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German Pages 232 Year 2001
Planung 2000 Herausforderungen für das Fachplanungsrecht
Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 144
Planung 2000 Herausforderungen für das Fachplanungsrecht Vorträge auf den Zweiten Speyerer Planungsrechtstagen vom 29. bis 31. März 2000 an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer
Herausgegeben von
Jan Ziekow
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Planung 2000 - Herausforderungen für das Fachplanungsrecht I Hrsg.: Jan Ziekow. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriftenreihe der Hochschule Speyer; Bd. 144) ISBN 3-428-10527-3
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0561-6271 ISBN 3-428-10527-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 97068
Inhaltsverzeichnis Vorwort.....................................................................................................................
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Europäisierung des Planungsrechts Von Hans D. Jarass, Münster ............................................................................
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Die Bedeutung einer europäischen Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen von Plänen und Programmen für das Fachplanungsrecht Von ChristofSangenstedt, Berlin ......................................................................
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Die Umsetzung der FFH-Richtlinie durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und die Auswirkungen auf Planungen Von Klaus Iven, Bonn ........................................................................................
45
Die Verfahrensbeteiligung von Behörden und anderen Trägern öffentlicher Belange Von Thorsten Siegel, Speyer ..............................................................................
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Informationsrechte in Planungsverfahren Von Christian Schrader, Fulda ..........................................................................
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Lärmschutz bei der Planung von Verkehrsvorhaben Von Helmuth Schu/ze-Fielitz, Würzburg ............................................................ 105 Aspekte einer umweltgerechten Verkehrssteuerung durch Planungs- und Ordnungsrecht Von Wi/fried Erbguth, Rostock .......................................................................... 131 Die Plangenehmigung- ein taugliches Instrument der Planungspraxis? Von Hans-Martin Müller, DUsseldorf ................................................................ 147
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Inhaltsverzeichnis
Änderung und Ergänzung von Planfeststellungsbeschlüssen Von Peter Henke, Essen .................. ..... ...................................... ................. .... ... 177 Die Verbandsklage gegen Planungsakte
VonJan Ziekow, Speyer ..................................................................................... 197 Verzeichnis der Referenten ... ................ ...... ..... ......... ...... .. .. .. ..... .. ... .. .. ...... .. .... ... .. ..... 231
Vorwort Der vorliegende Band faßt die Vorträge zusammen, die auf dem - nicht sehr phantasievoll betitelten- Forum "Planung 2000- Herausforderungen für das Fachplanungsrecht" vom 29. bis 31. März 2000 an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer gehalten wurden. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser "2. Speyerer Planungsrechtstage" waren Vertreter aller Ebenen der Verwaltung, der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Rechtsanwaltschaft, der Wirtschaft und der Wissenschaft. Meine Sekretärin, Frau Erika Köge/, hat sachkundig die Formatierung des Bandes übernommen; hierfür sei ihr gedankt. Darüber hinaus gebührt Frau Köge/, Frau Elsie Medl, meiner Sekretärin, meiner Assistentin Frau Dr. Annette Gucketherger sowie Herrn Wissenschaftlichen Referenten Thorsten Siegel herzlicher Dank für die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Tagung. Speyer, im Dezember 2000
Jan Ziekow
Europäisierung des Planungsrechts Von Hans D. Jarass
I. Unterschiedliche Begriffe und Gebiete 1. Raumplanungsrecht, Raumordnungsrecht, Raumentwicklungsrecht
a) Das SpannWlgsfeld zwischen Gemeinschaftsrecht Wld nationalem PlanWlgsrecht wird bereits auf der Ebene der Begriffe Wld der Gebietsabgrenzungen deutlich. Das PlanWlgsrecht, .genauer das Raump/anungsrecht, also die räumliche Planung der öffentlichen Hand1 umfasst in Deutschland mehrere, deutlich voneinander geschiedene Teilbereiche. Zwei Teilbereiche sind der GesamtplanWlg zuzurechnen, also der PlanWlg, die alle in dem betreffenden Raum auftretenden Raumansprüche und Belange koordiniert: das Raumordnungsrecht fiir die überörtliche Gesamtplanung Wld das Bauplanungsrecht fiir die örtliche GesamtplanWlg.2 Hinzu kommen die verschiedenen Teilfelder des Fachplanungsrechts, die der planensehen BewältigWlg sektoraler Aufgaben und Problemfelder dienen? Das wichtigste Teilgebiet der FachplanWlg ist das Verkehrsp/anungsrecht. b) All das ist fiir jemanden, der sich mit dem PlanWlgsrecht in Deutschland beschäftigt, lapidar Wld selbstverständlich. Gerade deshalb wirkt es sich aber sehr misslich aus, dass im EG-Bereich schon die BegriffsbildWlg und der Zuschnitt der Rechtsgebiete nicht selten abweicht. So wird der Begriff der RaumordnWlg auf der Gemeinschaftsebene zum Teil als Oberbegriff benutzt, der nicht allein die RaumordnWlg im deutschen Sinne, sondern zudem die BauleitplanWlg Wld wohl auch die FachplanWlg erfasst. Das gilt etwa fiir die einzige Vorschrift des EG-Vertrags, die den Begriff der RaumordnWlg verwendet: Art. 175 Abs. 2 EGV. Wenn dort von RaumordnWlg gesprochen wird, dann ist
1 Vgl. Hoppe I Grotefels, Öffentliches Baurecht, 1995, § 1 Rdnr. 3; Brohm, Öffentliches Baurecht, 2. Aufl. 1999, § 2 Rdnr. 23. 2 Hoppe I Grotefels, Öffentliches Baurecht, 1995, § 1 Rdnrn. 4 f. 3 Etwa Lautner, Funktionen raumordnenscher Verfahren, 1999, S. 31.
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neben der Raumordnung im deutschen Sinne auch die Bauleitplanung gemeint. 4 Dies wird deutlich, wenn man einen Blick auf die englische Fassung der Vorschrift wirft, wo von "town and country planning" die Rede ist. Ein weiter Raumordnungsbegriff lag auch dem Entwurf zur Plan-UVP-Richtlinie von 1997 zugrunde. 5 Dort wurden als Pläne "im Bereich der Raumordnung" etwa Pläne "in Bereichen wie Verkehr( ...), Energie, Abfallbewirtschaftung, Bewirtschaftung von Wasserressourcen, Industrie ( ... ), Telekommunikation und Tourismus" eingestuft. 6 Seit einiger Zeit wird auf EG-Ebene vielfach von Raumentwicklung gesprochen, wo früher von Raumordnung die Rede war. 7 Damit werden die Missverständnisse um den Raumordnungsbegriff vermieden. Da aber der Begriff der Raumentwicklung im deutschen Planungsrecht eher unüblich ist, führt das zu erneuten Unsicherheiten. c) Die unterschiedliche Begriffsverwendung im deutschen und im Gemeinschaftsrecht bildet zunächst eine Quelle von Missverständnissen, da die deutschen Rechtsanwender dazu tendieren, die EG-rechtlichen Begriffe so zu verstehen, wie sie das im nationalen Recht gewohnt sind. Die Begriffsunterschiede sind aber auch Ausdruck einer unterschiedlichen Struktur des deutschen und des EG-Planungsrechts. Die verschiedenen Bereiche des deutschen Raumplanungsrechts sind nicht nur begrifflicher Natur. Vielmehr sind sie normativ und institutionell deutlich voneinander geschieden. Franz-Josef Peine hat insoweit sogar von einer "enormen Zersplitterung" gesprochen.8 Das ist sicher etwas übertrieben; aber die These enthält einen richtigen Kern. Für jedes Teilgebiet gibt es eigene Gesetze. Für die überörtliche Gesamtplanung das Raumordnungsgesetz (und die Landesplanungsgesetze), fiir die örtliche Gesamtplanung das Baugesetzbuch und fiir die Fachplanung das jeweilige Fachgesetz, etwa das Bundesfernstraßengesetz.9 4 Jarass, DÖV 1999, 661. Auch die Fachplanung dürfte von der Vorschrift erfasst sein, wobei allerdings der nähere Umfang unklar ist. 5 Vorschlag fiir eine Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, vom 25.3.1997 (ABI. 1997 C 129 I 14). 6 Der Entwurfvom 22.2.1999 (ABI. 1999 C 83 I 13) vermeidet dagegen den Begriff der Raumordnung als Oberbegriff. 7 Kennzeichnend etwa der Wandel der Titel der Kommissions-Dokumente "Europa 2000 - Perspektiven der künftigen Raumordnung der Gemeinschaft" von 1991 und "Europa 2000+ - Europäische Zusammenarbeit bei der Raumentwicklung" von 1995; zu diesen Dokumenten Jarass, DÖV 1999, 664; Wahl, in: Festschrift flir B1ümel, 1998, s. 621. 8 Peine, Öffentliches Baurecht, 3. Auf1.1997, Rdnr. 7. 9 Und der Vollzug dieser Gesetze liegt bei ganz unterschiedlichen Stellen: Für die Ausführung des Raumordnungsrechts sind die Landesraumordnungsbehörden zuständig, für die Bauleitplanung die jeweiligen Gemeinden. Die Durchführung der Fachplanung liegt bei den jeweiligen Fachbehörden des Bundes und der Länder, wobei auf Landes-
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Im EG-Bereich fehlt es dagegen an einer solchen Aufteilung bzw. Aufspaltung. Die Rechtsakte und Dokumente sind vielfach übergreifender Natur. Dazu trägt natürlich der Zustand wesentlich bei, dass das Raumplanungsrecht der Gemeinschaft noch wenig entwickelt ist. Mit zunehmendem Ausbau wird es vermutlich zu einer stärkeren Differenzierung kommen. Gleichwohl dürfte die fehlende Aufspaltung ihren Grund auch in dem stärker integrativen Ansatz des EG-Rechts fmden, der in anderen Bereichen ebenfalls anzutreffen ist. 10
2. Die Verknüpfung mit der Regional- und Strukturförderung Der integrative Ansatz des EG-Rechts zeigt sich im vorliegenden Zusammenhang noch in anderer Weise. In Deutschland besteht zwischen dem Raumplanungsrecht einerseits und dem Recht der Regional- und Strukturförderung andererseits ein tiefer Graben. Vielfach nehmen die zuständigen Stellen voneinander überhaupt keine Kenntnis. Auf der Ebene der Ressorts sind meist verschiedene Ministerien zuständig. Und die eingesetzten Instrumente sind sehr unterschiedlicher Art: Während das Raumplanungsrecht im Wesentlichen mit mehr oder minder verbindlichen Plänen arbeitet, setzt die Regional- und Strukturförderung Geld ein. Allerdings stehen auch bei ihr im Hintergrund nicht selten räumlich differenzierende Pläne. Das macht deutlich, dass sich Raumplanung einerseits und Regional- und Strukturförderung andererseits gegenseitig beeinflussen und möglicherweise behindern. Sie weisen jedenfalls zahlreiche Berührungspunkte auf. All das macht den erwähnten Graben zwischen den beiden Rechtsgebieten sehr problematisch. 11 Auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft existiert dieser Graben nicht. Der Grund dafiir ist relativ lapidar: Die Europäische Gemeinschaft hat bislang kaum verbindliche Regelungen für den Bereich des Raumplanungsrechts erlassen, auch deshalb, weil es zweifelhaft ist, ob und wie weit die Gemeinschaft hier Kompetenzen besitzt bzw. wahrnehmen darf. 12 Die Folge ist, dass die Gemeinschaft ihre raumplanefischen Konzepte vor allem mit Hilfe der Regionalund Strukrurförderung realisiert. Dazu trägt auch bei, dass die Strukturpolitik ebene die zuständigen Behörden vielfach zu anderen Ressorts als die Raumordnungsbehörden gehören. 10 Zum integrativen Ansatz des EG-Umweltrechts Bohne, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 227 ff. 11 Zu Recht verlangt Spannowsky, UPR 1998, 165, eine stärkere Verbindung von Regionalpolitik und Raumplanung in Deutschland. 12 Dazu Jarass, DÖV I 999, 66 I ff.; vorsichtig Battis, in: Festschrift fl.ir Schlichter, I 995, S. I 90 f.; sehr restriktiv Hoppe I Deutsch, in: Rengeling (Hrsg.), Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, Bd. II, § 88 Rdnm. 41 f.
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und die Raumentwicklungspolitik von der gleichen Generaldirektion verwaltet werden. Für die Vertreter des deutschen Planungsrechts, fiir die die Einbeziehung der Regionalforderung ungewöhnlich ist, wird dadurch das Verständnis der Aktivitäten der Gemeinschaft in diesem Bereich zusätzlich erschwert.
II. EG-rechtliche Elemente der Raumplanung 1. Zur Bedeutung EG-rechtlicher Maßnahmen
Wenn man von einem Raumplanungsrecht der Europäischen Gemeinschaft spricht, muß man sich bewusst sein, dass sich dieses Gebiet in seiner Eigenart wesentlich vom deutschen Raumplanungsrecht unterscheidet. Während im deutschen Recht Planungsgesetze verbindliche und einseitige Entscheidungen genereller wie konkreter Natur ermöglichen, wird das Raumplanungsrecht der Gemeinschaft durch Strategiepapiere, durch Leitlinien und Fördermittel geprägt, also durch weiche Instrumente. Lediglich das raumbezogene Umweltrecht der Gemeinschaft und ansatzweise die Regelungen zu den transeuropäischen Netzen gehen über diesen Befund hinaus. 13 Gleichwohl wäre es verfehlt, die Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft
fiir die Raumplanung als unbedeutend abzutun. Die Maßnahmen der Gemein-
schaft kommen generell "auf leisen Sohlen" und wählen Begriffe und Bezeichnungen, die auf möglichst wenig Animositäten in den Mitgliedstaaten stoßen. Dabei nimmt man in Kauf, dass Begriffe und Regelungen das in der Sache Gemeinte nur sehr unzureichend verdeutlichen. So sind etwa die Verordnungen des Gemeinschaftsrechts nicht mit Rechts- oder Verwaltungsverordnungen des nationalen Rechts zu vergleichen, sondern mit formliehen Bundesgesetzen. Und die Richtlinien sind keineswegs für den Regelfall bedeutsame Empfehlungen, sondern besonders durchschlagskräftige Rahmengesetze. 14 Dabei ist noch unberücksichtigt, dass Verordnungen und Richtlinien im Rang über den Bundesgesetzen stehen. Die Unterschätzung des EG-Rechts ist ein Grundproblem, das auch die öffentliche Meinung in Deutschland (wie anderswo) prägt. Als der Rat die UVPRichtlinie vor Jahren beschloss, fand sich in den folgenden Tagen in keiner großen deutschen Tageszeitung ein Bericht. Und die späteren Berichte beschränken sich auf eine kurze Notiz. Als dann das deutsche UVP-Gesetz erlasZu diesen Feldern unten II 3 und li 4. Bemerkenswerterweise wird bei den deutschen Rahmengesetzen, anders als bei den Richtlinien, für den Fall der unzureichenden Umsetzung eine unmittelbare Wirkung überwiegend abgelehnt. 13
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sen werden sollte, das allein die unvermeidlichen Konsequenzen aus der Richtlinie zog, gab es eine große Anhörung im Bundestag. Und der Beschluss des Parlaments war abends eine der Hauptnachrichten im Fernsehen. In den überregionalen Tageszeitungen wurde umfangreich auf das Gesetz eingegangen. Fazit: Die eigentlich wichtige Entscheidung durch den Beschluss über die Richtlinie wurde kaum wahrgenommen, während die nationale Umsetzung als die große Entscheidung angesehen wurde, obgleich sie sich auf die Erfüllung der zwingenden Richtlinienvorgaben beschränkte. Auch in anderen Zusammenhängen sind solche Fehleinschätzungen immer wieder festzustellen. Daher sollte man sich auch im Bereich der Raumplanung nicht von den "Samtpfoten" der Vorgaben des EG-Rechts täuschen lassen. 2. Europäisches Raumentwicklungskonzept a) Im vergangeneo Jahrzehnt ist zunehmend deutlich geworden, dass Raumplanung und Raumentwicklung Themen sind, die auch eine EG-weite Dirnension besitzen, 15 obgleich diese Themen zu den Kernelementen der Aufgaben der Mitgliedstaaten gerechnet werden und daher die Mitgliedstaaten sorgsam darauf bedacht sind, die Initiative nicht allein der Kommission zu überlassen. 16 Unsicher war und ist allerdings, wie mit diesem Befund umgegangen werden soll. Daher ist man zunächst darangegangen, eine Grundkonzeption zu erarbeiten. Zu diesem Zweck haben die für die Raumordnung zuständigen Minister im Rat der Europäischen Union im Juni 1997 den ersten Entwurf eines "Europäischen Raumentwicklungskonzepts" vorgelegt, um eine Diskussion mit den interessierten Teilen der Öffentlichkeit zu errnöglichen. 17 Die Ergebnisse der Konsultation wurden im Februar 1999 anlässlich eines Forums in Brüssel vorgestellt. 18 Die Kommission unterstützte die Ausarbeitung des Europäischen Raumentwicklungskonzepts durch die Veranstaltung von acht transnationalen Seminaren zu Schlüsselthemen des Konzepts und zu seiner praktischen Umsetzung in verschiedenen Gebieten grenzüberschreitender Kooperation.19 Zudem 15 Dazu haben die Kornmissionsdokumente zur Raumplanung "Europa 2000" von 1991 und "Europa 2000+" von 1995 wesentlich beigetragen; dazu Jarass, DÖV 1999, 664. 16 Vgl. dazu Battis, in: Festschrift fiir Schlichter, 1995, S. 194 ff. 17 Der Entwurf wurde natürlich auch den nationalen Parlamenten zugeleitet. Dementsprechend hat der Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben (BRDrs. 690 I 91- Beschluss). 18 Weiterhin haben die Minister aufihrer Sitzung in Echtemach im Dezember 1997 die Einrichtung eines Beobachtungsnetzwerks flir die Raumplanung in Europa angeregt. Es wird auch im Europäisches Raumentwick1ungskonzept, BT-Drs. 14 I 1388, Anm. 20 unter einem etwas abweichenden Titel angesprochen. 19 Vgl. Niessler, in: Das Österreichische Raumordnungskonzept 2001, 1999, S. 83 f.
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hat die Kommission 1998 ein umfangreiches Arbeitsdokument ,,Bericht über die Gemeinschaftspolitiken und Raumentwicklung" vorgelegt, um die Diskussion um das Europäische Raumentwicklungskonzept zusätzlich zu befruchten.20 Auf dieser Grundlage kam es dann im Mai 1999 anlässlich der informellen Sitzung des Rats der Minister für Raumordnung in Potsdam zum endgültigen Beschluss über das Europäische Raumentwicklungskonzept. 21 b) Das Europäische Raumentwicklungskonzept besteht aus einem stärker politisch ausgerichteten Teil A und einem eher deskriptiven Teil B. Im Teil A wird zunächst die Notwendigkeit eines Europäischen Raumentwicklungskonzepts behandelt und dann der Einfluss der verschiedenen Politikfelder der Gemeinschaft auf die räumliche Entwicklung dargestellt. In einem weiteren Abschnitt werden politische Ziele und Optionen der Raumentwicklung behandelt. Dem folgt ein Abschnitt über die Anwendung des Europäischen Raumentwicklungskonzepts durch die Einrichtungen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten. Im letzten Abschnitt geht es um die Erweiterung der Europäischen Union. Das Europäische Raumentwicklungskonzept ist keine reguläre Maßnahme der Europäischen Gemeinschaft. Es wurde von keinem Gemeinschaftsorgan erlassen, sondern von den ,,Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission". 22 Andererseits wurde es, wie dargelegt, von der Kommission intensiv mit vorbereitet. Das Europäische Parlament, der Ausschuss der Regionen und der Wirtschafts- und Sozialausschuss gaben eine Stellungnahme ab?3 Zudem wurde das Raumentwicklungskonzept auf einer Sitzung des Rats, wenn auch informeller Natur, getroffen. Inhaltlich ist das Dokument, wie es selbst formuliert, "ein politischer Rahmen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den gemeinschaftlichen Fachpolitiken mit hoher Raumwirksamkeit untereinander sowie mit den Mitgliedstaaten, ihren Regionen und Städten". 24 Es wird also durch einen ausgeprägten Gemeinschaftsbezug gekennzeichnet. All das legt es nahe, im Europäischen Raumentwicklungskonzept einen uneigentlichen Ratsbeschluss zu sehen bzw. - wenn man den Begriff des Beschlusses auf verbindliche Entscheidungen beschränkf5 - eine uneigentliche Ratsentschließung?6 Unabhängig von dieser terminologischen Frage ist klar, dass das http//www. inforegio.cec.eu. int/document/doc/document/coordfon/Bericht_de.doc. BT-Drs. 14 I 1388. 22 Europäisches Raumentwick1ungskonzept, BT-Drs. 14 I 1388, etwa Nr. 3, 22. 23 Europäisches Raumentwick1ungskonzept, BT-Drs. 14 I 1388, Nr. 24. 24 Europäisches Raumentwicklungskonzept, BT-Drs. 14 I 1388, Nr. 22. 25 So etwa Oppermann, Europarecht, 2. Aufl 1999, Rdnr. 584; anders v.Borries, Europarecht von A-Z, 2. Aufl 1993, S. 101; Schweitzer I Hummer, Europarecht, 5. Aufl 1996, Rdnr. 183; Huber, Recht der Europäischen Integration, 1996, § 13 Rdnr. 7. 26 Oppermann, Europarecht, 2. Aufl 1999, Rdnr. 587; v. Borries, Europarecht von A-Z, 2. Aufl. 1993, S. 159. 20 21
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Europäische Raumentwicklungskonzept keinen rechtsverbindlichen Charakter hat, wie es selbst ausdrücklich feststellt. 27 Gleichwohl ist es für die deutsche Raumplanung von Gewicht. 28 Demgemäß spricht das Dokument von seiner Nutzung und Berücksichtigung durch die "für die Raumordnung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene verantwortlichen Behörden".29 Darüber hinaus wird bereits in einem bindenden Rechtsakt des Gemeinschaftsrechts ausdrücklich auf das Europäische Raumentwicklungskonzept abgehoben. 30
3. Umweltrecht und Raumplanung Während die direkt die europäische Raumentwicklung betreffenden Aktivitäten der Gemeinschaft über unverbindliche Entscheidungen noch nicht hinausgelangt sind, sieht sich die Raumplanung von einer anderen Seite her rechtlich verbindlichen Vorgaben ausgesetzt. Das Umweltrecht der Gemeinschaft, das immer mehr Felder besetzt, wirkt sich zunehmend auch auf die Raumentwicklung aus. Auf die damit angesprochenen Fragen kann hier nur hingewiesen werden. Für das Raumplanungsrecht von ganz besonderem Gewicht ist das Naturschutzrecht der Gemeinschaft, also die Vogelschutz-Richtlinie und die FaunaFlora-Habitat-Richtlinie. Seit der A-20-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist dies auch in das allgemeine Bewusstsein getreten.31 Ohne auf Einzelheiten einzugehen, ist festzuhalten, dass sich aus diesen Richtlinien bzw. aus dem sie umsetzenden nationalen Recht weitreichende Restriktionen fiir den Erlass von Plänen der Raumordnung, der Bauleitplanung und der Fachplanung ergeben. 32 Das Netz Natura 2000, dessen Realisierung die Richtlinien bezwekken, wird zu einer gewichtigen verbindlichen Vorgabe fiir die nationale Raurnplanung in allen Bereichen. Eine Relativierung durch die planensehe Abwägung ist ausgeschlossen, soweit das EG-Recht nicht selbst Abstriche gestattet. Für die Verfahrensseite planenscher Vorhaben ist die UmweltinformationsRichtlinie von Bedeutung. Sie ermöglicht den Beteiligten wie der interessierten 21 Europäisches Raumentwicklungskonzept, BT-Drs. 14/1388, Nr. 22: "rechtlich nicht bindendes Dokument"; ähnlich etwa Nr. 165. 28 Vgl. dazu illustrativ Selke, in: Das Österreichische Raumordnungskonzept 2001, 1999, s. 90 ff. 29 Europäisches Raumentwicklungskonzept, BT-Drs. 14/1388, Nr. 184. 30 Art.4 Abs.1 lit.a VO 1261/1999 vom 21.6.1999 über den Europäischen Fonds flir regionale Entwicklung (ABI. L 161/43). 31 BVerwG, NuR 1998, 261; NVwZ 1998,961. 32 Etwa Wahl. in: Festschrift flir Blümel, 1998, 632 ff.; Jarass, DÖV 1999, 666 f.; Spannowsky, UPR 2000, 41 ff. ; Jarass (Hrsg,), EG-Naturschutzrecht und räumliche Gesamtplanung, 2000.
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Öffentlichkeit einen weitreichenden Zugang zu allen behördlichen Informationen, auch während des Planungsverfahrens. Auf die damit verbundenen Probleme wird noch zurückzukommen sein. Schließlich werden von der Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme gewichtige Wirkungen für das Planungsrecht ausgehen, über die sich der Rat bereits grundsätzlich geeinigt hat und die in absehbarer Zeit in Kraft treten wird. 33 Sie wird für die meisten Arten raumbedeutsamer Pläne gelten. Bebauungspläne werden allerdings nur erfasst, wenn sie mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden sind. 34 Auf die Einzelheiten der Richtlinie kann hier nicht eingegangen werden. Folgenlos wird sie aber nicht sein. Handlungsbedarf kann sich etwa im Hinblick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung beim Erlass von Raumordnungsplänen ergeben.
4. Transeuropäische Netze Vor allem die Fachplanungen, aber keineswegs nur sie, werden durch die transeuropäischen Netze erheblich beeinflusst werden, ein Beitrag des Gemeinschaftsrechts zur Raumplanung, der - nicht unzureffend - als spektakulär bezeichnet wurde. 35 Er hat seine Grundlage unmittelbar im EG-Vertrag. Der dort enthaltene Titel XV "Transeuropäische Netze" soll gemäß Art. 154 Abs. 1 EGV den ,,Auf- und Ausbau solcher Netze in den Bereichen der Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur" fördern. Im Folgenden werde ich nur auf den Verkehrsbereich eingehen, obwohl für die anderen Bereiche Ähnliches gilt. Zur Realisierung des beschriebenen Ziels gibt Art.l55 EGV drei Instrumente vor: ( 1) Zunächst stellt die Gemeinschaft so genannte Leitlinien auf, die eine Verkehrswegeplanung auf Gemeinschaftsebene darstellen.36 Die Leitlinien fmden ihren Niederschlag in Karten für jedes Mitgliedsland, vergleichbar den kartographischen Darstellungen im Bundesverkehrswegeplan. Wichtigster Bestandteil der Leitlinien ist die Ausweisung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse. (2) Des Weiteren hat die Gemeinschaft die Interoperabilität der Infra-
33 Vorschlag flir eine Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme vom 22.2.1999 (ABI. C 83 I 13); dazu Ziekow, UPR 1999' 287 ff. 34 Dazu Art. 4 Abs. 4 des in Fn. 30 zitierten Richtlinienvorschlags. 35 Wahl, in: Festschrift für Blümel, 1998, S. 625, spricht sogar vom "spektakulärsten Beitrag des Gemeinschaftsrechts zu den Fachplanungen". 36 Vgl. Entscheidung 1692 I 96 I EG vom 23.7.1996 über gemeinschaftliche Leitlinien flir den Ausbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABI. 1996 L 228 I I, ber. ABI. 1997 L 15 I!); dazuJürgensen, UPR 1998, 13.
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stru~turnetze im Sinne einer technischen Kompatibilität zu ermöglichen. 37 (3) Schließlich eröffnet Art. 155 Abs. 1 EGV der Gemeinschaft die Möglichkeit, die in den Leitlinien festgelegten Vorhaben durch Finanzierungsbeiträge zu unterstützen.
Mit diesen Regelungen hat die Gemeinschaft "das Stadium des fmanzierungslastigen Handeins überwunden; vor die Finanzierungsinstrumente hat sich die inhaltliche Programmplanung der Leitlinien geschoben". 38 Dadurch unterscheidet sich der Ansatz der transeuropäischen Netze von der vielfältigen und seit langem zum Einsatz kommenden Regional- und Strukturförderung der Gemeinschaft. Bei den transeuropäischen Netzen fmdet Planung nicht nur im Vorfeld der eigentlichen Förderentscheidungen statt, sondern ist ein eigenständiger und notwendiger Teil der Gemeinschaftsaktivität Zu den Wirkungen dieser Gemeinschaftspolitik hat Rainer Wahl :zUtreffend festgehalten: ,,Die Bedeutung dieser Auswirkungen dürften in der ersten Phase dadurch verdeckt und abgemildert erscheinen, daß beim ersten Konzept die europäische Programmplanung fiir die transeuropäischen Netze die nationalen Planungen und Prioritätsvorstellungen weitgehend übernommen hat. Die Wirkung wird sich aber dann rasch zeigen, wenn im nationalen Raum, was nicht selten ist, Änderungen oder Umorientierungen vorgenommen werden sollen; dann wird sich die Existenz und der zumindest faktische Vorrang der übergeordneten europäischen Ebene erweisen". 39 5. Regional- und Strukturförderung
a) Ein letztes Feld, das angesprochen werden soll, ist die Regional- und Strukturförderung der Gemeinschaft. Sie bildet den zentralen Baustein der in Art.15 8 ff. EGV geregelten Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und weist ausgeprägte Bezüge zur Raumplanung und zur Raumentwicklung auf. Dies wird schon in der Formulierung des Art. 158 UAbs. 2 EGV deutlich, wo das Ziel festgehalten wird, "die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete oder Inseln, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern". Noch deutlicher wird der Raumentwicklungsbezug in der Aufgabenbeschreibung des Europäischen Regionalfonds in Art. 160 EGV.40 Andererseits 37 Etwa RL 96 I 48 I EG vom 23.7.1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (ABI. L 235 I 6). 38 Wahl, in: Festschrift für Blümel, 1998, S. 627. 39 Wahl, in: Festschrift fllr Blümel, 1998, S. 627; näher zu den Auswirkungen auf das deutsche P1anungsrechtJürgensen, UPR 1998, 14 f. 40 Dort ist insbesondere von "rückständigen Gebieten" und "regionalen Ungleichgewichten" die Rede.
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geht die Regional- und Strukturförderung weit über die Raumentwicklung hinaus. Dementsprechend ist ihr Einfluss auf die Raumplanung von unterschiedlichem Gewicht. b) Einzelne Förderbereiche befassen sich aber ausdrücklich mit der Raumentwicklung und der Raumordnung.41 So wurde im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative Interreg, mit der grenzüberschreitende Maßnahmen der Zusammenarbeit gefördert wurden, ein Aktionsbereich Raumordnung (Interreg II C) geschaffen. Damit soll eine nachhaltige und ausgewogene Raumentwicklung im Unionsgebiet gefördert werden. Zur Realisierung dieses Ziels wurden Infrastrukturmaßnahmen von gemeinschaftlicher Bedeutung unterstützt und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und sonstigen für die Raumordnung zuständigen Entscheidungsträgem erleichtert.42 Im neuen Programmplanungszeitraum 2000 bis 2006 werden die raumplanungsbedeutsamen Aktivitäten insbesondere durch den neuen Bereich Interreg III fortgesetzt. 43 Interreg III B konzentriert sich auf die transnationale Zusammenarbeit zwischen lokalen, regionalen und staatlichen Behörden im Hinblick auf die Förderung einer weiträumigen europäischen Integration und einer nachhaltigen bzw. ausgewogenen Entwicklung. Unterstützt wird insbesondere die Ausarbeitung von Raumentwicklungsstrategien auf transnationaler Ebene. In den Bereichen Verkehr und Telekommunikation fördert Interreg III B die Verbindung zwischen peripheren, weniger begünstigten Regionen untereinander sowie zwischen diesen und zentral gelegenen Regionen. Schließlich soll Interreg III B einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Netzes "Natura 2000" erbringen. Insgesamt sucht Interreg III B die Prioritäten der Gemeinschaftspolitik wie die der transeuropäischen Netze sowie die im Europäischen Raumentwicklungskonzept enthaltenen Empfehlungen für die Raumentwicklung zu nutzen. c) Für den Bereich der Bauleitplanung und darüber hinaus sind die langjährigen Bemühungen der Kommission um eine nachhaltige Stadtentwicklung von Bedeutung. Die von der Kommission ausgearbeiteten Strategiepapiere44 sind nunmehr in einen Kommissionsvorschlag eingemündet, in den "Vorschlag für 41 Ein anderes Beispiel ist das TERRA Programm im Rahmen von Art.IO EFRE a.F. Weitere Beispiele bei Jarass, DÖV 1999, 665; vgl. außerdem Biehl I Hoffmann, IzR 1998, 609 ff. ; Eltges, IzR 1998, 567 ff.; Fabian, EU-Strukturpolitik in Deutschland, 1998. 42 DazuJarass, DÖV 1999,665. 43 Näher Seid/, RAUM 36 I 99, 44 ff. 44 Hingewiesen sei insb. auf das Dokument "Wege zur Stadtentwicklung in der Europäischen Union" von 1997 (KOM (97) 197 endg.) und "Nachhaltige Stadtentwicklung in der Europäischen Union: Ein Aktionsrahmen" von 1998 (KOM (98) 605 endg.); dazu Jarass, DÖV 1999, 663.
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einen Beschluß des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Gemeinschaftsrahmen für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der nachhaltigen Stadtentwicklung" vom 22. Dezember 1999.45 Der Beschluss soll den bereits laufenden Aktivitäten der Kommission zur Förderung der nachhaltigen Stadtentwicklung eine genauere rechtliche Grundlage verschaffen und zu einem Ausbau dieser Aktivitäten fiihren. d) Die Regional- und Strukturforderung ist ein Angebot an die nationalen Vorhabensträger, keine verpflichtende Regelung oder Planung. Gleichwohl gehen von ihr erhebliche Wirkungen aus, zumal sich die Gemeinschaft verstärkt bemüht, ihre Mittel planmäßig einzusetzen. Die Mitfinanzierung eines öffentlichen Vorhabens durch die Europäische Gemeinschaft liefert für den innerstaatlichen Träger öffentlicher Gewalt einen starken Anreiz, das Vorhaben in der von der Gemeinschaft gewünschten Form zu realisieren. Mit der Entgegennahme der Mittel verpflichtet sich der Empfanger zudem meist, auf eine kohärente Gestaltung innerstaatlicher Pläne zu achten, die sich auf das gleiche Ziel bzw. auf das gleiche Gebiet beziehen.46 Verstärkt werden diese Wirkungen, weil die nationale Regionalforderung in hohem Maße durch die Gemeinschaftsvorgaben beeinflusst wird. 47 Die der Gemeinschaftsforderung zugrunde liegenden Konzepte sind daher für die nationale Entwicklung von erheblichem Gewicht. Dass eine solche Politik des "Goldenen Zügels" sehr wirkungsvoll sein kann, zeigten die nationalen Erfahrungen mit der Förderung kommunaler Projekte durch den Bund. Der Bund vermochte auf diese Weise Sachentscheidungen in Gebieten erheblich zu beeinflussen, in denen er keine Regelungskompetenz besaß oder nicht wahrgenommen hat. Erst seit der Einführung des Art. 104a GG ist dem Bund die Politik des Goldenen Zügels nur noch sehr beschränkt möglich. 48 Auf der Ebene der Gemeinschaft findet sich keine derartige Beschränkung. Lediglich die begrenzten Finanzressourcen setzen Grenzen.
KOM (99) 557 endg. Vgl. auch Art. 5 Abs. 3 VO 2082 I 93 I EWG a.F. (ABI. L 193 I 22); eine volle raumplanerische Kohärenz wirdaber nicht verlangt. 47 Eltges, IzR 1998, 574 f.; Wahl, in: Festschrift für Blümel, 1998, S. 625. 48 Vgl. Vogel, in: Isensee I Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, § 87 Rdnm. 20 ff. 45
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111. Umsetzung und Durchführung des EG-Rechts 1. Umsetzung
a) Nach der Erörterung der Vorgaben und Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts im Bereich der Raumplanung geht es im letzten Teil um die Umsetzung und Durchführung bindender Vorgaben in Deutschland. Die Fragen der innerstaatlichen Wirkung des EG-Rechts in Deutschland werden, wie das vornehm, aber sachlich durchaus zutreffend festgestellt wurde, durch die bedauerliche Dominanz der Pathologie geprägt. 49 Hierzulande hat es sich leider eingebürgert, dass Richtlinien nicht rechtzeitig oder nur unzureichend umgesetzt werden. 50 Selbst nach einer Verurteilung durch den Gerichtshof kommt es vor, dass die notwendige Umsetzung weiterhin unterbleibt, wie das im UVP-Bereich geschehen ist. 51 Diese defizitären Umsetzungsprozesse rücken die Frage, welche Folgen aus der unzureichenden Umsetzung im allgemeinen wie im konkreten Einzelfall zu ziehen sind, in den Mittelpunkt. Zudem fuhren sie zu einer erheblichen Belastung fiir den Rechtsanwender. Die vom Europäischen Gerichtshof entwickelten "Sanktionen" der unmittelbaren Wirkung, der EG-rechtskonformen Auslegung und der Staatshaftung führen zu einer ausgeprägten Verunsicherung.52 Wenn insoweit vorgeschlagen wird, anstelle dieser Institute in den jeweiligen Richtlinien die Folgen unzureichender Umsetzung zu regeln,53 ist das wenig behilflich. Zunächst ist es unrealistisch anzunehmen, dass der Gerichtshof seine Rechtsprechung zu diesen Instituten nennenswert beschränken wird und dass die Kommission dazu durch entsprechende Richtlinien-Vorschläge beiträgt. Vor allem aber liegt das entscheidende Problem im Rechtsverstoß der Mitgliedstaaten. Vielleicht sollte man beim Erlass von Richtlinien mehr Zurückhaltung wahren oder längere Umsetzungsfristen vorsehen. Wenn aber Richtlinien erlassen sind, dann stellen sie bindendes Recht dar, das von den Mitgliedstaaten und damit auch von Deutschland termingerecht und loyal umgesetzt werden muss. Die vielfach anzutreffende Einstellung, EG-Recht dort,
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Wahl, in: Festschrift für Blümel, 1998, S. 637.
50 Wasielewski, NVwZ 2000, 15, hält sarkastisch fest: "Es entspricht inzwischen
schlechter deutscher Tradition, Richtlinien der EG, zumal aus dem umweltrechtlichen Bereich, zum Teil fehlerhaft, vor allen Dingen aber deutlich verspätet umzusetzen". 51 Die Kommission hat daher ein zweites Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet; vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 28.2.2000. 52 Näher zu diesen Sanktionen Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, 1994, S. 67 ff.; C/aßen, Nichtumsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien, 1999. 53 Wahl, in: Festschrift für Blümel, 1998, S. 638.
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wo es von deutschen Regelungen abweicht, als etwas sachlich Problematisches beiseite zu schieben,54 ist rechtsstaatlich inakzeptabel. Darüber hinaus ist diese Einstellung wegen der erheblichen Folgekosten politisch verfehlt. Letzteres sei an der Umsetzung der UVP-Richtlinie illustriert. Diese Richtlinie ist auch und gerade bei der Fachplanung auf große Reserven gestoßen. Zunächst hat man die Richtlinie kaum zur Kenntnis genommen und dann um jeden Millimeter des Anwendungsbereichs gekämpft, um in möglichst vielen Bereichen von der Richtlinie "ungeschoren" zu bleiben. Das führte zu großen Unsicherheiten in der Rechtsanwendung, bis der Gerichtshof für die notwendigen Korrekturen sorgte bzw. sorgt. In der Sache war und ist das unnötig, weil das Fachplanungsrecht seit langem wesentliche Elemente der Umweltverträglichkeitsprüfung enthält und nur bescheidene Änderungen notwendig gewesen wären. Man hätte sich daher viel Ärger, Unsicherheiten und Probleme erspart, wenn man die Richtlinie von Anfang an in aufgeschlossener Weise umgesetzt und durchgeführt hätte. So hat der Gerichtshof in der Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens auch ohne ausdrückliche Nennung der Umweltverträglichkeit eine zureichende Anwendung der Richtlinie gesehen. 55 Das wäre auch im Planfeststellungsverfahren möglich gewesen. b) Wenn man vor einer aufgeschlossenen Umsetzung und Anwendung von EG-Recht zurückschreckt, hat das vielerlei Gründe. Einer ergibt sich aus den rechtstechnischen und rechtssystematischen Unzulänglichkeiten des EGRechts. Sie sind Folge des Umstands, dass sich das EG-Recht aus ganz unterschiedlichen Rechtstraditionen speist und darüber hinaus die am EGGesetzgebungsprozess beteiligten Organe, insbesondere der aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehende Rat, im Interesse der Einigung zu unklaren Formulierungen neigen. Das darf aber nicht zu einer Ablehnung von EG-Recht führen; vielmehr gilt es zu lernen, mit dieser Schwierigkeit umzugehen. Ein weiterer Grund für die unzureichende Offenheit gegenüber dem EGRecht besteht darin, dass sich die nationalen Fachleute schwer tun, mit Lösungen umzugehen, die in anderen Ländern gewachsen sind. Sie neigen - viel zu sehr - zu der Auffassung, dass nur das einheimische Konzept zu überzeugen vermag. Die Folge ist, dass die Nachteile EG-rechtlicher Vorgaben teilweise völlig überzeichnet werden, etwa wenn Landesverwaltungen davon ausgegangen sind, daß 30 % des Personals durch die Beantwortung von Anfragen nach der Umweltinformations-Richtlinie gebunden sein werden oder ein Bundesmi-
54 Bohne, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 276, spricht von einem "larmoyanten Unverständnis" und "einer sturen Abwehrha1tung". 55 EuGH, Slg. 1995, 1-2189/2222 Rdnr. 33.
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nisterium glaubt, dass die Richtlinie allein in seinem Bereich 200 neue Planstellen notwendig rnacht. 56 Solche Fehlprognosen lassen sich vermeiden, wenn man nicht allein einheimische Konzepte für hilfreich hält, sondern erkennt, dass man von den Erfahrungen in den anderen Mitgliedstaaten viellernen kann. Schließlich ist die Auffassung weit verbreitet, dass die Deutschen mit ihrem Perfektionismus das EG-Recht weit durchschlagskräftiger umsetzen und anwenden als viele andere in der Gemeinschaft. Auch das ist, jedenfalls in dieser Pauschalität, unzutreffend. So habe ich in Großbritannien, in einem Land also, dem eher Reserven gegenüber der europäischen Integration nachgesagt werden, den Eindruck gewonnen, dass man dort der loyalen Umsetzung und Durchführung von Richtlinien, jedenfalls im Umweltbereich, deutlich aufgeschlossener als in Deutschland gegenübersteht. 2. Verfahren und Öffentlichkeitsbeteiligung a) Besondere Schwierigkeiten wirft die Umsetzung und Durchsetzung von Vorgaben des EG-Rechts zu Verfahren und Öffentlichkeitsbeteiligung auf, auch und gerade für den Bereich der Raumplanung. In diesem Bereich hat Deutschland besondere Probleme, dem EG-Recht gerecht zu werden. Dies geht soweit, dass Fachleute in anderen Mitgliedstaaten die deutsche Position kaum nachvollziehen können, selbst wenn sie die Sprachbarriere überwinden. 57 Dass das EG-Recht in erheblichem Umfang Verfahrensregelungen trifft, ist aus deutscher Perspektive nichts Ungewöhnliches. Auch hierzulande gibt es solche Regelungen in großem Umfang. Unterschiedlich ist aber der Umgang mit Verfahrensvorschriften. Dass etwa ein planfeststellungsbedürftiges Projekt vor den Gerichten Bestand hat, auch wenn überhaupt kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird, wie dies vom Bundesverwaltungsgericht mehrfach festgehalten wurde, 58 ist für viele Juristen in anderen Mitgliedstaaten (und einigen auch hierzulande) erstaunlich.59 Ganz Ähnliches gilt für die sonstige Folgenlosigkeit von Verfahrensfehlem, wie sie durch materielle und prozessuale Erwägungen bedingt sind. Daher wird die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Folgen eines vollständigen Fehlens einer gebotenen Um56 Bohne, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 272. 57 Die Sprachbarriere ist allerdings ein gewichtiges Hindernis; dazu Bohne, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 276. 58 BVerwGE 62, 243 I 245 ff.; 64, 325 I 332. 59 Kritisch auch Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd.l, 1996, Art. 19 Rdnr. 54; Papier, in: Maunz I Dürig, Grundgesetz, Stand 1998, Art. 14 Rdnr. 49.
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Weltverträglichkeitsprüfung noch EG-rechtliche Probleme bereiten. Das Gericht hat bekanntlich entschieden, dass etwa eine Planfeststellung nicht allein deshalb aufgehoben werden könne und müsse, weil zu Unrecht keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen wurde.60 Ob der Europäische Gerichtshof dies akzeptieren wird, erscheint sehr zweifelhaft.61 Die Probleme werden auch nicht dadurch bewältigt, dass eine Verletzung von UVP-Vorschriften dann zur Aufhebung einer Entscheidung führt, wenn sie zu einem entsprechenden materiellen (und rügeflihigen) Fehler geführt hat. In diesem Fall wäre die Entscheidung auch ohne den Verfahrensfehler aufzuheben. b) Als eine Sonderentwicklung muss auch der deutsche Umgang mit der Umweltinformations-Richtlinie eingestuft werden. Ihre Umsetzung wie ihre Anwendung erfolgte und erfolgt so restriktiv wie nur irgend möglich. Was die Umsetzung angeht, weise ich nur auf die Ausklammerung aller laufender Verfahren durch § 7 Abs. 1 Nr. 2 UIG hin, die zwischenzeitlich vom Gerichtshof gerügt wurde, ohne dass daraus die notwendigen gesetzlichen Konsequenzen gezogen worden sind.62 Für die Anwendung sei etwa auf die Erhebung drastischer Verwaltungsgebühren hingewiesen; auch hier hat der Gerichtshof bereits korrigierend eingegriffen.63 Zu diesem restriktiven Umgang mit der Umweltinformations-Richtlinie hat auch die Fachplanung beigetragen, die von Anfang an versuchte, von dieser Richtlinie möglichst "ungeschoren" zu bleiben.64 Mit dieser Einstellung wird Deutschland zum Schlusslicht der internationalen Entwicklung in diesem Bereich. Selbst Japan, das über ausgesprochen traditionelle Verwaltungsstrukturen verfugt, hat in diesem Jahr ein Gesetz zur Aktenöffentlichkeit eingefiihrt, und zwar fiir alle Bereiche, nicht nur fiir die Umwelt. Kein Wunder, dass man in anderen Mitgliedstaaten, worauf Eberhard Bohne hingewiesen hat, die "querelle d'allemand" in Fragen der Öffentlichkeit zunehmend als das einstuft, was mit diesem Ausdruck in der französischen Sprache gemeint ist, eine völlig unnötige Diskussion.65 Hier ist in Deutschland dringend eine Umorientierung angesagt. Im Widerspruch zu der starken Betonung der Öffentlichkeitsbeteiligung im EG-Recht steht auch der in den 90er Jahren erfolgte Ausbau des Instituts der
BVerwGE 100, 238 1247 ff. Vgl. Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, 4. Auf1.1999, § 10 Rdnr. 133. 62 EuGH, Slg. 1998, 1-3809 = NVwZ 1998, 946, Rdnm. 23 ff. 63 EuGH, NVwZ 1999, 1209 Rdnr. 37. 64 So versuchte das Bundesverkehrsministerium die Verkehrswegeverwaltung aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszuhalten; Bohne, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 272 f. 65 Vgl. Bohne, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 274. 60
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Plangenehmigung. Während die Plangenehmigung früheren Rechts auf unbedeutende Fälle beschränkt war und nur begrenzte rechtliche Wirkungen nach sich zog, kommt die Plangenehmigung nunmehr sehr viel häufiger zum Einsatz. Zudem erzielt sie fast alle Wirkungen, die mit einer Planfeststellung zu erreichen sind, obwohl sie im Unterschied zur Planfeststellung ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt. Für diese Entwicklung in Deutschland mag es in der Sache durchaus Gründe geben.66 Doch muss man sich bewusst sein, dass damit die Entwicklung hierzulande gerade in die entgegengesetzte Richtung verläuft wie im Bereich der Gemeinschaft. Konflikte mit dem EG-Recht sind damit vorprogrammiert. 3. Rechtsschutz a) Die Spannungen zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem EG-Recht werden auch im Bereich des Rechtsschutzes zunehmend größer. Der Grund daftir liegt darin, dass die Entwicklungen in der Gemeinschaft und in Deutschland (hier ebenfalls) in unterschiedliche Richtungen gehen. In Deutschland sind die Klagemöglichkeiten Dritter im weitesten Sinne durch die konsequente Anwendung der Schutznormtheorie, durch Unerheblichkeitsklauseln und Anderes zunehmend enger geworden. Demgegenüber verfährt man in anderen Mitgliedstaaten insoweit deutlich großzügiger. Richtig ist allerdings auch, dass die Intensität der Gerichtskontrolle bei zugelassenen Klagen in Deutschland im internationalen Vergleich deutlich überdurchschnittlich ist. Angesichts der zunehmenden Einbettung Deutschlands in den Gesamtzusammenhang der Europäischen Gemeinschaft müsste es Konsequenz dieses Befundes sein, verkürzt gesagt, bei der Zulässigkeit von Klagen großzügiger zu verfahren und dafiir bei der Begründetheit, bei der Kontrollintensität restriktiver zu sein.67 Andernfalls treten zwangsläufig Spannungen zum EG-Recht auf, wird doch das EG-Recht, auch in seiner Auslegung durch den Gerichtshof, maßgeblich durch in den anderen Mitgliedstaaten gängige Ansätze und Konzepte beeinflußt. Statt diese Konsequenz zu ziehen, hat man in Deutschland in den 90er Jahren, gerade im Verkehrsplanungsrecht, den Zugang zu den Gerichten erneut verengt. Hingewiesen sei etwa auf die Einführung der materiellen Präklusion und von Fristenregelungen und Begründungspflichten.68 Hier ist eiOb sie im Ergebnis zu überzeugen vermögen, soll hier dahingestellt bleiben. Ebenso Schach, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 311 f. 68 Vgl. etwa die materielle Präklusion in § 17 Abs. 4 FStrG, die Frist flir Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO (§ 17 Abs. 6a S. 2, 3 FStrG), das Erfordernis einer Klagebegründung innerhalb von 6 Wochen (§ 17 Abs. 6b FStrG) und die Folgenlosigkeit von Abwägungsfehlern nach § 17 Abs. 6c S. 1 FStrG. 66 67
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ne Kurskorrektur geboten. Dabei räume ich ein, dass eine solche Korrektur nicht einfach ist. Mehr Großzügigkeit bei der Zulässigkeit muss durch Restriktionen bei der Begründetheil kompensiert werden, soll die Belastung der Verwaltungsgerichte nicht noch zunehmen. Einschränkungen der Begründetheitsprüfung lassen sich aber durch Gesetze nicht so einfach wie Einschränkungen im Bereich der Zulässigkeit vorgeben. Es muss das materielle Recht geändert werden. Gleichwohl gilt es, das Problem zu erkennen und Lösungswege zu erkunden. Außerdem gibt es auch auf der Zulässigkeitsstufe Unterschiede: So dürfte die in jüngster Zeit ebenfalls vorgenommene Ausweitung der Heilungsmöglichkeiten durch Wiederholung von Teilen des Verfahrens, wie etwa in § 17 Abs. 6c S. 2 FStrG oder in§ 215a Abs. 1 BauGB,69 weit weniger Probleme bereiten als die schlichte Folgenlosigkeit von Verfahrensfehlern. Gleiches gilt fiir eine Einschränkung des automatischen Suspensiveffekts von Rechtsmitteln. b) Die Betonung von Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz Drittbetroffener im Bereich der Gemeinschaft wird sich, darauf sei abschließend hingewiesen, in Zukunft keineswegs abschwächen, sondern dürfte sich eher verstärken. Die Gemeinschaftsorgane, vor allem die Kommission, haben erkannt, dass ihnen eine wirkungsvolle Überwachung der Umsetzung von EG-Recht in den Mitgliedstaaten nicht möglich ist. Dem soll über eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Ausweitung der Klagemöglichkeiten Rechnung getragen werden. 70 Dementsprechend dürfte auch die deutsche Ablehnung der Verbandsklage auf Dauer zu EG-rechtlichen Problemen fiihren. Die Kommission hat sich jedenfalls zugunsten der Verbandsklage ausgesprochen. 71 Und die Aarbus-Konvention ,,Access to Information, Public Participation in DecisionMaking and Access to Justice in Environmental Matters", 72 die nach anfanglieber Zurückhaltung im Dezember 1998 auch von der Bundesregierung unterzeichnet wurde, verpflichtet in Art. 9 Abs. 2 zur Einfiihrung der Verbandsklage im Umweltschutz. 73 Dabei wäre es verfehlt, sich darauf zu berufen, dass das Abkommen noch nicht ratifiziert ist. Vielmehr sollte man es als einen weiteren Beleg fiir die internationale Entwicklung in Sachen Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz erkennen, die auch fiir das EG-Recht prägend sein wird, und daraus die notwendigen Folgerungen ziehen. 69 70
s. 58.
Dazu Stüer I Rude, ZfBR 2000, 85 ff. Vgl. Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, 1995,
71 Kommission, Mitteilung um die Durchflihrung des Umweltrechts der Gemeinschaft, BT-Drucks. 13 I 7470, Nr. 36-43. 72 Economis Commission for Europe, GE 98-.30998. 73 Bohne, in: Schmidt-Aßmann I Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, 1999, S. 275.
Die Bedeutung einer europäischen Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen von Plänen und Programmen für das Fachplanungsrecht Von Christof Sangenstedt* Die Umweltminister der EG haben in ihrer Sitzungarn 13. I 14. Dezember 1999 in Brüssel einvernehmlich einen gemeinsamen Standpunkt zum Geänderten Vorschlag fiir eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (im folgenden: PlanUVP-Richtlinie) beschlossen 1• Vorangegangen waren schwierige Verhandlungen in den zuständigen europäischen Gremien, begleitet von noch schwierigeren Abstimmungs- und Erörterungsprozessen auf nationaler Ebene. Selten hat ein umweltpolitisches Regelungsvorhaben der EG die Gemüter der Beteiligten in Deutschland so erregt wie dieser Richtlinienentwurf, der insbesondere bei den Ländern auf zum Teil vehemente Ablehnung gestoßen ist. Die Auseinandersetzung gipfelte in einem spektakulären Abstimmungsverfahren vor der Europakammer des Bundesrates, in der die Länder zwar ihre ablehnende Position bekräftigten, die fiir eine Festlegung der Bundesregierung notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit aber verfehlten. Inzwischen - drei Monate nach der Entscheidung im Umweltministerrat - hat sich der Pulverdampf verzogen, und es ist jetzt Zeit und Gelegenheit, den Richtlinienvorschlag einer etwas unaufgeregteren Analyse zu unterziehen. Dabei wird sich ein wesentlich differenzierteres und positiveres Bild ergeben, als es von den Kritikern bislang gezeichnet worden ist.
I. Entstehungsgeschichte und Verfahrensstand Einleitend zunächst einige Worte zur Genese, zum bisherigen Verlauf der Beratungen in Brüssel sowie zu den weiteren Verfahrensschritten. Der jetzt auf dem Tisch liegende Richtlinienvorschlag kann auf eine lange und sehr bewegte Entstehungsgeschichte zurückblicken. Die Europäische Kommission verfolgt • Der Vortrag gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder. Soweit im nachfolgenden Text Artikel ohne nähere Bezeichnung genannt werden, beziehen sich diese auf den Gemeinsamen Standpunkt. 1
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das Vorhaben zur Einführung einer strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung schon seit vielen Jahren. Bereits bei der Verabschiedung der UVPRichtlinie 85 I 337 I EWG kündigte die Kommission Überlegungen zu einer schrittweisen Ausweitung des Anwendungsbereichs der Umweltverträglichkeitsprüfung auf Politiken, Programme und Pläne an2• Ein erster Kommissionsvorschlag fiir eine entsprechende Richtlinie wurde im Jahr 1990 vorgelegf. Aufgrund des Widerstands zahlreicher Mitgliedsstaaten wurde dieser Entwurf jedoch nicht weiterverfolgt Unter dem 4.12.1996 legte die Kommission einen neuen Richtlinienvorschlag vor4 . Die Beratung dieses Vorschlags auf nationaler Ebene fiihrte in Deutschland u.a. zu einem strikt ablehnenden Votum des Bundesrates5 • Da die PlanUVP im Schwerpunkt Verwaltungsverfahren der Länder betrifft, war dieser Beschluss nach Art. 23 Abs. 5 GG "bei der Willensbildung des Bundes .... maßgeblich zu berücksichtigen"- allerdings unter Wahrung der gesamtstaatlichen Verantwortung des Bundes. Für die spätere Verhandlungsposition der Bundesregierung in Brüssel bedeutete der Bundesratsbeschluss eine schwere Hypothek - die europapolitische Dimension dieser Verfahrenssituation kann hier nicht näher dargelegt werden. Auf europäischer Ebene wurde der neue Richtlinienvorschlag im Rat bzw. in der zuständigen Ratsgruppe Umwelt nicht erörtert. Es fand aber eine Beratung im Wirtschafts- und Sozialausschuss der Gemeinschaft6, im Ausschuss der Regionen7 und im Europäischen Parlament statt. Das Europäische Parlament stimmte dem Richtlinienvorschlag im Oktober 1998 in erster Lesung zu, äußerte dabei aber diverse Änderungswünsche8 • 2 Vgl. Vorschlag flir eine Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei Politiken, Plänen und Programmen, 16.August 1990, Az. XI I 194 I 90-De, Begründung, Abschnitt 1.1 . 3 Vorschlag flir eine Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei Politiken, Plänen und Programmen, 16. August 1990, Az. XI I 194 I 90-De. 4 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, (97 I C 129 I 08) KOM (96) 511 endg.- 96 I 0304 (SYN), von der Kommission vorgelegt am 25. März 1997, ABI. EG Nr. C 129 vom 25. Apri11997, S. 14. s Beschluss des Bundesrates vom 6.6.97, Drucksache 277 I 91 (Beschluß). 6 Stellungnahme zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme" (97 I C 287 I 21) vom 29. Mai 1997, ABI. EG C 287 vom 22. September 1997, S. 101 ff. 7 Stellungnahme zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme" (98 I C 64 I 10) vom 20. November 1997, ABI. EG C 64 vom 27. Februar 1998, S. 63 ff. 8 Legislative Entschließung mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag filr eine Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (KOM [96) 0511 - C4-0 191 I 91 - 96 I 0304 [SYN]) (Verfahren der Zusammenarbeit: erste Lesung), Protokoll vom 20. Oktober 1998 - endgültige Ausgabe, ABI. EG C 341 vom 9. November 1998, S. 18 ff.
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Die Kommission legte daraufhin im Februar 1999 einen geänderten Richtlinienvorschlag vor9 . Im Juni 1999, d.h. in der Endphase der deutschen Präsidentschaft, wurde hierzu im Umweltministerrat eine erste Orientierungsdebatte geflihrt. Dies geschah in Abstimmung mit der nachfolgenden finnischen Präsidentschaft, unter deren Vorsitz der geänderte Richtlinienvorschlag dann in der Ratsgruppe Umwelt, im Ausschuss der Ständigen Vertreter und im Ministerrat beraten wurde. Die Diskussionen verliefen unter sehr hohem Zeitdruck; zeitweise wurden wöchentlich neue Texte mit zum Teil erheblichen Änderungen präsentiert. Die Intensität der Beratungen auf europäischer Ebene hat den parallelen Abstimmungsprozess in Deutschland stark belastet. So war es aus Zeitgründen beispielsweise nicht möglich, eine Verbändeanhörung durchzuführen. Um so wichtiger wird es sein, dass bei der Umsetzung einer künftigen PlanUVP-Richtlinie in deutsches Recht eine intensive Einbindung aller Betroffenen stattfindet. Soweit ist die Entwicklung aber noch nicht. Mit dem am 13. I 14. 12. 1999 gefassten Gemeinsamen Standpunkt ist der geänderte Richtlinienvorschlag noch nicht endgültig verabschiedet; es wurde lediglich eine erste - allerdings sehr wichtige - Etappe abgeschlossen. Inzwischen sind auch die Präambel und die Begründung des Gemeinsamen Standpunkts abgestimmt worden, und der Text ist von den Sprachjuristen in eine konsolidierte Fassung gebracht worden, die am 30. März 2000 nochmals dem Umweltministerrat vorliegt. Anschließend soll der Richtlinienvorschlag dem Europäischen Parlament zur zweiten Lesung zugeleitet werden. Das weitere Verfahren ist dann durch Artikel 251 des EGVertrages vorgezeichnet. Hier können sich noch vielfältige Entwicklungen ergeben. Dass das Parlament den jetzt vorliegenden Text vollständig ablehnt, ist eher unwahrscheinlich. Denkbar wäre aber, dass es mit der erforderlichen absoluten Mehrheit inhaltliche Änderungen vorschlägt, was dann u.U. in ein kompliziertes und nur schwer kalkulierbares Vermittlungsverfahren zwischen Rat und Parlament einmünden könnte 10• Es bleibt also spannend.
II. Sinn und Zweck des Instruments PlanUVP Die Kritiker gehen in der umweltpolitischen Diskussion sehr hart mit dem Instrument der PlanUVP ins Gericht. Sie bestreiten grundsätzlich, dass eine PlanUVP aus Umweltsicht notwendig oder sinnvoll sei. Es soll daher hier als 9 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme ( 1999 I C 83 I 04) KOM ( 1999) 73 endg. - 96 I 304 (SYN), (gemäß Artikel 189a Absatz 2 des EGH-Vertrages von der Kommission vorgelegt am 22. Februar 1999), ABI. EG C 83 vom 25.3.1999, S. 13 ff. 10 Vgl. Artikel251 Abs. 3-6 des EG-Vertrages.
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erstes die Frage aufgeworfen werden: Wozu brauchen wir überhaupt eine PlanUVP?
1. Allgemeine Ziele der Richtlinie Artikel 1 des Gemeinsamen Standpunkts, der die Ziele der Richtlinie in sehr allgemeiner Form beschreibt, gibt fiir diese Frage nicht viel her. Die dort genannte Zielbestimmung greift zentrale umweltbezogene Leitprinzipien des Vertrages von Amsterdam auf. Danach soll die PlanUVP der Erreichung eines hohen Umweltschutzniveaus, der Integration der Umweltbelange in andere Gemeinschaftspolitiken sowie der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung dienen. Dass die PlanUVP ein taugliches Instrument zur Stärkung des Umweltschutzes ist, wird von ihren Kritikern jedoch gerade bestritten. Entscheidend fiir die Bewertung des Umweltnutzens der Richtlinie ist daher, welchen zusätzlichen Beitrag strategische Umweltverträglichkeitsprüfungen- neben den Effekten anderer, bereits bestehender Umweltschutzinstrumente - zur Erzielung eines hohen Umweltschutzniveaus leisten können. 2. Schluss von Lücken der Umweltprüfung Eine Antwort auf diese Frage fmdet sich bereits in der Begründung des Kommissionsvorschlags vom 6.12.1996: Es geht, wie es dort heißt, um eine "Vervollständigung" der Umweltverträglichkeitsprüfung fiir Projekte 11 • Die PlanUVP soll also die ProjektUVP in bestimmter Weise ergänzen. Bestehende UVP-Lücken sollen geschlossen werden. Umweltverträglichkeitsprüfungen sollen künftig auf allen Planungs- und Genehmigungsebenen stattfmden, auf denen Entscheidungen mit Bedeutung fiir die Zulassung von Projekten getroffen werden - immer vorausgesetzt, dass diese Entscheidungen erhebliche Umweltauswirkungen bewirken können. Was ist damit genau gemeint? a) Die Zulassung von Vorhaben ist häufig Ergebnis eines mehrstufigen Planungs- und Entscheidungsprozesses, in dem die Komplexität des Vorhabens nach und nach abgearbeitet wird. Auf den verschiedenen Etappen dieses Prozesses werden Alternativen ausgeschieden, das Projekt wird schrittweise konkretisiert und zur Genehmigungsreife geführt. Das Vorhaben wird hier somit nicht in einem Genehmigungsakt zugelassen, es durchläuft vielmehr eine Entscheidungshierarchie. Über wichtige zulassungsrelevante Aspekte wird nicht erst bei der abschließenden Genehmigung, sondern bereits auf vorgelagerten 11 A.a.O. (Fn.4), Begründung, Abschnitt 1.1, S. 2; näher hierzu jetzt auch Jacoby, Die Strategische Umweltprüfung (SUP) in der Raumplanung, Berlin, 2000, S. 135 f.
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Programm- oder Planungsebenen entschieden. Es fmdet also eine Abschichtung statt, durch die sich das Prüf- und Entscheidungsprogramm der Behörde auf nachfolgenden Zulassungsstufen zunehmend verengt. Artikel 3 des aktuellen Richtlinienentwurfs kleidet diesen Gedanken in die Formulierung, dass eine PlanUVP bei solchen Plänen und Programmen vorzunehmen ist, durch die der Rahmen fiir die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird. Lassen Sie mich dies anband von zwei Beispielen erläutern. 1. Beispiel: Abfallwirtschaftspläne
Soweit Abfallwirtschaftspläne verbindliche Flächenausweisungen fiir Abfallbeseitigungsanlagen enthalten, ist damit der Kreis der potentiellen Standorte festgelegt. Die Planfeststellungsbehörde darf solche Anlagen dann an anderen Standorten nicht zulassen. Der Abfallwirtschaftsplan setzt damit einen Rahmen fiir die künftige Zulassung bestimmter Projekte. 2. Beispiel: Bundesverkehrswegeplan und darauf aufbauende Ausbaupläne
In diesen Plänen wird festgelegt, wo ein bestimmter verkehrlieber Bedarf besteht und durch welchen Verkehrsträger dieser Bedarf zu decken ist. Diese Gesichtspunkte sind dann grundsätzlich nicht mehr Prüfgegenstand der anschließenden Linienbestimmungs- und Planfeststellungsverfahren. Die Frage, ob alternative Verkehrsträger besser geeignet wären, den ermittelten Bedarf zu befriedigen, wird in dieser späteren Phase des Entscheidungsprozesses i.d.R. nicht mehr aufgeworfen. Insoweit geben die bestehenden Pläne also den Rahmen fiir die künftige Genehmigung der erfaßten Verkehrsprojekte vor. Die Beispiele zeigen, dass die Durchfiihrung einer strategischen UVP bei rahmensetzenden Plänen und Programmen ein aus Umweltsicht höchst sinnvolles Unternehmen ist. Auf der Planungsebene werden bereits wesentliche Weichenstellungen fiir Art, Größe, Standort und sonstige Modalitäten künftiger Vorhaben getroffen, durch die - je nachdem, wie die Entscheidung ausfällt die Umwelt mehr oder weniger stark belastet wird. Die erst im abschließenden Genehmigungsverfahren durchgefiihrte UVP geht im Hinblick auf diese Gesichtspunkte ins Leere, da die bereits auf der Planungsebene abgearbeiteten Fragen nicht mehr zum Prüf- und Entscheidungsprogramm nachfolgender Zulassungsverfahren gehören. Dies gilt insbesondere fiir Alternativenprüfungen, die typischerweise nicht im Genehmigungsverfahren, sondern auf vorgelagerten Planungsebenen durchgefiihrt werden. Schon das geltende UVP-Gesetz hat daraus in § 15 fiir die Verkehrswegeplanung die Konsequenz gezogen, daß - etwa bei der Zulassung von Bundesfernstraßen - eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erst innerhalb des abschließenden Planfeststellungsverfahrens, sondern bereits im Verfahren der Linienbestimmung durchzufUhren ist.
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Der Grundgedanke der PlanUVP ist somit weder neu noch revolutionär. Er fmdet sich vielmehr bereits im bestehenden UVP-Recht 12 und wird in dem Richtlinienvorschlag nunmehr konsequent auch auf andere mehrstufige Planungsund Zulassungsprozesse angewandt. b) Ein weiteres kommt hinzu. In Diskussionen wird die Einführung einer PlanUVP gelegentlich als entbehrlich bezeichnet, weil Umweltbelange bei der Aufstellung von Plänen und Programmen bereits nach dem geltenden deutschen Fachplanungsrecht zu berücksichtigen seien. Diese Argumentation lässt außer acht, dass die PlanUVP-Richtlinie bestimmte Verfahrensanforderungen fixieren soll, denen das deutsche Fachplanungsrecht nicht unbedingt gerecht wird. Von zentraler Bedeutung ist dabei die - zwingend durchzuführende - Öffentlichkeitsbeteiligung. Sie ist gewissermaßen das Kernstück der PlanUVP. Man mag darüber streiten, ob die positiven Effekte der Öffentlichkeitsbeteiligung - z.B. ihre akzeptanzstiftende Wirkung - in der umweltpolitischen Debatte nicht zum Teil etwas idealisiert dargestellt werden. Wenn man aber eine Öffentlichkeitsbeteiligung bei bestimmten Zulassungsentscheidungen auf Projektebene fiir notwendig hält, dann ist es nur folgerichtig, dass dieses Instrument auch bei Plänen und Programmen zum Einsatz kommt, die fiir solche Zulassungsentscheidungen den Rahmen setzen. Beschränkt man die Öffentlichkeitsbeteiligung auf die letzte Etappe des mehrstufigen Planungs- und Entscheidungsprozesses, dann erhält der. Bürger qualiftzierte Mitwirkungsbefugnisse erst in einem Stadium der Projektzulassung, in dem die Würfel über Kernfragen des Vorhabens bereits gefallen sind. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung, die Einwendungen und Bedenken der Bürger ausgerechnet bei den fiir die Akzeptanz eines Projekts wesentlichen Grundentscheidungen kein wirksames Forum bietet, bleibt auf halbem Wege stehen und kann ihren Zweck nur bedingt erfüllen. Auch unter diesem Gesichtspunkt stellt die PlanUVP eine sinnvolle und konsequente Ergänzung der UVP auf Projektebene dar. Eine andere Frage ist, wie die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Aufstellung von Plänen und Programmen praktikabel, efftzient und mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden kann - darauf wird noch zurückzukommen sein.
111. Anwendungsbereich des aktuellen Richtlinienvorschlags Der Anwendungsbereich der PlanUVP-Richtlinie war in den Verhandlungen in Brüssel der mit Abstand umstrittenste und schwierigste Diskussionspunkt Das mit dem Gemeinsamen Standpunkt gefundene Ergebnis wird im folgenden 12 Vgl. dazu etwa Erbguth I Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, Kommentar, 2. Aufl. 1996, § 15 Rn. I- 3.
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näher erläutert. Dabei wird zum besseren Verständnis auch auf die Verhandlungssituation in Brüssel und die deutsche Verhandlungsposition eingegangen. 1. Definition "Pläne und Programme" (Artikel2 Buchst. a) Der genaue Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags erschließt sich aus einer Zusammenschau der Defmition des Begriffspaars "Pläne und Programme" (Artikel 2 Buchst. a) und der Vorschrift über den Geltungsbereich (Artikel 3). Bereits in der Defmition der ,,Pläne und Programme" werden wichtige Eingrenzungen vorgenommen: a) Es werden nur Pläne und Programme erfasst, deren Ausarbeitung oder Annahme durch eine Behörde erfolgt. Pläne und Programme von Parteien, Unternehmen oder Verbänden fallen damit grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Solche Pläne und Programme sind nur PlanUVPrelevant, wenn sie von einer Behörde angenommen werden. b) Es spielt keine Rolle, ob die Behörde, die den Plan oder das Programm ausarbeitet oder annimmt, auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene angesiedelt ist. Einbezogen sind somit auch Pläne und Programme kommunaler Behörden. Für Pläne und Progranune mit lediglich örtlicher Bedeutung sollen die Mitgliedstaaten aber Spielräwne bei der Umsetzung der Richtlinie erhalten. Pläne und Programme, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, bedürfen nach Artikel 3 Abs. 3 nur dann einer Umweltprüfung, wenn die Mitgliedsstaaten ihrerseits bestimmen, dass der Plan oder das Programm voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat. c) Der Richtlinienvorschlag bezieht auch Pläne und Programme ein, die von einer Behörde, beispielsweise von einem Bundes- oder Landesministeriwn, zur Vorbereitung eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden. Diese Regelung stieß bei den verhandlungsbegleitenden Abstimmungen in Deutschland auf z.T. heftige Kritik, wobei vor allem verfassungsrechtliche Gründe ins Feld geführt wurden. Es wurde argwnentiert, dass die Durchfiihrung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Vorfeld eines ,Gesetzgebungsverfahrens einen Eingriff in parlamentarische Rechte bedeute. Einige behaupteten sogar, die Bestimmung transportiere plebiszitäre Elemente in das Gesetzgebungsverfahren, die der parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes fremd seien. Tatsächlich ist die Durchfiihrung einer PlanUVP in den genannten Fällen verfassungsrechtlich völlig unbedenklich. Zwn einen gilt die Regelung nicht für Pläne und Programme, die "aus der Mitte des Parlaments" stammen. Das Initiativrecht des Parlaments wird nicht tangiert. Die Defmitionsmerkmale eines Plans oder Programms sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil Parlamentarier oder eine Bundestagsfraktion, die ein gesetzlich zu regelndes Programm 3 Ziekow
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ausarbeiten, keine Behörde im Sinne der Richtlinie sind. Zum zweiten legt Artikel 4 Abs. 1 unmissverständlich fest, dass die Umweltprüfung vor der Einbringung des Plans oder Programms in das Gesetzgebungsverfahren durchzufUhren ist. Mit der Überftihrung in das Gesetzgebungsverfahren endet die PlanUVP-Pflicht, und zwar selbst dann, wenn der Plan oder das Programm im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wesentlich verändert wird. Zum dritten schließlich wird der parlamentarische Entscheidungsspielraum durch die Durchftihrung einer PlanUVP nicht im geringsten eingeschränkt. Die Ergebnisse der Umweltprüfung erzeugen ftir das Parlament keinerlei Bindungswirkung. Artikel 8 schreibt vor, dass der zu erstellende Umweltbericht (Artikel 5) sowie die im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung (Artikel 6) abgegebenen Stellungnahmen vor der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zu berücksichtigen sind. Es ist somit gar nicht das Parlament, sondern die planvorbereitende Behörde, die sich mit den Resultaten der PlanUVP auseinander zu setzen hat. Sie hat zu entscheiden, ob der von ihr ausgearbeitete Plan- oder Programmentwurf im Lichte der Umweltbewertung der Modifikation bedarf. Bei den späteren parlamentarischen Beratungen können die Ergebnisse der Umweltprüfung dann als Materialien einbezogen werden - sofern die Abgeordneten dies wünschen. Ob die Parlamentarier sich mit diesen Gesichtspunkten befassen, bleibt ihrer freien Entscheidung überlassen; der Richtlinienvorschlag enthält dazu keinerlei Vorgaben. Damit entspricht die parlamentarische Situation der eines "normalen" Gesetzgebuogsvorhabens, bei dem es dem Parlament ebenfalls freisteht, bestimmte Gesetzesmaterialien - z.B. die Protokolle einer vorn Ministerium durchgeführten Experten- oder Verbändeanhörung - zur Kenntnis zu nehmen oder auch nicht. d) Die Richtlinie soll nach Artikel 2 Buchst. a) nur ftir Pläne und Programme gelten, die aufgrundvon Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen. Mit dieser Anforderung erfahrt der Anwendungsbereich eine erhebliche Einschränkung. Pläne und Programme, die nicht rechtlich vorgeschrieben sind - also sozusagen auf "freiwilliger Grundlage" in einem rechtlich nicht formalisierten Verfahren erstellt werden - bedürfen keiner PlanUVP. Damit bleiben insbesondere politische Arbeits- und Aktionsprogramme PlanUVP-frei. Nach dem ersten Kommissionsentwurf aus dem Jahr 1990 sollten demgegenüber auch "Politiken" einer strategischen UVP unterzogen werden; diese Forderung wurde jedoch in späteren Entwürfen wieder fallen gelassen. Es soll hier allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass sich mehrere Mitgliedsstaaten in den Verhandlungen in Brüssel nachdrücklich ftir eine Einbeziehung auch politischer Pläne und Programme eingesetzt haben. Diese Staaten haben entsprechende Regelungen bereits auf nationaler Ebene und glauben, gut damit zu fahren. In Deutschland ruft eine solche Vorstellung in Beamten- und Politikerkreisen dagegen meist blankes Entsetzen hervor - woran sich zeigt, wie schwierig es in Europa angesichts unterschiedlicher politischer Kulturen noch
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immer sein kann, einen gemeinsamen Nenner bei der Schaffung von Gemeinschaftsrecht zu fmden. e) Defmitionsgemäß soll die PlanUVP-Richtlinie nicht nur für die erstmalige Erstellung eines Plans oder Programms gelten, sondern auch für wesentliche Ä'nderungen bestehender Pläne und Programme. Die Entscheidung, ob eine Änderung wesentlich und damit PlanUVP-pflichtig ist, obliegt den Mitgliedsstaaten, die nach Artikel 3 Absatz 3 selbst bestimmen sollen, in welchen Fällen Plan- oder Programmänderungen voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Nur unter dieser Voraussetzung ist eine PlanUVP erforderlich. f) Zur Defmition der ,,Pläne und Programme" noch eine abschließende kritische Bemerkung. Der Richtlinienvorschlag enthält keine Erläuterung der Begriffe "Plan" und ,,Programm". Die Frage, welche Merkmale ein bestimmtes Vorhaben zu einem ,,Plan" oder ,,Programm" im Sinne der Richtlinie machen, wurde von der Kommission und der Ratspräsidentschaft als auf Gemeinschaftsebene nicht lösbar betrachtet und damit den Mitgliedsstaaten bzw. der Praxis überlassen. Die Entscheidung über die Notwendigkeit einer PlanUVP kann jedenfalls nicht von dem eher zufälligen Umstand abhängen, ob ein bestimmtes Vorhaben ausdrücklich als "Plan" oder ,,Programm" bezeichnet wird. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten werden deshalb bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht hier noch vertiefte Überlegungen anzustellen sein.
2. Geltungsbereich nach Artikel 3
Die eigentliche Geltungsbereichs-Regelung ist Artikel 3. Die Vorschrift hat folgende Grundstruktur: Absatz 1 stellt zunächst klar, dass die Richtlinie nur auf Pläne und Programme Anwendung fmdet, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Sie gilt jedoch nicht für alle denkbaren Pläne und Programme mit solchen möglichen Umweltauswirkungen, sondern nur für bestimmte Kategorien umwelterheblicher Pläne und Programme. Die einbezogenen Kategorien sind in den Absätzen 2 bis 4 abschließend aufgeführt. Bei einem Teil der dort genannten Pläne und Programme ist in jedem Falle eine PlanUVP durchzuführen. Bei einem anderen Teil hängt die Notwendigkeit einer Umweltprüfung von der Einschätzung des jeweiligen Mitgliedsstaats ab, ob die betreffenden Pläne und Programme voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Diese Regelung verschafft den Mitgliedsstaaten eine gewisse Flexibilität, durch die nationalen Gegebenheiten Rechnung getragen werden kann. Bei der Entscheidung sind zwar bestimmte vorgegebene Kriterien zu berücksichtigen (Anhang II); diese Kriterien sind jedoch so offen gefasst, dass den Mitgliedsstaaten noch erhebliche Bewertungsspielräume verbleiben.
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a) Bei welchen Plänen und Programmen soll eine PlanUVP nun generell, d.h. unabhängig von der jeweiligen Beurteilung der Mitgliedsstaaten, obligatorisch sein ? Artikel 3 Absatz 2 nennt hier zwei ganz unterschiedliche Kategorien von Plänen und Programmen: • Von zentraler Bedeutung sind die unter Buchst. a) genannten Pläne und Programme, die für bestimmte Sektoren (z.B. Landwirtschaft, Energie, Industrie, Verkehr, Abfall- und Wasserwirtschaft, Raumordnung und Bodennutzung) ausgearbeitet werden und den Rahmen fiir die künftige Genehmigung ProjektUVP-pflichtiger Vorhaben setzen. Der Begriff des "rahmensetzenden Plans" und seine Bedeutung für die Ergänzungsfunktion der PlanUVP im Verhältnis zur UVP aufProjektebene ist vorhin (unter 11.2.a) schon ausfUhrlieh erläutert worden. Die angesprochene Regelung stellt die notwendige Verknüpfung her und schließt damit eine Lücke des bisherigen Gemeinschaftsrechts. Über die Berechtigung der Vorschrift bestand bei den Verhandlungen in Brüssel Konsens; heftig gerungen wurde aber ihre konkrete Ausgestaltung. Die jetzige Formulierung stellt einen Kompromiss dar, mit dem Deutschland, trotz einer gewissen begrifflichen Unschärfe, bei der Umsetzung in das nationale Recht zurechtkommen dürfte. • Ein ganz anderer Gedanke liegt der in Artikel 3 Absatz 2 Buchst. b) genannten Fallgruppe zugrunde. Nach dieser Bestimmung sind auch Pläne und Programme, die angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Schutzgebiete einer Verträglichkeitsprüfung nach Artikel 6 und 7 der FFH-Richtlinie bedürfen, einer strategischen UVP zu unterziehen. Diese Regelung erscheint zunächst überraschend, weil ja bereits die FFH-Richtlinie selbst eine Umweltprüfung solcher Pläne und Programme vorschreibt. Der Sinn liegt darin, dass Verträglichkeitsprüfungen nach der FFH-Richtlinie den Verfahrensstandards der PlanUVP unterworfen werden sollen. Insbesondere soll hier künftig zwingend eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzufuhren sein. Das Vorgehen ist zugegebenermaßen etwas eigenartig. Die PlanUVP-Richtlinie dient quasi als Vehikel zur Änderung der Verfahrensanforderungen einer anderen Umweltrichtlinie. Zeitweise lag bei den Verhandlungen in Brüssel sogar ein Entwurf auf dem Tisch, der auf diese Weise- man könnte fast sagen handstreichartig - einen ganzen Katalog von Richtlinien an die PlanUVP-Erfordernisse anpassen wollte. Dieses Vorgehen war den meisten Mitgliedsstaaten dann aber doch suspekt; lediglich bei der FFH-Richtlinie war man zu einer solchen Regelung bereit. b) Von der generellen Pflicht zur Durchfiihrung einer PlanUVP sieht Artikel 3 Absatz 3 in zwei Fällen Ausnahmen vor: zum einen dann, wenn ein "eigentlich" UVPpflichtiger Plan nur geringfiigig geändert wird, zum anderen bei Plänen und Programmen für die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene. In diesen Fällen sollen die Mitgliedsstaaten jeweils anband vorgegebener Kriterien selbst bestimmen, ob erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind- nur dann ist
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eine PlanUVP erforderlich. Die Festlegung der UVPpflichtigen Pläne und Programme kann dabei entweder im Wege der Einzelfallprüfung erfolgen oder dadurch, dass die Mitgliedsstaaten in den nationalen Rechtsvorschriften bestimmte Arten UVPpflichtiger Pläne und Programme ausweisen, oder durch eine Kombination beider Ansätze (Artikel3 Absatz 5). c) Das letztgenannte Verfahren kommt schließlich auch bei sonstigen Plänen und Programmen zur Anwendung, die einen Rahmen fiir die künftige Genehmigung von Projekten setzen (Artikel 3 Absatz 4). Hierzu gehören insbesondere Pläne und Programme, die sich auf nicht UVPpflichtige Vorhaben beziehen. Einer strategischen UVP bedarf es in diesen Fällen nur, wenn die Mitgliedsstaaten bestimmen, dass solche Pläne und Programme voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Solche Auswirkungen dürften bei Plänen und Programmen fiir nicht UVPpflichtige Vorhaben nur relativ selten anzunehmen sein. Im Ergebnis fiihrt die Regelung daher - verglichen mit anderen Vorschlägen, die bei den Beratungen in Brüssel auf dem Tisch lagen - zu einer deutlichen Einschränkung des Anwendungsbereichs. Nach den Vorstellungen der Kommission und einer Reihe von Mitgliedsstaaten sollte anstelle der jetzt verabschiedeten Fassung eine inhaltlich weitgehend konturenlose Bestimmung ohne jeglichen Projekt- und Genehmigungsbezug getroffen werden. Damit wäre eine Vielzahl von Plänen und Programmen, die jetzt nicht erfasst sind, in den Anwendungsbereich hineingerutscht, z.B. Krankenhausbedarfspläne, forstliche Holzeinschlagspläne, Abschusspläne im Bereich des Jagdwesens usw. d) Ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen sind nach Artikel 3 Absatz 8 Pläne und Programme, die ausschließlich der Landesverteidigung und dem Katastrophenschutz dienen, sowie Finanz- oder Haushaltspläne und -programme. Der Ausschluss von Finanz- und Haushaltsplänen erscheint konsequent, weil solche Pläne keinen Rahmen fiir die künftige Genehmigung von Projekten setzen. Das Vorhandensein einer geordneten Finanzplanung mag zwar eine faktische Voraussetzung fiir die Verwirklichung eines Projekts sein, fiir die Genehmigungsentscheidung ist dieser Aspekt indessen grundsätzlich nicht von Bedeutung. Das gleiche gilt fiir die Frage, ob irgendeine Institution bereit ist, Fördermittel fiir das Projekt zur VerfUgung zu stellen. Nach Auffassung der Bundesregierung fallen daher auch Pläne und Programme im Zusammenhang· mit Fördermaßnahmen zur Beseitigung spezifischer struktureller Schwächen - z.B. nach den Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben oder nach den Europäischen Strukturfonds 13 - nicht in den Anwendungsbereich der Plan13 In der Begründung ihres Richtlinienvorschlags von 1996 hatte die Kommission noch selbst ausgeführt, dass Pläne, die flir eine Kofinanzierung aus Mitteln der Europäischen Strukturfonds erarbeitet werden, keiner PlanUVP bedürften, da solche Pläne keine Relevanz flir die Genehmigung von Projekten hätten (vgl. o. Fn. 4, Abschnitt 1.4). Im Umweltrat am 13. I 14.12.1999 hat die Kommission demgegenüber in einer Erklärung
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UVP-Richtlinie. Da zu dieser Frage im Richtlinientext selbst keine ausdrückliche Regelung durchgesetzt werden konnte, hat die Bundesregierung im Umweltministerrat eine entsprechende Protokollerklärung abgegeben. Insgesamt ist mit der jetzt vorliegenden Fassung - gegen z.T. starken Widerstand - eine deutliche Begrenzung des Anwendungsbereichs erreicht worden. Das Ergebnis entspricht einem zentralen Anliegen der Bundesregierung, die sich hierfür in Brüssel sehr stark eingesetzt hat. Als neues Instrument des Umweltschutzes, so die Überlegung, sollte die PlanUVP zunächst in einem Bereich erprobt werden, in dem die Einftihrung einer strategischen Umweltprüfung in der Sache besonders plausibel erscheint. Ein solches Vorgehen entspricht auch der Revisionsklausel des Artikels 11 Absatz 3. Danach ist die Kommission aufgefordert, 5 Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie unter Auswertung zwischenzeitlicher Vollzugserfahrungen, falls angebracht, Änderungsvorschläge zu machen, wobei insbesondere eine mögliche Erweiterung des Anwendungsbereichs zu prüfen ist. Die Kommission hat im Umweltministerrat am 13. I 14.12.1999 eine Erklärung zu Protokoll gegeben, in der sie der Einschränkung des Anwendungsbereichs- mit scharfen Worten, aber inhaltlich höchst angreifbaren Argumentenwiderspricht. Mit dieser Erklärung soll offensichtlich im Hinblick auf die nachfolgende zweite Lesung des Richtlinienvorschlags im Europäischen Parlament "Stinunung" gegen den Gemeinsamen Standpunkt gemacht werden, um auf diesem Wege doch noch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs durchzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Strategie erfolgreich sein wird.
IV. Durchführung der Umweltprüfung Im folgenden soll nunmehr auf die praktische Durchfiihrung der PlanUVP und damit auf den Aspekt der Materie eingegangen werden, in dem die Konsequenzen des Richtlinienvorschlags für das Fachplanungsrecht am deutlichsten hervortreten. 1. Struktur der Umweltprüfung
Die PlanUVP umfasst drei Elemente: Es ist ein Umweltbericht auszuarbeiten, der bestinunten Anforderungen genügen muss; es ist eine Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung durchzufuhren - die Richtlinie spricht von "Konsulzum Gemeinsamen Standpunkt geltend gemacht, dass es keinerlei Rechtfertigung daftir gebe, die EU-Strukturfonds rechtlich vom Geltungsbereich der Richtlinie auszunehmen.
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tationen" -, und die Ergebnisse sind in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Von den Behörden wird also einiges verlangt 14• Dies gilt um so mehr dann, wenn man berücksichtigt, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen künftig grundsätzlich auf allen Entscheidungsebenen durchzufiihren sind. Der befurchtete hohe Aufwand, insbesondere im Falle einer Plan- oder Programmhierarchie, hat vielfach Zweifel an der Praktikabilität und Angemessenheit der PlanUVP geweckt. Hierin dürfte wohl auch der primäre Grund dafur zu suchen sein, dass der Richtlinienentwurf im politisch-administrativen Bereich auf starke Ablehnung gestoßen ist. Diese Bedenken müssen sehr ernst genommen werden. In der Tat: Die Einfiihrung der PlanUVP wird bei den Verwaltungen zu Mehraufwand, aber auch zu Kostenbelastungen fiihren, da die Kosten hier, anders als bei der UVP auf Projektebene, nicht einem bestimmten Vorhabensträger in Rechnung gestellt werden können. Gleichwohl stellt sich die Situation bei weitem nicht so drastisch dar, wie dies in Diskussionen mitunter behauptet wird. Der Richtlinienvorschlag enthält inzwischen - und auch das war ein Kernanliegen der deutschen Verhandlungsfiihrung in Brüssel - ein Instrumentarium, das den Mitgliedsstaaten ein hohes Maß an Flexibilität einräumt und es damit zugleich ermöglicht, den Aufwand auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen. Dies soll im folgenden zunächst am Beispiel des Umweltberichts dargestellt werden. 2. Umweltbericht (Artikel 5)
Nach Artikel 5 Absatz 1 sind in dem zu erstellenden Umweltbericht die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Plans oder Programms auf die Umwelt sowie "vernünftige Alternativen" zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Anhang I des Richtlinienvorschlags enthält hierzu einen umfassenden Katalog von Angaben, die in dem Umweltbericht enthalten sein sollen. Dies hat bei manchem die Vorstellung ausgelöst, dass fiir die Erstellung des Umweltberichts stets der gesamte Katalog detailliert abzuarbeiten sei. Dabei wird jedoch übersehen, dass die PlanUVP nach Artikel 5 Absatz 2
ebenenspezifisch durchzufiihren ist. Wie bereits (unter 11.2.a) ausgefuhrt, ver-
läuft die Zulassung komplexer Vorhaben in einem mehrstufigen Prüf- und Entscheidungsprozess. Die relevanten Sachfragen werden schrittweise geprüft, wobei das Projekt mit zunehmender Detailtiefe betrachtet wird. Dieser Prüfund Entscheidungsstruktur ist bei der Ausgestaltung der PlanUVP Rechnung zu 14 Hinzu kommt, dass Artikel 7 für Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt eines anderen Mitgliedstaates der Gemeinschaft haben, eine grenzüberschreitende Umweltprüfung vorsieht. Auf die damit verbundenen Fragen kann hier aus Raum- und Zeitgründen nicht eingegangen werden.
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tragen. Gegenstand und Intensität der Umweltprüfung richten sich nach dem fachrechtlich vorgegebenen Entscheidungsprogramm der jeweiligen Planungsebene. UVP-relevant sind dabei vor allem jene Fragen, die auf der aktuellen Planungsstufe abgearbeitet werden und den Rahmen fiir nachfolgende Planungs- und Zulassungsebenen setzen, z.B. Bedarfsfeststellungen oder die Auswahl zwischen Standortalternativen und sonstigen Vorhabensvarianten. Damit lässt sich eine sach- und themenbezogene Abschichtung der UVP vornehmen. Für den zu erstellenden Umweltbericht bedeutet dies, dass die nach Anhang I des Richtlinienvorschlags beizubringenden Angaben jeweils nur in dem fiir die anstehende Planungsentscheidung notwendigen Umfang und Konkretisierungsgrad benötigt werden. Die PlanUVP-Richtlinie verlangt nicht, dass zu einem Plan mit weiträumiger Perspektive und großem Maßstab eine detailtiefe Umweltverträglichkeitsprüfung mit kleinräumiger Betrachtung durchgefiihrt wird. Daher braucht der Umweltbericht in einem solchen Fall keine kleinperspektivischen Einzelheiten zu enthalten. Dieses Verständnis der PlanUVP ist nicht Ergebnis irgendeiner unsicheren Auslegung, sondern im Richtlinienvorschlag selbst klar - und damit auch EuGH-fest- verankert. Der Umweltbericht, so heißt es etwa in Artikel 5 Absatz 2 ausdrücklich, berücksichtigt "Inhalt und Detaillierungsgrad des Plans oder Programms, dessen Stellung im Entscheidungsprozess sowie das Ausmaß, in dem bestimmte Aspekte zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen auf den unterschiedlichen Ebenen dieses Prozesses am besten geprüft werden können". Deutlicher kann man es im Rahmen einer europäischen Richtlinie kaum ausdrücken. Artikel 5 Absatz 3 sieht darüber hinaus vor, dass fiir den Umweltbericht alle Informationen, die bereits auf vorangegangenen Ebenen des Entscheidungsprozesses oder bei anderen Verträglichkeitsprüfungen angefallen sind, herangezogen werden können. Damit kann sich die PlanUVP jeweils auf die Umweltauswirkungen konzentrieren, die im Rahmen vorlaufender Prüfungen nicht betrachtet worden sind. Weitere Verfahrenserleichterungen enthält Artikel I 0 Absatz 2, wonach die Mitgliedsstaaten koordinierte oder gemeinsame Verfahren vorsehen können, wenn sich die Verpflichtung zur Prüfung der Umweltauswirkungen von Plänen und Programmen sowohl aus der PlanUVP-Richtlinie als auch aus anderen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts ergibt. Bei der Beurteilung der PlanUVP sollte im übrigen nicht vergessen werden, dass es fiir die planensehe Abwägung bereits nach dem geltenden Fachplanungsrecht notwendig ist, die betroffenen Umweltbelange zu ermitteln, zu prüfen und zu bewerten. Damit dürfte der Richtlinienvorschlag in seinen Prüfanforderungen nicht - oder jedenfalls nicht wesentlich - über das hinausgehen, was fiir eine ordnungsgemäße Fachplanung unter Umweltgesichtspunkten schon jetzt planungsrechtlich zu leisten ist. Der wesentliche Unterschied - und Vorteil - gegenüber dem bestehenden Fachplanungsrecht besteht darin, dass
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der Planungs- und Abwägungsprozess durch UVP-Instrumente wie den Umweltbericht zusätzliche strukturelle Klarheit und Transparenz gewinnt - und dies dürfte der Umwelt dann auch materiell zugute kommen.
3. Konsultationen - Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung (Artikel6) Transparenz ist zugleich das Stichwort für das zweite Element der Umweltprüfung, die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Natürlich ist die Skepsis, ob sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Planungsebene organisatorisch überhaupt bewältigen lässt, hier besonders groß. Dies liegt vor allem daran, dass sich viele Kritiker von der Vorstellung leiten lassen, das V erfahren bei der PlanUVP müsse in gleicher Weise ausgestaltet werden, wie es das UVP-Gesetz fiir die Umweltverträglichkeitsprüfung auf Projektebene vorschreibt. Dementsprechend malen sie sich Planungsszenarien - vorzugsweise großräumiger Art - aus, bei denen dann, gewissermaßen "quer durch die Republik", an einer Vielzahl von Standorten mit gewaltigem Aufwand Unterlagen bereitzustellen und Anhörungstermine zu veranstalten wären. Daraus ziehen sie den Schluß, dass eine zeit-und bedarfsgerechte Planung unter dem Regime der PlanUVP nicht mehr gewährleistet sein wird. Tatsächlich verlangt der Richtlinienvorschlag all dies nicht. Die "Konsultations"-Regelung ist - nicht zuletzt auf beharrliches Drängen Deutschlands nunmehr so gefasst, dass den Mitgliedsstaaten ein Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit verbleibt. Sie gestattet damit ein pragmatisches, situationsangepasstes und relativ unaufwendiges Vorgehen. Im einzelnen gilt hier folgendes: Nach Artikel 6 Absatz 1 und 2 sind der Entwurf des Plans oder Programms sowie der Umweltbericht betroffenen Behörden und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ihnen ist innerhalb ausreichend bemessener Fristen frühzeitig und effektiv Gelegenheit zu geben, zu dem Plan- oder Programmentwurf sowie zum begleitenden Umweltbericht Stellung zu nehmen. Was bedeutet dies konkret fiir die Ausgestaltung des Verfahrens? • Die Richtlinie überlässt den Mitgliedsstaaten die Entscheidung, auf welche Weise die genannten Unterlagen zugänglich zu machen sind. Denkbar wäre beispielsweise die Auslegung an einem oder mehreren zentralen Orten, die Veröffentlichung in der Presse oder die "Einspeisung" ins Internet. • Die Mitgliedsstaaten legen selbst fest, welche Behörden zu konsultieren sind. • Die Mitgliedsstaaten bestimmen nach Artikel 6 Absatz 4 auch den Kreis der einwendungsberechtigten Öffentlichkeit. Ein "Jedermanns-Beteiligungsrecht" ist nicht vorgeschrieben. Die Mitgliedsstaaten können den Kreis der
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Einwendungsberechtigten daher sachgerecht einschränken, beispielsweise auf solche Personen, die von den Umweltauswirkungen des Plans oder Programms tatsächlich betroffen sein können. • Eine Erörterung der eingegangenen Stellungnahmen mit den Einwendem ist nicht notwendig. Die Konsultationen können ausschließlich im schriftlichen Verfahren, ggf. auch über das Internet erfolgen. Bei der Vorbereitung der Umsetzung in nationales Recht wird es darauf ankommen, die hier bestehenden Spielräume konstruktiv auszufiillen und Verfahren zu entwickeln, die gleichermaßen wirksame wie praktikable Formen der Konsultation gestatten. Dabei können zum einen die Erfahrungen anderer Länder, in denen die PlanUVP bereits erfolgreich praktiziert wird, nutzbar gemacht werden. Weiterfuhrende Erkenntnisse können aber auch Planspiele und Praxistests im eigenen Land bieten, wie sie in einzelnen Bundesländern schon erprobt worden sind. 4. Entscheidungstindung
Weichen Einfluss haben der Umweltbericht und die Ergebnisse der durchgefiihrten Konsultationen auf den Inhalt des Plans oder Programms? Artikel 8 des Richtlinienvorschlags gibt hierauf lediglich eine verfahrensbezogene Antwort: Sie sind bei der Ausarbeitung und vor der Annahme des Plans oder Programms zu berücksichtigen. Die PlanUVP-Richtlinie enthält keine materiellen Vorgaben dazu, wie das Ergebnis der Umweltprüfung zu berücksichtigen ist. Insbesondere wird nicht gesagt, welcher Stellenwert den Umweltbelangen gegenüber anderen plan- oder programmrelevanten Gesichtspunkten zukommen soll. Diese Frage beantwortet sich ausschließlich nach dem Fachplanungsrecht Obwohl die PlanUVP somit aus rechtlicher Sicht ein ausschließliches Verfahrensinstrument bildet, dürfte sie faktisch zugleich erhebliche materielle Schutzwirkungen entfalten, und zwar unter zwei Gesichtspunkten. Zum einen sorgen der Umweltbericht und die vorgeschriebenen Konsultationen dafiir, dass der Sachverhalt umfassend aufbereitet wird. Dem Anwender des Fachplanungsrechts wird damit eine fundierte und ausgewogene Entscheidungsgrundlage zur Verfiigung gestellt. Um zum anderen sicherzustellen, dass der Rechtsanwender diese Entscheidungsgrundlage tatsächlich in der gebotenen Weise nutzt, sieht Artikel 9 des Richtlinienvorschlags ein entsprechendes Begründungserfordernis vor. Danach ist der Plan oder das Programm den konsultierten Behörden und der Öffentlichkeit nach Annahme zugänglich zu machen. ,,Zugänglich machen" heißt in diesem Zusammenhang übrigens nicht, dass jedem Beteiligten ein eigenes Exemplar auszuhändigen ist. Es genügt vielmehr auch hier eine Auslegung an zentraler Stelle oder die Veröffentlichung in der Presse oder im Internet. Beizufiigen ist aber in jedem Falle eine zusammenfassende Erklärung,
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wie Umwelterwägungen in den Plan oder das Programm einbezogen wurden, wie der Umweltbericht und die Stellungnahmen der konsultierten Behörden und der Öffentlichkeit berücksichtigt wurden und aus welchen Gründen der Plan oder das Programm in Abwägung mit den geprüften Alternativen gewählt wurde. Durch dieses Begründungserfordernis wird die planaufstellende Behörde quasi gezwungen, sich mit allen im Rahmen der UVP auftretenden Gesichtspunkten sachgerecht auseinander zu setzen. Auch dies sollte eigentlich schon jetzt .zum Standard fachplanenscher Entscheidungsfmdung gehören. Die PlanUVP-Richtlinie gewährleistet durch geeignete Verfahrensvorgaben, dass dieser Standard tatsächlich gilt.
V. Resümee Insgesamt lässt sich die Bedeutung der PlanUVP für das Fachplanungsrecht wie folgt zusammenfassen: Die PlanUVP-Richtlinie schafft keine neuen materiellen Anforderungen. Sie enthält bestimmte Verfahrensanforderungen, mit denen die materiellen Vorgaben des Fachplanungsrechts gestärkt, ihre Durchsetzung gesichert und die Akzeptanz fachplanerischer Entscheidungen erhöht werden können. Die "Preisfrage" in diesem Zusammenhang lautet, ob die positiven Effekte der PlanUVP, insbesondere ihre Schutzwirkung fiir die Umwelt, den mit ihr verbundenen Aufwand rechtfertigen. Der vorliegende Richtlinienentwurf schafft hierzu jedenfalls gute Voraussetzungen. Wesentlich ist, ob es im Zuge der Umsetzung gelingen wird, die den Mitgliedsstaaten eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten konsequent zu nutzen. Ein solches Vorhaben ist anspruchsvoll und schwierig. Es erfordert von allen Beteiligten und Betroffenen einschließlich der Kritiker - die Bereitschaft zum Dialog und zur konstruktiven Mitwirkung bei der Erarbeitung sach- und praxisgerechter Lösungskonzepte. Es liegt also gewissermaßen "an uns selbst", ob die PlanUVP zu einem verfahrensökonomischen und materiell ertragreichen Umweltinstrument ausgebaut werden kann.
Die Um!etzung der FFH-Richtlinie durch das Zweite Gesetz zur Anderung des Bundesnaturschutzgesetzes und die Auswirkungen auf Planungen Von Klaus lven*
I. Einleitung Nach der Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen 1 oder kurz FFH-Richtlinie (FFH-RL) ist zur Erhaltung der biologischen Vielfalt ein gemeinschaftsweites zusammenhängendes Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung "Natura 2000" zu schaffen. Dieses Netz besteht aus nach der FFH-RL ausgewiesenen Schutzgebieten (FFH-Gebiete), umfasst dariiber hinaus aber auch nach der Vogelschutzrichtlinie2 ausgewiesene Schutzgebiete (Vogelschutzgebiete). Die FFH-RL enthält u.a. Vorgaben zur Auswahl und Ausweisung von FFH-Gebieten sowie spezifische Anforderungen an die Zulassung von Plänen und Projekten mit Auswirkungen aufFFH- und Vogelschutzgebiete. Mit dem Zweiten Gesetz zur A"nderung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)3 - und dem bereits am 1.1.1998 in Kraft getretenen "Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs [BauGB] und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung" [ROGt - sind die auf Bundesebene erforderlichen innerstaatlichen Regelungen zur Auswahl von Schutzgebieten sowie zur Zulassung von Plänen und Projekten mit Auswirkungen auf solche Gebiete geschaffen worden.
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Der Beitrag gibt die persönliche Rechtsauffassung des Verfassers wieder. Richtlinie (RL) 92 I 43 I EWG vom 21.5.1992, ABI. EG Nr. L 206, S. 7 ff.; zuletzt geändert durch die RL 97 I 62 I EG vom 8.11.1997, ABI. EG Nr. L 305, 42. 2 RL 79 I 409 I EWG des Rats zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten vom 2.4. 1979, ABI. EG Nr. L 103 I ff., zuletzt geändert durch Richtlinie 97 I 49 I EG vom 29.7.1997, ABI. EG Nr. L 223,9 ff., im folgenden: VRL. 3 Gesetz vom 9.5.1998, BGBI. I, 358. 4 Gesetz vom 28.8.1997, BGBI. I, 2081. 1
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Klaus Iven
Die zentralen Vorgaben zur Umsetzung der FFH-RL sind im BNatSchG geregelt. Den weiteren- u.a. auch planbezogenen (§ la Abs. 2 Nr. 4 BauGB und § 7 Abs. 7 ROG) - Umsetzungsbestimmungen im Fachrecht ist gemeinsam,
dass sie FFH-relevante Tatbestände benennen und für den Fall erheblicher Beeinträchtigungen auf die spezifischen Zulassungsanforderungen im BNatSchG verweisen.
Mit der FFH-RL und den dazu erlassenen Umsetzungsvorschriften wird das Verhältnis des Naturschutzrechts zum Planungsrecht in zwei Bereichen wesentlich geändert; der erste Bereich betrifft die Auswahl von Schutzgebieten, der zweite die Zulassung von Plänen. Im folgenden werden daher der Hintergrund dieser Bereiche beleuchtet, Grundzüge der Umsetzungsbestimmungen im Zweiten Gesetz zur Änderung des BNatSchG dargestellt sowie Auswirkungen auf Planungen aufgezeigt.
II. Allgemeines zu den Umsetzungsvorschriften Da dem Bund für den Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege allein eine Rahmengesetzgebungskompetenz zusteht, beschränken sich die Umsetzungsregelungen im BNatSchG zum wesentlichen Teil aufRahmenvorgaben für die Gesetzgebung der Länder5 • Die Länder sind demnach nicht nur für die normative Ausgestaltung und praktische Durchführung des Verfahrens der Gebietsauswahl zuständig, sondern haben darüber hinaus die Bundesrahmenvorgaben in Landesrecht umzusetzen. Entsprechende Umsetzungsbestimmungen sind bislang in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern ergangen. In den anderen Ländern gelten die projekt- und planbezogenen Umsetzungsbestimmungen des BNatSchG bis zur Umsetzung in Landesrecht, längstens bis zum 8.5.2003, unmittelbar (vgl. § 39 Abs. 16).
111. Auswahl von FFH-Gebieten 1. Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, als FFH-Gebiete geeignete Gebiete nach in der FFH-RL vorgegebenen naturschutzfachlichen Kriterien auszuwäh-
5 Vgl. näher dazu Apfelbacher I Adenauer liven, Das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes- Teil 2: Biotopschutz, NuR 1999, 63 (64). 6 §§ohne Gesetzesangabe sind solche des BNatSchG.
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len und der Kommission zu benennen. Die RL sieht dazu ein zweistufiges Auswahlverfahren vor. In der ersten Stufe, die gegenwärtig Gegenstand intensiver Diskussion ist und auf die im folgenden näher eingegangen wird, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, als FFH-Gebiete geeignete Gebiete nach in der Richtlinie vorgegebenen naturschutzfachlichen Kriterien auszuwählen und in Form einer nationalen Liste der EU-Kommission zu benennen (Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I bis III Phase 1)7 • Die Regelung und Durchführung des Verfahrens der Gebietsauswahl bleibt dem innerstaatlichen Recht - d.h. nach der grundgesetzliehen Kompetenzordnung und gemäß den§§ 19a Abs. 1 und 19b Abs. 1 Satz 1 den Ländern - überlassen. In der zweiten Stufe fmdet eine Priifung der Gebietsvorschläge auf Gemeinschaftsebene statt. Auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten benannten Gebiete erstellt die Kommission nach Maßgabe weiterer naturschutzfachlicher Kriterien den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Phase 2 FFH-RL). Die Kommission ist dabei an das Einvernehmen des Mitgliedstaats gebunden. Daraus folgt, dass grundsätzlich kein Gebiet in den gemeinschaftlichen Auswahlprozess gelangt, das nicht zuvor vom Mitgliedstaat benannt worden ist. Sobald schließlich die Gemeinschaftsliste nach Abstimmung in den zuständigen EU-Gremien verbindlich wird8, unterliegt das Gebiet als FFH-Gebiet gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Verpflichtungen und damit u.a. den spezifischen (Umsetzungs-) Anforderungen an die Zulassung von Plänen (vgl. IV.). 2. Erstellung einer nationalen Vorschlagsliste
Das BNatSchG beschränkt sich hinsichtlich der Auswahl von Gebieten in § 19b Abs. 1 Satz 1 auf den Hinweis, dass die Länder Gebiete nach den in der Art. 4 Abs. 1 FFH-RL genannten Maßgaben auszuwählen haben. Dieser Umsetzungsvorgabe kommt dabei allein klarstellender Charakter zu, da sich die Verpflichtung der Länder zur Gebietsauswahl nach der FFH-RL bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergibt. Demzufolge ist die sich aufdrängende Frage nach Anforderungen und Auswirkungen der Vorgaben zur Erstellung der na7 Die nationale Liste hätte der EU-Kommission bis zum 4.6.1995 vorgelegt werden müssen. Die Kommission hat beim Europäischen Gerichtshof eine Klage eingereicht, in der sie Deutschland vorwirft, die Auswahl- und Meldepflichten nach der FFH-RL bislang nur unzureichend umgesetzt zu haben. Mit einer Entscheidung in dieser Sache ist im Laufe dieses Jahres zu rechnen. 8 Obgleich die Frist für die Erstellung der Gemeinschaftsliste am 4.6.1998 abgelaufen ist, liegt diese Liste bislang- nicht zuletzt im Hinblick auf die zögerliche Übermittlung von Gebietsvorschlägen seitens der Mitgliedstaaten -noch nicht vor.
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tionalen Auswahlliste auf gemeinschaftsrechtlicher Basis zu beantworten. Hierbei ist von folgendem auszugehen: Die in der FFH-RL zur Gebietsauswahl vorgegebenen Kriterien sind - wie auch die Vorgaben der VRL zur Auswahl von Vogelschutzgebieten- naturschutzfachlicher Art. Hiernach haben die Länder Gebiete zu ermitteln, in denen in den Anhängen I und II der FFH-RL aufgeführte Lebensraumtypen sowie Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse vorkommen. Allerdings ist nicht jedes Vorkommen solcher Lebensräume oder Arten auszuwählen. Vielmehr sieht Anhang III Phase I FFH-RL weitere fachliche Kriterien zur Gebietsauswahl vor. Die Kriterien wie Repräsentativitätsgrad, Erhaltungsgrad, Isolierungsgrad sowie Populationsgröße und -dichte im Verhältnis zu dem Vorkommen im gesamten Mitgliedstaat stellen sicher, dass [nur] solche Gebiete ausgewählt werden, denen im Verhältnis zum Gesamtvorkommen im Mitgliedstaat und nicht nur regional fachliche Bedeutung zukommt. Die naturschutzfachlichen Auswahlkriterien sind nicht nur für das "Ob" einer Ausweisung maßgeblich, sondern auch für das "Wie", d.h. die räumliche Abgrenzung von Gebieten. Die Rechtsprechung des EuGH, die zur Auswahl von Vogelschutzgebieten ergangen ist, belegt, dass im gerichtlichen Streitfall durchaus auch die räumliche Abgrenzung von Gebieten nach den fachlichen Auswahlkriterien überprüft wird9 • Eine Abwägung zwischen den Auswahlkriterien der FFH-RL und anderen, nicht-naturschutzfachlichen Kriterien ist nicht statthaft. Das belegt die insoweit zu übertragende ständige Rechtsprechung des EuGH zur Auswahl von Vogelschutzgebieten. Ein Gebiet, das die fachlichen Auswahlkriterien erfüllt, kann daher nicht deshalb aus dem Auswahlprozess ausgeschieden werden, weil andere, nicht naturschutzbezogene Interessen oder Planungen bestehen oder realisiert werden sollen. Das gilt, wie der EuGH im Lappelbank-Urteil 10 herausgestellt hat, selbst dann, wenn ein Vorhaben die Voraussetzungen für eine Ausnahme im Rahmen der spezifischen Zulassungsanforderungen für Pläne - oder Projekte- erfiillt. Die Ausnahmebestimmungen sind mit anderen Worten erst dann anwendbar, wenn ein Gebiet als FFH-Gebiet bzw. Vogelschutzgebiet eingestuft oder ausgewählt ist. Daher und vor dem Hintergrund, dass vor allem auch die deutsche Rechtsprechung zunehmend dazu übergeht, pflichtwidrig nicht ausgewiesene Schutzgebiete den Gemeinschaftsanforderungen zu unter-
9 Vgl. Santofia-Urt. vom 2.8.1993, NuR 1994, 521 (523), Lappe1bank-Urt. vom 11.7. 1996, NuR 1997,36 ff. sowie Seine-Urt. vom 18.3.1999, NuR 1999,501 ff. 10 Vgl. Fn. 9; das Urteil betraf zwar ein Vogelschutzgebiet, ist aber auf die Auswahl von FFH-Gebieten übertragbar; vgl. dazu auch lven, Aktuelle Fragen des Umgangs mit bestehenden oder potentiellen Schutzgebieten von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung, UPR 1998, 361 (361 ).
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werfen 11 , ist es wichtig, dass die Gebietsauswahl, wie von den Ländern vorgesehen, zügig entsprechend den Richtlinienvorgaben abgeschlossen wird. Andererseits bedeutet die Bindung an die naturschutzfachlichen Auswahlkriterien der FFH-RL nicht, dass andere Belange nicht zu berücksichtigen wären. Naturschutzfachlich bedeutsame Gebiete bilden keine unberührten und von der Außenwelt abgeschlossenen Inseln. Der naturschutzfachliche Wert kann vielmehr regelmäßig allein unter Berücksichtigung bestehender Vorbelastungen oder planungsrechtlich verfestigter Nutzungen hinreichend beurteilt werden12• Vorhandene oder planungsrechtlich verfestigte Anlagen bzw. Nutzungen bilden daher ein (Hilfs-) Kriterium zur Bestimmung der naturschutzfachlichen Wertigkeit. Entsprechend sieht der sog. Standard-Datenbogen, der den Gebietsmeldungen zugrunde zu legen ist 13 (vgl. Artikel 4 Abs. 1 UnterAbs. 2 FFH-RL) und in den alle für die Auswahl und Meldung maßgeblichen Daten einzutragen sind, vor, "Einflüsse und Nutzungen im Gebiet und in dessen Umgebung" aufzufUhren. Während hinsichtlich der vorgenannten gemeinschaftsrechtlichen Gegebenheiten noch weitgehend Einigkeit besteht, wird die Frage kontrovers diskutiert, ob den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Gebietsauswahl ein eigenverantwortlich wahrzunehmender (Auswahl-)Spielraum zukommt. Hierzu werden im wesentlichen drei Auffassungen vertreten. Die beiden ersten Auffassungen beruhen insbesondere auf einem Vergleich der Auswahlverfahren von VRL und FFHRL und gelangen dabei zu konträren Ergebnissen. Die Kommission und Teile des Schriftturns ziehen aus dem Umstand, dass die FFH-RL nicht wie die VRL alleine auf eine Erklärung des Mitgliedstaats abstellt, sondern ein zweistufiges Auswahlverfahren vorsieht, an dessen Ende eine Entscheidung auf EU-Ebene steht, den Schluss, dass der Mitgliedstaat in die nationale Auswahlliste alle Gebiete einzustellen hat, die den fachlichen Auswahlkriterien der FFH-RL entsprechen14. Unter fachlichen Gesichtspunkten grundsätzlich als FFH-Gebiete geeignete Gebiete können danach allein auf Gemeinschaftsebene aus dem Auswahlprozess ausgeschieden werden. Den Mitgliedstaaten bzw. den dort nach innerstaatlichen Recht zuständigen Auswahlstellen kommt danach faktisch die Aufgabe eines Erfüllungsgehilfen bzw. Vorprüfers zu. Zudem besteht praktisch kein Raum, der für die Erfüllung von Entscheidungsspielräumen, z.B. 11 Vgl. nur BVerwG, Urt. vom 19.5.1998, NuR 1998,537 ff. und U. vom 27.1.2000, 4 C 2.99, n.n.v. sowie OVG Münster, B. vom 11.5.1999, NuR 2000, 165 (172). 12 Vgl. Iven (Fn. 10), 361 f. 13 Vgl. ABI. EG Nr. L 107 vom4.4.1997. 14 Gellermann, Natura 2000; Europäisches Habitatschutzrecht und seine Durchflihrung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1998, 34 ff.; EU-Kommission, Klageschrift in der Rs. C-71 I 99 (Korn. vs. Deutschland wegen nicht hinreichender Meldung von Schutzgebieten nach der FFH-RL). 4 Ziekow
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im Hinblick auf die Berücksichtigung raumordnenscher Vorgaben nutzbar gemacht werden kann. Die zweite Auffassung, die vor allem von Planungsrechtlern vertreten wird 15, geht davon aus, dass den Mitgliedstaaten bei der Auswahl von FFH-Gebieten ein größerer Spielraum als bei der Auswahl von Vogelschutzgebieten zukonunt. Unter Hinweis auf die verfahrensrechtlichen Gegebenheiten wird zur Begründung vor allem darauf verwiesen, dass die FFH-RL ein Einvernehmenserfordernis des Mitgliedstaats zur Erstellung des Entwurfs der Vorschlagsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung konstituiert. Selbst für den Fall, dass nach Auffassung der EU-Kommission besonders hochwertige Gebiete in der nationalen Liste fehlen, könne die Kommission eine Aufnahme in die Gemeinschaftsliste (vgl. oben 111.1) nicht erzwingen; nach dem Wortlaut der FFH-RL (vgl. Art. 5 Abs. 4) könne kein Gebiet gegen den Willen des betroffenen Mitgliedstaats FFH-Gebiet werden. Darüber hinaus wird darauf verwiesen, dass der im Rahmen des Anhangs III Phase l FFH-RL zu berücksichtigende Kriterienkatalog eine Reihe ausfüllungsbedürftiger unhestinunter Rechtsbegriffe enthält. Nach dieser Auffassung stehen dem Mitgliedstaat im Rahmen der Gebietsauswahl weite Spielräume zur Verfügung, die im weiten Maße die Berücksichtigung innerstaatlicher Planungsvorgaben ermöglichen sollen. M.E. bestehen hinsichtlich der vorgenannten Auffassungen erhebliche Bedenken, so dass einer dritten, vermittelnden Auslegung der Vorzug zu geben ist. Den vorgenannten Auffassungen und dem von diesen - zudem mit konträren Ergebnissen - angeführten Verweis auf die unterschiedlichen Verfahren der Gebietsauswahl ist entgegen zu halten, dass die Frage eines Auswahlspielraums primär im Hinblick auf verfahrensrechtliche Aspekte entschieden wird. Nicht bzw. nicht hinreichend berücksichtigt werden demgegenüber die Ziele und materiellen Auswahlvorgaben der FFH-RL sowie der Subsidiaritätsgrundsatz als übergeordneter gemeinschaftlicher Rechtsgrundsatz. Ziel der FFH-RL ist es, im Interesse der Erhaltung der biologischen Vielfalt ein gemeinschaftsweites Netz besonderer Schutzgebiete (= Natura 2000) zu knüpfen. Die FFH-RL gibt diesbezüglich- wie oben bereits dargelegt- materielle (= naturschutzfachliche) Auswahlkriterien vor, die erkennen lassen, dass nicht jedes Gebiet mit Lebensraumtypen und Arten von gemeinschaftlichem Interesse als FFH-Gebiet vorzuschlagen ist, sondern weitere übergreifende Kriterien zu berücksichtigen sind (vgl. Anhang III Phase I FFH-RL),