)
-
106
Karl X., König von Frankreich (1824–1830)
-
107
Franz I., Kaiser von Österreich (1804–1835)
-
109
Mahmud II., Sultan (1785–1839)
ja
110
Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (1770–1840)
ja
112
Karl XIV. Johann, König von Schweden (1763–1844)
ja
115
Louis-Philippe I., König der Franzosen (1773–1850)
ja
-
Victoria, Königin von Großbritannien und Irland (1819–1901)
ja
313
Anhang
Anhang III: Porträtsammlung Kaiser Franz’ I. Die Klassenbezeichnungen nach Berufen und Ständen im handschriftlichen Inventar (ÖNB, BAG, FKB 28032/5-7) und im Bandkatalog 1829–1832 (ÖNB, BAG, FKB.INV.85). In eckiger Klammer die jeweiligen Entsprechungen Handschriftliches Inventar Abte und Pröbste
Bandkatalog 1829–1832 Äbte Abgeordnete
Admiralen
Admirale
Advokaten
Advokaten
[Medici]
Ärzte Alter/Hohes
Apotheker
Apotheker Astronomen
[Rebellen]
Aufrührer Baumeister Beamte Bibliothekare Bildhauer
Bischöffe und Erzbischöffe
Bischöfe
Buchdrucker und Buchführer
Buchdrucker und Buchhändler
Bürger
Bürger
Bürgermeister
Bürgermeister
Cardinale
Cardinaele
Chimici
Chemiker
Chirurgi
[Wundärzte]
Botaniker
Consuln Churfüsten Dichter Domherrn
Domherrn
Einsidler
Einsiedler
[Schulmeister]
Erzieher und Schulmänner
[Militairs]
Feldherren
Frankreich Familie Frauen [Verschiedene]
Frauen
Geistliche Gelehrte Generale Kayserliche, Generalen
Gelehrte überhaupt
314
Anhang
Gesandten Kayserliche, Gesandte
Gesandte und andere Diplomaten Geschichtsschreiber und Geographen
Götter [Theologen]
Gottesgelehrte
Gouverneure Kayserliche, Gouverneure Handelsleute Handwerker
Handwerker
Heilige
Heilige
Hofchargen Kayserliche, Hofchargen
Hofchargen
Kammerherrn Kaiserliche
Kammerherrn
Ketzer
[Irrlehrer]
Klosterfrauen
Klosterfrauen
Künstler
Künstler Kupferstecher
Mahler
Mahler Mathematiker
Medici
[Ärzte]
Militairs Kaiserliche, Militairs
Militaire Mineralogen
Minister Kayserliche, Minister
Minister
[Wunderbare Geschöpfe]
Missgestalten
Mönche
Mönche
Musici
[Tonkünstler]
Notarien
Notare Oekonomen
Pastoren
Pastoren
Pfarrherren
Pfarrer
Philosophen
Philosophen (Aesthetiker, Kritiker) Physiker
Poeten Prediger
Prediger Priester
Professoren Propheten
Propheten
Räthe Kayserliche, Räthe
Räthe
Rathsherren
Rathsherrn
315
Anhang
Rebellen
[Aufrührer]
Rechtsgelehrte
Rechtsgelehrte Redner
[Musici]
Tonkünstler
Schulmeister
[Erzieher und Schulmänner]
Sekretaire Kaiserliche Sekretaire
Secretäre
Stabsoffiziere Kaiserliche, Stabsof- Stabsoffiziere fiziere Statthalter Superintendenten
Superintendenten
Sybillen
Sibillen
Theaterleute Theologen
[Gottesgelehrte]
Verbrecher
Verbrecher
Verschiedene Portraite
Verschiedene Porträte
[Chirurgi]
Wundärzte
Wunderbare Geschöpfe
[Missgestalten] Zoologen
Anhang IV: Friedrich Nicolai, Klassen der Bildersammlung (Berlin, Landesarchiv, E Rep. 200-02-01, Nr. 1, Bl. 96) I II III
IV V VI VII VIII IX X XI
Kaiser, Könige Fürsten, Minister, welche die Wisssenschaften befördert haben Gelehrte Frauenzimmer Gottesgelehrte Katholische Theologen Theologen, so vor der Reformation von den Katholiken abgegangen sind Lutherische Theologen Reformierte Theologen (worunter auch die Englische Kirche gehört) Arminianer, Sorinianer und andere differtierende Religionsgattungen Mannonisten, Seperatisten, auch Schwärmer Jüdische Theologen Griechische Theologen Rechtsgelehrte Ärzte und Wundärzte Weltweise (wozu auch moralische Schriftsteller gehören) Mathematiker, Astronomen Naturkundige Geschichtsschreiber und Erdbeschreiber, auch Reisebeschreiber Philologen, Kritiker, Altertumskundige, Litteratoren Haushaltungs- und Kameral- Schriftsteller; Handlung, Staatswirtschaft
316 XII XIII XIV
XV XVI XVII XVIII Brd.
III. Ordnungsstrategien
Schriftsteller vom Kriegswesen, und berühmte Generale, über deren Feldzüge Schrfften geschrieben worden. Dichter, theatralische Schriftsteller, Romanenschreiber Maler Bildhauer Kupferstecher und andere Künstler, auch Schriftsteller die theoretisch über die schönen Künste geschrieben haben. Hierunter Italienische Maler die römische Schule die florentinische Schule die venezianische Schule die lombardische Schule die Genuesische Schule die Neapolitanische schule (wohin auch die spanischen Maler gehören) deutsche und schweizer Maler holländische Maler flandrische Maler Englische Maler französische Maler Kupferstecher Bildhauer Baumeister Medailleure, Goldarbeiter und andere Künstler […]etische Schriftsteller, Liebhaber und Beförderer der schönen Künste Musiker Schauspieler Buchdrucker und Buchhändler Merkwürdige Personen, die unter den vorigen Classen nicht begriffen sind Brandenburgische Bildnisse
PERSONENREGISTER Aachen, Hans von 191 Abbot, Charles 241 Abington, Frances 96 Abt, Felizitas 79 Ackermann, Rudolph 136 Adam, Jakob 82, 83, 114 Adanson, Jean-Baptiste 114 Adanson, Michel 114 Adelbulner, Johann Ernst 99 Adolf Johann I., Herzog von Stegeborg 245 Agostino di Giovanni 96 Agricola, Johann 180 Alberoni, Giulio 105 Albert, Herzog von Sachsen-Teschen 143 Albrecht V., Herzog von Bayern 178, 182, 184, 234 Albrecht, Markgraf von Brandenburg, Kurfürst von Mainz 191 Albrechtsberger, Johann Georg 109, 110 Alembert, Jean Le Rond d‘ 78 Alois I., Fürst von Liechtenstein 144 Amalie, Markgräfin von Baden 138 Amort, Eusebius 113 Andreas von Österreich 132, 189 Angelis, Desiderio de 42 Apin, Sigmund Jakob 26, 28, 63, 149, 151, 154, 155, 165, 167, 169, 171, 196 Argotta (Gemahlin von König Pharamund) 244 Artaria, Carlo 80 Artaria, Domenico 85, 138 Artaria, Francesco 80 Attila, König der Hunnen 100 Auerbach, Alois 23, 24 August, Kurfürst von Sachsen 180, 197 Augustinus, Heiliger 245 Augustus, römischer Kaiser 98 Balbi, Adriano 36, 175 Balen, Pieter Gerard van 238 Banks, Joseph 79 Banti, Brigida 79 Bardi, Luigi 136 Bartoli, Pietro Santo 98 Bartolozzi, Francesco 144 Bartsch, Adam von 116, 196, 211, 227–234, 256
Bartsch, Friedrich Joseph Adam von 232 Basan, Pierre-François 101, 228 Batoni, Pompeo 73, 81 Batthyány, József 83 Beaumarchais, Pierre Augustin Caron de 78 Becker, Wilhelm Gottlieb 111 Bell, John 96 Belle-Isle, Charles Louis Auguste Fouquet de 214 Benazech, Charles 74 Benedetti, Tommaso 129 Berch, Carl Reinhold 158 Beringeroth, Johann Martin 96 Bernhard, Herzog von Sachsen-Weimar 99 Bertuch, Friedrich Justin 119 Bestelmeyer, Georg Hieronymus 44, 93 Beyschlag, Daniel Eberhard 136 Bichler, Franz 236 Biedermann, Johann Gottlieb 216 Binder von Kriegelstein, Karl Freiherr 135, 138 Binz, Johann Georg 75, 88, 91 Birkenstock, Johann Melchior von 146 Blau, Leopold 129 Böckh, Franz Heinrich 32 Bodenehr, Gabriel 96 Boerner, Johann Andreas 135 Boisserée, Sulpiz 136 Born, Ignaz von 82, 84 Borstell, Ludwig von 149 Bos, Jacobus 98 Bötticher, Jakob Gottfried 148 Boydell, John 81, 118 Boyet, Etienne 209 Brambilla, Johann Alexander 79, 83 Brand, Friedrich August 44, 116 Brandes, Ernst 119 Brandes, Georg Friedrich 31, 58, 116–125, 147, 257, 265, 269 Braunschweig-Wolfenbüttel, Albrecht Heinrich von 96 Brouillot, Franz 136 Brucker, Johann Jakob 35, 152, 166 Brühl, Heinrich von 204
318 Brukenthal, Samuel von 82 Brunetti, Lazar Ferdinand Graf 137 Buffon, Georges Louis Le Clerc de 42 Burgkmair, Hans 9 Burke, Thomas 105 Byng, George 65 Cadet de Gassicourt, Charles Louis 143 Callot, Jacques 49–51 Calvinus, Johannes 270 Camden, Charles Pratt 66 Camerarius, Joachim 188 Camerer, Jobst 181 Cancrin, Franz Ludwig von 87 Capet, Hugo 244 Cappi, Johann 91, 111 Cavalieri, Giovanni Battista 98 Charlotte Sophia, Königin von Großbritannien 105 Childerich III., König 244 Chlodwig I., König 250 Chodowiecki, Daniel Nikolaus 73, 167 Christian I., Kurfürst von Sachsen 177 Christian VI, König von Dänemark 225 Ciccarelli, Antonio 98 Clément, Nicolas 16, 141, 195 Clermont, Robert de 276 Cloßmann, Johann 236 Clouwet, Albertus 101 Cocceji, Karl Friedrich Ernst 119 Colbert, Jean-Baptiste de 141, 192, 193, 254 Colloredo-Wallsee, Franz Graf 41, 61 Colman, George 66 Conti, Karl 46 Cornet, Jakob Oliver Freiherr von 238 Cortona, Pietro da 42 Cropp, Friedrich Ludwig Christian 147 Custos, Dominicus 138 Czernin, Johann Rudolf Graf 130 Danko, Graf von Zollern 97 Daullé, Jean 66 Delacroix, Eugène 250 Deparcieux, Antoine 79 Depping, Georg Bernhard 241 Desrochers, Étienne Jehandier 101 Dezallier d’Argenville, Antoine-Joseph 169, 196 Diderot, Denis 78 Dietzsch (Künstlerfamilie) 92
Personenregister
Doll, Anton 106 Dreux du Radier, Jean François 100 Dufour, Ludwig 93 Dunker, Balthasar Anton 67 Dupin, Charles 241 Düren, Gebrüder van 87 Dürer, Albrecht 191 Dutens, Louis 40 Dyck, Anton van 236, 239 Ebner von Eschenbach, Hieronymus Wilhelm 164 Edelinck, Gérard 230 Eichler, Gottfried 67 Eitel Friedrich, Graf von Zollern 97 Elisabeth Christine, Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel 74 Elisabeth I., Königin von England 242 Elisabeth Wilhelmina von Württemberg (1. Gemahlin von Kaiser Franz I.) 68 Erasmus von Rotterdam 191 Ernst I., Herzog von Sachsen-Gotha 191 Esterházy von Galántha, Nikolaus I. Joseph Fürst 84 Esterházy von Galántha, Nikolaus II. Fürst 143 Esterházy von Galántha, Paul Anton Fürst 84 Eudokia, Kaiserin 244 Euler, Leonhard 79 Evelyn, John 141 Ferdinand I., römisch-deutscher Kaiser 188, 223 Ferdinand I., Kaiser von Österreich 34, 44, 129, 277 Ferdinand III., Großherzog von Toskana 67, 86 Ferdinand IV., König von Neapel 67, 73, 74, 83, 258 Ferdinand, Erzherzog von Österreich (1529– 1595) 132, 178, 179, 186, 189, 190 Fergus, König von Schottland 245 Feuerlein, Paul Jacob von 161 Fickler, Johann Baptist 183 Fleischer, Johann Georg 87 Fontenelle, Bernard Le Bovier de 78 Forkel, Johann Nikolaus 110 Forsell, Christian Didrik 136 Fouquet, Nicolas 214
Personenregister
Franz I. Stephan, römisch-deutscher Kaiser 74 Franz I., König von Frankreich 251 Franz Joseph I., Kaiser von Österreich 13 Franz Karl, Erzherzog von Österreich (Sohn von Kaiser Franz I.) 44, 48 Frauenholz, Johann Friedrich 89, 90, 92, 121 Friedrich August I., König von Sachsen 197, 198, 221 Friedrich II., König von Preußen 65, 70, 73 Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz 181 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen 257 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg 97 Fries, Moritz von 144 Frister, Eduard 36, 127 Frister, Joseph 88 Fritsch, Thomas 99 Fröschl, Daniel 178, 190 Füger, Heinrich Friedrich 83, 128 Fugger, Johann Jakob 184 Fulvio, Andrea 28, 168 Füssli, Johann Caspar 79 Gabrielli, Amedeo 74 Gädicke, Gebrüder 106 Gaignières, Roger de 16 Gandersheim, Roswitha von 158 Garelli, Pius Nikolaus 209 Gartner, Joseph Rupert 92 Georg II., König von Großbritannien 225 Gérard, François 250 Geysel, Johann David 160 Giovio, Paolo 29, 200 Gleditsch, Paul 129 Goercke, Johann Friedrich 157 Goltzius, Hendrick 188 Gräffer, Franz 84 Gräffer, Rudolph 29, 92, 261 Granger, James 141 Grimm, Wilhelm 136 Gumppenberg, Wilhelm von 200 Gundel, Paul Anton von 144 Hackert, Jakob Philipp 67 Haelwegh, Albert 98, 100 Hagen, Johann Georg Friedrich von 171 Haid, Johann Jakob 152 Handel, Paul Anton Freiherr von 24, 134
319 Hansen, Georg Wilhelm 148 Harrach, Johann Nepomuk Ernst Graf 144 Hartlieb, Johann Heinrich 164 Hauer, Heinrich Xaver von 232 Haydn, Joseph 84, 109, 110 Hedwig Eleonora, Königin von Schweden 245 Heinecken, Karl Heinrich von 173, 196, 204–208 Heinrich III., König von Frankreich 251 Heinrich, Prinz von Preußen 73, 77 Hell, Maximilian 83 Henriet, Israël 49 Hertelli, Johann Baptist Freiherr von 144 Heucher, Johann Heinrich von 197, 198–204, 206 Heyne, Christian Gottlob 119 Hieronymus, Heiliger 245 Hoerling, Johann David 89 Hogarth, William 81 Hohenleithner, Lukas 88 Hohenwart, Sigismund Anton von 11, 40, 52, 55 Holbein, Hans 238 Hommel, Karl Ferdinand 157 Honorius, Kaiser 244 Hood, Samuel 65 Houbraken, Jacobus 100 Hruby-Geleny, Karl Eduard Freiherr von 134, 135 Huber, Michael 120, 122, 123 Hugo, Victor 241 Hunter, William 66, 79 Hus, Jan 188 Imhoff, Christoph Jakob 164 Isabella, Prinzessin von Bourbon-Parma 97 Jacquin, Nikolaus Joseph von 84 Janota, Johann Georg 82 Jaresch, Johann 129 Jérôme Bonaparte, König von Westphalen 257 Jiménez de Cisneros, Francisco 105 Joachim Murat, König von Neapel 258 Johann, Erzherzog von Österreich (Bruder von Kaiser Franz I.) 43 Johann V., König von Portugal 225 Johanna Elisabeth, Herzogin von Württemberg 261 John, Friedrich 89
320 Jones, John Paul 77 Josef Wenzel, Fürst von Liechtenstein 105 Joseph I., römisch-deutscher Kaiser 100, 223 Joseph II., römisch-deutscher Kaiser 67, 73, 74, 77, 82, 83, 84, 97, 102, 109 Joseph, Erzherzog von Österreich (Bruder von Kaiser Franz I.) 47 Jügel, Carl 135 Karl, Erzherzog von Österreich (Bruder von Kaiser Franz I.) 36 Karl Ambrosius von Österreich-Este 103 Karl Friedrich, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach 130 Karl II., König von Spanien 223 Karl IV., römisch-deutscher Kaiser 264 Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz 234– 239 Karl V., römisch-deutscher Kaiser 74, 181, 188 Karl VI, römisch-deutscher Kaiser 222, 223, 225, 242 Karl VII., römisch-deutscher Kaiser 96 Karl X. Gustav, König von Schweden 245 Karl XI., König von Schweden 245 Karl XIV. Johann, König von Schweden 137 Karpf, Alois 27 Katharina II., Kaiserin von Russland 65, 119 Kauffmann, Angelika 105 Kaunitz-Rietberg, Wenzel Anton von 81, 83 Keyßler, Johann Georg 160, 198, 203, 216 Khloyber, Leopold Joseph von 13, 32, 35, 36, 127, 133, 138, 267, 271, 272 Kininger, Vincenz Georg 128, 129 Klesl, Melchior 105 Krafft, Johann Peter 279 Krahe, Lambert 234, 238 Kray, Paul von 77 Kupecký, Jan 82, 162 Kurz, Josef Felix von 79 La Harpe, Jean-François de 78 La Rocque, Barthélemy de 239 Lacy, Franz Moritz von 82 Lafreri, Antonio 98, 168 Lampi, Giovanni Battista 83 Langenau, Eduard Georg Wilhelm von 136 Larrey, Isaac de 100 Laudon, Gideon Ernst von 67, 68, 83, 105 Lavater, Johann Caspar 40, 78, 150
Personenregister
Lavos, Joseph 130 Lavos, Karl 130 Le Brun, Charles 45, 81, 245, 250 Lena, Eusebio Maria della 76 Lena, Giacomo della 76 Lenglet Du Fresnoy, Nicolas 53 Lenthe, Friedrich Christoph Georg 138 Leoni, Ottavio 79 Leopold Anton, Erzbischof von Salzburg 84 Leopold I., Markgraf von Österreich 132, 189 Leopold I., römisch-deutscher Kaiser 221, 222, 245 Leopold II., römisch-deutscher Kaiser 40, 73, 74, 83, 85, 126, 257 Leopold Wilhelm, Erzherzog von Österreich 105 Leopoldine, Erzherzogin von Österreich (Tochter von Kaiser Franz I.) 47 Leslie, John 66 Lessing, Gotthold Ephraim 112 Leyden, Lucas van 191 Liechtenstein, Karl Borromäus Joseph 82 Liefrinck, Hans 188 Ligne, Charles Joseph de 77 Linné, Carl von 99 Litrow, Johann 129 Longhi, Alessandro 79 Longhi, Giuseppe 129 Löschenkohl, Hieronymus 70, 71 85 Louis-Philippe I., König der Franzosen 240–254 Ludolf, Hiob 192 Ludwig I., Herzog von Bourbon 276 Ludwig XIII., König von Frankreich 218, 276 Ludwig XIV., König von Frankreich 193, 195, 214, 218, 221, 222, 245, 249, 251, 253, 257, 276 Ludwig XV., König von Frankreich 218 Ludwig XVI., König von Frankreich 74, 257 Ludwig XVII., König von Frankreich 264 Ludwig, Anton 41 Ludwig, Dauphin von Frankreich (1661-1711) 218, 245, 253 Ludwig, Erzherzog von Österreich ((Bruder von Kaiser Franz I.) 45, 46, 47 Luther, Martin 188, 270 Magni, Giuseppe 44, 49 Mahmud II., Sultan 243
Personenregister
Manfredini, Federigo Ferdinando 41 Mansfeld, Johann Ernst 82, 83 Mansfeld, Johann Georg 82 Manteuffel, Ernst Christoph von 200, 203 Marc Aurel, römischer Kaiser 98 Marcenay de Ghuy, Antoine de 42 Maria Anna, Erzherzogin von Österreich 44, 45 Maria Anna, Prinzessin von Savoyen (Gemahlin von Kaiser Ferdinand I. von Österreich) 129 Maria Carolina, Erzherzogin von Österreich 43, 45, 67 Maria Christina, Erzherzogin von Österreich und Statthalterin der Niederlande 74, 143 Maria Elisabeth, Erzherzogin von Österreich 45 Maria Franziska Elisabeth, Königin von Portugal 245 Maria I., Königin von Portugal 258 Maria Josepha, Prinzessin von Bayern 97 Maria Louisa, Infantin von Spanien (Gemahlin von Kaiser Leopold II.) 46, 83 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen (1717–1780) 52, 74, 80, 82, 262 Maria Theresia, Königin von Frankreich 221, 245, 253 Maria Theresia, Prinzessin von Neapel-Sizilien (2. Gemahlin von Kaiser Franz I.) 47, 87, 104 Marie Antoinette, Königin von Frankreich 73, 74 Marie Louise, Erzherzogin von Österreich ((Tochter von Kaiser Franz I.) 44, 46, 47 Mariette, Jean 212, 229 Mariette, Pierre Jean 208, 212, 213 Marolles, Michel de 141, 192–195 Marron, Paul-Henri 240 Martinez, Joseph 227 Matthias, römisch-deutscher Kaiser 181 Maugis, Claude 142 Maurer, Hubert 46 Maximilian Franz, Erzherzog von Österreich und Erzbischof von Köln 74 Maximilian Friedrich, Erzbischof von Köln 82 Maximilian I. Joseph, König von Bayern 130, 271
321 Maximilian I., Kurfürst von Bayern 173 Maximilian I., römisch-deutscher Kaiser 9, 74, 187, 189 Mechel, Christian von 41, 92 Melanchton, Philipp 270 Mendelssohn, Moses 118 Mengs, Anton Raphael 84 Mennel, Jakob 9 Merian, Matthäus 99 Mérimée, Prosper 250 Merkel, Paul Wolfgang 160 Metastasio, Pietro 82, 83 Metternich, Klemens Wenzel Lothar Fürst 128 Meusel, Johann Georg 119 Mihrimah Sultan 188 Moehsen, Johann Karl Wilhelm 99, 157 Mollo, Tranquillo 92 Montagu, Mary Wortley 214 Montalivet, Marthe Camille Bachasson de 242 Morichelli, Anna 84 Mozart, Wolfgang Amadeus 84 Müller, Theobald 182 Nanteuil, Robert 141, 231 Napoleon I., Kaiser der Franzosen 258, 264 Napoleon III., Kaiser der Franzosen 250 Nepveu, Frédéric 249 Nettelbladt, Daniel 154, 156, 168 Nicolai, Friedrich 118, 146, 156, 170 Nolhac, Pierre de 250 Nüll, Jakob Friedrich van der 144 Oranien-Nassau, Moritz von 105 Orléans, Ferdinand-Philippe d‘ 249 Orléans, Hélène Louise d‘ 249 Orsini-Rosenberg, Franz Seraph von 77 Ortelius, Abraham 180 Ossolinski, Józef Maksymilian 232 Paar, Karl von 144 Panvinio, Onofrio 101 Panzer, Georg Wolfgang 160 Pape, Ludwig 136 Passe, Crispijn van de 98 Payer von Thurn, Rudolf 19, 94, 96 Pepys, Samuel 141 Peter I. Friedrich Ludwig, Herzog von Oldenburg 119, 124 Peter II., König von Portugal 245
322 Peter, Jean-Antoine 228 Pezzl, Johann 80, 88, 268 Pharamund (sagenhafter König) 242 Philipp I., König von Spanien (Kastilien) 223 Philipp IV., König von Spanien 74, 245, 248 Philipp V., König von Spanien 225 Piccini, Isabella 76 Pichler, Johann Peter 82, 83 Poggi, Antonio 239 Poniatowski, Józef 83 Poussin, Nicolas 42 Preißler, Johann Daniel 47 Primisser, Johann Baptist 189 Putnam, Israel 77 Quiccheberg, Samuel 25, 173, 184–186, 192 Raffaello, Sanzio 129, 193 Rahl, Carl Heinrich 129 Rákóczi, Franz II. Fürst 82 Rath, Franz 92 Reinecke, Johann Friedrich 79 Reni, Guido 42 Reusner, Nikolaus 29, 168 Reynolds, Joshua 65, 141, 230 Ridolfi, Carlo 76, 79 Rigaud, Hyacinthe 229, 250 Rodney, George Brydges 61, 62, 65 Rosa, Salvator 91 Rossi, Andrea 81 Rossi, Giovanni Giacomo de 101 Rost, Carl Christian Heinrich 90, 120, 121 Roth, Christoph Melchior 162 Roth-Scholtz, Friedrich 28, 99, 162, 200 Rousseau, Jean-Jacques 77 Rudolf II., römisch-deutscher Kaiser 74, 178, 190 Rudolf IV., Herzog von Österreich 224 Rudolf, Erzherzog von Österreich ((Bruder von Kaiser Franz I.) 45, 46, 47 Rudolf, Erzherzog von Österreich (Sohn von Kaiser Franz Joseph I.) 233 Sacchi, Andrea 42 Sadeler, Egidius 191 Salieri, Antonio 109, 110 Samet, Franz Joseph von 136 Sammer, Rudolph 92 Sasso, Giovanni Maria 76 Sauer, Ignaz 35, 57, 58, 92, 126 Saurau, Franz Joseph von 129
Personenregister
Savioli-Fontana-Corbelli, Ludwig von 239 Savoyen-Carignan, Eugen von 31, 97, 203, 208–234 Schad, Georg Friedrich Kasimir 158 Schaumburg, Carl 92 Schetelig, Johann Andreas Gottfried 28, 147, 155, 167, 168, 170 Schiavonetti, Luigi 74 Schiavoni, Natale 129 Schloissnigg, Johann Baptist von 67 Schmidt, Florian 64 Schmidt, Georg Friedrich 97, 101, 230 Schmutzer, Jakob Matthias 44, 45, 82, 84 Schongauer, Martin 191 Schrenck von Notzing, Jakob 132 Schreyvogel, Joseph 92, 111 Schroeter, Christian 163 Schwarzenberg, Karl Philipp Fürst 130 Schwindel, Georg Jakob 160 Sebastian I., König von Portugal 181 Sedlnitzky, Joseph von 128 Seebisch, Siegmund Gottlob 200 Seidel, Friedrich 158 Seydlitz, Friedrich Wilhelm von 77 Shakespeare, William 96 Sigismund, Kaiser 264 Silberrad, Johann Gustav 161 Sillem, Garlieb Helwig 167 Simier, René 242 Skall, Johann Baptist 102–109, 115 Sonnleithner, Christoph 109 Sonnleithner, Joseph 92, 109–112, 115 Spiegel, Caspar Philipp Graf 134, 135 Stabius, Johannes 9 Stanislaus August II., König von Polen 119, 257 Stanislaus I., König von Polen 225 Starhemberg, Georg Adam von 103 Starhemberg, Guido von 105 Stein, Joseph 278 Steinbrech, Johann Peter 136 Steindl, Matthias 129 Stifft, Andreas Joseph von 128 Stimmer, Tobias 29 Stöckl, Franz Xaver 88, 89, 116, 121, 122, 123 Strada, Jacobus 180, 183 Straet, Jan van der 89, 98 Süleyman I., Sultan 188
323
Personenregister
Sulzer, Johann Georg 150 Swieten, Gottfried van 110, 229 Tassilo, Graf von Zollern 97 Terzio, Francesco 132, 184, 189 Thaa, Georg 273 Thein, Franz 127 Theoderich, König 244 Theodosius II., Kaiser 244 Thermantia (Gemahlin von Kaiser Honorius) 244 Thomasius, Gottfried 156, 160, 164, 215, 224 Thomsen, Christian Jürgensen 136 Trauttmansdorff-Weinsberg, Ferdinand zu 103, 104 Trauttmansdorff-Weinsberg, Josef Graf 135 Trew, Christoph Jacob 160 Varnhagen, Johann Adolph Theodor Ludwig 136 Vasari, Giorgio 29, 79 Vatout, Jean 240, 244, 248 Vernet, Claude Joseph 61, 66, 84 Verschaffelt, Peter Anton von 234 Vertue, George 100 Vico, Enea 184 Victoria, Prinzessin von Savoyen-Carignan 208 Viero, Teodoro 76 Vogel, Bernhard 162 Voltaire 78 Vosmeer, Michiel 182 Waldmüller, Ferdinand Georg 130 Wallacher, Gerhard Matthäus 27, 147, 157 Washington, George 65, 77 Weigel, Johann August Gottlob 122 Werff, Adriaen van der 100 West, Benjamin 77 Westermayer, Peter Paul 82 Wilhelm I., König von Württemberg 130 Will, Georg Andreas 148, 149, 152, 162, 164 Wille, Johann Georg 101, 230 Willemet, Remy 79 Willigis, Erzbischof von Mainz 137 Wilmans, Friedrich 135 Wirsing, Adam Ludwig 75, 86, 92, 93 Woollett, William 77 Woyna, Eduard Graf 136 Young, Peter Thomas 58, 108, 126, 131, 133, 137, 138, 256, 271
Zahn, Benedict Wilhelm von 161 Zichy, Stefan Graf 137 Ziegler, Johann 116 Zieten, Hans Joachim von 73 Zimmermann, Johann Georg 149 Zucchi, Francesco 76 Zwingli, Ulrich 270 Zype, Frans van den 241