Pharmakologie 2024/25 9783982122342

Der »Karow Lang« ist eine vorlesungsorientierte Darstellung der Allgemeinen und Speziellen Pharmakologie und Toxikologie

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Pharmakologie 2024/25
 9783982122342

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folglich

Thomas Karow

Ruth Lang-Roth

Allgemeine und Spezielle

Vorlesungsorientierte Darstellung und klinischer Leitfaden für Studium und Praxis

2024/25

Autor und Herausgeber: Dr. med. Thomas Karow Oberarzt Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr Köln Facharzt für Innere Medizin - Kardiologie Rettungsmedizin , leitender Notarzt mitbegründet von: Priv.-Doz. Dr. med. Ruth Lang-Roth Oberärztin Klinik für HNO-Heilkunde, Universitätskliniken Köln Fachärztin für HNO-Heilkunde, Phoniatrie und Pädaudiologie

Wichtiger Hinweis: Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Die Autoren dieses Werkes haben mit großer Sorgfalt beachtet, dass die gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Dennoch ist der Leser aufgefordert, die entsprechenden Informationen der Hersteller, insbesondere hinsichtlich zugelassener Indikationen , Dosierungen , Nebenwirkungen und Kontraindikationen, zur Kontrolle heranzuziehen . Für Substanzen, die von einer großen Zahl von Herstellern angeboten werden , können Beispiele für Handelsnamen fehlen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Zustimmung des Herausgebers ist die Reproduktion in jeglicher Form (Vervielfältigung , Übersetzung , Übertragung auf elektronische Medien) nicht zulässig.

© 2023 by Thomas Karow

Zuschriften bitte an: Dr. med. Thomas Karow Birkenfelder Str. 20 50935 Köln oder: [email protected]

oder Kommentarfunktion in : www.karow-pharma.de

In tiefer Dankbarkeit widme ich dieses Buch meinen verstorbenen Eltern. Erst durch ihre tatkräftige organisatorische Unterstützung über viele Jahre hinweg konnte dieses Werk zu jetzigem Umfang und Verbreitung finden. Ich danke den beiden sehr.

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2018

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2011

Vorwort zur 32. Auflage Pharma ist hochinteressant und spannend - Pharma ist anfangs aber auch wie Vokabeln lernen. Und jetzt sind vom IMPP noch etliche Vokabeln hinzugekommen. Die neue Arzneistoffliste des IMPP umfasst rund 300 Pharmaka und ordnet (basierend auf molekularem Wirkmechanismus oder chemischer Struktur) mit zahlreichen neuen Termini. All die IMPP-Arzneistoffe und IMPP-Arzneistoffgruppen sind in Violett implementiert. Ihr findet eine eigene klinisch orientierte IMPP-Arzneistoffliste mit neuen und traditionellen Termini und den Hauptindikationen ab Seite 9 (dort auch QR-Code) - dies soll das „Vokabeln lernen" vereinfachen und den klinischen Bezug herstellen. Denn die neuen zusammenhänge werden ab jetzt auch tatsächlich geprüft, dafür die neuen Prüfungsmarkierungen in Violett am Seitenrand (ab Herbst 2022 bis Frühjahr 2023). Älteres Prüfungswissen (2006 bis Frühjahr 2022) ist unverändert in Orange. Bleiben wir bei den Farben: das Werk besteht aus einer 3-Teilung mit Allgemeiner Pharmakologie in Blau, Spezieller Pharmakologie in Grün und Dosierungsblöcken in Türkis. Vermehrt eingefügt sind . Dabei sind in „Basics" das Basiswissen und Therapiegrundlagen, in „News" die Neuerungen mit Neuzulassungen und Therapieänderungen aufgeführt. Auch in gelb sind zahlreiche , die am Kapitelanfang sehr komprimierte Informationen liefern. Die Pharmakotherapie orientiert sich an unzähligen Leitlinien deutscher und internationaler Fachgesellschaften. So sind in der 32. Auflage neueste Leitlinienempfehlungen implementiert und neue Kapitel eingefügt- u.a. Immunsuppressiva und Phytopharmaka. Das gesamte Werk ist auch als digitale Version enthalten - das Digital Book und die Zusammenstellung der lnfektiologie zum digitalen lnfektio-Guide. Näheres zum Digital Book und zum lnfektio-Guide auf der 2. Umschlagseite und auf unserer Homepage. Lasst Euch mit mir gemeinsam für eines der interessantesten Fachgebiete der Medizin begeistern. Die meisten Neuerungen in der Medizin betreffen die Pharmakotherapie (Neuzulassungen in Kapitel 19, viele davon sind auch schon in den jeweiligen Fachkapiteln erwähnt). In gewohnter Weise sei darauf hingewiesen, dass dieses Werk keineswegs ein klassisches Lehrbuch ersetzen kann, noch als alleiniger Leitfaden zur Pharmakotherapie dienen soll. Verbesserungs- und Korrekturhinweise sind jederzeit herzlich willkommen. Für das Vertrauen in dieses Buch und jede Form der Rückmeldung bedanke ich mich sehr. Thomas Karow

Köln , im Oktober 2023

Vorwort zur 1. Auflage Aus unserem Vorhaben, innerhalb von 6 Monaten neben dem Studium ein Vorlesungsskript zu erstellen, ist nach nun über 3 Jahren eine vorlesungsorientierte Darstellung der Allgemeinen und Speziellen Pharmakologie und Toxikologie entstanden. Diese Übersicht konnte nur durch die freundliche Korrektur zahlreicher Pharmakologen und Kl iniker verwirklicht werden. Eine besondere Unterstützung erhielten wir von Fr. PD Dr. R. Rösen, die von uns anstelle der Fertigstellung des Gesamtwerkes manches Mal mit der Überarbeitung eines früheren Kapitels überrascht wurde. Ziel des Buches ist eine GK-gegliederte Übersicht, die pharmakologische, pathophysiologische und klinische zusammenhänge besonders betont. Dabei wurde auf eine lernfreudige Gliederung mit Betonung wichtiger zusammenhänge in Merksätzen Wert gelegt, zahlreiche Tabellen und Abbildungen erleichtern das „optische Lernen". Dieses Werk erlaubt eine Studienbegleitung vom 1. Staatsexamen bis ins praktische Jahr, wobei dem kontinuierlichen Lernen (und regelmäßigen Wiederholen) mit einem Buch ein erheblicher Vorteil zukommt. Zur Vereinfachung der Examensvorbereitung sind die für das 1. und 2. Staatsexamen relevanten zusammenhänge eingearbeitet. Das Prüfungswissen beider Examina ist markiert, wobei auch die falschen Antwortmöglichkeiten berücksichtigt wurden. Die führenden deutsch- und englischsprachigen Werke der Pharmakologie und Toxikologie fanden Berücksichtigung, Interessierten soll eine Auswahl der von uns herangezogenen Literatur im Anhang dienlich sein. Wir wünschen uns rege Kritiken, Verbesserungsvorschläge und etwaige Korrekturhinweise. Thomas Karow

Ruth Lang

Köln, im Juni 1993

Danksagung Diese vorlesungsorientierte Darstellung der Allgemeinen und Speziellen Pharmakologie und Toxikologie ist bereits in der 1. Auflage unter Mitwirkung zahlreicher Pharmakologen und Kliniker entstanden.

Für die Korrektur bedanken wir uns herzlich bei folgenden Klinikern: - Dr. med. R. Adams (Neurologie, St. Katharinen Hospital Frechen): Benzodiazepine, Lithium, Antidepressiva , Neuroleptika, Antiparkinsonmittel, Antiepileptika

- Prof. Dr. med. W. Große-Heitmeyer (ehemals Innere Medizin/ Kardiologie, St. Bonifatius Hospital Lingen): Herzkrankheit

Sympathomimetika,

Antiarrhythmika,

arterielle

Hypertonie,

koronare

- Prof. Dr. med. B. Roth

(ehemals Universitätskinderklinik Köln): Pharmakokinetik, Pharmakodynamik, Antibiotika, Antimykotika , antiinfektiöse und antimykotische Therapie

- Prof. Dr. med. H.P. Siepmann (ehemals Anästhesie und lntensivmedizin, Kreiskrankenhaus Dormagen): Anästhesie, Opioide, Volumenersatzmittel

- Prof. Dr. med. G. Warnbach (ehemals Innere Medizin, St. Elisabeth Hospital Herten): ACEHemmer, Herzglykoside, Herzinsuffizienz, akute Kreislaufinsuffizienz, Schock

Für die Korrektur bedanken wir uns herzlich bei folgenden Pharmakologen: - Prof. Dr. med. S. Dhein (Herzzentrum der Universitätsklinik Leipzig): diverse Ergänzungen v.a. im Herz-Kreislauf-Kapitel

- Prof. Dr. W. Gielen (ehemals Pharmakologisches Institut der Universität zu Köln): Toxikologie - Prof. Dr. med . W. Klaus (ehemals Pharmakologisches Institut der Universität zu Köln): Nitrate, Calciumantagonisten, Antiarrhythmika

- Fr. Prof. Dr. R. Rösen (ehemals Pharmakologisches Institut der Universität zu Köln): vollständiger übriger Themenbereich der Allgemeinen und Speziellen Pharmakologie und Toxikologie.

- Dr. med. M. Theisohn (ehemals Pharmakologisches Institut der Universität zu Köln): Neuroleptika, Antidepressiva

Durch ihre intensive Unterstützung bei der Korrektur hat Fr. Prof. Rösen wesentlich zur Entstehung des Gesamtwerkes beigetragen. Ihr gebührt unsere tiefste Anerkennung .

Für Anregungen aus aktuellen Vorlesungsinhalten gilt unser Dank allen Mitarbeitern des Pharmakologischen Instituts der Universität zu Köln.

Inhaltsverzeichnis

IMPP-Arzneistoffliste - klinisch orientiert 9

1. Grundlagen allgemeine Pharmakologie und Arzneiverordnungen 1.1 1.1 .1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1 .5 1.1.6 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6 1.2.7 1.2.8 1.2.9 1.2.10 1.2.11 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.4

Pharmakodynamik Reaktionen auf molekularer Ebene Rezeptoren / Signaltransduktion Dosis-Wirkungs-Beziehungen

19 19 22 37 Ursachen individ. Arzneimittelempfindlichkeit 38 40 Abhängigkeitstypen Rebound-Effekt 40 41 Pharmakokinetik 41 Membranpassage Verteilungsvolumen 43 Clearance 43 Kinetische Modelle 44 Halbwertszeit 46 Kumulation 47 Resorption 48 51 Verteilung Biotransformation 53 Elimination 56 Einfluss Löslichkeitsverhalten 57 Arzneiverordnungen 58 Arzneimittel 58 Rezeptiere n 58 Betäubungsmittel 61 Doping 66

2. kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie 2.1 Autonomes Nervensystem 2.1.1 Grundlagen 2.1.2 Sympathomimetika 2.1.3 Sympatholytika 2.1.3.1 Alpha-Blocker 2.1.3.2 Betablocker 2.1.4 Parasympathomimetika 2.1.5 Parasympatholytika 2.1.6 Muskulotrope und neurotropmuskulotrope Spasmolytika

67 77 70 91 91 95 102 107 103

2.2 Antianginosa 2.2.1 Nitrate / Molsidomin 2.2.2 Sinusknoteninhibitoren 2.2.3 Ranolazin

114 114 119 120

2.3

121

2.4.1 2.4.2

ACE-Hemmer Angiotensin-11-Rezeptorantagonisten Direkte Renin-lnhibitoren

129 132

2.5

Vasodilatatoren

133

2.6

Calciumantagonlsten

135

2.7

Antisympathotonika

140

2.8

Herzglykoside

143

2.9 Gerinnungsaktive Substanzen 2.9.1 Grundlagen Gerinnung

146 146

2.9.2 2.9.3 2.9.4 2.9.5

1 Grundlagen Fibrinolyse Antikoagulantien Fibrinolytika Thrombozytenaggregationshemmer

150 156 175 179

2.10 Antiarrhythmika

187

2.11 Herzrhythmusstörungen 2.11 .1 Grundlagen 2.11.2 Supraventrikuläre Tachykardien 2.11 .3 Ventrikuläre Tachykardien 2.11.4 Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen

201 201 204 217

2.12 Grundlagen Hämodynamik

225

223

2.13 Arterielle Hypertonie 225 2.13.1 Einführung 228 2.13.2 Pathophysiologie 230 2.13.3 Therapiegrundlagen 230 2.13.4 Indikationen zur Therapie 231 2.13.5 Antihypertensive Therapiegrundlagen 233 2.13.6 Auswahl der Antihypertensiva 235 2.13.7 Therapierefraktäre arterielle Hypertonie 237 2.13.8 Hypertensive Krise - hypertensiver Notfall 239 2.14 Kreislaufinsuffizienz / Schock 2.14.1 Einführung 2.1 4.2 hypovolämischer Schock 2.14.3 kardiogener Schock 2.1 4 .4 septischer Schock 2. 14.5 anaphylaktischer Schock 2.1 4.6 neurogener Schock 2.14.7 Katecholamine in der lntensivmedizin

241 241 244 245 245 251 251 252

2.15 Herzinsuffizienz 2.15.1 Einführung 2.15.2 Kompensierte Herzinsuffizienz 2.15.3 Dekompensierte Herzinsuffizienz 2.15.4 Übersicht Therapieansätze 2.15.5 Akute Herzinsuffizienz 2.15.6 Chronische Herzinsuffizienz 2.15. 7 Diastolische Herzinsuffizienz

253 256 257 257 258 259 264 277

2.16 Koronare Herzerkrankung 2.16.1 Einführung 2.16.2 Therapie chronisches Koronarsyndr. 2.16.3 Therapie akutes Koronarsyndrom 2.16.4 Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen

278 278 280 283

2.17 Phlebothrombose 2.1 7.1 Prophylaxe 2.1 7.2 Therapie 2.17.3 Thrombophilie

296 296 298 301

2.18 Lungenembolie 2.18.1 Pathophysiologie 2.18.2 Diagnostik 2.18.3 Therapie 2.18.4 Chron. thrombemb. pulm. Hypertonie

302 302 303 305 308

2.19 Kardiopulmonale Reanimation 2.19.1 Einleitung 2.19.2 Basismaßnahmen (BLS) 2.19.3 Erweiterte lebensrettende Maßn. (ACLS)

309 309 309 310

293

2.20 Erkrankungen der arteriellen Gefäße 316 2.21 Endokarditis

321

1nhaltsverzeichnis

2 2.21 .1 Infektiöse Endokarditis 2.21 .2 Endokarditis-Prophylaxe

321 327

2.22 Myokarditis

329

2.23 Perikarditis

331

3.

Pulmologie

3.1

Methylxanth ine

333

3.2

H1-Rezeptorenblocker

334

3.3

Cromoglicinsäure

338

3.4

Expektoranzien

338

3.5

Antitussiva

340

3.6

Übersicht obstruktive Atemwegse~rankungen 3.6.1 Definitionen 3.6.2 Übersicht Pharmakotherapie 3. 7 Asthma bronchiale 3.7.1 Grundlagen 3.7.2 Übersicht Therapie 3.7.3 Stufenschema chronisches Asthma bronchiale 3.7.4 Akuter Asthmaanfall 3.7.5 Medikamentös induziertes Asthma

3~ 342 343 348 348 349 350 352 353

3.8

COPD ~ chronic obstructive pulmonary disease 354 3.8.1 Grundlagen 354 3.8.2 Übersicht Therapie 355 3.9 Pulmonale Hypertonie 3.9.1 Klassifikation und Diagnostik 3.9.2 Therapie PAH

358 358 360

3.1O Common Cold

364

~

banale Erkältung

3.11 Pneumonie 3.11 .1 Einführung 3.11 .2 Ambulant erworbene Pneumonie 3.11 .3 Nosokomiale Pneumonie 3.11 .4 Gezielte Therapie und Komplikationen

364 364 364 367 369

3.12 weitere pulm.Erkrankungen - Synopsis 370 3.13 ausgewählte Malignome der Pulmologie 373 3.13.1 Bronchialkarzinom 373 3.13.2 Malignes Mesotheliom 378

4.

Gastroenterologie

4.1 Ulzera duodeni et ventriculi 4.1.1 Pharmaka 4.1.1.1 Protonenpumpenhemmer 4.1.1.2 H2-Rezeptorenblocker 4.1.1.3 Anticholinergika 4.1.1.4 Prostaglandine 4.1.1.5 Antazida 4.1.1.6 Sucralfat 4.1.1.7 Bismut 4.1.2 Therapie von Ulkuserkrankungen 4.1.2.1 Einführung 4.1.2.2 Pathophysiologie Wirkmechanismen Ulkustherapeutika 4.1.2.3

379 379 379 382 382 382 383 384 385 385 385 385 386

4.1.2.4 Therapieempfehlungen 388 4. 1.2.5 Helicobacter pylori - Eradikation 388 4.1.2.6 Gastroduodenale Ulcera ohne H.p. 390 4.1.2.7 Stressulkusprophylaxe 391 4.2 Gastroösophageale Refluxkrankheit 392 4.3 Diarrhoe 395

4.4 Obstipation 4.4.1 Einführung 4.4.2 Ballaststoffe 4.4.3 Osmotisch wirkende Laxantien 4.4.4 Hydragoge Laxantien 4.4.5 Neue Laxantien 4.4.6 Therapieempfehlung Obstipation 4.5 Übelkeit und Erbrechen 4.5.1 Pharmaka 4.5.1.1 Metoclopramid 4.5.1.2 Domperidon 4.5.1.3 5-HT3-Antagon isten 4.5.1.4 Neurokinin-Antagonisten 4.5.2 Antiemetische Therapie 4.5.2.1 Einführung 4.5.2.2 Übersicht Antiemetika 4.5.2.3 Zytostatika-induziertes Erbrechen 4.6.1 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen 4.6.1.1 Einführung 4.6.1.2 M. Crohn 4.6.1.3 Colitis ulcerosa 4.6.2 Divertikulose und Divertikulitis 4.6.3 Funktionelle Darmstörungen 4.7 Virale Hepatitiden 4.7.1 Übersicht 4.7.2 Hepatitis B 4.7.3 Hepatitis C 4.8.1 Leberzirrhose und Komplikationen 4.8.2 weitere Lebererkrankungen - Synopsis 4.8.3 gastrointestinale Blutung 4.9 Erkrankungen von Gallenblase und Gallenwegen 4.1O Pankreatitiden 4.11 Ausgewählte Malignome in der Gastroenterologie 4.11.1 Kolorektales Karzinom 4.11.2 Magenkarzinom 4.11.3 Pankreaskarzinom 4.11.4 Neuroendokrine Tumoren des Pankreas 4.11.5 ösophaguskarzinom 4.11.6 Analkarzinom 4.11. 7 Hepatozelluläres Karzinom

400 400 400 401 401 402 402 404 404 404 405 405 407 408 408 409 409 410 410 41 1 412 413 415 416 416 417 419 422 426 428

430 431 434 434 437 439 440 440 442 443

5. Wasser-, Elektrolyt-, SäureBasen-Haushalt - Nephrologie 5.1 Diuretika 5.1.1 Übersicht 5.1.2 Einführung 5.1.3 Osmodiuretika 5.1.4 Carboanhydrasehemmer 5.1.5 Thiaziddiuretika 5.1.6 Schleifendiuretika 5.1.7 Kaliumsparende Diuretika 5.1.8 Aldosteronantagonisten 5.1.9 Diuretische Therapie

445 445 445 447 448 449 451 454 456 458

Inhaltsverzeichnis

5.2 Wasser- und Elektrolythaushalt 5.2.1 Einführung 5.2.2 Kristalline Lösungen 5.2.3 Kolloidale Lösungen 5.2.4 Flüssigkeits- und Volumenersatz 5.2.5 Störungen Wasser-/Elektrolythaushalt 5.3 Säure-Basen-Haushalt 5.3.1 Einführung 5.3.2 Störungen Säure-Basen-Haushalt 5.3.3 Therapieprinzipien 5.3.4 Metabolische Azidose 5.3.5 Metabolische Alkalose 5.3.6 Respiratorische Azidose 5.3.7 Respiratorische Alkalose 5.3.8 Übersicht Elektrolytstörungen 5.3.9 Übersicht alkalisierende und ansäuernde Substanzen 5.3.10 Natriumbikarbonat 5.3.11 Tris-Puffer

461 461 462 464 466 468 476 476 477 477 478 479 480 480 481

5.4 Nephrologie 5.4.1 Einführung 5.4.2 Akutes Nierenversagen 5.4.3 Chronische Niereninsuffizienz 5.4.4 Glomeruläre Nierenerkrankungen 5.4.5 Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen 5.4.6 Ausgewählte Malignome - Hypernephrom

483 483 484 488 494 497 499

481 482 482

6. Anästhesie / lntensivmedizin

6.4.5 6.4.6 6.4.7

3 Narkosesysteme 533 Narkoseeinleitung, -führung, -ausleitung 534 Anästhesiekomplikationen 537

6.5 Lokalanästhetika 6.5.1 Übersicht 6.5.2 Einführung 6.5.3 Pharmakodynamische Effekte 6.5.4 Grundlagen Regionalanästhesie

543 543 544 545 546

lntensivmedizin (mit Themen im übrigen Buch) 550 6.6 Analgesie, Sedierung Delirmanagement 6.6.1 Einführung 6.6.2 Analgesie 6.6.3 Sedierung 6.6.4 Delirtherapie 6.6.5 Neuromuskuläre Blockade

551 551 552 553 554 556

6.7

Intravasale Volumentherapie

556

6.8 Parenterale Ernährung 6.8.1 Einführung 6.8.2 Postaggressions-Syndrom 6.8.3 Komponenten parenterale Ernährung

557 557 557 558

6.9 Blutprodukte 6.9.1 Erythrozytenkonzentrate 6.9.2 Thrombozytenkonzentrate 6.9.3 Gefrorenes Frischplasma 6.9.4 Humanalbumin 6.9.5 Faktorenkonzentrate 6.9.6 Management Blutungen/Koagulopathie

561 561 564 565 566 566 568

6.10 Sauerstoff, Grundlagen Beatmung/ARDS 571

Anästhesie 6.1 lnhalationsanästhetika 6.1.1 Übersicht 6.1.2 Einführung 6.1.3 Halothan 6.1.4 Enfluran 6.1.5 lsofluran 6.1.6 Desfluran 6.1.7 Sevofluran 6.1.8 Diethylether 6.1.9 Stickoxydul ::::: Lachgas ::::: N2O 6.1.10 Xenon

502 502 503 503 503 503 503 505 506 506 507

6.2 Intravenöse Anästhetika 6.2.1 Übersicht 6.2.2 Einführung 6.2.3 Barbiturate 6.2.4 Etomidat 6.2.5 Ketamin 6.2.6 Propofol 6.2.7 Opioide 6.2.8 Midazolam 6.2.9 y-Hydroxybuttersäure ::::: GHB 6.2.10 Dexmedetomidin

507 507 508 509 510 511 512 513 517 518 518

6.3 Muskelrelaxantien (MR) 6.3.1 Übersicht 6.3.2 Einführung 6.3.3 Nichtdepolarisierende MR 6.3.4 Depolarisierende MR

519 519 519 521 527

6.4 Allgemeinanästhesie 6.4.1 Definitionen und Anästhesieverfahren 6.4.2 Prämedikation 6.4.3 Präoperative Evaluierung 6.4.4 Einführung Allgemeinanästhesie

530 531 532 533

7. Analgetika und Schmerztherapie 7.0 Einführung Wirkmechanismen 7 .1 COX-lnhibitoren/Nicht-Opioid-Analgetika 7.1.1 Übersicht 7 .1.2 Wirkmechanismus 7.1.3 Nebenwirkungen 7.1.4 Indikationen 7 .1.5 Kontraindikationen 7.1.6 Interaktionen 7.1.7 Präparatauswahl und Empfehlungen 7 .1.8 Acetylsalicylsäure 7.1.9 Diclofenac 7 .1.10 1ndometacin 7 .1.11 lbuprofen/Dexibuprofen/Naproxen 7 .1.12 Meloxicam 7 .1.13 Phenylbutazon 7 .1.14 Paracetamol 7 .1.15 Metamizol 7 .1.16 Selektive COX-2-Hemmer 7 .1.17 Weitere Nicht-Opioid-Analgetika

573 575 575 577 578 581 581 582 582 584 586 587 588 589 589 590 592 593 596

7 .2 Opioide 7 .2.1 Übersicht 7.2.2 Opioidrezeptoren 7 .2.3 Klassifikation der Opioide 7 .2.4 Nebenwirkungen 7 .2.5 Indikationen 7 .2.6 Kontraindikationen 7 .2.7 Interaktionen 7 .2.8 Besonderheiten 7 .2.9 schwache Opioide 7.2.9.1 Tilidin 7.2.9.2 Tramadol

597 597 598 599 600 601 601 602 602 603 603 603

4

1nhaltsverzeichnis

7.2 .9.3 Codein 7.2.9.4 Dihydrocodein 7 .2.10 Starke Opioide 7 .2.10.1 Pethidin 7 .2.10.2 Piritramid 7.2.10.3 Tapentadol 7.2.10.4 Morphin 7.2.10.5 Oxycodon 7 .2.10.6 Levomethadon 7.2.10.7 Hydromorphon 7.2.10.8 Nalbuphin 7.2.10.9 Buprenorphin 7.2.11 Narkotika-Opioide 7.2.11.1 Fentanyl 7 .2.11 .2 Alfentanil 7.2.11 .3 Sufentanil 7.2.11.4 Remifentan il 7 .2 .12 Opioidantagonisten 7 .2.12.1 Naloxon 7.2.12.2 Naltrexon 7.2 .12.3 Methylnaltrexon

604 604 605 605 605 606 607 607 607 608 608 608 610 610 612 612 612 613 613 614 614

7.4 Schmerztherapie 7.4.1 Physiologie und Pathophysiologie 7.4.2 Auswah l der Analgetika 7.4.3 Akute postop-/posttraumat. Schmerzen 7.4.4 Neuropathische Schmerzen 7.4.5 Tumorschmerzen 7.4.6 Opioide bei Nichttumor-Schmerzen 7.4.7 Rückenschmerzen 7.4.8 Degenerative Gelenkerkrankungen 7.5 Akutes rheumatisches Fieber 7.6 R~eumatische Erkrankungen 7.6.1 Ubersicht 7.6.2 Arthritiden 7.6 .2.1 Pharmaka 7.6.2.2 Rheumatoide Arthritis 7.6.2.3 Spondylarthritiden 7 .6.2.4 Psoriasis-Arthritis 7.6.2.5 Reaktive Arthritis 7.6.3 Kollagenosen 7.6.3.1 Übersicht 7.6.3.2 Systemischer Lupus erythematodes 7.6.3.3 Systemische Sklerose, Sklerodermie 7.6.3.4 Polymyositis, Dermatomyositis 7.6.4 Vaskulitiden 7 .6.4 .1 Übersicht 7.6.4.2 Vaskulitis großer Gefäße 7.6.4.3 Vaskulitis mittelgroßer Gefäße 7.6.4.4 Vaskulitis kleiner Gefäße 7.6.5 Polymyalgia rheumatica 7.6.6 Weitere Erkrankungen: Raynaud

615 615 616 619 620 622 627 628 630

Akute Komplikationen Diabetes mellitus 685

8.2 Hyperurikämie 8.2.1 Colchicin 8.2.2 Urikostatika, Urikosurika, Rasburicase 8.2.3 Therapie der Gicht 8.3 Fettstoffwechselstörungen 8.3.1 Einführung 8.3.2 Übersicht Therapie 8.3.3 CSE-Hemmer ;::: Statine 8.3.4 Fibrate 8.3.5 Austauschharze 8.3.6 Ezetimib 8.3.7 Weitere Lipidsenker 8.3.8 Therapie der Fettstoffwechselstörungen

691 691 691 694 696 696 698 699 702 703 704 705 706

8.4

712

Glukokortikoide

8.5 Schilddrüse 727 8.5.1 Einführung 727 8.5.2 Schilddrüsenhormone 729 8.5.3 Jodid 731 8.5.4 Thyreostatika 733 8.5.5 Therapie von Schilddrüsenerkrankungen 736 8.6 8.6.1 8.6 .2 8.6.3 8.7 8.8 8.9

Osteoporose

749 Vitam in D-Stoffwechsel 749 Pharmaka der Knochenmineralisation 750 Therapie der Osteoporose 756 Hypothalamus- /Hypophysenvorderlappenhormone759 Hypophysenhinterlappenhormone 763 Adipositas 766

632 633 633 634 634 639 642 643 644 645 645 646 647 648 649 649 649 650 651 653 655

8. Stoffwechselerkrankungen und Endokrinologie 8.1 Diabetes mellitus 8.1.1 Insulin 8.1.2 Orale Antidiabetika 8.1.3 Therapie des Diabetes mellitus 8.1.3.1 Übersicht 8.1.3.2 Diabetes mellitus Typ 1 8.1.3.3 Diabetes mellitus Typ 2 8.1.3.4 Gestationsdiabetes

8.1 .3.5

655 655 660 671 671 673 677 684

9. Antimikrobielle Pharmaka und 1nfektionskran kheiten 9.1 Antibiotika 9.1.1 ~ inführung 9.1.2 Ubersichtstabellen 9.1 .2 .1 Übersicht Bakterien 9.1.2 .2 Wirkspektrum der Antibiotika 9.1.2 .3 Spezielle Resistenzprobleme 9.1.2 .4 Pharmakokinetik und -dynamik 9.1.3 Beta-Laktamantibiotika 9.1.3.1 Penicilline 9.1.3.2 Cephalosporine 9.1.3.3 Carbapeneme 9.1.4 Aminoglykoside 9.1.5 Tetracycline 9.1.6 unbesetzt 9 .1.7

9.1.8 9.1.9 9.1.10 9.1.11 9.1.12 9.1.13 9 .1.14 9.1.15 9 .1.16 9.1.17 9.1.18 9.1.19 9.1.20 9.1.21 9.1.22

Makrolide Lincosamine Glykopeptidantibiotika Fosfomycin Fusidinsäure Gyrasehemmer ~ Chinolone Nitroimidazole Sulfonamide Diaminopyrimidine Cotrimoxazol Oxazolidinone Streptogramine Daptomycin Tigecyclin Lokalantibiotika Übersicht Reserveantibiotika

767 767 771 771 774

779 781 783 785 794 801 803 806 809 811 813 815 816 817 820 821 822 822 824 824 825 825 826 828

Inhaltsverzeichnis

9.2

Virostatika

9.2 .1 9.2 .2 9.2.3 9.2.4

Übersicht Virostatika Übersicht Viren Virusreplikation/antivirale Wirkmechanismen Antivirale Pharmaka gegen Herpes-Viren

829 830 830 831 Antivirale Pharmaka gegen Zytomegalie-Viren 834 Antivirale Pharmaka gegen Influenza-Viren 837 Antivirale Pharmaka gegen Hepatitis C 839 Antiretrovirale Pharmaka 840

9.2.5

9.2.6 9.2 .7 9.2 .8

9.3

Antituberkulotika

9.3.1 9.3.2 9.3.3 9.3.4 9.3.5 9.3.6 9.3.7 9.3.8

9.4

Übersicht Einführung lsoniazid Rifampicin Pyrazinamid Ethambutol Reservemedikamente Weitere antimykobakterielle Mittel

Antimykotika

9.4 .1 9.4 .2 9.4 .3 9.4 .4 9.4 .5 9.4 .6 9.4 .7 9.4 .8

9.5

Übersicht Amphotericin B Nystatin Flucytosin Azole Echinocandine Griseofulvin Terbinafin

Malaria

9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.5.4 9.5.5 9.5.6 9.5.7 9.5.8 9.5.9 9.5.10

9.6

Übersicht Einführung Chinin Chloroquin Mefloquin Pyrimethamin Primaquin Proguanil Atovaquon + Proguanil Artemether + Lumefantrin

Infektionskrankheiten

847 847 847 850 851 852 852 853 853

854 854 855 857 857 859 862 863 863

864 864 865 866 867 868 868 869 869 869 870

871

Übersicht 9.6.1 Grundlagen der praktischen Antibiotikatherapie 9.6.2 Infektionen bei Neutropenie 9.6.2.1 Sepsis 9.6.2.2 Intraabdominelle Infektionen 9.6.2.3 Knochen- und Gelenkinfektionen 9.6.3 HIV/AIDS 9.6.4 Antivirale Therapie (außer HIV) 9.6.5 Mykosen 9.6.6 Parasitäre Erkrankungen

871 873 885 887 890 892 894 907 913 919

9.7

924

9.7.1 9.7.2 9.7.3 9.7.4

10.1.3 10.1.4 10.1.5 10.1.6 10.1.7

829

Impfungen Einführung Impfkalender (Standardimpfungen) Indikations- und Auffrischimpfungen Vorgehen in besonderen Situationen

924 925 927 930

10. Immunsuppressiva - Grundlagen Hämatologie und Onkologie 10.1 Immunsuppressiva

931

10.1.1 Zytostatische und zytotoxische Immunsuppressiva 10.1 .2 Glukokortikoide

931 933

5 Monoklonale Antikörper als Immunsuppressiva Immunsuppressiva in der Transplantationsmed JAK-Inhibitoren Pleiotrope Immunmodulatoren Weitere Immunsuppressiva

933 935 942 943 945

10.2 Hämatologie (benigne Erkrankungen)

946

10.2 .1 Erythrozyten und Anämien 10.2.1.1 Eisen 10.2.1.2 Vitamin B 12, Folsäure 10.2.1.3 Erythropoetin 10.2 .1.4 Regulation der Erythropoese 10.2 .1.5 Übersicht Anämien 10.2 .1.6 Eisenmangel(-anämie) 10.2.1.7 Entzündungs-/lnfekt-/Tumoranämie 10.2 .1.8 Megaloblastäre Anämien 10.2.1.9 Renale Anämie 10.2.2 G_~rinnungsstörungen 10.2 .2.1 Ubersicht Gerinnungsstörungen 10.2 .2.2 Hämophilie 10.2.2.3 von-Willebrand-Syndrom 10.2.2.4 Thrombopen ien 10.2 .2.5 disseminierte intravasale Gerinnung 10.2.3 Amyloidose

946 946 946 947 947 948 949 952 954 955 956 956 957 958 959 960 962

10.3 Zytokine

964

10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.3.4

964 964 965 967

Einführung Übersicht Interferone Hämatopoetische Wachstumsfaktoren

10.4 Zytostatika

971

10.4 .1 Einführung 10.4 .2 Übersicht Zytostatika 10.4.3 Nebenwirkungen 10.4 .4 Alkylantien 10.4.5 Antimetabolite 10.4 .6 Mitosehemmstoffe 10.4 .7 Topoisomerase-lnhibitoren 10.4 .8 Andere Zytostatika 10.4.9 Zielgerichtete Therapien 10.4 .9.1 Signaltransduktions-lnhibitoren 10.4.9.2 Monoklonale Antikörper 10.4.10 Immuntherapie von Tumoren 10.4 .11 Gentherapeutika

971 974 977 982 983 985 986 986 987 987 990 992 993

10.5 Ausgewählte Neoplasien in der Hämatologie

994

10.5.1 10.5.2 10.5.3 10.5.4 10.5.5

Akute lymphatische Leukämie Akute myeloische Leukämie Chronische myeloische Leukämie M. Hodgkin Non-Hodgkin-Lymphome

994 995 998 1000 1002

'

11 . Arzneitherapie in der Neurologie 11 .1 Ischämischer Insult

1011

11 .2 Parkinson-Syndrom

1016

11.2.1 11 .2.2 11 .2 .3 11.2.4 11 .2.5 11 .2 .6 11.2.7

1016 1016 1018 1020 1021 1022 1023

Übersicht Antiparkinson-Medikamente L-Dopa Dopaminagonisten NMDA-Antagonisten MAOs-Hemmer Anticholinergika COMT-Hemmer

6

1nhaltsverzeichnis

11 .2.8 Therapie Parkinson-Syndrom 11 .2.9 Synopsis Dystonie, Tremor, Tics, Tourette

1023 1028

11 .3 Epilepsie 1030 11 .3.1 Übersicht Antiepileptika 1030 11 .3.2 Klassische Antiepileptika: Phenytoin, Carbamazepin, Valproinsäure, Primidon, Ethosuximid, Phenobarbital, Benzodiazepine 1033 11 .3.3 Neuere Antiepileptika: Gabapentin, Lamotrigin, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Eslicarbazepin, Pregabalin, Lacosamid, Topiramat, Vigabatrin, Zonisamid, Brivaracetam 1038 11.3.4 Epilepsie bei Erwachsenen 1043 11.3.5 Status epilepticus 1047 11.4 Demenzen (incl. Alzheimer-Demenz) 11.4.1 Einführung 11.4.2 Therapieempfehlungen 11 .4 .3 Grundlagen Pharmaka

1049 1049 1050 1151

11 .5 Multiple Sklerose 11.5.1 Einführung 11.5.2 Therapieempfehlungen 11.5.3 Grundlagen Pharmaka

1053 1053 1054 1057

11.6.1 Myastenia gravis 11 .6.2 Restless-Legs-Synd rom 11 .6.3 Idiopathische Fazialisparese

1058 1060 1060

11 .7 Antimikrobielle Therapie Neurologie 11.7.1 Meningitis 11. 7 .2 Hirnabszess, subdurales Empyem 11.7.3 Virale Meningitis/Meningoenzephalitis 11.7.4 Lyme-Borreliose incl. Neuroborreliose 11.7.5 Früh-Sommer-Meningoenzephalitis

1061 1061 1063 1064 1066 1067

11 .8 Intrakranieller Druck 11 .9 Kopf- und Gesichtsschmerzen 11 .1oPolyneuropathie, lmmunneuropathie 11 .11 Ausgewählte Malignome: ZNS-Tumore

1068 1069 1078 1080

12. Arzneitherapie in der Psychiatrie 12.1 Hypnotika und Sedativa 12 .1.1 Barbiturate 12.1.2 Benzodiazepine 12.1.3 Z-Substanzen 12.1.4 Choralhydrat 12.1.5 Antihistaminika 12.1.6 L-Tryptophan 12.1.7 Clomethiazol 12.1.8 Buspiron 12.1.9 Melatonin 12.1 .10 Schlafstörungen, Narkolepsie 12.1 .11 Abhängigkeit und Entzug 12.1 .12 Psychiatrische Notfälle

1081 1081 1083 1091 1092 1092 1093 1093 1094 1094 1095 1098 1103

12.2 Antidepressiva und Phasenprophylakti ka 12.2.1 Übersicht 12.2 .2 Tricyclische Antidepressiva 12.2.3 Tetracyclische Antidepressiva 12.2 .4 Atypische Antidepressiva 12.2 .5 Selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer 12.2 .6 Johanniskraut 12.2.7 MAO-Hemmer 12.2.8 Serotonin-Syndrom

1104 1104 1105 1109 1110 1113 1115 1115 1116

12.2. 9 Lithium 12.2.10 Mood Stabilizer 12.2.11 Therapieempfehlungen Depression

1117 1118 1119

12.2.12 Therapieempfehlungen bipolarer affektiver Störungen

1125

12.3 Neuroleptika / Antipsychotika 1127 1127 12.3.1 Übersicht 12.3.2 Konventionelle/klassische Neuroleptika 1128 12.3.3 Atypische Neuroleptika 1136 1139 12.3.4 Depotneuroleptika 12.3.5 Therapieempfehlungen Schizophrenie 1141 12.4 Angst- und Zwangstörungen

1147

13. Arzneitherapie in der Ophthalmologie 13.1 Pharmaka 1149 13.1.1 Glukokortikoide in der Ophthalmologie 1149 13.1.2 Antibiotika in der Ophthalmologie 1149 13.2 Therapie ausgewählter Erkrankungen 1150 13.2.1 Antimikrobielle Therapie in der 1150 Ophthalmologie 1152 13.2.2 Glaukom 1157 13.2.3 Altersbedingte Makuladegeneration

14. Arzneitherapie in der HNO 14.1 Hörsturz

1159

14.2 M. Meniere

1160

14.3 Allergische Rhinitis

1161

14.4 Antimikrobielle Therapie in der HNO

1162

14.5 ausgewählte Malignome in der HNO 14.5.1 Kopf-Hals-Tumoren

1165 1165

15. Arzneitherapie in der Dermatologie 15.1 Pharmaka 15.1.1 Allgemeines 15.1.2 Topische Glukokortikoide 15.1.3 Systemische Glukokortikoide 15.1.4 Retinoide (Vitamin A-Derivate) 15.1.5 Fumarsäureester 15.1.6 Biologicals 15.1.7 Topische Calcineurininhibitoren 15.1.8 Weitere Externa 15.1.9 Antineoplastische Externa

1167 1167 1168 1170 1170 1172 1172 1173 1173 1174

15.2 Therapie ausgewählter Erkrankungen 1175 1175 15.2.1 Akne 15.2.2 Atopische Dermatitis 1176 1178 15.2.3 Psoriasis 15.2.4 Rosazea 1180 15.2.5 Urtikaria 1181 15.2.6 SIT, Antiallergische Therapie 1181 15.2.7 Dermatologische Indikationen für Immunsuppressiva 1184 15.2.8 Antimikrobielle Therapie in der 1185 Dermatologie

Inhaltsverzeichnis

15.2.9 Ausgewählte Malignome in der Dermatologie 15.2.9.1 Malignes Melanom 15.2.9.2 Basalzellkarzinom ::::: Basaliom

1188 1188 1190

16. Arzneimittel in Gynäkologie und Geburtshilfe 16.1 Sexualhormone 1191 16.1.1 Regelkreis 1191 16.1.2 Östrogene 1192 16.1.3 Selektive östrogenrezeptor-Modulatoren (SERM) 1193 16.1.4 östrogenrezeptor-Antagonisten (Antiöstrogene) 1194 16.1.5 Aromatase-lnhibitoren 1194 16.1.6 Gestagene 1195 16.2 Hypophysenhormone 1196 16.2.1 Prolactin 1196 16.2.2 Oxytocin 1197 16.2.3 Oxytocin-Antagonist: Atosiban 1198 16.3 Secale-Alkaloide 16.3.1 Übersicht 16.3.2 Bromocriptin

1198 1198 1199

16.4 Hormonelle Kontrazeption 16.4.1 Einführung 16.4.2 Übersicht 16.4.3 östrogen-Gestagen-Kombinationen 16.4.4 Gestagen-Kontrazeptiva 16.4.5 Antigestagen

1200 1200 1201 1202 1204 1204

J6.5

_Hormonsubstitution in der Menopause 1205

16.6.1 Antihypertensive Therapie 16.6.2 peri-/postpartale Kardiomyopathie

1207 1209

16.7 Geburtseinleitung

1210

16.8 Tokolyse

1210

16.9 Peripartale Hämorrhagie

1211

16.1 OInfektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe - Synopsis

1213

Polyzystisches Ovarsyndrom 16.11 Ausgewählte Malignome in der Gynäkologie 16.11 .1 Mammakarzinom 16.11 .2 Zervixkarzinom 16.11 .3 Endometriumkarzinom 16.11 .4 Maligne Ovarialtumoren 16.11 .5 Vulvakarzinom 16.11 .6 Vaginalkarzinom

1216 1217 1217 1223 1224 1226 1227 1228

17. Arzneimittel in der Urologie 17.1 Sexualhormone 17.1.1 Androgene, Anabolika 17.1.2 Antiandrogene 17.1.3 LHRH-Agonisten und -Antagonisten

1229 1229 1230 1231

17.2 Benigne Prostataerkrankungen 17.2 .1 benigne Prostatahyperplasie 17.2.2 Stress- und Dranginkontinenz

1232 1232 1234

7

17.3 erektile Dysfunktion/PDE-5-Hemmer

1235

17.4 Harnwegsinfektionen

1236

17.5 Weitere urologische Infektionen

1240

17.6 Ausgewählte Malignome in der Urologie 17.6.1 Prostatakarzinom 17.6.2 Hodentumoren 17.6.3 Harnblasenkarzinom

1242 1242 1244 1247

18.

Arzneitherapie in besonderen Situationen

18.1 Dosierungsanpassung bei Niereninsuffizienz

1249

18.2 Arzneitherapie in Schwangerschaft und Stillzeit 1249 18.3 Arzneitherapie im Alter

1261

18.4 Arzneitherapie im Kindesalter 1263 18.4.1 Besonderheiten Kindesalter 1263 18.4.2 Antipyretika und Analgetika 1266 18.4.3 Vitamin K Mangelblutungen 1266 18.4.4 Synopsis Infektionen amb. Pädiatrie 1267 18.4.5 Akute (infektiöse) Gastroenteritis 1269 18.4.6 Halsschmerzen/Tonsillopharyngitis 1272 18.4.7 Pseudokrupp 1273 18.4.8 Sepsis und Meningitis 1274 18.4.9 Kawasaki-Syndrom 1275 18.4.10 Mukoviszidose 1276 18.4.11 Epilepsie bei Kindern u. Jugendlichen 1278 18.4.12 Fieberkrämpfe 1279 18.4.13 ADHS 1280 18.5 Interaktionen und Cytochrom P450

1282

18.6 Interaktionen und QT-Verlängerung

1284

18.7 Orphan drugs

1286

18.8 Vitamine und Vitaminmangel

1287

18.9 Phytopharmaka und Pflanzen

1289

19. Neue Arzneimittel fachbezogene Auflistung

20.

1291

Toxikologie

20.1 Behandlungsprinzipien akuter 1ntoxi kationen 20.1.1 Sicherung der Vitalfunktionen 20.1.2 Primäre Giftelimination 20.1.3 Sekundäre Giftelimination 20.1.4 Antidotgabe 20.1.5 Glukokortikoid-Spray 20.1.6 Erweiterte Therapieoptionen

1303 1303 1303 1306 1307 1308 1308

20.2 Übersicht Vergiftungssyndrome

1309

20.3 Medikamenten-Intoxikationen

1310

8

1nhaltsverzeichnis

20.4 Schwermetal 1-1ntoxi kationen

1319

20.5 Pestizid -Intoxikationen

1324

20.6 Intoxikationen mit organischen Lösungsmitteln

1328

20.7 Intoxikationen mit Methämoglobinbildnern

1329

20.8 Alkohol-Intoxikationen

1330

20.9 Gasvergiftungen und Lungenreizstoffe 1334 20.10Säuren und Laugen

1341

20.11 Gifttiere

1342

20.12 Giftpflanzen

1343

20.13Pilze

1344

20.14Bakterielle Toxine

1345

20.15 Rauschmittel -Intoxikationen

1346

20.16Nikotin

1352

20 .17 Biologische Kampfstoffe

1353

21 .

Das and Don'ts

Empfehlungen Innere Medizin und Anästhesie 1355

22.

Weiterführende Literatur

kapitelbezogene Auflistung: QR-Code

23.

1355

Stichwortverzeichnis 1356

24.

Notfallpharmaka 1396

Arzneistoffliste IMPP

9

Kardiologie / Herz - Kreislauf (in violett IMPP-Terminologie u. IMPP-Arzneistoffe) (klinische) Obergruppe Kategorie IMPP adrenerges Sympathikus System

Parasympathikus

Gruppe/Wirkmechanismus

Arzneistoff

2.1.4.3

Atrooin Biperiden .!: 0 =Parasympatholytika Butvlscooolamin .c Scopolamin =roC =Anticholinergika lpratropium, Tiotropium M3-R-Antaaonisten Glvzeroltrinitrat NO/cGMPNO-Donatoren =Nitrat System arterieller Vasodilatator Natriumnitroprussid sGC-Stimulatoren Riociauat oeptiderges S.. Neorilvsin-lnhibitoren Sacubitril ACE-Inhibitoren RAAS Ramioril =ReninAngiotensin1-R-Antagonist (ARB) Candesartan ARNI: Angiotensin-Rez-Neprilysin-lnhib. ARB + Sacubitril AngiotensinAldosteronMineralokortikoid-Rezeptor-Ant- Eplerenon, System agonisten =Aldosteron-Antaqon. Spironolacton Elektrolythaushalt Na+/K+-ATPase-lnhibitoren Digoxin lvabradin Jonenkanäle HCN4-Kanalblocker Calciumkanalblocker Amlodipin Verapamil Flecainid Natriumkanalblocker Klasse I Antiarrhythmika Lidocain Pleiotrope lonenkanaJblocker Amiodaron

Bradykardie M. Parkinson Spasmen Magen Darm Galle AT: Mydriatikum inhal: COPD, Asthma Angina pectoris hypertensive Krise pulmonal arterielleHypertonie in Kombi mit ARB (s.u.) Hypertonie, Herzinsuffizienz Hypertonie, Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz, therapierefrakäre Hypertonie Vorhofflimmern inadäquate Sinustachykardie Hypertonie Hypertonie, SV-Tachykardien Vorhofflimmern 2. Wahl bei VT VT, therapierefrakläres VF, Tachykardien bei LV-EF U

2.1.5.2 2.1 .5.8 2.1.5.5 2.1.5.3 3.6.2.4 2.2.1.2 2.5.5 3.9.2 2.4.1 2.3 2.4.1 2.4.1 5.1.8

Migräneprophylaxe,Tremor AT: Glaukom Herzinsuff, KHK, Hypertonie ggfs. 2. Wahl bei Schock 2.1 .2.11 AT: Glaukom 2.1.4.2.2

(1)

C

indirekte Parasympathomimetika

Muskarinische Mx-Acetylcholinrezeptor (MxR)-Antagonisten

Klasse III Antiarrhythmikum

Gruppe

Blutgerinnung Arzneistoff

-

Irreversible COX-lnhibitoren P2Y12R-Antagonisten

Indikation Kapitel

2.8 2.2.2 2.6.2 2.6.4 2.10.7.2 2.10.6.1 2.10.9.1

Inhibitor/ Neutralisator

Kapitel

TVT, LE 2.9.3.1 Protamin TVT, LE 2.9.3.3 HIT II 2.9.3.5 TVT, LE 2.9.3.8 TVT, LE, AF 2.9.3.10 Vitamin K TVT, LE, AF 2.9.3.9 ldarucizumab TVT, LE, AF 2.9.3.9 Andexanet ischämischer Schlaganfall; fulminante Lungenembolie; 2. Wahl bei STEMI Acetvlsalicvlsäure ASS KHK, pAVK, zerebrale Ischämie, Kombi (ASS+Clopi): Koronarstent, AKS Clopidogrel

2.9.3.2

Unfraktionierte Heoarine Heoarin Niedermolekulare Heparine Enoxaoarin, Tinzaparin C: Q>..... (II Heparinoide Danaoaroid (II ..... a.2 Fondaparinux Vitamin-K-Antaaonisten Phenorocoumon Thrombin-Inhibitoren (NOAK) Dabigatran ~ 0 Faktor-Xa-lnhibitoren (NOAK) Aoixaban, Rivaroxaban Gewebeplasminogenaktivator Alteplase 1

Thrombolvse Plättchenhemmung



Myasthenia gravis

a.1-Adrenorezeotor-Aaonisten ru-Adrenorezeptor-Agonisten

(.)

Antikoagulation

] 1.

2.1.2.4 " NT: Rhinitis Schwangerschaftshypertonie 2.7.2 arterielle Hypertonie (2.Wahl) 2.7.3 AT: Glaukom CPR, therapierefrakl. Schock 2.1 .2.7 kardiogener Schock 2.1.2.12 septischer Schock 2.1.2.6 Bronchoobstruktion (Asthma 2.1.2.10 bronchiale, COPD) art. Hypertonie, BPH 2.1.3.1 hypertensiver Notfall Herzinsuff, KHK, Hypertonie, 2.1.3.2 TachykardienNorhoffiimmern

Q)

Antiarrhythmika

Kapi tel

Xylometazolin Methvldooa zentrale Antisympathotonika Clonidin C: Brimonidin .....Q)tn ·c a.1/ßX"Adrenozeptor-Agon isten Adrenalin 0 Dobutamin ;lt Katecholamine Noradrenalin Fenoterol, Formoß2-Adrenozeptor-Agonisten terol, Salbutamol Beta2-Mimetika a.1-Adrenorezeptor-Antagonisten Tamsulosin selektive alpha 1-Blocker Uraoidil C: Q) ..... ß1-Adrenorezeptor-Antagonisten Bisoprolol, •!:Q C: 0 Metoprolol kardioselektive Betablocker 0) ('(l ..... ßx-Adrenorezeptor-Antagonisten Prooranolol C: Muskarinische M.-Acetylcholin-R(MxR)-Agon Pilocarpin direkte Parasvmoathomimetika System 0 Acetylcholinesterase-lnhibitoren Pyridostigmin .c e>

Diaitalis

Indikation

2.9.3.11 2.9.3.9 2.9.3.9 2.9.4.3 2.9.5.2 2.9.5.3

AF == Vorhofflimmern AKS == akutes Koronarsyndrom AT == Augentropfen BPH == benigne Prostata-Hyperplasie HIT 11 == Heparin-induzierte Thrombozytopenie Typ II LE == Lungenembolie NT== Nasentropfen pAVK == periperhe arterielle Verschlußkrankheit STEMI == ST-Elevalions-Myokardinfarkt SVT == supraventrikuläre Tachykardie TVT == tiefe Venenthrombose VF == ventricular fibrillation (Kammerflimmern) VT == ventrikuläre Tachykardie (Kammertachykardie)

Arzneistoffliste IMPP

10

Pulmologie (in violett IMPP-Terminologie und IMPP-Arzneistoffe) klinische Kateaorie Antihistaminika

Obergruppe Gruppe/ Arzneistoff IMPP Wirkmechanismus Histaminerges Histamin1-R-Antagonisten Clemastin, (1. Generation) System Diohenhvdramin Histamin1-R-Antaa. (2.Genl Cetirizin Acetylcystein Mukolvtika Immunsystem SH-Reagenzien beta2-AR-Agonisten Fenoterol, Formoterol, Broncho- adrenerges System Beta2-Mimetika Salbutamol dilatacholinerges M3-R-Antagonisten (Antilpratropium, toren cholinergika/Antimuskarinika) System Tiotropium Leukotrien-RezeptorMontelukast Antiasth- Eicosanoidsystem Antagonisten matikum Immunsystem Glukokortikoid-Rezeptor- Budesonid, Fluticason Steroide Antagonisten Prednisolon laE-lnhibitoren Omalizumab Biologika Mepolizumab IL-5-lnhibitoren Zyklische Nicht-selektive PDETheophyllin PDENukleotide Inhibitoren Hemmer PDE4-lnhibitoren Roflumilast

Indikation Allergie

Kapitel 3.2

Alleraie

3.2 Sekretolyse, Paracetamol-lntox 3.4.3 Asthma, COPD 3.4.3 Asthma, COPD

3.6.2.4

Asthma

3.6.2.5

Asthma, COPD Asthma, COPD schweres allerq. Asthma

3.6.2.1 8.4 3.6.2.7 schweres eosinophiles Asthma 3.6.2.7 Asthma, COPD 3.6.2.6 Reservepräparat schwere COPD + Exazerbationen 3.1

Gastroenterologie (in violett IMPP-Terrninologie und IMPP-Arzneistoffe) klinische Obergruppe IMPP Kateaorie Ulcusthera- Elektrolythaushalt

peutika Anti-

emetika

Histamineraes Syst. Dopaminerges System Serotonerges System Immunsystem Peptiderges System

Obstipation Wasserhaushalt Diarrhoe Peptiderge Systeme

Gruppe/ Wirkmechanismus PPI ::: Protonenpumpeninhibitoren Histamin2-R-Antagonisten Oopamin2-R-Antagonisten 5-Hydroxytryptamin3(5HT3)-R-Antaaonisten Glukocortikoid-RezeptorAgonisten == Steroide Neurokinin1-RAntaaonisten

Arzneistoff

Indikation

Kapitel

Pantoprazol

1. Wahl Ulcus.GERD

4.1.1.1

Ranitidin Domperidon, Metoclooramid Ondansetron

2. Wahl Ulcus.GERD Ubelkeit, Erbrechen

4.1.1.2 4.5.1.2 4.5.1.1 4.5.1 .3

Dexamethason

zytostatika-induz Emesis

8.4

Aprepitant

zytostatika-induz Emesis Obstipation Obstipation

4.5.1.4

Diarrhoe

Diarrhoe

4.3.4 4.3.4

Diarrhoe

4.3.4

Macrogol Sekretagogisch/antiresorp- Bisacodyl tive Laxanzien WHO-Rehydrationslösung Rehvdrationslösunaen 1,1-0pioidrezeptor (MOR)Loperamid Aaonisten Enkeohalinase-lnhibitoren Racecadotril Wasserbindende Arzneistoffe

Ubelkeit, Erbrechen

4.4.3 4.4.4

GERD== gastroösophageale Refluxkrankheit

Wasser-/Elektrolythaushalt - Niere (in violett IMPP-Terminologie u. lMPP-Arzneistoffe) Gruppe/ klinische Obergruppe Wirkmechanismus Kateaorie IMPP Diuretika Wasser- und Wasserbindende Arzneistoffe ElektrolytOsmodiuretika haushalt Carboanhydrase-lnhibitoren Inhibitoren des Na•/CI- -Cotransporters : : : Thiazid-Diuretika Inhibitoren des Na•JK•/2Cl2· -Cotransporters :::::: Schleifendiuretika

RAAS

Niere

MCR-Antagonisten

CalciumAllosterische CaSRstoffwechsel Modulatoren

Arzneistoff

Indikation

Kapitel

Mannitol

Hirnödem

5.1 .3

Acetazolamid Brinzolamid Hydrochlorothiazid Furosemid

Glaukom AT: Glaukom arterielle Hypertonie, Überwässerung akute Uberwässerung, akute Linksherz-insuffizienz chron. Niereninsuffizienz chronische Herzinsuff., refraktäre Hypertonie, Hyperaldosteronismus sekundärer Hyperparathyreoidismus bei Nieren-insuffizienz

5.1.4

Eplerenon, Soironolacton Cinacalcet Arzneistoffliste IMPP

5.1.5 5.1.6 5.1.8 5.4.3

Arzneistoffliste IMPP

11

Anästhesie / 1ntensivmedizin (in violett IMPP-Terminologie und IMPP-Arzneistoffe) klinische Kateaorie lnhalationsAnästhetika

Obergruppe IMPP Membranstabilisation

Gruppe/ Wirkmechanismus Haloether Stickoxide

i.v.-Anästhetika GABAerges System Barbiturate

Arzneistoff

6.1.6 6.1.7 6.1.9

Thiooental Midazolam Propofol Etomidat Ketamin

6.2.3 6.2.8 6.2.6 6.2.4 6.2.5

Muskelrelaxantien (MR)

Antagonisierung MR

-Lokalanästhetika

PONV

Remifentanil 1,1-0pioidrezeptor (MOR)- Naloxon Antagonisten Cholinerges System nAChR-Antagon isten nicht-depolarisierende MR nAChR-Agonisten depolarisierende MR AcetylcholinesteraseInhibitoren CalciumfreisetzungsCalciumstoffwechsel Inhibitoren Ionenkanäle Natriumkanalblocker serotonerges Syst. Immunsystem

5-HT3-R-Antagonisten Glukocortikoid-RezeptorAgonisten :::: Steroide Dopamin2-RAntagonisten

Kapitel

Gas-Narkose Desfluran, Sevofluran N2O {Stickoxydul) Adjuvanz bei Gas-

Benzodiazepine Diisopropylphenole Phenylethylimidazole Glutamaterges Allosterische NMDA-RModulatoren Svstem Peptiderge Systeme 1,1-0pioidrezeptor (MOR)- Fentanyl, Agonisten Morphin,

--

Indikation

Narkose Narkoseeinleitung Narkose(einleitung) Narkose(einleitung) Narkoseeinleitung Analgesie, Narkose(einleitung) Analgesie, Narkose(einleitung) Opioid-Uberhang

6.2.7

7.2.12.1

Rocuronium

6.3.3

Suxamethonium (Succinylcholin) Antagonisierung Pyridostigmin

6.3.4

Dantrolen Bupivacain Lidocain Ondansetron Dexamethason

2.1.4.3 nAChR-Antagonisten 6.3.3 maligne Hyperthermie 6.4.7.4 Regionalanästhesie

6.5

postoperative Ubelkeit 4.5.1.3 und Erbrechen 8.4 (PONV) 6.4.7.5

4.5.1.1

dopaminerges Metoclopramid System Peptiderges System Neurokinin1-R-Antagonisten Aprepitant nAChR:::: nikotinischer Acetylcholin-Rezeptor

4.5.1.4

Analgetika (in violett IMPP-Terminologie und IMPP-Arzneistoffe) Nicht-Opioide klinische Obergruppe Gruppe/ Kate!'.:lorie IMPP Wirkmechanismus COXEicosanoid- Irreversible COXInhibitoren system Inhibitoren (Nicht-OpioidCOX-lnhibitoren Analgetika)

COX-Hemmer mit zusätzlichem Effekt

COX-2-lnhibitoren p-Aminophenole Pyrazolone

Nicht-Opioid- Endocanna- Cannabinoid-CB1binoidsystem R-Aaonisten Analaetika

Arzneistoff Acetylsalicylsäure (ASS) Diclofenac lbuprofen Etoricoxib Paracetamol Metamizol Dronabinol

Arzneistoffliste IMPP

Indikation Schmerzen, Fieber Plättchenhemmung Schmerzen, Entzündung Schmerzen, Fieber, Entzündunq Arthrose, (Gicht)Arthritis Schmerzen, Fieber Koliken, starke Schmerzen, therapierefraktäres Fieber chronische Schmerzen (v.a. neuropathische Schmerzen)

Kapitel 7.1.8 7.1.9 7.1.11 7.1.16 7.1.14 7.1.15 7.1.17 4.52.2

Arzneistoffliste IMPP

12

Opioide klinische Obergruppe Gruppe/ Arzneistoff Kateaorie IMPP Wirkmechanismus Buorenorphin Opioide Peptiderge µ-Opioidrezeptor (MOR)-Agonisten Dihvdrocodein Systeme

Indikation

Kapitel 7.2.10.9 7.2.9.4, 3.5 7.2.10.7 7.2.10.4 7.2.11.1 6.2.7 7.2.10.6 6.2.7

7.2.12.1

(Cyclohexanolderivat) MOR-Agonist +

Tramadol Tilidin + Naloxon

sehr starke Schmerzen mässia starke Schmerzen, Reizhusten sehr starke Schmerzen sehr starke Schmerzen Pflaster: starke chron Schmerzen i.v.: siehe Remifentanil Substitution bei Ooioidabhänaiokeit Analgesie während Narkose oder bei beatmeten lntensivpat mässia starke Schmerzen starke Schmerzen

MOR-Antaaonist µ-Opioidrezeptor (MOR)-Antaaonist

Naloxon

opioidbedingte Atemdepression

Hvdromorphon Morohin Fentanyl Methadon Remifentanil

7.2.9.2 7.2.9.1

Stoffwechsel - Endokrinologie (in violett IMPP-Terminologie und IMPP-Arzneistoffe) klinische Kateaorie

Antidiabetika

Glukose Hyperurikämie Fettstoffwechselstörungen

Steroide ::: Glukokortikoide Schilddrüse

Osteoporose

Obergruppe IMPP Peptiderge Systeme

Ionenkanäle unbekannt Glucosestoffwechsel Purinstoffwechsel Klassische Zvtostase Lipidstoffwechsel

Gruppe/ Wirkmechanismus Insuline

DPP4-lnhibitoren GLP-1 R-Aaonisten Kaliumkanalblocker Biguanide SGLT-2-lnhibitoren Monosaccharide URAT1-lnhibitoren Xanthinoxidase-lnhibitoren Mikrotubuli-lnhibitoren

HMG-CoA-ReduktaseInhibitoren == Statine Cholesterinresorptionsinhibitoren PCSK9-lnhibitoren PPAR-a-Agonisten Physikalisches Anionen-Austauscher Wirkorinzio Immunsystem Glukocorticoid-RezeptorAgonisten Schilddrüse

Calcium- und Knochenstoffwechsel Peptiderge Systeme

Halogen-Ionen Thyroxin-Rezeptor-Agonisten "'='Schilddrüsenhormone Thyreoperoxidase (TPO)· Inhibitoren == Thyreostatika Bisohosnhonate RANKL-lnhibitoren Vitamine PTH-R-Agonisten

Arzneistoff Humaninsulin, Insulinglargin, lnsulin-lispro, NPH-lnsulin Sitaalintin Liraglutid Glibenclamid Metformin Empagliflozin Glucose Benzbromaron Allonurinol Colchicin Simvastatin

Indikation

Kapitel

Diabetes mellitus Typ 1 8.1.1.4 Diabetes mellitus Typ 2 Diabetes mellitus Typ 2 8.1.2.8 Diabetes mellitus Typ 2 8.1.2.7 Diabetes mellitus Typ 2 8.1.2.3 Diabetes mellitus Typ 2 8.1.2.2 Diabetes mellitus Typ 2 8.1.2.9 Hypoglykämie 8.1.3.5.1 Gicht, Hvoerurikämie 8.2.3 Gicht, Hvoerurikämie 8.2.2 8.2.1 akuter Gichtanfall

Ezetimib

Hypercholesterinämie, 8.3.3 Hvoertrialvceridämie Hypercholesterinämie 8.3.6

Evolocumab Fenofibrat Colestyramin

Hvoercholesterinämie Hypertriglyceridämie Hypercholesterinämie

8.3.7 8.3.4 8.3.5

Budesonid,Fluticason system: Dexamethason, Prednisolon

3.6.2.1, 8.4 8.4

Iodid T4 (Levothyroxin)

inhal: Asthma, COPD entzündliche Systemerkrankungen Strumaprophylaxe Hypothyreose

8.5.3 8.5.2

Thiamazol

Hyperthyreose

8.5.4

Alendronat Denosumab Calcitriol Colecalciferol Teriparatid

Osteoporose

8.6.2.5 8.6.2.7 8.6.2.1

Arzneistoffliste IMPP

renale Osteooathie Karies-/Rachitisprophylaxe Osteoporose 8.6.2.2

Arzneistoffliste IMPP

13

Anti mikrobielle Pharmaka (in violett IMPP-Terminologie und IMPP-Arzneistoffe) Antibakterielle Wirkung klinische Kateaorie

Gruppe/ Wirkmechanismus

Arzneistoff

Antibiotika Penicilline Benzylpenicilline Penicillin G Oralpenicilline Penicillin V lsoxazolyl-Penicilline Flucloxacillin Aminopenicilline Amoxicillin ca ~ Aminopenicilline + Amoxicillin + 0 ß-Laktamase-lnhibitoren Clavulansäure ·C: Acylaminopenicilline + Piperacillin+Tazobactam

--

·· lange Wirkdauer. Bspl.: - irreversible Hemmung der Cyclooxygenase durch Acetylsalicylsäure :::: ASS (c:> 7 .1.4) - irreversible Blockade von a.-Rezeptoren durch Phenoxybenzamin (c:> 2.1.3.1.6) Eine kovalente Ligand-Rezeptor-Bindung kann durch eine zweite Substanz (sog. Reaktivator), die eine noch stärkere kovalente Bindung mit dem Erststoff eingeht, gelöst werden. Bspl.: - Alkylphoshatvergiftung: Oxime lösen als Reaktivatoren die Bindung zwischen Alkylphoshaten und Cholinesterase (c:> 20.5.1.1 ). Der Pharmakon-Rezeptor-Komplex ist zumeist eine lockere, dissoziable Verbindung. Ausnahme sind kovalente Bindungen, bei denen die Wirkung nur durch Reaktivatoren oder Neusynthese von Rezeptoren beendet wird. Die Bildung eines Rezeptor-Ligand-Komplexes bewirkt, meist über Konformationsänderungen des Rezeptors, die Aktivierung oder Hemmung von second messengern bildenden Enzymen.

second messenger (cAMP, cGMP , Ca2+, u.a.) sind intrazelluläre Mediatoren, die am Effektorsystem die biolog ische Wirkung hervorrufen. ■

Affinität (Bindungsstärke): Stärke der Bindung an einen Rezeptor. Je größer die Affinität eines Pharmakons, desto wahrscheinlicher ist die Bildung eines PharmakonRezeptor-Komplexes und desto niedriger ist die zur Wirkung notwendige Konzentration. intrinsic activity (relative Wirkstärke): Quotient aus maximal auslösbarer Wirkung eines Agonisten und maximal möglicher Wirkung . Maximaleffekt eines Agonisten intrinic activity : : : theoretisch möglicher Maximaleffekt Vereinfacht: relative Wirkstärke, d.h. die Fähigkeit eines Agonisten bei gleichem Rezeptorbesatz einen Effekt auszulösen.

1

Agonisten: Pharmaka, die am Rezeptor einen dem physiologischen Transmitter gleichartigen Effekt hervorrufen. Dieser Effekt kann sowohl exzitatorisch (Noradrenalin, Acetylcholin) als auch inhibitorisch (GABA oder Dopamin im ZNS) sein.

partielle Agonisten: abhängig vom Ausgangszustand agonistische oder antagonistische Eigenschaften: - inaktiviertes System + partieller Agonist => agonistisch - voll aktiviertes System + partieller Agonist => antagonistisch

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

21

Antagonisten : Substanzen, die die biologische Wirkung eines Agonisten reduzieren (partielle Antagonisten) oder aufheben (vollständige Antagonisten) .

kompetitiver Antagonismus: kompetitive Antagonisten besitzen zu spezifischen Rezeptoren Affinität, weisen aber keine intrinsic activity auf. Affinität hoch hoch hoch

Noradrenalin •• .. •·· .•• .·••

.

•• •• ••

...·············

Noradrenalin + Phentolamin

• •• • ••

• •• • ••

······

..••••

.....

Dosis

Abb. 1.3: Dosis-Wirkungs-Kurve von Noradrenalin alleine und in Gegenwart von Phentolamin. nichtkompetitiver Antagonismus: Nichtkompetitive Antagonisten binden nicht am Rezeptorareal des Agonisten, sondern rufen eine Konformationsänderung des Rezeptormoleküls hervor (~ allosterische Hemmung). Der Agonist kann daher nicht an den Rezeptor binden. Die Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve nimmt ab, der Maximaleffekt wird verringert. Dieser Effekt ist nicht durch erhöhte Konzentration des Agonisten aufzuheben. Bspl.: - Noradrenalin und Phenoxybenzamin Wirkung Noradrenalin ••••••···················

•••

•• .. •••

•• ... •· ,•

....

Noradrenalin + Phenoxybenzamin



...............

••

••••

Dosis

Abb. 1.4: Dosis-Wirkungs-Kurve von Noradrenalin alleine und in Gegenwart von Phenoxybenzamin. funktioneller Antagonismus: funktionelle Antagonisten lösen als Agonisten an anderen Rezeptoren eine entgegengesetzte Wirkung im gleichen Effektorsystem aus. Bspl.: - Noradrenalin oder Angiotensin II (Vasokonstriktion) und Nifedipin (Vasodilatation); Effektorsystem: glatter Muskel

Arzneistoffliste IMPP

1

intrinsic activitv hoch (1) aerina (< 1) keine (0)

Aaonist oartieller Aaonist Antaaonist Tab 1.1 Agonist und kompetitiver Antagonist konkurrieren um dieselben Rezeptoren. Es resultiert eine Parallelverschiebung der Dosis-Wirkungs-Kurve des Agonisten nach rechts. Die Konzentration des Agonisten muß erhöht werden, um eine gleich starke Reaktion wie in Abwesenheit des Antagonisten zu erreichen. Bspl.: - Noradrenalin und Phentolamin - Acetylcholin und Atropin - lsoprenalin und Propranolol - Aldosteron und Spironolacton

Wirkung

1

1

22

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

1.1.2

Rezeptoren / Signaltransduktion

Rezeptoren sind Makromoleküle, die als Wirkorte von Hormonen, Neurotransmittern oder Pharmaka mittels einer spezifischen Bindung eine spezifische Wirkung ausüben. Rezeptoren sind membranständig oder intrazellulär lokalisiert.

1.1.2.1

Übersicht Rezeptoren G-Protein-gekoppelter Rezeptor ligandengesteuerter Ionenkanal

Effektor.,,.__.,, proteine Y

NO -+--++

Guanylylcyclase

Depolarisation

second messenger

Steroid

1 cGM P 1 1 cAMP

~

l&

DAG 1P3

1.__Ic_ a 1.---

• ••+

2

_ + _,

spannungsgesteuerter Ionenkanal

Proteinkinasen

Zellkern -+-1► mRNS

••

-+ Protein -+

Funktion Regulation

ITyr l 1T yr I

Agonist

inaktive Tyrosinkinase

_y Rezeptorproteinkinase: rezeptorassoziierte Tyrosinkinase

Abb. 1.5: Übersicht Rezeptorentypen. HSP "" Hitzeschockprotein GR "" Glukokortikoid-Rezeptor weitere Erläuterungen im Text oben : G-Protein-gekoppelter Rezeptor mit dem trimeren G-Protein-Komplex (Gaßy) rechts: ligandengesteuerter Ionenkanal, dessen Öffnung die Membran depolarisiert und dadurch einen spannungsgesteuerten Ionenkanal öffnet unten: rezeptorassoziierte Tyrosinkinase mit Rezeptordimerbildung

Membranständige Rezeptoren sind G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, Ionenkanäle und Rezeptorproteinkinasen. G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und Ionenkanäle induzieren ein zweites intrazelluläres Signal (second messenger). Zu diesen intrazellulären Signalmolekülen zählen cAMP, cGMP, Diacylglycerol (DAG), lnositol-1 ,4,5-triphosphat (IP3 ) und Calcium. Second messenger aktivieren Proteinkinasen, die Tyrosin, Serin oder Threonin in regulatorischen Proteinen phosphorylieren. Durch die reversible Phosphorylierung

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

23

von Proteinen werden zelluläre Funktionen gesteuert: die Änderung des Phosphorylierungsgrades steuert Regulatorproteine ebenso wie Transkriptionsfaktoren, die die Genexpression regeln. Rezeptorproteinkinasen sind an der Genregulation für Zellproliferation und Zelldifferenzierung beteiligt. Rezeptorproteinkinasen kommen als (a) Rezeptortyrosinkinasen, (b) rezeptorassoziierte Tyrosinkinasen oder (c) Rezeptor-Serin-rrhreoninkinasen vor. Bei der oben dargestellten rezeptorassoziierten Tyrosinkinase führt die Ligandenbindung zur Rezeptordimerbildung mit einer vom Rezeptor verschiedenen Tyrosinkinase und Phosphorylierung von Rezeptor und anderen Substraten. Über die JakStat-Kaskade (nicht eingezeichnet) wird die Expression von Differenzierungsgenen stimuliert. Intrazelluläre Rezeptoren: zahlreiche lipohile Pharmaka und Hormone (Glukokortikoide, Mineralokortikoide, Östrogene, Gestagene, Testosteron, Trijodthyronin , Calcitriol, Retinoide) können die Plasmamembran ohne Carrier passieren und binden in Kern oder Cytosol an Transkriptionsfaktoren und regulieren die Expression spezifischer Gene. NO aktiviert die cytosolische Guanylylcyclase und darüber den second messenger cGMP. cGMP reguliert die Aktivität von Phosphodiesterasen (q 2.2.1 ).

Kurzübersicht Rezeptortypen : (Übersicht Neurotransmitter q 1.1.2.5) membranständige Rezeptoren: - G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (siehe unten): unter Zuhilfenahme eines G-Proteins

-

wird eine mehrschrittige Signalkette in Gang gesetzt; Wirkeintritt nach (mehreren Sekunden bis) Minuten Bspl.: a,-Adrenozeptoren, ß-Adrenozeptoren, M-Cholinozeptoren, Dopamin-Rezeptoren, Ang iotensin-Rezeptoren, Opioid-Rezeptoren Rezeptor-Tyrosinkinasen : nach Bindung eines Liganden Entstehung von TyrosinkinaseAktivität => Phosphorylierung anderer Enzyme => intrazelluläre Signalkette; Wirkung nach min (bis h) Bspl.: Insulin-Rezeptoren, Erythropoetin-Rezeptoren

- Ionenkanäle: liganden-qesteuerte lonenkänale ~ ionotrope Rezeptoren: Bindung eines Transmitters/Liganden an ein Kanalprotein => Konformationsänderung des Kanalproteins => Öffnung/Schließung Ionenkanal; Wirkung in Millisekunden Bspl.: N-Cholinozeptoren, GABAA-Rezeptor spannungsabhängiqe Ionenkanäle: Öffnung/Schließung der Kanäle durch Depolarisation Bspl: Na+-, K+-, Ca~-Kanäle

intrazelluläre Rezeptoren: - Bspl.: Steroid-Rezeptoren (q 8.4.3): Regulation der Genexpression; Wirkung nach Stunden - Bspl.: NO-Rezeptor (q 2.2.1 ): NO bindet an zytosolische Guanylatcyclase, die den secondmessenger cGMP bildet; Wirkung nach Sekunden bis Minuten

1.1.2.2

G-Protein-gekoppelter Rezeptor / Signaltransduktion

- G-Protein-qekoppelter Rezeptor: heptahelikaler ~ 7-fach membrangängiger Rezeptor ist an Innenseite der Plasmamembran an GTP-hydrolysierendes Protein (G-Protein) gebunden - G-Proteine bestehen aus einer a,-, ß- und -y-Untereinheit: die a.-Untereinheit besitzt eine Bindungsstelle für GDP bzw. GTP. Die Untereinheiten a.s und a.q wirken stimulierend , die Untereinheiten a.i und a.0 inhibierend auf Folgeprozesse (im Weiteren als Gs, Gq bzw. Gi, G0 bezeichnet). - Nach Bindung eines Liganden zieht der Rezeptor nach einer Konformationsänderung sein G-Protein an sich. Nach Austausch von GDP gegen GTP kann der Rezeptor/G-Protein-Komplex den Liganden nicht mehr halten. Das G-Protein verläßt den Rezeptor und zerfällt in Ga-Untereinheit und die ß-yUntereinheit, die jeweils verschiedene Effektorproteine aktivieren. - Bspl: Adenosin-Rezeptoren, adrenerge Rezeptoren (~ Adrenozeptoren), ATP-(P2Y-)Rezeptoren, Dopamin-Rezeptoren, GABAa-Rezeptoren, Histamin-Rezeptoren, Muscarin-Rezeptoren (mCholinozeptoren), Opioid-Rezeptoren, Serotonin-Rezeptoren (außer S-HT3) Rezeptoren binden ihre Liganden spezifisch , die nachfolgende Signaltransduktion ist aber komplex. So können nach Aktivierung eines Rezeptors mehrere Wege der Signaltransduktion beschritten werden (Bspl.: Noradrenalin kann über a,1-Adrenozep-toren ein Gq-Protein und damit die Phospholipase C, über ß-Adrenozeptoren ein Gs-Protein und damit die Adenylatcyclase aktivieren). Ebenso kann ein Weg der Signaltransduktion durch mehrere Rezeptoren aktiviert werden.

24

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

Signaltransduktion nach Aktivierung der Adenylatcyclase Nach Aktivierung von ß-Rezeptoren (z.B. durch Adrenalin) kommt es zur Bildung eines stimulierenden GProteins mit anschließender Aktivierung der membranständigen Adenylatcyclase (q 2.1.2.2, Abb. 2.5). Die Adenylatcyclase katalysiert die Bildung von cAMP aus ATP. Der second messenger cAMP aktiviert Proteinkinasen, die ihrerseits über eine Aktivierungskaskade zum biologischen Effekt führen. Bspl.: ß-Adrenozeptoren, Dopamin D1-Rezeptoren. Anmerkung: Phosphodiesterasen (PDE) bauen cAMP zu 5'-AMP ab. Durch Phosphodiesterasehemmer ist der Abbau von cAMP blockierbar (q 2.1.2.17).

Signaltransduktion nach Inhibition der Adenylatcyclase Nach Aktivierung präsynaptischer a 2 -Rezeptoren (z.B. durch Noradrenalin) kommt es zur Bildung eines inhibierenden G-Proteins mit anschließender Hemmung der Adenylatcyclase. Eine Abnahme des second messengers cAMP führt zu einer Vermin-derung der Proteinkinasen (und im vorliegenden Fall zur Abnahme der Noradrenalin-freisetzung aus präsynaptischen Vesikeln). Bspl.: a2 -Adrenozeptor, Opioidrezeptoren

Signaltransduktion nach Aktivierung der Phospholipase Nach Aktivierung von a 1-Rezeptoren durch Noradrenalin kommt es zur Bildung eines stimulierenden G-Proteins mit nachfolgender Aktivierung der Phospholipase C. Die Phospholipase C spaltet per Hydrolyse das Phosphatidylinositol-biphosphat in die second messenger DAG (::::; Diacylglycerin) und lnositoltriphosphat (::::: IP3). DAG stimuliert die Proteinkinase C, die u.a. Phospholipase A 2 und Calmodulin phosphoryliert. IP3 bindet an IP3 -Rezeptoren von Calciumkanälen und setzt große Mengen Calcium frei. Bspl.: a 1-Adrenozeptoren, Muscarin-M 1 - und M3Rezeptoren

Noradrenalin an a1-Rezeptor

+ Bildung von aq-GTP

+

Aktivierung der Phospholipase C

t Hydrolyse von Phosphattidylinositolbiphosphat

DAG



-



IP3

Abb.: 1.6

Regulationsmechanismen von Rezeptoren Rezeptordichte und Rezeptoraktivität sind einer regulatorischen Kontrolle unterworfen, d.h. bei zu starker oder zu schwacher Stimulation können Regulationsmechanismen einsetzen. Physiologisch schützt sich der Organismus vor einer Überstimulation, in der Pharmakotherapie kann sich die verminderte Wirkung am Erfolgsorgan als Tachyphylaxie bzw. Toleranz manifestieren. Die Regulationsmechanismen umfassen somit: - Veränderung der Rezeptoraktivität: Änderung der Empfindlichkeit von Rezeptoren, ohne daß sich ihre Zahl ändert. PKA und GRK desensibilisieren den Rezeptor aktivitätsabhängig innerhalb von Sekunden bis Minuten. - Veränderung der Rezeptorzahl an der Oberfläche bei unveränderter Gesamtzahl pro Zelle: bei der intrazellulären Sequestrierung werden die Rezeptoren innerhalb von (Sekunden bis) Minuten ins Zellinnere aufgenommen bzw. bei Bedarf wieder in die Membran überführt. - Veränderung der Rezeptorgesamtzahl pro Zelle: bei der Up- oder Down-Regulation werden Neusynthese oder Abbau von Rezeptoren innerhalb von Stunden bis Tagen verändert. Bei häufiger Rezeptoraktivierung folgt oft eine Abnahme der Rezeptorenzahl :::; Down-Regulation, bei längerer Nichtaktivierung eine Zunahme der Rezeptorenzahl ::::: Up-Regulation. Down-Regulation ::::: Abnahme der Rezeptorenzahl Up-Regulation ::::: Zunahme der Rezeptorenzahl Besondere klinische Bedeutung der Up- und Down-Regulation bei den ß-Rezeptoren.

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

1.1.2.3

Rezeptorproteinkinasen

25 (q Abb . 1.5)

- wesentliche Bedeutung in der Expression wachstums- und differenzierungsspezifischer Gene - es existieren 3 Typen von Rezeptorproteinkinasen, die sich in der Signalumwandlung unterscheiden Rezeptortyrosinkinase: - Ligandbindung führt zu Rezeptordimerbildung mit Aktivierung der Rezeptorkinase und Phosphorylierung von Tyrosinen des Rezeptors (Rezeptor und Proteinkinase sind dasselbe Protein); anschließend koppeln Rezeptortyrosinkinasen an die Ras-Kaskade (Ras von Rattensarkomvirus): über das Protein Ras wird eine Kaskade aktiviert (durch Phosphorylierung), an deren Ende die Phosphorylierung von Transkriptionsfaktoren steht. - Liganden: Insulin, diverse Wachstumsfaktoren: EGF (epidermal growth factor), IGF1 (lnsulin-like growth factor), VEGF (vascular endothelial growth factor), PDGF (platelet derived growth factor, FGF (fibroblast growth factor) Rezeptorassoziierte Tyrosinkinase: Ligandbindung führt zu Rezeptordimerbildung und Aktivierung einer vom Rezeptor unterschiedlichen Tyrosinkinase (Rezeptor und Proteinkinase sind unterschiedliche Proteine); dann nutzen rezeptorassoziierte Tyrosinkinasen die Jak/Stat-Kaskade (von iust another kinase and signal !ransduction and activation of !ranscription), an deren Ende ebenfalls die Phosphorylierung von Transkriptionsfaktoren steht - Liganden: Erythropoetin, G-CSF (Granulozyten-Colonie stimulierender Faktor), Interferon ß und y, IL-6 (lnterleukin 6) Rezeptor-Serin/Threon in kinasen: - Ligandbindung führt zu Rezeptortetramerbildung , Aktivierung der Rezeptorkinase und Phosphorylierung von Serinen des Rezeptors selbst (Rezeptor und Proteinkinase sind dasselbe Protein), nachfolgend Aktivierung der Smad-Kaskade, worüber letztlich die Transskription spezifischer Gene gesteuert wird - Liganden: TGFß (transforming growth factor ß)

1.1.2.4

Ionenkanäle (q

Abb. 1.5, Abb. 1.1)

- Zellmembran-Proteine, die eine Kanalpore bilden, die durch Konformationsänderung geöffnet und geschlossen werden kann , aufgrund unterschiedlicher Geometrie und Ladungsverteilung können nur bestimmte Ionen passieren: Na+-, K+-, Ca 2+-, er-Kanäle - Liganden-gesteuerte Ionenkanäle "" ionotrope Rezeptoren: Öffnung/Schließung der Kanäle durch Bindung eines Transmitters/Liganden (an die extrazelluläre Domäne eines Rezeptorkanals) Bspl: GABAA-Rezeptor, Glutamat- (NMDA- und AMPA-) Rezeptor, Glycin-Rezeptor, 5-HT3-Rezeptor, Nicotin-Rezeptor (:::: N-Cholinozeptor) Spann ungsabhängige Ionenkanäle: Steuerung der Kanäle durch Membrandepolarisation bzw. Hyperpolarisation

geschlossen Membranrepolarisation

(Hyperpolarisa/

inaktiviert

\

.. Membrandepolarisation

Abb. 1.7: spannungsgesteuerte Ionenkanäle.

Es werden 3 verschiedene ZuMembranstände bei spannungsabhängigen epolarisation Ionenkanälen unterschieden: nach Eintreffen eines Aktionspotentials (DepoJarisation) öffnet sich der Ionenkanal aus dem Ruhezustand (,,geschlossen") und wird kurz darauf inaktiviert (noch während der Depolarisat~on). Die Repolarisation (Hyperpolarisation) bewirkt eine Konformationsänderung mit Rückkehr in den aktivierbaren Ausgangszustand (geschlossen).

offen

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

26

- spannungsabhängige Na+-Kanäle (voltage-dependent sodium channels ~ VOSe): wichtig für Ausbreitung vom Membrandepolarisationen in allen erregbaren Zellen wie Neuronen, Muskelzellen; Blockade der Na+-Kanäle führt im Nervensystem zur Leitungsblockade: Lokalanästhetika, Klasse-I-Antiarrhythmika, Antiepileptikum Topiramat, Koanalgetikum Amitriptylin - spannungsabhängige ea2 +-Kanäle (voltage-dependent calcium channels ~ voee): ea2 + ist der wichtigste intrazelluläre Botenstoff. Der „second messenger" lnositoltriphosphat (IP3) öffnet am 2 endoplasmatischen Retikulum sog. Ryanodin-sensitive ea +-Kanäle und steigert darüber rasch 2 die intrazelluläre ea +-Konzentration. Nachfolgend aktivierte Kinasen lösen je nach Zelltyp spezifische Reaktionen aus. - L-Typ (!ong lasting activation): ubiquitär vorkommend, u.a. an Herz und Gefäßen (Hemmung durch ealciumantagonisten) - T-Typ (!ransient activation): in Nervensystem und Sinusknoten (Hemmung durch die Antiepileptika Gabapentin und Ethosuximid) - N-Typ (D.either L nor T): im Nervensystem (Hemmung durch Analgetikum Ziconotid) - spannungsabhängige K+-Kanäle: K+ ist wichtig für die Aufrechterhaltung des Ruhepotentials und die Hyperpolarisation (Hemmung des ATP-abhängigen K+-Kanals durch Sulfonylhamstoffe, Stimu-lation durch Diazoxid und Minoxidil) - ![:Kanal: Na+/K+-Kanal im Sinusknoten, der die langsame diastolische Depolarisation und damit die Auslösung eines Aktionspotentials bewirkt (Hemmung durch Antianginosum lvabradin)

1.1.2.5

wichtige Transmitter

1.1.2.5.1

Übersicht Neurotransmitter und Rezeptoren

Transmitter

GABA

Rezeptorsubtypen

G-Proteingekoppelter Rezeotor

GABAA

ionotroper Rezeptor

X

er -Leitfähigkeit t , cAMP i K+-, ea2+-Leitfähigkeit t

X X X

er -Leitfähigkeit t Na+-, K+-Leitfähigkeit t Na+-,K+-,eaz+_Leitfähigkeit t

X

M1 , M3: IP3 t, DAG t 01 , 5: cAMP t 02: cAMP t , K+-Leitfähigkeit ea2+-Leitfähigkeit-!.03 , 4:? IP3 t, DAG t cAMP i , K+-Leitfähigkeit t, Ca2 +-Leitfähiakeit ,!, cAMP t cAMP t, K+-Leitfähigkeit t IP3 t, DAG t Na+-, K+-Leitfähigkeit t

a -, ß-, Y-, 6-, cr- lsoformen

Glycin Glutamat Acetylcholin Dopamin

Noradrenalin

GABAs a-, ß- Untereinheiten GLU 1-7 nikotinera muskarinerQ (M1-4) D1-5

0.1 A-D 0.2A-C ß1-3

Serotonin

S-HT1A-F S-HT2A-C

5-HT3 5-HT4-1

Histamin

H1 H2 H3

Vasopressin Opioid peptide

V1A,B

V2 µ

8 K

Effektormechanismen

Sh:inaltransduktion

X

X X

X X X X X X X X

5-HT4,6-7: cAMP IP3 t, DAG t cAMP t

t

? IP3 t, DAG

X X X X X

Tab. 1.2: Neurotransmitter (Auswahl). IP3 ~ lnositoltriphosphat, DAG ionotroper Rezeptor ~ Liganden-gesteuerter Ionenkanal

t

cAMP t cAMP -1,,

K+-Leitfähigkeit

t,

ea2 +-Leitfähigkeit ,!, ~

Diacylglycerol

t,

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

1.1.2.5.2

27

Acetylcholin

Acetylcholin ist Neurotransmitter an parasympathischen Ganglien, an präganglionären Sympathikusfasern und an motorischen Endplatten. Da es sehr schnell im synaptischen Spalt und im Blut abgebaut wird, kann es nicht als Pharmakon einaesetzt werden.

Wl\

•j:l ,

1

Rezeptor AcCoA Ionenkanal

CD ACh

Carrier== Membrantransportsystem

Cholin

Abb. 1.8: synaptische Übertragung durch Acetylcholin. Acetylcholin wird im Zytoplasma der Neurone per Katalyse der Cholinacetyltransferase ( ) und die Aldehyddehydrogenase (© ) zu 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA) metabolisiert. Serotonin kommt v.a. in den enterochromaffinen Zellen der Darmschleimhaut (Hauptbildungsort !), in Thrombozyten (mit Serotonin-Aufnahme im Darm) und in serotoninergen Neuronen von ZNS und Darm vor. Serotonin ist an der Regelung von Schlaf-Wach-Rhythmus (5-HT ist Vorstufe von Melatonin), Stimmung, Schmerzwahrnehmung, Nahrungsaufnahme und Körpertemperatur beteiligt.

Rezeotor Lokalisation ohvsioloaische Funktion Neurotransmitter und Neuromodulator mit komplexer 5-HT1A-C ZNS Wirkung auf Schlaf, kognitive Prozesse, Sinneswahrnehmuna , Schmerz, Motorik, Temoeratur ZNS 5-HT2A Träume, Wahrnehmunasverarbeituna Thrombozyten Gerinnuna Vasokonstriktion Gefäße Maaen verminderte Maaenoeristaltik 5-HT2s NO-Freisetzung (bei intaktem Endothel) => Vasodilatation Endothel ZNS S-HT2c Träume, Reaulation Ess- und Sexualverhalten Magen-Darm/ Übelkeit, Erbrechen S-HT3 Area postrema 5-HT4 Magen-Darm ACh-Ausschüttuna => aesteiaerte Peristaltik Herz oositiv inotrop und chronotrop Tab. 1.11: rezeptorspezifische Effekte von Serotonin.

Effekt bei Inhibition u.a. gestörte Thermoregulation antiosychotisch Gerinnunashemmuna antiemetisch antiosvchotisch antiemetisch Erbrechen

1

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

34

Stimulatoren und Inhibitoren der serotonergen Signaltransduktion Zielstruktur / Mechanismus 0 5-HT,A

Aktivierung durch Antagonismus / Blockade durch (Indikation) (Indikation) Buspiron (Angststörungen) Urapidil* (arterielle Hypertonie) Triotane: z.B. Sumatriotan (Miaräne) @ 5-HT1BID @ 5-HT2A LSD ~ Lysergsäurediethylamid (keine) atypische NL* wie Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon (Psychosen) 0 5-HT3 Setrone: z.B: Ondansetron (Erbrechen) 0 Serotonin-Rück- SSRI selektive Serotonin-Reuptake-lnhibitoaufnahme-Carrier ren: Citalooram, Sertralin (Depression) 0 MAO-A Moclobemid* (Deoression)



SSRI ~ selektive Serotonin-Rückaufnahme-lnhibitoren Tab.1.12 * Einige Pharmaka wirken nichtselektiv auf 5-HT-Rezeptoren bzw. Carrier: Urapidil mit a 1-Blockade, atypische Neuroleptika (NL) wie Clozapin mit D4 -Blockade, MAO-A-Hemmer mit vermindertem Abbau der Monoamine Noradrenalin, Adrenalin , Dopamin und Serotonin.

1.1.2.5.7

Glutamat

Die Aminosäure Glutamat ist der wichtigste exzitatorische Neurotransmitter und ist an Sinneswahrnehmungen und kognitiven Funktionen wie Lernen und Gedächtnis beteiligt ist. Erkrankungen wie Epilepsie oder Schizophrenie wie auch Schmerzen gehen mit Veränderungen der Glutamatübertragung einher.

~

a-Ketoglutarat

Rezeptor

Glutamin

ll ~

Glutamin

Ionenkanal mGluR

mat Carrier== Membrantransportsystem

-

Glutamat

l® Glutamat

Na• AMPA mGluR NMDA '

--._+ . . . _Q --:

_K_• _ _

Kainat

8

Abb. 1.13: synaptische Übertragung durch Glutamat. Glutamat wird mittels Transaminasen (CD ) aus a-Ketoglutarat oder mittels Glutaminase (@) aus Glutamin gebildet. Postsynaptisch existieren 4 Glutamatrezeptoren: 3 ligandenaktivierte Ionenkanäle (NMDA == NMethyl-D-Aspartat-Rezeptoren, AMPA-Rezeptoren , Kainat-Rezeptoren) und 1 metabotroper Glutamatrezeptor (mGluR). Pharmakologisch sind die NMDA-Rezeptoren am wichtigsten. Weitere Einzelheiten der Signaltransduktion sind oben ersichtlich. Glutamat kann die eigene Freisetzung über präsynaptische mGlu-Rezeptoren hemmen. Freigesetztes Glutamat wird über spezifische Carrier wiederaufgenommen oder per Glutaminsynthetase ((1) ) in Glutamin umgewandelt und dann zu Glutamat neu synthetisiert. Rezeotor Lokalis. ohvsioloaische Funktion Effekt bei Inhibition Gedächtnis, Lernen , Erregungsweiterleitung von Analgesie, Anästhesie, NeuroNMDA ZNS protektion, osvchotische Symptome sensorischen Informationen und Schmerzen

Tab. 1.13: rezeptorspezifische Effekte von Glutamat. Arzneistoffliste IMPP

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

35

2

NMDA-Rezeptoren weisen im Ruhezustand einen durch Mg +-lonen verstopften Ionenkanal auf. Durch partielle Depolarisation wird der Magnesiumblock aufgehoben, der NMDA-Rezeptor ist aktivierbar. Bei Rezeptoraktivierung (durch Ligand oder Aktionspotential) kommt es zur Öffnung des Ionenkanals für Na+, K+ und Ca2+. Die zusätzliche Bindung von Glycin potenziert die Glutamatwirkung. Der Calciumeinstrom erhöht die neuronale Erregbarkeit, womit Schmerzreize sensibler wahrgenommen werden. Ein massiver Ca2+-Einstrom in Neurone ist neurotoxisch (,,exzitatorische Toxizität"). Schwache NMDA-Blocker wie Amantadin und Memantin sind daher neuroprotektiv, starke NMDA-Blocker wie Ketamin unterbrechen die Schmerzwahrnehmung im ZNS, dosisabhängig einschließlich weiterer Sinneswahrnehmungen. Unter Ketamin auftretende psychische Störungen sind unter seinem Vorläufer, dem als Rauschmittel missbrauchten Phencyclidin (PCP), erheblich ausgeprägter.

Inhibitoren der glutamatergen Signaltransd uktion Zielstruktur / Mechanismus O NMDA

Antagonismus/ Blockade durch (Indikation) Amantadin (M. Parkinson), Memantin (Demenz), Ketamin (Analaesie, Anästhesie)

Aktivierung durch (Indikation)

1

Tab. 1.14

1.1.2.5.8

GABA

Die Aminosäure y-Aminobuttersäure ::::: GABA ist der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter. GABA vermittelt Schlaf und Muskelrelaxation und unterdrückt Krampfaktivitäten.

\ftJ\

a.-Ketoglutarat

Rezeptor

.

(J)/

ll

Ionenkanal

'

~

Carrier::::: Membrantransportsystem

>

Glutamin Glutamin

Glutamat Q)

J

GABA

GABAe

-

GABA

•' ' SSA @ /

GABA

! GABA GABAs

Ca2+

e

Abb. 1.14: synaptische Übertragung durch GABA. Der inhibitorische Neurotransmitter GABA wird durch die Glutamatdecarboxylase (G>) aus dem exzitatorischen Neurotransmitter Glutamat synthetisiert. Die vorherige Glutamatsynthese mittels Transaminasen ( 2.2.1) - Downregulation der Rezeptoren u.a. bei ß-Sympathomimetika (ß-Rezeptoren), Insulin, Glukokortikoiden => Internalisierung von Rezeptoren (c> 1.1.2.2 + 2.1.2.2 „Regulationsmechanismen von Rezeptoren")

39

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

Tachyphylaxie

-

Tachyphylaxie ~ die kurzfristig wiederholte Gabe eines Pharmakons bewirkt nur einen stark abgeschwächten Effekt (da sich das System erst „erholen" muss) Tachyphylaxie ist durch Dosiserhöhung nicht durchbrechbar adaptive Vorgänge sind bei der Tachyphylaxie ohne Bedeutung Bspl.: indirekte Sympathomimetika (Ephedrin) entleeren die Noradrenalinspeicher bei wiederholter Gabe schneller, als diese wieder gefüllt werden => Wirkungsabschwächung

Pharmakogenetisch bedingte Unterschiede der Arzneimittelwirkung Einführung Genetische Unterschiede im Arzneimittelmetabolismus (meist fehlende oder abgeschwächte Aktivität von bestimmten Enzymen) können zu großen interindividuellen Unterschieden bei der Biotransformation innerhalb einer Population führen (~ genetische Polymorphismen). Unterschieden werden schnelle und langsame Metabolisierer. Folge sind unterschiedlich ausgeprägte Wirkungen und/oder Nebenwirkungen. Erbgang: autosomal-rezessiv => schwache Metabolisierer sind homozygot für das autosomal-rezessive Gen (Ausnahme: Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenasemangel [X-chromosomal] und maligne Hyperthermie [autosomal-dominant]).

Reaktion/ Bezeichuna Acetylierung

Häufigkeit sehr häufig

Enzym defekt

Substanz

klinische Bedeutung

N-Acetyltransferasen

lsoniazid

PM => gehäuft periphere Neurooathien PM => gehäuft Lupusähnliches-Syndrom PM => gehäuft hämatolog. und aastrointestinale NW PM => verstärkte Wirkung/Nebenwirkung

Hydralazin Sulfasalazin Hydroxylierung

häufig

Favismus

selten

SuccinylÜberempfindlichkeit Porphyrie

selten

maligne Hyperthermie

sehr selten

selten

lsoenzyme aus Amitriptylin, dem Cytochrom Desipramin, P450-Komplex Clomipramin , lmipramin, u.a. Propafenon Flecainid Glukose-6phosphatDehvdroaenase atypische Cholinesterase

PM => höhere NW PM => höhere NW, proarrhvthmoaen schwere hämolytische Anämie

Paracetamol, Phenacetin, Primaquin, Saubohnen Succinylcholin prolongierte Apnoe nach Einmaidosis (=>Therapie: Nachbeatmung) Enzyme der Häm- Enzyminduktoren: Klinik variabel; akut: Synthese Barbiturate, abdominelle Schmerzen, Antikonvulsiva, neurologische und psychische Symptome östroaene defekter Caz+T riggersubstanzen: Therapie: Dantrolen i.v. c::> 6.1.5 Kanal am sarkolnhalationsnarkotika, plasmatischen Succinylcholin Retikulum

Tab. 1.17: Übersicht genetische Polymorphismen des Arzneimittelabbaus in der Leber. PM = poor metabolizer = schwacher Metabolisierer EM = extensive metabolizer = normaler Metabolisierer

Schnelle und langsame Acetylierer N-Acetyltransferasen inaktivieren u.a. lsoniazid (INH), Hydralazin, Procainamid, Nitrazepam und einige Sulfonamide durch Acetylierung. Genetischer Polymorphismus der N-Acetyltransferasen: es gibt zwei Formen, von denen eine bei langsamen Acetylierern fehlt oder vermindert gebildet wird. Unter den Mitteleuropäern sind ~ 50 %, unter Japanern und Chinesen ~ 90 % Schnellacetylierer. Klinische Bedeutung: Verlängerung der HWZ bei Langsamacetylierern Bspl.: Die HWZ von INH ist bei Langsamacetylierern verdreifacht.

1. Grundlagen - Pharmakodynamik

40

Glukose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel

Nach Gabe u.a. von Paracetamol, Phenacetin, einigen Antimalariamitteln, Nitrofurantoin, Sulfonamiden, Chloramphenicol sowie Genuß von Saubohnen ~ Favabohnen (Favismus) treten bei einem Teil von Mittelmeerbevölkerung, Afrikanern und Asiaten schwere hämolytische Anämien auf. Ursache: genetischer Polymorphismus mit Mangel an leistungsstarker Glukose-6-phosphatDehydrogenase. Dies führt wiederum zu reduzierter Synthese von reduziertem Glutathion, das die Erythrozyten vor Oxidationsschäden schützt. Durch die Auslöser entstehen oxidative reaktive Metaboliten, die bei Glukose-6-phosphatDehydrogenase-Mangel nicht entgiftet werden können und Erythrozyten schädigen: hämolytische Anämie mit Heinz' Innenkörperchen in den Erythrozyten. Atypische Pseudocholi nesterase

Suxamethonium (Succinylbischolin) wird durch die Pseudocholinesterase (~ Butyrylcholinesterase) in Succinylmonocholin und weiter in Cholin und Bernsteinsäure hydrolysiert. Bei angeborenem oder erworbenem Cholinesterasemangel (Lebererkrankungen) ist die Wirkdauer von wenigen Minuten auf Stunden verlängert. Das Merkmal der atypischen Pseudocholinesterase wird autosomal rezessiv vererbt. Häufigkeit :::: 1 : 2500. Cholinesterase bevorzugtes Vorkommen



Substrate

Butyrylcholinesterase Pseudocholinesterase) Plasma, Leber (Bildunasort) Suxamethonium, Acetvlcholin

c~

cholinerge Synapsen, neuromuskuläre Endolatte Acetylcholin

Tab. 1.18: Gegenüberstellung Cholinesterase und Pseudocholinesterase.

1.1.5

Abhängigkeitstypen

Mißbrauch: Einnahme einer Substanz ohne medizinische Indikation oder in überhöhter Dosierung. Psychische Abhängigkeit: unwiderstehliches Verlangen , eine Substanz zuzuführen, um eine psychische Wirkung zu erreichen Physische (:::: körperliche) Abhängigkeit: Entzugssymptome nach Absetzen , Dosisreduktion oder Anwendung eines spezifischen Antagonisten. Physische Abhängigkeit ist zumeist mit Toleranz und Dosissteigerung verknüpft (aber nicht umgekehrt). psychische Abhänaiakeit

physische Abhänaiakeit

Toleranz

+++

+++

+++

++

+++

++

++ +++

++ +

++

++

(+)

Cannabistyp

+

0

Halluzinogentyp

+

0

Abhänaiakeit vom Morphintyp Alkoholtyp Barbitu rattyp Kokaintyp Amphetamintyp

(+) +++ (+) +++

Tab. 1.19: Abhängigkeitstypen. ■

Anmerkung: zentral dämpfende Pharmaka (Benzodiazepine) zählen zum Barbiturattyp.

1.1.6

Rebound-Effekt

(engl. : Rückprall)

Bei einigen Pharmaka kann es nach abruptem Absetzen oder bei abruptem Wirkende zu einem entgegen gerichteten Effekt i.S. einer Gegenregulation des Körpers bzw. einer verstärkten Symptomatik kommen. - Betablocker: abruptes Absetzen kann zu Blutdruckanstieg, Tachykardie, Angina pectoris führen - Clonidin (a2-Agonist): Rebound-Hypertonie nach abruptem Absetzen - Diu retika: nach Wirkende Volumenretention infolge aktiviertem RAAS (v.a. bei Schleifendiuretika) - Benzodiazepine, Zopiclon et al. : nach Absetzen „Rebound-Insomnie", Angst, Unruhe=> Abhängigkeit Erläuterung der Phänomene und therapeutische Möglichkeiten siehe jeweilige Pharmaka.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

1.2

41

Pharmakokinetik Resorption

Pharmakokinetik

...

1

Speicherung 1

l~ I

Biotransformation

1

f 1~

Verteilung

•• •

1

,

Ausscheidung 1

1

Wirkort

Pharmakodynamik

J

pharmakologischer Effekt 1



Wirkung

Nebenwirkung / toxische Wirku ng 1

1

1

1-

Abb. 1.17

LADME

- das Dogma der Biopharmazie

Invasion (Anfluten)

- Liberation - A bsorption - Distribution

~ Freisetzung ~ Resorption ~ Verteilung ~

Elimination (Abfluten)

- Metabolismus - Exkretion

Biotransformation ~ Ausscheidung ~

1.2.1

,::;:

Membranpassage

Pharmaka können biologische Membranen auf unterschiedliche Weise permeieren:

Diffusion durch Lipidschicht

passive Diffusion lipophiler Moleküle durch die Lipidschicht einer Membran Energiequelle: Konzentrationsgradient

Diffusion durch Poren

passive Diffusion kleiner hydrophiler Moleküle durch die Poren einer Membran Energiequelle: Konzentrationsgradient

erleichterte Diffusion

erleichterte Diffusion mit Hilfe eines Carriers ;....+ (Bspl.. Aciclovir) Energiequelle: Wärmebewegung

aktiver Transport

aktiver Transport mit Hilfe eines Carriers ;....+ (Bspl.: tubuläre Sekretion) ............. Energiequelle: Stoffwechselenergie

Endozytose

__o..... ~'o a 0

Filtration

Pinozytose und Phagozytose größerer Moleküle (Bspl.: Botulinustoxin, Transferrin) Energiequelle: Stoffwechselenergie

Filtration kleiner hydrophiler Moleküle durch die Poren einer Membran (Bspl. glomeruläre ,,,,_....,....,,.r-,,,""""'""'.....,_,..rv"""" Filtration) ,_........,_ _,/'J....,..,,...,.._,_,._,, Energiequelle: hydrostatischer oder osmotischer Gradient

Abb. 1.18: Durchtrittsmöglichkeiten von Substanzen durch biologische Membranen.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

42

Diffusion: Transport von Molekülen vom Ort höherer Konzentration zum Ort geringerer Konzentration . Treibende Kraft dieses Konzentrationsausgleiches sind die thermischen Bewegungen der Moleküle (Fick'sches Gesetz). Verteilungskoeffizient: Größe zur Charakterisierung der polaren bzw. apolaren Eigenschaften. C org Verteilungskoeffizient (VK) = C aqua

Ein Pharmakon wird in ein System mit Wasser und ein mit Wasser nicht mischbares organisches Lösungsmittel (Oktanol) gebracht. Durch Schütteln stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Lipid- und Wasserphase ein, der Quotient der beiden Pharmakonkonzentrationen ergibt den Verteilungskoeffizienten. Je polarer bzw. hydrophiler eine Verbindung ist, desto kleiner ist ihr Verteilungskoeffizient und umgekehrt.

Diffusion durch eine Lipidmembran

1

Lipophile bzw. apolare Substanzen können durch Lipidmembranen gut diffundieren, hydrophile bzw. polare Stoffe kaum passieren können.

während

Die Diffusion durch eine Lipidmembran ist vom Verteilungskoeffizienten und vom lonisierungsgrad abhängig: Die Zunahme des Verteilungskoeffizienten begünstigt die Diffusion durch eine Lipidmembran. Schwache organische Säuren bzw. Basen diffundieren bevorzugt im nicht-ionisierten Zustand durch Lipidmembranen. Einen Anhaltspunkt dafür gibt der pK-Wert. Erklärung: Pharmakonsäuren werden bei wachsendem pH durch Dissoziation von H+ negativ, Pharmakonbasen mit abnehmendem pH durch Bindung von H+ positiv => die elektrische Ladung erhöht die Polarität des Moleküls und damit die Wasserlöslichkeit. Umgekehrt begünstigt der nicht ionisierte Zustand (schlechte Wasserlöslichkeit) die Diffusion durch Lipidmembranen (Abb. 1.19). Merke: bei Pharrnakonsäuren und -basen weisen die Verteilungskoeffizienten eine ausgeprägte pHAbhängigkeit auf. Bspl.: Kapillarendothel (transzellulär), Blut-Hirn-Schranke, Absorption aus dem Darm, tubuläre Rückresorption in der Niere Ionenfalle ,:::; ph-abhängige Verteilung eines ionisierbaren Pharmakons:

Magensaft Säure pKa = 3,0

l

pH 3,0

1 Teil nicht ionisiert Gleichgewicht 1:1

ll

1 Teil ionisiert insgesamt: 2 Teile

Gleichgewicht 1 : 1

Magenzelle (Blut) pH 7,0 1 Teil nicht ionisiert

lt

...,__ 10.000 Teile ionisiert insgesamt: 10.001 Teile

Abb. 1.19: Die meisten Pharmaka sind schwache Säuren oder Basen, deren Verteilung in andere Kompartimente (Diffusion durch Membranen) von der Ladung abhängig ist: die Ladung (Ionisation) mindert die Lipophilie und behindert dadurch die Membranpassage. Durch das Fliessgleichgewicht der nicht-ionisierten Substanz und der gehemmten Diffusion der ionisierten Substanz kommt es zu Ionenfalle: der überwiegende Teil des ionisierten Pharmakons (nicht membrangängig) reichert sich in einem Kompartiment an. Saure Pharmaka häufen sich im Kompartiment mit der niedrigeren H+-Konzentration an, basische Substanzen im Kompartiment mit der höheren H+-Konzentration. Bspl. (Abb. 1.19): Eine Säure wie Salicylsäure (pKa 3,0) ist bei einem pH von 3 im Magen zu 50 % ionisiert, während bei einem pH von 7 der überwiegende Anteil(> 99%) ionisiert(~ geladen ~ nicht membrangängig) vorliegt.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

43

Beachte: nur der nicht-ionisierte Anteil (ungeladen) ist membrangängig. Somit kumuliert die Substanz massiv in der Magenzelle. Polare Substanzen (ionisiert :::: geladen) sind nicht membrangängig und können nur schwer resorbiert und transportiert werden. Schwache Säuren häufen sich im Kompartiment mit geringerer Protonenkonzentration (basisch) an, schwache Basen kumulieren im sauren Kompartiment. Bedeutung des Ionenfallen-Prinzips (ion trapping) auch in der Pädiatrie (höherer Magen-pH bei Neugeborenen: bessere Resorption schwacher Säuren) oder in der Stillzeit (in leicht saurer Muttermilch kumulieren basische Pharmaka wie Betablocker oder Morphin). Diffusion durch eine Porenmembran Die Diffusion durch eine Porenmembran ist besonders von der Molekülgröße abhängig. Bspl.: Kapillarendothel (interzellulär), Placentaschranke Filtration Filtration : : : Passage von Lösungsmittel und gelösten Teilchen durch eine Porenmembran entlang eines hydrostatischen oder osmotischen Gradienten. Bspl.: glomeruläre Filtration

Verteilungsvolumen

1.2.2

Das Verteilungsvolumen eines Pharmakons ist eine fiktive Größe, die sich nach vollständiger Verteilung des Pharmakons aus folgender Beziehung ergibt: Menge (M) Verteilungsvolumen (V) Plasmakonzentration (C)

Umgekehrt entspricht die Menge (lnitialdosis) eines Pharmakons: Menge (M) = Plasmakonzentration (C) x Verteilungsvolumen (V) Das Verteilungsvolumen ist kein anatomisch physiologischer Raum, sondern eine Rechengröße, die bei lipophilen, sich im Fettgewebe anreichernden Substanzen ein Vielfaches des Körpervolumens betragen kann. Polare, hydrophile, vorwiegend auf das Plasma verteilte Substanzen weisen eher kleine Verteilungsvolumina auf, während apolare, lipophile, in Fett oder Lipidstrukturen gespeicherte Stoffe eher große Verteilungsvolumina besitzen. Einheit in Litern oder Liter/Kg. Im Extrazellulärvolumen verteilen sich die meisten apolaren Arzneimittel. Das Verteilungsvolumen ist eine Rechengröße, die die Verteilung eines Pharmakons aus dem Plasma in die Gewebe beschreibt. Bspl.: - lntravasalvolumen, Extrazellulärvolumen

1.2.3

Clearance

Clearance :::::: fiktives Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit vom Pharmakon gänzlich befreit wird . Einheit: ml/min. Die Clearance entspricht dem Quotienten aus verabreichter Dosis (D) und der Fläche unter der Blutspiegelkurve (:::: AUC : : : area under the curve). Dosis (D) Clearance (Cl) = AUC Die Clearance ist ein Maß für die Eliminationsleistung; die beiden wichtigsten Eliminationsorgane sind Niere und Leber.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

44

Kinetische Modelle

1.2.4

Kompartjment ~ ein für ein Pharmakon homogener Verteilungsraum . Ein-Kompartiment-Modell

Im offenen Ein-Kompartiment Modell nimmt die Pharmakonkonzentration in Folge von Metabolismus und/oder Ausscheidung ab, nicht aber aufgrund der Diffusion in ein anderes Kompartiment. Der Plasmaspiegel eines injizierten Pharmakons sinkt fast immer gemäß einer Kinetik 1. Ordnung ab, wobei die Eliminationsgeschwindigkeit der jeweiligen Konzentration proportional ist. In halblogarithmischer Darstellung ist der Kurvenverlauf eine Gerade. Mathematisch besteht eine einfache Exponentialfunktion. log Konzentration (C ) rasche Injektion log Co Kompartiment

C = Co

e -ke l

Elimination

t Abb. 1.20: Ein-Kompartiment-Modell. C0 :::::: Anfangskonzentration, ke : : : Eliminationskonstante Zwei- und Mehr-Kompartiment Modelle

Bei vielen Pharmaka sind angesichts der komplexen Verteilungs- und Ausscheidungsvorgänge Zwei- und Mehr-Kompartiment-Modelle erforderlich. Das Pharmakon wird in das zentrale Kompartiment (lntravasalraum) injiziert, verteilt sich in ein peripheres Kompartiment und wird gleichzeitig aus dem zentralen Kompartiment ausgeschieden. In der Plasmaspiegelkurve sind zu unterscheiden: - a-Phase : : : initialer Verteilungsprozeß zwischen den Kompartimenten - ß-Phase : : : terminale Elimination des Pharmakons aus dem Körper Mathematisch entspricht der Kurvenverlauf einer biexponentiellen Gleichung. log Konzentration (C)

rasche Injektion

ß-Phase

zentrales Kompartiment

peripheres Kompartiment

Elimination \

' ex-Phase Verteilung

Elimination

\

\ \

t

Abb. 1.21: Zwei-Kompartiment-Modell.

Elimination nach der Kinetik nullter und erster Ordnung

Enzymatisch katalysierte Reaktionen laufen wie "gewöhnliche" Reaktionen nach dem Massenwirkungsgesetz ab: die Reaktionsgeschwindigkeiten werden von den molaren Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer bestimmt.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

Kinetik nullter Ordnung

s::,j

45

Sättigungskinetik (c> Abb. 1.22 )

Das Enzym ist mit Substrat gesättigt und die Reaktion läuft mit konstanter Geschwindigkeit (unabhängig von der Substratkonzentration) ab , d.h. die Plasmakonzentration fällt kontinuierlich ab. Bei geringen Konzentrationen kommt es zum Übergang in eine Kinetik erster Ordnung. Merke: Kinetik nullter Ordnung bedeutet, dass pro Zeiteinheit eine konstante Menge eliminiert wird .

Kineti k erster Ordnung (i=> Abb. 1.22) Die Umsetzungsgeschwindigkeit ist direkt proportional zur Substratkonzentration, d.h. die Plasmakonzentration fällt zunächst rasch und mit abnehmender Konzentration immer langsamer ab. Merke: Kinetik erster Ordnung bedeutet, dass pro Zeiteinheit ein konstanter Anteil (keine konstante Menge) eliminiert wird. Gewöhnlich entspricht die Elimination von Pharmaka der Kinetik erster Ordnung, da die üblicherweise vorkommenden Plasmakonzentrationen niedrig sind. Hingegen werden nach der Kinetik nullter Ordnung eliminiert: Äthanol , höhere Dosen von ASS, Phenytoin.

Kinetik nullter Ordnung

Kinetik erster Ordnung

Konzentration

lineare Darstellung

Konzentration

Übergang in Kinetik 1. Ordnung

!

t

t

log Konzentration

log Konzentration

semilogarithmische Darstellung

t

t HWZ

verkürzt sich abhängig von Konzentration

konstant

Elimination

konstant (gesättigter Abbau)

konzentrationsabhängig (ungesättigter Abbau)

Abb. 1.22: Kinetik 0. Ordnung und 1. Ordnung. Merke: Normalfall ist die Kinetik 1. Ordnung.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

46

1.2.5

1

Halbwertszeit (HWZ)

Plasma-Halbwertszeit ;;::, Zeitspanne, in der die Pharmakonkonzentration im Plasma im Vergleich zum Ausgangszeitpunkt um die Hälfte abgenommen hat.

Konzentration

1

In 2 t 112

0.693

-

=

ke

ke

0,5

.

0 0.5 1.0 2.0 3.0 4.0

0 ,25 0, 125

Blutkonzentration ausgeschieden

Zeit X X X X X X

t112 t1,2 t1,2 h,2 t112 t1,2

1.0 0.71 0.5 0.25 0.125 0.0625

.

0% 29,3 % 50 % 75 % 87,5 % 93,75 %

Abb. 1.23: graphische Darstellung der HWZ und Wertepaare einer exponentiellen Pharmakonelimination (ke ;:;:: Eliminationskonstante ). Die HWZ ist in der Regel eine für ein bestimmtes Pharmakon dosisunabhängige Größe. Der exponentiellen Pharmakonelimination liegt eine Kinetik erster Ordnung zugrunde (~ Abb. 1.22). Ausnahme: bei Verabreichung hoher Dosen kann die Pharmakonelimination von der Kinetik erster Ordnung auf die Kinetik nullter Ordnung übergehen=> HWZ nimmt zu. Bspl.: Äthanol klinische Bedeutung: - Die HWZ läßt bei einigen Pharmaka die Wirkungsdauer abschätzen. - Ein Pharmakon ist nach 4 HWZ zu > 90 % eliminiert. - im Zwei-Kompartiment-Modell Unterscheidung in ex.- und ß-HWZ: - cx.-HWZ: HWZ des cx.-initialen Verteilungsprozesses zwischen den Kompartimenten - ß-HWZ: HWZ der terminalen Elimination des Pharmakons Die ß-HWZ ist in der Regel die therapeutisch relevante HWZ. -

Faustregel: unabhängig von Dosis und Dosierungsintervall ist die Plateaukonzentration bei repetitiver Dosierung zu > 90 % nach 4 HWZ erreicht. Merke: nach 4 HWZ ist die Plateaukonzentration zu> 90 % erreicht. Bspl.: Bei täglicher Einnahme von Medikamenten mit langer HWZ (HWZ Digitoxin ~ 7 d) ist das Steady-state-Plateau nach 2 Wochen noch lange nicht erreicht (nicht durch die tägliche Einnahme täuschen lassen !). Damit dauert auch bei Änderungen der Erhaltungsdosis die Einstellung des neuen Gleichgewichts 4-5 HWZ, d.h. erst nach 4-5 HWZ kann die Auswirkung einer Dosisänderung endgültig beurteilt werden.

Invasion und Elimination (Evasion) von Pharmaka laufen simultan ab. Die Bateman-Funktion beschreibt den globalen Kurvenverlauf der beiden Exponentialfunktionen von Invasion und Elimination. Konzentration Invasion .. ········································· . ~

.•. ••

..

••

·-... .....•·· •• • ,: .. .. •• • ••

.:.

•••

.

.. -· ••



......... ....... . ······· .• ... •••······

♦•

•••••

........

Bateman-Funktion ·············

Abb. 1.24: Bateman-Funktion

·········· ···············

················· ······················

Elimination

t

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

47

Wiederholte Gabe von Pharmaka

-

-

Zumeist werden Pharmaka nicht kontinuierlich, sondern durch wiederholte Gaben von Einzeldosen verabreicht. Die dann zu erwartenden Substanzkonzentrationen hängen von Dosishöhe, Dosierungsintervall und Eliminations-HWZ ab. Je kleiner das Dosierungsintervall (bei gleicher Tagesdosis), um so geringer die Schwankungen der Plasmakonzentration, und umgekehrt. Konzentration

Steady state C Q)

C 0

....ro ....::, ~

::, LL

- Bei zahlreichen Pharmaka wird als Dosierungsintervall die durchschnittliche HWZ gewählt. Der Serumspiegel (blau als mittlere Konzentration, rot als Plasmakonzentration mit Fluktuationen) kumuliert zunächst rasch, dann langsamer und geht (nach : : : 4-5 HWZ) in eine neue Gleichgewichtseinstellung (:: : : steady state) über. - Merke: Steady State nach 4-5 HWZ. Die Zeit bis zum Steady State ist unabhängig von der Dosis. Die Steady-State-Konzentration ist von Dosis und Dosierungsintervall abhängig.

Zeit (Mehrfaches der Eliminations-HWZ)

1

2

3

4

• •••• Konzentration • : ·~ : ~

1

.... . ..- -.• . . .. .... . •• • • "•• •• •• •• •••• ••

• •• ••••••• • • ••• ••• • •• •• •• • •• ••••

5

•• •• •• •• •



2

• ••

....

••

I

••

, 1

1.2.6 -

1"""'

I ,1

2

',

'

I

Bei zahlreichen Pharmaka wird als Dosierungsintervall die durchschnittliche HWZ gewählt (Kurve 2). Der Serumspiegel kumuliert zunächst rasch, dann langsamer und geht (nach ::: 4-5 HWZ) in eine neue Gleichgewichtseinstellung(:: : : steady state) über. Bei halbiertem Dosierungsintervall und gleichbleibender Dosis deutliche Kumulation mit Gefahr der Überdosierung (Kurve 1). Bei verdoppeltem Dosierungsintervall nur geringe Kumulation mit möglicher Unterdosierung (Kurve 3) .

''

I

4

Abb. 1.25a: Plasmakonzentration bei wiederholter Gabe (Ein-Kompartiment-Modell) .

3 · zeit (Mehrfaches der Eliminations-HWZ)

3

- Fluktuationen (Spiegelschwankungen) sind proportional zu Dosisintervall bzw. HWZ.

5

Kumulation

Abb. 1.25b: Plasmakonzentration bei wiederholter Gabe einer gleichbleibenden Dosis D in unter-schiedlichen Dosierungsintervallen.

~

Anhäufung

Kumulation : : : Zunahme der Substanzkonzentration bei wiederholter Gabe Kumulation tritt auf, wenn die pro Applikation zugeführte Menge größer ist als die im Applikationsintervall eliminierte Menge (Dosierungsintervall < Eliminations-HWZ)

Je länger die HWZ, umso größer das Kumulationsrisiko. -

klinische Bedeutung, wenn Kumulationsneigung bereits bei 1-2-maliger Gabe pro Tag besteht. Bspl.: Phenobarbital, Digitoxin, einige Benzodiazepine.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

48

1.2.7

Resorption Bioverfügbarkeit

Die Bioverfügbarkeit beschreibt, in welchem Umfang und welcher Geschwindigkeit ein Pharmakon resorbiert wird und im systemischen Kreislauf erscheint (wobei die Geschwindigkeit der Resorption zumeist von geringerer Bedeutung ist). Laut Definition ist ein Pharmakon bei i.v.-Gabe zu 100 % "bioverfügbar". Bioverfügbarkeit :::: der in den allgemeinen Kreislauf gelangte Anteil einer nicht i.v.- verabreichten Dosis. Graphisch: Die Fläche unter der Blutspiegelkurve (AUC "' area under the curve) ist proportional zur in den allgemeinen Kreislauf, bzw. in das Meßkompartiment gelangten Menge. Durch Division mit der nach i.v.-Gabe erhaltenen AUC;v ergibt sich die Bioverfügbarkeit.

Konzentration

1 2

t

Abb. 1.26: Plasmaspiegel nach i.v.-Gabe und z.B. oraler Gabe. Die Fläche unter Kurve 2 ist halb so groß wie die Fläche unter Kurve 1 => Bioverfügbarkeit der oralen Form von 50 %.

Bioäquivalenz Bioäquivalenz von zwei Pharmaka beinhaltet eine Angleichung der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurven (sowohl maximale Plasmakonzentration wie auch AUG :::::: area under the curve), dass mit Unterschieden in Wirkung bzw. Nebenwirkung nicht zu rechnen ist. In praxi gelten Arzneimittel (Original und Generikum) als bioäquivalent, wenn die AUG des Vergleichspräparats im Bereich von 80 bis 125 % der AUG des Ausgangspräparates liegt. Anmerkung: Am Beispiel von Original und Generikum unterscheiden sich die AUG um maximal - 20 % bis + 25 %, beim Vergleich zweier Generika (wenn Generikum 1 mit 80 % der Original-AUG, Generikum 2 mit 125 % der Original-AUG) kann die Differenz theoretisch 45 % betragen. Merke: Bioäquivalenz impliziert gleiche Plasmakonzentrations-Zeit-Kurven von Pharmaka, in praxi dürfen sich Original und Generikum um + 20 % unterscheiden, ungünstigenfalls können 2 Generika eine Differenz von 40 °/4 aufweisen. Bei Austausch wirkstoffgleicher Präparate sind trotz "Bioäquivalenz" bedeutsame Unterschiede in Wirkung und Nebenwirkung möglich.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

49

Übersicht Applikationswege von Pharmaka Applikation

Charakteristika/Beispiele

oral (p.o.)

- EB häufigste Applikationsform von Pharmaka - 0 nicht für alle Pharmaka (wie z.B . Peptide) geeignet - 0 First-pass-Mechanismus und Absorptionshindernisse im Gastrointestinaltrakt mindern die Bioverfüabarkeit - EB Umgehung des Pfortaderkreislaufes, damit kein first-pass-Effekt - EB wenn orale Einnahme nicht toleriert wird (Pädiatrie, bei Übelkeit/Erbrechen, psychisch Kranke) - 0 schlecht dosierbar und steuerbar - lipophile Stoffe können transdermal resorbiert werden , hydrophile und höhermolekulare Substanzen hingegen kaum - lokal aufgetragen (Dermatologie) - s~stemisch als transdermales therageutisches S~stem ~ TTS: geregelte Abgabe eines Pharmakons aus einem Reservoir über eine permeable Membran - EB einfach, TTS mit Depoteffekt - 0 schlechte Resorption, Wirkungseintritt erst nach lokaler Gewebesättigung, nach Pflasterentfernung weitere Resorption aus Hautreservoir - Bspl.: Nitrate (Nitro-Pflaster ~ 2.2.3), Fentanyl (Fentanyl-Pflaster ~ 7.2.4.3) und Estradiol (~ 17.1.2) - EB nichtinvasive Gabe von Peptiden (ADH u.a. Hormone) - EB Notfallmedizin: Gabe einiger i.v.-Pharmaka (Naloxon, Midazolam) mittels Zerstäuber (wenn kein i.v.-Zugang verfügbar) - 0 schlecht dosierbar - Bspl.: ADH bei Diabetes insipidus, Rauschmittel zur Vermeidung von i.v.-lnjektionen , Nasentroofen (cx-Mimetika bei Säualinaen mit Gefahr svstemischer NW) - EB rasche Resorption (vorteilhaft im Notfall), kein first-pass-Effekt - 0 schlecht dosierbar - Bspl.: Nitrate, Lorazepam, Fentanyl - EB gut steuerbar - grundsätzlich langsame i.v.-lnjektion (Ausnahme Adrenalin bei der CPR, Adenosin) - arterielle Zugänge kennzeichnen, um versehentliche i.a.-Gabe zu vermeiden - Bspl.: Kontrastmittel bei Anaioaraphien , selektive Gabe von Zytostatika - EB Depoteffekt - 0 schlecht steuerbar, aus Depot nicht entfernbar - Bspl.: Insulin, Heoarin, lmofunaen - EB Depoteffekt - 0 schlecht steuerbar, aus Depot nicht entfernbar - Injektion in M. deltoideus oder Oberschenkel (Injektion in Gesäß ist out) - Bsol.: lmnfunaen, Dauermedikation (Deootneuroleotika , Deootantideoressiva) - EB rasches Anfluten - fast wie intravenös - 0 Infektionsgefahr, Technik (Tibiavorderkante) - Bsnl.: Notfallmedizin/Lebensbedrohuna bei nicht rasch verfüabarem i.v.-Zuaana - EB rasche Resorption; Narkosegase: gut steuerbar - 0 Aerosole/Sprays bei Asthma/COPD: schlechter steuerbar, Verschlucken des Wirkstoffs (ie kleiner die Aerosoltröofchen, umso tiefer drinaen sie in das Atemweassvstem ein)

rektal

transdermal

Cl)

:l

:m .s::

·-E

-.s:: Cl)

(,J

cn 'O

nasal

C:

~ 1

:l CV

J:

buccaJ

intravenös (i.v.)

-

CV '-

Cl)

intraarteriell (i.a.) subcutan (s.c.)

C: Cl)

'CV

C.

intramuskulär (i.m.) intraossär (i.o.) inhalativ

Übersicht Applikationswege.

EI)

günstig

0 ungünstig

Zufuhr durch Injektion -

intravenös: - die i.v.-lnjektion ist im Vergleich zu s.c.- und i.m.-lnjektionen durch raschen Wirkungseintritt und rasche Wirkungsbeendigung charakterisiert

I

Resorptionsgeschwindigkeit: s.c. < i.m. < i.v.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

50

- die i.v.-Gabe ist für Pharmaka mit starker lokaler Reizwirkung vorzuziehen (Gabe ggfs. über zentralen Venenkatheter). i.v.-Pharmaka dürfen nicht ohne weiteres auch s.c. oder i.m. injiziert werden.

1

-

subcutan, intramuskulär: - Resorption ist erheblich durchblutungsabhängig; daher keine bestehendem Schock, da die Pharmaka kaum resorbiert werden

s.c-./i.m.-lnjektionen

bei

keine i.m.- oder s.c.-lnjektionen im Schock - Pharmaka müssen für s.c.- oder i.m.-Gabe deklariert sein, denn schon geringe Abweichungen von lsotonie oder pH sind gewebsschädigend. Umgekehrt dürfen Depotpräparate, die Suspensionen fester Teilchen oder ölige Lösungen enthalten, niemals intravenös oder gar intraarteriell injiziert werden, da Mikroembolien drohen. Deshalb bei der i.m.-lnjektion aspirieren, um eine versehent-liche intravasale Injektion auszuschliessen. s.c.- oder i.m.-Pharmaka dürfen nicht ohne weiteres auch i.v. injiziert werden .

Orale Zufuhr Bioverfügbarkeit ::::: der in die systemische Zirkulation gelangte Anteil einer oral verabreichten Dosis.

Mechanismen, die die orale Bioverfügbarkeit vermindern können

Pharmakon in Tablette

Magen-DarmInhalt



Darmwand

-

Leber

~ ~

nichtgelöstes Pharmakon

nichtabsorbiertes Pharmakon

Bioverfügbarkeit

• durch first-passEffekt eliminiert

Abb. 1.27 -

unvollständige / zu langsame Lösung in Magen- bzw. Darminhalt: Um absorbiert zu werden, muß ein Pharmakon in gelöster Form vorliegen.

Merke: eine Pharmakonsäure ist im sauren Milieu eher schlecht, im neutralen oder alkalischen Milieu dagegen gut löslich. Ungelöste Reste von Pharmakonsäuren können im Magen Unverträglichkeiten bis hin zu Mikroerosionen verursachen (Bspl.: Acetylsalicylsäure [ASS]). Daher sind ASS-Brausetabletten mit in einem Puffergemisch bereits gelöster ASS besser verträglich und rascher wirksam. Umgekehrt beinhaltet ein saures Magenmilieu gute Löslichkeit von Pharmakonbasen. Bspl. : das basische Antibiotikum Tetracyclin. Damit kann aber alles, was eine Erhöhung des Magen-pH bedingt, zur Verminderung der Tetracyclinbioverfügbarkeit führen. -

unvollständige Resorption des gelösten Wirkstoffs: - Permeation durch Darmepithelien: es gelten die Gesetzmäßigkeiten der Diffusion durch Lipidmembranen.

Ausgeprägt hydrophile bzw. polare Pharmaka passieren die Darmwand nicht oder nur schlecht. Bspl.: Muskelrelaxantien, Aminoglykoside - Schnelligkeit der Magen-Darm-Passage: Je unvollständiger die Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt und je kürzer der resorbierende Darmanteil, desto bedeutsamer ist die Beschleunigung (verminderte Resorption) oder Verzögerung (erhöhte Resorption) der Magen-Darm-Passage.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik -

51

first-pass-Effekt ::::: Anteil des Pharmakons, der bei der ersten Passage der Schleimhaut von MagenDarm-Trakt metabolisiert oder von der Leber aus dem Pfortaderblut "extrahiert" wird.

first-pass-Effekt ::::: Wirkungsverlust bei Erstpassage durch Darmwand u/o Leber. Bspl.: - Wirkungsverlust in der Darmwand: Adrenalin, Noradrenalin, lsoprenalin, Terbutalin, L-Dopa - hepatischer first-pass-Effekt: Propranolol, Glyceroltrinitrat, Morphin, Lidocain, tricyclische Antidepressiva Der hepatische first-pass-Effekt ist wesentlich von der Leberfunktion abhängig, d.h. bei Lebererkrankungen ist die Bioverfügbarkeit von Pharmaka, die einem first-pass Metabolismus unterliegen, erhöht. Umgekehrt kann die Bioverfügbarkeit bei beschleunigtem hepatischen Stoffwechsel (z.B. durch Enzyminduktion) vermindert sein. Da der first-pass-Effekt inter- und intraindividuell stark variieren kann, besteht eine große Streuung der Bioverfügbarkeit. Die Ursache ist eine variable Pharmakonkonzentration in der Leber während der Absorptionsphase. Der first-pass-Effekt kann durch parenterale, sublinguale oder rektale Gabe umgangen werden. -

modifizierte Freisetzung des Wirkstoffs: - Retardpräparate (synonym: SR ~ slow release, ER/XR ::::: extented release): verzögerte Wirkstoffabgabe: längere und gleichmässigere Wirkung - keine Tablettenteilung bei Tablettenüberzug oder osmotischem System (OROS ::::: osmotic controlled release oral-delivery system), da sonst die gesamt Wirkstoffmenge freisetzt wird - ZOK (zero order kinetics) steht für eine gleichmässige Wirkstoffabgabe über die Zeit - SL (schnell/langsam) bedeutet eine zweiphasige Freisetzung mit initial rascher Aufsättigung und dann langsamer Freisetzung - MUPS (multiple units pellet system) zerfallen im sauren Magen in kleine Pellets, die wegen der geringen Größe rasch in den Darm gelangen und dort resorbiert werden

1.2.8

Verteilung Organdurchblutung

-

Nach i.v.-Gabe verteilt sich ein Pharmakon initial in die am stärksten durchbluteten Organe, gefolgt von einer Umverteilung in die weniger gut durchbluteten Gewebe. Weisen die geringer perfundierten Gewebe eine größere Speicherkapazität für das Pharmakon auf, kann die Umverteilung zur Wirkungsbeendigung führen (ohne bislang bedeutsame Pharmakonelimination) Bspl. : i.v.-Anästhetika (c> 6.3.2)

Plasmaproteinbindung

-

Pharmaka binden in unterschiedlichem Ausmaß an Plasmaproteine. Die Plasmaproteinbindung ist reversibel und erfolgt an: - überwiegend Albumin (> 50 %): orale Antikoagulantien, orale Antidiabetika, nicht-steroidale Antirheumatika - a1-Globuline: Chinidin, Propranolol, Schilddrüsenhormone Nach allgemeiner Auffassung sind an Plasmaproteine gebundene Pharmaka unwirksam: sie verbleiben intravasal und können weder metabolisiert noch ausgeschieden werden. Pharmakologisch wirksam ist der freie Anteil, der proteingebundene Pharmakonanteil ist unwirksam.

-

Einige Pharmaka können die Plasmaproteinbindungsstellen bereits in therapeutischer Dosierung absättigen.

-

Lipophile Pharmaka binden stärker an Plasmaproteine als hydrophile Pharmaka.



52 -

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

Die Vorstellung , daß allein gegenseitige Verdrängung von Pharmaka aus der Plasmaproteinbindung zu einem erhöhten freien Pharmakonanteil mit klinisch bedeutsamer Wirkungsverstärkung führt, wird erheblich überbewertet. Begründung: Eine Erhöhung des freien Anteils geht nach dem Prinzip der Elimination erster Ordnung mit einer erhöhten Elimination einher. Zudem erhöht sich für den aus der Plasmaproteinbindung verdrängten freien Anteil das Verteilungsvolumen (zusätzlich mindestens der Extrazellulärraum). Daher besteht nur vorübergehend eine erhöhte freie Konzentration. Bspl.: Bilirubin kann beim Neugeborenen durch Sulfonamide aus der Proteinbindung verdrängt werden und einen Kernikterus verursachen. Die gegenseitige Verdrängung von Pharmaka aus der Plasmaproteinbindung erscheint verständlich, die klinische Bedeutung (als alleiniger Mechanismus einer Wirkungssteigerung) ist aber zumeist gering.

-

Bedeutsame Wechselwirkungen: Wirkungsverstärkung von oralen Antikoagulantien (Blutungsneigung) und oralen Antidiabetika (Hypoglykämieneigung) bei gleichzeitiger Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika (Paradebeispiel Phenylbutazon). Mechanismus: Verdrängung aus der Plasmaproteinbindung und verminderte Ausscheidung von Antikoagulantien/Antidiabetika (Clearance herabgesetzt).

-

Bei Hypalbuminämie und Urämie ist die plasmatische Proteinbindungskapazität für Pharmaka deutlich herabgesetzt, es resultiert ein erhöhter freier Pharmakonanteil mit Wirkungsverstärkung. Blut-Hirn-Schranke

1

Die Verteilung von Pharmaka, hydrophil oder lipophil, erfolgt zwischen Blutplasma und Interstitium innerhalb weniger Minuten. Die Diffusion von hydrophilen Substanzen erfolgt durch Poren und von lipophilen Substanzen durch Lipidmembranen. Die Blut-Hirn-Schranke ist eine physiologische Barriere zwischen Blutkreislauf und ZNS und ist funktionell eine Lipidmembran: sie gewährleistet für das ZNS u.a. ein stabiles Milieu (pH, Elektrolyte), schützt vor im Kreislauf zirkulierenden Neurotransmittern und ist für Pathogene, Leukozyten und Antikörper weitgehend undurchlässig.

Die Blut-Hirn-Schranke wird im wesentlichen von kapillären Endothelzellen und deren festen Zell-ZellVerbindungen (tight junctions) gebildet und verhält sich funktionell wie eine Lipidmembran: lipophile bzw. apolare Stoffe können die Blut-Hirn-Schranke gut, hydrophile bzw. polare Substanzen hingegen schlecht passieren. Für einige hydrophile Substanzen, wie Glukose und Aminosäuren, bestehen aktive Transportmechanismen. Klinische Beispiele zur Blut-Hirn-Schranke: - quaternäre Stickstoffverbindungen sind nicht ZNS-gäng ig: - das Parasympatholytikum Butylscopolamin (Buscopan®) weist im Gegensatz zu Scopolamin (tertiärer Stickstoff) keine zentralen Wirkungen auf. - die Cholinesterasehemmer Neostigmin und Pyridostigmin sind im Gegensatz zu Physostigmin (tertiärer Stickstoff) nicht ZNS-wirksam. - L-Dopa-Gabe beim M. Parkinson (q 11.2.3): da Dopamin die Blut-Hirn-Schranke nur schlecht passieren kann, wird das als Aminosäure aktiv ins ZNS transportierte Prodrug L-Dopa verabreicht. Im ZNS wird L-Dopa in das wirksame Dopamin decarboxyliert. - periphere Decarboxylasehemmer beim M. Parkinson (q 11.2.3): bei alleiniger L-Dopa-Gabe werden 90 % in der Peripherie, aber nur :::: 1O % im ZNS zu Dopamin decarboxyliert. Die nicht ZNS-gängigen Decarboxylasehemmer Carbidopa und Benserazid verhindern die unerwünschte Umwandlung von LDopa zu Dopamin in der Körperperipherie. - Bei Meningoenzephalitis kann Penicillin (trotz fehlender ZNS-Gängigkeit beim Gesunden) verwendet werden, da die Blut-Hirn-Schranke unter pathologischen Bedingungen permeabel wird. Transportproteine

Der Transport von Pharmaka über zelluläre Barrieren erfolgt durch Transportproteine: - Transportproteine vom SLC-Typ (Salute-Carrier): Transport zahlreicher ionischer und ungeladener endogener Substrate und Fremdstoffe (z.B. Pharmaka) nach intra- und extrazellulär - Transportproteine vom ABC-Typ (ATP-binding cassette transporters): Transport von intrazellulär nach extrazellulär bzw in das Lumen von Eliminationsorganen wie Niere oder Leber. Ein wichtiges ABC-Transportprotein ist ABCB1 ~ P-Glykoprotein ~ P-gp, dass interessanterweise in denselben Zellen wie das Stoffwechselenzym Cytochrom-P-450-3A4 (CYP 3A4) vorkommt und beide Proteine größtenteils identische Substrate, Induktoren und Inhibitoren aufweisen. Klinische Bedeutung: Interaktionen zwischen Pharmaka bei Konkurrenz um denselben Transporter mit limitierter Transportkapazität: z.B. konkurriert Digoxin mit Propafenon oder Verapamil.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

Genbezeichnung Proteinbezeichnun~ SLC21 organic anion-transporter

SLC22 organic anion/cationtransporter (OAT, OCT)

ABCB1 MDR1 (multidrug resistance protein 1) P-gp (P-Glykoprotein)

ABCC1

Niere, Leber Leber, Darm, Niere,

Gehirn

ubiquitär

MRP1 (multidrug resistance-associated orotein 1)

ABCC2 MRP1 (multidrug resistance-associated protein 2)

physiologische Funktion, Pharmaka als Substrate, Besonderheiten

Expressionsort Leber

Leber, Niere, gastrointestinal

53

-

physiologisch: Gallensäuren Substrate: T3/T4, Pravastatin physiologisch: organische Ionen Substrate: Penicillin, Verapamil

- physiologisch: natürliche Entgiftung von Fremdstoffen - Substrate: Zytostatika (Doxorubicin, Etoposid, Vincristin), Calciumantagonisten (Verapamil , Diltiazem), NOAK Dabigatran, HIV-Proteaseinhibit. (lndinavir, Ritonavir), Immunsuppressiva (Ciclosporin, Tacrolimus), Digoxin, Erythromycin, Terfenadin - MDR1 wird auch in Tumorzellen gebildet, kann die intrazelluläre Zytostatikakonzentration senken => Resistenz - physiologisch: Leukotrien C4 Sekretion von Leukozyten - Substrate: Methotrexat, Saquinavir, Sulfate, Vincristin - physiologisch: Exkretion von glucuronidiertem Bilirubin in die Galle - Substrate: Methotrexat, Statine, Angiotensin-II-Blocker, lndinavir, Ritonavir

Tab. 1.19a: wichtige Transportproteine.

Biotransformation

1.2.9

Die Biotransformation erfolgt durch membrangebundene Enzyme im endoplasmatischen Retikulum v.a. in der Leber, aber auch in Niere, Lunge, Intestinum und anderen Organen. Lipophile Substanzen können die Lipidmembranen passieren und werden in entsprechend hohem Maß durch intrazelluläre Enzymsysteme metabolisiert. Bei einem Großteil dieser biochemischen Umwandlungsprozesse wird die Wasserlöslichkeit gebessert und damit die renale Ausscheidung der Pharmaka (bzw. ihrer Metaboliten) begünstigt. Die Enzymsysteme unterscheiden jedoch nicht zwischen nützlichen und schädlichen Reaktionen . Das Endprodukt kann: - weniger wirksam sein (:::::: Entgiftung) (Bsp 1.: Barbiturate => Hydroxybarbiturate) - erst den eigentlichen Wirkstoff darstellen (Substrat : : : Prodrug) (Bspl.: Molsidomin => SIN 1 A, L-Dopa => Dopamin) - zum eigentlichen Schadstoff aktiviert werden (:::::: Giftung) (Bspl.: Parathion => Paraoxon) Biotransformation ist keine allgemeine Schutzreaktion im Sinn einer Entgiftung. Anmerkung : Prodrugs (Vorstufen) sind selbst biologisch weitgehend inaktiv und werden im Organismus in die aktive Form umgewandelt.

Phase-1- / Phase-11-Reaktionen Die Biotransformation wird in Phase-I- und Phase- II-Reaktionen unterteilt: - In Phase-I entsteht aus dem Ausgangsstoff durch Oxydation, Reduktion oder Hydrolyse ein polarer Metabolit. - In Phase-II werden die Ausgangssubstanz oder der polare Metabolit an Glukuronsäure, Schwefelsäure, Acetat, Aminosäuren oder Gluthation gebunden(:::::: Konjugationsreaktion). Beachte: Konjugationsreaktionen können sich an Phase-I-Reaktionen anschließen oder primär erfolgen.

Phase 1 Pharmakon

Abb. 1.28

Oxidation Reduktion Hydrolyse

Phase II

Konjugation mit Glukuronsäure (Glukuronidierung) Schwefelsäure (Sulfatierung) Essigsäure (Acetylierung) Aminosäuren Glutathion

1

54

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

Oxidation (~ Hydroxylierung) Zu den Oxidasen zählen: Cytochrome P450 , Peroxidasen, Monoaminooxidase, Alkoholdehydrogenase, Aldehyddehydrogenase. Cytochrome P450 ::::; mischfunktionelle Oxygenasen ::::; Monooxygenasen sind v.a. im endoplasmatischen Retikulum der Leber (aber auch im Darm) lokalisiert und damit nur von membrangängigen Substanzen zu erreichen.

Cytochrome P450 oxidieren Pharmaka unter Beteiligung von NADPH und 0 2. Das eine Sauerstoffatom wird zur Oxydation des Substrates verwendet, das andere unter Bildung von H2O reduziert: XH + NADPH + H+ + 0 2

- --



XOH + NADP+ + H2O

Bspl: Barbiturate, Phenacetin, Ephedrin, Parathion Merke: Cytochrome P450 sind die wichtigsten Katalysatoren bei der Biotransformation von Arzneimitteln. Es handelt sich um eine Gruppe von Enzymen, die in Phase !-Reaktionen den Einbau von 0 2 in lipophile Substrate katalysieren (Oxidation). BESONDERHEITEN: Bislang werden 12 Cytochrom-P450-Genfamilien des Menschen unterschieden, wobei oft eine Reihe von unterschiedlichen Cytochrom P450-Enzymen in ein und derselben Zelle existiert. Die CytochromP450 1-, 2-, 3-Famil ien (CYP1, CYP2 , CYP3) kodieren die Enzyme, die an der Mehrzahl aller Biotransformationsreaktionen von Arzneimitteln beteiligt sind. Die übrigen Cytochrom P450-Familien sind für die Metabolisierung von endogenen Verbindungen wie Steroiden und Fettsäuren wichtig. Es besteht eine niedrige Substratspezifität der Cytochrom-P450-Enzyme, wobei zwei oder mehr Enzyme oft dieselbe Reaktion katalysieren. CYP3A4 ist an der hepatischen Biotransformation der meisten Pharmaka beteiligt; zudem Metabolisierung von Arzneimitteln im Magen-Darm-Trakt, was die schlechte Bioverfügbarkeit zahlreicher Pharmaka erklärt.

Der Arzneimittelstoffwechsel am Cytochrom-P450-System hat große klinische Bedeutung: - große interindividuelle Unterschiede in Enzymausstattung/-aktivität - Beeinflußbarkeit durch Pharmaka: Hemmbarkeit eines lsoenzyms (Inhibition), lnduzierbarkeit eines lsoenzyms (Induktion)

CYP-

Substrate (Auswahl)

Induktoren

Inhibitoren

Spezies

CYP2C

CYP2D6

1

CYP3A4

- ZNS-Phannaka: u.a. Diazepam, Phenytoin, Hexo- - Rifampicin barbital , lmipramin - Phenobarbital - NSAID: u.a. Diclofenac, lbuprofen - Phenytoin - orale Antikoagulantien: Warfarin {Induktion: Wirkung .J,, Inhibition: Blutung) - sonstige: Omeprazol, Propranolol, Tolbutamid zudem pharmakogenetische Bedeutung: poor + extensive metabolizer (~ 1.1.4, Tab. 1.1 a) nicht bekannt - Betablocker: u.a. Metoprolol, Propranolol , Carvedilol - Antiarrhythmika: u.a. Flecainid , Propafenon, Ajmalin - Antidepressiva: u.a. Amitriptylin, Clomipramin, Fluoxetin, lmipramin - Neuroleptika: u.a. Chlorpromazin, Clozapin, Haloperidol, Levomepromazin Bedeutung: - bei gleichzeitiger Gabe von 2 an CYP2D6 bindenden Pharmaka => Clearance beider Substrate .J, - pharmakogenetische Bedeutung: poor + extensive metabolizer (Q 1.1.4, Tab 1.1 a) - Ciclosporin Q 10.2 (Induktion : Wirkung ..J,, lnhi-bition: - Antiepileptika: Carbamazepin , Nephrotoxizität 'i) Phenobarbital, - Ethinylestradiol Q 17.4.3 (lnduk.: Kontrazeption ..J,) Phenytoin, - Astemizol, Terfenadin Q 3.2 (lnhib.: Gefahr venPrimidon trikulärer HRST) - Glukokortikoide - Cisaprid Q 4.5.1.5 (lnhib.: Gefahr ventrik. HRST) - Phenylbutazon

- Cimetidin

- Chinidin

- Azolantimykotika: Fluconazol, Ketoconazol, ltraconazol - Cimetidin - Erythromycin - Grapefruitsaft

Tab. 1.20: Übersicht der Cytochrom-P450-Genfamilien 1-3, nur Erwähnung von Interaktionen mit klinischer Bedeutung. Beachte: prüfungsrelevante Kurzfassung der Enzyminduktoren siehe unten

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

55

Reduktion - geringe Bedeutung - Bspl.: Reduktion einer Nitrogruppe bei Ch loramphenicol

Hydrolyse - gewebsständige wie frei im Plasma vorkommende Esterasen und Hydrolasen hydrolysieren Ester und Amide (Cholinesterase i=> Tab. 1.18, c:> 2.1.4.1) - Bspl.: Ester: Acetylcholin (ACh), Suxamethonium, Procain Amide: Amid-Lokalanästhetika

Konjugationsreaktionen - Glukuronidierung ~ Konjugation mit Glukuronsäure - häufigste Konjugationsreaktion, die Konjugate heißen Glukuronide - führen zumeist zur Inaktivierung des Pharmakons - häufiger Ablauf ist die Oxydation mit nachfolgender Glukuronidierung - im endoplasmatischen Retikulum, v.a. der Leber, wird aktivierte Glukuronsäure (UDPGA) auf reaktionsfähige Gruppen übertragen => Erhöhung der Hydrophilie, Erhöhung des Molekulargewichts - renale / biliäre Ausscheidung der wasserlöslichen Glukuronide - Glukuronide können durch im Darm vorkommende ß-Glukuronidasen hydrolysiert werden. Durch die Spaltung ist bei ausreichender Lipophilie eine Rückresorption möglich ~ enterohepatischer Kreislauf (Bspl.: Digitoxin) [i=> 1.2.1 O „biliäre Ausscheidung"] - SuJfatierung

~

Konjugation mit Schwefelsäure

- Acetylierung ~ Konjugation mit aktivierter Essigsäure (Acetyl-CoA) - das Enzym Acetyltransferase überträgt Acetylgruppen von Acetyl-CoA auf Aminogruppen - Unterscheidung von Schnell- und Langsamacetylierern (i=> 1.1 .4) - Bspl.: lsoniazid (INH), Hydralazin, Sulfonamide - Konjugation mit Aminosäuren - Konjugation mit Glutathion: - bedeutsam für das Abfangen vieler, aus Fremdstoffen entstandener, reaktiver Metabolite, die auch mit zellu lären Makromolekülen reagieren können - Bspl.: Paracetamol: bei der Paracetamol-lntoxikation binden nach Erschöpfung der Glutathionreserven reaktive Metabolite an zelluläre Proteine => Hepatotoxizität, Nephrotoxizität (i=> 7.1.6, c:> 20.3.13)

Enzyminduktion -

-

Enzyminduktion ;:::: Aktivitätserhöhung des metabolisierenden Enzymsystems durch wiederholte Pharmakazufuhr Enzyminduktion fördert den Abbau der induzierenden Substanz wie auch den Abbau anderer Pharmaka. Die Metabolisierungskapazität steigt rasch innerhalb weniger Tage und fällt nach Absetzen des Induktors innerhalb von Tagen bis Wochen auf das ursprüngliche Niveau wieder ab.

Berücksichtige Veränderungen im Abbau der induzierenden Substanz wie auch anderer Pharmaka zu Beginn, aber auch nach Absetzen eines Enzyminduktors.

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

56 -

wichtige Enzyminduktoren sind Phenobarbital, Rifampicin und Phenytoin: Beschleuniauna des Abbaus von Bilirubin Kortisol Vitamin D Östrogenen, Gestagenen, oralen Kontrazeotiva Diaitoxin Antikoagulantien vom Cumarintyp

durch Enzyminduktion mit Phenobarbital Phenvtoin Phenvtoin Rifampicin , Phenytoin Phenobarbital, Phenylbutazon Phenobarbital

Tab. 1.21

1.2.10

Elimination Renale Ausscheidung

alomeruläre Filtration tubuläre Sekretion tubuläre Rückresorption

MG< 15.000, ladunasunabhänaia aktiver Transoort ionisierter Säuren/Basen Diffusion durch Lioidmembranen , ladunasabhänaia

Ein kleines Verteilungsvolumen begünstigt eine rasche renale Elimination. glomeruläre Filtration: - Filtrationsdruck = (Kapillardruck Glomerulum + Stauungsdruck Bowmannsche Kapsel) - osmotischer Druck - Filtration von Stoffen mit MG >15.000 ist zunehmend eingeschränkt - Plasmaproteine (MG > 60.000) werden nicht glomerulär filtriert, damit auch keine an Plasmaproteine gebundenen Pharmaka - ladungsunabhängig tubuläre Sekretion: - zwei im proximalen Tubulus gelegene Sekretionssysteme für Säuren und Basen; Probenecid hemmt das Säuresekretionssystem - aktiver Transport gegen den Konzentrationsgradienten - begrenzte Kapazität der tubulären Sekretion (Sättigung) - Säuresekretionssystem sezerniert u.a. Penicilline, Salicylate, Sulfonamide, Glukuronide, Harnsäure, Probenecid - Substanzen können um den Sekretionsmechanismus konkurrieren und damit gegenseitig ihre Ausscheidung hemmen tubuläre Rückresorption: - passive Rückdiffusion durch das Tubulusepithel (Lipidmembran) - lipophile, nichtionisierte Substanzen werden gut rückresorbiert Je mehr eine Substanz in ionisierter (;::: wasserlöslicher) Form vorliegt, desto geringer ist die tubuläre Rückresorption. -

klinische Bedeutung: bei Vergiftungen wird der Urin-pH zur Stabilisierung der ionisierten Form des Pharmakons eingestellt: Verbesserung der renalen Ausscheidung organischer Säuren (Barbiturate, Salicylate) durch Alkalisierung => Gabe von NaHCOa Verbesserung der renalen Ausscheidung organischer Basen (Opioide, Amphetamin) durch Ansäuerung => Gabe von NH 4CI (Ammoniumchlorid) Arg-HCI (Argininhydrochlorid) Lys-HCI (Lysinhydrochlorid)

1. Grundlagen - Pharmakokinetik

57

Biliäre Ausscheidung

-

Die biliäre Exkretion ist u.a. von Mindestmolekülgröße und ausreichender Polarität abhängig. Die Konjugation mit Glukuronsäure oder Gluthathion hebt Fremdstoffe häufig über Molekulargewichtsschwelle und erreicht die Polarität für Gallegängigkeit. Begrenzte Kapazität der biliären Ausscheidung (Sättigung).

die

Faustregel: Substanzen mit einem MG < 300 werden bevorzugt im Harn, solche mit einem MG > 500 bevorzugt in der Galle ausgeschieden. -

Die biliär ausgeschiedenen Substanzen können im Darm bei ausreichender Lipidlöslichkeit wieder rückresorbiert werden und erreichen über die Pfortader erneut die Leber ~ enterohepatischer Kreislauf. Anmerkung: Im Darm können bakterielle ß-Glukuronidasen die Glukuronide hydrolysieren und damit die Lipidlöslichkeit wiederherstellen. Enterohepatischer Kreislauf: Stoffe, die mit der Galle ins Duodenum ausgeschieden werden, können in tieferliegenden Darmabschnitten bei ausreichender Lipidlöslichkeit rückresorbiert werden. klinische Bedeutung: Digitoxin

Pulmonale Ausscheidung

-

Bedeutung für lnhalationsanästhetika und Kohlenmonoxid

1.2.11

Einfluss des Löslichkeitsverhaltens

Verteilungskoeffizienz Resorption aus GI-Trakt Plasmaproteinbindung Schrankengängigkeit (z.B. Blut-Hirn) hepatische Metabolisierung enterohepatischer Kreislauf renale Ausscheidung

stark hydrophil < 1

+ +

0 0 0 +++

amphiphil

~1 +++ + ++ + + ++

stark lipophil > 1

+++ +++ +++ +++ +++ +

Tab. 1.22: Einfluss des Löslichkeitsverhaltens auf Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung.

1. Arzneiverordnungen

58

1.3

Arzneiverordnungen

1.3.1

Arzneimittel

Arzneimittel sind Stoffe oder Produkte, die zur Heilung, Linderung, Verhütung oder Erkennung von Krankheiten, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bestimmt sind. Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die industriell gefertigt und in garantierter Zusammensetzung In einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Handel gebracht werden. INN (international non-proprietary name) ~ generic name Arzneistoffen international empfohlenen Freinamen. (Freiname~ festgelegte wissenschaftliche Kurzbezeichnung)

sind die zur Wirkstoffdeklaration von

Generika sind Fertigarzneimittel, die nicht unter einem eingetragenen Warenzeichen, sondern unter ihrem generic name in Handel sind.

Arzneimittel

1



1

l

frei verkäuflich (Verbandstoffe, Desinfektionsmittel zum äußeren Gebrauch)



-

apothekenpflichtig

-

verschreibungspflichtig



1

nicht verschreibungspflichtig (z.B. ASS)

► §48AMG (Arzneimittelgesetz)

BTMVV (Betäubungsmittelverschreibungsverordnung)

Abb. 1.29: Arzneimittel. Verschreibungspflicht - automatische Verschreibungspflicht: Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen unterliegen für 5 Jahre der automatischen Verschreibungspflicht - generelle Verschreibungspflicht: Arzneimittel, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch ohne ärztliche Überwachung die Gesundheit schädigen können oder die in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß gebraucht werden (Mißbrauch), unterliegen einer unbefristeten Verschreibungspflicht.

1.3.2

Rezeptieren

Die eigentliche Arzneiverordnung wird durch das Kürzel „Rp." eingeleitet: Das Arzneimittel wird durch einen Markennamen oder Freinamen (grundsätzlich in deutscher Sprache) benannt. Die Arzneiform kann sich auf Tabletten, Kapseln , Ampullen, Tropfen, u.a. beziehen (s.u.). Die Mengenabgabe umfaßt sowohl die Dosierung wie auch die Anzahl der Dosiseinheiten (Packungsgröße). Zur Vereinfachung wurden Normierungen der Packungsgrößen eingeführt: - N 1: 10-20 Dosiseinheiten zur Kurzbehandlung oder zum Test der Verträglichkeit - N 2: 20 oder 50 Dosiseinheiten zur mittleren Behandlungsdauer - N 3: 50-120, meist 100 Behandlungseinheiten zur Dauertherapie

59

1. Arzneiverordnungen

Die Angabe „ 1 OP" (Originalpackung) ist mehrdeutig und sollte daher unterbleiben. Fehlt bei Fertigarzneimitteln die Mengenangabe, so gilt die kleinste Packungsgröße als verschrieben. Die Gebrauchsanweisung schreibt der Apotheker auf die Verpackung und wird auf dem Rezept mit dem Kürzel „S" gekennzeichnet (signatur (lat.) ~ es werde gekennzeichnet). Abschließend folgen Aufdruck oder Stempel mit Arztnummer, Arztbezeichnung , Adresse, Telefonnummer und die eigenhändige Unterschrift mit dokumentenechtem Schreibgerät (seit 2015 sind vom Arzt die Angabe des vollständigen Vornamens und seiner Telefonnummer gefordert).

,,Ausfertigung eines Rezeptes" handschriftlich

Rezeptbeispiel Dr. med. Jan Kaiser Facharzt für Innere Medizin Heumarkt 24 50667 Köln Tel. : 0221-123456

Name (incl. vollständigem Vornamen), Berufsbezeichnung und Anschrift des Verschreibenden , Telefonnummer (für Rückfragen) Datum der Ausfertigung

22.08.2023 Rp .

abzugebende Menge des Arzneimittels (Name des Arzneimittels, Arzneiform, Menge pro abgeteilter Arzneiform, Stückzahl) Gebrauchsanweisung

lsosorbiddinitrat-Tabletten (ret.) 120 mg 20 Stück S.

jeden Morgen eine Tablette einnehmen

für Herrn Josef Schmitz Severinstr. 82 50678 Köln

Name des Patienten

„ - L1 -

fJ

X

eigenhändige Unterschrift des Verschreibenden Abb. 1.30: (Privat-) Rezept.

---~

Krankenkassenformulare (das rote Kassenrezept)

--

AOK Rheinland

Name.~ dea V.$d'Miitai

Schmitz Josef Severinstr. 82 50678 Köln

geb.sn

22.08.1944

1,t,ild„tarNr.

--lt;

12345

12345678

1

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'l,l(gClllgtJla

654321 Rp. (Bill

1

06/22

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654321

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Amoxycillin 1000 mg Tabletten N1 morgens, mittags und abends 1 Tbl.

1111111~~---------------Unter&ehn1t des Arzt•s

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Muster 18 (04.2004)

Bel Att>eltt!unfaU auozu!Ollen!

1Un!alltag

Dr. med. Jan Kaiser Facharzt für Innere Medizin Heumarkt 24 50667 Köln '-"-"Lfi"-0221/ 123456

Uofalale!riob oder Mlei'.geberru'mler

1

Abb. 1.31 : Kassenrezept.

654321

J

1. Arzneiverordnungen

60

Besonderheiten - das sog. Kassenrezept wird auf einem roten Vordruck (erschwerte Fälschung) ausgestellt - zusätzliche Pflichtangaben: Kostenträger, weitere personenbezogene Daten, Rezeptgebühr, u.a. - von der kassenärztlichen Verordnung sind Arzneimittel gegen Bagatellerkrankungen (z.B. Erkältungskrankheiten) ausgenommen - Festbeträge: die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für die den Festbeträgen unterliegenden Arzneimittel nur noch die Kosten bis zum Festbetrag. Liegt der Preis über dem Festbetrag, muß der Patient die Differenz selbst entrichten. Für Präparate mit Festbetrag entfällt die Rezeptgebühr.

Allgemeines



Juristisch ist ein Rezept eine Urkunde. Die Gültigkeitsdauer des (roten) Kassenrezepts beträgt 1 Monat, bei Privatrezepten (oft blau) in der Regel 3 Monate. Beachte: Gültigkeitsdauer BTM-Rezept nur 7 Tage . Unzulässig ist die wiederholte Gabe eines verschreibungspflichtigen Medikamentes auf dasselbe Rezept. Bislang durfte der Apotheker ein vom Arzt verschriebenes Fertigarzneimittel nicht durch ein gleichwertiges Präparat ersetzen. Erst durch den Vermerk „aut idem" (,.oder gleiches") wurde die Abgabe eines bzgl. Wirkung und Bioverfügbarkeit gleichwertigen Präparates erlaubt. Zwecks Kostensenkung im Gesundheitswesen gilt seit 02/02 die Umkehr der früheren Aut-idem-Regelung: der Apotheker ist automatisch verpflichtet, ein wirkstoffgleiches Präparat aus dem unteren Preisdrittel abzugeben. Ausnahme: der Arzt schließt dies ausdrücklich aus (Aut-idem-Feld durchstreichen) oder er hat bereits selbst ein Präparat aus dem unteren Preisdrittel verordnet. Das für eine Verschreibung früher übliche Latein sollte zur Vermeidung von Mißverständnissen nicht mehr angewendet werden. Die Haftung des Arzneimittelherstellers für Schäden bei der Anwendung eines Medikamentes erstreckt sich nur auf die bei der Zulassung genannten Indikationen, d.h. anderenfalls haftet der verordnende Arzt persönlich zivil- und strafrechtlich.

das grüne Rezept Offizielles Dokument, entspricht im Aufbau dem roten Kassenrezept, zur Verordnung rezeptfreier Pharmaka (rezeptfreies Präparat wird in ärztliche Beratung und Verordnung mit einbezogen, Merkhilfe für Patient, Dosierungsanleitung, größere Therapietreue), üblicherweise unbegrenzt gültig. Nicht verschreibungspflichtige Pharmaka sind bis auf wenige Ausnahmen von der Erstattung durch gesetzliche Krankenkassen ausgenommen. Seit 2012 können auch gesetzliche Krankenkassen rezeptfreie aber apothekenpflichtige Pharmaka als Satzungsleistungen anbieten, wobei für eine Kostenerstattung die ärztliche Verordnung auf einem Privatrezept oder grünen Rezept vorausgesetzt werden kann.

Arzneiformen Tabletten

Anwenduna peros

-

Dragees

peros

-

peros

-

Kapseln

-

Suppositorien (Zäpfchen)

rektal vaginal

-

Injektions/lnfusionslösungen

parenteral

-

Tropfen

per os; lokal

Tab. 1.22: Arzneiformen.

-

Charakteristika Wirkstoff mit Hilfsstoffen (Milchzucker, CaCO3) zu zumeist runden Formen georeßt mit Zuckerschicht überzogener pharmakonhaltiger Kern eines zumeist unangenehm schmeckenden Arzneimittels Auflösuna im Maaen Hartgelatine-, Weichgelatine oder Stärkekapseln beinhalten den festen oder flüssigen Inhalt Auflösung im Magen {oder bei besonderem Überzug erst im Darm) Arzneimittel in einer Grundmasse, die nach Einführung in die Körperhöhle erweicht oder sich verflüssigt Merke: Die Pharmakonresorption aus Suppositorien weist eine starke Streuuna auf wäßrige (i.m. auch ölige) Lösungen bei unzureichender Wasserlöslichkeit unter Zusatz von Lösungsvermittlern Sterilität ist Voraussetzung, bei Anwendung im Gewebe (i.m., s.c.) auch lsotonie Sterilität für Auaen-, Nasen-, Ohrentropfen ist Voraussetzuna

1. Arzneiverordnungen

61

Äußerliche Anwendung Charakteristika Puder

Salben

Schütte!mixturen Lotio

,,Phasendreieck"

pulverisierter Wirkstoff in Talkum u/o anderen Puder rundla en Pharmakon in einer lipophilen oder hydrophilen Salben rundla e Suspension pulverförmiger Bestandteile in glycerolhalti er Lösun

Feststoff Paste

Schüttelmixtur

Fett / Öl Öl/Wasser-Emulsion

Wasser Wasser/Öl-Emulsion

Tab. 1.23: Arzneiformen zur äußerlichen Anwendung .

1.3.3

Betäubungsmittel (Stand 12/2020)

Betäubungsmittel (BTM): da keine allgemeingültige Definition besteht, werden BTM im Betäubungsmittelgesetz einzeln aufgeführt. Charakterisiert sind BTM durch Abhängigkeits- bzw. Mißbrauchpotential. Die Betäubungsmittelverschreibungs-Verordnung ::::: BTMVV regelt die Verordnung von Betäubungsmitteln für Patienten/Substituenten, Praxis-/Stationsbedarf, Rettungsdienst und Schiffe. Voraussetzungen für die Verordnung von Betäubungsmitteln sind: BTM dürfen nur im Rahmen einer ärztlichen Behandlung incl. der Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verschrieben werden - die Verschreibung muß begründet sein: Der Verschreibende kommt nach eigener Untersuchung zu der Überzeugung, daß die Anwendung nach anerkannten Regeln der Wissenschaft zulässig und geboten ist (nicht gemeint ist die evtl. hiervon abweichende wissenschaftliche Überzeugung einzelner Ärzte). Eine Begründung kann bestehen bei befristeter Umstellung auf ein Substitutionsmittel zur Überbrückung bis zur Langzeittherapie. Die Verschreibung ist nicht begründet, wenn eine andere den Patienten weniger gefährdende Maßnahme in Betracht kommt, wenn die verordnete Menge medizinisch nicht gerechtfertigt ist oder bei Mißbrauchsgefahr der bestimmungsgemäße Gebrauch des BTM nicht sichergestellt ist.

Das Verschreiben von BTM ist nur zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken (Allergietestung) erlaubt, für etwaige andere Belange (Analysen, klin ische Studien) bedarf es Erlaubnis der Bundesopiumstelle. Jeder Arzt ist für Verschreiben, Nachweisführung, Verbleib und Bestand der vom ihm verordneten/erhaltenen/angewandten BTM selbst verantwortlich. Dies gilt auch für Gemeinschaftspraxen, Praxisgemeinschaften, Teileinheiten im Krankenhaus, den Rettungsdienst, Alten- und Pflegeheime, Hospize sowie die Substitution zum unmittelbaren Verbrauch an Abhängige. Die BTM sind gesondert aufzubewahren und gegen unbefugte Entnahme zu sichern. Es dürfen nur diejenigen Betäubungsmittel verschrieben werden, die in der BTMW aufgeführt sind. In der BTMW wurde für die einzelnen Pharmaka eine Höchstmenge (Base/Säure ::::: Salz/Hydrat/Molekülverbindung) festgesetzt. Die frühere „Tageshöchstmenge" existiert nicht mehr. Die Höchstmenge entspricht bei durchschnittlicher Dosierung einem Bedarf von 30 Tagen. Sofern die betreffende Höchstmenge nicht überschritten wird, kann der Zeitraum überschritten werden (außer bei Substitution). Bis zur Höchstmenge können verschiedene Arznei- und Darreichungsformen oder auch unterschiedliche BTMgehalte verordnet werden. Der Verschreibende ist nicht an die handelsüblichen Packungseinheiten gebunden.

1. Arzneiverordnungen

62

Patient





Ein Arzt darf für einen Patienten - innerhalb von 30 d - auf einem oder mehreren BTM-Rezepten verschreiben: - bis zu zwei der in Tabelle 1.24 aufgeführten BTM bis zur Höchstmenge oder - eines der übrigen verschreibungspflichtigen BTM (außer Alfentanil, Cocain, Etorphin, Remifentanil, Sufentanil) ohne Höchstmengenbegrenzung im begründeten Einzelfall (schwere Erkrankung, schwere Schmerzen) und unter Wahrung der erforderlichen Sicherheit des BTMverkehrs für einen in seiner Dauerbehandlung stehenden Patienten: mehr als zwei der in Tabelle 1.24 aufgeführten BTM oder mehr als eines der übrigen BTM und ohne Berücksichtigung von Höchstmenge. In diesem Fall Rezept mit „A" kennzeichnen.

-

Freiname

Handelsname

Gruppe

Buorenorohin Temaesic"" Transtec Pro Ooioid Sativex"" Spray Cannabisextrakt Cannabis Dexamfetamin Attentin"" Amohetaminderivat Duroaesic"", Fentanyl T Ooioid Fentanvl Flunitrazeoam Benzodiazeoin Rohvonof'" Dilaudid"", Palladon Hvdromorohon Ooioid L-Polamidon"" Levomethadon Ooioid Lisdexamfetamin Elvanse"" Amohetaminderivat Methadon Methaddict Ooioid Methvlohenidat Ritalin"" Amohetaminderivat Morphin Capros"", MSI, MST Ooioid Opiumtinktur Opioid Oxygesic"" Tarain"" Oxycodon Ooioid Pethidin Dolcontral"" Pethidin-hameln"" Ooioid Dioidolor"" Ooioid Piritramid Tanentadol Palexia"" Ooioid Valoron"" Tilidin Ooioid Tab 1.24: Höchstverschreibungsmengen für 30 Tage(*). (Auswahl)

Höchstmenae (*) 800mq 1000 ma 600ma 500 mg 30ma 5q 1.5 a 2, 1 a 3g 2,4 a 20 g 40 q 15 g 10 q 6g 18 a 18 q

Anmerkungen: - Opium unterliegt als Homöopathikum ab Verdünnung P6 nicht mehr der BTMVV. - alle nicht retardierten Tilidin/Naloxon-haltigen Pharmaka unterliegen der BTMW (seit 2013), retardierte Tilidin/Naloxon-Präparate unterstehen nicht der BTMVV ( c:::> 7.2.5.3) - Flumazenil untersteht als einziges Benzodiazepin der BTMVV - Modafinil (Amphetaminderivat) unterliegt nicht mehr der BTMVV (nur noch rezeptpflichtig).

Substituent Substitution i.S. der BTMVV beschreibt die ärztliche Verschreibung von BTM bei opiatabhängigen Patienten zur: - Behandlung einer Opiatabhängigkeit mit dem Ziel einer schrittweisen BTM-Abstinenz und Besserung des Gesundheitszustandes - Unterstützung einer neben der Opiatabhängigkeit bestehenden schweren Erkrankung - Verringerung der Risiken einer Opiatabhängigkeit während Schwangerschaft und nach der Geburt



Voraussetzungen für die Verschreibung von Substitutionsmitteln: - Arzt mit suchttherapeutischer Qualifikation (Fachkunde „suchttherapeutische Grundversorgung") - Einbeziehung des Patienten in psychiatrische, psychotherapeutische oder psychosoziale Maßnahmen - kein Anhalt für fehlende Mitarbeit an o.g. Maßnahmen oder Erhalt von Substitutionsmitteln durch andere Ärzte oder weiteren Medikamenten-/Rauschmittelmissbrauch oder nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels - regelmäßige Konsultationen beim Arzt (wöchentlich) - schriftliche Mitteilung an Bundesopiumstelle: Patientencode, Substitutionsmittel, Datum der ersten/letzten Verschreibung , Name und Anschrift des Arztes Arzneistoffliste IMPP

1. Arzneiverordnungen

63

Ein Arzt, der die Mindestanforderungen suchttherapeutischer Qualifikation nicht erfüllt, darf maximal 3 Opiatabhängigen gleichzeitig Suchtmittel verschreiben, sofern - o.g. Bedingungen erfüllt sind - dies mit einem Arzt, der die Mindestanforderungen erfüllt (Konsilarius), abgestimmt ist und dessen Name und Anschrift in die Meldung über den Substituenten aufzunehmen ist - diese sich zu Behandlungsbeginn und mind. 1 x im Quartal dem Konsilarius vorstellen

Zur Substitution darf der Arzt eins der zur Substitution zugelassene BTM bis zu der festgesetzten Höchstmenge für 30 Tage verschreiben (BTM-Rezept mit „S" kennzeichnen): Freiname Buprenorphin Levomethadon Methadon

Handelsname

Subutex"" L-Polamidon"" Methaddict""

Grunoe Opioid Ooioid Opioid



Höchstmenge 30 d 800ma

1,5 a 3a

oder in begründeten Ausnahmefällen (Unverträglichkeit von Methadon oder Derivaten, besserer Therapieverlauf unter Codein/Dihydrocodein): Codein Dihvdrocodein

Codeinum ohosohoricum DHC. Paracodin""

Ooioid Ooioid

40 a 40 a

Diamorphin darf nur in einer von der zuständigen Landesbehörde zugelassenen verschrieben, verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden.

Einrichtung

Das BTM-Rezept darf den Substituenten nicht ausgehändigt werden , sondern muß vom Arzt oder einer Vertrauensperson in einer Apotheke eingelöst werden. Das BTM wird zur Vermeidung eines parenteralen Mißbrauches unter Zusatz von 1 % Carboxymethylcellulose oder Sorbit-Lösung 70 °/o geliefert. Die tägliche Einnahme geschieht unter Aufsicht fachgerecht eingewiesener Personen in Praxis, Krankenhaus, Apotheke oder einer behördlich anerkannten Einrichtung. Abhängig vom Erfolg der bisherigen Substitutionstherapie darf der Arzt dem Substituenten ein BTMRezept mit der für bis zu 2 Tagen innerhalb einer Woche (dann Rezept mit „Z" kennzeichnen) oder bis zu 7 Tagen benötigten BTM-Menge aushändigen und die eigenverantwortliche Einnahme erlauben. Voraussetzung sind eine stabile Dosiseinstellung und fehlender Anhalt auf zusätzlichen Medikamenten/Rauschmittelmissbrauch. Ausschließlich bei Auslandsaufenthalten darf sogar die für bis zu 30 Tage (innerhalb eines Jahres) benötigte BTM-Menge verordnet und dem Substituenten ausgehändigt werden, dann mit Meldung an die zuständige Landesbehörde. Wenn der Substituent den Arzt zeitweilig oder auf Dauer wechseln will, darf eine Substitutionsbescheinigung auf einem BTM-Rezept mit dem Vermerk „Nur zur Vorlage beim Arzt" ausgestellt werden: Name, Vorname und Anschrift des Substituenten, Ausstellungsdatum, Substitutionsmittel und Tagesdosis, Beginn des Verschreibens und ggfs. Beginn des Überlassens zum unmittelbaren Verbrauch, Gültigkeit von/bis , Name, Berufsbezeichnung, Anschrift, Telefonnummer des ausstellenden Arztes und dessen Unterschrift.

Praxisbedarf Ein Arzt darf für seinen Praxisbedarf auf einem oder mehreren BTM-Rezepten: alle in Tab. 1.24 genannten BTM, sowie Alfentanil, Cocain (zur Lokalanästhesie bei Eingriffen am Kopf), Remifentanil und Sufentanil verordnen bis zu seinem durchschnittlichen 2-Wochen-Bedarf verschreiben (mind. kleinste Packungseinheit), die Vorratshaltung soll den Monatsbedarf der Praxis nicht übersteigen

Stations bedarf - Ein entsprechend befugter Arzt darf auf einem oder mehreren BTM-Anforderungsscheinen die unter „Praxisbedarf' genannten BTM ohne Höchstmengenbegrenzung verschreiben - Verschreibung auch für vorstationäre/nachstationäre Behandlung und ambulante Operationen möglich

Arzneistoffliste IMPP

1

1. Arzneiverordnungen

64

Alten-/Pflegeheime, Hospize - der verordnende Arzt kann verfügen , dass die Verschreibungen nicht dem Patienten ausgehändigt, sondern durch Personal seiner Praxis oder der o.g. Einrichtung eingelöst werden - die BTM können vom Arzt oder von ihm eingewiesenem Personal an den Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden

Rettungsdienst die unter Praxisbedarf genannten BTM dürfen ohne Höchstmengenbegrenzung auf einem oder mehreren BTM-Anforderungsscheinen verschrieben werden Einlösung der BTM-Anforderungsscheine in einer Apotheke, mit der die Belieferung und eine mindestens halbjährliche Überprüfung der BTM-Vorräte schriftlich vereinbart wurde

Ausfertigung BTM-Rezept / BTM-Anforderung BTM müssen auf dem von der Bundesopiumstelle herausgegeben, amtlichen dreiteiligen Formblatt verschrieben werden. Informationen dazu: www.bfarm.de - Betäubungsmittel oder Hotline Tel.: 0228993074321 ). Teil I und II werden in der Apotheke vorgelegt (Ausnahme: BTM-Rezept als Substitutionsbescheinigung), Teil III verbleibt beim Arzt. Teil III wie auch fehlerhaft ausgestellte BTM-Rezepte (Teil 1 bis II I) müssen vom Arzt 3 Jahre aufbewahrt und auf Verlangen Aufsichtsbehörden vorgelegt werden. Der Apotheker darf auf unleserlichen, unvollständig oder fehlerhaft ausgestellten BTM-Rezepten nach Rücksprache mit dem Arzt Korrekturen vornehmen. Ist eine Korrektur nicht möglich (Arzt nicht erreichbar) darf in besonders dringenden Fällen das verschriebene BTM oder Teilmengen davon abgegeben werden. ■

Die Gültigkeitsdauer eines BTM-Rezeptes beträgt 7 Tage. BTM-Rezepte sind gegen Entwendung zu sichern, ein Verlust ist der Bundesopiumstelle unter Angabe der Rezeptnummern unverzüglich anzuzeigen. Nachweis des Verbleibs und des Bestandes bei BTM erfolgt für den Praxisbedarf auf Karteikarten , für den Stationsbedarf in BTM-Büchern . Aufbewahrung dieser Nachweise für 3 Jahre ab dem letzten Eintragungsdatum. Die nachfolgenden Angaben müssen auf allen 3 Teilen von BTM-Rezept bzw. BTM-Anforderungsschein dauerhaft und übereinstimmend vermerkt sein . Die bisherige Forderung "mit Tintenstift oder Kugelschreiber" wurde durch „dauerhaft" ersetzt, damit ist auch eine Ausfertigung per Nadeldrucker möglich. Die Angaben können mit Ausnahme der Unterschrift des Verschreibenden auch durch andere Personen erfolgen. Änderungen sind durch den Verschreibenden vorzunehmen und durch Unterschrift zu bestätigen .

BTM-Rezept Für den Bedarf eines Patienten oder die eigene Praxis (ferner für Kauffahrteischiffe). Enthalten sind: BTM-Nummer des Arztes, fünfziffriges Ausgabedatum , laufende Nummer des Formblattes. Zum ausschließlichen Gebrauch dieses Arztes (unabhängig von Wirkungsbereich oder Wohnort) bestimmt. Übertragung nur im Vertretungsfall möglich.

1

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Abb. 1.32: neues BTM-Rezept: Echtheitspüfung wie bei Geldscheinen: unter UVA-Licht Farbänderung des gelblichen Rezepts + grünlich- fluoreszierende Rezeptnummer. Erläuterung zu Eintragungen siehe Folgeseite. Gültigkeit der alten BTM-Rezepte ist am 31.12.14 erloschen.

1. Arzneiverordnungen

65

Einzutragen sind: - Name, Vorname , Anschrift des Patienten/Substituenten oder Vermerk „Praxisbedarf' - Ausstellungsdatum - Arzneimittelbezeichnung - Menge des Arzneimittels (g oder ml) - Nominalgehalt, Stückzahl der abgeteilten Form. Bspl: (1) Fentanyl Pflaster 50 Mikrogramm/h, 5 St; enthält 8,25 mg Fentanyl oder (2) Morphin musterpharm, 10 mg Ampullen, 20 St. - Die Kürzel N1 , N2, N3 für sog. therapeutische Packungsgrößen sind nicht mehr zugelassen, da keine eindeutige Mengenbestimmung erfolgt. Der Verschreibende ist nicht an die handelsüblichen Packungseinheiten gebunden. - Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesangabe oder bei schriftlicher Gebrauchsanweisung der Vermerk „gemäß schriftlicher Anweisung" (Hinweis auf Gebrauchsinformation genügt nicht) - bei Substitution die Zahl der Anwendungstage - zusätzliche Kennzeichnung bei einer Verschreibung: - bei Ausnahme in begründetem Einzelfall mit Abweichung in Höchstmenge o. Zahl der BTM mit „A" - bei Substitution mit „S" (bei Aushändigung des Substitutionsmittels über die bis zu 2 Tagen benötigte Menge zusätzlich mit „Z") - bei Kauffahrteischiff mit „K" - bei Notfall mit „N" - Name des Verschreibenden, Berufsbezeichnung, Anschrift und Telefonnummer - Unterschrift des Verschreibenden , im Vertretungsfall Vermerk „i.V."

Notfall - im Notfall (kein BTM-Rezept zur Verfügung) dürfen für Patienten (außer Substitution) oder für den Praxisbedarf BTM in einem zur Behebung des Notfalls erforderlichen Umfang auf einem Normalrezept verschrieben werden - Vermerk „Notfall-Verschreibung" auf dem Normalrezept, der Verschreibende muß der Apotheke unverzüglich ein mit „N" gekennzeichnetes BTM-Rezept nachreichen

BTM-Anforderungsschein Für den Stationsbedarf von Krankenhäusern oder den Rettungsdienst. Weitergabe nur an Leiter von Teileinheiten des Krankenhauses bzw. des Rettungsdienstes. Nr. A304592-09

Betäubungsmittelanforderungsschein

Teil 1 Zur Vortage in der Apotheke

Anfordernde Stelle:

- Name/Bezeichnung, Anschrift der Einrichtung, ggfs. ferner die Teileinheit - Ausstellungsdatum - Bezeichnung von BTM und Menge (s.o.) - Name und Telefonnummer des Verschreibenden - Unterschrift des Verschreibenden, im Vertretungsfall „i. V."

Betäubungsmitte!hattiges Arzneimittel

- Leerzellen bitte streichen! -

Oatum

Abb.1.33: BTM-Anforderungsschein.

' lo•.97 - Naencruck. verboten

bestellte Menge

gelieferte Menge•)

·) nur bei Abweichungen ausfOllen

Name des Arztes. Zahnant6t. l•arr.ts

TelelOn.Nr,

Unterscfuifl des Arztes. Zar,narztes, Tierarztes

1 ■

66

1. Arzneiverordnungen

WADA-Verbotsliste

(verkürzte Darstellung)

World Anti-Doping Agency 2019

A. Substanzen und Methoden, die immer verboten sind (in und außerhalb von Wettkämpfen) Verbotene Substanzen: SO. nicht zugelassene Substanzen (z.B. in Entwicklung/Prüfung, Entwicklung eingestellt, Designerdrogen, Tierarzneimittel) - S 1. anabole Wirkstoffe: - anabol-androgene Steroide: exogen (Boldion, Danazol, Mesterolon, Stanozolol), endogen (Androstendiol, Testosteron) - andere anabole Substanzen (Clenbuterol, selektive Androgen-Rezeptor-Modulatoren , Tibolon) - S2. Peptidhormone, Wachstumsfaktoren: - Erythropoese-stimulierende Stoffe (EPO, Darbepoetin, CERA) - Hypoxie-induzierende Faktoren (HIF)-Stabilisatoren wie Kobalt o. HIF-Aktivatoren wie Xenon - Luteinisierendes Hormon (LH) bei Männern - Wachstumshormon (GH), diverse Wachstumsfaktoren (IGF-1 , PDGF) - Corticotropine - weitere Wachstumsfaktoren (GF)wie Fibroblasten-GF, lnsulin-like GF, Vascular-Endothelial GF - S3. Beta2-Agonisten (Ausnahme: Inhalation Salbutamol, Formoterol, Salmeterol mit Obergrenze) - S4. Hormone und -modulatoren: Aromatasehemmer, selektive Östrogen-RezeptorModulatoren ::::: SERM (Tamoxifen, Raloxifen), andere antiöstrogene Stoffe (Clomifen, Fulvestrant), Myostatinhemmer, Insulin - S5. Diuretika und andere Maskierungsmittel: alle Diuretika, Mannitol, Albumin, HAES, Probenecid, Desmopressin) Verbotene Methoden: - M1. Manipulation von Blut und Blutbestandteilen: Bluttransfusion, Hämoglobinprodukte, Infusion - M2. Manipulation: Katheterisierung , Fremdurin, Infusion > 50 ml (außer bei legitimierter Krankenhausbetreuung bzw. OP) - M3. Gendoping (Übertragung von Zellen/Genelementen)

B. zusätzlich im Wettkampf verbotene Substanzen und Methoden: - S6. Stimulanzien: - Nicht-spezifische Stimulanzien: Amphetamin, Cocain, Methamphetamin - Spezifische Stimulanzien: Adrenalin (erlaubt nasal, ophthalmologisch oder mit Lokalanästhetikum), Ephedrin (verboten, wenn Urinkonzentration > 10 µg/ml) , Etilefrin, Norfenefrin, Pseudoephedrin (verboten, wenn Urinkonzentration > 150 µg/ml), Selegilin - S7. Narkotika: alle BTM-pflichtigen Opioide (erlaubt sind Tramadol, Tilidin) - S8. Cannabinoide: Cannabis, Haschisch, Marihuana, THC, Spiee - S9. Glukokortikoide: oral, i.v., i.m. oder rektal (Ausnahme: topische Gabe/medizinische Ausnahmegenehmigung)

C. in bestimmten Sportarten verbotene Substanzen: - P1. Alkohol: Grenzwert von 0, 1 g/1, z.B. Bogenschießen, Luftsport, Motorsport - P2. Betablocker: Billard, Bogenschießen, Golf, Motorsport, Schießen

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.

67

kardiovaskuläre Pharmaka

2.1 vegetatives~ autonomes Nervensystem

2.1.1

Grundlagen

Das autonome ~ vegetative Nervensystem steuert die dem Bewußtsein und dem Willen nicht oder nur indirekt unterliegenden Organfunktionen. Unterteilt wird das vegetative Nervensystem in die zwei Gegenspieler Sympathikus und Parasympathikus. Der Sympathikus beeinflußt Organsysteme und Stoffwechsel ergotrop, d.h. in Richtung einer Leistungssteigerung: kardiovaskuläre Stimulation, Mobilisierung von Stoffwechselreserven, gehemmte Verdauungsaktivität. Der Parasympathikus hingegen wirkt trophotrop: im Rahmen der Regeneration nimmt die Herz-KreislaufFunktion ab, der Energieverbrauch ist eingeschränkt, Resorption und Verdauung sind gesteigert.

E E

111

C:

VII IX X

-·-..."' ca

:::c

Miosis, Nahakkomodation Mydriasis

Auge:

,

1

ro

.:::,(.

·c:

Q.)

N

8 1

...ca

.lll:

--- ---< ----------
RRsyst, RRdiast, RRmittel steigen an - geringe Stimulation der kardialen ß1-Rezeptoren bei reflektorischer Aktivierung des Vagus durch Barorezeptoren => Herzfrequenz nimmt reflektorisch ab Adrenalin : - peripherer Gefäßwiderstand nimmt ab (ß2) => RRdiast fällt gering - Zunahme von Herzfrequenz und Kontraktilität (ß 1) => RRsyst steigt an => RRmittel nimmt gering zu lsoprenalin (~ lsoproterenol): - ausgeprägte Abnahme des peripheren Gefäßwiderstands (ß2 ) => RRdiast fällt ab - starke Zunahme von Herzfrequenz und Kontraktilität (ß1) => RRsyst steigt gering an => RRmittel fällt gering ab



72

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.2.2

Wirkmechanismus der Sympathomimetika

ß-Rezeptor

-



Gs

-



Gi

~◄_ _.;:Ic_A_MP......1 1 cAMP-abhängige

Proteinkinase 1

a.2 -Rezeptor

t . , 1AMP

1 PDE 1

-

+

PDE-Hemmer

biologischer Effekt

Abb. 2.5: Signaltransduktion bei ß-Adrenozeptoren. G-Protein ~ Guanin-Nukleotid-Regulationsprotein ATP Adenosinmonophosphat, PDE ~ Phosphodiesterase

~

Adenosintriphosphat, cAMP

~

cyclisches

Nach Aktivierung von ß-Rezeptoren kommt es zur Bildung eines stimulierenden G-Proteins mit anschließender Aktivierung der membranständigen Adenylatcyclase. Die Adenylatcyclase katalysiert die Bildung von cAMP aus ATP. Der second messenger cAMP aktiviert Proteinkinasen, die ihrerseits über eine Aktivierungskaskade zum biologischen Effekt führen. Phosphodiesterasen (PDE) bauen cAMP zu 5' AMP ab. Durch Phosphodiesterasehemmer ist der Abbau von cAMP blockierbar (q 2.1.2.17). Die Aktivierung von postsynaptischen a. 2 - Rezeptoren aktiviert ein inhibitorisches G-Protein, hemmt darüber die Adenylylcyclase und somit den Effekt des ß-Rezeptors. Präsynaptische a2 -Rezeptoren (nicht eingezeichnet) hemmen - ebenfalls über ein inhibitorisches G-Protein - die Transmitterfreisetzung aus noradrenergen Neuronen (q 1.1.2.5.3).

a.1 -Rezeptor

-



Gq

IP3 sarkoplasmatisches Reticulum C 2+

Ca2+/Calmodulin + ◄ - Ca2+

\ c==-~ ;;J __..., ~

Ca

2+

Ca2+

a

Kontraktion

Myofilamente

Abb. 2.6: Signaltransduktion bei a.1-Adrenozeptoren. Die Aktivierung von g,i_-Rezeptoren (z.B. durch Noradrenalin) führt nach Aktivierung eines Gq-Proteins und Aktivierung der Phospholipase C zum Anstieg der second messenger lnositoltriphosphat (IP3) und Diacylglycerin (DAG). IP3 stimuliert die Freisetzung von Calcium aus dem sarkoplasmatischen Retikulum mit nachfolgener Aktivierung der Myosin-Leichtkettenkinase, dadurch verstärkter Phosphorylierung der regulatorischen Myosin-Leichtkette und damit zur Kontraktion.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

73

Regulationsmechanismen von Rezeptoren Rezeptordichte und Rezeptoraktivität sind einer regulatorischen Kontrolle unterworfen, d.h. bei zu starker oder zu schwacher Stimulation können Regulationsmechanismen einsetzen. Physiologisch schützt sich der Organismus vor einer Überstimulation, in der Pharmakotherapie kann sich die verminderte Wirkung am Erfolgsorgan als Tachyphylaxie bzw. Toleranz manifestieren.

CD

.. ß-Arrestin

Lysosom

(Z)

ß-Arrestln

JI

ß-Arrestin

Abb. 2. 7: Desensibilisierung, Resensibilisierung und Down-Regulation von heptahelikalen Rezeptoren (Bspl.: Beta-Rezeptor). ß1

Abb. 2.8

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

75

2.1.2.4 lokale a1-Adrenozeptor-Agonisten (Alpham imetika) lmidazole: Oxymetazolin Nasivin®(NT) Naphazolin Proculin®(AT) Xylometazolin Otriven®, Olynth®, viele Generika (NT,AT) Phenylephrin Neosynephrin-POS® (AT)

CHARAKTERISTIKA: (NT ~ Nasentropfen, AT::,: Augentropfen) - a -sympathomimetisch (Vasokonstriktion) - lokale Anwendung zur Schleimhautabschwellung (Nase: Rhinitis, Sinusitis; Auge: allergische Konjunktivitis) - CAVE: systemische Wirkungen nach Resorption => bei Säuglingen und Kleinkindern sind Atemdepression und komatöse Zustände möglich => auf stärkere Verdünnung achten

- NW Nase: reaktive Hyperämie (nach Wirkende), Schleimhauttrockenheit/brennen (durch anhaltende Vasokonstriktion), chronische Nasenverstopfung (,,Rebound"-Phänomen mit ausgeprägter Vasodilatation nach Absetzen bei Langzeitanwendung => ,.Arzneimittel-Rhinitis")

- NW Auge: reaktive Rötung bzw. Schleimhautödem (nach Wirkende), Bindehautreizung, Mydriasis, Glaukom, Akkomodationshemmung - NW systemisch : RR-Anstieg, Tachykardie, Herzklopfen, Angina pectoris, Tremor, Kopfschmerzen, Schwitzen - J:S1. bei Rhinitis sicca (NT), (Engwinkel)Glaukom (AT), Vorsicht bei schweren kardiovaskulären Erkrankungen (KHK, Hypertonie, Aneurysmen) - Interaktion: MAO-Hemmer => verstärkte Vasokonstriktion - Nasensprays: wegen möglicher Keimbesiedlung von Pipette/Düsenspitze (Reinfektion): Mehrdosenbehältnisse nur von 1 Person nutzen, Applikator/Pipette mit heißem Wasser abwaschen

Als Nasentropfen Anwendung nicht > 1 (-2) Wochen, da Schleimhautschädigung durch anhaltende Vasokonstriktion und Arzneimittel-Rhinitis durch Vasodilatation nach Absetzen (,,Rebound").

2.1.2.5 systemisch verwendete a -Adrenozeptor-Agonisten Midodrin

Gutron®

CHARAKTERISTIKA: - fül; HWZ: 4 h; Applik.: p.o. - a-sympathomimetisch, längere Wirkdauer als Noradrenalin - NW: Kältegefühl, Juckreiz, Harnverhalt, Herzklopfen - lnd.: h otone Zustände; KI : siehe Phen le hrin Neurogene orthostatische Hypotension, wenn unzureichend: Anf-Dos 2-3 x 2,5 mg, Max-Dos 30 mg

Gutron® (Tbl 2,5 mg) (Trpf 1 ml 28 Trpf

=

Phenylephrin

=10 mg)

Allgemeinmaßnahmen

Kdr < 12 J: kontraindiziert

Generika

CHARAKTERISTIKA: - HWZ: kurz; Applik. i.v.; auch oral in Erkältungspräparaten (Doregrippin®); lokal in Augentropfen - a-sympathomimetisch, kurzwirkend; oral längere Wirkdauer (HWZ 2,5 h) - NW: Reflexbradykardie, Tachykardie, Herzklopfen, Angina; weitere NW siehe Noradrenalin - lnd.: Hypotonie bei Spinal-, Epidural-, Vollanästhesie - KI: u.a. Hyperthyreose, Phäochromoztyom, KHK, schwere Herzerkrankungen (Verschlechterung mit Abnahme HZV bei KHK, infolge Nachlaststeigerung bei Herzinsuffizienz o. kardiog. Schock) Phenylephrin Generikum

Hypotonie bei Spinat-, Epidurat-, Vollanästhesie: i.v.-Bolus 50-100 µg, bei Bedarf WH; kontinuierlich: initial 25-50 µg/min, dann 25-100 µg/min

(Amp 100µg/ml))

Kdr, Jugdli: keine Daten

Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

76

ax-Adrenozeptor/ßx-Adrenozeptor-Agonisten

2.1.2.6

Noradrenalin

Arterenol®

- BQ; HWZ: 1-2 min; Applik.: i.v.; Bioverfüg.: < 5 %; Q0 : 0,95

1

WIRKUNG : Stimulation der ex-, gering der ß1 -Rezeptoren - Herz/Gefäße: ausgeprägte Vasokonstriktion (ex) mit reflektorischer Herzfrequenzabnahme (stimulierte Pressorezeptoren => Vagusstimulation => Herzfrequenz t). Durch die Vasokonstriktion steigen Nachlast (Afterload ) und myokar-dialer Sauerstoffverbrauch. (Gefahr myokardialer Ischämie)

NEBENWIRKUNG: - üblicherweise dosisabhängiq: Myokardischämie, exzessiver Blutdruckanstieg mit reflektorischer Bradykardie, Übelkeit, Erbrechen , Kältegefühl, Blässe, Schwitzen, Oligu-/Anurie - Uteruskontraktionen in der Schwangerschaft - in höheren Dosen Neigung zur Hyperglykämie INDIKATION: (Bewertung Katecholamine ~ 2.14.7) systemisch: - Mittel der Wahl im septischen Schock (c:> 2.14.4) - ultima ratio bei anderen Schockformen, um einen ausreichenden Perfusionsdruck der Vitalorgane zu sichern. Aber: erhöhter myokardialer O2 -Bedarf, verminderte Perfusion v.a. der Nieren und des Splanchnikusgebietes

1

Noradrenalin ist Mittel der Wahl im septischen Schock. Ansonsten nur kurzfristig bei therapierefraktärem Schock. überdenken der Therapie bei Zentralisation und/oder Anurie.

lokal - Vasokonstriktorenzusatz in der Lokalanästhesie KONTRAINDIKATION/INTERAKTION: siehe Adrenalin Noradrenalin Arterenol® (Amp 1 ml = 1 mg) (Durchstechflasche 25 ml = 25 mg)

2.1.2.7

Schockzustände: individuelle Dosierung; durchschnittlich 0, 1 µg/kg/min 1 Zusatz zur Wirkungsverlängerung von Lokalanästhetika (LA): 1 Trpf pro ml 1 Lokalanästhetikum, Max-Dosis für Lokalanästhesie im Kopf-Hals-Bereich 0,5 mg DosNI: ggfs. Dosisreduktion, bei schwerer Niereninsuffizienz formal kontraindiziert 1 Grav: systemisch bei vitaler Indikation Still: systemisch bei vitaler Indikation 1

!

Adrenalin

(engl. Epinephrine)

- BQ; HWZ: 1-2 min; Applik.: i.v., s.c. , (i.m.), inhalativ - geringe Bioverfügbarkeit => parenterale Applikation - Wirkdauer ::::: 1-2 min

WIRKUNG : Stimulation der ex-, - Herz: -

ß1 -,

ß2-Rezeptoren

positiv chronotrop (Zunahme der Herzfrequenz) positiv inotrop (Zunahme der Kontraktilität) positiv dromotrop (verkürzte AV-Überleitung) Zunahme der Automatie Arzneistoffliste IMPP

Suprarenin®

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

77

- Gefäßsystem : uneinheitliche Wirkung von Adrenalin , da sowohl vasokonstrinqierende a1:

Rezeptoren wie auch vasodilatierende ß2-Rezeptoren stimuliert werden. In Haut und Nierengefäßen überwiegen die a-Rezeptoren, in Muskel und Mesenterialgefäßen die ß2Rezeptoren. Betarezeptoren sind für geringe Adrenalinkonzentrationen sensibler als aRezeptoren. Sind bei hohen Adrenalindosen jedoch alle a- und ß-Rezeptoren der Gefäße stimuliert, so dominiert die a-vermittelte Vasokonstriktion gegenüber der ßrind uzierten Vasodilatation => peripherer Gefäßwiderstand nimmt zu

- Bronchien: ausgeprägte Bronchodilatation - Stoffwechsel: gesteigerte Lipolyse (ß1) => Fettsäuren t, gesteigerte Glykogenolyse (ß2) =>





Blutzucker t - Niere: die renovaskuläre Konstriktion bewirkt eine Aktivierung des Renin-AngiotensinAldosteron-Systems

NEBENWIRKUNG: - Hypertonie, Angina pectoris - Tachykardie, Herzrhythmusstörungen bis zum Kammerflimmern - Hyperglykämie - Nekrosen im Bereich der Akren - ferner: Unruhe, Angst, Blässe, Tremor, Palpitationen , Hypokaliämie (durch Umverteilung)

INDIKATION : systemisch (Bewertung Katecholamine q 2.14.7) - Mittel der ersten Wahl bei Reanimation: i.v. oder intraossär (q 2.19.3) - Mittel der Wahl bei allergischem Schock: i.m .-Gabe (q 2.14.5, 15.2 .5.4.1) - therapierefraktäre andere Schockformen (nach Versagen der Erstlinientherapie) lokal - als Vasokonstriktor (HNO) - als Vasokonstriktorzusatz in der Lokalanästhesie (q 6.5.4.2) - inhalativ bei akuter Laryngotracheitis (lnfectoKrupp lnhal®)

1 1

Auch bei lokaler Anwendung Gefahr systemischer Wirkungen.

KONTRAINDIKATION : - Hypertonie / Cor pulmonale - Tachykardie, Tachyarrhythmie - Zustände mit erhöhter Katecholaminsensibilität: Hyperthyreose (Thyreotoxikose), einige lnhalationsanästhetika (Halothan) - Phäochromozytom - Arteriosklerose, koronare Herzkrankheit - als Vasokonstriktorenzusatz bei Lokalanästhesie an Akren (Finger, Zehen, Nase, Penis) - Engwinkelglaukom (Erschlaffung des m. ciliaris verengt den Kammerwinkel zusätzlich) INTERAKTION: - Anticholinergika, andere Sympathomimetika, Guanethidin, Theophyllin, tricyclische Antidepressiva, MAO-Hemmer, Halothan => erhöhtes Tachykardie- bzw. Arrhythmierisiko - Digitalis=> vermehrt Arrhythmien - Antidiabetika => verminderte Blutzuckersenkung - Alpha-Blocker => Wirkungsumkehr mit RR-Senkung



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

78 BESONDERHEITEN:

Durch die unterschiedliche Adrenalinsensibilität der a.- und ß-Rezeptoren (siehe oben) sind die Kreislaufwirkungen dosisabhängig: - in geringen Dosen (;::: 1-2 µg/min) erfolgt primär eine ß-Stimulation (ß1, ß2) - in mittleren Dosen(;::: 2-10 µg/min) besteht eine gemischte a- und ß-Stimulation - in hohen Dosen(;::: 10-20 µg/min) überwiegt die a.-Stimulation Herz/Kreislauf: Adrenalin kann tachykarde Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern auslösen. Bei versehentlichen Überdosierungen sind systolische Blutdruckanstiege bis 400 mmHg beschrieben, besondere Gefährdung besteht bei Herzerkrankung sowie Arteriosklerose (Zerebralsklerose) mit Gefahr der Gefäßruptur. Die Koronarien dilatieren insbesondere unter dem Einfluß des erhöhten OrBedarfs des adrenerg stimulierten Myokards. Die Zunahme des koronaren Blutflußes ist jedoch im Vergleich zum gesteigerten OrVerbrauch nicht ausreichend. Bei Koronarsklerose kommt es im poststenotischen Bereich zu einem Abfall des Perfusionsdrucks. => Ischämie, Angina pectoris Adrenalinumkehr: Besteht eine Blockade der a.-Rezeptoren (durch a.-Blocker), so resultiert nach Adrenalininjektion ein Blutdruckabfall durch die Vasodilatation (ß2) ~ Wirkungsumkehr. Adrenalin und Betablocker: werden die ß-Rezeptoren kompetitiv gehemmt (ß-Blocker), so tritt nur ein Blutdruckanstieg (a.-vermittelte Vasokonstriktion) ähnlich der Noradrenalinwirkung auf. Durch fehlende ßStimulation ist eine reflektorische Bradykardie möglich. Merke: Betablocker hemmen nur die ß-Rezeptorvermittelten Adrenalineffekte , nicht hingegen die durch a.-Stimulation induzierte Vasokonstriktion. (q

2.1.3.1.5) Reanimation: Adrenalin ist Mittel der Wahl bei allen Formen des Herz-Kreislauf-Stillstandes (q 2.19.3.1 ). Beim Kreislaufstillstand nimmt der periphere Gefäßwiderstand ab und das Blut versackt in der Peripherie. Neben korrekten Basismaßnahmen (Beatmung, Herzdruckmassage) ist die rasche Adenalingabe entscheidend. Wesentlicher Effekt ist die Vasokonstriktion mit Erhöhung des systemischen Gefäßwiderstandes und damit des Blutdrucks => Verbesserung von myokardialer und zerebraler Perfusion. Bei fehlendem intravenösem Zugang wird Adrenalin intraossär appliziert. Erst wenn weder intravenöser noch intraossärer Zugng verfügbar sind, erwäge endobronchiale Gabe über den Beatmungstubus. Die intrakardiale Injektion ist obsolet.

Adrenalin= Epinephrin

1 Herzstillstand: Erw: 1 mg (vorher 1 mg auf 10 ml verdünnen) alle 3-5 min i.v. 1 oder i.o. , bei fehlendem i.v./i.o.-Zugang: 3 mg auf 20 ml verdünnt endobronchial

Suprarenin®

! schwerer anaphylaktischer Schock: 0,1

(Amp 1 ml = 1 mg) (Durchstechflasche 25 ml = 25 mg)

1 einigen min, bei protrahiertem Verlauf Perfusor: initial 0,1 µg/kg/min, Erhöhung bis

Verdünnung das 10-fache: 1 mg Adrenalin + 9 ml (NaCI 0,9 %)

Weitere Präparate: Adrenalin

mg (vorher 1 mg auf 10 ml verdünnen),

i WH nach einigen min t andere Schockformen: 25-50 µg (vorher 1 mg auf 10 ml verdünnen), WH nach

1Kreislauf stabil

1 Zusatz zur Wirkungsverlängerung von Lokalanästhetika (LA): tropfenweise

f Gabe

per Injektionsnadel Größe 1 zu Lokalanästhetika-Lösungen: 10 Trpf auf 100 ml einer LA-Lösung(=> Endkonzentration von 5-10 µg/ml = 1:200.00 - 1:100.000 j topisch zur Gefäßverengung in Ophthalmologie, Oto-Rino-Laryngologie, Urologie: 10-fach verdünnte Lösung 1lokale Blutstillung: auf Tupfer max 10 Trpf einer 10-fach verdünnten Lösung 1(max 0,05 mg) i Schockprophylaxe bei akuten allergischen Reaktionen (v.a. besonders gefährdeter Personen, z.B. Insektengiftallergiker): Erw: 0,3 mg s.c. ; Kdr 0,01 J mg/kg s.c.

! l

!

f DosNI: ggfs. Dosisreduktion, bei schwerer Niereninsuffizienz formal kontraindiziert

!e Grav: systemisch bei vitaler Indikation Adrenalin= Epinephrin lnfectoKrupp lnhal® (Flasche mit 1O ml = 40 mg)

Still: systemisch bei vitaler Indikation

Zusatztherapie der akuten stenosierenden Laryngotracheitis (wenn alleinige Glukokortikoidgabe nicht ausreichend): zur Anwendung im Vemebler, Standarddosis 7-14 Hübe (1-2 ml)""' 4-8 mg Adrenalin

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.2.8

Etilefrin

79 ■

Effortil® Generika

CHARAKTERISTIKA: - OTC; HWZ: 2,5 h; Applik.: p.o .; Oo~ ..... 0,9 - a-, ß1-, ß2-mimetisch ; längere Wirkdauer als Adrenalin - NW: Kältegefühl, Juckreiz, Harnverhalt, Herzklopfen - IND: hypotone Zustände; Wirkung ähnlich Adrenalin durch Vasokonstriktion (a.) und Steigerung des HZV (ß1) - KI : u.a. bei Hyperthyreose, Phäochromoztyom, Blasenentleerungsstörung (benigne Prostatahyperplasie), KHK, schweren Herzerkrankungen - aber: Wirkungsabnahme bei Dauertherapie durch Down-Regulation der Rezeptoren (Toleranz) Etilefrin

!

Effortil® (Tbl 5 mg) Lösung 1 ml mg)

Hypotonie/Kreislaufdysregulation: Erw + Kdr > 6 J: 3 x 5-10 mg p.o. (Tbl, Trpf) 1 Kdr 2-6 J: 3 x 2,5-5 mg (5-10 Trpf) ! Kdr unter 2 J: 3 x 2-5 Trpf 1

=15 Trpf =7,5

Weitere : Bioflutin®, Etilefrin ®

1 1

DosNI : bei Niereninsuffizienz Kumulationsgefahr Grav: kontraindiziert im 1. Trimenon, strenge Indikation im 2. + 3. Trimenon j Still: kontraindiziert

!

2.1.2.9 lsoprenalin außer Handel

Orciprenalin

Alupent®

CHARAKTERISTIKA: - BQ; HWZ: 6 h; Applik.: s.c., i.m., sehr langsam i.v. - schlechte Steuerbarkeit wegen langer Wirkdauer - etwa gleiche Affinität zu ß1 - und ß2 -Rezeptoren - Wirkungsdauer Orciprenalin > lsoprenalin - W : ß1-Stimulation (Herzfrequenz i , lnotropie i , AV-Überleitungsgeschwindigkeit i) und ß2Stimulation (Bronchodilatation, Wehenhemmung durch Relaxation der Uterusmuskulatur, Vasodilatation mit ggfs. RR-Abfall) - NW: Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, Hyperglykämieneigung, Tremor, Toleranzentwicklung

- IND: - Reserve-Bronchospasmolytikum (aber durch selektive ß2 -Mimetika ersetzt) - off-label: Atropin-resistente Bradykardie - keine Empfehlung für die Reanimation (historische Empfehlung in Deutschland)

- KI: Hypertonie, Tachykardie, Tachyarrhythmie, Arteriosklerose, KHK, erhöhte Katecholaminsensibilität (Thyreotoxikose) Orciprenalin Alupent® (Amp 1 ml = 0,5 mg) (lnf-Konzentrat 1O ml = 5 mg)

Akute Bronchokonstriktion: 0,5-1,0 mg i.m. oder s.c., 0,25 mg langsam i.v.; i.v.lnfusion : 5-10 µg/min Off-label bei Bradykardien (früher zugelassen): sofern nicht Schrittmacher indiziert ist bzw. zur Überbrückung bis zur Schrittmacheranlage: Erw 0,25-0,5 mg langsam i.v. (oder 0,5-1 mg i.m. oder s.c.); i.v.-lnfusion: Erw 10-30 µg/min Grav: strenge Indikationsstellung v.a. im 1. Trimenon und kurz vor der Geburt Wehenhemmun Still : stren e lndikationsstellun



80

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.2.10

■ ■

Freiname Fenoterol Reproterol Salbutamol Terbutalin Formoterol Salmeterol Bambuterol Clenbuterol

ß2-Ad renozeptor-Agon isten == Beta2-(Sympatho)Mimetika Handelsname Pulmologie: Berotec@ Geburtshilfe: Partusisten® Bronchospasmin® Sultanol® Bricanyl® Foradil® Oxis® Serevent® + ICS in Viani@ Bambec® Soirooent®

Charakteristika inhalativ: kurzwirkend (4-8 h) Geburtshilfe: i.v.-Daueroabe inhalativ: kurzwirkend (4-6[-8] h); i.v.-Gabe inhalativ: kurzwirkend (4-6[-81 h) inhalativ: kurzwirkend (4-6[-8] h);s.c.-Gabe inhalativ: lanowirkend (> 12 h) inhalativ: lanowirkend (> 12 h) oral: langwirkend (HWZ-Met 20 h) anabole Nebenwirkuno

Tab. 2.5. Übersicht Beta2-Mimetika. Weitere Präparate q 3.6.2.2 ■ ■

ICS == inhalatives Kortikosteroid

WIRKUNG: - ß6-Stimulation: Bronchodilatation, Wehenhemmung (Tokolyse), Vasodilatation, Hemmung der Histaminfreisetzung - geringe kardiale ß1-vermittelte Stimulation



1

NEBENWIRKUNG: - Tachykardie, Herzrhythmusstörungen (v.a. bei hoher Dosis) - Angina pectoris - Hyperglykämie - Hypokaliämie - feinschlägiger Tremor (1-10 %) als typische Folge der ß2 -Stimulation der Skelettmuskulatur, Muskelkrämpfe (1-10 %), Kopfschmerzen (1-10 %); NW bei Therapiefortführung nach 1-2 Wochen meist abnehmend - Toleranzentwicklung INDIKATION : - als Bronchospasmolytikum: Asthma bronchiale (q 3.7), COPD (q 3.8) falls bei Asthma als Dauertherapie notwendig, stets mit antientzündlicher Therapie kombinieren

- zur Tokolyse in der Geburtshilfe: vorzeitig einsetzende Wehen (q 17.8)

KONTRAINDIKATION : (bei oraler oder parenterale Gabe) - hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie - Phäochromozytom - Engwinkelglaukom - schwere Hyperthyreose INTERAKTION: - Anticholinergika, andere Sympathomimetika, Guanethidin , Theophyllin , tricyclische Antidepressiva, MAO-Hemmer, Halothan => erhöhtes Tachykardie- und Arrhythmierisiko

- Betablocker => gegenseitige Wirkungsabschwächung - Thiazide, Schleifendiuretika, Laxantien, Glukokortikoide auscheidung => Hypokaliämiegefahr

- Antidiabetika => verminderte Blutzuckersenkung

Arzneistoffliste IMPP

=>

additive

Kalium-

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Akuter Asthmaanfall bzw. akute Atemwegsobstruktion: Erw + Kdr ab 6 J: 100 µg (1 Hub) Einzeldosis, falls nach 5 min keine Besserung => WH; Kdr 4-6 J: 100 µg (1 Hub) Dauertherapie obstruk. Atemwegserkrankungen (Asthma bronchiale,COPD): Erw + Kdr ab 6 J: 3-4 x 1-2 Hübe; Abstand der Einzelgaben mind. 3 h , max Einzeldosis 400 µg, Max-Tagesdosis/d 8 Hübe a 100 µg Kdr 4-6 J: 4 x 100 µg (1 Hub), Abstand der Einzelgaben mind. 3 h, max Einzeldosis 200 µg, Max-Tagesdosis/d 4 Hübe a 100 µg

Fenoterol Berotec® (Dosieraerosol 1 Stoß = 100 µg)

- DosNI/DosLI: keine pharmakokinetischen Daten verfügbar, ggfs. Dosisreduktion - Grav: strenge Indikationsstellung (v.a. im 1. Trimenon und kurz vor der Geburt) Still: strenge Indikationsstellung

! akute Atemwegsobstruktion incl. akuter Asthmaanfall, Status asthmaticus:

Reproterol Bronchospasmin® (Amp 1 ml = 0,09 mg)

i Bolus: Erw: 1 Amp langsam i.v. (30-60 sec), W H nach frühestens 10 min; i Kdr (Säuglinge ab 3. Mo, Klein-, Schulkinder): 1,2 µg/kg verdünnt langsam i.v. (auf

! 15 ml NaCI 0,9 %: 1 ml = 6 µg)

Infusion: Erw: 18-90 µg/h über Perfusor (über 3-4 d); 1 Kinder. Kleinkinder, Säuglinge: 1 µg/kg über 10 min, dann 0,2 µg/kg/min (über 36-48 1 h), ggfs alle 10-30 min um 0, 1 µg/kg/min steigern ; Max-Dosis 2,0 µg/kg/min 1

! Grav: strenge Indikationsstellung (v.a. im 1. Trimenon und kurz vor der Geburt)

1Still: stren Salbutamol

l inhalat1v: Akut- und Dauertherapie obstruktiver Atemwegserkrankungen

Sultanol® ! Aerosol : 1 Sprühstoß j = 0,1 mg Fertiginhalat: 2,5 ml I = 1,25 mg I (Ausnahme Sultanol forte: 2,5 ml = 2,5 mg) j lnhalationslösung: 1 i I ml 20 Trpf 5 mg

l l

=

=

1

Weitere: Bronchospray®, Salbutamol

e lndikationsstellun

j ,

1 1

i

Dosieraerosol Erw + Kdr ab 12 J : Einzeldosis 1-2 Sprühstöße (0,1-0,2 mg) Kdr < 12 J: Einzeldosis 1 Sprühstoß (0,1 mg) Akuttherapie: 1 Einzeldosis; Dauertherapie: 3-4 x/d im Abstand von mind. 3 h Max-Dosis Erw + Kdr ab 12 J: 1,2 mg (12 Sprühstöße), Max-Dosis Kdr < 12 J: 0,6 mg (6 Sprühstöße) lnhalationslösung: (Trpf auf 3 ml NaCI 0,9 % verdünnen, dann inhalieren) Erw : Einzeldosis 5-10 Trpf (1 ,25-2,5 mg) Kdr: Einzeldosis 1-2 Trpf/Lebensjahr (0,25-0,5 mg/Lebensjahr) Akuttherapie: 1 Einzeldosis; Dauertherapie: 3-4 x/d im Abstand von mind. 3 h Max-Dosis Erw 60 Trpf, Max-Dosis Kdr 30 Trpf Fertiginhalat: Erw + Schulkinder: 1 Einzeldosis Akuttherapie: 1 Einzeldosis; Dauertherapie: 3-4 x/d im Abstand von mind. 4 h Max-Dosis/d: 5 Einzeldosen

j DosAlt: keine Dosisanpassung notwendig 1

i

Grav: strenge Indikationsstellung (v.a. im 1. Trimenon und kurz vor der Geburt) Still : strenge Indikationsstellung

~

Terbutalin

1 p.o.: Dauertherapie obstruktiver Atemwegserkrankungen

Bricanyl®

Erw: unretardiert: 2-3 x 2,5-5 mg, max Einzeldosis 5 mg, Max-Dosis 15 mg/d; ' retardiert 2 x 7,5 mg; Max-Dosis 15 mg/d; Kdr 7-14 J: 2 x 2,5 mg; Kdr 3-6 J: 2 x 1,25 mg j s.c.: akute Atemwegsobstruktion incl. akuter Asthmaanfall, Status i asthmaticus: Erw: 0,25-0,5 mg s.c., WH nach 15-20 min, WH bis zu 4 x /d l' Grav: strenge Indikationsstellung (v.a. im 1. Trimenon und kurz vor der Geburt) 1 Still: strenge Indikationsstellung

(Ret-Tbl 7,5 mg) (Amp 1 ml = 0,5 mg)

Weitere: Aerodur®, Terbutalin

Formoterol Foradil® Dosieraerosol (1 Sprühstoß 12 µg) (Pulver 12 µg in lnhalations-Kpsl)

Weitere: Oxis® Formoterol

1

Langzeittherapie von Asthma bronchiale: Erw: 2 x 12 µg (Sprühstoß oder Pulver); ggfs. auf 2 x 24 µg steigern; Max-Dosis 48 µg/d (4 Sprühstöße a 12 µg oder 4 Kpsl) _ Kdr ab 6 J: 2 x 12 ~•9 (Sprühstoß bzw Pulver), Max-Dosis 24 ~19/d - Kinder< 6 J: kontraindiziert Grav: strenge Indikationsstellung Still: strenge Indikationsstellung

81

82

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

(Diskus: Pulver 0,05 mg) (Dosieraerosol: 1 Sprühstoß = 0,025 mg)

Langzeittherapie von obstruktiven Atemwegserkrankungen : Erw: 2 x 2 Sprühstöße, ggfs. auf 2 x 4 Sprühstöße steigern, Max-Dosis 8 Sprühstöße/d; alternativ 2 x 1 Discus inhalieren, ggfs. auf 2 x 2 Disci steigern, MaxDosis 4 Disci/d ; Kdr ab 4 J: 2 x 2 Sprühstöße, alternativ 2 x 1 Diskus inhalieren Beachte: Abstand zwischen den Inhalationen 12 h; nicht für den akuten Asthmaanfall

Weitere: Aeromax®

Grav: strenge Indikationsstellung ~ Grav 5

Serevent®

Still: strenge Indikationsstellung

Bambuterol ~ Obstruktive Atemwegserkrankungen: Erw + Jqdli: 1 x10 mg/d, bei Bed. nach 1-2 Bambec® (Tbl 10 mg) ! W. auf 20 mg/d steigern; Kdr 6-12 J : initial 1 x10 mg/d, bei Bed. nach 1-2 W. auf 20 : mg/d steigern; asiatische Kinder max 10 mg/d; Kdr 2-5 J.: 1 x10 mg/d; asiatische / Kinder max 5 mg/d j DosNI: Dosishalbierung (5 mg/d) bei Krea-CI < 60 ml/min

prropen (Tbl 0,01 mg, 0,02 mg) (Trpf 1 ml = 20 Trpf = 0,059 mg)

1

!

rw C u kdr 2 X o. - ' Trpf: Kdr 0,0008-0,0015 mg/kg :

mg;

X-

OSIS

rw . mg

j Grav: strenge Indikationsstellung (v.a. im 1. Trimenon und kurz vor der Geburt) 1

Still: strenge Indikationsstellung

2.1.2.11 Dopamin-Dx-Rezeptor-Agonist: Dopamin

Generika

Grundlagen „Dopamin als Transmitteru q 1.1.2.5.4 natürliches Katecholamin; Vorkommen: in postganglionären sympathischen Nervenendigungen und im Nebennierenmark als Vorstufe von Noradrenalin, sowie in dopaminergen Neuronen im ZNS (s.u.) BQ, HWZ: 2 min, Applik: kontinuierlich i.v. (oral unwirksam, da ausgeprägter first pass Effekt)

- nicht ZNS-gängig - Inaktivierung durch COMT und MAO; mit steigender Dosis zunehmende Metabolisierung zu Noradrenalin - Dopaminrezeptoren: - periphere D1-Rezeptoren (v.a. renal, mesenterial) - zentrale D~ -Rezeptoren (Antagonisten: Butyrophenone, Metoclopramid), im ZNS ubiquitär verteilt, u.a.: - im Hypophysenvorderlappen: Hemmung Prolactinausschüttung (q 17.2.1) - in area postrema: Übelkeit (q 4.5.1.1 , q 4.5.2) - in Basalganglien: Bedeutung beim M. Parkinson ( q 11.2.4)

1

WIRKUNG : dosisabhängig (siehe auch 2.1 .2.13) - in geringer Dosierung (~ 1-3 µg/kg/min): ,,Nierendosis" (q 5.1.9.3) Stimulation von 0 1 -Rezeptoren - Verbesserung von Nieren- und Mesenterialdurchblutung - Zunahme von glomerulärer Filtrationsrate (GFR) und Diurese

- in mittlerer Dosierung (~ 4-8 µg/kg/min): Stimulation von 131-Rezeptoren (direkt sympathomimetisch) -

positiv inotrop positiv chronotrop positiv dromotrop erhöhte Automatie

=> => => =>

erhöhte Kontraktilität (erwünscht) Zunahme der Herzfrequenz (unerwünscht) verkürzte AV-Überleitung (unerwünscht) Arrhythmieneigung (unerwünscht)

- in hoher Dosierung (> 8-1 O µg/kg/min ): Stimulation von a -Rezeptoren durch zunehmende Freisetzung von Noradrenalin (indirekt sympathomimetisch) - Vasokonstriktion => Erhöhung des Blutdrucks - aber: Nieren- und Mesenterialdurchblutung vermindert, reduzierte Diurese(:::::: Wirkungsumkehr bei hoher Dosierung)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

83

NEBENWIRKUNG: q 2.14.7 - Tachykardie, Arrhythmie, Angina pectoris (Beachte: erhöhter kardialer Sauerstoffverbrauch bei adrenerger Stimulation) - Übelkeit, Erbrechen (area postrema) INDIKATION: (Bewertung Katecholamine ~ 2.14.7) - ausgeprägte Hypotension/Schock (aber nur fernere Wahl)

■ ■

- früher: in niedriger Dosierung zur Diuresesteigerung in der lntensivmedizin , jedoch keine routinemäßige Empfehlung wegen fehlenden Nutzens bezüglich Morbidität oder Mortalität

KONTRAINDIKATIONJINTERAKTION: siehe Adrenalin

i Schockzustände: individuelle Dosierung; Anf-Dosis 2-5 µg/kg/min, bei schwerem ! Schock 5 ~tg/kg/min, schrittweise (alle 15-30 min um 5-10 ~tg/kg/min) auf 20-50

Dopamin Dopamin Solvay®

i

(unterschiedliche Konzenµg/kg/min erhöhen t~tio~en;kAmpult~ und ! n us~ns onzen ra :: 1 Kinder: unzureichende Erfahrung für feste Dosierungsempfehlungen

5 ml - 50 mg, 5 ml - 200 ; G . b . ·t I I d"k t· mg, 50 ml = 250 mg, 50 ml ! ~av. nur ~1 ~1 a er n. 1 ~ 10n = 500 mg) Still: nur bei vitaler lnd1kat1on

i

Qi~~ri~e posis , mittlere Dosis hohe Dosis lf

'

'

"

'

II

l. . 1. .:::. .~. .l:!.,9,!..~9l~,~.r.!. .(IQ.~~.1. Q. ,~.9.{!!),!,~,!,,?.,Q,. .~.9..). , , ,. ,,.

(l •

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J. . 4..- . 8,,µg/kg/mi_n. . (280-480 µg/mi_n/70__kg) . . ,.,....,............................,....,............................,.....,.......,........,..............,.,.. . .........,.................................,....,.,.. . ..

,. .!

.(?}.~.Q :: .?9 ...P9/~gl,r.:r,iin..(~9..9:J.?9.9. pg/r.:r,i_iQ!?.9...~.9L.. .. . ... ... .. ... .. ..... ...... . ... ... ...... .. .. ... .. ... . ....

Beachte: individuelle Dosierung nach Wirkung über lnfusionspumpe

2.1.2.12 ax-Adrenozeptor/ßx-Adrenozeptor-Agonist: Dobutamin Generika - BQ; HWZ: 2-3 min; Applik.: kontinuierlich i.v.; Bioverfüg.: nahezu O; Oo~ 1,0 = - synthetisierte Substanz, Beachte kontinuierliche i.v.-Applikation

WIRKUNG: (siehe auch 2.1.2.11 + 2.1.2.13) - Dobutamin liegt als Racemat vor: - I-lsomer ist ein a 1-Agonist - d-lsomer ist ein ß1 -/ß2-Agonist => scheinbar selektive ß1-Stimulation (positiv inotrop > positiv chronotrop) - vasodilatierende Komponente (ß2 > a 1) - keine Stimulation von Dopamin-Rezeptoren

1

NEBENWIRKUNG: - in höheren Dosen Tachykardie, Arrhythmieneigung - Übelkeit, Kopfschmerzen, Herzklopfen , Angina pectoris INDIKATION : (Bewertung Katecholamine ~ 2.14.7) - Mittel der Wahl im kardiogenen Schock, bei akuter Linksherzdekompensation

Arzneistoffliste IMPP

■ ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

84

Dobutamin erhöht das Schlagvolumen und damit das Herzzeitvolumen ohne die Herzfrequenz wesentlich anzuheben (in höherer Dosis auch HF t ). Dobutamin ist zur Kurzzeittherapie der akuten Herzinsuffizienz, bei akutem Myokardinfarkt oder kardiochirurgischen OP 's indiziert.

KONTRAINDIKATION : - Schockzustände bei bestehendem Volumenmangel - mechanische Behinderung der ventrikulären Füllung (Perikardtamponade, Perikarditis constrictiva) und/oder des Ausflusses (Aortenklappenstenose, hypertrophe obstruktive Kard iomyopath ie)

- MAO-Hemmer

INTERAKTION: - Anticholinergika , andere Sympathomimetika, Guanethidin, Theophyllin , tricyclische Antidepressiva, MAO-Hemmer, Halothan => erhöhtes Tachykardie- bzw. Arrhythmierisiko

-

MAO-Hemmer => hypertensive Krise Alpha-Blocker => Tachykardie, RR-Senkung Betablocker=> verminderte positive lnotropie, periphere Vasokonstriktion mit RR-Anstieg venöse Vasodilatatoren => höherer Anstieg HZV, stärkere Reduktion des systemischen Gefäßwiderstandes

BESONDERHEIT : Bei Volumenmangel vermindert Dobutamin durch die ßrvermittelte Vasodilatation die kardialen Füllungsdrücke zusätzlich (Preload .J,) => zuerst Volumenmangel ausgleichen. Dobutamin: positiv inotroper Effekt > positiv chronotroper Effekt; bei einigen Patienten jedoch deutliche Frequenzzunahme => Dosisreduktion. Dobutamin Dobutamin (lnj-Flasche 250 mg)

Akute Herzinsuffizienz (v.a. bei kardialer Dekompensation mit vermindertem i Herzzeitvolumen und erhöhtem Pulmonalkapillardruck): individuelle Dosierung; i 2,5-10 ~1g/kg/min, in Einzelfällen bis 40 µg/kg/min ! Kinder: 1-15 µg/kg/min (minimal effektive Dosis bei Kindern wahrscheinlich höher als bei Erwachsenen, aber maximal tolerierte Dosis niedriger als bei Erwachsenen; ab ! 7,5 µg/kg/min zunehmende NW) i Grav: nur bei vitaler Indikation 1 Still: nur bei vitaler Indikation (Stillen für Behandlungsdauer unterbrechen) 1

! i

i-

... niedrige,. Dosi~ ... ... ..... ... .. . bis 3 ~ /kg/min 170 - 21 o_1J.9Lmin/70 ~ ________________________________J ....mi~lere..Dosi~... . .... .... ,.....,... . ... .[i 3 - 6_µ_g{~min J 21 0 - 420JJ_g{min/70 kg) _______________________________ .. hoh~.. D9sis .............. ... ..... .. ... 6 - 12_1:!_g/kg/minJ.420-8401!.9/min/70 iw________________________________ . Beachte: individuelle Dosierung nach Wirkung über lnfusionspumpe i

1

2.1.2.13

Dopamin versus Dobutamin

Noradrenalin, Adrenalin , lsoproterenol und andere Sympathomimetika stimulieren die kardialen ß1-Rezeptoren, weisen aber ausgeprägte frequenzerhöhende, proarrhythmische und vaskuläre Effekte auf. Dobutamin ist Katecholamin der Wahl zur Steigerung der Kontraktilität bei akuter myokardialer Insuffizienz. Dopamin hat in der lntensivmedizin kaum noch Bedeutung trotz seiner differenzierten dosisabhängigen Effekte und sollte nur noch bei Nichtverfügbarkeit von Dobutamin (kardiogener Schock) bzw. Noradrenalin (septischer Schock) Anwendung finden. In Vergleichsstudien weist Dopamin zwar keine erhöhte Sterblichkeit, aber vermehrt Nebenwirkungen (v.a. HRST) mit resultierender Therapieumstellung auf.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Rez.

Do amin 1-3 C>

s::

4-8

85 Dobutamin

> 8-1 0 µg/kg/min

Vasodilatation Nieren-+ Mesenterialgefäße

--------------0 +++ + + (+ +)

::::s

.:c:

'-

§

~

Herzfrequenzsteigerung, z Arrh hmie Abb. 2.9: Übersicht Dopamin- und Dobutamin-Effekte.

Rez. ~

HF-Steigerung, Arrh thmie Rezeptor

Dobutamin ist Katecholamin der Wahl bei der akuten Herzinsuffizienz, jedoch Toleranz nach spätestens 72 h kontinuierlicher Gabe. Gefahren: Arrhythmien , Anstieg von Herzfrequenz und 0 2-Verbrauch. Dopamin ist anderen Katecholaminen unterlegen (vermehrte NW - v.a. Arrhythmogenität), keine Indikation besteht zur Nephroprotektion Beachte Kombinationsmöglichkeit mit Nitraten (Vorlast -l, ).

2.1.2.14

Theodrenalin/Cafedrin

Akrinor®

CHARAKTERISTIKA: - Mischung aus Theodrenalin

(Noradrenalin-Theophyllin-Verbindung ) und Cafedrin (Norephedrin-Theophyllin-Verbindung) im Verhältnis 1:20 (1 Amp a 2 ml: Theodrenalin 10 mg + Cafedrin 200 mg). Komplexe Wirkung wegen mehrerer Ausgangssubstanzen, die teils in ihre Ausgangsstoffe gespalten werden. Gemischte direkte und indirekte sympathomimetische Wirkung: indirekter Effekt durch Noradrenalin-Freisetzung bzw. verminderte NA-Wiederaufnahme.

- Sympathomimetikum mit dosisabhängiger a1-, ß1 und ß2-Stimulation: in niedriger Dosis (0,5 ml Akrinor) geringer Anstieg von RR und HF v.a. via ß1-Stimulation, in höherer Dosis (> 1,0 ml Akrinor) zunehmender RR-Anstieg infolge Vasokonstriktion via a 1 , die dann dominiert. - verminderte oder fehlende Wirkung von Akrinor bei schwerem Schock (entleerte Noradrenalinspeicher - erklärt sich über indirekten Akrinor-Effekt/s.o.). Bei schwerem Schock sind direkt wirkende Sympathomimetika (z.B. Noradrenalin) erforderlich. Bei wiederholter Akrinor-Gabe entsteht Tachyphylaxie - ebenfalls über den indirekten Wirkeffekt erklärbar. - keine bedeutsame Beeinflussung der Plazentadurchblutung => auch in der Geburtshilfe einsetzbar

- Anw: Hypotonie (perioperativ) - beliebtes Pharmakon zur Therapie akuter Blutdruckabfälle wie intraoperative Hypotonie bei rückenmarksnaher Anästhesie oder hypotoniebedingter Kollaps internistischer Patienten. Keine Gabe bei manifestem Schock (s.o.) Theodrenalin + Cafedrin Akrinor® (Amp 2 ml = Theodrenalin 10 mg + Cafedrin 200 mg)

Akute Hypotonie in der Notfallmedizin, anästhesiebedingte Blutdruckabfälle:

Erw: nach Verdünnung auf 10 ml Einzelgaben von 1 mL Max-Dosis 3 Amp/Tag

86

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.2.16

■ ■

Levosimendan

CHARAKTERISTIKA: (Neuzulassung 2014) - fast vollständige hepatische Metabolisierung, HWZ 1 h, aktive Metabolite (HWZ 70-80 h) bedingen eine bis zu 7-9 Tage anhaltende hämodynamische Wirkung - ,,Calciumsensitizer": Levosimendan bindet an Troponin C in MJ➔ozyten und erhöht die Empfindlichkeit gegenüber der in der Systole erhöhten Ca +-Konzentration => positiv inotrop - zudem Öffnung ATP-sensitiver K+-Kanäle in der glatten Gefäßmuskulatur => Vasodilatation mit Vor- und Nachlastsenkung - Vorteil : kein erhöhter 0 2 -Verbrauch, Nachteil: Hypotension - im Vergleich zu Dobutamin bessere hämodynamische Stabilisierung , aber keine Sterblichkeitssenkung (SURVIVE-Studie) - Anwendung: schwere akute Herzinsuffizienz ohne Hypotension (nach Versagen der Standardtherapie) (Bewertung Katecholamine q 2.14.7)

2.1.2.17 ■

Simdax®

Amrinon Enoximon -

Phosphodiesterase (PDE)-111-Hemmer Milrinon

außer Handel Perfan®

Milrinin Stragen

Pharmaka mit positiv inotropen und vasodilatierenden Eigenschaften (,,lnodilatatoren") zur Therapie der therapierefraktären schweren Herzinsuffizienz Die Phosphodiesterase wird in mind. 5 lsoenzyme PDE I-V differenziert, die sich u.a. in der Affinität zu cAMP und cGMP unterscheiden Methylxanthine (Theophyllin) als klassische PDE-lnhibitoren hemmen unselektiv alle lsoenzyme, obige Pharmaka selektiv die PDE-II1. Die PDE-I11 hat eine hohe Affinität zu cAMP und ist durch cGMP hemmbar.

ß-Rezeptor

•+

Gs

Gi

•+

a 2 -Rezeptor

PDE AMP ◄

-

Myokard (ß1 ) positiv inotrop (erwünscht) positiv chronotrop (unerwünscht) positiv dromotrop (unerwünscht) arrhythmogen (unerwünscht)

glatte Gefäßmuskulatur (ß2) - periphere Vasodilatation (erwünscht)

~

Abb. 2.10: Wirkmechanismus der PDE-II1-Hemmer. G-Protein ~ Guanin-Nukleotid-Regulationsprotein ATP Adenosinmonoohosohat. PDE ~ Phosohodiesterase

~

Adenosintriphosphat, cAMP

~

cyclisches

PDE-11I-Hemmer erhöhen den "second messenger" cAMP durch Hemmung des abbauenden Enzyms Phosphodiesterase-11I (P DE-11I ) unter Umgehung zellmembranständiger Rezeptoren. Im Myokard

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

87

resultiert eine Erhöhung der intrazellulären freien Calciumkonzentration => positiv inotrop, im glatten Gefäßmuskel dagegen ein verminderter Calciumgehalt => Vasodilatation.

PHARMAKOKINETIK: - PDE-I11-Hemmer werden überwiegend unverändert renal eliminiert (CAVE Niereninsuffizienz => Dosisanpassung), z.T. (Enoximon ) auch hepatisch metabolisiert (CAVE Leberinsuffizienz)

WIRKUNG: Hemmung der Phosphodiesterase-(PDE-) III - im Myokard: positiv inotrop - in glatter Gefäßmuskulatur: periphere Vasodilatation (auch im Lungenkreislauf) mit Senkung von „Preload" und „Afterload"; ferner koronare Vasodilatation => Steigerung der kardialen Auswurfleistung NEBENWIRKUNGEN: kardial : - positiv chronotrop (Herzfrequenzanstieg) - positiv dromotrop (bei Vorhofarrhythmie: Gefahr der Überleitung auf die Ventrikel => erwäge prophylaktische Digitalisierung) - arrhythmogen extrakardial: - RR-Abfall durch überschießende Vasodilatation v.a. bei unbehandeltem Volumenmangel (=> vorherige Volumengabe) - gastrointestinale Beschwerden: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe - Leberfunktionsstörungen, Transaminasen t (=> Laborkontrolle) - hämatologisch: reversible Thrombozytopenie (=> Laborkontrolle) INDIKATION: (Bewertung Katecholamine ~ 2.14.7) - Kurzzeittherapie der schweren Herzinsuffizienz (NYHA IV), die gegen andere Pharmaka (Herzglykoside, Diuretika, Vasodilatatoren, ACE-Hemmer) therapieresistent ist (z.B. nach Herz-OP, Überbrückung ::::: Bridging bis zur Implantation linksventrikulärer Assist-Systeme oder bis zur Herztransplantation)

KONTRAINDIKATION : - Zustände/Erkrankungen, bei denen durch lnodilatatoren eine HZV-Steigerung nicht möglich ist: schwere Hypovolämie, schwere obstruktive Klappenerkrankung, schwere obstruktive Kardiomyopathie, funktionell wirksames ventrikuläres Aneurysma; supraventrikuläre Tachyarrhythmie, falls keine vorherige Digitalisierung (Gefahr der Überleitung auf die Kammer)

- Thrombozytopenie - schwere Niereninsuffizienz / z.T. Leberinsuffizienz (Enoximon) - Schwangerschaft und Stillzeit

INTERAKTION: - Dobutamin => verstärkte positive lnotropie - Diuretika => verstärkte Diurese BESONDERHEITEN : -

-

PDE-I11-Hemmer steigern den cardiac index (Cl) um bis zu 40-60 % (=> symptomatische Besserung, Diurese t ) bei nicht erhöhtem myokardialem OrVerbrauch und sind bei der akuten Herzinsuffizienz akzeptiert, jedoch bei der oralen Langzeittherapie der chronischen Herzinsuffizienz nicht indiziert (Verschlechterung der Herzinsuffizienz mit verkürzter Lebenserwartung). arrhythmogen: Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz neigen (v.a. nach Infarkt) zu komplexen Herzrhythmusstörungen, die durch PDE-I11-Hemmer beträchtlich verstärkt werden können. Die Kombination von PDE-I11-Hemmern mit Katecholaminen (Dobutamin, u.a.) ist sinnvoll, da nur cAMP im Abbau gehemmt werden kann , das auch zuvor produziert wurde (durch ß-AdrenozeptorStimulation).

1

88

Milrinon Stragen (Amp 10 ml = 10 mg)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Kurzzeittherapie der schweren Herzinsuffizienz (therapierefraktär auf Herzglykoside, Diuretika, Vasodilatatoren): Anf-Dosis 50 µg/kg über 10 min i.v. , dann Erhalt-Dosis 0,375-0,75 µg/kg/min, üblicherweise 0,5 µg/kg/min; Max-Dosis:,; 1,13 mg/kg/d; max Dauer 2 Tage, in Ausnahmefällen 5 Tage Kinder< 12 J: kontraindiziert DosNI: Krea-CI 50 ml/min: Erhalt-Dosis 0,43 µg/kg/min Krea-CI 40 ml/min: Erhalt-Dosis 0,38 µg/kg/min Krea-CI 30 ml/min: Erhalt-Dosis 0,33 µg/kg/min Krea-CI 20 ml/min: Erhalt-Dosis 0,28 µg/kg/min Krea-CI 1O ml/min: Erhalt-Dosis 0,23 µg/kg/min Krea-CI 5 ml/min: Erhalt-Dosis 0,20 µg/kg/min DosAlt: keine Dosisanpassung notwendig Grav: kontraindiziert ~ Grav 4 Still: kontraindiziert Q Still 1

Enoximon Perfan® (Amp 20 ml = 100 mg)

Kurzzeittherapie der schweren Herzinsuffizienz (therapierefraktär glykoside, Diuretika, Vasodilatatoren): Anf-Dosis als Bolus: 0,5 mg/kg langsam i.v. (max 12,5 mg/min), bei Bedarf nach 30 min erneuter Bolus bis gewünschter hämodynamischer Effekt eintritt alternativ Anf-Dosis als Infusion: 90 ~tg/kg/min über 10-30 min Erhalt-Dosis als Injektion: WH von Bali 4-8 x /24 h, wobei die Menge empfohlen wird, die als Gesamtdosis bei der lnitialgabe den gewünschten Erfolg erzielte alternativ Erhalt-Dosis als Infusion: 2,5-10 µg/kg/min ~ CAVE: Kumulation ab 10 µg/kg/min; Kinder bis 12 J: bei akuter, therapieresistenter Herzinsuffizienz nach Herzchirurgie: Anf-Dosis 0,5 mg/kg über 10 min als Infusion oder 0,2-0,5 mg/kg als Bolus, dann Erhalt-Dosis 2,5-10 µg/kg/min (mit Beginn 10 min nach der Bolusgabe) DosNI: Bolus 0,5 mg/kg, ggfs. nach 30 min wiederholen; Krea-CI > 40 ml/min => Erhalt-Dosis 100 % der Standarddosis Krea-CI 30-40 ml/min => Erhalt-Dosis 80 % der Standarddosis Krea-CI 15-30 ml/min => Erhalt-Dosis 67 % der Standarddosis Krea-CI 5-15 ml/min => Erhalt-Dosis 50 °/o der Standarddosis Krea-CI 0-5 ml/min => Erhalt-Dosis 33 % der Standarddosis während Hämodialyse => Erhalt-Dosis 33 % der Standarddosis dialysefreies Intervall => Erhalt-Dosis 1O % der Standarddosis Hämofiltration => Erhalt-Dosis 10 % der Standarddosis Dosll: leicht bis mittelschwere Lebererkrankung. keine Shunt-OP: Anf-Dosis 100 % der Standarddosis, Erhalt-Dosis 100 % der Standarddosis; mittelschwere bis schwere Lebererkrankung, keine Shunt-OP: Anf-Dosis 50100 % der Standarddosis, Erhalt-Dosis 50-100 % der Standarddosis; Shunt-OP: Anf-Dosis 50 % der Standarddosis, Erhalt-Dosis 50 % der Standarddosis; DosAlt: keine gesonderte Empfehlung, siehe DosNI Grav: kontraindiziert Q Grav 6 Still: kontraindiziert Q Still 1

89

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.2.18 Indirekte Sympathomimetika (indirekte Dopamimetika) klassische indirekte Sympathomimetika Freiname Ephedrin

Pseudoephedrin Tab. 2.6

Handelsname früher in Hustensäften und in Nasentropfen, jetzt nur noch in Wiek MediNait® in Erkältungsmitteln (Aspirin® Complex)

Charakteristika - bronchospasmolytisch (ß2), schleimhautabschwellend (a.) - ZNS-gängig: zentrale Erregung mit Missbrauchpotential (Leitunassteiaeruna , Gewichtsreduktion) - schleimhautabschwellend (a.-vasokonstriktorisch)

CHARAKTERISTIKA: - Wirkmechanismus: - Freisetzung von Noradrenalin aus den präsynaptischen Nervenendigungen - Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt - Tachyphylaxie: Ephedrin entleert die Noradrenalinspeicher bei wiederholter Gabe schneller, als diese wieder gefüllt werden => Wirkungsabschwächung - Wechselwirkungen: Wirkungsverstärkung bei Kombination mit MAO-Hemmern

zentrale Sympathomimetika und andere Psychostimulanzien Freiname Amphetamin Methamphetamin Amphetaminil Fenetyllin Methylphen idat

Handelsname

---

außer Handel außer Handel unret.: Ritalin® ret.: Concerta®

-

Charakteristika Missbrauchpotential (Drogenszene) verminderte Ermüdbarkeit mit Gefahr der völliaen Erschöofuna Amphetaminil (früher AN1) und Fenetyllin (früher Captagon®) sind seit 2003 außer Handel (Missbrauchpotential) Methylphenidat: 1. Wahl bei ADHS, 2. Wahl bei Narkolepsie

Tab. 2.7

CHARAKTERISTIKA: - Amphetamine sind Substrate (keine Amphetamine Inhibitoren) für die Reuptake-Transporter von den biogenen Amine Noradrenalin, Dopamin und Serotonin sowie Substrate ' --Jii;;J;;;P- biogene der vesikulären Carrier der o.g. Monoamine Amine - dadurch werden die Monoamine von den Carriern verdrängt: sie bleiben länger im synaptischen Spalt, werden nicht mehr in die Vesikel aufgenommen und diffundieren ungerichtet in den synaptischen Spalt - zentrale Sympathomimetika sind ZNSgängige indirekte Sympathomimetika => zentrale + periphere sympathomimetische ,_ Abb. 2.11 Methylphen idat Wirkung

Carrier

•• • •• •• • _ ____

••• •••••

- zentrale Wirkung: ,,Psychostimulation" -

Euphorie bis hin zu Erregung mit psychotischen Zuständen gesteigerte geistige Leistungsfähigkeit vermindertes Erschöpfungsgefühl Appetithemmung (Missbrauch als Appetitzügler)

Missbrauch als Dopingmittel

- periphere Wirkung : - Vasokonstriktion (a.): Blutdruckanstieg, Gefahr von Koronarspasmen - kardiale Stimulation (ß1 ): Sinustachykardie, Herzrhythmusstörungen - ßrStimulation: Tremor

- Tachyphylaxie (s.o.) und Wechselwirkungen (adrenerge Krise bei Komb. mit MAO-Hemmern) - die renale Elimination der basischen Amphetamine kann durch Ansäuerung des Harns erheblich beschleunigt werden( ~ 20.1.3) Arzneistoffliste IMPP

■ ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

90

Beeinflussuna des Reuntake von gesteigerte Serotonin Noradrenalin Dooamin Freisetzuna Amohetamin Substrat Substrat Substrat NA, Dooamin, Serotonin Methylphenidat Inhibitor Inhibitor 0 0 Modafinil ? Inhibitor (hochdosiert) 0 0 Atomoxetin Inhibitor 0 0 0 Kokain Inhibitor Inhibitor Jnhibitor 0 MDMA (Ecstasy) NA, Dopamin, Serotonin ? Substrat Substrat Tab. 2.8: Wirkmechanismen von Psychostimulanzien, vigilanzfördernden Pharma und Rauschmitteln. Substanz



1

therapeutisch genutzte Psychostimulanzien und verwandte Substanzen ■ ■



1 1 ■

Freiname Handelsname Methylphenidat Ritalin® Concerta®

Substanzklasse Psychostimulanz

Effektstärke 0,8-1 ,0

Charakteristika

- Mittel der 1. Wahl, Retardpräparate verfügbar - Dosis: 0,3-1 ,0 mg/kg; NNT ca 2,5 - NW: RR + HF gering i, Appetit -J,, Gewicht -J,, Kopfschmerzen, Schlafstöruna, emotionale Irritabilität. vorbest. Tics i 0,8-1 ,0 - lnd: unzureichende Wirkung Methylphenidat Dexamfetamin Psychostimulanz Attentin® - Dosis 0,1-0,5 mg/ka, NNT ca 2; NW wie Methvlohenidat Lisdexamfetamin Psychostimulanz 1,0 - lnd: unzureichende Wirkung Methylphenidat Elvanse® - Pro-druQ => Wirkdauer t; Dosis 30-70 mQ; NW wie Methvlohenidat Selektiver 0,5-0,7 - Mittel der 1. Wahl bei komorbider Tic-, Angst-, SubstanzAtomoxetin NoradrenalinStrattera® störung, sonst Mittel der 2. Wahl; Dosis 1,2 mg/kg; NNT ca 4 Wiederaufnahme- kein klassisches Psychostimulanz; unterliegt nicht BTMVV Hemmer (SNRI) - NW: RR + HF gering i, QT gering -J,, Appetit ..!,, Gewicht -J,, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Müdiakeit, Sedieruna Guanfacin 0,6 - 2. Wahl (Methylphenidat unwirksam/unverträglich) zentraler a2lntuniv® Agonist - retardiert; Dosis 1-5 mg; NNT ca 4 - NW: Müdiqkeit, Sedierunq, RR + HF qerina -J,, QT aerina i Tab. 2.8a: Wirkstoffe zur Therapie der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Dtsch Ärztebl 114: 149159 (2017) HF z Herzfrequenz NNT "" number to treat QT :::; QT-Dauer im EKG RR :::; Blutdruck

Methylphenidat, Dexamfetamin , Lisdexarnfetamin: - Amphetaminderivate, unterliegen BTMVV (Missbrauchgefahr), hemmen Reuptake biogener Amine - NW-Profil entspricht den Stimulantien: Appetithemmung (Gefahr der Wachstumsretardierung => Größe- und Gewichtskontrollen), sympathomimetisch (Tachykardie, Hypertonie => Kontrolle Kreislaufparameter; Unruhe, Erregung, Schlaflosigkeit) - morgendliche Einnahme, um Schlafstörungen zu vermeiden; langsam ein- und ausschleichen, bei zu schnellem Absetzen drohen Unruhe, Heißhunger, Ängstlichkeit - in höheren (missbräuchlichen) Dosen generalisierte ZNS-Stimulation bis hin zu Krämpfen - WW: MAO-Hemmer => adrenerge Krisen; Vitamin-K-Antagonisten , Neuroleptika, tricyclische Antidrepressiva, einige Antikonvulsiva => Metabolismus der genannten Substanzen -J, - Methylphenidat: strenge Indikation bei ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) bei Kindern und Erwachsenen. Vorrang haben nichtmedikamentöse Verfahren (Elterntraining, Verhaltenstherapie)

- Dexamfetamin, Lisdexamfetamin: 2. Wahl bei ADHS (bei Therapieversagen unter Methylphenidat) Modafinil Vigil®:



- exakter Wirkmechanismus unklar, vermutlich Wiederaufnahmehemmung biogener Amine, verzögerter Wirkeintritt - vigilanzsteigernd: schwächer als Amphetamin, daher nur geringes Suchtpotential (unterliegt nicht mehr der BTMVV), jedoch NW (s.o.) bis hin zur Depression oder Persönlichkeitsstörungen mit Aggressivität/Feindseligkeit - IND: Narkolepsie, schweres Schlaf-Apnoe-Syndrom, schweres „Schichtarbeitersyndrom"

Für alle Präparate: Überwachung von Herzfrequenz und Blutdruck (KI: schwere Herzerkrankungen).

Methylphenidat Ritalin® (Tbl 10 mg) Weitere Präparate: Concerta®, Equasym®, Medikinet®

Hyperkinetisches Syndrom des Kindesalters (Aufmerksamkeitsdefizit/Hyper1 aktivitätsstörung) und Narkolepsie {beides im Rahmen eines therapeutischen 1 Gesamtkonzeptes): j Erw: durchschnittlich 2-3 x 1O mg, Max-Dosis 80 mg/d Kdr: Anf-Dosis 1-2 x 5 mg, wöchentliche Steigerung um 5-10 mg/d, Max-Dosis 60 1 mg/d (2-3 Einzelgaben)

I

Kinder < 6 J~ kontraindiziert j DosNI: bei Niereninsuffizienz Kumulationsgefahr Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert

1

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.3

91

Sympatholytika

2.1.3~1 Alpha-Blocker=: ax-Adrenozeptor-Antagonisten Wirkstoff -aruooe

Freiname

HandelsWirkname mechanismus Cardular® > a2 Antago- Prazosin nisten Terazosin Heitrin® Flotrin® Tamsulosin Alna®Omnic® Alfuzosin Generika Urapidil Ebrantil® a1-Blockade+ zentraler 5-HT1AAqonist Phentointemat. -a1 ~ a2 lamin Apotheke Phenoxy-a1 ~ a2 benzamin irreversibel Yohimbin lnvicorp® -0.1 > a.2)

Selektive a 1-Blocker sind kompetitive Antagonisten an postsynaptischen a 1-Rezeptoren. Noradrenalin bindet an die unbesetzten präsynaptischen a.rRezeptoren und hemmt die eigene Freisetzung über den unbeeinflußten Feedback Mechanismus=> nur geringe Reflextachykardie.

WIRKUNG: - venöse und arterielle Vasodilatation => Senkung von Preload (Vorlast) und Afterload (Nachlast) => Blutdrucksenkung (größerer Effekt auf den diastolischen RR-Wert) - günstige metabolische Effekte (v.a. günstiges Lipidprofil) (q 2.13.6) - Relaxation der Muskulatur an Harnblasenhals und prostatischer Urethra => gebesserten Miktion bei benigner Prostatahyperplasie

Wirkungsabschwächung bei chronischer Gabe durch Volumenretention (aktiviertes RAAS) u/o Tachyphylaxie möglich => ggfs. Dosiserhöhung oder Kombination mit Diuretikum . NEBENWIRKUNG: - übermäßige Vasodilatation : Orthostasestörung mit Blutdruckabfall/Schwindel bei Lagewechsel (1-10 %) bis hin zum Kollaps, selten mit Synkope: v.a. bei Therapiebeginn (=



"first-dose-Synkope"), zu hoher Dosis, nach Therapiepause => einschleichendeTherapie und Einnahme der ersten Dosis am Abend

- geringe reflektorische Tachykardie, Palpitationen - verstopfte Nase (1-10 %) durch Nasenschleimhautschwellung - Ejakulationsstörung (1-10 %), bis zur retrograden Ejakulation, gehäufte Miktion (1-10 %) Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

92

- Ödeme. Gesichtsröte (1-10 %), Muskelkrämpfe (1-10 %), ÜbelkeiUObstipation (1-10 °/o) - Akkomodationsstörungen (1-10 %); IFIS (l ntraoperatives Floppy Iris Syndrom): AlphaBlocker dilatieren glatte Muskulatur von Gefäßen, Blasenhals und auch der Iris => ,,schlaffe" Iris, die sich bei intraoperativer Manipulation (Katarakt-OP) aufbläht => progrediente intraoperative Miosis trotz medik. prä-op Dilatation => drohender lrisprolaps; prinzipiell unter allen AlphaBlockern, gehäuft unter Tamsulosin (> 40 %) - Schwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen (1-10 %), einer a-Blockade nicht eindeutig zuzuordnen

KONTRAINDIKATION : - Überempfindlichkeit gegen Chinazolinen (Prazosin, Doxazosin, Terazosin, u.a.) - wenn RR-Senkung nicht indiziert: dekompensierte Herzinsuffizienz, mechanisch bedingte Herzinsuffizienz (durch Herzklappenvitien, Perikarderguss, Lungenembolie), schwere KHK - Vorsicht bei: Hypotension/orthostatischer Dysregulation, schwerer Leberinsuffizienz, benigner Prostatahyperplasie mit Stauung obere Harnwege/chronischem Harnwegsinfekt/Blasensteinen, PDE-5-Hemmer, Katarakt-OP

INTERAKTION : - blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Nitrate, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, trizyklische Antidepressiva , Alkohol, Narkotika)=> additive RR-Senkung - NSAID => Hemmung Prostaglandinsynthese, Na+-/Wasserretention => verminderte RR-Senkung - PDE-5-Hemmer (Sildenafil , Tadalafil , Vardenafil) => additive RR-Senkung ÜBERDOSIERUNG f INTOXIKATION: Keine Adrenalingabe, da eine Wirkungsumkehr (Adrenalinumkehr) entsteht. Durch die bestehende a-Blockade induziert Adrenalin am Gefäßsystem eine weitere Vasodilatation (ß2). Therapie: Schocklagerung , Volumensubstitution, als Vasokonstriktor Noradrenalin

Doxazosin



Cardular®

CHARAKTERISTIKA: - selektiver a 1-Blocker, Prazosin-ähnlich - Eliminations-HWZ ~ 22 h - verzögerter Wirkungseintritt und verlängerte Wirkdauer im Vergleich zu Prazosin IND : arterielle Hypertonie (Kombinationstherapie, keine Empfehlung zur Monotherapie; s.a. ALLHAT-Studie c> 2.13.7), benigne Prostatahyperplasie c> 17.2.1

-

Doxazosin Cardular® (Tbl 4 mg)

Weitere: Diblocin® Doxaczosin

arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 4 mg, (nach 4 Wochen) bei Bedarf Erhöhung auf - 1 x8mg Kinder: kontraindiziert DosNI: keine Dosisanpassung notwendig Dosll: individuelle Dosisanpassung, bei schwerer Leberinsuffizienz nicht empfohlen - DosAlt: keine Dosisanpassung notwendig Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert ~ Still 1

Terazosin CHARAKTERISTIKA: - selektiver a1-Blocker, Prazosin-ähnlich - bessere Bioverfügbarkeit als Prazosin (90 % )

Heitrin®

93

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

-

Eliminations HWZ 10-18 h IND: arterielle Hypertonie (2. Wahl), benigne Prostatahyperplasie Q 11.2.1 Terazosin Hypertonie: Heitrin® (Tbl 1 mg, 2 mg, s mg) benigne Prostatahyperplasie: Flotrin®

I arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1. Woche 1 x 1 mg, 2. Woche 2 mg/d, ab 3. Wach

! 5mg/d; Erhalt-Dosis 2-10 mg/d, Max-Dosis 20 mg/d (2-3 Einzeldosen)

benigne Prostatahyperplasie: Anf-Dosis 1. Woche 1 x 1 mg, 2.+3. Woche 2 mg/d ! Erhalt-Dosis 2-5 mg/d, Max-Dosis 10 mg/d ; 1 Kinder < 12 J : kontraindiziert (Tabl 2 mg, 5 mg, 10mg) ! D NI· . d " .d II D . Weitere· Terazosin 1 os . in 1v1 ue e os1sanpassung · ! Dosll: individuelle Dosisanpassung, bei schwerer Leberinsuffizienz nicht empfohlen Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert ~ Still 1 1

!

Tamsulosin Alna® Omnic® Generika

Alfuzosin Generika

Silodosin Urorec®

CHARAKTERISTIKA: selektive a 1-Blocker; sind in adäquater Dosis auf die Miktion ähnlich effektiv Relaxation der glatten Muskulatur von Harnwegen u. Prostata: Harnfluss verbessert Tamsulosin: am weitesten verbreitet, wirkt v.a. an Subtypen a1A und a 10 , dadurch geringere Blutdrucksenkung ; Substrat von CYP3A4 IND: benigne Prostatahyperplasie/benignes Prostatasyndrom Q 11.2.1

2.1.3.1.2

Urapidil

1 ■

Ebrantil®

CHARAKTERISTIKA: - orale und parenterale Gabe - W: postsynaptische a.1-Blockade => Abnahme peripherer Gefäßwiderstand => RR-Senkung; Stimulation zentraler Serotoninrezeptoren (5 -HT1A) => Hemmung der sympathotonen

-

Gegenregulation (frühere Annahme einer zentralen a 2-Stimulation ähnlich Clonidin ist verlassen; IMPP: wegen der postsynaptischen a 1-Blockade wird Urapidil vom IMPP den ex,1-AdrenozeptorAntagonisten (früherer Terminus : Alphablocker) zugeordnet.

- NW: orthostatische Dysregulation (seltener als unter a-Blockern), gastrointestinale Beschwerden, Kopfschmerz, Schwindel IND: Kombinationstherapie der Hypertonie (p.o.), hypertensiver Notfall (i.v.) q 2.13.8 Urapidil ist weitverbreitetes i.v.-Therapetikum unzureichender Nitratwirkung.

beim hypertensiven

Notfall

mit

- KI : Schwangerschaft, Stillzeit - WW: blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Nitrate, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, Alkohol , Narkotika)=> additive RR-Senkung Urapidil Ebrantil® (Ret-Kpsl 30 mg, 60 mg, 90 mg) (Amp 25 mg/5 ml, 50 mg/10 ml)

p.o.: Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 2 x 60 mg, schrittweise anpassen, ErhaltDosis 30-180 mg/d bei 2 Einzeldosen. i.v.: Hypertensive Notfälle, therapieresistente Hypertonie: initial 10-50 mg langsam i.v., ggfs nach 5 min wiederholen, ggfs. Perfusor 100 mg auf 50 ml: AnfDosis bis 2 mg/min, Erhalt-Dosis wirkungsabhängig (im Mittel 9 mg/h). Kontrollierte RR-Senkung intra- oder postoperativ: initial 25 mg langsam i.v., ggfs nach 5 min mit 25 mg, dann mit 50 mg wiederholen, dann Perfusor Kdr: kontraindiziert DosNI, Dosll: Dosisreduktion bei schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert

Arzneistoffliste IMPP

1 ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

94



2 .1. 3.1.3 Phentolamin in Deutschland außer Handel=> internat. Apotheke - reversible Hemmung der a 1- und a 2-Rezeptoren: Phentolamin, ein kompetitiver Antagonist, führt über eine Hemmung der a.1-Rezeptoren zu einer Vasodilatation. Da gleichzeitig die a.zRezeptoren blockiert sind, kommt es kompensatorisch zu vermehrter Noradrenalin (NA)-Freisetzung mit überschießender Herzbeteiligung. Durch die HZV-Steigerung werden die blutdrucksenkenden Effekte der a.1-Blockade größtenteils aufgehoben.

- kürzere Wirkung als Phenoxybenzamin

WIRKUNG: - Vasodilatation durch a 1 -Blockade und direkten Angriff an glatter Gefäßmuskulatur - HZV-Steigerung durch kompensatorisch erhöhte NA-Freisetzung => deshalb keine Bedeutung bei der primären arteriellen Hypertonie



NEBENWIRKUNG: - Tachykardie, Arrhythmien, Orthostasestörungen, Angina pectoris, Palpitationen - verstopfte Nase, Ejakulationsstörung - Erbrechen, Übelkeit, Diarrhoe, Exazerbation von Ulzera (als Zeichen einer durch Atropin hemmbaren Stimulation des Gastrointestinaltraktes)

- Schwäche, Müdigkeit, Schwindel

INDIKATION : - hypertensive Krise bei Phäochromocytom (katecholamininduziert) KONTRAINDIKATION : - Zustände, bei denen eine RR-Senkung nicht indiziert ist - Vorsicht bei Angina pectoris, koronarer Herzkrankheit (KHK) - Vorsicht bei Magen-Darm-Ulcera

BESONDERHEITEN :

1 ■

Phäochromozytom: eventuell auftretende Tachykardien sprechen gut auf ß-Blocker an. Merke: vorherige a-Blockade obligatorisch ! (alleinige Gabe von ß-Blockern bei Phäochromozytom kontraindiziert, da paradoxe RR-Erhöhung droht: erhöhte Empfindlichkeit für katecholamin-induzierte a-Vasokonstriktion).

Phenoxybenzamin 2 .1.3 .1.4 - irreversible a 1- und a 2-Blockade (siehe Phentolamin) -

Dibenzyran®

Phenoxybenzamin bindet durch Alkylierung kovalent an a.-Rezeptoren (nicht-kompetitiver Antagonismus) langsamer Wirkungseintritt, Wirkdauer Einzeldosis 3 Tage und länger Wirkbeendigung erst durch Neusynthese von Rezeptoren

- übrige Charakteristika siehe Phentolamin

1

INDIKATION: - Phäochromozytom (präoperativ oder inoperabel) - ferner: neurogene Blasenentleerungsstörung: Verminderung des gesteigerten adrenergen Tonus des Harnblasensphincters (z.B. nach Querschnittslähmung)

2 .1.3.1.5 -

Yohimbin

selektiver a.rRezeptor-Antagonist; aus Rinde des Yohimbe-Baumes, früher oral bei erektiler Dysfunkt. zentral: durch präsynaptische az-Blockade erfolgt Enthemmung des Sympathikus: Herzfrequenz und Blutdruck steigen, Tremor, Erregung; peripher: Vasodilatation (auch im Schwellkörper) keine systemische Anwendung (z.B. als Antihypertensivum); Nischen-Indikation: als Urologikum (lnvicorp®) in Kombi mit Aviptadil bei erektiler Dysfunktion (intrakavernöse Injektion); in Zahnheilkunde (Oraverse®) zur Aufhebung der Gewebeanästhesie (Lippe/Zunge) nach Lokalanästhetikum mit Vasokonstriktorzusatz.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.3.2

95

Beta-Blocker == ßx-Adrenozeptor-Antagonisten

2.1.3.2.1 Gruppe

Übersicht Freiname Handelsname

Kardioselektive Betablocker :::: ß1-AdrenozeptorAntagonisten :::: ß1-AR-Antagonisten

Esmolol Brevibloc® Atenolol Tenormin® Bisoprolol Concor® Weitere: Betaxolol, Metoprolol Celiprolol Beloc® Nebivolol Nebilet® nicht-selektive Propranolol Dociton® Betablocker :::: ßx-Adrenozeptor- Timolol Antagonisten Augentropfen (AT)

Rezeptor blockade

Wirkdauer

lipoohil

Elimination

Besonderheiten

ß1> ß2

einige min

+

EsteraseHydrolyse

ß1 > ß2

18 h

0

ren

ß1 > ß2

18 h

+

hep,ren

Standard

■ ■

ß1> ß2

12 h

+

hep

Standard



ß1> ß2

24(-30)h

++

hep,ren

periphere Vasodilatation (NO-Freisetzung)



ß1+ ß2

12 h

+++

hep

ß1+ ß2

12 h

+

hep,ren

weitere lnd.: thyreotox Krise, portale Hypertension, essentieller Tremor, Unruhe lnd.: chron. Gaukom (=> Kammerwasserproduktion-!.)

0.1 + ß1+ ß2

18 h

++

hep,ren

a, - Blockade: periphere

ren>hep

US-Standard bei hypertensivem Notfall

ren

QT t, proarrhythmogen => kaum noch verwendet



nur i.v.



Weitere: Carteolol (AT)

Betablocker mit a.1 -blockierendem Effekt :::: cx1-ARlßxAR-Antaaonisten Betablocker mit Klasse III-Antiarrhvthmika-Effekt

Carvedilol Dilatrend® Labetalol

0.1 + ß1+ ß2

in D nicht verfügbar

Sotalol Sotalex®

ß1 + ß2 + Blockade

24(-30)h

0

■ ■

Vasodilatation

Kaliumkanäle

Tab. 2.10: Betablocker. AR :::: Adrenozeptor hep :::: hepatisch

ren :::: renal Anmerkung: Pindolol, Oyprenolol, Talinolol zwischenzeitlich vom Markt. Betablocker sind eine ältere Substanzklasse und gelten als Erstlinienpräparate bei chronischer Herzinsuffizienz, koronarer Herzkrankheit/chronischem Koronarsyndrom (stabile Angina pectoris), Herzrhythmusstörungen (z.B. Vorhofflimmern), arterieller Hypertonie plus Komorbidität und nach Myokardinfarkt. Betablocker unterscheiden sich in: - rezeptorspezifischen Eigenschaften (ß 1-selektiv:::: kardioselektiv, PAA:::: partielle agonistische Aktivität) - physikalisch chemischen Eigenschaften: Lipophilie => Verteilung im Gewebe (je lipophiler, desto ZNS-gängiger) => Metabolisierung/Elimination (je lipophiler, desto ausgeprägter die hepatische Biotransformation) intestinale Absorotion ,.first-oass-Effekt" {Leber) Plasmaeiweißbinduna Elimination Kumulation Tab. 2.11

2.1 .3.2.2

liooohil vollständia ausaeoräat hoch hepatisch Leberinsuffizienz

hvdroohil unvollständia nein aerina renal Niereninsuffizienz

Effekte

WIRKUNG: kompetitive Hemmung endogener und exogener adrenerger Substanzen an ß-Rezeptoren:

ß1

ß2

-

Herz: negativ inotrop, neg. dromotrop, neg. chronotrop, verminderte Automatie Fettgewebe: Hemmung der Lipolyse Niere: verminderte Reninfreisetzunq (verminderte Nierenperfusion) glatte Muskulatur: Hemmung der Dilatation=> Konstriktion oder Tonuserhöhung Pankreas: Hemmung der Insulinsekretion Skelettmuskel: Hemmuna der Glvkoqenolvse

!Je höher der Sympathotonus, desto ausgeprägter die Effekte der Betablockade. Arzneistoffliste IMPP

1

96

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Betablocker

Sympathikus

Schlagvolumen .J..

1

1

Herzfrequenz .J..

!peripherer Gefäßwiderstand

t

(.J..)

1

1

Herzzeitvolumen .J..

verlängerte Diastole

1-

Aortendruck .J..

~ antihypertensiv

,,

,,

!Aortendruck

t (.J..) 1

Koro narperfusion

~

t

' Blutdruck .J.. (.J,.J,)

,, ••••



antianginös

Abb. 2.12: hämodynamische Effekte der Betablocker. t .J.. ::::: akute Betablockade, (t.J..) ::::: chronische Betablockade

1

NEBENWIRKUNG: durch ß1-Blockade: - Abnahme Herzfrequenz (negativ chronotrop) => Bradykardie - Abnahme Kontraktilität (neg. inotrop) => Hypotension, Verstärkung einer Herzinsuff. - SA-/AV-Blockierung (negativ dromotrop) => Überleitungsstörungen, Bradykardie - erhöhte Triglyceride + Lipoproteine (Hemmung Lipolyse) => ggfs. Arterioskleroserisiko erhöht

Merke: Betablocker heben bei Zuständen mit kompensatorisch erhöhtem Sympathotonus (Herzinsuffizienz, VoJumenmangel) die gesteigerte Sympathikusaktivität auf => Gefahr der Verstärkung einer bereits dekompensierten Herzinsuffizienz, Kaschierung der Tachykardie bei Schock. durch ß2-Blockade: - Bronchokonstriktion (Verschlechterung eines bestehenden Asthma bronchiale) - Verstärkung peripherer Durchblutungsstörungen durch Hemmung der Dilatation der glatten Muskulatur (kalte Hände und Füße bis hin zum Raynaud-Syndrom) - Hypoglykämieneigung bei Diabetes mellitus (Hemmung der Glykogenolyse => Hemmung der sympathotonen Gegenregulation bei Hypoglykämie und Unterdrückung der "Prodromi" wie Tachykardie, Schwitzen, Tremor) Anmerkung: andererseits kann durch eine verminderte Insulinsekretion eine Hyperglykämieneigung verstärkt werden, die praktische Bedeutung ist eher gering. - Verstärkung Mastzelldegranulation (erhöhte Freisetzung von Mediatoren wie Histamin, Serotonin kann bei Atopikern zu verstärkter allergischer Symptomatik führen)

ferner: - gastrointestinale Störungen - sexuelle Funktionsstörungen/Potenzstörungen (v.a. bei Männern mit Hypertonie) - ZNS : Sedation , Kopfschmerz, Schwindel , Angstzustände, depressive Stimmung, Alpträume (vermutlich ausgeprägter bei lipophilen Betablockern)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

97

- Rebound-Effekt: auftretend nach plötzlichem Absetzen einer längerdauernden Therapie mit ß-Blockern. Ursache: erhöhte Empfindlichkeit gegenüber ß-Sympathomimetika, da während einer längeren ß-RezeptorBlockade die Anzahl der ß-Rezeptoren auf der Membranoberfläche zunimmt(::::: Up-Regulation). Symptomatik: Unruhe, Schweißausbruch, Blutdruckanstieg, Angina pectoris bis Infarkt, Tachykardie. Therapie: ausschleichen, bei akuter Symptomatik: erneut ß-Blocker.



1

Betablocker dürfen nach Dauertherapie nicht komplett abgesetzt werden, sondern müssen zur Vermeidung eines Rebound-Effektes ausgeschlichen werden.

INDIKATION : - koronare Herzkrankheit (KHK), Prophylaxe der Angina pectoris (nicht zum Durchbrechen des akuten Angina pectoris Anfalls): ß1-Blockade vermindert Herzfrequenz und lnotropie (besonders ausgeprägt bei körperlicher und psychischer Belastung, weil dabei verstärkt endogene Katecholamine freigesetzt werden). => Reduktion des Sauerstoffverbrauches => Erhöhung der Belastungstoleranz (trotz Abnahme der Koronardurchblutung, die mitbedingt ist durch den erhöhten Tonus der Koronararterien infolge der ßrBlockade) - arterieller Hypertonus: als Mono- und Kombinationstherapeutikum ( ⇒ 2.13.5). Die Auswirkungen der ß-Blockade auf den Blutdruck sind erst nach Tagen bis Wochen ausgeprägt: Einzelaabe Daueraabe Herzfrequenz, Kontraktilität -!-!peripherer Gefäßwiderstand .J, (bei einiaen Betablockern) i .J, .J,.J, Blutdruck

- akutes Koronarsyndrom (hämodynamisch stabil) und Reinfarktprophylaxe (~ Sekundärprävention) (⇒ 2.16.2, 2.16.3, 2.16.4) - supraventrikuläre HRST, mit Einschränkung ventrikuläre HRST ( ⇒ 2.10.8, 2.11.2) - kompensierte chronische Herzinsuffizienz (⇒ 2.15.6.5) mit sehr langsamem Einschleichen unter Beachtung der Kontraindikationen

••

• •• ■ ■

II

- ferner: - HOCM ::::: hypertrophe obstruktive Cardiomyopathie: im linksventrikulären Ausflußtrakt gelegenene funktionelle muskuläre Stenose. Positiv inotrope Pharmaka (Herzglykoside, Sympathomimetika) verstärken die funktionelle Stenose und sind kontraindiziert. Den Füllungsdruck erniedrigende Pharmaka (Nitrate) können über eine Minderung der Vorlast zu einer akuten Dekompensation führen und sind ebenfalls kontraindiziert. Medikamentöse Therapie: Betablocker oder Ca2+-Antagonisten vom Verapamil-Typ (durch negative lnotropie ökonomisierte Herzarbeit). (q 2.6.4) - hyperkinetisches Herzsyndrom - Phäochromozytom (nach vorheriger Gabe eines a-Blockers) - Hyperthyreose (symptomatisch) } nicht selektive - Tremor (Senkung des Sympathotonus) ß-Blocker - Angstzustände (Senkung des Sympathotonus) - Glaukom (Timolol: Kammerwasserproduktion .J,) - Migräneprophylaxe (q 7.4.3.3) - portale Hypertension (Pfortaderhochdruck) bei Oesophagusvarizen

KONTRAINDIKATION : absolut: - Bradykardie ( < 50/min) - Hypotension (RRsystol < 90 mmHg) - akut dekompensierte Herzsuffizienz für alle Betablocker, Herzinsuffizienz NYHA III + IV für alle Betablocker außer Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol, Nebivolol - AV-Block 11. + 111. Grades, höhergradiger SA-Block, Sinusknotensyndrom (sick sinus syndrome)

- obstruktive Atemwegserkrankung (Asthma bronchiale!), mit Vorsicht bei COPD * - Schocksymptomatik / metabolische Azidose (da die Tachykardie eine Bedarfstachykardie ist und die periphere Vasokonstriktion verstärkt würde)

1



98

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie



Kombination mit i.v.-Calciumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazem-Typ Phäochromozytom ohne vorherige a -Blocker-Gabe (sonst Gefahr hypertensiver Krisen) alleinige Gabe von ß-Blockern ist bei Phäochromozytom kontraindiziert, da paradoxe RRErhöhung droht (katecholam in-induzierte a.-Vasokonstriktion) => vorherige a-Blockade obligat

- vasospastische Angina pectoris ■

~

Prinzmetal-Angina (q 2.16.2)

relativ: - Spätstadien periphere Durchblutungsstörungen (pAVK, Raynaud-Syndrom) - Diabetes mellitus mit stark schwankendem Bz (Gefahr schwerer Hypoglykämien) * Hypothyreose - Schwangerschaft / Stillzeit: prinzipiell sind beim Neugeborenen Bradykard ie, Hypotension, Hypoglykämie und Atemdepression möglich, daher 48-72 h vor Geburt Betablocker pausieren (ausschleichen), sonst Neugeborenes für 72 h sorgfältig überwachen; zudem v.a. bei neuen Pharmaka unzureichende Erfahrung; Betablocker sind muttermilchgängig => gestillte Säuglinge auf Betablockade (HF ,1, , AF ,1,) überwachen - Psoriasis (in Eigen- oder Familienanamnese) - MAO-Hemmer (siehe Interaktion) * siehe Therapieempfehlungen; diese Kontraindikationen wurden bislang überschätzt, da nach Myokardinfarkt unter Betablockade auch bei Diabetes mellitus und COPD eine signifikante Sterblichkeitssenkung besteht.

INTERAKTION: - Antiarrhythmika (Klasse 1-IV: Natriumkanalblocker, Betablocker, Amiodaron/Sotalol, Calcium-

antagonisten vom Verapamil- und Diltiazemtyp) => Bradykardie, AV-Block, Kardiodepression Herzglykoside, Clonidin => Bradykardie, höhergradige AV-Blockierungen Narkotika => kardiodepressiver Effekt t Antihypertensiva, Barbiturate, tricycl. Antidepressiva, Phenothiazine => verstärkte RR-Senkung orale Antidiabetika, Insulin => Verstärkung und Verschleierung von Hypoglykämien

Beta2-Mimetika => Wirkungsverlust der Bronchodilatatoren Adrenalin , Dobutamin => vermindertes Ansprechen beim Schock Mutterkornalkaloide => additive Vasokonstriktion => periphere Durchblutungsstörungen MAO-Hemmer => überschießende alpha-adrenerge Effekte bei gleichzeitiger Betablockade => exzessive RR-Steigerung

- für Metoprolol: CYP2D6-Hemmer (q 18.5) => verstärkte Metoprololeffekte

Kardioselektivität: stärkere Affinität zu ß1-Rezeptoren ...

-

-

vermindertes Risiko extrakardialer Nebenwirkungen: - obstruktive Ventilationsstörungen seltener, Bronchospasmen bei Asthmatikern jedoch nicht sicher zu vermeiden - Glucosestoffwechsel weniger beeinflußt: Gabe bei Diabetikern möglich, da die adrenerg gesteuerte Gegenregulation bei Hypoglykämie(:::: erhöhte Glykogeno-lyse) intakt ist - vermindertes Risiko peripherer Durchblutungsstörungen kein Einfluß auf antihypertensive, antianginöse, antiarrhythmische Effekte

Merke: Rezeptorselektivität läßt bei steigender Dosis nach .

INTOXIKATION: q 20.3.7

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.3.2.3

99

Charakteristika

Bisoprolol Concor® - unabhängig von CYP2D6 und ADRB1 (vergleiche Carvedilol, Metoprolol, Nebivolol) - Verbesserung von Symptomatik und Prognose bei der chronischen Herzinsuffizienz NYHA II-IV (gilt ebenfalls für Carvedilol und Metoprolol) q 2.15.6.5 - Indikation: arterielle Hypertonie, KHK, chronische Herzinsuffizienz



Carvedilol Dilatrend® - sog. Hybridblocker: kombinierte a- und ß-Blockade - blutdrucksenkend durch Vasodilatation (acBlockade) bei nur gering vermindertem HZV

1

(Effekt der

ß-Blockade, da es wie bei den Vasodilatatoren sonst zur kompensatorischen HZV-Zunahme kommt)

- Carvedilol wirkt bei aktiverer Variante des Beta1-Rezeptors (ADRB1, bei 50 % der Menschen) weniger(=> verminderte Bremsung im AV-Knoten => reduzierte Frequenzkontrolle bei Vorhofflimmern). - Verbesserung von Symptomatik und Prognose bei der chronischen Herzinsuffizienz NYHA II-IV (gilt ebenfalls für Bisoprolol und Metoprolol) q 2.15.6.5 - Indikation: arterielle Hypertonie, KHK, chronische Herzinsuffizienz

1

Esmolol Brevibloc® - sehr kurz wirkend, ß1-selektiv - nur i.v.-Gabe, durch Esterhydrolyse kurze Wirkdauer von wenigen min - Indikation: Sinustachykardie, supraventrikuläre Tachykardien Metoprolol Beloc® - Standardpräparat (ß1-selektiv) mit sehr weiter Verbreitung - retardiert als Metoprololtartrat und Metoprololsuccinat verfügbar, bei Herzinsuffizienz ist die Sterblichkeitssenkung nur für Metoprololsuccinat in Zero-order-Kinetik (ZOK) nachgewiesen (~ 2.15.6.3) - von CYP2D6 metabolisch inaktiviert: in 8 % poor metabolizer (=> langsamerer Abbau, bis zu 5-fach höhere Plasmaspiegel => vermehrt NW) und in 2 % ultra-rapid metabolizer (=> schnellerer Abbau => kaum Wirkung) - Symptomatik und Prognose gebessert bei klassischer Indikation arterielle Hypertonie und KHK, sowie bei chronischer Herzinsuffizienz NYHA 11-IV (gilt ebenfalls für Bisoprolol und carvedilol) q 2.15.6.5 - Indikation: arterielle Hypertonie, KHK, supraventrikuläre HRST, chronische Herzinsuffizienz, u.a.

1

Nebivolol Nebilet® - Anhalt für Nutzen bei Herzinsuffizienz (q 2.15.6.5) - Metabolisierung über CYP 206: bei langsamen Metabolisierern (PM) ist die HWZ (normal 8-10 h) 3-5 x länger, die Plasmakonzentration beträgt das 1,3-1 ,4fache => Dosisreduktion bei PM - Indikation: arterielle Hypertonie, chronische Herzinsuffizienz (laut Zulassungsstudie bei Älteren) Propranolol Dociton® - Nicht-selektiver Betablocker (hemmt ßr:und ßrRezeptoren), ferner: vermindert die periphere Konversion des Schilddrüsenhormons T4 zu T3 (durch Hemmung der Dejodase) Indikation: KHK, Hypertonie, Hyperthyreose, Ösophagusvarizen, essentieller Tremor, Migräneprophylaxe, infantile Hämangiome Sotalol Sotalex® - Vorliegen als Racemat: D, L-Sotalol - Betablocker mit antiarrhythmischen Eigenschaften der Klasse III (q 2.10.10.2) - typische NW: Torsade-de-pointes Tachykardien - Indikation: früher verbreitet bei supraventrikulären und ventrikulären HRST, heutzutage nur selten

2.1.3.2.4

Therapieempfehlungen Koronare Herzkrankheit (KHK)

Angina pectoris: Betablocker mindern Schwere und Häufigkeit v.a. von belastungsinduzierten Angina pectoris-Anfällen. Bei Koronarspasmen (Prinzmetal-Angina) können Betablocker die pectanginösen Beschwerden hingegen verschlechtern und sind in der Monotherapie nicht indiziert. Arzneistoffliste IMPP

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

100

Myokardinfarkt: Betablocker ohne ISA senken die Sterblichkeit beim akuten Myokardinfarkt, wobei bei stabiler Hämodynamik ein frühzeitiger Therapiebeginn (i.v.) empfohlen wird: Mortalitätssenkung um ~ 25 % innerhalb der ersten 2 Tage. Auch bei vermeintlicher Kontraindikation (Diabetes mellitus, COLD, chronische Herzinsuffizienz, alte Patienten) besteht eine deutliche Sterblichkeitssenkung. In der klinischen Praxis werden viele Patienten trotz fehlender Kontraindikationen nicht mit einem Betablocker behandelt, bei Anwendung werden im Vergleich mit den Studien zumeist deutlich niedrigere Dosen eingesetzt => frühzeitige und ausreichend dosierte Gabe bei stabiler Hämodynamik. Betablocker nach Myokardinfarkt: Sterblichkeit nach Myokardinfarkt unter Betablocker versus ohne Betablocker: 34 % der Patienten erhielten einen Betablocker, geringerer Anteil bei folgenden Begleiterkrankungen: hohes Alter(> 80 Jahre), niedrige EF (< 20 %), Herzinsuffizienz, obstruktive Atemwegserkrankung (COLD), Niereninsuffizienz (Kreatinin > 1.4 mg/dl), Diabetes mellitus Typ 1. Nach 2 Jahren Mortalitätssenkung unter Betablocker bei fehlender Begleiterkrankung um 40 %, bei obstruktiver Atemwegserkrankung oder Non-Q-Wave-lnfarkt ebenfalls um 40 %. Bei den übrigen Begleiterkrankungen ebenfalls Sterblichkeitssenkung , aber geringer ausgeprägt. (n = 201752 !!) Beachte: Nach Myokardinfarkt führen Betablocker auch bei Patienten mit relativen Kontraindikationen (Herzinsuffizienz, COLD, höheres Alter) und bei nichttransmuralem Infarkt zu einer signifikanten Sterblichkeitssenkung. NEJM 339: 489-497 (1998)

Metoprolol, Atenolol und Propranolol besitzen kardioprotektive Wirkungen. Betablocker weisen im Gegensatz zu Nitraten und Calciumantagonisten bei der KHK einen prognostisch günstigen Effekt auf und sind daher auch in der Sekundärprophylaxe zu bevorzugen.

Arterielle Hypertonie Wichtige Wirkmechanismen bei der arteriellen Hypertonie sind die Reduktion von myokardialer Kontraktilität und Herzzeitvolumen sowie die Verminderung der Reninsekretion mit konsekutivem Abfall der Angiotensin II-Spiegel. Bei der Neueinstellung besteht initial eine Reduktion des Herzzeitvolumens mit kompensatorischem Anstieg des peripheren Gefäßwiderstandes, bei Dauergabe normalisiert sich (nach Tagen) der Gefäßwiderstand => RR-Senkung. Wegen der Kombination von reduzierter Kontraktilität und erhöhtem Gefäßwiderstand sind Betablocker als lnitialtherapie bei hypertensiven Patienten mit Herzinsuffizienz jedoch nicht zu empfehlen.

Herzinsuffizienz

1

Prognostisch und symptomatisch günstig bei chronischer Herinsuffizienz sind Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol und Nebivolol (q 2.15.6.5). Beachte: Betablocker sind nur bei kompensierter Herzinsuffizienz indiziert und werden sehr langsam hochdosiert.

Tenormin® (Tbl 25 mg, 50 mg, 100 mg)

Weitere: Atenolol

Bisoprolol Concor® (Tbl 1,25 mg, 2,5 mg, 3,75 mg, 5 mg, 7,5 mg, 10 mg)

Weitere: Bisoprolol , Fondril®, Jutabis®

1 1 1 1 !

Angina pectoris (KHK), arterielle Hypertonie, tachykarde HRST: Anf-Dosis 1 x 50 mg, Erhalt-Dosis 1 x 50-100 mg funktionelle Herzbeschwerden: 1 x 25 mg

! DosNI: Krea-CI 10-30 ml/min => 50 % der Standarddosis; Krea-CI < 1O ml/min =>

i 25 % der Standarddosis

Angina pectoris (KHK), Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 5 mg, bei Bedarf auf 1 x 1O mg steigern chronische Herzinsuffizienz: Anf-Dosis: 1 x 1,25 mg/d für 1 Woche, dann 1 x 2,5 mg/d für 1 Woche, dann 1 x 3,75 mg/d für 1 Woche, dann 1 x 5 mg/ für 4 Wochen, dann 1 x 7,5 mg/d für 4 Wochen , dann Erhalt-Dosis: 1 x 10 mg. Max-Dosis 10 mg/d. DosNI, Dosll: bei leichten bis mäßigen Funktionseinschränkungen keine Dosisanpassung notwendig, bei terminaler Niereninsuffizienz oder schwerer Herzinsuffizienz Max-Dosis 10 m /d

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Angina pectoris (KHK) : Anf-Dosis 2 x 12,5 mg, ab 3. Tag Erhalt-Dosis 2 x 25 mg, ggfs. bis 2 x 50 mg arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 12,5 mg, ab 3. Tag Erhalt-Dosis 1 x 25 mg, ggfs. bis 50 mg/d Chronische Herzinsuffizienz: Anf-Dosis: 2 x 3, 125 mg/d für 2 Wochen, dann Dosisverdopplung alle 2 Wochen (2 x 6,25 mg, 2 x 12,5 mg, 2 x 25 mg). ErhaltDosis: 2 x 25 mg. Max-Dosis 2 x 50 mg nur bei > 85 kg.

Carvedilol Dilatrend® (Tbl 3,125 mg, 6,25 mg, 12L5 mg, 25 mg)

Weitere: Carvedilol, Querto®

Esmolol

101

.

.

nur i.v.: supraventrikuläre Tachykardien: Anf-Dosis 500 ~tg/kg/min über 2-3 min, Brevibloc® 1 dann Erhalt-Dosis 50 µg/kg/min; falls nach 4 min unzureichend: gleiche Anf-Dosis (lnf-Konzentrat 2,5 g/1 0 1 (500 µg/kg/min über 2-3 min), dann Erhalt-Dosis 100 µg/kg/min; falls nach 4 min ml) i unzureichend: gleiche Anf-Dosis, dann Erhalt-Dosis um weitere 50 µg/kg/min (lnf-Lsg 100 mg/10 ml) steigern, bis zu Max-Dosis 200 µg/kg/min. Max Therapiedauer 24 h. ! (perioperative) HF-Senkung bzw. RR-Senkung: bei gewünscht raschem Effekt: ! Anf-Dosis 500 µg/kg/min über 2-3 min, dann Erhalt-Dosis 100-200 µg/kg/min. 1 Beachte: lnfusionskonzentrat muß auf 10 mg/ml verdünnt werden. Normale 1 Erhaltungsdosen 50-200 µg/kg/min, im Mittel 100 ~1g/kg/min. 1 DosNI: bei leichter bis mässiger Niereninsuffizienz (Krea 1,3-2 mg/dl bzw Krea-CI 1 30-60 ml/min) max. Therapiedauer von 4 h 1

i

l

Metoprolol

1 p.o.: Angina pectoris (KHK), arterielle Hypertonie, hyperkinetisches

: (Tbl 23,75 mg, 47,5 mg, ; 95 mg, 190 mg) ; (Amp 5 mg/5 ml) i ' Weitere: Lopresor®, ; Metoprolol, Prelis®

Beloc®

Herzsyndrom: 50-100 mg/d in 1-2 Einzeldosen, Max-Dosis 200 mg/d tachykarde HRST: 100-200 mg/d in 1-2 Einzeldosen, Max-Dosis 200 mg/d Reinfarktprophylaxe: 100-200 mg/d in 1-2 Einzeldosen, Max-Dosis 200 mg/d chronische Herzinsuffizienz: Anf-Dosis: 1 x 12,5 mg/d für 2 Wochen, dann Dosisverdopplung alle 2 Wochen. Erhalt-Dosis: 1 x 100-200 mg. Max-Dosis 200 mg/d. Migräneprophylaxe: 100-200 mg/d in 1-2 Einzeldosen

i.v.: akutes Koronarsyndrom, tachykarde HRST: 5 mg (1-2 mg/min), nach 5-10 i Wiederholung, max. 15 mg; Umstellung von i.v. auf p.o. : initial 25-50 mg p.o., dann '. individuelle Steigerung über 48 h auf Erhalt-Dosis 100-200 mg/d =

-

; DosNI: keine Dosisanpassung notwendig ; Dosll: bei schwerer Leberinsuffizienz Dosisreduktion yperton1e: x mg Chronische Herzinsuffizienz (~ 70 J.): initial ¼ Tbl/d, alle 1-2 Wo. steigern: zu - nächst auf½ Tbl/d, dann 1 Tbl/d, ggfs. weiter auf 10 mg/d; Max-Dos 10 mg/d - DosNI: initial 2,5 mg/d, ggfs auf 5 mg/d steigern

Propranolol Dociton® (Tbl 10 mg, 40 mg, 80 mg, 80 mg ret, 160 mg ret.)

Weitere: BetaTablinen®, Propranolol

Sotalol Sotalex® (Tbl 80 mg, 160 mg) (Amp 40 mg/4 ml)

Weitere: Darob®, Rentibloc®, Sotalol

Angina pectoris (KHK), arterielle Hypertonie, tachykarde HRST: Anf-Dosis 2-3 x 40 mg, Erhalt-Dosis 2-3 x 80 mg, Max-Dosis 320 mg/d Reinfarktprophylaxe: Anf-Dosis 3 x 40 mg, Erhalt-Dosis 2 x 80 mg hyperkinetisches Herzsyndrom: 3 x 10-40 mg Migräneprophylaxe, essentieller Tremor, primäres Angstsyndrom: 2-3 x 40 mg Hyperthyreose: 3-4 x 40 mg DosNI, DosLI: bei starker Nieren- oder Leberinsuffizienz p.o.: tachykarde ventrikuläre HRST: 2 x 80 mg, individuell steigern bis 2 x 160 mg; bei lebensbedrohlichen HRST Max-Dosis 480 mg/d in 2-3 Einzeldosen tachykarda supraventrikuläre HRST, Vorhofflimmern: 2 x 80 mg, individuell bis 2 x 160 mg/d; Max-Dosis 320 mg/d DosNI: bei KreaCI 10-30 ml/min: ½ Dosis, bei< 10 ml/min: ¼ Dosis i.v.: 20 mg über 5 min, nach 20 min weitere 20 mg; Max-Dosis 1,5 mg/kg

102

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.4 Parasympathikus - Parasympathomimetika Pharma - kompakt

Sympathomimetika

Herzfrequenz

Blutdruck

Pupillengröße

Temperatur

Schwitzen

+

+

+ 0

+

+

(ß- )Sympatholytika Cholinergika Anticholinergika Opioide Sedativa/Hypnoti ka

0 /+

0 0/ +

0 +

+

+

Darmperistaltik

+ +

0

Einige der wichtigsten Pharmakagruppen und deren Effekt auf das Vegetativum. Die Kenntnis erleichtert das Erkennen von verstärkter Wirkung oder Intoxikation.

Einführung

2.1.4.1

Grundlagen „Acetylcholin als Transmitter" Q 1.1.2.5.2 Die Cholinozeptoren werden in nikotinische Rezeptoren (N-Cholinozeptoren) und muskarinische Rezeptoren (M-Cholinozeptoren) differenziert. N-Cholinozeptoren sind in den Synapsen autonomer Ganglien, im Nebennierenmark und an der neuromuskulären Endplatte zu finden. M-Cholinozeptoren sind in Synapsen des postganglionären parasympath. Neurons lokalisiert.

Unterformen der N- und M-Cholinozeptoren C holinozeotor Nikotin

Muskarin

Rezeotortvp ligandenaktivierter Ionenkanal G-Protein gekoppelte Rezeptoren

Unterform Nm Nn M1 M2 M3 ferner: M4,M5

Vorkommen motorische Endplatte Skelettmuskel vegetative Ganalien, ZNS Neurone Herz qlatte Muskulatur, Drüsen Zuordnuna noch nicht vollständia

Tab. 2.12

Transmittersynthese: Acetylcholin (ACh) wird im Neuron aus Cholin und Acetyl-CoA durch das Enzym Cholinacetyltransferase synthetisiert. Wird eine Mindestmenge des in Vesikeln gespeicherten ACh freigesetzt, kommt es zur fortgeleiteten Erregung. Wirkmechanismus: (c::> Tab 2.12, 2.13; zur Übersicht auch c::> Tab 2.3) N-Cholinozeptoren: Acetylcholin bewirkt an der postsynaptischen Membran eine Permeabilitätszunahme für Na+ und K+. Ein Aktionspotential entsteht durch eine initiale Erhöhung der Na+-Permeabilität (Depolarisation), gefolgt von einer Inaktivierung der Na+-Kanäle und Zunahme der K+-Permeabilität (Polarisation). M-Cholinozeptoren: nach Bindung von ACh an muskarinische Rezeptoren werden die Effekte durch Interaktionen mit G-Proteinen vermittelt. Acetylcholin ist als quartäre Ammoniumverbindung schlecht membrangängig. Inaktivierung: Cholinesterasen spalten Acetylcholin in Cholin und Essigsäure. Cholin wird nach Aufnahme in das cholinerge Neuron zur Resynthese von Acetylcholin verwendet. Cholinesterasen werden differenziert in die - spezifische Acetylcholinesterase, die membranständig im synaptischen Spalt lokalisiert ist. -

unspezifischen Cholinesterasen :::: Pseudocholinesterasen, die u.a. im Serum und der Leber nachweisbar sind . Die Pseudocholinesterasen hydrolysieren neben Acetylcholin auch andere Cholinester wie Succinylcholin.

Beide Enzyme sind durch Cholinesterasehemmer blockierbar.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

103

Parasympathomimetika: Substanzen, die analog dem Transmitter Acetylcholin auf das parasympathische(~ cholinerge) System erregend wirken.



Parasympatholytika ~ Anticholinergika: Substanzen, die durch kompetitive Hemmung der MCholinozeptoren die Wirkung von Parasympathomimetika aufheben (d.h. Wirkung nur bei gleichzeitiger parasympa-thischer Innervation)



parasympatholytisch ~ anticholinerg ~ vagolytisch Vereinfacht besitzen Sympatholytika und Parasympathomimetika sowie Sympathomimetika und Parasympatholytika ein ähnliches Wirkspektrum. Die bewußt getrennte Darstellung verdeutlicht die Unterschiede z.B. von Sympathomimetika und Parasympatholytika. Beispiele: - Die Wirkung eines Parasympatholytikums (Atropin) ist entscheidend vom Vagotonus abhängig . Vagal bedingte Bradykardien können mit Atropin erfolgreich behandelt werden, bei normalem oder vermindertem Vagotonus wäre Atropin erfolglos. - Bei Bradykardie steigern Sympathomimetika (Adrenalin) unabhängig vom Vagotonus die Herzfrequenz, können aber auch bedrohliche tachykarde Arrhythmien induzieren. Diese Gefahr ist bei Senkung des Parasympathotonus (Atropin) wiederum zu vernachlässigen.

1

Effekte von Parasympathomimetika und Parasympatholytika Auge

-

Bronchien

Herz

Gefäße

MagenDarmTrakt

Schweißdrüsen Harnblase

Parasymoathomimetika Miosis Nahakkomodation erweiterter Kammerwinkel Bronchokonstriktion Sekretionszunahme

Parasymoatholytika - Mydriasis - Akkomodationslähmung -Verenauna des Kammerwinkels - Bronchodilatation (Lösung vagal bedingter Spasmen) - Sekretionsabnahme - Zunahme der Herzfrequenz (*) - Verkürzung der AV-Überleitung

- Bradykardie - verlängerte AV-Überleitung bis AV-Block - geringe Gefäßdilatation und RR- - Aufhebung einer Senkung parasympathomimetisch/vagal bedinaten Vasodilatation - Peristaltikzunahme bis hin zu - Abnahme der Peristaltik Spasmen - Lösung vagal bedingter Spasmen - Erschlaffung der Sphincteren - ausgeprägte Sekretionsver- vermehrte Speichel- und minderung von Speichel und Maaensaftsekretion (=> Ulzera) Maaensaft (=> Mundtrockenheit) -Abnahme Schweißsekretion - Zunahme Schweißsekretion - Tonuszunahme m. detrusor - Tonusabnahme (Gefahr Harnverhalt) - Erschlaffuna der Sohincteren

Tab. 2.13: Parasympathomimetika, Parasympatholytika. Anmerkung zu Acetylcholin (ACh) und Gefäßwirkung: die geringe Vasodilatation ist EDRF-vermittelt und an ein intaktes Gefäßendothel gebunden. Bei gestörtem Endothel wirkt ACh vasokonstriktorisch (q 2.2.1 ). (*) Effekte von Parasympatholytika auf die Herzfrequenz q 2.1.5.2 „Besonderheiten"

Wirkung auf die inneren Augenmuskeln

(q Glaukom 13.2.2)

Parasympathomimetika -

m. sphincter pupillae kontrahiert=> Miosis m. ciliaris kontrahiert=> Nahakkomodation. erleichterter Kammerwasserabfluß

Die Zonulafasern erschlaffen und durch die Eigenelastizität zieht sich die Linse zusammen , sie wird runder, die Brechkraft nimmt zu => Nahakkomodation. Der Kammerwinkel ist erweitert, der Schlemm'sche Kanal geöffnet => erleichterter Kammerwasserabfluß (Augeninnendruck ,!, ).

1 ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

104

Parasympatholytika

1

-

m. sphincter pupillae erschlafft => Mydriasis m. ciliaris erschlafft=> Akkomodationslähmung, erschwerter Kammerwasserabfluß CAVE: Auslösung eines Glaukomanfalls

Die Zonulafasern werden angespannt, die Linse flacht ab und die Brechkraft verringert sich => Akkomodationslähmung (keine Naheinstellung). Kammerwinkel und Schlemm'scher Kanal sind verengt => erschwerter Kammerwasserabfluß mit Gefahr der Auslösung eines Glaukomanfalls.

Schlemm-Kanal

Sympathikus:

m. dilatator pupillae (1)

Linse Pa rasympathikus:

m. sphincter pupilfae (2) m. ciliaris (3)

Ziliarkörper

3

• • • • • • • • • • • • • Fluß des Kammerwassers

Abb. 2.13: schematisierte Darstellung des vorderen Augenabschnitts.

2.1.4.2 Direkte Parasympathomimetika == muskarin ische Mx-Acetylchol inrezeptor-Agonisten Carbachol

Augentropfen

Pilocarpin

Augentropfen

Direkte Parasympathomimetika wirken auf die M-Cholinozeptoren (muskarinische Rezeptoren) der parasympathisch innervierten Erfolgsorgane agonistisch. Acetylcholin selbst wird aufgrund der schnellen Inaktivierung therapeutisch nicht verwendet. Wirkungen von Acetylcholin und der Parasympathomimetika Q Tab. 2.11.

2.1.4.2.1

Carbachol

Carbamann® lsopto®-Carbachol

CHARAKTERISTIKA: - Carbaminsäure-Cholinester, langsame Inaktivierung durch Cholinesterasen - systemische Wirkung: Motilitätszunahme (wie Acetylcholin, aber stärkere Erregung der glatten Muskulatur von Darm und Harnblase (m. detrusor vesicae), daher frühere Anwendung bei postoperativer Darm- und Blasenatonie



-

Anwendung: lokale Glaukombehandlung (c::> 2.1.4.1 „Augenmuskeln")

2.1.4.2.2

Pilocarpin

CHARAKTERISTIKA: - Pflanzenalkaloid - ausgeprägte sekretionssteigernde und kardiodepressive Wirkung bei systemischer Anwendung - Anwendung: lokale Glaukombehandlung (c::> 2.1.4.1 „Augenmuskeln") Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.4.3

105

Indirekte Parasympathomimetika = Acetylchol inesterase-1 nh ibitoren

Freiname Neostiamin Pyridostiamin Distigmin

Handelsname ZNS-aänaia Indikation Prostiamin® - postoperative Darm- und Blasenatonie/ Mestinon® paralytischer Ileus Ubretid® - Antagonisierung nichtdepolarisiender Muskelrelaxantien Physostigmin Anticholium® zentrales anticholinerges Syndrom +

1 ■

Tab. 2.14: indirekte Parasympathomimetika (q 6.4.3) Indirekte Parasympathomimetika verlängern durch Hemmung der Acetylcholinesterase die Wirkung von ACH. Diese als Cholinesterasehemmer bezeichneten Substanzen blockieren die Acetylcholinesterase und die unspezifischen Cholinesterasen. Differenziert werden die Cholinesterasehemmer in reversible und irreversible Hemmstoffe: - reversible Cholinesterasehemmer (Wirkdauer: Stunden): Carbaminsäureester (Neostigmin, Pyridostigmin, Distigmin, Physostigmin) - irreversible Cholinesterasehemmer (Wirkdauer: Tage): Alkylphosphate (q 20.5.1.1)

2 .1.4 .3.1

Neostigmin Generika Distigmin Ubretid®

Pyridostigmin Mestinon®

Verbindungen mit quartärem Stickstoff: ionisierte hydrophile Substanzen => schlechte Resorption => nicht liquorgängig: keine ZNS-Effekte (daher bei Atropinintoxikation nicht indiziert)

WIRKUNG : - indirekt parasympathomimetisch (q Tab. 2.13) NEBENWIRKUNG: parasympathomimetisch: - Bradykardie (in hohen Dosen) - Bronchokonstriktion - Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe - Schweißausbruch - Sekretionssteigerung (Speichel, Magensaft) INDIKATION: - (postoperative) Darm- und Blasenatonie / paralytischer Ileus (indirekt parasympathomimetisch an m-Cholinozeptoren; q 2.1.1) - Antagonisierung nichtdepolarisierender Muskelrelaxantien (indirekt parasympathomimetisch an n-Cholinozeptoren; q 2.1.1) - Glaukom - Myasthenia gravis q 11.6 KONTRAINDIKATION : - dekompensierte Herzinsuffizienz - Myokardinfarkt - Magengeschwür - Thyreotoxikose - Asthma bronchiale Arzneistoffliste IMPP

1 1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

106

INTERAKTION : Opioide, Barbiturate => Verstärkung der angeführten Substanzen andere Anticholinergika => erhöhte Gefahr der cholinergen Krise (bei Myasthenia gravis) Betablocker=> erhöhte Bradykardiegefahr Kontraindiziert sind Myasthenie-verstärkende Pharmaka, wie: depolarisierende Muskelrelaxantien, Chinidin-Derivate (,,tonic water"), Benzodiazepine, einige Antibiotika (Tetracycline, u.a.), Neuroleptika (Phenothiazine), Mg2+-Verbindungen, u.a.

Postoperative Blasen- oder Darmatonie: 0,5 mg i.m., ggfs. bis auf 0,01 mg/kg steigern; WH nach 1-3 Tagen (Darmatonie) bzw jeden 3. Tag (Blasenatonie) neurogene Blasenentleerungsstörungen mit hypotonem Detrusor: 5 mg/d p.o. oder 0,5 mg i.m. jeden 3.-4. Tag bis zum Wirkungseintritt (ggfs. bis auf 0,01 mg/kg i.m. steigern), dann Erhalt-Dosis 5-10 mg p.o. alle 2-3 Tage Myasthenia gravis: p.o. 1. Woche 5 mg/d, ab 2. Woche 7,5 mg/d, ab 3. Woche 10 mg/d i.m.: 0,5-0,75 mg i.m. alle 2 Tage

Distigmin Ubretid® (Tbl 5 mg) (Amp 0,5 mg)

Kdr, Jugdli: kontraindiziert (unzureichende Kenntnisse) Grav: strenge Indikationsstellung bei vitaler lndikation ~ Grav 5 Still : kontraindiziert ~ Still 1

Neostigmin Neostigmin® (Amp 1 ml = 0,5 mg)

Antagonisierung nichtdepolarisierender Muskelrelaxantien: 1 Erw: 0,5-2 mg langsam i.v., Max-Dosis 5 mg 1 Kdr: 50 µg/kg langsam i.v. 1 Beachte: gleichzeitige Gabe von Atropin (Erw 0,5-1 mg i.v.) empfohlen 1 Myasthenia gravis: 0,5 mg s.c. oder i.m. mehrmals täglich 1 1

DosNI: Elimination verlängert, keine generelle Dosisreduktion empfohlen 1 Grav: Placentapassage unwahrscheinlich, jedoch i.v.-Gabe vermeiden 1 Still: Placentapassa e unwahrscheinlich (quartäre Ammoniumverbindun )

Pyridostigmin Mestinon® (Tbl 10 mg) (Drg 60 mg) (Ret-Tbl 180 mg) (Amp 5 ml = 25 mg)

Weitere Präparate: Kalymin®

Antagonisierung nichtdepolarisierender Muskelrelaxantien: 5 mg langsam i.v., kombinierte Gabe mit Atropin empfohlen; empfohlene Dosis auch bei Überdosierung der Muskelrelaxantien nicht wesentlich überschreiten Myasthenia gravis: (beachte sehr individuelle Dosierung) p.o.: unretardiert 2-4 x 60-180 mg p.o., retardiert 2 x 180-540 mg i.v. 2-5 mg s.c. oder i.m. Darmatonie, Harnverhalt: p.o. unretardiert 60 mg alle 4 h p.o., 1-2 mg i.m. alle 4 h Paralytischer Ileus in der Pädiatrie: p.o.: Säuglinge 10 mg alle 4 h 2 Tage lang; Klein- und Schulkinder: 20-30 mg alle 4 h 2 Tage lang i.v.: Säuglinge 0,5 mg alle 4 h 2 Tage lang; Klein- und Schulkinder: 1 mg alle 4 h 2 Tage lang DosNI: Dosisreduktion Grav: strenge Indikationsstellung ~ Grav 5

Still: kontraindiziert ~ Still 3

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.4.3.2 -

Physostigmin

107

Anticholium®

Carbamat mit tertiärem Stickstoff: ZNS-gängjge lipophile Substanz

WIRKUNG : - indirekt parasympathomimetisch NEBENWIRKUNG: - siehe wasserlösliche Carbamate (Neostigmin, u.a.) INDIKATION: - zentrales anticholinerges Syndrom bei Intoxikationen (q 20.3.4) u.a. mit: Atropin, tricyclischen Antidepressiva, ,,älteren" Antihistaminika, (niederpotenten) Neuroleptika - lokale Anwendung in Glaukomtherapie (q 13.2.1) KONTRAINDIKATION : - Asthmatiker mit Sulfit-Überempfindlichkeit (Natriumsulfit als Hilfsstoff zugesetzt) - Indikationsabwägung bei Asthma brochiale, Diabetes mellitus, koronarer Herzkrankheit (parasympathomimetische Effekte) INTOXIKATION : - Bei Intoxikation oder Überdosierung sympathomimetikums => Atropin Physostigmin Anticholium® (Amp 5 ml = 2 mg)

dieses

indirekten,

ZNS-gängigen

Para-

Zentrales anticholinerges Syndrom; Antidot bei Vergiftungen mit Atropin, ! Amphetaminen, tricyclischen Antidepressiva, Phenothiazinen, Antihistaminika: 1 Erw: Anf-Dosis 2 mg langsam i.v. oder i.m., WH von 1-4 mg alle 10 min; WH der Anti Dosis bei erneuter anticholinerger Symptomatik 1 Kleinkinder: Anf-Dosis 0,5 mg langsam i.v. oder i.m., WH alle 5 min bis zu 1 Gesamtdosis von 2 m (solan e anticholiner e S mptome fortbestehend) 1

2 .1.5 muskarinische Mx-Acetylcholinrezeptor-Antagonisten == Parasympatholytika ~ Anticholinergika 2.1.5.1 Atropin Scopolamin Homatropin Tropi camid Butylscopolamin lpratropiumbromid Pirenzepin

Übersicht Atropinum sulfuricum® Scopolaminum hydrobromicum® Harnatropin POS 1%® Mydriaticum "Roche"® Buscopan® Atrovent® in Berodual®(+ Fenoterol) Gastrozepin®

• Biperiden Metixen Trihexyphenidyl

Akineton® außer Handel Artane®

Parasympatholytika ::::: Anticholinergika (::::: Antimuskarinika) hemmen kompetitiv die Effekte von Acetylcholin an muskarinartigen cholinergen Neuronen (postganglionär). Die Wirkungen dieser Substanzen ähneln alle Atropin, dem Hauptvertreter der Parasympatholytika. Die lipophilen tertiären Amine Atropin, Scopolamin (beides natürliche Alkaloide) und andere werden schnell und nahezu vollständig aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert und sind liquorgängig. Im Gegensatz dazu sind die gering lipidlöslichen quartären Amine Butylscopolamin und lpratropiumbromid nicht liquorgängig und werden nach oraler Gabe nur zu 10-25% resorbiert. Arzneistoffliste IMPP

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

108

1 ■ ■

1

WIRKUNG/NEBENWIRKUNG: ~ Tab. 2.13 - kompetitiver Antagonismus an muskarinartigen Rezeptoren => parasympatholytisch = anticholinerg wichtigste Nebenwirkungen: - zentral: Erregung unter Atropin (hingegen Dämpfung unter Scopolamin) - Mydriasis(=> Lichtempfindlichkeit), Akkomodationslähmung; CAVE: Auslösung eines Glaukomanfalls - Mundtrockenheit durch verminderte Speichelsekretion - Hyperthermie durch verminderte Schweißsekretion - Hautrötung durch verminderte Schweißsekretion und kutane Vasodilatation - Miktionsbeschwerden durch Tonusabnahme des m. detrusor - Verdauungsstörungen, Darmatonie durch Abnahme der Motilität

Dosisabhängige Wirkungen am Beispiel von Atropin:

• ■



Effekt verminderte Speichel- und Schweißsekretion, leichte Herzfre uenzabnahme Mundtrockenheit, Durst, Herzfrequenzzunahme, leichte M driasis Tachykardie/Palpitation, Mydriasis obige Symptomatik, erschwertes Sprechen und Schlucken, trockene gerötete Haut, beginnende Blasen- und Darmatonie, Exzitation bisherige Symptomatik ausgeprägt; ferner Hyperthermie, Halluzinationen, Koma



Dosis m 0,5

1 2 5

10

INDIKATION: (Anticholinergika der Wahl in Klammem) - bradykarde Herzrhythmusstörungen (Atropin q 2.11.4) - Prämedikation in der Anästhesie (Atropin); verminderter Vagotonus schützt vor: reflektorischer Bradykardie/Asystolie, reflektorischem Laryngospasmus, Bronchospasmus, erhöhter Bronchial- und Speichelsekretion

1

-

Alkylphosphat-lntoxikation (Atropin q 20.5.1.1) Mydriasis in der Ophthalmologie (Atropin, Homatropin, Tropicamid) Spasmen glatte Muskulatur: Nieren-, Gallenkolik (Butylscopolamin q 2.1.5.5) obstruktive Atemwegserkrankungen (lpratropium inhalativ q 3.6.2.4) Magen-Darm-Ulzera, Hyperazidität (Pirenzepin q 4.1.1.2) Parkinsonismus (Biperiden , Metixen q 11.2.6)

KONTRAINDIKATION : - (Engwinkel}Glaukom => erschwerter/verhinderter Kammerwasserabfluß - Blasenentleerungsstörung mit Restharn (Prostatahypertrophie) => Restharnbildung t - Magen-Darm-Stenosen (Pylorusstenose) , paralyt. Ileus, Megacolon => Transportstörung

- Tachykardie/Tachyarrhythmie

=>

steigende Herzfrequenz, durch relativ erhöhten Sympathotonus Gefahr von Herzrhythmusstörungen, äußerst selten bis zum Kammerflimmern - Hyperthyreose/Thyreotoxikose => die Adrenozeptoren sind auf Katecholamine sensibilisiert; Gefahr von überschießenden Reaktionen auf Katecholaminausschüttung, wenn der erhöhte Vagotonus supprimiert wird (normaler Vagotonus für Atropingabe unerläßlich)

-

akutes Lungenödem => Verschlechterung durch Frequenzsteigerung Myasthenia gravis => drohende Verschlechterung für Seepolamin: schwere Zerebralsklerose=> zusätzlich ZNS-dämpfend Stillzeit (muttermilchgängig; verminderte Milchbildung); Vorsicht in der Schwangerschaft

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

109

INTERAKTION: - Amantadin, Chinidin , Antihistaminika, tricyclische und tetracyclische Antidepressiva, Neurolpetika => additive anticholinerge Effekte - Dopaminantagonisten (Metoclopramid) => pharmakodynamischer Antagonismus => Wirkungsabschwächung der Dopaminantagonisten

INTOXIKATION: c> 20.3.4

2.1.5.2

Atropin

CHARAKTERISTIKA: - Inhaltsstoff u.a. der Pflanze atropa belladona (Tollkirsche) - Ester aus Tropasäure und Tropin - tertiäre Stickstoffverbindung (lipophil): fast vollständige Resorption - ZNS-gängig; zentral erregend: Unruhe, Halluzinatinen (v.a. bei Überdosierung) - Wirkdauer (bis 1 mg) ~ 4 h bei oraler, s.c.-, i.v.-Applikation (Ausnahme: lokale Applikation in Ophthalmologie) - teils unveränderte renale Elimination, teils hepatische Metabolisierung - INO: - hämodynamisch wirksame Bradykardie (c:> 2.11.4) - Sekretionshemmung - Alkylphosphatintoxikation (c:> 20.5.1.1) - keine Empfehlung mehr bei Asystolie oder elektromechanischer Entkopplung (~ 2.19.3.1) Atropin ist der Hauptvertreter der Parasympatholytika. Aufgrund erheblicher Nebenwirkungen ist die Anwendung beschränkt v.a. auf bradykarde Herzrhythmusstörungen, Prämedikation und Alkylphosphat-lntoxikation.

BESONDERHEITEN: Augenheilkunde: bei lokaler Applikation bleiben Nahakkomodation und Lichtreaktion der Pupille für 7-12 d beeinträchtigt. Indikation zur therapeutischen Mydriasis, jedoch nicht zur Spiegelung des Augenhintergrundes (q Harnatropin). Parasympatholytika und Herzfrequenz: Die Effekte von Atropin auf die Herzfrequenz sind komplex: in hoher Dosierung Tachykardie, in den häufig klinisch eingesetzten Dosen (0.4-0.6 mg) jedoch geringer HF-Abfall (::::: 4-8 Schläge/min). Begründung: ursprünglich Annahme einer zentralen vagalen Stimulation in niedriger Atropindosierung, nach neuen Erkenntnissen vermutlich postganglionäre M1-RezeptorBlockade mit verminderter Inhibition der Transmitterfreisetzung durch bereits freigesetztes ACh. In hohen Atropindosen (2 mg i.m.) Erhöhung der Ruhefrequenz (bei jungen Personen um ::::: 35-40 Schläge/min), wobei eine maximal stimulierte HF durch Atropin unbeeinflußt bleibt. Ausmaß der HF-Zunahme abhängig vom Vagotonus: bei hohem Vagotonus Uunge Erwachsene) deutlicher HF-Anstieg, bei niedrigem Vagotonus (Kinder, Alte) geringerer bis hin zu fehlendem HF-Anstieg. Bei anderen Parasympatholytika (Pirenzepin, Scopolamin) ebenfalls HF-Abnahme in niedriger Dosierung. Beachte: in niedriger Atropindosierung geringe HF-Abnahme, in hoher Dosierung HF-Zunahme in Abhängigkeit vom Vagotonus. Kardiopulmonale Reanimation : nicht mehr routinemäßig bei Asystolie/pulsloser elektrischer Aktivität (q 2.19.3.1) wegen unzureichenden Wirkungsnachweises. Prämedikation: zur Herzfrequenzsteigerung bzw. Bradykardievermeidung (z.B. unter Succinylcholin), ferner Sekretionshemmung. Kein essentieller Bestandteil der Routineprämedikation. Atropin Atropinsulfat® (Amp 0,5 mg) (Amp 100 mg)

Bradykarde Herzrhythmusstörungen: 0,25-1 mg i.v. ! Sekretionshemmung: 0,5 mg i.v. alle 4 h j Antidot bei Organophosphatintoxikation: 1 Erw: initial 2-5 mg, fraktioniert 5-10-100 mg i.v. (bis zum Verschwinden der 1 Vagussymptomatik) ! Kdr: 0, 1 mg/kg i.v. (bis zum Verschwinden der Vagussymptomatik) 1

i 1 1

Grav: strenge Indikationsstellung im 3. Trimenon und unter der Geburt Still: kontraindiziert

Arzneistoffliste IMPP





2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

110

2.1 .5.3



Scopolamin

Augentropfen: Boro-Scopol®

CHARAKTERISTIKA: - Ester aus Tropasäure und Scopin - ,,Naturprodukt": gering in Tollkirsche und Stechapfel enthalten - Wirkung/Nebenwirkung ähnlich Atropin (Ausnahme: ZNS-Dämpfung) - tertiäre Stickstoffverbindung: Pharmakokinetik ähnlich Atropin, ZNS-gängig - zentrale Dämpfung schon in niedriger Dosierung - stärkere Sekretionshemmung, ausgeprägt antiemetisch - stärkere Wirksamkeit am Auge - geringere kardiale Wirkung IND: Mydriatikum (Augentropfen); früher bei Kinetosen (früher: Scopoderm TTS Membranpflaster)

-

2.1.5.4 Homatropin

Harnatropin POS 1 %®

Tropicamid

Mydiaticum

CHARAKTERISTIKA: - Wirkung/Nebenwirkung ähnlich Atropin - lokale Anwendung in der Ophthalmologie als Mydriatikum - Wirkdauer 1-2 d - Tropicamid mit kürzerer Wirkdauer (komplette Akkomodationsfähigkeit nach 6 h)

2.1.5.5

Butylscopolamin

Buscopan®

CHARAKTERISTIKA: - quartäre Stickstoffverbindung (hydrophil): Resorption 10-25 %, nicht liquor-gängig => keine zentralnervösen Nebenwirkungen - Wirkung/Nebenwirkung ähnlich Atropin - bevorzugte Wirkung an der glatten Muskulatur des Verdauungstrakts, der ableitenden Harnwege - Indikation: Spasmen der glatten Muskulatur des Magen-Darm-Traktes, der Gallenwege oder der Harnwege (Gabe rektal oder parenteral empfohlen, oral kaum effektiv) Butylscopolamin i Spasmen von Magen, Darm, Gallenwegen, ableitenden Harnwegen, weiblichem Buscopan® 1 Genitale: (Drgs 10 mg) 1 p.o.: Erw + Schulkdr: 3 x 10-20 mg; Max-Dosis 60 mg/d (A,:np 1 ml = 20 mg) parenteral: (i.m. , s.c. oder langsam i.v.) (lnJ-FI 10 ml = 200 mg) i Erw: 20-40 mg, Max-Dosis 100 mg/d; (Supp 10 mg) . i Jugdli: + Kdr: 0,3-0,6 mg/kg (Max-Dosis 1,5 mg/kg/d) (Supp f~r ~äughnge i rektal : und Klemkmder7,5 i Erw + S ch ulkd. mg) 1 r. 3-5 x 1-2 S upp ( 10 mg ) 1 Kleinkdr (> 1 J): 3-5 x 1 Supp (7,5 mg) Säuglinge (bis 12 Monate): 2-3 x 1 Supp (7,5 mg) Weitere Präparate: 1 1 BS, Butylscopolamin, Spasman® 1 Grav: strenge Indikationsstellung ~ Grav 4 1 Still : strenge Indikationsstellung

i

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.1.5.6

lpratropiumbromid

111

Atrovent®

CHARAKTERISTIKA: - quartäre Ammoniumverbindung - Wirkung/Nebenwirkung ähnlich Atropin - Indikation: - obstruktive Atemwegserkrankungen (Atrovent®): inhalativ, geringere Wirkung als ß2-Mimetika oder Theophyllin (q 3.6.2.4) - bradykarde Herzrhythmusstörungen (ltrop®): oral; längere Wirkdauer als Atropin (6-8 h) (q 2.11.4) lpatropiumbromid Atrovent® (Dosieraerosol) (lnhaletten) (Fertiginhalat)

1

Obstruktive Atemwegserkrankungen (COPD, Asthma bronchiale) => Atrovent®: Erw + Kdr ab 6 J: 3-4 x 1-2 Hübe (Max-Dosis 12 Hübe/d) oder 3 x 1 Kpsl (MaxDosis 8 Kpsl/d) oder 3-4 x 1 Eindosisbehälter 250 µg/2 ml; für Erw + Kdr ab 12 J bis zu 3-4 x 1 Eindosisbehälter 500 µg/2 ml Kdr < 6 J: 1 Eindosisbehälter 250 µg/2 ml, bei Dauergabe individuell festlegen Grav: strenge Indikationsstellung ~ Grav 4 Still: strenge Indikationsstellung ~ Still 1

2.1.5.7

Pirenzepin

Gastrozepin®

CHARAKTERISTIKA: -

tricyclische Verbindung M1 -Rezeptor-Antagonist, Wirkung/Nebenwirkung ähnlich Atropin bevorzugte antichol inerge Wirkung im Gastrointestinaltrakt geringe zentralnervöse Nebenwirkungen Indikation: kaum noch indiziert, fernere Wahl bei Magen-Darm-Ulzera, Gastritis (c> 4.1.1.2)

2.1.5.8 Biperiden Akineton®

Metixen außer Handel

Trihexyphenidyl

Artane®

CHARAKTERISTIKA: - tertiäre Amine - Muskarin-Rezeptor-Antagonisten - typische anticholinerge Nebenwirkungen - Indikation: M. Parkinson (q 11.2.6)

2.1.5.9

Trospiumchlorid

Spasmex® Spasmolyt®

CHARAKTERISTIKA: - quartäres Amin - Wirkung : anticholinerger Effekt auf glatte Muskulatur, u.a. der Harnblase - lnd.: Detrusor-Überaktivität mit Pollakisurie, imperativem Harndrang, Dranginkontinenz - typische Nebenwirkungen und Kontraindikationen der Parasympatholytika Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

112

Detrusorhyperaktivität (idiopathisch oder neurogen) mit Harninkontinenz, Pollakisurie, imperativem Harndrang: idiopathische Detrusorhyperaktivität 3 x 10-15 mg, neurogene Hyperaktivität 2 x 20 mg; Max-Dosis 45 mg/d

Trospiumchlorid Spasmex® (Tbl 5 mg, 15 mg, 30 mg) weitere Präparate: Spasmolyt®, SpasmoUrgenin®, Trospi®

Kdr < 12 J: kontraindiziert DosNI: bei Krea-CI 10-30 ml/min: Max-Dosis 20 mg/d; bei Krea-CI < 10 ml/min kontraindiziert Grav: strenge Indikationsstellung Still: strenge Indikationsstellung

2.1.5.10 Tolterodin

■ ■

Detrusitol®

Darifenacin Emselex® Solifenacin Vesikur®

CHARAKTERISTIKA: - tertiäre Amine - Tolterodin: QT-Verlängerung, keine Gabe bei vorbestehender/erworbener QT-Verlängerung oder Risikofaktoren (Bradykardie, Elektrolytstörungen, Herzerkrankung) oder CYP3A4-lnhibitoren - Darifenacin, Solifenacin: keine Kombination mit starken CYP3A4-lnhibitoren - Wirkung: anticholinerger Effekt auf glatte Muskulatur, u.a. der Harnblase - lnd: symptomatisch bei Pollakisurie, imperativem Harndrang, Dranginkontinenz - typische Nebenwirkungen und Kontraindikationen der Parasympatholytika

Tolterodin

l Symptomatische Therapie bei Dranginkontinenz

Detrusitol®

i imperativem Harndrang: 2 x 2 mg/d, Max-Das 4 mg/d

(Tbl 1 mg, 2 mg) (Kpsl 4 mg)

! Kdr Jgdli < 18 J:

kontraindiziert 1 DosNI: bei leichter bis mäßiger Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung, bei ! schwerer Niereninsuffizienz (Krea-CI < 30 ml/min): 2 x 1 mg i Dosll: 2 x 1 mg 1 DosALT: keine Dosisanpassung notwendig Grav: kontraindiziert ~ Grav 6 Still: kontraindiziert ~ Still 1

! Darifenacin Emselex® (Tbl 7 ,5 mg, 15 mg)

l Symptomatische

Therapie bei Dranginkontinenz u/o Pollakisurie u/o ; imperativem Harndrang: 1 x 7,5 mg/d, ggfs. auf 15 mg/d erhöhen (Max-Das) ~

! Kdr Jgdli < 18 J: kontraindiziert i DosNI: keine Dosisanpassung notwendig

; Dosll: bei leichter Leberinsuffizienz keine Dosisanpassung, bei mäßiger ; Leberinsuffizienz strenge Indikationsstellung und Max-Das 5 mg/d, bei schwerer i Leberinsuffizienz kontraindiziert ; DosALT: keine Dosisanpassung notwendig ; Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert

Solifenacin Vesikur®

Symptomatische Therapie bei Dranginkontinenz imperativem Harndrang: 5 mg/d, Max-Das 10 mg/d

(Tbl 5 mg, 10 mg)

Kdr, Jgdli < 18 J: kontraindiziert DosNI: bei leichter bis mäßiger Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung, bei schwerer Niereninsuffizienz (Krea-CI < 30 ml/min): Max-Dosis 5 mg/d Dosll: bei leichter Leberinsuffizienz keine Dosisanpassung, bei mäßiger Leberinsuffizienz Max-Das 5 mg/d, bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert DosALT : keine Dosisanpassung notwendig Grav: strenge lndikationsstellun ~ Grav 5 Still: kontraindiziert ~ Still 1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

113

2.1.6 muskulotrope und neurotrop-muskulotrope Spasmolytika Freiname

Handelsname

myo

-

anticholinera (+)

HWZ (h)

Indikation / Kontraindikation

viele h

- lnd: Spasmen im Abdominal- + Urogenitaltrakt - KI: Harnverhalt bei Blasenhalsverengung, Atonie im Gastrointestinaltrakt - lnd: Schmerzen im Bereich der Gallenblase - KI: mechanischer Gallengangsverschluß, entzündliche Darmerkrankunaen - lnd: Reizdarmsyndrom, Meteorismus - KI: paralytischer Ileus - lnd: Detrusorhyperaktivität mit Inkontinenz - KI: Stenosen im Bereich der übrigen Harnwege

Denaverin

außer Handel

troo +

Hymecromon

außer Handel

+

0

1

Mebeverin

Duspatal®

+

0

2

+

+

2

Dridase® Kentera (transdermal) Tab. 2.15: Übersicht. Oxybutinin



CHARAKTERISTIKA: - direkte Erschlaffung glatter Muskelzellen (muskulotrope ::::: myotrope Spasmolytika) - einige Präparate haben zudem eine neurotrope anticholinerge spasmolytische Komponente: sog. neurotrope-muskulotrope Spasmolytika - Hauptindikationen sind Spasmen des Gastrointestinal- und Urogenitaltraktes, Blasenentleerungsstörungen, irritables Colon - NW: Mundtrockenheit, Übelkeit, Sodbrennen, Obstipation, Schwindel, Kopfschmerzen

Oxybutynin : - von einigen Autoren den Parasympatholytika zugeordnet(~ 2.1.5.1) - tertiäres Amin - W: anticholinerger und spasmolytischer Effekt auf glatte Muskulatur, u.a. der Harnblase (Hyperaktivität des Blasendetrusor nimmt ab=> verzögerter Miktionsdrang) - NW: übliche anticholinerge NW, v.a. Mundtrockenheit, verschwommenes Sehen, Schwindel - IND: Überaktivität des Detrusor (idiopathisch oder neurogen) mit Pollakisurie, Inkontinenz, imperativem Harndrang, Nykturie - KI : Pollakisurie oder Nykturie infolge Herz- oder Niereninsuffizienz; Stenosen im Bereich der übrigen Harnwege incl. Prostatahyperplasie, Harnröhrenstrikturen; übrige KI der Parasympatholytika

- WW: CYP3A4-Substrate und -Inhibitoren => verstärkte Oxybutyninwirkung

Mebeverin Duspatal® (Tbl 135 mg) (Kpsl 200 mg)

Oxybutynin Dridase® (Tbl 5 mg)

Weitere Präparate: Oxybutynin, Spasyt®

Reizdarmsyndrom (abdominelle Schmerzen und Defäkationsstörungen), Meteorismus: Erw und Jugdli > 10 J: 3 x 1 Tbl oder 2 x 1 Kpsl Kdr bis 10 J : kontraindiziert DosNI, Dosll: keine expliziten Angaben in Fachinformation Grav: strenge Indikationsstellung Q Grav 4 Still: kontraindiziert Q Lakt 1 Detrusorhyperaktivität (idiopathische Detrusorinstabilität oder neurogene Blasenerkrankung mit Detrusorhyperreflexie) mit Harninkontinenz, Pollakisurie, imperativem Harndrang: Erw: Anf-Dosis 3 x 2,5 bis 5 mg p.o., Max-Dosis 4 x 5 mg Kdr > 5 J: Anf-Dosis 2 x 2,5 mg, Max-Dosis 3 x 5 mg DosNI, Dosll: ggfs. Dosisreduktion DosAlt: Anf-Dosis 2 x 2,5 mg Grav: kontraindiziert ~ Grav 6 Still: kontraindiziert ~ Still 2



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

114

2.2.1 Organische Nitrate und Molsidomin 2.2.1.1

Einführung NO / Nitrate

Das einschichtige Endothel als anatomische Grenze zwischen Blut und Gefäßwand weist wichtige kardiovaskuläre Funktionen auf: Regulation des Gefäßtonus, Beeinflußung der Thrombozytenaggregation und Regulation des Gefäßwachstums. Vom Endothel gebildete Mediatoren sind u.a. Prostacyclin ~ PG l2 (Vasodilatation, Thrombozytenaggregationshemmung), EDRF (Vasodilatation, Thrombozytenaggregationshemmung) und Endothelin (Vasokonstriktion). EDRF (~ endothelium derived relaxing factor) entspricht dem Stickstoffmonoxid (NO ~ nitric oxide). NO wird von der NO-Synthase aus L-Arginin gebildet. Lokale Wirkungen des im Endothel gebildeten NO (EDRF) sind: - Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur, bevorzugt der Venen und großen Koronararterien - Hemmung der Thrombozytenaggregation

Nitroprussid (NO)

Scherkräfte, pulsatile Dehnung

SIN-1-A => NO

Acetyl- Sero- Histacholin tonin min

~

L-Arginin ___. Citrullin + NO eNOS

+~

NO

Gefäßlumen

Rauchen. RR t, ,_-;r Diabetes mellitus, Cholesterin i Angiotensin 11

NO 02 - ♦ NADPH

Oxidase Endothelzelle

Cystein (R-SH)

GTP

-_.\

------:------..

Glutathionreduktase ~ Nitratreduktase

NO

GTP sGC sGC-Stimulator Riociguat

l cGMP l Ca J, l Relaxation 2

l cGMP l Ca l Relaxation J, 2 + intrazell \,

+ intrazell

Abb. 2.14: linke Seite mit Wirkmechanismus von (1) NO, Nitraten, Molsidomin => venöse Dilatation (2) Nitroprussidnatrium => venöse und arterielle Dilatation (3) Riociguat => pulmonal-arterielle Dilatation. Rechte Seite mit endothelialer Dysfunktion infolge oxidativen Stresses. Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

115

SIN-1-A ""' Linsidomin ""' aktiver Metabolit von Molsidomin eNOS ::::: endotheliale NO-Synthase sGC ""' lösliche Guanylatcyclase GTP ::::: Guanosintriphosphat 02- ::::: Superoxidanion ONOO- ::::: Peroxynitrit cGMP ::::: cyclisches Guanosinmonophosphat (second messenger)

Lokal wirkendes , endogenes NO wird durch mechanische Stimulation (Scherkräfte des strömenden Blutes und pulsatile Dehnung) oder Rezeptoraktivierung (Acetylcholin, Serotonin, Histamin) freigesetzt. Die Freisetzung des endogenen NO erfolgt nur aus ungeschädigtem Endothel. Der aus einer Endothelläsion (Arteriosklerose, Stenose) resultierende lokale NO-Mangel ist vom Organismus nicht zu kompensieren, vielmehr wirken NO- (EDRF-) Freisetzung auslösende Substanzen (Acetylcholin, Serotonin, Histamin) nun selbst vasokonstriktorisch und aggregationsfördernd. Endogenes NO wird nur aus ungeschädigtem Endothel freigesetzt. Pharmakologisch kann durch organische Nitrate und Molsidomin exogen NO zugeführt werden. NO und NO-haltige Pharmaka bzw. Pharmaka, aus deren Metaboliten NO entsteht, aktivieren die Guanylatcyclase und erhöhen damit die Bildung des second messenger cGMP. Die erhöhte intrazelluläre cGMP-Konzentration führt über eine Reduktion der intrazellulären Calciumkonzentration zur Relaxation der glatten Muskulatur und damit zur Vasodilatation (Abb. 2.14). Organische Nitrate sind "Prodrugs" und können erst nach NO-Freisetzung die Guanylatcyclase und damit die cGMP-Bildung stimulieren. Die Entstehung von NO aus organischen Nitraten geschieht in Gegenwart von SH-Donatoren. Molsidomin bzw. der aktive Metabolit SIN 1 (c:> 2.2.1.8) und der Vasodilatator Natriumnitroprussid (c:> 2.5.5) setzen dagegen direkt NO frei. Kardiovaskuläre Risikofaktoren (chronisches Rauchen, arterielle Hypertonie, u.a.) aktivieren radikalbildende Enzyme wie die NADPH-abhängige Oxidase (in Endothelzellen und glatten Muskelzellen vorkommend). Die NADPH-Oxidase bildet Superoxidanionen (02-), die rasch mit NO unter Bildung des hochreaktiven Metaboliten Peroxynitrit (ONOO-) reagieren_ Peroxynitrit inhibiert nicht nur die Prostacyclinbildung, sondern auch die lösliche Guanylatcyclase. Es resultiert eine verminderte Vasodilatation i.S. einer endothelialen Dysfunktion.

2.2.1.2

Übersicht Nitrate == NO-Donatoren

Freiname Glyceroltrinitrat

Handelsname Nitrolingual®

lsosorbiddinitrat (ISDN)

lsoket®

lsosorbid-5-mononitrat (IS-5-MN) PETN

lsmo® Pentalong®

Wirkbeainn s.l. 1-3 min Pflaster 30-60 i.v_ 1-3min s.l. 1-3 min oral ret ~ 30 i.v_ 1-3min oral 10-30 (-60) min oral 60-120 min

Wirkdauer Anwenduna 30(-60) min Anfall, Prophylaxe nur für 12- 18 h / d bis 24 h instabile AP , AKS 5-20 min 1 (-2) h Anfall, Proohvlaxe 8-12 (-16) h lntervalltherapie instabile AP, AKS 1 (-2) h 4-6 (-8) h lntervalltherapie 4-8 h

lntervalltherapie

Tab. 2.16: Nitrate. s.l. ::::: sublingual (als Spray oder Kaukapseln) AP ::::: Angina pectoris

ret. ::::: retardiert AKS ""' akutes Koronarsyndrom

Beachte : Bei akutem Angina pectoris Anfall sind wegen des raschen Wirkeintritts nur Glyceroltrinitrat und ISDN geeignet.

Glyceroltrinitrat

Nitroglycerin®

CHARAKTERISTIKA: - ausgeprägter "first pass" Metabolismus in der Leber => geringe Bioverfügbarkeit bei oraler Gabe - transdermal: beim Nitratpflaster kommt es zu kontinuierlicher Freisetzung des Wirkstoffs, bei ganztägigem Gebrauch jedoch Gefahr der raschen Toleranzentwicklung

Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

116

lsosorbiddinitrat CHARAKTERISTIKA: - geringerer first pass Effekt als bei Glyceroltrinitrat - ISDN ist für den schnellen lnitialeffekt verantwortlich, ISMN für die anschließende protrahierte Wirkung Abb. 2.15: ISDN-Metabolismus.

lsoket®



I-S--2-_M_N_I✓

~J

~

~J ISDN

r~.............. J'

• ,-------,

Nitratreduktas~

J

IS-S-MN

1

~~---~ ~ J lsosorbid (inaktiv) 1

lsosorbid-5-mononitrat

lsmo®

CHARAKTERISTIKA: - nahezu fehlender first pass Effekt => hohe Bioverfügbarkeit - nur oral angeboten

PETN

Pentalong

CHARAKTERISTIKA: - Pentaerithrityltetranitrat (PETN) wird in der Leber schnell zu PE-Trinitrat, Dinitrat und Mononitrat metabolisiert - nur oral verfügbar, offensichtlich keine Nitrattoleranz - bislang nur geringe Bedeutung im Vergleich zu anderen Nitraten - bei Intoxikationen Gefahr der Methämoglobinbildung (=> Zyanose, Tachypnoe) durch das beim PETN-Abbau entstehende Nitrit - Anw.: lntervalltherapie der KHK, nicht zur Anfallstherapie geeignet

2.2.1.3 Effekte der Nitrate~ NO-Donatoren WIRKUNG: Dilatation der glatten Muskulatur durch Freisetzung von NO Gefäßsystem: organische Nitrate .........

·······································►

periphere Vasodilatation

venöses Angebot -!-

Schlagvolumen -!-

Koronardilatation

IRRmittel~ enddiastolisches Volumen .,i

re_gionaler Koronarblutfluß

i

Abb. 2.16: Nitratwirkung (in Anlehnung an Prof. Klaus). - Verminderung der Vorlast (Preload) durch venöse Dilatation: postkapilläre venöse Kapazitätsgefäße sind besonders nitratempfindlich => Volumenkapazität nimmt zu ::::: venöses pooling vor allem im Lungen- und Abdominalkreislauf

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

117

Abnahme des bei Ischämie/Herzinsuffizienz deutlich erhöhten LVEDP (~ linksventrikulärer enddiastolischer Druck [> 15 mm Hg]) => Innenschichtdurchblutung (subendokardial) steigt an => bei überdehntem Ventrikel führt die Senkung des LVEDP zur Steigerung des Herzzeitvolumens (HZV) , (bei Patienten mit normalem LVEDP hingegen ist kein HZV-Anstieg zu erwarten) - Verminderung der Nachlast (Afterload) durch arterielle Vasodilatation in höheren Dosen - Zunahme der regionalen Myokardperfusion vor allem subendokardial: die Dilatation epikardialer Koronarien und koronarer Kollateralen sowie die nitratinduzierte Thrombozytenaggregationshemmung sind in funktionell gestörten Gefäßabschnitten (ERDF -L-) verstärkt wirksam.

Bronchialsystem , Gastrointestinal- und Gallenwegssystem, Harnleiter: - glatte Muskulatur dilatiert - bei Koliken Schmerzlinderung, aber zu kurze Wirkdauer



Thrombozyten: - Thrombozytenaggregationshemmung NEBENWIRKUNG: - Kopfschmerz (,,Nitratkopfschmerz"): (> 1o 0/o), durch Dilatation von Hirngefäßen (intrakranieller Druck t); bildet sich bei Therapiefortsetzung oft zurück



- Kreislaufdysregulation (1-10 %): Blutdruckabfall, reflektorische Tachykardie, Orthostase (durch venöses pooling bis zum Kollaps oder gar „Nitratsynkope" (0.1-1 % ))

- ferner: Übelkeit (0 .1-1 %), flüchtige Hautrötung/Flush (0.1-1 %) INDIKATION : - akute Angina pectoris / lntervalltherapie bei KHK (koronare Herzkrankheit) (c:> 2.16.2) - akutes Koronarsyndrom (c:> 2.16.3.2) - akute Linksherzinsuffizienz (c:> 2.15.5) - Spasmen von Hohlorganen (Gallenkolik, ösophagusspasmus) KONTRAINDIKATION : - Schock (auch kardiogener Schock), Kollaps, Hypotension (RRsyst < 90 mmHg) - gleichzeitig Phosphodiesterase-5-Hemmer (Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil) - schwere stenosierende Herzvitien (da Gefahr der Dekompensation ; z.B. Aortenklappenstenose, hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (c:> 2.6.4 )) - erhöhter intrakranieller Druck (Gefahr des weiteren Druckanstieges wegen Vasodilatation) INTERAKTION: - blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, trizyklische Antidepressiva, Alkohol) => additive RR-Senkung

- Phosphodiesterasehemmer (Sildenafil, Tadalafil , Vardenafil) => Potenzierung der Blutdrucksenkung (daher Kombination kontraindiziert - s.o.)

- Dihydroergotamin => RR-Anstieg (Wirkung von Dihydroergotamin t ) => Kombination meiden (Beachte zudem DD Migräne, Nitratkopfschmerz)

- für Glyceroltrinitrat i.v. mit Heparin => Abschwächung der Heparinwirkung

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

118 BESONDERHEIT:

Nitrattoleranz

Nitrattoleranz ~ Abschwächung der Nitrateffekte bei kontinuierlicher Applikation infolge der Bildung reaktiver Sauerstoffspezies mit beschleunigter NO-Inaktivierung. Die frühere Hypothese zur Nitrattoleranz mit Erschöpfung des SH-Gruppen-Pools rückt in den Hintergrund. Unter chronischer Nitratzufuhr kommt es zu einer der endothelialen Dysfunktion ähnlichen Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies. Diese bewirken eine verstärkte Umwandlung von NO in Peroxynitrit (ONoo·) und damit eine verminderte Aktivierung der Guanylatcyclase. Folge ist eine reduzierte Vasodilatation i.S. einer Nitrattoleranz mit reduzierter Nitratwirkung. Experimentell ist die Nitrattoleranz durch Antioxidantien (hochdosiert Vitamin C, Folsäure) zu vermeiden. Statine weisen neben der Cholesterinsenkung noch pleiotrope/antioxidative Effekte auf (u.a. Hemmung der NADPH Oxidase) und beeinflussen eine endotheliale Dysfunktion günstig. Die klinische Bedeutung einer Förderung der endothelialen Dysfunktion unter chronischer Nitratanwendung ist bislang unklar. Mitbeteiligt scheint bei der Nitrattoleranz zudem eine Hemmung der mitochondrialen AldehydDehydrogenase (ALDH-2), die für die Bioaktivierung von Nitraten verantwortlich ist. Nitrattoleranz ist v.a. unter Glyceroltrinitrat, abgeschwächt aber auch für ISDN, ISMN und Molsidomin bekannt. Keine Nitrattoleranz besteht unter PETN (vermutlich durch Aktivierung des antioxidativen Enzyms Hämoxygenase), ein Präparat mit nur geringem Marktanteil und geringer Verbreitung (nicht in USA verfügbar). Aktuelle Leitlinien zur Therapie der stabilen Angina pectoris (Q 2.16.2) empfehlen kurzwirksame Nitrate bei akutem AP-Anfall und zur Prophylaxe, langwirkende Nitrate werden erst bei unzureichender Wirkung von Betablocker und Calciumantagonisten erwogen. Falls langwirkende Nitrate notwendig, schaffe - abhängig vom Gefährungsschwerpunkt - ein nitratfreies (nächtliches) Intervall. Die alternierende Gabe von (morgens) langwirksamen Nitrat und (abends) Molsidomin ist hinsichtlich Vermeidung von Nitrattoleranz bzw. endothelialer Dysfunktion nicht durch Studien belegt (und bisherige Erkenntnisse sprechen auch dagegen). Bei der Therapie oder Prophylaxe des akuten Angina pectoris Anfalls sind kurzwirksame Nitrate unverändert Therapie der Wahl. Die chronische Nitrattherapie hat als lntervalltherapie zu erfolgen (schaffe nitratfreie Intervalle), hat aber an Stellenwert im Vergleich zu früher verloren.

! p.o. Angina pectoris: i

unretardiert: 2-4 x 1O mg p.o. retardiert: 1 x 20 bis 3 x 20 bzw 1 x 40-60 bis 2 x 40-60 mg (2. Dosis spätestens 6 h (Tbl 10 mg, 20 mg, 40 mg) nach der 1. Dosis) bzw. 1 x 80 oder 120 mg (Ret-Tbl 20 mg, 40 ! s.l.: AP-Anfall, akutes Koronarsyndrom, akute Linksherzinsuffizienz: mg, 60 mg, 80 mg) i 1-3 Sprühstöße bei Bedarf, nicht inhalieren (Ret-Kpsl 120 mg) j i.v.: akutes Koronarsyndrom, Koronarspasmen, akute Linksherzinsuffizienz: (Spray 1 Sprühstoß = 1 initial 1-2 mg/h, bei Bedarf bis auf 8 (-10) mg/h steigern 1,25 mg) (Amp 1 ml = 0,5 mg; 1 i ! Grav: stren e lndikationsstellun Still: stren e lndikationsstellun lsoket®

s.l.: AP-Anfall, akutes Koronarsyndrom, akute Linksherzinsuffizienz, 1 Gallenkoliken: 1-3 Sprühstöße bzw mehrere Kpsl zu 0,2 mg bis zu 1-2 x 1,2 mg 1 p.o. : stabile KHK: 2-3 x 2,5-5 mg Nitrolingual® i.v.: akutes Koronarsyndrom, Koronarspasmen, akute Linksherzinsuffizienz: initial (Zerbeiß-Kpsl 0,2 mg, 1 0,5-1 mg/h, bei Bedarf bis auf 8 (-10) mg/h steigern 0,8 mg, 1,2 mg) (Spray 1 Sprühstoß = 1 0,4 mg) 1 DosNI, DosLI: Dosisreduktion bei schwerer Nieren- und schwerer Leberinsuffizienz (Ret-Kpsl 2,5 mg) 1 Grav: strenge Indikationsstellung (Amp 5 ml = 5 mg, 25 1 Still: strenge Indikationsstellung

Glyceroltrinitrat = Nitroglycerin

1

I

ml = 25 mg, 50 ml =

ISMN lsmo® (Tbl 20 mg) (Ret-Tbl 40 mg)

1

Stabile KHK. chronische Herzinsuffizienz: 2-3 x 20 mg oder 1 x 40 mg; 1 einschleichende Dosis empfohlen: 1.+2. Tag 2 x 10 mg, 3.+4. Tag 2 x 20 mg, dann 1 Dauertherapie. DosNI, DosLI: keine Dosisreduktion notwendig Grav: strenge Indikationsstellung 1 Still: strenge Indikationsstellung 1 1

Pentaerythrityltetranitrat Pentalong® (Tbl 50 mg, 80 mg)

. Prophylaxe und Langzeitbehandlung Angina pectoris: 2-3 x 50 mg, bei Bedarf auf . 2-3 x 80 mg steigern Grav: strenge Indikationsstellung

Still: strenge Indikationsstellung

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Molsidomin

2.2.1.4

119

Corvaton®

- Nitrat-ähnliche Substanz: - Vorteil: im Gegensatz zu Nitraten keine Toleranzentwicklung - Nachteil: zur Akuttherapie ungeeignet - Molsidomin zählt zur Stoffklasse der Sydnominine (in Sydney zuerst synthetisiert) - das Prodrug Molsidomin wird in der Leber zum aktiven Metaboliten SIN 1 A (~ Linsidomin) verstoffwechselt => Freisetzung von NO (q Abb. 2.14): maximale Wirksamkeit nach 30-60 min (ungeeignet zur Akuttherapie) - Nitrattoleranz (auch unter Molsidomin, im Vergleich zu Nitroglycerin geringer) - Wirkdauer mehrere Stunden

WIRKUNG: (entspricht den Nitraten) q 2.2.1.7 - Verminderung des Preload => venöses Pooling (stärker als nach Nitraten) - geringe Senkung des Afterload - Zunahme der regionalen Myokarddurchblutung v.a. subendokardial - ferner: Thrombozytenaggregationshemmung

NEBENWIRKUNG : - Kopfschmerzen (1-10 %) - Blutdruckabfall=> reflektorische Tachykardie (0.1-1 °/o), Orthostase (0.1-1 %) INDIKATION : - Angina pectoris (nicht geeignet zur Kupierung des akuten AP-Anfalls) KONTRAJNDIKATION : - Schock, Kollaps, Hypotension (RR < 100 mm Hg) - gleichzeitig Phosphodiesterase-5-Hemmer (Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil) - Schwangerschaft, da Teratogenität nicht vollständig ausgeschlossen INTERAKTION : siehe Nitrate Auch Molsidomin weist (entgegen früherer Ansicht) eine Nitrattoleranz auf. Für die (früher verbreitete) Schaukeltherapie (morgens retardiertes Nitrat, abends retardiertes Molsidomin) zwecks Vermeidung einer Nitrattoleranz gibt es keine Rationale.

Corvaton® (Tbl 2 mg, 4 mg) (Ret-Tbl 8 mg) (Amp 2 mg)

1 p.o. Prophylaxe und Langzeittherapie Angina pectoris: unretardiert: 2 x 2 mg bis zu 4 x 4 mg p.o. retardiert: 1 x 8 bis zu 3 x 8 mg p.o. . i.v. : Angina pectoris: initial 2 mg , WH nach mind. 2 h; in 24 h 12-24 mg ; Grav: strenge Indikationsstellung

Still: strenge Indikationsstellung

"

2.2.2 Sinusknoten-Inhibitor ~ HCN4-Kanal-Blocker: lvabradin Procoralan® CHARAKTERSTIKA:

- neues antianginöses Wirkprinzip: selektive Hemmung des Schrittmacherstroms lt im Sinusknoten (c:> 2.10.1 ): Abflachung der diastolischen Depolarisation (Wirkung damit nur bei Sinusrhythmus, nicht bei Vorhofflimmern oder anderen Vorhofarrhythmien) => antianginös durch Herzfrequenzsenkung (in Ruhe und unter Belastung) - nicht negativ inotrop, nicht blutdrucksenkend (außer über die Frequenzsenkung vermittelt) Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

120

- NW: Sinusbradykardie; Retina: sehr häufig visuelle Störungen (sog. Phosphene: lokale Aufhellungen im Gesichtsfeld; bedingt durch Hemmung des lh-Stroms in der Retina), unter Therapie meist reversibel; zudem Kopfschmerzen, Schwindel; leicht vermehrt Vorhofflimmern

1

- lnd .: Reservepräparat bei stabiler KHK mit Betablocker-Unverträglichkeit/ Kontraindikation und HF > 70/min (q 2.16.2); Reservepräparat bei chronischer Herzinsuffizienz NYHA II-IV im Sinusrhythmus und HF > 75/min (c:> 2.15.6.6); off-label bei inadäquater Sinustachykardie

Kontraind .: Ruhe-HF < 60/min (vor Therapie), Schock, akutes Koronarsyndrom incl. instabile AP, Hypotension (< 90/50 mmHg), akute Herzinsuffizienz, Schrittmacherabhängigkeit, vorbestehende QT-Verlängerung, Kombination mit Verapamil/Diltiazem Metabolisierung über CYP 3A4: keine Kombination mit starken CYP 3A4-lnduktoren (Rifampicin, Barbiturate, Phenytoin) oder Inhibitoren (Ketoconazol , Telithromycin, Nelfinavir, Ritonavir, Nefazodon)

lvabradin Procoralan® (Tbl 5 mg; 7,5 mg)

1 1 1 1 1 1

ltraconazol, Clarithromycin,

Erythromycin,

Stabile Angina pectoris im Sinusrhythmus und HF 2:: 70/min mit BetablockerKontraindikation oder Unverträglichkeit oder in Komb. mit Betablocker, wenn unzureichend eingestellt: Anf-Dosis 2 x 5 mg, nach 3-4 Wochen auf 2 x 7,5 mg steigern. Bei Ruhe-HF < 50/min Dosisreduktion. Chronische Herzinsuffzienz NYHA II-IV zusätzlich zur Standardtherapie bei HF 2:: 75/min: Anf-Dosis 2 x 5 mg, wenn Ruhe-HF nach 2 Wo> 60/min auf 2 x 7,5 mg.

Kdr: kontraindiziert DosNI: bei Krea-CI > 15 ml/min keine Dosisreduktion notwendig Dosll: bei leichter Leberinsuffizienz keine Dosisreduktion, bei mittlerer 1 Leberinsuffizienz ggfs. Dosisreduktion, bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert ! DosALT: initial 2 x 2,5 mg Grav/Still: kontraindiziert ~ (Grav 6, Still 2) 1 1 1

2.2.3

Ranolazin

Ranexa®

CHARAKTERISTIKA: - neues antianginöses Wirkprinzip: Hemmung des späten Natriumeinstroms (1 Na. 1ate) vermuteter Wirkmechanismus: bei Myokardischämie steigt der späte Natriumeinstrom an, wodurch wiederum der Na/Ca-Austauscher gehemmt wird mit nachfolgender Reduktion von Natriumeinstrom und Calciumausstrom. Die entstehende Calciumüberladung wird für die gestörte Relaxation und Aktionspotentialverlängerung mit Nachpotentialen (ggfs. Arrhythmiebegünstigung) verantwortlich gemacht. Ranolazin hemmt den späten Natriumeinstroms und reduziert die bei Ischämie bestehende intrazellläre Natriumakkumulation und nachfolgende Calciumüberladung. Damit wird das Ionenungleichgewicht bei Ischämie vermindert und durch die reduzierte Calciumüberladung wird die Relaxation verbessert: intramyokardiale Wandspannung und Energieverbrauch sinken , die Mikrozirkulation wird gesteigert. - NW: Schwindel/Kopfschmerzen (1-10 %), gastrointestinal (1-10 %): Obstipation, Erbrechen, Übelkeit; QTc-Verlängerung (um 2-7 msec, daher Vorsicht bei vorbestehender QT-Verlängerung);

keine klinisch relevanten hämodynamischen Effekte (HF .J, um 3 Schläge/min, RR syst .J, um 3 mmHg) - Indikation : therapierefraktäre stabile Angina pectoris (absol. Reservepräparat, keine Langzeitstudien) - Kontraindikation: Krea-CI < 30 ml/min, mäßige und schwere Leberinsuffizienz, starke CYP3A4-lnhibitoren

(ltraconazol, Ketoconazol, Voriconazol, Posaconazol, HIV-Proteasehemmer, Clarithromycin,

Antiarrhythmika Klasse la oder III (außer Amiodaron) - Wechselwirkungen: CYP3A4-lnhibitoren (c:> 18.5) oder P-gp-lnhibitoren (Ciclosporin, Chinidin, Verapamil) => erhöhen Ranolazin-Plasmaspiegel Telithromycin, Nefazodon),

Ranexa® (Ret-Tbl 375 mg, 500 mg, 750 mg)

stabile Angina pectoris: therapierefraktär oder Unverträglichkeit von Antianginosa der ersten Wahl: Anf-Dosis 2 x 375 mg, nach 2-4 Wochen auf 2 x 500 mg steigern, Max-Dosis 2 x 750 mg Kinder, Jugendliche bis 18 J: kontraindiziert DosNI: GFR 30-80 ml/min: sorgfältige Dosistitrierung; GFR < 30: kontraindiziert Dosll: leichte Leberinsuffizienz: sorgfältige Dosistitrierung; mittlere bis schwere Leberinsuffizienz: kontraindiziert Grav/Still: kontraindiziert DosAlt: sorgfältige Dosistitrierung

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

121

ACE-Hemmer sind unter den RAAS-Blockern der Goldstandard und werden bei Hypertonie oder Herzinsuffizienz bevorzugt. AG-1-Antagonisten sind eine Alternative zu ACE-Hemmern , v.a. bei ACE-Hemmer induziertem Husten. Renin-lnhibitoren sind zwar die neuesten RAAS-Blocker, haben aber wegen fehlender Langzeitstudien kaum Bedeutung. Renin

Anaiotensin 1

Anaiotensin II

ACE

Bradvkinin

tt tt

tt t

-!,

-!,-!,

tt

-!,-!, (Aktivität)

-!,-!,

-!,-!,

-

tt t

ACE-Hemmer AT1-Antagonist Renin-lnhibitor

1

-



Meide Kombination von RAAS-Blockern untereinander (Hyperkaliämie, gestörte Nierenfunktion).

2.3

ACE-Hemmer ==

Freiname Handelsname Benazepril Cibacen® Captopril Lopirin® Tensobon® CilazapriJ Dynorm® EnalapriJ Pres® Xanef® Fosinofril Dvnacil Fosinorm® Lisinopril Acerbon® Coric® Peridopril Covers um® Quinapril Accupro®

Prodrug +

Bioverfügbarkeit 30-40 Ofo

-

(ACEI) überwieg. EliminaUon

~ 10 %

Niere/ (Leber) Niere

Dosisreduktion bei Kr-Cl 30-60 ml/min nein < 30 ml/min ja Ja

Wirkbeginn

Wirkdauer

1h

24 h

+

60-70 %

Niere

ja

15-30 min 1-2 h

8-12 h 24 h



+

~ 40 %

Niere

Ja

1-2 h

18 h



+

~ 35 %

nein

1h

24 h



-

~ 25%

Niere/ Leber Niere

ja

1h

24 h

+

~ 30 %

Niere

Ja

1-2 h

24 h

+

~ 60 %

Niere

Ja

1-2 h

24 h

1-2 h + Niere ja 48 h ~ 60 % Ram~ril Delix Vesdil® Tab. 2.17: Übersicht ACE-Inhibitoren . Kr-Cl Kreatinin-Clearance. Moexipril außer Handel.



■ ■

:;::j

EIGENSCHAFTEN : - renale Elimination => Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz; Ausnahme: Fosinopril u.a. (siehe unten) - keine Toleranzentwicklung bei Langzeitbehandlung - keine Reflextachykardie in der Hypertonietherapie - keine Verschlechterung der Stoffwechsellage (c:> 2.13.6)

Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

122



WIRKUNG: Hemmung des Angiotensin-Converting-Enzyms (q Abb. 2.17): - Abnahme des vasokonstriktorischen Angiotensin II => Vasodilatation - Abnahme der Aldosteron-Sekretion => Verminderung der Na+- und Wasserresorption in der Niere - Wirkungsverlängerung des vasodilatierenden Bradykinins - Hemmung bzw. Rückbildung der Myokard- und Gefäßhypertrophie: Angiotensin 11 zählt zu den Wachstumsfaktoren für Fibroblasten und Myozyten. ACE-Hemmer blockieren die Angiotensin-11-induzierte Myokard- und Gefäßhypertrophie bei hypertensiver Herzkrankheit.

- Verhinderung des "Remodeling" nach Myokardinfarkt (q 2.16.3.6) - Nephroprotektion: ACE-Hemmer und Angiotensin-11-Rezeptorantagonisten führen bei Nieren-

1

erkrankungen incl. diabetischer Nephropathie zu einer verminderten Proteinurie und einer verminderten Progression der Nierenerkrankung

Die Blutdrucksenkung ist umso ausgeprägter, je stärker das Renin-Angiotensin-AldosteronSystem [RAAS] zuvor aktiviert ist.

Natriuretische Peptide (ANP, BNP)

----1111-• 1 Abbauprod ukte 1

Vasodilatatjon , Natriurese

Blutdruck ..1,..1,



Blutdruck J.-

••• ••

Vasodilatation

1

Kallikrein

r

1

I

Kinogen





erhöhte Vasodilatation

Prostarndine 1

Bradykinin

1

-~►•

1

Abbauprodukte

1

• ••• •• •

ACE-Hemmer

ACE ~ Kininase II

• • •• • •• •• ••• • •• •• III

1

Angiotensinogen

1

~►•

Angiotensin

i' ~►• Angiotensin II

• -~i----=---, Reninlnhibitor

Renin

Aldosteron-

Sympathotonus i => Noradrenalinfreisetzung t

Vasokonstriktion

Blutdruck

t

Natriumretention

verminderte Vasokonstriktion und Natriumretention



t

Blutdruck ..1,

Abb. 2.17: Blutdruckregulation durch RAAS (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System), KallikreinKinin-System und natriuretische Peptide sowie Übersicht über die Hemmstoffe. ACE ~ Angiotensin Converting Enzym Schlüsselenzyme Inhibitoren Anmerkung : Es werden ein humorales, im Plasma lokalisiertes Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und ein lokales, auf Organe (Niere, Herz, Gefäßsystem, u.a.) bezogenes RAAS unterschieden. Beide Systeme sind ungleich verteilt: das lokale RAAS ist weitaus höher an der Angiotensin-11 Produktion beteiligt. Daher kommt bei Gabe von ACE-Hemmern der Blockade der lokalen Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systeme die größere Bedeutung zu. Durch ACE-Hemmer steigt der Plasma-Renin-Spiegel an, jedoch ist der Plasma-Ren in-Spiegel kein Parameter für die Wirkung von ACE-Hemmern.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

123

Übersicht der Angiotensin II-Effekte Angiotensin II

i



-

-

peripherer Widerstand : direkte Vasokonstriktion Steigerung der noradrenergen Neurotransmission: NAFreisetzung t, NA-Wiederaufnahme ,J,, vaskuläre Antwort t sympathischer Tonus t Freisetzung von Katecholaminen aus dem NNM

L...-_s_c_h_n_ e l_le_ P_re_s_s_o_ r-_ A_n_ t w_o_rt_

Abb. 2.18

_,j

NA ~ Noradrenalin

Nierenfunktion: - N.=t-Rückresorption aus dem prox. Tubulus t - Freisetzung von Aldosteron aus der NNR (Na"•-Rockresorp-tion t, K+-Exkretion t) - renale Hämodynam1k: direkte renale Vasokonstriktion , noradrenerge Neurotransmission t, renaler Sympathotonus t

kardiovaskuläre Struktur: - strukturelle Veränderungen: Expression von Proto-Onkogenen t, Synthese von Wachstumsfaktoren t, Synthese extrazellulärer Matrixproteine i - Hämodynamik: Nachlast t, Wandspannung i

I

vaskuläre und kardiale Hypertrophie und Remodelling

langsame Pressar-Antwort

Na+ ~ Natrium

Hämodynamische Wirkungen der ACE-Inhibitoren Parameter Herzfrequenz Blutdruck Herzzeitvolumen peripherer Gefäßwiderstand (Nachlast)

bei H

ertonie ➔

bei Herzinsuffizienz ➔ bis,!. ➔ bis J.





Tab. 2.18: hämodynamische Effekte der ACE-Hemmer.

NEBENWIRKUNG: klassenspezifische Nebenwirkungen: beruhen auf der Hemmung des AngiotensinConverting-Enzyms und können daher bei allen ACE-Hemmern auftreten überschießende Blutdrucksenkung/schwere Hypotonie bevorzugt bei vorbestehender starker Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS): - Vorbehandlung mit Diuretika - renovaskulärer Hypertonie (Nierenarterienstenose) - Herzinsuffizienz - Volumenmangel (Fieber, Durchfälle) - kochsalzarmer Diät => Empfehlung: niedrige Testdosis , ggfs. kurzfristiges Absetzen der Diuretika

Zur Vermeidung überschießender RR-Abfälle wird zu Therapiebeginn eine niedrige Testdosis empfohlen. Therapie überschießende RR-Senkung : Schocklage, kristalline Infusionen (NaCI 0.9 %), ggfs. Katecholamine

Hyperkaliämie durch Abnahme der Aldosteronsekretion: alleinig durch ACE-Hemmer bei guter Nierenfunktion nur selten , bevorzugt bei Niereninsuffizienz, Kombination mit Kaliumsparern (Triamteren , Amilorid) oder Aldosteronantagonisten. - Kombination von ACE-Hemmern mit Thiaziden zu empfehlen, da K+-neutraler Effekt - alleinige Kombination von ACE-Hemmer mit Aldosteronantagonist wegen Hyperkaliämiegefahr nicht sinnvoll, sondern plus Schleifendiuretikum (RALES-Studie bei Herzinsuffizienz ~ 2.15.6.3) - Keine Kombination von RAAS-Blockern (ACE-Hemmer, AG-1-Blocker, Renininhibitor)

1 ■ ■

124

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

- Niereninsuffizienz bis hin zum akuten Nierenversagen (0,01-1%) durch Verschlechterung der intrarenalen Hämodynamik (~ ,,Besonderheiten"). Risikopatienten: bilaterale Nierenarterienstenose, Nierenarterienstenose bei Einzelniere, schwere generalisierte Atherosklerose bei grenzwertiger Nierenfunktion - angioneurotisches Ödem (0,1-1 %) ~ .,Besonderheiten" - unproduktiver Reizhusten (5-20 %) wahrscheinlich durch Kumulation von Bradykininen in der Bronchialschleimhaut=> Umstellung auf AG-II-Antagonist :::: AT1-Blocker::::: Sartan (~ 2.4.1)

allergisch/toxische Nebenwirkungen: klinische Bedeutung: bei Präparatwechsel evtl. geringere NW - allergische Reaktionen: Pruritus, Exanthem (1-10 %) - Geschmackstörung (1-10 %), gastrointestinale Beschwerden (1-10 %) - Proteinurie/nephrotisches Syndrom (< 0,01 %): v.a. unter früheren hohen Dosen bei vorbestehender Nierenerkrankung aufgetreten; unter heutigen Dosen und normaler Nierenfunktion sehr selten - Knochenmark-Depression: Neutropenie (v.a. bei immungeschwächten Patienten mit Niereninsuffizienz), Anämie, Thrombopenie (< 0,01 %)

INDIKATION : ■ ■

1

- arterielle Hypertonie (Beachte: kaum Blutdrucksenkung beim primären Hyperaldosteronismus, da dieser Renin- bzw. Angiotensin-unabhängig ist) - chronische Herzinsuffizienz (bislang sind Benazepril, Captopril, Enalapril, Fosinopril Lisinopril, Quinapril, Perindopril und Ramipril für die Herzinsuffizienz zugelassen) - nach Myokardinfarkt - diabetische Nephropathie

KONTRAINDIKATION :

1



- Angioödem (idiopathisch oder anamnestisch unter ACE-Hemmer) - Schwangerschaft, Stillzeit: ACE-Hemmer und Angiotensin-11-Antagonisten (::::: AT1-Blocker ::::: Sartane) sind wegen fetaler Schädigungen in der gesamten Schwangerschaft kontraindiziert: die Fruchtwasserproduktion ist im 2. und 3. Trimenon v.a. von der Urinproduktion abhängig. Unter ACE-Hemmern oder Sartanen kommt es zu einer fetalen Hypotonie mit reduzierter Nierenperfusion und verminderter Diurese. Folge ist ein Oligohydramnion mit dem nachfolgenden Risiko von Lungenhypoplasie, Gelenkkontrakturen und Verknöcherungsdefekten des Schädelknochens (,,Oligohydramnie-Sequenz"). - Vorsicht bei: - Flüssigkeits- oder Salzmangel (infolge Diuretika, Diarrhoe, Erbrechen, Dialyse) - Nierenarterienstenose beidseits oder bei Einzelniere - Nierenfunktionsstörungen (bei den meisten ACE-Hemmern Dosisreduktion ab GFR < 60 ml/min) - Aortenstenose , Mitralstenose, HOCM (Gefahr der Dekompensation durch AfterloadSenkung) - Autoimmunerkrankungen (Kollagenosen), Immunsuppressiva (Leukopeniegefahr)

INTERAKTION :



- blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Nitrate, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, trizyklische Antidepressiva , Alkohol , Narkotika)=> additive RR-Senkung - Allopurinol , Glukokortikoide, Immunsuppressiva, Procainamid, Zytostatika => erhöhte Gefahr von Blutbildveränderungen (Leukopenie) NSAID => Hemmung Prostaglandinsynthese, Na+-/Wasserretention => vermind. RR-Senkung , Hyperkaliämie Kalium, kaliumsparende Diuretika (Spironolacton, Amilorid , Triamteren), Heparin => Hyperkaliämie Lithium => verminderte renale Lithiumelimination => verstärkte Lithium-Effekte - orale Antidiabetika , Insulin => verstärkte Blutzuckersenkung, Blutzuckerschwankungen

-

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

125

Therapieempfehlungen ACE-Hemmer sind (im Vergleich zu Ca2 +-Antagonisten, Diuretika oder ß-Blockern) eine relative neue Pharmakagruppe. Sie sind Mittel der Wahl bei arterieller Hypertonie, chronischer Herzinsuffizienz, nach Myokardinfarkt und bei diabetischer Nephropathie.

Allgemeines -

-

Testdosis als Vorsichtsmaßnahme gegen einen überschießenden RR-Abfall Captopril: erster in die Therapie eingeführter ACE-Hemmer, SH-Gruppen haltig, durch kurze HWZ Gabe bis zu 2-3 x/d notwendig die übrigen ACE-Hemmer unterscheiden sich von Captopril durch das Fehlen der SHGruppe, die geringere Dosierung und die längere Wirkdauer (längere Wirkdauer günstig um einmalige Gabe/d anzustreben, für die initiale Testdosis ist die kurze Wirkdauer von Captopril von Vorteil) bei Fosinopril, Spirapril, Trandolapril und z.T. Benazepril, Moexipril wird die duale Elimination über Urin und Faeces hervorgehoben Anmerkung duale Elimination: die aktiven Metabolite werden renal und biliär eliminiert => bei Insuffizienz eines Organsystems kompensatorisch erhöhte Elimination über das andere Ausscheidungsorgan => keine/verminderte Kumulationsgefahr bei Niereninsuffizienz Beachte: wie alle anderen ACE-Hemmer können auch die einer dualen Ausscheidung unterliegenden Präparate eine eingeschränkte Nierenfunktion zusätzlich verschlechtern.

ACE-Hemmer bei arterieller Hypertonie (c> 2.13.5, 2.13.6) ACE-Hemmer senken bei Menschen mit Hypertonie den Blutdruck (Ausnahme: prrmarer Hyperaldosteronismus). Umfangreicher Einsatz von ACE-Hemmern als Antihypertensivum der 1. Wahl (alternativ Angiotensin-Rezeptor-Blocker) - weitere 1. Wahl-Antihypertensiva sind Calciumkanalblocker und (Thiazid)Diuretikaneben q 2.13.5). Meide ACE-Hemmer (aber auch die anderen RAAS-Blocker) in Kombination mit kaliumsparenden Diuretika wegen erhöhter Hyperkaliämiegefahr (kaliumneutrale Kombination ist ACE-Hemmer plus Thiaziddiuretikum).

1

ACE-Hemmer bei Herzinsuffizienz (c> 2.15.6.2) ACE-Hemmer sind 1. Wahl bei systolischer Herzinsuffizienz - sie senken die Sterblichkeit umso mehr, je ausgeprägter die linksventrikuläre Funktionseinschränkung ist. Weitere 1. WahlPräparate sind Betablocker, Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonist und SGLT2-Hemmer (,,fantastic four"). Beachte: die Kombi ACE-Hemmer + Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonist erhöht das Serumkalium, das wiederum durch Schleifendiuretika gesenkt wird. (c> 2.15.6.3 )

ACE-Hemmer bei Myokardinfarkt (c> 2.16.4) ACE-Hemmer senken nach Myokardinfarkt die Sterblichkeit umso mehr, je höhergradiger die linksventrikukläre Funktionseinschränkung ist. Frühstmöglicher Therapiebeginn bei stabiler Hämodynamik, Therapiedauer mindestens 6 Wochen (bei fehlender linksventrikulärer Funktionseinschränkung), bei linksventrikulärer systolischer Dysfunktion als Langzeittherapie.

BESONDERHEITEN:

ACE-Hemmer und Niere

Normalerweise sind ACE-Hemmer nephroprotektiv, d.h. sie beeinflussen die Nierenfunktion v.a. von Hypertonikern günstig: Hypertonie-bedingte Nierenschäden (Indikator: Mikroalbuminurie) werden durch Senkung des intraglomerulären Drucks verzögert=> ,,antiproteinurischer Effekt". Im Extrem kann es jedoch auch zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion (GFR .J,., Kreatinin t) bis hin zum akuten Nierenversagen kommen. Mögliche Ursachen: - Entstehung einer Hypotension mit Unterschreiten der renalen Autoregulationsgrenze - stimuliertes RAAS mit Angiotensin-11-abhängiger Hämodynamik Begründung: Angiotensin II wirkt am vas efferens des Glomerulums vasokonstriktorisch und hält den glomerulären Filtrationsdruck aufrecht.

• 1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

126 afferente Arteriole

PG

ACE-Hemmer, Angiotensin-11Antagonisten, Renin-lnhibitoren

efferente Arteriole

, --'

AG II

AG II

12

intraglomerulärer Druck o.k.

intraglomerulärer Druck

Abb. 2.19: Wirkungsort des Angiotensin II am Glomerulum.

q

.,i

5.5.2 I glomeruläre Hämodynamik Abb. 5.6

Die Vasodilatation am Vas afferens (durch Prostacyclin "" PG 12) und Vasokonstriktion am Vas efferens (durch Angiotensin II) gewährleisten einen ausreichenden Perfusionsdruck für die GFR. Bei normaler Nierenfunktion werden durch ACE-Hemmer der renale Gefäßwiderstand und damit der glomeruläre Filtrationsdruck gering gemindert, durch die erhöhte Nierenperfusion resultiert eine unveränderte glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Anders bei stimuliertem RAAS: Angiotensin II hält durch einen gesteigerten Tonus des vas efferens den Filtrationsdruck aufrecht und sichert eine ausreichende GFR. ACE-Hemmer können durch vermindertes Angiotensin II zu einer Unterschreitung des notwendigen Perfusionsdruckes (intraglomerulärer Druck -1,) führen. Eine verminderte GFR bis hin zu akutem Nierenversagen (meist reversibel) sind die Folge. Patienten-Risikokollektiv siehe oben. Alle ACE-Hemmer (und Angiotensin-11-Antagonisten und Renin-lnhibitoren) können bei vorbestehender Niereninsuffizienz eine weitere Einschränkung der Nierenfunktion hervorrufen. Eine regelmäßige Kontrolle von Retentionsparametern (Kreatinin, Harnstoff) und Serumelektrolyten (K+!) ist unabdingbar.

1

ACE-Hemmer und nicht steroidale Antiphlogistika (NSAID) ■

NSAID (incl. Coxibe) führen bei Kombination mit ACE-Hemmern zu einer verminderten RR-Senkung. Mechanismus der Wirkungsabschwächung durch NSAID:

1 ■

-

Hemmung der Prostaglandinsynthese (PG E: vasodilatatorisch) => glomerulärer Filtrationsdruck .J, => Diurese .J,

- Na+- und Wasserretention Folge sind eine verminderte RR-Senkung und evtl. eine Nierenfunktionseinschränkung (q 5.5.2)

SH-Gruppe Das sulfhydrylhaltige Captopril soll im Vergleich zu den anderen ACE-Hemmern (keine SH-Gruppe) vermehrt Geschmackstörungen, Exantheme und Neutropenien verursachen.

Angioneurotisches Ödem (q 15.2.6.4)

1

Das durch ACE-Hemmer induzierte angioneurotische Ödem kann durch ein Ödem der Schleimhaut in den oberen Atemwegen (am häufigsten Lippen und Zunge , aber auch Kehlkopfschleimhaut !) lebensbedrohlich sein. Multifaktorielle Ursache: u.a. erhöhte Kininaktivität. Auslöser: potentiell jeder ACEHemmer, nicht immer zu Therapiebeginn, sondern auch noch nach langzeitiger Einnahme. Faktor Xlla

Prekallikrein

~i

ACE-Inhibitoren

ACE

hochmolekulares Kininogen

Bradykinin

!

~-~

inaktive Metabolite

Bradykinin wird durch das Kallikrein-KininSystem gebildet und durch ACE, DPP4 und Neprilysin inaktiviert. C1-Esterase-lnhibitoren hemmen die Bradykinin-Synthese, Bradykinin-Rezeptor2-Antagonisten (lcatibant) hemmen Bradykinin-Effekte durch Rezeptorblockade. ACE-Hemmer und Angiotensin-RezeptorBlocker (auch DPP4-Hemmer) können den Bradykinin-Abbau hemmen => Angioödeme auch noch Jahre nach Ersteinnahme.

Bradykinin rezeptor - Therapie: sofortiges Absetzen des ACE-Hemmers. Je nach Schweregrad Sauerstoff, Antihistaminika i.v., Glukokortikoide i.v., Adrenalin inhalativ (off-label), C1-INH-Konzentrat i.v., lcatibant s.c. (q 15.2.6.4)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

127

Weitere Anwendung : Captopril-Test Die Gabe eines ACE-Hemmers würde bei stimuliertem RAAS die Angiotensin-I1-vermittelte Hemmung der Renin-Sekretion aufheben. Spätere Blutentnahme: entsprechend erhöhte Plasma-Reninwerte deuten auf eine reninabhängige Hypertonie hin => V.a. renovaskuläre Hypertonie (Nierenarterienstenose). Der Plasma-Renin-Spiegel ist hingegen kein Parameter für die Wirkung von ACE-Hemmern (siehe oben). ACE-Hemmer werden oft mit Diuretika kombiniert (~ 2.15.6.2). Bei der Auswahl des Diuretikums bieten sich Thiazide (Hydrochlorothiazid) an (längere Wirkdauer als Schleifendiuretika). ACE-Hemmer wirken dem K+-Verlust durch Thiazide entgegen. ~ Therapieempfehlungen ,ACE-Hemmer bei Hypertonie/ Herzinsuffizienz"

Kombination von RAAS-Blockern (doppelte RAAS-Blockade) Unter Kombination von RAAS-Blockern wurde ein noch größerer Nutzen erhofft, tatsächlich besteht aber ein erhöhtes Risiko für Blutdruckabfälle, Hyperkaliämie und Störung der Nierenfunktion (ALTITUDE ONTARGET, Metaanalyse BMJ 344: e42 (2012). Kombination von ACE-Hemmer und AG-II-Blocker nur im Ausnahmefall (z.B. ungenügende RR-Einstellung , sehr starke Proteinurie). Die Kombination von RAAS-Hemmern ist bei Diabetes mellitus oder höhergradiger Niereninsuffizienz kontraindiziert.

Meide Kombination von RAAS-Blockern untereinander (Hyperkaliämie, gestörte Nierenfunktion).

Alle ACE-Hemmer: Beachte: v.a. bei Salzmangel oder Volumenmangel, Herzinsuffizienz oder schwerer Hypertonie mit der kleinsten Einzeldosis beginnen. Diese Dosis entspricht der Empfehlung für Herzinsuffizienz, bei ACE-Hemmern ohne Zulassung für die Herzinsuffizienz ist die Anfangsdosis „Hypertonie" zu halbieren. Generell: langsame Dosissteigerung, d.h. Dosiserhöhung frühestens nach 2-3 Wochen. Grav: kontraindiziert (fetotoxische Effekte => vorheriger Ausschluß und Verhütung des Eintritts einer Schwangerschaft) Still: kontraindiziert (Abstillen !) : Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 10 mg/d morgens, Erhalt-Dosis 10 (-20) mg/d, Cibacen® , Max-Dosis 40 mg/d. (Tbl 5 mg, 10 mg, 20 ; Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 2,5 mg, Erhalt-Dosis 5-10 mg/d, Max-Dosis 20 mg/d mg)

Generika

Captopril (cor -) tensobon®, Lopirin® (- Cor) (Tbl 25 mg, 50 mg) Weitere Präparate: ACE-Hemmer®, Capto, Capto ... , Captopril, Mundil®, Tensiomin®

: : , -

DosNI: bei mässiger Niereninsuffizienz (GFR 30-60 ml/min): keine Dosisreduktion (Erhalt-Dosis 1 x 10 mg); kontraindiziert bei schwerer Niereninsuffizienz (GFR < 30) Dosll: kontraindiziert bei schwerer Leberinsuffizienz DosALT: keine Dosireduktion notwendi Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 2 x 12,5 mg, Erhalt-Dosis 2x25 mg, Max-Dosis 2x75 mg Herzinsuffizienz, linksventrikuläre Dys-funktion nach Myokardinfarkt (Langzeittherapie): Anf-Dosis 2-3 x 6,25 mg, schrittweise (alle 2 Wo.) auf 75-150 mg/d steigern Myokardinfarkt {Kurzzeittherapie): initial 6,25 mg, nach 2 h 12,5 mg, nach 12 h 25 mg , ab 2. Tag 100 mg/d (2 Dosen) Diabetische Nephropathie bei Typ 1 Diabetes: einschleichende Dosiserhöhung, Erhalt-Dosis 75-100 mg/d in 2 Dosen Kdr + Jgdli: initial 0,3 mg/kg; Kdr mit Niereninsuff. und/oder< 1 J.: initial 0,15 mg/kg DosNI: bei GFR > 40 ml/min initial 25-50 mg/d, Max-Dosis 150 mg/d. GFR 21-40: initial 25 mg/d, Max-Dosis 100 mg/d. GFR 10-20: initial 12,5 mg/d, Max-Dosis 75 mg/d. GFR < 10: initial 6,25 mg/d, Max-Dosis 37,5 mg/d DosLI: Anf-Dosis 2 x 6,25 mg, Erhalt-Dosis 25-50 mg/d, Max-Dosis 100 mg/d DosALT: Anf-Dosis 2 x 6,25 mg, Erhalt-Dosis 25-50 mg/d , Max-Dosis 100 mg/d

_ Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis ½ x 2,5 mg, Erhalt-Dosis 1 x 2,5 mg, Max-Dosis 5 mg/d.

Dynorm® ~o~ mg, 1 mg, 2·5 mg, : DosNI: GFR 40-60: Anf-Dosis 1 x 0,5 mg, Erhalt-Dosis 1 x 1 mg, Max-Dosis 2,5 mg/d; Ge~!rika kontraindiziert bei Krea > 1,8 mg/dl bzw. Krea-CI < 40 ml/min _ Dosll: kontraindiziert bei Leberinsuffizienz DosALT: Anf-Dosis 1 x 0,5 mg, übliche Erhalt-Dosis 1 x 1 mg, Max-Dosis 2,5 mg/d

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

128

p.o.: Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 5 mg , Erhalt-Dosis 1 x 20 mg, Max-Dosis 40 mg/d . Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 1 x 2,5 mg, schrittweise über 2-4 Wo auf ErhaltDosis 20 mg/d (1-2 Dosen), Max-Dosis 40 mg/d (2 Dosen), Kdr., Jgdli: 20-50 kg: initial 2,5 mg; Max-Dosis 20 mg/d, Jgdli ~ 50 kg: initial 5 mg, Max-Dosis 40 mg/d i.v. (wenn orale Therapie nicht möglich) Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1,25 mg langsam i.v. (mind. 5 min), bei Bedarf nach 1 h WH von 1,25-2,5 mg, Erhalt-Dosis 1,25-2,5 mg alle 6 h, max Einzeldosis 5 mg, Max-Dosis 20 mg/d. Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 0,625 mg über 1 h, bei Bedarf nach 1 h WH von 0,625-1 ,25 mg, ErhaltDosis 1,25 mg alle 6 h, max Einzeldosis 2,5 mg, Max-Dosis 10 mg/d DosNI: bei mässiger Niereninsuffizienz (Krea-CI 30-60 ml/min) Anf-Dosis 2,5 mg, Erhalt-Dosis 5-10 mg/d, Max-Dosis 20 mg/d; bei schwerer Niereninsuffizienz (Krea-CI < 30 ml/min) Anf-Dosis 2,5 mg/d, Erhalt-Dosis 5 mg/d, Max-Dosis 10 mg/d Dosll: kontraindiziert bei Leberinsuffizienz DosALT: Anf-Dosis 2,5 mg, Erhalt-Dosis 5-10 mg/d, Max-Dosis 20 mg/d

Enalapril Xanef® (Tbl 2,5 mg, 5 mg, 10 mg, 20 mg) (Amp 1,25 mg)

Weitere Präparate: Corvo®, Ena, Ena ... , Enalapril

Fosinopril Fosinorm® (Tbl 10 mg, 20 mg)

! Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis ! mg/d.

1 x 10 mg, Erhalt-Dosis 1 x 10 mg, Max-Dosis 40

! Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 1 x 10 mg, Erhalt-Dosis 1 x 10 mg/d, Max-Dosis 40 mg/d. 1

DosNI, Dosll: keine Dosisreduktion notwendig

i:

Lisinopril Acerbon® (Tbl 2,5 mg, 5 mg, 1 0 mg, 20 mg)

Weitere Präparate: Coric®, Lisi, Lisi. .. , Lisinopril,

Perindopril Covers um® (Tbl 2 mg, 4 mg)

Generika

Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 1O mg, Erhalt-Dosis 1 x 20 mg. ! Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 1 x 2,5 mg, alle 2 Wo steigern um max 10 mg auf Maxi Dosis 35 mg/d. 1 Akuter Myokardinfarkt (bei stabiler Hämodynamik): Anf-Dosis am 1.- 3.Tag 5 mg, ab ! 4. Tag 10 mg als Erhalt-Dosis für 6 Wochen, bei Herzinsuffizienz lebenslang; 1 Nierenkomplikationen bei Diabetes mellitus: 1 x 10 mg , Max-Dosis 20 mg/d 1

DosNI: bei Krea-CI 30-60 ml/min Anf-Dosis 2,5 mg, Erhalt-Dosis 5-10 mg/d, Maxi Dosis 20 mg/d; kontraindiziert bei schwerer Niereninsuffizienz (GFR < 30 ml/min) ! DosALT: bei Krea-CI 30-60 ml/min Anf-Dosis 2,5 mg, Erhalt-Dosis 5-10 mg/d, Max! Dosis 20 m /d 1

! Arterielle Hypertonie:

Anf-Dosis 1 x 4 mg, ggfs. nach 1 Monat auf 8 mg steigern; ! Max-Dosis 8 mg/d. Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 1 x 2 mg, ggfs. nach 2 Wo. auf 4 1 mg/d steigern; Max-Dosis 4 mg/d. Stabile KHK (Senkung kardialer Ereignisse): initial 1 4 mg/d, ggfs. nach 2 Wo. auf 8 mg/d steigern

j DosNI: GFR 30-60: 2 mg/d, GFR 15-30: 2 mg jeden 2. Tag; GFR < 15 und Dialyse: 2 1 1 1

mg am Dialysetag Dosll: kontraindiziert bei Leberinsuffizienz DosALT: Anf-Dosis und Erhalt-Dosis 2 mg/d, Max-Dosis 4 mg/d

!

Quinapril Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 1O mg, ggfs. nach 3 Wo auf 20 mg/d steigern, Accupro® 1 Max-Dosis 2 x 20 mg/d. (Tbl 5 mg, 10 mg, 20 ! Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 2 x 2,5 mg, Erhalt-Dosis 10-20 mg/d, Max-Dosis 2 x 20 mg) ! mg/d. (Amp 5 ml = 5 mg) . : A nf- DosIs . 5 mg, ErhaIt-Dosis 5-10 mg/d , Max-DosIs . 20 !i DosNI: GFR 30-60 ml/mm

Generika

I mg/d; GFR 10-30:

Anf-Dosis 2,5 mg, Erhalt-Dosis 2,5 mg, Max-Dosis 5 mg/d; GFR
2.3 „Kontraindikation")

II ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

130

- Vorsicht bei: Flüssigkeits- oder Salzmangel (infolge Diuretika, Diarrhoe, Erbrechen, Dialyse) Nierenarterienstenose beidseits oder bei Einzelniere schwere Nierenfunktionsei nschrän ku ng Kombination mit kaliumsparenden Diuretika oder Kaliumgabe stenosierenden Vititen (Aortenklappenstenose, Mitralklappenstenose oder HOCM (Dekompensationsgefahr durch Afterloadsenkung)

INTERAKTION: - siehe ACE-Hemmer; Meide Kombination von RAAS-Hemmern untereinander (c:> 2.3)



Angiotensin-11-Antagonisten sind bei arterieller Hypertonie und Herzinsuffizienz den ACE-Hemmern gleichwertig . Die Verträglichkeit ist besser, die Langzeiterfahrungen aber eingeschränkt. Deshalb sind sie in den Empfehlungen bislang besonders bei Nebenwirkungen oder Unverträglichkeit von ACE-Hemmern hervorgehoben.

BESONDERHEITEN: - Gute Verträglichkeit, entgegen früherer Ansicht vereinzelt auch Husten und Angioödeme. - AG-II-Antagonisten werden bei der arteriellen Hypertonie empfohlen, wenn die Anwendung von ACEHemmern erwünscht, aber wegen Nebenwirkungen nicht möglich ist (c:> 2.13.5). Gleiches gilt für die Herzinsuffizienz (c:> 2.15.6.1 , 2.15.6.2). Nebenwirkungen unter AG-II-Antagonisten sind signifikant geringer als unter ACE-Hemmern. Bisherige Langzeitstudien (Sterblichkeit) stellen AG-II-Antagonisten und ACE-Hemmer als gleich effektiv dar, möglicherweise lösen sie langfristig die ACE-Hemmer wegen der besseren Verträglichkeit ab. - Kombination von ACE-Hemmer und AG-II-Blocker nur im Ausnahmefall (z.B. ungenügende RREinstellung, sehr starke Proteinurie), ansonsten Kombination von RAAS-Blockern meiden (c:> 2.3 ,,Besonderheiten") - Meide Kombination eines RAAS-Blockers mit kaliumsparenden Diuretika (K+ t) bei Hypertonie, bei Herzinsuffizienz ist ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Blocker plus Aldosteronantagonist etabliert, dann zusätzlich Schleifendiuretikum zur Vermeidung Hyperkaliämie. (c:> 2.3, 2.13.5, 2.13.6, 2.15.6.2) - renale Effekte und glomeruläre Hämodynamik c:> 2.3 „Besonderheiten" + 5.5.2 - Studien c:> 2.15.6.2 ' r NI keine Dosisanpassung notw . . .

. ig

.

Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis + Erhalt-Dosis 1 x 8 mg, ggfs. nach 4 Wo. auf 1 x Atacand® Blopress® 1 16 mg/d steigern, Max-Dosis 32 mg/d (Tbl 4 mg, 8 mg, 16 mg) 1 Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 1 x 4 mg, Dosisverdopplung frühestens alle 2 Wochen, Zieldosis 32 mg/d Weitere: Cande ... , 1 DosNI: Niereninsuffizienz incl. Dialyse initial 4 mg, Dosll: bei leichter bis mäßiger Candesartan 1 Leberinsuffizienz Anf-Dosis 2 mg; bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert 1 DosALT: keine initiale Dosisanpassung notwendig

Candesartan

Eprosartan

! Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis

Teveten®

1

(Tbl 600 mg)

i DosNI: bei GFR > 30 keine Dosisreduktion, bei GFR < 30 ggfs. Dosisreduktion

Weitere: Eprosartan

1 1

lrbesartan A provel™KarveaTM

1 x 600 mg, Erhalt-Dosis 1 x 600 mg, Max-Dosis

800 mg/d.

Dosll: bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert DosALT: keine Dosisreduktion notwendi Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis + Erhalt-Dosis 1 x 150 mg, Max-Dosis 300 mg/d.

-

- DosNI: keine Dosisanpassung notwendig 150 3 75 (Tbl ~g, mg, oo - Dosll: bei leichter bis mässiger Leberinsuffizienz keine Dosisreduktion notwendig mg) Weitere: lrbesartan ALT A f D . OOS : n - OSIS 75 m Lorzaar® (Tbl 12,5 mg, 50 mg, 100 mg)

Weitere: Losartan

Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 50 mg, Erhalt-Dosis 1 x 50-100 mg, MaxDosis 100 mg/d. Kdr ab 6 J.: 20-50 kg: 0,7 mg/kg; > 50 kg: 50 mg Hypertonie+ Typ 2 Diabetes+ Proteinurie> 0,5 g/d: initial 50 mg/d, ggfs. nach 1 Mo auf 100 mg/d steigern. Reduktion Apoplexrisiko bei Hypertonie + LVHypertrophie: initial 50 mg/d , Erhalt-Dosis 1x 50-100 mg Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 1 x 12,5 mg, wöchentlich verdoppeln bis auf ErhaltDosis 1 x 50 mg/d DosNI: keine Dosisreduktion notwendig (bei Krea-CI > 10 ml/min) Dosll: ggfs. Dosisreduktion DosALT: keine Dosisreduktion notwendig

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

131

Olmesartan Olmetec® Votum® (10 mg, 20 mg, 40 mg) Weitere: Olmesartan

Telmisartan Micardis®

j Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 40 mg, Erhalt-Dosis 1 x 40 mg, Max-Dosis 80

! mg/d .

(Tbl 20mg, 40mg, 80mg) 1 DosNI: bei leichter bis mässiger Niereninsuffizienz keine Dosisreduktion notwendig, Weitere:Kinzalmono®, T elmisartan

Valsartan Diovan® Provas® (Tbl 80 mg, 160 mg)

1

!

!

bei schwerer Niereninsuffizienz oder Dialyse initial 20 mg Dosll: kontraindiziert bei schwerer Leberinsuffizienz DosALT: keine Dosisreduktion notwendi

i Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis + Erhalt-Dosis 1 x 80 mg, Max-Dosis 160 mg/d, 1 Max-Dosis 320 mg/d 1 Linksventrikuläre Dysfunktion nach Myokardinfarkt: initial 2 x 20 mg, auf 2 x 40

(innerh . 1 Wo.), 2 x 80 (innerh. 2 Wo.), dann 2 x 160 (innerh. 3 Mo.) steigern, Ziel1 Dosis 2 x 160 mg 1 Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 2 x 40 mg, Dosisverdopplung frühestens alle 2 1 Wochen, Ziel-Dosis 2 x 160 mg 1 DosNI: GFR > 10 keine Dosisreduktion notwendig, bei GFR < 10 kontraindiziert 1 Dosll: bei leichter bis mässiger Leberinsuffizienz Max-Dosis 80 mg/d, bei schwerer 1 Leberinsuffizienz kontraindlziert 1

Weitere: Valsartan

Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-lnhibitoren (ARN 1) Valsartan + Sacubitril Entresto® (2015) Natriuretische Peptide (ANP , BNP)

-

1

Abbauprodukte

Neutrale EndoPeptidase ~ Neprilysin

-

Bradykinin

1

1

NeprilysinBlocker

Abbauplodukte

1

AG-11ACE

Angiotensinogen --1►► ~ ------~

1

Angiotensin

1

~

Kininase II

----4►• 1

Ang1otensin II

-1 ►

Blocker

biologische Effekte

- Neues Wirkprinzip: Kombination von Angiotensin-11-Rezeptorblocker Valsartan plus Neprilysin-Hemmer Sacubitril (LCZ 696): Hemmung Angiotensin II plus Verstärkung natriuretische Peptide - In PARADIGM-HF unter LCZ 696 versus Enalapril signifikante Risikoreduktion von kardiovask Tod und Herzinsuff-Hospitalisation: 21,8 vs 26 ,5 %, auch geringere Gesamtmortalität: 17,0 vs 19,8 °/o. Kritik: Vergleichspräparat (Enalapril statt Valsartan), geringe Enalapril-Dosis (50 % der Max-Dosis) vs MaxDosis von Valsartan plus Neprilysin-Hemmer. Langzeitdaten bzgl Alzheimer-lnzidenz beim Menschen nötig (bei Mäusen Hinweise auf vermehrtes alzheimerartiges Verhalten). - Keine Kombination mit ACE-Hemmer, diesen mind. 36 h vorher pausieren (Risiko Angioödem tt) - Regelmässige K•-Kontrollen (bei K+ > 5,4 mmol/I unter Therapie=> reduzieren oder ggfs. absetzen) - BNP zur Verlaufsbeobachtung der Herzinsuffizienz nicht geeignet, nutze pro-BNP - schon Leitlinienempfehlung bei persistierenden Symptomen unter Standardtherapie (c:> 2.15.6.1, 2.15.6.7). Sofern Langzeitstudien die Überlegenheit bestätigen, werden ARNI neuer Goldstandard bei chronischer Herzinsuffizienz

Sacubitril/ Valsartan Entresto® (Tbl 24/26 mg, 49/51 mg, 97/103 mg)

symptomatische chronische Herzinsuffizienz: Anf-Dosis 2 x 49/51 mg, nach je 24 Wo verdoppeln bis zur Zieldosis 2 x 97/103 mg. Falls kein hochdosierter ACEHemmer oder Angiotensin-Antagonist oder initialer RRsyst ~ 100 bis 110 mm Hg: Anf-Dosis 24/26 mg. Kinder, Jugendliche bis 18 J: kontraindiziert DosNI: GFR < 60 Anf-Dosis 24/26 mg, bei GFR < 30 Vorsicht, bei chron Nierenversagen kontraindiziert Dosll: bei mässiger Leberinsuffizienz mit Vorsicht, bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert Grav/Still: kontraindiziert

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

132

2.4.2 Freiname



Aliskiren Tab. 2.22

Direkte Renin-lnhibitoren Handelsname Rasilez®

Bioverfügbarkeit

aktive Metabolite

HWZ

Elimination

(h)

(%)

2-3 %

nein

40

80 % unveränd. Faezes

CHARAKTERISTIKA: - orale Gabe, geringe Bioverfügbarkeit (weitere Abnahme unter sehr fetter Nahrung); überwiegend unveränderte Elimination über Faezes - kein Vorteil gegenüber dem Goldstandard ACE-Hemmer, keine Langzeitstudien bzgl Sterblichkeit; nur für Hypertonie zugelassen => Reservepräparat trotz des interressanten Wirkprinzips

selektiver direkter Inhibitor von Renin : Hemmung der Angiotensin 1- und Angiotensin 11Synthese: Vasodilatation, verminderte Aldosteronsekretion mit reduzierter Na+- und Wasserretention => RR-Senkung, antikongestiv - Hinweise auf protektive Effekte bei Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, Herzhypertrophie (analog zu ACE-Hemmern und AG-II-Antagonisten, bislang aber keine Langzeitstudien bzgl. Sterblichkeit) - häufigste Nebenwirkung: Diarrhoe - in Monotherapie kaum Anstieg des Serumkaliums, bei Kombination mit ACE-Hemmern oder AGIi-Antagonisten verstärkte Hyperkaliämie-Gefahr, deshalb meiden (s.u.)

1ND: arterielle Hypertonie (Langzeitstudien (Sterblichkeit) bislang ausstehend, noch keine Zulassung für die chronische Herzinsuffizienz)

- !S!: Kombination

mit starken P-gp-lnhibitoren (Ciclosporin, Chinidin, Verapamil)

- WW: verstärkte RR-Senkung durch andere Antihypertensiva; verminderte Furosemidwirkung; kaliumsparende Diuretika => erhöhte Hyperkaliämiegefahr. Meide Kombination von RAASHemmern untereinander (q 2.3 „Besonderheiten").

Bradykinin

1

inaktive Abbauprodukte

Renin

Angiotensinogen

1

Ar.F:-Hemmer (ACEI)

I

--..1 Angiotensin 1 - • Angiotensin 111

-

alternative Aktivierungs- / wege (z.B. Chymase)

Angiotensin-11Antagonist (ARB)

AT 1 -Rezeptor

!

biologische Effekte Abb. 2 .21: Wirkmechanismus der direkten Renin-lnihibitoren (sowie ACEI und ARB). Renin wird von den Nieren bei Perfusionsminderung vermehrt ausgeschüttet. Es katalysiert den für das RAAS geschwindigkeitslimitierenden Schritt von Angiotensinogen zu Angiotensin 1. ACEHemmer und AG-II-Antagonisten inhibieren das RAAS an späterer Stelle. Dies führt bei ACEHemmern zu einem Anstieg von Renin und Angiotensin 1, bei AG-II-Blockern zu einem Anstieg von Renin , Angiotensin I und Ang iotensin II. Renin-lnhibitoren inhibieren die Reninaktivität, jedoch steigt die Reninkonzentration. Die klinische Bedeutung ist noch unklar, da erhöhte Reninkonzentrationen via Renin-Prorenin-Rezeptor an kardiovaskulären Zellen Proliferation und Fibrose induzieren können. Renale Effekte und glomeruläre Hämodynamik q 2.3 „Besonderheiten" + 5.5.2 Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 150 mg/d , Max-Dosis 300 mg/d

Rasilez® (Tbl 150 mg, 300 mg)

Kinder, Jugendliche bis 18 J: kontraindiziert wegen unzureichender Erfahrungen DosNI: bei GFR > 30 keine Dosisreduktion, bei schwerer NI ggfs. Dosisreduktion Dosll, DosALT: keine Dosisreduktion notwendig Grav: strenge Indikation im 1. Tr., kontraindiziert in 2. + 3. Trimenon ~ Grav 5 Still: kontraindiziert ~ Still 1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

133

Vasodilatatoren

2.5 2.5.1 Freiname Dihydralazin Minoxidil

Übersicht Handelsname

Nepresol® Lonolox®

Diazoxid

außer Handel

Nitroprussidnatrium

Nipruss®

Aoolikation

oral/i.v. oral i.v. (oral) i.v.

(2017)

Besonderheiten

-

ausaepräate Reflextachykardie starke Gegenregulation (Ödeme) Hvoertrichosis antidiuretisch Hvoeralvkämieneiauna ,,RR-Titration" CN--Bildung

• ■

1

Tab. 2.23 WIRKUNG:

- v .a. arterielle Vasodilatation durch direkten Gefäßangriff => peripherer Gefäßwiderstand sinkt (Afterload .J,) => Abnahme des Blutdrucks

1

NEBENWIRKUNG: typische Nebenwirkungen der Vasodilatatoren - als Folge der arteriellen Dilatation: orthostatische Dysregulation, Kopfschmerzen, Flush - Gegenregulation durch den Sympathikus: Reflextachykardie (verminderte RR-Senkung, da HZV i) => Angina pectoris bei kardiovaskulärer Vorschädigung - Gegenregulation durch Aktivierung des Renin -Angiotensin -Aldosteron-Systems (RAAS): Na+- und Wasserretention, Ödeme

Dihydralazin

2.5.2

Nepresol®

CHARAKTERISTIKA: - hoher first pass Effekt, hepatische Acetylierung - W: ausgeprägte Dilatation der Arteriolen, jedoch nur geringe RR-Senkung in der Dauermonotherapie, weil erhebliche Gegenregulation

- typische NW (siehe oben), zudem Lupus erythematodes-ähnliche Symptomatik - IND: p.o.: Kombinationstherapie der Hypertonie (ab 3-Kombination: günstige Kombination mit ß-Blocker und Diuretikum zur Hemmung von sympathotoner und renaler Gegenregulation)

i.v.: Bluthochdruckkrisen, EPH-Gestose (c> 16.6) - WW: blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Nitrate, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, Alkohol, Narkotika) => additive RR-Senkung; NSAID => Hemmung Prostaglandinsynthese, Na+- und Wasserretention => verminderte RRSenkung; lsoniazid => konkurrierende Abbauwege (Acetylierung) => Wirkungsverstärkung Dihydralazin Nepresol® (Tbl 25 mg, 50 mg)

p.o.: arterielle Hypertonie (bevorzugt in Kombinationstherapie), hypertensive ! Gestosen: Präeklampsie, Eklampsie (bevorzugt in Kombination mit 1 Betablockern): Anf-Dosis 2 x 12,5 mg, langsam auf 2 x 25 mg steigern, Max-Dosis 1 100 mg/d (ohne Ermittlung des Acetylator-Status: SchneH-Acetylierer versus ! Langsam-Acetylierer => Max-Dosis 50 mg/d) 1 i.v.: akute Blutdruckkrise, hypertensive Gestosen: 6,25-12,5 mg langsam i.v. oder 12,5-25 mg i.m. ; max. Tagesdosis 100 mg 1

!

! DosNI, DosLI: ggfs. Dosisreduktion bei schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz i DosAlt: ggfs. Dosisreduktion

Grav: kontraindiziert im 1. Trimenon, strenge Indikationsstellung im 2. + 3. Trimenon i Still: kontraindiziert ,t>,,.., ...., ....., ....,, •.,,., ........................................, ....., ................., .........., ....., ...,............., ....., ....., .........., ....., ....., ....., ...,............, ..........., ..........., ....., ....., ....., .........., ................., ....., ....., .........., ....., ....., ....., ................., .. ,......., ....., ....., ....., ....., ....., ... 1

Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

134

2.5.3

Minoxidil

Lonolox®

CHARAKTERISTIKA:

■ ■

- ähnlich Dihydralazin, aber stärkere und längere Wirkung (Wirkdauer 24-72 h, bei Plasma-HWZ von nur 3-4 h) - Wirkmechanismus: Öffnung von Kaliumkanälen in der glatten Gefäßmuskulatur - W: starker Vasodilatator mit massiver Gegenregulation (Ödembildung) => Kombination mit Diuretikum notwendig - typische NW (q 2.5.1 ), sehr selten Perikardergüsse Hypertrichosis, 3-6 Wo nach Therapiebeginn; im Kopfbereich beginnend, Rückbildung einige Monate nach Absetzen; in Dermatologie als Haarwuchsmittel (Lotion) in Gebrauch - IND: therapierefraktäre Hypertonie Kombinationstherapie der therapieresistenten Hypertonie (3-er Kombination: Diuretikum + Betablocker + Vasodilatator): Kdr bis 12 J: 0, 1 mg/kg/d (1 oder 2 Einzelgaben), bei Bedarf in mindestens 3-tägigen Abständen um 0, 1-0,2 mg/kg/d steigern; Max-Dosis 1 mg/kg/d (bzw 50 mg/d) Erw + Kdr > 12 J: Anf-Dosis 5 mg/d (1 oder 2 Einzelgabe), bei Bedarf in mindestens 3-tägigen Abständen um 5-10 mg/d steigern, übliche Erhalt-Dosis 5-40 mg/d; MaxDosis 100 mg/d

Minoxidil Lonolox® (Tbl 2,5 mg, 10 mg)

DosNI: Dosisreduktion bei schwerer Niereninsuffizienz (Krea-CI < 30 ml/min) Grav: strenge Indikationsstellung ~ Grav 4 Still: kontraindiziert ~ Still 2

2.5.4

Diazoxid

als Anithypertensivum außer Handel

CHARAKTERISTIKA: - Strukturabkömmling von Chlorothiazid (Thiazid-Diuretikum) - W: Öffnung sarkolemnaler ATP-abhängiger K+-Kanäle - arterielle Vasodilatation => RR-Senkung (wenn i.v.-Gabe) - antidiuretischer Effekt, da sehr starke Na+-Retention (Komb. mit Diuretikum bei längerer Gabe) - Hyperglykämieneigung durch gehemmte Insulin-Freisetzung - typische NW (q 2.5.1) - IND:

- früher als Reservepräparat bei hypertensiver Krise - symptomatische Hypoglykämietherapie bei Inselzelltumoren (Proglicem®)

2.5.5 NO-Donator: Nitroprussidnatrium

Nipruss®

(2017)

CHARAKTERISTIKA: ■

1

- stärkste antihypertensive Substanz: arterielle und venöse Vasodilatation (q Abb. 2.14) - sofortiger Wirkungseintritt, sehr kurze Wirkdauer => i.v.-Spritzenpumpe (Perfusor) oder lnfusomat => Titrierung nach Wirkung - lndik: hypertensiver Notfall und kontrollierte Hypotension intraoperativ; off-label zur Nachlastsenkung bei akuter Linksherzdekompensation - Entstehung von Cyanid, das hepatisch unter Verbrauch von Thiosulfat zu Thiocyanat reduziert/entgiftet wird (CAVE: Cyanid hemmt die Cytochromoxidase => Blockade der Zellatmung). Daher Nitroprussid-Na+ bei längerer hochdosierter Gabe mit Natriumthiosulfat kombinieren, um einer Cyanidintox. vorzubeugen

Nitroprussidnatrium Nipruss® (Amp 60 mg; unbedingt verdünnen, nicht pur !)

Hypertone Krisen, kontrollierte Hypotonie intraoperativ: 0,2 ~tg/kg/min, alle 3-5 1 min verdoppeln bis zur gewünschten RR-Senkung (variiert zwischen 0,2-10 i ~tg/kg/min); zur Vermeidung Cyanidintox ist über getrennten venösen Zugang stets i Natriumthiosulfat 10 °/o im Gewichts-Verhältnis 1:10 (Nipruss : Na-Thiosulfat) zu 1 i infundieren. Bei mehrtätiger Infusion u/o Niereninsuffizienz den Thiocyanatspiegel ! bestimmen (Thiocyanat ist 100x weniger toxisch als Cyanid), bei Thiocyanat ~ 1 10mg/dl ist Nipruss zu beenden, erwäge Dialyse zur Thiocyanatentfernung. 1

1

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

135

Calcium-Kanal-Blocker (CCB) .,

2.6.1

Übersicht

Gruppe

Freiname

Handelsname

Nifedipin-Typ

Nifedipin Amlodipin Felodipin lsradipin Lercanidipin Nimodipin NjsoJdipin Nitrendipin Diltiazem

Adalat® Norvasc® Modip® Lomir® Carmen® Nimotop® Baymycard® Bavotensin® Dilzem®

Verapamjl

lsoptin®

(Dihydropyridine)

Diltiazem-Typ

Sinusknoten

Myokard

Gefäßtonus

·I 0

0

t t

(Benzothiazeoine) Verapamil-Typ

AV-Überleituna

(Phenylalkylamine)

t tt

tt

(t)

t t t-tt (t)



1



Tab. 2.24: Calcium-Antagonisten ~ ,,calcium-channel-blockers" (nur Auswahl der Dihydropyridine)

WIRKUNG: Blockade des Ca 2+-Einstroms in glatte Muskulatur. Myokard und Erregungsbildungs-/Erregungsleitungssystem: - glatte Gefäßmuskulatur: Hemmung des Ca2+-Einstroms bewirkt - arterielle Vasodilatation => Afterload-Senkung >> Preload Senkung - Dilatation epikardialer Koronarien

Merke: bei Kombination von Ca2 +-Antagonisten (Nachlastsenkung) und Nitraten (Vorlastsenkung)=> erhöhte Gefahr überschießender Blutdruckabfälle. - Arbeitsmyokard: verminderter Ca2+-Einstrom - Hemmung der elektromechanischen Kopplung => reduzierte Kontraktilität ::::: negativ inotrop => gesenkter 0 6-Verbrauch



- Erregungsbildung/-leitung: in Sinus- und AV-Knoten erfolgt die Potentialbildung

weitgehend durch den langsamen Ca2+-Einstrom, da infolge des geringen Ruhepotentials der schnelle Na+-Einstrom überwiegend schon inaktiviert ist(~ 2.10.1). - Ca2+-Antagonisten blockieren den langsamen Ca2+-Einstrom => Sinusknoten: verlangsamte AP Bildung ::::: negativ chronotrop => AV-Knoten: verlangsamte Überleitung ::::: negativ dromotrop

- ferner: stoffwechselneutral, natriuretischer Effekt der Dihydropyridine

Hauptanwendungsgebiete Nifedi koronare Herzkrankheit ~ 2.16.2 arterielle H ertonie ~ 2.1 3.5 f. supraventrikuläre HRST (~ 2.11 .2)

+ 0

Therapieempfehlungen q 2.6.7

ÜBERDOSIERUNG / INTOXIKATION (q 20.3.8):

Arzneistoffliste IMPP

Diltiazem-T + + +

Vera amil-T

+ +

+



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

136

2.6.2 Freiname

• ■

Nifedipin Nimodipin lsradipin Nitrendipin Nisoldipin Felodioin Amlodioin Lercanidipin Manidipin Nilvadioin

Dihydropyridine - Allgemeines Handelsname

HF

HWZ

AVÜberleitung

2h t ~ ~-i 1-2 h Svmo.: (t) Svmo.:t Svmo.:t 8h 8-12 h ~-t ~ ~8-12 h Symp.:(t) Symp.: ~ t Symp.: ~ 18-25 h 35-50 h 8-10 h * ~ ~ ~

Adalaf'" Nimotop"" Vascal"" Bayotensin""

"'

Baymycard"" Modip"" Norvasc"" Carmen"" außer Vertrieb

Escor""

lnotropie

18-20 h*

Indikation KHK, RR, Raynaud SAB RR RR RR,KHK RR RR, KHK, vasosp. AP RR RR RR

Tab. 2.26: Dihydropyridine.

* Wirkdauer > 24 h Symp "" Sympathikus KHK "" koronare Herzerkrankung RR "" arterieller Hypertonus SAB "" Subarachnoidalblutung

1

1

Dihydropyridine (Nifedipin als historische Referenz, aber nachteilige NW) weisen eine vergleichbare Wirkung auf (gefäßselektiv, keine Beeinträchtigung von Erregungsbildung und leitung, unterscheiden sich in der Pharmakokinetik aber deutlich: Abhängig von Schnelligkeit und Ausmaß der Vasodilatation besteht eine reflektorische Sympathikusaktivierung mit Frequenzanstieg, leicht beschleunigter AV-Überleitung leicht positiv inotropem Effekt. Unretardiertes Nifedipin wirkt rasch und kurz, verursacht aber eine reflektorische Aktivierung des Sympathikus (reflektorische Tachykardie) und des ReninAngiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS}, wodurch eine erhöhte Sterblichkeit unter Nifedipin bei KHK erklärt wird. Dihydropyridine in schnell freisetzender u/o kurz wirkender Galenik sind für die Dauertherapie von Hypertonie oder stabiler KHK obsolet und nur beim hypertensiven Notfall indiziert. Wegen der nachteiligen Nifedipineffekte sind alle Dihydropyridine bei instabiler Angina pectoris und bis 4 Wochen nach Myokardinfarkt kontra indiziert. Langwirksame Dihydropyridine sind durch langsames Anfluten und geringe bis fehlende sympathotone Gegenregulation charakterisiert. Sie sind Mittel der 1. Wahl in der Basistherapie der arteriellen Hypertonie. Clevidipin (2013) Cleviprex® als sehr kurz wirksames Dihydropyridin zur intraoperativen RRSenkung (i.v. -Gabe). Hydrolytischer Abbau=> pharmakokinetische Interaktion unwahrscheinlich.

WIRKUNG: Erre sbildun in therapeutischer Dosierung keine Effekte

M okard Gefäße gering negativ arterielle Vasodilatation: inotrop Afterload '1.- >> Preload '1.-

NEBENWIRKUNG: - v.a. bei (unretardiertem) Nifedipin : Kopfschmerz (Nifedipin_> 10 %, übrige 1-10 %), Schwindel, Wärmegefühl, Flush (1-10 °/o), Knöchel-/prätibiale Ödeme (Nifedipin > 10 %, übrige bis 1-10%), reflektorische Tachykardie durch Vasodilatation (1-10 %) Gefahr der Verstärkung und Auslösung von Angina pectoris (v.a. bei Monotherapie). Mechanismen: reflektorische Tachykardie mit erhöhtem O2-Verbrauch , RR-Abfall , StealPhänomen (verminderte Perfusion poststenotisch durch generalisierte Vasodilatation - droht besonders bei hochgradigen, proximalen Koronarstenosen) gering negativ inotrop (bei Sympathotonuserhöhung resultiert leicht pos. inotrop)

- ferner: Hautüberempfindlichkeitsreaktionen mit Pruritus, Urtikaria, Exantheme (0, 1-1 %), Leberfunktionsstörungen (Transaminasen

t,

Ikterus) (0, 1-1 %), Myalgien/Arthralgien (0, 1-1 %)

bei Kombination mit Nitraten erhöhte Gefahr von : - überschießenden RR-Abfällen (gilt für alle Ca2+-Antagonisten) - reflektorischen Tachykardien (v.a. kurzwirksame Dihydropyridine) Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

137

INDIKATION: - arterielle Hypertonie - stabile Angina pectoris, vasospastische Angina pectoris - ferner: Raynaud-Phänomen KONTRAINDIKATION : Herzinsuffizienz NYHA 111 + IV (q 2.15.6.2) schwere stenosierende Herzvitien: Aortenklappenstenose, hypertrophe obstruktive



Kardiomyopathie ::::! HOCM (q 2.6.4), da durch die Vasodilatation mit Nachlastsenkung ein ausgeprägter RR-Abfall mit Dekompensation und verminderter Koronarperfusion ausgelöst werden kann - Hypotension (RR syst < 90 mmHg), Schock - AKS: instabile Angina pectoris, akuter Myokardinfarkt incl. der ersten 4 Wo. (q 2.16.2)



unretardiertes Nifedipin auch bei Hypertonie und stabiler KHK nur mit Vorsicht, da vermehrt Komplikationen (Infarkt) - Schwangerschaft (embryotoxisch/teratogen beim Tier), Stillzeit (muttermilchgängig, unzureich. Kenntnisse); jedoch off-label Anwendung von Nifedipin zur Tokolyse

q

16.8

INTERAKTION: - Antihypertensiva, Narkotika => additive RR-Senkung Chinidin => Chinidin-Spiegel .J,, nach Absetzen des Calciumantagonisten t Digoxin , Theophyllin => Inhibition von CYP 3A4 durch Calciumantagonisten => Plasmaspiegel der angeführten Substanzen t NSAID => Prostaglandinsynthese gehemmt, Na+-/Wasserretention => verminderte RR-Senkung v.a. für Nifedipin zusätzlich: starke CYP3A4-lnduktoren (Rifampicin) => verminderte Wirkung des Ca2+-Ant. (bei Nifedipin bis zum Wirkungsverlust); starke CYP3A4-lnhibitoren (Erythromycin, Azole) => verstärkte RR-Senkung BESONDERHEIT: Knöchel-/prätibiale Ödeme: üblicherweise symmetrisch, die gehäuft unter Dihydropyridinen (v.a.Nifed ipin) auftretenden Knöchelödeme sind keineswegs kardial stauungsbedingt, sondern Ausdruck einer starken Vasodilatation mit erhöhter kapillärer Permeabilität. => Beinhochlagerung, Bandage, Dosisreduktion; keine Diuretika.

2.6.3

Dihydropyridine - Besonderheiten ..

Nifedipin Adalat® (Kpsl 5 mg, 10 mg) (Ret-Kpsl 20 mg) (lnf-Lösung 50 ml =

5 mg) Weitere: Nifedipin, Pidilat®

Nimodipin Nimotop®S (Tbl 30 mg) (Flasche 50 ml = 10 mg)

Nimotop® (Tbl 30 mg) Weitere Präparate: Nimodipin

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

p.o. : stabile Angina pectoris, vasospastische Angina pectoris, Hypertonie, Raynaud-Syndrom: unretardiert (Weich-Kpsl): 3 x 5-10 mg, bei Bed. bis 3 x 20 mg, Max-Dosis 60 mg/d; retardiert/slow release (SL): 2 x 20 mg, bei Bed . bis 2 x 40 mg, Max-Dosis 80 mg/d p.o.: hypertensiver Notfall: Kpsl mit 10 mg zerbeißen, Inhalt schlucken; W H nach frühestens 30 min i.v.: vasospastische Angina pectoris, hypertensiver Notfall: 5 mg in 4-8 h (1 ,250 ,63 mg/h), Max-Dosis 15-30 mg/d Dosll: Dosisreduktion; Dos bei zerebrovaskutärer lnsuff.: Dosisreduktion Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert Nimotop S: Zerebrale Vasospasmen nach Subarachnoidalbtutung: i.v.: erste 2 Stunden: 1 mg/h (15 µg/kg/h) i.v., bei stabilem Blutdruck dann auf 2 mg/h (30 ~1g/kg/h) steigern, Therapiedauer (5-) 10-14 Tage, Beachte: bei< 70 kg oder labilem Blutdruck Anf-Dosis 0,5 mg/h p.o.: nach 5-14 tägiger lnfusionstherapie erfolgt Umstellung auf 6 x 60 mg p.o. (Therapiedauer p.o. weitere 7 Tage) Nimotop: hirnorganische Leistungsstörungen : 3 x 30 mg DosNI: Dosisreduktion Doslt: Dosisreduktion, bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert Grav: prinzipiell kontraindiziert (bei SAB individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung) Still: kontraindiziert



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

138 Amlodipin Norvasc® (Tbl 5 mg)

Weitere Präparate: Amlodipin

Arterielle Hypertonie, stabile Angina pectoris, vasospastische Angina pect.: 11 x 5 mg, bei Bedarf nach 4-6 Wochen auf 1 x 10 mg steigern, Max-Dosis 10 mg/d 1

Kinder: kontraindiziert (unzureichende Erfahrungen) 1 DosNI: Dosisreduktion bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz 1 Dosll: ggfs. Dosisreduktion, kontraindiziert bei schwerer Leberinsuffizienz 1 Dos~t: übliche D_osi~rungen 1

Arterielle Hypertonie: 1 x 5 mg, bei Bedarf auf 1 x 10 mg steigern

Felodipin

1

Modip® (Ret-Tbl 2,5 mg, 5 mg, 10 mg)

!' Kinder: kontraindiziert

Weitere: Felodipin, Munobal®

DosNI: kontraindiziert bei GFR < 30 ml/min ! Dosll: bei leichter/mässiger Leberinsuffizienz (Child A + B) Anf-Dosis 1 x 2,5 mg, 1 nur vorsichtig steigern; kontraindiziert bei schwerer Leberinsuff. 1 DosAlt: Anf-Dosis 1 x 2,5 mg ! Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert 1

~

Nitrendipin Bayotensin® (Tbl 10 mg, 20 mg) Bayotensin® akut (Lösung: 1 ml = 5 mg) Weitere: Nitredipin

Arterielle Hypertonie: 2 x 10 mg oder 1 x 20 mg, bei Bedarf auf 2 x 20 mg steigern 1 Hypertensiver Notfall: 5 mg (1 Phiole) p.o. , bei Bedarf nach 30-60 min WH DosNI: keine Dosisreduktion notwendig 1 Dosll: bei chronischen Lebererkrankungen Anf-Dosis 1O mg/d 1 Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert 1

2.6.4 -

Verapamil

bevorzugte Anwendung als Antiarrhythmikum (supraventrikuläre Tachyarrhythmien), im angloamerikanischen Sprachraum zudem als Antianginosum (KHK) und Antihypertensivum

1 • 1

1

• •

-

Resorption > 90 %, Bioverfügbarkeit 10-20 % (ausgeprägter "first pass"-Effekt, Bioverfügbarkeit bei Dauergabe 35-40 % ), Eliminations-HWZ 3-7 h

-

renale und biliäre Elimination auch des aktiven Metaboliten => Kumulationsneigung bei Leberinsuffizienz

WIRKUNG : Erre un sbildun negativ chronotrop

stark negativ dromotro

M okard negativ inotro

Gefäße geringe arterielle Vasodilatation

NEBENWIRKUNG: - (Sinus-)Bradykardie (1-10 %) - AV-Block 1. Grades (1-10 %), gelegentlich AV-Block 11-111. Grades (0, 1-1 %) - negative lnotropie, Hypotension, Verstärkung vorbestehende Herzinsuff. (1-10 %) - Übelkeit, Völlegefühl, Obstipation(> 10 %) - Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit (1-10 %) - Flush, Hautrötung, Wärmegefühl, Knöchelödeme (1-10 %) INDIKATION : - supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen (q 2.10.10, 2.11.2) - Angina pectoris (Q 2.16.2) - arterielle Hypertonie - ferner: hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie ~ HOCM (s.u.) KONTRAINDIKATION : - dekompensierte Herzinsuffizienz, Schock - AV-Block 11.-111. Grades, Siek-Sinus-Syndrom (~ Sinusknotensyndrom) - akuter Myokardinfarkt mit Komplikationen (Bradykardie, Hypotension, Linksdekompens.) - Vorhofflattern/-flimmern mit Präexzitationssyndrom (q 2.11.2.3) - Kombination mit Betablockern (Q 2.10.10) Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

139

INTERAKTION: - Kombination von Antiarrhythmika (Klasse 1 - IV: Natriumkanalblocker, Betablocker, Amiodaron/Sotalol , Calciumantagonisten vom Verapamil- und Diltiazemtyp) untereinander, lnhalationsanästhetika => Bradykardie, AV-Block, Kardiodepression - Antihypertensiva, Narkotika => additive RR-Senkung Carbamazepin, Ciclosporin, Digitalis, Theophyllin => Inhibition von CYP 3A4 durch Calciumantagonisten => Plasmaspiegel der angeführten Substanzen t CYP 3A4-Substrate => erhöhte Plasmaspiegel dieser Präparate CYP 3A4-lnhibitoren => grundsätzlich Abbauhemmung für alle Calciumantagonisten möglich => Plasmaspiegel der Calciumantagonisten i, verstärkte RR-Senkung CYP 3A4-lnduktoren => beschleunigte Verapamil-Metabolisierung => verminderte VerapamilEffekte NSAID => Hemmung Prostaglandinsynthese, Na+-/Wasserretention =>verminderte RR-Senkung Lithium => Neurotoxizität i, ggfs Lithiumspiegel -l, (Mechanismus unklar) Muskelrelaxantien => Muskelrelaxation t (Mechanismus unklar)

1

BESONDERHEIT: HOCM ~ hypertrophe obstruktive Cardiomyopathie: hypertrophe Herzmuskelerkrankung mit einer im Ausflußtrakt gelegenen funktionellen muskulären Stenose. Positiv inotrope Pharmaka (Herzglykoside, Sympathomimetika) verstärken die funktionelle Stenose und sind kontraindiziert. Den Füllungsdruck erniedrigende Pharmaka (Nitrate) können über eine Minderung der Vorlast zu einer akuten Dekompensation führen und sind ebenfalls kontraindiziert. - Medikamentöse Therapie: Betablocker oder Ca2+-Antagonisten vom Verapamil-Typ (durch negative lnotropie erfolgt Ökonomisierung der Herzarbeit). - Nichtmedikamentöse Therapie: Schrittmacherstimulation (durch asynchrone Systole verminderte Obstruktion des Ausflußtraktes), perkutane septale Ablation (kontrollierte lnfarzierung von Septalarterien per Herzkatheter mittels Alkoholinjektion => Ausflußtraktobstruktion -l,), operative Myektomie des hypertrophierten Septums. Bei komplexen ventrikulären HRST (bei HOCM Risiko arrhythmogener Herztod i) => ICD ~ implantierbarer Cardioverter/Defibrillator. Verapamil lsoptin® (Tbl 40 mg, 80 mg, 120 mg) (Ret-Tbl 120 mg, 240 mg) (Amp 5 mg) (lnfusionskonzentrat 50 ml = 20 mg)

Weitere Präparate: Falicard®, Verapamil

2.6.5 2.6.6

p.o.: Angina pectoris/koronare Herzkrankheit (wenn Betablocker kontraindiziert sind), supraventrikuläre Tachykardien: durchschnittlich (120-) 240-480 mg/d (unretardiert 3-4 Einzelgaben, retardiert 2 Einzelgaben) arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 240 mg/d, bei Bedarf nach 2 Wochen steigern. Max-Dosis 480 mg/d Kdr (nur bei supraventrikulären Tachykardien): Vorschulkinder bis 6 J: 80-120 mg/d (2-3 Einzelgaben), Kdr 6-14 J: 80-360 mg (2-4 Einzelgaben), Jugdli ab 50 kg: s.o. i. v.: supraventrikuläre Tachykardien: Erw.: i.v.-Bolus: 5 mg langsam i.v., bei Bedarf WH nach 5-10 min; Dauerinfusion: 5-10 mg/h; Neugeborene: 0,75-1 mg; Säuglinge: 0,75-2 mg, (Beachte: im Alter von 0-1 Jahr nur bei zwingender Indikation ohne verfügbare Alternative); 1-5 Jahre: 2-3 mg; 6-14 J: 2,5-5 mg; Jugdli ab 50 kg: s.o.; Dauerinfusion: initial 0,05-0, 1 mg/kg, bei Bedarf nach 30-60 min verdoppeln; durchschnittlich 1,5 mg/kg/d DosNI: keine Dosisanpassung notwendig DosLI: Dosisreduktion bei Leberinsuffizienz, Anf-Dosis 80-120 mg/d DosAlt: Dosisreduktion, Anf-Dosis 80-120 mg/d Grav: im 1. + 2. Trimenon kontraindiziert, im 3. Trimenon unter strenger lndikationsStill : kontraindiziert stellun

Diltiazem Übersicht Calcium-Antagonisten

2.6. 7 Kritische Stellungnahme - Therapieempfehlung

..

• 1

140

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.7 a2-Adrenozeptor-Agonisten == Antisympathotonika 2. 7.1

Übersicht

Wirkmechanismus Freiname Handelsname Reserpin außer Handel Hemmunq von NA-Reuotake und -Soeicheruna ,,adrenerqer Neuronenblocker" außer Handel Guanethidin Presinol® a 2-Aqonist (zentral) a.-Methyl-Dopa Catapresan® Clonidin a2-Aaonist, 1midazolrezeotor-Aaonist Cynt® Physiotens® Moxonidin lmidazolrezeotor-Aaonist Tab. 2.28: Übersicht a2-Adrenozeptor-Agonisten. Antisympathotonika senken den Sympathotonus durch Stimulation zentraler postsynaptischer ~-Rezeptoren => Hemmung von Synthese, Speicherung u/o Freisetzung von Noradrenalin. Durch die verminderte Transmitterkonzentration an den Adrenozeptoren nehmen Herzzeitvolumen und peripherer Gefäßwiderstand ab. Antisympathotonika weisen hohe Nebenwirkungen auf und werden bei besonderer Indikation (z .B. a.-Methyl-Dopa in der Schwangerschaft) oder bei therapieresistenter Hypertonie eingesetzt.

2.7.2 -

außer Handel

orale Gabe, gut ZNS-gängig lange Wirkdauer, da Wirkungsbeendigung erst durch Transmitterneusynthese frühere Anwendung: arterielle Hypertonie (Kombinationstherapie) heute obsolet und außer Handel wegen kardiovaskulärer NW (orthostatische Dysregulation, Nä•-und Wasserretention , Ödeme) und zentraler NW (u.a. depressionsfördernd mit erhöhter Suizidgefahr)

2.7.3 -

Reserpin

Alpha-Methyl-Dopa

Presinol®

Bioverfügbarkeit variiert (durchschnittlich~ 25% bei oraler Gabe)

WIRKUNG: - analog L-Dopa wird a -Methyldopa decarboxyliert (Dopa-Decarboxylase) zu a -Methyldopamin und weiter hydroxyliert (Dopamin-ß-hydroxylase) zu a-Methylnoradrenalin, einem ,.falschen Neurotransmitter" - Synthese, Speicherung, Freisetzung und Wiederaufnahme des a-Methyl-Noradrenalin entsprechen dem Noradrenalin (NA); a-Methyl-NA wird jedoch nicht durch die Monoaminooxydase (MAO) desaminiert. Im ZNS synthetisiertes a -Methylnoradrenalin (nicht liguorgängig) stimuliert zentrale a g-Rezeptoren und erhöht dadurch die Empfindlichkeit des Barorezeptorenreflexes (reflektorische Senkung des Sympathotonus bei Stimulation peripherer Barorezeptoren) => peripherer Gefäßwiderstand -l.-.J.., Herzzeitvolumen -1,. => Blutdrucksenkung

1

1

NEBENWIRKUNG: - orthostatische Dysregulation - ausgeprägte Na+- und Wasserretention mit Reduktion der antihypertensiven Wirkung (Kombination mit Diuretika sinnvoll) - häufig Müdigkeit, Sedation, bis hin zu Depressionen - leichter Parkinsonismus ("falscher Transmitter" im ZNS) - Libido- und Potenzstörungen; vermehrte Prolaktinausschüttung - Autoimmunreaktionen: positiver Coombs-Test, hämolytische Anämie, Fieber INDIKATION: - Kombinationstherapie der Hypertonie - chronischer Schwangerschaftshochdruck (orale Gabe) KONTRAINDIKATION: - Phäochromozytom, Depressionen, akute Lebererkrankung Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

14 1

INTERAKTION: - blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Nitrate, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, Alkohol , Narkotika) => additive RR-Senkung

-

Substanzen mit sedierender Wirkung, Alkohol => additive Sedierung MAO-Hemmer => RR-Anstieg, Kopfschmerzen, Halluzinationen tricyclische Antidepressiva => RR-Senkung abgeschwächt L-Dopa => toxische ZNS-Effekte, Parkinson-Symptome

Methyldopa Presinol® (Tbl 125 mg, 250 mg, 500 mg)

Weitere Präparate: Dopegyt®, Methyldopa

1 1 1 1 1 1 1

Schwangerschaftshypertonie; arterielle Hypertonie (v.a. als Kombinationspartner): Anf-Dosis 1-3 x 125 mg, Erhalt-Dosis 2-3 x 250 mg. Erhalt-Dosis bei Schwangerschaftshypertonie: 250-2000 mg/d. DosNI: Dosisreduktion bei deutlicher Niereninsuffizienz Dosll: kontraindiziert bei aktiver Lebererkrankung Grav: Mittel der Wahl bei Schwangerschaftshypertonie (strenge Indikationsstellung)

2.7.4 -

Clonidin

Catapresan® Paracefan®

orale und parenterale Applikation; HWZ 8-11 h Paracefan® (i.v.) in der lntensivmedizin bei sympathoadrenerger Hyperaktivität (Tremor, Tachykardie, Unruhe, Tachypnoe) im Rahmen des akuten Entzugs (Alkohol); initial langsamer Bolus, dann Dauergabe; EKG-Monitor!

WIRKUNG: - Stimulation zentraler postsynaptischer a 2-Rezeptoren => Senkung des Sympathotonus - Stimulation von lmidazolrezeptoren => systemischer Gefäßwiderstand nimmt ab



- ferner Stimulierung peripherer präsynaptischer a2-Rezeptoren; verminderte Reninfreisetzung mit nur geringer Gegenregulation durch Na+- und Wasserretention

=> Abnahme von HZV und peripherem Gefäßwiderstand => Blutdrucksenkung Neben dem antihypertensiven Effekt wirkt Clonidin sedativ. Daher wird Clonidin als Adjuvanz bei der Analgosedation von lntensivpatienten eingesetzt(=> Dosisreduktion von Analgetika und Sedativa).

NEBENWIRKUNG: - selten ausgeprägte Bradykardie (Senkung des Sympathotonus) - schwere Hypertonie als Rebound-Phänomen nach plötzlichem Regulation" der Rezeptoren)=> Ausschleichen 1

Absetzen

("Up-



Rebound-Hypertonie nach abruptem Absetzen

- v.a. nach schneller i.v.-lnjektion initialer Blutdruckanstieg durch Stimulation peripherer postsynaptischer a1-Rezeptoren möglich - zentral dämpfend: Müdigkeit, Sedierung (relativ häufig) - Mundtrockenheit, Obstipation, verminderte Speichel- und Magensaftsekretion infolge verminderter Acetylcholinfreisetzung (Stimulation präsynaptischer a2-Rezeptoren an cholinergen Neuronen)

- Potenzstörungen

INDIKATION: - Kombinationstherapie der Hypertonie (p.o.), hypertensive Krise (i.v.) - Adjuvans zur Sedation und bei Entzug: - Analgosedation von lntensivpatienten (c:> 6.6.2, 6.6.3) Dämpfung der sympatho- Entzug bei Opioidabhängigen (7.2.4.1 .Besonderheiten") mimetischen Symptomatik - Delirium tremens bei Alkoholentzug (c:> 12.1.11) Anwendung bei der Analgosedation von lntensivpatienten: zur Basissedierung , zur Therapie sympatho-adrenerger Aufwachreaktionen, zur Prophylaxe und Therapie von Entzugssymptomen nach Langzeitanalgosedierung oder bei vorbestehendem Alkoholabusus.

KONTRAINDIKATION : - Siek-Sinus-Syndrom, Bradykardie INTERAKTION: blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Nitrate, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, Alkohol , Narkotika) => additive RR-Senkung Arzneistoffltste IMPP

1 ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

142

alle Substanzen mit sedierender Wirkung wie Alkohol, ältere Antihistaminika, Barbiturate, Benzodiazepine, Hypnotika, Narkotika, Antidepressiva, Neuroleptika, Opioide => additive Sedierung trizyklische Antidepressiva => verminderte RR-Senkung

NSAI D => Hemmung Prostaglandinsynthese, Na...- und Wasserretention => verminderte RR-Senkung Betablocker, Digitalis => Bradykardien, AV-Block Betablocker nach vorherigem Absetzen von Clonidin => Reboundhypertonie durch Stimulation von alpha-Rezeptoren => Empfehlung: zuerst Ausschleichen des Betablockers, dann Ausschleichen von Clonidin

BESONDERHEIT: lmidazolrezeptoren: nach neuen Erkenntnissen wird der blutdrucksenkende Effekt von Clonidin zu einem wesentlichen Teil über lmidazolrezeptoren vermittelt. Die sedierenden, anticholinergen Effekte werden als überwiegend a2-Rezeptor-vermittelt angesehen. Intoxikation: die Clonidinvergiftung weist eine Kreislaufdepression mit Hypotension, Schock und Bradykardie auf. Initialer Blutdruckanstieg möglich (vermutlich durch Stimulation post-synaptischer a1-Rezeptoren). Die schwere Clonidinvergiftung ähnelt mit den Leitsymptomen Miosis, Atemdepression und Koma einer Opioidintoxikation (~ 20.3.12 „Anmerkung").

Catapresan® (Tbl 75 ~19 , 150 ~19, 300 ~19) (Amp 0,150 mg) Catapresan® Depot Perlongetten (Ret-Kpsl 250 ~19) Weitere Präparate: Cloni. .. , Clonidin

Paracefan® (Tabl 0,1 mg) (Amp 1 ml = 0,15 mg) (Amp 5 ml = 0,75 mg)

2.7.5

Catapresan® p.o.: arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 2 x 37,5 - 75 µg, bei Bedarf Steigerung über 2 x 150 ~19 bis auf 2 x 300 µg. Max-Dosis 3 x 300 µg. Beachte: langsame Dosissteigerung (nach 2-4 Wochen). Übliche Tagesdosen zumeist zwischen 0,075 und 0,60 mg. Max-Dosis oral und parenteral 0,9 (-1 ,2 mg/d). i.v.: hypertensive Krise: 0,075 mg s.c oder i.m.; i.v. nur verdünnt mit sehr langsamer Gabe (10 min); Max-Dosis 4 x0,150 mg/d DosNI: Dosisreduktion, bei Prädialyse oft 0,300 mg/d ausreichend Grav: kontraindiziert Still : kontraindiziert Paracefan® Beschwerden bei akutem Opiatentzug: p.o. : initial 3 x 0, 1 mg, in Abhängigkeit der Kreislaufparameter bis auf 0,8 mg/d (in 4-6 Einzelgaben) steigern ; Max-Dosis 0,9-1,2 mg/d; Anwendung auf Dauer des Entzugs beschränkt: Heroin 4-7 d, Methadon bis 14 d, ausschleichen: um je 1/3 reduzieren und innerhalb von 3 d absetzen i.v.: initial 0,15-0,6 mg (in Einzelfällen bis 0,9 mg) über 10-15 min i.v., dann ErhaltDosis von im Mittel 1,8 mg/d (0,3-4 mg/d) mit Gabe über Perfusor DosNI: Dosisreduktion Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert

Moxonidin

Physiotens®

CHARAKTERISTIKA: mit Clonidin strukturverwandtes nebenwirkungsärmeres Antihypertensivum - agonistischer Effekt an den lmidazolrezeptoren vermittelt die Blutdrucksenkung Moxonidin bindet im ZNS (Hirnstamm ) selektiv an lmidazol-(1 1)-Rezeptoren => Sympathikusaktivität .J.. => Gefäßwiderstand .J.. => RR .J..; im Vergleich zu anderen Antisympathotonika nur geringe Affinität zu zentralen arRezeptoren (cx.rlnteraktionen führen zu Sedation und Mundtrockenheit).

Gabe 1 x/d, langsame Dosissteigerung, beim Absetzen ausschleichen im Gegensatz zu Clonidin bleibt das Herzzeitvolumen weitgehend unverändert; kontraindiziert bei AV-Block >1 °, Müdigkeit und Mundtrockenheit seltener als bei Clonidin IND: Kombinationstherapie der Hypertonie WW: blutdrucksenkende Pharmaka (Antihypertensiva, Betablocker, Diuretika, Nitrate, Vasodilatatoren, Barbiturate, Phenothiazine, Alkohol, Narkotika)=> additive RR-Senkung

Substanzen mit sedierender Wirkung, Alkohol => additive Sedierung Kombi mit Betablocker => bei Therapieabbruch zuerst Betablocker absetzen, im Intervall Moxonidin Moxonidin Physiotens®

Arterielle Hypertonie: Anf-Dosis 1 x 0,2 mg, nach frühestens Dosissteigerung; Erhalt-Dosis 0,2-0,4 mg/d, Max-Dosis 0,6 mg/d

(Tbl 0,2 mg, 0,3 mg,

0.4 mg) Weitere Präparate: Moxo .. . , Moxonidin

Kdr, Jugdli < 16 J: kontraindiziert (unzureichende Erfahrungen) DosNI: bei GFR 30-60 ml/min: max Einzeldosis 0,2 mg, Max-Dosis 0,4 mg/d; kontraindiziert bei schwerer Niereninsuffizienz (Krea > 1,8 mg/dl bzw. Krea-CI < 30 ml/min) Grav: kontraindiziert ~ Grav 4 Still: kontraindiziert ~ Still 2

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2. 8

143

Digitalis ==== Herzglykoside ~ Na+/K+-ATPase-lnhibitoren

[!] -,[!] 1

• a;;-aJN"',,uf""'

■ ..-Jlj~

2.8.1

Einführung - Übersicht

Die Herzglykoside sind historisch gesehen das Pharmakon in der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz. Ein großer Nachteil jedoch ist die geringe therapeutische Breite, die nur das 1.5-3fache der therapeutischen Dosis beträgt. Die Indikation ist im Vergleich zu frü her stark eingeengt. Herzglykoside sind Verbindungen pflanzlicher Herkunft (u.a. in Digitalis purpurea, lanata, lutea: roter, wolliger und gelber Fingerhut). Das früher verwendete Strophantin hat keine klinische Bedeutung mehr.

Resorotion Proteinbinduna renale Efjmination Wirkbeginn iv (min) oral (h) Wirkmaximum iv (min) oral (h) Täaliche Abklinaauote Eliminations-HWZ (d)

Digoxin Lanicor® 70-80 % 25% 70-80 %

ß-Acetyldigoxin Novodiaal® 80% 25% 70-80 %

ß-Methyldii oxin Lanitoo 90% 25% 70-80 %

Digitoxin Digimerck'!l bis 100 % 95-97 % 60%

15-30 2-3

5-20 2-3

5-20

25-125 3-4

90-180 5-7 20% 1.5-2

30-120 5-7 20% 1.5-2

30-120

4-12 h 7-12 7% 7-9

20% 2.0-2.3

1

Tab. 2.29: Übersicht der Herzglykoside. Individuelle Dosierung der Herzglykoside. Beurteilung des Effekts anhand der Klinik. Herzglykoside unterscheiden sich in der Pharmakokinetik, aber nicht in der Pharmakodynamik.

1

Zur Therapieüberwachung oder bei V.a. Digitalisüberdosierung sind Bestimmungen des Serumspiegels hilfreich. Therapeutische Plasmakonzentration: Digoxin: 0.5-0.8 ng/ml bei Herzinsuffizienz, zuvor generell 0,8-2.0 ng/ml (s.u. ). Digitoxin: keine Angabe bei Herzinsuffizienz, bislang generell 9-30 ng/ml (s.u. ) Die bisherigen „therapeutischen" Plasmakonzentrationen sind zumindest bei Herzinsuffizienz zu hoch (Übersterblichkeit unter Digoxinspiegeln von > 1,2 ng/ml bei Herzinsuffizienz). (~ 2.15.6.4)

2.8.2

Digoxin und Derivate

EIGENSCHAFTEN: - Acetyldigoxin/Methyldigoxin: durch Einführung lipophiler Gruppen gesteigerte Resorption - rascher Wirkungseintritt der Digoxin-Derivate bei i.v.-Gabe - überwiegend unveränderte renale Elimination => Kumulation bei Niereninsuffizienz

2.8.3



Digitoxin

EIGENSCHAFTEN: - Digitoxin ist lipophiler als Digoxin und unterscheidet sich daher erheblich in den pharmakokinetischen Eigenschaften - langsamer Wirkungseintritt, daher in Akutsituationen auch i.v. wenig sinnvoll - geringe Abklingquote bedingt eine protrahierte Wirkung: erhöhte Kumulationsneigung - Ausscheidung erfolgt renal und biliär (enterohepatischer Kreislauf) - hepatische Metabolisierung und biliäre Ausscheidung können bei Niereninsuffizienz kompensatorisch zunehmen: keine Dosisanpassung erforderlich , da die Elimination konstant bleibt => bevorzugte Anwendung bei Niereninsuffizienz Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

144

2.8.4

1

Digitaliseffekte

WIRKMECHANISMUS: - Hemmung der Na+-K+-ATPase => positiv inotrop (ohne Toleranzantwicklung oder Wirkungsabschwächung bei Dauergabe) Bindung von Herzglykosiden an die a-Untereinheit der Na+-K+-abhängigen ATPase und Blockade des Na+-K+-Transports. Durch das intrazellulär erhöhte Natrium wird der Na+/Ca 2+Antiport (Na+/Ca 2+-Austauscher: 3 Na+ gegen 1 Ca2\ Energiequelle ist der elektrochemische Na+-Gradient) gehemmt. Der intrazelluläre Ca2+-Gehalt nimmt zu und führt seinerseits zu einer gesteigerten Ca2+-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. Die erhöhte intrazelluläre Ca2+-Konzentration verstärkt die elektromechani-sche Kopplung => erhöhte kardiale Kontraktilität ~ positiv inotrop. Durch die Hemmung der Na+-K+-ATPase wird der Kaliumeinstrom gehemmt => intrazelluläre Kaliumkonzentration ,J,_ Bei Digitalisintoxikationen kann daher das Serumkalium ansteigen.

3 Na+

2

Ca2+

1/

Mvofitamente

c ~ 2+ ca2' Ca

sarkoplasmatisches Retikulum

Abb. 2.23: Wirkmechanismus der Herzglykoside (Wirkmechanismen anderer positiv inotroper Pharmaka~ 2.15.4).

Herzglykoside wirken positiv inotrop durch eine mechanischen Kopplung am Herz.

Verbesserung

der elektro-

Zusammenhang Herzglykoside - Kalium - Calcium Die Bindung der Herzglykoside an die Na+-K+-ATPase wird durch extrazelluläres Kalium gehemmt=> je höher das Serumkalium, desto geringer ist die Affinität der Herzglykoside zur Na+ -K+-ATPase. 2 Umgekehrt erhöht Ca + die Empfindlichkeit gegenüber Herzglykosiden.

1

K+ hemmt die Digitaliswirkung, Ca2+ fördert die Wirkung der Herzglykoside. Die Kombi-nation von Hypokaliämie und Hypercalcämie erhöht die Digitalistoxizität am stärksten. Klinische Bedeutung bei Überdosierung/Intoxikation: (a) Anhebung des Serumkaliumspiegels in den oberen Normbereich, (b) keine Gabe von Calcium

■ ■

WIRKUNG: positiv inotrop: Steigerung der Kontraktilität durch Zunahme von Kontraktionskraft und Kontraktionsgeschwindigkeit negativ chronotrop: Abnahme der Herzfrequenz (bei Herzinsuffizienz) durch Erhöhung des Vagotonus und reflektorische Senkung des Sympathotonus. Ursache: verbesserte Zirkulation Bei Zuständen mit erhöhtem Sympathotonus (Fieber, Hyperthyreose, dekompensierte Herzinsuffizienz), die mit Sinustachykardie oder supraventrikulären Tachykardien einhergehen, besteht ein vermindertes Ansprechen auf Herzglykoside.



1 ■

negativ dromotrop: Hemmung der AV-Überleitung durch verlangsamte Überleitungsgeschwindigkeit; EKG: PO-Verlängerung Erwünschter Effekt bei der Therapie von tachykard übergeleitetem Vorhofflimmern (Tachyarrhythmie), unerwünscht bei Sinusrhythmus, da höhergradige AV-Blockierungen möglich. - gesteigerte Erregbarkeit durch Abnahme der Refraktärzeit in Vorhof- und Ventrikelmyokard (beschleunigte Repolarisation); EKG: QT-Verkürzung Zunahme der Ektopie=> Herzrhythmusstörungen, v.a. ventrikulär früherer Terminus: positiv bathmotrop (~ 2.1.1) ;::; gesteigerte Erregbarkeit durch gesenkte Reizschwelle

weitere Digitalis-induzierte EKG-Veränderungen: Abflachung oder Negativierung der T-Welle

muldenförmige

Senkung

der

ST-Strecke,

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

145

NEBENWIRKUNG/INTOXIKATION: - kardial : Herzrhythmusstörungen Ueder Art): Durch die negativ dromotrope Wirkung sind



bradykarde, durch die Zunahme von Erregbarkeit (vermindertes Ruhepotential) und ektoper Erregungsbildung sind tachykarde Herzrhythmusstörungen möglich. Mögliche Herzrhythmusstörungen sind: - Schenkelblock - AV-Block 1.-111. Grad, selten Sinusbradykardie, Asystolie - selten supraventrikuläre HRST: SVES, supraventrikuläre Tachykardien - häufig ventrikuläre HRST: VES. Bigemini. ventrikuläre Tachykardien bis zum Kammerflimmern. Tod meist durch Kammerflimmern, seltener durch Asystolie.

Typisch für eine Digitalisintoxikation ist die Kombination von VES mit AV-Blockierungen.

1

- gastrointestinale Beschwerden: Übelkeit, Erbrechen , Diarrhoe, Bauchschmerzen (durch Reizung der chemorezeptiven Triggerzone in der medulla oblongata) - neurotoxische Störungen: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Seh- und Farbsehstörungen (Gelbgrünsehen), psychotische Symptome bis hin zu Halluzinationen, Delir, Krämpfe, Bewußtseinsstörungen und Koma INDIKATION: - chronische Herzinsuffizienz: bei gleichzeitigem Vorhofflimmern frühzeitig ~ 2.15.6.8, 2.15.6.11 (gewünschter Effekt: negativ dromotrop ). Reservepräparat bei Sinusrhythmus (gewünschter Effekt: positiv inotrop) ~ 2.15.6.8 - Tachyarrhythmie bei Vorhofflattern/Vorhofflimmern (gewünschter Effekt: negativ dromotrop ~ Bremsung der AV-Überleitung) ~ 2.11.2.4.3

- ferner: paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie (gewünschter Effekt: negativ dromotrop)

~

2.11.2.2, 2.11.2.3

Die therapeutische Breite ist gering, die Anwendung ist beschränkt auf die Frequenznormalisierung bei Vorhofflimmern und die chronische Herzinsuffizienz (v.a. bei gleichzeitigem Vorhofflimmern).

KONTRAINDIKATION : - Siek-Sinus-Syndrom. Karotissinussyndrom (Gefahr schwerer Bradykardien) - AV-Block II. und III.Grades - WPW-Syndrom - höhergradige Elektrolytstörungen: schwere Hypokaliämie, Hypercalcämie - komplexe ventrikuläre HRST: Kammertachykardie :::; ventrikuläre Tachykardie (VT) - hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie :::; HOCM INTERAKTION (Auswahl): - Calciumsalze i.v. => erhöhte Digitalistoxizität - K+- oder Mg 2+-Verluste: kaliumausscheidende Diuretika, Laxantien, Amphotericin B, Glukokortikoide, Penicillin, Salicylate => verstärkte Digitaliseffekte Digitoxin Digimerck® (Tbl 0,05 mg, 0,07 mg, 0,1 mg) (Amp 0, 1 mg, 0,25 mg)

Herzinsuffizienz, Tachyarrhythmie: generell: tägliche Erhalt-Dosis 0,001 mg (= 1 µg) pro kg i.v.: (mittelschnelle Sättigung) 1. Tag: 1-2 x 0,25 mg i.v.; 2. Tag: 1 x 0,25 mg i.v.; 3. Tag: 1 x 0,25 mg i.v.; ab 4 Tag Erhalt-Dosis 0,07-0,10 mg/d p.o. oder i.v.

DosNI: keine generelle Dosisreduktion Gedoch bei kombinierter schwerer Leber- und Niereninsuffizienz niedrigdosierte Gabe (0,05 oder 0,07 mg) Dosll: keine generelle Dosisreduktion Grav: strenge Indikationsstellung Still: strenge Indikationsstellung

2.8.7 2.8.8

Digitalis-Intoxikation Digitalis-Antitoxin

1



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

146

2.9

Gerinnungsaktive Substanzen Grundlagen Gerinnung

2 .9.1 2.9.1.1

Primäre Blutstillung PAF

Thrombin

ADP

Thromboxan A2 :::: TXA2 Adrenalin

'' ' .... .... ........' ' '4 ' ~

Vasopressin

Serotonin c::: 5-HT

- -....

' A-

Kollagen

P2Y\

inaktiv

Thrombozy,_;t_ __ _ ___

!TP

TXA2

ADP

Thrombozyt NO

PGl2

~

✓ -

NOS

...

.............__

-

-

GP lla

cox

/ " ....


Thrombozytenadhäsion => Thrombozytenaggregation

Thromboyzten verstärken ihre Aktivierung durch: (1) Freisetzung von Adenosindiphosphat (ADP) aus thrombozytären Granula => Aktivierung der purinen Rezeptoren P2Y1 und P2Y12, (2) Cyclooxygenase (COX)-abhängige Thromboxansynthese (TXA2) => Aktivierung von Thromboxanrezeptoren (TP). Eine Hemmung der Thrombozytenfunktion erfolgt durch endotheliale Mediatoren: durch die NOSynthetase (NOS) gebildetes Stickstoffmonoxid (NO) und durch COX-abhängig gebildetes Prostacyclin (PGl2) wird die Thrombozytenfunktion inhibiert. Beachte die Bedeutung der Cyclooxygenase (COX): COX bildet in Thrombozyten Thromboxan A2 und in intakten Endothelzellen den Gegenspieler Prostacyclin: - Thromboxan A2::::: TXA2 (in Thrombozyten)=> Thrombozytenaggregation, Vasokonstriktion - Prostacyclin ~ PGl2 (in Endothelzellen) => Aggregationshemmung, Vasodilatation Primäre Blutstillung ::::: Vasokonstriktion und Bildung eines Plättchenthrombus innerhalb von Sekunden.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

147

Sekundäre Blutstillung

2.9.1.2

Die Aktivierung der Gerinnungskaskade erfolgt durch eine langsame endogen Aktivierung (lntrinsic-System) infolge Kontaktaktivierung durch Endothelschäden oder eine schnelle exogene Aktivierung (Extrinsic-System) infolge Gewebsverletzung. In dem kaskadenartigen Ablauf sind zu unterscheiden: 1. Bildung eines Prothrombinaküvators 2. Thrombinbildung 3. Fibrinbildung: Fibrinmonomere polymerisieren spontan und werden durch Faktor Xllla zum Fibrinpfropf stabilisiert.

lntrinsic-System: Kontaktaktivierung (Fremdoberfläche) Faktor XII

HMWK

Extri nsic-System: Gewebeverletzung

~ ♦

Xlla

t

Präkallikrein

Xla

VII

IXa

tissue factor

t

..

VIiia Xa + Va + Ca2++ PI

Fibrinogen

(Prothrombinaktivator)



Prothrombin

Thrombin

Fibrin monomere

~

Gerinnung

Fibrin polymere

~ stabilisiertes Fibrin unlöslich

Plasminogen

Fibrinolyse

t

Plasmin

PlasminogenAktivatoren

Fibrinspaltprodukte löslich

Abb. 2.26: Gerinnungskaskade und Fibrinolysesystem. HMWK ~ high molecular weight kininogen , a ~ aktivierte Faktoren, PI ~ Phospholipide Tissue factor (Gewebefaktor) ist ein transmembranöses Glykoprotein, das von glatten Gefäßmuskelzellen und Fibroblasten konstitutiv exprimiert wird. Tissue factor wird durch zahlreiche andere Zellen (u.a. Monozyten) und Gewebe (u.a. Lunge, Plazenta) exprimiert und ist nicht nur an der Gerinnung, sondern auch an lnflammation, Apoptose und Zellmigration beteiligt. Die Gerinnung wird initiert, wenn Tissue factor an zirkulierenden Faktor Vlla bindet und dadurch die Faktoren IX und X aktiviert. Der aktivierte Faktor X aktiviert eine geringe Menge Prothrombin (F II) zu Thrombin (F lla). Thrombin hat eine zentrale Rolle: (1) Bildung von Fibrin, zudem Quervernetzung der Fibrinstränge durch Aktivierung von Faktor XIII (2) Verstärkung der Gerinnungskaskade duch Aktivierung der Faktoren V, VIII , XI und XIII (3) Thromboyzenaktivierung (4) antikoagulatorisch durch Bindung an endotheliales Thrombomodulin und nachfolgender Aktivierung des physiologischen Gerinnungsinhibitors Protein C. 1

Sekundäre Blutsüllung ~ Aktivierung der Blutgerinnung mit Fibrinbildung innerhalb von Minuten.

Primäre und sekundäre Blutstillung sind miteinander verflochten: - aktivierte Plättchen stimulieren die Blutgerinnung - Thrombin stimuliert die Plättchenaggregation

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

148

thrombozytäre Gerinnung

plasmatische Gerinnung

Endothelläsion Aktivierung von Faktor VII

Plättchenadhäsion

Prothrombin

.. .

Plättchenaktivierung ...

. .

~

.



wenig Thrombin

I

Fibrinogen ••

~ :'_i~!-~~-r~'!!~!~• ~

Thrombin

...................................

.... • =

Prothrombin

Plättchenaggregation fibrinreicher Plättchenthrombus Abb. 2.27: thrombozytäre und plasmatische Gerinnungsaktivierung nach Endothelläsion. Während der Thrombozytenadhäsion und Thrombozytenaktivierung werden geringe Mengen Thrombin freigesetzt, wodurch weitere Thrombozyten aktiviert werden. Auf aktivierten Thrombozyten wird die Thrombinbildung katalysiert, das nun in größerer Menge vorliegt und die Fibrinbildung induziert. Beachte: eine Endothelläsion führt zu einer Aktivierung der thrombozytären und plasmatischen Gerinnung. Deshalb ist beim akuten Koronarsyndrom eine Kombination von antithrombozytären plus antikoagulatorischen Substanzen indiziert.

Gerinnung - Zell-basiertes Modell Die bisherige strenge Trennung zwischen zellulärer (Endothel, Thrombozyten) und plasmatischer (Gerinnungsfaktoren) Gerinnung und damit primärer und sekundärer Hämostase ist sehr theoretisch und v.a. für didaktische Zwecke und zum Verständnis der Analytik sinnvoll. Das neue Zell-basierte Modell der Gerinnung gibt den Ablauf der Gerinnung und die komplexen Wechselwirkungen besser wieder als die klassische Gerinnungskaskade und ist durch 3 Phasen charakterisiert: - Initiierung: nach einer Verletzung kommen TF (tissue factor)-tragende Zellen (z.B. Fibroblasten) mit Plasma in Kontakt. Faktor VII bindet an TF und wird aktiviert. Auf der Oberfläche dieser Zellen kommt es dann zur Aktivierung von Faktor X und IX sowie V. Somit können kleine Mengen von Thrombin gebildet werden.

X IX

Start

- Amplifikation: die kleinen Thrombinmengen verstärken die bereits eingesetzte Adhäsion und Aktivierung von Thrombozyten. Auf der Thrombozytenoberfläche werden die Faktoren V, VIII und XI aktiviert. Damit sind die Voraussetzungen für prokoagulatorische Komplexbildung und Thrombinbildung geschaffen.

- Propagation: auf der Thrombozytenoberfläche werden nach Aktivierung durch Tenase und Prothrombinase nun große Mengen Thrombin (,,Thrombinburst") gebildet. Dieser Vorgang findet auf den Thrombozyten statt und ist somit streng lokalisiert und sehr effizient.

----+ ►

X

IX

V

va ___

IXa

C.~xa _

t IXa

IXa -••

Thrombozyt

Va aktivierter Thrombozyt

X

r:: IXa .J

Abb. 2.27 a-c

~Xa Va aktivierter Thrombozyt ~V"V

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

149 Fibrinogen

Fibrin

IX

~

---+

V

IXa

IX

t

+

tart der Gerinnung

Va

IXa

I t::~~ Va X

aktivierter Thrombozyt

IXa

Thrombozyt

Abb. 2.27d: Übersicht des Zell-basierten Modells der Gerinnung.

Inhibitoren der Gerinnung Kontaktaktivierung

+

Gewebeverletzung

t

0- - - - - - - - ,

Xlla, Xla

1

IXa

1 1

! VIiia selektive Faktor Xalnhibitoren: Fondaparinux, Apixaban , Edoxaban, Rivroxaban

Prothrombin

VII

tissue factor

X

-

l Fibrinogen

Xa Va



direkte Thrombininhibitoren: Argatroban, Bivalirudin, Dabigatran, Hirudin, (Lepirudin)

Thrombin (F II) Fibrin

Abb. 2.28: Wirkmechanismen von Antikoagulanzien. Cumarine sind funktionelle Vitamin K-Antagonisten (VKA) und hemmen die Synthese der Vitamin K abhängigen Gerinnungsfaktoren IX, X, VII, II (Merke: "1972") Hauptmechanismus von unfraktioniertem Heparin (UFH) ist die Hemmung von Thrombin (Faktor II) und aktivierten Faktor X (FXa): die Anti-Xa-Aktivität ist gleich stark wie die AntiThrombin-Aktivität (Quotient = 1,0). Dagegen ist bei niedermolekularen Heparinen (NMH) die Anti-Xa-Aktivität deutlich stärker (Quotient definitionsgemäß > 1,5). Bei Danaparoid besteht eine noch höhere Anti-Xa-Selektivität (Quotient > 22). Direkte Thrombininhibitoren binden selbst an das aktive Zentrum von Thrombin (Heparine aktivieren Antithrombin, das wiederum an Thrombin bindet) und können nicht nur freies, sondern auch fibringebundenes Thrombin inaktivieren. Zudem haben direkte Thrombin-inhibitoren wegen ihrer völlig anderen chemischen Struktur (so gut wie) kein HIT-II-Risiko. Parenterale direkte Thrombininhibitoren sind Argatroban und Bivalirudin (Lepirudin außer Handel), orales Präparat ist Dabigatran (zählt zu NOAKs "' neue orale Antikoagulantien "' nicht-VKA orale Antikoagulantien).

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

150

Direkte Faktor Xa-lnhibitoren hemmen freien FXa, aber - im Gegensatz zu Heparinen - auch FXa , der als Bestandteil des Prothrombinase-Komplexes an Thrombozyten gebunden ist. Wichtig für die antithrombotische Wirkung der direkten Faktor Xa-lnhibitoren ist zudem die Hemmung von an Fibrin gebundenen FXa. Fondaparinux ist ein parenteraler Faktor Xalnhibitor. Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban sind orale Faktor Xa-lnhibitoren, sog. NOAKs. Bei den Antikoagulatien besteht ein Trend weg von der unselektiven Hemmung mehrerer Gerinnungsfaktoren hin zur selektiven Inhibition einzelner Faktoren wie Faktor Xa oder Faktor II (Thrombin). Die neuen selektiven Antikoagulantien zeichnen sich durch geringere Blutungskomplikationen aus (,,Blutung erhöht die Sterblichkeit").



1

Physiologische Inhibitoren der Gerinnung sind Antithrombin III, Protein C und Protein S. Antithrombin III (AT III) wird in der Leber gebildet und hemmt Thrombin, Xa, IXa, Xla, Xlla. Durch Bindung von Heparin wird die AT-III-Wirkung potenziert. Thrombin bindet an endotheliales Thrombmodulin und aktiviert dadurch Protein C (eine Vitamin K-abhängige Protease), das antikoagulatorisch durch Hemmung von FVI l la und FVa wirkt. Protein S verstärkt die Protein C-Funktion.

Grundlagen Fibrinolyse

2.9.2 extrinsisch .c (.)

-:::=

gewebeständig

Plasminogen

Plasminogen a 2-Antiplasmin

(J)

·-0 )

-00 (J)

>.c

intrinsisch :::: zirkulierend

GewebePlasminogen- ~ Aktivator (t-PA)

ProUrokinase

0.

Plasmin

m

rt-PA r-PA '

C

Q) 0)

0 X

SK-PlasminogenKomplex

Q)

Streptokinase

B

1 ◄

0 Plasminogen

1

TNK

.1

Urokinase 1

Tranexamsäure s-Aminocapronsäure

Abb. 2.29: Aktivierungswege des Fibrinolysesystems. Gerinnung und Fibrinolyse stehen in einem Gleichgewicht, das durch Aktivatoren und Inhibitoren beider Systeme aufrechterhalten wird. Plasminogen wird zu Plasmin aktiviert und kann in dieser Form quervernetztes Fibrin abbauen. Die physiologische Plasminogenaktivierung erfolgt durch ein intrinsisches ~ zirkulierendes System (Urokinase) und ein extrinsisches ~ gewebeständiges System (tPA). Eine exogene ~ zusätzliche Plasminogenaktivierung ist durch Streptokinase, rt-PA, r-PA, TNK und Urokinase möglich. Das Fibrinolysesystem wird durch unterschiedliche Inhibitoren kontrolliert: a 2 -Antiplasmin neutralisiert rasch frei zirkulierendes Plasmin, ein weiterer Plasmininhibitor ist a 2 -Makroglobulin. Die Plasminogen-Aktivator-lnhibitoren 1 und 2 (PAI 1, PAI 2) hemmen die Plasminogenaktivatoren (r)t-PA und u-PA, TNK ist resistent gegenüber PAI. Therapeutische Anwendung findet das Antifibrinolytikum Tranexamsäure bei lebensbedrohlichen Blutungen unter fibrinolytischer Therapie.

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

151

Inhibitoren der Fibrinolyse Inhibitor .s::

1

0

·-

1/l (J 1/)

>,.·.S:: Cl

Charakteristika

Antiplasmin

-

PAl-1

- PAI "" Plasminogen-Aktivator-lnhibitor -

a..2

Aprotinin Trasylol®

-

-

C: Cl)

-

e-Aminocapronsäure

0' 0

Tranexamsäure >< Cl) Generikum

-

-

-

Neutralisierung von freiem Plasmin Hemmung von Plasminogenaktivatoren (t-PA, u-PA) in Endothelzellen und Thrombozvten aebildet Proteaseninhibitor: Hemmung von Kallikreinen , Trypsin , Chymotryp-sin, Plasmin, einigen Plasminogenaktivatoren in Kardiochirurgie zwecks Verminderung des Blutverlustes, Nutzen umstritten, da zwischenzeitlich außer Handel wegen Hinweisen auf erhöhte Morbidität und Mortalität (BART-Studie: NEJM 358 (2008): 2319-2331) zudem lokale Anwendung als Bestandteil von Fibrinkleber rascher Wirkunaseintritt, da Hemmuna der Plasminwirkuna Antifibrinolytikum: Blockade der Plasminbildung durch Hemmung der proteolytischen Aktivität der Plasminogenaktivatoren keine theraoeutische Bedeutuna Antifibrinolytikum: Blockade der Plasm inbildung durch Hemmung der proteolytischen Aktivität der Plasminogenaktivatore n etwa 10-fache antifibrinolytische Aktivität wie s-Aminocapronsäu re verzögerter Wirkungseintritt, da Hemmung der Plasmin bildung (u nd noch intaktes PJasmin zur Verfügung steht) IND: A ntidot zur Unterbrechung der fibrinolytisch en Therapie (bei lebensbedroh lichen Blutungen); Prophylaxe und Therapie von Blutungen infolge generalisierter oder lokaler Hyperfibrinolyse incl. lebensbedroh licher (traumainduzierter} Blutungen auch Nutzen bei schweren Blutungen (nach Trauma) CRASH-2: Tranexamsäure (1 g über 10 min, dann 1 g über 8 h) versus Placebo bei Traumapatienten mit Blutung. Nach 4 Wochen signifikant gesenkte Gesamtsterblichkeit unter Tranexamsäure (14,5 % versus 16,0%) bei signifikant gesenktem Risiko an einer Blutung zu versterben (4,9 % versus 5,7 %). n = 20211 (Lancet 376 (2010): 23-32) KI: akute Thrombembolien, massive Blutung aus oberem Harntrakt (speziell bei Hämophilie), disseminierte intravasale Koagulation (DIC) bei Sepsis

Tab. 2.31 Tranexamsäure Cyklokapron® (Tbl 500 mg) (Amp 5 ml = 500 mg)

i.v.: Prophylaxe und Therapie von Blutungen infolge generalisierter oder lokale Hyperfibrinolyse: Menorrhagie, gi-Blutung, größere OP's (gyn., HNO, Prostata kardiovaskulär) und Geburtshilfe, Blutungen unter Fibrinolyse. Bei lokale Hyperfibrinolyse 0,5-1 ,0 g 2-3 x/d; generalisierte Hyperfibrinolyse 1 g alle 6-8 h; Blutungsprophylaxe Kardiochirurgie: 1g vor OP, dann 400mg/h intra-op + 500mg in HLM p.o. : generalisierte oder lokale Hyperfibrinolyse in Gynäkologie/Geburtshilfe; prophylaktisch zur Ödemverhinderung bei hereditärem Angioödem: 3-4 g p.o./d DosNI: Dosisreduktion gemäss Fachinfo

Übersicht Hemmstoffe der Blutgerinnung Plättchenfiemmer un

n

1

ulantien - kompakt 1

2

Arterielle Venöse Thrombembolien Thrombembolien

COX-lnhibitoren: ASS

C: Cl>

... Cl>

.s:.

u E

~ ~

0..

.s:.

========:~

:::,

+

GP llb/llla-lnhibitoren: Abciximab

+

r:: Niedermolekulare Heparine: Enoxaparin 0 ·Fondaparinux .:.:: ' E : ;:; CU r:: - Vitamin K Antagonist: Phenprocoumon < NOAKs: Dabigatran, Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban C)

CU

Q)

+

ADP-Antagonist: Clopidogrel

Unfraktioniertes Heparin

1

Vorhofflimmern

+ + + + +

+

1) Akuttherapie und Prophylaxe von akutem Koronarsyndrom (STEMI, NSTEMI), ischämischem Schlaganfall, paVK (peripherer arterieller Verschlußkrankheit), PCI (perkutane Koronarintervention), u.a. 2) Akuttherapie und Prophylaxe von Phlebothrombose, Lungenembolie, u.a.





1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

152

II Zulassungsstatus parenteraler+ oraler Antikoagulantien Proph laxe

Therapie

~m1a-■'. mmnmmn Phlebothrombose

M

HIT

Lungenembolie

AKS

X

X

X (X) X

X

Prophylaxe

Therapie

arenteral

unfraktioniertes Heparin1

! ·;:: l'O

Q.

CD

::c ö E

...

.g CD

·c

.. Cl) Cl)

"C C: c(

...z-

Certoparin2 Mono-Embolex® Dalteparin Fragmin® Enoxaparin3 Clexane® Nadroparin Fraxiparin® Reviparin Clivarin® inzaparin lnnohep® Bivalirudin Angiox® Fondaparinux Arixtra® Argatroban Argatra® Danaparoid Orgaran®

X X X X

X X4 X

X X X X X

X

X X X X

X X X X

X4

X X

X

xs

X

X X

KI KI KI KI KI KI KI

xs

off label off label

X X

X X

oral

Phenprocoumon8 Marcumar® X X X X J\pixaban Eliquis® X X X X = Dabigatran Pradaxa® X X X X Edoxaban Lixiana® X X X Rivaroxaban Xarelto® X X X X TVT ~ tiefe Venenthrombose, AKS ~ akutes Koronarsyndrom, HIT~ Heparin-induzierte Thombozytopenie (1) unfraktioniertes Heparin: auch Antikoagulation bei extrakorporalem Kreislauf, Verbrauchskoagulopathie. (2) Certoparin: auch beim ischämischen Apoplex. (3) Enoxaparin: zugelassen für Phlebothrombose mit und ohne Lungenembolie. (4) Tinzaparin: nur mittleres thrombembolisches Risiko. (5) Bivalirudin: nur bei perkutaner Koronarintervention (PCI). (6) Fondaparinux: auch für oberflächliche Venenthrombose. (7) niedrigdosiert + ASS + Clopidogrel nach kürzlichem AKS. (8) Phenprocoumon: auch bei Herzklappenersatz (biologisch, mechanisch), postoperative Thromboseprophylaxe / längere Immobilisation nach Hüftchirurgie, OP von Femurfrakturen.

-

II Parenterale Antikoagulation Inaktivierung HWZ ioverfügba eit s.c.J Indikation Gabe bei ProJ)hylaxe Gabe bei Thera ie Laborkontrolle bei thera eut. Dosierung Heparin-induzierte z 0 i höher rad. Niereninsuff. Routinemonitoring

unfraktioniertes He arin UFH

niedermolekulares He arin NMH

Thrombin, Faktor Xa 60-90 min 20-25 % Prophylaxe + Therapie 2-3 x /d s.c. (i.v.) kontinuierlich i.v. PTT mind. 2 x /d

Faktor Xa, gering Thrombin 3-4 h 95-98 % Prophylaxe + Therapie 1 x /d s.c. 2 x /d s.c. zwingend keine, ggfs. Anti-Xa-Aktivität 0,1-0,5 % UFH : NMH = 9 : 1 Kumulationsneigung Plättchenzahl; Anti-Xa-Aktivität in bestimmten Fällen

1-5 % UFH : NMH = 9 : 1 1. Wahl; PTT-Ktr Plättchenzahl; aPTT zur Dosierung bei Therapie

Fondaparinux Arixtra® FaktorXa 15 h 100 % Prophylaxe + Therapie 1 X /d S.C. 1 x/d s.c. zwingend keine, ggfs. Anti-Xa-Aktivität Rarität Kumulationsneigung nein

Unfraktioniertes He arin (UFH Pro h taxe s.c.-Gabe •low-dose": 5.000-7.500 I.E. alle 8-12 h -

Thera~ie i.v.-Gabe)- ............................................................................. Bestimmung Ausgangs-PTT Anfangs-Dosis: Bolus i.v.: 80 I.E./kg (üblicherweise 5.000-10.000 1.E.) Erhalt-Dosis 181.E./kg/h (z.B. Perfusor 10.000 I.E./50 ml =200 1.E./ml) PTT-Bestimmung 6 h nach Bolusgabe und 6 h nach jeder Dosisänderung - PTT < 48 sec: 80 I.E./kg Bolus, Erhöhung der Erhalt-Dosis um 4 1.E./kg/h -PTT 48-60 sec: 40 1.E./kg Bolus, Erhöhung Erhalt-Dosis um 2 I.E./kg/h - PTT 60-92 sec: keine Änderung - PTT 92-120 sec: Erniedrigung der Erhalt-Dosis um 21.E./kg/h - PTT >120 sec: Perf. 1 h Pause, weiter mit erniedrigter Erhalt-Dosis um 3 I.E./kg/h - PTT-Kontrollen alle 6 h, bis therapeutischer Bereich erreicht ist (PTT 1,5-2,5 fach verlängert); wenn PTT stabil => PTT-Kontrollen alle 24 h

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

153

Niedermolekulare He arine (NMH Prophylaxe (s.c.-Gabe) 1 x 3.000 I.E.

Certoparin Mono-Embolex® Dalteparin i R Enoxaparin Clexane® O1ml=10m =1000 IE ' Nadroparin (Fraxiparin® 1 ml = 9.500 I.E. anti Xa)

geringes/mittleres Risiko: 1x 2.500 I.E. hohes thrombemb. Risiko: 1x 5.000 I.E. geringes und mittleres Risiko: 1 x 20 mg hohes thrombembolisches Risiko: 1 x 40 mg internist. Pa!. mit hohem Risiko: 1 x 40 mg geringes/mittl. R.: 1 x 2850 I.E. (0,3 ml) · + 3d , ml (Fraxodi® 1 ml = 1 x 0,4 ml 1 x 0,3 ml 19.000 I.E. anti Xa) 1 x 0,6 ml 1 x 0,4 ml für Fraxiparin®; Fraxodi®-Konzentrationt 1 x 0,6 ml (3436 I.E.)

=====:::::.

Reviparin Clivarin® Tinzaparin lnnohe R

1 x 3.500 I.E.

Therapie (s.c.-Gabe) Niereninsuff. (NI) 2 x 8.000 I.E. jegliche NI: Anti-Xa-Ktr GFR s 30: Dosis .J,. + Ktr jegliche Nl: Anti-Xa-Ktr GFR s 30: Dosis ,!, + Ktr 2 x 1 mg / kg jegliche NI: Anti-Xa-Ktr GFR s 30: auf GFR s 30: Dosis .J, + Kir 1 x 1 mg/kg reduzieren < 50 kq 2 X 0,4 ml jegliche NI: Anti-Xa-Ktr 50-59 kq 2x0,5 ml GFR < 30: kontra60-69 kq 2x0,6 ml indiziert 70-79 kq 2x0,7 ml 80-89 kq 2x0,8 ml 2x0,9 ml ~ 90 kq für Fraxiparin® 46-60 kg: 2 x 0,6 ml GFR s 50: Dosis .J, + Ktr > 60 kg: 2 x 0,9 ml GFR s30: kontraindiziert GFR s 50: Dosis .J, + Ktr 1 x 175 I.E. / kg GFR s30: kontraindiziert 1

Pentasaccharide 1 x 2,5 mg s.c. GFR 20-30 ml/min: 1 x 1,5 mg bei GFR 100 kg 1x 10 mg

EI Heparin-induzierte Thrombopenie (HIT) HIT T

1

HIT T

II

zu Beginn der Heparintherapie (Tag 1-5) selten< 100.000/µI

5-20 d nach Start der Heparintherapie, bei Reexposition innerhalb weniger Stunden Thrombozyten> 100.000/µ.I oder Abfall> 50 % vom zahl Ausgangswert, meist 40.000-60.000/µI nicht immunologisch: keine Ak; immunologisch: Antikörper(Ak)-induzierte ThromboaktiMechanismus ~="""==""=== Heparin-Thrombozyten-Interaktion vierung (HrT II Ak gegen Komplex Heparin +Plättchenfaktor 4} ikationen keine thrombembolische Gefäßverschlüsse kei 10-25 % 0.5-3 % bei Heparingabe von> 3 d; UFH : NMH = 9: 1 eis Ausschlußdiagnose Antikörper-Nachweis He · nicht erforderlich unbedingt erforderlich, Normalisierung nach 7-10 d weitere Theraru_e Keine ~~ntane Normalisierung) Antikoagulation weiter: DanaRaroid o. Argatroban

~~"""

4-T-Score für klinische HIT II-Diagnose (hoher Score: 6-8 Pkte, intermediär: 4-5 Pkte, niedrig: 0-3 Pkte)

Kriterium Thrombozytopenie

1 Punkt

2 Punkte

Timing: Tag des Auftretens des Thromboabfalls

Thrombosen

0 Punkte

Thromboabfall 30-50 % Thromboabfall < 30% Thromboabfall > 50 % und o. Nadir 10.000-19.000/µI o. Nadir< 10.000/µI Nadir> 20.000/µI Tag s 4 (keine frühere Tag 5-10 oder > Tag 10 Heparintherapie) Tag 1 bei früherer Heparingabe oder unbekannt neue Thrombose o. anaphylakt. fortschreitende o. rezikeine Reaktion nach Heparinbolus divierende Thrombose keine möglich definitiv

Algorithmus bei V.a. HIT II und Therapieempfehlung (modif. nach Greinacher, NEJM 2015)

-••li•11,l•t•i•f4,iii•t•t41if •11,i·f•t1i11,U4iit4•Eid,_ evaluiere klinische Wahrscheinlichkeit für HIT z.B. mittels 4T-Test niedrig (4T-Test < 3) mittel (4T: 4-5) hoch (4T: 6-8)

+





erschwerte Testbedingungen Heparin-StoP., Labortests, ggfs Alternativantikoagulation (fehlendes Labor, andere ♦ .. : Thrombopenieursachen)? PF4-HeP-arin-Antik···r er? stark pos1t1v : ~ . ,, •···•(optisc~e Dichte >1) ~ .

t Funktionstest (HIPA~RA?

HIT ausgeschlossen:

Heparin weiter

llllfflftlll

••



therapeut. Antikoagulation: Argatroban, Danaparoid off-label· Bivalirudin Fondaparinux

,HIT h + HIT unwahrscheinlich wahrsc~:i~icttAusschiuß Phlebothrombose

Gestrichelte Linien: bei hohem 4T-Score oder stark positivem Antigentest direkte HIT-Diagnose+ Therapie.

Araatroban DanaQaroid

2 µg/kg/min i.v., Steuerung per PTT (1,5-3-fach verlängert, max 100 sec) 2250 Anti-Xa-E. i.v., dann 400 E/h für 4h; Steuerung: Anti-Xa-Aktivität 0,5-0,8 E/ml

154

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

II Orale Antikoagulation

(mod. nach ESC 2016-2020)

NOAK 1:::1 nicht-VKA orale Antikoa ulantien o. neue orale Antikoa ulantien Freiname Dabigatran Apixaban Edoxaban Rivaroxaban Phenprocoumon Handelsname Marcumar® Pradaxa® Xarelto® Eliqws® Lixiana® direkter Thombin- direkter Faktor direkter Faktor direkter Faktor Xa- Vitamin KEffekt hemmer (Fakt. lla) Xa-Hemmer Xa-Hemmer Hemmer Antagonist (VKA) 12-14 h 12 h 10-14 h jünger:5-9;älter:11-13h 6,5 d HWZ nach 2 h nach 3-4 h nach 1-2 h nach 2-4 h nach 2-3 d nach1 2 ->48h nach12-24h nach12-24h nach12-24h nach7-10 d :=:::::::===== Monitoring (2) (2) (2) (2) INR Vorhof2 x 150 mg 2 x 5 mg 1 x 60 mg 1 x 20 mg INR 2,0-3,0 flimmern (AF) 2 x 110 mg bei~ 80 2 x2,5 mg wenn 2 1 x 30 mg bei GFR GFR 15-50: 1. Tag: 2-3 Tbl J o. GFR 30-50 o. von 3: ~ 80 J., ~ 60 15-50 o. ~ 60 kg o. 1 x 15 mg 2. Tag: 2 Tbl Verapamil, Amiodaron kg, Krea ~ 1,5 mg/dl Kombi mit P-gp-lnhib ab 3.Tag: 1Tbl 3 M + LE 1 a)Tag1-5:Heparin a)Tag1-7:2x10mg a)Tag1-5: Heparin a)Tag1 -21: 2x15mg a)Tag 1-5-7: Hea) Therapie ab Tag 6: 2x150mg ab Tag 8: 2x5 mg ab Tag 6: 1x60 mg ab Tag 22: 1x20 mg parin bis INR ok (Dosisred. wie AF) (Dosisred. wie AF) b) 1x20mg (Dosis- INR2,0-3,0:Start b) Rezidivb) 2x150 mg (Do- b) 2x5mg (ab 7.Mo b} 1x 60 mg (Do- redukt wie AF); ab 7. ab Tag 2 wie AF prophylaxe sisredukt. wie AF) nat Antikoagulation) sisredukt. wie AF) Monat 10 o. 20 mg) b) INR 2,0-3,0 2 x 110 mg 2 x 2,5 mg keine Zulassung 1 x 10 mg formale ZulasiThrombose(Start frühestens sung, praktisch prophylaxe 2x 75 mg bei Kriteri- (Start frühestens 6-12 h postop) kaum verwendet Hüft/Knie-TEP en zur Dosisredukt. 12-24 h postop) nein nein nein KHK-Prävention mech.Herzklappe spez.Kontra- (a) mechanische Herzklappenprothese, (b) mind. mittelschwere Mitralstenose, kein Monitoring indikation (Kl) (c) Antiphospholipidsyndrom mit hohem Risiko, (d) Schwangerschaft/Stillzeit (INR) möglich Dosis Nieren- GFR 30-50: 2x110 GFR 15-29: 2x2,5 GFR 15-50: 1x30 GFR 15-50: 1x15 INR-Ktr; schwere Niinsuffizienz 4 Kl bei GFR < 30 KI bei GFR < 15 KI bei GFR < 15 KI bei GFR < 15 ereninsuff formal KI ldarucizumab Andexanet alfa Andexanet off-•label Andexanet alfa J\.ntidot Vitamin K (1) TVT "' tiefe Venenthrombose LE"" Lungenembolie (2) laut Hersteller üblicherweise nicht notwendig, aber auch durch in der Praxis verfügbare Tests nicht möglich (3) Marcumar-Anpassung: INR unterhalb Ziel: 1 ½Tbl/d, INR im Ziel: 1Tbl/d, INR über Ziel:½ Tbl/d; bei INR > 4,5: Pause (4) GFR"" glomeruläre Filtrationsrate (ml/min), KI "' Kontraindikation NOAK VKA (INR) Lokalisation / Charakteristika Dauer / Besonderheiten Phlebo. . TVT: mit reversiblem Risikofaktor - Dauer 3 Monate thrombose 2.0TVT: idiopathisch, distal (Unterschenkel) - Dauer 3 Monate TVT: tiefe Venen- 1. Wahl 2.0-3.0 TVT: idiopath., proximal (OS, Becken) - > 3 Mo.- langfristig Thrombose - NOAKs mit vorheriger Heparin-Gabe (Tag 1-5): Dabigatran, Edoxaban Lungen1. Wahl 2.0-3.0 LE: mit reversiblem Risikofaktor - Dauer 3 Monate embolie (LE) 1. Wahl 2.0-3.0 LE: idiopathisch - > 3 Mo.- langfristig ohne Schock/Hy- 1. Wahl 2.0-3.0 rezidivierende TVT o. LE, idiopathisch - Dauer: lebenslang potension(ESC2019) - NOAKs mit vorheriger Heparin-Gabe (Tag 1-5): Dabigatran, Edoxaban Thrombembolie off-label erwäge TVT oder LE bei Karzinom: bevorzuge - NMH mind. 6 Monate bei Malignom (Edoxaban (2.0-3.0) niedermolekulares Heparin (NMH), ggfs INR - erwäge lebenslang oder bis Rivaroxa.) 2.0-3.0 o NOAK, wenn kein Magen-Darm-Tu Karzinom geheilt iThombembolie KI 2,0-3,0 Kombi von rezidiv. art. + ven. Throm- - Z.n. Thrombembolie: bei Antiphosphobosen, erhöhte Abortrate, Nachweis lebenslang VKA lipid-Syndrom von Antiphospholipidantikörpern - z.n. Spontanabort NMH+ ASS Vorhof0 0 alleiniges Vorhofflimmern< 65 Jahre - 0Antikoagulation, 0ASS flimmern 1. Wa..., hl-Pa -Clt-ernatlv Vorhofflimmern bei CHA2DS2VASc- Dauer lebenslang (ESC 2018/20) ,_ _ _,_ 2._0-_3_.o_ Score> 2 (Männer) bzw. > 3(Frauen) hochgradige 0 im Sinusrhythmus: per se keine Indikation 0 linksventrikul. 2.0-3.0 + absolute Arrhythmie 1. Wahl - Dauer lebenslang Dysfunktion 2.0-3.0 + linksventrikulärer Thrombus KJ - Dauer lebenslang 2.0-3.0 Mitralklappenstenose mind. mittelgradig - Dauer lebenslang KI erworbene Ji:::,,a===: mit Vorhofflimmern oder Embolie/Thrombus Klappenfehler 2.5-3.5 Rheumatisches Mitralklappenvitium+ syste- - Dauer lebenslang KJ (ESC 2017) I~ ===:=~~== mische Embolie/Thrombus trotz INR effektiv KJ 2.0-3.0 Aortenklappenvitium (Sinusrhythmus) mit: - Dauer lebenslang :1===~ Z.n. system. Embolie bei Klappenthrombus KI 2.0-3.0 Bioprothese, im Sinusrhythmus - Dauer 3 Mo. post-op HerzklappenKJ individuell mechanische Herzklappe - Dauer lebenslang ersatz (ESC 2017) kein ~ 1 Prothesen(1) Mitral- o.Trikuspldalklappenersatz, Z.n. Thrombembolie, 1 RF RF 1 iThrombogenität Vorhofflimmern, Mitralstenose jeder Schwere, EF < 35 % D]] 3 o ied g 121 (2) Carbomedics, Medtronic Hall, Medtronic Open-Pivot, KI 3o te ed 13J St.-Jude Medical, ON-X, Sorin Bicarbon (3) übrige Doppel3' h · h l4J • flügelklappen (4) Lillehei-Kaster,Omniscience,Starr-Edwa______,_____.5_,__,_ oc_ _ _ _ rds (Kugelkäfig), Björk-Shiley u.a. Kippscheibenprothesen KI "' Kontraindikation

~===:::

~=====

,- --~~-~-

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

11 Antithrombozytäre Therapie Freiname

Cyclooxygenasehemmer Acetylsalicylsäure (ASS) Aspirin~ irreversibel; p.o., i.v. i.v.: wenige min; p.o. 30 min

Kardiologie (ESC 2017-20)

P2Y12-lnhibitor s= ADP-Rezeptorantagonisten

Clopidogrel

Prasugrel

Ticagrelor

Efient® Brili ue® Effekt / Gabe irreversibel; p.o. reversibel; p.o. kbeginn 2-4 h 30 min 30 min kdauer 7-10 Tage 3-10 Tage 3-5 Tage 7-10Tage i!=== === Pause rä-op* möglichst belassen, sonst 7 d 3-5 Tage ?Tage 5 Tage Initial-Dosis 300mg p.o.; 250mg i.v. 300-600 mg p.o. 60 mg p.o. 180 mg p.o. Erhalt-Dosis 100 mg/d 1 x 75 mg/d 1 x 10 mg/d; 2 x 90 mg/d 1x5rng bei ~75J o.< 60kg Charakteristika - Standard-Plättchen- mono als ASS-Ersatz - wirken schneller und stärker als Clopidohemmer - Kombi mit ASS: Stan- grel, aber auch mehr (schwere) Blutungen - AKS, 1. Wahl Sekundär- dard bei elektiver PCI - Kombi mit ASS: 1. Wahl akutes Koronarprävention von KHK, - AKS nur, wenn Triple syndrom (keine Zulassung elektive PCI) pAVK, Karotisstenose, o. PrasugrelfTicagre- - Hinweise für Überlegenheit von Prasugrel ischäm. Schlaganfall lor kontraindiziert - nicht für Triple-Therapie • größere elektive OPs: DAPT vor OP auf ASS reduzieren, individ. vor blutreicher o. Augen-OP ggfs. komplette Pause. Handelsname

lscover® Plavix® irreversibel; p.o.

Plättchenhemmung nach PCI ohne Indikation zur oralen Antikoagulation Perkutane Koronarintervention PCI Kollektiv Blutungsrisiko3 0 u, ~

1 Monat

-

3 Monate

0 Q.

6 Monate

-g

12 Monate

-

Stabile KHK (chron. Koronarsyndrom)

hoch

niedrig

~

+ @]

DAPT 1 M

[Kj +@J

DAPT 3 M

0

ASS

@]

lebenslang

·a; N

30 Monate 36 Monate

+@]

mono

DAPT > 6 Mo.

- ~+

hoch

DAPT 12 Mo.

DAPT 3 Mo.





DAPT 6 Mo.

niedrig ♦

l1l + ~



!1l+@J

oder

--- !1l+[!] sonst ~

mono

+@]

ASS

.--QAf.l.?12Mo. lAJ +W o,[D>.@J

lebenslang

~fA]------- - - --------- - mono ASS - - -oaef l Rivaroxa

mono ASS lebenslang

lebenslang

DAPT ~ duale Plättchenhemmung llb (kann erwogen werden) 1 A !ASS @] Clopidogrel Prasugrel [r]Ticagrelor lla (sollte erwogen werden)

Klasse 1(empfohlen)

[e)

- elektive PCI: stabile KHK (neu: chronisches Koronarsyndrom) mit Koronarstent: ASS + Clopidogrel für 6 Monate ist Standard (1 A). Bei hohem Blutungsrisiko erwäge Reduktion der dualen Plättchenhemmung auf 3 Monate (lla B), im Extrem auf 1 Monat (llb C); bei hohem lschämierisiko erwäge verlängerte DAPT auf bis zu 30 Monate (llb A) - PCI bei akutem Koronarsyndrom mit Koronarstent: P2Y12-lnhibitor plus ASS für 12 Monate ist Standard (IA); bevorzuge Prasugrel oder Ticagrelor gegenüber Clopidogrel. Bei hohem Blutungsrisiko erwäge verkürzte DAPT auf 3(-6) Mo (lla 8), bei hohem lschämierisiko erwäge verlängert a) DAPT od. b) Rivaroxaban niedrigdos. + ASS (llb B)

Plättchenhemmung nach PCI fil!! Indikation zur oralen Antikoagulation Kollektiv 0 1 Woche

0 Q. .0

-

4 Wochen 3 Monate

CO

·a; 6 Monate N

12 Monate

. schämie-Blutungs1 iTnple Wo A C OAK , ~ Q2j _8isi~Q3j

____Ischämie- Blutungs-

Triple-Th. 1 Mo. _ffii~K.O~i _f3isiko31

Duale Tj erapiel _____ __ ________ -~

@J + OAK

+@}-IOAKI _ ___ __

·---------------- b~:=~e1~::~~:e ~------------ ·

oder0 •1oAKJ_ ____ ---- --

@]10A71-------------

IOAKI mono ___________________

0

+

OAK

_

_______ _

IOAKl mono > 12 Monate (1) Periprozedural ASS + Clopidogrel (2) Hohes Ischämie-Risiko: AKS, Z.n. Stentthrornbose trotz Plättchenhernrner, Stenting des letzten Koronargefäßes, diffuse Mehrgefäß-KHK bei Diabetikern, chronische Niereninsuffizienz (GFR < 60 rnl/rnin}, ~ 3 Stents implantiert, ~ 3 Läsionen behandelt, Bifurkationsstenting (2 Stents), totale Stenllänge > 60 mm, Rekanalisation eines chronischen Verschlusses.(3) HAS-BLED (zur Berechnung des Blutungsrisikos unter Vitamin K-Antagonisten (Punkte): Hypertonie (1}, Abnorme Nieren- oder Leberfunktion (1 -2), Schlaganfall (1), Blutung (1), Labiler INR (1), Age ~ 65 (1), Drogen oder Alkohol (1 -2). Maximal 9 Punkte. Niedrig-intermediäres Blutungsrisiko: HAS-BLED = 0-2; hohes Blutungsrisiko: HAS-BLED ~ 3. - Triple-Therapie: orale Antikoagulation (OAK) plus duale Plättchenhemmung. Anwendung bei Antikoagulationsindikation (Vorhofflimmern mit CHA2DS2VASc-Score ~2.mechanischem Herzklappenersatz,Thrombembolie) plus AKS/PCI - Orale Antikoagulation: bevorzuge NOAK (wenn Pat für NOAK geeignet) gegenüber Vit. K-Antagonist (INR 2,0-2,5) - Triple so kurz wie möglich (bei unkomplizierter PCI nur 1 Woche), dann 2er-Kombination: (N)OAK + Clopidogrel - Bei Triple als ADP-Antagonist nur Clopidogrel, kein Prasugrel oder Ticagrelor

155

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

156

2.9.3

Antikoagulantien Antikoaaulantien - kompakt

WTE LE

Primärprophylaxe Therapie, Rezidivprophylaxe

UFH, NMH + +

Primärprophylaxe Therapie, Rezidivprophylaxe

+ +

AF: Thrombembolieprophylaxe AKS , PCI nach STEMI HIT II

Fonda- Argatroban Rä[jnux Danaparoid + +

Bivali- Phenprorudin coumon

NOAK

(+) nach TEP

+

+

(+) nach TEP +

+ +

0

0

+

+

UFH +

+

0

oft labe!

+

oft labe!

+

VTE "" venöse Thrombembolie LE "" Lungenembolie AF "" Vorhofflimmern HIT Heparin-induzierte Thrombopenie Typ II + "" 1ndikation

AKS "" akutes Koronarsyndrom 0 z Kontraindikation

Übersicht Proohvlaxe ■

oarentera unfrakt. Heparin ' Certoparin"

·-'n,C:-

• ■

• ■



Mono-Embolex®

Dalteparin Q. Fraqmin® Cl) :I: Enoxaparin;, . Clexane® 0 Nadroparin (1) Fraxioarin® "C .S! Tinzaparin C: lnnohep® Argatroban Araatra® Cl) '- Bivalirudin Cl) "C Angiox® C: n, Danaparoid Oraaran® Fondaparinux Arixtra® oral Phenprocoumon Marcumar® Apixaban Eliquis® Dabigatran Pradaxa® Edoxaban Lixiana® Rivaroxaban Xarelto® ..

e



HIT

Phlebothrombose Thrombemb. Phlebo- Lungen- instabile STEMI API inter- bei Vorhof- throm- embolie Chirurgie Orthobose NSTEMI allaemein oädie nistisch flimmern

Cl)



Theraoie

X

X X

X

X

X

X

X X

X

X

X

X

X

X

X

X

(X)

X

X

x4

X

Prophylaxe

X

X

KI KI KI

X

X

KI

X

KI

X

KI X

xs

xs

xs

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

x1

X Off label

X X

Therapie

X

x1

Tab. 2.32: Ubersicht Zulassungsstatus Antikoagulantien (Stand 08/2023). (1) unfraktioniertes Heparin: auch zugelassen für Antikoagulation bei extrakorporalem Kreislauf, Verbrauchskoagulopathie. (2) Certoparin: auch zugelassen beim ischämischen Apoplex. (3) Enoxaparin : zugelassen für Phlebothrombose mit und ohne Lungenembolie. (4) Tinzaparin: nur niedriges und mittleres Risiko. (5) Bivalirudin: nur bei perkutaner Koronarintervention (PCI). (6) Fondaparinux: auch zugelassen für oberflächliche Venenthrombose. (7) routinemässige Gabe beim AKS derzeit nicht empfohlen ~ 2.9.3.9 „Studien"

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.9.3.1

157

unfraktioniertes Heparin (UFH)

Vergleich unfraktioniertes Heparin vs. niedermolekulares Heparin vs. Fondaparinux q 2.9.3.3

EIGENSCHAFTEN: - Mucopolysaccharid, das aus sulfatiertem 0-Glucosamin und 0-Glucuronsäure besteht - unfraktioniertes und fraktioniertes Heparin wird v.a. aus Schweinedarmmukosa gewonnen - Molekulargewicht 5.000-30.000 Dalton (Mittel 15.000)

- Heparin ist nicht plazenta- oder muttermilchgängig (im Gegensatz zu Phenprocoumon) => Antikoagulans der Wahl in Schwangerschaft und Stillzeit - Heparin wird nicht aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert => parenterale Gabe - kaum Resorption nach perkutaner Applikation (Salbe, Gel) - hepatische Metabolisierung (u.a. Hydrolyse), renale Elimination => Dosisanpassung bei Leber- oder Niereninsuffizienz - vollständige Antagonisierung durch Protamin - Wirkungseintritt bei i.v.-Gabe: sofort, bei s.c.-Gabe: nach 20-60 min -



HWZ ist dosisabhängig: 100 I.E./kg i.v. => HWZ 1 h, 400 I.E./kg i.v. => HWZ 2.5h , 800 I.E./kg i.v. => HWZ 5h

- Angabe der Aktivität in Internationalen Einheiten (I.E.) - Die Hemmung von Thrombin setzt die Bindung von Thrombin und AT III an Heparin voraus, während die Hemmung von Faktor Xa nur die Bindung von Heparin an AT III voraussetzt(~ 2.9.3.3).

Flla AT Exo2

Flla AT Exo2

>

AT

18 Zuckereinheiten aufweisen, werden Thrombin und Faktor Xa gleichermaßen gehemmt. Abb. 2.30: Wirkmechanismus von Heparinen.

Heparin verstärkt im Komplex mit Antithrombin III die antikoagulatorische AT IIIWirkung um ein Vielfaches. Bei AT III-Mangel ist die antikoagulatorische Wirkung von Heparin vermindert.

WIRKUNG: - antikoagulatorisch ~ gerinnungshemmend (in vivo und in vitro ): der Heparin - AT 111 Komplex inaktiviert zahlreiche Gerinnungsenzyme: Thrombin, Xa, Xlla , Xla, IXa (Thrombin und F Xa sind am empfindlichsten)

1

- ferner: - Hemmung der Plättchenfunktion - Lipidmetabolismus (Heparin ,;:;< clearing factor): lipolytischer Effekt durch erhöhte Aktivität der Lipoproteinlipase => Anstieg der freien Fettsäuren (nur in vivo) - Erhöhung der Gefäßpermeabilität; Hemmung der Proliferation von Gefäßmuskelzellen

Die gerinnungshemmende Wirkung von Heparin ist an das Vorhandensein von Antithrombin III (AT III) gebunden. Arzneistoffliste IMPP

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

158 ■

NEBENWIRKUNG: - Blutungen (häufigste Nebenwirkung): die Blutungsgefahr steigt mit zunehmender Tagesdosis und Verlängerung der Gerinnungsparameter (PTT, TZ) an Die Kombination von Heparin mit ASS erhöht die Blutungsgefahr. Therapie heparin-induzierter Blutungen: - geringe Blutung => Heparingabe stoppen - schwere Blutung => zusätzlich mit Protamin antagonisieren

■ ■

1 1

- Thrombozytopenie mit und ohne Thrombosen: die heparin-induzierte Ihrombozytopenie (HIT) ist die häufigste medikamentös induzierte Thrombozytopenie => regelmäßige Kontrolle der Thrombozytenzahl. Beginn

Thrombozytenzahl

HJT Typ 1

HIT Typ II

zu Begin n der Heparintherapie (Tag 1-5)

5-20 d nach Start der Heparintherapie, bei Reexposition innerhalb weniaer Stunden > 100.000h tl oder Abfall > 50 % vom Ausgangswert, meist 40.000-60.000/ul immunologisch: Antikörperinduzierte Thrombozytenaktivierung

selten < 100.000 /µI

nicht immunologisch: direkte Heparin-ThrombozytenInteraktion

Mechanismus

Komplikationen Häufigkeit

keine 10-25 %

Nachweis Absetzen von Heoarin weitere Therapie

Ausschlußdiaanose nicht erforderlich, soontane Normalisieruna keine

(HIT II Ak gegen Komplex aus Heparin und Plättchenfaktor 4)

thrombembolische Gefäßverschlüsse 0.5-3 % bei Heparingabe von > 3 d UFH : NMH = 9 : 1 Antiköroer-Nachweis unbedingt erforderlich, Normalisieruna nach 7-1 O d Fortsetzung der Antikoagulation: Danaparoid-Natrium oder Argatroban

Tab. 2.33

- Typ 1: klinisch harmloser Verlauf=> Heparingabe kann gefahrlos fortgesetzt werden - Typ II: Gefahr neuer thrombembolischer, v.a. arterieller Gefäßverschlüsse durch Thrombo-

1 1

zytengerinnsel (,,white clot syndrom"): Extremitätenverlust, Mesenterialinfarkt, u.a. (aber kaum Blutungen) => Thrombozytopenie nach Absetzen reversibel. Bereits bei V.a. HIT II sofortiges Absetzen von Heparin, nicht erst Antikörper-Nachweis abwarten. Beachte: HIT-Antikörper führen zu massiver Thrombinbildung (auch bei Pat. ohne Thrombosen), daher ist eine weitere Antikoagulation notwendig: Danaparoid oder Argatroban. Dauer der Antikoagulation bis zum Wiederanstieg der Thrombozyten. CAVE: kein Marcumar® in der Akutphase der HIT, da durch den raschen Abfall von Protein C Thrombembolien verstärkt werden können. Bei HIT II=> sofort Heparin-STOP. In der Akutphase der HIT II entsteht viel Thrombin => fortgesetzte Antikoagulation mittels Danaparoid oder Argatroban. Kein Marcumar ! Die Thrombozytopenie entsteht durch verstärkte Plättchenaggregation => keine Thrombozytenkonzentrate, da nur neue Gefäßverschlüsse. Therapie Gefäßverschlüsse: chirurgisch o. Lyse.

Heparin-induzierte Thrombopenie II 4-T-Score für klinische HIT II-Diagnose (hoher Score: 6-8 Pkte, intermediär: 4-5 Pkte, niedrig: 0-3 Pkte) 2 Punkte Kriterium 1 Punkt 0 Punkte Ihrombozytopenie Thromboabfall > 50 % Thromboabfall 30-50 % Thromboabfall < 30 % und Nadir > 20.000/111 o. Nadir 10. 000-19.000/ul oder Nadir < 10.000/ul Iiming: Tag des AufTag 5-10 oder > Tag 1O oder unbekannt Tag < 4 (keine frühere -

tretens des Thromboabfalls

Tag 1 bei früherer Heparingabe

= neue Thrombose o. anaphylakt fortschreitende oder Reaktion nach Heoarinbolus= rezidivierende Thrombose =Other: andere Gründe= keine möglich ----Niedriger Score (0-3) hat hohen negativen prädiktiven Wert. Ihrombosen

-

Heoarintheraoie)

keine definitiv

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

159

Thrombopenie oder Thrombose unter Heparintherapie evaluiere klinische Wahrscheinlichkeit für HIT z .B. mittels 4T-Test

_______,tc-----niedrige Wahrscheinlichkeit

mittlere Wahrscheinlichkeit

hohe Wahrscheinlichkeit

(4T-Test ~ 3)

(4T-Test: 4-5)

(4T-Test: 6-8) ♦

f erschwerte Testbedingungen (fehlendes Labor, andere Thrombopenieursachen) ?

Heparin-Stop, Labortests, ggfs Alternativantikoagulation* PF4-Heparin-Antikörper ? ······••···►

Funktionstest (HIPA, SRA) ?

HIT ausgeschlossen: Heparin weiter

r



+

stark positiv (0D > 1) •• •• •

~

therapeut. Antikoagulation: Argatroban, Danaparoid,

HIT sehr ---+i off-label: Bivalirudin, Fondaparinux HIT unwahrscheinlich wahrscheinlich Ausschluß Phlebothrombose

Abb. 2.30a: HIT-Diagnostik (modif. nach Greinacher, NEJM 2015). Beachte Labordiagnostik durch breit verfügbaren Antigentest (auf PF4-Heparin-Antikörper) und nur in Speziallabors verfügbare Funktionstests: HIPA (Heparin-induced platelet Activation) oder SRA (Serotonin-Release-Assay). Gestrichelte Linien als Alternative (z.B. wenn Funktionstest zur HIT-Bestätigung nicht rasch verfügbar): bei hohem 4T-Score oder hoher optischer Dichte (OD) im Antigentest kann direkt HIT diagnostiziert und therapiert werden - vermutlich mit HIT-Überdiagnose.

1

• im Original (Greinacher 2015) erst bei sehr wahrscheinlicher HIT, m.E. bei zwingender Indikation zur Antikoagulation schon früher.

Therapie HIT II: - Bei hochgradigem Verdacht oder bestätigter HIT: Heparin-Stop plus therapeutische Antikoagulation mit Alternativ-Antikoagulanz (Prophylaxe-Dosis unzureichend um massive Thrombinfreisetzung zu kompensieren, auch wenn noch keine manifeste Thrombose) - Keine Vitamin K Antagonisten (VKA) bei akuter HIT, weil durch Protein C Abfall ein erhöhtes Thromboserisiko incl Extremitätenverlust (VKA erst nach HIT-Erholung mit Thrombos stabil > 150.000/µI an zwei Folgetagen) - Keine Thrombozytenkonzentrate (weil Thromboserisiko steigt und nur geringes Blutungsrisiko bei HIT); bei manifester Blutung mit Koagulopathie wähle PPSB-Präparate ohne Heparin - HIT plus Thrombose: therapeutische Antikoagulation für mind. 3 Monate - HIT ohne Thrombose: therapeutische Antikoagulation mind. bis stabile Erholung Thrombos > 150.000/µI, ggfs. länger

Vergleich von Antikoagulantien bei HIT II Präoarat HIT-IIZulassuna Gabe Wirkung

Metabolisieruna Elimination Monitoring Besonderheiten

Araatroban Prophylaxe + Therapie i.v. univalenter, reversibler direkter Thrombininhibitor hepatisch

Bivalirudin keine

Danaoaroid Fondaoarinux Leoirudin Prophylaxe + keine außer Handel Therapie s.c.(Pro),i.v. (Th) i.v. s.c. I.V. bivalenter, reAT-vermittelte bivalenter, irreselektiver versibler direkter Anti-Xa-Aktivität Faktor Xaversibler direkter Thrombininhibitor Inhibitor Thrombininhibitor keine hepat. in den Nieren Proteolyse keine Metabolisieruna 20 % unverteils unver100 % unver45 % renal (35 % 65 % Faezes, unverändert) 22 % renal ändert renal ändert renal ändert renal aPTT (Ziel-Ratio ACT (365 + 100 Anti-Xa-Aktivität Anti-Xa-Aktivität aPTT (Ziel-Ratio 1,5-3,0) 1,5-2,5) sec) 10 % Kreuzenges therapeut. reaktivität mit Fenster, AnaphyHIT-11-AK laxie (0,01-0,1 %)

Tab. 2.34: Antikoagulantien bei HIT II bzw. mit fehlendem oder minimalem HIT II-Risiko.

1 1 ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

160

weitere Nebenwirkungen unfraktioniertes Heparin: - allergische Reaktionen - Transaminasenanstieg: häufig geringer Anstieg (reversibel) - ferner: -



1 • 1



reversibler Haarausfall (Alopecia diffusa) Hautnekrosen Osteoporose: nach hochdosierter Dauertherapie (> 3-6 Mo.) Hypoaldosteronismus: Hemmung der Aldosteronsynthese auch durch low-dose-Heparin

INDIKATION: high-dose-Heparin: - Therapie von venösen Thrombosen und Lungenembolien (Q 2.11.2, 2.18.3) - Therapie des akuten Koronarsyndroms ~ AKS (Q 2.16.3) - Prophylaxe von Rethrombosen nach Fibrinolyse (q 2.9.4) - Prophylaxe von Thrombosen bei Hämofiltration, Hämodialyse, extrakorporaler Zirkulation (Herzlungen-Maschine)

low-dose-Heparin: - (postoperative) Thromboseprophylaxe (Q 2.17.1) - Verbrauchskoagulopathie

KONTRAINDIKATION : erhöhte Blutungsbereitschaft: - hämorrhagische Diathese (Ausnahme Verbrauchskoagulopathie) - schwere Leberinsuffizienz oder Niereninsuffizienz - schwere Thrombozytopenie

Verdacht einer Läsion des Gefäßsystems : -



schwere, unkontrollierte Hypertonie(> 110 mmHg diast.) floride Endokarditis diabet. Retinopathie mit Fundusblutungen und andere intraokulare Blutungen operativer Eingriff oder Trauma am ZNS (intrazerebral , intraspinal, auch rückenmarksnahe Anästhesien / Lumbalpunktion) oder zerebraler/ zerebrovaskulärer Prozeß (TIA, zerebraler Insult bis zum Ausschluß einer intrazerebralen Blutung) Operationen, größeres Trauma, Entbindung, Organbiopsie, Punktion nicht komprimierbarer Gefäße, gastrointestinale oder urogenitale Blutung Heparin ist kontraindiziert bei Erkrankungen mit erhöhter Blutungsbereitschaft oder Gefäßläsion (bzw. der Verdacht darauf).

Unverträglichkeit: Allergie, HIT II INTERAKTION: - verstärkte Blutungsneigung bei Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern, CumarinDerivaten, kolloidalen Lösungen (Dextrane, HAES) - verminderte Heparinwirkung bei Kombination mit Glyceroltrinitrat Heparin unfraktioniert diverse® (meist 1 ml = 5.000 E) beachte unterschiedliche Konzentrationen

Thrombembolieprophylaxe {,.low-dose", üblicherweise s.c.-Gabe): 5.000-7.500 I. E. alle 8-12 h akuter Myokardinfarkt {Verhinderung von Rethrombosierungen): 2-3 x 7.500 I.E. oder 2 x 10.000-12.500 I.E. s.c. Therapie von thromboembolischen Erkrankungen (arteriell + venös): initial 5.000-10.000 I.E. i.v., dann über Perfusor 300-600 I.EJkg/d (25.000-40.000 1.E./d) mit Verlängerung der PTT auf das 1,5 bis 2,5 fache; Kdr: 50 I.E./kg, dann 20 1.E./kg/h Antikoagulation bei extrakorporalem Kreislauf (Herz-Lungen-Maschine, Hämodialyse): individuelle Dosierung abhängig von Dauer und Maschinentyp Verbrauchskoagulopathie in hyperkoagulatorischer Phase: 25.000-40.000 I.E. über Perfusor und Abhängigkeit vom Gerinnungsbefund DosNI, Dosll: bei schweren Leber-/Nierenerkrankungen {wegen erhöhter Blutungsneigung) kontraindiziert Grav: nicht plazentagängig, unter Geburt max 15.000 1.E./d Still : keine Kontraindikation (nicht muttermilchgängig)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

161

unfraktioniertes Heparin - Dosierungsschema -

Bestimmung Ausgangs-PTT Bolus: 80 I.E./kg Erhalt-Dosis 18 I.E./kg/h (z.B. Perfusor 10.000 I.E./50 ml = 200 1.E./ml) PTT-Bestimmung 6 h nach Bolusgabe und 6 h nach jeder Dosisänderung -

PTT < 48 sec: 80 1.E./kg Bolus, Erhöhung der Erhalt-Dosis um 4 I.E./kg/h PTT 48-60 sec: 40 1.E./kg Bolus, Erhöhung der Erhalt-Dosis um 2 1.E./kg/h PTT 60-92 sec: keine Änderung PTT 92-120 sec: Erniedrigung der Erhalt-Dosis um 2 I.E./kg/h PTT> 120 sec: Heparin-Perfusor für 1 h pausieren, dann weiter mit erniedrigter Erhalt-Dosis um 3 I.E./kg/h

- PTT-Kontrollen alle 6 h, bis therapeutischer Bereich erreicht ist (PTT 1,5-2,5 fach verlängert*); wenn 2 konsekutive Bestimmungen im therapeutischen Bereich=> PTT-Kontrollen alle 24 h Anmerkung: hinsichtlich der Ziel-PTT bestehen in der Literatur unterschiedliche Angaben: PTT 60-90 sec bzw. 1,5-2,5 fache Verlängerung der (Ausgangs-) PTT; Beachte: jedes Labor muß eigene Referenzwerte ermitteln.

2.9.3.2

Heparin-Neutralisator: Protamin

CHARAKTERISTIKA: - basisches Protein aus Fischsperma - Neutralisation von Heparin durch Bildung eines inaktiven Komplexes mit Heparin (sofortige Wirkung) Protamin bindet in vitro eng an Heparin, in vivo interagiert Protamin mit



Thrombozyten, Fibrinogen und anderen Plasmaproteinen und kann {bei Überdosierung) selbst gerinnungshemmend wirken.

- 1 ml Protamin 1000 antagonisiert 1000 I.E. Heparin - Protamin ist bei Überdosierung bzw. alleiniger Gabe ebenfalls antikoagulatorisch wirksam => Titrationsantagonisierung unter Kontrolle der Gerinnungsparameter empfohlen (Einzeldosis von max. 50 mg) - langsame i.v.-Gabe (~ 10 min), Gefahr von RR-Abfall + Überempfindlichkeitsreaktionen - Anwendung: schwere Blutungen nach Heparin - Inaktivierung von Heparin nach extrakorporaler Zirkulation Protamin ME (1 ml = 1000 1.E., 1 ml = 5000 I.E.)

Inaktivierung von Heparin nach extrakorporaler Zirkulation, Blutungen unter Heparin: 1 ml Protamin 1000 neutralisiert 1000 I.E. Heparin, 1 ml Protamin 5000 neutralisiert 5000 I.E. Heparin. Gabe langsam i.v., titrierende Gabe; Beachte: Protamin bildet mit Heparin ein antikoagulatorisch unwirksames Salz, wobei die Heparinaktivität nach Abbau von Protamin im Intervall wiederauftreten kann => erneute Neutralisation.

Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

162

2.9.3.3

1

Certoparin Mono-Embolex® Dalteparin Fragmin®

Herstelluna MG {Dalton)

• ■

1

1 • ■

1 ■

Niedermolekulare Heparine (NMH)

HWZ Bioverfüabarkeit (s.c.) lnaktivieruna Indikation Gabe bei Proohylaxe Gabe bei Theraoie Laborkontrolle bei theraoeut. Dosieruna Heparin-induzierte Thrombozytopenie

Enoxaparin Clexane® Nadroparin Fraxiparin®

unfraktioniertes Heoarin (UFH) tierisches Produkt 3. 000-50. 000 (Mittel 15.000) 60-90 min 20-25 % Thrombin, Faktor Xa Prophylaxe und Theraoie 2-3 X /d s.c. (i.v.) kontinuierlich i. v. PTT mind. 2x/d

++ 0,5-5 % bzw. UFH : NMH

Routinemonitoring

=9 : 1

Plättchenzahl, aPTT zur Dosisanoassuna bei Therapie

Reviparin Tinzaparin

niedermolekulares Heoarin (NMH) tierisches Produkt 4.000-9.000 (Mittel 4.000-6.000) 3-4 h

95-98

Ofo

Faktor Xa , gering Thrombin Prophylaxe und Theraoie 1 X /d s.c. 2 x/d s.c. zwingend keine, aafs. Anti-Xa-Aktivität (+)

Clivarin® innohep®

Fondaparinux synthetisch 1728 15 h 100 % Faktor Xa Prophylaxe und Theraoie 1 x/d s.c. 1 x/d s.c. zwingend keine, aafs. Anti-Xa-Aktivität

0,05-0,5 % bzw. UFH : NMH 9 : 1

Rarität

Plättchenzahl, Anti-Xa-Aktivität in bestimmten Fällen

nein

=

Tab. 2.35: Vergleich unfraktioniertes Heparin, niedermolekulares Heparin , Fondaparinux. - längere Wirkdauer als UFH, gewichtsadaptierte Dosierung - Angabe der Aktivität in Anti-Xa-Aktivität und in mg (unfraktioniertes Heparin in I.E.) - keine Routinemessung der Gerinnungsparameter (nur bei Niereninsuffizienz, Schwangeren und Kindern), zur Therapiekontrolle erfolgt Bestimmung der Anti-Xa-Aktivität (therapeutischer Bereich 0.5-1.0 U/1) - renale Elimination (bei Niereninsuffizienz Anti-Xa-Aktivität, ggfs. Dosisreduktion)

- NMH sind durch Protamin nur partiell antagonisierbar (;::: 50 %) - Beachte: die verschiedenen niedermolekularen Heparine sind nicht ohne weiteres austauschbar, jedes Präparat erfordert eine individuelle klinische Beurteilung bzgl. Wirksamkeit und Dosierung

WIRKUNG : - selektive Hemmung von Faktor Xa (q Abb. 2.30) Die Komplexbildung zwischen Heparin , AT III und den Gerinnungsfaktoren hängt von der Monosaccharidanzahl im Heparinmolekül, also der Größe des Heparinmoleküls, ab. Daher hemmen niedermolekulare Heparine den Faktor Xa selektiv. Die direkte Thrombinhemmung hingegen ist stark vermindert, da für die Thrombinhemmung längere Ketten (> 18 Monosaccharide) notwendig sind.

1



NEBENWIRKUNG: - Heparin-induzierte Thrombopenie: geringeres Risiko als unfraktioniertes Heparin - übrige Nebenwirkungen wie unfraktioniertes Heparin (c:> 2 .9.3.1) INDIKATION : NMH ;::: niedermolekulare Heparine UFH ;::: unfraktioniertes Heparin - peri- und postoperative Prophylaxe von Allgemein- und orthopädischer Chirurgie (incl. Hüft- und Knieoperationen): NMH weisen eine höhere Risikoreduktion als UFH auf. (q 2.17 .1)

Niedermolekulare Heparine sind Mittel der Wahl zur peri- und postoperativen Thrombembol ieprophylaxe.

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

163

- 1. Wahl bei Therapie der Becken-/Beinvenenthrombose: NMH weisen bei Phlebothrombose eine mindestens gleichwertige Risikoreduktion wie UFH auf. Gabe der NMH gewichtsadaptiert ohne Therapiekontrolle. (c:> 2.17.2) - Lungenembolie: alternativ zu UFH bei nicht-massiver und submassiver Lungenembolie (mindestens gleichwertig zu UFH), nicht bei massiver Lungenembolie (c:> 2.18.3) - instabile Angina pectoris: NMH mindestens gleichwertig zu UFH. Für Enoxaparin Vorteile gegenüber UFH. Kein Vorteil der NMH bzgl. lnzidenz von Myokardinfarkt, Revasularisation, Sterblichkeit.

- Adjuvanz bei der Thrombolyse des akuten Myokardinfarktes: Enoxaparin besser. Enoxaparin + Tenecteplase besser als UFH + Tenecteplase (ASSENT-3 q 2.9.4.8). Enoxaparin besser als UFH beim STEMI mit nachfolgender Lyse bei jedoch erhöhten Blutungsraten (EXTRACT-TIMI 25).

- Langzeittherapie der Phlebothrombose bei Kontraindikation für orale Antikoagulantien: nach bisheriger Datenlage den oralen Antikoagulantien gleichwertig

KONTRAINDIKATION (q 2.9.3.1) Übersicht zugelassene Indikationen (q 2.9.3.1) Anmerkung : Bisherige Domäne der NMH war die Thrombembolieprophylaxe einschließlich Operationen mit hohem thrombembolischen Risiko (Hüft- und Kniechirurgie). Neue Studien weisen auf mindestens gleiche Effektivität bei tiefer Beinvenenthrombose und hämodynamisch stabiler Lungenembolie hin, wodurch ein Teil der Patienten ambulant behandelt werden kann. Mindestens gleiche Effektivität auch bei der instabilen Angina pectoris, vorteilhaft als Adjuvanz zur systemischen lnfarktlyse. Damit sind weitere Indikationsausweitungen für die NMH zu erwarten.

Certoparin (unter-

l

·

Prophylaxe 1x 3.000 I.E. anti-Xa

I J

Therapie 2 x 8.000 I. E. anti-Xa s.c.

1 schiedliche Konzentr.). 1 Dalteparin (unterl geringes und mittleres Risiko: 1 X 2.500 I.E. anti-Xa ·1 schiedl. Konzentr. \ 1 hohes thrombemb. Risiko: 1 x 5.000 I.E. anti-Xa 1 ...,,................................................................,,,..,,....l .....................,,...,J............................,....,,....,... , ,..,,.,..,........,....,.,,...............,....,,..,....,.,,....,...,...........................................,....,,....,...,..........................................,,,,H,..V,J...................,...., ~..,,...., ~...................................................,...., ~.....................,......... Enoxaparin ' geringes und mittleres Risiko: 1 x 20 mg i 2 x 1 mg / kg (0,1 ml = 10 mg , hohes thrombembolisches Risiko: 1 x 40 mg 1 = 1000 I.E. anti Xa) ! internistische Pat. mit hohem Risiko: 1 x 40 mg ! Nadroparin geringes/mittl. Risiko: 1 x 2850 I.E. anti-Xa (0,3. ml) (Fraxiparin® 1 ml 1 1 < 50 2 x 0,4 ml = 9.500 I. E. anti Xa) 1 hohes thrombembolisches Risiko: } 50-59 2 x 0,5 ml (Fraxodi® 1 ml = 19.000 I.E. anti Xa)

'i

l ---------

i

1

1

l

~~:~:

i

80-89

j

Fraxiparin®

~:~

~: ~: 2 x 0,8 ml 2 09 x ' ml

........... ................................................................ ...............................,,,J........Fraxiparin®..........................................................................................................................................................................1........-........ _....................-.......................- .............-..................................

Tinzaparin (unterschiedl. Konzentr.)

! !

1 x 3.500 I.E. anti-Xa

I

! !

1 x 175 I. E. anti-Xa / kg

I

Thromboseprophylaxe (peri- und postoperativ): geringes und mittleres thrombembolisches Risiko in der Allgemeinchirurgie, hohes thrombembolisches Risiko in der orthopädischen Chirurgie (Hüfte, Knie).

2.9.3 .4

Lepirudin Refludan®

2012 vom Markt, keine Sicherheitsbedenken



164

2.9.3.5

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Danaparoid-Natrium

Orgaran®

CHARAKTERISTIKA: Danaparoid-Natrium: Mischung aus niedermolekularen sulfatierten Glycosaminoglykanen (tierische Darm-Mukosa): Heparan-, Dermatan-, Chondroitinsulfat antikoaqulatorisch , kein Antidot verfügbar Monitoring nur über anti-Faktor Xa möglich, lange HWZ (~ 8 h) Beachte: in 10 % Kreuzreaktionen mit HIT-Antikörpern (=> Blutprobe) - Anwendung: Antikoagulation bei Heparin-induzierter Thrombozytopenie Typ II, Thromboseprophylaxe bei HIT II oder Heparinunverträglichkeit Danaparoid Orgaran® (Amp 0,6 ml = 750 I.E. Anti-Faktor Xa "" 1250 I.E./ml)

Prophylaxe bei Heparin-induzierter Thrombozytopenie Typ II (HIT II) Prophylaxe bei akuter HIT (aber ohne Thrombembolie): < 90 kg: 2-3 x 750 I.E. s.c. über 7-10 Tage, bei> 90 kg: 2-3 x 1250 I.E. s.c. über 7-10 Tage Therapiekontrolle: Anti-Xa-Spiegel 0,2 E/ml am 1. Tag und 0,2-0,4 E/ml am 5. Tag (6 h nach Morgendosis), Spiegel soll 0,4 E/ml nicht übersteigen Prophylaxe bei Z.n. HIT (> 3 Monate): 2 x 750 I.E. s.c. über 7-10 Tage Therapiekontrolle: s.o. Thromboseprophylaxe, wenn kein Heparin angewendet werden soll (unabhängig von HIT): 2 x 750 Anti-Faktor Xa-1.E. s.c. über max. 14 Tage Therapie bei Heparin-induzierter Thrombozytopenie Typ II (HIT II) Akute HIT II - max 5 Tage seit stattgehabter Thrombembolie: 2.500 Anti-Xa-E. (bei < 55 kg 1250 E, bei > 90 kg 3750 E) i.v. als Bolus, dann 400 E/h über 4 h, dann 300 E/h über 4 h, dann Erhalt-Dosis von 100-200 E/h über 5-7 Tage Therapiekontrolle: Anti-Xa-Spiegel 0,5-0,7 E/ml 5-1 O min nach dem Bolus, :,; 1,0 E/ml während der Anpassungsphase (Dosis wird alle 4 h angepasst) und 0,5-0,8 E/ml während der Erhaltungsphase Akute HIT II - 5 oder mehr Tage seit stattgehabter Thrombembolie: 1.250 Anti-Xa-E. i.v. als Bolus, dann s.c. weiter: bei :,; 90 kg mit 2-3 x 750 I.E., bei > 90 kg mit 3 x 750 I.E. oder 2-3 x 1250 I.E. Therapiekontrolle: Anti-Xa-Spiegel 0,5-0,7 E/ml 5-10 min nach dem Bolus und 0,3-0,5 E/ml am Tag 2-3. Bei s.c.-Gabe keine Spiegel > 0,5 E/ml. Beachte: Überwachung der Antikoagulation erfolgt per Bestimmung der Anti-Xa-Aktivität, jedoch muß bei diesem Test Danaparoid als Standard für die Erstellung der Referenzkurve eingesetzt werden.

Kdr: Prophylaxe: 2 x 10 Anti-Xa-E./kg s.c. (Anti-Xa-Spiegel 0,2-0,4 E/ml) Therapie: 30 Anti-Xa-E./kg i. v. als Bolus, dann 1,2-4 Anti-Xa-E./kg/h (Anti-XaSpiegel 0,4-0,8 E/ml) DosNI, Dosll: bei schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz kontraindiziert (Ausnahme: manifeste HIT II ohne therapeutische Alternative) DosAlt: keine Dosisanpassung notwendig Grav: strenge Indikationsstellung ~ Grav 5 Still: kontraindiziert ~ Still 1

2.9.3.6



Bivalirudin

Generikum

CHARAKTERISTIKA: - Bivalirudin ist ein synthetisches Hirudin-Analogon , HWZ 35 min , kein Antidot verfügbar - Wirkung: antikoagulatorisch durch reversible direkte Inhibition von löslichem und gerinnselgebundenem Thrombin (durch die Thrombinhemmung besteht auch ein thrombozytenaggregationshemmender Effekt) - Bolusgabe, dann i.v.-lnfusion für Dauer der PCI; Monitoring normalerweise nicht notwendig, kann über aktivierte Gerinnungszeit (ACT) oder PTT erfolgen - Kombination mit Glykoprotein llb/llla-Rezeptorantagonist ist möglich

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

165

- Nebenwirkung : Blutungskomplikationen (aber geringer als unter Heparin), gelegentlich Thrombopenie - Anwendung: - Antikoagulation bei perkutaner Koronarintervention (PCI) - Antikoagulation bei heparininduzierter Thrombopenie Typ II (HIT II) Empfehlung I c durch Europäische Gesellschaft für Kardiologie, in Deutschland aber keine Zulassung

- Kontraindikation : aktive Blutung, Gerinnungsstörung, Niereninsuffizienz mit KreaCI < 30 ml/min Antikoagulation bei perkutaner Koronari ntervention (PCI): Bolus 0,75 mg/kg, dann Erhalt-Dosis 1,75 mg/kg/h mindestens für die Dauer des Eingriffes, maximal bis 4 h nach PCI

Bivalirudin Angiox® (Durchstechfl. mit 250 mg Pulver, nach Verdünnen 1 ml = 5 mg)

Kdr, Jugdli < 18 J: kontraindiziert (unzureichende Erfahrungen) DosNI: bei Krea-CI 30-59 ml/min Erhalt-Dosis auf 1,4 mg/kg/h reduzieren (bolus unverändert), bei Krea-CI < 30 ml/min kontraindiziert Dosll: keine Dosisanpassung notwendig Grav: strenge Indikationsstellung Still: strenge Indikationsstellung

2.9.3.7

Argatroban

Argatra®

CHARAKTERISTIKA: - Argatroban ist ein synthetisches L-Arginin-Derivat, HWZ 50 min, kein Antidot verfügbar - Wirkung: antikoagulatorisch durch reversible direkte Inhibition von löslichem und gerinnselgebundenem Thrombin - Monitoring mittels aktivierter partieller Thromboplastinzeit (aPTT): angestrebt 1,5-3facher Ausgangswert, aber < 100 sec

- Nebenwirkung: Blutungskomplikationen - Anwendung : Antikoagulation bei heparininduzierter Thrombopenie Typ II (HIT 11) - Kontraindikation : unkontrollierbare Blutung , schwere Leberfunktionsstörung Argatroban Argatra® (Durchstechfl. mit 2,5 ml Konzentrat = 250 mg, nach Verdünnen 1 ml = 1 mg)

2.9.3.8



Antikoagulation bei heparininduzierter Thrombopenie Typ II (HIT II): 2 µg/kg/min 1 als Dauerinfusion, Steuerung per aPTT, Max-Dosis 10 µg/ kg/min

1 1

Kdr, Jugdli < 18 J: kontraindiziert (unzureichende Erfahrungen) 1 DosNI: keine Dosisanpassung notwendig 1 Dosll: bei mässiger Leberfunktionsstörung initial 0,5 ~lg/kg/min, bei schwerer 1 Leberfunktionsstörung kontraindiziert 1 Grav: strenge Indikationsstellung Still: strenge Indikationsstellung, nicht stillen 1

Heparinoide: Fondaparinux

Arixtra®

- synthetisches Heparin-Analogon (sulfatiertes Pentasaccharid) mit fester Molekülmasse (damit im Gegensatz zu unfraktioniertem Heparin und niedermolekularen Heparinen kein Gemisch); Fondaparinux ist Heparinen mindestens gleichwertig, in einigen Indikationen überlegen - kein Antidot verfügbar; beachte Indikationseinschränkung bei höhergradige Niereninsuffizienz

in therapeutischer Dosierung keine Beeinflussung von Routine-Gerinnungstests (allenfalls leichte PTT-Verlängerung) Arzneistoffliste IMPP



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

166

WIRKUNG: - Bindung an AT-III=> selektive und starke Anti-Xa-Aktivität NEBENWIRKUNG: Blutungskomplikationen - gelegentliche Thrombopenie, Einzelfälle von HIT II bekannt

1

INDIKATION: - Thromboseprophylaxe bei größeren orthopädischen Eingriffen an den Beinen (Mittel der Wahl), Thromboseprophylaxe bei internistischen Patienten , Therapie Phlebothrombose, Therapie nichtmassive und submassive Lungenembolie, akutes Koronarsyndrom mit und ohne ST-Elevation (außer bei unmittelbarer PCI) Anmerkung : Fondaparinux hat in den letzten Jahren eine deutliche Indikationsausweitung erfahren. Dies ist in den derzeitigen ACCP-Empfehlungen (q 2.17.1) noch nicht berücksichtigt. Zuletzt Indikationsausweitung auf akutes Koronarsyndrom (außer bei sofortiger PCI ).

KONTRAINDIKATION (q 2.9.3. 1) Fondaparinux Arixtra® (Fertigspritze 2,5 mg = 0,5 ml) (Fertigspritze 5 mg = 0,4 ml) (Fertigspritze 7,5 mg = 7,5 mg) (Fertigspritze 10 mg = 0,8 ml)

! Thrombembolieprophylaxe bei größeren orthopädischen OP 's (Hüft-Op, Knie! Op incl TEP's): 1 x 2,5 mg s.c. (über 5-9 Tage); Erstgabe 6 h nach OP (nicht vorher, ! v.a. nicht bei Älteren, Gewicht< 50 kg oder Niereninsuffizienz) ! Thrombembolieprophylaxe bei internistischen Patienten: 1 x 2,5 mg s.c. i Therapie Phlebothrombose, Lungenembolie bei hämodynamischer Stabilität: 1 x ! 7,5 mg s.c. (über mind. 5 d und bis effektiver INR von 2.0-3.0); bei < 50 kg 1 x 5 mg ! s.c., bei> 100 kg 1 x 10 mg s.c. 1 Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Elevation, keine sofortige PCI: 1 x 2,5 mg tgl. ! s.c.; Akutes Koronarsyndrom mit ST-Elevation und Lyse oder konservatives ! Procedere: 1 x 2,5 mg i.v. , dann 1 x 2,5 mg s.c tgl. ! Kdr, Jugdli < 18 J: kontraindiziert (unzureichende Erfahrungen) ! DosNI: therapeutische Gabe: bei schwerer Niereninsuffizienz (Krea-CI < 30 ml/min) ! kontraindiziert; Thromboseprophylaxe: bei Krea-CI von 20-30 ml/min 1 x 1,5 mg, bei Krea-CI < 20 ml/min kontraindiziert ! Dosll, DosAlt: keine Dosisanpassung notwendig ! Gr v: stren e lndikati n s ellun ~ Grav 6 Still: kontr indizie 1

2.9.3.9

NOAK ~ neue Qrale 6ntijsoagulantien

;:::; .oJcht-VKA Qrale 6nti,!soagulantien (VKA ::::: Vitamin K-Antagonisten)- ■

Freiname Handelsname

Dabigatran Pradaxa®

Aoixaban Eliquis®

Edoxaban Lixiana®

Rivaroxaban Xarelto®

Phenorocoumon Marcumar®

Wirkmechanjsmus

direkter Thromdirekter Faktor Xa-lnhibitor Hemmung Vitamin Kbininhibitor Eooxid reduktase 6 Ofo 99 Ofo 62% Bioverfüg60-80 % 50% PPI: kein Einfluss barkeit PPI: 30 % -!PPI: kein Einfluss 9-11 h 12-17 h 9-1 4 h 5-13 h HWZ 144 h 50 % renal CytochromP450 Elimina80 % renal 25 % renal, 1/3 renal, 50 % hep. 75 % hepatisch 2/3 hepatisch tion ... Thrombose... Phlebothrom- - Thrombose- Thromboseprophylaxe Indikation ,_ Thromboseprophylaxe* prophylaxe* bose, Lungenprophylaxe* 1- Phlebothrombose ... Phlebothrombose embolie - Phlebothrombose, Lungenembolie, Lungenembolie - Vorhofflimmern Lungenembolie ,_ Vorhofflimmern ... Vorhofflimmern - Vorhofflimmern - akutes Koronarsyn.



Antidot Monitorina Interaktionen

ldarucizumab P-Glykoprotein

Andexanet alfa nicht erforderlich CYP3A4 P-Glykoprotein CYP3A4 P-Glvkoorotein P-Glvkoorotein

- Phlebothrombose, Lungenembolie - Vorhofflimmern - mech. Klappenersatz - Klaooenfehler

Vitamin K, PPSB INR VCORC1 (CYP2C9) sehr viele Interaktionen

Tab. 2.35a: Neue orale Antikoagulantien im Vergleich zu Phenprocoumon. * Thromboseprophylaxe nach Hüft- oder Kniegelenksersatz

Arzneistoffliste IMPP

PPI

~

Protonenpumpeninhibitor

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

167

GEMEINSAMKEITEN der NOAKs: - selektive Wirkung: Thrombininhibition (Dabigatran) oder Faktor-Xa-Hemmung (Apixaban, Rivaroxaban, Edoxaban) - orale Gabe, rascher Wirkbeginn und kurze Wirkdauer - keine Gerinnungskontrollen (Monitoring) notwendig - weniger Interaktionen als Vitamin-K-Antagonisten (VKA) - Antidota: seit 2016 ldarucizumab (Praxbind®): monoklonaler Antikörper gegen Dabigatran. Seit 2019 Andexanet alfa (Ondexxya®): modifizierter Faktor Xa, der wie ein „Köder" die FaktorXa-lnhibitoren Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban bindet (Andexanat

■ ■

1

bindet auch Fondaparinux, niedermolekulare Heparine und Antithrombin). In früher Erprobung ist Ciraparantag: hemmt alle NOACs und zudem Heparine. Vorteil der Antidota: sofortige und selektive Antagonisierung , kein überschießender prothrombotischer Effekt (wie bei Gerinnungspräparaten). Indikation NOAK-Antidota: akute Blutung, schweres Trauma, Notfall-OP; off-label: ischämischer Insult+ geplante Lyse.

- mindestens gleich effektiv (Verhinderung thrombembolischer Ereignisse) wie Vitamin-KAntagonisten bei weniger Blutungen (incl. schwerer und intrakranieller Blutungen); beachte unterschiedliche Dosierungen des gleichen Präparates je nach Indikation - lnd: Thromboseprophylaxe nach TEP, Phlebothrombose/Lungenembolie, Vorhofflimmern.

1 ■

Neu ist die Langzeitrezidivprophylaxe nach Abschluss einer mehrmonatigen Antikoagulation nach Thrombose/Lungenembolie: durch die Therapieverlängerung (getestet gegen Placebo) wird eine weitere Rezidivsenkung erzielt (ohne vermehrt schwere Blutungen). - Kontraindikation: schwere Niereninsuffizienz (präparatspezifische GFR-Grenzwerte; im Gegensatz zu VKA keine Gerinnungskontrolle), mechanische Herzklappen (gegen VKA unterlegen), Vorhofflimmern bei mind. mittelgradiger Mitralstenose, Antiphospholipidsyndrom (gegen VKA unterlegen), Schwangerschaft/Stillzeit (unzureichende Erfahrungen) - keine offizielle Zulassung zur Triple-Therapie (~ 2.16.3.5, zudem 2.11.2.4.2)

1

- beachte präparatespezifische Kontraindikationen und Wechselwirkungen Die bisherigen oralen Antikoagulantien Phenprocoumon und Warfarin wirken unselektiv (Faktoren II, VII , IX, X), weisen erhebliche Interaktionen mit Pharmaka oder Nahrungsmitteln auf und benötigen regelmäßige Gerinnungskontrollen. Die neuen oralen Antikoagulantien wirken selektiv auf einen Gerinnungsfaktor (Faktor II bzw. Xa), sind mindestens gleich effektiv bei geringeren Blutungskomplikationen , haben weniger Interaktionen und erfordern keine regelmäßigen Gerinnungskontrollen.

Thrombininhibitoren:

Dabigatran

Pradaxa® (2008)

CHARAKTERISTIKA: - Dabigatranetexilat (Prodrug) wird rasch zum aktiven Dabigatran metabolisiert, Dabigatran ist ein Substrat des Effluxtransporters P-Glykoprotein - W: selektiver, reversibler Thrombininhibitor (hemmt auch die Thrombin-induzierte Thrombozytenaggregation) - IND: Thrombembolieprophylaxe nach Hüft-/Kniegelenksersatz, Vorhofflimmern, tiefe Venenthrombose/Lungenembolie (Therapie+ Prophylaxe) - KI : GFR < 30 ml/min - WW: P-Glykoprotein-lnhibitoren (Amiodaron, Verapamil, Clarithromycin) => erhöhte Dabigatranspiegel; P-Glykoprotein-lnduktoren (Rifampicin, Johanniskraut)=> verminderte Dabigatranspiegel

Dabigatran Pradaxa® (Kpsl 75 mg, 110 mg, 150 mg)

1 1

Thrombembolieprophylaxe nach Knie- oder Hüftgelenksersatz: 2 x 11 0 mg p.o. Nicht-valvuläres Vorhofflimmern mit mind. 1 Risikofaktor (Z.n. Schlaganfall,TIA, EF < 40 %, NYHA ~ 11, ~ 75 J. oder ~ 65 plus Diabetes oder KHK oder Hypertonie: 2 x 150 mg p.o. Bei> 80 J. oder Verapamil oder anders erhöhtem Blutungsrisiko: 2 x 110 mg p.o. Therapie tiefe Venenthrombose (TVT) und Lungenembolie (LE) bzw. Prophylaxe TVT/LE: 2 x 150 mg p.o. Bei > 80 J. oder Verapamil oder anders erhöhtem Blutungsrisiko: 2 x 110 mg p.o. für (3) 6 Mo DosNI: GFR 30-50 ml/min: 2 x 75 mg bei Z.n. Gelenkersatz, 2 x 150 mg bei Vorhofflimmern; GFR < 30 ml/min: kontraindiziert Dosll: bei Transaminasen > 2-fache Norm bzw. klinisch bedeutsamer Leberinsuffizienz kontraindiziert DosALT bei Prävention Thrombembolie bei orthopäd. OP: 2 x 75 mg

Arzneistoffliste IMPP





2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

168

Faktor Xa-lnhibitoren Apixaban Eliquis®

(2011)

- v.a. hepatische (u.a. durch CYP3A4) Inaktivierung, 75 % biliäre Elimination - IND: Thrombembolieprophylaxe nach Hüft- oder Kniegelenksersatz, tiefe Venenthrombose/ Lungenembolie (Therapie+ Prophylaxe), Vorhofflimmern - KI : GFR < 15 ml/min, Lebererkrankun mit Koa ulo athie



Apixaban Eliquis® (Tbl 2 ,5 mg, 5 mg)

Thrombembolieprophylaxe nach Knie- oder Hüftgelenksersatz: 2 x 2,5 mg/d p.o. ! Nicht-valvuläres Vorhofflimmern mit mind. 1 Risikofaktor (Schlaganfall, TIA , > 75 J., 1 Hypertonie, Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz ;,: NYHA 11): 2 x 5 mg, bei mind 2 i Kriterien (2: 75 J. , ~ 60 kg, Kreatinin 2: 1,5 mg/dl): 2 x 2,5 mg 1 Therapie tiefe Venenthrombose (TVT) und Lungenembolie (LE) bzw. Prophylaxe j TVT/LE: 2 x 10 mg für 7 d, dann 2 x 5 mg für (3) 6 Mo, dann 2 x 2,5 mg p.o. 1

i

DosNI: GFR > 30 ml/min: keine Dosisanpassung notwendig; GFR 15-30: ggfs. 1 Dosisreduktion; GFR < 15: kontraindiziert i DosLI: bei klinisch relevantem Blutungsrisiko kontraindiziert; ansonsten keine 1 generelle Dosisreduktion Grav/Still: kontraindiziert

Edoxaban Lixiana®

(2015)

- je zur Hälfte renale und hepatische Elimination - IND: tiefe Venenthrombose/Lungenembolie (Therapie+ Prophylaxe), Vorhofflimmern - KI : GFR < 15 ml/min; Vorsicht bei P- -Inhibitoren und -Substraten Edoxabans ie el 1

Lixiana® (Tbl 15 mg, 30 mg, 60 mg)

! !

!

I !

t

Therapie tiefe Venenthrombose (TVT) und Lungenembolie (LE) bzw. Prophylaxe TVT/LE: 1 x 60 mg p.o. (zuvor mind. 5 Tage parenterale Antikoagulation) Nicht-valvuläres Vorhofflimmern mit mind. 1 Risikofaktor (Schlaganfall, TIA, Herzinsuffzienz, Hypertonie, > 75 J., Diabetes mellitus): 1 x 60 mg/d p.o. Dosisreduktion auf 1 x 30 mg bei: GFR 15-50 ml/min , KG ~ 60 kg, Kombination mit Pgp-lnhibitoren (Dronedaron, Erythromycin, Ketoconazol, Ciclosporin)

1 DosNI:

! !





Rivaroxaban

GFR < 15: kontraindiziert Dosll: bei schwerer Leberinsuffizienz/relevantem Blutungsrisiko kontraindiziert; ansonsten keine generelle Dosisreduktion DosALT: keine Dosisanpassung notwendig Grav/Still: kontraindiziert

Xarelto® (200a)

- 2/3 werden hepatisch (u.a. durch CYP3A4) inaktiviert und dann je zur Hälfte renal und hepatisch eliminiert, 1/3 wird unverändert renal eliminiert - IND: Thrombembolieprophylaxe nach TEP, tiefe Venenthrombose/Lungenembolie (Therapie + Prophylaxe), Vorhofflimmern, akutes Koronarsyndrom mit erhöhten Biomarkern (c:> .,Studien") - KI : GFR < 15 ml/min

Xarelto® (Tbl 10 mg, 15 mg, 20 mg)

_ Thrombembolieprophylaxe nach Knie- oder Hüftgelenksersatz: 1 x 10 mg/d p.o. - Therapie tiefe Venenthrombose (TVT) und Lungenembolie (LE) bzw. Prophylaxe = TVT/LE: 2 x 15 mg/d für 3 Wochen, dann 1 x 20 mg/d p.o. - Nicht-valvuläres Vorhofflimmern mit mind. 1 Risikofaktor (Schlaganfall, - Herzinsuffzienz, Hypertonie, > 75 J.): 1 x 20 mg/d p.o. - Akutes Koronarsyndrom : zusätzlich zu ASS+ Clopidogrel: 2 x 2,5 mg p.o. - DosNI: GFR > 50 ml/min: keine Dosisanpassung notwendig; GFR < 50 ml/min: je nach Indikation = Dosisreduktion; GFR < 15: kontraindiziert Dosll: bei relevantem Blutungsrisiko kontraindiziert; ansonsten keine generelle Dosisreduktion DosALT: keine Dosisanpassung notwendig Grav/ Still: kontraindiziert

Blutungskomplikationen Gerinnungskontrollen sind bei den neuen oralen Antikoagulantien nicht notwendig. Aber: bei Notfällen (akute Blutungen, vor Lyse bei ischämischem Insult) muss die therapeutische Gerinnungshemmung beurteilt werden. Hierfür sind Quick und PTT nicht geeignet (s.u.). Bislang ist kein Schnelltest verfügbar. Bei Blutungen unter neuen oralen Antikoagulantien: Präparat absetzen. Thrombininhibitor Dabigatran mit ldarucizumab antagonisierbar, Faktor-Xa-lnhibitoren Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban mit Andexanet antagonisierbar (s.o.). Bei akuter/lebensbedrohlicher Blutung und Nicht-Verfügbarkeit der Antidota: PPSB 30 U/kg, erwäge bei Faktor-Xa-lnhibitoren zudem rekombinanten Faktor Vlla. Zum Effekt von fresh frozen plasma (FFP) uneinheitliche Angaben, nachteilig sind fehlende rasche Verfügbarkeit, Volumenbelastung, Hämodilution.

Arzneistoffliste IMPP

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

169

Besonderheiten (Dosierungen , Gerinnungstests, Interaktionen) VKA NOAK j::$ nicht-VKA orale Anti~oaqulantien oder neue orale Antikoaqulantien Edoxaban Phenprocoumon Dabigatran Apixaban Rivaroxaban Marcumar® Pradaxa® Eliauis® Lixiana® Xarelto® Vitamin K-Antagonist direkter Thrombin- direkter Faktor Xa- direkter Faktor Xa- direkter Faktor XaEffekt (VKA) hemmer (Faktor lla) Hemmer Hemmer Hemmer iünqer:5-9; älter:11 -13h 12-17 h 9-14 h 9-14 h HWZ 144 h Wirkeintritt nach 2-3 d nach 3-4 h nach 1-2 h nach 2 h nach 2-4h Gerinnung normal nach 7-10 d nach 12 -24 h nach 12- 24 h nach 12 - 24 h nach 12 - > 48 h (1) (1) (1) (1) Monitoring INR VorhofINR 2,0-3,0 2 X 150 mg 2x5mg 1 X 60 mg 1 X 20 mg 1. Tag: 2-3 Tbl 2 x 110 mg bei 2 80 J 2 x 2,5 mg wenn 2 der 1 x 30 mg bei GFR 15- GFR 15-50: 1 x 15 mg flimmern: 2. Tag: 2Tbl o. GFR 30-50 o. Ve- Kriterien: > 80 J., < 60 50 o. < 60 kg o. Kombi ThrombembolieAb 3. Tag: 1 Tbl rapamil, Amiodaron prophylaxe mit P-gp-lnhib kQ, Krea 2 1,5 Tag 1-5-7: Heparin bis Tag 1-5: Heparin Tag 1-7: 2x10 mg Tag 1-5: Heparin Therapie Tag 1-21 : 2x15mg INR effektiv tiefe Venenab Tag 6: 2x150mg ab Tag 8: 2x5 mg ab Tag 6: 1x60 mg ab Tag 22: 1x20 mg INR 2,0-3,0; Start thrombose + (Dosisred. wie AF) 1 x 20 mg (Dosisreduk (Dosisred. wie AF) ab Tag 2 wie AF Lungenembolie 1 X 60 mg 2 X 150 mg 2 x 5 mg (ab 7. Mowie AF); ab 7. Monat 10 Rezidivprophyl. INR2,0-3,0 (Dosisreduk wie AF) nat Antikoagulalion) (Dosisreduk wie AF) od. 20 mal Thromboseformale Zulassung, in 2 x 110 mg; 2x75mg 2x2,5 mg keine Zulassung 1 X 10 mg bei GFR 30-50, > 75 J o. (Start frühestens 12prophylaxe (Start frühestens 6-12 praxi kaum Verapamil, Amiodaron Hüft/Knie-TEP 24 h postoo) h postop) AnwendunQ mechanische Herzklappe Weitere lnd. nein nein nein KH K-Prävention (Spezifische) kein Monitoring (INR) (a) mechanische Herzklappenprothesen, (b) mind. mittelschwerer Mitralstenose, Kontraindimöqlich (c) Antiphospholipidsvndrom mit hohem Risiko, (d) Schwanqerschaft/Stillzeit kation (KI) allgemeine KI: akuter Schlaganfall, akute Endokarditis, Perikarditis, Hirnarterienaneurysma, disseziierendes Aortenaneurysma, Magen-Darm-Ulzera, Augen-OP, schwere Traumen oder große OPs (v.a. ZNS), Schwanaerschaft, schwere Leber- o. Niereninsuffizienz, hämorrhaaische Diathese Dosis NierenINR-Ktr; formal KI bei GFR 30-50: 2x110 GFR 15-29: 2x2,5 GFR 15-50: 1x30 GFR 15-50: 1x15 insuffizienz schwerer Niereninsuff KI bei GFR < 30 KI bei GFR < 15 KI bei GFR < 15 KI bei GFR < 15 KI bei hepatischer Koagulopathie; KI bei über 2- bzw 3-fach erhöhten Leberenzymen in Dosis Lebermeist Dosis t Zulassungsstudien; ansonsten keine generelle Dosisanpassung insuff (INR-Ktr) Keine Anpassung Keine Anpassung Keine Anpassung 2 80J.: 2x110mg Dosis Altere meist Dosis t l!Jlabhängigvon Mahlzeit l!Jlabhängigvon Mahlz. unabhängig von Mahlz. unabhängig von Mahlz. mit Mahlzeit Einnahme Blutungsrisiko gering: Blutungsrisiko gering: > > 6-7 Tage: dann Pause vor 224 h :?: 24 h GFR > 50: 1 -2 Tage; Bridging mit Heparin 24h invasiven GFR 30-50: 2-3Tage Blutungsrisiko hoch: Eingriffen Blutungsrisiko hoch: > 48h GFR > 50: 2-3 Tage; GFR 30-50: > 4 Taae Andexanet alfa Andexanet off-label Andexanet alfa Antidot Vitamin K ldarucizumab (1) laut Hersteller üblicherweise nicht notwendig, aber auch durch in der Praxis gängige Tests nicht möglich.



1

1 ■



Antikoagulantien und Gerinnungstests 1 1 PTT 1 Anti-FaktorQuick 1 Antikoagulanz INR TZ (therapeutische Dosis) Xa 2 (.,1, ) unfrakt. Heparin (i) ii ti ii niedermol. Heparin (t) (1 ) ti Fondaparinux ti Vit.-K-Antagonisten .Jr.J, ii i Faktor-Xa-lnhibitoren (-!-) (t) (t) ii .,1, (i) Dabigatran i iii Tab. 2.35 b: Antikoagulantien und Beeinflussung von Gerinnungstests (Internist 55: 541 (2014)) derze1·t f ur " d.18 Prax1s emo·fo hlene Test s: Faktor-Xa-lnhibitoren: Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban Dabigatran Faktor-Xa-lnhibitoren 1 Testempfindlichkeit abhängig von Plasmaspiegel u. Testreagenz Peakwert-Test3 aPTT Anti-Xa-Aktivität 2 Medikamentenspezifisch kalibriertes Testsystem l"alwert-Test3 Thrombinzeit Anti-Xa-Aktivität 3 allgemein verfügbarer Test Substanz-spez. Test Hemoclot® Anti-Xa-Aktivität (kalibriert)

Die Routinegerinnung (PTT, Quick/lNR) ist unter neuen oralen Antikoagulantien nicht verlässlich. Speziell lässt sich keine Aussage auf die blutverdünnende (Rest)Wirkung ableiten. Arzneistoffliste IMPP

■ ■

■ ■

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

170

Zur Minderung von Blutungskomplikationen: Vorsicht mit NOAKs bei hohem Risiko für gastrointestinale Blutungen (Ulcus ventriculi/duodeni, ösophagusvarizen, Divertikulitis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen); Beachte: unter NOAKs im Vergleich zu Marcumar weniger intrakranielle und letale Blutungen, aber erhöhtes Risiko für gastrointestinale Blutungen.

Reduktion modifizierbarer Blutungsfaktoren (~ 2.11.2.4.2) Begleittherapie mit Thrombozytenaggregationshemmern (~ 2.16.3.5) oder NSAID auf das unbedingt Erforderliche begrenzen (erwäge dann plus Protonenpumpenhemmer) Vermeide Kombination mit starken P-Glykoprotein-lnhibitoren (NOAK-Verstärkung) oder -Induktoren (NOAK-Abschwächung) Pharmakon HIV-Protease-! nhibitoren -Tyrosinkinase-lnhibitoren (lmatinib. Crizotinib, Sunitinib. Vandetanib) Carbamazepin, Phenobarbital. PhenY,toin, Johanniskraut Azole Verapamil Amiodaron Dronedaron Clarithromycin Pharmakokinetische Interaktionen der NOAKs (DGK 2020)

1

Antikoagulation bei Malignomen ■

- Bei Lungenembolie (LE) und Malignom (z paraneoplastische LE) Antikoagulation für mind. 6 Monate, bevorzuge niedermolekulares Heparin s.c. gegenüber Vitamin K Antagonist - Erwäge Edoxaban oder Rivaroxaban bei Pat ohne Magen-Darm-Malignom alternativ zu niedermolekularem Heparin (gastrointestinale Malignome ausgeschlossen, da unter NOAKs vermehrt gastrointestinale Blutungen) - Bei LE unter Malignom erwäge lebenslange Antikoagulation (über die ersten 6 Mo hinaus) o. bis Malignom geheilt

Studien Thrombembolieprophylaxe nach Gelenksersatz

Apixa-

ban Dabigatran

Edoxa-

ban Rivaroxa-

ban

ADVANCE-2: Apixaban vs Enoxaparin nach Knie-TEP gleichwertig (getestet auf Nicht-Unterlegenheit) Lancet

Therapie venöse Thrombembolie/ Lungenembolie

Langzeitrezidivprophylaxe (nach mehrmonatiger Antikoaaulation) AMPLIFY-EXT: Apixaban war Placebo bzgl Rezidivrisiko deutlich überlegen. NEJM 368: 699708 (2013) RESONATE: Dabigatran war Placebo bzgl Rezidivrisiko deutlich überlegen. NEJM 368: 699708 (2013)

AMPLIFY: A. war Enoxaparin bzgl. Rezidiv oder Tod nicht unterlegen bei reduz. schweren Blutungen. 375: 807-815 (2010) NEJM 369: 799-808 (2013) RENOVATE-2: Dabigatran RECOV ER: Dabigatran vs war Enoxaparin nicht Warfarin nach Phlebothromunterlegen (überlegen bei bose u/o Lungenembolie schweren genauso effektiv Phlebothrombosen und NEJM 361: 2342-2352 (2009) assoz. Todesfällen). Thromb Haemost 105: 721- RECOVER II : Bestätigung 729 (2011) von RECOVER, verminderte Blutungsgefahr Circulation 129: 764-772 (2014) HOKUSAI: Edoxaban war Warfarin nicht unterlegen, bei weniger Blutungen. NEJM 369: 1406-1415 (2013) EINSTEIN: Riva. vs Warfarin EINSTEIN-EXT: RECORD 1 + 3: Rivaroxaban war Enoxaparin nach Phlebothrombose ge- Rivaroxaban war Placebo (nach Hüft-TEP bzw. Knienauso effektiv. NEJM 363: bzgl Rezidivrisiko deutlich TEP) überlegen. NEJM 358: 2499-2510 (2010) überlegen. EINSTEIN-PE: dito bei LE. NEJM 363: 2499-2510 2765-2775; 2776-2786 '2008) NEJM 366: 1287-1297(2012) '2010)

Thrombembolieprophylaxe bei Vorhofflimmern ARISTOTLE: Apixaban war Warfarin (INR 2,0-3,0) überlegen bei verminderten schweren Blutungen. NEJM 365: 981-992 (2011) RE-LY: Dabigatran (2x110 mg vs 2x150 mg) vs Warfarin: Dabigatran 2 x 110 mg und Warfarin gleich effektiv, schwere Blutungen bei Dabigatran .J,; Dabigatran 2 x 150 mg war Warfarin überlegen bei vergleichbaren schweren Blutungen. NEJM 361 : 1139-1151 (2009) ENGAGE AF TIMI 48: E. war Warfarin nicht unterlegen, weniger Blutungen und kardiovask. Todesfälle. NEJM 369: 2093-2104(2013) ROCKET-AF: Rivaroxaban vs Warfarin (INR 2,0-3,0) genauso effektiv bei weniger intrakraniellen und tödlichen Blutungen. NEJM 365: 883-891 (2011)

Vergleich der neuen oralen Antikoagulantien untereinander nicht zulässig, da Unterschiede in Einschlusskriterien, Endpunkten und Statistik (teils auf Nichtunterlegenheit, teils auf Überlegenheit getestet). Rivaroxaban bei akutem Koronarsyndrom: In ATLAS 2 unter Rivaroxaban vs Placebo zusätzlich zu ASS+ Clopidogrel signifikante Senkung der Sterblichkeit (Stentthrombosen .J, ). Beachte: bei AKS ist Kombination von ASS + Prasugrel oder Ticagrelor (statt Clopidogrel) neuer Standard. Derzeit keine routinemässige Gabe von Rivaroxaban beim AKS empfohlen.

NOAK vs Vitamin-K-Antagonisten bei Vorhofflimmern plus perkutaner Koronarintervention (PCI) PIONEER-AF-PCI (NEJM 2016): antithrombotisches Regime bei Vorhofflimmern plus perkutaner Koronarintervention (PCI): (a) Rivaroxaban 15mg/d plus Clopidogrel vs (b) Rivaroxaban 2 x 2,5 mg plus Clopidogrel plus ASS vs (c) Vitamin K Antagonist plus Clopidogrel plus ASS. Schwere Blutungen in (a) 16,8 % vs (b) 18,0 % vs (c) 26,7 %. AUGUSTUS-Studie (NEJM 2019): antithrombotisches Regime bei Vorhofflimmern plus AKS oder perkutaner Koronarintervention (PCI): unter Apixaban plus Clopidogrel vs Vitamin-K-Antagonist plus Clopidogrel schwere Blutungen in 10,5% vs 14,7% bei gleicher Häufigkeit ischämischer Ereignisse. Zusätzliche Gabe von ASS vs Placebo steigerte Blutungen weiter. Merke: wenn orale Antikoagulation plus Thrombozytenaggregationshemmung notwendig, ist NOAK plus Clopidogrel sicherer als Triple mit Vitamin-K-Antagonist plus Clopidogrel plus ASS.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.9.3.10

171

Vitamin K-Antagonisten (Cumarine)

Phenprocoumon Marcu mar®

Warfarin

Coumadin®

EIGENSCHAFTEN: - spätes Wirkungsmaximum nach 48-72 h; protrahierte Wirkdauer: nach Absetzen 7- 10 d bis zur Normalisierung der Gerinnung (abhängig vom Ausgangs-lNR) - hohe Eiweißbindung => schon geringe Verdrängung aus der Proteinbindung kann zu erheblichem Anstieg der gerinnungshemmenden freien Konzentration führen - Therapiekontrolle: Quick oder besser: INR (s.u.) - plazentagängig, muttermilchgängig => kontraindiziert in Schwangerschaft und Stillzeit - gute Resorption nach oraler Gabe - hepatische Metabolisierung (CYP 2C9 + 3A4 ), renale Elimination der Metaboliten WIRKUNG: - antikoagulatorisch ::::: gerinnungshemmend (nur in vivo): Synthesehemmung der Vitamin K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X durch kompetitive Hemmung der Vitamin K 1-Reduktase (genauer 2 Enzyme: Vitamin-K-Epoxid-Reduktase und Vitamin-K-Chinon-Reduktase) => wegen der Unterbrechung des „Vitamin-K-Epoxid-Zyklus" werden die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren als unvollständige Vorstufen synthetisiert, denen die Gamma-CarboxyglutaminsäureReste fehlen. Auf voll carboxylierte Gerinnungsfaktoren haben Cumarine keinen Einfluss => verzögerter Wirkeintritt - frühestens ab dem 3. Tag.

Inaktive Faktoren 11, VII, IX, X , Protein C, S , Z

Vitami.n K reduziert (Hydrochinon)

~ Cumarine



1

Aktive Faktoren II, VII , IX, X , Protein C , S, Z

y-GlutamylCarboxylase 1

1

1

Vitamin-K-Reduktase VKORC1

~

--------.. 1

Vitamin K oxidiert (Epoxid)

~

Abb. 2.30b: Wirkmechanismus der Cumarine. Cumarine besitzen einen verzögerten Wirkungseintritt, da noch intakte Vitamin Kabhängige Gerinnungsfaktoren entsprechend ihrer HWZ zur Verfügung stehen.

NEBENWIRKUNG: - Blutungen (v.a. gefürchtet sind ZNS-Blutungen): Blutungsgefahr steigt mit zunehmender Tagesdosis und Verlängerung der Gerinnungsparameter (Quick, besser: INR) an Cumarin-Nekrose ::::: durch orale Antikoagulantien hervorgerufene Nekrosen von Haut und subkutanem Fettgewebe - Cumarine verursachten zur Therapiebeginn durch eine bevorzugte Synthesehemmung von Protein C und S eine Hyperkoagulabilität => Kapillarthrombosen => mit Synthesehemmung der Gerinnungsfaktoren kommt es zur Einblutung in das emboliegeschädigte Gewebe => hämorrhagische lnfarzierung => Nekrose - Beginn zwischen 3.-10. Tag nach Therapiebeginn (in 75 °/o zwischen 3.-5. d) - Prädilektionsstellen: ausgeprägtes Fettgewebe (weibliche Brust, Hüfte, Gesäß, Oberschenkel) - Risikogruppen : hereditärer Protein C-Mangel oder S-Mangel, adipöse Frauen nach der Menopause - oft mit einer durch Antikoagulantien erzeugten Hautblutung verwechselt, aber: keine Hypokoagulabilität durch Antikoagulanzienüberdosierung - Prophylaxe: mittlere Aufsättigung wählen (z.B. 3 Tbl. Marcumar pro die), hochdosierte Aufsättigung meiden; simultane Heparingabe während der lnitialphase. Orale Antikoagulantien hemmen neben o.g. Gerinnungsfaktoren auch die Gerinnungsinhibitoren Protein C + S. In der lnitialphase erhöhte Gerinnungsneigung, da die Gerinnungsfaktoren (außer Faktor VII) eine längere HWZ als die Gerinnungsinhibitoren aufweisen: HWZ Faktor II 50 h, Faktor VII 6 h, Faktor IX 24 h, Faktor X 36 h, Protein C 8 h, Protein S 30 h. Arzneistoffliste IMPP

• ■

1

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

172

Beachte: Aufgrund der langen HWZ einiger Gerinnungsfaktoren (v.a. Faktor II) besteht die volle antikoagulatorische Wirkung erst einige Tage nach Therapiebeginn, obwohl Quick bzw. INR wegen der schnelleren Abnahme von Faktoren mit einer kürzeren HWZ (v.a. Faktor VII) schon schneller einen antikoagulatorischen Effekt nachweisen. - reversibler Haarausfall - verzögerte Kallusbildung - ferner: erhöhte Gerinnungsneigung während der Einleitungsphase einer oralen Antikoagulation (s.u.)

INDIKATION: (c:> Tab. 2.38) - Phlebothrombose, Lungenembolie (Prävention venöser Thromboembolien) (~ 2.17.2, 2.18.3) - Vorhofflimmern (Prävention systemischer Embolien) (c:> 2.11.2.4) - mechanische Herzklappen, bestimmte erworbene Klappenfehler (Prävention system. Embolien)

1

KONTRAJNDIKATION: - erhöhte Blutungsbereitschaft: hämorrhagische Diathese (Ausnahme Verbrauchskoagulopathie), schwere Leberinsuffizienz, schwere Niereninsuffizienz, schwere Thrombozytopenie - Verdacht einer Läsion des Gefäßsystems: - schwere, unkontrollierte Hypertonie(> 110 mmHg diast.) - floride Endokarditis (kommt es bei Endokarditis zu einem thrombembolischen zerebralen Insult, droht unter oralen Antikoagulantien eine sekundäre Einblutung mit intrazerebraler Massenblutung) - diabetische Retinopathie mit Fundusblutungen, andere intraokulare Blutungen - operativer Eingriff oder Trauma am ZNS (intrazerebral, intraspinal) oder zerebraler bzw. zerebrovaskulärer Prozeß (frischer zerebraler Insult, Hirnarterienaneurysma) - Operationen, größeres Trauma, Entbindung, Organbiopsie, Punktion nicht komprimierbarer Gefäße, gastrointestinale oder urogenitale Blutung - Schwangerschaft, Stillzeit (plazentagängig, teratogen)

• • 1

INTERAKTION : Wirkunasverstärkuna Wirkunasabschwächuna Enzyminduktion Verdrängung aus der - Phenylbutazon - Barbiturate (durch CYP3A4Plasmaprotein-Phenytoin - Griseofulvin bindung Induktoren) - Sulfonamide - Rifampicin - Sulfonylharnstoffe -Carbamazepin - Salicylate in hohen - Johanniskraut Hemmung der Dosen Unterbrechung des -Colestyramin Synthese von enterohepatischen -Chinidin Kreislaufes Gerinnungsfaktoren - Tetracycline direkter Hemmung der - Allopurinol - Vitamin K (u.a. in metabolischen Antagonismus grünem Gemüse: - Chloramphenicol Inaktivierung Spinat, Kohlsorten) - Paracetamol





Tab. 2.36

1

Die Kombination von Cumarinen mit Thrombozytenaggregationshemmern verstärkt die Blutungsgefahr.

Therapiekontrolle -

1

Da die Thromboplastinreagenzien wie auch die Meßmethoden nicht standardisiert sind, können Bestimmungen der Thromboplastinzeit nach Quick nicht von einem Labor auf das andere übertragen werden. Zur Standardisierung der Thromboplastinzeit-Bestimmung ist die INR ~ international normalized ratio eingeführt worden. Beachte: die INR soll nur bei stabil antikoagulierten Patienten, nicht hingegen während der Einstellungsphase verwendet werden. TPZ (Patient)

181

INR =

INR Quick

2.0 38%

2.5 29%

3.0 24%

3.5 20%

4.0

4.5 15 %

TPZ (Kontrolle) ISI "" international sensitivity index (Angabe vom Reagenzien-Hersteller)

In der Therapiekontrolle der oralen Antikoagulation ist der Quick-Wert von der weniger störanfälligen INR (international normalized ratio) abgelöst.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

173

Allgemeines Phenprocoumon: Zeitintervall von Therapiebeginn bis Wirkungseintritt ~ 48-72 h, Normalisierung der Gerinnung nach Therapieende ~ 7 (-14) Tage. Beachte die erhöhte Gerinnungsneigung während der Einleitungsphase einer oralen Antikoagulation: Protein C ist ein auch Vitamin K-abhängiges, jedoch gerinnungshemmendes

-

-



Protein, dessen HWZ kürzer ist als die der Vitamin K abhängigen Gerinnungsfaktoren II , VII, IX, X => Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Gerinnungsfaktoren und Inhibitor => thrombogener Effekt in den ersten 24-48 h durch vermindertes Protein C (siehe auch Cumarin-Nekrose). Empfehlung: - verzögerte Aufsättigung reduziert Gleichgewichtsverschiebung - Kombination mit Heparin, wenn rasche Antikoagulation erwünscht anstehende OP unter Marcumar: Marcumar absetzen, dafür Heparin (bevorzugt niedermolekular) mit kurzer Pause am OP-Tag, post-op Heparin weiter und nach erneuter Marcumarisierung noch für einige Tage überlappend; ASS oder Clopidogrel sind keine Alternative zu Marcumar bzw. Heparin. Kombination von Phenprocoumon + ASS: nicht routinemäßig, aber für spezielle Indikationen (Tab. 2.38); im Extrem als „Triple-Therapie" (+ASS+ Clopidogrel) nach Koronarstent (q 2.16.3.5, 2.11.2.4.2) Beachte: keine orale Antikoagulation in der Akutphase der Heparin-induzierten Thrombopenie oder kurz danach, da erneute Thrombembolien und Cumarin-Nekrosen drohen; Empfehlung: DanaparoidNatrium oder Ar atroban, erst nach eini en Ta en einschleichend Marcumar q 2.9.3.1 Phenprocoumon Marcumar® (Tbl 3 mg)

Prophylaxe und Therapie von Thrombosen und Embolien: Anf-Dosis: 1. Tag 6-9 mg (2-3 Tbl), 2. Tag 6 mg (2 Tbl), ab 3. Tag täglich Thromboplastinzeit: INR niedriger als Zielbereich => 4,5 mg (1 ½ Tbl) INR im therapeutischen Bereich=> 3 mg (1 Tbl) INR oberhalb Zielbereich=> 1,5 mg (1/2 Tbl) INR > 4,5 => Pause Erhalt-Dosis: üblicherweise 1,5-4,5 mg (½ - 1 ½ Tbl) INR-Zielbereich entsprechend Vorgaben der Fachgesellschaften Kdr < 14 J: unzureichende Kenntnisse DosNI, Dosll: bei schweren Leber-/Nierenerkrankungen kontraindiziert (Blutung) Grav: kontraindiziert (teratogen, fetale Blutungen) Still: strenge Indikationsstellung (muttermilchgängig, dadurch frühkindliche Hypoprothrombinämie möglich=> Säuglinge sollten prophylaktisch Vitamin K erhalten)

2.9.3.11

Vitamin K1

1

Konakion®

CHARAKTERISTIKA: - aus Pflanzen stammendes, fettlösliches Vitamin - in der Leber werden unter Mitwirkung von Vitamin K1 die Gerinnungsfaktoren II , VII, IX und X synthetisiert => Neutralisierung von Cumarinen - verzögerter Wirkungseintritt: beginnender Anstieg vom Quick-Wert ~ 3 h nach intravenöser Gabe von Vitamin K1, Normalisierung der Gerinnungsparameter erst nach Tagen - Vitamin K1 kann nur bei ausreichender Lebersyntheseleistung die Gerinnungsfaktoren erhöhen, bei schwerer Leberinsuffizienz sind Vitamin K-Präparate unwirksam - keine i.m.-Gabe von Vitamin K zur Antagonisierung der Antikoagulation (Hämatome !) - Anwendung : - Überdosierung/Antagonisierung von Cumarin-Derivaten - Vitamin K-Mangelzustände, Hypoprothrombinämie (""' Mangel an Vitamin K-abhängigen

1

Gerinnungsfaktoren; Bspl.: stillende Mutter unter oraler Antikoagulation => Säugling erhält Vitamin K)

- Pädiatrie: Vitamin K-Prophylaxe bei Neugeborenen verhindert Vitamin-K-Mangel-Blutungen - Vermeide Vitamin K zur Gerinnungsnormalisierung vor elektiven OP's, da die postoperative Einstellung deutlich erschwert wird

Cumarin-induzierte Blutungen - akute lebensbedrohliche Blutungen: Frischplasma, PPSB (Wirkungseintritt sofort) und Konakion i.v., nicht i.m. (Wirkungseintritt verzögert) - leichte Blutungen: Cumarinderivatabsetzen, ggfs. Konakion® oral

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

174

Konakion® MM 10 mg (Amp 1 ml = 10 mg)

für Neugeborene: Konakion® MM 2mg (Amp 0,2 ml = 2 mg)

Konakion® für Neugeborene (Amp 0,5 ml = 1 mg)

Vitamin K Prophylaxe für Schwangere unter Antikonvulsiva oder Tuberkulostatika: 10-20 mg p.o. oder 2-5 mg i.m. 48 bis einige h vor Entbindung Vitamin K Mangelblutungen (meist Quick < 10 % bzw INR > 6): bei leichten Blutungen 1-5 mg p.o., ansonsten Dosierung nach Wirkung Lebensbedrohliche Vitamin K Mangelblutungen: 1-10 mg langsam i.v., (ggfs zusätzlich Prothrombinkomplex 30 E./k_!;J) Vitamin K Mangelblutungen infolge Uberdosierung von Cumarinen : bei leichten Blutungen: Absetzen des oralen Antikoagulans mittelschwere Blutungen: 5-10 mg p.o. kritische Blutungen: 10 mg langsam i.v. + Prothrombinkomplex 30 E./kg Therapiekontrolle per Quick-Wert, der nach 30-60 min auf > 30 % ansteigen soll, ansonsten erneute Gabe (und/oder Prothrombinkomplex oder Frischplasma)

Neugeborene: Prophylaxe für gesunde Neugeborene: je 2 mg p.o. am 1. Tag (U 1), an einem Tag zwischen dem 3.-10. Tag (U 2), an einem Tag zwischen der 4.-6. Woche (U 3) kranke Früh- oder Neugeborene: bei Geburt 100-200 ~19 i.m. oder s.c., weiter Gabe p.o . anstreben, Dosen abhängig von Klinik

1

Grav: kein Anhalt auf Mutagenität

Still : keine Bedenken

Orale Antikoagulation mit NOAK oder VKA

1

Phlebothrombose

TVT: mit reversiblem Risikofaktor T: idiopathisch, distal (Unterschenkel) - Dauer 3 Monate

TVT: tiefe VenenThrombose r::> 2.17.2

1

r Heparin-Gabe (Tag 1-5): Dabigatran, Edoxaban

Lungenembolie (LE)

LE: mit reversiblem Risikofaktor - Dauer 3 Monate LE: idiopathisch - > 3 Mo.- lan ohne Schock od . rezidiv. TVT oder LE, idiopathisch - Dauer: lebenslan Hypotension - NOAKs mit vorheriger Heparin-Gabe (Tag 1-5): Dabigatran, Edoxaban 19 ~~-~ ~~ ) - Bei LE mit Schock oder Hypotension: unfraktioniertes Heparin+ Thrombolyse

*

8

Thrombembolie bei Malignom r::> 2.18.3

Thombembolie bei Antiphospholipid-Syndrom

Vorhofflimmern (AF) (ESC 2019) 2 12 2 r::> · 1 · .4

hochgradige linksventrikuläre D sfunktion

erworbene Klappenfehler (ESC 2017)

■ ■

Herzklappenersatz (ESC 2017)

off-label (Edoxaban, Rivaroxaban)

TVT oder LE bei Karzinom: bevorzuge - NMH für mind. 6 Monate niedermolekulares Heparin (NMH), - erwäge lebenslang oder ggfs alternativ INR 2.0-3.0 oder off-label bis Karzinom geheilt NOAK, wenn kein Magen-Darm-Tu -------~--------+-------------.! Kombi von rezidiv. art. + ven. Throm- - Z.n. Thrombembolie: bosen, erhöhte Abortrate, Nachweis lebenslang VKA von Anti hos holi idantikör ern - z.n. Spontanabort: NMH+ASS alleiniges Vorhofflimmern< 65 Jahre - 0 Antikoagulation, 0 ASS

Vorhofflimmern bei CHA2DS2VASc- - Dauer lebenslang Score 2'. 2 Männer bzw. 2'. 3 Frauen - CHA2DS2VASc-Score: Cardiac failure / LV-Dysfunktion (1 ), Hypertonie (1 ), Alter> 75 J. (2), Diabetes (1 ), Strake, TlA, Thrombembolie (2), Vaskuläre Erkrankung: KHK, pAVK, Aorten la ue 1 , Alter 65-74 J. 1 , Sex: weibliches Geschlecht 1 0 0 im Sinusrhythmus: per se keine Indikation + absolute Arrhythmie + linksventrikulärer Thrombus

- Dauer lebenslan - Dauer lebenslang

Mitralklappenstenose mit (a) Vorhofflimmern - Dauer lebenslang o. Z.n. Thrombembolie (b) linkes Atrium> 55mm, (c) linksatrialer Thrombus/Spontanechos Rheumatisches Mitralklappenvitium und syste- - Dauer lebenslang mische Embolie o. Thrombus trotz effektiver INR Aortenklappenvitium (Sinusrhythmus) mit: - Dauer lebenslang Z.n. systemischer Embolie bei Klappenthrombus

mechanische Herzkla

e

- Dauer lebenslang

(1) Mitral- o. Trikuspidalklappenersatz, Z.n. Thrombembolie, rombogenität Vorhofflimmern, Mitralstenose jeder Schwere, LVEF < 35 % (2) Carbomedics, Medtronic Hall, ATS, Medtronic Open12> ..::...:..:.c=-=~--=---1 Pivot, St.-Jude Medical, ON-X, Sorin Bicarbon diär 131 (3) übrige Doppelflügelklappen - -c-h..,.1=,4 - - - 1(4) Ullehei-Kaster, Omniscience, Starr-Edwards (Kugelkäfig), 0 Björk-Shiley u.a. Kippscheibenprothesen

Tab. 2.38: Empfehlungen zur oralen Antikoagulation mit NOAK (Nicht-Vitamin K orale Antikoagulantien::::: neue orale Antikoagulantien) oder VKA (Vitamin K - Antagonisten) * bis zu lebenslang

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.9.4

Fibrinolytika

2.9.4.1

Übersicht

fibrinselektiv AktivierunQstyp Plasma-HWZ RR-Abfall allera. Reaktionen Lvse wiederholbar

Tenecteplase

Streptokinase ~ SK

Urokinase ~uK

Alteplase ~ rt-PA

Reteplase ~ r-PA

außer Handel nein indirekt 20 min ja ja nein

Syner-Kinease-t

Actilvse® ja direkt ~ 6 min nein nein ja ++ + ja

außer Handel ja direkt

ja

Metalyse® ja direkt ~ 15 min nein nein ja kaum + ja

AMI, PhlThr, LE, pAVK, Stroke

AMI

AMI

nein direkt ~ 15 min nein nein ja

Hemmung durch PAI

svstem. Effekt früh i.v. Heoarin geprüft für

175

++++

nein AMI, PhlThr, LE, pAVK

++ ja AMI , PhlThr, LE, pAVK

"" 12 min nein nein ja ++ +

~TNK

Tab. 2.40: Übersicht Thrombolytika. systemischer Effekt s.u.

PAI "" Plasminogenaktivator-lnhibitor AMI "" akuter Myokardinfarkt PhlThr ""' Phlebothrombose LE "" Lungenembolie pAVK "" periphere arterielle Verschlußkrankheit i.S. eines akuten arteriellen Verschlusses Strake ::::: akuter ischämischer zerebraler Insult Streptokinase und Urokinase sind die klassischen Thrombolytika. APSAC (außer Handel) ist ein modifiziertes Streptokinase-Präparat. Alteplase ist die Referenzsubstanz der neuen Plasminogenaktivatoren, Reteplase und Tenecteplase sind neue Alteplase-Abkömmlinge.

Die Plasminogenaktivatoren Streptokinase und Urokinase wirken unspezifisch auf Fibrinogen und Fibrin gleichzeitig. Dadurch entstehen große Mengen FibrinogenSpaltprodukte, die eine hohe antikoagulatorische Potenz aufweisen . Alteplase (rt-PA) und seine neuen Abkömmlinge Reteplase (r-PA) und Tenecteplase (TNK) weisen eine höhere Fibrinaffinität auf. Dadurch kommt es zu einer hohen lokalen Effektivität am Thrombus und geringeren systemischen Effekten. Der erhoffte Vorteil geringerer Blutungskomplikationen unter den neuen fibrinselektiven Thrombolytika ließ sich nicht bestätigen. Die Gefahr intrazerebraler Blutungen liegt unter 1 %, wobei Streptokinase im direkten Vergleich mit Alteplase günstiger war. Etwaige Defekte an intrazerebralen Gefäßen sind - wie im übrigen Gefäßsystem - durch Fibrin verschlossen. Ein fibrin-selektives Thrombolytikum induziert an Fibrin-reparierten Gefäßdefekten eine Blutung, trotz des fehlenden systemischen antikoagulatorischen Effektes.

2.9.4.2

Streptoki nase

CHARAKTERISTIKA: - historisch, mittlerweile außer Handel - Stoffwechselprodukt hämolysierender Streptokokken: Antikörperbildung gegen Streptokinase (z.B. nach früheren Infekten mit ß-hämolysierenden Streptokokken oder nach früherer Streptokinasetherapie) => allergische Reaktionen möglich => keine kurzfristige Wiederholung einer Streptokinaselyse

1

1 ■

176

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.9.4.3 Gewebeplasminogenaktivator: Alteplase : : : rt-PA



Actilyse®

CHARAKTERISTIKA: rt-PA ~ rekombinanter tissue type plasminogen activator - physiologischer Plasminogenaktivator, gentechnologisch hergestellt - keine Antikörperbildung => keine allergischen Reaktionen - fibrinse lektiv: Aktivierung überwiegend des Fibrin-gebundenen Plasminogens => nur geringer systemischer Effekt breites Indikationsspektrum: AMI , Phlebothrombose, LE, pAVK, Strake Referenzsubstanz der neuen Plasminogenaktivatoren Alteplase Actilyse® (Durchstechflasche 10 mg, 20 mg, 50 mg)

Akuter Myokardinfarkt (innerhalb 12 h nach Symptombeginn): Akzelerierte Gabe über 90 min (für Pat. innerhalb 6 h nach Symptombeginn): 15 mg als Bolus i.v. , dann 50 mg als Infusion über 30 min, dann 35 mg als Infusion über 60 min (gesamt 100 mg über 90 min) Bei < 65 kg: 15 mg als Bolus i.v.. dann 0, 75 mg/kg (max 50 mg) als Infusion über 30 min, dann 0,5 mg/kg (max 35 mg) als Infusion über 60 min (gesamt 1,5 mg/kg über 90 min) 3-h-lnfusionsschema (für Pat. zwischen 7.-12. Stunde nach Symptombeginn): 10 mg als Bolus i.v. , dann 50 mg als Infusion über 60 min, dann 40 mg als Infusion über 2 h (gesamt 100 mg über 3 h) adjuvant: schnellstmöglich ASS (160-300 mg/d) + Heparin i.v. über 24 (bei akzelerierter Gabe über mind. 48 h); Empfehlung Heparin: initial 5000 I.E. Bolus i.v. (Bolus bereits vor Lysebeginn), dann 1000 I.E./h mit PTT 1,5 - 2,5 fach verlängert Akute Lungenembolie (bei hämodynamischer Instabilität): 10 mg als Bolus i.v. , dann 90 mg als Infusion über 2 h (gesamt 100 mg über 2 h}; bei < 65 kg gesamt 1,5 mg/kg über 2 h adjuvant: Heparin i.v. , sobald PTT< 2-faches des Normwertes; Ziel-PTT 1,5 - 2,5 fach verlängert Akuter ischämischer Schlaganfall (innerhalb 3 h nach Symptombeginn und nach Ausschluß einer intrakraniellen Blutung): 0,9 mg/kg (max 90 mg) über 60 min (davon 10 °/o als initialer Bolus i.v.) adjuvant: innerhalb der ersten 24 h kein ASS, kein Heparin i.v. Dosll: bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert (wegen Blutungsrisiko) Grav: indiziert bei vitaler Indikation Still : indiziert bei vitaler Indikation

2.9.4.4

TNK

~

Tenecteplase

Metalyse®

CHARAKTERISTIKA: - rekombinant produzierte rt-PA Variante - längere HWZ erlaubt Gabe als Einmalbolus - Vorteil der nahezu fehlenden Inaktivierung durch PAI (Plasminogenaktivatorlnhibitor), wobei einen studienmäßig gesicherter Nutzen aussteht Tenecteplase Metalyse® (Durchstechflasche 8.000 U = 40 mg, 10.000 u = 50 mg)

ter Mvokardinfarkt (innerhalb 6 h nach Svmotombeainn): < 60 ka 6.000 U = 30 ma > 60 bis < 70 ka 7.000 U = 35 ma 8.000 U = 40 mQ ~ 70 bis < 80 ka 9.000 U = 45 mQ ~ 80 bis < 90 ka > 90 10.000 U = 50 mg adjuvant: schnellstmöglich ASS (150-325 mg/d) + Heparin i.v. Empfehlung Heparin: bei ~ 67 kg initial 4000 I.E. Bolus i.v. (Bolus bereits vor 1 Lysebeginn), dann 800 I.E./h; bei > 67 kg initial 5000 I.E. Bolus i.v. (Bolus bereits 1 vor Lysebeginn), dann 1.000 I. E./h; Ziel-PTT 1,5 - 2,5 fach verlängert 1 Dosll: bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert (wegen Blutungsrisiko) 1 Grav: indiziert bei vitaler Indikation Still: indiziert bei vitaler Indikation

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.9.4.5

177

Urokinase

CHARAKTERISTIKA: - körpereigener, aus menschlichem Urin gewonnener direkter Aktivator (physiologische Substanz) => keine Antikörperbildung => keine allergischen Reaktionen - angesichts der fehlenden Antigenität sind Langzeitlysen und Wiederholungslysen möglich Urokinase Syner-Kinase® (Durchstechflasche

100.000 I.E., 250.000 I.E., 500.000 I.E.)

' Lungenembolie: • Anf-Dosis 2000 I.E./kg oder 4.400 I.E./kg i.v. über 10-20 min, dann Erhalt-Dosis von 2.000 1.E./kg/h i.v. bei Kombination mit Heparin (Therapiedauer 24 h) oder 4.400 I.E./kg/h ohne Heparin (Therapiedauer 12 h); anschließend Heparin 500-800 I.E./h mit Ziel-Thrombinzeit 3-6 fach verlängert , Phlebothrombose: Anf-Dosis 250.000-600.000 I. E. i.v. über 10-20 min, dann Erhalt-Dosis 40.000100.000 I.E./h i.v. , adjuvant Heparin 500-800 I.E./h mit Ziel-PTT 1,5-3 fach verlängert; durchschnittliche Therapiedauer 7-14 Tage . Akute arterielle Thrombose: Anf-Dosis 250.000-600.000 I.E. i.v. über 10-20 min, dann Erhalt-Dosis 80.000150.000 I.E./h i.v., adjuvant Heparin 500-800 I.E./h mit Ziel-PTT 1,5-3 fach verlängert; durchschnittliche Therapiedauer 4-5 Tage Rekanalisierung arteriovenöser Shunts: ' lokale Lyse mit 5.000-25.000 I. E. in beide Schenkel des Shunts, ggfs. WH alle 30 min , Max-Dauer 2 h DosNI, Dosll: bei schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen kontraindiziert . (wegen Blutungsrisiko) Grav: indiziert bei vitaler Indikation ' Still: indiziert bei vitaler Indikation

2.9.4.7

Effekte der Fibrinolytika

WIRKUNG: - fibrinolytisch durch Aktivierung der inaktiven Vorstufe Plasminogen in die aktive Protease Plasmin PAI


manuelle Kompression - innere Blutungen (gastrointestinal, urogenital, retroperitoneal , am gefürchtetsten: intrazerebral) Therapie von schwerwiegenden Blutungskomplikationen: - Thrombolytikagabe sofort abbrechen - ggfs. Gabe von Erythrozytenkonzentraten oder Frischplasma - bei Lebensbedrohung: Antagonisierung des Thrombolytikums mit Tranexamsäure; Antagonisierung der begleitenden Heparinisierung mit Protamin Die intrazerebrale Blutung ist die gefürchtetste Blutungskomplikation von Thrombolytika. Die Häufigkeit beträgt < 1 %. - allergische Reaktionen: von Urtikaria bis hin zum anaphylaktischen Schock

INDIKATION : (q Tab 2.40) - akuter ST-Hebungsinfarkt (STEMI) innerhalb 12 h nach Symptombeginn, wenn keine perkutane Koronarintervention zeitnah verfügbar (q 2.16.3.1 , 2.16.3.4) - massive Lungenembolie (q 2.18.3) - tiefe Bein-, Beckenvenenthrombose (q 2.17.2) - akuter arterieller Verschluß (thrombembolisch) - akuter ischämischer zerebraler Insult (q 11.1.3) - unter Reanimation in bestimmten Situationen (q 2.18.3.1 O) Anwendung von Thrombolytika nur unter intensivmedizinischer Überwachung, beim akuten ST-Hebungsinfarkt (STEMI) oder bei fulminanter Lungenembolie auch präklinisch im Notarztwagen.

KONTRAINDIKATION zur systemischen Fibrinolyse bei akutem Myokardinfarkt: ■

absolute Kontraindikationen zur Lyse: - hämorrhagischer Insult oder Insult unklarer Ätiologie zu beliebigem Zeitpunkt - ischämischer Insult in den letzten 6 Monaten - Verletzung ZNS oder Neoplasie oder arteriovenöse Missbildung - größeres Trauma/OP/Kopfverletzung innerhalb des letzten Monats - gastrointestinale Blutung innerhalb des letzten Monats - bekannte Blutungsstörung (außer Menses) - Aortendissketion - nicht-komprimierbare Punktionsstellen (Leberbiopsie, Lumbalpunktion) in letzten 24 h relative Kontraindikationen zur Lyse: - TIA in den letzten 6 Monaten - orale Antikoagulation - Schwangerschaft oder innerhalb 1 Woche post partum - traumatische kardiopulmonale Reanimation - refraktäre Hypertonie (RRsyst > 180 mmHg u/o RRdiast > 110 mmHg) - fortgeschrittene Lebererkrankung - infektiöse Endokarditis - aktives peptisches Ulkus European Society of Cardlology (ESC) 2017

Die früheren Kontraindikationen „diabetische Retinopathie" und „erfolgreiche CPR" bestehen nicht mehr. Beim kardiogenen Schock infolge Lungenembolie wird die Lysetherapie angesichts der schlechten Prognose trotz (relativer) Kontraindikationen durchgeführt, da therapeutische Alternativen (Embolektomie bei der Lungenembolie) häufig nicht rasch genug verfügbar sind.

Die Kontraindikationen sind in einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung und im Hinblick auf therapeutische Alternativen zu berücksichtigen .

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

179

adjuvante Therapie

BESONDERHEITEN:

Alteplase, Reteplase und Tenecteplase aktivieren vorwiegend fibringebundenes, also thrombusständiges Plasminogen zu Plasmin. Dagegen führen Streptokionase, APSAC und Urokinase zu einer systemischen Plasminogenaktivierung mit Plasminämie. Das entstandene Plasmin baut thrombusständiges Fibrin, aber auch Gerinnungsfaktoren (V, VIII) und Fibrinogen proteolytisch ab ("systemischer Begleiteffekt") => antikoagulatorische Wirkung durch verminderte Gerinnungsfaktoren und Fibrin-Fibrinogen-Spaltprodukte (besonders bei Streptokinase und APSAC). Klinische Bedeutung: zur Vermeidung von Reokklusionen ist bei Alteplase, Reteplase , Tenecteplase und Urokinase die Heparingabe frühzeitig, bei Streptokinase erst bei Abklingen der antikoagulatorischen Wirkung notwendig. Die Kombination von Thrombolytika mit dem Thrombozytenaggregationshemmer Acetylsalicylsäure senkt die Mortalität beim akuten Myokardinfarkt stärker als die Einzelsubstanzen (ISIS-2). Die Kombination von Thrombolytika mit GP llb/llla-Rezeptorantagonisten ist beim akuten Myokardinfarkt (STEMI) nicht von Vorteil. Die Kombination von Thrombolytika mit ASS bringt eine zusätzliche Prognoseverbesserung beim akuten Myokardinfarkt.

Blutungskomplikationen Die fibrinspezifischen Thrombolytika weisen im Vergleich zu den fibrinunspezischen Thrombolytika entgegen den ursprünglichen Erwartungen keine verminderten Blutungskomplikationen auf. Begründung : Thromben am Grund eines floriden Ulcus ventriculi oder in der Wand verletzter Gefäße werden ebenso wie ein koronarer Thrombus lysiert. Am gefährlichsten sind intrakranielle Blutungen. Die Häufigkeit beträgt < 1 %, wobei sich auch hier die Thrombolytika nicht wesentlich unterscheiden. Unter Berücksichtigung der Kontraindikationen weisen alle Thrombolytika ähnlich niedrige Blutungskomplikationen auf.

2.9.5 Thrombozytenaggregationshemmer ~ Plättchenhemmer Plättchenhemmer - komoakt ADPGP llb/11 laASS

AKS

Anta onisten + (Prasu, Tica)

STEMI , NSTEMI (+ PCI)

+

instabile Angina

+ + + +

+ (Clopidogrel) + + (Clopidogrel)

+

+ (Prasu, Tica)

Ischämischer Schlaganfall

+

+

pAVK Vorhofflimmern

+

+

0 0

0 0

elektive PCI Keine PCI oder Stent KHKSekundär- Z.n. elektiver PCI/ Stent prophylaxe Z.n. AKS +PCI/ Stent

Phlebothrombose/Lungenembolie

Besonderheit

Anta onisten

+

12 Mo duale Plättchenhemmung, dann ASS mono

+ +

(bail-out) ASS mono, alternativ Clopi 6 Mo duale Plättchenhemmung, dann ASS mono 12 Mo duale Plättchenhemmung, dann ASS mono ASS mono, alternativ Clopi; ggfs. ASS + Clopidogrel ASS mono, alternativ Clopi

Indikation zur Antikoagulation

1

180

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.9.5.1 Antithrombozytäre Substanzen - Übersicht

Thrombin

ADP

PAF Thromboxan A2 Vasopressin Adrenalin Kollagen Serotonin

Abb. 2.32: Wirkungsweise antithrombozytärer Substanzen incl. Effekt von Antikoagulantien auf die Thromboyztenaggregation. Thrombozyten können durch zahlreiche Mediatoren aktiviert werden. Gemeinsame Endstrecke ist der Glykoprotein llb/llla-Rezeptor, an den Fibrinogen bindet und zur Vernetzung aktivierter Thrombozyten führt.

Freiname / Handelsname Acetylsalicylsäure (:::: A SS) A spirin®

Abciximab außer Handel

Tirofiban Aggrastat®

Eptifibatid

Wirkmechanismus

- irreversible Hemmung der - Standard-ThrombozytenaggregationsCyclooxygenase => Hemmung der hemmer Thromboxansynthese - Tendenz zu niedrigeren Dosen mit geringerem Blutungsrisiko - sofortiae Wirkuna - Antagonismus am Glykoprotein - stärkste Thrombozytenaggregationsllb/ llla-Rezeptor => Hemmung der hemmung Fibrinogenbindung an aktivierte - Blutungsgefahr deutlich erhöht Thrombozyten unabhängig vom - lnd.: Hochrisiko-PCI (perkutane KoronarAktivierungsreiz intervention), instabile AP

lntegrilin®

Clopidogrel lscover® Plavix®

Prasuarel Efient

Ticagrelor Brilique®

Cangrelor Kenarexal®

Charakteristjka / {zuaelassene) Indikationen

- praktische Anwendung in PCI-Notfallsituationen (,,bail out") u/o hoher Thrombuslast

- Hemmung der ADP-abhängigen ThrombozY!enaktivierung durch Inhibition der P2Y 12-Rezeptoren

- verzögerter Wirkeintritt - Clopidogrel: zugelassen für Sekundärprophylaxe nach ischämischem Insult, Infarkt, pAVK; akutes Koronarsyndrom (+ ASS); off-label: ASSUnverträglichkeit, in Komb. mit ASS nach Koronar-Stent - Prasugrel. Ticagrelor: zugelassen für akutes Koronarsyndrom (in Kombi mit ASS)

Tab. 2.41 : Übersicht Thrombozytenaggregationshemmer.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

181

2.9.5.2 irreversibler COX-lnhibitor: Acetylsalicylsäure ~ ASS



Aspirin®

CHARAKTERISTIKA:

- irreversible Hemmung der Cyclooxygenase => Hemmung der thrombozytären

1

Thromboxan (TXA2)- Synthese.

ASS führt zur erwünschten Hemmung der thrombozytären Thromboxansynthese und der unerwünschten Hemmung der vaskulären Prostacyclinsynthese (,,Aspirin-Dilemma"). Bei Gabe geringer Dosen wird im Pfortaderkreislauf vorzugsweise die thrombozytäre Thromboxanbildung, nach Hydrolyse von ASS in der Leber (Bioverfügbarkeit 40-50 %) die vaskuläre Prostacyclin-synthese hingegen geringer gehemmt. Begründung: Thrombozyten werden im Portalvenenblut der gesamten aus dem Darm resorbierten ASSDosis ausgesetzt, der systemische Kreislauf (Gefäße) dagegen nur dem bioverfügbaren ASS-Anteil. Obwohl geringere ASS-Dosen (30-50 mg/d) vorteilhaft erscheinen (verminderte gastrointestinale Blutungen, günstigeres Verhältnis zwischen Hemmung von Thromboxansynthese und Prostacyclinsynthese), orientiert man sich an der erwiesenen Effektivität der Studiendosierungen.

- jedoch keine Beeinflussung der thrombozytären Aktivierung z.B. über Kollagen oder Thrombin - Wirkdauer 7-10 d (entsprechend der thrombozytären Lebensdauer) bei nur kurzer Plasma-HWZ (= 20 min) - bei akuten Ereignissen ist die Gabe einer „loading-dose" von 250 mg ASS i.v. (Aspisol®) sinnvoll => rasche und vollständige Hemmung der Cyclooxygenase - NSAID hemmen ( entsprechend ihrer Wirkdauer) die Cyclooxygenase reversibel, therapeutisch aber nicht ausreichend => zusätzlich ASS - lbuprofen inhibiert die ASS-Plättchenhemmung: lbuprofen blockiert ASS den Zugang zur COX-1 und verhindert die Plättchenhemmung: ASS 6-8 h nach lbuprofen einnehmen oder lbuprofen gegen anderen COX-Hemmer wechseln

- gesicherte Indikation: akutes Koronarsyndrom, PTCA, Stentimplantation, Sekundärprophylaxe bei kardiovaskulären Erkankungen (KHK, ischämischer Schlaganfall/TIA, pAVK) - fragliche Indikation: Primärprophylaxe der KHK (geringer Nutzen wird durch Blutungs-NW aufgehoben) ASS ist der Thrombozytenaggregationshemmer der ersten Wahl.

1

Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse (Lancet 360: 2-3 (2002)) 2 Jahres Ereignis Rate * keine 8% 6% ASS 25% Betablocker 25% 4.5 °/o 30% 3.0% CSE-Hemmer (Cholesterin um 60 ma/dl ,J,.) ACE-Hemmer 2.3% 25% Tab. 2.42 * Myokardinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod Pharmaka/Maßnahme

relative Risikoreduktion

In der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse besteht unter der Monotherapie mit ASS, Betablocker, CSE-:i Hemmer oder ACE-Hemmer eine etwa 25%-ige Risikoreduktion. Bei Gabe aller 4 Medikamente beträgt die relative~ Risikoreduktion ::::: 75 %.

Thrombozytenaggregationshemmung durch NSAID NSAID hemmen (entsprechend ihrer Wirkdauer) die Cyclooxygenase reversibel, dieser Effekt besteht v.a. bei lbuprofen und Naproxen. Es besteht jedoch kein Anhalt, daß andere NSAID bei Dauereinnahme in der Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse effektiv sind. Merke: kein protektiven Effekt von anderen NSAID hinsichtlich der Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse. (Lancet 359: 118-123 (2002) Bei kardiovaskulären Risikopatienten sind selektive COX-2-Hemmer kein Ersatz für ASS. Bei alleinigem COX-2-Hemmer treten vermehrt kardiovaskuläre Ereignisse auf. Die kombinierte Gabe von ASS und COX-2-Hemmer schützt vor kardiovaskulären Komplikationen , jedoch wird die niedrige Ulkusinzidenz der selektiven COX-2-Hemmer aufgehoben. (CLASS-Studie, VIGOR-Studie, JAMA 286: 954-959 (2002))

Aspirin® (Tbl 100 mg) (Tbl 300 mg) (Tbl 500 mg) Aspisol® (Trockensubstanz 500 mg)

Thrombozytenaggregationshemmung: Instabile Angina pectoris: 75-300 mg/d Akuter Myokardinfarkt: 100-160 mg/d Reinfarktprophylaxe: 300 mg/d Arterielle gefäßchirurgische Eingriffe: 100-300 mg/d lnterventionelle Eingriffe (PTCA, ACVB): 100-300 mg/d Sekundärprophylaxe von TIA's oder Hirninfarkten: 30-300 mg/d Kawasaki-Syndrom (Prophylaxe bei koronararteriellen Aneurysmen): 3-5 mg/kg/d

__

Grav: strenge Indikationsstellung im 1. + 2. T rimenon sowie im 3. Trimenon bis zur 37. SSW bei niedri en Dosen Still: e lndikationsstellun niedrigen,_,Dosen ,_,_,.._,_,_,_ , _ ,__,_,_,_,_,_..,_,_,__,_,.,_,_......,_._._,_, ,_,_,_,_,.__,_, __,_,stren.._._,_,__, __,_,_,_,._._, ,_,_,__bei ,_,_,_,_,_, ,_,_

_______

Arzneistoffliste IMPP

__

____ __



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

182

2.9.5.3 P2Y12-ADP-Rezeptor-Antagonisten : : : ADP-Rezeptorantagonisten ::::: P2Y12-Blocker

1 ■

Freiname Handelsname Effekt / Gabe Aktivierung

Clooidoarel lscover"" Plavix"" irreversibel; p.o. Prodrug, limitiert durch Metabolisierung

Prasuarel (2009) Efient"" irreversibel; p.o. Prodrug, nicht limitiert durch Metabolisierung

Ticaarelor (2011 ) Canarelor (2015) Briliaue"" Kenarexal"" reversibel; p.o. reversibel; i. v. aktive Substanz aktive Substanz

Wirkbeainn* 2-4 h 30 min 30min Wirkdauer 3-10 Tage 7-10 Tage 3-5 Taae Pause orä-op** 5Taqe 7Taqe 5 Taqe Initial-Dosis 300-600 mg p.o. 60 mg 180 mg Erhalt-Dosis 1 x 75 mq (Tao) 1 x 10 mq (Tao) 2 x 90 ma (Tao) Charakteristika - in Monotherapie als Ersatz - neue ADP-Rezeptorantagonisten: wirken

2 min 1-2 Stunden 1h 30 ua/kg Bolus

4 ~1g/kg/min Infusion - bei AKS, wenn keine schneller und stärker als Clopidogrel (weniger für ASS p.o.-Gabe von ADPNon-Responder), weisen aber auch mehr Antagonisten möglich - in Kombi mit ASS als Blutungen auf (incl. schwerer Blutungen) - in klinischen EndStandard bei elektiver PCI - Studienlage noch unzureichend , um punkten keine Über- beim AKS nur, wenn Clopidogrel vollständig abzulösen legenheit gegenüber Triple-Therapie indiziert p.o.-Präparaten - 1. Wahl für akutes Koronarsyndrom (keine oder Prasugrel o. Zulassuna für elektive Koronarintervention) Ticaarelor kontraindiziert

.. Tab. 2.43: Ubersicht ADP-Rezeptorantagonisten.

* 50 °/o Hemmung der Plättchenaggregation ** Absetzen vor großer OP PCI ;::, perkutane Koronarintervention, üblicherweise mit Stentimplantation





AKS ;::, akutes Koronarsyndrom

Ticlopidin ist der erste ADP-Rezeptorantagonist, hat aber wegen Gefahr der Leukopenie (in bis zu 1 %, regelmäßige Blutbildkontrollen sind obligat; falls Leukopenie => sofortiger Therapieabbruch, irreversible Knochenmarksschädigung ist beschrieben) keine Bedeutung mehr und ist von Clopidogrel abgelöst.

CHARAKTERISTIKA:

1

1

- unter Clopidogrel verzögerter Wirkungseintritt (maximal erst nach 7-10 Tagen bei 75 mg/d), durch Aufsättigung mit 300 mg (auf 6 h) oder 600 mg (auf 3 h) zu verkürzen , Prasugrel und Ticagrelor wirken nach hoher lnitialdosis noch schneller - Clopidogrel ist ein Prodrug: der aktive Metabolit, ein Thiolderivat, wird durch Oxidation (CYP 286, CYP 3A4, CYP 2C19) und Hydrolyse gebildet Prasugrel ist ein Prodrug: maximale Plasmakonzentration des aktiven Metaboliten bereits nach 30 min, Metabolisierung v.a. durch CYP 3A4 und CYP286 Ticagrelor ist aktive Substanz; Metabolisierung durch CYP3A4; bes. NW: Bradykardie, Dyspnoe

Hemmung der ADP-abhängigen Thrombozytenaktivierung (P2Y12-Rezeptor) Nebenwirkungen: Blutungen in der Monotherapie hat Clopidogrel die gleiche Effektivität wie ASS, ist aber teurer

Anwendung: Clopidogrel als Ersatz für ASS bei KHK, pAVK, ischämischem Insult (bei Patienten mit ASS-Unverträglichkeit oder -Kontraindikation) Clopidogrel + ASS als Standard nach elektiver koronarer Stentimplantation akutes Koronarsyndrom: 1. Wahl sind Prasugrel oder Ticagrelor + ASS (~ 2.16.3) 1nteraktionen : - ASS , Glykoprotein llb/llla-Antagonisten, Heparin, Thrombolytika: verstärkte Blutungsneigung - orale Antikoagulantien: verstärkte Blutungsneigung (Kombination in Dauertherapie vermeiden) Clopidogrel: CYP2C19-lnhibitoren wie Protonenpumpenhemmer (Omeprazol, Esomeprazol, möglichweise alle PPI), Fluvoxamin, Fluoxetin, Moclobemid, Voriconazol, Fluconazol, Ciprofloxacin, Carbamazepin, Oxcarbazepin, Chloramphenicol (Kombination vermeiden !) => verminderte Metabolisierung von Clopidogrel zum aktiven Metaboliten => vermehrt thromb-embolische Ereignisse - Prasugrel: Vorsicht bei CYP2B6-Substraten mit geringer therap. Breite (Cyclophosphamid , Efavirenz) - Ticagrelor: keine Kombination mit starken CYP3A4-lnhibitoren (Clarithromycin, Ketoconazol)

- Unterscheide Clopidogrel hydrogensulfat (lscover, Plavix; viele Studien) von Clopidogrelbesilat (Generika): Fachgesellschaft (DGK) empfiehlt Clopidogrelhydrogensulfat. - Prasugrel: Aufsättigungsdosis bei NSTEMl/instabile AP erst bei PCI (nicht früher, da Blutung i)

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

183

Thrombozytenaggregationshemmung bei KHK, pAVK und ischämischem Insult: 75 mg/d p.o. (Einmaigabe) 1 akutes Koronarsyndrom ohne ST-Elevation (NSTEMI, instabile Angina pectoris): 1 am 1. Tag Aufsättigung mit 300 mg, dann Erhalt-Dosis 75 mg/d (in Kombination mit 1 ASS), Dauer bis zu 12 Monate

Clopidogrel

1

I

lscover® Plavix® (Tbl 75mg) (Tbl 300 mg)

Kinder, Jugdli: unzureichende Kenntnisse DosNI: eingeschränkte Erfahrungen, keine generelle Dosisreduktion Dosll: bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert DosAlt: keine Dosisanpassung notwendig Grav: kontraindiziert Q Grav 4 Still: kontraindiziert Q Still 1

1 1,

1

Prasugrel

l Thrombozytenaggregationshemmung

Efient®

1

(Tbl 5 mg, 10 mg)

(in Kombination mit ASS bei akutem Koronarsyndrom mit primärer oder verzögerter perkutaner Koronarintervention =

:::~;i: ::n:l:~::~:o: : ~:~:

1

DosNI: keine Dosisanpassung notwendig . Dosll: bei leichter mittlerer Leberfunktionsstörung (Child A + B) keine Dosis! anpassung, bei schwererer Leberfunktionsstörung (Child C) kontraindiziert. i Grav: kontraindiziert Q Grav 4 Still: kontraindiziert Q Still 2 1

Ticagrelor

! Thrombozytenaggregationshemmung

Brilique®

1

!

(Tbl 90 mg)

(in Kombination mit ASS bei akutem Koronarsyndrom mit konservativem oder interventionellem Vorgehen (PCI, ACBOP): initial 180 mg, dann 2 x 90 mg/d p.o.

Kinder: kontraindiziert ! DosNI: keine Dosisanpassung notwendig ! Dosll: bei leichter Leberfunktionsstörung keine Dosisanpassung, bei mittlerer und ! schwerer Leberfunktionsstörung kontraindiziert. ! Grav: kontraindiziert Q Grav 4 Still: kontraindiziert ~ Still 2 1

ESC-Empfehlungen zur gerinnungsaktiven '

,,

"

'

"

"

.. ~~-~U~ation " , .. , .. Vorbehandlung bei elektiver PCI und stabiler KHK

Therapie bei PCI

(perkutane Koronarintervention)

L-------------------Em_pJehlun.9

__________________ : ASS (Loading 150-300 mg p.o. o. 80-150 mg i.v., dann 100 mg/d). : Clopidogrel (Loading 600 mg möglichst mind. 2 h vor Intervention, ~ dann 75 mg/d). Unfraktioniertes Heparin (70-100 1.E./kg), bei .. ,, ,, , " ; Hee.arin-induzierter Thrombo_p~nie alternativ Bivalirudin. ______ _ AKS (NSTEMI oder STEMI) 1 ASS (80-150 mg i.v.) + Heparin schnellstmöglich. ,j Prasugrel (Loading 60 mg, dann 10 mg/d) oder Ticaqrelor (Loa! ding 180 mg, dann 2x90 mg/d) o. Clopidogrel, falls Prasugrel und Tica" , , , , , , , , , Lg_relor kontraindiziert l_Loading_ 600 mg. dann 75 m_g[q}_: Gabe vor PCI. __ nach Medikamenten-beschichtetem Stent ! Clopidogrel 75 mg/d + ASS 100 mg/d für 6 Monate*, dann ASS (DES),b~i elektiver ,PC} , , , , , L.1OQ_ m..9LcJ..~bensla!J9. _______________________________ _ nach AKS (NSTEMI oder STEMI), unab- 1 Prasugrel 10 mg/d + ASS 100 mg/d oder Ticagrelor 2x90 mg/d + hängig vo~ der Revas~~la,~is~tionsstrat.~gie , LASS 100_m_gld_fü!:_!2 ~onate,_dann_AS~JOO_mgtdJebenslan.9__ _ 1

1

\1

1

H

1

"

1

1

* kürzere duale Plättchenhemmung (< 6 Mo) kann bei bei hohem Blutungsrislko erwogen werden, längere duale Plättchenhemmung (> 6 Mo) kann bei hohem lschämierisiko und niedrigem Blutungsrisiko erwogen werden.



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

184

2.9.5.4



Glykoprotein 11 b/11 la-Antagonisten

GP llb/llla-Antaaonist Gruooe Soezifität für GP llb/llla Reversibilität antiaene EiQenschaften Gefahr Thrombooenie ..

Abciximab außer Handel monoklonaler Antikörner nein 2d ja ja

Tirofiban Aqqrastaf''' Nichtoeotid ja 4-8 h aerina ja

181

Eotifibatid lntearilin zvklisches Peotid ja 4h qerinq aerina

Tab. 2.44: Ubersicht Glykoprotein llb/llla-Antagonisten. Glykoprotein llb/llla-Antagonisten binden an den GP llb/llla-Rezeptor, verhindern die Bindung von Fibrinogen und hemmen damit unabhängig vom Aktivierungsreiz die Thrombozytenaggregation. Gabe i.v. mit initialem Bolus, dann Dauerinfusion. Abciximab: erster kommerziell verfügbarer Glykoprotein llb/lllaAntagonist, gentechnisch hergestelltes Fab-Fragment eines monoklonalen Antikörpers , lange Wirkdauer. Tirofiban und Eptifibatid: synthetische Moleküle, kürzere Wirkdauer.

WIRKUNG: q 2.9.5.1 - Antagonismus am GP llb/llla-Rezeptor => Thrombozytenaggregationshemmung Während ASS lediglich die Bildung von Thromboxan A2 hemmt, bewirken GPllb/ llla-Antagonisten unabhängig vom Aktivierungsreiz die potenteste Thrombozytenaggregationshemmung. Durch eine Verstärkung des endogenen Lysepotentials ist sogar eine Auflösung frischer arterieller Thromben möglich.

NEBENWIRKUNG: - Blutungskomplikationen: v.a. aus Punktionsstellen (=> Kompression) und v.a. bei hoher Heparindosierung (bei schweren Blutungskomplikationen => Therapieabbruch, ggfs. Thrombozytenkontentrate) - Abciximab, Tirofiban: Thrombopenie (bei ausgeprägter Thrombopenie => Therapieabbruch) - Abciximab: allergische Reaktionen gegen Antikörperfragment

INDIKATION: in Kombination mit ASS+ ADP-Antagonist + Heparin - elektive PCI (perkutane Koronarintervention: Ballondilatation ~ PTCA, Stentimplantation): 1n Notfallsituation mit Gefäßverschluß (,,bail out"-Situation) - PCI bei akutem Koronarsyndrom (c:> 2.16.3): bei hoher Thrombuslast oder „bail out"

KONTRAINDIKATION : - akute innere Blutung oder erhöhtes Blutungsrisiko

(aktive innere Blutung ; zerebrovaskuläre Komplikationen in den letzten 2 Jahren; intrakranielle / intraspinale OP oder Trauma in letzten 2 Monaten; größere OP in letzten 2 Monaten; Hirn-Tu; arteriovenöse Mißbildungen oder Aneurysmen; bekannte Blutungsneigung; Thrombopenie (< 100.000/ µI); schwere, nicht ausreichend eingestellte Hypertonie; Retinopathie; Vaskulitits; schwere Leber- oder Niereninsuffizienz)

GP llb/llla-Antagonisten werden nur noch gezielt im Herzkatheterlabor bei PCI-Komplikation eingesetzt. Die Überlegenheit von GP llb/llla-Antagonisten in früheren Studien (NSTEMI, elektive PCI) bestand im Vergleich zur damaligen Standardtherapie mit ASS plus Heparin. Unter der neuen dualen Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS + ADP-Antagonist ist der zusätzliche Nutzen von GP llb/llla-Antagonisten weitaus geringer und wird von erhöhten Blutungskomplikationen zunichte gemacht. (,,Blutung erhöht die Sterblichkeit"). Speziell ist die frühzeitige Gabe GP von llb/llla-Antagonisten ohne Kenntnis der Koronarpathologie nicht indiziert.

2.9.5.5

Dipyridamol

in A sasantin®

CHARAKTERISTIKA: ■

- Thrombozytenaggregationshemmung: Kombination Dipyridamol + ASS wurde für Sekundärprävention nach ischämischem Insult vertrieben, mittlerweile out - ,,Koronardilatator": die Dilatation der Koronarien beinhaltet die Gefahr des "steal-Effekts": bei Koronarstenosen kann die Dilatation aller Koronargefäße zu einer Umverteilung und Minderdurchblutung der bereits zuvor maximal dilatierten poststenotisch gelegenen Gefäße führen => Gefahr akute Angina pectoris (Anwendung als Koronardilatator ist obsolet)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.9.5.6

Prostaglandin E1

~

Alprostadil

185 Prostavasi n®

CHARAKTERISTIKA: - sehr kurze HWZ, rasche Inaktivierung v.a. in der Lunge - i.a.-Gabe über Perfusor in die betroffenen Extremität oder systemische i.v.-Gabe (höherdosiert) per Infusion - PG E1 besitzt eine zunehmende therapeutische Bedeutung (als Alternative zur drohenden Amputation). Die maximal erreichbaren Effekte sind jedoch durch das schwerst arteriosklerotische Gefäßsystem sehr begrenzt. - W : Vasodilatation, Hemmung der Thrombozytenaggregation, ferner als Langzeiteffekte: Endothelstabilisierung , günstige Fettstoffwechsel-effekte, erhöhte fibrinolytische Aktivität

- NW : Blutdruckabfall, reflektorische Tachykardie => Gefahr von "Steal-Effekten" mit verminderter poststenotischer Perfusion; Kopfschmerzen , Flush, Durchfall, Übelkeit - IND : periphere arterielle Verschlußkrankheit im Stadium III und IV - KI : schwere kardiale Vorerkrankungen: koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz Beachte: Kreislaufüberwachung während der Prostaglandin-lnfusion.

Alprostadil ~ Prostaglandin E1 Prostavasin® (Amp 20 ~19, 40 µg)

Chronische arterielle Verschlusskrankheit Stadium III + IV: 1 i.a.: 1 x 10 ~19 per Spritzenpumpe über 60-120 min, bei Nekrosen 20 ~19/d über 60-120 1 min oder kontinuierlich 0, 1-0,6 ng/kg/min über 12 h 1 i.v.: 2 xje 40 µg über 2 h 1 Therapiedauer 3 Wochen, bei fehlendem Erfolg=> Therapieabbruch 1

1 1 1 1

2.9.5.7

DosNI: bei Krea > 1,5 mg/dl: bei i.v.Gabe Dosishalbierung auf 2 x 20 ~19 Grav: kontraindiziert Q Grav 4 Still: kontraindiziert Q Still 1

Rheologika

(durchblutungsfördernde Pharmaka)

Bei den Rheologika bestehen Hinweise auf die klinische Wirksamkeit u.a. für Naftidrofuryl, Pentoxifyllin und Cilostazol. Jedoch sind „Durchblutungsstörungen" keine ausreichende Indikation. Die Gabe von Rheologika soll indikationsgerecht und zeitlich limitiert erfolgen. Für Naftidrofuryl und Cilostazol besteht eine gesicherte Indikation im Stadium 2 der pAVK. Bei fehlendem Therapieerfolg sind Rheologika abzusetzen. Beachte die Gefahren bei i.v.-Gabe von Pentoxifylin wie auch das Nebenwirkungs- und lnteraktionspotential der anderen Substanzen.

2.9.5.7.1

Naftidrofuryl

Dusodril®

CHARAKTERISTIKA: - W : Vasodilatation (CAVE „Steal-Phänomen") + Verbesserung der rheologischen Eigenschaften (durch Blockade von 5-HT2-Rezeptoren) - NW: ZNS (1-10 %): Unruhe, Schwindel, selten (0,01 -0,1 %) Krampfanfälle; gastrointestinal (> 10 %): Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe; Kreislauf (1-10 %): RRSenkung, orthostatische Dysregulation - IND: Claudicatio bei pAVK (gesicherter Wirkungsnachweis mit Empfehlung im Stadium 2 der pAVK ~ 2.20), off-label: zerebrale Durchblutungsstörungen (v.a. neuro-otologisch) - KI : dekompensierte Herzinsuffizienz, akutes Koronarsyndrom, Hypotension (RR < 90 mmHg), akutem zerebralem Insult, klinisch relevante Blutungen, Leberfunktionsstörung, Epilepsie - WW: Antiarrhythmika, Betablocker, Antihypertensiva => verstärkte Wirkung der angeführten Substanzen



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

186

Periphere arterielle Verschlusskrankheit im Stadium 2, wenn andere Maßnahmen wie Gehtraining oder rekanalisierende Maßnahmen nicht möglich: 3 x 200 mg

Naftidrofuryl Dusodril® (Kpsl 100 mg) (Ret-Drg 100 mg) (Tbl 200 mg)

DosNI: Dosisreduktion bei schwerer Niereninsuffizienz Grav: kontraindiz.iert Still : kontraindiziert

2.9.5.7.2



Pentoxifyllin

Trental®

CHARAKTERISTIKA: - Methylxanthinderivat: Steigerung der Erythrozytenverformbarkeit, Erniedrigung der Blutviskosität, Hemmung der Thrombozytenaggregation - NW: gastrointestinal (1-10 %): Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl, Diarrhoe; ZNS (0,1-1 %): Schwindel, Tremor, Kopfschmerzen; Kopfschmerzen, Schwindel; Flush (1-10 %), Überempfindlichkeitsreaktionen; bei i.v-Gabe: Tachykardie, RR-Abfall, Arrhythmien - IND: Claudicatio bei pAVK (in Leitlinie jedoch keine Empfehlung q 2.20), Durchblutungsstörungen Innenohr: Hörsturz, Schwerhörigkeit - Kt : akutes Koronarsyndrom, hämorrhagische Diathese, klinisch relevante Blutungen, Netzhautblutungen, Magen-Darm-Ulcera - WW: Antihypertensiva, Antikoagulantien, orale Antidiabetika, Insulin, Theophyllin => verstärkte Wirkung der angeführten Substanzen Claudicatio bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Durchblutungsstörungen Innenohr: p.o.: 2-3 x 400 mg oder 2 x 600 mg, Max-Dosis 1200 mg/d i.v.: 1-2 x 100-300 mg bei pAVK, 2 x 300 mg bei Innenohrstörung; in 100-500 ml lnfusionslösung, max lnfusionsgeschwindigkeit 100 mg/60 min, Max-Dosis 1200 mg/d

Pentoxifyllin Trental® (Ret-Tbl 400 mg, 600 mg) (Amp 5 ml = 100 mg, 15 ml = 300 mg)

Weitere:Claudicat®, DosNI: Dosisreduktion bei Krea-CI < 30 ml/min Penta, Pentoxifyllin, - Dosll: Dosisreduktion bei schwerer Leberinsuffizienz Rentylin® Grav: kontraindiziert ~ Grav 4 Still : strenge Indikation

2.9.5.7.3

Cilostazol

~

Still 2

Pletal®

CHARAKTERISTIKA: - selektiver PDE-3-Hemmer: reversible Thrombozytenaggregationshemmung, ferner: Endothelfunktion t, Proliferation Gefäßmuskulatur .J, - NW: Kopfschmerzen (> 30 °/c,), gastrointestinal: Diarrhoe (> 15 °/o), Ödeme (1-10 %), trotz der PDE-3-Hemmung bislang kein Anhalt für vermehrte Arrhythmien - IND: Claudicatio bei pAVK, wenn Lebensstiländerung unzureichend (Empfehlung pAVK St. 2 ~ 2.20) - KI: Niereninsuffizienz/GFR < 25 ml/min, Herzinsuffizienz, mittelschwere/schwere Leberinsuffizienz, Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese, Magen-Darm-Ulzera, proliferative Retinopathie, Kombination mit anderem Gerinnungshemmer), QT-Verlängerung, komplexe ventrikuläre HRST - WW : CYP3A4- oder CYP 2C19-lnhibitoren => erhöhte Cilostazoleffekte; CYP3A4- oder CYP 2C 19-Substrate => verstärkte Effekte Claudicatio bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (Stad. 2): 2 x 100 mg

Cilostazol Pletal® (Tbl 50 mg, 100 mg)

1 1 1

~

DosNI: bei GFR 25 kontraindiziert Dosll: bei mittelschwerer/schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert Grav: kontraindiziert ~ Grav 6 Still: nicht empfohlen ~ Still 2

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.10

187

Antiarrhythmika thmika - kompakt Präparat

kardiale Effekte

Angriffspunkt

=;;:::!:;..-==a=

===.....,......,:A :a...:.;,n.:.ta: ,:·.aa""' : : rr'""'h.~thmika Klassen 1-IV Klasse 1

la: Ajmalin lb: Lidocain

Klasse II

lc: Flecainid, ProQafenon Betablocker

Klasse III

Amiodaron

Verapamil , Diltiazem

aug..h. ;. :;a...., =::,n..,..W ......i~ll....iam ~= s,,.....................................................=~

akut: WPW, VT geringe Leitungsverzögerung, - akut: VT, therapieAktionspotential (AP) verkürzt refraktäres VF

Natrium-Kanal ,!.

Leitungsverzögerung, AP verläng. -

Leitungsverzögerung, Aktionspotential unverändert Betarezeptoren .J,

Kalium-Kanal .J, Betarezeptoren .J,

Sotalol Klasse IV

L-Typ-Ca 2 ..-Kanal

Indikation / Anmerkung

-i

===

Oigoxin,Digitoxin Parasympathikus Herzglykoside Adenosin A1-Rezept: K+-Kanäle t Adenosin-Agonisten Multikanalblocker Vernakalant IKur, INa -llvabradin lt-Strom Sinusknoten lr lnhibitor ElektroJyte Magnesium Parasympatholytika m-Cholinozeptoren .J, Atro in Sympathomimetika Adrenalin Betarezeptoren i

- Rhythmisierung bei AF ohne strukturelle Herzerkrank.

Si~usknoten gebremst - akut/chron.: SVT,TAA,VES AV-U_berleitung verlängert _ adjuvant bei VT ventnk. Erregung vermind . Repolarisation verzögert - akut: VT + SVT bei LV-Dysgeringe Betablockade funktion , therapierefrakt. VF effektivstes Antiarrhythmi- - chron:Rhythmisierung bei kum, aber NW-reich AF, ventrik. HRST Repolarisation verzögert - Reservepräparat Betablockade Sinusknoten gebremst - akut/chron. : SVT, T AA AV-Überleitung länger - kontraindiziert bei VT AV-Überleitung länger - akut/chron.: TAA Blockade am AV-Knoten - akut: SVT vorhofselektiv - akut: AF-Rhythmisierung diastol Depolarisation -i - chron: inadä~. Sinustachykardie Caz+-antag. Effekte - akut: Torsade-de-pointes

Erregungsaktivierung - akut: BraQYkardie Erregungsaktivierung - akut: Bradykardie

off-label Orciprenalin

AF :::: atrial fibrillation:::: Vorhofflimmern LV :::: linksventrikulär SVT :::: supraventrikuläre Tachykardie, z.B. AV-(Knoten)-Reentry-Tachykardie TAA :::: Tachyarrhythmie z tachykard übergeleitetes Vorhofflimmern VES z ventrikuläre Extrasystolen VF z ventricular fibrillation z Kammerflimmern VT z ventricular tachycardia "" Kammertachykardie WPW:=:: Wolff-Parkinson-White-Syndrom

Bei Kreislaufstabilität vor dem Griff zu Antiarrhythmika immer zuerst nach der Ursache suchen und auch an nicht-kardiale Genese denken (u.a. Angst, Schmerz, Stress, Infektion, Hypovolämie, Hypoxie). Je akuter und je bedrohlicher die Arrhythmie, umso mehr an Prä-Arrest (drohender Kreislaufstillstand) denken und systematisch die 4 Hs und 4 Ts (reversible CPR-Ursachen) abchecken: Hypoxie, .t!..Ypovolämie, Hypo/Hyperkaliämie (+ andere Elektrolytstörungen + Blutzucker), Hypo-/Hyperthermie, Toxine (Intoxikationen oder auch Interaktionen), Thrombose: koronar, Lungenembolie, (Herzbeutel)Tamponade, Tension ::::! Spannungs-Pneumothorax. heutiger Stellenwert von Antiarrhythmika Die Therapie von HRST hat sich in den letzen Jahren grundlegend gewandelt. Betreibe keine „EKGKosmetik" (Beseitigung einzelner Extrasystolen), therapiert werden nur symptomatische oder prognostische HRST. Zahlreiche klassische Antiarrhythmika (la, lc, Sotalol) weisen im Gesamtkollektiv eine Übersterblichkeit auf, daher besteht eine Indikation nur bei streng ausgewählten Patienten (beachte Kontraindikationen). Bedeutung haben Antiarrhythmika v.a. in der Akuttherapie von HRST und in der Dauertherapie von Vorhofflimmern. Für die Dauertherapie von schwerwiegenden bradykarden und tachykarden HRST gilt mit Ausnahme des Vorhofflimmerns: erste Wahl sind nicht-medikamentöse Therapien: Schrittmacher (PM), implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD), Ablation. q siehe auch 2.11 „Herzrhythmusstörungen kompakt"

2.10.1

Elektrophysiologische Grundlagen Herz

2.10.2

Pathogenese von Herzrhythmusstörungen Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

188

2.10.3

Übersicht Antiarrhythmika

Einteilung der Antiarrhythmika nach ihrem Wirkmechanismus Antiarrhythmikum

s

Na m

Chinidin

++

Ajmalin

++

Disopyramid

++

Kanäle Ca 1

K Kr

Ks

Pumpen Na-KATPase

(+)

+

Klinischer Effekt Sinus- ExtraLVkard.NW rate Fktn

Reze1>toren 0. ß M2 A1

(+)

+

(+)

(+)

Lidocain

++

Propafenon

++

Flecainid

+

(+) (+)

++ ++ + + ++ (+)

Metoprolol u.a.

(+) (+)

Propranolol Amiodaron

+

++

+

++

Sotalol

++ ++

(+)

Verapamil Diltiazem

++

IDigoxin !Adenosin

t

B

(-L-)

-l,

B

B

B

-l, -l, -l, -l,

-l, B

-l, -l, -l, -l, -l, -l,

B

-l, -l, -l, 1

1

1 l++ I l++ I I

!Atropin

B

+ (+) ++ (+) (+) (+) (+) (+) ++ (+) (+) (+)

t

+ +

B

t

B

+

Abb. 2.46: Einteilung der Antiarrhythmika nach Wirkort (modifiziert nach "Task Force of the Working grün ::::: Agon ismus Group of the European Society of Cardiology"): rot ::::: Antagonismus ++ stark ++ mittel + schwach t t unverändert t erhöht .J, erniedrigt Erholung der Natriumkanäle: s ::::: schnell m ::::: mittel 1::::: langsam Kr schnelle (rapid) Komponente des verzögert gleichrichtenden K•-stroms (delayed rectifier) Ks langsame (slow) Komponente des verzögert gleichrichtenden K•-stroms (delayed rectifier)

Einteilung der Antiarrhythmika nach Vaughan Williams

1



• 1

1

la

lb

lc

Natrium-Kanal-Blocker: Hemmung des schnellen Na•- Einstroms (direkte Blockade der spannungsabhängigen Na•-Kanäle, lokalanästhetische Wirkung) Chinidin Ajmalin Prajmalin

außer Handel

Gilurytmal®

Disopyramid Procainamid

außer Handel außer Handel außer Handel

Lidocain

Xylocain®

Mexiletin Tocainid Phenytoin Aprindin

außer Handel außer Handel außer Handel außer Handel

Propafenon Flecainid

Rytmonorm® Tambocor®

Lorcainid

außer Handel

Leitungsverzögerung (QRS t)

~

"

Purkinje-AP

verlängertes Aktionspotential (QT t) geringe Leitungsverzögerung (QRS ++)

Purkinje-AP

\L__

verkürztes Aktionspotential (QT '1-) Leitungsverzögerung (QRS t) unverändertes Aktionspotential (QT ++)

Arzneistoffliste IMPP

l Purkinje-AP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

189

Betablocker: Blockade der ß-Rezeptoren führt zu verminderter adrenerger Erregbarkeit Atenolol Bisoprolol Esmolol Metoprolol Propranolol

11

Tenormin® Concor® Brevibloc® Beloc® Dociton®

Sinusknoten-AP

verminderte diastolische Depolarisation

1

Hemmung des Kaliumausstroms in der Repolarisationsphase

111

Amiodaron Sotalol

Cordarex® Sotalex®

Purkinje-AP

verlängertes Aktionspotential (QT t)

Calciumantagonisten: Hemmung des langsamen Ca2 • - Einstroms

IV

Verapamil Diltiazem

lsoptin® Dilzem®

Sinusknoten-AP

verminderte Erregungsbildung und Erregungsausbreitung

Tab. 2.37: Klassifikation der Antiarrhythmika nach Vaughan Williams unter Darstellung des dominierenden Effekts auf das Aktionspotential(~ AP) (modifiziert nach Sandoe und Sigurd). Die Einteilung nach Vaughan Williams beruht auf Einzelzellableitungen an isolierten Herzmuskelfasern. Sie ist zwar übersichtlich, aber ohne Berücksichtigung z.B. von frequenzabhängigen Effekten oder pathophysiologischen zusammenhängen.

Frequenzabhängige Einteilung der Klasse-1-Antiarrythmika (Weirich/Antoni) Natriumkanäle erholen sich nach der Repolarisation sehr rasch und sind damit wiedererregbar. Klasse-1Antiarrhythmika verlangsamen diesen Erholungsprozeß, wobei mit zunehmender Frequenz eine stärkere Natriumkanalblockade besteht.

Blockierung Deblockieruna Sättiauna Einfluß auf Normalschlaa Einfluß auf Extrasystolen

Lidocain. Mexiletin, Tocainid , Phenytoin schnell schnell bei hoher Frequenz minimal maximal

Flecainid, Chinidin, Procainamid lanasam lanasam bei hoherFreauenz submaximal submaximal

Propafenon, Disopyramid, Ajmalin schnell lanasam bei niedriaer Freauenz maximal maximal

Tab. 2.47 Für Lidocain u.a. besteht ein deutlicher Frequenzfiltereffekt mit nur geringer Beeinflussung normaler Aktionen. Dagegen weisen Flecainid, Chinidin, Propafenon u.a. (entsprechend Klasse la und lc) Na•Kanal-blockierende Eigenschaften auch bei Normalschlägen auf, was vermutlich mit proarrhythmogenen Effekten und den Anwendungsbeschränkungen zusammenhängt.

2.10.4

Charakteristika Antiarrhythmika

Antiarrhythmika hemmen über unterschiedliche Mechanismen die Permeabilität von Ionenkanälen. Eine selektive Unterdrückung der Herzrhythmusstörungen ist nicht möglich; vielmehr greift ein Antiarrhythmikum in die gesamte Erregungsbildung und Erregungsausbreitung sowie in die elektromechanische Kopplung des Myokards ein. Daher bestehen für alle Antiarrhythmika typische Nebenwirkungen und typische Kontraindikationen . Die Indikation zur antiarrhythmischen Therapie ist in den letzten Jahren erheblich eingeengt worden: alle Antiarrhythmika können proarrythmoge Effekte aufweisen und den Patienten z.T. vital gefährden. Strenge Indikationsstellung zur antiarrhythmischen Therapie.

1

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

190

typische Nebenwirkungen von Antiarrhythmika: kardial: - atriale, atrioventrikuläre oder intraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen: SA-/AVBlock, Schenkelblock - negative lnotropie/Hypotonie (bis hin zur Herzinsuffizienz) - negative Chronotropie/Bradykardie (bis hin zur Asystolie) - proarrhythmische Effekte (bis hin zum Kammerflimmern) - extrakardial : zentralnervöse Störungen: nahezu alle Antiarrhythmika beeinflussen auch Ionenströme im ZNS. Die Hemmwirkung auf neuronale Strukturen bedeutet zumeist eine Enthemmung. Daher reicht die zentralnervöse Symptomatik (Schwindel, Kopfschmerz, Erregung, Tremor, Ataxie) bei Intoxikationen bis hin zu Krampfanfällen.

typische Indikationen von Antiarrhythmika: - subjektiv: arrhythmiebedingte Symptome: Schwindel, Schwäche, Kollaps, Synkope - nur sehr begrenzte prognostische Indikation (bei erhöhtem Risiko für plötzlichen Herztod), weil dem ICD :::: implantierbarer Cardioverter Defibrillator unterlegen. Bei anhaltenden {> 30 sec) Kammertachykardien oder überlebtem plötzlichen Herztod (erfolgreiche Reanimation) ist der ICD in der Sekundärprävention die Therapie der 1. Wahl. In der Primärprävention des plötzlichen Herztodes ist der ICD bei hochgradig eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (EF < 35-40 %) ebenfalls dem Antiarrhythmikum überlegen. Bei gehäuften Arrhythmie-Episoden können ICD-Pat ein Antiarrhythmikum (oft Amiodaron) adjuvant erhalten.

Kein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod bei Herzrhythmusstörungen ohne strukturelle Herzerkrankung. Ausnahme sind Ionenkanalerkrankungen.

typische Kontraindikationen von Antiarrhythmika: ■





- Hypokaliämie, Hypomagnesiämie dekompensierte Herzinsuffizienz - höhergradige atriale, atrioventrikuläre, intraventrikuläre Leitungsstörungen: SA-/AV-Block > 1. Grades, kompletter Schenkelblock - Siek-Sinus-Syndrom - kardiogener, nicht-arrhythmiebedingter Schock - schwere Bradykardie (HF < SO/min) oder schwere Hypotonie (RRsyst. < 90 mmHg) Syndrome mit verlängerter QT-Dauer (gilt für Klasse la, lc und III) oder QT-verlängernde Pharmaka - alle Klasse 1-Antiarrhythmika: in den ersten 3 Monaten nach Myokardinfarkt oder bei Herzinsuffizienz (EF < 35 %) mit Ausnahme lebensbedrohlicher ventrikulärer HRST - Neuauftreten von: - T orsade-de-pointes-Tachyka rdien - ventrikulären Tachykardien QTc-Verlängerung um> 30 % des Ausgangswertes (Klasse la, lc und III)

-

-

-

Anmerkung: Bezüglich der Gesamtsterblichkeit sind einige Antiarrhythmika in großen Studien untersucht worden. Dabei zeigte sich u.a. für Chinidin und Flecainid eine überhöhte Sterblichkeit. Es wurden Anwendungsbeschränkungen erstellt, wobei die untersuchten Substanzen als Stellvertreter für die jeweilige Antiarrhythmika-Gruppe zu sehen sind - d.h. ähnlich wirkende Antiarrhythmika unterliegen ebenfalls den Einschränkungen bzw. sind nur noch bedrohlichen therapierefraktären HRST vorbehalten und besitzen damit kaum noch klinische Bedeutung.

typische Interaktionen von Antiarrhythmika: - Kombination von Antiarrhythmika {Klasse 1-IV: Natriumkanalblocker, Betablocker, Amiodaron/Sotalol, Calciumantagonisten vom Verapamil- und Diltiazemtyp) untereinander => Bradykardie, AV-Block, Kardiodepression - für Klasse la und III + alle Substanzen mit QT-Verlängerung (~ Anhang), v.a. andere Antiarrhythmika Klasse la und III, einige Neuroleptika, Makrolide, hypokaliämie-induzierende Pharmaka (Schleifendiuretika, Thiazide, Laxantien) => additive Verlängerung des QT-lntervalls => ventrikuläre Arrhythmien, Torsade de pointes Tachykardie

- Antihypertensiva, Narkosegase, tricyclische Antidepressiva, Phenothiazin-Neuroleptika => Hypotension, CAVE: mit Narkosegasen teils auch atropinresistente Bradykardien

- Herzglykoside => Bradykardie, AV-Block - für Amiodaron, Sotalol + MAO-Hemmer => hypertensive Krise (Kombination kontraindiziert) Anmerkung : Für Antiarrhythmika untereinander (v.a. Klasse 1 + III) bestehen zahlreiche Interaktionen. Kombi von Klasse 1+ III Antiarrhythmika ist obsolet, daher sind diese Interaktionen nicht berücksichtigt.

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

191

Übersicht antiarrhythmischer Effekt Klasse supraventrikulär

Ja ++

0

lc ++

ventrikulär

++

+++

++

lb

II +++ +

111 +++

IV +++

+++

0

Tab. 2.48: antiarrhythmischer Effekt. + ~ Maß der antiarrhythmischen W irkung; keine Therapieempfehlung !

[!]" -.. [!]

...

~~

Therapiebeschränkungen

......

~

::;,.: -=--....--~---

..[!] ~J"t

Klasse 1: Natriumkanal-Blocker Nur Lidocain ausführlich besprochen. Die übrigen Substanzen sind als Kurzübersicht dargestellt, die auf den „Charakteristika der Antiarrhythmika" (~ 2.1 0.4) aufbaut.

2.10.5

Klasse la ..

2.10.5.2 Ajmalin -

Gilurytmat®

Ajmalin nur für i. v ., Plasma-HWZ

~

Prajmalin außer Vertrieb

15 min (kurze Wirkdauer); Prajmalin als orale Form ist außer Vertrieb

WIRKUNG : - Hemmung des Na+-Einstroms bevorzugt in: His-Purkinje-System, akzessorischem Bündel, Ventrikel - geringe anticholinerge Wirkung (im Gegensatz zu Chinidin ) NEBENWIRKUNG: - intrahepatische Cholestase: Fieber, Juckreiz, Ikterus , Transaminasenanstieg - ZNS: Kopfschmerzen , Sehstörungen - selten hämatologisch: Agranulozytose, Thrombozytopenie INDIKATION: - Akuttherapie supraventrikulärer Tachykardien Akuttherapie ventrikulärer Tachykardien

bei

Präexzitation

(z.B.

WPW-Syndrom),

BESONDERHEITEN: Ajmalin-Test: Nutzung in der nichtinvasiven Diagnostik von Herzrhythmusstörungen: - akzessorische Leitungsbahnen (WPW-Syndrom): bei Verlust der Delta-Welle unter Ajmalin => Anhalt für lange Refraktärzeit der akzessorischen Bahn und damit keine Gefahr des plötzlichen Herztodes; bei Persistieren der Delta-Welle => Anhalt für kurze Refraktärzeit mit Gefahr des Überleitens von Vorhofflimmern auf die Kammer. (Test heute durch die Elektrophysiologie mit Ablationsmöglichkeit abgelöst) - Demaskierung eines Brugada-Syndroms: Nachweis eines Rechtsschenkelblocks (RSB) in Kombination mit rechtspräkordialen ST-Elevationen i.S. eines Brugada-Syndroms (Brugada-Syndrom : RSB, ST t bei fehlender struktureller Herzerkrankung mit gehäuftem plötzlichen Herztod bei Torsaden)

Ajmalin Gilurytmal® (Amp 50 mg/1 O ml)

Therapiepflichtige supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien: i.v.-Bolus: titrierende Gabe, max 10 mg/min, max Einzeldosis 50 mg; bei unzureichendem Effekt nach 30 min Wiederholung möglich. i.v.-Gabe nur unter CPRBereitschaft. i.v.-Dauerinfusion: bei therapierefraktären HRST mit Richtdosis von 0,5-1 mg/kg/h . Max-Dosis 2000 mg/d. Kdr: Max-Dosis 1 mg/kg/h Dosll: bei Leberinsuffizienz 10-30 mg/h Grav: kontraindiziert im 1. Trimenon, strenge Indikationsstellung im 2. + 3. Trimenon Still: strenge Indikationsstellung

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

192

2.10.6

Klasse I b

Lidocain (Natriumkanalblocker)

2.10.6.1

Xylocain®

Lidocain wirkt bevorzugt auf den Ventrikel und weist im Vergleich zu Chinidin eine rasche Reaktivierung der inaktivierten Na•-Kanäle auf => reguläre Herzaktionen werden unverändert weitergeleitet (kaum verminderte Leitungsgeschwindigkeit), früh einfallende Aktionspotentiale werden verzögert "" Frequenzfiltereffekt. Je tachykarder, desto ausgeprägter die Wirkung von Lidocain. -

Lidocain galt früher als Antiarrhythmikum der Wahl in der Akuttherapie komplexer ventrikulärer HRST; ist aber von Amiodaron weitgehend abgelöst worden als vorteilhaft bei ischämie-induzierten Arrhythmien beschrieben

PHARMAKOKINETIK:

- HWZ:::::: 100 min (in lnitialphase kürzer) - initialer Bolus (50-100 mg) zur Aufsättigung, Wirkdauer 15-20 min (nach 5-10 min. Wiederholung möglich); dann kontinuierliche Erhaltungsdosis - keine orale Gabe, da first-pass-Metabolismus 70-80 %, beträgt - hepatische Metabolisierung, renale Elimination=> Dosisanpassung bei Leber-/ Niereninsuffizienz WIRKUNG: ■

-

Hemmung des schnellen Na•-Einstroms (bei rascher Reaktivierung der inaktivierten Na•-Kanäle => Frequenzfiltereffekt)

NEBENWIRKUNG: - kardial : gering leitungsverzögernd, gering negativ inotrop, gering negativ chronotrop , gering

proarrhythmogen Lidocain ist in therapeutischer Dosierung nur gering kardiodepressiv und ist daher auch bei vorbestehenden Leitungsstörungen oder Herzinsuffizienz mit Vorsicht anwendbar. - ZNS..Störungen (ZNS-gängig) als Zeichen von Überdosierung oder Intoxikation:

-

Schwindel, Sehstörungen, Ohrensausen Tremor (insbes. bei Patienten mit Parkinsonismus) Krämpfe (erhöhte Krampfbereitschaft bei Patienten mit Epilepsie) Benommenheit bis Bewußtlosigkeit

INDIKATION:

1

- 2. Wahl bei hämodynamisch stabiler ventrikulärer Tachykardie (c> 2.11.3.2) - Alternative zu Amiodaron bei therapierefraktärem Kammerflimmern oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie (c> 2.19.3.8) - keine Indikation zur prophylaktischen Gabe (z.B. bei akutem Myokardinfarkt) Beachte: früher war Lidocain das Antiarrhythmikum der Wahl in der Akuttherapie ventrikulärer Arrhythmien, wurde aber von Amiodaron abgelöst. KONTRAINDIKATION :

- Überempfindlichkeit gegen Lokalanästhetika vom Amidtyp - typische Kontraindikationen für Antiarrhythmika (c> 2.10.4) INTERAKTlON:

- allgemeine Antiarrhythmika-lnteraktionen (c> 2.10.4) - Cimetidin, Propranolol => Abbauhemmung von Lidocain Anmerkung: Die routinemäßige Gabe von Antiarrhythmika vor Defibrillation ist kontraindiziert ! Lidocain kann wie alle anderen Antiarrhythmika durch Erhöhung der Defibrillationsschwelle eine erfolgreiche Defibrillation erschweren. (c> 2.19.3.8) Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Xylocain® 2 % (Amp 100 mg/5 ml)

Xylocain® 20 % (Amp 1000 mg/5 ml)

Weitere Präparate: Lidocain, Xylocitin®

193

Lebensbedrohliche ventrikuläre HRST: Anf-Dosis 70-100 mg (""' 1-1,5 mg/kg) langsam i.v. (max 25 mg/min), Wiederholung nach 5-10 min mit 1/3 bis 1/2 der Dosis. Max-Dosis 200-300 mg/h. Erhalt-Dosis 20-50 µg/kg/min. American Heart Association: Anf-Dosis 1 mg/kg, ggfs. Wiederholung mit 1 mg/kg, dann Infusion von 20-50 µg/kg/min. Kdr: 0,5-1 mg/kg DosNI: Kumulationsgefahr, bei wiederholter Gabe Dosisreduktion Dosll: Kumulationsgefahr, bei wiederholter Gabe Dosisreduktion Grav/Still: strenge Indikation

2.10.6.2

Phenytoin

Zentropil®

..

2.10. 7

Klasse I c Propafenon

2.10.7.1

Rytmonorm®

CHARAKTERISTIKA: - HWZ ::::: 5-17 h, Bioverfügbarkeit ::::: 50 % - hepatische Metabolisierung, renale Elimination - Metabolismus: genetischer Polymorphismus mit zwei Phänotypen, dem normalen Metabolisierer (,,extensive metaboliser") und dem defizienten Metabolisierer (,,poor metaboliser"); defiziente Metabolisierer (5-1 O % der Europäer) neigen zur kompletten ß-Blockade. 2 - W: Klasse lc-Antiarrhythmikum mit geringen ß-blockierenden und Ca •-antagonistischen Eigenschaften - NW: neurotoxisch (Schwindel, Müdigkeit, Sehstörungen, Kopfschmerz). gastrointestinal (Übelkeit, Erbrechen, selten reversible intrahepatische Cholestase als Überempfindlichkeitsreaktion) - IND: (nicht bei struktureller Herzerkrankung und höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion) - Rhythmisierung bei Vorhofflimmern (,,pill in the pocket" q 2.11.2.4.2), supraventrikuläre Tachykardien bei Präexzitation - keine Bedeutung mehr bei komplexen ventrikulären Herzrhythmusstörungen - KI : siehe Flecainid - WW: - allgemeine Antiarrhythmika-lnteraktionen (q s.o.) - orale Antikoagulantien, Metoprolol, Propranolol, Desipramin, Ciclopsorin A, Digoxin, Theophyllin => Abbauhemmung der angeführten Substanzen - Inhibitoren von CYP 206, Cimetidin, Chinidin, Azole => Abbauhemmung von Propafenon - Rifampicin, Phenobarbital => Abbaubeschleunigung von Propafenon Propafenon Rytmonorm® (Tbl 150 mg, 300 mg) (Drgs für Kinder 10 mg) (Amp 70 mg/20 ml)

Weitere: Propafenon

Therapiepflichtige supraventrikuläre Tachykardien, lebensbedrohliche ventrikuläre HRST: p.o.: Erwachsene 3 x 150 mg bzw. 2 x 300 mg, bei Bedarf steigern, MaxDosis 900 mg/d. Dosissteigerung erst nach 3-4 Tagen. Kinder: 10-20 mg/kg/d in 3-4 Einzeldosen i.v.: 1 mg/kg über 3-5 min, ggfs. bis 2 mg/kg erhöhen; bei Dauergabe 560 mg/d DosALT: vorsichtig und einschleichend dosieren Grav: strenge Indikationsstellung v.a. im 1. Trimenon Still: strenge Indikationsstellung

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

194

Flecainid

2.10.7.2

(Natriumkanalblocker) Tambocor®

CHARAKTERISTIKA:

1

- HWZ 15-20 h, Bioverfügbarkeit 90 % - überwiegend hepatische Metabolisierung - Flecainid wurde in den CAST-Studien untersucht - durch das Resultat (erhöhte Sterblichkeit gegenüber Placebo) wurde die medikamentöse Rhythmologie „auf den Kopf gestellt" und in den Folgejahren neu bewertet. Für Flecainid und andere Klasse I/lc-Antiarrhythmika besteht im Vergleich zu früher nun eine sehr strenge Indikation. - IND: (nicht bei struktureller Herzerkrankung und höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion) - Rhythmisierung bei Vorhofflimmern (,,pill in the packet" q 2.11.2.4.2), selten bei anderen supraventrikulären Tachykardien - keine Bedeutung mehr bei komplexen ventrikulären Herzrhythmusstörungen - KI: < 3 Monate nach Myokardinfarkt, linksventrikuläre Funktionseinschränkung mit EF < 35 %, schwere struktu relle Herzerkrankung (z.B. KHK) - WW: - allgemeine Antiarrhythmika-lnteraktionen (q s.o.) - Propranolol, Digoxin => Abbauhemmung der angeführten Substanzen - Enzyminduktoren: Barbiturate, Carbamazepin, Phenytoin, Rifampicin => Abbaubeschleunigung von Flecainid

Flecainid Tambocor® (Tbl 50 mg, 100 mg) (Amp 50 mg)

Weitere Präparate: flecadura®

2.10.8

Therapiepflichtige supraventrikuläre Tachykardien, lebensbedrohliche ventrikuläre HRST: p.o.: 2 x 100 mg, bei Bedarf schrittweise (max 2 x 50 mg) auf 2 x 200 mg erhöhen, Max-Dosis 500 mg/d (Dosiserhöhung frühestens nach 4-6 Tagen); ggfs. Spiegelbestimmung ; i.v.: 1 mg/kg, nach 15 min weitere 0,5 mg/kg; durchschnittlich 200 mg/d, Max-Dosis 400 mg/d DosNI: bei Niereninsuffizienz (Krea > 1,5 mg/dl bzw. Krea-CI < 50 ml/min): p.o.: Anf-Dosis 2 x 50 mg, Steigerung um max 50 mg/d auf Max-Dosis 2 x 150 mg i.v.: bei rezidiv. Gaben bzw. mehrtägiger Therapie: Max-Dosis 200-300 mg/d Dosll: p.o.: Anf-Dosis 2 x 50 mg, Steigerung um max 50 mg/d auf Max-Dosis 2 x 150 mg; i.v.: bei rezidiv. Gaben bzw. mehrtägiger Therapie: Max-Dosis 200-300 mg/d DosALT: Anf-Dosis 2 x 50 mg, Max-Dosis 2 x 150 mg (zur Steigerung s.o.) Grav: strenge Indikationsstellung Q Grav 4 Still: strenge Indikationsstellung Q Still 2

Klasse II (Betablocker)

Betablocker gelten im klinischen Sprachgebrauch nicht als klassische „Antiarrhythmika", haben aber mittlerweile in der pharmakologischen Dauertherapie von Herzrhythmusstörungen die größte Bedeutung. Dies liegt an den fehlenden proarrhythmogenen Effekten und der günstigen prognostischen Beeinflussung vieler kardialer Grunderkrankungen (KHK, Herzinsuffizienz). Typischerweise kommen in der Dauertherapie die klassischen Antiarrhythmika (Klasse 1, III) erst bei unzureichendem Effekt oder Unverträglichkeit/Kontraindikation von Betablockern zum Einsatz. hier Übersicht der Betablocker als Antiarrhythmika; ausführl iche Darstellung q 2.1.3.2 ■

WIRKUNG: kompetitive Hemmung adrenerger Substanzen an Beta-Rezeptoren Je höher der Sympathotonus, desto ausgeprägter die Effekte der Betablockade.



ß1 ß2

Herz Fettaewebe Niere glatte Muskulatur

neg. inotrop, neg. chronotrop, neg. dromotrop, verminderte Automatie Hemmunq der Lioolvse verminderte Reninfreisetzuna Hemmung der Dilatation=> Konstriktion oder Tonuserhöhung

Pankreas Skelettmuskel

Hemmung der Insulinsekretion Hemmung der Glykogenolyse Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

195

INDIKATION : - supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen

1

- Sinustachykardie, paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie - supraventrikuläre Tachyarrhythmien bei Vorhofflattern, Vorhofflimmern

- ventrikuläre Herzrhythmusstörungen (antifibrillatorisch ?) - adrenerg ausgelöste ventrikuläre HRST - symptomatische VES oder Salven (auch bei fehlender kardialer Grunderkrankung) BESONDERHEIT: Betablocker bei Tachyarrhythmie: gewünschter Effekt ist die Frequenznormalisierung (.,Frequenzkontrolle"), uneffektiv bzgl. Rhythmisierung in den Sinusrhythmus. therapeutische Bedeutung: Betablocker sind bei koronarer Herzkrankkeit und Postinfarktpatienten prognostisch günstig (lebensverlängernd). Es wird eine „antifibrillatorische Wirkung" diskutiert, die vermutlich durch den antiischäm ischen Effekt bedingt ist. Symptomatische Indikation: da Betablocker im Gegensatz zu den meisten anderen Antiarrhythmika keine erhöhte Sterblichkeit aufweisen, sind sie auch bei symptomatischer Therapie von VES oder Salven (ohne kardiale Grunderkrankung) empfehlenswert. Betablocker und Calciumantagonisten: Die Kombination von ß-Blockern und kardial wirksamen Ca2• Antagonisten ist kontra indiziert. Bei der zusätzlichen Gabe eines Ca2• -Antagonisten besteht durch verstärkte negativ dromotrope Effekte die Gefahr eines AV-Block 111°. (q 2.10.11)

1

1

Klasse III

2.10.9

BioverEli min.Handelsnegativ ß-symparenale negativ fügbarkeit HWZ Elimination dromotrop inotrop tholytisch name + ++ Amiodaron Cordarex® 40-50 % 100-240 h (+) 10 % 6% ähnlich Amiodaron 15 % 20-30 h Dronedaron Multaq® +++ ++ +++ Sotalex® Sotalol 89-90 % 10 h 60-90 %

Freiname



Tab. 2.49 WIRKUNG: - Vorhof und Ventrikel: verlängertes Aktionspotential (QT t) durch Hemmung des K+- Ausstroms in der Repolarisation: Hemmung von IKr, einer Teilkomponente des verzögert gleichrichtenden K+-Stroms (delayed rectifier) q 2.10 .1

2.10.9.1

Amiodaron (Pleiotroper-lonenkanal-Blocker) Cordarex®

- Pharmakokinetik: Amiodaron „flaches" peripheres Kompartiment (Muskeln, Myokard), in -;: : 5 d gefüllt

„tiefes" peripheres Kompartiment (Fett), in -;: : 3-1 0 Mo gefüllt

zentrales Kompartiment (Blut) schneller

langsamer Austausch

'--- - - - - - --' Austausch Elimination

Abb. 2.38 Arzneistoffliste IMPP

1

196



1

-

-









2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Verteilung zwischen zentralem Kompartiment, ,,flachem" peripheren Kompartiment (in ~ 5 d gefüllt) und „tiefem'' peripheren Kompartiment (in :::: 3-1 0 Monaten gefüllt). Durch die starke Lipophilie besteht eine besondere Affinität zum tiefen Kompartiment (Verteilungsvolumen :::: 5000 1). Die Aufsättigung des Myokards ist entscheidend für die therapeutische Wirkung: je höher die initale Sättigungsdosis, um so schneller die therapeutische Wirkung (variiert zwischen wenigen Tagen und 2 Wochen). Anschließend Aufsättigung des tiefen Kompartiments. Aufsättigung bis zur Gesamtdosis von 12-15 g, dann Erhaltungsdosis. Bei vorzeitigem Übergang von der Sättigungs- auf die Erhaltungsdosis kann die Amiodarondosis am Wirkort - bedingt durch Umverteilung - unter die therapeutisch wirksame Grenze fallen. - orale Gabe: Wirkungseintritt nach 4-10 (14) d, Wirkmaximum nach :::: 4 Wo, HWZ bei Dauertherapie bis zu 4 Wochen - i.v.-Gabe: bei Bolusgabe/Kurzinfusion Wirkungseintritt nach wenigen min, Wirkmaximum nach 15 min, innerhalb 4 h Umverteilung in tiefe Kompartimente Amiodaron ist kein „reines" Klasse-11I-Antiarrhythmikum (K+-Kanal-Blockade), sondern hat auch ßblockierende Eigenschaften und inhibiert Na+- und Ca2+-Kanäle - daher der IMPP-Terminus .. pleiotroper Ionen-Kanal-Blocker". Plasmakonzentrationen von Amiodaron und dem Metaboliten Desethylamiodaron korrelieren weder mit klinischer Wirksamkeit noch Verträglichkeit und sind allenfalls zur Überwachung der Compliance (Tabletteneinnahme) geeignet. Beachte: Die Amiodaron-Plasmaspiegelbestimmung ist nicht zum Wirksamkeitsnachweis geeignet. Die Überprüfung der Wirksamkeit nach Aufsättigung erfolgt per LZ-EKG oder ggfs. programmierter der Prävention komplexer ventrikulärer HRST (anhaltende Ventrikelstimulation. In Kammertachykardien , Kammerflimmern) ist wegen ungenügender Wirksamkeit der implantierbare Cardioverter/Defibrillator (ICD) die Therapie der Wahl.

WIRKUNG : siehe oben - Blockade spannungsabhängiger Kaliumkanäle (Q delayed rectifier) NEBENWIRKUNG: kardial : typische Nebenwirkungen der Antiarrhythmika - gering negativ inotrop => auch bei eingeschränkter Ventrikelfunktion anwendbar - geringe intraventrikuläre Leitungsverzögerung => auch bei schweren intraventrikulären Leitungsstörungen anwendbar extrakardial : - gelbbraune Mikroablagerungen auf der Korneavorderfläche nahezu regelmäßig (90 °/o) => Sehstörungen (reversibel) - Photosensibilisierung => Erythem; im Extrem bis hin zur Hyperpigmentierung mit schwarz-

-

violettem bis schiefergrauem Hautkolorit (Pseudozyanose) => Sonne meiden, Lichtschutz Schilddrüsenfunktionsstörungen: Hypo- und Hyperthyreose (Jodanteil von Amiodaron beträgt 37 %)

- selten Lungenfibrose (irreversibel), schwerwiegendste NW - ferner: Erythema nodosum, ZNS-Reaktionen (Tremor, Ataxie), Hepatitis-ähnliche Krankheitsbilder INDIKATION : - Dauertherapie: therapieresistente supraventrikuläre und ventrikuläre HRST (VT) Amiodaron ist ein sehr potentes Antiarrhythmikum, die erheblichen extrakardialen Nebenwirkungen und die komplexe Pharmakokinetik sprechen aber gegen eine generelle Empfehlung in der Dauertherapie benigner Arrhythmien wie Vorhofflimmern. Bei potentiell bedrohlichen HRST (z.B. anhaltende Kammertachykardien) ist Amiodaron dem ICD unterlegen, hier wird es zur Reduktion gehäufter Schockabgaben genutzt. Bei höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion ist Amiodaron das Antiarrhvthmikum der Wahl.

1

- Akuttherapie (i.v.): - 1. Wahl bei hämodynamisch stabiler ventrikulärer Tachykardie (Q 2.11.3.2) - 1. Wahl bei therapierefraktärem (:::: nach Defibrillation und Adrenalingabe persistierendem) Kammerflimmern oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie (Q 2.19.3.8)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

197

- therapierefraktäre supraventrikuläre Tachykardien (incl. Tachyarrhythmie mit unzureichendem Effekt auf Digitalis) und gleichzeitig höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion (q 2.11.2) Amiodaron ist in der Akuttherapie ventrikulärer Tachykardien und supraventrikulärer Tachykardien mit gleichzeitig höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion (EF < 3035 % ) Mittel der Wahl.

KONTRAINDIKATION : - typische Kontraindikationen (ggfs. als relativ anzusehen) - Schilddrüsenerkrankungen / Jodallergien - schwere Lungenerkrankungen - Frauen im gebärfähigem Alter - gleichzeitige Behandlung mit MAO-Hemmern INTERAKTION: - allgemeine Antiarrhythmika-lnteraktionen (q s.o.) - Digoxin , orale Antikoagulantien, Ciclosporin => Abbauhemmung durch Antiarrhythmika => verstärkte Effekte der angeführten Substanzen (Digoxindosis um 50 % reduzieren, ggfs auf Digitoxin umstellen) HIV-Proteaseinhibitoren => Abbauhemmung des Antiarrhythmikums

- Simvastatin => Risiko t für Myopathie/Rhabdomyolyse

BESONDERHEITEN: Amiodaron und Schilddrüsenfunktionsstörungen Amiodaron hemmt die T 4-Dejodase und damit die Umwandlung des wenig stoffwechselaktiven T4 (Thyroxin) in das aktive T3 (Trijodthyronin). Dadurch wird vermehrt das stoffwechselinaktive rT 3 (reverse T 3) gebildet. Typisch für eine Amiodarontherapie ist ein erhöhtes T 4, ein erniedrigtes T3 und ein normales bis leicht erhöhtes TSH. Durch den hohen Jodanteil kann (v.a. bei vorbestehenden Autonomien) eine Hyperthyreose induziert werden, typisch ist ein erhöhtes T3. Die kardialen Symptome (Tachykardie) können durch Amiodaron unterdrückt werden. Therapie: Thyreostatika (ggfs. + Perchlorat), Amiodaron absetzen. Bei Hypothyreose ist ein erniedrigtes T4 bei erhöhtem TSH typisch. Ursächlich können eine Hemmung der Schilddrüsenhormon-Sekretion (Plummerung) durch den hohen Jodgehalt oder auch thyroidale Autoantikörper sein. Therapie: vorsichtige Substitution mit L-Thyroxin. Beachte: Bedingt durch die lange HWZ können auch nach Absetzen von Amiodaron noch Schildd rüsenfunktionsstörungen auftreten. Empfehlung: Schilddrüsenwerte vor Therapiebeginn und spätere Kontrollen (~ alle 6 Monate). Die Amiodaron-induzierte Hyperthyreose ist klinisch erschwert erkennbar, da Amiodaron durch die Bradykardie und die betablockierenden Effekte die typischen Hyperthyreosesymptome abschwächt.

STUDIEN: CAMIAT (Canadian Amiodarone Myocardial lnfarction Arrhythmia Trial): Amiodaron (Aufsättigung 2 Wochen, dann für 4 Monate 300-400 mg/d, später 200 mg/d) versus Placebo nach Myokardinfarkt mit ventrikulären HRST: nach im Mittel 1.8 Jahren führte Amiodaron zwar zu einer Senkung der arrhythmogenen Todesfälle, jedoch nicht der Gesamtmortalität und kardialen Sterblichkeit. (n = 1202) EMIAT (European Myocardial lnfarction Amiodarone Trial): Sterblichkeit bei Myokardinfarkt mit EF < 40 % unter Amiodarone (800 mg/d über 2 Wochen, dann 400 mg/d über 3.5 Monate, dann 200 mg/d) versus Placebo: nach im Mittel 21 Monaten keine Unterschiede in der Gesamtmortalität oder der kardialen Mortalität bei jedoch reduzierten Arrhythmie-bedingten Todesfällen. (n = 1486) GESICA (Grupo de Estudio de la Sobrevida en la lnsuficiencia Cardiac en Argentina): Sterblichkeit bei Herzinsuffizienz mit EF < 35 % und fehlenden symptomatischen ventrikulären HRST unter Amiodaron versus Placebo: nach im Mittel 13 Monaten signifikant geringere Sterblichkeit unter Amiodaron (33.5 % versus 41.4 %). (n = 516) CHF-STAT (Amiodarone in Patients with Congestive Heart Failure and Asymptomatic Ventricular Arrhythmia): Sterblichkeit bei Herzinsuffizienz mit EF < 40 °/o und asymptomatischen ventrikulären HRST unter Amiodaron versus Placebo: nach im Mittel 45 Monaten kein signifikanter Unterschied. (n = 674) ARREST: Amiodaron bei der kardiopulmonalen Reanimation (q 2.19.3.8) ALIVE : Amiodaron bei der kardiopulmonalen Reanimation (q 2.19.3.8)



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

198

_ Therapiepflichtige supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien : - p.o. = Aufsättigung: 3 x 200 mg über 8-10 Tage (in einigen Fällen bis zu 3 x 400 mg), - dann Erhalt-Dosis 1 x 200 mg (in einigen Fällen bis zu 600 mg/d) - i. V. initial: 5 mg/kg über > 3 min, nach frühestens 15 min wiederholen oder 300 mg in - Glc 5 % über > 20 min Dauerinfusion: 10-20 mg/kg in 250-500 ml Glc 5% über 24 h

Cordarex® {Tbl 200 mg) (Amp 150 mg/3 ml)

Weitere: Amiodaron, Cornaron®

_ DosNI: keine Dosisanpassung notwendig Grav: kontraindiziert Still: kontraindiziert

2.10.9.2

Dronedaron

2.10.9.3

Sotalol

2. 10. 10 ■

Multaq®

Sotalex®

Klasse IV (Calcium-Kanal-Blocker ~ Ca 2+-Antagonisten) Diltiazem Dilzem®

Verapamil lsoptin®

Klasse IV: Ca2 +-Antagonisten mit Wirkung auf das Erregungsbildungs-/ Erregungsleitungssystem (q 2.6)

1

WIRKUNG : Blockade des Ca2+-Einstroms in glatter Muskulatur, Myokard und Erregungsbildungs-/Erregungsleitungssystem: - Erregungsbildungs-/Erregungsleitungssystem: in Sinus- und AV-Knoten erfolgt die

Bildung des Aktionspotentials weitgehend durch den langsamen Ca2+-Einstrom, da infolge des geringen Ruhepotentials der schnelle Na+-Einstrom überwiegend schon inaktiviert ist. Ca2+Antagonisten blockieren den langsamen Ca 2+-Einstrom: => Sinusknoten: verlangsamte AP-Bildung ;:::! negativ chronotrop => AV-Knoten: verlangsamte Überleitung ~ negativ dromotrop

- Arbeitsmyokard: negativ inotrop - glatte Gefäßmuskulatur: geringe arterielle Vasodilatation 1 Dilatation epikardialer Koronarien (antischämischer Effekt bei KHK)



INDIKATION : - supraventrikuläre Tachykardien - Tachyarrhythmie bei Vorhofflattern/-flimmern ohne Präexzitation (siehe unten) Verapamil und das seltener verwendete Diltiazem (Gallopamil wird kaum eingesetzt) haben bei Vorhofarrhythmien eine den Betablockern vergleichbare Effektivität. Da Betablocker bei zahlreichen Erkrankungen wie KHK und Herzinsuffizienz - im Gegensatz zu Calciumantagonisten - eine Prognoseverbesserung aufweisen, werden Verapamil und Diltiazem bevorzugt bei Unverträglichkeit oder Kontraindikationen von Betablockern eingesetzt. Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

199

BESONDERHEITEN : -

-

-

Calciumantagonisten bei Tachyarrhythmie: gewünschter Effekt ist die Frequenznormalisierung (,,Frequenzkontrolle"), Ca2• -Antagonisten sind uneffektiv bzgl. Rhythmisierung in den Sinusrhythmus. Keine Calciumantagonisten bei Tachyarrhythmie bei Vorhofflattern/-flimmern mit Präexzitation (z.B. WPW-Syndrom). Begründung: Calciumantagonisten verlängern die AV-Knoten-Refraktärzeit und können bei bestehender akzessorischer Leitung eine Überleitung von Vorhofflimmern über die akzessorische Leitung auf die Kammer begünstigen (=> Kammerflimmern). Keine Indikation für ventriku läre Herzrhythmusstörungen (HRST), da Calciumantagonisten auf supraventrikulärer Ebene angreifen. Ausnahme: sehr seltene Unterformen von Kammertachykardien, wenn kein ICD indiziert/gewünscht. Calciumantagonisten und Betablocker: Die Kombination kardial wirksamer Ca2 • -Antagonisten mit Betablockern ist kontraindiziert. Die Leitungsverzögerung und negative lnotropie der Calciumantagonisten kann bei einer zusätzlichen ß-Blockade nicht mehr reflektorisch kompensiert werden.

2.10.11



weitere Antiarrhythmika

(nicht klassifiziert nach der Einteilung von Vaughan Williams)

2.10.11 .1

Adenosin

Adrekar®

- endogenes Nukleosid mit sehr kurzer Wirkungsdauer (HWZ < 1O sec) => intravenöse Bolusgabe

WIRKUNG : - Aktivierung von Kaliumkanälen in Sinus- und AV-Knoten : Stimulation von Adenosinrezeptoren (G-Protein-gekoppelt) führt zu Aktivierung von Kaliumkanälen in Sinus- und AVKnoten (=> Verkürzung AP-Dauer, Verlangsamung Automatie), zusätzliche Hemmung von Ca2•Strömen führt zur Verlängerung der AV-Knoten-Refraktärzeit => Hemmung der AV-Überleitung Durch die AV-blockierende Wirkung können Reentry-Kreise, die den AV-Knoten berühren, unterbrochen werden => Terminierung paroxysmaler supraventrikulärer Tachykardien mit Wiederherstellung des Sinusrhythmus. Da Vorhofflimmern und -flattern den AV-Knoten nicht als Teil des Reentry-Kreises berühren, führt Adenosin nicht zur Terminierung, sondern zu einer Demaskierung.

Adenosin blockiert mit hoher Spezifität die Erregungsleitung am AV-Knoten und weist eine sehr kurze Wirkdauer und nur geringe Nebenwirkungen auf.

NEBENWIRKUNG: - bei Konversion in Sinusrhythmus vorübergehende Sinusbradykardie/Sinuspause möglich - Vasodilatation (Flush, Hypotonie bei kontinuierlicher Infusion) - Gefahr des Bronchospasmus (Vorsicht bei obstruktiven Atemwegserkrankungen); bei Z.n. HTX kann die kardiale Denervierung zu einer Überempfindlichkeit gegenüber den bradykardisierenden Adenosin-Effekten führen; unter Methylxanthinen (Theophyllin) verminderte AdenosinEmpfindlichkeit.

INDIKATION: Mittel der Wahl bei regelmäßigen supraventrikulären Tachykardien , speziell AVKnoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT) und AV-Reentry-Tachykardie (AVRT) (c> 2.11.2.2)

AV-Knoten-Reentry-Tachykardie: Terminierung durch Adenosin Vorhoftachykard ieNorhofflattern: Demaskierung der P-Wellen durch Adenosin

'V'-"~4

Abb. 2.39



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

200 KONTRAINDIKATION :

- AV-Block 11-111°, Siek-Sinus-Syndrom - Vorhofflimmern (bei Vorhofflimmern und zusätzlicher

~ akzessorischer Leitungsbahn zwischen Vorhof und

Ventrikel kann es zu einer beschleunigten Überleitung und damit zu einer erhöhten Kammerfrequenz kommen)

- verlängertes QT-lntervall - obstruktive Atemwegserkrankung

Adenosin Adrekar® (Amp 6 mg/2 ml)

Adenosin ltemTM (1 ml = 5 mg)

Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien unter Beteiligung des AV-Knotens i (AV-Knoten-Reentry-Tachykardie "" AVNRT, AV-Reentry-Tachykardie "" AVRT): Bolus 1 3 mg, wenn unzureichend (d.h. Tachykardie nicht innerhalb 1-2 min beendet) 6 mg, i wenn unzureichend 9 mg, wenn unzureichend 12 mg. Beachte: schnelle Bolusgabe, mit NaCI nachspülen. 1

I

Kinder: (Adenosin ltem) initial 100 µg/kg, alle 2 min um 50 µg/kg steigern, Max-Dosis j 250 µg/kg i DosAlt: keine Dosisreduktion notwendig 1 Grav: strenge Indikationsstellung ~ Grav 6 ! Still: strenge Indikationsstellung ~ Still 1 1

!

Magnesium

2.10.11 .2

CHARAKTERISTIKA: - Magnesium ist ein physiologischer Ca 2+-Antagonist - Indikation: - Mittel der Wahl bei Torsade-de-pointes-Tachykardie - ventrikuläre Tachykardien bei Magnesiummangel - Beachte: die erfolgreiche Therapie von Torsade-de-pointes-Tachykardien ist nicht Beweis für einen Magnesiummangel als Ursache der Arrhythmie - keine Indikation zur routinemäßigen prophylaktischen Gabe beim akuten Myokardinfarkt Magnesium Mg-5-Sulfat 50 %® (Amp 10 ml = 20,2 mmol = 493 mg)

j Generell: keine unverdünnte Gabe, i.v.-lnfusion, beachte Magnesiumspiegel

i Herzrhythmusstörungen: individuelle Dosierung; ERG-Empfehlung: 5 ml 50 % über 1 1

i

30 min (Abb. 2.26) Drohende Frühgeburt, Wehenhemmung: Infusion von 1-2 g/h Magnesiumsubstitution bei schwerem Mangel: 5 g/Tag

2.10.11 .3 Na+-K+-ATPase-lnhibitoren: Herzglykoside (Digoxin, Digitoxin)



CHARAKTERISTIKA: Herzglykoside Q 2.8 - Wirkmechanismus: Hemmung der Na+-K+-ATPase - antiarrhythmische Anwendung: Frequenznormalisierung bei Vorhofflimmern/-flattern - paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien

-

2.10.11 .4

Vernakalant

Brinavess®

Arzneistoffliste IMPP

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.11

201

Herzrhythmusstörungen Akuttherapie

Bradykardie

- 1. Wahl: Atropin ; unzureichend: Adrenalin - wenn medik. unzureichend: transkutaner PM Vorhofflimmern (AF) - primär Frequenzkontrolle: Betablocker oder DiltiazemNerapamil - ggfs. Kardioversion zur Rhythmisierung - Beginn orale Antikoagulation

Supraventrikuläre - über Harmlosigkeit aufklären Extrasystolen SVT: Schmal- Adenosin als 1. Wahl komplextachykardie - erfolglos: Frequenzbremsung mit (regelmässig, keine P-Wellen) Betablocker o DiltiazemNerapamil SVT: akzessorische - Ajmalin als 1. Wahl Leitungsbahnen - vereinzelt und asymptomatisch: abwarten Ventrikuläre Extrasystolen - symptomatisch u/o gehäuft: Ursachensuche

anhaltende (> 30 sec) Kammertachykardie(VT) -

Kammerflimmern (VF) Torsade de pointes

-

* Bei therapierefraktärem

Dauertherapie - permanenter Schrittmacher (PM == Pacemaker) - Strategie: Frequenz- vs Rhythmuskontrolle - Frequenzkontrolle: Betablocker oder DiltiazemNerapamil - Rhythmuskontrolle bei struktureller Herzerkrankung (häufig): Amiodaron - Rhythmuskontrolle ohne strukturelle Herzerkrankung (selten): Dronedaron o Flecainid o Propafenon - Tachykardiomyopathie: Ablation 1. Wahl - Rhythmuskontrolle, keine Tachymyopathie: bei paroxysmalem AF die Ablation alternativ zu Antiarrhythmika oder bei Antiarrhythmika-Versagen - bei hohem Leidensdruck: Betablocker - bei (häufigen) Rezidiven: Ablation

- bei Rezidiven: Ablation

- asymptomat. + keine Herzerkrankung: beobachten - symptomatisch und keine strukturelle Herzerkrankung: Betablocker - strukturelle Herzerkrankung: diese therapieren - VES sehr häufig > 20 %): erwäge Ablation Amiodaron als 1. Wahl - nach Ausschluß reversibler Ursachen (z.B: Hämogynamisch instabil: Kardioversion * Koronarischämie, Elektrolytstörung): ICD Defibrillation * - nach Ausschluß reversibler Ursachen (z.B: Koronarischämie, Elektrolytstörung}: ICD Magnesium als 1. Wahl - Ursache der QT-Ver1ängerung abklären - medikamentös: Betablocker VT/VF nach 3. (und 5.) Schock: Amiodaron

AF == atrial fibrillation Vorhofflimmern ICD == implantierbarer Cardioverter Defibrillator SVT == supraventrikuläre Tachykardie VT == ventrikuläre Tachykardie== Kammertachykardie VF == ventricular fibrillation == Kammerflimmern

2.11.1

Grundlagen Die Diagnostik kommt vor der antiarrhythmischen Therapie !

d.h. zuerst EKG (mind. 12 Kanäle), Blutabnahme zur Bestimmung von Elektrolyten (K... !, Mg 2•). Ausnahme: hämodynamisch instabile, lebensbedroh liche HRST.

In der Dauertherapie kommt die kausale Therapie vor der symptomatischen Therapie. d.h. zuerst optimierte Therapie der Grundkrankheit (KHK, Herzinsuffizienz), dann erst Antiarrhythmika (bei ischämieinduzierten HRST zuerst antiischämische Therapie). Ausnahme: hämodynamisch instabile, lebensbedrohliche HRST.

Die elektrophysiologische Wirkungsweise eines Antiarrhythmikums läßt sich voraussagen, der Erfolg im Einzelfall jedoch nicht => empirisches (~ erfahrungsorientiertes) Vorgehen.

202

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Indikationen zur antiarrhythmischen Therapie - hohes Risiko für den rhythmogenen plötzlichen Herztod(:: : : prognostische Indikation): - ventrikuläre Tachykardien :::, VT's (v.a. anhaltende VT's und VT's mit Synkopen) - überlebtes (d.h. erfolgreich reanimiertes) Kammerflattern/Kammerflimmern - beachte: größte Sicherheit bietet hier kein Antiarrhythmikum , sondern der ICD

- arrhythmieassoziierte Symptome (:::: symptomatische Indikation): - Schwindel , Palpitationen, Schwäche (durch erniedrigtes HZV) - beachte: Patienten nicht durch etwaige proarrhythmogene Effekte gefährden

- keine Indikation bei HRST ohne Grunderkrankung: auch komplexe Arrhythmien sind bei gesunden Personen ohne Krankheitswert => keine EKG-Kosmetik betreiben.

Arrhythmogene Effekte Alle Antiarrhythmika haben neben der gewünschten antiarrhythmischen Wirkung einen unterschiedlich ausgeprägten proarrhythmoqenen Effekt ~ Verstärkung oder Auslösung von Arrhythmien bis zum Kammerflimmern. Der proarrhythmogene Effekt wird durch elektrische Inhomogenität von Erregungsausbreitung/-rückbildung begünstigt: Ischämie (Hypoxie), Elektrolytverschiebungen (Hypo/Hyperkaliämie ! Hypomagnesiämie), pH-Wert Änderungen, Katecholamine.

Je höher die elektrophysiologische Inhomogenität des Myokards, desto größer ist die Gefahr einer Arrhythmieauslösung oder -verstärkung. Proarrhythmische Effekte treten am häufigsten bei Patienten mit lebensbedrohlichen Arrhythmien und fortgeschrittener Herzerkrankung (eingeschränkte linksventrikuläre Funktion mit EF < 40 %) auf. Häufigkeit von < 1 % bis zu ~ 20 % abhängig von Grunderkrankung und Antiarrhythmikum. Klasse la (Chinid in !) und lc (Flecainid !) wirken gehäuft proarrhythmisch, K lasse III deutlich seltener (Sotalol > Amiodaron). Daher gilt folgende Einschränkung: - la (Chinidin, Procainamid, Disopyramid): nicht< 3 Monate nach Infarkt u/o EF< 35 %.

- lc (Flecainid, Propafenon): zudem nicht bei schwerer struktureller Herzerkrankung (z .B. KHK)

Antiarrhythmischer Effekt: supraventrikulär versus ventrikulär Adenosin Digitalis 1a lb lc II III IV ++ ++ +++ +++ +++ +++ +++ supraventrikulär 0 ++ +++ ++ +++ ventrikulär (+) 0 0 0 Tab. 2.50: (Maß der antiarrhythmischen Wirkung, keine Therapieempfehlung)

Grundlagen supraventrikuläre Tachykardien (SVT) Sinustachykardie: - Vorhof: normale P-Morphologie, Frequenz 100-180 (200)/min - Kammer: regelmäßig , QRS schmal , 100-180 (200)/min - eine P-Welle vor jedem QRS-Komplex - Ursache: Aufregung/Angst, Volumenmangel, Fieber, Schmerz, Hyperthyreose, Anämie, Hypoxie, Genussmittel (Nikotin, Alkohol , Coffein), Rauschmittel (Amphetamine , Cocain, Ecstasy), pharmakologisch (Beta2-Mimetika, Theophyllin)

Atriale Tachykardie: - Vorhof: abnormale P-Morphologie , Frequenz (100) 150-250/min - Kammer: gewöhnlich regelmäßig, QRS schmal, häufig 2: 1 Überleitung - Ursprung im atrialen Myokard, ektoper atrialer Fokus, AV-Knoten zur Aufrechterhaltung nicht benötigt - Unterform: multifokale atriale Tachykardie (unterschiedliche P-Morphologien bei unregelmäßigen RR-Abständen) - Ursache: KHK, Kardiomyopathie, COPD , Digitalisüberdosierung

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

203

Vorhofflimmern: - Vorhof: keine P-Wellen, oszillierende Flimmerwellen, 350-600/min - Kammer: unregelmäßig, QRS schmal, Frequenz oft ~ 100-180/min - Ursache: idiopathisch, KHK, hypertensive Herzerkrankung, Hyperthyreose, postoperativ nach Herz-OP, Kard iomyopathie, COPD, Alkoholmissbrauch

Vorhofflattern: - Vorhof: undulierende, sägezahnförmiges P, Frequenz 250-350/min - Kammer: regelmäßig , QRS schmal, Frequenz oft ~ 150/min (bei 2: 1 Überleitung)

AV-junktionale Tachykardie: - Vorhof: evtl. retrograde Vorhoferregung - Kammer: regelmäßig, QRS schmal, 70-130/min - vorübergehende schnellere Entladungsrate eines AV-Ersatzrhythmus, meist mit einer Frequenz von 70-130/min, Beginn und Ende langsam - nicht abrupt (,.warm up - cool down") - Ursache: Überdigitalisierung, Z.n. Herz-OP, Hypokaliämie, Myokardischämie, COPD

AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT): - Vorhof: P-Wellen im QRS oder nach QRS, da retrograde Vorhoferregung - Kammer: regelmäßig, schmal, 150-250/min (gewöhnlich 180-200/min bei Erwachsenen)

- Beginn und Ende plötzlich, Reentry unter Einschluß des AV-Knotens - häufigste supraventrikuläre Tachykardie - Ursache: häufig keine organische Herzerkrankung

AV-Reentry-Tachykardie (AVRT): - Beginn und Ende plötzlich, Reentry unter Einschluß einer akzessorischen atrioventrikulären Überleitung (unidirektional), AV-Knoten nicht involviert - im Oberflächen-EKG von der AVNRT nicht zu unterscheiden

Präexzitations-Syndrome: - WPW (Wollf-Parkinson-White): akzessorische Leitungsbahn (Kent-Bündel) zwischen Vorhof und Ventrikel - Vorhof: P normal, PQ < 0.10 sec - Kammer: regelmäßig , QRS normal, 150-250/min - Beginn und Ende plötzlich

- orthodrom: kreisende Erregung antegrad durch AV-Knoten und retrograd über die akzessorische Bahn - antidrom: antegrade Leitung über die akzessorische Leitungsbahn und retrograd durch den AV-Knoten - bei einigen Patienten ermöglicht die akzessorische Leitungsbahn eine sehr schnelle Überleitung (kurze Refraktärzeit) => bei Vorhofflimmern resultiert eine schnelle Kammerfrequenz (bis 250-300/min) mit Gefahr des Kammerflimmerns

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

204

Grundlagen ventrikuläre Tachykardien (VT) / Kammerflimmern (VF) Monomorphe ventrikuläre Tachykardie: -

gleiche Morphologie der QRS-Komplex häufigste Form der anhaltenden VT erhöhte Automatie oder Reentry Kammer: meist regelmäßig, QRS breit (> 0.12 s ), Frequenz 120-250/min, (VT's können anfangs noch deutlich variierende RR-lntervalle aufweisen, nach einigen Sekunden stabilisieren sie sich=> regelmäßige RR-lntervalle mit Varianz von< 40 ms) - Ursache: KHK/akuter Myokardinfarkt, Kardiomyopathie - potentiell lebensbedrohlich, Degeneration in Kammerflimmern Fusionsschlag (fusion beat): Kombination eines Sinusschlags (normal übergeleitet) mit einem QRS-Komplex der VT: QRS varriert zwischen Normalschlag und VES Capture-Schlag (capture beat): gelegenlich kann ein Vorhofimpuls den Ventrikel über die normale Erregungsleitung depolarisieren AV-Dissoziation: unabhängige Erregung von Vorhöfen und Ventrikel (Vorhoffrequenz< Ventrikelfrequenz) Anmerkung: Capture beats, Fusionsschläge und AV-Dissoziation bestätigen die Diagnose einer VT. Sie sind aber selten nachzuweisen und ihr Fehlen spricht keineswegs gegen eine VT.

Polymorphe ventrikuläre Tachykardie: - unterschiedliche Morphologie der QRS-Komplexe - im Sinusrhythmus: QT-lntervall normal - Ursache: v.a. KHK/akuter Myokardinfarkt Torsade de pointes Tachykardie (Spitzenumkehrtachykardie): - Unterform der polymorphen VT mit wechselnder Amplitude und Wechsel des QRS-Vektors - Spontane Terminierung ebenso wie Degeneration in Kammerflimmern möglich - im Sinusrhythmus oft verlängertes QT-lntervall nachzuweisen - Ursache c::> 2.11.3.4 Kammerflattern/-flimmern: - Kammerflattern: Frequenz ::::: 300/min - Kammerflimmern: Frequenz ::::: 400-600/min - Kreislaufstillstand: sofortiger CPR-Beginn mit schnellstmöglicher Defibrillation - Ursache: KHK, akutes Koronarsyndrom, Kardiomyopathie

2.11.2 Supraventrikuläre Tachykardien (SVT) 2.11 .2.1

Grundlagen

Supraventrikuläre Tachykardien können im Sinusknoten, im Vorhof und im AV-Knoten entstehen oder unter Einbeziehung akzessorischer Leitungsbahnen (WPW-Syndrom). Ursache sind zumeist kreisende Erregungen (Reentry), seltener eine abnorme Automatie. Die Differenzierung von supraventrikulären Tachykardien gelingt oft nicht per EKG, sondern erst durch die elektrophysiologische Untersuchung.

Antiarrhythmischer Effekt: AV-Knoten versus akzessorische Bahn AV-Knoten akzessorische Bahn

1a

1b

1C

II

111

IV

Adenosin

Digitalis

X

0 0

X X

X

X X

X 0

X

X

0

0

Ajmalin X

0

Tab. 2.51: Leitungsverzögerung am AV-Knoten versus akzessorische Leitungsbahn (z.B. WPW). Maß der antiarrhythmischen Wirkung, keine Therapieempfehlung.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.11 .2.2

205

Akuttherapie ESC-Leitlinie 2019

..

regelmäßige supraventrikuläre Tachykardie (QRS < 0, 12 sec) hämodynamisch stabil ?

Vagusstimulation : Valsalva , Karotis-Druck wenn unwirksam

Adenosin i.v. als Bolus (6/ 12/18 mg)

synchronisierte Kardioversion in Kurznarkose

wenn unwirksam

1 1

- Betablocker i.v. oder - Verapamil/Diltiazem i.v. oder - bei Herzinsuffizienz: Amiodaron i.v. wenn unwirksam

Abb. 2.40: Akuttherapie bei regelmäßiger supraventrikulärer Tachykardie (ESC 2019). Empfehlungsgrad der ESC-Guidelines: Empfehlung Empfehlung Empfehlung Empfehlung

1: Allgemeine Übereinstimmung, dass die Therapie von Nutzen und effektiv ist lla: Evidenz/Expertenmeinung überwiegen hinsichtlich Nutzen/Effektivität l lb: Nutzen/Effektivität sind weniger gut durch Evidenz/Expertenmeinung belegt III: Therapie nicht nützlich oder uneffektiv und in einigen Fällen möglicherweise schädlich

Akuttherapie supraventrikulärer Tachykardien (SVT) - Kardioversion immer unter Sedierung bzw. Kurznarkose. Indiziert bei hämodynamischer Instabilität - bei SVT nur selten notwendig: z.B. Vorhofflimmern mit Präexzitation, Vorhoftachykardie mit 1:1 -Überleitung, SVT mit akuter Linksherzdekompensation (Lungenödem), typischerweise bei höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion . - Vagale Manöver bevorzugt in Rückenlage mit hochgelagerten Beinen (1 B): (a) modifiziertes Valsalva-Manöver (höhere Erfolgsrate): in halbliegender Position mit passiv hochgelagerten Beinen in 10 ml Spritze blasen bis sich der Kolben bewegt (b) Karotissinusmassage: unilateral, max 5 sec, nicht bei Z.n. TIA oder Insult - Adenosin i.v. als Bolus (Empfehlung I-B): - Mittel der Wahl außer bei schwerem Asthma (da Gefahr der Bronchokonstriktion), bei einer AVNRT (häufigste regelmässige supraventrikuläre Tachykardie ohne P-Wellen) dann Terminierung der Tachykardie nach kurzer Asystolie (Abb. 2.41)

- unter Theophyllin verminderte Adenosin-Empfindlichkeit - NW: Auslösen von spontan terminierendem Vorhofflimmern (in 1- 15 % ), Vorsicht jedoch bei gleichzeitiger Präexzitation (bei kurzer Refraktärzeit der akzessorischen Bahnen ist eine Überleitung von Vorhofflimmern auf die Kammer möglich => Kammerflimmern) - bei Kombination mit Betablocker oder Verapamil/Diltiazem: Potenzierung der bradykarden und hypotonen Effekte - Calciumantagonisten (Empfehlung lla B): - Diltiazem i.v.: Anf-Dosis 0,25 mg/kg über 2 min, Erhalt-Dosis 5-15 mg/h kontinuierlich - Verapamil i.v.: Anf-Dosis 0,075-0, 15 mg/kg über 2 min - Betablocker (Empfehlung lla-C): - Esmolol i.v.: Anf-Dosis 0,5 mg/kg über 1 min, Erhalt-Dosis 0,05-0,2 mg/kg/min - Metoprolol i.v.: Anf-Dosis 2,5-5 mg über 2 min, bis zu 2 x wiederholen - Amiodaron i.v. : 150-300 mg i.v.







2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

206

regelmäßige Tachykardie mit schmalem QRS-Komplex (< 0, 12 sec)



Adenosin i.v.

keine Änderung der Frequenz

1

- inadäquate Dosis oder Applikation - Bedenke ferner DD ventrikuläre Tachykardie (faszikulärer o. hochseptaler Ursprung)

geringe Frequenzverlangsamung, dann Akzeleration

prompte Terminierung





- Sinustachykardie - ferner: fokale atriale Tachykardie - ferner: nichtparoxysmale junktionale Tachykardie

- AVNRT - AVRT

persistierende Tachykardie bei passagerer hochgradiger AVBlockierung

- Vorhofflattern - atriale Tachykardie

- ferner: fokale atriale Tachykardie

Abb. 2.41: mögliche Reaktionen nach Adenosin-Gabe. (ACC/AHA/ESC) AVNRT :::: AV-Knoten-Reentry-Tachykardie, AVRT :::: AV-Reentry-Tachkardie

Spezielle Formen von supraventrikulären Tachykardien Besonderheiten Akuttherapie der atrialen Tachykardie (AT): - unter Adenosin typischerweise Demaskierung der P-Wellen, aber keine Terminierung - elektrische Kardioversion mit nur eingeschränkter Erfolgsaussicht (trotzdem bei instabiler Hämodynamik „Empfehlung I") - Akuttherapie: (a) Betablocker i.v. {lla C) oder (b) Verapamil oder Diltiazem (lla C) oder wenn unwirksam: (a) Amiodaron (v.a. bei linksventrikulärer Dysfunktion) oder (b) Flecainid oder Propafenon (alle llb C) Besonderheiten Akuttherapie Vorhofflattern : - unter Adenosin typischerweise Demaskierung der Flatterwellen, aber keine Terminierung - akute Rhythmisierung (Konversion in Sinusrhythmus): - Energiearme elektrische Kardioversion mit < 100 J biphasisch (1 B) - bei vorhandenem Schrittmacher oder Defibrillator: atriale Überstimulation (1 B) - invasive atriale Überstimulation mit passagerer Schrittmachersonde (llb B) - keine Empfehlung für Flecainid oder Propafenon (111 C) - akute Frequenzbegrenzung: - Betablocker oder Verapamil oder Diltiazem (lla B) - Wenn unzureichend: Amiodaron (llb C) - Antikoagu lation (1 B). Thrombembolierisiko bei Vorhofflattern ist höher als früher angenommen, deshalb Antikoagulation gemäß Empfehlungen für Vorhofflimmern (d.h . bei Dauer > 48 h zunächst dauerhafte Antikoagulation oder transösophageale Echokardiographie zwecks Ausschluß atrialer Thromben)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

207

Besonderheiten Akuttherapie bei akzessorischen Leitungsbahnen (WPW): - kein Adenosin oder Verapamil/Diltiazem oder Digoxin, weil es bei gleichzeitigem Vorhofflimmern und pharmakologischer Blockade der normalen AV-Überleitung zu einer schnellen Überleitung via akzessorischer Leitungsbahn auf die Kammer kommen kann => Kammerflimmern (Voraussetzung ist eine kurze Refraktärzeit der akzessorischen Leitung). Beachte: Adenosin kann Vorhofflimmern erst auslösen (1-15 %). - deutsche Empfehlung: Mittel der Wahl ist Ajmalin ; ESC-Empfehlung: Flecainid oder Propafenon

Sinustachykardie Unterscheide physiologische Sinustachykardie (angemessener Frequenzanstieg auf Stimulus) von unangemessener (,,inappropriate") Sinustachykardie (unverhältnismäßig starker Frequenzanstieg). Empfehlung: - generell Therapie des Auslösers wie Aufregung, Angst, Volumenmangel , Fieber, Schmerz, Hyperthyreose, Anämie, Hypoxie, Genuß-/Rauschmittel, medikamentös (1 B) - medikamentöse Frequenzsenkung bei inadäquater Sinustachykardie: Mittel der Wahl sind Betablocker (lla C) oder lvabradin alleine oder in Kombi mit Betablocker (lla B)

2.11.2.3a

Dauertherapie

Die Langzeittherapie supraventrikulärer Tachykardien ist eine klare Domäne der Katheterablation.

Akuter Erfola Fokale atriale Tachykardie 80-86 % 92-97 % Vorhofflattern 97-98 % AVNRT Akzessorische Leitunasbahnen / WPW-Svndrom 87-97 % 96-97 % AV-Knoten-Ablation

Rezidivrate >20 % 8-10 Ofo 2-5 % 6-10 % 2,5 %

Komolikationsrate 1,2-1,4 0,5-2 0,3-0,7 1,5 1-2

Letalität 0, 1 0,2-0,6 bis 0, 1 0, 1-0,3 0, 1

Tab. 2.52: Erfolgsraten und Komplikationen der Katheterablation supraventrikulärer Tachykardien (ESC 2019) AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT): - Katheterablation bei symptomatischer oder rezidivierender AVNRT (1 B) - Wenn Ablation nicht erwünscht: Betablocker oder Verapamil oder Diltiazem (lla 8)

Atriale Tachykardie: - Katheterablation - v.a. bei anhaltender atrialer Tachykardie oder bei Tachykardiomyopathie (1 B) - wenn Ablation nicht gewünscht bei strukturell Herzgesunden: Betablocker oder Verapamil oder Diltiazem oder Propafenon oder Flecainid (alle lla C)

Vorhofflattern: -

beachte Indikation zur Langzeit-Antikoagulation - analog zu Vorhofflimmern (s.o.) Katheterablation bei rezidivierendem Vorhofflattern (1 A/8) erwäge Ablation nach erster symptomatischer Episode von typischem Vorhofflattern (lla B) wenn Ablation nicht gewünscht: Betablocker oder Verapamil oder Diltiazem (lla C)



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

208

tachykardieinduzierte Kardiomyopathie

1::::

Tachykardiomyopathie

- persistierende Tachykardie bedingt reversible Einschränkung der linksventrikulären Funktion; jede chronische Arrhythmie kann eine Tachymyopathie verursachen, am besten ist dies u.a. bei schnell übergeleitetem Vorhofflimmern, atrialen Tachykardien oder häufigen VES beschrieben - bei Tachykardiomyopathie infolge einer supraventrikulären Tachykardie ist die Ablation empfohlen (1 B), falls nicht erfolgreich oder anwendbar: Betablocker (1 A) - falls Tachykardiomyopathie-verursachende Tachykardie nicht abladierbar oder nicht medikamentös kontrollierbar, wird eine AV-Knoten-Ablation plus Schrittmacherimplantation empfohlen „ablate and pace" (1C)

Akzessorische Leitungsbahnen (WPW-Syndrom ) Klinik WPW-Syndrom (Präexzitation und

Emofehluna - Katheterablation (Empfehlung 1)

symptomatische Tachykardien)

- falls Ablation nicht erwünscht: Betablocker o. Amiodaron

gut toleriert

- Flecainid oder Propafenon nur bei fehlender KHK und fehlender linksventrikulärer Dysfunktion - kein Veraoamil , Diltiazem oder Diaoxin (Empfehluna 111-C)

WPW-Syndrom mit Vorhofflimmern und schneller Überleitung Präexzitation, asymptomatisch

- Katheterablation (Empfehlung 1) - kein Amiodaron bei Vorhofflimmern mit antegrader Leituna über akzessorische Bahn - abwarten; erwäge nichtinvasives Screening - Bei Hochrisikoberufen oder Wettkampfsportlern ist elektrophysiologische Untersuchuna emofohlen, bei Hochrisikomerkmalen dann Katheterablation

Tab. 2.54 Akzessorische Leitungsbahnen (zumeist WPW-Syndrom): Bei antegrad leitender akzessorischer Leitungsbahn (Delta-Welle sichtbar) kann bei pharmakologischer Blockierung der normalen AVÜberleitung (Adenosin, Digitalis, Diltiazem, Verapamil) Vorhofflimmern unkontrolliert auf die Kammer übergeleitet werden (=> Kammerflimmern). Daher sind Adenosin, Digitalis, Diltiazem und Verapamil bei akzessorischer Leitungsbahn kontraindiziert. 1

Kein Adenosin, Digitalis, Diltiazem oder Verapamil bei Tachykardie mit akzessorischer Leitungsbahn.

1

Anmerkung: die genannten Präparate können orthodrome Reentry-Tachykardien zwar durchbrechen,

werden aber aus Sicherheitsgründen - v.a. bei Vorhofflimmern (auch in der Vorgeschichte) - prinzipiell nicht empfohlen.

2.11 .2.3b

1

1

die wichtigsten Empfehlungen der SVT-Leitlinien (ERC 2019)

- Vagale Manöver und Adenosin-Bolusgabe sind die Akuttherapie der 1. Wahl bei supraventrikulären Tachykardien und können zudem wichtige diagnostische Informationen liefern. - Bei allen Reentrytachykardien und den meisten fokalen Tachykardien gilt die Katheterablation als erste Wahl in der langfristigen Therapie. - Keine Empfehlung mehr für Sotalol bei supraventrikulären Tachykardien. - Keine Empfehlung für Flecainid oder Propafenon bei Linksschenkelblock oder ischämischer oder struktureller Herzerkrankung. - Kein Amiodaron bei akzessorischer Leitungsbahn plus Vorhofflimmern. - Bei supraventrikulärer Tachykardie und eingeschränkter linksventrikulärer Funktion an Möglichkeit einer tachykardieinduzierten Kardiomyopathie (Tachykardiomyopathie) denken . - Bei Tachykardiomyopathie infolge supraventrikulärer Tachykardie ist die Katheterablation die Therapie der Wahl. Wenn die supraventrikulärer Tachykardie nicht abladiert werden kann, erwäge AV-Knoten-Ablation plus Schrittmacherstimulation (,,ablate and pace").

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.11.2.4

Vorhofflimmern

~

209

atrial fibrillation (AF)

Leitlinie ESC (European Society of Cardiology) 2020 - Vorhofflimmern bedingt thrombembolische Ereignisse (Schlaganfall) und ist oft asymptomatisch, Vorhofflimmern ist eine fortschreitende Erkrankung. - Die 3 wichtigsten Typen des Vorhofflimmerns (paroxysmal, persistierend , permanent) mit unterschiedlicher Therapie. - Schlaganfall-Risikoabschätzung mittels CHA2 DS 2VASc-Score: orale Antikoagulation bei > 2 Punkten (Männer) bzw. > 3 Pkten (Frauen) empfohlen und soll bei 1 Punkt (Männer) bzw 2 Pkten (Frauen) erwogen werden. - Keine generelle Überlegenheit von Frequenzkontrolle versus Rhythmuskontrolle, daher ist Frequenzkontrolle (-normalisierung) primäres Therapieziel. - Kardioversion bei Vorhofflimmern > 48 h: (a) orale Antikoagulation für 3 Wo. oder (b) TEE (zum Thrombusausschluß) + Heparin, dann Kardioversion, dann 4 Wo. orale Antikoagulation . - Akute Frequenzregulierung: Betablocker oder Calciumantagonist (Diltiazem, Verapamil}, bei stark eingeschränkter linksventrikulärer Funktion Amiodaron . - Dauerhafte Frequenzregulierung: bei Hypertonie Betablocker oder Diltiazem oder Verapamil, bei Herzinsuffizienz: Betablocker oder Digitalis. Zielfrequenz < 110/min in Ruhe, bei anhaltenden Symptomen< 80/min. - Rhythmuskontrolle ~ Erhalt Sinusrhythmus: bei Herzinsuffizienz oder struktureller Herzerkrankung: Amiodaron. Nur .bei fehlender struktureller Herzerkrankung: Dronedaron , Flecainid , Propafenon.

1

- Antikoagulation : - Ausweitung der Indikation zur oralen Antikoagulation (OAK): keine Antikoagulation nur für gesunde Patienten < 65 J., für alle anderen Pat. orale Antikoagulation anbieten - Zur Antikoagulation sind Thrombozytenaggregationshemmer nicht ausreichend - neue orale Antikoagulantien : Apixaban , Dabigatran, Edoxaban, Rivaroxaban sind gegenüber Vitamin K Antagonisten (Phenprocoumon) zu bevorzugen. - bei Kontraindikation für Antikoagulation oder embolischen Schlaganfällen trotz Antikoagulation: erwäge Vorhofokkluder (perkutaner Verschluss Vorhofohr) - weiter wachsende Bedeutung der Katheterablation : angestrebte Pulmonalvenenisolation mittels Hochfrequenzablation oder Kryoballon. - CASTLE-AF (2018) weist starke Prognoseverbesserung (Sterblichkeit halbiert) durch Ablation von Vorhofflimmern bei hochgradiger Herzinsuffizienz nach, aber sehr selektierte Patienten. - CABANA (2019) Ablation von Vorhofflimmern verhindert Vorhofflimmer-Rezidive und steigert Lebensqualität besser als alleinige medikamentöse Therapie , hat aber keinen Effekt auf die Sterblichkeit. In Subgruppe mit Herzinsuffizienz > NYHA III (2021) auch Überlebensvorteil.

2 .11.2.4.1

Grundlagen Vorhofflimmern

Vorhofflimmern : multiple atriale Mikroreentry mit unregelmäßiger Überleitung auf den AVKnoten; keine P-Wellen, sondern Vorhofflimmerwellen > 300/min. Vorhofflimmern ist die häufigste therapiebedürftige Herzrhythmusstörung: betroffen sind 1-2 % der Bevölkerung(< 0,5 % bei< 40-50 J; 5-15 % bei 80-jährigen; Männer> Frauen).

1

Diagnosestellung: 12-Kanal-EKG oder Rhythmusstreifen mit Vorhofflimmern > 30 sec (alleinige Diagnose z.B. per RR-Gerät oder plethysmographisch per smartwatch oder smartphone ist unzureichend).

Tyoen von Vorhofflimmern (AF): erstmals diaanostiziertes AF paroxysmales AF persistierendes AF

Lang anhaltendes persistierendes AF permanentes AF

Tab. 2.57

AF wurde bistana nicht diaanostiert - unabhänaia von Dauer+ Svmotomatik AF mit spontaner Konversion oder nach medikamentöser/ elektrischer Konversion innerhalb von 7 Taaen Dauer > 7 Tage incl. Episoden, die nach frühestens 7 Tagen medikamentös oder

elektrisch konvertiert wurden. ununterbrochenes AF für mind. 1 Jahr, bevor Entscheidung für Rhythmuserhaltende Therapie AF wird (von Patient und Arzt) akzeptiert, keine Konversion (weder medikamentös noch elektrisch) mehr möalich oder versucht.

1

210

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Natürlicher Verlauf: bei paroxysmalem AF besteht üblicherweise eine Progression mit zunehmend längeren und häufigeren Phasen. Später keine spontanen Konversionen mehr, sondern persistierendes AF, dass bei langem Bestehen in permanentes AF übergeht. Der Wechsel von paroxysmalem zu nicht-paroxysmalem AF geht oft mit strukturellen, kontraktilen und elektrophysiologischen Veränderungen des linken Vorhofs einher (atrial remodelling, atriale Kardiomyopathie). Risikofaktoren für eine AF-Progression : Alter, Herzinsuffizienz, Hypertonie, chronische Niereninsuffizienz, chronische Lungenerkrankungen, Diabetes mellitus, früherer Schlaganfall und Größe des linken Vorhofs. Die Progression hin zu persistierendem/permanentem AF ist mit erhöhten kardiovaskulären Ereignissen, Hospitalisation und Sterblichkeit assoziiert. Beachte: Asymptomatisches Vorhofflimmern (.,silent AF") ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Es besteht keine verlässliche Korrelation zwischen geklagter Symptomatik und EKG-Rhythmus, d.h. AF-Episoden werden subjektiv nicht wahrgenommen , umgekehrt besteht Sinusrhythmus bei vermeintlichem Vorhofflimmern. Identifiziere Vorhofflimmern ! Vorhofflimmern ist oftmals unerkannt. Simpel, aber wichtig: Puls fühlen und EKG schreiben (v.a. bei Patienten ab 65 J.).

. Vorhoffr1mmern (AF) -bed.1na te E re1an1sse :

AF-bedingtes Häufigkeit Ereianis bei AF 1,5-3,5fach Tod



Mechanismen / Besonderheiten

- Übersterblichkeit infolge Schlaganfall (6 %), Verschlechterung Herzinsuffizienz erhöht (14 %) oder Komorbidität: Sepsis/Infektion (17 %), Maliqnome (23 %) 20-30 % der Schlaganfall - meist kardioembolisch: Thromben aus linkem Vorhof(ohr), meist schwerer ausgeprägt ischämischen - AF-bezogenes Schlaganfallrisiko hängt von Komorbiditäten ab => Schlaganfälle CHA2DS2VASc-Score bei 20-30 % Herzinsuffi- AF und Herzinsuffizienz können sich gegenseitig verstärken, daher auch aller AF-Pat höhere Sterblichkeit als bei einer der beiden Erkrankungen alleine zienz - bei anhaltender Tachyarrhythmie (HF> 120-130/min) droht Tachykardiomyopathie mit weiterer linksventrikulärer Funktionsverschlechterung und Dilatation (typischerweise Besserunq nach Frequenznormalisierunq oder Rhvthmisieruna) Krankenhaus- 10-40 % Hos- - In 50 % kardiovaskuläre Störung als Ursache für Hospitalisierung, in 40 % pitalisierung nicht-kardiovaskuläre Ursache und in 8 % weqen Blutuna aufenthalte kognitiver Ver- HR 1,4-1,6 - unanhängig von Schlaganfallanamnese, am ehesten infolge Mikroembolien / fall / Demenz stummen zerebalen Ischämien >60% - sehr häufig Lebensqualität/Belastungstoleranz ,1, - oft psychische Belastung Lebensquali- nur jeder 5. Pat mit AF qibt auch behindernde Svmotome an tät vermindert aller AF-Pat Abb. 2.57a: Komplikationen/Komorbiditäten bedingt durch Vorhofflimmern (ESC 2020).

Management bei Vorhofflimmern (AF) '

+ _ E 3:

·-... ·-...

- ...

-

G)

C: -(.) 0 (.) CU

0 ~

0 (.)

-

1 Confirm AF: Vorhofflimmern diagnostizieren: 12-Kanal-EKG oder Rhythmusstreifen (> 30 sec anhaltend) Characterise AF: das 4S-AF Schema -

Schlaganfall-Risiko: CHA2 DSrVASc-Score (~ 2.11.2.4.2) §ymptom-Schwere: EHRA Symptom-Score (s.u.) Schwere der AF-Last: paroxysmal, persistierend, permanent; gesamte AF-Last §.ubstrat: atriale Kardiomyopathie (Echo/MRT) 1

1 A ntikoagulation / Schlaganfall vermeiden: E in 0 ... 0 -c. t,

E~ ~~

- ...

... .!!?

.$ 0:: G)

CU

.c -

Bessere Symptomkontrolle:

G) ~

- Symptome evaluieren - Frequenzkontrolle optimieren - Rhythmuskontrolle erwägen (Antiarrhythmika, Katheterablation)

- ::J (.)

0

1/l

CU

... >

0 (/'J ·"t:I •- CU

'E



1) Niedrigrisiko-Pat erkennen (CHA 2 DS2-VASc-Score O (m), 1 (w)): keine Antikoagulation 2) Antikoagulation anbieten bei CHA2 DS2 -VASc-Score > 1 (m), > 2 (w) 3) Blutungsrisiko evaluieren (HAS-B LED-Score); Risikofaktorreduktion 4) Medikament auswählen : NOAK oder Vit-K-Antagonist (TTR > 70 %)

gu

Comorbiditäten / kardiovaskuläre Risikofaktoren:

m c:

- Komorbiditäten therapieren (arterielle Hypertonie, D iabetes, OSAS) - Lebensstil modifizieren/ Risikofaktoren reduzieren (Gewichtsverlust, körperliches Training, Reduktion von Alkohol- und Nikotinkonsum)

75 und früherer Stroke/TIA/ Thrombembolie

1 Hauptrisikofaktor oder ~ 2 andere RF 1 Risikofaktor kein Risikofaktor

~

2 Pkte (hohes Risiko) 1 Pkte (mittleres R.) 0 Pkte (aerinaes R.)

orale Antikoagulation erwäge orale Antikoaaulation keine

Bei CHA2DS2VASc-Score von~ 2 bei Männern und > 3 bei Frauen ist orale Antikoagulation (OAK) indiziert, erwäge OAK bei ~ 1 bei Männern und ~ 2 bei Frauen.

Tab. 2.58: Risiko-Score für Schlaganfall, TIA, systemische Thrombembolie. Vorhofflimmern ist ein wesentlicher Risikofaktor für arterielle Thrombembolien. Häufigster Entstehungsort von Thromben ist das linke Vorhofohr. Klinisch manifeste Thrombembolien betreffen zu 90 °/o das Gehirn , wobei 70-80 % der Ereignisse klinisch nicht erfasst werden. Das mittlere Risiko für einen ischämischen Apoplex beträgt 5 % pro Jahr. Das individuelle Risiko schwankt zwischen 1-2 und 15-18 % pro Jahr, wobei Alter und Herz- bzw. Begleiterkrankungen wesentliche Determinanten sind. Risikoabschätzung für Blutungskomplikationen (unter Antikoagulation)

HAS-BLED-Score Hypertonie unkontrolliert (RRsyst > 160) Abnorme Nieren- u/o Leberfunktion: Krea > 200 p.mol/1, Bili > 2-fache obere Norm, Transaminasen o. AP > 3-fache obere Norm, Dialvse, Transolantation, Leberzirrhose Strake: früherer ischämischer oder hämorrhaaischer Schlaqanfall Blutuna o. -Veranlaauna: Z.n. schwerer Blutuno o. Anämie o. schwere Thrombooenie Labile LNR unter Vit K-Antaaonist: TTR (time in therapeutic ram:ie) < 60 % E ältere Menschen:> 65 J oder extreme Gebrechlichkeit Druas: Medikamente (Plättchenhemmer, NSAID), extrem Alkohol

+ 1 je 1 + 1 + 1 + 1 + 1

ie 1

Maximal 9 Punkte; bei > 3 Pkt besteht deutlich erhöhtes Blutungsrisiko

Einige Kriterien für Schlaganfallrisiko und Blutungsrisiko sind identisch. Denke bei hohem Blutungsrisiko an modifizierbare Risikofaktoren wie: Hypertonie,Plättchenhemmer,NSAID, Anämie, Alkoholabusus, Sturzrisiko

Bei hohem Blutungsrisiko ist Risikofaktormodifikation empfohlen, statt Verzicht auf indizierte Antikoagulation.

Tab. 2.58a: HAS-BLED-Score zur Risikoabschätzung von Blutungskomplikationen (unter Antikoagulation).

Pharmaka zur Antikoa ulation bei AF Dosis lll!Em'III

A ixaban 2x5m • 2 x2,5 mg

2 X 150 m 2x110mg

Edoxaban 1 X 60m 1 X 30 mg

Dosis reduziert 1 der folgenden: Kriterien > 2 von 3 Kriterien: 1 der folgenden: für Dosis- - ~ 80 J. - GFR 15-50 ml/min - ~ 80 J. reduktion - :;; 60 kg - Kombi mit Verapamil - < 60 kg - Kombi mit Dronedaron, Ciclospo- Kreatinin ~ 1,5 mg/dl - erhöhtes Blutungsrin, Erythromycin, Ketoconazol risiko o. GFR 15-29 ml/min

1

ESC 2020 DGK 2021

Rivarroxaban 1 X 20 1 •

-~ - GFR 15-49 ml/min

1

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

212

Vorhofflimmern + geeignet für orale Antikoagulation Mechanische Herzklappe o. (mittel)schwere Mitralklappenstenose ? niedriges Schlaganfall-Risiko ? CHA2DS2-VASc: 0 bei Manner o. 1 bei Frauen Erwäge orale Antikoagulation zur Schlaganfall-Prävention bei allen Pat mit CHA2DS2-VASc ~ 1 bei Männern und ~ 2 bei Frauen: suche beeinflussbare Blutungs-Risikofaktoren und berechne HAS-BLED-Score. Bei HAS-BLED > 3 die orale Antikoagulation nicht vorenthalten , sondern Blutungsrisiko senken.

:.?: 2 bei Männern oder :.?: 3 bei Frauen

= 1 bei Männern oder = 2 bei Frauen

orale Antikoagulation empfohlen (1 A) 1

erwäge orale Antikoagulation (lla B)

Vitamin K-Antagonisten (1A)2·

keine Antikoagulation o. Thrombozytenaggregationshemmung (III B) bei klarer Kontraindikation gegen orale Antikoagulation. erwäge katheterbasierten Verschluss linkes Vorhofohr mit Occluder (llb C)

1. Wahl: NOAK (1 A), 2. Wahl: Vitamin K-Antagonist Abb. 2.42: Apoplex-Prävention bei Vorhofflimmern (ESC 2020). 1 Kläre Kontraindikationen ab, therapiere reversible Blutungsrisikofaktoren 2 bei mechanischer Herzklappe oder Mitralklappenstenose I B

1

1 1

NOAC

~

nicht-VKA orale Antikoagulanzien

~

neue orale Antikoagulantien: Apixaban , Dabigatran, Edoxaban, Rivoroxaban

OAK ~ orale Antikoagulanzien: NOACs, VKA VKA ~ Vitamin K-Antagonisten: Phenprocoumon, Warfarin (therapeutischer INR 2,0-3,0) Empfehlungen zur antithrombotischen Therapie bei Vorhofflimmern: (q Tab.2.58 + Abb. 2.42) - Schlaganfallprävention bei AF mit oralen Antikoagulantien (1 A), nicht mittels Thrombozytenaggregationshemmer-Monotherapie (III A). Plättchenhemmer sind OAK bei AF unterlegen und daher in Monotherapie nicht empfohlen.

- Bei einem CHA2DS2VASc-Score von - > 2 Pkte für Männer bzw ~ 3 Pkte für Frauen: orale Antikoagulation empfohlen (1 A) - > 1 Pkte für Männer bzw~ 2 Pkte für Frauen: erwäge orale Antikoagulation (II a 8) - 0 Punkte (Alter< 65 J und lone AF): keine Antikoagulation (I II) Orale Antikoagulation zur Thrombembolieprophylaxe für alle Patienten mit Vorhofflimmern , außer bei geringem Risiko (Alter < 65 J. und idiopathisches Vorhofflimmern ~ lone AF) oder bei Kontraindikation. Keine Empfehlung für Plättchenhemmer (z.B. ASS). - NOACs sind gegenüber Vitamin K-Antagonisten zu bevorzugen (1 A), da mindestens ebenso effektiv und weniger Blutungskomplikationen. Ausnahme: Keine NOAKs bei mechanischen Herzklappen oder mind. mittelgradiger Mitralklappenstenose, dann VKA (1 8) - bereits VKA-Einnahme: die Zeit im therapeutischen Bereich ~ TTR (INR 2,0-3,0) soll > 70% sein (1 B). Liegt diese Zeit bei < 70 %, wechsle auf NOAC (1 8). Beachte: Umstellung bei unter Phenprocoumon gut eingestellten Patienten ist nicht indiziert. - Bei Kontraindikation gegen Langzeitantikoagulation (z.B: lebensbedrohliche Blutung ohne reversible Ursache): erwäge interventionellen Verschluss des linken Vorhofohres (llb 8). - Triple-Therapie: bei Vorhofflimmern und PCI (perkutane Koronarintervention) ist 3-fach Kombination indiziert: initial (1) duale Plättchenhemmung (ASS + Clopidogrel) plus OAK, dann (2) OAK plus Clopidogrel, später (3) OAK alleine. Exakte Empfehlungen ~ 2.16.3.5

2 Therapiekonzepte: Frequenzkontrolle versus Rhythmuskontrolle Rhythmuskontrolle ~ Wiederherstellung und Erhalt des Sinusrhythmus - Vorteile: Besserung von Symptomen + linksventrikulärer Funktion, ggfs. Vermeidung Antikoagulation - Nachteile: medikamentös: hohe Rezidivrate, proarrhythmisch; bei Ablation: Risiko des Eingriffs Frequenzkontrolle ~ Vorhofflimmern akzeptieren, hohe Kammerfrequenzen bremsen, Antikoagulation - Vorteile: kaum proarrhythmisch, keine Rezidivprophylaxe - Nachteile: Antikoagulation, Risiko thrombembolischer Komplikationen (trotz Antikoagulation)

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

213

Die Wahl der Therapiestrategie richtet sich nach: - Erfolgsaussicht der Kardioversion / Rezidivrisiko (Dauer Vorhofflimmern > 6-12 Monate, linker Vorhof > 50-55 mm, schwere Herzinsuffizienz, Z.n. mehrfachen Kardioversionen => eher Frequenzkontrolle) - Symptomatik des Pat.: bevorzuge Frequenzkontrolle bei älteren Pat. mit AF und geringer Symptomatik, Empfehlung für Rhythmuskontrolle bei Symptomatik trotz adäquater Frequenzkontrolle - Grunderkrankung: erwäge Rhythmuskontrolle bei AF-assoziierter Herzinsuffizienz oder bei AF infolge korrigierbarer Grunderkrankung wie KHK oder Hyperthyreose - Therapierisiko: erhöhte Proarrhythmogenität bei linksventrikulärer Funktionseinschränkung, Elektrolytstörungen, QTVerlängerung => eher Frequenzkontrolle Vorhofflimmern ist oft keine eigenständige Erkrankung, sondern Symptom einer Grunderkrankung. Die Therapie der Grunderkrankung (Hypertonie, Herzinsuffizienz, Hyperthyreose) führt bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern in bis zu 50 % zu einer spontanen Rhythmisierung. Nach erzieltem Sinusrhythmus besteht eine hohe Rezidivrate von Vorhofflimmern: 12 Monate nach einmaliger Rhythmisierung und ohne prophylaktische Antiarrhythmikagabe sind noch 20 % der Patienten im Sinus-rhythmus, bei wiederholten Rhythmisierungsversuchen und prophylaktischer Antiarrhythmikagabe noch 40 %.

1



Vorhofflimmern ist eine chronische Störung: bei der Mehrzahl der Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern kommt es früher oder später zu einem Rezidiv. Proarrhythmogene Effekte unter Rhythmuskontrolle nicht vernachlässigen: Chinidin (und auch weitere la- und lc-Antiarrhythmika) weisen eine erhöhte Sterblichkeit auf. Daher bestehen erhebliche Zweifel an der Unbedenklichkeit der „Rhythmuskontrolle". Sehr effektiv ist Amiodaron (Rhythmisierungsrate t, Rezidivrate .J,), limitierend sind jedoch die erheblichen Nebenwirkungen. Befürworter der Rhythmisierung verweisen auf eine erhöhte Sterblichkeit unter Vorhofflimmern: ""' 1.5 bis 2-fache Sterblichkeit (bedingt durch zerebrovaskuläre Ereignisse, progrediente linksventrikuläre Dysfunktion und erhöhte Koronarsterblichkeit). Aber: es ist kein prognostischer Vorteil für die Rhythmuskontrolle nachzuweisen. Merke: Frequenzkontrolle ist keine .Nichtbehandlung", sondern ist bei Vorhofflimmern primäre Therapiestrategie. Eine primäre Rhythmisierung ist v.a. bei ausgeprägter Symptomatik und guter Rhythmisierungschance (bislang wenig Rezidive, kurze Dauer des Vorhofflimmerns, Vorhof nicht dilatiert, linksventrikuläre Funktion regelrecht) gerechtfertigt.

Die beiden Therapiestrategien Rhythmuskontrolle versus Frequenznormalisierung sind weitgehend gleichwertig. Trotz der erhöhten Sterblichkeit unter Vorhofflimmern weist die Rhythmuskontrolle keinen generellen Überlebensvorteil auf. Nur unter bestimmten Umständen (hocharadiae Herzinsuffizienz) kann die Rhvthmuskontrolle mittels Ablation das Überleben verbessern.



1

Kurzübersicht Pharmaka Klasse 1C

Antiarrhythmikum Flecainid Prooafenon Betablocker Amiodaron Sotalol Oronedaron Verapamil, Diltiazem Oigoxin, Oigitoxin

Frequenzkontrolle Rhythmisierung ++ 0

Stellenwert

nur bei fehlender struktureller Herzerkrankung (0 KHK o. EF .J..-1, o. LVH) (+) ++ (+) II ++ Mittel der Wahl Freauenzkontrolle ++ +++ sehr effektiv, aber extrakardiale NW III ++ + Risiko von Torsade-de-pointes 2. Wahl, nicht bei EF .J,.J, ++ ++ IV ++ Mittel der Wahl Frequenzkontrolle 0 andere ++ Frequenzkontrolle bei Herzinsuff. 0 Tab. 2.59: Verlängerung der AV-Überleitung ~ atrioventrikuläre Blockade (=> Frequenzkontrolle) und 0""' kein Effekt atrialer Stabilisierung(=> Rhythmisierung). + ""' günstig - "'ungünstig Klasse IA-Antiarrhythmikum Chinidin wird wegen Proarrhythmogenität nicht mehr verwendet.

2.11 .2.4.3

1

Frequenzkontrolle

Die Frequenzkontrolle stellt bei Vorhofflimmern das alternative Therapiekonzept zum Erhalt des Sinusrhythmus {z Rhythmuskontrolle) dar. Bei Vorhofflimmern mit schneller Überleitung ("' Tachyarrhythmie) ist zunächst die Frequenznormalisierung indiziert, dann folgt die Entscheidung zur etwaigen Rhythmisierung. Stichpunkte zur frequenzregulierenden Pharmakotherapie (Frequenzkontrolle): - Betablocker, Digoxin, Diltiazem und Verapamil bei LVEF > 40 % als 1. Wahl (1B) - Betablocker* u/o Digoxin bei LVEF < 40 % empfohlen (1 B) - wenn Monotherapie unzureichend, erwäge Kombinationstherapie (lla B) - initiale Zielfrequenz bei Frequenzsenkung ist Ruhe-HF< 11O/min - bei hämodynamischer Instabilität oder stark reduzierter LVEF: Amiodaron i.v. (llb B) - wenn medikamentöse Frequenzkontrolle unwirksam oder unverträglich: erwäge AVKnotenablation und billige die dann entstehende Schrittmacherabhängigkeit (lla B) - bei permanentem AF keine routinemässigen Antiarrhythmika (Klasse I o. III) zur Frequenzkontrolle (III) * empfohlen sind: Bisoprolol, Carvedolol, langwirkendes Metoprolol, Nebivolol

Arzneistoffliste IMPP

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

214

Frequenzregulierende Therapie bei Vorhofflimmern (AF) - Strategie

1 ■

-

Basistherapie bei allen AF-Patienten Therapie der 1. Wahl bei keiner oder nur geringer Symptomatik Therapie nach Versagen der Rhythmus-erhaltenden Therapie Therapie, wenn Risiko Rhythmuskontrolle > Nutzen Rhythmuskontrolle

milde frequenzregulierende Therapie: Zielwert: Ruhe-Herzfrequenz< 110/min (12-Kanal-EKG)

..

Symptome oder Verschlechterung linksventrikuläre Funktion oder CRT-lndikation - Herzfrequenz weiter senken: Ziel-Herzfrequenz < 80/min (12-Kanal-EKG) - senke Herzfrequenz bei CRT, um kontinuierliche biventrikuläre Stimulation zu ermöglichen - bewerte HF unter Belastung : allmählicher Anstieg und HF< 110/min bei 25 % der max. Belastungsdauer

- bei CRT: beurteile kontinu ierliche biventrikuläre Stimulation unter Belastung



weiterhin Symptome oder Verschlechterung linksventrikuläre Funktion/Tachymyopathie oder keine kontinuierliche biventrikuläre Stimulation unter CRT - erwäge (a) Rhythmus-Erhalt o. (b) Schrittmacherimplantation + AV-Knoten-Ablation (.Ablade+pace") Abb. 2.43a: Therapieübersicht zur Frequenzkontrolle (ESC 2020). Abkürzungen s.u.

Erstlinie: Betablocker oder NichtDihydropyridin-Calciumantagonist

Erstlinie: Betablocker

Erstlinie: Nicht-Dihydropyridin-Calciumantag.

Ablation

• unzureichende Frequenzsenkung (Ruhe HF> 110/min); Symptome oder Lebensqualität schlechter

_____ -----~----- ----~-------

______

..__

Zweitlinie: Herzglykosid u/o Betablocker u/o Nicht-DihydropyridinCalciumantagonist * 1

Zweitlinie: Betablocker u/o Herzglykosid u/o Amiodaron

Zweitlinie: Nicht-DihydropyridinCalciumantagonist u/o Herzglykosid

1

1

unzureichende Frequenzsenkung (Ruhe HF> 110/min); Symptome oder Lebensqualität schlechter

y

~ - - - - - - - -_....,

Drittlinie: Kombi von 3 Pharmaka * oder Evaluation für CRT oder Ablade and Pace (Schrittmacher+ AV-Knoten-Ablation)

Abb. 2.43b: Empfehlungen frequenzregulierende Pharmaka bei Vorhofflimmern (ESC 2020) CRT "" cardiale Resynchronisations-Therapie "" biventrikuläre Stimulation HF "" Herzfrequenz HFpEF "" Herzinsuffizienz (Heart Failure) mit erhaltener (.Qreserved) fjektionsfraktion

Nicht-Dihydropyridin-Calciumantagonist "" Verapamil oder Diltiazem * Vorsichtige Kombi von Betablocker+ Nicht-Dihydropyridin-Calciumantagonist: CAVE Bradykardie; LZ-EKG-Kontrolle

Pharmaka zur Fre uenzkontrolle bei AF Anf-Dosis i.v. Pharmakon 0,5 mg/kg i.v. über 1 min, dann 0,05Esmolol blocker

Calcium-

Meto rolol Propranolol Carvedilol Bisoprolol Nebivolol Diltiazem

Antagonisten

fische ation

Amiodaron

0,25 m /k /min 2,5- 10 mg i.v, bei Bed. WH 1 mg über 1 min, WH bis 3 mg

Wlrkbeglnn

Erhalt-Dosis .o.

5 min 5 min 5 min

1 x 100-200 mg (ER) 3 x 10-40 mg 2 X 3,125- 50 mg 1 x 1,25-20 mg (oder geteilt) 1 x 2,5-10 mg (oder geteilt) 2-7 min 3 x 60 mg (120-360 mg 1x/d retardiert) 15-25 mg i.v. Bolus (ggfs. WH) 3-5 min 3 x 40-120 mg (120-480 mg 1x/d ret.) 2,5-10 mg i.v. Bolus (ggfs. WH) 0,5 mg i.v. (0,75-1 ,5 mg/d fraktioniert) 60 min 1 x 0,0625-0,25 mg oder mehr 1 x 0,05-0,3 mg 0,4-0,6 m i.v. Bolus 300 mg in 250 ml Glucose 5 % einige min 1 x 200 mg p.o. über 30-60 min

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

215

2.11.2.4.4 akute Rhythmisierung und dauerhafte Rhythmuskontrolle Generell kann die Rhythmisierung per medikamentöser Konversion oder e lektrischer Konversion erfolgen. Oft erfolgt unter Ruhebedingungen (Bettruhe) eine spontane Konversion innerhalb von 24-48 h. Je länger das persistierende Vorhofflimmern besteht(> 7 Tage), umso seltener ist eine Spontankonversion. Der größte Konversionserfolg besteht bei Dauer des Vorhofflimmerns von < 7 Tagen. ,

hämodynamisch instabil ?

Bereits orale Antikoagulantion ? Schnellstmögliche Antikoagulation: NOAK oder VKA oder LMWH oder UFH

mit Kardioversion fortfahren: ofort oder verzögert (wegen twaiger spontaner Konversion)

Elektrische Notfall-Kardioversion in Kurznarkose

Aktuelle AF-Episodendauer ? Kardioversion > 48 h nach AF-Beginn

Kardioversion binnen 48 h nach AF-Beginn Frühe Kardioversion: - elektrisch o. medikamentös - vorher Start Antikoagulation

Warten auf verzögerte Kardioversio: - Start Antikoagulation, binnen 48 h auf spontane Konversion warten - dann erst Kardioversion (elektro. med)

Elektive Kardioversion - binnen < 3 Wochen unter Antikoagulation (OAK), wenn Thrombusausschluß per TEE - nach 2'. 3 Wo. unter OAK (und TEE-Verzicht)

Orale Antikoagulation (OAK) nach Kardioversion: Kurzzeit-OAK für 4 Wochen nach Kardioversion bei CHA2DS2VASc = O(m) oder 1 (w) Langzeit-OAK bei allen anderen: empfohlen bei CHA2DS2VASc;::: 2 (m) o. 3 (w), erwäge bei CHA2DS2VASc ;::: 1 (m) o 2 (w) Abb. 2.43c - nach ESC 2020 Empfehlungen zur elektrischen oder medikamentösen Rhythmisierung: - sofortige elektrische Kardioversion bei paroxysmalem Vorhofflimmern mit schneller Überleitung (::::: Tachyarrhythmie) und akuter hämodynamischer Instabilität (1 B) bei elektiver Kardioversion von AF erwäge Vorbehandlung mit Amiodaron, Flecainid oder Propafenon, um den Kardioversionserfolg zu bessern und frühe Rezidive zu verhindern (lla B); medikamentöse Kardioversion: bei fehlender ischämischer u/o struktureller Herzerkrankung werden Flecainid, Propafenon oder Vernakalant bei neu aufgetretenem AF empfohlen (1 A) medikamentöse Kardioversion: bei ischämischer u/o struktureller Herzerkrankung: Amiodaron(I A) „pill in the packet": bei fehlender ischämischer oder struktureller Herzerkrankung ist bei ausgewählten Patienten orale Einzeldosis von Flecainid oder Propafenon zwecks ambulanter Kardioversion möglich (lla B) Antikoagulation vor Kardioversion : - vor Kardioversion mind. 3 Wochen wirksame Antikoagulation (1 B), alternativ frühe Kardioversion mit vorheriger transösophagealer Echokardiographie (TEE) zum Ausschluß eines Vorhofthrombus (1 B); auf TEE kann bei gesicherter AF-Dauer < 48 h verzichtet werden (lla B) - nach Kardioversion Antikoagulation für mind. 4 Wochen (wenn keine Schlaganfall-Risikofaktoren). Bei Schlaganfall-Risikofaktoren gemäß CHA2DS2VASc-Score (Tab. 2.58): Langzeit-Antikoagulation unabhängig von Konversionsmethode und Erhalt des Sinusrhythmus (1 B) - falls Thrombus-Nachweis im TEE: Antikoagulation mind. 3 Wochen (1 C), vor Kardioversion dann TEE-WH Bei Vorhofflimmern {AF) < 48 h ist nach initialer Heparingabe eine sofortige Kardioversion (elektrisch oder pharmakologisch) möglich. Bei AF > 48 h ist zunächst eine mindestens 3-wöchige Antikoagulation {bei VKA mit INR 2,0-3,0) indiziert, dann die Kardioversion. Auf die vorherige 3-wöchige Antikoagulation kann bei Thrombusausschluß per transösophagealer Echokardiographie verzichtet werden. Nach erfolgreicher Kardioversion ist eine orale Antikoagulation für mind. weitere 4 Wochen indiziert, bei CHA2DS2VASc > 2 (m) o. 3 (w) lebenslang.

Antiarrh thmika zur medikamentösen Rh Erstdosis weitere Dosis 5-7 mg/kg über 1-2 h (50 mg/h, max 1,2 /24 h p.o.: 200-300 mg * i.v. 1-2 mg/kg üb 10min

.o. od. i.v. Propafenon p.o.: 450-600 mg * .o. od. i.v. i.v. 1,5-2 mg/kg 10 min Vernakalant 3 mg/kg über 1O

Erfolgsrate eit bis SR 44 % (nach 8-12 h bis mehrere Tage) 51 % nach 3 h, 72 % nach 8 h

min • erwäge pill-in-the-pocket

Besonderheiten -

Mittel der Wahl bei struktureller Herzerkrankung (1 A) Verzögerte Rückkehr zum Sinusrhythmus (8-12 h) Zweitdosis: 50 m /h bis max 1 /24 h nur bei fehlender ischämischer/struktureller Herzerkrankung bei kurzer AF-Dauer (< 24 h) nach 6 h SR in 67-92 %

- nur bei fehlender ischämischer/struktureller Herzerkrankung - nach wenigen Stunden SR in 41-91 % - nur bei fehlender/mässiger struktureller Herzerkrankung - Zweitdosis: 2 mg/kg über 10 min nach Wartezeit von 15 min ESC 2020

1 1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

216

Empfehlungen zum Erhalt Sinusrhythmus: Nach erzieltem Sinusrhythmus besteht eine hohe Rezidivrate von Vorhofflimmern: 12 Monate nach einmaliger Rhythmisierung und ohne prophylaktische Antiarrhythmika sind noch 20 % der Patienten im Sinusrhythmus, bei wiederholten Rhythmisierungsversuchen und prophylaktischer Antiarrhythmikagabe noch 40 %. In Pharmakotherapiestudien zu überleben und Lebensqualität konnte keine Strategie (Rhythmuskontrolle versus Frequenzkontrolle) eine Überlegenheit nachweisen. Daher hat beim Erhalt des Sinusrhythmus ein sicheres, d.h. ein wenig proarrh hmogenes Prä arat oberste Priorität.

langfristiger Erhalt Sinusrhythmus (Rhythmuskontrolle) bei AF Therapie von Risikofaktoren und Begleiterkrankungen: u.a. ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorblocker, Aldosteronantagonist, Statin 4-

keine strukturelle Herzerkrankung

1

Patientenwunsch ? Dronedaron (1A) o. Flecainid Katheterablation3 •5 (1A) o. Propafenon (1A) o. Sotalol 1 (llb A)

KHK, relevantes Vitium, abnorme LVH

1

Patientenwunsch ? Amiodaron 2 (1 A) o. Dronedaron (1A) o. Sotalol 1 (llb A)

Katheterablation3·5

Herzinsuffzienz

1

Patientenwunsch ? Amiodaron (1A )

Katheterablation 3-s

Abb. 2.43d: Empfehlungen zur Rhythmus-erhaltenden Therapie bei AF (,,Rhythmuskontrolle") - ESC 2020 LVH ~ linksventrikuläre Hypertrophie (1) bei Sotalol proarrhythmisches Risiko bewerten, in Deutschland kaum noch verwendet (2) Amiodaron ist wegen extrakardialer NW meist Therapie der 2. Wahl (3) Katheterablation i.S. einer Pulmonalvenenisolation mittels Hochfrequenz oder Kryoballon (4) Katheterablation als 1. Wahl bei Herzinsuffizienz mit Tachykardiomyopathie und (5) Versagen der med. Therapie

Antiarrhythmika: Betablocker sind generell 1. Wahl (bei der ersten AF-Episode), sind aber nur gering rhythmusstabilisierend (außer bei Hyperthyreose und belastungsinduziertem AF). - Dronedaron, Flecainid, Propafenon (oder eingeschränkt Sotalol) zum Rhythmuserhalt bei normaler linksventrikulärer Funktion und ohne linksventrikuläre Hypertrophie (1 A) - Dronedaron bei stabiler KHK und ohne Herzinsuffizienz möglich (1 A). Dronedaron hat nur noch geringe Bedeutung. Anfängliche Studien für Dronedaron waren aussichtsreich. Jedoch in PALLAS (Oronedaron versus Placebo bei permanentem AF) vorzeitiger Studienabbruch wegen Übersterblichkeit unter Dronedaron. Deshalb Zurückstufung mit Kontraindikation Herzinsuffizienz und permanentes Vorhofflimmern .

- Amiodaron wirkt stärker rhythmusstabilisierend als die anderen Antiarrhythmika, ist aber (wegen extrakardialer NW) nur bei deren unzureichender Wirkung oder Kontraindikation indiziert (lla C). Bei Herzinsuffizienz ist Amiodaron Mittel der Wahl (1 B) - keine Antiarrhythmika bei verlängerter QT-Zeit (QTc > 0,5 sec) oder bei relevanter Sinus- oder AV-Knoten-Funktionsstörunaen (und ohne funktionierenden Schrittmacher oder ICD) (III) Vorhofflimmern ist eine chronische Störung: bei den meisten Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern kommt es früher oder später zu einem Rezidiv. Positiv formuliert verdoppeln Antiarrhythmika die Wahrscheinlichkeit eines erhaltenen Sinusrhythmus, negativ formuliert beträgt die Rezidivrate aber auch dann noch bis zu > 50 %.

1

Rhythmusstabilisierung durch Nicht-Antiarrhythmika: - ACE-Hemmer oder Angiotensin-1-Blocker plus Betablocker zur Prävention von neu aufgetretenem AF bei Herzinsuffizienz (lla A). ACE-Hemmer oder Angiotensin-1-Blocker zur Prävention von neu aufgetretenem AF bei Hypertonie - v.a. bei linksventrikulärer Hypertrophie (lla B) AF-Katheterablation und AF-Chirurgie: - AF-Katheterablation als 1. Wahl alternativ zu Antiarrhythmika bei symptomat. paroxysmalem AF (lla B) - AF-Katheterablation bei symptomatischem paroxysmalem AF, sofern Antiarrhythmika unzureichend (oder unverträglich oder kontraindiziert) und Therapieziel einer Rhythmus-Kontrolle (1A) - Ziel der AF-Ablation ist die Pumonalvenenisolation mittels Hochfrequenzstrom oder Kryo-Ablation (lla B) - nach Prozedur für mind. 8 Wo. orale Antikoagulation, bei hohem Schlaganfall-Risiko lebenslang (lla C) Neue Studien: CASTLE-AF (Catheter Ablation for atrial fibrillation with heart failure): bei paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern plus EF ~ 35 %

mit klinischer NYHA II-IV (und geschützt durch ICD) entweder Katheterablation des Vorhofflimmerns oder medikamentöse Therapie: nach 38 Monaten kombinierter Endpunkt aus Gesamtsterblichkeit plus Hospitalisation in 28 % vs 44 %, Gesamtsterblichkeit in 13 % vs 25 %, kardiovaskuläre Sterblichkeit in 11 vs 22 %. (n = 363; NEJM 2018). Beurteilung: erstmals deutliche Prognoseverbesserung unter Ablation von Vorhofflimmern. Nach Ablation deutlich verminderte Dauer von Vorhofflimmern und Anstieg der EF um 8%. Bei extrem reduzierter EF (< 25 %) kein Prognosevorteil mehr. In der Studie sehr selektierte Patienten u.a. mit optimierter Herzinsuffizienz-Medikation. CABANA (Catheter Ablation Versus Antiarrhythmie Drug Therapy for Atrial Fibrillation): Ablation von symptomatischem AF vs medikamentös bei ~ 65 Jahre oder < 65 J plus mind. 1 Schlaganfall-Risikofaktor: Ablation verhindert Vorhofflimmer-Rezidive und steigert Lebensqualität besser als alleinige medikamentöse Therapie, hat aber keinen Effekt auf die Sterblichkeit (n = 2204; JAMA 2019). In Subgruppe mit Herzinsuffizienz~ NYHA III auch Überlebensvorteil (n = 778; Circulation 2021). Merke: AF-Ablation senkt bei vielen Patienten Symptomatik und Leidensdruck, bessert aber nur bei höhergradiger Herzinsuffizienz auch die Prognose. AF-Ablation ist Klasse !-Empfehlung bei AF mit (a) höhergradiger Herzinsuffizienz od. (b) Versagen der medikamentösen Therapie.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.11.3

2.11.3.1

217

Ventrikuläre Tachykardien (VT) ~ Kammertachykardien Grundlagen

Ventrikuläre Tachykardien können u.a. differenziert werden: - nach der Morphologie: monomorphe (einheitliche Ausrichtung der QRS-Komplexe) versus polymorphe VT's (unterschiedliche Vektoren der QRS-Komplexe). Sonderform: Torsade-de-pointes Tachykardie mit spindelförmigem Amplitudenwechsel, Frequenz ~ 200-250/min.

- nach der Dauer: nicht-anhaltende VT's (< 30 sec) versus anhaltende VT's (> 30 sec); nur selten: incessant (~ unaufhörliche) VT: therapierefraktär Elektrophysiologisch liegt einer VT zumeist ein Reentry-Mechanismus zugrunde. Ventriku läre Tachykardien können bei kardialer Grunderkrankung zu Kammerflattern/ Kammerflimmern degenerieren und sind ein Risikofaktor für den plötzlichen Herztod (Def. plötzlicher Herztod: unerwarteter kardial bedingter Todesfall ohne vorangegangene Symptomatik oder mit Symptomen < 1 h Dauer). Weitere Risikofaktoren für den rhythmusbedingten Herztod sind eine eingeschränkte linksventrikuläre Funktion (EF < 40 %) und Z.n. kardiopulmonaler Reanimation (,,überlebter plötzlicher Herztod").

Beachte: eine pharmakologische Reduktion von komplexen ventrikulären HRST beinhaltet keineswegs auch ein vermindertes Risiko für den plötzlichen Herztod . Indikationen und Therapieempfehlungen haben sich mit Kenntnis der Prognoseverschlechterung durch Antiarrhythmika und Überlegenheit von ICD 's (implantierbarer Cardioverter Defibrillator) grundlegend gewandelt. Klasse 1: kein Klasse 1-Antiarrhythmikum konnte eine Verbesserung der Prognose (Überlebensverlängerung) nachweisen. Vielmehr induzieren Klasse la- und lc-Antiarrhythmika bei Postinfarktpatienten eine erhöhte Sterblichkeit. Klasse II: Betablocker senken die Gesamtsterblichkeit und den plötzlichen Herztod nach Myokardinfarkt (und die Reinfarktrate) signifikant. Bei Herzinsuffizienz ebenfalls gesenkte Gesamtsterblichkeit. Klasse III: Amiodaron wurde in großen Postinfarktstudien untersucht (EMIAT, CAMIAT) und weist eine verminderte kardiale Sterblichkeit, jedoch keine signifikant gesenkte Gesamtsterblichkeit auf. D,L-Sotalol ist potentiell proarrhythmogen und praktisch bedeutungslos. Klasse IV: nicht nur unwirksam, sondern sogar schädlich (s.u.)

2.11.3.2

Akuttherapie

- Jede Tachykardie mit breitem QRS-Komplex ist bis zum Beweis des Gegenteils als VT anzusehen - stabile Hämodynamik: - 1. Wahl: Amiodaron (oder Ajmalin, sofern keine strukturelle Herzerkrankung) - 2. Wahl: Lidocain (wenn 1. Wahl nicht verfügbar) - K+ und Mg 2+ hochnormal - kein Verapamil bei Kammertachykardie (unbekannter Ätiologie), da Gefahr einer ausgeprägten Hypotension und Degeneration der VT zu Kammerflimmern instabile Hämodynamik: i.v.-Kurznarkose + Kardioversion Kreislaufstillstand: umgehende kardiopulmonale Reanimation, Kardioversion Beachte Differentialdiagnose bei Tachykardie mit breitem QRS-Komplex: ventrikuläre Tachykardie versus kompletten Schenkelblock versus supraventrikuläre Tachykardie mit aberranter Überleitung. Die entsprechenden EKG-Kriterien sind im Notfall oft nicht erinnerlich . Hier ist die Anamnese hilfreich: bei Patienten mit bekannter KHK bzw. früherem Myokardinfarkt ist eine ventrikuläre Tachykardie naheliegend, bei jungen Patienten mit bekanntem WPW-Syndrom eine orthodrome Reentrytachykardie wahrscheinlich . CAVE: im Zweifel von einer VT ausgehen! Die routinemäßige Gabe von Antiarrhythmika vor Defibrillation ist kontraindiziert ! Antiarrhythmika können durch Erhöhung der Defibrillationsschwelle eine erfolgreiche Defibrillation unmöglich machen . Antiarrhythmika in der Reanimation ~ 2.19.3.8

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

21 8

Algorithmus tachykarde HRST (supraventrikulär und ventrikulär) Zeichen für Lebensgefahr?1

CPR -

◄ 11r§,1■ Puls ? "

Untersuchung nach ABCDE 02 (bei Sp02 < 94 %), i.v.-Zugang Monitoring (EKG,RR,Sp02), 12-Kanal-EKG reversible Ursachen beheben (Elytstörung, Hypoxie, Hypovolämie)

- Schock: Blässe, Schwitzen, kalte Extremitäten, Bewusstseinstrübung, RRsyst.< 90 - Synkope: bewusstlos infolge zerebraler Perfusion -1-J.. - myokardiale Ischämie: Angina pectoris o. stumm im EKG - Herzinsuffizienz: Lungenödem

••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

Kardioversion (24)

bis zu 3 x

Amiodaron (10l und erneute Kardioversion instabil

•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

QRS-Breite ? regelmässig ? unregelmäßig

regelmäßig

regelmäßig

höchstwahrscheinl ich

z.B. AV-Knoten-Reentry-

ventrikuläre Tachykardie oder unklar: 48 h

Tachykardie (AVNRT) - Vagusmanöver *

- Amiodaron plötzlicher Herztod. Ursache sind v.a. angeborene und erworbene Syndrome mit verlängerter QT-Dauer (::::: long QT-Syndrom).

(i=> 18.6)

1 1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

222

kongenitales long QT (ESC 2022) - Def: verlängertes QT-lntervall und ventrikuläre Arrhythmien (typisch Torsaden) bei strukturell normalem Herz; erblich; v.a. durch adrenerge Aktivierung ausgelöst. - Diagnose: QTc ~ 480ms oder Score> 3 Pkte - Romano-Ward-Syndrom (autos.-domin.,normales Gehör): LQT1-LQT7 - Jerwell-Lange-Nielsen-Syndrom {autos-rezess,Taubheit): JLN1-JLN2 - Ionenkanalerkrankungen: Defekte v.a. an Kaliumkanälen (verminderter K•-Auswärtstrom => verzögerte Repolarisation => QT verlängert; speziell ist der verzögert einsetzende KaliumGleichrichterstrom betroffen "' delayed rectifier}; selten Defekt (bei LQT3} an Natriumkanälen (defekte Inaktivierung des Na•-Einstroms => verzögerte Repolarisation => QT verlängert)

- Akuttherapie: Magnesium i.v. - Dauertherapie: (a) Betablocker: bevorzugt Propranolol (b) bei LQTS 3 additiv Mexiletin (c) ICD: nach überlebtem plötzlichen Herztod aufgrund LQTS, bei LOTS-assoziierten Synkopen unter Betablockereinnahme (d) linkskardiale sympathische Denervation: bei !CD-Kontraindikation oder rezidiv. !CD-Schocks unter Betablocker.

lona QT-Svndrom (LQTS) Diaanose-Score Befunde Punkte EKG QTc ~480ms 3,5 QTc 460-479 ms 2 QTc 450-459 ms 1 QTc ~ 480ms während 4. min der 1 Erholuna nach BelastunQstest Torsade de oointes 2 T-Wellen-Alternans 1 aekerbte T-Welle in 3 Ableitunaen 1 altersuntypisch erniedrigte Herzfrequenz 0,5 klinische Svnkooe belastunasinduziert 2 Anamnese ohne BelastunQ 1 familiäre Familienmitglieder mit eindeutigen LOTS 1 Anamnese ungeklärter plötzlicher Herztod < 30 J. bei 0,5 Verwandten 1.Grades (incl.Geschwister)

Genetik

~ong QT-Syndrom (LQTS)~ Überlebter plötzlicher Herztod

Synkope vor medikam. Therapie

3,5

pathoQene Mutation

=Asymptomatisch ± pathogene Mutation + QT-Verlän erun

modifiziert nach ESC 2022 Asymptomatisch + pathogene Mutation ohne QT-Verlängerung

Allgemeines: vermeide QT-verlängernde Pharmaka, korrigiere Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Hypocalcämie), meide genotypische Auslöser (anstrengendes Schwimmen bei LQT1 , laute Geräusche bei LQT2) •

1

Betablocker





Betablocker

SCNSA-Mutation (LQT3): Mexi letin (+ Betablocker)

'Y Arrhythmogene Synkope o. Bei LQT1 , LQT2, LQT3: bewerte Arrhythmierisiko mit Genohämodynamisch nicht tolerierte ventrikuläre HRST typ + QTc => Risikokalkulator unter medikam.Therapie 1 nein Hochrisikomerkmale (basierend auf Genotyp und QTc) Medikat. kontraindiz/unverträglich



- LCSD o. ICD-lmplant

!CD-Implantation

Klasse

1

Klasse II a

Klasse II b

!CD-Implantation

!'""'"-----•-----►~ ICD kontraindiziert, abgelehn'-C~ Linkskardiale sympathische oder rezdiv. !CD-Schocks

Denervierung:::::: LCSD

Abb. 2.44d: Vorgehen bei Lang QT-Syndrom (ESC 2022)

erworbenes long QT - QT-Verlängerung durch zahlreiche Pharmaka mit Gefahr von Torsade-de-pointes Tachykardien - häufiger als angeborene QT-Syndrome; bevorzugt zu Therapiebeginn (innerhalb der ersten Tage) auftretend

1

- Ursachen für pharmaka-induzierte Torsaden: (a) Verlängerung der QT-Dauer: Antiarrhythmika der Klasse la und III (Amiodaron seltener als Sotalol), Makrolide (Erythromycin), Antihistaminika (Terfenadin), Neurolpetika (Droperidol, Haloperidol), trizyklische Antidepressiva, Antimalariamittel (Chinin, Mefloquin) (b) Interaktion mit QT-verlängerndem Pharmakon: Bspl.: Ketoconazol, ltraconazol oder Erythromycin hemmen Cytochrom P 450 lsoenzyme und damit die Metabolisierung u.a. von Terfenadin oder Chinidin (c) arrhythmogene Faktoren: Hypokaliämie, Hypomagnesiämie (Diuretika !), Bradykardie.

Ursachen von QT-Verlängerungen und Torsade-de-pointes Tachykardien sind: angeborene QT-Syndrome, erworbene QT-Syndrome, Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Hypomagnesiämie), Bradykardjen. Vermeide QT-verlängernde Pharmaka und besonders das gleichzeitige Auftreten o.g. Risikofaktoren. Risikoabschätzung durch Bestimmung der frequenzkorrigierten QT-Zeit im Ruhe-EKG. Übersicht der Pharmaka, die das QT-lntervall verlängern und/oder Torsade-de-pointes-Tachykardien auslösen können q 18.6.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.11.4

223

Therapie bradykarder HRST

2.11 .4.1

Akuttherapie Einführung Parasvmpatholytika Atropin (Atropinum sulf. ®)

Pharmaka

Svmoathomimetika Adrenalin (Suprarenin®) off-label Orciprenalin (Alupent®)

supraventrikuläre Bradykardie ventrikuläre Bradykardie therapeutische Breite

1. Wahl keine Wirkuna groß (kaum bedrohliche HRST)

2. Wahl, d.h. bei unzureichender Wirkuna des Vaaolytikums Mittel der Wahl gering (CAVE: Tachvarrhvthmien)

Tab. 2.66 Eine Bradykardie (HF < 60/min) ist keineswegs immer eine behandlungsbedürftige Herzrhythmusstörung (HRST). Entscheidend ist der Zusammenhang von erniedrigter Herzfrequenz und klinischer Symptomatik. Die Symptome beruhen auf einem ungenügenden Herzzeitvolumen (HZV) mit unzureichender Perfusion vitaler Organe, v.a. Gehirn, Herz: Schwindel, Schwäche, Synkopen, Herzinsuffizienz (CAVE: lebensbedrohlicher Adams-Stokes-Morgagnie-Anfall). In der medikamentösen Therapie bradykarder HRST stehen Parasympatholytika und Sympathomimetika zur Verfügung. Die medikamentöse Therapie besitzt nur in der Notfalltherapie Bedeutung. Die dauerhafte Versorgung behandlungspflichtiger Bradykardien erfolgt durch Herzschrittmacher, in der Notfalltherapie kommen passagere oder transkutane Schrittmachersysteme zur Anwendung. Medikamentös ausgelöste Bradykardien u.a. durch: Sympatholytika (ß-Blocker), Parasympathomimetika, Herzglykoside, generell alle Antiarrhythmika (Vaughan-Williams-Klassifikation 1IV), Elektrolytverschiebungen (K+ !) z.B. bei Diuretikagabe.

PHARMAKON Atropin i. v.

CHARAKTERISTIKA - Wirkdauer 2 (-4) h

(Q 2.1.5.2)

- allgemeine Vagolyse (NW-Dauer > Wirkungsdauer) - NW: Mundtrockenheit, Mydriasis (Lichtempfindlichkeit), Akkomodationslähmuna, Miktionsstöruna

Adrenalin titrierend i. v.

- a.-, ß1 -, ß2 -Stimulation - Wirkdauer 2-5 min

(q 2.1.2.7)

off-label: OrciprenaJin

i.v.(q 2.1.2.9)

- ß1 -, ß2 -Stimulation - Wirkdauer : : : 20 min

- erhebliche NW, Toleranzentwicklung=> keine Dauergabe - gewünscht ist ß1 -Stimulation, jedoch erhöhte Automatie und gesteigerte Erregbarkeit mit HRST bis hin zum Kammerflimmern - nachteilig a -Stimulation (Adrenalin): Vasokonstriktion => RR t, HZV ...1, - nachteilig ß2 -Stimulation (Orciprenalin): Tremor, Vasodilatation => RR ...1,

Tab. 2.67: Pharmaka zur Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen. Parasympatholytika: internationale Empfehlungen erwähnen nur Atropin, lpratropiumbromid ist eine deutsche Option mit längerer Wirkdauer. Sympathomimetika: internationale Empfehlung für Adrenalin, Orciprenalin wird teils in deutschen Empfehlungen berücksichtigt. Bei den Therapieempfehlungen sind AHA- und ERG-Algorithmus dargelegt, da gegenseitig ergänzend.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

224

[!] - '[!]

r.~

2.11.4.2

Bradykardie - Algorithmus ERC 2021

• J(i~~

Bradykardie (1)



t O2-Gabe, i.v.-Zugang, Überwachung (Monitor-EKG, RR, Or Sat), 12-Kanal-EKG, reversible Ursachen behandeln

Zeichen für akute Lebensgefahr ? 3 sec

-

3 Definitionsgemäß

ist eine Bradykardie eine HF < 60/min, eine hämodynamische Beeinträchtigung besteht üblicherweise erst ab< 40/min. Basismaßnahmen: O2-Gabe, i.v.-Zugang, 12-Kanal-EKG 2 < > Nicht alle Symptome müssen Bradykardie-induziert sein: eine Hypotonie bei Bradykardie kann Ausdruck einer linksventrikulären Dysfunktion oder Hypovolämie sein. 3 < > Bei AV-Block II I. Grades und ventrikulären Ersatzschlägen niemals versuchen , den ventrikulären Ersatzrhythmus mittels Antiarrhythmikum (z.B. Lidocain oder Amiodaron) zu supprimieren. 4 ( > Vorgehen bei zunehmendem Schweregrad: bei symptomatischen Patienten keine Verzögerung der transkutanen Schrittmacherstimulation durch Legen eines i.v.-Zugangs oder Abwarten der Atropinwirkung. Bei ausgeprägter Klinik bzw. ,,precardiac arrest" kein Abwarten der einzelnen Maßnahmen, sondern in rascher Abfolge: Vorbereitung eines passageren Schrittmachers, Atropin i.v. als Bolus und Adrenalin i.v. über Perfusor. 5 < > Ein denerviertes transplantiertes Herz spricht nicht auf Atropin an , deshalb Pacing u/o Katecholamine. alternative Pharmaka: Dopamin (Beginn mit 2-5 ~tg/kg/min, Steigerung auf 5-20 µg/kg/min bei niedrigem RR) oder Theophyllin (100-200 mg langsam i.v.) oder lsoprenalin (5 µg/min als Startdosis) oder Glukagon (bei Überdosierung von Betablockern oder Calciumantagonisten) (S) Die transkutane Schrittmacherstimulation ist eine Grad-1-Empfehlung für alle symptomatischen Bradykard ien. Bei ausgeprägter Bradykardie oder instabilen Patienten ist sie umgehend anzuwenden. Transkutanes Pacing kann schmerzhaft sein, zudem kann die Stimulation ineffektiv sein (Stimulation unterhalb der Reizschwelle führt zu Pectoraliszucken ohne kardial zu stimulieren, d.h. ohne palpablen Puls) => Pulskontrolle obligat ! Wenn transkutane Stimulation unwirksam, erwäge transvenöses Pacing. Bei CPR mit Asystolie immer nach P-Wellen suchen (AV-Block III-Grades ohne Ersatzrhythmus), weil kardiales Pacing erfolgreich sein kann. Bei Asystolie ohne P-Wellen verzichte auf Pacing-Versuch, da dies den CPRErfolg nicht erhöht.

225

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.12

Grundlagen Hämodynamik

2.13

Arterielle Hypertonie

- primäre :::: essentielle Hypertonie 90 %, sekundäre Hypertonie 5-10 % - Zielblutdruck: < 140/90 mmHg - Antihypertensiva der 1. Wahl (alphabetisch): ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) , Calciumantagonist, Diuretikum , Betablocker. - Kombinationspartner v.a. abhängig von Verträglichkeit und Begleiterkrankung - bevorzugte Kombination für die meisten Pat: ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist o. Diuretikum (möglichst als Monotablette) - Keine Kombination von RAAS-Blockern (ACE-Hemmer, Angiotensin 11-Ant. , Renininhibitor)

- Neue ESC-Leitlinien 2018: - erstes Ziel ist RR < 140/80 mmHg, bei guter Therapieverträglichkeit strebe für die meisten Pat RR von 130/80 oder niedriger an - Antihypertensiva als Zweifachkombi starten - außer gebrechliche Ä ltere + Hypertonie Grad 1 - resistente Hypertonie: bevorzugt niedrigdosiertes Spironolacton zusätzlich - Devices (z.B. renale sympathische Denervierung, Baroreflexstimulation Karotissinus) nicht zur Routinetherapie .

Arterielle Hypertonie - Pharma kompakt Erkrankung / Eigenschaft

Linksherzhypertrophie KHK Z.n. Myokardinfarkt Herzinsuffzienz Vorhofflimmern, Prävention Vorhoffl., Frequenzkontrolle

ACEAngiotensinBetaHemmer Rezept-Blocker blocker

+

+

+

+

+ +

+ +

+ + + + + +

Calcium-KanalBlocker +

Diuretika

weitere

+

MRA*+ MRA* +

(+) kurzwirk. unret. Dihydrop. •

Nicht-Dihydropyrid. +

+ + Z.n. Apog_lex + + + + pAVK Asthma bronchiale Niereninsuffizienz ~- + :::;:== + l=====.:======= Thiazide - K-Sparer Diabetes mellitus ~ - + ==J== + r======..i======= Thiazide Gicht Ältere (? 65J) ~;:====::======: ~i== + = + Schwangerschaft + ~-+ alle incl MRA -

MRA -

Methyldopa +

+ gut geeignet/ bevorzuge - nicht geeignet/ meide -- streng kontra indiziert MRA:,:: Mineralrezeptorantagonist (* wegen endokriner Effekte hier nicht den Diuretika zugeorndet)

226

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

II

Arterielle Hypertonie

(Esc 201sIOGK 2019)

Klassifikation Blutdruck und arterielle Hypertonie s stolisch (mmH )

Klassifikation optimal normal noch-normal

< 120 120-129

-

diastolisch (mmH )

110 < 90

und

u/o UQ

eic te y_=-=--.-=o:=.-mittelschwere Hypertonie (Grad 2) schwere Hy~ertonie (Grad 3) isolierte systolische Hypertonie

u/o u/o u/o

160-179 > 180 ~ 140

(1) gemäss Blutdruck im Sitzen und den jeweils höchsten Wert (systolisch oder diastolisch)

2

Klassifikantion der Hypertoniestadien

HypertonieKrankheitsStadien

andere RF, HypertonieEndorganschäden oder Erkrankung

Einstufun Blutdruck mmH hoch normaJ Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 RRsyst 130-139 RRsyst 140-159 RRsy 160-179 o. RRsyst .!: 180 o. o. RRdiast 85-89 o. RRdiast 90-99 RRdiast 100-109 RRdiast .!: 110 niedriges moderates !'lohes niedriges Risiko R1si1i.c moderates bis moderates !'lnt,es hohes Risiko R1si11c isiko ls hohe: !'lnt,es moderates bis Ris:ko Risillc erates Ris~i~ ~ ll.U.ß w.__,

keine anderen Risikofaktoren Stadium 1 1-2 Risiko(unkompliziert) faktoren (RF) .?: 3 Risikofaktoren (RF) Stadium 2 Hypertonie-Endorgan(asympschaden, chron. Nieren- moderates bis tomatisch) insuff. St. III od Diabetes hohes Risiko ohne Endorganschaden _ _ _ _ __. manifeste kardiovask. Stadium 3 Erkrankung, Nierenin(manifeste Erkrankung) suff. ::?:St. IV od Diabetes mit Endorganschaden

II Praxisblutdruck-Grenzwerte für die Therapie Alter H ertonie 18-65 J. 65-79 J. ~ 80

~

J.

RRdiast (mmHg)

140 ~ 140 ~ 160 ~ 90

+ Diabetes ~ 140 ~ 140 ~ 160 ~ 90

RRs stol mmH +CKD +KHK ~

140 ~ 140 ~ 160 ~ 90

+ Schia

~ 140 ~ 140

RRdiast (mmHg)

anfalll1l

~ 140 ~ 140

~

~90 ~90 ~90

> 160

160 ~ 90

~

90

(1) erwäge Therapie bei sehr hohem Risiko und hoch normalem systolischen RR (130-140 mmHg)

II

Einleitung einer antihypertensiven Therapie

hoch normaler Blutdruck 130-139/85-89

Grad 1 Hypertonie 140-159/90-99

Grad 2 Hypertonie

Grad 3 Hypertonie

160-179/100-109

;;:;:: 180 / 110

1 J Lifestyle-Modifikation / Allgemeinmaßnahmen

t

t

t

l

t

sofortige Pharmakotherapie bei hohem sofortige sofortige erwäge PharmakoPharmakoPharmakotherapie oder sehr hohem Risiko, Pat mit kardiovaskulärer bei sehr hohem Erkrankung, Nierenerkrankung oder Hypertonietherapie therapie assoziiertem Endorganschaden Risiko mit kardiovaskulärer ErkranRR-Kontrolle innerhalb 3 Mo. kung (v.a. KHK) Pharmakotherapie bei niedrigem bis mittleren Risiko ohne kardiovaskuläre Erkrankung, Nierenerkrankung oder Hypertonie-assoziierten Endorganschaden nach 3-6 monatiger erfolgloser Lifestyle-Modifikation

+

II

+

Zielwerte für Praxisblutdruck

Alter

RRs stol mmH + Diabetes +CKD

RRdiast (mmHg)

+KHK + Schia anfall( 1l :,; 130 (2 ) s 130 (2 ) s 130 < 140-130 s 130 70-79 18-65 J. > 65 J,131 130-139 130-139 130-139 130-139 130-139 70-79 70-79 70-79 70-79 70-79 70-79 RRdiast Für alle RR-Zielwerte gilt: .wenn vertragen" (1) für Z.n. Schlaganfall oder TIA, nicht für RR unmittelbar nach Schlaganfall (2) nicht < 120 mmHg (3) ggfs anpassen für gebrechliche Ältere H ertonie

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

II Basistherapie: Algorithmus bei unkomplizierter Hypertonie unkomplizierte Hypertonie incl. Pat mit Hypertonie-bedingten Organschäden, zerebrovaskulärer Erkrankung, Diabetes mellitus oder peripherer arterieller Erkrankung

Erwäge Monotherapie bei ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist od. Diuretikum

lnitialtherapie: 2-er Kombi

Niedrigrisiko-Hypertonie Grad 1 (RRsyst < 150) oder sehr alten (2 80 J) oder gebrechlichen Pat

t Stufe 2: 3-er Kombi

ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist plus Diuretikum ♦

Stufe 3: 3-er Kombi plus Spironolacton oder Anderes

resistente Hypertonie: zusätzlich Spironolacton (25-50 mg/d) oder anderes Diuretikum od. Alphablocker od. Betablocker

Erwäge Überweisung an spezialisertes Zentrum für weitere Diagnostik

Erwäge Betablocker auf jeder Therapiestufe, wenn spezifische Indikation: (a) Angina pectoris, (b) Z.n. Myokardinfarkt, (c) Herzinsuffizienz, (d) Vorhofflimmern, (e) jüngere Frauen, die Schwangerschaft planen o. schwanger sind

II

Algorithmen in speziellen Situationen Hypertonie plus koronare Herzerkrankung - ACE-Hemmer oder ARB plus Betablocker o. Calciumantagonist - Calciumantagonist plus Diuretikum oder Betablocker - Betablocker plus Diuretikum

lnitialtherapie: 2-er Kombi

t ♦

Stufe 3: 3-er Kombi plus Spironolacton oder Anderes

Niedrigrisiko-Hypertonie Grad 1 (RRsyst < 150) oder sehr alten (> 80 J) oder gebrechlichen Pat Erwäge Therapiebeginn, wenn RRsyst 2130 mmHg bei Hochrisiko mit manifester KHK

Dreifachkombi der o.g. Pharmaka*

Stufe 2: 3-erKombi

Erwäge Monotherapie bei

resistente Hypertonie: zusätzlich Spironolacton (25-50 mg/d) oder anderes Diuretikum o. Alphablocker o. Betablocker

~ Erwäge Überweisung an ~ spezialisertes Zentrum für weitere Diagnostik

Hypertonie plus chronische Niereninsuffizienz (eGFR < 60 mUmin/1,72m 2 ± Proteinurie) Erwäge Betablocker auf jeder Therapiestufe, wenn spezif. Indikation => siehe unkompliz. Hypertonie

lnitialtherapie: 2-er Kombi

ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist oder (Schleifen)Diuretikum(2 l

Stufe 2: 3-er Kombi

ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist plus (Schleifen)Diuretikum(2 >

Stufe 3: 3-er Kombi

resistente Hypertonie: zusätzlich Spironolacton (25-50 mg/d) oder anderes Diuretikum o. Alphablocker o. Betablocker

plus Spironolacton oder Anderes

~ Erwäge Überweisung an ~ spezialisertes Zentrum für weitere Diagnostik

Bei chronischer Nierenerkrankung ist unter antihypertensiver Therapie ein Abfall der eGFR und Anstieg des Serumkreatinin zu erwarten, v.a. unter ACE-Hemmer oder ARB. Bei Anstieg Serum-Krea um > 30 % an Nierenarterienstenose denken und abklären. (1) Spironolacton: beachte Hyperkaliämie-Risiko, v.a. bei eGFR < 45 ml/min/1,72m 2 oder Ausgangs-Serumkalium 2 4,5 mmol/I (2) Schleifendiuretikum ab eGFR < 30 ml/min/1 ,72m2, da Thiazid(artige) dann weniger wirksam bis unwirksam

Hypertonie plus Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) lnitialtherapie Stufe 2

ACE-Hemmer oder ARB plus (Schleifen)Diuretikum multiple Zellfunktionen, auch Zellwachstum). Die physiologische Konzentration von Vasooressin/ADH im Plasma erzielt nur antidiuretische. aber keine vasooressorischen Effekte.

229

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie Grundlagen arterielle Hypertonie Klassifikation ootimal normal hoch-normal leichte Hvoertonie {Grad 1) mittelschwere Hypertonie (Grad 2) schwere Hypertonie (Grad 3) isolierte systolische Hypertonie

svstolisch (mmHQ) < 120 120-129 130-139 140-159 160-179 > 180 > 140

diastolisch (mmHq) < 80 80-84 85-89 90-99 100-109 > 110 < 90

und u/o u/o u/o u/o u/o u/o



Tab. 2.70: Klassifikation des Blutdrucks (ESC 2018). Blutdruckwerte für Personen > 18 Jahre ohne akute Erkrankung und ohne antihypertensive Therapie. Arterielle Hypertonie ist definiert als Bluthochdruck von systolisch > 140 und/oder diastolisch > 90 mmHg bei mindestens 3 Messungen in Ruhe an 2 verschiedenen Tagen. Fallen systolischer und diastolischer RR in verschiedene Kategorien, ist der höhere Wert maßgebend. Aktuelle Leitlinienempfehlung: Z ielblutdruck von < 140/90 mmHg bei der antihypertensiven Therapie .



Hypertonie-Klassifikation der v ersc hiedenen Fac hgesellsc haften

RRsyst < 120 120-129 130-139 140-159

RRdiast ESC 2018 optimal < 80 und normal < 80 und hochnormal 80-89 oder oder 90-99 Grad-1-Hypertonie

Grad-2-Hypertonie

160-179

oder 100-109 Grad-2-Hypertonie

Grad-2-Hypertonie

oder

Grad-2-Hypertonie

> 180 Tab. 2. 71

> 110

Grad-3-Hypertonie

AHA/ACC 2017

NICE 2016

normal erhöht

normal normal hoch normal

Grad- 1-Hypertonie

Grad- 1-Hypertonie (> 135/85 mmHa) Grad-2- Hypertonie (> 150/90 mmHa) schwere Hypertonie

Analogwerte für unterschiedliche RR- Messarten (AHA 2011, Esc 2018, NVL 2023) Praxisblutdruck

Häuslicher Blutdruck (Heimblutdruck) 120/80 mmHo 130/80 mmHg 135/85 mmHa

Ambulanter 24h RR Gesamtoeriode 115/75 mmHa 125/75 mmHa 130/80 mmHa

Ambulanter 24h RR Tagesoeriode 120/80 mmHa 130/80 mmHa 135/85 mmHa

120/80 mmHa 130/80 mmHa 140/90 mmHa Tab. 2.72 Hypertonie ist üblicherweise asymptomatisch und kann durch Gelegenheitsmessung (ggfs in ScreeningProgrammen) diagnostiziert werden. Die Diagnose Hypertonie soll nicht auf einem einzigen Praxisbesuch basieren - außer bei Hypertonie Grad 3 oder manifesten Hypertonie-bedingten Endorganschäden.

Z ie lwerte für Prax isblutdru c k (ESC 20 18) Alter Hypertonie < 130 \. Risikostratifizierung).

2.13.Sa

Therapieübersicht NVL 2023

2-er Kombi* (1. Wahl-Präparate)

~ M_on_o_th_e_ra_p_ie_(_1._W _a_h_l-_Pr_ä_pa_r_at_) - - ~ nach Schla9Enfall

Herzinsuffizienz

KHK

Diabetes mellitus

bevorzugt CCB oder bevorzugt ACEI/ARB, bevorzugt Betablocker; bevorzugt ACEI/ARB, ACEI; Thiazide Betablocker; ACEI/ARB, CCB CCB ..___ _ _ _ _____, symptomatisch Diuretika Therapieziel nicht erreicht=> prüfe Adhärenz

----~ -----------·

Nierenkrankheit bevorzugt ACEI/ARB, Schleifendiuretikum bei GFR < 30 ml/min

3-er Kombi * (1. Wahl-Präparate), * füge Wirkstoff hinzu, bevor ein Wirkstoff maximal ausdosiert wird 1

Therapieziel nicht erreicht => prüfe Adhärenz, schließe Pseudoresistenz und sekundäre Hypertonie aus => therapieresistente Hypertonie Kalium < 4,5 mmol/1 und GFR > 45 ml/min/1,73m2 KOF Kalium > 4,5 mmol/1 und GFR < 45 ml/min

J

4-er Kombi * + Spironolacton niedrig (25 mg/d)

!

4-er Kombi * + a.1-Blocker o. Betablocker

Abb. 2.57b: Therapiealgorithmus Nationale Versorgungs-Leitlinie (NVL 2023) Auswahl der Präparate aus Tab 2.74

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.13.5b

Therapiegrundlagen

233

(Esc 2018)

Allgemeinmaßnahmen - Lebensstiländerung Maßnahme Rauchen einstellen Gewichtsreduktion

Erläuteruna

Reduktion des RRsvst keine 5-20 mmHg pro 10 ka Gewichtsverlust 2-8 mmHa 4-9 mmHg

senkt kardiovaskuläres Risiko Normalgewicht anstreben (body mass index 2 18,5-24,9 kg/m ) kochsalzarme Diät(< 6 g Kochsalz/d) Natriumrestriktion z.B. Walking (mind. 30 min/d, für mind. 5-7 körperliche Tage/Woche) Aktivität Männer: Beschränkung auf 20-30 g Ethanol/d eingeschränkter 2-4 mmHg Frauen: Beschränkung auf 10-20 g Ethanol/d Alkoholkonsum (30 a = 720 ml Bier oder 300 ml Wein oder 90 ml Whiskv) fettarme Diät (gesättigte Fettsäuren ,J, ), reich an 8-14 mmHg Diät Obst und Gemüse .. Tab. 2.76 Weitere Maßnahmen: (a) Abbau von Stressfaktoren (b) Uberprüfung der Indikation für nichtsteroidale Antirheumatika, Glukokortikoide, orale Kontrazeptiva oder Sexualhormonen postmenopausal.

Basistherapie: Algorithmus bei unkomplizierter Hypertonie

(ESC)

unkomplizierte Hypertonie incl. Pat mit Hypertonie-bedingten Organschäden, zerebrovaskulärer Erkrankung, Diabetes mellitus oder peripherer arterieller Erkrankung lnitialtherapie:

2-er Kombi

Erwäge Monotherapie bei ACE-Hemmer oder ARB Niedrigrisiko-Hypertonie plus ~ Grad 1 (RRsyst < 150) Calciumantagonist o. Diuretikum oder sehr alten (> 80 J) oder gebrechlichen Pat

Stufe 2 :

3-er Kombi Stufe 3:

3-er Kombi plus Spironolacton o. Anderes

ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist plus Diuretikum resistente Hypertonie: Erwäge Überweisung an zusätzlich Spironolacton (25-50 mg/d) ~ spezialisertes Zentrum oder anderes Diuretikum ~ für weitere Diagnostik o. Alphablocker o. Betablocker Erwäge Betablocker auf jeder Therapiestufe , wenn spezifische Indikation: (a) Angina pectoris, (b) Z.n. Myokardinfarkt, (c) Herzinsuffizienz, (d) Vorhofflimmern, (e) jüngere Frauen, die Schwangerschaft planen o. schwanger sind

Abb. 2.58

Algorithmen in speziellen Situationen

(ESC)

Hypertonie plus koronare Herzerkrankung lnitialtherapie:

2-er Kombi

Stufe 2 :

3-er Kombi Stufe 3:

3-er Kombi plus Spironolacton o. Anderes Abb. 2.59a

- ACE-Hemmer oder ARB plus Betablocker o. Calciumantagonist - Calciumantagonist plus Diuretikum oder Betablocker - Betablocker lus Diuretikum Dreifachkombi der o.g. Pharmaka*

Erwäge Monotherapie bei Niedrigrisiko-Hypertonie Grad 1 (RRsyst < 150) oder sehr alten(> 80 J) oder gebrechlichen Pat Erwäge Therapiebeginn , wenn RRsyst > 130 mmHg bei Hochrisiko mit manifester KHK

resistente Hypertonie: Erwäge Überweisung an zusätzlich Spironolacton (25-50 mg/d) _,.{§m spezialisertes Zentrum oder anderes Diuretikum ~ für weitere Diagnostik o. Alphablocker o. Betablocker

1 ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

234

Hypertonie plus chronische Niereninsuffizienz (eGFR < so ml/m in/1,72m2 ± Proteinurie) lnitialtherapie: 2-er Kombi

ACE -Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist oder (Schleifen)Diuretikum**

Stufe 2: 3-er Kombi

ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist plus (Schleifen)Diuretikum**

Stufe 3: 3-er Kombi plus Spironolacton o. Anderes

Erwäge Betablocker auf jeder Therapiestufe, wenn spezif. Indikation: (a) Angina pectoris, (b) Z.n. Myokardinfarkt, (c) Herzinsuffizienz, (d) Vorhofflimmern, (e) jüngere Frauen, die Schwangerschaft planen o. schwanger sind

resistente Hypertonie: Erwäge Überweisung an zusätzlich Spironolacton*(2s-so m9tct) ~ spezialisertes Zentrum oder anderes Diuretikum ~ für weitere Diagnostik o. Alphablocker o. Betablocker

Bei chronischer Nierenerkrankung ist unter antihypertensiver Therapie ein Abfall der eGFR und Anstieg des Serumkreatinin zu erwarten, v.a. unter ACE-Hemmer oder ARB. Bei Anstieg SerumKrea um > 30 %, an Nierenarterienstenose denken und abklären. Abb. 2.59b

* Spironolacton: Hyperkaliämie-Risiko, v.a. bei eGFR < 45 ml/min/1,72m o. Ausgangs-Serumkalium ~ 4,5 mmol/I 2 ** Schleifendiuretikum ab eGFR < 30 ml/min/1,72m , da Thiazid(artige) dann weniger wirksam bis unwirksam 2

Hypertonie plus Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) lnitialtherapie

ACE-Hemmer oder ARB plus (Schleifen)Diuretikum** plus Betablocker

Stufe 2

ACE-Hemmer oder ARB* plus (Schleifen)Diuretikum** plus Betablocker plus MRA

Antihypertensive Pharmaka immer gemäß der ESC-Leitlinie Herzinsuffizienz einsetzen. Bei Herzinsuffizienz keine Calciumantagonisten vom Nicht-Dihydropyridin-Typ (Verapamil, Diltiazem). Abb. 2.59c ARB "' Angiotensin-Rezeptor-Blocker "' Sartane MRA "' Mineralocortikoid-Rezeptor-Antagonist: Spironolacton oder Eplerenon * erwäge bei unzureichendem Effekt ARNI (Angiotensinrezeptor/Neprilysin-lnhibitor: Entresto®) statt ACE-Hemmer oder ARB gemäss ESC-Leitlinie Herzinsuffizienz ** .,Diuretikum" bezieht sich auf Thiazid(artige). Bei Ödemen erwäge alternativ Schleifendiuretikum. Bei eGFR < 30 ml/min/1,72m2 nutze Schleifendiuretikum , da Thiazid(artige) dann weniger wirksam bis unwirksam.

Hypertonie plus Vorhofflimmern lnitialtherapie: 2-er Kombi

Stufe 2: 3-er Kombi

- ACE-Hemmer oder ARB plus Betablocker oder Calciumantagonist* (Verapamil/Diltiazem) - Betablocker plus Dihydropyridin-Calciumantagonist - ACE-Hemmer oder ARB plus Betablocker plus Dihydropyridin-Calciumantagonist oder Diuretikum - Betablocker plus Dihydropyridin-Calciumantagonist plus Diuretikum

zusätzlich orale Antikoagulation, wenn gemäß CHA2DS2-VASc-Score indiziert. Abb. 2.59d * keine routinemässige Kombination von Betablocker mit Nicht-Dihydropyridin-Calciumantagonist (Verapamil/Diltiazem) wegen Gefahr der übermässigen Herzfrequenzsenkung.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.13.6

235

Auswahl der Antihypertensiva

Grundlagen zur Auswahl der Antihypertensiva: - Auswahl abhängig vom kardiovaskulären Risiko und Begleiterkrankungen - meist ist eine primäre Kombinationstherapie empfohlen (außer bei gebrechlichen Ältern und Hypertonie Grad 1) - wichtiger als die Diskussion um ein Monopräparat ist die Auswahl einer sinnvollen und verträglichen Kombination Unter Monotherapie bestehen Ansprechraten (Reduktion systolischer und diastolischer Blutdruck um > 20 mmHg bzw. 10 mmHg) unabhängig vom Präparat von etwa 50 %, wobei der Zielblutdruck(< 140/90 mmHg) nur bei 20-30 °/c, der Hypertoniker erreicht wird (außer Grad 1 Hypertonie) Eine Kombinationstherapie wird von der Mehrheit der Hypertoniker benötigt und ist bei Hypertonie Grad 2 oder 3 sowie bei hohem und sehr hohem Risikoprofil explizit empfohlen. - die Nebenwirkungen von Thiaziddiuretika, Betablockern und Calciumantagonisten sind deutlich dosisabhängig, von ACE-Hemmern und ARB hingegen weniger (bis kaum) dosisabhängig

bevorzuge Monotabletten-Strategie (Compliance t) maximaler Wirkeffekt von Antihypertensiva innerhalb von 2-4 Wochen ACE-Hemmer (ACEI): 1. Wahl - kardioprotektiv: bei begleitender Herzinsuffizienz Therapie der Wahl. - nephroprotektiv: bei begleitender Nierenerkrankung Therapie der Wahl. - bevorzugt bei: Herzinsuffizienz, linksventrikulärer Dysfunktion, Z.n. Myokardinfarkt, diabetische und nicht-diabetische Nephropathie, linksventrikuläre Hypertrophie, Arteriosklerose (Karotiden), Proteinurie/Mikroalbuminurie, Vorhofflimmern, metabol. Syndrom - nicht bei: Schwangerschaft, Hyperkaliämie, beidseitigen Nierenarterienstenosen Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) ~ AT-11-Rezeptorantagonisten: 1. Wahl alternativ zu ACEI - kardioprotektiv und nephroprotektiv (analog ACE-Hemmer) - gleichwertige Empfehlung wie ACE-Hemmer als Antihypertensivum der 1. Wahl - bevorzugt bei: Herzinsuffizienz, Z.n. Myokardinfarkt, diabetische Nephropathie, linksventrikuläre Hypertrophie, Proteinurie/Mikroalbuminurie, Vorhofflimmern, metabolischem Syndrom, ACEHemmer-induziertem Husten - nicht bei: Schwangerschaft, Hyperkaliämie, beidseitigen Nierenarterienstenosen Thiaziddiuretika: 1. Wahl - gesicherte Sterblichkeitssenkung (kardiovaskuläres Risiko .J, ). Bevorzuge K+-neutrale Kombinationen (ACE-Hemmer oder ARB+ Thiazid oder Thiazid + K+-Sparer). - bevorzugt bei: isolierter systolischer Hypertonie (ältere Patienten), Hypertonie bei farbigen Patienten, Hypertonie mit Herzinsuffizienz - nicht bei: Hypokaliämie, Hyperurikämie, Diabetes mellitus, metabolischem Syndrom Calciumantagonisten: 1. Wahl - Bevorzuge Präparate mit langsamer Wirkungsentfaltung und langer Wirkdauer einzusetzen - Calciumantagonisten sind bei Herzinsuffizienz kontraind iziert (aber: bei begleitender Herzinsuffizienz und unzureichender RR-Senkung unter ACE-Hemmer, Diuretikum und Betablocker können Amlodipin oder Felodipin gegeben werden) - Calciumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ bevorzugt bei Hypertonie mit: isolierter systolischer Hypertonie (ältere Patienten), Angina pectoris, linksventrikulärer Hypertrophie, Arteriosklerose (Karotiden, Koronarien), Schwangerschaft, Hypertonie bei farbigen Patienten - Calciumantagon isten vom Diltiazem- oder Verapamil-Typ bevorzugt bei Hypertonie mit: Angina pectoris, Arteriosklerose (Karotiden), supraventrikulären Tachykardien - nicht bei: AV-Block (Nicht-Dihydropyridine), Ödemen (Dihydropyridine), instabiler Angina pectoris, ersten 4 Wochen nach Myokardinfarkt Betablocker: keine 1. Wahl-Empfehlung für Betablocker bei unkomplizierter Hypertonie - kardioprotektiv, gesicherte Sterblichkeitssenkung (kardiovaskuläres Risiko .J,), jedoch vermindert protektiv gegen zerebrale Insulte (ASCOT-BPLA, LIFE) - bevorzugt bei: KHK, Z.n. Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Tachyarrhythmien, Glaukom, Schwangerschaft - keine Betablocker - v.a. in Kombination mit Thiazid - beim metabolischen Syndrom bzw. hohem Diabetes-Risiko, da vermehrtes Auftreten von Diabetes mellitus - nicht bei: Asthma bronchiale, AV-Block 11°11 11°, Diabetes mellitus, metabolischem Syndrom weitere differentialtherapeutische Überlegungen : - Aldosteronantagonisten bevorzugt bei: Herzinsuffizienz, Z.n. Myokardinfarkt - Schleifendiuretika bevorzugt bei: terminaler Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz - Alpha1-Blocker: keine Monotherapie, da unter Herzinsuffizienz unter Doxazosin gehäuft (ALLHAT )















1 ■•

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

236

1

- Diabetes mellitus: Entstehung eines Diabetes mellitus unter antihypertensiver Therapie: ACEHemmer/AT-11-Antagonisten < Calciumantagonisten und Placebo< Betablocker< Diuretika. - Keine Kombination von RAAS-Blockern (ACE-Hemmer. ARB, Renin-lnhibitoren) untereinander, weil dann vermehrt Hyperkaliämie, Hypotensin und Nierenschäden .

- Alternativen, wenn Antihypertensiva der 1. Wahl wegen Kontraindikationen oder Unverträglichkeit nicht eingesetzt werden können: Alpha1-Blocker oder zentrale Antisympathotonika (a2-Rezeptor-Agonisten wie Clonidin c:> 2.7.4, lmidazol-Agonisten wie Moxonidin c:> 2.7.5) oder direkte Renin-lnhibitoren (Aliskiren c:> 2.4.2).

II

Für die Alternativpräparate sind Senkung von Morbidität bzw. Mortalität nicht bewiesen. Alpha1Blocker nicht für die Monotherapie (vermehrte Herzinsuffizienz unter Doxazosin). Der Renininh ibitor Aliskiren ist nephroprotektiv, aber bislang keine Mortalitätsstudien. - keine Empfehlung: aufgrund der Nebenwirkungen zählen einige Vasodilatatoren (c:> 2.5) und einige Antisympathotonika (c:> 2.7) in der antihypertensiven Dauertherapie zur ferneren Wahl:



Freiname Dih dralazin Minoxidil

1

Tab. 2.77

Antihypertensiva bei Begleiterkrankungen - Zusammenfassung Symotom/Erkrankung/Eigenschaft • linksventrik. Hypertrophie • C: C: c: ns = O>-o .ll: ._ ns asvmotom. Arteriosklerose .0 0 .c: ::, ,:, u Mikroalbuminurie C: w Niereninsuffizienz Z.n. Aooolex Z.n. Myokardinfarkt Q)



(/J

(/J

Emofehluna / Erläuterung ACE-Hemmer, Calciumantagonist. AT-II-Blocker Calciumantaaonist. ACE-Hemmer ACE-Hemmer, AT-ll-Blocker ACE-Hemmer, AT-I1-Blocker jedes Antihypertensivum Betablocker, ACE-Hemmer, AT-II-Blocker Meide kurzwirkende unretardierte Dihydropyridine

Angina pectoris

Betablocker, Calciumantagonist Meide kurzwirkende unretardierte Dihydropyridine

·-C,n: 0) ·-e w ,n

Q)

.c (.)

·-C:,n ·-~

Herzinsuffizienz

Diuretika, Betablocker, ACE-Hemmer, AT-II-Blocker, Aldosteronantagon ist Meide Calciumantagonisten (prognostisch unterleaen)

Aortenaneurvsma Vorhofflimmern, Prävention

Betablocker ACE-Hemmer, AT-II-Blocker, Betablocker, Aldosteronantagonist Effekt: Vorhofflimmer-lnzidenz ..J,.., aünstia auf atriales Remodelina

Betablocker, Calciumantagonist (Nicht-Dihydropyridin) Vorhofflimmern, Effekt: Frequenznormalisierung durch Hemmung AV-Überleitung Freauenz-Kontrolle Niereninsuffizienz (mittel- und ACE-Hemmer, AT-II-Blocker Effekt: nephroprotektiv mit Verminderung der Proteinurie höhergradig), Proteinurie Meide Kaliumsparer, Aldosteronantagonisten

periphere arterielle Verschlußkrankheit (pAVK) Asthma bronchiale

~ «i

.c (.)

,n

C:

Q)

Gicht Isolierte systolische Hypertonie (ältere Patienten) metabolisches Syndrom

Meide Betablocker (Vasokonstriktion)

ACE-Hemmer, AT-II-Blocker, Calciumantagonist Meide Betablocker (Gefahr Bronchkonstriktion) Meide Diuretika (Anstieg Harnsäure)

Diuretika, Calciumantagonist ACE-Hemmer, AT-ll-Blocker, Calciumantagonist Meide Thiazide, Betablocker (Glukosetoleranz ..J,.., Insulinresistenz t )

Diabetes mellitus

ACE-Hemmer, AT-II-Blocker Meide Thiazide, Betablocker (Glukosetoleranz -l,, Insulinresistenz t)

0)

·w

ACE-Hemmer, Calciumantagonist

Schwangerschaft (c:>16.6)

alpha-Methyldopa, Betablocker, Calciu mantagonist Keine ACE-Hemmer oder AT- II-Blocker. Meide Diuretika

farbiqe Patienten

Diuretika, Calciumantagonist

Tab. 2.78: Antihypertensive Empfehlungen bei Begleiterkrankungen

(modifiziert nach ESC).

237

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.13. 7

therapierefraktäre arterielle Hypertonie

Def.: mind. antihypertensive 3-er Kombination in maximal(er)-tolerierter Dosis incl. Diuretikum (üblicherweise ACE-Hemmer oder ARB plus Calciumantagonist plus Thiazid). vorgehen : - sekundäre Hypertonieursachen ausschließen : häufig: obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom, chronische Nierenerkrankungen , primärer Hyperaldosteronismus , Nierenarterienstenose - selten: Phäochromozytom, Cushing-Syndrom, Hyperparathyreoidismus, Coarctatio aortae, thyreotoxische Krise

1

- reversible Hypertonieursachen ausschließen: - NSAID, Steroide, Sympathomimetika, Amphetamine, orale Kontrazeptiva, Tacrolimus, Erythropoetin, tricyclische Antidepressiva, Alkohol , Lakritze

Ciclosporin,

- Medikamenteneinnahme (Compliance) überprüfen - nicht-medikamentöse Therapie optimieren: v.a. reduzierte Salzaufnahme, ferner

1

Gewichtsreduktion, Alkoholkarenz, körperl iche Aktivität

- antihypertensive Medikation erweitern: bevorzugt niedrigdosiertes Spironolacton (25-50 mg/d), wenn unverträglich Eplerenon oder Amilorid. Diese Pharmaka wegen der Hyperkaliämiegefahr nur bei GFR > 45 ml/min und Serumkalium < 4 ,5 mmol/1. Alternativ: (a) Dosiserhöhung von Thiaziden oder (b) Schleifendiuretikum bei GFR < 30 ml/min oder (c) Bisoprolol oder (d) Doxazosin. Aldosteronantagonisten (Spironolacton niedrigdosiert, oft label Eplerenon) am effektivsten, da Aldosteron auch ohne Adenom oder Hyperplasie eine Therapieresistenz bed ingen kann (denke bei Therapieresistenz an gestörtes RAAS: typisch sind Plasma-Aldosteron t , Plasma-Renin !-)

neue nichtmedikamentöse Therapien bei therapierefraktärer Hypertonie: keine routinemässige Anwendung, da unzureichende Evidenz -

-

renale Denervierunq (bilaterale Radiofrequenzablation der Nierenarterien , irreversibel): in früher Studie (SIMPLICITY-3) nur unzureichende RR-Senkung im Vergleich zur Scheindenervierung. Neue Arbeiten (2018) wiederum mit stärkerer RR-Senkung . Baroreflexstimulation des Karotissinus (reversibel) als Option (unter elektrischer Stimulation des Karotissinus resultiert reflektorische Parasympathikusaktivierung mit RR-/ HF-Abfall )

Hypertonie-Studien : SPRINT-Studie (2015): Zielblutdruck (systolisch) von 120 versus 140 mmHg bei Hypertonikern mit hohem kardiovaskulären Risiko (aber ohne Diabetes oder hochgradiger Niereninsuffizienz): nach 3,3 Jahren (vorzeitiger Abbruch) kombinierter Endpunkt (akutes Koronarsyndrom, Herzinsuffizienz, Schlaganfall , kardiovaskulärer Tod) von 5,2 % versus 6,8 %. Auch Gesamtsterblichkeit unter 120 mmHg geringer: 3,3 %, vs 4,5 %. Sterblichkeitsunterschiede manifestierten sich erst nach 2 Jahren. Unter Zielblutdruck 120 mmHg vermehrt symptomatische Hypotonie (9 vs 5 %) und Verschlechterung der Nierenfunktion (11 vs 6 °/o). Merke: Zielblutdruck von 120 mmHg mit besserer Prognose als 140 mmHg bei Hypertonikern ohne Diabetes oder schwere Niereninsuffzienz. Vermeide symptomatische Hypotonie und überwache Nierenfunktion. NEJM 73: 2103-2116 (2015) Kommentar: in aktuell geltenden Leitlinien sind Zielwerte eher gelockert. Jetzt nach SPRINT keine generelle RR-Einstellung < 120 mmHg für alle Patienten, zumal das kardiovaskuläre Risiko in anderen Studien bei zu starker RR-Senkung wieder ansteigt (J-Kurve). Zunächst Einschätzung der Spezialisten (neue Leitlinien) abwarten. ACCORD (ausführlich in 8.1.3.3 „Studien") unter intensivierter RR-Einstellung auf < 120 mmHg versus < 140 mmHg nach im Mittel 4,7 Jahren kein signifikanter Unterschied bei kardiovaskulären Ereignissen. Unter niedrigem Blutdruck vermehrt Nebenwirkungen incl. Niereninsuffizienz. HOT-Studie (Hypertension Optimal Treatment): Ermittlung des optimalen Blutdruckes zur größtmöglichen Senkung des kardiovaskulären Risikos (Endpunkte tödliche und nichttödliche kardiovaskuläre Ereignisse). Hypertoniker mit einem RRdiast von 2 100 und ~ 115 mmHg wurden mittels Stufenkonzept (Felodipin + ACE-Hemmer oder Betablocker + Diuretikum) auf einen diastolischen Zielblutdruck von ~ 90, ~ 85 oder ~ 80 mmHg eingestellt. Maximaler Nutzen der Blutdrucksenkung bei 139/83 mmHg. Senkung des Blutdrucks unter 120/70 mmHg brachte keinen weiteren Nutzen, aber auch keinen Schaden. Resultat: Zielblutdruck von< 140/90 mmHg bei der antihypertensiven Therapie. ASCOT-BPLA (Anglo-Scandinavian Cardiac Outcomes Trial - blood pressure lowering arm): Perindopril + Amlodipin versus Atenolol + Thiaziddiuretikum bei Hypertonikern ohne KHK, aber mit mindestens 3 weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren: nach 5 Jahren sind unter Perindopril + Amlodipin die Endpunkte kardiovaskuläre Mortalität und Gesamtmortalität, Apoplex, kardiovaskuläre Ereignisse, pAVK, Neuauftreten Niereninsuffizienz signifikant gemindert. Der primäre Endpunkt (Myokardinfarkt oder koronarer Herztod) war um 10 % gemindert (Trend , aber keine Signifikanz). (n = > 19000) Anmerkung: Beachte auch Lipidsenkungs-Arm der ASCOT-Studie (~ 8.3.9). Zusammengefasst zeigt ASCOT, dass bei Hypertonikern ohne manifeste KHK unter einem modernen Regime (Perindopril + Amlodipin + Atorvastatin) gegenüber einer älteren Kombination (Atenolol + Thiazid) das kardiovaskuläre Risiko nahezu halbiert wurde. PATHWAY-2-Studie (2015): Bei therapierefraktärer Hypertonie (Def: unzureichende RR-Einstellung unter 3 Antihypertensiva incl Diuretikum) unter RAAS-Hemmer + Calciumantagonist + Thiazid zusätzlich Doxazosin (4-8 mg/d) vs Spironolacton (25-50 mg/d), Bisoprolol (5-10 mg/d) vs Placebo. Pat durchliefen in 48 Wochen alle 4 Gruppen: zusätzlich Spironolacton (RRsyst um 8,7 mmHg gesenkt) effektiver als Bisoprolol (RRsyst um 4,5 mmHg gesenkt) oder Doxazosin (RRsyst um 4,0 mmHg gesenkt). Merke: bester Kombinationspartner war Spironolacton bei antihypertensiver 4-fach Kombi. PATHWAY-3-Studie (2015): Bei unzureichend eingestellter Hypertonie zusätzlich HCT (25-50 mg/d) oder Amilorid (10-20 mg/d) oder beides in halber Dosis: kombinierte Diuretika in halber Dosis senkten RR um 3,4 mmHg stärker als HCT in voller Dosis. Zudem ist Kombination K+-neutral und stoffwechselneutral (bzgl. oralem Glukosetoleranztest). Resultat: kombinierte Diuretikatherapie als Empfehlung für diuretische Komponente bei antihypertensiver Kombinationstherapie.



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

238

Calciumanta onisten Gru

e

Freiname

Dihydropyridine

Handelsname Norvasc

Ta esdosis 1-2 X 2,5 - 5 m 1 x2,5-10m 1x2,5-10m 1x2 - 6m 1 X 10 - 20 m 3 x20 - 30 m 1 X 30 - 60 m 1 x8-16m 1 X 10 - 30 m 1-2x10 - 20m 180 - 360 mg (unretardiert: 3-6 x 60 mg, retardiert: 2-4 x 90 m bis 1-2 x 180 m 1-2 X 25 - 100 m unretardiert: 3 x 40 - 120 mg retardiert: 1-2 x 120 - 240 m

Carme

Ba Ba Diltiazem-

T Galle amil Verapamil

VerapamilTyp

Procorum lsoptin Falicard

Diuretika Grunne

Freiname Chlortalidon Clooamid Hvdrochlorothiazid lndaoamid Metolazon Xioamid Bumetanid Etozolin Furosemid Piretanid

Thiaziddiuretika

Schleifendiuretika

Handelsname Hvaroton"" Brinaldix"" Diu-melusin- EsidrixNatrmxZvroxvlon"" Aauaohor'"' Burinex"' ElkaoinLasix"" Arelix""

Taaesdosis 1 x 12,5 - 25 ma 1x10 - 20ma 1 x 12,5 - 50 ma 1 x 1,5 ma oder 2,5 ma 1 x 2,5 - 5 ma 1 x 5 - 40 ma 1s2X0,5 - 1ma 1 x 400 ma 1-2 x 20 - 80 ma 1-2 X 3 - 6 mg

Betablocker Gruooe

Freiname Acebutolol Atenolol Betaxo.lol Bisoprolol Celiprolol Metoprolol Nebivolol Talinolol Buoranolol Carteolol Meoindolol Nadolol Oxorenolol Penbutolol Pindolol Prooranolol Carvedilol

Beta1selektiv

nicht Beta1selektiv

a-+ß-Blockade -

.-

..

- - - -. ..

..

..

.....,, ,-

.

.....,, ,-

.

.....,, ,-

.

.....,,

ACE-Hemmer

,

'

- - -

Tagesdosis 2 X 200 - 400 mg 1 X 50 - 100 mg 10-20 mg 1 x2,5 - 10 mg 1 X 200 - 400 mg 1-2 X 50 - 100 mg 1x25 - 5 ma 1 x 100 ma 1-3 x 100 ma/1-2 x 200 ma 5 - 20 ma 2 x2,5 - 5 ma 30-120 ma 2 x 80 - 160 ma 1-2 x 20 - 40 ma 10 - 20 ma 2 x40 - 160 ma 1 X 12,5 - 2 X 25 mg

Handelsname Prenr TenorminKerlone"" Concor"" Selecto1Beloc- lopreso, Prelis"" Nebiler Cordanum= Betadreno1EndakCorindolanSolaol'"' Trasicor"' BetaoressinVisken"" Dociton"" Dilatrend"' Querto""

Freiname Benazeoril Caotonril Cilazaoril Enalaoril Fosinooril Lisinonril Moexioril Perindooril Quinaoril Ramipril Spirapril Trandolapril

Freiname Candesartan Eprosartan lrbesartan Losartan Olmesartan Telmisartan Valsartan

-

Handelsname Cibacen"" Looirin- Tensobon'"' Dvnorm= Xanef" Pres"" Fosinorm"' Dvnacil"" Acerbon"" CoricFemoress= Coversum"" Accuoro"" Delix"" VesdilQuadropri1Gopten"" Udrik-

Taaesdosis 1 x 10 - 20 ma 2-3 x 12,5 - 50 mo 1 x 1,25 - 5 ma 1-2 x 2,5 - 20 ma 1 x 10-40 ma 1 x 5 - 40 ma 1 x 7,5 - 30 ma 1 x4 - 8 ma 1-2 x 5-20 ma 1 x2,5 - 10 mg 1 X 3 - 6 mg 1 X 1 - 4 mg

Handelsname Atacand"" BlopressTevetenAprovef'" Karvea"' Lorzaar"' Olmetac"' Votum"" MicardisDiovan"" Provas-

Taaesdosis 1x4 - 16mg 1 X 600 mg 1 X 150 - 300 mg 1 X 25 - 100 mg 1 X 10 - 40 mg 1 X 20 - 80 mg 1 X 80 - 160 mg

Anaiotensin-11-Rezeotorantaaonisten

,

..

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

239

2.13.8 hypertensive Krise - hypertensiver Notfall Einführung

2.13.8.1

Hypertensive Krise (hypertensive urgency): stark erhöhter Blutdruck* ohne akute Organschädigung => Blutdrucksenkung innerhalb der nächsten (24) Stunden ausreichend. Hypertensiver Notfall (hypertensive emergency): stark erhöhter Blutdruck* plus akute Hypertonie-ind uzierte Endorganschädigung (Herz, Retina, Gehirn, Niere oder große Gefäße) => sofortige Blutdrucksenkung notwendig. * oft >180 mmHg systolisch / > 110 mmHg diastolisch



1

Bei Entstehung eines hypertensiven Notfalls müssen keine bestimmten Blutdruckwerte überschritten werden, entscheidender sind die Geschwindigkeit des Anstieges und die Fähigkeit der Gefäße, sich zu adaptieren.

Symptomatische schwere Blutdruckerhöhung Akute Hypertonie-induzierte Organschädigung ?

renal/ Mikrozirkul.

kardial

Maligne Hypertonie + thrombotische Mikroangiopathie * (Hämolyse) oder akutes Nierenversagen (Oligurie, Anurie}

Koronarischämie (Angina pectoris) oder akutes Lungenödem (Dyspnoe , Tachypnoe, Hypoxie)

zerebral

vaskulär

akuter Apoplex, Massenblutung

Akute Aortenerkrankung: (Kopfschmerzen, Aneurysma, Schwindel, neuroloDissektion gische Ausfälle, Koma) (Schmerzen , oder hypertensive Schock) Enzephalopathie **

prä/peripartal Eklampsie oder schwere Präeklampsie/ HELPPSyndrom *** (c::> 16.6.1)

RR-Senkung nach Zielorgan bzw klinischer Situation Abb. 2.59e: Klinik hypertensiver Notfälle (Symptomatik in Klammern) - modifiziert nach ESC 2019. * Maligne Hypertonie: hypertensiver Notfall mit sehr hohem Blutdruck (üblicherweise > 200/120 mmHg) und

fortgeschrittener Retinopathie (beidseitige Retinablutungen, cotton wool spots oder Papillenödem). Thrombotische Mikroangiopathie: starke Blutdruckerhöhung in Verbindung mit Coombs-negativer Hämolyse (LOH-Erhöhung, Haptoglobin nicht messbar, Schistozyten-Nachweis) und Thrombopenie - ohne andere plausible Erklärung. ** Hypertensive Enzephalopathie: hypertensiver Notfall mit sehr hohem Blutdruck und mind . 1 der folgenden Merkmale: Krampfanfall , Lethargie, kortikale Erblindung , Koma. *** HELPP-Syndrom: Hämolyse, erhöhte (elevated) Leberenzyme, low platelets

1 1

Therapieziele: - optimale Wirkungsweise: Senkung des systemischen Gefäßwiderstandes durch selektive Vasodilatation - Vermeidung von Reflextachykardie, Sedation oder Senkung des meist eingeschränkten Herzzeitvolumens - RR-Senkung von maximal 20-25 % des mittleren arteriellen Blutdrucks anstreben Autoregulation : Herz, Nieren und Gehirn sind durch die Autoregulation vor Ischämie geschützt. Die Autoregulation (Vasodilatation bei RR-Abfall, Vasokonstriktion bei RR-Anstieg) sichert einen konstanten Blutfluss bei einem arteriellen Mitteldruck zwischen 60/70 bis z 150 mmHg (Werte für zerebral) => lschämiegefahr bei Unterschreiten der unteren Grenze. Bei lang bestehender Hypertonie beginnt die zerebrale Autoregulation erst ab einem RR von 125 mmHg. Eine Blutdrucksenkung führt dann zu einer Minderung der Hirndurchblutung.

Bei überschießender RR-Senkung droht die Minderdurchblutung vitaler Organe (Gehirn, Herz, Nieren). Zudem ist bei Hypertonikern die Autoregulation zu höheren Werten hin verschoben ! => Senkung des arteriellen Mitteldrucks um maximal 20-25 %, eine komplette Blutdrucknormalisierung sollte in Stunden bis Tagen erfolgen. Akuter Schlaganfall (c:> 11.1): Ätiologie: zerebrale Ischämie (z 80°/ci), zerebrale Blutung(.: : :- 15°/o), Subarachnoidalblutung (;:::, 5%). Für alle 3 Formen ist die Hypertonie ein wichtiger Risikofaktor. Die Senkung der Blutdrucks galt lange als Dogma beim Apoplex - dieses Vorgehen ist jedoch nicht gerechtfertigt. Beim akuten Apoplex besteht initial zumeist ein erheblich erhöhter Blutdruck, der sich im Verlauf meist spontan wieder senkt und Ausdruck einer streßinduzierten Katecholaminausschüttung ist. Bei einer akuten zerebralen Ischämie erscheint ein hoher Blutdruckwert erstrebenswert. Begründung: Autoregulation bei Hypertonikern verschoben (s.o.); Autoregulation in der Akutphase gestört => zerebrale Durchblutung hängt direkt vom RR ab; häufig bestehende Stenosen/Verschlüsse der hirnversorgenden Gefäße mindern die Hirnperfusion im ischämischen Bereich. Deshalb wird beim akuten Schlaganfall eine RR-Senkung nur bei Extremwerten (RRsyst > 200-220 mmHg und/oder RRdiast > 120 mmHg), bei kardialer Indikation oder bei intrakranieller Blutung empfohlen. langsame Senkung des Blutdrucks, Zielwert ist ein RR von nicht kleiner 160/90 mmHg.

Keine rasche oder überschießende RR-Senkung bei akutem Apoplex mit reaktivem Blutdruckanstieg !

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

240

2.13.8.2

Therapieempfehlungen (Deutsche Hochdruckliga)

• •

Mittel der Wahl (keine eindeutige Überlegenheit, Auswahl abhängig von Begleiterkrankungen und persönlicher Erfahrung) - Nitroglycerin s.l. (1.2 mg): Mittel der Wahl bei Lungenödem, akutem Koronarsyndrom - Nifedipin (5 mg s.1.) oder Nitrendipin (5 mg s.l. ::::: 1 Phiole Bayotensin® akut): - heute zunehmende Einschränkung für Nifedipin, früher 10 mg s.l. als Therapie der Wahl - überschießender RR-Abfall und Reflextachykardien drohen (s.u.) - kontraindiziert bei akutem Koronarsyndrom - Urapidil (12,5-25 mg langsam i.v.) - Clonidin (0,075 mg langsam i.v.) hypertensive Enzephalopathie: - schonende RR-Senkung, keine Sedierung (nichtsedierende Präparate wie Urapidil, kein Clonidin) - rasche Besserung der Symptomatik auf Blutdrucksenkung

1

akute -

Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem: Kombination mit Schleifendiuretika (Furosemid i.v.) Kombination mit Nitraten (Nitroglycerin i.v.) keine Vasod ilatatoren wie Dihydralazin (wegen Wasserretention) keine Betablocker (kontraindiziert wegen negativer lnotropie)

akutes Koronarsyndrom / akute Myokardischämie (Angina pectoris): - Nitrate (Nitroglycerin i.v.) - keine kurzwirksamen Dihydropyridine (Nifedipin/Nitrendipin), da durch Reflextachykardie und erhöhten Sauerstoffbedarf eine Zunahme der Angina pectoris droht(~ 2.6.7) Phäochromozytom: - initial Urapidil; orale Therapiefortführung mit Phenoxybenzamin oder Alpha 1-Blockem

• ■

.c (,) cn

·-C: ·:i2

...C.

:ca

• •

.c (,) cn

·-C: ·~

• 1

Freiname/ Handelsname Nifedigin Adalat G lyceroltri n itrat Nitrolinguat®

Applikation s.l.

Wirkeintritt 5-10 min

Wjrkdauer 1-4 h

s.l.

wenige min

30-(60) min

MetoJ?rolol Beloc®

i.v.

1-2 min

bis zu 6-8 h

Nitrendipin s.l. Bayotensin akut® i.v. Clonidin Cataoresan® Urapjdil i.v . Ebrantil® Nifedi~in Adalat Glyceroltrinitrat Nitroa lvcerin® Dihydralazin Nepresot®

5-10 min ~

10 min

2-5 min

i.v.

sofort

i.v.

1-2 min

i.v.

~

10 min

3-6 h 1-3 h (und länger) individ. variabel wenige min 3-6 h

Charakteristika -

zunehmend eingeschränkt empfohlen Reflextachykardie, Flush, Kopfschmerzen Wirkung und NW geringer als von Nifedipin besser steuerbar als Nifedipin fraQlich: intrakranieller Druck t titrierende Gabe günstig bei KHK aber: schlecht steuerbar Inhalt der Phiole sofort schlucken Reflextachykardie Sedation, Bradykardie schlecht steuerbar, initial RR t möglich universales Notfall-Antih~~ertensivum, Mittel der Wahl bei EPH-Gestose (~ 16.6) keine Sedation, titrierende Gabe siehe oben EKG- + RR-Monitoring gut steuerbar NW siehe oben

- bisher Mittel der Wahl bei EPH-Gestose, jetzt Einschränkung (16.6) - Reflextachykardie, Na+- + Wasserretention - bei therapierefraktärer Hypertonie indiziert - , _RR-Titrierung", lntensivmonitoring - CAVE: Thiocyanatintoxikation

Nitroprussidi.v. sofort 2-3 min Natrium Nioruss® - bei (prä)terminaler Niereninsuffizienz mit Hämodialyse Stunden Überwässerung Hämofiltration Tab. 2.79: Übersicht Therapieoptionen beim hypertensiven Notfall. (Therapie EPH-Gestose ~ 16.6)

Anmerkung : die früher gängige Praxis, asymptomatisch erhöhte RR-Werte mit Nifedipin s.l. zu therapieren, ist nicht gerechtfertigt. Für eine potentiell riskante schnelle RR-Senkung besteht kein Bedarf. Beim hypertensiven Notfall ist Urapidil in Deutschland sehr verbreitet, beachte titrierende Gabe und verstärkte RR-Senkung nach vorherigem Nitrat.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Klinik Maligne Hypertonie + thrombotische Mikroanaiooathie o. akut. Nierenversaaen Hypertensive Enzephalopathie Akuter ischämischer Schlaganfall mit RRsvst > 220 o. RRdiast > 120 mmHa Akuter ischämischer Schlaganfall + geplante Lyse mit RRsyst > 185 mmHg oder RRdiast > 11 O mm Ha Akuter hämorrhagischer Schlaganfall mit RRsyst > 180 mmHa Akutes Koronarsyndrom

RR-Ziel, wie schnell ? Pharmaka (ESC) MAP -20 bis -25 %; (1) Labetalol, Nicardipin (A) Urapidil, Nitroprussid-Na• einige Stunden MAP -20 bis -25 %, sofort (1) Labetalol , Nicardipin (A) Nitroorussid, (Uraoidil) MAP -15 %, (1) Labetalol, Nicardipin (A) Nitroprussid, (Uraoidil) 1h MAP -15 %, (1) Labetalol, Nicardipin 1h (A) Nitroprussid, (Urapidil)

akutes Aortensyndrom (Dissektion, Aneurysma)

RRsyst 130 bis < 180 mmHa, sofort RRsyst < 140 mmHg, sofort RRsyst < 140 mmHg, sofort RRsyst < 120, sofort +HF< 60/min

Eklampsie/Präeklampsie/ HELLP

RRsyst < 160 + RRdiast < 105, sofort

Akutes kardiales Lungenödem

241

(1) Labetalol, Nicardipin (A) Uraoidil (1) Nitro, (Labetalol) (A) Uraoidil (1) Nitro o. Nitroprussid (A) Urapidil + Schleifendiuretikum (1) Esmolol + Nitroprussid o. Nitro o. Nicardipin (o. Urapidil) (A) (Labetalol), Metoorolol (1) Labetalol o. Nicardipin (o. Uraoidil) + Maanesium

Tab. 2.80: ESC-Empfehlungen (2019) zu Blutdruckzielwerten und Pharmaka. (1)::::: 1. Wahl (A)::::: Alternative MAP: mittlerer arterieller Druck q 2.14.1 Labetalol und Nicardipin in Deutschland nicht im Handel; (Urapidil in Klammern) ist zusätzlich eingefügt gemäß deutscher Empfehlungen bzw. gängiger Praxis. Kommentar: wichtiger als die Wahl des Antihypertensivums ist die titrierende Gabe mit Vermeidung einer überschießenden Blutdrucksenkung und der korrekte Zielblutdruck. In Deutschland ist Urapidil sehr verbreitet. Beachte bei speziellen Indikationen die Co-Medikation (beim kardialen Lungenödem plus Schleifendiuretikum, bei Aortensyndrom plus Betablocker, bei (Prä)Eklampsie plus Magnesium.

1

Einführung

2.14.1

Def.: ausgeprägte Verminderung der Mikro- und Makrozirkulation in lebenswichtigen Organen mit einer reversiblen, bei Fortbestehen irreversiblen Zellschädigung. kardiogener Schock

hypovolämischer Schock

Kontraktilität .J, HZV -1,

Hypovolämie

Preload .J,

septischer Schock

anaphylaktischer Sc ck

neurogener Schock

Gefäßwiderstand .J,

RR.t => Makrozirkulation.t

Multiorgandysfunktion (MOD) Multiorganversagen (MOV)

Stoffwechselstörung Ischämie und Hypoxie => anaerobe Glykolyse=> Laktatazidose

Mikrozirkulation .t präkapilläre Dilatation+ postkapilläre Konstriktion => Flüssigkeitssequestration Abb. 2.60: Pathogenese der Schockformen unter besonderer Berücksichtigung der Hämodynamik. Durch den RR-Abfall im Schock kommt es zu einer kompensatorischen Sympathikusaktivierung mit Tachykardie und Vasokonstriktion. Die Konstriktion von Arteriolen (Aufrechterhalten des RR) und venösen Kapazitätsgefässen (Volumenmobilisierung) führt zur Zentralisation: Herz und Gehirn werden (aufgrund unterschiedlicher ex- und ßRezeptorverteilung) bevorzugt durchblutet auf Kosten von Nieren , Haut, Muskulatur und Splanchnikusgebiet. Durch Ischämie und Hypoxämie kommt es zur anaeroben Glykolyse mit vermehrt sauren Metaboliten (Laktat) und zur metabolischen Azidose. Unter der Azidose reduziert sich die Ansprechbarkeit der Widerstandsgefässe gegenüber Katecholaminen: die oräkaoillären Gefässe dilatieren. während die oostkaoilläre Konstriktion bestehen bleibt. Der erhöhte hydrostatische Druck führt zum Flüssigkeitsaustritt (Sequestration) ins Gewebe: das Gewebsödem und die vermehrte Erythrozytenagqregation ("Sludge") verschlechtern die Zirkulation zusätzlich. Mikrothromben können über eine Aktivierung des Gerinnungsystems zur disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC) und Verbrauchskoagulopathie führen .

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

242

bisherige Übersicht der Schockformen

hypovolämischer Schock kardiogener Schock anaphylaktischer Schock hyperdynam septischer Schock hypodvnam neurogener Schock

Herzzeitvolumen

Gefäßwiderstand

Blutvolumen

tt tt t t tt t

tt n-t t (tt) t tt t

tt n-t t t t(tt) n-t

Pathophysiologie verminderter venöser Rückstrom durch Volumenmanael vermindertes Schlagvolumen durch Herzinsuffizienz verminderter venöser Rückstrom durch Vasodilatation Mediatorfreisetzung mit direkter Zellschädiauna verminderter venöser Rückstrom durch Seauestration verminderter venöser Rückstrom durch Ausfall zentraler Kreislaufreaulation

Tab. 2.81: hämodynamische Parameter der verschiedenen Schockformen.

neue Differenzierung der Schockformen in 4 Hauptgruppen Gefäßsystem

~ -- . ---!::.._Permeabilität raumatischhypovolämisch:

septisch Körperfl üssigPlasmavolumen fehlregulierte Körperkeiten ohne Blutung, antwort auf Infektion ypovolämisch ber Gewebe- mit Vasodilatation, 4

Capillary-Leak Plasmavolumen ..!, schaden ohne akute ___.....____ Blutung

traumatisctihämorrhagisch

Blut (gesamt)

5

h kt· h anap YIa ISC

3

Histaminvermittelte assive Vasodilatation

Volumen

akute Blutung plus 2 Gewebetrauma

schieung

hämorrhagisch kute Blutung ohne 1 Gewebetrauma

Herzmuskel

Kardiales Pumpversagen myokardiale 13 Ursache

Reizbildungs-/ -leitungssystem

extrakardial

Brady-, Tachyarrhythmien

Tonussteuerung

Kreislaufsteuerung (Hirnstamm o. absteigende Bahnen) rechtsherzbeding Obstruktion Pulmonalisstrombahn : rechtsventrikuläre 8 Nachlast t i

kleiner Kreislauf

nachlastbedingt

Auswurf

rhythmogene 12 Ursache

dekompensierte Vitien und andere mechanische Ursachen 11

Obstruktion aortale Strombahn: linksventrikuläre 9 Nachlast i i

großer Kreislauf

vorlastbedi ngt diastolische Füllungsbehinderung => Vorlast ..!,J, 10

Herz Abb. 2.61 : Synopsis der 4 Schockformen (Dtsch Ärzteblatt 45/2018).

Kreislaufsystem

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

243

Die neuen 4 Schockformen:

(a) hypovolämischer Schock: kritisch verminderte Vorlast infolge Volumenverlust. (1) gastrointestinale Blutungen, nicht-traumatische Gefäßrupturen (Aortenaneu), isolierte Gefäßverletzungen/-arrosionen incl. HNO-Bereich (2) Polytrauma (3) Äußere u/o innere Flüssigkeitsverluste: anhaltendes Erbrechen/Diarrhoe, Hyperthermie, renale Verluste, Ileus, Leberzirrhose. (4) großflächige Verbrennungen, Verätzungen; capillary leak + Gerinnungsaktivierung

(b) distributiver Schock: relative Hypovolämie durch Umverteilung lntravasalvolumens infolge Verlust der Gefäßtonus u/o Permeabilitätsstörung

des

(5) Sepsis: fehlregulierte Körperantwort auf Infektion mit Organdysfunktion. Zum Sepsis-Screening dient Quick-SOFA: bei > 2 von 3 Parametern (Atemfrequenz > 22/min, Bewusstseinstrübung, RRsyst < 100 mm Hg) plus Infektionsverdacht besteht hochgradiger V.a. Sepsis. Sepsis wird anhand des SOFA-Score (> 2) definiert. Septischer Schock ist definiert als Sepsis plus Vasopressorbedarf für MAP > 65 mmHg und Laktat > 2 mmol/1. (6) Anaphylaktischer Schock: üblicherweise lgE-abhängige Hypersensitivitätsreaktion infolge massiver Histaminfreisetzung aus Mastzellen. Häufigste Auslöser: Nahrungsmittel, Insektengifte (Wespen, Bienen), Medikamente (NSAID, ASS, Antibiotika). Anaphylaktoider Schock: physikalische, chemische oder osmotische bedingte, lgE-unabhängige Überempfindlichkeitsreaktion mit Mediatorfreisetzung aus Mastzellen (unabhängig von Antigen-Antikörper-Reaktion). Typischer Auslöser: Röntgenkontrastmittel. (7) Neurogener Schock: ausgeprägte Vasodilatation mit relativer Hypovolämie: RRsyst < 100 mmHg, HF < 60/min, Bewusstseinstrübung, bei hoher Rückenmarksschädigung auch Ausfall der spinalen Reflexe. Ursachen: Rückenmarkstraumen (v.a. oberhalb mittlere BWS mit Querschnittsyndrom), OPs im Lumbalbereich, Hirnstammischämie.

(c) obstruktiver Schock: Obstruktion von Herz oder großen Gefäße. Ähnelt In der Symptomatik dem kardiogenen Schock, erfordert aber spezifische Therapie. (8) Rechtsventrikuläre Nachlast tt: Lungenembolie, intrakardiale Raumforderung (9) Obstruktion aortale Strombahn => linksventrikuläre Nachlast tt: Aortenklappenstenose, Aortendissektion, Leriche-Syndrom

(d) kardiogener Schock: RRsyst < 90 mmHg oder mittlerer arterieller Druck (MAP) < 30 mmHg unter Ausgangswert. Je nach Leitlinie ist Herzindex (Cl) implementiert: Cl < 1,8 l/min/m2 ohne pharmakologische oder mechanische Unterstützung bzw. < 2 ,0 l/min/m2 mit Unterstützung. (1 0)Perikardtamponade, Spannungspneumothorax, V. cava-Kompressionssyndrom, Beatmung mit (zu) hohem PEEP (11 )Hochgradige Herzklappenstenose (v.a. Aortenklappenstenose), hochgradige Herzklappeninsuffizienzen (Mitralklappen-, Aortenklappeninsuffizienz); mechanische Komplikationen nach AKS (Papillarmuskelabriss, Wandruptur), intrakavitäre Thromben oder Tumore (12)Herzrhythmusstörungen (HRST): bradykarde oder tachykarde HRST; hämodynamisch bedeutsam üblicherweise bei < 30/min und > 180/min, bei höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion schon früher. (13)Akutes Koronarsyndrom (am häufigsten), Kardiomyopathien , Myokarditis, Pharmakotoxizität

1



Häufigkeiten: der distributive Schock ist die häufigste Schockform (60-65 %, davon 5560 % septisch , anaphylaktisch und neurogen < 5 %). Hypovolämischer Schock 16-27 0 /o, kardiogener Schock 13-16 %, obstruktiver Schock 1-2 %.



Blutdruck: in einigen Leitlinien Verwendung des MAP ;:::: mittlerer arterieller Druck.



Faustformel:

MAP = 2/3 x RRdiastolisch + 1/3 x RRsystolisch

Der MAP ist funktionell das Produkt von Herzzeitvolumen und totalem peripheren Widerstand. Bei invasiver RR-Messung wird der MAP angegeben (und als Integral der arteriellen Druckkurve berechnet). Bei nichtinvasiver RR-Messung hilft obige Faustformel: danach entspricht ein RR von 80/60 mmHg einem MAP von 65 mmHg. Anzustrebender Mindest-RR im (septischen) Schock von 80/60 mmHg bzw. MAP von 65 mmHg. Beachte bei der Patientenbeurteilung nicht nur den Blutdruck, sondern auch andere Zeichen der Zentralisation: z.B. feuchte u/o kalte u/o marmorierte Haut, fadenförmiger Puls (geringe Pulsamplitude), Agitiertheit u/o eingeschränkte Vigilanz. Beurteile den Therapieeffekt auch auf diese Parameter.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

244

2.14.2

Hypovolämischer Schock

PATHOPHYSIOLOGIE: - Kreislaufversagen infolge Volumenverlust mit vermindertem venösen Rückstrom (LVEDP t) - Ätiologie:



1 ■

- hämorrhagischer Schock: akute Blutung ohne wesentliche Gewebeschädigung - hypovolämischer Schock im engeren Sinn: keine Blutung, starke Flüssigkeitsverluste (Erbrechen, Diarrhoe, Peritonitis, Pankreatitis, Ileus) oder verminderte Zufuhr - traumatisch-hämorrhagischer Schock: akute Blutung plus ausgedehnte Gewebeschädigung, z.B. bei Polytrauma - traumatisch-hypovolämischer Schock: keine akute Blutung, ausgedehnte Gewebeschädigung, z.B. bei Verbrennung - initial sympathotone Gegenregulation mit Tachykardie und Vasokonstriktion (=> Zentralisation) - dann, wenn Gegenregulation unzureichend => RR-Abfall (bei Gesunden ab akutem Blutverlust > 20-25 %) - spät: Abfall von Hämoglobin und Hämatokrit bei (traumatisch)-hämorrhagischem Schock (vorher notwendige Hämodilution) Initiale Beurteilung anhand Herzfrequenz und RRsystolisch (SAP): aber keine validierten SchockGrenzwerte (Schock-Index unzuverlässig), trotz Normofrequenz kann ausgeprägte Hypovolämie bestehen. SAP< 90 mmHg in Verbindung mit Tachykardie gilt als Schock. Merke: Herzfrequenz und RRsystolisch sind keine verlässlichen Indikatoren des Volumenstatus. Durch Volumenmangel, Mediatorenfreisetzung und sympathotone Reaktion oft HF oft> 100/min, v.a. bei jungen Patienten kann der RRsystolisch erhöht sein. Beachte zudem eingeschränkte Kompensationsmechanismen bei alten Menschen, kardiovaskulären Erkrankungen, in Narkose.

THERAPIE: ätiologisch: Blutungsstillung, Therapie der Grundkrankheit - symptomatisch: Kristalline als Volumenlösung der 1. Wahl c::> 5.2.2 - 5.2.4 Empfehlungen: (modifiziert nach IAG Schock der DIVI und Leitlinie Polytrauma 2011) - keine validierten Schwellenwerte für Herzfrequenz und RRsystolisch (SAP): Schock-Index unzuverlässig; bewerte Herzfrequenz stets in Verbindung mit RR, trotz Normofrequenz kann ausgeprägte Hypovolämie bestehen. SAP< 90 mmHg plus Tachykardie gilt als Schock. - großlumige Gefäßzugänge (präklinisch mind. 2 großlumige periphere Zugänge, innerklinisch großlumiger ZVK) ; Kommentar: unmittelbar nach Trauma oft noch gute Venenverhältnisse, nutze die Zeit bis zur Zentralisation ! - Beatmung mit FiO2 von 1,0, um Hypoxie entgegenzuwirken (FiO2 von 0,21 auf 1,0 erhöht den physikalisch gelösten -O2-Anteil von 0,3 auf 2,3 ml/dl - Effekt wie Hb-Anstieg um 1,5 g/dl oder 2 EK's)



1

- Vermeide Auskühlung < 36 °c (u ngünstig auf Gerinnung) - Volumengabe (prä- und innerklinisch): ~ 5.2.3, 5.2.4, 6.7 - 1. Wahl sind Kristalline (Vollelektrolytlösungen, möglichst balancierte Lösungen), keine laktathaltigen Kristalline, da der Sauerstoffverbrauch erhöht und die Bewertung des SerumLaktat als Hypoxie-Marker verfälscht wird - keine isotone Kochsalzlösung (NaCI 0,9 %) zum Volumenersatz kein HAES bei kritisch Kranken (lntensivpatienten) ~ 5.2.4, 6.7; erwäge Kolloid (Humanalbumin oder Gelatine), wenn Kristalline unzureichend - HAES allenfalls bei akuter Blutung mit unzureichender Stabilisierung unter Kristallinen ~ 5.2.3 - Bei unkontrollierbarer Blutung nur reduzierte Volumengabe i.S. einer permissiven Hypotension (RRsyst um 90 mmHg ausreichend), um Blutung nicht zu verstärken - Erythrozytenkonzentrate (innerklinisch): - Hb < 6 g/dl: fast immer Transfusion , Hb > 10 g/dl: fast nie Transfusion - Hb > 7 g/dl: keine Transfusion bei klinisch stabilem Patienten (normovoläm, normotherm, normoxisch); Transfusion nur bei Hypoxiezeichen (Tachykardie, ST-Senkung, Laktat t , negativer Base excess) oder bei persistierender Blutung Hb ist bei akuter Blutung nicht aussagekräftig, der Hb-Abfall entsteht erst durch die Hämodilution unter Volumensubstitution.

- gefrorenes Frischplasma (innerklin isch): bei massivem Blutverlust mit Verdünnungskoagulopathie, dann häufig nach 4 EK 1 Einheit Frischplasma, bei anhaltender Blutung Steigerung bis auf 1 : 1

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

245

- Thrombozytenkonzentrate (innerklinisch): indiziert bei manifester Blutung oder Gerinnungsstörung mit Thrombozyten< 50.000/µI, bei> 100.000/µI keine Indikation - Katecholamine: nur zur Überbrückung einer nicht beherrschbaren schweren Hypotonie, dann Noradrenalin als Vasokonstriktor

1

hämorrhagischer Schock: - Kristalline als 1. Wahl, wenn unzureichend plus HAES - bei unkontrollierbarer Blutung (gastrointestinal, intraabdominell)=> permissive Hypotonie (s.u.) hypovolämischer Schock im engeren Sinn: - isotone Vollelektrolytlösung zum sukzessiven Ausgleich des interstitiellen Defizits traumatisch-hämorrhagischer Schock: SAP ~ systolischer art. Druck MAP ~ mittlerer art. Druck - Kristalline als 1. Wahl, wenn unzureichend plus HAES - bei unkontrollierbaren Blutungen (speziell perforierende oder penetrierende Traumata abdominell oder thorakal) zurückhaltende Volumengabe und niedrig-stabilen Kreislauf akzeptieren=> sog. permissive Hypotonie: in Polytrauma-Leitlinie SAP um 90 mmHg empfohlen, bei anderen Autoren SAP von 70-80 mmHg bzw. MAP von 50 mmHg ausreichend. Volumengabe bis zur Normotonie würde nur Blutung und Hämodilution verstärken und die chirurgische Versorgung verzögern. - bei gleichzeitigem Schädel-Hirn-Trauma keine permissive Hypotonie, sondern ausreichende Hirnperfusion sichern: SAP > 120 mmHg bzw. MAP > 90 mmHg (mittels Volumengabe, als Ultima ratio Vasokonstriktoren wie Noradrenalin: Beginn mit 0,05 µg/kg/min) traumatisch-hypovolämischer Schock: - Schätzung Volumenbedarf bei Verbrennungspatienten für 24 h (Parkland-Formel): 4 ml x kg x Prozent verbrannte Körperoberfläche der Grade II + III; hiervon 50 % innerhalb der ersten 8 h nach Trauma (Volumenbedarf für Begleitverletzungen separat) - bei Verbrennungstrauma bevorzugt Kristalline (balancierte isotone Vollelektrolytlösung) c::> 6.7 Anmerkung : - bei volumenrefraktärer Hypotonie und Bradykardie an Wirbelsäulentrauma/Querschnitt denken - bei volumenrefraktärer Hypotonie und Tachykardie an innere Blutung (penetrierend, perforierend) denken => erwäge „permissive Hypotonie" und schnellen Transport (s.o.)

2.14.3 2.14.4

Kardiogener Schock (q 2.15.s) Septischer Schock

- Sepsis: lebensbedrohliche Organdysfunktion (ermittelt als Anstieg des SOFA-Score um ;::: 2 Pkte) durch fehlgeleitete Wirtsantwort auf eine Infektion. - Septischer Schock: Sepsis mit Vasopressorbedarf zur Erhaltung eines MAP > 65 mmHg und gleichzeitiger Laktaterhöhung > 2 mmol/I trotz ausreichender Flüssigkeitssubstitution. - Volumen: Kristalline 30 ml/kg initial , dann weiter, solange sich Hämodynamik bessert - Hit hard and early (Tarragona-Strategie): frühzeitige empirische Antibiotikatherapie (erwäge Kombinationstherapie, v.a. bei multiresisenten Erregern , Pseudomonas, Neutropenie)

- Noradrenalin als Vasokonstriktor der Wahl - Dobutamin als lnotropikum der Wahl - Neue Leitlinien der Sepsis Surviving Campaign 2021: wenig wirklich Neues, etliche Änderungen im Detail: (a) Abrücken vom qSOFA als alleiniges Screeningwerkzeug, (b) Nennung der Rekapillarisierungszeit zur Steuerung der Volumentherapie, (c) Bevorzugung balancierter Kristalloide vs NaCI 0,9 %, (d) Verzicht (neben HAES) auch auf Gelatine, damit nur Humanalbumin als Kolloid möglich, (e) Abkehr von routinemässiger Antibiotika-Kombinationstherapie bei septischen Schock, (f) Ablehnung von Levosimendan und Vitamin C i.v.

- Betonung Sepsis-Bündel statt einzelner Maßnahmen. - Empfehlung für balancierte Kristalline, kein HAES, keine Gelatine. Humanalbumin, wenn Kristalline unzureichend. Vermeide Hypovolämie + Hypervolämie.





246

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Definitionen Sepsis: lebensbedrohliche Organdysfunktion (ermittelt als Anstieg des SOFA-Score um > 2 Pkte) durch fehlgeleitete Wirtsantwort auf eine Infektion. Septischer Schock: Sepsis mit Vasopressorbedarf zur Erhaltung eines MAP > 65 mmHg und gleichzeitiger Laktaterhöhung > 2 mmol/1 trotz ausreichender Flüssigkeitssubstitution. SIRS ~ Systemic lnflammatory Response Syndrome (infolge Infektion oder nichtinfektiöser Ursache: Polytrauma, Verbrennung, Pankreatitis) bei Vorliegen von mindestens 2 der 4 folgenden Kriterien: - Körpertemperatur> 38 oder (selten)< 36 - Tachykardie (HF> 90/min) - respiratorische Insuffizienz (Tachypnoe > 20/min oder pCO2 < 32 mmHg) - Veränderungen im weißen Blutbild (Leukozytose > 12.000/µI oder Leukopenie < 4000/µI oder Linksverschiebung mit> 10 % unreifer Granulozyten)

°c

°c

Früher wurde Sepsis definiert als: Nachweis Infektion plus mind. 2 der 4 SIRS-Kriterien. Heute dienen SIRS und Quick-SOFA (qSOFA) zum Screening auf Sepsis, wobei seit 2021 SIRS wieder aufgewertet ist und die alleinige qSOFA-Nutzung nicht mehr empfohlen wird.

SOFA-Parameter

V.a. Infektion weiterhin V.a. Sepsis??

qSOFA > 2? ,....__SIRS> 2?___, Organdysfunktion erfassen

Pat überwachen, ggfs Reevaluation

t

- pO2'FiOrRatio -GCS - RRsyst (MAP) - Vasopressoren - Thrombozyten - Bilirubin - Kreatinin , Diurese

qSOFA-Parameter - Atemfrequenz (> 22) - GCS (< 15) - RRsyst (< 100)

SIRS -

°c

Temp > 38 HR > 90/min AF > 20 o. pCO2 < 32 Leukos >12.000 oder 400 15 MAP> 70 mmHg

150

SOFA 2

3

4

< 300

< 200

< 150

< 100

< 50

< 20

< 1,2

1,2-1 ,9

2,0-5,9

6 ,0-11 ,9

> 12

< 1,2

1,2-1 ,9

2,0-3,4

3,5-4,9 < 500 ml/d

> 5,0 < 200 ml/d

Quick SOFA (aSOFA) AF > 22/min

< 100 5-15 o. Dopamin > 15 o. R Rsystolisch o. Dobutamin Adrenalin ::s; 0,1 o. Adrenalin > 0,1 o. < 100 mmHg jede Dosis Noradrenalin ::s; 0, 1 Noradrenalin> 0,1

V.a. Sepsis bei ~ 2von 3 - Tachypnoe - verändertes Bewusstsein - Hypotension

Screening auf Sepsis mittels qSOFA und S IRS (oder anderen Scores wie NEWS o. MEWS)- nutze nicht nur alleinig qSOFA (Abrücken vom qSOFA hin wieder zu SIRS). Definiert ist Sepsis durch SOFA > 2. MAP: mittlerer arterieller Druck GCS: Glasgow Coma Scale pO2: O2-Partialdruck FiO2: inspirat. O2-Konzentration

Pathophysiologie Die systemische Entzündungsreaktion nach Infektion bzw. nichtinfektiösen traumatischen, ischämischen oder entzündlichen Erkrankungen führt über eine massive Mediatorausschüttung (Zytokine [lnterleukine, TNF], Proteasen, Endotoxin, u.a.) zu einer Fehlregulation potentiell protektiver Abwehrsysteme (.host defense failure disease"). Diese Abwehrmechanismen wirken lokal protektiv, systemisch hingegen führt ein überwiegen proinflammatorischer Mediatoren zu Mikrozirkulationsstörungen und Zellschädigung . Die Hyperinflammation geht später in eine Immunparalyse über. Im Frühstadium von SIRS/Sepsis besteht eine reversible Störung der Organfunktion, im Spätstadium ein zunehmendes Organversagen => Multiorganinsuffizienz (MOOS "" multiple organ dysfunction syndrome) bzw. Multiorganversagen (MOV; MOF "" multiple organ failure). Hämodynamik: - Kreislaufversagen durch Einschwemmung von Bakterien bzw. deren Toxine in die Blutbahn (v.a. Endotoxine von gramnegativen Bakterien) => Entzündungsmediatoren induzieren Vasodilatation und Myokardsuppression (Frühphase), dann führen unzureichende Gewebeperfusion mit Hypoxie und Flüssigkeitssequestration infolge Kapillarleck (=> Hypovolämie) zur Vasokonstriktion (Spätphase) - initial: hyperdyname Frühphase: erhöhtes HZV + Vasodilatation ("warmer" Schock: warme, gut durchblutete Haut) - gefolgt von: hypodynamer Spätphase: HZV-/RR-Abfall, Hypovolämie + Vasokonstriktion (kalte, zyanotische Haut)

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

247

Kreislauf- und Infektionsmanagement schwere Sepsis / septischer Schock Surviving Sepsis Campaign (SSC): International Guidelines for Management of Sepsis and Septic Shock 2018 + 2021

. Bun „ de I" (2018) f assen o·1e „ seos1s-

Innerhalb der ersten Stunde

-

beachte zudem:

-

-

. hf1ast en Maßna hmen b e1. Seos1s zusammen: 1e WIC (1) Messung Laktat-Spiegel (erneute Kontrolle, wenn > 2 mmol/1) (2) Blutkulturen vor Antibiotikagabe (3) Breitspektrum-Antibiotika i.v. (4) kristalline Infusion 30 ml/kg bei Hypotension oder Laktat > 4 mmol/1 (5) Vasopressoren, falls Hypotension nicht auf initiale Volumengabe anspricht, um mittleren arteriellen Blutdruck (MAP) von > 65 mmHa zu erzielen Sepsis bzw. septischer Schock sind ein Notfall: handle rasch und gezielt Kontrolliere den Effekt deiner Maßnahmen: beurteile Volumenstatus* und Gewebeperfusion* erneut und kontrolliere Laktatspiegel (v.a. bei anhaltender

1

Hvootension nach initialer Volumenaabe (MAP < 65 mmHa) oder bei initialem Laktat > 4 mmol/1) • Beurteilung von Volumenstatus und Gewebeperfusion mittels (1) wiederholter klinischer Untersuchungen (Vitalzeichen, kardiopulmonale Situation, kapilläre Füllungszeit, Pulsqualität und Hautbefund) und (2) bevorzugt dynamischer Parameter: Effekt von Beinhochlagerung oder Volumengabe auf Schlagvolumen, Schlagvolumenvariation, Pulsdruckvariation oder Echokardiographie. Anmerkung: ZVD zur Steuerung der Flüssigkeitstherapie ist out. Die Guidelines der Surviving Sepsis Campaign 2021 klassifizieren die Empfehlungen als starke Empfehlung "" • (,,Empfehlung"), schwache Empfehlung "' 0 (,,Vorschlag") oder Best-Practise-Statement "' BPS. Entgegen dem Original hier keine Angabe der Evidenz, dafür aber weitere Erläuterungen auch aus den 2021 er Empfehlungen.

Screening

initiale Kreislaufstabilisierung

Erläuterung



- Screening auf Sepsis: keine alleinige Verwendung des qSOFA, sondern nutze auch SIRS-Kriterien u/o andere Scores (NEWS, MEWS) 0 - Blutlaktatmessuna bei V.a. Sepsis BPS - Sepsis und seotischer Schock sind Notfälle und erfordern sofortiae Theraoie 0 - Sepsis-induzierte Hypoperfusion: Kristalline mind. 30 ml/kg innerhalb der ersten 3 h 0 - weitere Volumengabe nicht nur nach klinischer Untersuchung und statischen Parametern (Herzfrequenz, Blutdruck, arterielle 0 2-Sättigung , Atemfrequenz, Diurese), sondern nutze dynamische Messwerte: Reaktion von passivem Beinheben (passive leg raising} oder Flüssigkeitsbolus auf Schlagvolumen, Schlagvolumenvariation, Pulsdruckvariation (~ 5.2.4) oder Echokardiographie.



Beachte: ZVD (zentraler Venendruck) ist für exakte Volumensteuerung unaeeignet.

0 0

- bei erhöhten Laktatwerten: steuere Theraoie so, dass Laktatsoieoel oesenkt wird - septischer Schock: nutze auch kapilläre Füllungszeit zur Steuerung lnitialtherapie - mittlerer arterieller Blutdruck (MAP} 65 mmHg beim sept. Schock unter Vasooressorgabe - keinen höheren RR anstreben (niedriastmögliche Vasopressorgabe) BPS - Kulturen vor Beginn der antimikrobiellen Therapie, sofern keine Verzögerung der Therapie: mind. 2 Sets Blutkulturen, je 1 Blutkultur aus peripheren Venen und je 1



Blutkultur aus jedem Lumen jedes Gefäßzuganges älter 48 h, ferner Kulturen aus Urin, Wunden, Bronchialsekret etc. ; erwäge Gram-Färbung zur initialen Orientierung (z.B. bei Pneumonie, Meningitis). Procalcitonin für Diagnose und Verlaufskontrolle hilfreich, ist aber bei anderen Ursachen einer Entzündunassituation (oost-ooerativ, Schock) unzuverlässia

Diagnose

• 0 anti mikrobielle Therapie ~

9.6.3.1

0

• 0 0 0 0

- bei V.a. septischen Schock oder hoher Wahrscheinlichkeit für Sepsis: sofort Antibiotika (idealerweise innerhalb der ersten Stunde nach Diagnose) - iede Stunde Verzöaeruna verschlechtert die Proanose messbar (in den ersten 6 h um > 5 % / h !) - bei möglicher Sepsis (ohne Schock): rasche Abklärung infektiöse vs. nicht-infektiöse Ursache, bei hohem V.a. Infektion: antimikrobielle Theraoie (innerhalb 3 h nach DiaQnose) - mache Entscheidung zur Indikation zur antimikrobiellen Therapie von klinischer Bewertung abhänaia, nicht vom Procalcitonin (Procalcitonin hilfreich beim Absetzen) - empirische Therapie: Breitspektrumantibiotikum i.v. (Mono- oder Kombi) u/o antimvkotische bzw. antivirale Theraoie mit adäauater Penetration zum vermuteten Fokus.

-

bei hohem MRSA-Risiko verwende Antibiotikum mit MRSA-Abdeckung bei hohem MRE-Risiko verwende 2 Antibiotika mit gramnegativer Abdeckung verlänaerte lnfusionsdauer von Betalaktamen nach initialer Bolusinfusion Vermeide überlange Antibiotika-Therapie bei kontrolliertem lnfektfokus und denke täolich an Entscheiduna zu Deeskalation 0 - Absetzen von Antibiotika abhängig von Klinik und Procalcitonin-Spiegel - praktisch: Kombinationstherapie (empirisch oder gezielt} begrenzen (bei Ansprechen meist < 3-5 Taae ausreichend, dann Deeskalation). Theraoiedauer 7-10 Taae meist MAP ""' mittlerer arterieller Druck

~

2.14.1

1 ■







2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

248

ausreichend, länger bei verzögertem Ansprechen, nicht-drainierbaren Foki, Staph aureus Bakteriämie, lmmunsuppression/Neutropenie, einigen mykotischen und viralen Erregern - In 2012 detailliert enthalten: Kombinationstherapie bei Neutropenie oder schwer zu therapierenden Erregern wie Pseudomonas, Acinetobacter. Bei Pseudomonas-Bakteriämie und Lungenversagen kombiniere BreitspektrumBetalaktam mit Aminoglykosid oder Fluorchinolon. Bei Pneumokokken-Bakteriämie Beta-Laktamantibiotikum plus Makrolid. Das Versagen der lnitialtherapie verschlechtert die Prognose messbar. Bei allen Patienten komplette Erstdosis, dann erst Dosisanpassuni:i i:iemäß Nieren- oder Leberinsuffizienz.



Fokuskontrolle

- erkenne und beseitige die lnfektionsauelJe (-fokus) schnellstmöalich - 2012 wurde Intervention innerhalb 12 h nach Diagnose gefordert: z.B. bei nekrotisierender Peritonitis, Fasziitis, diffuser Cholangitis, Mesenterial infarkt. Ausnahme sind Pankreasnekrosen: peripankreatische Nekrosen erst nach Demarkierung entfernen. Denke auch an Abszesse (gewebeschonend: eher perkutane Drainage als offene OP) und infizierte lmolantate.

BPS - entferne intravaskuläre Katheter, falls ootentielle Sepsisquelle - Volumentherapie mit Kristallinen als 1. Wahl bei Sepsis und septischem Schock. Kein HAES, keine Gelatine. 0 - bevorzuge balancierte Kristalline gegenüber NaCI 0,9 % 0 - wenn Kolloide notwendig: Humanalbumin zusätzlich zu Kristallinen BPS - Volumenzufuhr solange, wie sich die Hämodynamik bessert. Erläuterung: ZVD



1 Volumen

• Vasopressoren/ lnotropika

0 0

allenfalls initial geeignet (Zlel-ZVD 8-12 mmHg bzw 12-15 mmHg unter Beatmung), nicht geeignet für Volumensteuerung im Verlauf. Zur Beurteilung der Volumenreagibilität (Ansprechen auf Volumengabe) sind dynamische Verfahren (Schlag-Volumen-Variation) besser als statische Verfahren (ZVD) (Q 52.4) Wegen Vasodilatation und Kaoillarleck initialer Volumenbedarf bis zu> 10 1 / 24h .

-

Vasopressoren für mittleren arteriellen Blutdruck (MAP) von 65 mmHg Vasopressor der Wahl ist Noradrenalin kein Dooamin niedriadosiert zum Nierenschutz wenn Noradrenalin unzureichend : zusätzlich Vaso[2ressin, wenn weiter unzureichend plus Adrenalin. (Vasopressin üblicherweise ab Noradrenalin 0,25-0,5 µg/kg/min) - bei kardialer Dysfunktion plus Hypoperfusion trotz ausreichend Volumen und ausreichendem RR: zusätzlich Dobutamin (zu Noradrenalin). Kein Levosimendan Nachweis linksventrikuläre Dysfunktion im Echo i.s. einer septischen Kardiomyopathie. Bei low-output ist Dobutamin indiziert, dann aber keine Erhöhung von HZV bzw. Cl auf supranormale Werte.

0 0 Kortikoide

• Blutprodukte

Immunalobuline

0

0 0

Beatmung bei Sepsisinduziertem ARDS



• 0

- Vasopressoren: anfangs periphere Gabe mögBch, dann über zentralen Venenkatheter (ZVK), Steueruna über invasive (arterielle) Blutdruckmessuna - Hydrocortison i.v. (200 mg/d: als Dauerinfusion oder 50 mg alle 6 h) bei septischem Schock und anhaltendem Vasopressorenbedarf, keine Steroide bei septischem Schock mit Ansprechen auf Volumen - Erythrozytenkonzentrate bei Hb < 7,0 g/dl mit einem Ziel-Hb von 7,0-9,0 g/dl, ggfs. höhere Zielwerte bei Myokardischämie, Hypoxie, akuter Blutung - kein Erythropoetin bei Sepsis-assoziierter Anämie - keine AT III-Substitution bei Seosis/seotischem Schock - fresh frozen plasma nur bei Blutungen oder invasiven Eingriffen, aber nicht zur Normalisierung von Gerinnungswerten (keine „Laborkosmetik") - Thrombozytenkonzentrate bei Thrombos < 10.000/mm 3 ohne Blutung oder < 20.000/mm3 bei hohem Blutungsrisiko; Werte > 50.000 bei aktiver Blutung, OP oder invasiven Einariffen notwendia - keine Immunglobuline i.v. bei Erwachsenen mit Sepsis oder septischem Schock - bei Sepsis-induzierter hypoxämischer Ateminsuffizienz bevorzuge nasalen Sauerstoff mit hohem Durchfluss (high-flow) geaenüber nicht-invasiver Beatmuna - bei Sepsis-induziertem ARDS: lungenprotektive Beatmung: Tidalvolumen 6 ml/kg und oberes Druckniveau < 30 cm H20 bei Erwachsenen (statt höherer Tidalvolumina und höherer Plateaudrücke). Anmerkung: toleriere leichte Hyperkapnie, um Plateaudrücke + Tidalvolumina zu reduzieren. - intermittierende Bauchlage(> 12 h) ab mittelschwerem ARDS

BPS -

ultima ratio bei Sepsis-induziertem Lungenversagen: veno-venöse (w)-ECMO höherer PEEP zur Vermeidung von Atelektasen (im Vergleich zu niedrigem PEEP) Recruitment-Manöver bei ARDS (öffnet Atelektasen) Sedierung, Sedierung (dauerhaft oder intermittierend) soll bei Beatmungspatienten minimiert Analgesie, werden, nutze Sedierunasorotokolle mit festqeleqten Zielkriterien Relaxierung - Praktisch: achte auf adäquate Analgesie ! Falls Sedierung: titrierende Gabe, tägliche Unterbrechung, um Aufwachreaktion zu provozieren. Vermeide Muskelrelaxantien bzw. nur als Ausnahme, keine kontinuierliche Gabe von Muskelrelaxantien (sondern Soli).

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

249



- intravenöse Insulingabe bei Bz > 180 mg/dl (2x gemessen) mit Ziel-Blutzucker 140-180 mg/dl. Anmerkung: Hyperglykämie ist ein wichtiger Prognosefaktor bei kritisch Kranken (Sterblichkeit t}, unter Insulingabe müssen Hypoalykämien (Prognose .J..) vermieden werden. Glukose- Praktisch: Bz-Messungen aus arteriellem Blut gegenüber kapillärem Bz-Stix bevorzugen. Engmaschige Bz-Kontrollen alle 1-2 h bis stabile Bz-Werte, dann alle 4 h. Vorsicht beim kapillären Bz-Stix, da ungenauer als arterielle Messungen Kontrolle (BGA-Gerät) oder Serumröhrchen (Labor) . Nierenersatz 0 - Intermittierende (Hämodialyse) oder kontinuierliche (Hämofiltration) -verfahren Nierenersatzverfahren bei Sepsis mit akutem Nierenversagen gleichwertig - bevorzuge kontinuierliches Verfahren (Hämofiltration) bei hämodynamischer Instabilität 0 - kein Bicarbonat zwecks Verbesserung der Hämodynamik oder Verminderung der Bikarbonat Vasopressoren bei Hypoperfusions-induzierter Laktatazidose mit pH > 7, 15. Anmerkuna: erwäae Bicarbonat bei metabolischer Azidose mit oH < 7, 15 0 - bei septischem Schock mit akutem Nierenversagen (AKIN Score 2 oder 3) und schwerer Azidose (OH < 7,20) erwäae Bikarbonat (Hinweis für ProQnoseverbesseruna\ Venöse - bevorzuge niedermolekulares Heparin gegenüber unfraktioniertes Heparin Thromb(sofern keine Kontraindikation wie aktive Blutung oder HIT). Bei hochgradiger embolieNiereninsuffizienz bevorzuae unfraktioniertes Heoarin. prophylaxe 0 - Mechanische VTE-Prophylaxe bei Kontraindikation für medikament. Prophylaxe 0 - Stressulkusprophylaxe bei Risikofaktoren für gastrointestinale Blutung. Stressulkus Anmerkung: üblicherweise Protonenpumpenhemmer, in Original-Leitlinie werden als -prophylaxe schwache Empfehlung PPI oder H2-Blocker gleichermaßen erwähnt. Wäge Schutz vor gastrointestinaler Blutung gegen erhöhtes Risiko einer beatmungsinduzierten Pneumonie ab, daher Stressulkusprophvlaxe nur bei Risikofaktoren für ai-Blutuna Qesichert. 0 - wenn enterale Ernährung möglich: starte frühzeitig (innerhalb 72 h) - enterale Ernährung vor garenteraler Ernährung: keine frühe parenterale Ernährung, wenn auch enterale Ernährung möglich; auch keine (hochkalorische) parenteErnährung rale Ernährung innerhalb der ersten 7 Tage, wenn frühe enterale Ernährung nicht möglich (incl. lmple- erste Tage: niederkalorisch Glukose i.v. + enterale Kost (soweit toleriert), vermeide Fasten mentierung 0 - keine Empfehlung für hochdosiert Vitamin C i.v. (vermeintlich antiinflammatorisch} allgemein - keine Empfehlung für Omega-3-Fettsäuren (als lmmunsupplement) gültiger - keine Emofehluna für Selen i.v. o. Glutamin o. Arainin (in supraphysioloqischen Dosen) früherer 0 - frühe enterale Ernährung hypokalorisch oder normokalorisch möglich Empfehlungen) - prokinetische Pharmaka bei Into leranz für enterale Nahrungszufuhr - Ernährungssonde (postpylorisch plaziert) bei Intoleranz für enterale Nahrungszufuhr oder hohem Asoirationsrisiko Tab. 2.82





1 • • ■

1 •

Anmerkungen Volumen : schnell und viel - schnell starten mit 30 ml/kg, Volumenzufuhr so lange, wie sich die Hämodynamik bessert (bis zu > 1 0 l/24h !). 1. Wahl sind Kristalline ! Zusätzlich Humanalbumin, wenn Kolloide notwendig. Kein HAES, da erhöhte Sterblichkeit und Nierenersatztherapie bei kritisch Kranken (c> 5.2.4). - vermeide Hypovolämie und Hypervolämie: vermeide Volumenmangel (protrah ierter Schock, MOV) wie auch Überwässerung (drohende Lungenschädigung mit verlängerter Beatmung). Katecholamine: erst beim volumenrefraktärem Schock - Katecholamine erst, wenn alleinige Volumengabe keinen mittleren arteriellen Druck (MAP) von 65 mmHg erzielt. Unterhalb eines Schwellenwertes funktioniert die Autoregulation nicht mehr und die Perfusion ist linear zum Druck. Ein MAP von 65 mmHg korreliert mit einer ausreichenden Gewebeperfusion. Beachte: oberstes Ziel ist eine ausreichende Organperfusion unter minimalem Einsatz von Katecholaminen. - Mittel der Wahl : Noradrenalin als Vasokonstriktor der 1. Wahl , Vasopressin als Vasokonstriktor der 2. Wahl und Dobutamin als positiv inotrope Substanz. - Adrenalin : nur als ultima ratio bei unzureichendem Effekt der Erstgenannten. - keine Empfehlung für die routinemäßige niedrigdosierte Dopamingabe auf „Nierendosis" Hydrocortison: nur beim katecholaminrefraktären septischen Schock - niedrigdosierte kontinuierliche Substitution mit Hydrocortison : Prognoseverbesserung beim katecholamin-pflichtigen septischen Schock; Hydrocortison in sog. Stressdosen wirkt protektiv: reduzierter Vasopressorenbedarf + antiinflammatorisch. Indikation ist auf katecholamin-pflichtigen Schock begrenzt c> CORTICUS-Studie. Absetzen des Steroids, wenn keine Vasopressoren mehr notwendig. Keine Empfehlung für Dexamethason. - keine hochdosierten Glukokortikoide, da erhöhte Sterblichkeit

1 1 ■

1

250 ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Ernährung: enteral ist parenteral überlegen, keine frühe hochkalorische parenterale Ernährung - frühzeitige enterale Ernährung anstreben, zumindest Benetzung des Magen-Darm-Traktes mit Flüssigkeit wie Tee (Erhalt der Darmtätigkeit sichert Barrierefunktion und verhindert Bakterientranslokation).

Oberste Priorität haben die frühe zielgerichtete Volumen- und Katecholamintherapie sowie Herdsanierung und antimikrobielle Therapie. Häufigster Fehler ist die Unterschätzung des Volumenbedarfs. Entscheidend ist nicht die Befolgung einer einzelnen Maßnahme, erst die gemeinsame Umsetzung wichtiger Komponenten als "Bündel" senkt die Sterblichkeit bedeutsam. Studien: Rivers et al : Vergleich Standardtherapie auf einer Intensivstation vs „early goal directed therapy" in einer Notaufnahme bei schwerer Sepsis u. septischem Schock. Volumengabe bei ZVD < 8 mmHg bis zum Zielwert von 12 mmHg, Katecholamine bei MAP < 65 mmHg und Gabe von Vasodilatatoren bei MAP > 90 mmHg, lnotropika bei ScvO2 < 70 % und Hkt ;;:: 30 %, Erythrozytenkonzentrate wenn ScvO2 < 70 % und Hkt < 30 %. Nach Erreichung dieser Zielparameter Aufnahme auf die Intensivstation. 28-Tage Sterblichkeit 33,3 %, unter „early goal directed therapy" versus 49,2 % unter Standard. (NEJM 345: 13681377 (2001 ))

ZVD Ziel 8-12 mmHg MAP



< 8 mmHg - kristallin, durchschnittlich 5000 ml in 6 h ZVD 8-12 mmHg, bei Beatmung 12-15 mmHg 1

~ ~

Ziel~ 65 mmHg und< 90 mmHg

< 65 mmH > 90 mmHf

< 65 mmHg => Vasopressoren: Noradrenalin > 90 mmHg: Vasodilatatoren (nur selten)

-

1

-

< 70 %. - Hämatokrit < 30 % => Erythrozytenkonzentrat

Scv02 Ziel~ 70 %

- Hämatokrit ~ 30 % => Dobutamin

-Zielparameter erreicht?

Überprüfung der early-goal directed therapy (EGDT) vs Standardtherapie in PROCESS (NEJM 2014), ARISE (NEJM 2014) und PROMISE (NEJM 2015). In allen 3 Arbeiten kein Überlebensvorteil unter EGDT. Erklärung: die heutige Standardtherapie hat viele Aspekte der modernen Sepsis-Therapie implementiert (schnelle Diagnose, früh Antibiotika, aggressiv Volumen) und ist einem starren Schema mit exakter MonitoringStrategie (EGDT) nicht unterlegen.

nein

1

Einschwemmkatheter: - weiter Volumen, bis HZV nicht mehr steigt - bei Herzindex > 4 l/min/m2 (als Ausdruck der übermässigen Vasodilatation) => Noradrenalin steigern oder zusätzlich - bei Herzindex < 4 l/min/m2 (als Ausdruck der Pumpschwäche bei septischer Kardiomyopathie) => Dobutamin steigern o. zusätzlich

Rivers Population Endpunkt

Resultat

PROCESS

(2001) EGDT: 133 Standard: 130 60-TagesSterblichkeit

(2014) EGDT: 439 Standard: 456 l nnerhospital 60-TagesSterblichkeit EGDT beide gleich besser (46,5 (21 % vs % vs 30,5%) 18,2 %)

ARJSE

PROMISE

(2014) EGDT: 793 Standard: 798 90-TagesSterblichkeit

(2015) EGDT: 625 Standard: 626 90-TagesSterblichkeit

beide gleich (18,6 %, vs 18,8 %)

beide gleich (29,5 % vs 29,2 %)

Hydrocortison: Niedrigdosiertes Hydrocortison (4 x 50 mg i.v./Tag) + Fludrocortison (50 ~1g/d i.v.) für 7 Tage versus Plazebo beim septischen Schock: verminderte Sterblichkeit in der Verumgruppe (53 % vs 63 %) der Nonresponder. (Nonresponder wiesen im Kortikotropinstimulationstest nur geringen Anstieg der stimulierten Kortisolfreisetzung (< 9 ~1g/dl) auf.) JAMA 288: 862-871 (2002) CORTICUS-Studie: Hydrocortison (50 mg i.v. alle 6 h für 5 Tage) versus Placebo bei septischem Schock: Sterblichkeit nach 28 Tagen in beiden Gruppen nicht unterschiedlich, auch nicht unter Berücksichtigung des ACTH-Tests (zur

Unterscheidung in Responder und Nonresponder). Superinfektionen. (n = 499) NEJM 358: 111 -124 (2008)

Unter Hydrocortison schnellere

Schockbesserung,

aber vermehrt

VISEP: vierarmige Studie: intensivierte Insulintherapie (Blutzucker-Zielwert 80-110 mg/dl) versus konservative Insulintherapie (Blutzucker-Zielwert 180-200 mg/dl) bei Sepsis: unter intensivierter Insulintherapie signifikant niedrigerer mittlerer morgendlicher BzWert als unter konventioneller Insulintherapie ( 112 mg versus 151 mg/dl); keine signifikanten Unterschiede in der Letalität nach 28 Tagen (24,7 % versus 26,0%) bzw. 90 Tagen (39,7 % versus 35,4 %). Unter den intensivierten insulintherapie jedoch schwere Hypoglykämien (~ 40 mg/dl) signifikant häufiger (17,0 % versus 4, 1 %), weshalb die Studie vorzeitig gestoppt wurde. (n = 537) Anmerkung: die früher propagierte strikte Bz-Einstellung auf 80-110 mg/dl ist nach oben korrigiert (Bz < 180 mg/dl). Beachte die

Hypoglykämiegefahr (Hypoglykämie erhöht Sterblichkeit) und die notwendigen engmaschigen Kontrollen. VISEP: initiale Kreislaufstabilisierung bei schwerer Sepsis mit 10 % HES 200/0,5 versus Ringer-Laktat (Sterofundin®): unter HES nach 28 Tagen im Trend erhöhte Sterblichkeit (26,7 % versus 24,1 %), nach 90 Tagen erhöhte Letalität (41 ,0 % versus 33,9 %). Unter HES vermehrt akutes Nierenversagen (34,9 % versus 22,8 %) und vermehrt Nierenersatztherapie (18,3 % versus 9,2 %). (n = 565) Anmerkung: in VISEP wurden bei einigen Patienten die Maximaldosen für HES (20 mg/kg/d) überschritten, die Patienten mit Einhaltung der Maximaldosis hatten vergleichbare Sterblichkeiten. Aber: HES verursacht unter Einhaltung der Mengenbegrenzung eine Störung der Nierenfunktion, bei Überdosierung eine erhöhte Sterblichkeit. NEJM 358: 125-139 (2008) Auch unter neuen HAES-Präparaten (HES 130/0,4) vermehrte Nierenersatztherapie (NEJM: 27. Juni 2012: Hydroxyethyl starch 130/0,4 versus Ringer's acetate in severe sepsis). Daher kein HAES bei Sepsis.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.14.5

Anaphylaktischer Schock

251

c> 1 s.2.6

PATHOPHYSIOLOGIE : - Kreislaufversagen aufgrund einer systemischen Überempfindlichkeitsreaktion (Freisetzung von Histamin und Leukotrienen) mit erhöhter Gefäßpermeabilität, ausgeprägter Vasodilatation und Bronchokonstriktion - Klinik: Hauterscheinungen (Pruritus, Flush, Erythem), Atemwegsobstruktion (Bronchokonstriktion, Larynxödem), gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Koliken), Kreislaufdepression (erniedrigtes HZV aufgrund unzureichender Füllungsdrücke infolge Vasodilatation und Flüssigkeitssequestration mit Hypovolämie)

THERAPIE :

(IAG Schock der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für lntensivmedizin, modifiziert nach ERC ~

15.2.6)

- ätiologisch: STOP Allergenexposition (lnfusionsSTOP, lnjektionsSTOP) - symptomatisch zuerst: Adrenalin plus Volumen - Adrenalin: vasokonstriktorisch, positiv inotrop und chronotrop, bronchodilatatorisch. Die i.m.Gabe (Erwachsene 500 µg in den Oberschenkel) ist meist die sicherste und schnellste Applikation. Wenn Adrenalin i.v., dann verdünnt in 50µg-Schritten, wenn repetitiv i.v. notwendig, erwäge Perfusor. Adrenalin inhalativ bei Larynxödem oder Bronchialobstruktion. - Volumen: Kristalline (Vollelektrolytlösung) - zusätzlich Noradrenalin bei adrenalinrefraktärem schweren Schock (initial 50-100 µg)

- symptomatisch danach : Glukokortikoide plus H1- und H2-Antihistaminika - Glukokortikoide: 500-1000 mg Prednisolon(äquivalent) i.v., v.a. bei Bronchospasmus und verzögerter Symptomatik; Merke: Glukokortikoide sind nicht 1. Wahl (sondern Adrenalin) - Antihistaminika: zuerst H1-Blocker, dann H2-Blocker (um negative kardiale Effekte einer isolierten H2-Blockade zu vermeiden); Merke: Antihistaminika sind keine Mittel der ersten Wahl. - zusätzlich Theophyllin bei schwerem Bronchospasmus (initial 5 mg/kg)

II ■

1 ■

Neurogener Schock

2.14.6 PATHOPHYSIOLOGIE:

- distributiver Schock mit ausgedehnter, generalisierter Vasodilatation infolge einer sympathischen und parasympathischen Fehlregulation der Gefäßmuskulatur - Ursache: Schädigung der zentralen Vasomotorenzentren (Hirnstammischämie, infratentorielle Druckerhöhung, entzündlich), Läsion der Efferenzen der Vasomotorenzentren (Rückenmarkstrauma, -ischämie), Fehlregulation im Vasomotorenzentrum (neurokardiale

1

Synkope, Karotissinus-Syndrom, akute Angst-/Schmerzreaktion , Epilepsie)

- KJinik: plötzlicher RR-Abfall, Bradykardie, blasse und warme Haut, Bewusstseinsverlust (plötzliche Bewußtlosigkeit bei bulbärer Läsion) - Notfall-CT bei (V.a.) Trauma, Ischämie, Blutung, Meningitis

THERAPIE :

(IAG Schock der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für lntensivmedizin, modifiziert)

- O2-Gabe, ggfs. Intubation und Beatmung - Volumen: Kristalloide (Vollelektrolytlösung) - bei unzureichendem Effekt: Noradrenalin (initial 0,05 µg/kg/min, dann steigern) - bei zusätzlicher linksventrikulärer Dysfunktion: Dobutamin (2,5-15 µg/kg/min)

- bei 0 /o), - bei - bei

akuter infratentorieller Druckerhöhung: initial Osmotherapie (250 ml Mannitol 20 dann operative Dekompression des Hirnstamms Basilaristhrombose: erwäge Thrombolyse (großzügige Indikation, auch nach > 6 h) spinalem Trauma: erwäge Methylprednisolon (30 mg/kg über 15 min, dann 5,4

mg/kg/h über 23 h kontinuierlich; Beginn frühstmöglich, nicht später als 6 h nach Trauma ) - Stabilisierungsphase: erwäge Fludrocortison (200 µg/d) zur Erhöhung des Plasmavolumens, erwäge Cafedrin-Theodrenalin (Akrinor®) zur Tonuserhöhung der Gefäße, erwäge Desmopressin bei Polyurie



252

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.14. 7

Übersicht Katecholamine in der lntensivmedizin ex.

II

•• ■ ■

• •

81

82

D1

D2

Noradrenalin 2-8 µg/min

++++

++

0

0

0

Adrenalin 1-8 ~19/min

++++

++++

+++

0

0

0 0

0

0

++ ++

++

+++ +++

++ ++

0

0

0

Dopamin 1-3 µg/kg/min 4-8~tg/kg/min > 8-1 Oua/ka/min Dobutamin 1-1 Oµg/kg/min

+++ +

++++

++

0

0

PDE-111-Hemmer

0

++

++

0

0

Levosimendan

0

0

0

0

0

..

Charakteristika - natürliches Katecholamin - Mittel der Wahl beim septischen Schock und therapierefraktären Schockzuständen als starker Vasokonstriktor - natürliches Katecholamin - Mittel der Wahl bei der CPR und beim anaphylaktischen Schock, sonst als ultima ratio - natürliches Katecholamin - niedrigdosiert Steigerung der renalen + mesenterialen Perfusion - IND: fernere Wahl bei Hypotension, Schock - künstliches Katecholamin - IND: Mittel der Wahl bei der akuten Herzinsuffizienz (wenn Vorlast t) - Effekt von initialer ß-Rezeptor-Stimulation abhängig - IND: therapierefraktäre schwere Herzinsuffizienz (.Bridqina") - Calciumsensitizer: pos. inotrop, Vasodilatation - IND: schwere Herzinsuffizienz ohne Hypotension

Tab. 2.84: Ubersicht Katecholamine und verwandte Substanzen in der lntensivmedizin.

1 ■

Allgemeines: - Katecholamine sind 1. Wahl beim schweren Kreislaufversagen. Wegen der NW gilt: Katecholamine so niedrig und so kurz wie möglich parallel zur Katecholaminen immer optimierte Volumentherapie (Volumendefizit ausgleichen ! ) und Kausaltherapie (Blutungsstopp, koronare Revaskularisation, antibiotische/chirurgische Fokuskontrolle) einschleichende Gabe zu Therapiebeginn (um hypertensive Episoden zu vermeiden), ausschleichend zum Therapieende (um Hypotension zu vermeiden) intraarterielle RR-Messung sinnvoll, bei höheren Katecholamindosen obligat bei hohen Katecholamindosen überlappender Perfusorwechsel (2 Perfusoren), um RR .J,, zu vermeiden aktive Reduktion der Katecholamine bei Erreichen der hämodynamischen Zielwerte (z.B. MAP > 65 mmHg), keine hochnormalen Blutdruckwerte abwarten bei längeranhaltender Katecholamintherapie kommt es zur Downregulation von Betarezeptoren (Toleranz c> 1.1.2) =>Wirkungsverlust=> drohende Dosissteigerung Mittel der Wahl: - kardiopulmonale Reanimation (CPR): Adrenalin (c> 2.19.3.1) - akute Herzinsuffizienz i.S. low-output: Dobutamin ( c> 2.14.3, 2.15.5) - Sepsis: (c> 2.14.4) Noradrenalin (Anhebung des verminderten Gefäßwiderstands), bei eingeschränkter Kontraktilität: Dobutamin; bei therapierefraktärem, septischen Schock: Vasopressin (off label, kann katecholaminrefraktäre Hypotension durchbrechen, Dosis 1-6 U/h) - Anaphylaxie: Adrenalin fraktioniert bei Kreislaufdepression (c> 2.14.5) - pharmakologischer Belastungstest bei Koronarkranken : Dobutamin - keine routinemäßige Gabe von Dopamin auf „Nierendosis" (da kein nephroprotektiver Effekt) Publikationen: Comparison of dopamine and norepinephrine in the treatment of shock (SOAP-11). Dopamin versus Noradrenalin bei Schock nach vorheriger adäquater Volumengabe: in der 28-Tage-Sterblichkeit kein signifikanter Unterschied im Gesamtkollektiv sowie den Subgruppen septischer und hypovolämer Schock, jedoch beim kardiogenen Schock vermehrte Sterblichkeit unter Dopamin. Auch andere Endpunkte wie lntensivliegezeit, Beatmung, Dialyse ohne signifikanten Unterschied. Unter Dopamin deutlich mehr Arrhythmien (24 vs 12 %) mit vermehrtem Therapieabbruch (6,1 vs 1,6 %). (n = 1679) NEJM 362: 779-789 (2010) Does Dopamine administration in shock influence outcome ? Results of the Sepsis Occurrence in Acutely ill Patients (SOAP) study. Observationsstudie an 3147 Patienten auf Intensivstationen, davon 1058 (33,6 %) im katecholaminpflichtigen Schock inclusive 462 (14,7 %) mit septischem Schock. Von den 1058 Schockpatienten erhielten 375 (35,4 %,) Dopamin und 683 (64,6 %) andere Katecholamine, wobei beide Gruppen bzgl Alter und Erkrankungsschwere vergleichbar waren. Krankenhaussterblichkeit unter Dopamin signifikant höher (49,9 % versus 41 ,7 %). Dopamin wurde als unabhängiger Risikofaktor für die lntensivsterblichkeit bei Schockpatienten ermittelt. Anmerkung: nicht-randomisierte Observationsstudie, dadurch Verfälschungen (Selektionsbias) speziell durch die individuelle Auswahl der übrigen Katecholamine Noradrenalin, Adrenalin , Dobutamin möglich. Keine Daten zur Volumentherapie (early-goal directed therapy bei der Sepsis). In Subanalysen unter Adrenalin höhere 30-Tages-Sterblichkeit als unter Noradrenalin und Dobutamin. Crit Care Med 34: 589-597 (2006)

253

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.15

Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF): EF < 40 % ::::: systolische Herzinsuffizienz. - Chronische systolische Herzinsuffizienz (Stand bis 2021 ): - Standard sind ACE-Hemmer (zieldosis-orientiert) + Betablocker (zieldosis-orientiert) + Diuretikum (symptomorientiert), bei persistierender NYHA II-IV: zusätzlich Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist (MRA) == Aldosteronantagonist - Akute systolische Herzinsuffizienz: - Dobutamin als lnotropikum der Wahl, bei unzureichendem Effekt Noradrenalin als Vasokonstriktor der Wahl. - Therapie der Grunderkrankung: z.B. Koronarintervention bei ST-Hebungsinfarkt. - Bei prolongiertem Schock droht Multiorgandysfunktion (MOOS)=> lntensivtherapie. Herzinsuffizienz mit erhaltener (Qreserved) Ejektionsfraktion (HFQEF) ::::: diastolische Herzinsuffizienz: klinische Zeichen der Herzinsuffizienz bei erhaltener linksventrikulärer Funktion mit EF > 50 %: bislang keine Therapie mit Prognoseverbesserung (s.u.)

II

HFrEF: Chronische Herzinsuffizienz: neue Therapiealgorithmen ESC 2021 - für alle Pat mit HFrEF: (a) AC E-Hemmer/ARNI, (b) Betablocker, (c) Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist == Aldosteronantagonist, (d) SGLT2- lnhibitoren - ARNI als Ersatz für AC E-Hemmer bei weiter symptomatischen Pat oder als Erstlinientherapie statt ACE-Hemmer - neu: SGLT2-lnhibitoren Dapagliflozin und Empagliflozin in der Erstlinientherapie - neu: Vericiguat (Stimulator der löslichen Guanylatcyclase) in Zweitlinientherapie (llb-Option) HFpEF: in Leitlinie 2021 noch keine Empfehlung zur Prognoseverbesserung - Seit 2022 Neuzulassung des SGLT2-lnhibitors Empagliflozin für HFp EF (bislang einziges Pharmakon mit Zulassung für HFrEF und HFpEF) => EMPEROR-Preserved-Studie

EMPEROR-Preserved-Studie: Empagliflozin vs Placebo bei Herzinsuffizienz und EF > 40 %: nach im Median 26 Monaten kombinierter Endpunkt (Hospitalisierung + kardiovask. Tod) 13,8 % vs 17, 1 % (getrieben durch verminderte Hospitalisationen). Kardiovaskulärer Tod nicht signifikant, sondern nur im Trend reduziert. (NEJM 2021)

chronische Herzinsuffizienz 2016 / 2021 - Pharma kornpakt 2016 2021

NYHA 1

Stufe Stufe 1 1a ACE-Hemmer (ACE-I) indiziert ➔ bei ACEI1 1a AngiotensinrezeptorQ) Intoleranz blocker (ARB ) E nach Myokardinfarkt 1 1a Betablocker

.sa.

2

+ +--

3

3

3

1c SacubitrilNalsartan Entresto® (ARNI)

0

1c SGLT2-lnhibitoren

1b Mineralokortikoid-

C:

0

indiziert bei ACEIIntoleranz indiziert

indiziert bei ACEIIntoleranz indiziert

indiziert bei ACEIIntoleranz indiziert

indiziert

indiziert

indiziert

Betablockerintole- Betablockerintole- Betablockerintoleranz oder additiv ranz oder additiv ranz oder additiv bei SR mit HF 2:: 75 bei SR mit HF 2:: 75 bei SR mit HF 2:: 75 bei persist.Sympbei persist. Symp- bei persist. Symptarnen als ACEItarnen als ACEItarnen als ACEIbzw. ARB-Ersatz bzw. ARB-Ersatz bzw. ARB-Ersatz bei persist.Sympbei persist.Sympbei persist.Symptarnen unter 1a-1 b tarnen unter 1a-1 b tarnen unter 1a-1 b

lvabradin Procoralan®

I-

Q.

NYHAIV

rezeptorantagonist(MRA)

Q)

C,

NYHA III

oder bei Hypertonie

E cn>-

"'0

NYHA II

bei Flüssigkeitsindiziert indiziert et retention E o 1 1 Digitalis Frequenznormalisierung bei (nicht beherrschbarem) ä. E tacl}ykardem Vorhofflimmern lTaclJ.yarrl}ythmie) ~ 4 4 im SR als im SR als Reservemittel Reservemittel HF ::::: Herzfrequenz NYHA::::: Schweregrade der Herzinsuffizienz (s.u.) SR ::::: Sinusrhythmus Die 2021-Leitlinie nennt ACE-Hemmer (alternativ ARB bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit) / ARNI , Betablocker, Mineralokortikoidrezeptorblocker (MRA) und SGLT2-lnhibitor als Empfehlung für alle Pat mit HFrEF. Trotzdem braucht es m.E. eine Abfolge, die auf Stufe 1 mit 1a bis 1c dargelegt ist - und auch den jeweiligen Zulassungsstudien entspricht.

1

1

Diuretika

==

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

254

II

Chronische Herzinsuffizienz Therapiealgorithmus bei chronischer Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz mit verminderter Ejektionsfraktion ::::: HFrEF (EF s; 40 %) Senkung der Sterblichkeit - für alle Pat. 1

ACE-Hemm IARNI zB Enalapril,Lisinopril,Ramipri

SGLT2-lnhiblto Dapagliflozln, Ern liflozin E erenon S ironolacton

Betablocker Bisoprolol, Carvedilol

ARNI: SacubitrilNalsartan

MlneralokortlkoldRezeptor-Antagonls



Senkung Herzinsuff-Hospitalisierung/Mortalität - für ausgewählte Pat.

Diuretika bei VolumenOberlastung

1

Sinusrhythmus + Linksschenkelblock > 150 ms: CRT (kardiale Resynchronisationstherapie) als CRT-schrittmacher o. CRT-Defibrillator

Sinusrhythmus+ Linksschenkelblock 130-1 49 ms oder nicht-Linksschenkelblock > 150 ms: C RT (kardiale Resynchronisationstherapie)

Ischämische Ätiologie: ICD (Implantierbarer Cardioverter Defibrillator) Vorhofflimmern: Vorhofflimmern: PVI (Pulmonalvenenisolation) Antlkoagulation

Nicht-ischämische Ätiologie: ICD (implantierbarer Cardioverter Defibrillator)

Digitalis

Aortenklappenstenose: (katheterbasierte) Aortenldappen-OP

koronare Herzkrankheit:

Eisenmangel:

koronarer Bypass

Eisen(III)carboxymaltose

4

Mitralklappeninsuff.:

katheterbasierte MK-Reparatur

Sinusrhythmus Schwarze Pat: > 70/min: Hydralazin/

lvabradin 5

ISDN 6

Unverträglichkeit ACE-Hemmer/ARNl2 AnglotenslnR -8

für ausgewählte Pat. mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz

Herztransplantation

Mechanische Kreislaufunterstützung als "bridge-to-transplant" o .bridge-to-candidacy"

langfristige mechanische Kreislaufunterstützung

Verringerung von Herzinsuff-Hospitalisierung und Verbesserung Lebensqualität - für alle Pat.

S rtliche Rehabilitation multldlszi linlres Vers erwäge (sollte)

hlen

(1) Die Trias von ACE-Hemmer o Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-lnhibitor (ARNI) plus Betablocker plus Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist (MRA) ist medikamentöse Basistherapie bei HFrEF: Überleben i, Symptomatik -1.-. Hochtitration auf die in den klinischen Studien verwendeten Zieldosenbzw. auf die maximal verträgliche Dosis. ARNI sind als Ersatz für ACE-Hemmer bei weiterhin symptomatischen Patienten unter o.g. Trias empfohlen oder auch als Erstlinientherapie statt ACE-Hemmer zu erwägen. Neu: SGL T2-Hemmer bei allen HFrEF-Pat empfohlen - unabhängig, ob Diabetes mellitus besteht oder nicht. Unter SGLT2-Hemmung: kardiovaskulärer Tod .J, und Herzinsuffizienz-Progression J, (2) Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit oder -Kontraindikation (3) ARNI "'Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-lnhibitor: Valsartan plus Sacubitril (Entresto®) (~) Digitalis bei Herzinsuffizienz plus Vorhofflimmern mit tachykarder Überleitung indiziert zur Bremsung der AVUberleitung (wenn Betablocker unzureichend). Als lnotropikum im Sinusrhythmus ist Digitalis nur Reservepräparat (5) zugelassen bei HF~ 75/min, erwäge lvabradin auch bei Betablocker-Kontraindikation oder -Unverträglichkeit (6) keine therapeutische Bedeutung (historische Alternative bei Unverträglichkeit von ACE-Hemmem)

II

Device-Therapie: ICD (!mplantierbarer fardioverter Qefibrillator)

- Sekundärprävention: ICD bei Z.n. ventrikulärer Rhythmusstörung, die zur hämodynamischen Instabilität führte um · tzlichen Herztod und Gesamtsterblichkeit zu senken - sofern Lebenserwartu > 1J. 1A - Primärprävention: ICD bei symptomatischer Herzinsuffizienz NYHA 11-111 mit EF < 35 % trotz mind. 3monatiger optimaler medikamentöser Therapie - sofern Lebenserwartung > 1: (a) bei ischämischer Herzerkranku , ICD frühestens 40 T nach Infarkt IA b bei dilatativer Kardiom,unn~thie I B

EI

Device-Therapie: CRT (fardiale ßesynchronisations-Iherapie) kontra indiziert

indiziert •

: - - - - - -:

: + LSB: 1B III A

100 kontraindiziert

110

0 LSB: llb B 120

130

erwäge (kann)

140

150

erwäge (sollte)

+ LSB: 1A 0 LSB: lla B

160

180 QRS-Dauer 170 (ms) empfohlen

255

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

ACE-Hemmer Pharmakon Caotooril Enalaoril Lisinooril Ramioril f Trandolaoril

ll

=

Start-Dosis 3 X 6.25,mg i x-2,~ 1Il9 1 X 2.-5-5.0 mg 1 x2.5 ma 1 x 0.5 ma

Zieldosis 3 x 50 mn 2 x-20 ma 1 X 20-3-5 mg 1 x 10 ma 1 x4 ma

l

---,.-

Praktische Anleitung zur Dosierung von ACE-Hemmem: Indikation: chronische Herzinsuffizienz NYHA I-IV mit EF ~ 40 % (HFrEF) Kontraindikation: beidseitiger Nierenarterienstenose, Z.n. Angioödem, (mögliche) Schwangerschaft Vorsicht bei: Kreatinin > 2,5 mg/dl oder GFR < 30 ml/min, K+ > 5 mmol/1, RRsyst < 90 mmHg Niedrige Erstdosis. Hochtitralion (Dosisverdopplung frühestens alle 2 Wo.) auf Zieldosen anstreben oder bis zur maximal tolerablen Dosis (Empfehlung I A): lebensverlängemde Effekt unter hohen Dosierungen nachgewiesen Symptomatische Hypotension: häufig Schwindel,oft im Verlauf gebessert. Andere Vasodilatatoren möglichst reduzieren/absetzen. Bei fehlender Stauung erwäge Diuretikareduktion. Asymptomalische Hypotension: Werte bis 90 mmHg ohne Therapieänderung vertretbar. Husten: bei Herzinsuffzienz häufig (Stauung?), bei Husten durch ACE-Hemmer: durch ARB ersetzen Kreatinin/Elektrolyte: Krea-Anstieg um 50% des Ausgangswertes oder auf max 3,0 mg/dl bzw. GFR < 25 ml/min ist akzeptabel, Kalium bis~ 5,5 mmol/l ist akzeptabel. STOP ACE-Hemmer (oder ARB), wenn Kreatinin-Anstieg um > 100 % od. auf> 3,5 mg/dl od. GFR < 20ml/min/1, 73 m2 oder Kalium > 5,5 mmol/1. Kontrolle von Blutdruck, Nierenfunktion und Elektrolyten 1-2 Wo. nach jeder Dosissteigerung und dann alle 4-Monate

-

-

-

Betablocker

....-'--,o

Pharmakon Bisoorolol Carvedilol Metoprololsuccinat Nebivolol

Startdosis 1 x 1 25ma 2 x 3 125 ma 1 X 12,5-25 mg 1 x 1,25 ma

Erhaltungsdosis 1 x 1Qma

6 2(.25..mg

1

2 x 100 mg oder 1 x 200mg 1 x 10 ma

Praktische Anleitung zur Dosierung von Betablockern: Indikation: stabile chronische Herzinsuffizienz (HFrEF) mit EF ~ 40 %, Vorsicht bei akuter Dekompensation Kontraindikation: Asthma bronchiale (COPD ist keine Kontraindikation), AV-Block 11-1110, Siek-Sinus-Syndrom, kritische Extremitätenischämie; Vorsicht bei HF < 50/min, RRsyst < 90 mmHg Therapiebeginn nur bei kompensierter Herzinsuffizienz: keine lnotropika i. v., keine Flüssigkeitsretenlion sehr niedrige lnitialdosis ("=' 1/10 der Zieldosis), sehr langsame Steigerung mit Dosisverdopplung nach frühestens 2 Wochen, wenn toleriert; Erhöhung bis zur Zieldosis bzw. max. tolerierten Dosis Überwachung von Herzfrequenz, RR und Klinik (Beschwerden ? Zeichen der Überwässerung ? Gewicht?) Gefahren unter Betablocker. - Verschlechterung Herzinsuffizienz: Diuretikum erhöhen, wenn unzureichend=> Betablocker halbieren - Symptomatische Hypotension => Vasodilatato~~n (außer ACE-Hemmer/AG-11-Antagonist) reduzieren, wenn unzureichend => Diuretika reduzieren, sofern keine Uberwässerung => sonst Expertenral - Bradykardie => bei HF < 50/min und Symptomverschlechterung => Betablocker halbieren, bei starker Verschlechterung absetzen. Indikation anderer bradykardisierender Pharmaka (Digitalis, Amiodaron) überprüfen.

-

-

Mineralokortikoid-Rezeptor-Blocker (MRA) ::::s Aldosteronantagonisten Pharmakon

s -

-

Startdosis

C 1L2s rng l ==~ ---)l"""",._._1.,,x...,2..,,5,.,,m _,'-'--'g_J

1 x 50 mg,,.,. / .......,.., Praktische Anleitung zur Dosierung von Aldosteron bzw. Eplerenon: Indikation: chronische Herzinsuffizienz {HFrEF} EF ~ 40 % (NYHA II-IV trotz ACE-Hemmer + Betablocker) Vorsicht bei Hyperkaliämie (K+ > 5,0 mmol/1), Krealinin > 2,5 mg/dl oder GFR < 30 ml/min Niedrige Startdosis, erwäge Dosiserhöhung nach 4-8 Wochen Laborkontrollen 1 + 4 Wo. nach Start bzw. Dosisänderung, alle 4 Wo. in den ersten 3 Mo., dann alle 3 Monate im 1. Jahr, dann alle 4 Monate: falls K > 5,5 mmol/I oder Krea ~ 2,5 mg/dl o. GFR < 30 ml/min => Dosishalbierung und engmaschige Kontrollen. Falls Kalium> 6 mmol/I oder Krea ~ 3,5 mg/dl oder GFR < 20 ml/min => Stop Aldosteronantagonist + Spezialistenrat. Keine Kaliumsparer (Amilorid, Triamteren), keine NSAID (da nephrotoxisch), keine Triple-Kombination von ACEHemmer, AnQiotensin-Rezeptor-Blocker und AldosteronantaQonist (Kalium tt, Nierendysfunktion)

SGLT2-lnhibitoren E

Startdos·s

1 x 10 mg

1 x 10 mg/d

Praktische Anleitung zur Dosierung von SGL T2-lnihibitoren:: - Indikation: chronische Herzinsuffizienz (HFrEF} mit EF ~ 40 % - mit und ohne Diabetes mellitus immer kombiniert mit Basismedikation: ACE-Hemmer/ARNI +Betablocker+ MRA - Kontraindikation: GFR < 20 ml/min, symptomatische Hypotension bzw. RRsyst < 95 mmHg, Schwangerschaft/stlllzeit

Diuretika Schleifendiuretika Thiazide

gewöhnliche Tagesdosis 40-240 mg

1

loda a i 25 g Praktische Anleitung zur Dosierung von Diuretika: -

Indikation: bei jeder Herzinsuffizienz mit Flüssigkeitsretention (Kurzatmigkeit, Ödeme) immer kombiniert mit Basismedikation: ACE-Hemmer (bzw. ARB)+ Betablocker+ Aldosteronantagonist Vorsicht bei Hypokaliämie (K+ ~ 3,5 mmolß), da verstärkt durch Diuretikum Vorsicht bei Niereninsuffizienz (Krea >2,5 mg/dl o GFR Thiazide, bei starker Stauung oder Niereninsuffizienz => Schleifendiurelika. bei GFR < 30 ml/min keine Thiazide, außer bei kombinierter Gabe mit Schleifendiuretika. Kaliumsparer Amilorid und Triamteren: nur bei Hypokaliämie unter ACE-Hemmer + Aldosteronantagonist

:,

l

,, ,,

256

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.15.1

Einführung

Historische Def.: Störung der Herzfunktion , bei der das vom Organismus benötigte Herzzeitvolumen (HZV) nicht oder nur unter erhöhten Füllungsdrücken (::::: erhöhter enddiastolischer Ventrikeldruck) gefördert wird. Die Herzinsuffizienz wird unterschieden in: - Linksherz-/ Rechtsherz- oder Globalinsuffizienz entsprechend dem vorrangig betroffenen Ventrikel - akute oder chronische Herzinsuffizienz entsprechend dem zeitlichen Verlauf - Vorwärtsversagen ("forward failure") bei vermindertem HZV - Rückwärtsversagen ("backward failure") bei Rückstau vor der insuffizienten Kammer anhand von Klinik und Hämodynamik - systolische/diastolische Herzinsuffizienz entsprechend der Funktionseinschränkung

Definition ESC 2021 :

1 ■ ■

C: (1)

·;:

-

2 3

Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) 1 Symptome + Zeichen LVEF ~40 %

Herzinsuffizienz mit mittelgradig eingeschränkter Ejektionsfraktion (HFmrEF) 1 Svmotome + Zeichen LVEF 41-49 %

0

0

(1)

·-... ~



Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) 1 Svmotome + Zeichen LVEF~SO % - strukturelle u/o funktionelle Herzerkrankung, die auf diastolische LV-Dysfunktion/ erhöhte Füllungsdrücke hinweisen incl erhöhter natriuretischer Peotide

Tab. 2.85: Definition Herzinsuffizienz. HFrEF ~ heart failure with reduced ejection fraction HFmrEF ~ heart failure with mid-range ejection fraction HFpEF ~ heart failure with preserved ejection fraction (1) möglicherweise keine Zeichen in frühen Stadien der Herzinsuffizienz (v.a. bei HFpEF) und unter diuretischer Therapie (2) BNP > 35 pg/ml und/oder NTproBNP > 125 pg/ml typische Symptome: Kurzatmigkeit, Orthopnoe, verminderte Belastbarkeit, typische Zeichen: Überwässerung (pulmonal oder peripher), Tachykardie, Zentralisation (bei schwerer Herzinsuff.)

Schweregrade der Herzinsuffizienz nach NYHA Stadium 1

II III IV

Klinik

HZV

keine Beschwerden Beschwerden bei stärkerer körperlicher Belastung Beschwerden bei leichter körperlicher Belastung Beschwerden in Ruhe (Ruheinsuffizienz)

unter Belastung normal unter Belastung normal unter Belastung vermindert in Ruhe vermindert

enddiastolischer Ventrikel druck unter Belastung erhöht in Ruhe erhöht in Ruhe erhöht in Ruhe stark erhöht

Tab. 2.86: Schweregrade der Herzinsuffizienz nach NYHA (New York Heart Association).

ventrikuläre Leistung normal - Belastung normal - Ruhe

Belastungsinsuffizienz

.. • schwere Ruhe•••• •• insuffizienz

••• Dyspnoe

Lungenödem

LVEDP

Abb. 2.63: Beziehung zwischen enddiastolischem Ventrikeldruck (L VEDP) und der Ventrikelfunktion bei verschiedenen lnotropiezuständen: bei Herzinsuffizienz ist die Herzfunktionskurve zunehmend abgeflacht und nach rechts verschoben . Beachte die Abnahme der Pumpfunktion bei stark erhöhten Füllungsdrücken (gestrichelt). Grund lagen Hämodynamik ~ 2.12

257

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.15.2

Kompensierte Herzinsuffizienz

physiologische Kompensationsmechanismen: (~ 2.12) - Frank-Starling-Mechanismus (Herzfunktionskurve, Kraft-Spannungs-Beziehung) => Je stärker die Herzfüllung "" Vordehnung in der Diastole, desto größer ist die Kontraktionskraft und damit das in die Aorta ausgeworfene Schlagvolumen (innerhalb physiologischer Grenzen). D.h. ein erhöhtes venöses Angebot "" Preload t (wie durch Na+- und Wasserretention bei stimuliertem RAAS) erhöht das Schlagvolumen. CAVE: gilt nicht bei Herzinsuffizienz ! Bowditch-Effekt (Kraft-Frequenz-Beziehung): mit zunehmender Herzfrequenz kommt es zu einem Anstieg der Kontraktilität; CAVE: gilt nicht bei Herzinsuffizienz ! Sympathikusstimulation mit Kontraktilitätssteigerung: der erhöhte Sympathotonus wirkt positiv inotrop Hypertrophie: => Normalisierung der erhöhten intramyokardialen Wandspannung - Volumenbelastung (Klappeninsuffizienz) => Hypertrophie + Dilatation "" exzentrische Volumenhypertrophie - Druckbelastung (Hypertonie, Klappenstenose) => Hypertrophie ohne Dilatation "" konzentrische Druckhypertrophie Anmerkung: die akute Herzinsuffizienz führt nur zur Dilatation Umverteilung des HZV: => gesicherte Perfusion für Herz und Gehirn bei Minderperfusion u.a . von Nieren + Haut Vasokonstriktion durch Aktivierung neurohumoraler Regelsysteme => Aufrechthalten eines ausreichenden Perfusionsdrucks

Übersicht neurohumorale Regelsysteme Vasokonstriktion / Volumenretention - Sympathikus - Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) - ADH (antidiuretisches Hormon) - Endothelin Tab. 2.87

-

-

VasodiJatation / Volumendeoletion ANF ~ ANP (atriales natriuretisches Peptid) Prostaglandine EDRF (Endothelium derived relaxing factor) = NO

Initial besteht eine intakte Gegenregulation (vasodilatierend, volumendepletierend), um ein überschießen der vasokonstriktorisch, volumenretinierenden Anpassungsmechanismen zu verhindern.

Mit Fortschreiten der Herzinsuffizienz volumenretinierenden Effekte.

überwiegen

zunehmend

die

vasokonstriktorischen,

Anmerkung neurohumorale Systeme: - atriales natriuretisches Peptid (Faktor) "" ANP (ANF) ist ein v.a. im Vorhofmyokard gebildetes Hormon , das durch volumenbedingte Dehnung der Vorhöfe freigesetzt wird. Effekt: natriuretisch-diuretisch + arterielle Vasodilatation - Prostaglandine und EDRF: lokal vasodilatierend. - Endothelin: vasokonstriktorisch (+ thombozytenaggregationsfördemd)

2.15.3

Dekompensierte Herzinsuffizienz

Die physiologischen Anpassungsmechanismen sichern initial eine adäquate Perfusion. Bei höherem Schweregrad jedoch "kippt" das kompensierte System und führt v.a. durch zunehmende Vasokonstriktion zu einem Circulus vitiosus mit Versagen der Pumpfunktion: - bei weiterer Vorlaststeigerung keine weitere HZV-Zunahme, bei Überdehnung der Muskelfasern {LVEDP > 18-20 mmHg) sogar HZV-Abnahme - die Hypertrophie ist durch die eingeschränkte myokardiale Ci-Versorgung limitiert. Oberhalb des kritischen Herzgewichts von 500 g droht eine Gefügedilatation: die intramyokardiale Wandspannung nimmt zu , damit steigt der O2-Verbrauch und die Herzarbeit wird unökonomischer. - neurohumorale Regulation: v.a. die ausgeprägte Sympathikus- und RAAS-Stimulation führen zur Dominanz der vasokonstriktorischen, volumenretinierenden Effekte => Circulus vitiosus Sympathikus : die exzessiv erhöhten Katecholamine führen zu - Vasokonstriktion mit Steigerung der Nachlast - Toleranzentstehung (Down-Regulation der myokardialen ß1-Rezeptoren) mit verminderter Kontraktilität - erhöhter Arrhythmieneigung (CAVE: plötzlicher Herztod) RAAS: Angiotensin II führt zu - Vasokonstriktion mit Steigerung der Nachlast - Volumenretention durch erhöhte Aldosteronsekretion ► Hyponatriämie - erhöhter ADH-Sekretion und stimuliertem Trinkverhalten ~ (prognostisch ungünstig) - Herzhypertrophie (Wachstumsfaktor) und Hypertrophie im Gefäßbereich (Nachlast t )

Je stärker die Anpassungsmechanismen aktiviert sind, umso mehr kommt es durch Vasokonstriktion und Volumenretention zur Progression der Herzinsuffizienz und desto schlechter wird die Prognose.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

258

Übersicht Adaptationsmechanismen bei Herzinsuffizienz Adaotation Vasokonstriktion Salz- und H20-Retention Sympathotonus erhöht linksventrikuläre Hvoertroohie Down-Regulation der Beta,-Rezeotoren reduziertes Verhältnis der Gs versus Gi-Proteine reduzierte Cai+-ATPase

Kurzzeiteffekt Aufrechterhaltuna adäauater Mitteldruckes Frank-Starlina-Mechanismus bessere Vorlast Pumpfunktion i, Herzfrequenz i Konstanthaltung der systolischen Soannunasbelastuna des Mvokards

Lanazeiteffekt Reduktion der Pumofunktion Überwässeruna, Herzdilatation Sauerstoffverbrauch erhöht diastolische Dysfunktion, mvokardialer Zellunteraana energetische Sparmaßnahme, refraktär aeaen Katecholamine energetische Sparmaßnahme

erhöhtes diastolisches Caz+

aestörte Ca:l+-Homöostase

Tab. 2.88: Zusammenfassung der Kompensationsmechanismen bei Herzinsuffizienz. Anmerkung: Die Desensibilisierung der Adenylatcyclase bei Herzinsuffizienz resultiert aus einer Downregulation der Rezeptoren (q 1.1.2 Regulationsmechanismen von Rezeptoren) und einer Zunahme der inhibitorischen G-Proteine.

ß1-

Übersicht Therapieansätze

2.15.4

myokardiale Kontraktilität -1, Herzzeitvolumen = Herzfrequenz x Schlagvolumen -1, Neurohumorale Kompensationsmechanismen : Sympathotonus t Vasopressin t RAAS

t

~-'.:::::::::: ~ ~7~=-- -~~..;;;;;;:::::::7-------..;;;~---' Desensibilisierung der kardialen Adenylatcyclase

Herzfrequenz t => Diastole J..

______________

Gefäßwiderstand => Nachlast t ,,

Abb. 2.64: dekompensierte Herzinsuffizienz und Therapieansätze. RAAS ::::; Renin-Angiotensin-Aldosteron-System . Therapieansätze a-d Ausscheidun r- + Nachlast

Pharmaka Diuretika ACE-Hemmer orlast ,1, + Nachlast ,1, Nitrate (Molsidomin)

~

t

Natrium- + Wasserretention => Vorlast t

Tab. 2.89

akute Herzinsuff. ++ 0

chron . Herzinsuff. ++ ++

++

(+) bei KHK 0 0 ++

(Vorlast,!,>> Nachlast ,l,)

Steigerung Kontraktilität •

Bremsung Herzfrequenz, Vermeidun Desensibilisierun

Dobutamin Levosimendan, PDE-111-Hemmer Betablocker (Bisoprolol, car-

++ therapierefraktär 0

vedilol, Metoprolol, Nebivolol) nur bei Tachyarrhythmie

Tab. 2.89: Therapieansätze bei akuter und chronischer Herzinsuffizienz. normal - Ruhe

- ....

Belastungsinsuffizienz

.__ _ _ __,__ _ _ _ _L-u n_ e_n.... öd_e_m ___. LV EDP

Bei Herzinsuffizienz mit pulmonaler Stauung (A ) senken venöse Dilatatoren (Nitrate) oder Diuretika die Vorlast und bessern die Stauungssymptomatik (B). Positive lnotropika steigern die Pumpfunktion (C), arterielle Vasodilatatoren erhöhen durch erniedrigte Nachlast die Pumpleistung (D).

Abb. 2.65: therapeutische Beeinflussung der Ventrikelfunktion.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

259

Ca 2+

+ Myofilamente

c::: :::= c:::-:::= ,-1l1unM1

1

1

,.____ Ca 2+

C 2+ ~......;.---+- ca2+Ca2+ a sarkoplasmatisches Retikulum

Abb. 2.66: Wirkmechanismen positiv inotroper Pharmaka: inotrope Effekte können durch eine Erhöhung der intrazellulären Ca2+-Konzentration oder über eine Steigerung der Ca2+-Sensitivität der Myofilamente erzeugt werden. Katecholamine steigern über ß-Adrenozeptoren die cAMP-Konzentration, wodurch wiederum die Proteinkinase A aktiviert wird. Die Proteinkinase A steigert den systolischen Ca2+-Einstrom (über Ryanodin-Rezeptoren und Ca2+-Kanäle), die diastolische Ca2+-Rückaufnahme (gestrichelt) und die diastolische Erschlaffung der Myofilamente. PDE-Hemmer blockieren die Inaktivierung von cAMP und entsprechen im weiteren dem Wirkmechanismus der Katecholamine (der vasodilatierende Effekt der PDE111-Hemmer ist nicht eingezeichnet). Herzglykoside binden an die Na+-K+-ATPase, hemmen dadurch den Na+-Ausstrom und den ~-Einstrom. Durch die erhöhte intrazelluläre Na+-Konzentration wird wiederum der Na+/Ca2...-Austauscher (NCX) inhibiert, wodurch die intrazelluläre Ca2+-Konzentration steigt. Calciumsensitizer (Levosimendan) greifen direkt am Troponinkomplex der Myofilamente an und steigern die Affinität von Troponin C für Calcium.

2.15.5 Akute Herzinsuffizienz - kardiogener Schock ESC 2016

Deutsch-österreichische S3-Leitlinie infarktbedingter kardiogener Schock

„Akute Herzinsuffizienz" ist nur ein Terminus und hat zahlreiche kardiale und extrakardiale Ursachen. Die Basisdiagnostik umfasst u.a. Anamnese, EKG, Echokardiographie, Rö-Thorax, OrSättigung, Laborwerte . Erkennung und Therapie der Ursache haben bei der akuten Herzinsuffizienz absolute Priorität. Bei manifestem Schock ist die alleinige Katecholamintherapie zur Blutdruckanhebung unzureichend.

-

-

Ursachen mit raoider Verschlechteruna Herzrhythmusstörungen: tachykard o. bradykard Akutes Koronarsyndrom (AKS) Mechanische Komplikationen des AKS: Papillarmuskelabriss, rechtsventrikuläre lnfarzierung, Ruptur Ventrikel (bzw. lnterventrikularseptum) Akute Lungenembolie Hypertensive Krise Herzbeuteltamponade Aortendissektion Peripartale Kardiomyopathie

Tab. 2.90: Ursachen der akuten Herzinsuffizienz.

Ursachen mit weniaer rascher Verschlechteruna - Infektionen (incl. Endokarditis) - Exazerbationen von Asthma oder COPD -Anämie - Nierenfunktionsstörung - Herzrythmusstörungen ohne rapide Veränderung der Herzfrequenz (z.B. Vorhofflimmern) - pharmakologisch : NSAID, Steroid, Interaktionen - fehlende Therapietreue - Hypo- oder Hyperthyreose - Unkontrollierte Hypertonie - Alkohol- oder Droqenabusus

260

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie Abb. 2.67:

V.a. akute Herzinsuffizienz Kardiogener Schock ?

Erstversorgung bei V.a. akute Herzinsuffzienz (modif. nach ESC 2016)

Zirkulation unterstützen: pharmakolo isch u/o mechanisch



Bei pnmar respiratorischem Versagen oder PräArrest mit drohender CPRPflichtigkeit beim ABCSchema bleiben: A "" Atemwege freimachen, B "" Beatmung bzw. Atmung unterstützen, C Cirulation (unterstützen).

Ventilation unterstützen:

Respiratorisches Versagen ?

C Akutes Coronarsyndrom H Hypertensiver Notfall A Arrhythmie

M Akute mechanische Ursache P Pulmonal: Lungenembolie

- Sauerstoff bei O2-Sat < 94 % - nicht-invasive Ventilation (NIV): bei Atemfrequenz> 25/min, O2Sat < 90 % - invasive Beatmung/Intubation: wenn Hypoxie (pO2 < 60mmHg), Hyperkapnie (pCO2 > 50mmHg) oder Azidose (pH < 7,35) unter 0 2 -Gabe bzw. NIV

Therapiegrundlagen Hämodynamik HF

SAP (mmHg)

akut dekompensierte chronische Herzinsuffizienz

1

t/..l-

niedrig normal bist

(mmHg)

pulmon. Stauuna

Diurese

Hypoperfusion

niedrig normal bist t / ..1,

leicht t

(+)

t

+/ 0

> 18

t / ..1,

+/ 0

t

+/ 0

Cl (l/m in/m

2

PCWP )

akute Herzinsuffizienz bei hypertensiver Krise

t

tt

akutes Linksherzversagen mit Lungenödem kardiogener Schock

t

niedrig normal < 90

..1,

t

( +) bis ++ +

< 2,2

> 18

+bis++

..1,

+bis++

t / ..1,

t

t / ..1,

(+)

t

0

,J,

,J,

normal bis ,J,

0

t / ..1,

+/ 0

High-output-Versagen (z.B. bei Thyreotoxikose) akutes Rechtsherzversagen (z.B. bei fulminanter Lungenembolie, Rechtsherzinfarkt)

> 90

t t,i Infarkt:

oft -1-

Tab. 2.91 SAP "" systolischer arterieller Blutdruck Cl ~ Herzindex PCWP ~ pulmonal-kapillärer Verschluss-Druck im Rechtsherzkatheter entspricht dem linksventrikulären enddiastolischen Druck (LVEDP) c:> 2.12

Das akute Herzversagen variiert in Ursachen und Ausprägung und bedarf daher einer differenzierten Therapie, die sich am hämodynamischen Monitoring orientiert.

invasives hämodynamisches Monitoring

(Abb. 2.68)

Stauung: pulmonale Überwässerung, Orthopnoe, periphere Ödeme, gestaute Halsvenen, Aszites Hypoperfusion: kalte Extremitäten, Oligurie, Müdigkeit, Agitiertheit (Beachte: Hypoperfusion ist nicht synonym mit Hypotension, aber oft geht Hypoperfusion mit Hypotension einher) Therapieansätze: Optimierung der Vorlast (Volumengabe bei verminderter Vorlast, Nitrate u/o Schleifendiuretika bei erhöhter Vorlast) und Steigerung der Ventrikelfunktion (arterielle Vasodilatatoren/positiv inotrope Substanzen) führen zur Rekompensation einer Herzinsuffizienz (siehe auch Abb. 2.65). Bei Hypotension/Schock schließe auch einen intravasalen Volumenmangel aus, da insuffiziente Ventrikel sowohl bei erhöhter wie auch verminderter Vorlast eine zusätzliche Kontraktilitätseinschränkung aufweisen. Bei V.a. Volumenmangel => Volumengabe (250 ml/1 O min). Die Abschätzung des Volumenbedarfs kann schwierig sein. Praktische Hilfen: Füllung der Vena cava im Sono, Effekt von kurzzeitiger Horizontallagerung oder Schocklagerung i.S. einer Vorlasterhöhung, wobei auch schon eine Frequenzerniedrigung bei Tachykardie für Volumenbedarf spricht. Beachte: beim manifesten Schock ist Druckmonitoring allein nicht ausreichend. Deshalb Druckmonitoring plus Flussmonitoring (HZV-Messung).

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Hämodynamisches Profil: Cl Klinik: [1/min/mi] tn (')

o_ C')

tn N N

N

o_ N

tn

.,.... o_

.,.... tn

0

1

trocken u. warm "dry and warm" normal

2

Cl [l/minlm 2]

0 Stauungs- Stauungssymptome symptome 2 1 dry+ warm wet + warm 0 Hypo0 Hypoperfusion perfusion 0 Stauungs- Stauungssymptome symptome 4 dry+ cold 3 wet + cold HypoHypoperfusion perfusion

5

1O 15

20 25 18

4

trocken u. kalt " dry and cold"

feucht u. kalt "wet and cold"

hypovoläm. Schock

0 C')

+

normal -.

tn ~ N

'.

N

0

Vasodilatatoren

""'

Vasodilatatoren RR J: lnotropika (ggfs. Vasokonstriktoren) RR➔ :

N

tn

.,....

Volumen

0

.,.... ~ 0

30 35 mmHg

kardiogener Schock

Diuretika

tn_ C')

r·······r········r········r··· ····r ·······T·········r ·..····T··..··············► 0

3

feucht u. warm "wet and warm" Lungenödem

261

r-·······T·········r·.. ···T···· ····r·······T········ r ········r···············..► O 5

10 15

PC [mmHg]

20 25

30 35 mmHg

PC [mmHg]

18

Abb. 2.68: Hämodynamische Profile anhand klinischer Untersuchung und Messgrößen des Rechtsherzkatheters und dazugehörige Therapie der akuten Herzinsuffizienz (Grundlagen Hämodynamik q 2.12): Cl ::,:: cardiac index [l/m 2/min] als hämodynamische Größe der Pumpfunktion, PC ::,:: PCWP ::,:: pulmonal kapillärer Verschlussdruck [mmHg] als hämodynamische Größe der Vorlast. Die verminderte Pumpfunktion (Cl < 2.2 l/m2/min) entspricht dem Vorwärtsversagen, die erhöhte Vorlast (PCWP > 18 mmHg) dem Rückwärtsversagen.

Akute Linksherzdekompensation / Lungenödem Akute Herzinsuffizienz (EF < 40 %) hämodynamisches Profil ermitteln (Abb. 2.68)

95 % aller Pat mit

Überwässerung ?

akuter Herzinsuffizienz



r----~l 5 % aller Pat mit akuter Herzinsuffizien21

R"illl!l·f9"311!1§(111,if1"' ..ifl"·"l t§ ,•J1 1111

1111

11111

adäquate periphere Perfusion ?

vaskulärer Typ

RRsyst < 90 mmHg ?

Volumenumverteilung Hypertension dominiert

kardialer Typ olumenüberladung Stauun dominiert - Vasodilatator - Diuretikum - Diuretikum - Vasodilatator - Ultrafiltration (wenn diuretikaresistent)

orale Therapie anpassen - positiv inotrope Substanz - erwäge Vasopressor, wenn therapierefraktär - Diuretikum, wenn Perfusion besser - erwäge mechanisches Unterstützungssystem*, wenn medikamentös therapierefraktär

- erwäge Volumengabe - erwäge positiv inotrope Substanz (wenn weiter hypoperfundiert)

- Vasodilatator - Diuretikum - erwäge positiv inotrope Substanz (wenn therapierefraktär)

Abb. 2.69: Akute Linksherzdekompensation/akutes Lungenödem (modifiziert nach ESC 2016). · intraaortale Ballonpumpe (nur noch begrenzte Indikation), ventrikuläres Unterstützungssystem

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

262

Pharmakotherapie Diuretika ■

- indiziert bei Überwässerung (Empfehlung I C) - Schleifendiuretikum i.v.: Furosemid 20-40 mg i.v. (oder Äquivalent) bzw. 2-fache Dosis der bestehenden oralen Dosis (1 B). DOSE-Studie: Akute Herzinsuffizienz mit Gabe von Furosemid i.v. äquivalent zur bisherigen oralen Dosis versus Furosemid i.v. in 2,5facher Dosis, dann entweder Bolusgabe alle 12 h oder kontinuierlich über Perfusor. Im Vergleich Bolus vs Perfusor bestand kein signifikanter Unterschied in Symptomatik oder Kreatininwert. In der Hochdosisgruppe im Trend schnellere Symptombesserung, jedoch kein Unterschied im Kreatininwert. (n = 308) Fazit: bei akuter Herzinsuffizienz kein großer Unterschied , ob Diuretika in Hochdosis oder Niedrigdosis bzw. als Bolus i. v oder kontinuierlich i. v. verabreicht werden. NEJM 364: 797-805 (2011)

- Gabe als intermittierende Bali oder kontinuierlich i.v. (1 B), bei unzureichendem Effekt erwäge Kombination von Schleifendiuretikum mit Thiazid oder Spironolacton (llb C). - Kombination von Schleifendiuretikum plus Nitrat ist üblich (bessert Dyspnoe schneller als Diuretikum alleine). Bei unzureichendem Ansprechen erwäge Diuretikum plus Dobutamin.

Vasodilatatoren, ACE-Hemmer, Calciumantagonisten: ■

1

- Vasodilatatoren (Nitrate) im Frühstadium der akuten Herzinsuffizienz (Toleranz bei Dauergabe), Nutzen bei Hypertension am größten. Laut Leitlinie bereits ab RRsystol > 90 mmHg (lla B). Nitrate (Empfehlung I B): anfangs s.l. später i.v. - in niedriger Dosis venöse Vasodilatation (Preload ..J, ), mit zunehmender Dosierung arterielle und venöse Vasodilatation (Preload ..J,, Afterload ..J,) => Schlagvolumen t . Vorsicht mit Nitrat bei Aortenklappenstenose oder Mitraklappenstenose. Merke: bei akuter Herzinsuffizienz ist Kombination Nitrat (titriert i.v.) plus Furosemid der alleinigen hochdosierten Furosemidgabe überlegen. ACE-Hemmer: in Frühphase nicht indiziert, ebenso keine i.v.-Gabe empfohlen. Niedrigdosierte Gabe erst nach hämodynamischer Stabilisierung (Empfehlung I A) Calciumantagonisten (Dihydropyridine, Diltiazem, Verapamil): kontraindiziert

positiv inotrope Substanzen :

1



- indiziert bei Hypotension oder peripherer Minderperfusion trotz ausreichendem Volumenstatus (llb C). Keine lnotropika bei fehlender Hypotension oder fehlendem Schock (III A), da erhöhtes Risiko für Arrhythmien, Myokardischämie und Tod. wenn Katecholamine/positiv inotrope Substanzen notwendig: Absetzen von Betablockern, 1m Schock auch von Nitraten, ACE-Hemmern, Angiotensin-1-Rezeptorantagonisten - Dobutamin: - Mittel der Wahl zur lnotropiesteiqerunq; dosisabhängig postiv inotrop und chronotrop, ferner leichte arterielle Vasodilatation (durch HZV-Steigerung resultiert verminderter Gefäßwiderstand)(~ 2.1.3.12) - niedrigdosiert v.a. positiv inotrop bei stabilem myokardialen OrVerbrauch, in hoher Dosierung (> 15 µg/kg/min) steigen Herzfrequenz und Sauerstoffverbrauch an - dosisabhängiger Herzfrequenzanstieg aber geringer als bei anderen Katecholaminen, bei Vorhofflimmern dennoch deutlich (beschleunigte AV-Überleitung) - inotroper Effekt unter Kombination mit PDE-Hemmern stärker als unter Dobutamin alleine - bei Dauergabe(> 24-48 h) droht Toleranzentwicklung

- PDE-Hemmer: - inotrope + vasodilatierende Effekte, Hypotoniegefahr bei niedriger Vorlast (wegen der Vasodilatation) - indiziert als Kombinationspartner bei unreichendem Effekt von Dobutamin (Empfehlung lla C) - keine Toleranzentwicklung (im Gegensatz zu Beta-Agonisten)

- Levosimendan: - Calcium-Sensitizer: positiv inotrop (durch gesteigerte Calciumempfindlichkeit der kontraktilen Proteine) + vasodilatierender Effekt (durch K+-Kanal-Öffnung) - lange Wirkdauer: nach lnfusionsende noch> 48 h effektiv (HWZ "' 80 h) - indiziert bei low cardiac output ohne schwere Hypotension (nicht bei RR < 85 mmHg) - bei Betablocker-induzierter Hypotension/Hypoperfusion: bevorzuge Levosimendan oder PDE-Hemmer gegenüber Dobutamin (llb C)

Vasopressoren: - Noradrenalin (Empfehlung llb C) ■

- indiziert nur bei therapierefraktärem Schock (d.h. bei unzureichendem Effekt unter lnotropika und ausgeprägter Hypotonie, v.a. bei reduziertem peripheren Gefäßwiderstand), Komb. mit Dobutamin sinnvoll

- Adrenalin - nur indiziert bei Versagen der anderen lnotropika bzw Vasopressoren sowie bei CPR

Oberstes Ziel der hämodynamischen Schocktherapie ist die Erzielung einer ausreichenden Organperfusion unter minimalem Einsatz von Katecholaminen.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

263

Anmerkung: Bei akuter Dekompensation kann eine Sinustachykardie (100-120/min) bestehen. Mit Abnahme von Dyspnoe, Hypoxie und Stress sinkt auch die Herzfrequenz, ein in dieser Situation i.v.-applizierter Betablocker bedroht den Patienten vital (weil ein hochgradig insuffizienter linker Ventrikel über eine erhöhte Herzfrequenz kompensiert).

Adjuvante Therapie: - Opiate: Morphin (2,5-5 mg) i.v. bei Unruhe und Dyspnoe, bei Bedarf WH (Empfehlung llb B) - Ausgleich von Elektrolytstörungen (v.a. K+ und Mg2+) - Ausgleich Säure-Basen-Haushalt (wenn Normoxie und Normokapnie): ab Basendefizit > 10 mmol/I bzw. pH < 7,25 ist Pufferung mit Natriumbikarbonat indiziert (1 mmol/kg) (Anmerkung:



metabolische Azidose vermindert Ansprechbarkeit von Adrenozeptoren und wirkt damit negativ inotrop)

Herzrhythmusstörungen: (q 2.11) - Bradykardie: initial Atropin, wenn unzureichend passagere Schrittmacherstimulation v.a. bei AV-Block II. Grades Typ Mobitz, AV-Block III. Grades, Sinusarrest> 3 sec - supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien: bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion - aber ohne Schock - ist Amiodaron das Antiarrhythmikum der Wahl. - Bei Vorhoflimmern mit tachykarder Überleitung (Tachyarrhythmie) sind Digoxin u/o Betablocker zu bevorzugen (lla C)- jedoch kein Betablocker bei Hypotension. Alternativ Amiodaron {llb B). - Im kardialen Schock werden Tachykardien vorrangig durch Kardioversion terminiert. mechanische Kreislaufunterstützung: - IABP (lntraaortale Ballon.P,umpe) im Einzelfall bei therapierefraktärem kardiogenem Schock infolge einer Myokardischämie (mit nachfolgender Koronarintervention oder operativer Revaskularisation) oder infolge einer höhergradigen Mitralklappeninsuffizienz oder Ruptur des lnterventrikularseptums (mit nachfolgender operativer Intervention). Zurückstufung, da in IABP-Shock 2 kein Überlebensvorteil unter IABP bei kardiogenem Schock infolge Infarkt mit früher Revaskularisation (NEJM 367: 1287-1296 (2012))

- ventrikuläre Assistenzsysteme/ECMO: bei therapierefraktärem kardiogenen Schock bis zur hämodynamischen Stabilisierung (üblicherweise nach Therapie der Grunderkrankung) oder als Bridging bis zur Herztransplantation.

Kausale Therapie bei akuter Herzinsuffizienz kardialer Genese akutes Koronarsyndrom (q 2.16.3): - bei kardialem Schock ist eine sofortige Herzkatheteruntersuchung mit Möglichkeit zur g_erkutanen Koronarintervention (PCI) indiziert - erwäge in Einzelfällen (präklinische) Thrombolyse bei progredientem Pumpversagen im lnfarktfrühstadium (2 h), dann schnellstmöglich PCI - Rechtsherzinfarkt {dran denken bei Trias: Hypotension, keine Lungenstauung, HinterwandSTEMI; Bestätigung durch ST-Hebung in rechtspräkordialer Ableitung V4R): keine Nitrate, sondern Volumen; dann rasche PCI mechanische Ursachen: - Komplikationen nach Myokardinfarkt: Papillarmuskelruptur (=> schwere Mitralklappeninsuffizienz), Ventrikelseptumruptur, Ruptur der freien Wand: rasche herzchirurgische Intervention - Lungenembolie (q 2.17): Thrombolyse als Therapie der Wahl - Perikardtamponade: Perikardpunktion lebensbedroh liehe Arrhythmien : - elektrische Kardioversion bei Tachykardien - Schrittmacherstimulation (transkutan oder passager transvenös) bei Bradykardien

Uberwässerung

Pharmakon/ Maßnahme

Furosemid Torasemid wenn Standard Furosemid-Bolus unzureichend Furosemid-lnfusion Torasemid refraktär auf + HCT Schleifendiuret. + Spironolacton weiterhin Nierenersatzverrefraktär fahren/Ultrafiltration Standard

lniti

is

Anmerkung

( 20-40

10-2 40-10 5-40 20-10 25-50 25-5

.V. V.

Startdosen abhängig von Diurese erhöhen

Standarddosen (s.o.) bei vorbestehender V. Diuretikatherapie - speziell bei höhergradiger .v. Niereninsuffizienz - unzureichend besser als hochdosierte Schleifendiuretika alleine .V.

Indikation: therapierefraktäre Uberwässerung, Hyperkaliämie (K+ > 6,5 mmol/1), Azidose (pH < 7,2 , Kreatinin > 3,4 m /dl, Harnstoff> 150 m /dl

1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

264

Diuretika - Allgemeines: - Dosistitrierung abhängig vom Effekt, bei begleitender Niereninsuffizienz höhere Dosen notwendig - regelmäßige Kontrollen von Na+,~ und Nierenfunktion (alle 1-2 Tage), K+ und Mg 2+ -Verluste ersetzen - unter i.v.-Gabe von Schleifendiuretika besteht ein diureseunabhängiger früher (5-30 min) vasodilatierender Effekt. Kombination von Vasodilatatoren und Diuretika ist besser als alleinige hochdosierte Diuretikagabe. (modifiziert aus: ESC-Guideline/heart failure 2008 + 2016)

Vasodilatatoren bei akuter Herzinsuffizienz Pharmakon

Indikation

Be inn mit 10-20 inn mit 1 m

Dosis /min, steigern bis 200 µg/min ern bis 10 m /h

(modifiziert aus: ESC-Guldeline/heart failure 2016)

Katecholamine bei akuter Herzinsuffizienz Gruppe

Pharmakon Dobutamin

Bolus nein

Dopamin

nein

Dauer abe 2-20 µg/kg/min

Anmerkun bei Vormedikation mit Betablocker höhere Dosen 15-20 /k min als lnotropikum nur 2. Wahl

3-5 µg/kg/min (ß) Katecho>5 /k /min a, lamine Adrenalin nein, außer 0,05-0,5 µg/kg/min bei unzureichendem Ansprechen auf bei CPR 1 m i.v. lnotro ika + anhaltender H otonie Noradrenalin nein 0,2-1 ,0 µg/kg/min siehe Adrenalin; für Noradrenalin ist Kombination mit Dobutamin sinnvoll PDEMilrinon 25-75 µg/kg 0,375-0,75 in Kombination mit Dobutamin bei Hemmer l - - - - - - - - 1 1 - - ==:......:..:;...=.:::...:.:..:..:..:.:..-4--_ über 10-20 min /k /min Vormedikation mit Betablocker oder _c;;;z;.;.;;;z;..;.:.:..:..:..:...._-1 Enoximon 0,5-1,0 mg/kg 5-20 ~Lg/kg/min unzureichendem Effekt unter Dobuüber 5-10 min tamin alleine Ca Levosimendan 12 µg/kg 0,1 (0,05 bis max kostenintensiv, zu bevorzugen bei Sensitizer über 10 min 0,2 /k /min Betablocker-induzierter H potension (modifiziert aus: ESC-Guidellne/heart failure 2016)

2.15.6

Chronische Herzinsuffizienz Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) 2016 / 2021

Nicht-medikamentöse Therapie und Verhaltensempfehlungen tägliche Gewichtskontrolle flexi ble Diuretikaeinnahme entsprechend Symptomen und Flüssigkeitsbilanz Limitierung der Flüssigkeitszufuhr auf 1,5-2,0 I/d bei schwerer Herzinsuffizienz, nicht routinemäßig bei leichter Herzinsuffizienz



begrenzte Kochsalzzufuhr(< 3 g/d), kein Nachsalzen Reduktion koronarvaskulärer Risikofaktoren, u.a. Nikotinkarenz begrenzter Alkoholkonsum (Männer max 30 g/d, Frauen max 20 g/d => 0.5/0.33 1 Bier oder 0.25/0.2 1 Wein), bei alkoholtoxischer Kardiomyopathie Alkoholkarenz Gewichtsnormalisierung bei BMI > 30, bei moderater und schwerer Herzinsuffizienz keine

■ ■

routinemäßige Gewichtsreduktion

Pneumokokken- und jährliche Grippeimpfung regelmäßige körperliche Bewegung bei stabiler Herzinsuffizienz, Bettruhe bei akuter/ dekompensierter Herzinsuffizienz

■ -

keine Reisen in große Höhe (> 2000 m), heißes oder feuchtes Klima; kurze Flüge günstiger als längere Reisen mit anderen Transportmitteln; bei schwerer Herzinsuffizienz können lange Flüge zu Dehydratation, peripheren Ödemen und Phlebothrombosen führen.

Anmerkung: Anstreben von Normalgewicht, da Übergewicht v.a. bei körperlicher Aktivität zusätzlich belastet. Begrenzung der Salzzufuhr, um eine Flüssigkeitsretention zu vermeiden. Tägliche Gewichtskontrolle: bei Anstieg > 1 kg/24 h oder > 2 kg/Woche => Arztkonsultation. Alkohol kann das Herz schädigen => Mengenbegrenzung.

265

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.15.6.1

Übersicht

Herzinsuffizienz mit verminderter Ejektionsfraktion

~

HFrEF (EF < 40 %)

Senkung der Sterblichkeit - für alle Pat.

1

Senkung Herzinsuff-Hospitalisierung/Mortalität - für ausgewählte Pat.

1

Sinusrhythmus+ Linksschenkelblock 130-149 ms oder nicht-Linksschenkelblock > 150 ms: CRT (kardiale Resynchronisationstherapie)

1CD Vorhofflimmern: PVI (Pulmonalvenenisolation)

Digitalis

4

koronare Herzkrankheit:

Eisenmangel:

koronarer Bypass

Eisen(lll)carboxymaltose

Mitralklappeninsuff.: Herzfrequenz Sinuskatheterbasierte rhythmus > 7O/min:

MK-Reparatur

Nicht-ischämische Ätiologie: (implantierbarer Cardioverter Defibrillator)

lvabradin

5

Schwarze Pat:

Hydralazin/ ISDN 6

1

für ausgewählte Pat. mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz Mechanische Kreislaufunterstützung als "bridge-to-

langfristige mechanische Kreislaufunterstützung

transplant" oder .bridge-to-candidacy" Indikation

als Zieltherapie

Verringerung von Herzinsuff-Hospitalisierung und Verbesserung Lebensqualität - für alle Pat.

,- -~~·~:~·-\-,,,:-,._:-:/~- :' '.:, -,·-,,· :.~, ,-· 70 J.) mit EF < 35 % oder Hospita- keit + Hospitalisation ...1, lisation weaen Herzinsuff. (RRR 14 %, ARR 4 %) NYHA II-IV Carvedilol: nach ca 5 mit EF < 35 % J. Gesamtmortalität -l, (RRR 17 %, ARR 6 %)

Tab. 2.94: Studienübersicht Betablocker.

Anmerkuna ARR4,3 % NNT = 23 (Vermeidung 1 TodesfalJ) ARR 7,1 % NNT = 14 Gesamtmortalität alleine nur im Trend gesenkt In COMET kurzwirkendes Metoprolol-Tartrat, in MERIT-HF retardiertes Metoprolol-Succinat (Zok ~ zero order kinetics)

RRR "" relative Risikoreduktion ARR :::: absolute Risikoreduktion

1



2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

268

Kommentare und weitere Studien: MERIT-HF: Metoprololsuccinat-Zok (Zok ::::: zero order kinetics ~ Retardform mit Wirkstoffabgabe nach Kinetik nullter Ordnung. Beachte die hohe Metoprololdosis (200 mg/d), wobei durch die retardierte Form der Wirkstoff kontinuierlich über mehr als 20 h abgegeben wird. COMET: erstmals Vergleich zweier Betablocker bei Herzinsuffizienz. Ob der Vorteil von Carvedilol versus kurzwirkendem Metoprololtartrat allein ein substanzspezifischer Effekt ist, bleibt unklar. Kritikpunkt: das Ausmaß der Betablockade unter 100 mg Metoprololtartrat ist geringer als unter 50 mg Carvedilol (gemessen an der Herzfrequenzsenkung). CIBIS-111: Ersteinstellung bei Herzinsuffizienz NYHA 11-111 entweder mit Bisoprolol (Zieldosis 10 mg) oder Enalapril (Zieldosis 1O mg), wobei nach 6 Monaten jeweils das andere Pharmakon hinzugefügt wurde: primärer Endpunkt (Gesamtmortalität plus Hospitalisation) in beiden Gruppen nicht signifikant unterschieden. (n = 1010) Anmerkung: bislang wurden herzinsuffiziente Patienten zunächst auf einen ACE-Hemmer eingestellt, später wurde ein Betablocker hinzugefügt. Nach CIBIS-11I kann die Erstmedikation frei gewählt werden (ACE-Hemmer oder Betablocker). Metaanalyse zum Nutzen von Betablockern bei Herzinsuffizienz: bei Sinusrhythmus nachgewiesene Prognoseverbesserung, bei Vorhofflimmern hingegen keine Prognoseverbesserung. Fazit: Betablocker sind bei Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern zur Frequenzkontrolle weiterhin Mittel der Wahl, auch wenn keine Prognoseverbesserung erreicht wird. Lancet 384: 2235-2243 (2014)

2.15.6.4a Aldosteronantagonisten ~ Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA)

II

Aldosteronantagonisten sind bei symptomatischer Herzinsuffizienz (NYHA 11-IV) und bei EF < 40 % indiziert (Empfehlung I A). Sie führen zu symptomatischer und prognostischer Verbesserung, wobei weniger der diuretische Effekt als vielmehr die neurohumorale Suppression (wegen Aldosteronproduktion tt) bedeutsam ist. Beachte unbedingt regelmäßige Kaliumkontrollen (keine Neuverordnung bei Kalium > 5,0 mmol/I oder Kreatinin > 2,5 mg/dl, Absetzen des Aldosteronantagonisten bei Kalium > 5,5 mmol/I), da es unter vermehrter Anwendung von Aldosteronantagonisten zu einer erhöhten Hyperkaliämie-assoziierten Morbidität und Mortalität gekommen ist (NEJM 351: 543-551 (2004)).

Aldosteronantagonisten weisen bei der Herzinsuffizienz einen additiven Effekt zur Standardtherapie bestehend aus ACE-Hemmer, Diuretikum und Betablocker auf. Studie / Pharmakon RALES (n = 1663) Spironolacton (25 mg/d) versus Placebo EMPHASIS-HF (n 2737) Eplerenon (50 mg/d) versus Placebo

-

Erkrankuna Herzinsuffizienz mit EF < 35 °/o unter ACE-Hemmer, Schleifendiuretikum und meist Diaoxin EF < 30 % und NYHA II (< 35 % wenn QRS > 130 ms)

Eraebnis nach 2 J Gesamtmortalität .J,

Anmerkuna NNT=9 (Vermeidung 1 (RRR 30 %, ARR 11 ,4 %) Todesfall nach 2 J.) NNT = 13 für Vernach 21 Mo. komb. Endpunkt (kardiovask. meidung 1 komb. Tod, Hospitalisierung).J, Endpunkt; (RRR 27 %, ARR 7,6 %)

=

NNT 33 für Vermeiduna 1 Todesfall

EPHESUS (n = 6632) EF < 40 % nach Myokardinfarkt; nach 16 Mo. Sterbadditiv zur ACE-Hemmer, DiureEplerenone (50 mg) ichkeit ..1. (RRR 15 %, tikum, Betablocker versus Placebo ARR 2,3 %) Tab. 2.95: Studienübersicht Aldosteronantagonisten. RRR"" relative Risikoreduktion ARR "" absolute Risikoreduktion

2.15.6.4b

SGLT2-lnhibitoren: Dapagliflozin , Empagliflozin

(q 8.1.2.9)

Unter Standardtherapie (ACE-Hemmer + Betablocker+ Aldosteronantagonist + Diuretikum) bessert Hinzugabe von SGLT2-lnhibitoren die Symptomatik und Prognose zusätzlich - daher sind SGLT2lnhibitoren seit 2021 neuer Standard bei Herzinsuffizienz mit EF < 40 % für alle Pat - unabhängig, ob ein Diabetes mellitus besteht oder nicht.

Erkrankuna Studie / Pharmakon DAPA-HF NYHA II-IV mit EF < 40 % (n = 4743) unter Standardtherapie Dapagliflozin vs. Placebo + Diabetes mellitus EMPEROR-Reduced NYHA II-IV mit EF < 40 % (n = 3730) unter Standardtherapie Empagliflozin vs Placebo + Diabetes mellitus

Eraebnis Nach 1,5 J komb. Endpunkt

Anmerkuna

Kardiovask. Sterblich(kardiovaskulärer Tod, Ver- keit um 18 % gesenkt, schlechterung Herzinsuff.) ..J, Gesamtsterblichkeit um 17 % um 16 °/o (16,3 % vs21 ,2%) Nach 1,3 J komb. Endpunkt Hospitalisierungen (kardiovaskulärer Tod, Ver- wegen Herzinsuff. um schlechterung Herzinsuff.) ..J, 30 % reduziert um 25 % (19.4 % vs 24.7%)

269

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Pharmaka für selektierte Herzinsuffizienz-Pat mit EF s 40°/o 2.15.6.5

Diuretika

Diuretika sind bei jeder Herzinsuffizienz mit Flüssigkeitsretention (Lungenstauung oder periphere Ödeme) oder ehemals vorgelegener Flüssigkeitsretention indiziert (Empfehlung 1 A). Es ist immer eine Kombination von Diuretika mit ACE-Hemmern anzustreben. (Empfehlung I C). Kontrollierte Studien zum überleben sind jedoch nicht verfügbar.



Von Nachteil jedoch sind Elektrolytverluste und die mögliche Stimulation von RAAS und Sympathikus mit Gefahr der weiteren Progression der Herzinsuffizienz. In der Kombination mit ACE-Hemmern wird eine neurohumorale Stimulation vermieden, durch die additiven Effekte droht ein überschließender RR-Abfall (=> einschleichende Dosierung). Bevorzugt werden Thiaziddiuretika (Hydrochlorothiazid), da eine protrahierte Wirkung besteht und die K+-Effekte (ACE-Hemmer => K+ t ; Thiazid => K+ .J,) sich ausgleichen. Für stärkere Diurese u/o bei Niereninsuffizienz (GFR < 30 ml/min) werden Schleifendiuretika eingesetzt. Bei therapieresistenten Ödemen ist die Kombination von Schleifendiuretikum und Thiazid (=> ,,sequentielle Nephronblockade") sinnvoll (9 5.1.9.3). Bei der Kombination von K+-ausscheidenden Diuretika mit ACE-Hemmern und Aldosteronantagonisten ist eine Kaliumsubstitution normalerweise nicht notwendig.

2.15.6.6

lvabradin

Präparat mit Inhibition des lf-Kanals im Sinusknoten => Herzfrequenzsenkung bei Sinusrhythmus, aber kein Effekt bei Vorhofflimmern. q 2.2.2

Empfehlung bei Sinusrhythmus > 70/min für lvabradin bei persistierender NYHA 11-IV mit EF < 35 % unter Standardtherapie: ACE-Hemmer, Diuretikum, Betablocker und Aldosteronantagonist (Empfehlung lla B) oder bei Unverträglichkeit von Betablockern

1

(Empfehlung lla C).

Studie SHIFT (n =6588)

Pharmakon Erkrankuna Jvabradin (2 x NYHA II-IV mit EF < 35 %, 7,5 mg) Sinusrhythmus > 70/min versus Placebo unter ACE-Hemmer, Diuretikum, Betablocker, Aldosteronantaaonist

Tab. 2.96: Studienübersicht lvabradin.

Eraebnis nach 2 J komb. Endpunkt (kardiovask. Tod, Hospitalisation) .J, (RRR 18 %, ARR 4,2 %)

Anmerkuna NNT =24(Vermeidung 1 komb. Endpunkt nach 2 J .)

Reduktion kardiovask. Tod oder Gesamtmortalität nicht signifikant

RRR "" relative Risikoreduktion ARR ,:,: absolute Risikoreduktion

Pharmaka mit geringerem Nutzen bei Herzinsuffizienz mit reduzierter EF 2.15.6.8

Digitalis

Herzglykoside sind zur Frequenzkontrolle bei Tachyarrhythmie indiziert (chronische Herzinsuffizienz + Tachyarrhythmie) als 2. Wahl hinter dem Betablocker: entweder als Kombinationspartner bei unzureichendem Effekt des Betablockers oder bei Betablockerunverträglichkeit) (beide Empfehlung lla B). Digoxin kann bei NYHA II-IV, EF < 40 % und Sinusrhythmus trotz optimaler Medikation und etwaiger Device-Therapie erwogen werden (llb B), dann mit niedrigen Zielserumspiegeln. Digoxin bewirkt eine symptomatische Besserung mit verminderter Hospitalisierung, jedoch keine allgemeine Sterblichkeitssenkung. Retrospektive Analysen zeigen einen dosisabhängigen prognostischen Effekt: Überlebensvorteil bei niedrigem Digoxinspiegel (0,5-0,8 ng/ml, kein Unterschied bei mittleren Spiegeln (0,9-1, 1 ng/ml) und eine Übersterblichkeit bei hohen Spiegeln (> 1, 1 ng/ml). Bei Herzinsuffizienz ist nur Digoxin umfassend untersucht, Digitoxin hingegen nicht.

1

270

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Studie / Pharmakon Erkrankuna Eraebnis Anmerkuna DIG (n = 7788) NNT = 13 Herzinsuffizienz (EF < 45 °/o) nach 3 J HospitaliDigoxin (0,25 mg/d) versus im Sinusrhythmus unter ACE- sierung .J, (RRR 28 %, Placebo ARR 7,9 % ) Hemmer und Diuretikum Tab. 2.98: Studienübersicht Digitalis. RADIANCE: Absetzen von Digoxin (placebokontrolliert) führte bei stabiler chronischer Herzinsuffizienz unter Digoxin , Diuretika und ACE-Hemmer zu einer signifikanten Verschlechterung der Symptomatik.

1

Indikationen für Herzglykoside: - Als lnotropikum nur Reservepräparat bei chronischer Herzinsuffizienz (Sinusrhythmus) NYHA II-IV - Als Antiarrhythmikum bei Herzinsuffizienz plus Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern/-flattern, wenn Betablocker unzureichend oder unverträglich (q 2.11.2.4.2)

2.15.6.9 Pharmaka ohne Empfehlung oder kontraindiziert Pharmaka Statine



1

1

Emofehluna keine

Ren in-Inhibitor Aliskiren orale Antikoagulantien

keine

Calciumantaaonisten* Katecholamine, PDE-Hemmer

kontraindiziert

Glitazone NSAID und COX-2-Hemmer mehrere RAASBlocker plus Aldosteronant.

kontraindiziert kontraindiziert

keine

kontraindiziert

kontraindiziert

Erläuteruna In CORONA (n = 5011) und GISSI-HF (n = 4574) wurden Pat mit chronischer Herzinsuffizienz NYHA II-IV und EF < 40 % untersucht: keine Sterblichkeitssenkuna wegen fehlenden Nutzens keine Alternative zu ACEHemmern oder Angiotensin-I-Blockern nur indiziert bei gleichzeitigem Vorhofflimmern (q 2.11.2.4) oder intrakardialen Thromben. Keine Indikation bei linksventrikulärer Dysfunktion und Sinusrhythmus. Verapamil und Diltiazem (neg. inotrop) steigern Risiko für Herzinsuffizienz-Progression -Hopitalisation (III C). führen unter Dauergabe bei der chronischen Herzinsuffizienz zu einer erhöhten Sterblichkeit nur bei der akuten Herzinsuffizienz (q 2.17.5) indiziert Gefahr einer Herzinsuffizienzverstärkung (Empfehlung III A) Na•- und Wasserretention, verschlechterte Nierenfunktion, verstärkte Herzinsuffizienz (Empfehlung III B) zusätzlich Angiotensin-I-Blocker oder Renin-lnhibitor zur Kombination ACE-Hemmer plus Aldosteronantagonist: Gefahr von Nierendysfunktion und Hyperkaliämie

Tab. 2.99 * Auch Calcium-Antagonisten vom Nifedipin-Typ bewirken keine Symptombesserung , sind prognostisch ungünstig und daher bei der Herzinsuffizienz nicht indiziert. Ausnahme: bei begleitender therapierefraktärer Hypertonie können Amlodipin (1 A) und Felodipin (lla B) (keine Übersterblichkeit bei NYHA III und IV) eingesetzt werden.

2.15.6.10

nicht-pharmakologische Verfahren

biventrikuläre Stimulation

~

kardiale Resynchronisationstherapie (CRT)

Mit zunehmender Herzinsuffizienz kann es zu intraventrikulären Leitungsstörungen (typisch: Linksschenkelblock) und daraus resultierender asynchroner Kontraktion kommen . Durch diese elektromechanische Dyssynchronie wird die Ventrikelfunktion weiter reduziert (verkürzte Diastole, funktionelle Mitralinsuffizienz), es kommt zu Ventrikeldilatation und progredienter Herzinsuffizienz (echokardiographisch „eiert" der Ventrikel, sog . .,Hula-Hupp-Phänomen" durch gegenseitiges regionales überdehnen). Durch biventrikuläre Schrittmacherstimulation (3-Kammer-Schrittmacher: Elektroden in rechtem Vorhof, rechtem Ventrikel und Sinus coronarius zur Stimulation des linken Ventrikels) kann die asynchrone Kontraktion - ohne Erhöhung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs wieder resynchronisiert werden (kardiale Resynchronisationstherapie ~ CRT). Unter biventrikulärer Stimulation wurde eine verbesserte Belastbarkeit und neuerdings auch eine verbesserte Prognose nachgewiesen. Für das technisch aufwendige Verfahren sind definierte Kriterien zur Patientenidentifikation gefordert.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Studie / Veraleich COMPANION (n = 1520) CRT-ICD versus CRT-PM versus kein CRT CARE-HF (n =813) CRT-PM versus kein CRT

271

Erkrankuna NYHA III-IV, EF < 35 %, QRS 2 120 ms, SR unter optimaler Medikation

Eraebnis Anmerkuna nach 16 Mo. komb. Endpunkt NNT = 12 alleiniger Endpunkt (Gesamtmortalität, Hospitalisierung) .J, Gesamtmortalität nur bei CRTunter CRT RRR 24 %, unter CRT-ICD RRR 36 %, ARR 8,6 % ICD signifikant .J, (RRR 36 %) nach 29 Mo. komb. Endpunkt NNT=6 NYHA III-IV, EF < 35 %, alleiniger Endpunkt Gesamtmor(Gesamtmortalität, Hospitalisierung) .J, QRS 2 120 ms, SR talität signifikant .J, (ARR 10 %) unter ootlmaler Medikation RRR 36 %, ARR 16 % RAFT NYHA 11-(111), EF < 30 %, nach 40 Mo. komb. Endpunkt NNT = 14 ICD versus CRT-ICD (Gesamtmortalität, Hospitalisierung) .J, alleiniger Endpunkt GesamtmorQRS > 120 ms, SR talität signifikant,!. (RRR 25 %) unter optimaler Medikation RRR 25 %, ARR 7 % Tab. 2.100: Studienübersicht kardiale Resynchronisation. RRR ""' relative Risikoreduktion ARR ""' absolute R.

kontraindiziert

.•

l. 0 100 110 120 kontraindiziert

indiziert

LSB: llb B l.

0 LSB: lla B

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150 130 140 erwäge (kann)

160 170 erwäge (sollte)

180

QRS-Dauer (ms)

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Abb. 2.71: CRT-lndikation (Voraussetzung: symptomatische Herzinsuffizienz mit EF < 35 % trotz optimaler medikamentöse Therapie und Lebenserwartung > 1 Jahr): - CRT empfohlen bei QRS > 130 ms und Linksschenkelblock bei Sinusrhythmus: Symptome .J,. Prognose t (1 A für 2 150 ms, 1 B für 130-149 ms) - CRT empfohlen statt rechtsventrikulärer Stimulation bei Schrittmacherindikation infolge hochgradigem AVBlock - unabhängig von NYHA und SinusrhythmusNorhofflimmern (1 A) - Erwäge CRT bei QRS 2 130 ms und Nicht-Linksschenkelblock bei Sinusrhythmus: Symptome .J,. Prognose t (lla B für 2 150 ms, llb B für 130-149 ms) - Keine CRT bei QRS < 130 ms (III}



implantierbare Kardioverter/Defibrillatoren (ICD) Studie / Veraleich SCD-HeFT (n = 2521) Placebo versus Amiodaron vs ICD

Erkrankuna NYHA 11-111 mit EF < 35 %, keine symptomatischen Kammertachykardien, ischämische und nichtischämische Genese, unter Standardmedikation MADIT-11 Z.n. Myokardinfarkt, EF < 30 % unter ICD versus kein ICD Standardmed., meist NYHA 11-111 Tab. 2.101 : Studienübersicht ICD zur Primärprävention.

Eraebnis Anmerkuna nach 45 M. Sterblichkeit unter ICD NNT = 14 (Vermeidung 1 .J, (RRR 23 %, ARR 6,9 %). Todesfall) Amiodaron- Sterblichkeit ~ unter ICD Sterblichkeit .J, (RRR 31 %)

ICD-lndikation: (Kontraindikation bei Lebenserwartung < 1 Jahr) - Sekundärprävention nach überlebtem .P.lötzlichen Herz!od (PHT) oder symptomatischen anhaltenden ventrikulären Tachykardien (Empfehlung I A) - Primärprävention bei hohem PHT-Risiko: NYHA 11-111 und EF< 35 % trotz mind. 3-monatiger optimaler medikamentöser Therapie (Empfehlung I A bei ischämischer Genese (ICD frühestens 40 Tage nach Infarkt), Empfehlung II A bei nicht-ischämischer Genese) Neu: bei hohem PHT-Risiko tragbare Defi-Weste vorübergehend o. zur Überbrückung bis zur ICD-lmplant. (llb C)

Herztransplantation Indikation bei schwerster therapierefraktärer Herzinsuffizienz (Empfehlung I C). Kontraindikationen in den meisten Zentren: > 60 Jahre, Drogen-/Alkoholabusus, schwere andere Grunderkrankungen (Malignome, systemische Infektionen, schwere Nieren- oder Leberinsuffizienz), fixierte pulmonale Hypertonie. 5-Jahres Überlebensrate nach Herztransplantation 70-80 %. Im ersten Jahr v.a. Abstoßungsprobleme , die Langzeitprognose wird v.a. von Konsequenzen der Immunsuppression (Infektionen, Hypertension, Nierenfunktionsstörungen, Transplantatvaskulopathie, Malignome) bestimmt.

■ ■

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

272

2.15.6.11

Komorbiditäten

Herzinsuffizienz ist nicht nur systolische Dysfunktion. Dyspnoe und Ödeme bei Herzinsuffizienz werden durch einige kardiale und extrakardiale Erkrankungen unmittelbar beeinflusst: -

kardiovaskulär: lschämie/KHK - Vorhofflimmern Hypertonie - ventrikuläre Arrhythmien Klappendysfunktion - Bradykardie diastolische Dysfunktion

nicht-kardiovaskulär: - Anämie - Lungenerkrankung - Niereninsuffzienz - Schilddrüsendysfunktion

Denke an Erkennung und Therapie von Komorbiditäten ! stabile Angina pectoris: - bevorzuge Betablocker (1 A) - bei Betablockerunverträglichkeit/-Kontraindikation oder unzureichendem antianginösen Effekt: lvabradin (lla B), Amlodipin (llb B), Nitrate (lla A) - kein Diltiazem oder Verapamil (negativ inotrop => verstärkte Herzinsuffizienz) - Myokardrevaskularisation bei persistierenden Beschwerden/Ischämien unter Medikation (1 A)

• ■



Hypertonie: - Empfehlung (1.-3.Linientherapie) wegen Prognoseverbesserung: ACE-Hemmer (oder AG-IBlocker), Betablocker, Aldosteronantagonist (1 A) Falls notwendig, zusätzlich: Thiaziddiuretikum (1 C) Falls notwendig, zusätzlich: Amlodipin (1 A) oder Felodipin (lla B) kein Moxonidin, da Sterblichkeit t (III B), keine Alpha-Blocker, da Herzinsuffizienz verstärkt (II I A) kein Diltiazem oder Verapamil, da negativ inotrop => verstärkte Herzinsuffizienz (III C) Vorhofflimmern: - häufigste Rhythmusstörung bei Herzinsuffizienz: Gefahr thrombembolischer Komplikationen und einer systolischen Herzinsuffizienz bei tachykarder Überleitung i.S. einer „Tachykardiomyopathie". - Tachyarrhythmie und hämodynamisch instabil: Kardioversion in Kurznarkose (1 C). - Tachyarrhythmie und hämodynamisch stabil: Frequenz- oder Rhythmuskontrolle ? Keine Strategie überlegen bzgl. Sterblichkeit oder Morbidität - Frequenzkontrolle: bei NYHA 1-111 Betablocker p.o. (1 A), ggfs. plus Digitalis, wenn unzureichend: Amiodaron statt Digitalis. Bei NYHA IV Amiodaron i.v. oder Digoxin i.v. (lla B) - Rhythmuskontrolle (NYHA I-IV): elektrische Kardioversion oder Amiodaron (II b B) zur Rhythmisierung, erwäge Amiodaron zur Rhythmusstabilisierung (vor und nach Kardioversion), keine Klasse I-Antiarrhythmika, kein Dronedaron (III A) -

1

Ultima ratio bei Versagen Pharmakotherapie: AV-(Knoten)-Ablation (Pat ggfs. schrittmacherpflichtig) {llb B)

Ventrikuläre Arrhythmien: - auslösende Faktoren (Ischämie, Elektrolytstörung, proarrhythmogene Pharmaka) beseitigen (lla C) - optimierte Herzinsuffizienztherapie: u.a. ACE-Hemmer, Betablocker, Aldosteronantagonist (1A) - symptomatische oder anhaltende Kammertachykardien: ICD (1 A) - !CD-Patienten mit rezidivierenden symptomatischen Kammertachykardien oder Schocks (trotz optimaler Medikation und Programmierung): Amiodaron, wenn unzureichend: Ablation (lla C) - Asyptomatische, nicht-anhaltende Kammertachykardien: kein routinemässiges Amiodaron (fehlender Nutzen, Toxizität) , keine anderen Antiarrhythmika (speziell Klasse I C) oder Dronedaron (proarrhythmogen, Herzinsuffizienz verschlechtert, Sterblichkeit erhöht) - Bei Herzinsuffizienz kontraindiziert: Klasse I-Antiarrhythmika, Dronedaron, Calciumantagonisten vom Vera amil- oder Diltiazemt .

Keine Indikation für prophylaktische Antiarrhythmika bei Herzinsuffizienz (außer Betablocker). Amiodaron ist das effektivste Antiarrhythmikum bei supraventrikulären und ventrikulären Arrhythmien. Bei anhaltenden Kammertachykardien oder überlebtem Kreislaufstillstand ist Amiodaron dem implantierbaren Cardioverter Defibrillator (ICD) unterlegen. Obstruktive Atemwegserkrankung: - Betablocker bei COPD möglich und sicher, bei Asthma kontraindiziert.

273

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Eisenmangel und Anämie: - Eisenmangel kommt bei Herzinsuffizienz (wie auch bei anderen chronischen Erkrankungen) gehäuft vor und kann zu Anämie u/o Beeinträchtigung der Skelettmuskulatur ohne Anämie führen - Eisenmangel/Anämie bei Herzinsuffizienz ist assoziiert mit verschlechterter Symptomatik und erhöhter Sterblichkeit. - Bei Eisenmangel (s.o.) oder Anämie (Hämoglobin< 13,0 g/dl bei Männern bzw.< 12,0 g/dl bei Frauen) zuerst Ursachensuche (okulte Blutung? Eisen-Nitamin B12-/Folsäuremangel ?) - Eisen-Carboxymaltose i.v. steigert Lebensqualität (FAIR-HF) und Belastbarkeit (CONFIRM-HF) bei anämischen und nicht-anämischen Pat mit Herzinsuffizienz und Eisenmangel - definiert als Serumferritin < 100 µg/I oder Serumferritin 100-299 µg/I plus Transferrin-Sättigung < 20 % (lla A) - Die günstigen Effekte sind offensichtlich substanzspezifisch und nicht durch Eisen p.o. erzielbar - durch Erythropoesestimulation (Darbepoetin) lässt sich die Prognose nicht verbessern - NEJM 368: 1210-1219 (2013).

ACE-Hemmer Start-Dosis 3 X 6.25 m 2 x2.5 m

Zieldosis 3x50 m 2 x20 1 X 20-35 1 X 10 1 x4 m

1 X 2.5 m 1 X 0,5 m

1

ESC-Guidellneiheart failure 2016

Praktische Anleitung zur Dosierung von ACE-Hemmern: Indikation: Herzinsuffizienz NYHA I-IV. Kontraindikation: beidseitiger Nierenarterienstenose, Z.n. Angioödem, hochgradige Aortenklappenstenose, (möglicher) Schwangerschaft Vorsicht bei: Kreatinin > 2,5 mg/dl oder GFR < 30 ml/min, K+ > 5 mmol/I, RRsyst < 90 mmHg Niedrige Erstdosis Hochtitration (Dosisverdopplung frühestens alle 2 Wochen) auf Zieldosen anstreben oder bis zur maximal tolerablen Dosis (Empfehlung t A): lebensverlängemde Effekt unter hohen Dosierungen nachgewiesen Symptomatische Hypotension: häufig Schwindel.oft im Verlauf gebessert. Andere Vasodilatatoren möglichst reduzieren/absetzen. Bei fehlender Stauung erwäge Diuretikareduktion. Asymptomatische Hypotension: Werte bis 90 mmHg ohne Therapieänderung vertretbar. Husten: bei Herzinsuffzienz häufig (Stauung?), bei Husten durch ACE-Hemmer: durch ARB ersetzen Kreatinin/Elektrolyte: Krea-Anstieg um 50% des Ausgangswertes oder auf max 3,0 mg/dl ist akzeptabel, Kalium bis< 5,5 mmol/I ist akzeptabel. STOP ACE-Hemmer (oder ARB), wenn Kreatinin-Anstieg um > 100 %, oder auf> 3,5 mg/dl oder GFR < 20ml/min/1,73 m2 oder Kalium> 5,5 mmol/1. Anmerkung: meist kommt es unter ACE-Hemmern unabhängig vom Ausgangskreatininwert (aber~ 3 mg/dl) zu einem Anstieg um 1015 % und bleibt dann konstant. Kontrolle von RR, Nierenfunktion und Elektrolyten 1-2 Wo. nach jeder Dosissteigerung und dann alle 4 Mon.

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(ESC-Guidelines/chronic heart failure 2016)

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Praktische Anleitung zur Dosierung von Angiotensin-11-Rezeptorantagonisten: - Indikation: Herzinsuffizienz NYHA I-IV bei Intoleranz von ACE-Hemmern; in Kombination mit ACE-Hemmer nur bei UnverträglichkeiUKontraindikation für Aldosteronantagonist oder bei Symptomatik trotz optimaler Therapie incl. Betablocker.

- Dosierun , Laborkontrollen analo ACE-Hemmer

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

274

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ESC-Guideline/heart failure 2021

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Praktische Anleitung zur Dosierung von Valsartan / Sacubitril: Indikation: Herzinsuffizienz NYHA I-IV als Ersatz für ACE-Hemmer, ggfs. auch statt ACE-Hemmer bei Herzinsuffizienz-Ersteinstellung. KI: wie ACE-Hemmer, zusätzlich GFR < 30 ml/min , RRsyst < 90 mmHg. Keine Kombi mit ACE-Hemmer, sondern Auswaschphase des ACE-Hemmers mind. 36 h (Angioödeme) Hochtitration (Dosisverdopplung frühestens alle 2 Wochen) auf Zieldosis anstreben o. max. tolerable Dosis Elektrolyte: Kalium bis ::;_ 5,5 mmol/I ist akzeptabel; Laborkontrollen: analo ACE-Hemmer

Startdosis 1 X 1,25 m 2 X 3,125 mg 1 X 12,5-25 m 1 X 1,25 m

lolsuccinat ol

-

Praktische Anleitung zur Dosierung von Betablockern : Indikation: Herzinsuffizienz NYHA II-IV mit EF < 40 % als Erstlinientherapie zusammen mit ACE-Hemmer und Aldosteronantagonist (vorsichtiger Therapiestart bei NYHA IV) Kontraindikation: Asthma bronchiale (COPD ist keine Kontraindikation), AV-Block 11-111°, Sick-SinusSyndrom, kritische Extremitätenischämie; Vorsicht bei HF < 50/min, RRsyst < 90 mmHg Therapiebeginn nur bei kompensierter Herzinsuffizienz: keine lnotropika i.v., keine Flüssigkeitsretention sehr niedrige lnitialdosis (::< 1/10 der Zieldosis), sehr langsame Steigerung mit Dosisverdopplung nach frühestens 2 Wochen , wenn toleriert; Erhöhung bis zur Zieldosis bzw. max. tolerierten Dosis Überwachung von Herzfrequenz, RR und Klinik (Beschwerden ? Zeichen der Überwässerung ? Gewicht ?) Gefahren unter Betablocker: - Verschlechterung Herzinsuffizienz: Diuretikum erhöhen, wenn unzureichend => Betablocker halbieren - Asymptomatische Hypotension => keine Änderung zwingend - Symptomatische Hypotension => Vasodilatatoren (außer ACE-Hemmer/AG-11-Antagonist) reduzieren, wenn unzureichend=> Diuretika reduzieren , sofern keine Überwässerung => sonst Expertenrat - Bradykardie => bei HF < 50/min und Symptomverschlechterung => Betablocker halbieren, bei starker Verschlechterung absetzen. Indikation anderer bradykardisierender Pharmaka (Digitalis, Amiodaron, Diltiazem, Verapamil) überprüfen. EKG zum Ausschluß höhergradiger Blockierugen.

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Startdosis 1 X 25 m9

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Thiazid absetzen (e) erwäge Dosisreduktion ACE-Hemmer bzw. AngiotensinRezeptorblocker (f) erwäge Hämofiltration/Hämodialyse

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Pharmakon Furosemid Torasemid



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Startdosis

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ESC-Guideline/heart failure 2021

diuretika Thiazide

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SGLT2-lnhibitoren

Praktische Anleitung zur Dosierung von SGLT2-lnihibitoren : Indikation: Herzinsuffizienz NYHA I-IV - unabhängig ob Diabetes mellitus oder nicht KI: GFR < 20 ml/min , Schwangerschaft/Stillzeit, symptomatische Hypotension oder RRsyst < 95 mmHg Bei Diabetikern Bz-Kontrolle - v.a. bei Kombi mit anderen Antidiabetika; Typ 1 Diabetes ist keine absolute Kontraindikation, aber beachte erhöhtes Ketoazidose-Risiko Bei Hvootension/Dehvdratation: aafs. Diuretika reduzieren ; bei Krea-Anstieg an Dehydratation denken

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275

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-

Praktische Anleitung zur Dosierung von lvabradin : Indikation: Herzinsuffizienz NYHA II und IV mit EF ~ 35 °/o und Sinusrhythmus mit einer Ruhe-HF> 70/min (trotz leitliniengerechter Therapie) Kontraindikation: instabile Situation (AKS, zerebale lschämie/TIA, schwere Hypotension), schwere Leberoder Niereninsuffizienz; Vorsicht bei Ruhe-HF< 50/min , NYHA IV, CYP3A4-Substraten oder-Inhibitoren Start mit 2 x 5 mg (bei> 75 J 2 x 2,5 mg), angestrebte Ruhe-HF 50-60/min Bei HF < 50/min oder symptomatischer Bradykardie: lvabradin reduzieren, bradykardisierende Co-Medikation überprüfen, Interaktionen ausschließen. Bei Vorhofflimmern unter lvabradin => absetzen. visuelle Phänomene verschwinden üblicherweise in den ersten Monaten ESC-Guideline/heart failure 2016

276

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Pharmakon

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-

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langsame Sättigung {Gesamtdosis über 2-5 d

Erhaltungsdosis m d

Elimination

tägliche Abkling-

1,0m 1,0 m 1,0 mg 1,0 mg

0,05-0,07 0,1-0,5 0,1-0,4 0,1-0,3

he ./renal renal renal renal

7 20 20 15-20

Zielplasmaspiegel n /ml

0,5-0,8 0,5-0,8 0,5-0,8

> 1,5 > 1,5 > 1,5

Praktische Anleitung zur Dosierung von Herzglykosiden: Indikation: Herzinsuffizienz NYHA III und IV, bei Vorhofflimmern mit Tachyarrhythmie (Herzfrequenz in Ruhe> 80/min, unter Belastung> 11-120/min) unabhängig von der NYHA-Klassifikation, ferner: NYHA II, sofern unter Digitalis gebesserte Symptomatik Kontraindikation: AV-Block 11-111°, Siek-Sinus-Syndrom, akzessorische Leitungsbahnen Strebe therapeutisch niedrige Serumspiegel an (Digoxin 0,5-0,8 ng/ml) Beachte: erhöhte Nebenwirkungen bei Hypokaliämie

(B) Herzinsuffizienz mit EF 41-50 °/o

~

HFmrEF

Herzinsuffizienz mit mittelgradig reduzierter Ejektionsfraktion (EF 41-50 °/o) ACE-Inhibitor (ACEI) oder Mineralokortikoid• Angiotensin-RezeptorRezeptor Antagonist Neprilysin-lnhibitor (ARNI) 0. (MRA) Angiotensin-Rez.-Blocker (ARB)

Betablocker

dunkelgelb = Klasse llb Empfehlung Abb. 2.72: Therapie bei Herzinsuffizienz mit mittelgradig reduzierter EF (ESC Focused Update Heart Failure 2023).

Von den „fantastic four" für Herzinsuffizienz mit EF s 40 % wurden bei mittelgradig eingeschränkter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (41 -49%) für RAAS-Blocker (ACEI, ARNI , ARB ), Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten und Betablocker günstige Effekte gesehen, aber keine verminderte Mortalität und Morbidität. Dieser Nachweis wurde für SGLT2-lnhibitoren erbracht, die seit 2023 eine Klasse !-Empfehlung haben - gemeinsam mit Diuretika bei überwässerung.

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

277

2.15. 7 Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion ~ HFpEF (früher: diastolische Herzinsuffizienz) Def.: diastolische Dysfunktion/erhöhter diastolischer linksventrikulärer Füllungsdruck bei erhaltener systolischer linksventrikuler Funktion (Ejektionsfraktion ::::: EF ~ 50 % ). Herzinsuffizienz-Definition ESC 2021 :

1 2 3

C

·-... ... Q)

Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) 1 Svmotome + Zeichen LVEF S 40 %

Herzinsuffizienz mit mittelgradig eingeschränkter Eiektionsfraktion {HFmrEF) 1 Svmotome + Zeichen LVEF 41-49 %

Herzinsuffizienz mit erhaltener Eiektionsfraktion (HFoEF) 1 Svmotome + Zeichen LVEF> 50 %

0

0

- strukturelle u/o funktionelle Herzerkrankung, die auf diastolische LV-Dysfunktion / erhöhte Füllungsdrücke hinweisen incl erhöhter natriuretischer Peotide

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Tab. 2.102: Definition Herzinsuffizienz. HFrEF "" heart failure with reduced ejection fraction HFmrEF :::: heart failure with mid-range ejection fraction HFpEF :::: heart failure with preserved ejection fraction (1) möglicherweise keine Zeichen in frühen Stadien der Herzinsuffizienz (v.a. bei HFpEF) und unter diuretischer Therapie (2) BNP > 35 pg/ml und/oder NTproBNP > 125 pg/ml typische Symptome: Kurzatmigkeit, Orthopnoe, verminderte Belastbarkeit typische Zeichen: Überwässerung (pulmonal oder peripher), Tachykardie, Zentralisation (bei schwerer Herzinsuff.)

Pat mit HFpEF sind häufig älter und weiblich sowie haben häufiger Vorhofflimmern und eine chronische Niereninsuffizienz. Die Diagnose wird üblicherweise echokardiographisch gestellt. Vereinfacht bedeutet HFpEF: Dyspnoe plus erhöhte natriuretische Peptide plus diastolische Dysfunktion im Echo bei regelrechter systolischer Funktion. Bislang (bis 2021) konnte keine Therapie die Mortalität und Morbidität bei HFpEF senken - oft sind HFpEF-Pat mit ACE-Hemmern/Angiotensin-Rezeptor-Blockern, Betablockern und Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten behandelt - bei zugrunde liegender hypertensiver Herzerkrankung oder koronarer Herzerkrankung. Calciumantagonisten dürfen bei der diastolischen Herzinsuffizienz (HFpEF) - im Gegensatz zu systolischen Herzinsuffizienz - eingesetzt werden. Die SGLT-2-lnhibitoren sind die ersten Pharmaka mit Senkung von Mortalität und Morbidität bei HFpEF - und sind seit 2023 Klasse !-Empfehlung. Weitere Klasse !-Empfehlungen sind Diuretika bei Überwässerung und die Therapie der Grunderkrankung (z.B. Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie, koronare Herzerkrankung) bzw. Komorbiditäten (z.B. Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Adipositas, Eisenmangel). Grunderkrankung/Komorbidität Q 2.15.6.11

Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion =HFpEF (linksventrikuläre EF >so %) '

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, 80/min)

Niedrige Herzfreq. in Ruhe(< 50/min)

Herzinsuffizienz/

Niedriger Blutdruck

LV-Dysfunktion - Calciumantagonist (CCB) Betablocker

vermeide/ beachte präparat- - DHP-CCB - Betablocker - DHP-CCP kontraind. spezif. Kontraindik - Nitrat - Non-DHP-CCB DHP-CCB niedrigdosiert: BetabloBetablocker oder Betablocker oder 1 cker o. Non-DHP-CCB Calciumantaaonist Non-DHP-CCB Wechsel zu lang- Betablocker + langwirk. Wechsel zu lvabradin, Betablocker + Betablocker + 2 CCB wirksamem Nitrat Nitrat o. Betabl. + lvabr. Ranolazin o. Trimetazidin DHP-CCB Kombi von 2 + Med. 2. Wahl, Betablocker + langwirksames + weiteres Phar3 bevorzuqt Nitrat lvabradin Nitrat + DHP-CCB makon 2. Wahl Pharmaka 2. Wahl wenn nicht schon verwendet: plus lvabradin, Nicorandil, Ranolazin, Trimetazidin (wenn Betablocker, 4 Calciumantaqonist, lanawirks. Nitrat unzureichend, unverträalich o. kontraindiziert)

Abb. 2.78: antiischämische Therapie (modifiz. nach ESC 2020). DHP ::::: Dihydropyridin-CCB CCB ::::: Calcium-Kanal-Blocker ::::: Calciumantagonisten Trimetazidin bisher nicht in D zugelassen Anmerkungen: lvabradin keinesfalls mit Non-DHP-Calciumantagonist kombinieren; Kombi von Betablocker und Non-DHP-Calciumantagonist nur in der Hand des Geübten und niedrigdosiert starten (schließe zuerst andere Ursachen für hohe Ruhefrequenz aus wie z.B. Herzinsuffizienz, Hyperthyreose) Beachte zudem Lebensstilmodifikation und Kontrolle der Risikofaktoren : Rauchverzicht, Ernährungsumstellung: gesättigte Fettsäuren max 10 % der Gesamtkalorien, Ersatz durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Salz < 5g/d, Obst 200 g/d, Gemüse 200 g/d, Fisch 2x/Woche, Alkohol max 2 Gläser (20 g)/d für Männer und 1 Glas (10g)/d für Frauen. Bewegung: Ausdauerbelastung > 3x/Woche für je 30 min. Gewicht: BMI < 25 kg/m2. LDL < 55 mg/dl, ansonsten mind. Halbierung des Ausgangswerts. RR < 140/90 mmHg. HbA1c < 7,0 %. Influenza-Impfung v.a. für Ältere . Keine Hormonersatztherapie für postmenopausale Frauen.

Die Therapie der stabilen KHK besteht aus 3 Säulen: (1) symptomatische Therapie mit Antianginosa und (2) Prävention kardiovaskulärer Ereignisse durch ASS und Statine und (3) erwäge Koronarangiographie mit Revaskularisation (PCI/Stent oder ACB-OP).

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

281

antiischämische Therapie bei chronischem Koronarsyndrom: (Empfehlungsgrad/Evidenzgrad) - kurzwirkende Nitrate bei akutem AP-Anfall und zur Prophylaxe (1 B) - Erstlinientherapie: Betablocker oder frequenzsenkender Calciumantagonist (1 A) - Zweitlinientherapie: zusätzlich oder Wechsel auf: langwirksame Nitrate oder lvabradin oder Nicorandil oder Ranolazin (II a B) - Bei asymptomatischen Patienten und großer lschämiezone (> 10 % ): erwäge Betablocker (l la C) - vasospastische Angina: Calciumantagonisten oder Nitrate, keine Betablocker (lla B) Prävention (Prognoseverbesserung) bei chron . Koronarsynd rom: (Empfehlungsgrad/Evidenzgrad) - ASS 100 (75-150) mg/d für alle KHK-Patienten (1 A), bei ASS-NW oder Unverträglichkeit Clopidogrel (1 B). Unter ASS Verminderung kardiovaskulärer Ereignisse (Morbidität ,!, ) und Verbesserung der Prognose (Mortalität ,!,) in der Sekundärprophylaxe. Duale Thrombozytenaggregationshemmung (ASS + ADP-Antagonist) nur nach akutem Koronarsyndrom (AKS) oder elektiver Koronarintervention (PCI). - Statine für alle KHK-Patienten (1 A). Senkung von Morbidität und Mortalität in der Sekundärprävention. Statine sind Fettsenker der Wahl bei Hypercholesterinämie. Therapieziel bei KHK: LDL < 55 mg/dl, ansonsten mind. Halbierung des Ausgangswerts. Überlebensvorteil unter Langzeittherapie nach Jahren nachweisbar. Hinweise, dass hochdosierte Statingaben bei symptomatischer KHK und sogar beim akuten Koronarsyndrom bereits nach Wochen eine Plaquestabilisierung - teils mit symptomatischer und prognostischer Verbesserung - hervorrufen können.

- bevorzuge ACE-Hemmer oder Angiotensin-!-Antagonisten bei Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz, arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus (1 A).

1







Verbesserung von Symptomatik und Prognose bei Herzinsuffizienz und Hypertonie => Mittel der Wahl.

Standardantianginosa

~

·-E CO

C

>.

"'0 0

E :eo J:

Nitrate/ Molsidomin

Betablocker

Herzfrequenz Kontraktilität

(i)

AV-Uberleitung koronarer Blutfluss



,J,,J, ,l,,l, ,!, -,!,,J, ,J, .J,.,l,

0 2-Verbrauch Nachlast Vorlast

r Gefäße Symotomatik Prognose



i ,l, (-l-) ,J,.J., .J,.

Ca2 + -Antagonisten Nifedipin

Diltiazem

Verapamil

i ➔

,l, ,!, ,!,

,J, - ,J,,l, .J.,,J, .J.,,J,

i

i

i



➔ - .J,.

➔ - ,J,

,!,.J,.,l, ,l,

,l,.J,. ,l,

,J, .J,.

(1)

(i)

➔ -..L.

Pretoad-Senkung > Afterload-Senkung

Tonuszunahme (~ -Blockade)

Aftertoad-Senkung >

+

+ +

+

0

Preload-Senkung

0

Tab. 2.103: hämodynamische Effekte der Antianginosa.

Betablocker: - Besserung von Symptomatik und Prognose (gesichert bei Postinfarktpat. oder Herzinsuffizienz) => 1. Wahl - bevorzuge kardioselektive Betablocker bei der KHK: Metoprolol (Zieldosis 200 mg/d), Bisoprolol (Zieldosis 1O mg/d), Atenolol (Zieldosis 100 mg/d) - starke Senkung des kardialen Sauerstoffverbrauchs - Kombination mit Dihydropyridin-Calciumantagonist möglich, aber nicht mit frequenzsenkendem Calciumantagonist - Gabe auch bei Diabetes mellitus und mit Vorsicht bei COPD, kontraindiziert bei Asthma bronchiale



282

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Calciumantagonisten: -

-

-

Besserung der Symptomatik, kein günstiger Effekt auf die Prognose antianginöser Effekt der frequenzsenkenden Calciumantagonisten wie bei Betablockern keine Calciumantagonisten (außer Amlodipin) bei Herzinsuffizienz (kontraindiziert) bevorzuge langwirksame Calciumantagon isten (Amlodipin) oder retardierte kurzwirkende Calciumantagonisten, um NW zu minimieren Monotherapie mit Ca2•-Antagonisten vom Dihydropyridin-Typ: bei stabiler und instabiler Angina pectoris sowie Myokardinfarkt kann eine paradoxe Zunahme der pectanginösen Beschwerden resultieren. Dabei ist die Kombination von reflektorischem Frequenzanstieg (erhöhter 0 2 -Verbrauch) und raschem Blutdruckabfall (verminderte OrZufuhr) besonders ungünstig. Dies gilt besonders für schnell anflutende Präparate, wie unretardiertes Nifedipin. Hinweise für eine erhöhte Sterblichkeit unter unretardiertem Nifedipin. => deshalb kurzwirksame Dihydropyridine nur in Kombination mit Betablocker ! keine Dihydropyridine bei akutem Myokardinfarkt, bis 4 Wo. nach Infarkt oder bei instabiler Angina frequenzsenkende Calciumantagonisten sind v.a. bei Kontraindikationen für Betablocker indiziert, keine Kombination mit Betablockern (Bradykardie-Risiko) Ca2•-Antagonisten sind Mittel der Wahl bei vasospastischer Angina pectoris ::::: Prinzmetal-Angina (q 2.6.7) Prinzmetal-Angina => Gabe von Ca2 • -Antagonisten.





■ ■

1

CAVE: Betablocker können den Gefäßtonus erhöhen und sind bei vasospastischer Angina kontra indiziert.

Nitrate: -

Besserung der Symptomatik, kein günstiger Effekt auf die Prognose Senkung des kardialen Sauerstoffverbrauchs Kurzwirkende Nitrate sind 1. Wahl bei akuter Angina pectoris langwirkende Nitrate sind nur 2. Wahl in der Dauertherapie (keine Prognoseverbesserung, nitratfreies Intervall über 8-10 h notwendig, fraglich ungünstig auf endotheliale Dysfunktion) - Beachte Interaktionen mit Phosphodiesterase-5-Hemmern q 2.2.13 + 17.3.1

Die Säulen der medikamentösen antianginösen Therapie bestehen in der Akuttherapie aus Nitraten und in der Dauertherapie aus Betablockern oder frequenzbremsenden Calciumantagonisten (v.a. bei Betablocker-Kt). Dihydropyridine nur langwirkend (Amlodipin u.a.) oder kurzwirkend + retardiert, keine unretardierten kurzwirksamen Dihydropyridine. Dihydropyridine bevorzugt mit Betablocker kombinieren.

Neuere Antianginosa Wirkmechanismus

Herzfreauenz Blutdruck spezielle NW Empfehlung

(q 2.2.2, 2.2.3)

lvabradin Procoralan® frequenzbremsend durch selektive Inhibition des Schrittmacherstoms l(f) im Sinusknoten (wirksam nur bei Sinusrhythmus) kein Effekt auf lnotropie oder Blutdruck deutliche Senkung

Ranolazin Ranexa® Hemmung des späten Na..Einstroms in die Zelle => Vermeidung einer ischämieinduzierten Ca2+ Überladung mit diastolischer Dysfunktion

Nicorandil (nur AU, CH) Offnung A TP-abhängiger Kaliumkanäle + nitratähnlicher Effekt => arterielle und venöse Vasodilatation; lschämietoleranz t

kaum Senkung(< 2/min)

kein Effekt transiente visuelle Phänomene (Phosphene ) bei Unverträglichkeit oder unzureichendem Effekt von Betablockern (wenn HF > 70/min)

leichte Senkuna (< 5 mmHo) Benommenheit, Obstipation, Übelkeit erwäge bei Angina trotz Betablocker + Ca2+-Antagonist + Nitrat

nach hohen Dosen reflektorischer Anstieg häufia SenkunQ orale und gastrointestinale Ulzera (noch) keine gesicherte Indikation

Tab. 2.104: Übersicht neuere Antianginosa. Alle neuen Antianginosa bessern die Symptomatik, begrenzte Erfahrungen zur Langzeittherapie. Unter lvabradin kein positiver Effekt auf die Prognose (SIGNIFY-Studie). Bei fehlender symptomatischer Besserung sollten die neuen Antianginosa abgesetzt werden.

2. Kard iovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

2.16.3

283

Therapie akutes Koronarsyndrom (AKS) Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) 2015, 2017

- Bei V.a. AKS sofort 12-Kanal-EKG, auch wenn keine signifikante ST-Hebung bei typischer Klinik • an Koronarverschluss denken. - Basistherapie: Sauerstoff (bei Hypoxie, Dyspnoe, Linksherzdekompensation), Nitro als Anti-anginosum der 1. Wahl, bei Bedarf plus Betablocker. Morphin als Analgetikum der 1. Wahl. ASS und Heparin für alle bereits präklinisch , dann ADP-Antagonist zusätzlich. - STEMI : Therapie der Wahl ist die primäre PCI (perkutane Koronarintervention) - AKS ohne ST-Hebung: bei Troponin t (NSTEMI), rezidiv. Beschwerden , wechselnden EKGVeränderungen oder Hochrisikokriterien: PCI. Ansonsten primär nichtinvasiv. - ADP-Antagonisten: Prasugrel und Ticagrelor werden gegenüber Clopidogrel bevorzugt, wobei Ticagrelor beim NSTEMI und Prasugrel beim STEMI präferiert wird. - GPllb/llla-Antagonisten nicht routinemässig , sondern periinterventionell (no/slow reflow) - Dauer der dualen Thrombozytenaggregationshemmung (ASS + ADP-Antagonist) - nach akutem Koronarsyndrom: 12 Monate - nach elektiver PCI: BMS (bare metal stent ::::: unbeschichteter Stent) 1 Monat, DES (drug eluting stent "" medikamentenfreisetzender Stent) 6-12 Monate - Triple-Therapie (ASS + Clopidogrel + orale Antikoagulation) nur indiziert bei AKS/PCI plus Vorhofflimmern/venöser Thrombembolie/mechanischer Herzklappe. Hierbei Trend zu Verzicht auf ASS und Trend zu NOAKs, aber keine NOAKs bei mechanischen Klappen.

-



Akutes Koronarsyndrom (AKS)

STEMI - Akuttherapie ASS+ UFH (o. Enoxaparin o. Bivalirudin) adjuvant: Morphin, 0 2 bei Sat < 90 %, ggfs. Nitrat, ggfs. zusätzlich Betablocker sofort perkutane Koronarintervention (PCI), Thrombolyse nur als Ausnahme (keine PCI verfügbar) ADP-Antagonist (Prasugrel, Ticagrelor) peri/postinterventionell



-



NSTEMI - Akuttherapie ASS + UFH (o. Fondaparinux o. Enoxaparin) adjuvant: Morphin, 0 2 bei Sat < 90 °/o, ggfs. Nitrat, ggfs. zusätzlich Betablocker perkutane Koronarintervention (PCI), Zeitpunkt abhängig von Klinik/Risiko, keine Thrombolyse ADP-Antagonist (Prasugrel, Ticagrelor) peri/postinterventionell



Subakuttherapie, zusätzlich zur gerinnungsaktiven Therapie: - Betablocker (postinfarziell Standard) - ACE-Hemmer (bei LV-Dysfunktion), ggfs. + MRA _____ - Protonenpumpenhemmer bei hohem gi-Blutungsrisiko - Statin hochdosiert

T

Lanazeittheraoie - duale Plättchenhemmung: ASS+ Prasugrel o. Ticagrelor (Clopidogrel nur ausnahmsweise) für 12 Monate, dann ASS mono lebenslang; Protonenpumpenhemmer bei hohem gi-Blutungsrisiko - Betablocker(postinfarziell Standard) - ACE-Hemmer (bei LV-Dysfunktion), ggfs. + MRA - Statin (LDL-Ziel < 55 mg/dl) gi ""' gastrointestinal

2.16.3.1

MRA ""' Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist

Übersicht AKS - Akuttherapie Symptome des akuten Koronarsyndroms 12-KanaJ-EKG*: ST-Elevation oder neuer LSB / RSB?

Basistherapie AKS : ASS, Heparin, 02, Morphin, Nitro, ggfs. Betablocker ~ - - ------ . - ~ Lyseversagen ausnahmsweise ► system. Thrombolyse • • • • • • • • • •

Koronarangio/PCI

nein

Basistherapie AKS

(siehe STEMI)

Risikostratifizierung invasiv (Koro/PCI) nicht-invasiv < 24 h selektiv

peri-/postinterventionell: + ADP-Blocker routinemässig

im Intervall

+ GPllb/ll la-Antagonist bei hoher Thrombuslast oder bail out

Abb. 2.79: Empfehlungen beim akuten Koronarsyndrom. * EKG s.u. ** positives Troponin PCI (~ perkutane Koronarintervention) als Überbegriff für PTCA (~ perkutane transluminale Koronarangioplastie) plus üblicherweise Stentimplantation. Beim akuten Koronarsyndrom (q 2.16.1) wird zwischen bestehender ST-Elevation (STEMI) und fehlender ST-Elevation (NSTEMI, instabile Angina pectoris) unterschieden.

1 1

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

284 EKG:

Erstes 12-Kanal-EKG wird innerhalb von 10 min nach medizinischem Erstkontakt gefordert. Beim STEMI korrelieren Anzahl der Ableitungen und Summe der ST-Elevation (in mV) mit lnfarktgröße und Prognose Ue mehr STHebung, umso größer der Infarkt).

typisches STEMI-EKG (neue Def.)

atypisches (STEMl)-EKG

Männer< 40 J V2-V3 > 0,25 mV andere Ableitungen 2 0,10 mV Männer> 40 J V2-V3 > 0,20 mV andere Ableitungen > 0,10 mV V2-V3 > 0,15 mV Frauen andere Ableitungen > 0,10 mV Ausmaß der am J-Punkt gemessenen STHebungen für Diagnose STEMI in mind 2 Ableitungen (ESC 2012). Die neue Definition fordert altersabhängig unterschiedlich ausgeprägte ST-Hebungen.

- neuer kompletter Linksschenkelblock oder Rechtsschenkelblock plus Brustschmerzen => hohe AKSWahrscheinlichkeit => Therapie wie STEMI - ventrikuläre Schrittmacherstimulation: ggfs.

frühere STEMI-Definition: in mind. 2 benachbarten Extremitätenableitungen > 0,1 mV oder 2 benachbarten Brustwandableitungen ;;::: 0,2 mV

umprogrammieren auf Eigenrhythmus, bei typischer Klinik wie AKS-Therapie (unabhängig vom EKG) - keine signifikanten ST-Hebungen, aber typische Klinik: EKG-Kontrolle incl. V7-V9. Auf ST-Senkungen und TNegativierungen achten. Bei V.a. anhaltende Koronarischämie => Therapie wie STEMI - isolierter posteriorer Infarkt (oft RCX): isolierte STSenkung 2 0,05 mV in V1 bis V3. Dann V7-V9 ableiten, dort ST-Hebungen? (2 0,05 mV - bei Männern< 40 J;;::: 0, 1 mV) => Therapie wie STEM I - Hauptstammstenose/-verschluß: ST-Hebung in aVR und ST-Senkung in zahlreichen anderen Ableitungen (oft inferolateral) ist hochverdächtig; typischerweise progredientes Pumpversagen => Therapie wie STEMI

Das typische STEMI-EKG zu erkennen, ist (meistens) kein Problem. Aber auch bei atypischem EKG sind Koronarverschlüsse möglich und nicht selten. Bei atypischem EKG keine lange Interpretation, sondern auf die Klinik verlassen: bei anhaltenden Brustschmerzen oder „bedrohtem Patienten" (auch an DD Lungenembolie und Aortendissektion denken)=> per Notarzt sofort in die Interventionsklinik. Beim NSTEMI (Non-STEMI: keine signifikanten ST-Hebungen + positives Troponin) sprechen ST-StreckenVeränderungen und T-Negativierungen für ein akutes Koronarsyndrom. Auch hier korrelieren Anzahl der Ableitungen mit ST-Senkungen und Ausmaß der ST-Senkung (in mV) mit lschämieausmaß und Prognose. Jedoch schließt ein normales EKG einen NSTEMI nicht aus.

Biomarker: für die Diagnose eines STEMI sind Biomarker nicht notwendig. Anders beim NSTEMI: Troponine weisen mit höchster Sensitivität eine Myokardinfarzierung nach, sind aber nicht infarkt-spezifisch. Andere lebensbedrohliche Ereignisse mit Brustschmerzen und Troponinerhöhung sind: akute Lungenembolie, Aortendissektion, Myokarditis, hypertensive Krise, Tako-Tsubo-Syndrom.

Echokardiographie: für die STEMI-Diagnose nicht notwendig. Beim NSTEMI routinemäßig empfohlen zwecks Nachweis regionaler Differentialdiagnosen.

Wandbewegungsstörungen

{bestätigt

das

AKS)

und

Ausschluß

von

2.16.3.2 Basistherapie beim akuten Koronarsyndrom



-

Basics: Sauerstoff: nicht routinemässig, sondern nur bei Hypoxämie mit OrSat < 90 % (q 6.10), i.v.-Zugang, EKG-Überwachung, CPR-Bereitschaft ASS (q 2.9.5.2): Prognoseverbesserung unabhängig von anderen gerinnungsaktiven Substanzen. Orale Gaben in den meisten Studien, schnellste Wirkung bei i.v.-Gabe => ASS i.v. bei der Erstgabe. P2Y12-Rezeptor-Antagonist == ADP-Antagonist (q 2.9.5.3): verbessern in Kombination mit

ASS beim akuten Koronarsyndrom (mit und ohne ST-Elevation) die Prognose zusätzlich. Frühere Referenzsubstanz war Clopidogrel. Die neuen ADP-Antagonisten Prasugrel und Ticagrelor wirken auch bei Clopidogrel-Nonrespondern, sind Clopidogrel teilweise überlegen und sind 1. Wahl beim AKS. Duale Plättchenhemmung {ASS + ADP-Antagonist) ist beim AKS obligat, üblicherweise Gabe des ADP-Antagonisten während/nach PCI (Auswahl durch Kardiologen; zudem Verzicht bei notfallmässiger Bypass-OP, da sonst Blutungen i i ). Keine Evidenz, dass eine präklinische Gabe sinnvoll ist. Nur Prasugrel ist präklinisch untersucht und war in der frühen Gabe nachteilig. (q 2.16.3.3, 2.16.3.4 ). - Antikoagulation: früher war die PTT-gesteuerte Gabe von unfraktioniertem Heparin obligat; mittlerweile weitere Präparate. Beim NSTEMI (q 2.16.3.3) wird unfraktioniertes Heparin oder Fondaparinux favorisiert (sonst Enoxaparin). Beim STEMI (q 2.16.3.4) wird unfraktioniertes Heparin bevorzugt (sonst Enoxaparin oder Bivalirudin). Enoxaparin wird bei fibrinselektiven Thrombolytika

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

285

bevorzugt. Merke: das Standard-Antikoagulanz beim AKS in der Erstversorgung ist unfraktioniertes Heparin. Nach Beendigung der Akutintervention (PCI) ist eine routinemässige therapeutische Antikoagulation nicht mehr indiziert. Beim akuten Koronarsyndrom ist die duale Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS plus ADPAntagonist (bevorzugt Prasugrel oder Ticagrelor) und die zusätzliche Antikoagulation obligat.

1

- Analgesie: eine potente Analgesie durchbricht die schmerzbedingte Katecholaminfreisetzung mit weiterer Kreislaufstimulation. - Opioid der Wahl ist Morphin (c:> 7.2.4.1 ): hohe analgetische Potenz, zusätzlich sedierend, günstige hämodynamische Effekte mit Vorlastsenkung (mindert Dyspnoe) und RR-Senkung - ansonsten erwäge Piritramid (c:> 7.2.4.8): lange Wirkdauer, nur gering kreislaufdepressiv - bei stärksten (Vernichtu ngs-)Schmerzen: Fentanyl oder Abkömmlinge (c:> 7.2.4.3 ff.): höchstpotente Analgesie mit raschem Wirkeintritt, titrierende Gabe unter Beatmungsbereitschaft

- Nitrate (q 2.2.1 ): symptomatische Besserung durch Senkung von Vorlast und LVEDP => gesenkter OrVerbrauch => 1. Wahl bei Infarkt-Angina u/o Hypertension u/o akuter Linksherzdekompensation. Aber: kein prognostischer Vorteil , daher keine routinemässige Gabe beim AKS. Keine Nitrate bei: RRsystolisch < 90 mmHg, HF < 50/min oder> 100/min, rechtsventrikulärer lnfarzierung oder Einnahme von Phosphodiesterase-5-lnhibitoren innerhalb der letzten 24 h (bei Tadalafil 48 h).

- Betablocker (q 2.1.3.2): kardioselektive Betablocker (z.B. Metoprolol) bessern Symptomatik und

1 ■

1 ■

Prognose => Mittel der Wahl bei nitrorefraktärer Angina. Oft besteht bei akutem Myokardinfarkt eine ausgeprägte Sympathikusstimulation, Betablocker inhibieren kompetitiv die endogenen Katecholamine und senken sehr effektiv den OrVerbrauch. Beginn mit vorsichtiger i.v.-Gabe unter strenger Beachtung der Kontraindikationen. Merke: kein routinemässiger i.v.-Betablocker, sondern bevorzugt bei anhaltender Angina u/o sympathotoner Kreislaufsituation (HF i , RR i - s.u.). Kontraindiziert bei Bradykardie, höhergradigen AV-Blockierungen, Hypotonie, kardiogenem Schock/schwerer linksventrikulärer Dysfunktion und Asthma bronchiale (Anamnese), weil Gefahr einer hämodynamischen Verschlechterung bzw. Auslösung eines Asthma-Anfalls. Anmerkung: beim ST-Hebungsinfarkt (STEMI) besteht unter hochdosierter Metoprolol-i.v.-Gabe kein prognostischer Nutzen, vielmehr erhöhtes Risiko eines kardiogenen Schocks (COMMIT/CCS-2). Deshalb keine frühzeitige routinemäßige Gabe beim STEMI, sondern erst bei gesichert stabiler Hämodynamik. Praktische Anwendung: bei akutem Koronarsyndrom zunächst Ausschluß von Kontraindikationen für einen Betablocker (Asthma, Bradykardie, AV-Block 11° oder 111°, RRsystol < 120 mmHg, Ausschluß einer pulmonalen Überwässerung), dann titrierende Gabe mit einem angestrebten Druck-Frequenz-Produkt von 6000 (HF 60 und RRsystolisch 100 = 6000). Dosis i.v. häufig 5 mg, 10-15 mg sind bei ausgeprägter sympathotoner Ausgangssituation nicht ungewöhnlich. Vorsicht bei Hinterwandinfarkt, da per se erhöhtes Risiko bradykarder HRST.

- Calciumantagonisten (q 2.6): indiziert nur bei vasospastischer Angina (in Kombination mit Nitraten). Keine Gabe beim STEMI (III B), speziell Dihydropyridine, da überhöhte Sterblichkeit beim AKS.

keine

unretardierten

kurzwirksamen

- generelle Empfehlungen - Akutphase: - Protonenpumpeninhibitor (PPI) zusätzlich zur dualen Plättchenhemmung bei erhöhtem Risiko für gastrointestinale Blutungen (Z.n. gi-Ulcus oder gi-Blutung, Antikoagulantien, NSAID- oder SteroidDauergabe oder > 2 der folgenden: > 65 J., Dyspepsie, GERD, Helicobacter pylori Infektion, chronischer Alkohol-Abusus) (1 B) - bei anstehender großer OP (incl. ACB-OP): Clopidogrel und Ticagrelor 5 Tage, Prasugrel 7 Tage vorher absetzen (außer bei exzessiv erhöhtem Risiko für ischämische Ereignisse) (lla C) - Bei nicht verschiebbarer nicht-kardialer OP oder bei Blutungskomplikation ist Pause des ADPAntagonisten möglich nach mind. 1 Monat bei BMS bzw. 3 Monaten bei 2. Generations-DES (llb C) BMS ::::: bare metal stent DES ::::: drug eluting stent keine NSAID oder COX-2-Hemmer (III C): Gefahr prothombotischer Effekte - kein Magnesium (III A) prophylaktisch: kein protektiver Effekt - kein Lidocain (III B) oder andere Antiarrhythmika prophylaktisch: kein protektiver Effekt - keine Glukose-Insulin-Kalium Infusion (III B) prophylaktisch: kein protektiver Effekt

1





- generelle Empfehlungen - subakute Phase: -

beachte konsequente Einnahme der dualen Plättchenhemmung (s.o.) frühzeitige Statingabe (s.u.) Betablocker p.o. als Langzeittherapie (1 A): erst, wenn hämodynamisch sicher stabil ACE-Hemmer p.o. als Langzeittherapie für Hochrisikopatienten incl. EF < 40 % (1 A), für alle lnfarktpatienten (lla A); bei stabiler Hämodynamik Therapiebeginn am 1. Tag möglich - kein routinemäßiges Nitrat in der Postinfarktphase: kein prognostischer Nutzen



286

2. Kardiovaskuläre Pharmaka - Kardiologie

Anmerkung: Hinweise, dass eine sofortige Gabe von Statinen (CSE-Hemmern) beim akuten Koronarsyndrom die Sterblichkeit reduziert. Der günstige Effekt beruht nicht auf der Lipidsenkung per se, sondern ist durch eine verbesserte Endothelfunktion, verringerte Thrombozytenaktivität sowie antientzündliche Effekte in atherosklerotischen Plaques bedingt. COMMIT / CCS-2 (Clopidogrel & Metoprolol in Myocardial !nfarction Trial) Metoprolol (15 mg i.v. über 15 min, dann 200 mg p.o./d) versus Placebo zusätzlich zur Standardtherapie bei akutem Koronarsyndrom mit ST-Elevation. Ausschlußkriterien: Schock, RRsyst < 50 mmHg, HF < 50/min und AV-Block 11°+111°. Reinfarkte unter Metoprolol signifikant geringer (2,0 % versus 2,5 °/o). Kammerflimmern unter Metoprolol signifikant geringer (2,5 % versus 3,0 % ). Letaler kardiogener Schock unter Metoprolol jedoch signifikant erhöht (2,2 % versus 1,7 % ). Gesamtsterblichkeit nach 28 Tagen ohne signifikanten Unterschied (7,7 % versus 7 ,8 %) (n = 45851 ). Anmerkung: in COMMIT/CCS-2 wurden sehr hohe Metoprololdosen appliziert. Letztlich kein Nachweis eines Nutzens. Empfehlung: keine routinemäßige (präklinische) Gabe von Betablockern beim STEMI. Betablocker erst bei (gesichert) stabiler Hämodynamik und dann als Langzeittherapie. Kein Sauerstoff routinemässig (q 6. 10): seit geraumer Zeit wird postuliert, dass unter O2-Gabe vermehrt reaktive O2Metabolite entstehen und oxidativen Stress induzieren. Viele Hinweise in experimentellen Arbeiten, zunehmend auch klinisch: in retrospektiver Arbeit Prognoseverschlechterung bei Hyperoxie nach CPR (q 2.19.3.2). 2 Studien zu 02 + AKS: in AVOID (STEMI) nur 02 bei O2-Sat < 94 % vs 81/min für alle: in O2-Hochdosis signifikant höhere CK und in Subgruppe mit Kardio-MRT höhere lnfarktgröße (13 vs 20 g). In DETO2X-AMI (STEMI + NSTEMI) bei O2-Sat ~ 90 % kein 02 vs routinemässig 6 I/min: nach 1 Jahr kein Unterschied bzgl Sterblichkeit, Reinfarkt, Schock. Merke: routinemässige O2-Gabe beim STEMI ist nicht nur überflüssig, sondern definitiv schädlich. Daher O2-Gabe nur bei Hypoxämie (O2- Sat < 90 %).

Besonderheiten bei der gerinnungsaktiven Therapie Absetzen/Pausierung von Thrombozytenaggregationshemmern: - Pausierung der dualen Plättchenhemmung im ersten Jahr nach Ereignis nur bei dringender Notwendigkeit (schwerwiegende Blutung oder anstehende OP)

Thrombopenie: - signifikante Thrombopenie (< 100.000hd oder > 50 %) unter GP llb/l lla-Antagonisten und/oder Heparin (UFH, LMWH): sofortiger Stop dieser Pharmaka - schwere Thombopenie (< 10.000/µI) unter GP llb/llla-Antagonisten und Blutung: Thrombozytenkonzentrate, ggfs. fresh frozen plasma zur Fibrinogensubstitution - bei V.a. oder gesicherter Heparin-induzierter Thrombopenie (HIT II): sofortiger Stop von Heparin (1 C) und Gabe von Danaparoid oder Argatroban (c::> 2.9.3.1)

Basistherapie akutes Koronarsyndrom Sauerstoff bei Hypoxämie (bei O2-Sat < 90 °/o), kein 02 routinemässig bei O2-Sat > 90 % ASS: (150-)300 mg p.o. bzw. 250 mg i.v., sofern Patient nicht vorbehandelt ist - Antikoagulation: AKS ohne ST-Elevation (NSTEMI): unfrakt. Heparin oder Fondaparinux, sonst Enoxaparin - AKS mit ST-Elevation (STEMI): bei PCI: unfraktioniertes Heparin, sonst Enoxaparin oder Bivalirudin (bei HIT: Bivalirudin) ADP-Antagonist (peri-/postinterventionell): Prasugrel (60 mg) oder Ticagrelor (180 mg), sonst Clopidogrel (600 mg) Glyceroltrinitrat: 0,4-0,8 mg s.l. (Spray oder Zerbeißkapsel), alternativ Nitroglycerin 1-3 mg/h kontinuierlich i.v. (lnfusionspumpe), bei schwerer Linksherzinsuffizienz bis 6 mg/h Morphin: 5 mg i.v., Wiederholung in Abständen von einigen Minuten - erwäge Betablocker i.v. (Metoprolol) bei nitrorefraktärer Angina oder Tachykardie, nicht bei RRsyst < 120 mmHg, akuter Herzinsuffizienz oder AV-Block oder Bradykardie Dosierungen antithrombotische Therapie • _ _ _c.c_ ._

orale

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