Partizipation im Umweltrecht: Gegenwart und Zukunft [1 ed.] 9783205200437, 9783205200413


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Partizipation im Umweltrecht: Gegenwart und Zukunft [1 ed.]
 9783205200437, 9783205200413

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StPV

STUDIEN ZU POLITIK UND VERWALTUNG HERAUSGEGEBEN VON: ERNST BRUCKMÜLLER, KLAUS POIER, GERHARD SCHNEDL, EVA SCHULEV-STEINDL

Partizipation im Umweltrecht GEGENWART UND ZUKUNFT

EVA SCHULEV-STEINDL GERHARD SCHNEDL BARBARA WEICHSEL- GOBY (HG.)

Studien zu Politik und Verwaltung Begründet von Christian Brünner ∙ Wolfgang Mantl ∙ Manfried Welan Herausgegeben von Ernst Bruckmüller ∙ Klaus Poier ∙ Gerhard Schnedl ∙ Eva Schulev-Steindl

Band 115

Eva Schulev-Steindl/Gerhard Schnedl/ Barbara Weichsel-Goby (Hg.)

Partizipation im Umweltrecht Gegenwart und Zukunft

B Ö H L AU V E R L AG W I E N · KÖ L N · W E I M A R

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. © 2019 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Kölblgasse 8–10, A-1030 Wien Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-20043-7

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

I. Konzepte und Instrumente Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht Von normativen Regelungen, Erfahrungswissen und (unvorhergesehenen) Entwicklungen Sascha Ferz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Polnische Erfahrungen mit Partizipation Am Beispiel von Natura 2000 Wojciech Federczyk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Public participation in environmental impact assessment in Poland In a view of Aarhus Convention Agata Kosieradzka-Federczyk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

II. Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich Erfahrungen von NGOs mit Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich Am Beispiel der Umweltverträglichkeitsprüfung Wolfgang Rehm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Erfahrungen einer Umweltanwaltschaft mit Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich Ein Praxisbericht Ute Pöllinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .68

6

Partizipation im Umweltrecht Aarhus-Pilotfälle und ausgewählte Beobachtungen Marlies Meyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

III. Fallstudien Environmental Law Clinic zur Aarhus-Konvention Eva Schulev-Steindl/Miriam Karl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Environmental Law Clinic Das Ökostromkraftwerk Defereggental Scarlett Löscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Environmental Law Clinic Das Speicherkraftwerk Kühtai Christoph Romirer/Markus Scharler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Environmental Law Clinic Die Skischaukel Warscheneck Dominik Geringer/Daniel Heitzmann/Sanela Smlatić . . . . . . . . . . . . . . 125

IV. Aktuelle Entwicklungen – Judikatur Die Spruchpraxis des Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) Bedeutung und aktuelle Entscheidungen Gregor Schamschula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz in Umweltverfahren Status quo und Zukunftsperspektiven einer aarhuskonformen Umsetzung in Österreich Barbara Weichsel-Goby/Paul Kuncio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

7

V. Aktuelle Entwicklungen – Gesetzgebung Die Novelle 2017 zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in Deutschland Matthias Sauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Das Wiener Aarhus-Novellenpaket Ute Pöllinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Reformvorschläge Teresa Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Europäische Entwicklungen in der Umweltpolitik Wolfgang Bogensberger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

211

Vorwort

Partizipation und Rechtsschutz für die Zivilgesellschaft in Umweltverfahren erhitzen seit langem die Gemüter: Schreckgespenst für die einen - Allheilmittel den anderen sind sie doch aus dem Umweltrecht nicht mehr wegzudenken! Vor allem aber bilden sie die tragenden Säulen der Aarhus-Konvention. Das heißt jenes völkerrechtlichen Vertrages, der die Staaten verpflichtet, der Zivilgesellschaft Rechte auf Umweltinformation, Beteiligung und Zugang zu Gerichten einzuräumen und sie so in die Durchsetzung des Umweltrechts einzubinden. Dass diese Konvention vor über 20 Jahren euphorisch beschlossen, von mittlerweile 46 Staaten und der EU ratifiziert, bei weitem aber noch nicht adäquat umgesetzt wurde, ist längst Gemeinplatz. Dennoch bedarf es, auch und gerade in Zeiten, wo Umwelt- und Wirtschaftsinteressen vermehrt gegeneinander ausgespielt werden, weiterer Beharrlichkeit und auch stärkerer Information aller „Stakeholder“ über die in der Konvention enthaltenen Rechte und Instrumente. Eine solche Bewusstseinsbildung in Sachen Aarhus-Konvention liegt dem vorliegenden Band zugrunde: Er enthält die wesentlichsten Ergebnisse des unter Federführung des Umweltdachverbandes in Kooperation mit seinen Mitgliedsorganisationen, insbesondere dem Kuratorium Wald und dem Österreichischen Alpenverein, sowie der Universität Graz durchgeführten Projektes „KOMM-Recht“. Dieses Projekt zum „Aarhus Convention Capacity Building“ wurde von der EU und dem nunmehrigen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus im Rahmen des österreichischen Programms für ländliche Entwicklung 2014-2020 gefördert. Es umfasste diverse Veranstaltungsformate, wie eine Aarhus-Fachenquete und eine 6-teilige Aarhus-Workshopreihe, deren Ergebnisse in einen umfassenden anwendungsorientierten Praxisratgeber zu den „Möglichkeiten der Beteiligung der Öffentlichkeit in Umweltverfahren“ einflossen. Überdies begleiteten Studierende der Universität Graz im Rahmen einer „Environmental Law Clinic“ über drei Semester lang Fälle aus der Umweltrechtspraxis auf Seiten der NGO’s juristisch „pro bono“. Die Projektergebnisse (Teil III. und IV.) wurden im Juni 2017 auf dem Grazer Umweltrechtsforum präsentiert und mit Vertretern von Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und Umweltanwaltschaften diskutiert (Teil II.). Ergänzend dazu wurden verschiedene partizipatorische Instrumente am Beispiel österreichischer und polnischer Umweltverfahren analysiert (Teil I.) und aktuelle Entwicklungen in der österreichischen und deutschen Gesetzgebung sowie der europäischen Umweltpolitik untersucht (Teil V.). Insgesamt mussten dabei für die österreichische

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Vorwort

Rechtsordnung beträchtliche Umsetzungsdefizite und dementsprechend großer Reformbedarf konstatiert werden. Freilich gibt es zur Aarhus-Konvention aus jüngerer Zeit nunmehr Erfreulicheres zu berichten. Wurde doch im Gefolge der EuGH-Entscheidung Protect (20.12.2017, Rs C-664/15) Ende 2018 ein Aarhus-Beteiligungsgesetz des Bundes (BGBl I 2018/73) erlassen, das zwar, anders als das deutsche Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (siehe Teil V.), nicht eine „horizontale“, sondern eine materienspezifische Umsetzung der Konvention bringt, jedenfalls aber zentrale Bereiche des Umweltrechts, nämlich das Abfall-, Wasser- und Luftreinhalterecht, um neue Beteiligungs- und Rechtsmittelrechte für Umweltorganisationen ergänzt. Auch haben sich Anfang 2019 mehrere Bundesländer dem Beispiel Wiens (siehe Teil V.) angeschlossen und Entwürfe zur Umsetzung der Aarhus-Konvention im Naturschutzrecht vorgelegt. Der lange Kampf um’s Recht und um die Partizipation in Umweltfragen scheint nunmehr also Früchte zu tragen! Graz/Wien, Mai 2019 Eva Schulev-Steindl, Gerhard Schnedl, Barbara Weichsel-Goby

I. Konzepte und Instrumente



Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht Von normativen Regelungen, Erfahrungswissen und (unvorhergesehenen) Entwicklungen Sascha Ferz

1. Aarhus-Konvention und Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung – über Zugänge und Beteiligung Nicht von ungefähr bildet die 2. Säule der Aarhus-Konvention,1 deren Unterzeichnung im Jahr 1998 zeitlich mit dem Begehren des Flughafens Wien-Schwechat hinsichtlich des Ausbaus des Flugbetriebes erfolgte, den Ausgangspunkt für die Überlegungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung in diesem Beitrag. Es sollen aber nur in aller Kürze die mit diesen völkerrechtlichen Regelungen beförderten, mitunter hehren Ziele, aber auch verbindlichen Vorgaben einer frühzeitigen Beteiligung der betroffenen Bevölkerung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren skizziert werden,2 um so Schritt für Schritt die Einordnung der Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht vornehmen zu können. Dabei zählen zu den wesentlichen Zielen der Öffentlichkeitsbeteiligung die Stärkung des Bewusstseins für Umweltangelegenheiten und die Ermöglichung qualitätsvoller Planung, Entscheidung und Umsetzung. Bewerkstelligt soll dies durch Anregung von Gesprächen zwischen ProjektwerberIn und der Öffentlichkeit sowie durch Informationszuwachs für die entscheidungsbefugten Behörden dank umweltrelevanter Hinweise von BürgerInnen oder Umweltverbänden werden. Zudem sollen die verantwortlichen Behörden nach breiter angelegten und ausgewogeneren Sachdiskussionen und infolge der so generierten Anregungen aus der Öffentlichkeit zu den zu erwartenden Auswirkungen für die Umwelt ausgewogenere Entscheidungen treffen. Zusätzlich spielen die Transparenzgewährleistung und der Verständnis­ aufbau im Entscheidungsfindungsprozess sowie die Überwindung nachhaltiger Widerstände gegen Genehmigungen ohne Öffentlichkeitsbeteiligung – Akzeptanz-

1

Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten samt Erklärung, BGBl III 2005/88 idgF. 2 Hierzu Schnedl, Umweltrecht im Überblick2 (2014) Rz 235.

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Sascha Ferz

förderung durch Berücksichtigung – eine gewichtige Rolle.3 Wesentlich ist aber in ausnahmslos allen Fällen, dass die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung auch tatsächlich angemessen berücksichtigt werden (Art 6 Abs 8 Aarhus-Konvention).4 Drei Jahre nach Kundmachung des Übereinkommens von Aarhus in Österreich wurden vom hiesigen Ministerrat 2008 nachstehende Highlights als Teil der „Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“5 beschlossen, die als an die VerwaltungsmitarbeiterInnen des Bundes gerichtete Empfehlungen, also unverbindliche Leitlinien für die gute Praxis bei der konkreten Durchführung von qualitätsvollen Beteiligungsprozessen, ausgestaltet sind.6 Es kann dabei nicht überraschen, dass sich diesem Beitrag zur (Good) Governance-Diskussion wesentliche Zielsätze entnehmen lassen, die eben auch der Aarhus-Konvention eigen sind. Stellvertretend sollen hier genannt sein: – Förderung des Informations- und Erfahrungsaustausches und Schaffung eines breiteren Zugangs zur Meinungsbildung inklusive Verständnisaufbau gegenüber anderen Meinungen – Unterstützung des Interessenausgleichs – Akzeptanz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen erhöhen – Stärkung der Identifikation von BürgerInnen und Interessengruppen mit ihrem Lebensraum – Erhöhung der Qualität und Transparenz der Entscheidungen und damit Stärkung des Vertrauens in die Politik und in die öffentliche Verwaltung – Breitere Entscheidungsgrundlagen für politische und administrative EntscheidungsträgerInnen Wichtig ist, dass unter Öffentlichkeitsbeteiligung die Möglichkeit aller betroffenen und interessierten Personen verstanden wird, ihre Interessen oder Anliegen bei der Entwicklung von Plänen, Programmen, Politiken oder Rechtsakten zu vertreten bzw vorzubringen. Dabei umfasst der Begriff der Öffentlichkeit sowohl Einzelpersonen 3 4 5

6

Bunge, Einleitung, in Schlacke/Schrader/Bunge (Hg), Informationsrechte, Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz im Umweltrecht: Aarhus-Handbuch (2010) 1 (3). Epiney, Zu den Anforderungen der Aarhus-Konvention an das europäische Gemeinschaftsrecht, ZUR 2003, 175 (177). Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung. Empfehlungen für die gute Praxis 2008 vom Ministerrat beschlossen am 2. Juli 2008, http://www.partizipation.at/fileadmin/media_data/Downloads/Standards_OeB/standards_der_oeffentlichkeitsbeteiligung_2008_druck.pdf (16.01.2019). Vgl aber auch eine ähnliche Herangehensweise in Baden-Württemberg mit dem Leitfaden für Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung. Führungsakademie Baden-Württemberg. 20. Führungslehrgang 2012/2013, https://fueak.bw21.de/Downloadbereich/Downloadbereich/F%C3%BChrungslehrgang/Leitfaden%20B%C3%BCrgerbeteiligung%20in%20der%20Landesverwaltung.pdf (21.02.2018).

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht

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als auch Personengruppen, die anlassbezogen oder organisiert zusammenfinden.7 Für die weitere Konkretisierung des Beteiligungsprozesses gilt es wiederum, nach dessen Intensitätsstufe zu fragen. Drei solcher Schritte werden ausgewiesen. Beginnend mit der informativen Öffentlichkeitsbeteiligung und über die konsultative reicht der Kanon hin zur kooperativen, auf Mitbestimmung ausgerichteten Öffentlichkeitbeteiligung. Es ist letztlich diese dritte Stufe, die über die traditionellen Informations-, Anhörungs- oder Stellungnahmerechte hinausreicht,8 die hier interessiert. Dabei gilt die Kommunikation zwischen ProjektwerberInnen, EntscheidungsträgerInnen und Öffentlichkeit als intensiv und der Grad an Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung kann als durchaus gegeben eingeschätzt werden. Eben diese Merkmale machen auch die Mediation aus, wenngleich es jedenfalls eines weiteren Kriteriums bedarf, nämlich das des Konflikts. In den anderen Fällen sollte bevorzugt von Dialogen, runden Tischen oder gegebenenfalls von Stakeholderprozessen gesprochen werden.9

Abb 1: Ausdifferenzierung der Verfahrensarten; angelehnt an: Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung.10

7 8 9 10

Standards 23. Ferz, Mediation im öffentlichen Bereich (2013) 670. Standards 25. Standards 24.

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Sascha Ferz

2. Das Umweltverwaltungsgesetz von Baden-Württemberg Diese Grundaussagen lassen sich übrigens allesamt in dem nach wie vor noch recht unverbrauchten Umweltverwaltungsgesetz für Baden-Württemberg11 wiederentdecken. Damit wurde nämlich 2015 das gesamte fachübergreifende Umweltrecht des Landes in einem Gesetz zusammengefasst,12 was angesichts der jahrelangen und letztlich vergeblichen Umweltgesetzbuchdiskussion von den deutschen KommentatorInnen als wertvolle landesgesetzliche Einzelleistung gewertet wird.13 Mit Blick darauf soll an dieser Stelle auch kurz das nationale Biotop verlassen werden. Der in diesem Umweltverwaltungsgesetz für die gegenständliche Untersuchung wesentlichste Bestimmungsteil ist, dass mit dieser Regelung Neuerungen eingeführt werden, die als Folge der Proteste gegen das Baden-Württembergische Hainburg, das Verkehrsprojekt Stuttgart 21, der Stärkung der Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung und der Erhöhung der Transparenz von Verfahren dienen sollen. Hervorzuheben ist neben der Regelung einer verpflichtenden frühen Öffentlichkeitsbeteiligung bei bestimmten besonders umweltbedeutsamen Vorhaben vor allem die normative Erfassung der „Umweltmediation“.14 Diese ist nämlich im § 4 UVwG15 als Instrument der Konfliktlösung und Akzeptanzfindung im deutschen Verwaltungsrecht erstmalig gesetzlich verankert. Demnach soll bei „ausschließlich“ umweltbedeutsamen Vorhaben, bei denen sich erhebliche Konflikte mit der betroffenen Öffentlichkeit abzeichnen, die Behörde die Durchführung einer Umweltmediation vorschlagen können. Die Umweltmediation wird also im Sinne eines Vorschlagsrechts der Behörde ausgestaltet. Diese muss bei Vorliegen der Voraussetzungen die Prüfung der Zweckmäßigkeit eines dahingehenden Vorschlags an die Konfliktparteien vornehmen. Ob sie von ihrem Recht Gebrauch macht, liegt in ihrem Ermessen. Erforderlich ist jedenfalls, dass das Mediationsverfahren in der konkreten Situation geeignet erscheint, zur Konfliktlö11 12 13 14 15

Umweltverwaltungsgesetz vom 25. November 2014 GBl 2014/592 idgF, im Folgenden „UVwG“. Feldmann/Heiland, Das neue baden-württembergische Umweltverwaltungsgesetz – mehr Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung im Umweltbereich, VBlBW 2/2015, 49 (49). So etwa Feldmann, Neue Wege bei der Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung und mehr Transparenz im Umweltbereich, NVwZ 2015, 321 (321 f ). Feldmann, NVwZ 2015, 321 (322). § 4 UVwG lautet: (1) Bei umweltbedeutsamen Vorhaben, bei denen sich erhebliche Konflikte mit der betroffenen Öffentlichkeit abzeichnen, kann die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde, bei Planfeststellungsverfahren die Anhörungsbehörde, die Durchführung einer Umweltmediation vorschlagen. (2) Die Umweltmediation ist ein strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben […].

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht

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sung beizutragen. Empfiehlt die Behörde eine Umweltmediation, resultiert hieraus jedoch keine Verpflichtung der Konfliktparteien, eine solche durchzuführen. In diesem Sinne hat die Regelung in erster Linie motivierenden, appellhaften Charakter. Zuständig für die Prüfung und gegebenenfalls den Vorschlag einer Mediation ist die Behörde, die für die Vorhabenzulassung zuständig wäre, bei Planfeststellungsverfahren ist dies die Anhörungsbehörde. Es obliegt außerdem der Behörde, die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch Einstellung der relevanten Informationen auf der Internetseite vorzunehmen.16 Der Begriff der Mediation wird übrigens in grundsätzlicher Anlehnung an die Definition in § 1 Abs 1 des deutschen Mediationsgesetzes 201217 determiniert.18 Kennzeichnend ist, dass es sich um ein strukturiertes Verfahren mit dem Ziel der einvernehmlichen Beilegung des Konflikts handelt. Konstitutive Merkmale bilden die Freiwilligkeit und die Eigenverantwortlichkeit der Parteien bei der Beilegung des Konflikts. Gerade letzteres Element unterscheidet die Mediation von anderen Formen der alternativen Konfliktbeilegung, wie etwa der Schlichtung oder dem Schiedsverfahren. Die Mediatorin bzw der Mediator ist in diesem Setting eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die facilitierend, quasi moderierend tätig wird. Auf die sonst bei Mediationen übliche Vertraulichkeitsregelung wurde aufgrund der Besonderheit der Verknüpfung von Mediation und Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit den Fragen nach Transparenz und vor allem auch Protokollierbarkeit verzichtet.19 Bezüglich des Zeitpunktes der Umweltmediation gibt das UVwG vor, dass diese regelmäßig dem eigentlichen Zulassungsverfahren vorgelagert sein sollte, um dank frühzeitiger Konfliktbearbeitung die Eskalationsstufe niedriger zu halten und vor allem idealerweise Vorüberlegungen zu einem Vorhaben einbringen zu können. Das Gesetz trifft weiters ausdrücklich die Entscheidung, dass die am Verwaltungsverfahren beteiligten Behörden nicht Parteien der Mediation sind.20 Diese Form der vorlaufenden Mediation soll vermeintlich dem Umstand Rechnung tragen, dass ein anschließendes Zulassungsverfahren jedenfalls unvoreingenommen durchzuführen ist.21 Soweit eine Behörde Vorhabenträgerin ist, kann sie, wie die Regelung klar16 17 18

Feldmann, NVwZ 2015, 321 (325 f ) sowie Feldmann/Heiland, VBlBW 2/2015, 49 (50). Mediationsgesetz vom 21. Juli 2012 BGBl I S 1577 idgF, im Folgenden „MediationsG“. Greger/Unberath, Mediationsgesetz. Recht der alternativen Konfliktlösung (2012) § 1 MediationsG, Rn 5 ff. 19 Feldmann, NVwZ 2015, 321 (326). 20 Hierzu kritisch Stellungnahme des Anwaltsverbandes Baden-Württemberg htpp://www.av-bw. de/fileadmin/daten/interessenvertretung/Stellungnahmen/Umweltverwaltungsrecht/21_02_2014_ AV_BW_StN_kodifikation.pdf (27.02.2019), 7. 21 Vgl Ferz, Mediation 326.

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Sascha Ferz

stellt, dem Sinn der Umweltmediation entsprechend Partei sein. Gleiches gilt für die Standortgemeinde. Obgleich nun die verfahrensbeteiligten Behörden nicht Parteien der Umweltmediation sein dürfen, können sie wohl an ihr teilnehmen und sich – stets unter Wahrung der Neutralität – äußern.22 Interessant erscheint noch die Regelung zur Beendigung der Mediation durch eine Einigung. Die Dokumentation des Ergebnisses ist als zwingende Vorschrift ausgestaltet, da dies für die im selben Absatz geregelte Einbeziehung der Erkenntnisse in das Verwaltungsverfahren Bedeutung erlangen kann. Im Anschluss an den Beteiligungsprozess soll nämlich die Vorhabenträgerin/der Vorhabenträger das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung der Behörde spätestens mit der Antragstellung mitteilen, damit es in das Verfahren einbezogen werden kann.23 Damit ist aber freilich nicht gemeint, dass eine rechtliche Bindung der Behörde an die Mediationsvereinbarung vorgesehen wird. Sehr wohl aber kann dadurch eine faktische Bindungswirkung eintreten, da die Behörde aufgrund des, gegebenenfalls nach dem Mediationsverfahren adaptierten, Antrags zu entscheiden hat.24 Ob diese Initiative des deutschen Gesetzgebers tatsächlich Früchte tragen wird, ist derzeit nicht absehbar. Demgegenüber könnte man annehmen, dass es hinsichtlich einer solchen Regelung in Österreich um einiges mehr an Erfahrungen gibt, wählte doch der hiesige Gesetzgeber bereits 2000 die Mediation als Konfliktbearbeitungsinstrumentarium im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz.25

3. § 16 Abs 2 UVP-G als mediatives Feigenblatt Ähnlich dem § 4 Abs 1 UVwG ist auch in § 16 Abs 2 UVP-G von einer erkennbaren Konfliktlage die Rede. Konkret lautet der Terminus „große Interessenkonflikte“, die zwischen der Projektwerberin/dem Projektwerber und den sonstigen Parteien oder Beteiligten erkennbar werden. Erfolgt dies im Zuge eines Genehmigungsverfahrens,26 dann soll die Behörde dieses auf Antrag der Projektwerberin/des Projektwer22 23 24 25 26

Feldmann/Heiland, VBlBW 2/2015, 49 (52). Feldmann/Heiland, VBlBW 2/2015, 49 (52). So eindringlich Feldmann, NVwZ 2015, 321 (325). Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit, BGBl 1993/679 idgF, im Folgenden „UVP-G“. Gem § 24 Abs 7 UVP-G sind hievon auch die Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken erfasst. Ein Unterschied besteht dabei einzig im Zusammenhang mit der Übermittlung der Mediationsergebnisse. Diese können nach Maßgabe des § 16 Abs 2 UVP-G der Behörde übermittelt werden. Im Kontext mit Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken gebietet es § 24 a Abs 1 UVP-G, dass im Falle eines durchgeführten Mediationsverfahrens von der Projektwerberin/dem Projektwerber die Ergebnisse an die Behörde zu übermitteln „sind“.

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht

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bers zur Einschaltung eines Mediationsverfahrens unterbrechen „können“.27 Damit wählt der österreichische Gesetzgeber aber einen zeitlich und inhaltlich anderen Zugang zur Mediation. Der Zeitpunkt der Mediationsverfahrensinitiierung ist im Gegensatz zum deutschen Pendant ein nach hinten verlagerter, wenngleich aber die Mediation ebenfalls nicht in das Administrativverfahren eingebettet wird, im Gegenteil. Mit dieser Norm soll einzig das Tor nach draußen geöffnet und ein Verfahrensunterbrechungstatbestand geschaffen werden. Das Mediationsverfahren bildet somit ein mitlaufendes.28 Auch ist die Behörde nicht in der Rolle der Initiatorin der Mediation. Vielmehr kommt der Impuls idealerweise von ProjektwerberInnenseite. Die allenfalls erzielten Mediationsergebnisse „können“ also der Behörde übermittelt und von dieser im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten im weiteren Genehmigungsverfahren und in der Entscheidung berücksichtigt werden. Darüber hinausgehende Vereinbarungen zwischen der Projektwerberin bzw dem Projektwerber und den Parteien oder Beteiligten können im Bescheid beurkundet werden. Der Projektwerberin/dem Projektwerber steht es übrigens zu, jederzeit einen Antrag auf Fortführung des Genehmigungsverfahrens zu stellen. Es ist unmissverständlich festzuhalten, dass die vorliegenden Bestimmungen vorrangig dem Zweck, die Mediation als Instrument einer alternativen Konfliktlösung im Umweltbereich bekannt zu machen, dienten. Genützt hat es letzten Endes nicht. Weder ist eine Zunahme an solchen Verfahren zu beobachten, noch finden die wenigen Beispiele (zB Flughafen Wien-Schwechat) im Gleichklang mit der behördlichen Auseinandersetzung statt. Vor allem findet keinerlei Austausch zwischen Behörde und Mediationsverfahren statt.29 Hingegen ist es nach Dolp/Soder/Hütter30 „für die Praxis ua wichtig – etwa neben technischer Machbarkeit, Finanzierbarkeit, Akzeptanz, etc – auch den rechtlichen Rahmen zu berücksichtigen, innerhalb dessen die im Mediationsverfahren entwickelten Alternativen überhaupt umsetzbar sind.“ Ziel des Mediationsverfahrens sei es, ein rechtlich zulässiges und nicht nur „scheinverbindliches“ Übereinkommen zwischen allen Betroffenen und die Umsetzung dieser Vereinbarung zu erlangen. Sollte demnach das Mediationsverfahren Inhalte regeln, die Gegenstand eines Verfahrens sein werden, dann müsse diese Vereinbarung so gestaltet sein, dass sie 27

Die Anwendung des § 16 Abs 2 UVP-G und damit die Sonderregelung zur Mediation ist übrigens gem § 3 Abs 1 leg cit für vereinfachte Verfahren explizit ausgeschlossen. 28 Nochmals Ferz, Mediation 326. Ferz, Mediation 860 ff. 29 30 Dolp/Soder/Hütter, Mediation im österreichischen Umweltschutzrecht – Praktische Überlegungen für Vorhabenswerber, Beteiligte und Behörden aus Anlass des UVP-Gesetzes 2000, RdU 2001, 11 (12 f ).

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Sascha Ferz

jedenfalls das beinhaltet, was im rechtlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens überhaupt zulässig sei. Im Mediationsverfahren selbst setzt über die rechtlichen Vorgaben des Verwaltungs(verfahrens)rechts hinaus aber lediglich das Zivilrecht dem materiellen Gehalt der Vereinbarung die Grenzen. Wenig überraschend fordern Dolp/Soder/Hütter31 daher, dass der/die MediatorIn in Kooperation mit den zuständigen Behörden möglichst frühzeitig und fest umrissen die rechtlichen Rahmenbedingungen eines (bereits anhängigen oder angestrebten) Verwaltungsverfahrens bei möglichst umfassender Betroffenenbeteiligung und unter Einbeziehung sachverständiger Fragen berücksichtige und dazu den kontinuierlichen Kontakt mit der Verfahrensleitung halte.

4. Das Projekt „3. Piste“ am Flughafen Wien-Schwechat Diese Aussagen führen geradewegs zum wunderbar anschaulichen Praxisbeispiel rund um die Erweiterung des Flughafens Wien-Schwechat. Die Präsentation eines „Masterplans 2015“ im Jahr 1998 brachte nicht nur Unruhe in die Region, sondern löste gerade mit Blick auf die Errichtung einer weiteren Start-/Landebahn eine breite Abwehrhaltung aus. Der Druck war enorm, sodass im Umfeld des Flughafenmanagements nach einer Dialogmöglichkeit mit der betroffenen Öffentlichkeit gesucht wurde, um der konfliktären Situation zu entkommen.32 Die Wahl fiel schließlich auf die Mediation, die – nicht unähnlich zur deutschen Neuregelung in § 4 UVwG33 – quasi als vorlaufendes Verfahren, eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne einer informativen und final gesehen einer kooperativen Verfahrensart angelegt war.34 Wie die nachstehende Abbildung erahnen lässt, wurde hierfür ein beachtlicher Aufwand betrieben. Fünf Jahre lang arbeiteten über 50 Verfahrensparteien35 bestehend aus Projektwerberin, Gebietskörperschaften, Bürgerinitiativen und Siedlervereinen36 in unzähligen Forums- und Arbeitsgruppensitzungen unter Zugrundelegung von acht Szenarien (keine Piste, Ausbau des Flughafens in 31 32 33 34 35

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Dolp et al, RdU 2001, 11 (13). Hinsichtlich Motivation zur Mediation siehe König, Mediationsverfahren Erweiterung des Flughafens Wien, in Flucher et al (Hg), Mediation im Bauwesen (2003) 335 (336). Feldmann/Heiland, VBlBW 2/2015, 49 (50). Lenz, Prozessproviding am Beispiel des Mediationsverfahrens Flughafen Wien (2004) 52 f. Krainer, Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat 2001–2005. Chronologie, Zusammenfassung, Überblick, in Falk et al (Hg), Das Mediationsverfahren am Flughafen ­Wien-Schwechat. Dokumentation, Analyse, Hintergrundtheorien (2006) 9 (10). König in Flucher et al (Hg), Mediation 335 (339); Prader, Flughafen Fall Wien – Ein Erfolgsfall? in Gruber/Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation zwischen Theorie und Praxis (2005) 79 (82 ff).

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht

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Brastislava) an der Herausforderung der ökologischen, sozialen und ökonomischen Weiterentwicklung der Flugverkehrsdrehscheibe in Schwechat.37 Auch die hiernach erzielten Ergebnisse sind nicht unbeachtlich. Neben einer finalen Mediationsvereinbarung, die etwa den Bau der 3. Piste, ein eingeschränktes Nachtflugverbot38 und Vorkehrungen zum technischen Lärmschutz vorsieht, wurden ein Kooperationsvertrag zwischen dem Verein Dialogforum und Flughafen Wien-Schwechat zur Weiterführung von Kommunikationsprozessen mit der betroffenen Bevölkerung in umliegenden Gemeinden39, ein Leistungsvertrag betreffend der Speisung eines Umweltfonds, ein Schiedsgerichtsvertrag40 und noch weitere Einzelverträge hinsichtlich Lärmzonen und Siedlungsgrenzen mit Gemeinden abgeschlossen.41

Abb 2: Mediation – Chronologie.42

37 38 39 40

41 42

http://www.viemediation.at (21.02.2018). http://www.viennaairport.com/unternehmen/flughafen_wien_ag/3_piste/dialog_mit_umland (16.01.2019). Prader in Gruber/Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation 79 (86 f ). Hierzu insb Falk, Ergebnissicherung und Rechtsschutz, in Falk et al (Hg), Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat. Dokumentation, Analyse, Hintergrundtheorien (2006) 225 (242 ff). Beilagenverzeichnis in Abschlussdokumente Mediationsverfahren Wien-Schwechat, http://www. viemediation.at/jart/prj3/via-mf/data/doks/99dokumente/01_zusammenfassung.pdf (21.02.2018). Krainer in Falk et al (Hg), Mediationsverfahren 9 (10 f ). Zur Chronologie auch http://www.viemediation.at/jart/prj3/via-mf/mforum.jart?rel=de&content-id=1145968644505&reserve-mode=active (21.02.2018).

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Sascha Ferz

Entsprechend der in der Mediation erzielten Ergebnisse wurden im März 2007 die Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) und die weiteren Projektunterlagen bei der zuständigen UVP-Behörde eingereicht. Auch die in diesem Verfahren gesetzten Schritte zeigen die Dimension dieses Projektes. Es dauerte 5 Jahre bis die niederösterreichische Landesregierung als UVP-Behörde den aus Sicht der Antragsteller positiven erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid erlassen hat.43 Öffentliche Auflagen der Einreichunterlagen (Mitte 2008) Erstellung der Umweltverträglichkeitsgutachten, Beantwortung von Behördenanfragen (Mitte 2010) Fertigstellung des Umweltverträglichkeitsgutachtens (Mitte 2011) Mündliche Verhandlung (Aug/Sep 2011, Multiversum Schwechat) Ende des behördlichen Ermittlungsverfahrens (Okt 2011) Positiver Bescheid der nö. LReg in 1. Instanz (10.7.2012) Berufung an den Umweltsenat (August 2012)

Zuständigkeitsübergang an das BVwG (Beginn 2014)

Abschlägige Entscheidung des BVwG (2.2.2017) Aufhebung des BVwG-Erkentnisses durch den VfGH (29.6.2017) Zweiter Rechtsgang: Pistenbewilligung durch BVwG (23.3.2018) Zurückweisung der Revision einer Gemeinde durch den VwGH (5.9.2018) Ablehnung der Beschwerde durch den VfGH, Abtretung an den VwGH (4.10.2018), die Revision von diesem abgewiesen (6.3.2019)

Abb 3: Zeitplan Genehmigungsverfahren.44

Via Berufung an den Umweltsenat 2012 kam der Rechtsfall Ende 2013 an das nunmehr zuständige BVwG zur überprüfenden Entscheidung. Dieses sorgte im Februar 2017 mit seinem Erkenntnis45 wahrlich für Aufsehen, indem es die Entscheidung der Behörde umkehrte und den Antrag der Projektwerberin abwies. Inzwischen ist 43 44 45

Vienna International Airport, UVP-Verfahren, http://www.viennaairport.com/unternehmen/flughafen_wien_ag/3_piste/uvp-verfahren (16.01.2019). http://www.viennaairport.com/unternehmen/flughafen_wien_ag/3_piste/uvp-verfahren (16.01.2019); BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E. BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E.

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht

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auch dieses Erkenntnis nicht mehr aktuell, hat doch der VfGH in seiner Entscheidung Ende Juni 2017 das BVwG-Erkenntnis wegen der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz aufgehoben.46 Die entsprechende Antwort des BVwG liegt mittlerweile in Form eines an Auflagen reichen Erkenntnisses vor,47 mit dem die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb des Pistenvorhabens erteilt worden ist.48 Daraufhin erhobene Revisionen gingen ins Leere bzw wurden zurückgewiesen49 und auch die Behandlung einer weiteren Beschwerde wurde vom VfGH abgelehnt und dem VwGH zur Entscheidung abgetreten. Die Revision wurde von diesem jedoch abgewiesen.50 Ein finales (rechtliches) Ergebnis könnte nun tatsächlich vorliegen – wenn auch die Umsetzung noch keineswegs als garantiert gilt. Damit sind 20 Jahre nach der Auflage des Masterplans die Fragen zur zukünftigen Gestaltung des Flugverkehrs im Großraum Wien beinahe beantwortet. Eine derart lange Zeitspanne stimmt trotz der Größe und der über den lokalen Wirkungsbereich ausstrahlenden Bedeutung des gegenständlichen Projekts nachdenklich. Dies vor allem auch deshalb, weil eine weitreichende BürgerInnenbeteiligung in allen Projekt- bzw Verfahrensabschnitten stattgefunden hat. Woran aber kann eine derartige Entscheidungsverzögerung festgemacht werden? Sind es die Größe des Projekts, der Widerstand der Bürgerinnen und Bürger oder die unüberschaubare Normendichte gepaart mit einer kaum auflösbaren Interessenkollision? Einige Antworten dazu kann jedoch ein Abgleich der Inhalte der drei völlig unterschiedlichen Verfahren bringen. So lässt sich jedenfalls ein Einblick darüber gewinnen, ob und inwieweit die Öffentlichkeitsbeteiligung auf die jeweiligen Ergebnisse Einfluss ausgeübt hat. Einen ersten Anknüpfungspunkt bietet die Durchschau der VerfahrensteilnehmerInnen. Diese zeigt, dass die Parteien des Mediationsverfahrens, die sich auch den abschließenden Konsensergebnissen unterworfen haben, sich spätestens nach dem UVP-Verfahren aus dem Prozess zurückgezogen haben. Eine Stellungnahme der ARGE gegen Fluglärm, die zwar am Verwaltungs-, aber nicht mehr im Beschwerdeverfahren beteiligt war, lautet nach dem Bekanntwerden des BVwG-Er46

47 48 49 50

VfGH 29.06.2017, E875/2017 ua. Aus dem kritischen Schrifttum stellvertretend Fuchs, Interessenabwägung, Ermessen, dritte Piste Flughafen Wien. Anmerkungen zu VfGH 29.06.2017, E875/2017, E886/2017 und BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E, ÖZW 2017, 192 (195). BVwG 23.03.2018, W109 2000179-1/350E. Bergthaler, Die „dritte Piste“ im zweiten Rechtsgang oder: Das Gebot der CO2-Neutralität, Jahrbuch Öffentliches Recht 2018, 177 (178). VwGH 05.08.2018, Ro 2018/03/0024. VfGH 04.10.2018, E1818/2018; VwGH 06.03.2019, Ro 2018/03/0031.

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kenntnis etwa: „Für uns gelten nach wie vor die Ergebnisse des Mediationsverfahrens. […] Als Ergebnis der 5 Jahre lang intensiv geführten Verhandlungen ist herausgekommen, dass die Gemeinden und die Bürgerinitiativen den Bau einer 3. Piste am Flughafen unter den in den Mediationsverträgen festgeschriebenen Bedingungen in Kauf nehmen und keine rechtlichen und sonstigen Schritte gegen deren Bewilligung und Errichtung unternehmen. Diese Bedingungen sind vor allem die Nachtflugbeschränkungen, die Maßnahmen des technischen Lärmschutzes und der Umweltfonds zum Ausgleich der Belastungen.“51 Noch deutlicher formuliert es das Bürgerforum Haslau Maria Ellend: „Das UVP-Verfahren wird von uns genau beobachtet werden. Dort gilt es zu überwachen, ob alle Vereinbarungen des Mediationsvertrages sich auch in der Umweltverträglichkeitserklärung – UVE wiederfinden. Im UVP – Verfahren streben wir jedenfalls Parteistellung an“.52 Damit erscheint auch die Annahme zulässig zu sein, dass jene Bürgerinitiativen, die dem Mediationsergebnis zugestimmt und dennoch am Verwaltungsverfahren teilgenommen haben, die Verfahrensbeteiligung als bloße Schutzmaßnahme verstanden haben, um gegebenenfalls zeitgerecht reagieren zu können und zudem ihre Parteistellung zu wahren. Anders schaut dies etwa bei der Plattform gegen die 3. Piste aus. Dieser als Zusammenschluss mehrerer BI aktive Verein hat zwar am Mediationsverfahren teilgenommen, jedoch als Gesamtgruppierung dem Mediationsvergleich nicht zugestimmt. Es wurde vielmehr den einzelnen mitvertretenen BI die autonome Entscheidungsfindung überlassen.53 So manche BI hat dem Konsens zugestimmt und daraufhin die Mitarbeit im Verein beendet.54 Die in der Plattform weiterhin aktiv bleibenden Mitglieder ließen wiederum von ihrem grundsätzlichen Nein zur dritten Piste nicht ab.55 Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass diese Initiative auch im nachfolgenden gerichtlichen Rechtsschutzverfahren als Beschwerdeführerin in Erscheinung getreten ist.

51

Peter, Erkenntnis des BVwG über die Nichtbewilligung der 3. Piste am Flughafen Wien (29.03.2017), http://www.argebsdialog.at/aktuelles.html (16.01.2019). 52 So unter http://www.argebsdialog.at/maria_ellend.html (16.01.2019). 53 Erklärung der Plattform gegen die 3. Piste vom 11.06.2005 in Abschlussdokumente Mediationsverfahren Wien, http://www.viemediation.at/jart/prj3/via-mf/data/doks/99dokumente/01_zusammenfassung.pdf (21.02.2018). 54 Ein Beispiel hierfür ist etwa das Bürgerforum Haslau Maria Ellend http://www.argebsdialog.at/ maria_ellend.html (16.01.2019). 55 Siehe http://www.plattform-fluglaerm.at/Index/aktuelle%20informationen.html (16.01.2019).

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht Mediationsverfahren

Anfänglich 51 Parteien Am Ende 54 Parteien 12 Bürgerinitiativen Keine Umweltorganisationen

Nationalpark Donau-Auen Gemeinden, Bezirksvorsteher Wien, Länder NÖ und Wien, Siedlerverereine, Kammern, Verbände, Pol Parteien (Grüne, FPÖ, ÖVP, SPÖ), LUA Wien und NÖ, Austro-Control, AUA

25

UVP-Verfahren (Beteiligte im Vergleich zum Mediationsverfahren) > 1.000 Einwender

Beschwerdeverfahren BVwG (Beteiligte im Vergleich zum Mediationsverfahren) 28 Beschwerdeführer

Plattform gegen die 3. Piste Bürgerlärm gg Fluglärm ARGE gegen Fluglärm = Österreich Plattform Fluglärm BI Fischamend BI Pro Margarethen BI Bürgerforum Haslau/Maria Elend BI Götzendorf/Pischlsdorf + 2 Umweltorganisationen (AFLG, Global 2000) und 11 andere BI Nationalpark Donau-Auen Stadt Wien Enzersdorf/Fischa Zwölfaxing Rauchenwarth Schwadorf Fischamend Groß-Enzersdorf Schwechat Siedlerverein Lobau (ARGE gegen Fluglärm) BI Siedlerverein Eßling Bezirksbauernkammer Bruck/ Leitha Wirtschaftskammer Wien

Plattform gegen die 3. Piste + 1 Umweltorganisation (AFLG) und 7 andere BI

Stadt Wien

Tab 1: TeilnehmerInnen an den unterschiedlichen Verfahren.56

56

http://www.viemediation.at (21.02.2018); Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 10.07.2012, RU4-U-302/301-2012; BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E.

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Ein zweites spannendes Ergebnis ergibt sich aus einem Vergleich der für das jeweilige Verfahren zentralen Themen. War im Mediationsverfahren Hauptthema, dem alles andere untergeordnet wurde, der Fluglärm inklusive Flugrouten und Nachtflugverbot, so spielten die Flugrouten im UVP-Verfahren mangels Zuständigkeit keine Rolle. Das Thema Lärm und Lärmschutz war im Zusammenhang mit Gesundheitsgefährdung und Belästigung eines von mehreren. Auch enthält der UVP-Bescheid bloß eine kurz gehaltene Feststellung, wonach „für den Menschen, die Gesundheit und das Wohlbefinden für die Planfälle 2020 und 2025 keine wesentlichen Änderungen der bodennahen meteorologischen und klimatologischen Bedingungen zu erwarten sein werden.“57 Mediationsverfahren



– – – – – – –

57

UVP-Verfahren (Themen im Beschwerdeverfahren Vergleich zum MediationsUmweltsenat und BVwG verfahren) (Themen im Vergleich zum Mediationsverfahren) – Verkehrliche Grundlagen Insbesondere ging es um UVP-Bescheid: „[...] Ver(Flugrouten…) kehrsverteilung sowie die die Festlegung von FluAn- und Abflugrouten kön- – Lärmtechnische Grundgrouten und Flugzeiten lagen aus Lärmschutzgründen nen im UVP-Verfahren nicht endgültig festgelegt werden – Umweltmedizin – GeNachtflugregelungen sundheitsgefährdungen (zum Schutz von Gesund- [...]“ durch Belästigung durch heit und Lebensqualität) „[...] sind von der dafür Lärm zuständigen Behörde zu Technischer Lärmschutz – Sachgüterschutz gegebener Zeit im VerordSchutz von Umlandge– Luftschadstoffe (THG, meinden vor Bodenlärm nungsweg festzulegen und CO2) laufend anzupassen bzw zu Lärmzonendeckelung – Öffentliche Interessen optimieren.“ Landwirtschaft (Luftverkehrswirtschaft, Errichtung Umweltfonds – Auch zu NachtflugregeFlugsicherheit, Klimalung wenige Aussagen Regionales Konfliktmaschutz) – Klima bzw – Gesundheitsgefährdung, nagement Klimaschutz werde konunzumutbare Belästigung terkariert gegen Lärm – Störfallmaßnahmen, Flug– Auflagen hinsichtlich zeugabstürze Lärmschutz – Luftfahrtrecht (Genehmigung) – Abfallrecht (Genehmigung) inkl Abfallchemie

Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 10.07.2012, RU4-U-302/301-2012, 388.

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht – Forstrecht (Genehmigung) inkl Rodungsbewilligung – Wasserrecht (Genehmigung) – Bauaufsichten – Diverse Auflage (Abfallchemie, Abwassertechnik, Brandschutz, Deponietechnik, Elektrotechnik, Flugsicherungsbetrieb, Geohydrologie, Gewässerökologie, Luftfahrttechnik, Luftreinhaltetechnik, Ornithologie, Verkehrsplanung …) – Landschaftsbild, Naturverträglichkeit – Eigentumsgefährdung, Wertminderung von Liegenschaften – Störfallbetrachtung – (…) – Öffentliche Interessen iSv LFG (Bedarf gegeben, Arbeitsplätze vor), ForstG und nö StraßenG

27

– Klima- und Energiekonzept – Ornithologie/Naturschutz – Gefährdung Bienenfresser – Umwelthygiene – Elektromagnetische Felder – Öffentliche Interessen und Bedarfsprüfung – Klimaschutzabkommen – Schaffung von Arbeitsplätzen – Steuer- und Abgabenaufkommen – Bodeninanspruchnahme – (…)

Tab 2: Verfahrensthemen.58

Im Zusammenhang mit der Frage nach dem öffentlichen Interesse gem § 71 LFG59 führt die Behörde aus, dass dieses dahingehend vorliege, als ein Bedarf zur Deckung der steigenden Flugbewegungen vorhanden sei. Weiters diene das Vorhaben der „Sicherung und Stärkung der Funktion des Flughafens als zentraler Luftverkehrsknotenpunkt“60 sowie der „Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, einschließlich der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen im Umfeld des Flughafens.“61 Andere gegenläufige öffentliche Interessen wurden im Gegensatz zum BVwG-Erkenntnis nicht in die Interessenabwägung eingebracht. 58 59

60 61

http://www.viemediation.at (21.02.2018); Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 10.07.2012, RU4-U-302/301-2012; BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E. Bundesgesetz vom 2. Dezember 1957 über die Luftfahrt BGBl 1957/253 idgF, im Folgenden „LFG“. Zu den „sonstigen öffentlichen Interessen“ in § 71 LFG etwa Wagner, Was bislang geschah: Staatszieldebatte/VfGH hebt Urteil Dritte Piste auf, RdU 2017, 149 (150). Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 10.07.2012, RU4-U-302/301-2012, 364. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 10.07.2012, RU4-U-302/301-2012, 364.

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Sascha Ferz

In der letzteren Entscheidung wird demgegenüber festgehalten, dass „das öffentliche Interesse, dass es in Österreich zu keinem weiteren markanten Anstieg an THG-Emissionen durch Errichtung und Betrieb der dritten Piste kommt und Österreich seine national und international eingegangenen Verpflichtungen zur Reduktion der THG-Emissionen einhält gegenüber den verschiedensten öffentlichen Interessen, die für die Errichtung des Vorhabens sprechen“,62 überwiegt. „Das öffentliche Interesse an der Errichtung der dritten Piste ist somit überwiegend nicht gegeben. Der Antrag der mitbeteiligten Parteien ist daher insgesamt abzuweisen.“63 Unabhängig davon, dass es im Zuge der Beantwortung einer solch komplexen Frage zu differenzierenden Entscheidungen kommen kann, ist im konkreten Fall zweierlei auffällig. Zum einen hat die Änderung des Rechtsschutzsystems zu einer Verschiebung der inhaltlichen Entscheidungsebene geführt. Mit dem BVwG ist aber nun ein völlig neuer Player im Zuge eines doch in seinen Grundsätzen veränderten Verwaltungsverfahrens hinzugetreten. Das gilt es in den weiteren Analysen zu berücksichtigen. Ob dabei den Rufen nach einer Abkehr der Gerichtsbarkeit hin zum überwunden erschienenen administrativen Instanzenzug zu folgen ist, braucht hier ebenso wenig beantwortet zu werden wie die noch spezifischere Frage nach der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte gem § 28 VwGVG.64 Entscheidend ist hier vielmehr, dass die derzeitigen gerichtlichen Auseinandersetzungen bereits von der Ebene der BürgerInnenbeteiligung iSv partizipativer Teilhabe an der Entscheidungsvorbereitung, wie sie etwa die deutsche Regelung des § 4 UVwG kennt, entrückt sind und sich die Streitteile längst den gesetzlich vorgegebenen Lösungsstrukturen untergeordnet und die Interessenarbeit einer/einem professionalisierten StreitentscheiderIn, und zwar der/dem Richter/in, überantwortet haben. Die noch zu Beginn geförderte subjektivierte Argumentation ist demnach aufgegeben und die Auseinandersetzung wird einzig in der Normsprache der JuristInnen fortgeführt.65 Zum anderen, und dies ist ebenso augenscheinlich, ist durch die lange Verfah62 63 64

BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E, 126. BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E, 127. Das Problem nach dem Systemwechsel andeutend Madner/Schulev-Steindl, Dritte Piste – Klimaschutz als Willkür? Anmerkungen zu VfGH 29.06.2017, E 875/2017, E 886/2017, ZÖR 2017, 589 (600) sowie aufgreifend Vašek, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bei behördlichen Ermessensentscheidungen. Gezeigt am Beispiel der Entscheidung zur „dritten Piste“ des Flughafens Schwechat, JAP 2017/2018, 19 (19 ff); zur Herausforderung von Interessenabwägung und Ermessen seit dem Systemwechsel Fuchs, ÖZW 2017, 192 (193). 65 Allgemein Birner, Das Multi-Door Courthouse. Ein Ansatz zur multi-dimensionalen Konfliktbehandlung (2003) 8; im gegenständlichen Fall eindrücklich Kerschner, VfGH 3. Piste und juristische Methode: Verfassungskonforme Auslegung verfassungswidrig? RdU 2017, 190 (191) sowie Madner/ Schulev-Steindl, ZÖR 2017, 589 (599 f ).

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht

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rensdauer und – unabhängig von der mittlerweile ergangenen Entscheidung des VfGH – die zwischenzeitlich erfolgte Nachverdichtung der klimaschutzrechtlichen Bestimmungen eine juristische Herausforderung in den Mittelpunkt gerückt worden, die es in der rechtlichen Abwicklung derartiger umweltrechtlicher Verfahren zuvor noch gar nicht gegeben hat. Während etwa die für die Genehmigung entscheidende Regelung des § 71 LFG vor allem mit dem Abwägungsgebot der öffentlichen Interessen seit 1958 in Kraft ist, traten das BVG Nachhaltigkeit66 2013, § 4 Z 2 NÖ Landesverfassung – Berücksichtigung des Klimaschutzes67 seit 2007, Art 37 GRC Umweltschutz68 seit 2012, und nicht zuletzt das Pariser Klimaschutzabkommen69 allesamt erst nach dem Mediationsverfahren in Kraft. Eine – wie auch immer weitreichende – rechtlich geforderte Berücksichtigungspflicht bestand daher zum Zeitpunkt der Mediation überhaupt nicht.70

5. Schlussfolgerungen Was kann nun aus diesen Aussagen abgeleitet werden? Ist die Mediation, wie mancherorts postuliert wird, gescheitert? Ist eine derart verstandene Öffentlichkeitsbeteiligung ein Bremsklotz, eine wenig effiziente Zusatzrunde? Nein, nicht im umfassenden Verständnis. Deutlich wird bei Durchsicht der Materialien, dass die Mediation faktischen Grenzen unterliegt. Das bedeutet aber nichts anderes, als die Notwendigkeit diese zuerst auszuloten, eventuell durch das Setzen von Begleitmaßnahmen zu überwinden und schlussendlich für die Entscheidungserarbeitung zu nutzen. So ist etwa für den Einsatz der Mediation die Feststellung zentral, dass sie zur Konfliktbearbeitung nicht aber zur bloßen Informationsstreuung für die Öffentlichkeit iSv Art 4 Abs 1 Aarhus-Konvention dient. Dafür ist diese Methode ein zu mächtiges, aufwendiges Beteiligungsinstrument. Mediation zielt – so zumindest das europäische Verständnis – auf den kooperativen Interessenausgleich ab. Wir reden 66

67 68 69 70

Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung BGBl I 2013/111 idgF. NÖ Landesverfassung 1979 LGBl 0001-0 idgF. Charta der Grundrechte der Europäischen Union 26.10.2012, ABl C 364/02 idgF. Übereinkommen von Paris BGBl III 2016/197 idgF. Selbst das heute unzweifelhaft vorhandene Bewusstsein für den Schutz des Klimas war vor 20 Jahren wohl noch nicht so ausgeprägt. Der an die damals in der Mediation handelnden AkteurInnen gerichtete Vorwurf der fehlenden Sorgfalt bei der zu berücksichtigenden Themenauswahl geht demnach ins Leere.

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also von der dritten Stufe der Beteiligung, die über die traditionellen Informations-, Anhörungs- oder Stellungnahmerechte hinausreicht und letztlich nach Maßgabe von Art 6 Abs 8 Aarhus-Konvention an der Entscheidungsvorbereitung mitwirkt sowie – bezogen auf die Antragstellung – im besten Fall auch auf die positive Entscheidungsfindung Einfluss hat. Selbstverständlich darf bei all der herbeigeredeten Beteiligungseuphorie nicht die Gefahr übersehen werden, wonach in derartigen Verfahren durch Betonung der Individualinteressen der Blick auf das Gemeinwohl und regionale Lösungen mitunter zu kurz gerät. Daher muss frühzeitig und nachhaltig gegengesteuert werden. Passiert das nicht, sind statt Akzeptanzbekundungen Frustrationen und weitere Konfrontationsschleifen vor allem in den nachfolgenden Administrativverfahren vorprogrammiert. Folglich sind mediative Prozesse, die wie bei Wien-Schwechat von den behördlichen Entscheidungsverfahren weit abgesetzt passieren, wenig zielführend. Der unbefriedigenden Entkoppelung redet übrigens auch die normative Vorkehrung des § 16 Abs 2 UVP-G das Wort. Demgegenüber entspricht der angezeigten Herausforderung da schon die zeitlich jüngere deutsche Regelung des § 4 Abs 2 UVwG, die die verfahrensführende Behörde zwar nicht zur Mediationspartei macht, ihr aber ein Recht zur Teilnahme und Äußerung zuschreibt. Insoweit sind also die Möglichkeiten für einen inhaltlichen Austausch sowie gegebenenfalls ein Hinlenken der Aufmerksamkeit der Beteiligten auf die Gemeinwohlinteressen zumindest gegeben. Darüber hinaus hat die Konsenswerberin/der Konsenswerber das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung der Behörde spätestens mit der Antragstellung mitzuteilen, damit die Behörde dieses ins Verfahren einbeziehen kann. Das Mediationsverfahren Wien-Schwechat zeigt aber noch anderes mit aller Klarheit auf. Ein Beteiligungsprozess mit einer derartigen Vielzahl an handelnden AkteurInnen, die zum Teil mit sehr unterschiedlichen Rollen und Aufgaben (Gebietskörperschaften als EigentümervertreterInnen) ausgestattet sind, und der auf tausende von betroffenen Personen als NachbarInnen und/oder als Beschäftigte Auswirkungen hat, muss selbstredend an die Schranken seines Wirkraums stoßen. Das Interessenwiderspiel ist kaum noch in eine gemeinsame, produktive Auseinandersetzung einzuführen. In solchen Situationen bleibt dann einzig, ein geordnetes Widerspruchsmanagement, wie es Heintel71 identifiziert hat, aufzubauen, dem immer auch das Bild des eigentlich Möglichen und Machbaren vorgehalten werden muss. Das aber kann bis zu einem gewissen Grad eine Mediation leisten. 71

Heintel, Mediation als Widerspruchsmanagement (ihre Möglichkeiten – ihre Grenzen). Dokumentation einer umfassenden Teamdiskussion, in Falk (Hg), Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat. Dokumentation, Analyse, Hintergrundtheorien (2006) 93 (116).

Mediation als Partizipationsinstrument im Umweltrecht

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Dessen ungeachtet ist freilich fraglich, wie und wer bei einem Mehrebenenentscheidungsprozess (Mediation, administratives und hiernach noch verwaltungsgerichtliches Verfahren) die verbindende Klammer bilden soll. Die zur Entscheidung befugte Behörde wird nur partiell diese Verantwortung tragen können, ist sie doch mitunter selbst „Partei“ im engen wie auch im weiteren Sinn in solchen Verfahren.72 Daher erschiene, wenn auch nicht von allen Seiten lautstark begrüßt, die Schaffung einer kombinierten Form der Verfahrensrichterin und der Verfahrensanwältin iSd Verfahrensanordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse, eines Standortanwalts oder, wie es im deutschen Baurecht schon lange ventiliert wird, eines/ einer externen Verfahrensmanagers/Verfahrensmanagerin, der/die mit Blick aufs große Ganze den gesamten Beteiligungsprozess neutral mitbegleiten, jedoch selbstredend nicht alleinverantwortlich gestalten kann, als sinnvoll.73 Trotz all der vorangestellten Überlegungen lässt sich gemeinsam mit Appel74 einmal mehr konstatieren, dass Öffentlichkeitsbeteiligung dort auf Schranken stößt, wo übergeordnete gesellschaftliche Konflikte ungelöst sind. Die Beteiligung kann die nötige demokratische Grundentscheidung – vor allem im Verwaltungsrecht – nicht ersetzen. Es bleibt also dem Gesetzgeber die Aufgabe, sich entsprechend einzubringen. Gleichwohl ist ein Regelungsregime wie das kürzlich neugeschaffene Standort-Entwicklungsgesetz damit nicht gemeint.75

72 73 74 75

Ferz, Mediation im öffentlichen Bereich. Zur Stellung der Behörde als „dritte Partei“, in Gruber/ Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation zwischen Theorie und Praxis (2005) 67 (77 f ). Siehe schon Appel, Staat und Bürger im Umweltverwaltungsverfahren, NVwZ 2012, 1361 (1367). Appel, NVwZ 2012, 1361 (1368 f ). Bundesgesetz über die Entwicklung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich (Standort-Entwicklungsgesetz - StEntG), BGBl I 2018/110.

Polnische Erfahrungen mit Partizipation Am Beispiel von Natura 2000 Wojciech Federczyk

1. Einleitung Ziel des folgenden Beitrags ist es, über polnische Erfahrungen mit der Öffentlichkeitsbeteiligung (Partizipation) im Bereich des Naturschutzes zu reflektieren und dies am Beispiel der Managementpläne für Natura-2000-Gebiete zu veranschaulichen. Das Netzwerk von Natura-2000-Gebieten bildet eines der Instrumente zur Umsetzung des Umweltschutzkonzepts der Europäischen Union, welches in Polen mit dem EU-Beitritt dem bereits vorhandenen System von Schutzformen auferlegt wurde. Natura 2000 ist eine Form des Naturschutzes, eingeführt in die polnische Rechtsordnung (Art 25–39 des Gesetzes über Naturschutz,1 nachstehend GüN) infolge der Implementierung des Unionsrechts gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates v 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-RL; FFH-RL2) und der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-RL3). Das Netzwerk von Natura-2000-Gebieten ist die Grundlage der Biodiversität der Europäischen Union. Es besteht aus zwei Arten von Gebieten: aus Gebieten für den speziellen Schutz von Vögeln sowie aus Gebieten für den Schutz ihres Lebensraums (Art 25 GüN). Das Hauptziel des Europäischen Ökologischen Netzwerks Natura-2000 ist es, bestimmte Typen von natürlichen Lebensräumen sowie Pflanzen- und Tierarten, die als wertvoll (für die Erhaltung des Naturerbes Europas) gelten und vom Aussterben in ganz Europa bedroht sind, zu erhalten. Dieses Ziel ist zu realisieren, indem Gebiete, in denen diese Arten und Lebensräume auftreten, festgestellt und unter Schutz gestellt werden. Die Maßnahmen zum Schutz natürlicher Lebensräume sowie wildlebender Tiere und Pflanzen zielen darauf ab, die biologische Vielfalt Euro1 2 3

Gesetz über Naturschutz vom 16. April 2004, Gesetzblatt 2134/2016. ABl L 1992/206, 7. ABl L 2010/20, 7; zuvor RL 79/409/EG.

Polnische Erfahrungen mit Partizipation

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pas zu erhalten oder wiederzustellen. Darüber hinaus sind die Mitgliedsländer dazu verpflichtet, bei Bedarf Maßnahmen zu ergreifen, damit die ökologische Kohäsion des Netzwerks von Natura-2000-Gebieten erhalten bleibt, um die Migration, Verbreitung und den genetischen Austausch von Arten aufrechtzuerhalten. Die Natura-2000-Gebiete nehmen mehr als 21 % der Landesfläche Polens ein; insgesamt gibt es über 850 solcher Gebiete.4 Aus diesem Grunde erfordert die Verwirklichung der Ziele der Natura-2000-Gebiete ein geschicktes Management und ist zweifellos ein komplexer Prozess. Die Probleme von Natura-2000-Gebieten sind ein guter Vergleichsgegenstand für die Praxis in den einzelnen EU-Ländern, da die einzelnen Rechtsgrundlagen im Wesentlichen gleich sind und sich aus der FFH- und der Vogelschutz-RL ergeben.5 Für Österreich kann im Bereich der Bewirtschaftung von Natura-2000-Gebieten auf die Mediation im Gebiet Verwall (Vorarlberg) hingewiesen werden.6 In Deutschland und Österreich wird seit mehreren Jahrzehnten eine spezielle Form der Konfliktlösung entwickelt, die sog „Umweltmediation“.7 Die polnischen Erfahrungen mit der Anwendung einvernehmlicher Methoden der Streitbeilegung in Umweltfragen sind nicht so umfangreich, was nicht bedeutet, dass es sie nicht gibt. Der grundsätzliche Anwendungsbereich der Öffentlichkeitsbeteiligung ergibt sich aus der Aarhus-Konvention. Wichtig sind jedoch nationale Regelungen und die Praxis der Verwaltungsorgane. Das polnische Gesetz über den Umweltschutz sieht zehn Formen des Gebietsschutzes vor, ua Nationalparks, Naturschutzgebiete, darunter auch Natura-2000-Gebiete. Im polnischen System des Naturschutzrechts werden die Natura-2000-Gebiete genauso behandelt wie andere Formen des Naturschutzes; für sie werden Schutzpläne erstellt, in denen die Möglichkeiten und Verbote für die Durchführung von Maßnahmen festgelegt sind. Das Wesen der FFH-RL besteht jedoch darin, die bestehenden Formen der Wirtschaftstätigkeit, die für ein ange4 5

6 7

Symonides, Ochrona przyrody (2014) 517. De Pierola/Carbonell/Gomez-Limon Garcia/Hernandez/Zamanillo, Natura 2000 i społeczeństwo. Instrumenty komunikacji społecznej w zarzadzaniu Siecią Natura 2000 (2009) 13; Machińska, Mediacja w rozwiązywaniu konfliktów ekologicznych, in Machińska (Hg), Mediacja w sprawach administracyjnych (2007) 84. Ferz, Mediation im öffentlichen Bereich (2013) 67. „Übergeordnetes Ziel von Umweltmediationsverfahren ist es, zu einer insgesamt verbesserten Lösungsfindung bei Konflikten im Umweltbereich zu gelangen, indem zukunftsorientierte, von den Konfliktparteien gemeinsam getragene, eigenverantworte Konfliktregelungen im Rahmen konstruktiver, fairer und offener Kommunikationsprozesse erarbeitet werden“, Neuert, Umweltmediation. Möglichkeiten und Grenzen (2001) 57; ausführlich Hellriegel, Mediation im Umweltrecht (2002).

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Wojciech Federczyk

messenes Schutzniveau erforderlich sind, zu gewährleisten bzw aufrechtzuerhalten. Die detaillierten Regeln der Bewirtschaftung in Natura-2000-Gebieten richten sich nach deren Spezifik und nach den zu schützenden dort auftretenden Arten oder Lebensräumen. Aus diesem Grunde sieht das GüN auch vor, dass Dokumente erstellt werden müssen, in denen die Schutzregeln für die zu schützenden Naturbesonderheiten für jedes Gebiet individuell festgelegt werden.

2. Konflikte im Naturschutz Eine der Folgen des Schutzes von einzelnen Teilen der Natur sind unterschiedliche Verbote oder Gebote, die einerseits die Realisierung von Schutzzielen ermöglichen, zugleich aber auch als Einschränkung des Handlungsspielraums der Menschen und ihrer Gemeinschaften wahrgenommen werden können. Daher sind Konflikte, die sich aus der Notwendigkeit des Naturschutzes ergeben, unvermeidlich. Sie können sowohl persönliche Interessen oder Ansprüche der daran Beteiligten betreffen, als auch die Umweltsicherheit im weiteren Sinne, die für große Gruppen der Gesellschaft relevant ist.8 Wenn man die Problematik der ökologischen Streitigkeiten auf die Natura-2000-Gebiete überträgt, ist darauf zu achten, dass es viele Räume für potenzielle Streitigkeiten gibt. Ein Grund für Streitigkeiten kann darin bestehen, dass es an Informationen über die Auswirkungen der Einführung eines Natura-2000-Gebiets mangelt. Die Aufnahme eines bestimmten Natura-2000-Gebietes kann zu Nutzungsbeschränkungen führen, sowohl in Bezug auf die Ausübung wirtschaftlicher und landwirtschaftlicher Tätigkeiten als auch in bestimmten Situationen, zB beim Bau eines Wohnhauses, was verschiedene soziale Spannungen verursachen kann. Gemäß Art 32 Abs 3 GüN obliegt die Koordinierung der Gebiete den Regionalen Direktoren für Umweltschutz, die die Grundstücke in Natura-2000-Gebieten jedoch nicht direkt verwalten. An einer Streitigkeit können sich sowohl die Organe der öffentlichen Verwaltung, hauptsächlich der Gemeinden, als auch die Vertreter der Organe der Forst- oder Wasserwirtschaft beteiligen.9 In der potentiellen Gruppe der Gegner sind auch private Personen, Eigentümer von Grundstücken, die dieser Form des Naturschutzes unterliegen, oder Unternehmer, die ihre wirtschaftli8 9

Dubel/Jamontt-Skotis/Królikowska/K. Dubel/Czapski, Metody rozwiązywania konfliktów ekologicznych na obszarach Natura 2000 (2013) 48. Cent/Grodzińska-Jurczak/Pietrzyk-Kaszyńska/Gutowska, Zarządzanie obszarami Natura 2000 w Polsce w kontekście zrównoważonego rozwoju wsi – aktualne wyzwania i konflikty, „Wieś i rolnictwo“, Nr 3 (168) 2015, 99.

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che oder landwirtschaftliche Tätigkeit auf diesen Gebieten ausüben. Den Bereich potentieller Konflikte erweitern auch Naturschutzorganisationen, da sie Lösungen vorschlagen können, die den Erwartungen anderer Akteure zuwiderlaufen, sowie rechtliche Möglichkeiten nutzen können, zB Entscheidungen, die sich auf geplante Einzelprojekte beziehen, anzufechten. Die Konflikte in Natura 2000-Gebieten können eine informative oder strukturelle Dimension haben, die sich zB aus der Vielzahl der Verwalter der von Natura-2000 erfassten Gebiete oder den räumlichen Widersprüchen von linearen Investitionen und Natura 2000-Gebieten ergeben, und schließlich in Form eines Interessenkonflikts, der sich auf unterschiedliche Nutzungskonzepte innerhalb des Natura-2000-Gebiets reduzieren lässt. Streitigkeiten scheinen sowohl bei der Einführung spezifischer Schutzgebiete und der Festlegung ihrer Grenzen als auch bei den gesetzlich festgelegten Maßnahmen zum Schutz bereits bestehender Natura-2000-Gebiete, insb der in Art 28 GüN genannten Schutz­ aufgabenpläne, oder bei der Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen im Natura-2000-Gebiet, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, unvermeidlich. Obwohl die Einrichtung des Gebietes selbst auf objektiven Kriterien beruht (abgestellt wird auf das Vorhandensein von natürlich wertvollen Arten), kann die Art der Umsetzung des Naturschutzes variiert werden, sodass die Phase der Planung von Schutzaufgaben äußerst wichtig für die Annahme optimaler Lösungen ist, sowohl unter dem Gesichtspunkt der Naturschutzziele als auch für die Gruppen von Interessenvertretern, die in dem Gebiet existieren.10

3. Management von Natura-2000-Gebieten Art 6 Abs 1 FFH-RL verordnet, notwendige Schutzmittel anzuwenden. Art 28 GüN besagt dagegen, dass der Regionale Direktor für Umweltschutz den Plan von Schutzaufgaben für das Natura-2000-Gebiet festlegt, und zwar durch einen örtlichen Rechtsakt in Form einer Verordnung, wobei er sich nach der Notwendigkeit richtet, den Schutz von biologischen Lebensräumen aufrechtzuerhalten oder deren ursprünglichen Stand sowie den der Pflanzen- und Tierarten, für deren Schutz das Natura-2000-Gebiet bestimmt wurde, wiederherzustellen. Der Regionale Direktor hat interessierten Personen und Organisationen, die innerhalb von natürlichen Lebensräumen und Lebensräumen von Arten, für deren Schutz das Natura-2000-Gebiet bestimmt wurde, leben ihre Beteiligung an dem 10

Dubel/Jamontt-Skotis/Królikowska/Stefańska/Banrowska, Skuteczne obszarami Natura 2000 (2010) 37.

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Wojciech Federczyk

Projekt zu ermöglichen.11 Er hat auch der Gesellschaft die Möglichkeit zu gewährleisten, sich daran zu beteiligen. Das entspricht den Forderungen der Aarhus-Konvention und konkret dem Art 7, der besagt, dass „Jede Vertragspartei […] angemessene praktische und/oder sonstige Vorkehrungen dafür [trifft], dass die Öffentlichkeit, nachdem ihr zuvor die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt worden sind, in einem transparenten und fairen Rahmen während der Vorbereitung umweltbezogener Pläne und Programme beteiligt wird“.12 Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist der Prozess der Präsentation eines Projekts und der Meinungsäußerung durch Abgabe von Kommentaren und Vorschlägen iSd Gesetzes. Es handelt sich also um ein formalisiertes Verfahren. Sie schließt jedoch nicht aus, dass eine aktivere Form der gesellschaftlichen Teilhabe genutzt wird. Das geht aus den Leitlinien über die Erstellung von Schutzaufgabenplänen der Generaldirektion für Umweltschutz von 2012 hervor, die die Natura-2000-Gebiete in Polen verwaltet.13 Die Leitlinien des Generaldirektors wurden gem Art 32 GüN erlassen, um die Überwachungsaufgaben von Natura-2000-Gebieten zu erfüllen. Es handelt sich also um keinen Rechtsakt, die Behörden, die diese Gebiete verwalten, sind jedoch verpflichtet, sie anzuwenden. Zu den Empfehlungen der Generaldirektion, die in den Leitlinien enthalten sind, gehören Lösungen, die sich auf alternative Streitbeilegungsmethoden beziehen. Es besteht die Möglichkeit, zB – „einen professionellen Moderator einzusetzen, der die Diskussion leitet, insb auf den Natura-2000-Gebieten sowie bei Themen, die Emotionen in der Gesellschaft hervorrufen“ (Pkt. 19 lit d der Leitlinien); – die Interessengruppen zu identifizieren, sodass ein möglichst breites Spektrum an Interessengruppen am Planungsprozess teilnimmt, einschließlich öffentlicher Körperschaften, Umweltorganisationen, örtlicher Vereine, Landwirte, Grundgemeinschaften, aber auch Leader örtlicher Gemeinschaften (Pkt. 26 der Leitlinien); – Planungsarbeiten in der Gemeinschaft bekannt zu machen, und zwar durch eine Reihe von Diskussionsveranstaltungen im Rahmen der örtlichen Zusammenarbeit, an denen alle Interessengruppen oder deren Vertreter teilnehmen sollten (Pkt. 27 der Leitlinien);

11 12 13

Gruszecki, Ustawa o ochronie przyrody. Komentarz (2013) 232. ABl L 2005/124, 4. http://www.gdos.gov.pl/files/artykuly/5073/Wytyczne_GDOS_do_opracowania_planu_zadan_ ochronnych_ dla _obszaru_Natura_2000.pdf (27.02.2019).

Polnische Erfahrungen mit Partizipation

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– Ziel der Diskussionsveranstaltungen ist es, „eine gemeinsame Vision für den Schutz des Natura-2000-Netzwerkes“ auszuarbeiten (Pkt. 78 der Leitlinien); die Arbeit des Teams für die lokale Zusammenarbeit sollte sich auf drei Themenbereiche konzentrieren: 1) Klärung von Zweifeln in Bezug auf das Natura-2000-Gebiet und von Schutzzielen sowie eine anschließende Diagnose des Gebietes; 2) Entwicklung einer gemeinsamen Vision des Gebietes, die erreicht werden sollte, einschließlich der Maßnahmen, die bei der Realisierung des zu entwerfenden Plans durchgeführt werden können; 3) Ausarbeitung spezifischer Lösungen für den Plan (Pkt. 81 der Leitlinien). – Die oben genannten Bestandteile des Planungsverfahrens weisen auf den Konsenscharakter der Planvorbereitung hin, an der sich alle Interessierten aktiv und partnerschaftlich beteiligen. Dies entspricht der Idee, Streitigkeiten gütlich beizulegen; der Moderator erfüllt dabei die Rolle eines Vermittlers. Es handelt sich daher um ein Verfahren, das bedeutende Merkmale einer Mediation beinhaltet. Ein praktisches Beispiel für die Einführung der Mediation ist ein Projekt, das in den Jahren 2012–2013 durchgeführt wurde. Unter der Bezeichnung „Förderung der Beteiligung und Mediation beim Management der Umwelt auf den Natura-2000-Gebieten“14 versuchte man drei unterschiedliche Arten von Konflikten zu mildern und beizulegen, die auf den gewählten Natura-2000-Gebieten identifiziert wurden: Dolina Białki PLH120024, Kamień PLH060067, Mrowle Łąki PLH180043. Die oben genannten Konflikte betrafen: – Hochwasserschutz auf dem Natura-2000-Gebiet, – Forderungen des Umweltschutzes bei der Bewirtschaftung von Wiesen, – I nvestitionsdruck in der Nähe von Stadtgebieten. Die folgenden Maßnahmen wurden ergriffen, um Konflikte zu mildern oder zu lösen: – Steigerung des Bewusstseins bei Entscheidungsbefugten und Einwohnern im Bereich des Umweltschutzes durch Schulungen, – Vereinbarungen zwischen den Konfliktparteien auf den gewählten Gebieten durch Konsultations- und Mediationstreffen.

14

Mehr Informationen: https://crs.org.pl/projekty/natura-2000 (27.02.2019); Dubel/Jamontt-Skotis/ Królikowska/K. Dubel/Czapski, Metody rozwiązywania konfliktów ekologicznych na obszarach Natura 2000 (2013) 40.

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Auf dem Gebiet Dolina Białki betraf der Konflikt den Umweltschutz und die Hochwasserschutzmaßnahmen sowie die wirtschaftliche Gewinnung von Kies und Steinen aus dem Flussbett. Während der Treffen wurden die Probleme und Anliegen der örtlichen Gemeinschaft angesprochen und Prioritäten vereinbart. Es ist letztlich gelungen, den Konflikt bezüglich des Hochwasserschutzplans für den Fluss Białka zu lösen. Man diskutierte über die Probleme in Anwesenheit der Vertreter der Regionalen Direktion für Umweltschutz in Krakau, des Ausführenden des Plans und der lokalen Politiker. Die für die örtliche Gemeinschaft noch immer wichtigen Fragen, die bis jetzt noch nicht endgültig gelöst wurden, sind: die verstärkte Einmischung in das Natura-2000-Gebiet, die Verfügbarkeit von Ausgleichszahlungen (aufgrund schwieriger Verfahren) und die Regulierung des Tourismus im Naturschutzgebiet.15 Das Gebiet Kamień umfasst Torfmoore mit Lebensräumen von Pilzen. Die Streitigkeiten betrafen die aktive Landwirtschaft. Gegenstand der Sitzungen war vor allem die Bewirtschaftung von Wiesen nach den Erfordernissen des Naturschutzes. Im Rahmen der Vorbereitung des Plans der Schutzaufgaben wurden vier Sitzungen abgehalten, in denen die Teilnehmer mit den Aufgaben der auf der Karte dargestellten spezifischen Grundstücke vertraut gemacht und die Möglichkeiten der landwirtschaftlichen Nutzung unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Naturschutzes erörtert wurden.16 Mrówle Łąki ist ein Brachland in der Umgebung der Stadt Rzeszów mit reicher Pflanzenwelt und einigen seltenen Schmetterlingsarten. Angesichts der Nähe zur Stadt sind die Grundstückseigentümer daran interessiert, ihre Grundstücke für den Wohnungsbau zu verkaufen, was die Natur dort gefährden kann. Die Konsultationen führten zu einem Treffen der Parteien und zu einem Informations- und Ansichtsaustausch zwischen Kommunen, Investoren und dem Regionalen Direktor für Umweltschutz. Die Parteien lernten gegenseitig ihre Einstellungen, Maßnahmen und Ideen für die lokale Entwicklung des Natura-2000-Gebiets, sowie die Erfordernisse des Naturschutzes und die Bedrohungen, die den Zustand der Schutzobjekte beeinflussen könnten, kennen. Darüber hinaus wurden Entwürfe von Bebauungsplänen von Gemeinden und Schutzobjekten im Gebiet und deren Anforderungen vorgestellt und diskutiert. Auf jedem der Gebiete brachte das Projekt unterschiedliche Ergebnisse, aber es zeigte sich als wertvoll. Der Einsatz von Öffentlichkeits-

15 16

Dubel/Jamontt-Skotis/Królikowska/K. Dubel/Czapski, Metody rozwiązywania konfliktów ekologicznych na obszarach Natura 2000 (2013) 41. Dubel/Jamontt-Skotis/Królikowska/K. Dubel/Czapski, Metody rozwiązywania konfliktów ekologicznych na obszarach Natura 2000 (2013) 44.

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beteiligung ermöglichte es, die Grundlage für eine Vereinbarung zwischen den Beteiligten zu schaffen und sie zu weiteren Gesprächen zu ermuntern. Diskussion, Erläuterung und mitunter wiederholte Rückbesinnung auf das Thema führten zu gegenseitigem Informationsaustausch und ergänzten das Wissen der Teilnehmer.17

4. Schlussfolgerungen Die Öffentlichkeitsbeteiligung kann die Konflikte, die mit dem Management der Natura-2000-Gebiete verbunden sind, mildern. Es ist jedoch nicht ausreichend, minimale Lösungen anzuwenden, die die Öffentlichkeitsbeteiligung betreffen und die sich aus der Aarhus-Konvention und dem nationalen Recht ergeben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist ein zeitaufwändiger Prozess, der trotz des hohen Aufwandes und der Ressourcen nicht immer zu einer Einigung (spezifische Lösung) führt, da sich die Einstellungen und Herangehensweisen – die Denkweise – der Beteiligten ändern müssen. Manchmal können während der Mediation oder Verhandlung konkrete Lösungen gefunden werden. Auf jeden Fall braucht es einen guten Willen der Parteien und Gesprächsbereitschaft. Potenzielle und tatsächliche Konflikte müssen identifiziert werden, bevor ein Planentwurf erstellt werden kann. Der nächste Schritt besteht darin, eine oder mehrere Sitzungen aller Interessengruppen abzuhalten, um die besten Lösungen zu erörtern, die im Plan akzeptiert werden können. Je nach Bedarf sollte ein Mediator mit Kenntnissen und Praxis im Bereich der sozialen Kommunikation und manchmal auch Experten, die schwierige Sachverhalte klar und in einfachen Worten erklären können, an den Sitzungen teilnehmen. Auch die Formalisierung der Mediation durch eine Vereinbarung über die Durchführung der Mediation kann in Betracht gezogen werden, wodurch die Teilnehmer diszipliniert werden können. Äußerst wichtig sind hier auch die Bildungs- und Informationsmaßnahmen, die an alle Interessengruppen sowie Einwohner und Nutzer des gegebenen Gebiets gerichtet sein müssen, um den Schutzbedarf und die spezifischen Ziele zu erläutern. Für die Verbreitung aktiver Formen der Beteiligung sind die Leitlinien der Generaldirektion wichtig, denn sie sollten bei der Bearbeitung sämtlicher Projekte von Schutzaufgaben Anwendung finden.

17

Dubel/Jamontt-Skotis/Królikowska/K. Dubel/Czapski, Metody rozwiązywania konfliktów ekologicznych na obszarach Natura 2000 (2013) 46.

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Abstract Die Notwendigkeit, die Umwelt, in der wir leben, und die wir zugleich nutzen, zu schützen, wird heutzutage nicht mehr in Frage gestellt. Es ist nicht nur eine Aufgabe der öffentlichen Behörden, sondern der ganzen Gesellschaft. Diese Situation führt zu vielfältigen Konflikten. In Polen sind solche in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Einführung von Natura-2000-Gebieten entstanden und sind mit der Einrichtung einzelner Schutzgebiete nicht verschwunden. Das Wesen des Natura-2000-Projekts beruht auf ständigem Schutz wertvoller Gebiete und Arten, deshalb ist es notwendig, Schutzmaßnahmen zu treffen. Die Vorbereitung und Einführung solcher Aktionspläne offenbaren eine Reihe von Konflikten in einem konkreten Gebiet. Gem Art 7 der Aarhus-Konvention sowie dem polnischen Naturschutzgesetz fordert die Realisierung eines solchen Programms die Öffentlichkeitsbeteiligung. Die durchgeführten Pilotprojekte haben gezeigt, dass erst die Öffentlichkeitsbeteiligung und Elemente der Mediation zum Erfolg führen können. Die Leitlinien der Generaldirektion für Umweltschutz empfehlen daher den Einsatz von Öffentlichkeitsbeteiligung in Konfliktgebieten. Angesichts dessen, dass seit Juni 2017 die Mediation in individuellen Verwaltungsangelegenheiten in Polen möglich ist, ist zu hoffen, dass kollektive Konsensformen auch breiter eingesetzt werden.

Public participation in environmental impact assessment in Poland In a view of Aarhus Convention Agata Kosieradzka-Federczyk

1. Introduction Public participation in environmental protection proceedings is widely recognized and is contained in a number of acts of international law, European Union law and national law. The principle of public participation in international environmental law can be traced to the 1992 Rio Declaration1 and its Agenda 21. Public participation in government decision-making is based on the belief that those who are affected by a decision have a right to be involved in the decision-making process.2 Amongst many benefits from public participation in environmental matters is that it leads to more informed decision-making, as the local community is often better situated to comment on the effects of environmental degradation.3 The Aarhus Convention4 is an act of international law that guarantees public participation in environmental matters. The doctrine draws attention to the particular status of the Convention: it is not an “ordinary” convention concerning environmental protection, but it goes beyond the traditional scope of conventions, which tend to be geared towards the problems of “engineering” and “nature”.5 The 1

2

3

4

5

In particular, Principle 10 of the Rio Declaration laid down the basis for what later would become the Aarhus Convention. Then one of the main stepping stones of the Convention is the 1995 UNECE Guidelines on Access to Environmental Decision-Making. This identified public participation as “one of seven key elements for the long-term environmental program for Europe.” Dellinger, Ten Years of the Aarhus Convention: How Procedural Democracy Is Paving the Way for Substantive Change in National and International Environmental Law, Colorado Journal of International Environmental Law and Policy 2012/2, 313. Toth, Public Participation and Democracy in Practice – Aarhus Convention Principles as Democratic Institution Building in the Developing World, Journal of Land Resources & Environmental Law 2010/2, 298. The United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) Convention on Access to Information, Public Participation in Decision-Making and Access to Justice in Environmental Matters was adopted on 25 June 1998 in Aarhus at the Fourth Ministerial Conference as part of the “Environment for Europe” process; entered into force on 30 October 2001. In Poland entered into force on 15 May 2002. Jendrośka, Konwencja z Aarhus, geneza, status i kierunki rozwoju, Wrocław (2002) 4.

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Convention confirmed that access to environmental information is a part of public participation in decision-making in the area of environmental protection.6 The Convention makes a potentially powerful statement on the importance of public participation in a wide range of decisions7, endorsing participation in the various arenas of decision-making.8 Another unique aspect of the Convention is regulating the obligations of states in relation to citizens and nongovernmental organizations9, rather than states in relation to each other.10 In the Aarhus Convention, the obligation to introduce public participation has been provided in the form of three types of procedures: participation in proceedings regarding decision on specific activities (Art 6)11, participation concerning plans and programs (Art 7) and participation in the legislative procedure in the preparation of executive regulations and/or generally applicable legally binding normative instruments (Art 8). This article refers mainly to the first type. Although Polish law ensures public participation in other types of procedures, where the people have the opportunity to participate in the adoption of plans and programs related to the environment. Examples for such programs are the program protection against noise or the air protection program. The legal framework for public participation in the legislative procedure can be used to take a stand on issues related to environmental protection. The Aarhus Convention implies an obligation to ensure public participation in proceedings for issuing a permit for planned projects listed in Annex I12 and others that may have a significant impact on the environment listed in Annex II. Activities 6 7 8

9 10 11

12

Ebbesson, Public participation and privatisation in environmental matters: an assessment of the Aarhus Convention, Erasmus Law Review 2011/2, 72. Lee/Abbot, The Usual Suspects? Public Participation under the Aarhus Convention, The Modern Law Review 2003/1, 80f. Getliffe, Proceduralisation and the Aarhus Convention: Does Increased Participation in the Decision-Making Process Lead to More Effective EU Environmental Law? Environmental Law Review 2002/4, 107. Kravchenko, The Aarhus Convention and Innovations in Compliance with Multilateral Environmental Agreements, Colorado Journal of International Environmental Law & Policy 2007/1, 2. Dellinger, Colorado Journal of International Environmental Law and Policy 2012/2, 322. The Aarhus Convention covers not only issues regulated by EU directive 2011/92/EU of the European Parliament and of the Council of 13 December 2011 on the assessment of the effects of certain public and private projects on the environment (codification) as amended by directive 2014/52/EU (later as EIA Directive) but also directive 2010/75/EU of the European Parliament and the Council on industrial emissions. The Annex contains a long list of activities in various economic sectors, such as energy (mineral oil and gas refineries, thermal and nuclear power stations etc) production and processing of metals or metal industry.

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serving national defense purposes may be excluded from the obligation to participate, although that exception must be provided by national law and the exemption itself applies to the specific activity only. The article is divided into two sections. The first section presents selected issues regarding environmental impact assessments, with particular emphasis on the differences arising from Polish law. The choice of discussed problems is intended not only to shed light on the issues of impact assessments under Polish law, but also to provide a background for the second section, which contains the legal framework for public participation in environmental impact assessment. The regulations adopted in Polish law will be presented in a view of the regulations of the Aarhus Convention. The choice of the procedure is not accidental, given that both – environmental impact assessment and public participation – are closely interrelated. There is no doubt that the environmental impact assessment implements the right of the public to express its opinion in matters affecting the protection of the environment the most. Therefore, the procedural solutions regarding impact assessments alone will determine specific rights and obligations of the public. It is obvious that environmental impact assessment procedures are not the only ones in Polish law that require public participation. Public participation is ensured before the issuing of an integrated permit, a permit for installations for thermal waste treatment and modifications to these permits.

2. Environmental impact assessments in Poland 2.1. General view The first regulation regarding procedure that contains elements of environmental impact assessments was introduced in 1980.13 Currently, regulations in force have been very much updated and remain well-known and are widely applied in investment procedures. It is also necessary to emphasize that these regulations are constantly revised. During the drafting of the article in the Sejm (lower house of the Polish parliament), legislative works are underway to reshape some environmental protection authorities, also in the aspect that corresponds to carrying out environmental impact assessments. 13

The Act of 31 January 1980 on the protection and shaping of the environment (Dz. U. N. 3, issue 6). The basic elements of assessment procedurę analysis Radecki, Instytucje prawa ochrony środowiska. Geneza rozwój perspektywy (2010) 254.

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Although reluctance to obtain decisions on environmental conditions could be observed in the first period of regulation, the attitude of investors has changed over time and now the dominant conviction is that it is better to apply for such a decision so that there is no doubt as to the correctness of the application of impact assessment regulations. The general structure of environmental impact assessments, resulting from solutions imposed by international law and EU law, remains the same in Poland as in other Member States. Below, I will consider the division into projects from Annex I (requiring full environmental impact assessment) and projects from Annex II (that are subject of the screening procedure) of the Aarhus Convention, and the consequences thereof. The solutions that can be independently determined by the state within the relative freedom granted under the Aarhus Convention (and EIA Directive) have been outlined to fit in with the investment process in force in Polish law, including environmental impact assessments.

2.2. Separate act, separate proceedings, separate decision From 200814, legal regulations regarding impact assessments have been transferred to a separate legal act.15 This separation has been met with mixed acceptation on the part of the doctrine, with the major criticism directed at progressive unbundling of the environmental protection regulations in various acts. However, the supporters pointed out that such isolation was justified because of the complexity of the regulation. There is no doubt that the initial regulation regarding impact assessments was a modest one, containing merely a dozen or so articles, only to reach the size of several dozen articles, often very extensive. The inclusion of all issues within one act undoubtedly facilitates the use of regulations. The environmental impact assessment is also the subject of separate proceedings. The adoption of such a solution was obvious due to the multi-stage nature of investment proceedings in Poland. Issues belonging to the cognizance of different authorities (such as planning and zoning, building permits, emission permits and others) are dealt with under separate administrative proceedings. A special mode has been provided for investments of particular importance for the development of the 14

15

Act of 3 October 2008 on access to environmental information, public participation in environmental protection and environmental impact assessments (Dz. U. 2017, issue 1405, as amended; latter as 2008 Act). Apart from proceedings on impact assessments, it also regulates issues related to access to information about the environment and public participation in proceedings requiring such participation.

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country as a whole, such as construction of roads, railway lines, airports and others. It consists in combining into one several issues, usually settled by separate proceedings. This fusion does not, however, include proceedings regarding environmental impact assessment matters. Placing issues related to environmental impact assessments in separate proceedings allows gathering and resolving all matters relating to the assessment of the impact of a planned undertaking on the environment within one act. Decision on the environmental conditions is issued in the investment process at first, which allows to recognize any negative impact on the environmental when the variety options are opened. Due to this fact, this is one of the most important factors determining the implementation of the project. The identification of these issues at the outset of the investment process allows the investor to avoid unnecessary expenses. If environmental issues were resolved in parallel with other issues, it would then be necessary to incur greater expenditure. One can also point out the disadvantages of the solution at hand. Placing environmental impact assessment into separate proceedings undoubtedly influences the length of the entire investment process. It means introducing an additional procedure that requires time to be carried out. Furthermore, the subsequent proceeding can be initiated only after the decision of the previous one becomes final. The extension of the investment process may mean that the factual state made under the decision on environmental conditions will become no longer valid. During the few years which may pass from the day of issuing the decision on environmental conditions to the commencement of investment implementation, there may occur changes in the environment that will make the imposed measures to reduce the impact on the environment no longer appropriate, e.g. increased degree of urbanization will require more security for people living there, similarly increased air pollution will require more restrictive environmental conditions than when there is no or fewer air pollution. In order to assure that the environmental impact assessment is still valid and environment is properly protected, the time of using the decision on environmental conditions was limited: Now, the investor has 6 years to commence the next stage of the investment process. This period have been extended to 10 years in special cases. However, it is required to carry out a prior analysis regarding whether the environmental requirements contained in that decision remain valid. They are assessed by the authority that has issued the decision on environmental conditions. A special solution was adopted in Polish law when – after the decision on environmental conditions was issued – changes occurred in the investment project. As a rule, it would require new proceedings and a new decision on environmental

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conditions. The legislator provided for the possibility of carry out the environmental impact assessment at a later stage and assessing the environmental effects of the changed project. This solution is unique and concerns only four types of projects, consisting of the construction of roads, airports, levees and requiring a building permit. The environmental impact assessment of the revised project is carried out as part of the main proceedings, the subject of which – depending on the type of investment – will be the permission to implement road or air investments, construction of levees or issuing a building permit. Although the main proceedings are conducted by the competent authority, environmental impact assessment is carried out by the environmental authority – the Regional Director of Environmental Protection. This allows for a reliable assessment by the authority with staff adequately prepared to make such assessments. Apart from the fact that the assessment is performed as an additional proceeding, it has the characteristics of a typical assessment procedure, i.e.: a report is drafted (defined in the scoping procedure – it may be partial, limited to the extent to which the changes have occurred) and is later analyzed by a specially appointed body for environmental protection; public participation is also guaranteed. The process takes place on the same basis as in the case of the environmental impact assessment carried out prior to issuing the decision on environmental conditions.

2.3. Authorities involved in the process of assessment Various authorities are involved in the issuing of the environmental decision, among them governmental administration, local-government administration as well as forestry managers. The governmental administration includes specialized bodies, such as the Regional Director of Environmental Protection (16 bodies) and the General Director of Environmental Protection (central body). As part of the localgovernment administration, these are the executive bodies of the municipalities (i.e. head of the province, mayor, city president, approx. 2500 bodies in total), District Governor (Polish: starosta) (380 bodies). Forestry managers are the Director of the Regional Directorate of the State Forests (17 bodies). The division of affairs between authorities was regulated in detail in the 2008 Act. The projects for which the decision is issued by the Regional Director of Environmental Protection have been enumerated – these are some undertakings from Annex I of the EU Directive. The power of the General Director of Environmental Protection has been limited to one type of undertakings, namely those concerning the construction of a nuclear power plant. The District Governor (starosta) is competent in matters related to the consolidation, exchange or division of land.

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The Director of the Regional Directorate of the State Forests is competent in matters related to transforming the state-owned forest for agricultural use. Commune authorities are competent in all remaining matters. The course of the proceedings depends on whether it is an undertaking from Annex I or II of the EIA Directive. The beginning of a proceeding for projects from the first group takes place at the investor’s request sent to the authority that will carry out the proceeding and issue the relevant decision. Depending on his or her choice, the investor can submit a necessary information (in Poland named as report on environmental impact) right away or apply for the scope of the report. This means that scoping is not obligatory. The submission of the report opens up the proceeding on full environmental impact assessments. The public and other bodies that are involved in the proceeding, according to the 2008 Act, are notified. It is worth stressing, however, that submitting the report does not open up a new proceeding, but only the next stage of the proceeding, initiated with the submission of the investor’s application. The whole proceeding is ending with the decision on environmental conditions. Proceedings for projects from the second group also start the investor’s application sent to the authority that is competent to issue a decision on environmental conditions. Based on the documentation submitted, the provision on the need to carry out the full environmental impact assessment is made (in screening procedure) first. Depending on its result, the authority may not impose an obligation to carry out the full environmental impact assessment and then issues a decision that states of no need to carry out the assessment. After analyzing the documents, the authority may nevertheless impose an obligation to carry out an impact assessment and then defines the scope of the report and obliges the investor to submit it. The proceedings are subsequently suspended until the receipt of the report. The submission of the report starts an impact assessment, which involves the obligation to inform the public and ensure the participation of other bodies and public. In both proceedings, the Regional Director of Environmental Protection (it concerns proceedings carried out by the head of the province, mayor, city president, district governor, Regional Director-Manager of the State Forests) takes part. At screening or scoping stage, this participation takes the form of an opinion issued by the Regional Director. At the full environmental impact assessment, the Regional Director outlines environmental conditions. The regulations grant the Regional Director a very strong position in this respect because the authority that conducts the proceedings is bound by these conditions. This means that it cannot alone modify or interfere with them.

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3. Public participation in EIA 3.1. Powers of the public By implementing the requirements arising from the Aarhus Convention (including those resulting from EU EIA directives) in Polish law, the public gained the opportunity to take part in the administrative procedure. Public participation has been provided for all three areas required by the Convention. Regarding a single investment activity, the most typical procedure that involves the requirement to ensure public participation is the environmental impact assessment procedure. In Polish law, public participation concerns the full environmental impact assessment, while the competent authority is not obliged to ensure public access at the screening or scoping stage. Although the Aarhus Convention does not directly require the inclusion of the public at these stages, Polish law allows other parties – the “public” within the meaning of the Aarhus Convention – to express their opinion on the screening or scoping procedure. It is a universal right, that is applicable to all administrative proceedings, resulting from the Administrative Procedure Code16, according to which everyone can, among other things, file a complaint in the course of pending proceedings. Certain doubts may concern the wording “complaint”, which suggests a specific context of opinion. In accordance with the Administrative Procedure Code, the scope of the complaint may be very broad, which means that it may concern the evidence gathered by the authority or contain critical remarks regarding documents submitted by the party. The main difference between the “public” who wants to participate in the scoping or screening procedure is that, unlike full environmental impact assessment, according to polish law the competent authority is not subject to any informationsharing obligations about pending proceedings. This points to the importance of information-sharing obligations, without which public participation – despite having a legal basis – would be effectively limited. The right to submit comments and opinions in proceedings requiring public participation in Polish law has been granted to everyone. This is one of the broadest ways to determine the subject range.17 It is worth noting that the word “everyone” 16 17

Act of 14 June 1960 Administrative Procedure Code (Dz. U. 2017, issue 1257, as amended). According to Rakoczy it is in line with the broad access to environmental information; Rakoczy, Ustawa o udostępnianiu informacji o środowisku i jego ochronie, udziale społeczeństwa w ochro-

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has been provided without any adjectives, which makes the subject range very universal. One may also want to refer to the Aarhus Convention, by defining the public as one or more natural or legal persons and, according to national legislation or practice, their associations, organizations or groups, refers to national legislation, also broadly covering the scope of the subject. Certain obligations are connected with the public’s right to submit comments and opinions, imposed on the authority. First and foremost, the authority is required to accept the comments and opinions submitted. The form of submitting comments and opinions is unrestricted: they can be submitted in writing, in speech, as well as online via email. The use of an electronic signature is not required either and sending an electronic message from a regular electronic mail account suffices. Next, the authority is required to review the comments and opinions made. The comments and opinions are not, however, binding on the authority. The authority should take into account all of them and accept those that considers reasonable. With that being said, it is not an arbitrary assessment since, when considering comments, the authority must justify which are accepted and which are not and why. Information on public participation, together with the manner of consideration of comments, constitute an integral part of the justification to the decision on environmental conditions that concludes the proceeding. Organizing an administrative hearing as part of an environmental impact assessment is not obligatory in Polish law. The decision on its organization is made by the administrative body carrying out such a proceeding. This does not mean, however, that the public does not have any direct contact with the investor. In the case of larger investments, the practice of organizing meetings (usually more than one) with the public is common. They take place upon the initiative of the investor, usually prior to the initiation of the environmental impact assessment. The general information regarding the planned investment is presented. It makes the possibility to collect the opinions from the participants. In the case of very controversial investments, an example of a commune can be cited, with that commune having organized an international trip for the local people to convince that locating an installation for thermal waste treatment within a town borders does not necessarily cause the deterioration of the living conditions of its residents. Public participation in the proceedings concerning plans and programs remains largely the same as participation in the individual project proceedings discussed above. The main difference regards the issue of challenging the plan (program). Innie środowiska oraz o ocenach oddziaływania na środowisko. Komentarz (2010) Art 29 Act of 2008.

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sofar as individual proceedings constitute typical administrative proceedings ending in the issuing of a decision, they are subject to complaints by means of typical measures arising from administrative proceedings. The group of plans and programs is not that homogeneous, hence the way in which its content is challenged will depend on which group the plan (program) belongs to.

3.2. Powers of an environmental organization The definition of the public, as it is determined in the Aarhus Convention, clearly differentiates or at least allows to differentiate the legal status of associations (organizations or groups) in relation to natural (legal) persons. This is to be understood as referring to national legislation or practice in defining the public. The Convention does not define the criteria and leaves the parties to determine them in good faith, having in mind the object of the Convention.18 With greater expertise, financial resources and availability of time, nongovernmental organizations appear better placed to act as “agents of public participation” for those suffering environmental injustice.19 In Polish law, the criteria for the participation of environmental organizations in proceedings requiring public participation have been changed, albeit the current legal status indicates that they have been shaped in a liberal way. Environmental organizations themselves show their willingness to participate in proceedings requiring public participation. If they meet the conditions (to be discussed later), they participate in such proceedings. The organization’s participation does not depend on the relevant provision issued by the authority, or even the confirmation that the organization has joined the proceedings. The organization may join the proceedings before first-instance or second-instance authorities. The accession conditions are the same in both stages. The requirement that must be met by the organization is to refer to the statute – it must contain objectives related to the protection of the environment. It is not required that organizations indicate their activity in the field of environmental protection, nor is it required for them to protect the environment in any way. The legislation does not provide grounds for verifying whether the people who make up the association have been engaged in environmental protection. This is not

18 19

Etinski, Specific Features of Human Rights guaranteed by the Aarhus Convention, Zbornik Radova 2013/2, 89. Nadal, Pursuing Substantive Environmental Justice: The Aarhus Convention as a Pillar of Empowerment, Environmental Law Review 2008/1, 34.

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about investigating education or even professional experience, but about any activities that would indicate that one has knowledge of environment or willingness to protect it. Such remark is not devoid of purpose given that participation of environmental organizations in the proceedings is to promote and increase environmental protection in general. This, however, will be possible as long as the organization itself has some experience in this area. In response to emerging cases that use the rights granted to environmental organizations not always in accordance with the purpose of the regulation, the legislator decided to change the conditions for the participation of such organizations from 1th January 2015. The amendment in question concerns the granting of the right to participate for organizations that carry out statutory activities in the field of environmental protection or wildlife protection, for a minimum period of 12 months prior to the date of initiation of the proceeding. To sum up, the legislation provides reasons to not allow an environmental organization to join the proceeding in two cases. First: among the matters dealt with by the organization, the statue does not include activities related to environmental protection; second: the organization has operated for less than twelve months before initiating administrative proceedings it intends to join. Both conditions are rather easy to meet. Until the entry into force of the 2008 Act, i.e. until November 2008, environmental organizations were obliged to explain that their geografical activities covers the area of the project. In the light of the European Commission’s statement, such regulation restricts the rights of environmental organizations and thereby violates EU law regulations. As a result, that condition was abandoned. When accessing the proceedings, an organization obtains the status of an entity with the rights of a party, which means it enjoys the same rights as a party to the proceedings (with some exceptions). The powers of environmental organizations contain, among others, submitting comments and opinions throughout the proceedings. They are also extended to hearings and are therefore much broader than the powers of natural persons (the public) who can submit such comments and opinions only within the thirty-day deadline. Environmental organizations have the right to appeal against decisions on environmental conditions ruled in proceeding requiring public participation. This right is not dependent on submitting comments or opinions in such proceedings. Furthermore, it also applies if the organization has not participated in the proceedings. The first activity of an environmental organization in the proceedings may be to appeal against the decision.

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An environmental organization also has the right to appeal against the decision to the administrative court. As in the previous case, the organization that files the complaint is not required to participate in a particular proceeding.20 The first activity of an organization in a given proceeding may be filing a complaint to the administrative court. The rights of environmental organizations to complain about decisions were outlined as autonomous. They are much broader than the powers of the public operating as individuals. The latter can express their opinion in the proceedings, whereas the right to complain is only available to environmental organizations and parties to the proceedings.

4. Conclusions The legal framework in force in Polish law ensures broad public participation in the relevant procedures. Everyone can participate in the proceedings by submitting comments and opinions. Such comments and opinions can be submitted in any way, what makes the participation more friendly. Undoubtedly, the participation process supports the body’s responsibilities in the area of information on the proceedings under way, as well as information on where the case documentation is available and the deadline within which the public can comment. The stance expressed by the public is not binding to the administrative authority. In practice, there are cases in which the authority issues a negative decision due to strong social opposition to undertaking the project. According to legal basis there is no doubt that the negative attitude of the local community cannot be the only reason to issue a negative decision on environmental conditions. Such interpretation is confirmed by the judgement of administrative courts.

Literature Dellinger M., Ten Years of the Aarhus Convention: How Procedural Democracy Is Paving the Way for Substantive Change in National and International Environmental Law, Colorado Journal of International Environmental Law and Policy 2012/2.

20

This regulation gained heavy criticism from the part of the doctrine. They claim that it is at odd with the polish administrative procedure model; Górski, Procedura oceny oddziaływania na środowisko jako element procedury administracyjnej, OŚPiP 2009/2, 14.

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Ebbesson J., Public participation and privatisation in environmental matters: an assessment of the Aarhus Convention, Erasmus Law Review 2011/2. Etinski R., Specific Features of Human Rights guaranteed by the Aarhus Convention, Zbornik Radova 2013/2. Getliffe K., Proceduralisation and the Aarhus Convention: Does Increased Participation in the Decision-Making Process Lead to More Effective EU Environmental Law? Environmental Law Review 2002/4. Górski M., Procedura oceny oddziaływania na środowisko jako element procedury administracyjnej, OŚPiP 2009/2. Jendrośka J., Konwencja z Aarhus, geneza, status i kierunki rozwoju, Wrocław (2002). Kravchenko S., The Aarhus Convention and Innovations in Compliance with Multilateral Environmental Agreements, Colorado Journal of International Environmental Law & Policy, 2007/1. Lee M., Abbot C., The Usual Suspects? Public Participation under the Aarhus Convention, The Modern Law Review 2003/1. Nadal C., Pursuing Substantive Environmental Justice: The Aarhus Convention as a Pillar of Empowerment, Environmental Law Review 2008/1. Radecki W., Instytucje prawa ochrony środowiska. Geneza rozwój perspektywy (2010). Rakoczy B., Ustawa o udostępnianiu informacji o środowisku i jego ochronie, udziale społeczeństwa w ochronie środowiska oraz o ocenach oddziaływania na środowisko. Komentarz (2010). Toth B., Public Participation and Democracy in Practice – Aarhus Convention Principles as Democratic Institution Building in the Developing World, Journal of Land Resources & Environmental Law 2010/2.

II. Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich

Erfahrungen von NGOs mit Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich Am Beispiel der Umweltverträglichkeitsprüfung1 Wolfgang Rehm

1. Öffentlichkeitsbeteiligung generell Zusammenfassend ist festzuhalten: Umweltorganisationen haben Parteistellung in UVP- und IPPC-Verfahren, sie haben bisher ex-lege noch keine Parteistellung in Materienverfahren, wenn keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wird. Nachvollziehbarerweise erhält dadurch das UVP-Feststellungsverfahren und somit die Entscheidung, ob eine UVP durchzuführen ist, vermehrte Bedeutung. Während es hier früher keine Öffentlichkeitsbeteiligung gab, entstand durch die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens2 Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Mittlerweile wurde ein Nachprüfungsrecht für Umweltorganisationen und seit der EuGH-Entscheidung v 16. April 2015 in der Rechtssache „Karoline Gruber“3 auch für Nachbarn ins UVP-G aufgenommen. Zu einer Parteistellung in Feststellungsverfahren konnte sich der Gesetzgeber nicht durchringen. Ein Antragsrecht existiert nach wie vor nicht. Bezüglich Öffentlichkeitsbeteiligung in sektoralen Umweltverfahren (zB Wasserrecht, Naturschutz) ist die Arhus-Konvention (AK) immer noch nicht legistisch implementiert. Deshalb nimmt die betroffene Öffentlichkeit den Kampf, über die Rechtsprechung in Verfahren zu kommen, auf. Dies ist mühselig, ressourcenintensiv und langwierig. Anstelle des Gesetzgebers ist es immer öfter der EuGH der im Sinne des Erfordernisses, die AK umzusetzen, mit seinen Judikaten einen Pfeiler nach dem anderen in diese Richtung einschlägt.4 Erfahrungen mit Öffentlichkeitsbeteiligung gibt es also praktisch nur aus der UVP5, weshalb sich dieser Beitrag auch auf die Umweltverträglichkeitsprüfung be1 2 3 4 5

Das Manuskript wurde am 27.11.2017 abgeschlossen. INF 2012/2013. EuGH 16.04.2015, Rs C-570/13. Zuletzt Entscheidung v 8. November 2016 in der Rs C-243/15, Lesoochranárske zoskupenie VLK gegen Obvodný úrad Trenčín (Lesoochranárske zoskupenie VLK II). IPPC-Verfahren spielen bisher ebenfalls eine bestenfalls untergeordnete Rolle.

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schränkt. Die UVP ist lange eingeführt und es gibt viel Erfahrung damit. Dennoch enthält aus Sicht des Autors, der an zahlreichen Genehmigungs- bzw Feststellungsverfahren mitgewirkt hat, das UVP-Verfahren einige „Konstruktionsfehler“, auf die im Folgenden eingegangen wird.

2. Vollständigkeitsprüfung Nach Einreichung des Genehmigungsantrags, der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE), sowie weiterer für die Genehmigung erforderlicher Unterlagen (§ 5 Abs 1 UVP-G), wird die sog Vollständigkeitsprüfung durchgeführt. Dabei ergibt sich in der Praxis so gut wie immer, dass die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend sind, um das Vorhaben auf seine Umweltverträglichkeit prüfen zu können. In Folge wird ein Verbesserungsauftrag gem § 13 Abs 3 AVG erteilt. Mitunter kommt es zu Fristerstreckungsanträgen (die auch gewährt werden) und erfolgen nicht selten mehrere Durchgänge von Verbesserungsaufträgen (und Fristerstreckungen). Ziel dieser Prozedur ist ein auflagefähiges Projekt. Für die beteiligte Öffentlichkeit/die Verfahrensparteien heißt dies: Warten, und das mitunter sehr lange wie die folgende Abbildung zeigt (diese listet alle Straßenbauverfahren auf, für die ein Verfahren beim BMVIT nach dem 3. Abschnitt UVP-G vorgesehen ist, die entweder laufen oder vor Kurzem entschieden wurden und beinhaltet das Datum der Einreichung, das Datum an dem die öffentliche Auflage kundgemacht wurde und daraus resultierend die Dauer der Vollständigkeitsprüfung): Vorhaben

Datum der Einreichung

Dauer Vollständigkeitsprüfung

Kundmachung öffentliche Auflage

A5 Nord B A5NB Änderg. S7 West A26 S1 Lobau S7 Ost S8 West S3 Mitte S1 Spange S34

03.03.2006 04.04.2013 16.05.2008 21.05.2008 26.03.2009 29.05.2009 19.07.2011 03.08.2012 01.10.2014 11.11.2014

5 Monate 18 Monate 7 Monate 14 Monate 30 Monate 31 Monate 36 Monate 23 Monate 21 Monate 28 Monate

29.08.2006 10.06.2014 15.12.2008 17.07.2009 07.10.2011 13.12.2011 07.07.2014 08.07.2014 14.07.2016 29.03.2017

Erfahrungen von NGOs mit Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich

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Dieses lange Warten bedeutet auch, nicht disponieren zu können, da Ungewissheit über den Zeitpunkt, wann die öffentliche Auflage erfolgen wird besteht. Diese wird durch die Informationspolitik der Behörden nicht verbessert. Neben der Nichtweitergabe relevanter Terminplanungsinformationen ist aber auch der Behörde mitunter nicht klar, wann der aktuelle Verfahrenschritt abgeschlossen sein wird und der Übergang zum nächsten erfolgen kann. Dieses Warten ist auch in „normalen“ UVP-Verfahren nach dem zweiten Abschnitt UVP-G durchaus erforderlich, wie ausgewählte Beispiele in folgender Abbildung zeigen: Vorhaben

Datum der Einreichung

Dauer Vollständigkeitsprüfung

Kundmachung öffentliche Auflage

Flussbauliches Gesamtprojekt Deponie Marchfeldkogel WKW Tauernbach Gruben Deponie Enzersdorf Deponie Kleeblatt

30.03.2006

20 Monate

12.12.2007

28.02.2012

14 Monate

27.06.2013

09.01.2013

49 Monate

21.02.2017

15.05.2013 14.11.2014

14 Monate 28 Monate

12.07.2014 05.04.2016

Wie gezeigt werden konnte, macht diese Phase einen signifikanten Anteil der Gesamtverfahrensdauer aus. Dies fällt nicht so auf, da diese Zeitspanne oft ausgeblendet wird, indem lediglich die Verfahrensdauer ab Auflage angegeben wird. Warum die Vollständigkeitsprüfung so viel Zeit in Anspruch nimmt, ist schwer zu eruieren, und scheint besonders unverständlich, wenn es sich um staatsnahe Projektwerber handelt, die – wie etwa die ASFINAG – bereits jahrelange Einreicherfahrung aufweisen sollten. Dies gilt insb dann, wenn man von der Annahme ausgeht, dass es bei wiederkehrenden Sachverständigennachforderungen sich wiederholende Muster und eine Lernkurve geben müsste. Als Gründe werden von Stakeholdern das Billigstbieterprinzip und der Versuch, mit geringstmöglichem Aufwand durch das Verfahren zu kommen und dabei die Grenzen des Möglichen auszuloten ebenso genannt, wie umgekehrt der Vorwurf an nichtamtliche Sachverständige durch Nachforderungen das Volumen ihres Auftrages zu vergrößern, gelegentlich wahrzunehmen ist. Eine robuste Ursachenforschung ist im Rahmen dieses Beitrags nicht möglich. Wie auch immer die Gründe gelagert sein mögen, die Auswirkungen sind jedenfalls Faktum. Auch verdienten weiters für den dritten Abschnitt die spezifi-

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schen Unterschiede zwischen ASFINAG- und den rascher auflagefähigen ÖBB-Projekten6 eine weitergehende Untersuchung.

3. Zwischenresumée Gesetzlich verankert (aber offenbar theoretisch) ist eine Maximaldauer des Verfahrens von 6 (vereinfachtes Verfahren), 9 („normales“ Verfahren) bzw 12 Monaten (3. Abschnitt) ab Einreichung. Bereits die Vollständigkeitsprüfung überschreitet diese Höchstdauer in vielen Fällen deutlich und um ein Mehrfaches. Wird in der Öffentlichkeit eine Verfahrensdauerdiskussion geführt (und das ist im Umfeld praktisch jeder Novellierung des UVP-G der Fall), so geschieht dies hingegen nahezu ausschließlich unter der Prämisse, dass die Verfahrensparteien Schuld an der langen Verfahrensdauer tragen und deren Parteirechte beschnitten werden müssten. Nötig wäre stattdessen eine zeitliche Begrenzung der Vollständigkeitsprüfung mit einer angemessenen Frist (etwa von einem Jahr) mit anschließender Zurückweisung samt Festsetzung einer Sperrfrist für eine neuerliche Einreichung zur Entlastung der knappen (und tendenziell knapper werdenden) Behörden- und Gutachterkapazitäten. Jene Einreicher, die ihre Aufgabe ernst nehmen aber unter der Knappheit leiden und ebenso aufgehalten werden, könnten davon profitieren. Im Rahmen des 2016 vorgelegten Ministerialentwurfs zum „VerwaltungsreformG“7 wurde hingegen eine Maximalfrist von einem halben Jahr für Behörden zur Erteilung von Verbesserungsaufträgen und damit eine Lösung an der Problemstellung vorbei vorgeschlagen. Wäre der Vorschlag, den Spielraum der Behörden derart einzuschränken, umgesetzt worden, wären vermehrte Zurückweisungen nach einem halben Jahr die erwartbare Folge gewesen.

4. Öffentliche Auflage Ist endlich die öffentliche Auflage kundgemacht, sind Einwender und Stellungnehmende mit umfangreichen Einreichoperaten konfrontiert. Bei Großbauprojekten machen diese uU mehrere Meter Papier aus, bestehend aus teilweise mehr als zehntausend Seiten an Berichten sowie zahlreichen Plänen. Die Einreichunterlagen elek6 7

Vgl den 6. UVP-Bericht des BMLFUW an den Nationalrat 2015. 254/ME, XXV. GP.

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tronisch zu erhalten (als einzige Möglichkeit mit einem derartigen Projekt effektiv zu arbeiten) ist zwar einfacher geworden aber noch nicht immer automatisch und unbürokratisch möglich. Es muss angesichts des Umfangs solcher Projekte klar sein, dass sechs Wochen Auflage- und Einwendungsfrist nicht für die vollständige und abschließende Bearbeitung eines (Groß-) Projekts (das die anderen Akteure bereits jahrelang zur Verfügung hatten) ausreichend sein können. Nimmt man die UVP ernst, dann kann diese Verfahrensphase nur der Beginn der Auseinandersetzung mit dem Projekt sein, um sich damit soweit vertraut zu machen, dass die „Eintrittskarte ins Verfahren“ zur Geltendmachen der Parteistellung gelöst werden kann und Einwendungen erhoben bzw Stellungnahmen abgegeben werden, die so konkretisiert sind dass sich die Sachverständigen der Behörde damit auseinandersetzen können. Es wird unmittelbar einsichtig sein, dass eine erschöpfende, vertiefte Bearbeitung, nach der das Auffinden weiterer relevanter Sachverhalte nahezu ausgeschlossen werden könnte, in diesem Zeitraum nicht möglich ist.

5. Erstellung des UVP-Gutachtens Im Anschluss an die öffentliche Auflage werden die UVP-Teilgutachten erstellt und daraus das UVP-Gutachten bzw im vereinfachten Verfahren die „Zusammenfassende Bewertung“ destilliert. Dies dauert nicht sechs Wochen, sondern deutlich länger. Wie die Erfahrung zeigt, ist für diese Phase mit ungefähr einem Jahr zu rechnen. Die Verfahrensparteien haben in dieser Phase zwei Optionen: 1. (Erneut) warten, 2. Parteirechte wahrnehmen (Akteneinsicht, Parteivorbringen). Diese Zeit für die weitere Bearbeitung zu nützen und allfällig erzielte weitergehende Erkenntnisse im Rahmen von Parteivorbringen der Behörde zur Kenntnis zu bringen, ist auch aus Sicht der Fortentwicklung des Verfahrens zweckmäßig.

6. Öffentliche Auflage des UVP-Gutachtens Liegt das UVP-Gutachten auf, beginnt die interessanteste Phase des Verfahrens. Bisher war die beteiligte Öffentlichkeit darauf beschränkt, sich mit den Mängeln der UVE auseinanderzusetzen. Nunmehr erlangt sie erstmals Kenntnis von der Position der Gutachter, deren Begutachtung als wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Behörde dient.

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Die Auflagefrist beträgt nur vier Wochen, was für sich allein noch weniger ein Problem wäre, aber dadurch problematisch wird, dass meist unmittelbar nach Frist­ ende die mündliche Verhandlung beginnt. In dieser ist es wiederum möglich, den Schluss des Ermittlungsverfahrens wegen Entscheidungsreife zu verkünden, dann tritt ein Neuerungsverbot nach § 16 Abs 3 UVP-G mit der frühesten Wirkung vier Wochen nach der Übermittlung der Verhandlungsschrift, die eine Woche nach Ende der Verhandlung kundzumachen ist, in Kraft. Zusammengerechnet ergeben sich so insgesamt im „worst-case“ nur neun Wochen Bearbeitungszeit. Dieser knappen Zeit steht die Anforderung gegenüber, den Äußerungen der Sachverständigen der Behörde auf gleicher fachlicher Ebene zu entgegnen, sofern nicht deren Ausführungen von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind, bzw den Denkgesetzen der Logik bzw den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen.8 In der Praxis läuft dies zumeist auf die Notwendigkeit der Beibringung eines oder mehrerer Gegengutachten hinaus. Um diese Anforderung zu erfüllen sind jedoch viele Arbeitsschritte nötig, die im Folgenden aufgeführt werden: – Lesen und Erfassen von Gesamt- und Teilgutachten durch die Verfahrenspartei; – Erkennen, wo und für welche Fachbereiche Gegengutachten zweckmäßig bzw erforderlich sind (dies lässt sich vor Vorliegen des UVP-Gutachtens nur begrenzt antizipieren); – Finden eines (oder mehrerer) Gutachter (Gutachterinnen sind rar), der bereit ist, ein Gutachten zu erstellen und kein Auftragsverhältnis mit der Projektwerberin und/oder der Behörde hat; – Einholung eines oder mehrerer Angebote; – Organisation und Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel; – Auftragserteilung; – Zeit für Abfassung des Gutachtens; – Abnahmeprüfung durch den Auftraggeber; – Einreichung bei der Behörde (inklusive Destillierung der Essenz des Gutachtens in allfällige Anträge). Erschwerend wirkt hier, dass es keinen Zeitplan gibt. Ein solcher ist zwar gemäß § 7 Abs 1 UVP-G – bzw analog § 24b Abs 1 UVP-G für den dritten Abschnitt – im Internet zu veröffentlichen, wird aber in den seltensten Fällen eingehalten und mitunter deutlich überschritten. Eine Verpflichtung, den Zeitplan in regelmäßigen Ab8 Vgl Oberleitner, Aufgaben und Pflichten der Sachverständigen in Umweltverfahren, in Janauer/ Kerschner/Oberleitner (Hg), Der Sachverständige in Umweltverfahren (1999) 1 (6); siehe auch VwGH 16.12.2004, 2003/07/0175.

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ständen zu aktualisieren, um so der beteiligten Öffentlichkeit Planbarkeit und eine gewisse Vorausschau zu ermöglichen, existiert ebenso wenig, wie ein entsprechendes freiwilliges Service der Behörden. Nach derzeitiger Rechtslage sind erhebliche Überschreitungen des Zeitplans lediglich im Genehmigungsbescheid zu begründen. Der gegenteilige Effekt, dass Termine möglichst lange geheim gehalten werden sollen und überraschend angekündigt werden, ist hingegen wahrzunehmen. Hier ist auch zu bedenken, dass sich aus phänomenologischer Sicht Auflagefristen bevorzugt um die kundmachungsfreie Zeit gemäß § 44a Abs 3 AVG gruppieren, mit der die Parteien im Großverfahren, in den Haupturlaubszeiten im Sommer und um Weihnachtsfeiertage und Jahreswechsel vor „Überraschungen“ geschützt werden sollten. Auch Sachverständige gehen bevorzugt in dieser Zeit auf Urlaub. Sie müssen weiters andere Aufträge annehmen, bzw haben diese abzuarbeiten, sind also nicht beliebig verfügbar. Sachverständige mitunter jahrelang „auf Standby“ zu halten und dafür abzugelten, ist bei den der beteiligten Öffentlichkeit im Allgemeinen zur Verfügung stehenden Budgets ebenso wenig möglich, wie Überzahlungen um Nacht- und Wochenendsonderschichten des Gutachters (so dessen vorhandene Bereitschaft und anderweitige Verpflichtungen dies überhaupt erlauben würden) zu finanzieren. Hier treten auch die völlig unausgewogenen Zeitfaktoren besonders deutlich zu Tage. Während die Sachverständigen der Behörde das Projekt über mehrere Jahre immer wieder bearbeiten, stehen jenen der beteiligten Öffentlichkeit im ungünstigen Fall nur 9 Wochen zur Verfügung. Es braucht unter diesen Bedingungen auch niemanden verwundern, dass ein derartiges Gegengutachten nicht innerhalb von vier Wochen bzw bis zur Verhandlung (schon gar nicht von jedem beliebigen vorher unbekannten Ausgangszeitpunkt an dem die Auflage des Gutachtens beginnt) fertig gestellt und vorgelegt werden kann. Nach Ansicht des Autors, der an zahlreichen UVP-Verfahren mitwirkte, handelt sich bei dieser knappen Fristsetzung (bei vergleichsweise äußerster Gemächlichkeit in den vorangehenden Phasen, wo nur die Sachverständigen der Behörden bzw die Projektwerberin am Zug sind), um einen der wesentlichsten Konstruktionsfehler des UVP-Verfahrens überhaupt.9

9

Nachtrag 11.3.2019: Mit der UVP-G Novelle 2018 (BGBl I 2018/80) wurde die Bestimmung des § 16 Abs 3 weiter verschärft und sind bei Schluss des Ermittlungsverfahrens am Ende der Verhandlung neue Tatsachen und Beweismittel bis spätestens in der mündlichen Verhandlung vorzubringen. Es verbleiben somit für Gegengutachten nur mehr vier Wochen - in vereinfachten Verfahren nicht einmal das. Wie das funktionieren soll bzw wie sich die im Spannungsverhältnis zu den Parteienrechten stehende Neuregelung in der Praxis auswirken wird muss vorerst offenbleiben.

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7. Vereinfachtes Verfahren Einer der maßgeblichsten Unterschiede des vereinfachten Verfahrens im Vergleich zur „normalen“ UVP nach dem 2. Abschnitt UVP-G ist, dass an die Stelle des UVP-Gutachtens die „Zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen“ (ZFB), die ebenso wie ersteres einen Synthesebericht der einzelnen Teilgutachten darstellt, tritt. Eine öffentliche Auflage ist für das UVP-Gutachten normiert, für die ZFB jedoch nicht. Aus der Nichtverpflichtung zur Auflage resultiert jedoch nicht, dass die ZFB nicht vor der Verhandlung vorliegen muss. Auch wenn diese Anforderung im UVP-G nicht festgeschrieben wurde, ergibt sich dies nach Ansicht des Verfassers aus systematischer Sicht. Die Kenntnis der Position der Sachverständigen ist logische Voraussetzung, ein Projekt überhaupt sinnvoll (und ggf abschließend) verhandeln zu können.10 In der Praxis kann der Ablauf jedoch auch anders aussehen, wie folgende Beispiele zeigen: – Fall 1: „Flussbauliches Gesamtprojekt“: Mündliche Verhandlung 2008 ohne ZFB (diese wurde erst ein Jahr später fertiggestellt), Teilgutachten wurden erst kurz vor der Verhandlung fertig. Hier musste die Verhandlung ohne die erforderlichen Kenntnisse im „Blindflug“ bestritten werden. Über die Rechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise konnte keine Klärung erreicht werden, da der Genehmigungsantrag nach lange ruhendem Verfahren im Jahr 2016 zurückgezogen wurde. – Fall 2: „Seestadt Aspern Nord“: Verhandlung 2017, die teilweise offenbar sehr knapp fertiggestellten Teilgutachten wurden in drei Tranchen kurzfristigst zum Parteiengehör vor dem Verhandlungstermin übermittelt (Stellungnahmefrist tw nur 1 Tag). Die ZFB wurde in der Verhandlung präsentiert. In dieser Rechtssache ist ein Beschwerdeverfahren anhängig.

8. Mündliche Verhandlung Eine Schwierigkeit bei der mündlichen Verhandlung wird in der Betonung ihrer zentralen Rolle im Verfahren gesehen, die der Realität in Großverfahren im UVP-Kontext (im Gegensatz etwa zur klassischen kleinen Bau- oder Wasserrechtsverhandlung) nicht gerecht werden kann und mitunter zu einem „unentspannten“ Zugang führt. Die Bewertung ist dabei eine ambivalente: 10

Dass dies auch so beabsichtigt war, zeigt das Ablaufschema des BMLFUW zur UVP, abrufbar unter: https://www.bmnt.gv.at/umwelt/betriebl_umweltschutz_uvp/uvp/AllgemeineszurUVP.html (27.02.2019).

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Einerseits kann die Unmittelbarkeit der Verhandlung vorteilhaft sein, ist „die vermittelnde Kraft der mündlichen Verhandlung“ ein geflügeltes Wort geworden und ergibt der Dialog mitunter die Möglichkeit, zusätzliche oder geänderte Auflagen bzw Nebenbestimmungen herauszuverhandeln. Nachteilig sind anderseits insb bei Großprojekten die Anstrengung und der unübersichtliche Ablauf einer lange dauernden (bis zu 12 Tage!) UVP-Verhandlung, auch wenn die Zahl der Mitwirkenden begrenzt ist. Umso mehr gilt dies „bei vollem Saal“. Die schwierige Ergebnissicherung mittels Protokollierung unter Zeitdruck, nachdem die Verhandlungsschrift innerhalb von einer Woche nach Verhandlungsende zu veröffentlichen ist, tritt zu den Unwägbarkeiten der Verhandlung hinzu. Nicht unterschätzt werden darf auch die Barrierewirkung, die die Notwendigkeit eines öffentlichen Auftritts, vor größerem Publikum für unerfahrene, uU wenig sprachgewandte VerfahrensteilnehmerInnen bedeutet, die das erste Mal mit einer derartigen Veranstaltung konfrontiert sind. Dies kann durch ungünstige Sitzordnung, wenig verständnisvolle Verhandlungsführung und einseitige Verteilung von Ressourcen erschwert werden (Tische und Stromanschlüsse waren früher nur für Behörde und Projektwerberin nicht aber für Verfahrensparteien vorgesehen – hier sind aber Verbesserungen sichtbar und es ist mittlerweile zumindest im BMVIT-Bereich Standard, den Verfahrensparteien derartige Ressourcen und damit das adäquate Mitwirken über mehrere Tage zu ermöglichen).

9. Sachverständige Sachverständige (SV) erfüllen eine zentrale Rolle im Beweisverfahren, auf das sich die Entscheidung stützt. Ungeachtet dieser Bedeutung gilt: Auch Sachverständige sind fehlbar und – pointiert formuliert – kommen auch „Schwachverständige“ vor. Die Sachverständigenkapazitäten sind (bei negativem Trend) zu gering. Fachdisziplinen bauen teilweise aufeinander auf. SV sind aufeinander bzw auf Vorbefunde anderer Fachbereiche angewiesen, dies kann zur Fehlerfortpflanzung führen. Das System ist aber nicht auf Fehlertoleranz ausgelegt. Die Aufgabentrennung fachliche Beurteilung durch den SV, rechtliche Beurteilung durch das Verwaltungsorgan bedürfte einer besseren wechselseitigen Kontrolle. SV steht eine rechtliche Beurteilung nicht zu, es bleibt ihnen aber unbenommen, in ihrem Gutachten auf Rechtsgrundlagen hinzuweisen. Verwaltungsorgane müssen dem Gutachten nicht folgen, aber in der Entscheidung begründen, wenn sie dies nicht tun. Das Gutachten hat so abgefasst zu sein, dass es von einem Laien beurteilt werden kann und hat

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das Verwaltungsorgan dieses auf Schlüssigkeit zu überprüfen. In der Praxis verlassen sich Verwaltungsorgane aber teilweise blind auf SV und weichen auch dann nicht von den eingefahrenen Mustern ab, wenn Mängel bereits unübersehbar sind. Hier wäre mehr Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, erforderlich.

10. „In-House“-Verfahren In Verfahren nach dem 3. Abschnitt UVP-G (Hochleistungseisenbahnstrecken, Autobahnen) ist der Verkehrsminister UVP-Behörde. Bezogen auf Straßen genehmigt er jene Projekte, die auf seinen Vorschlag in den Anhang zum Bundesstraßengesetz aufgenommen und von der mit der Bundesstraßenverwaltung betrauten ASFINAG geplant werden. Für die Umsetzung gibt der Rahmenplan des Ministers den Takt vor.11 Bis 2014 gab es gegen diese Entscheidungen auch kein ordentliches Rechtsmittel. Das BMVIT kann nicht als unabhängige Behörde angesehen werden, wie schon allein das folgende Auswirkungsbeispiel zeigt: Im Fall „A5 Nord A“ fand im Dezember 2006 die mündliche Verhandlung statt. Trotz einer gesetzlichen Entscheidungsfrist von sechs Monaten dauerte es (ohne Parteienaktivität) bis 2009 bis ein Bescheid erlassen wurde. Der Grund: Der Verkehrsminister präsentierte 2007 einen neuen Rahmenplan mit gestreckten Zeitplänen, die verantwortlichen Beamten wollten offenbar den Minister nicht mit einer schnellen Entscheidung unter Druck setzen, obwohl der UVP-Bescheid ja keinen sofortigen Bauzwang auslöst. Diese fehlende Unabhängigkeit erschwert gemeinsam mit einer Reihe von Privilegien für „3. Abschnitt-Verfahren“ (besondere Immissionsschutzvorschriften, eigenes Normensystem in Gestalt der RVS [Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen], Entlastungsprivileg, Fortbetriebsrecht) eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung.

11. Feststellungsverfahren Die Vorgabe des § 3 Abs 7 UVP-G bewirkt eine (theoretische) Dauer von 6 Wochen – es ist lediglich eine Grobprüfung vorzunehmen. Die Praxis sieht, wie an folgenden Beispielen veranschaulicht werden soll, deutlich anders aus. 11

Für die Hochleistungseisenbahnstrecken ist die Situation mit Ausnahme der nicht gegebenen Sonderfinanzierung via Maut analog.

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– Beispiel 1: „Einkaufszentrum Quaderna Steyr“: Dauer des Feststellungsverfahrens ca 9 Monate, dabei wurden 4 Gutachter in 2 Durchgängen beschäftigt und eine mündliche Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt – es erscheint also zulässig von einer „UVP ohne Öffentlichkeitsbeteiligung“ zu sprechen. Ergebnis: Der negative Feststellungsbescheid wurde beim BVwG bekämpft, dort das Projekt zurückgezogen und antragsgemäß der Bescheid wieder aufgehoben. – Beispiel 2: „Pumpspeicherkraftwerk Koralm“: Feststellung der Behörde, dass das Pumpspeicherkraftwerk kein Wasserkraftwerk sei, UVP-Pflicht jedoch wegen der Berührung eines Landschaftsschutzgebietes besteht. Das Landschaftsschutzgebiet wurde in Folge teilweise (im benötigten Umfang) aufgehoben und Materienverfahren trotz aufrechter UVP-Pflicht abgewickelt. Erst auf Antrag der Umweltanwältin wurde ein neuerliches Feststellungsverfahren eingeleitet, das mit einem negativen Bescheid endete. Beschwerden beim BVwG waren erfolgreich, das Gericht stellte fest, dass das Pumpspeicherkraftwerk ein Wasserkraftwerk und somit UVP-pflichtig ist. Durch Abweisung der Revisionen der Projektwerberin und des Landes Steiermark durch den VwGH wurde diese Entscheidung bestätigt. Der verbreitete Versuch, eine UVP zu vermeiden führt zu aufgeblähten bzw vom Verlauf her bizarren Feststellungsverfahren, die in keiner Relation zu den Vorgaben des Gesetzgebers stehen. In dieser Zeit kann ein UVP-Genehmigungsverfahren bereits abgeschlossen sein.

12. Resumée Es existiert viel Spielraum für Verbesserungen. Die genannten „Konstruktionsfehler“ sind vielfach per Gesetzesänderung reformierbar. Allerdings ist festzustellen, dass der Trend bei Novellierungsvorschlägen derzeit (und schon seit geraumer Zeit) in eine andere Richtung weist (Verfahrensbeschleunigungsrhetorik). Zusätzlich ist aber festzuhalten, dass das Sachverständigenproblem eines ist, das sich einer rein legistischen Lösung entzieht. Weiters sind Ergebnisoffenheit und Partizipationskultur nicht per Gesetz allein herstellbar, sondern müssen erst entwickelt und gelebt werden.

Erfahrungen einer Umweltanwaltschaft mit Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich Ein Praxisbericht Ute Pöllinger

Die österreichischen Umweltanwaltschaften sind hinsichtlich ihrer Organisation und Einbettung in die jeweiligen Landesverwaltungen ein sehr bunter Haufen. Es gibt Landesumweltanwaltschaften die von NGOs gewählt werden (Vorarlberg) und solche, wo Vertreter verschiedener NGOs unter dem Vorsitz des zuständigen Landesrates als Naturschutzbeirat die Agenden des Umweltanwalts wahrnehmen (Kärnten). Andere Landesumweltanwaltschaften werden von den jeweiligen Landesregierungen bestellt wie beispielsweise auch in der Steiermark. Angesichts dieser Diversität ist es sicher nicht verwunderlich, dass es keine einheitliche Position der Landesumweltanwaltschaften zum Thema „Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit in Umweltverfahren“ geben kann, weshalb ich im Folgenden ausschließlich die Sichtweise und Erfahrungen der steirischen Umweltanwaltschaft schildern werde. Aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage überschneiden sich die Parteistellungen von Umweltanwalt und Öffentlichkeit in Umweltverfahren vor allem im Bereich der UVP-Verfahren und in einem kleinen Teilbereich des AWG. Letzteres wird in der Steiermark von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Im Bereich der UVP-Verfahren und der UVP-Feststellungsverfahren erfolgt jedoch eine durchaus intensive Beteiligung der Öffentlichkeit, wobei in der Steiermark primär anerkannte NGOs aktiv sind. Bürgerinitiativen bilden sich nur vereinzelt (zB Minex, Murkraftwerk Graz, aktuell: Pumpspeicher Koralm), was vor allem an den hohen Anforderungen an deren rechtmäßiges Zustandekommen und dem Umstand liegen dürfte, dass sie in vereinfachten Verfahren keine Parteistellung haben.1 In der Steiermark wird die Mehrzahl der UVP-Verfahren im vereinfachten Verfahrensregime abgewickelt. Die folgenden Zeilen sollen nun einen Praxisbericht über die Erfahrungen der Umweltanwaltschaft mit der Beteiligung der Öffentlichkeit in UVP-Verfahren in der Steiermark geben.

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Nach einem Erk des VwGH v 27.09.2018, Ro 2015/06/0008, stehen die entsprechenden Bestimmungen des UVP-G jedoch im Widerspruch zu (unmittelbar anwendbarem) Unionsrecht und haben unangewendet zu bleiben. Bürgerinitiativen kommt nunmehr daher auch im vereinfachten UVP-Verfahren volle Parteistellung zu.

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Ich bin seit 2004 Umweltanwältin des Landes Steiermark und durfte in dieser Funktion bisher an 56 UVP-Genehmigungsverfahren und mehr als 150 UVP-Feststellungsverfahren teilnehmen. In dieser Zeit hat die Öffentlichkeitsbeteiligung im UVP-G revolutionäre Änderungen erfahren. – 2005 erhielten anerkannte NGOs Parteistellung in Genehmigungsverfahren – 2012 wurde anerkannten NGOs das Recht zuerkannt, bei negativen Feststellungsbescheiden (keine UVP) eine Überprüfung der Entscheidung beim (damals noch existenten) Umweltsenat zu beantragen – 2014 erhielten anerkannte NGOs ein echtes Beschwerderecht gegen Feststellungsbescheide beim Gericht – Im Februar 2016 wurde dieses Recht schließlich auch auf Nachbarn ausgedehnt. Diese Änderungen sind nun bekanntermaßen nicht der besonderen Freude der Politik mit der Öffentlichkeitsbeteiligung geschuldet, sondern im Wesentlichen der europarechtlichen Judikatur und den sich daraus ergebenden Erfordernissen, die österreichische Rechtslage anzupassen. In der Steiermark machten und machen NGOs, Bürgerinitiativen und NachbarInnen von diesen (neuen) Beteiligungsmöglichkeiten im UVP-Regime immer wieder regen Gebrauch. Dabei ist festzustellen, dass 1. Naturschutzbelange von verschiedenen NGOs professionell vertreten werden (zum Themenbereich Naturschutz zähle ich hier auch die in der Steiermark oftmals relevanten Themen Gewässerökologie und Wasserrecht/§ 104a WRG-Verfahren); 2. technische Umweltschutzthemen (va Lärm, Luft, Boden etc) von NGOs kaum besetzt werden; 3. technische Umweltschutzthemen primär von NachbarInnen und Bürgerinitiativen wahrgenommen werden. Bei diesen steht natürlich die persönliche Betroffenheit im Vordergrund und nicht die Einhaltung objektiver Umweltschutznormen. Insbesondere bei Nachbarn und Bürgerinitiativen, die aus der Betroffenheit einer größeren Öffentlichkeit hervorgehen, ergibt sich immer wieder das Problem, dass die berechtigten Anliegen nicht immer mit echter Fachkompetenz vertreten werden können. Das heißt, dass hier oftmals die finanziellen Mittel nicht vorhanden sind, Gutachten zu beauftragen und so auf gleicher fachlicher Ebene agieren zu können. So können berechtigte Anliegen uU nicht entsprechend vertreten werden. Interessant ist, dass die Zusammenarbeit mit den in der Steiermark aktiven NGOs sehr gut funktioniert, während Bürgerinitiativen und Nachbarn oftmals

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wenig mit der Umweltanwaltschaft kommunizieren. Ich vermute, dass dies insbesondere damit zusammenhängt, dass das Misstrauen in der Bevölkerung gegenüber „der Verwaltung“ leider sehr groß ist. Da auch die Umweltanwaltschaft zur Verwaltung gehört – in der Steiermark sogar organisatorisch beim Amt der Landesregierung, noch dazu in der Umweltabteilung eingeordnet ist – besteht hier offenbar eine gewisse Distanz gegenüber einer Zusammenarbeit in Sachfragen. Sehr häufig werde ich von Bürgerinitiativen und vor allem Nachbarn zu verfahrenstechnischen Fragen kontaktiert, gelegentlich auch zu inhaltlichen Themen. Nach meiner Erfahrung ist eine Zusammenarbeit aber vor allem dann nicht möglich, wenn aus objektiver Sicht konstatiert werden muss, dass eine Belastung oder Belästigung, die durch ein Vorhaben bewirkt wird, aufgrund der Rechtslage zumutbar ist. Es ist für mich nachvollziehbar, dass in diesen Fällen die Erwartung der Betroffenen an die Umweltanwältin die ist, dass ein Projekt, das einen Nachbarn stört, durch das Einschreiten der Umweltanwaltschaft verhindert werden kann. Wenn dies objektiv nicht möglich ist, ist der Betroffene enttäuscht und sieht sich zudem in seiner negativen Haltung gegenüber der Verwaltung bestätigt. Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit anerkannten NGOs ist meine Wahrnehmung die, dass die Umweltanwaltschaft als kompetenter Ansprechpartner gesehen wird und eine gute Basis für Themenbearbeitungen in komplexen Verfahren besteht. Problematisch sehe ich jedoch die Tatsache, dass der Themenkomplex der Umwelttechnik in den Verfahren zumeist ausschließlich von der Landesumweltanwaltschaft vertreten wird. Dies hängt vermutlich auch damit zusammen, dass technisch orientierte NGOs in der Steiermark nicht mit eigenen Büros vertreten sind und ihnen die personellen Ressourcen nicht zur Verfügung stehen, das gesamte Bundesgebiet abzudecken. In den UVP-Feststellungsverfahren sind NGOs in der Steiermark in erster Linie bei Verfahren betreffend Intensivtierhaltungen aktiv. Der Süden der Steiermark ist Standort vieler sehr großer Mast- und Zuchtbetriebe im Schweine- und Hühnerbereich und aufgrund der dispersen Besiedelung ist es praktisch unmöglich, Neuoder Erweiterungsvorhaben zu entwickeln, die keine Anrainer betreffen. Neben den Nachbarn ist in der Steiermark eine NGO besonders aktiv, die nahezu jedes Feststellungsverfahren betreffend Intensivtierhaltungen bekämpft. Dies hat einerseits zu einer sehr begrüßenswerten Verbesserung der Qualität „unserer“ Feststellungsverfahren zum Tatbestand Massentierhaltung geführt, andererseits können jedoch auch sehr gut geplante Vorhaben nicht umgesetzt werden. Dies ist insbesondere dann unerfreulich, wenn eine geplante Erweiterung technisch mit einer Verbesserung des Ist-Bestandes verbunden ist. Die Bescheide werden nämlich nie rechtskräftig und

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daher auch die Verbesserungsmaßnahmen nicht umgesetzt. Ich habe einen Vertreter dieser Organisation einmal gefragt, was das eigentliche Ziel dieser Taktik ist und er hat unumwunden erklärt, dass er Intensivtierhaltung ablehne und es ihm schlicht darauf ankomme, diese Projekte zu verhindern. Dieser Zugang ist mir als Umwelt­ anwältin fremd, zumal mein gesetzlicher Auftrag die Wahrnehmung der Einhaltung von Umweltschutzvorschriften fernab persönlicher Befindlichkeiten ist. Abschließend sei mir ein kleiner Ausblick gestattet: Aufgrund des anhängigen Vertragsverletzungsverfahrens und insbesondere der Schlussanträge der Generalanwältin im Verfahren C-664/15 ist gesichert zu erwarten, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung im Umweltrecht vollinhaltlich umgesetzt werden muss.2 Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass in diesem Zusammenhang die Rolle der Landesumweltanwaltschaften anhand des Schlagwortes „Gold Plating“ diskutiert werden wird. Angesichts der Tatsache, dass allein die steirische Umweltanwaltschaft im Jahr 2016 an mehr als 800 Verfahren teilgenommen hat und dabei etwa € 14.000 für Gutachten aufgewandt hat, bin ich jedoch überzeugt, dass man der Umwelt einen Bärendienst erweisen würde, wenn die Rolle der Umweltanwaltschaften beschnitten würde, weil – NGOs und Bürgerinitiativen nicht über die personellen Ressourcen verfügen, die Fülle der Verfahren zu bewältigen; – NGOs und insbesondere Bürgerinitiativen auch nicht die finanziellen Mittel haben, um Gutachten in Auftrag zu geben und so in Verfahren auf gleicher fachlicher Ebene zu argumentieren; – insbesondere in der Steiermark umweltschutztechnische Themen in Großverfahren von der Öffentlichkeit kaum besetzt werden. Aus meiner Sicht wäre es ein großer Verlust an Verfahrensqualität, die Wahrnehmung der Interessen des Natur- und Umweltschutzes ausschließlich der Öffentlichkeit aufzubürden.

2

Der EuGH hat dies mittlerweile vollinhaltlich bestätigt; vgl EuGH 20.12.2017, C-664/15, Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation gegen Bezirkshauptmannschaft Gmünd.

Partizipation im Umweltrecht Aarhus-Pilotfälle und ausgewählte Beobachtungen Marlies Meyer

1. Einleitung Diese Darstellung will einen Überblick über bedeutsame Aarhus-Pilotfälle aus Österreich geben.1 Nach Bestätigung der Rüge des Aarhus-Einhaltungsausschusses durch die Aarhus-Vertragsstaatenkonferenz 20142 und nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich wegen noch ausstehender Umsetzung von Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention im Juli 20143 verbreitete und vertiefte sich bei Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen das Wissen um die Garantien der Aarhus-Konvention. Der Gerichtshof der Europäischen Union hatte ja schon 2008 – medial gut rezipiert – aus Anlass der Feinstaubbelastung in München klargemacht, dass betroffene Einzelpersonen europäisches Umweltrecht, wenn es sie präzise schützt, vor nationalen unabhängigen Instanzen geltend machen können müssen (EuGH 25.07.2008, C-237/07, Janecek). Gerade auch in einer österreichischen Causa wurde 2014 augenscheinlich, wie ernst es der EuGH meint und dass so eindeutige Judikate dann auch nicht mehr vom Gesetzgeber ignoriert werden können. Die Rede ist vom Recht betroffener Nachbarn und Nachbarinnen eines umweltbeeinträchtigenden Vorhabens auf Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Aufgrund der Entscheidung des EuGH v 16.05.2014, C-570/13, Gruber, musste Nachbarn und Nachbarinnen das Recht eingeräumt werden, eine behördliche Entscheidung, die die UVP-Pflicht eines Projekts verneint, an ein Gericht herantragen zu können. Aufgrund der anhaltenden Untätigkeit des Gesetzgebers wurden nun von den Initiativen die Garantien der Aarhus-Konvention und des Unionsrechts in weiteren Verfahren geltend gemacht. Mittlerweile decken die von Einzelpersonen, Bürgeri1

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Der Beitrag geht auf ein im Juni 2017 am Grazer Umweltrechtsforum gehaltenes Referat zurück. Das Manuskript wurde am 28.02.2018 abgeschlossen. Es berücksichtigt die Entwicklung der Verfahren bis Ende 2017, in zwei Fällen bis Jänner bzw Februar 2018 (siehe Kapitel 2.3). Der Beitrag gibt ausschließlich die Meinung der Verfasserin wieder. Der Beschluss der Vertragsstaatenkonferenz V/9b bzw die vorausgehende Entscheidung des ACCC von 2012 geht auf eine Beschwerde von ÖKOBÜRO zurück. Siehe nun auch den wiederholten Beschluss VI/8b der Vertragsstaatenkonferenz vom September 2017. Vertragsverletzungsverfahren Nr 2014/4111.

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nitiativen und Umweltorganisationen angestrengten Verfahren und Rechtsschritte zentrale Umweltmaterien und unterschiedliche Rechtstypen ab. Die Initiativen beriefen sich inzwischen auf die Fauna- Flora-Habitat-RL, die Strategische Umweltprüfungs-RL, die Wasserrahmen-RL, die Luftqualitäts-RL und die UVP-RL, und zwar in Bezug auf Bescheide und Verordnungen. Inzwischen liegen zahlreiche Gerichtsentscheide vor. Im Folgenden soll ein Überblick über diese Verfahren samt Verlauf gegeben werden. Die handelnden Initiativen und das Umweltanliegen sollen benannt werden.4 Angesichts der in diesem Band versammelten, ähnlichen Themenstellungen und Autor/inn/en wird auf die Zitierung von Fachliteratur weitgehend verzichtet. Im letzten Kapitel wird eine Art Bilanz gezogen. Daran schließen sich ausgewählte Beobachtungen an, die allerdings nicht ausschließlich auf den im Kapitel 2 dargestellten Aarhus-Fällen fußen.

2. Aarhus-Pilotfälle 2.1. Naturschutz 2.1.1. Flächenwidmungsplan Forchtenstein 2.1.1.1. Initiativen und Anliegen

Die Gemeinde Forchtenstein im Burgenland nahm im Jahre 2014 im Natura-2000-Gebiet „Mattersburger Hügelland“ eine Umwidmung von Grünland in Bauland im Ausmaß von 3,3 ha vor. Die Bürgerinitiative „Wir haben’s eulig“ und die Umweltschutzorganisation „Protect“ hatten im Begutachtungsverfahren negative Stellungnahmen abgegeben. Die betroffene Streuobstwiese sei ua Nistplatz für die geschützte Zwergohreule und eine Umwidmung angesichts ausreichender Baulandreserven aufgrund der FFH-RL sowie der Vogelschutz-RL nicht gerechtfertigt. Unter Berufung auf die Aarhus-Konvention und die EuGH-Judikatur wurde die Flächenwidmungsplanänderung direkt nach Art 139 B-VG von der Umweltorganisation „Protect“ beim VfGH angefochten. Es sei rechtswidrig keine Strategische 4

Die im Kapitel 2 ausgewählten Fälle sind den Akten des „Grün-Alternativen Vereins zur Unterstützung von Bürgerinitiativen“ (Bürgerinitiativen-Verein, BIV) entnommen. Siehe auch www. buergerinitiativen.at und die Jahresberichte des BIV dort. Der Verfahrenskomplex zu EuGH 16.05.2014, C-570/13, Gruber, wird allerdings nicht mehr erwähnt, weil der Gesetzgeber schon reagiert hat: BGBl I 2016/4.

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Umweltverträglichkeitsprüfung und keine Naturverträglichkeitsprüfung vorgenommen worden. Die bgld LReg hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Beeinträchtigung des Schutzgebiets Mattersburger Hügelland unerheblich sei. 2.1.1.2. Verfahrensstand

VfGH 14.12.2016, V87/2014: Zwei Jahre und drei Monate nach Einbringung des Individualantrags auf Normenkontrolle wies der VfGH die Anfechtung der Umweltorganisation „Protect“ zurück. Der VfGH verweist zwar auf die EuGH-Entscheidung „Slowakischer Braunbär“, wonach „ein nationales Gericht jedenfalls sein nationales Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen (habe), dass es so weit wie möglich in Einklang mit den in Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention festgelegten Zielen steht“. Er macht aber nicht den Schritt, den relevanten Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG (Antrag einer Person, die als Partei wegen Anwendung einer gesetzwidrigen VO in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet) interpretativ zu erweitern. Umweltorganisationen seien (im konkreten Fall) nicht in subjektiven Rechten unmittelbar betroffen. „Eine Zuständigkeit von Mitgliedern der Öffentlichkeit im Sinne des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention, Verordnungen vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen, könnte (daher) nur durch eine Verfassungsbestimmung bewirkt werden, eine solche existiert nicht.“ Die Entscheidung ist auf rechtswissenschaftliche Kritik gestoßen: „Im Ergebnis enttäuscht der Beschluss des VfGH mangels Auseinandersetzung mit dem springenden Punkt der Rechtssache: Der Frage nach einer völker- und unionsrechtskonformen Auslegung des Begriffs des Rechts in Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG.“5 Im konkreten Fall wurde damit die Frage der Europarechtskonformität der Baulandausweisung im Europaschutzgebiet in das Bauverfahren „geschleppt“, denn die Umweltorganisation „Protect“ wird sich mit ihren Einwänden am Bauverfahren beteiligen. 2.1.2. Ausnahmegenehmigung Artenschutz Wien 2.1.2.1. Initiativen und Anliegen

Die Bürgerinitiative „Interessensgemeinschaft Lebensqualität Marchfeldkanal“ wandte sich gegen die „Umlenkung“ der Ziesel vom geplanten Wohnbauareal nörd5

Weber, Entscheidungsbesprechung in RdU 2017/69, 78f.

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lich des Heeresspitals auf eine Ausgleichsfläche in Stammersdorf Wien, da diese Umlenkung keine wissenschaftlich erprobte Maßnahme zum Erhalt der Zieselpopulation sei. Der Ziesel steht in Österreich auf der Roten Liste und ist eine nach der FFH-RL geschützte Art. Letztlich erhoben die Umweltorganisationen VIRUS und der Umweltdachverband Beschwerde gegen den naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungsbescheid zum Fangen und Transfer der verbliebenen Ziesel an das LVwG Wien. Diese wurde mangels gesetzlicher Parteistellung der Umweltorganisationen zurückgewiesen. 2.1.2.2. Verfahrensstand

VwGH 23.05.2017, Ra 2017/10/0058, Ra 2017/10/0059: Die ao Revision der Umweltorganisationen wurde mit knapper Begründung zurückgewiesen. Es liege keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Das LVwG habe im Rahmen der VwGH-Judikatur entschieden. Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention sei bekanntlich nicht unmittelbar anzuwenden. Soweit die ao Revision auf EuGH-Judikate und den „effet utile“ Bezug nimmt, merkt der VwGH an, dass es in der Rs „Lesoochranarske zoskupenie VLK II“ um eine Naturverträglichkeitsprüfung gem FFH-RL gegangen sei, was hier nicht der Fall sei. Der neuerdings vom EuGH relevierte Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention wiederum gelte nur für Projekte mit erheblichen Auswirkungen, was hier ebenfalls nicht der Fall sei. Das heißt aber auch, dass im Fall der Erheblichkeit, der VwGH die ao Revision zugelassen hätte. Erstaunlich ist, dass der VwGH die Frage der Erheblichkeit ohne nähere Begründung verneint hat.

2.2. Fließgewässer- und Grundwasserschutz 2.2.1. Wasserrechtsverfahren Kraftwerk an der Schwarzen Sulm 2.2.1.1. Initiativen und Anliegen

Gegen das 2003 zur Genehmigung eingereichte Wasserkraftwerk an der Schwarzen Sulm brachten sich von Anfang an der „Arbeitskreis zum Schutz der Koralpe und des Weststeirischen Hügellandes“ sowie betroffene Grundstückseigentümer, die steirische Umweltanwältin sowie das wasserwirtschaftliche Planungsorgan ein. Die Schwarze Sulm zählt „zu den hochwertigsten Schluchtstrecken Österreichs und bildet die längste zusammenhängend erhaltene unbeeinflusste Fließstrecke im zen-

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tralalpinen Einzugsgebiet“.6 2006 wurden die Schwarze und die Weiße Sulm zum Europaschutzgebiet erklärt. Trotzdem genehmigte der LH von Steiermark 2007 das Wasserkraftwerk. Aufgrund der Berufung des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans (WWPO) hob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2009 die Genehmigung auf, weil die geringe Ausbeute des Kraftwerks und die damit geringe Vermeidung klimarelevanter Gase die Zustandsverschlechterung der einzigartigen Gewässerstrecke nicht aufwiegen könne.7 Aufgrund der Entscheidungen des VfGH aus 20128 lebte jedoch die ursprüngliche Genehmigung wieder auf. Der VfGH hatte die Parteistellung des WWPO im WRG als systemwidrig erachtet. Nun trat die Umweltorganisation ÖKOBÜRO auf den Plan und beantragte unter Berufung auf die Aarhus-Konvention Wiedereinsetzung in das Genehmigungsverfahren. ÖKOBÜRO reklamierte sich auch in das Verfahren zur Überprüfung des Genehmigungsbescheids gem § 21 a WRG, welches aus Anlass des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich eingeleitet und 2013 mit Bescheid erledigt worden war. 2.2.1.2. Verfahrensstand

Zu einer höchstgerichtlichen Klärung der Parteistellung von Umweltorganisationen im wasserrechtlichen Verfahren kam es in beiden Verfahren nicht. Die Beschwerde gegen die Genehmigung von 2007 führte zur Aufhebung der behördlichen Entscheidung wegen Unzuständigkeit (des BMLFUW).9 VwGH 30.06.2016, Ro 2014/07/0028-9: Die Revision gegen die behördliche Entscheidung in Zusammenhang mit dem Überprüfungsbescheid von 2013 führte 6 7

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Zirngast, Geleitworte des Arbeitskreises zum Schutz der Koralpe, in Gepp/Postl, Schwarze Sulm – ein Flussjuwel Österreichs (2015) 6. „Der Sachverständige für Wasserbautechnik hat schlüssig dargelegt, dass das KW ca 2 Promille der Erzeugung elektrischer Energie aus Wasserkraft in der Steiermark bzw 0,4 Promille dieser Erzeugung in Österreich bzw 0,264 Promille des Verbrauchs in Österreich abdecken könnte.“ … „Eine Abwägung der öffentlichen Interessen lässt nur den Schluss zu, dass die Inbetriebnahme des Kraftwerks Schwarze Sulm nicht im übergeordneten öffentlichen Interesse ist, da die gegenständliche Anlage einerseits dem öffentlichen Interesse der Sicherstellung ausreichender elektrischer Energie und der Vermeidung von klimarelevantem CO2 aufgrund der geringen produzierten Menge an Strom nur sehr beschränkt dienen kann, da der positive Effekt kaum bemerkbar ist, auf der anderen Seite zweifelsohne eine Zustandsverschlechterung an einer ökologisch wertvollen und einzigartigen Gewässerstrecke zu erwarten ist, die auch als Naturdenkmal ausgewiesen ist, wobei nicht das volle Potential an der Energieerzeugung, bei gleichem Eingriff in die Ökologie, ausgeschöpft wird“ (BMLFUW-UW.4.1.12/0186-I/6/2009 v 30.11.2009). VfGH 16.03.2012, G 126/11-12 und B 51/10. VwGH 29.07.2015, 2012/07/0238-8, 0235-10.

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nicht zum Erfolg, weil der EuGH zwischenzeitig die Klage der Europäischen Kommission abgewiesen hatte: Die Genehmigung des Wasserkraftwerks sei rechtens gewesen (EuGH 4.05.2016, C-346/14). „Den sich im Ergebnis gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 24. Mai 2007 gerichteten Bedenken“ von ÖKOBÜRO sei somit laut VwGH „aus europarechtlichen Erwägungen der Boden entzogen“ worden. Im Übrigen rügt der VwGH, dass ÖKOBÜRO nicht dargelegt habe, welche konkreten (materiellrechtlichen) Bestimmungen der Wasserrahmen-RL mit der Parteistellung geltend gemacht werden sollten. 2.2.2. Wasserrechtsverfahren Kraftwerk Tumpen-Habichen an der Ötztaler Ache 2.2.2.1. Initiativen und Anliegen

Der WWF und andere Initiativen bzw Betroffene wenden sich gegen das KW Tumpen-Habichen, das mit einer Engpassleistung von 14,48 MW nur knapp unter der UVP-Schwelle von 15 MW liegt.10 Bekämpft wird die Verschlechterung der 1998 in einer gemeinsamen Aktion von WWF und BMLFUW zum „Flußjuwel“ erklärten Ötztaler Ache. Mit der wasserrechtlichen Bewilligung vom 30.01.2013 wurde auch der Antrag des WWF auf Zuerkennung der Parteistellung zurückgewiesen. Gegen die bestätigende Entscheidung des LVwG Tirol wurde im Februar 2015 eine außerordentliche Revision an den VwGH erhoben. 2.2.2.2. Verfahrensstand

VwGH 26.11.2015, EU 2015/0007-1 (Ra 2015/07/0051): Anders als im Fall KW Schwarze Sulm nahm der VwGH die ao Revision zum Anlass, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu stellen, insb zur Frage, ob anerkannten Umweltorganisationen ein Recht auf Wahrung des Verschlechterungsverbots nach der Wasserrahmen-RL zukomme und dies auch im Wasserrechtsverfahren geltend gemacht werden könne. Nachdem der VwGH am selben Tag auch in einem Wasserrechtsverfahren über eine Wasserentnahme für eine Beschneiungsanlage in Karlstift/NÖ zur Frage der Mitwirkung von Umweltorganisationen ein zweites Vorabentscheidungsverfahren beantragt hatte, verband der EuGH die beiden Rechtssachen C-663/15 (Umweltverband WWF Österreich) und C-664/15 (Protect Natur-, Arten- und Land-

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Im UVP-Feststellungsverfahren (in Bezug auf räumlich zusammenhängende andere Kraftwerksprojekte) entschied letztlich der Umweltsenat gegen eine UVP-Pflicht (US 18.01.2013, 7A/2012/11-16).

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schaftsschutz Organisation).11 Die Verhandlung am EuGH fand am 15.03.2017 statt. Beide Organisationen waren anwaltlich vertreten. Der Schlussantrag der Generalanwältin Sharpston erging jedoch nur mehr zur Rs C-664/15. Das Vorabentscheidungsersuchen in Zusammenhang mit dem KW Tumpen-Habichen war nämlich am 28.06.2017 vom VwGH zurückgezogen worden, nachdem die Genehmigung aufgrund der Revision einer anderen Verfahrenspartei aufgehoben12 und damit der WWF klaglos gestellt worden war. Der WWF regte auch im fortgesetzten Verfahren ein neuerliches Vorabentscheidungsersuchen an. Am 20. Dezember 2017 ist nun die Entscheidung des EuGH zur Rs C-664/15 ergangen, die auch für das laufende Verfahren zum KW Tumpen-Habichen zu beachten sein wird: Anerkannte Umweltorganisationen müssten gem Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention iVm Art 47 GRC den Schutz der Fließgewässer und des Grundwassers, wie er durch Art 4 Wasserrahmen-RL gewährleistet ist, in Genehmigungsverfahren geltend machen können. Jedenfalls müsse eine behördliche Genehmigung eines wasserbeeinträchtigenden Projektes bei einem Gericht angefochten werden können. Setze das nationale Recht Einwendungen als Verfahrenspartei im behördlichen Verfahren voraus, so müsse auch Umweltorganisationen eine derartige Parteistellung eingeräumt werden. Im konkreten Anlassfall könne aber der Umweltorganisation nicht vorgeworfen werden, dass sie im behördlichen Verfahren nicht die richtigen Einwendungen vorgebracht habe (da das WRG den Umweltorganisationen noch keine Parteistellung einräume). Der EuGH bestätigt also, dass Umweltorganisationen auch nach der Auffangbestimmung des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention, der zum Schutz der (sonstigen) „umweltbezogenen Bestimmungen“ geschaffen wurde, sehr weitreichende Mitwirkungsrechte zukommen. Im ggst Fall könne zudem nicht ausgeschlossen werden, dass das Projekt „erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt“ iSd Art 6 Abs 1 lit b Aarhus-Konvention respektive „erhebliche negative Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer“ habe und damit Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention zur Anwendung komme. In diesem Fall müsse die Umweltorganisation jedenfalls schon zwingend im Genehmigungsverfahren iSv Art 6 Aarhus-Konvention beteiligt werden. Das hat zweierlei Konsequenzen: Erstens auch für das laufende Verfahren KW Tumpen-Habichen, in dem es um ein Projekt geht, das nur knapp unter der österr UVP-Schwelle liegt. Trotzdem könnten die Auswirkungen als erheblich im Sinne von Art 6 Abs 1 lit b Aarhus-Konvention ein11 12

Der BIV unterstützte nur die Rechtsschritte des WWF vor dem EuGH, nicht jedoch (schon mangels eines Ansuchens) die der Umweltorganisation „Protect“. VwGH 27.04.2017, Ra 2015/07/0067: Das Erkenntnis des LVwG Tirol wurde aufgehoben, weil die Pläne, die Bestandteil des Bescheids sein sollten, weder sprachlich noch mittels Stempels hinreichend konkretisiert worden waren.

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gestuft werden. Damit wäre aber dem WWF schon aus diesem Titel die Beteiligung im behördlichen Verfahren zu ermöglichen. Der WWF muss sich zB zu sämtlichen Gutachten, die von der Behörde herangezogen wurden, äußern können. Zweitens für den Gesetzgeber: Auch in wasserrechtlichen Verfahren, zumindest in denen zu Projekten mit erheblichen Auswirkungen, ist eine Beteiligung für Umweltorganisationen sicherzustellen, das bloße Anfechtungsrecht gegen eine behördliche Genehmigung reicht nicht. 2.2.3. Wasserwirtschaftlicher Rahmenplan Tiroler Oberland 2.2.3.1. Initiativen und Anliegen

Die Umweltorganisationen ÖKOBÜRO und WWF wandten sich in Stellungnahmen gegen den von der Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) beantragten wasserwirtschaftlichen Rahmenplan „Großwasserkraftwerksvorhaben Tiroler Oberland“, ua weil die darin vorgesehenen sechs Wasserkraftwerke gegen die Ziele der Wasserrahmen-RL, aber auch gegen § 53 WRG verstoßen würden. Am 19.10.2015 wurde die vom BMLFUW erlassene Verordnung beim VfGH nach Art 139 B-VG angefochten. 2.2.3.2. Verfahrensstand

VfGH 14.12.2016, V 134/2015: Der VfGH wies die Anfechtung zurück. Die Initiativen seien nicht aktuell und unmittelbar durch die angefochtene Verordnung in ihren Interessen beeinträchtigt, da sie nicht Normadressaten der Verordnung seien. Zudem könne selbst aus der unmittelbaren Anwendung von Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention keine Parteistellung im Verfahren vor dem VfGH begründet werden, da eine Parteistellung über Art 139 Abs 1 B-VG hinaus nur durch Vorschriften im Verfassungsrang eingeräumt werden könne. 2.2.4. Wasserrechtsverfahren Brunnen Bad Blumau 2.2.4.1. Initiativen und Anliegen

Die Bürgerinitiative „Schützt Bad Blumau vor Agrarindustrie – für bäuerliche Landwirtschaft, für sanften Tourismus“ wendet sich gegen eine Gemüseintensivzucht mit Glashäusern im geplanten Gesamtausmaß von 27 ha. Ua. wird eine Beeinträchtigung des Grundwasserkörpers und damit bestehender Brunnen sowie der

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landwirtschaftlichen Nutzung benachbarter Grundstücke wegen des hohen Wasserbedarfs befürchtet. Pumpversuche an vier Brunnen im Jahre 2016 ergaben eine geringe Ergiebigkeit, sodass schließlich für die Dauerentnahme von Wasser durch die Projektbetreiber nur mehr ein Drittel des ursprünglichen Vorhabens beantragt wurde, allerdings soll Tiefengrundwasser angezapft werden. Am Verfahren für die Pumpversuche und die Dauerentnahme beteilig(t)en sich betroffene Grundstückseigentümer/innen und Brunnenbesitzer. Auch der Naturschutzbund Steiermark begehrte unter Berufung auf die Aarhus-Konvention und die EuGH-Judikatur Parteistellung zum Schutz des Grundwassers, da gerade in der Südoststeiermark die Folgen des Klimawandels zu spüren sein werden. 2.2.4.2. Verfahrensstand

VwGH 27.07.2017, Ra 2017/07/0014-5: Der VwGH wies die ao Revision des Naturschutzbundes Steiermark zurück. Da die probeweise Wasserentnahme bis 30.06.2016 befristet gewesen sei, bestand für den Naturschutzbund später gar keine Beschwer mehr. Es könne deshalb gar kein Rechtsschutzinteresse mehr bestehen. Das Bedürfnis zur Lösung einer „abstrakt-theoretischen Rechtsfrage“ reiche nicht aus. Der Naturschutzbund Steiermark hat natürlich die Parteistellung auch im Verfahren zur dauerhaften Wasserentnahme bei der BH geltend gemacht – unter Verweis auf den Schlussantrag der Generalanwältin Eleanor Sharpston zur Rs C-664/15 (Vorabentscheidungsverfahren auf Antrag des VwGH im Zuge des Wasserrechtsverfahrens für eine Wasserentnahme zur Beschneiung in Karlstift/NÖ) v 12.10.2017, in dem sich die Generalanwältin für eine Parteistellung von Umweltorganisationen ausspricht. Die BH entgegnete jedoch, dass der EuGH in dieser Rs noch keine Entscheidung getroffen habe. Die inhaltlichen Bedenken der Bürgerinitiative, betroffener Bauern und des Naturschutzbundes wurden am 21.11.2017 durch das wasserwirtschaftliche Planungsorgan erhärtet, welches Einwand gegen die Tiefengrundwassernutzung erhob. Der Naturschutzbund Steiermark reichte am 06.12.2017 Beschwerde beim LVwG Stmk zur Frage der Parteistellung ein. Auch in diesem Verfahren wird nun die EuGH-Entscheidung v 20.12.2017 zu beachten sein. Das LVwG Stmk wird zu klären haben, ob die Wasserentnahme erheblich iSv Art 6 Abs 1 lit b Aarhus-Konvention ist oder nicht. Danach entscheidet sich, wie weitgehend das Verfahren zur Wasserentnahme, das ja vor der BH noch anhängig ist, neu aufzurollen ist.

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2.3. Saubere Luft 2.3.1. Umweltprogramm und Maßnahmen-VO Graz 2.3.1.1. Initiative und Anliegen

Im März 2013 stellte die in Graz wohnhafte Familie Hoffmann den Antrag an den LH von Steiermark, wegen der hohen Feinstaubbelastung Maßnahmen im Verkehrsbereich zu setzen. Dabei berief sie sich auf die von der Luftqualitäts-RL aufgestellten Immissionsgrenzwerte zum Schutz der Gesundheit und die EuGH-Judikatur zur Durchsetzung derartiger Schutznormen.13 2.3.1.2. Verfahrensstand

Die Mühseligkeit dieses Verfahrens lässt sich schon allein an der Liste der Schriftsätze und Entscheidungen ablesen: 01.03.2013 → Antrag auf Feinstaubmaßnahmen 28.08.2013 Zurückweisende Entscheidung des LH 11.09.2013 → Berufung 06.06.2014 „Abweisung“ des LVwG Stmk 27.07.2014 → Revision an den VwGH 28.05.2015 Aufhebung der LVwG-Entscheidung durch den VwGH 04.11.2015 Entsprechende Aufhebung des LH-Bescheids durch das LVwG 15.06.2016 → Säumnisbeschwerde an den LH 22.09.2016 Zurückweisende Entscheidung des LH (innerhalb der 3-Monatsfrist) 19.10.2016 → Beschwerde an das LVwG 22.05.2017„Abweisung“ der Beschwerde durch LVwG 11.07.2017 → Revision an den VwGH 25.10.2017 Aufhebung der Entscheidung des LVwG durch den VwGH 05.01.2018 Zurückweisung des Antrags auf Feinstaubmaßnahmen durch das LVwG VwGH 28.05.2015, Ro 2014/07/0096: Der VwGH stellte im Mai 2015 klar, dass Menschen, die sich dauerhaft in einem belasteten Gebiet aufhalten, ein Recht auf die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zum Schutz der Gesundheit haben. Die Behörde müsse sich mit Anträgen auf Setzung von Maßnahmen auseinandersetzen, 13

Siehe dazu schon detailliert Meyer, Ausgewählte Fälle zum Recht auf Saubere Luft, in Schulev-Steindl/Schnedl/Meyer (Hg), Das Recht auf Saubere Luft (2016) 91 (98).

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die Entscheidung der Behörde unterliege der Rechtskontrolle durch das VwG und in weiterer Folge durch den VwGH. Das fortgesetzte Verfahren endete im Mai 2017 mit einer negativen Entscheidung des LVwG Stmk. Es seien keine weiteren Maßnahmen zu setzen, da die Feinstaubbelastung in den Jahren 2014 und 2016 unter dem von der Luftqualitäts-RL geforderten Niveau gelegen sei. Die Grenzwertüberschreitung des Jahres 2015 wurde übergangen. VwGH 25.10.2017, Ro 2017/07/0020 bis 0021: Der Revision der Fam Hoffmann wurde stattgegeben. Das LVwG habe es in seinem Erkenntnis v 22. Mai 2017 verabsäumt, die Feinstaubbelastung gemäß dem letzten Jahresbericht zu erheben und darzustellen. „Wären – angesichts des Zeitpunkts der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses – die Daten für das Jahr 2016 noch nicht in ihrer Gesamtheit vorgelegen, hätten die Daten für das Jahr 2015 herangezogen werden müssen“ (Rz 42, zweiter Satz). „Das angefochtene Erkenntnis entspricht weder diesen – bereits aus dem Vorerkenntnis ableitbaren – Vorgaben noch allgemein den Anforderungen an eine nachvollziehbare Begründung“. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Berücksichtigung der Daten des Jahres 2015 zu einem anderen Verfahrensergebnis, nämlich zur Zulässigkeit des Antrages im Sinne des Vorerkenntnisses geführt hätten“ (Rz 54). Der VwGH rügte auch, dass die von der Fam Hoffmann beantragte Verhandlung ohne Begründung unterblieben sei (Rz 61). Diese Entscheidung des VwGH war wieder ein Etappenerfolg für die betroffene Familie. Die Strategie des LH der Stmk, die vom LVwG gedeckt und bestätigt wurde, nur die „guten“ Feinstaubjahre 2014 und 2016 heranzuziehen und das „schlechte“ Feinstaubjahr 2015 unter den Tisch zu kehren, war mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar gewesen. Wie der im Mai 2017 vorgelegene Jahresbericht des Umweltbundesamtes ausweist, gab es im Jahr 2015 an den relevanten Messstellen 39 bzw 46 Tage, an denen der Grenzwert für Feinstaub überschritten wurde. Das sind vier bzw 11 Tage über der von der EU tolerierten Belastung. Bis zur dritten Entscheidung des LVwG lief das Verfahren zur Erlassung weiterer Maßnahmen zur Feinstaubreduktion nun über vier Jahre und zehn Monate. Zuerst wurde vom LH und dem LVwG Stmk das Recht auf ein Verfahren negiert, dann die Feinstaubbelastung schön gerechnet, dann ein schlechter Jahresbericht ignoriert. Zwischendurch ließ man den Akt so „gut abliegen“, dass die betroffene Familie eine Säumnisbeschwerde einbringen musste, um eine Entscheidung herbeizuführen. Im Spätherbst – nach der zweiten Aufhebung durch den VwGH – lag dann der Jahresbericht zum „guten“ Jahr 2016 vor. Dies wurde vom LVwG gleich im Jänner 2018 dazu genützt, der betroffenen Familie die Antragslegitimation abzuerkennen (LVwG 41.1-3230/2016-15). Auch wenn sich das LVwG dabei grundsätzlich wohl

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auf das erste VwGH-Judikat zum Recht auf saubere Luft v Mai 2015 berufen kann, befriedigend ist diese Entwicklung nicht. Das Maß der Feinstaubbelastung wechselt derzeit von Jahr zu Jahr. Auf das „gute“ Jahr 2016 folgte das schlechte Jahr 2017. Die Überschreitungsstatistik des Umweltbundesamtes vom 31.12.2017 weist an der Messstelle Graz Don Bosco wiederum 49 Überschreitungstage aus,14 die Luftqualitäts-RL toleriert nur 35 Überschreitungstage. Nach den bisherigen Erfahrungen ist kaum zu erwarten, dass die „Herausrechnung“ des Winterdienst-Feinstaubs die Überschreitungstage ausreichend „drücken“ kann, um die zulässige Schwelle knapp zu erreichen. Von einer dauerhaften Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte kann also keine Rede sein. Es gibt wohl einen Abwärtstrend in der Belastung, aber nach wie vor Ausreißer nach oben. Kein Wunder, da der Feinstaubverursacher Verkehr von Maßnahmen bisher nur marginal erfasst ist. Relevant sollte für das Antragsrecht auch sein, dass das Umweltbundesamt dazu übergegangen ist, die Durchschnittsbelastung von drei Jahren zu erheben, um die durch die warmen Winter erzeugten Schwankungen zu „dämpfen“.15 Wie auch immer, nach wie vor kontinuierlich schlecht sind leider die Stickstoffdioxid-Werte. Auch diese zeigen den Handlungsbedarf auf und können demnach Bürger/innen zu einem Antrag auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen veranlassen. 2.3.2. Umweltprogramm und Maßnahmen-VO Stadt Salzburg 2.3.2.1. Initiative und Anliegen

Die anerkannte Umweltorganisation ÖKOBÜRO beantragte im April 2014 beim LH von Salzburg Maßnahmen zur Reduktion der Stickstoffdioxidbelastung in der Stadt Salzburg und in Salzburg Land. In der Begründung werden mögliche Maßnahmen wie eine Umweltzone, Citymaut oder eine Regionalstadtbahn angeführt. Der LH anerkannte im Bescheid vom August 2014 das Recht der Umweltorganisation auf eine Entscheidung in der Sache, wies den Antrag aber ab, weil die vorgeschlagenen Maßnahmen entweder nicht zielführend seien, die gesetzlichen Grundlagen fehlen würden oder nicht „schnellstmöglich“ wie gefordert erlassen werden könnten.

14 15

http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/luft/luftguete_aktuell/ueberschreitungen/ (27.02.2018). Umweltbundesamt, Jahresbericht der Luftgütemessungen in Österreich 2016 (2017) 33 (insb FN 17); siehe auch Umweltbundesamt, Analyse der Feinstaub-Belastung 2009–2017 (2018).

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2.3.2.2. Verfahrensstand

Die gegen die Entscheidung erhobene Beschwerde an das LVwG Sbg blieb ohne Erfolg, ja bedeutete sogar einen Rückschritt hinter das Erreichte. Das LVwG kam im März 2015 zum Schluss, dass sich der LH mit dem Antrag von ÖKOBÜRO gar nicht inhaltlich auseinandersetzen hätte müssen. Der LH hätte den Antrag als unzulässig zurückweisen müssen.16 Eine ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Über die ao Revision von ÖKOBÜRO v Mai 2015 entschied der VwGH erst im Februar 2018. Offensichtlich war die Entscheidung des EuGH zu den Vorabentscheidungsersuchen des VwGH in Zusammenhang mit der Parteistellung von Umweltorganisationen in Wasserrechtsverfahren abgewartet worden.17 VwGH 19.02.2018, Ra 2015/07/0074-6: Der ao Revision von ÖKOBÜRO wurde stattgegeben und das Erkenntnis des LVwG aufgehoben. Der VwGH zitiert zunächst die EuGH-Entscheidungen Janecek und Client Earth, um dann an seine Entscheidungen aus 2015 und 2017 zur Überprüfung des Luftreinhalteplans betreffend Graz zu erinnern. In Bezug auf die Rechte von Umweltorganisationen wird auf die EuGH-Entscheidungen „Slowakischer Braunbär“ und „Protect“ verwiesen. Die Luftqualitäts-RL 2008/50/EG diene dem „Schutz der öffentlichen Gesundheit“ und könne demnach auch von Umweltorganisationen geltend gemacht werden. ÖKOBÜRO sei eine nach § 19 Abs 7 UVP-G anerkannte Umweltorganisation und komme dieser Umweltorganisation daher Antragslegitimation im gegenständlichen Fall zu. Damit wird sich nun das LVwG Sbg mit den inhaltlichen Vorbringen von ÖKOBÜRO auseinanderzusetzen haben. Zwischenzeitig haben sich ja auch die vom LH ins Treffen geführten besseren Emissionsstandards der EURO 6-Fahrzeuge definitiv als Chimäre erwiesen. Der Jahresbericht der Luftgütemessungen 2016 des Umweltbundesamtes weist jedenfalls für die Messstelle Salzburg Rudolfsplatz eine Überschreitung des nach der Luftqualitäts-RL maßgeblichen Jahresmittelwerts von 40 µg/m3aus.18

16

17 18

Siehe schon Meyer in Schulev-Steindl/Schnedl/Meyer (Hg), Das Recht auf Saubere Luft 101 sowie Leitich, Saubere Luft in Salzburg: Programme, Anträge, Verfahren – Möglichkeiten und Grenzen, in Schulev-Steindl/Schnedl/Meyer (Hg), Das Recht auf Saubere Luft (2016) 121. Siehe dazu oben Kapitel 2.2.2. Umweltbundesamt, Jahresbericht der Luftgütemessungen in Österreich 2016 (2017) 11.

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2.4. Umweltverträglichkeit 2.4.1. UVP-Feststellungsverfahren Heizkraftwerk Klagenfurt 2.4.1.1. Initiative und Anliegen

In Klagenfurt sollte zunächst ein Biomassekraftwerk mit einer Kapazität von 70 Megawatt Brennstoffwärmeleistung gebaut werden. Das Projekt wurde jedoch in mehrere Anlagen gestückelt. Ua wurde ein Kraftwerksprojekt mit einer Kapazität von 49,796 MW bei der Gewerbebehörde eingereicht. Ab 50 MW Kapazität wäre jedenfalls eine Einzelfallprüfung durchzuführen gewesen (25 % des Schwellenwerts von 200 MW). Vor diesem Hintergrund stellte ÖKOBÜRO im April 2014 den Antrag auf Durchführung einer Einzelfallprüfung. Es sei die Kumulierung gleichartiger Projekte in der Nähe zu beachten. Da das UVP-G kein derartiges Antragsrecht vorsah (vorsieht), berief sich ÖKOBÜRO auf Art 6 und Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention. Die Krnt LReg blieb untätig, worauf sich ÖKOBÜRO mit einer Säumnisbeschwerde an das BVwG wandte. 2.4.1.2. Verfahrensstand

BVwG 11.02.2015, W 104 2016940-1/3E: Das BVwG gab ÖKOBÜRO Recht. Es trug der Krnt LReg auf, binnen sechs Wochen über die Frage der UVP-Pflicht zu entscheiden. Es liege eine Rechtsschutzlücke vor, die durch Analogie unionsrechtskonform zu schließen sei. Anderer Ansicht als der Senat W 104 war der Senat W 225, der acht Monate später ein Antragsrecht von Umweltorganisationen auf ein UVP-Feststellungsverfahren verneinte (BVwG 28.10.2015, W 225 2112512-1/3/E). Letztere Entscheidung des BVwG ging auf eine Beschwerde der anerkannten Umweltorganisation „Lebensraum Mattigtal“ zurück, die ein UVP-Feststellungsverfahren zur Ortsumfahrung Mattighofen-Munderfing in OÖ beantragt hatte. Betreffend Bioheizkraftwerk Klagenfurt erhoben die Krnt LReg, die Stadt Klagenfurt und der Betreiber Revision an den VwGH. Zu einer höchstgerichtlichen Klärung, ob Umweltorganisationen ein UVP-Feststellungsverfahren initiieren können müssen, kam es jedoch nicht, da der VwGH in seiner Entscheidung v 02.08.2016, Ro 2015/05/0008 und Ro 2015/05/0013 nur die Zuständigkeitsverteilung zwischen LVwG und dem BVwG aufgriff: Die ggst Beschwerde sei gemäß § 40 UVP-G nicht vom BVwG, sondern vom LVwG zu entscheiden. Die Entscheidung des BVwG wurde daher behoben. Sämtliche Argumente gegen und pro Antragsrecht von Umweltorganisationen, wie sie von den

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Revisionswerbern und dem ÖKOBÜRO im VwGH-Verfahren vorgebracht wurden, blieben unbeantwortet im Raum stehen. Gegen die Entscheidung des BVwG im oö Fall wurde keine Revision erhoben.19 2.4.2. UVP-Verfahren Stadttunnel Feldkirch 2.4.2.1. Initiativen und Anliegen

Das Land Vorarlberg, vertreten durch die Vlbg LReg (Straßenbau) beantragte bei der Vlbg LReg (UVP) im September 2013 die Errichtung und den Betrieb eines 3,69 km langen vierarmigen Stadttunnels in Feldkirch. Im vereinfachten UVP-Verfahren brachten sich zahlreiche Nachbarn und Nachbarinnen, die Naturschutzanwaltschaft, der Vlbg Naturschutzbund, zahlreiche Gemeinden und zwei Bürgerinitiativen ein. Der Stadttunnel wird ua wegen Gesundheitsgefährdung durch Luftschadstoffe, Lärmbelästigung, Beeinträchtigung des Naturschutzes und Unvereinbarkeit mit der Alpenkonvention abgelehnt.20 Die in Feldkirch ansässige Bürgerinitiative „statt Tunnel“ machte zudem verfahrensrechtlich geltend, dass die bloße Beteiligtenstellung der Bürgerinitiative im vereinfachten UVP-Verfahren europarechtswidrig sei und gegen die Aarhus-Konvention verstoße. Die in Liechtenstein ansässige Bürgerinitiative „mobil ohne Tunnel“ sah in der fehlenden Parteistellung eine europarechts- und konventionswidrige Diskriminierung. Die Vlbg LReg anerkannte mit Bescheid v September 2014 die Parteistellung beider Bürgerinitiativen mit Verweis auf die Aarhus-Konvention, die Öffentlichkeitsbeteiligungs-RL (UVP-Änderungs-RL), die EuGH-Judikatur sowie kritische Fachliteratur und ließ die entgegenstehenden Bestimmungen des UVP-G unangewendet.21 Das Land Vorarlberg, vertreten durch die LReg, Abteilung Straßenbau, die Stadt Feldkirch und die Vlbg Energienetze GmbH erhoben Beschwerde an das BVwG.

19

20

21

Die Entscheidung VwGH 29.11.2016, Ra 2016/06/0068, erging über die ao Revision im straßenrechtlichen Verfahren zur Ortsumfahrung Mattighofen/Munterfing. Das LVwG OÖ hatte mit Entscheidung v 29.05.2015 eine UVP-Pflicht verneint. Die ao Revision dagegen wurde vom VwGH zurückgewiesen. Siehe dazu näher im Genehmigungsbescheid v Juli 2015, abrufbar in der UVP-Dokumentation des UBA, http://www5.umweltbundesamt.at/uvpdb/docs/Bescheide/Stadttunnel_Feldkirch/Bescheid.pdf (27.02.2018). Amt der Vorarlberger Landesregierung, Bescheid über Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung, 9. bzw 12.09.2014, GZ Ib-314-2013/001.

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2.4.2.2. Verfahrensstand

BVwG 06.04.2017, W193 2114926-1/28E: Der Beschwerde wurde stattgegeben. Es sei klar zwischen Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen zu unterscheiden. Art 11 UVP-RL garantiere nur „Nichtregierungsorganisationen“ den Zugang zum UVP-Verfahren, nicht aber ad hoc-Initiativen von Betroffenen. Eine unmittelbare Anwendung von Art 11 UVP-RL scheide also im konkreten Fall aus. Über die Revision der Bürgerinitiativen v Juni 2015 hat der VwGH (bis Ende 2017) noch nicht entschieden. Die Beschwerde der Nachbarn/Nachbarinnen (ua) gegen die Genehmigung des Stadttunnels im Juli 2015 ist noch beim BVwG anhängig. Die Beschwerde der Bürgerinitiativen gegen den Genehmigungsbescheid wurde vom BVwG im April 2017 zurückgewiesen, worauf diese den VwGH anriefen22. Nicht nur der Tunnel ist vierarmig, auch das Verfahren ist mehrarmig, da über die Parteistellungsfrage ein abgesondertes Verfahren geführt wird. Hinzu kommt auch noch ein Umweltinformations-Verfahren, das zu den Verkehrsrohdaten angestrengt wurde.

3. Schlussfolgerungen und Beobachtungen 3.1. Bilanz zu den Aarhus-Fällen Ausgehend von den dargestellten Fällen hat es den Eindruck, als verschließe sich sowohl der VfGH als auch die LVwG völlig der Aarhus-Konvention sowie einschlägiger EuGH-Judikatur. Unterschiedlich ist die Haltung des BVwG und des VwGH, aber doch mit klaren positiven Akzenten. Die zwei VO-Anfechtungen der Umweltorganisationen „Protect“, ÖKOBÜRO und WWF betreffend Flächenwidmungsplan Forchtenstein und wasserwirtschaftlicher Rahmenplan Tiroler Oberland wurden vom VfGH zurückgewiesen. Das LVwG Stmk hat in den zwei in diesem Beitrag erwähnten Fällen drei abschlägige Entscheidungen getroffen: Im Feinstaubverfahren Graz wurde zunächst das Recht auf saubere Luft der Familie Hoffmann überhaupt negiert, dann im zweiten Durchgang die Antragslegitimation wegen fehlender Feinstaubbelastung verneint. Im Fall Grundwasserschutz Bad Blumau wurde eine Parteistellung des Naturschutzbundes Steiermark verneint. Das LVwG Salzburg hat das vom LH zuerkannte Recht auf saubere Luft wieder verworfen. Das LVwG Wien hat kein Mitspracherecht der 22

Siehe dazu zwischenzeitig VwGH 27.9.2018, Ro 2015/06/0008.

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Umweltorganisationen VIRUS und Umweltdachverband im Artenschutz gesehen. Gemäß dem BVwG ist eine Parteistellung von Bürgerinitiativen (auch im vereinfachten Verfahren) aus der UVP-RL nicht zwingend abzuleiten. Das Recht der Umweltorganisationen auf ein UVP-Feststellungsverfahren wurde von einem Senat bejaht, von einem anderen Senat verneint. Der VwGH hat immerhin die Fehlentscheidungen des LVwG Stmk betreffend Recht auf saubere Luft behoben und die Revisionen zum Wasserkraftwerk Tumpen-Habichen und zur Wasserentnahme für die Beschneiungsanlage Karlstift zum Anlass genommen, den EuGH zu fragen, ob Umweltorganisationen in wasserrechtlichen Verfahren Mitwirkungsrechte haben müssen. Diese Möglichkeit war – in Zusammenhang mit der älteren Revision von ÖKOBÜRO in der Sache Wasserkraftwerk Schwarze Sulm – noch nicht ergriffen worden.23 Im Feber 2018 entschied der VwGH, dass auch Umweltorganisationen das Recht auf saubere Luft geltend machen können. Trotz der unterschiedlichen Jud ist positiv festzuhalten: Es liegt nun aufgrund der Initiative des VwGH eine Klarstellung des EuGH vor, dass Umweltorganisationen nach Art 9 Abs 3 (und Art 6 Abs 2) Aarhus-Konvention in wasserrechtlichen Verfahren in Österreich einzubinden sind. Dies ist auch für andere Umwelt-Materienverfahren relevant, da ja der verfahrensrechtliche Hintergrund derselbe ist. Es bleibt nun wohl keine Ausrede für die Landesgesetzgeber und den Bundesgesetzgeber, von der bloßen Beobachtung von Gerichtsentscheidungen zur Tat zu schreiten und entsprechende Gesetzesbeschlüsse zu fassen, nicht zuletzt um die wünschenswerte Rechtssicherheit für alle Betroffenen sicherzustellen. Dabei bleibt zu betonen, dass der effektive Zugang zum Recht hinsichtlich der Verordnungen und verwaltungspolizeilicher Maßnahmen ebenfalls der Umsetzung harrt.24 Die Überprüfung und allfällige Ergänzung von Verordnungen (Luftqualitätsplänen) kann laut VwGH jedenfalls von betroffenen Einzelpersonen und auch von Umweltorganisationen, 23

24

Gemeint ist hier die Revision (zum Überprüfungsbescheid des LH) v 05.02.2014. Der Revision (gegen den Genehmigungsbescheid aus 2007) v 17.10.2012 wurde stattgegeben (allerdings erst am 29.07.2015, VwGH 2012/07/0234-8, 0235-10), und zwar wegen Unzuständigkeit des BMLFUW. Bisher (28.02.2018) hat lediglich Wien Entwürfe zur Novellierung der einschlägigen Gesetze ausgesandt, und zwar am 14.06.2016 Novellierungsentwürfe für das Wiener Naturschutzgesetz, das Wiener Nationalparkgesetz und das Wiener Jagdgesetz. Der Kärntner Begutachtungsentwurf für eine Novelle des Naturschutzgesetzes vom Juli 2016 stellte – trotz anderslautender Erläuterungen – keinerlei Umsetzung der Aarhus-Konvention dar, da lediglich der Kärntner Naturschutzanwalt besser ausgestattet wurde. Auf Bundesebene wurde (in der 25. Gesetzgebungsperiode) lediglich von einer Nichtregierungsfraktion ein Gesetzesentwurf eingebracht: Antrag der Abgeordneten Steinhauser, Brunner und Kolleg/inn/en betreffend ein Bundesgesetz über ergänzende Rechte der Umweltorganisationen und Einzelpersonen im Umweltrecht (Bundes-Umweltrechtschutzgesetz – BURG), 2223/A v 07.06.2017, XXV. GP.

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die nach UVP-G anerkannt sind und einen entsprechenden Schutzzweck in ihren Statuten verankert haben, geltend gemacht werden.

3.2. Zusammenspiel von Bürgerinitiativen, Einzelpersonen, Umweltorganisationen und Umweltanwaltschaften Es ist kein Wunder, dass die meisten Aarhus-Verfahren von Umweltorganisationen angestrengt wurden, werden doch in Art 9 Aarhus-Konvention „nichtstaatliche Organisationen“ mit Interesse an der Umwelt besonders hervorgehoben und sind somit für diese Organisationen erhöhte Erfolgsaussichten gegeben. In der Realität sind jedoch bei den meisten Projekten jedenfalls oder zunächst einmal Bürgerinitiativen involviert. Die Umweltorganisationen werden oft von Bürgern und Bürger­ innen vor Ort um Unterstützung und ihr Engagement gebeten. So hat in dem erwähnten Fall Grundwasserentnahme Bad Blumau der Naturschutzbund Steiermark das Recht auf Durchsetzung von Art 4 Wasserrahmen-RL auf Ersuchen der Bürger­ initiative „Schützt Bad Blumau“ geltend gemacht, nicht zuletzt, weil dieser auch gegenüber dem Projektbetreiber, einem Obst- und Gemüsehändler, unabhängiger agieren kann als die örtlichen Grundstückseigentümer/innen bzw Landwirt/inn/ en. Auch die IGL Marchfeldkanal ersuchte VIRUS und den Umweltdachverband, die FFH-RL im Wiener Naturschutzverfahren zum Schutz der Ziesel gerichtlich geltend zu machen. Insgesamt ist in den Verfahren ein Zusammenspiel von Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen sowie der Umweltanwaltschaften zu beobachten. Jede Ebene hat ihre Stärken. Wie sehr es darauf ankommt, die Verhältnisse vor Ort zu kennen, stellte zuletzt wieder einmal die „Bürgerinitiative für ein lebenswertes Aichfeld“ unter Beweis. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die beantragte Verhüttungsanlage der MINEX Mineral Explorations GmbH in Zeltweg zeigte zB ein Nachbar, ehemaliger ÖBB-Bediensteter, auf, welche (noch bestehende) Bahnanlage zum ehemaligen ÖDK-Werk führte und damit jetzt in das Projektsgebiet der Minex, und was dies für den möglichen An- und Abtransport per Bahn bedeuten sollte (eine für die CO2-, NOx- und Feinstaubemissionen des Projekts nicht unwesentliche Frage).25 Die Umweltorganisationen können durch die Teilnahme an mehreren Verfahren Vergleiche anstellen und Wissen akkumulieren. Die Verfahrensteilnahme ist aber nur ein Teil ihres Umweltengagements. Die Umweltanwaltschaften vereinen öffentlich bezahlten Naturschutzsachverstand und juristische Expertise und verfügen natürlich jetzt schon über jahrzehntelange Erfahrung mit Verfahren; sie wirken 25

Verhandlung zu BVwG 02.10.2017, W109 23189980-1/143Z.

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im Naturschutz flächendeckender als alle zuvor genannten Institutionen. Alle Ebenen eint – angesichts der hohen Voraussetzungen rechtswirksamer Mitsprache – die Ressourcenknappheit. Schon von daher ist oft ein gemeinsames und arbeitsteiliges Vorgehen notwendig. Die „Entweder-Oder-Haltung“ mancher politischen Akteure wird den Realitäten und Erfordernissen des Umweltschutzes nicht gerecht.

3.3. Ausstattung der Umweltorganisationen und Verfahrenskosten Um in den Umweltverfahren bestehen und etwas bewirken zu können, bedarf es sachverständiger und juristischer Expertise. Sowohl Bürgerinitiativen als auch Umweltorganisationen müssen diese zumeist zukaufen, nicht nur dort, wo Rechtsanwaltszwang herrscht. Den Umweltorganisationen ist zu empfehlen, vermehrt entsprechende Personalressourcen innerhalb der Organisation bzw der Dachverbände aufzubauen. Ein regelrechter Rechts- und Sachverständigendienst wäre jedenfalls vonnöten, um das Potential der Mitwirkungsrechte ausschöpfen zu können. Denn am freien Markt sind einerseits zu wenige Umweltsachverständige, Umweltrechtsanwälte und -anwältinnen verfügbar, andererseits ist das Niveau der Honorare für die Rechtsvertretung in Genehmigungsverfahren durch die wirtschaftliche Kapazität der Projektbetreiber/innen hochgeschraubt. Jedenfalls fällt dies im Vergleich zu Menschenrechtsfällen auf. Dieser Vorschlag ist zugegebenermaßen pragmatisch. Bemühungen für eine gesetzliche Anordnung, dass Projektwerber/innen einen bestimmten Prozentsatz der Planungskosten für die Unterstützung der Umweltverfahrensparteien zur Verfügung stellen müssen, wurden seit Jahrzehnten unternommen, aber auf regierungspolitischer Ebene nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Es bleibt freilich auch noch immer eine Bringschuld des Gesetzgebers und der öffentlichen Hand: Die Aarhus-Konvention ist nicht blind gegenüber den Kosten der Rechtsdurchsetzung. Gemäß Art 9 Aarhus-Konvention darf die Rechtsdurchsetzung „nicht übermäßig teuer“ sein, „angemessene Unterstützungsmechanismen“ sind zu prüfen. Auch Art 47 Abs 3 GRC garantiert eine „Prozesskostenhilfe“, „soweit diese erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten“.26 Was diese allgemeinen Garantien wie auch die unlängst in Österreich eingeführte Verfahrenshilfe in Verwaltungssachen27 hergeben, wird seitens der Betroffenen noch auszuloten sein. Je unausweichlicher eine vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention für den Gesetzgeber wird, desto mehr wird die Kostenfrage 26 27

Siehe auch Mitteilung der Kommission über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten v 28.04.2017, C(2017) 2016 final, Rz 174–195. BGBl I 2017/24.

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auf das Tapet kommen. Von Mitwirkungsrechten, die sich niemand (mehr) leisten kann, hat die Umwelt jedenfalls nichts.28

28

So ist schon jetzt die Umweltbeschwerde nach dem UmwelthaftungsG – nicht nur wegen des fleckerlteppichhaft geregelten Anwendungsbereichs – mehr oder weniger totes Recht, sondern auch wegen des hohen Kostenrisikos, das die antragstellende Umweltorganisation oder den Einzelnen trifft. Siehe dazu LVwG NÖ 12.05.2016, AV-31/006-2015 und schon bei Beschlussfassung des Gesetzes 1998 kritisch: Abweichende Stellungnahme der Abgeordneten Glawischnig, Brunner und Pirklhuber zu 96 BlgNR XXIV. GP.

III. Fallstudien

Environmental Law Clinic zur Aarhus-Konvention Eva Schulev-Steindl/Miriam Karl

„Welche Möglichkeit hat eine Umweltschutzorganisation, Zugang zum Recht zu erlangen?“ – mit dieser Frage beschäftigten sich drei Semester lang Studierende der Rechts- und der Umweltsystemwissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz. Im Rahmen des „Aarhus Convention Capacity Building“1 wurde an der rechtswissenschaftlichen Fakultät die „Environmental Law Clinic“ zur Aarhus-Konvention2 als Teil des LE-Projekts „KOMM-Recht“3 angeboten. Mittelpunkt dieser Lehrveranstaltung waren reale Vorhaben und Projekte, welche aus Sicht von Umweltschutzorganisationen bzw Bürgerinitiativen negative Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten. Auf welche Art und Weise sie sich am Verfahren beteiligen konnten, um ihre Einwände vorzubringen, sollte von den Studierenden im Lichte der Aarhus-Konvention und ihrer Umsetzung in Österreich erörtert werden.

1. Das Konzept „Law Clinic“ Mit dem Begriff „Law Clinic“ bzw „Legal Clinic“ bezeichnet man eine universitäre (Lehr-) veranstaltung, in welcher Studierende die Möglichkeit haben, an realen Fällen aus der Rechtsberatungspraxis unter direkter Mitbeteiligung dritter Personen, der Klienten, zu arbeiten.4 Zusammen mit sog „Moot Courts“ – das sind fiktive (Gerichts-)Verfahren zu Schulungszwecken5 – stellt dies eine Form der praxisnahen 1

Hierunter wird die Aus- und Weiterbildung der betroffenen Akteure im Hinblick auf Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen der Aarhus-Konvention verstanden, siehe dazu https://www.umweltdachverband.at/themen/umweltrecht/aarhus-konvention/ (26.03.2018). 2 Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informtionen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten samt Erklärung (Aarhus-Konvention), BGBl III 2005/88 idF BGBl III 2014/58. 3 Näher dazu vgl https://www.umweltdachverband.at/themen/umweltrecht/komm-recht/ (04.02.2019) bzw https://www.umweltdachverband.at/themen/umweltrecht/kommrecht-reloaded/ (04.02.2019). 4 Vgl Barnhizer, The Clinical Method of Legal Instruction: Its Theory and Implementation, Journal of Legal Education 1979, 67 (67 f ). 5 Siehe dazu etwa das umfangreiche Angebot an der Karl-Franzens-Universität Graz, https://rewi. uni-graz.at/de/praxis-alumni/praxis/moot-courts/ (26.03.2018).

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Ausbildung der Studierenden dar. Damit soll nicht nur der Erwerb von Theoriewissen im betreffenden Fachgebiet, sondern vor allem die Vermittlung von juristischen „soft skills“ und Praxiswissen im Rahmen des Studiums ermöglicht werden. Für viele Studierende stellt diese Art von Lehrveranstaltung einer der ersten Kontakte zur Praxis dar. Dadurch leisten Law Clinics und Moot Courts neben fachspezifischen Praktika einen wichtigen Beitrag zur Vorbereitung der Studierenden auf ihren späteren Berufsalltag. Das Konzept der „Clinical Legal Education“ stammt ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum, wo es sich nicht nur vor dem Hintergrund des didaktischen Werts der fallbezogenen Ausbildung, sondern in erster Linie als Form des ehrenamtlichen Engagements durch Studierende verbreitete.6 Mithilfe von Law Clinics kann beispielsweise einkommensschwachen und bedürftigen Personen kostenlose Rechtsberatung durch Studierende angeboten werden. Die Qualität der Rechtsauskünfte wird dabei durch die Betreuung durch Professoren und Praktiker sichergestellt. Damit dienen diese Einrichtungen nicht nur der praxisnahen universitären Ausbildung der Studierenden, sondern leisten etwa in den USA seit den 1960er Jahren einen wichtigen Beitrag zur flächendeckenden Bereitstellung kostenloser Pflichtverteidigung in strafrechtlichen Verfahren.7 Inzwischen haben sich Law Clinics weltweit als wichtiges Mittel zur Ermöglichung des Zugangs zu Gericht für sozial benachteiligte Personengruppen und so schlussendlich als Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit etabliert.8 Obwohl im deutschsprachigen Raum freilich kein unmittelbarer Bedarf an studentischer Rechtsberatung besteht, um kostenlose Verfahrenshilfe und Pflichtverteidigung zur Verfügung zu stellen, erfreuen sich die unterschiedlichsten Law Clinics doch auch hier zunehmender Beliebtheit.9 So entstanden zB in Deutschland in den

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Bloch/Noone, Legal aid origins of clinical legal education, in Bloch (Hg), The global clinical movement: Educating lawyers for social justice (2011) 153. Grossmann, Clinical Legal Education: History and Diagnosis, Journal of Legal Education (1974) 162 (173 ff). Vgl etwa Bloch/Madhava Menon, The Global Clinical Movement, in Bloch (Hg), The global clinical movement: Educating lawyers for social justice (2011) 267, sowie Wizner/Aiken, Teaching and Doing: The Role of Law School Clinics in Enhancing Access to Justice, Fordham L. Rev. 2004–2005, 997. Viele verschiedene Fallbeispiele finden sich etwa auch im „International Journal of Clinical Legal Education“ und in der „Clinical Law Review“. Zu der unterschiedlichen Ausrichtung europäischer und US-amerikanischer Law Clinics allgemein siehe Wilson, Legal Aid and Clinical Legal Education in Europe and the USA: Are They Compatible? in Rønning/Hammerslev (Hg), Outsourcing Legal Aid in the Nordic Welfare States (2018) 263. Siehe außerdem Trittmann, Rechtsberatung im Jurastudium – was soll das? KritV 2017, 141, welcher die verschiedenen Konzepte deutscher und europäischer Law Clinics vorstellt und die Vorteile dieser Lehrveranstaltungen für Studierende, Lehrende und Universitäten erläutert.

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letzten Jahren zahlreiche „Refugee Law Clinics“.10 Das Spektrum der Rechtsgebiete, in welchen Law Clinics als Form der universitären Lehre angeboten werden, reicht allerdings viel weiter: so existieren in Deutschland und Österreich Law Clinics etwa im Bereich Grund- und Menschenrechte11, Sozial- und Mietrecht12 sowie Verbraucherschutzrecht13; eine „Cyber Law Clinic“14 berät im Bereich des Internetrechts, und Existenzgründer und Start-Ups können sich ebenfalls im Rahmen universitärer Law Clinics15 kostenlose Rechtsauskünfte einholen. Auch an der Karl-Franzens-Universität Graz bereichern unterschiedliche Law bzw Legal Clinics bereits seit Längerem das universitäre Lehrveranstaltungsangebot.16 Wenngleich Law Clinics in Österreich insgesamt wohl immer noch eine eher untergeordnete Rolle in der universitären Lehre im Jusstudium einnehmen, kann durch diese Art von Lehrveranstaltung die Praxisnähe der universitären Ausbildung verstärkt und die Vorbereitung der Studierenden auf ihren späteren Berufsalltag verbessert werden. Nicht zuletzt wird damit ein wichtiges Ziel der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz unterstützt: durch einen stärkeren Praxisbezug des Studiums, insb durch die Stärkung der praxisrelevanten Fähigkeiten und sozialer sowie Beratungskompetenz der Studierenden soll die juristische Ausbildung

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Derzeit existieren in Deutschland ca 30 Refugee Law Clinics, siehe dazu https://rlc-deutschland. de/ (26.03.2018). Vgl außerdem Hilb/vom Felde, Refugee Law Clinics in Deutschland, KJ 2016, 220 (224 ff). Siehe etwa die Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte der Humboldt-Universität zu Berlin, http://hlcmr.de/ (26.03.2018). Dazu Markard, Grund- und Menschenrechte verteidigen – schon im Studium: Die Humboldt Law Clinic, in Barton et al (Hg), Praktische Jurisprudenz. Clinical Legal Education und Anwaltsorientierung im Studium (2011), 133. So zB in der CariLaw-Rechtsberatung, einer Kooperation der Universität Bielefeld und der Caritas Paderborn, siehe http://www.caritas-paderborn.de/beraten-helfen/rechtsberatung-carilaw/rechtsberatung-carilaw (26.03.2018). ZB Humboldt Consumer Law Clinic, Humboldt-Universität zu Berlin, https://www.rewi.hu-berlin.de/de/lf/oe/hclc/index.html (26.03.2018). Siehe dazu Fröhlich, Consumer Law Clinic an der HU Berlin: Anwälte (in spe) des kleinen Mannes, https://www.lto.de/recht/studium-referendariat/s/rechtsberatung-humboldt-law-clinic-uni-berlin/ (26.03.2018). Cyber Law Clinic an der Universität Hamburg, siehe https://www.jura.uni-hamburg.de/ueber-die-fakultaet/professuren/kommunikations-r/cyber-law-clinic.html (26.03.2018). Dazu Albers, Cyber Law Clinic Hamburg: Internet und Social Media als Schwerpunkt, Der Wirtschaftsführer 2017/2018, 20. ZB Startup Clinic an der Universität Wien, siehe https://vlc.univie.ac.at/clinics/startup-clinic/ (26.03.2018). Darunter etwa eine Refugee Law Clinic, siehe https://refugee-law-clinic.uni-graz.at/de/ (26.03.2018) und eine Legal Clinic in Kooperation mit der Volksanwaltschaft, siehe https://oeffentliches-recht.uni-graz.at/de/praxisprofessuren/eisenberger/legal-clinic/ (26.03.2018).

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besser an die Anforderungen am Arbeitsmarkt angepasst werden.17 Hierzu können Lehrveranstaltungsformate wie die „Environmental Law Clinic“ einen wichtigen Beitrag leisten.

2. Die „Environmental Law Clinic zur Aarhus-Konvention“ Gegenstand der Environmental Law Clinic bildete das Umweltrecht und insb die Aarhus-Konvention mitsamt deren Umsetzung(sdefiziten)18 in Österreich. Den Studierenden sollte dabei die juristische Tätigkeit von NGOs bzw Bürgerinitiativen im Bereich des Umweltrechts nähergebracht werden. Hierzu wurden aktuelle Fälle aus der Arbeit der Umwelt-NGOs bzw Bürgerinitiativen herangezogen, welche die Studierenden unter Anleitung und Betreuung der LV-Leiterin und der involvierten NGO bzw Bürgerinitiative anhand konkreter Forschungsfragen bearbeiten sollten. Ziel der Lehrveranstaltung war es, Studierende der Rechts- und Umweltsystemwissenschaften mit praktisch relevanten, aktuellen Problemen des Umweltrechts vertraut zu machen. Dabei sollten die Teilnehmer aber nicht nur ihre Kenntnisse im Fach Umweltrecht erweitern, sondern – und das meist zum ersten Mal in ihrem Studium – praktische Erfahrung bei der Behandlung von realen Fällen und der Ausarbeitung von Schriftsätzen sammeln können. Eine Besonderheit der Environmental Law Clinic war die interdisziplinäre Struktur der Lehrveranstaltung: so nahmen an der Lehrveranstaltung nicht nur Studierende der Rechtswissenschaften, sondern auch der Umweltsystemwissenschaften (USW) teil. Studierende beider Studienrichtungen bearbeiteten in interdisziplinären Teams zusammen jeweils einen Fall und konnten einander bei der Erarbeitung des Falles unterstützen: während den Jusstudierenden naturgemäß die Erörterung komplexer rechtlicher Fragestellungen leichter viel, konnten die USW-Studierenden ihr Fachwissen insbesondere bei der Aufarbeitung des Sachverhalts, etwa der Erfassung der verschiedenen Fachgutachten im Rahmen eines UVP-Verfahrens, in das Team einbringen. Auch diese fächerübergreifende Zusammenarbeit stellt einen wichtigen Aspekt der Vorbereitung auf den späteren Berufsalltag dar, ist doch gerade im Umweltrecht oft eine enge Kooperation zwischen JuristInnen und Sachver17

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Vgl insb die Ergebnisse der von der Fakultät in Auftrag gegebenen Arbeitsmarktbedarfserhebung „Herausforderungen des rechtswissenschaftlichen Studiums“, E.-M. Griesbacher/M. Griesbacher, Centrum für Sozialforschung Karl-Franzens-Universität Graz; Zusammenfassung abrufbar unter https://static.uni-graz.at/fileadmin/rewi/Schleifer/Arbeitsmarktstudie_Zsf.pdf (26.03.2018). Siehe dazu insb die Beiträge von Marlies Meyer, Barbara Weichsel-Goby/Paul Kuncio und Teresa Weber in diesem Band.

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ständigen aus verschiedenen naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen notwendig. Dabei eine „gemeinsame Sprache“ zu finden, stellt für manch einen eine Herausforderung dar – umso wertvoller ist es daher, wenn der interdisziplinäre Dialog schon im Studium geübt werden kann. Um eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen und alle Studierende auf denselben Kenntnisstand zu führen, war Inhalt der ersten Einheit eine allgemeine Einführung in das Umweltrecht und insbesondere die Aarhus-Konvention mit ihrer Umsetzung in Österreich. Ein Workshop zum Verfassen von umweltrechtlichen Schriftsätzen ergänzte dies. Nach einer Aufteilung der Fälle bzw Themen erfolgte dann die erste Bearbeitung der Fragestellungen selbstständig durch die Studierenden. In den nächsten Einheiten wurden anschließend die einzelnen Fälle näher besprochen. Dazu wurde für jeden Fall in den folgenden Einheiten ein/e Vertreter/in aus der Praxis eingeladen, um die jeweilige Thematik den Studierenden zu erläutern und gemeinsam mit dem Studierendenteam die Rechtsfragen zu diskutieren. In der letzten Einheit präsentierten schließlich alle Teams ihre vorläufigen Ergebnisse. So war es den Studierenden möglich, ihre Ergebnisse vor der endgültigen Fertigstellung der schriftlichen Arbeiten noch einmal miteinander zu diskutieren. Im Gegensatz zum Usus in regulären Lehrveranstaltungen während des Studiums sollten die Studierenden schließlich ihre Ergebnisse, wenn möglich, nicht in Form einer „klassischen“ Seminararbeit, sondern eines fiktiven Schriftsatzes, der dem aktuellen Stand des Verfahrens entsprach, niederschreiben. Hierbei waren ua Beschwerden an ein VwG und schriftliche Einwendungen im UVP-Verfahren zu verfassen. Zentraler Aspekt war inhaltlich neben der materiellrechtlichen Aufarbeitung des jeweiligen Falles immer der „Zugang zum Recht“ der betroffenen NGO bzw Bürgerinitiative nach der Aarhus-Konvention. So war es Aufgabe der Studierenden, sich damit auseinanderzusetzen, wie die jeweilige NGO, deren Rolle sie übernahmen, Parteistellung in einem Verfahren, die Möglichkeit zur Erhebung eines Rechtsmittels oder überhaupt erst einmal Zugang zu den ihren Fall betreffenden Information erlangen kann. Die Arbeit an den Fällen wurde zusätzlich durch weitere Einblicke in Wissenschaft und Praxis ergänzt: so konnten die Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltung zum einen am Umweltrechtsforum Graz 2016 bzw 2017 teilnehmen. Zum anderen wurde den Teilnehmern der Besuch einer mündlichen Verhandlung am BVwG in Wien im Rahmen eines UVP-Verfahrens, welches zwei Semester zuvor ebenfalls als Fall im Rahmen der Law Clinic von den Studierenden bearbeitet wurde, als Teil der Lehrveranstaltung ermöglicht. Nicht zuletzt konnten die Studierenden auch durch die Zusammenarbeit und die laufende Begleitung der Lehrveranstaltung durch die NGOs wertvolle Einblicke in die umweltrechtliche Praxis

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gewinnen. Die eingeladenen Praxisvertreter berichteten aus ihrem Berufsalltag und ihren Erfahrungen mit ähnlich gelagerten Fällen und beantworteten Fragen der Studierenden. So konnten die Studierenden einen praxisnahen Eindruck von den Herausforderungen bekommen, die die (juristische) Arbeit in einer NGO mit sich bringt.

3. Behandelte Fälle Insgesamt wurden von den Studierenden-Teams zehn unterschiedliche Fälle, die räumlich über ganz Österreich verteilt lagen, bearbeitet: dabei handelte es sich um fünf Wasserkraftwerke (ein Pumpspeicher- und vier Laufkraftwerke), zwei Skigebietserweiterungen sowie einen Fall von Heliskiing, ein Projekt zur Errichtung einer Fabrik zur Metallverarbeitung und schließlich um eine Rodungsbewilligung in einem NATURA-2000-Gebiet. Drei dieser Fälle werden in diesem Band noch näher vorgestellt, und zwar die Projekte „Ökostromkraftwerk Defereggental“19, „Speicherkraftwerk Kühtai“20 und „Schischaukel Warscheneck“21. Außerdem wurden von Studierenden die Themen „Präklusion in umweltrelevanten Verfahren“, „COP 21: Paris und die Folgen“, „Das europäische Emissionshandelssystem“, „Rechtliche Maßnahmen zur Emissionsreduktion im Verkehrssektor“ sowie „Europäische Energieeffizienzmaßnahmen und deren Umsetzung in Österreich“ in Form von Seminararbeiten bearbeitet. Im Rahmen der Fallbearbeitung mussten sich die Studierenden nicht nur damit auseinandersetzen, wie die jeweilige NGO bzw Bürgerinitiative „Zugang zum Recht“ iS der Aarhus-Konvention erlangen könne. Die zu behandelnden Forschungsfragen umfassten die unterschiedlichsten Facetten umweltrechtlicher Verfahren, darunter etwa die Auseinandersetzung mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot gem § 104a WRG22, die Auslegung eines Tatbestandes gem Anhang I UVP-G23 oder die Erörterung der Bedeutung eines laufenden NATURA-2000-Nachnominierungsverfahrens für das anhängige Genehmigungsverfahren. Zu prüfen war außerdem regelmäßig die Anwendbarkeit und das Zusammen-

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Siehe den Beitrag von Scarlett Löscher. Siehe den Beitrag von Christoph Romirer/Markus Scharler. Siehe den Beitrag von Dominik Geringer/Daniel Heitzmann/Sanela Smlatić. Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG) BGBl 1959/215 idF BGBl I 2017/58. Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000) BGBl 1993/697 idF BGBl I 2017/111.

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spiel unterschiedlicher Rechtsquellen, etwa von WRG und dem Stmk NSchG24, aber auch der Alpenkonvention25 oder der FFH-RL26. Nicht nur die meist unübersichtliche und uneindeutige Rechtslage, sondern schon die Erfassung des Sachverhalts stellte die Studierenden vor eine Herausforderung. Anders als oftmals in der regulären universitären Lehre stand den Studierenden dabei keine auf ein oder zwei kompakten Din A4-Seiten zusammengefasste Sachverhaltsangabe, in der alle wesentlichen Punkte angeführt waren, zur Verfügung. Sie mussten sich vielmehr zunächst in den Sachverhalt einarbeiten, im Internet und den entsprechenden Datenbanken recherchieren und mitunter mehrere Gigabyte Datenmaterial sichten, bevor sie sich anschließend mit den Rechtsfragen im Fall auseinandersetzen konnten. Bei diesem Arbeitsschritt konnten sich die USW-Studierenden im Team besonders einbringen: ihr im Studium erworbenes Fachwissen half beim Verständnis komplexer technischer und naturwissenschaftlicher Zusammenhänge und Fachbegriffe.

4. Evaluierungen und Resümee Durch die Environmental Law Clinic konnte nicht nur das Ausbildungsangebot im Bereich Umweltrecht an der Karl-Franzens-Universität Graz verstärkt werden, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Vorbereitung der Studierenden auf den späteren Berufsalltag geleistet und damit die Praxisnähe des universitären Studiums weiter gefördert werden. Die Rückmeldungen der Studierenden über alle drei Semester zeigten ein sehr erfreuliches Bild: so fielen die Evaluierungen in allen Aspekten sehr positiv aus. Insbesondere der Praxisbezug der Lehrveranstaltung durch die Bearbeitung realer Fälle, die Einbindung von Praxisvertretern und schließlich der Besuch einer mündlichen Verhandlung am BVwG wurden als besonders wertvoll von den Studierenden beurteilt. Auch die Zusammenarbeit von Studierenden der Rechtswissenschaften und der Umweltsystemwissenschaften wurde im Zuge der Teamarbeit als Bereicherung empfunden, entspricht dies doch auch dem späteren Berufsalltag. Schlussendlich ist sowohl das große Engagement der Studierenden bei der Bearbeitung der Fälle als auch die hohe Qualität der von ihnen verfassten Schriftsätze

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Steiermärkisches Naturschutzgesetz 2017 LGBl 2017/71. Übereinkommen zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) BGBl 1995/477 idF BGBl III 1999/18. RL 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl L 1992/206, 7.

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über alle drei Semester hervorzuheben. Gerade eine Law Clinic lebt vom Einsatz und Eifer der Studierenden, übersteigt doch die Arbeitsbelastung während des Semesters oft jene eines regulären Seminars. Die beteiligten Studierenden konnten von der Law Clinic erfreulicherweise nicht nur hinsichtlich ihrer universitären Ausbildung profitieren. Für so manchen Teilnehmer war die Law Clinic der erste Schritt in den Bereich der umweltrechtlichen Arbeitswelt, an welchen sich Praktika und sogar weiterführende berufliche Tätigkeiten anschlossen. Aber auch den involvierten NGOs und Bürgerinitiativen konnte die Law Clinic wertvolle Unterstützung bei ihrer Arbeit bieten, indem durch die Arbeit der Studierenden und im Dialog mit Vertretern aus der Praxis auch diesen neuen Anregungen und Impulse für deren Arbeit geliefert werden konnten. So war die Environmental Law Clinic für beide Seiten ein großer Gewinn.

Environmental Law Clinic Das Ökostromkraftwerk Defereggental Scarlett Löscher

1. Das Projekt Ökostromkraftwerk Defereggental Das Ökostrom-Kraftwerk Defereggental ist ein weiteres Projekt zum Bau eines Laufwasserkraftwerks an den Flüssen des Tiroler Berglandes. Wasserkraft stellt als erneuerbare Energiequelle eine umweltfreundliche und nachhaltige Ressource dar. Mit dem Bau eines Wasserkraftwerks ist allerdings immer auch ein nicht unerheblicher Eingriff in das bestehende Ökosystem verbunden. Die Schwarzach, an der das gegenständliche Projekt verwirklicht werden sollte, verläuft als Seitenzubringer der Isel ua durch das Defereggental. Am 12.08.2014 wurde durch die Gemeinden St Jakob in Defereggen, St Veit in Defereggen und Hopfgarten in Defereggen beim Amt der Tiroler Landesregierung für das Ökostromkraftwerk Defereggental ein Antrag auf eine wasser-, forst-, starkstromwege- und naturschutzrechtliche Bewilligung zum Bau eines Kleinwasser-Kraftwerks mit einer Engpassleistung von 5,8 MW eingereicht. An der Isel und ihren Zubringerflüssen Schwarzach, Tauernbach und Karwendel ist neben anderen Tier- und Pflanzenarten die lebensraumtypische Deutsche Tamariske (Myricaria germanica) angesiedelt. Die Tamariske zählt zu den Staudengewächsen und gilt als Pionierpflanze der betreffenden Lebensraumtypen.1 Bei den Tamariskenbeständen handelt es sich um sogenannte Metapopulationen, deren Subpopulationen longitudinal miteinander vernetzt sind. Kommt es zu Eingriffen in einzelne Subpopulationen, ist eine negative Beeinträchtigung der gesamten Metapopulation aufgrund einer Reduktion des Samentransports und -eintrags wahrscheinlich. Mittlerweile ist der Tamariskenbestand von seiner Ausrottung bedroht und aus diesem Grund gemäß Anhang I der FFH-RL2 und Anhang 2 der TNSchV3 naturschutzrechtlich geschützt.4 In Österreich liegen die rezenten Verbreitungs1 2 3 4

Amt der Tiroler Landesregierung, Natura 2000 Nachnominierung Tirol – Zusammenfassender Bericht mit fachlicher Beurteilung möglicher weiterer Gebietsmeldungen (2015) 20. RL 92/43/EWG des Rates v 21.03.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl L 1992/206, 7. Tiroler Naturschutzverordnung 2006, LGBl 2006/39. Bescheid der Tiroler Landesregierung v 30.11.2015, U-UVP-10/5/5-2015, 24.

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schwerpunkte vorwiegend in den Flussuferbereichen des Tiroler Berglandes. Vorkommen in anderen Bundesländern sind weitgehend erloschen.5 Auch Wiederansiedlungsversuche der Deutschen Tamariske sind bis auf wenige Ausnahmen durchwegs gescheitert.6 Aufgrund des starken Rückgangs sowie der longitudinalen Vernetzung ist die Deutsche Tamariske auf der Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen7 als „von vollständiger Vernichtung bedroht“ und auf der Roten Liste Österreichs8 als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft worden. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass Österreich eine hohe Verantwortung für diesen Lebensraumtyp zukommt, da der Erhaltungszustand der Ufertamariske europaweit in allen biogeographischen Regionen als „ungünstig-schlecht“ eingestuft wird.9 Aus umweltrechtlicher Sicht ergeben sich durch das Ökostromkraftwerk Defereggental unter Berücksichtigung der Entscheidung des VwGH vom 30.06.2016 zwei grundsätzliche Forschungsfragen: Vorerst sind mögliche Schutzwirkungen durch die FFH-RL zu prüfen, da der Lebensraumtyp der Deutschen Tamariske in Anhang I der Richtlinie gelistet ist. Gemäß Art 4 Abs 2 FFH-RL haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission jene Gebiete als sogenannte Natura 2000-Gebiete zu nominieren, die in Anhang I und II der FFH-RL genannt sind. Indem der Flussstreckenabschnitt der Schwarzach im Bereich des geplanten Ökostromkraftwerks Defereggental nicht als potenzielles Natura 2000-Gebiet nominiert wurde, gilt es zu klären, ob auch ein Schutz durch die FFH-RL für nicht nominierte aber in Anhang I oder II der RL genannte Gebiete besteht. Die zweite Forschungsfrage befasst sich mit der Überprüfung möglicher Umweltauswirkungen vor der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Die 5

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Stöhr, Natura 2000 Nachnominierung Tirol, 3230 Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Myricaria germanica, abrufbar unter https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/umwelt/naturschutz/ downloads/natura_2000/Einzelstudien_zu_Schutzguetern/20141218_3230_Alpine_Fluesse.pdf (27.02.2019). Stöhr, Natura 2000 Nachnominierung Tirol, 3230 Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Myricaria germanica, abrufbar unter https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/umwelt/naturschutz/ downloads/natura_2000/Einzelstudien_zu_Schutzguetern/20141218_3230_Alpine_Fluesse.pdf (27.02.2019). Rote Liste Biotoptypen Österreich, abrufbar unter http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/naturschutz/lr_schutz/rl_biotoptypen/ (27.02.2019). Österreichisches Artenschutz-Informationssystem, abrufbar unter http://www.umweltbundesamt. at/oasis (27.02.2019). Müller, Wasserkraftanlagen und FFH-Lebensräume „Alpine Flüsse“ unter besonderer Berücksichtigung der Deutschen Tamariske in Tirol 8 f, abrufbar unter https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/umwelt/naturschutz/downloads/Tamariske/Wasserkraft_und_Tamariske-Endbericht-Prof._ Dr._Norbert_Mueller_04.04.2014.pdf (27.02.2019).

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gegenständlich zu beurteilende Rechtsfrage bezieht sich demnach darauf, ob Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 2 UVP-G 2000 erheblichkeitsmindernd zu berücksichtigen sind.

2. Verfahrensverlauf Da sich das geplante Ökostromkraftwerk Defereggental in einem räumlichen Nahebereich mit dem bereits bestehenden Kraftwerk Schwarzach befindet, welches ebenfalls ausgebaut werden soll, hat die Abteilung Umweltschutz des Amtes der Tiroler Landesregierung eine Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs 1 und 7 UVP-G 200010 durchgeführt aus Gründen möglicher kumulativer Wirkungen auf die Umwelt zwischen dem Bau des Ökostrom-Kraftwerks Defereggental und dem Ausbau des Kraftwerks Schwarzach. Im Rahmen der Einzelfallprüfung durch die Behörde wurden gutachterliche Stellungnahmen von Sachverständigen der Fachbereiche Wasserbautechnik, Gewässerökologie und Naturkunde durch die Behörde eingeholt. Die Feststellungen aus wasserbautechnischer sowie gewässerökologischer Sicht ergaben, dass insgesamt keine kumulativen bzw additiven Effekte zwischen den beiden Kraftwerken zu erwarten sind. Die naturkundefachliche Stellungnahme ergab hingegen, dass das Ökostrom-Kraftwerk Defereggental in Zusammenschau mit dem Ausbauprojekt Schwarzach zu Überlagerungen der Wirkungsebenen führt, wodurch es zu kumulativen und additiven Effekten auf die Umwelt kommen kann.11 Derartige Überlagerungen würden sich am deutlichsten am Bestand/Wachstumsvehalten der Pflanzenart der Deutschen Tamariske und ihrer longitudinalen Vernetzung der Tamariskenpopulation entlang der Schwarzach und der Isel zeigen, wodurch es zu nachteiligen Auswirkungen auf die gesamte Metapopulation kommen könnte.12 In weiterer Folge wertete der naturkundefachliche Sachverständige in seinen Feststellungen die geplanten Ausgleichmaßnahmen „Schmittensteg“ und „Görtschach“ für das Ergebnis der Stellungnahme als erheblichkeitsmindernd. Die Ausgleichsmaßnahme „Schmittensteg“ stellt einen integralen Bestandteil des Ökostromkraftwerks Defereggental dar und wurde als Teil der Projektunterlagen eingereicht. Hierbei sollen 600 m im Projektabschnitt Mellitzwald, eine morpho-

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Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsgesetz 2000 – UVP-G 2000) BGBl 1993/697 idgF. Bescheid der Tiroler Landesregierung 30.11.2015, U-UVP-10/5/5-2015, 25. Bescheid der Tiroler Landesregierung 30.11.2015, U-UVP-10/5/5-2015, 26.

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logisch vorbelastete Gewässerstrecke, durch Aufweitung revitalisiert werden und so der Deutschen Tamariske als Lebensraum dienen. Bei fachgerechter Umsetzung der Ausgleichsmaßnahme „Schmittensteg“ soll diese die negativen Auswirkungen des Ökostrom-Kraftwerks Defereggental gegenüber den beeinträchtigten Fläche der Metapopulation kompensieren.13 Die Ausgleichsmaßnahme „Görtschach“ ist hingegen nicht Teil des Ökostromkraftwerks Defereggental, sondern des geplanten Ausbauprojekts des bestehenden Kraftwerks Schwarzach, im Rahmen dessen ein ca 500 m bachaufwärts des geplanten Fassungsstandortes des Ökostromkraftwerks Defereggental bestehender Grauerlenwald in Pionierstandorte und Auwald umgewandelt werden soll. Hiermit soll die Einschränkung der longitudinalen Vernetzung der Tamariske ausgeglichen und die vermeintliche Reduktion dieser durch das Kraftwerksprojekt gemindert werden. Unter Berücksichtigung der Ausgleichmaßnahmen „Schmittensteg“ und „Görtschach“ kam der naturkundefachliche Sachverständige zu dem Endergebnis, dass die zu erwartenden belastenden Umweltauswirkungen nicht erheblich sein werden. Angemerkt wurde allerdings, dass ein nicht auszuschließendes Restrisiko bestehen bleibt, sofern die Ausgleichsmaßnahmen ihre Funktionen nicht erwartungsgemäß entwickeln würden. Aufgrund der Ergebnisse der Amtssachverständigen stellte das Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid v 30.11.2015 fest, dass gemäß § 3 Abs 2 und 7 iVm Anhang 1 Z 30 UVP-G 2000 eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen ist, da nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Gegen diesen Bescheid erhob der Umweltdachverband gemäß Art 132 Abs 5 B-VG iVm § 19 Abs 7 UVP-G 2000 Bescheidbeschwerde beim BVwG, welches den Bescheid der Tiroler Landesregierung bestätigte und die Beschwerde mit Erkenntnis vom 23.02.2016 abwies sowie die ordentliche Revision als nicht zulässig erklärte.14 Dennoch hat der Umweltdachverband außerordentliche Revision nach Art 133 Abs 1 Z 1 B-VG an den VwGH erhoben, dessen zurückweisende Entscheidung darüber am 30.06.2016 ergangen ist.15

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Bescheid der Tiroler Landesregierung 30.11.2015, U-UVP-10/5/5-2015, 28 f. BVwG 23.02.2016, W113 2119249-1. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/07/0034.

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3. Die Forschungsfragen 3.1. Forschungsfrage I – Der (potenzielle) Schutz durch Natura 2000 Die FFH-RL dient der Erhaltung der biologischen Vielfalt der Union. Im Rahmen dieser Richtlinie werden Lebensräume als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen und unterliegen einem speziellen Umweltschutz, wonach gemäß Art 6 FFH-RL ein grundlegendes Verbot der Verschlechterung von Natura 2000-Gebieten vorgesehen ist. Durch das Verschlechterungsverbot werden einerseits Eingriffe in das Ökosystem verhindert und andererseits die Mitgliedstaaten verpflichtet, sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Erhaltung (sowie auch die Verbesserung) dieser Gebiete zu garantieren. In den Anhängen I und II der Richtlinie sind sämtliche schützenswerte Tierund Pflanzenarten sowie speziell zu schützende Lebensraumtypen genannt.16 Ziel ist die Erschaffung eines Netzes von Natura 2000-Gebieten, das flächendeckend über Europa verläuft.17 Aktuell sind etwa 18 % des Unionsgebiets als Natura 2000 ausgewiesen.18 Damit ein Gebiet allerdings als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen werden kann, muss vorerst ein dreistufiges Auswahlverfahren gemäß Art 4 der Richtlinie durchlaufen werden. Gemäß Art 4 Abs 1 FFH-RL haben die Mitgliedstaaten in der ersten Stufe des Verfahrens sämtliche Gebiete, die Tiere oder Pflanzen beheimaten oder in denen Lebensraumtypen vorhanden sind, welche unter den Anhängen I und II der Richtlinie aufgezählt sind, als potenzielles Natura 2000-Gebiet zu nominieren. Die Nominierung als potenzielles Natura 2000-Gebiet dient der Bekanntmachung der Europäischen Kommission.19 Die Europäische Kommission wählt sodann in der zweiten Stufe des Auswahlverfahrens aus den nationalen Listen der Mitgliedstaaten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aus und fasst sie in einem Entwurf zusammen. Als dritte Stufe wird binnen den darauffolgenden sechs Jahren die end-

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Ebenso als Natura 2000-Gebiet auszuweisen sind jene Gebiete, in denen schützenswerte Arten gemäß der Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG beheimatet sind, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=URISERV:l28076 (27.02.2019). Vgl EuGH 07.11.2000, C-371/98, First cooperate shipping, Rz 22; EuGH 11.09.2001, C-67/99, Kommission/Irland, Rz 34; EuGH 11.09.2001, C-71/99, Kommission/Deutschland, Rz 27; EuGH 11.09.2001, C-220/99, Kommission/Frankreich, Rz 31; Schlussanträge des Generalanwalts 07.03.2000, C-371/98, Rz 41. Schutz der biologischen Vielfalt in Europa (Natura 2000), abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/ legal-content/DE/TXT/?uri=URISERV:l28076 (27.02.2019). Phase 1 des Verfahrens nach Art 4 Abs 1 FFH-RL.

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gültige Liste erstellt.20 Erst wenn ein Gebiet in die endgütige Natura 2000-Liste der Europäischen Kommission aufgenommen wurde, genießt es den vollen Schutz nach Art 6 FFH-RL.21 Der EuGH hat diesbezüglich festgestellt, dass die Nominierungspflicht der Mitgliedstaaten nach Art 4 Abs 1 FFH-RL vollumfassend zu erfolgen hat, da nur auf diese Weise die Kommission ausreichend Kenntnis über potentielle Natura 2000-Gebiete erlangen kann, um abschließend daraus jene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung auswählen zu können. Eine Nominierung kann dementsprechend lediglich bei jenen Gebieten entfallen, in denen keine der in Anhang I oder Anhang II der FFH-RL genannten Tier- oder Pflanzenarten und Lebensraumtypen vorkommen.22 Nur so kann die Kommission ein kohärentes, europäisches und ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete erstellen. Den Mitgliedstaaten kommt hierbei kein Bewertungsspielraum in der Nominierung potenzieller Natura 2000-Gebiete zu.23 In Österreich erfolgte die erste Nominierung von Natura 2000-Gebieten nach Art 4 Abs 1 FFH-RL im Jahr 2015 über insgesamt 219 Gebiete.24 Die Europäische Kommission stellte jedoch fest, dass die Nominierung Österreichs unvollständig war und mahnte zur Nachnominierung. Hierbei verlangte die Kommission ua explizit die notwendige Nachnominierung des Lebensraumtyps 3230 Alpine Flüsse und Ufergehölze von Myricaria germanica an der Isel und ihrer Zubringerflüsse Schwarzach, Tauernbach und Kalserbach. Mit der Nominierung eines Gebietes zur Natura 2000 entfalten sich noch nicht die gemäß Art 6 FFH-RL enthaltenen Schutzwirkungen, dennoch geht hiermit bereits eine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Wahrung der erheblichen ökologischen Bedeutung dieser national schützenswerten Gebiete einher.25 Dies bedeutet, dass mit der Nominierung zwar keine Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensräume potenzieller Natura 2000-Gebiete gesetzt werden müssen, wohl aber das Verbot von Eingriffen besteht, die zu einer 20 21 22

Phase 2 des Verfahrens nach Art 4 Abs 2 und 3 FFH-RL. Art 5 FFH-RL. EuGH 07.11.2000, C-371/98, First cooperate shipping, Rz 22; EuGH 11.09.2001, C-67/99, Kommission/Irland, Rz 34; EuGH 11.09.2001, C-71/99, Kommission/Deutschland, Rz 27; EuGH 11.09.2001, C-220/99, Kommission/Frankreich, Rz 31; Schlussanträge des Generalanwalts 07.03.2000, C-371/98, Rz 41. 23 Vgl Epiney, Die Habitatrichtlinie (RL 92/43), in Epiney/Gammenthaler (Hg), Das Rechtsregime der Natura 2000-Schutzgebiete (2009) 39 (41). 24 Natura 2000, abrufbar unter http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/naturschutz/natura_2000/ (27.02.2019). 25 EuGH 13.01.2005, C-117/03, Societa Italiana Dragaggi SpA ua.

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Verschlechterung und in weiterer Folge zu einer Gefährdung der Ziele nach Art 3 Abs 1 FFH-RL führen können.26 Eine Gefährdung des Natura 2000-Netzes ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine Maßnahme eine erhebliche Verringerung oder das Schwinden einer prioritären Art verursachen würde. Der potenzielle Schaden muss entweder quantitative oder qualitative Merkmale vorweisen.27 Liegen für ein Gebiet die Kriterien zur Nominierung nach der FFH-RL vor, wurde aber eine entsprechende Nominierung durch die Mitgliedstaaten unterlassen, besteht für ein solches Gebiet grundsätzlich kein Schutz durch die FFH-RL. Unter Umständen kann allerdings ein ähnlicher Schutz wie für potenzielle, dh bereits nominierte, Natura 2000-Gebiete entstehen: Nämlich dann, wenn eine mangelhaft durchgeführte Nominierung eines Mitgliedstaates bereits durch die Europäische Kommission erkannt bzw eingemahnt wurde. Dies hat der EuGH in der Rechtssache C-340/10, Kommission gegen Zypern, vom 15.03.2012 entschieden, wonach Zypern wegen der Nichtnominierung von potenziellen Natura 2000-Gebieten eingemahnt wurde.28 Demnach erstreckt sich die (eingeschränkte) Schutzwirkung der FFH-RL von nominierten Gebieten nach Art 4 Abs 1 FFH-RL in gleicher Weise auf richtlinienwidrig nicht nominierte Gebiete, sofern diese durch die Kommission bereits eingemahnt wurden.29 In der gegenständlichen Entscheidung folgte der VwGH allerdings nicht der europäischen Rechtsprechung. In dem Erk v 30.06.201630 vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass die Schutzwirkung der Richtlinie zwar erweitert wirken kann, dies aber nur in zwei Fällen: Erstens, wenn ein Gebiet entweder bereits als Natura 2000-Gebiet nominiert wurde, oder zweitens, wenn eine Nominierung fälschlicherweise nicht vorgenommen und durch die Europäische Kommission eingemahnt wurde und der betroffene Mietgliedstaat die Mangelhaftigkeit der Nominierung eingestanden hat. Letzteres wurde durch den VwGH damit begründet, dass in der obgenannten Entscheidung des EuGH der Sachverhalt sich darin unterschieden hat, dass Zypern seine mangelhafte Nominierung nicht bestritten hatte, weshalb der VwGH diesen Umstand ebenfalls als Voraussetzung für eine Schutzwirkung annahm. Daraus zog der VwGH den Schluss, dass für das gegenständliche Projekt Ökostromkraftwerk Defereggental kein zusätzlicher Schutz durch die FFH-RL 26 Vgl Füßer, Die Errichtung des Netzes NATURA 2000 und die FFH-Verträglichkeitsprüfung: Interpretationsspielräume, -probleme und Entwicklungstendenzen, ZUR 2005, 464. 27 Vgl Epiney in Epiney/Gammenthaler (Hg), Das Rechtsregime der Natura 2000-Schutzgebiete 56 ff. 28 EuGH 15.03.2012, C-340/10, Zypern. 29 Vgl Donat/Schaufler, Schutz potentieller FFH-Gebiete – im Spannungsfeld zwischen Ausweisung und Projektvorhaben, RdU 2014, 245; Epiney in Epiney/Gammenthaler (Hg), Das Rechtsregime der Natura 2000-Schutzgebiete 58. 30 VwGH 30.06.2016, Ra 2016/07/0034-7.

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abzuleiten, da der Flussstreckenabschnitt für das geplante Kraftwerk nicht für die Aufnahme in die nationale Liste für Natura 2000-Gebiete nominiert und eine Mangelhaftigkeit hierzu nicht eingestanden wurde, weshalb ausschließlich Umweltschutzvorschriften nach nationalen Recht anzuwenden sind. Der VwGH führte in seinem Erk zudem aus, dass die Revisionswerber es versäumt hatten einzuwenden, dass die Bestimmung des § 3 Abs 4 UVP-G 2000 für das geplante Verfahren eventuell anzuwenden gewesen wäre, welche einen strengeren Überprüfungsmaßstab bei möglichen schützenswerten Gebieten oder eine damit einhergehende Beeinflussung anderer schützenswerter Gebiete vorsieht. Da die Europäische Kommission in ihrer Aufforderung zur Nachnominierung durch Österreich das gegenständliche Gebiet explizit genannt habe, hätten die Voraussetzungen hierfür möglicherweise vorliegen und daraufhin eine UVP-Pflicht bestehen hätte können. Unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung, wonach der VwGH nicht berechtigt ist von Amts wegen erkannte Gründe aufzugreifen, die zur Zulässigkeit der Revision führen könnten,31 war es dem VwGH allerdings vorliegend nicht möglich, eine durch die Behörde bzw das BVwG uU fehlerhaft nicht vorgenommene Anwendung des § 3 Abs 4 UVP-G 2000 zu prüfen.

3.2 Forschungsfrage II – Die Mitberücksichtigung von Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 2 UVP-G Da der umfassende Schutz der FFH-RL für den gegenständlichen Flussstreckenabschnitt der Schwarzach nicht gegeben ist, besteht für die Mitgliedstaaten das Verschlechterungsverbot nach Art 6 Abs 2 FFH-RL und § 14 Abs 9 TNSchG nicht. Demnach war es prüfungsrelevant, ob das gegenständliche Projekt möglicherweise einer UVP-Pflicht unterlag, um die Umweltverträglichkeit des gegenständlichen Projekts mit der Vegetation und der Tierwelt an der Schwarzach bestimmen zu können. Ziel der UVP-RL ist die europaweite Harmonisierung der Grundsätze des Vorsorge-, Vorbeuge- und des Verursacherprinzips für Umweltverträglichkeitsprüfungen,32 damit mögliche Umweltbeeinträchtigungen frühestmöglich erkannt und relativiert werden können.33 Diesbezüglich gibt die UVP-RL einen groben Rahmen für deren nationale Ausgestaltung ohne konkret abzuleitende Rechte und Pflichten vor. Ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist demnach ausschließlich nach nationalem Recht zu beurteilen. 31 32 33

VwGH 24.09.2014, Ra 2014/09/0025, 0026. ErwGr (1 und 3) der RL 2011/92/EU. ErwGr (2) der RL 2011/92/EU.

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Gemäß § 3 Abs 1 UVP-G 2000 ist ein Projekt grundsätzlich dann UVP-pflichtig, wenn es eines der Kriterien oder einen Schwellenwert des Anhangs 1 des UVP-G 2000 erfüllt bzw erreicht. Darüber hinaus ist gemäß § 3 Abs 2 UVP-G 2000 (Kumulationsbestimmung) vor der Umsetzung eines Projekts ein UVP-Verfahren durchzuführen, wenn im Rahmen einer Einzelfallprüfung festgestellt wird, dass das beantragte Projekt gemeinsam mit weiteren Projekten aufgrund additiver Effekte zu erheblich schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt führen kann. Eine Einzelfallprüfung nach § 3 Abs 2 UVP-G 2000 ist immer dann durchzuführen, wenn mehrere Projekte in einem räumlichen Zusammenhang stehen und aufgrund additiver Effekte mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist,34 diese gemeinsam einen Schwellenwert nach Anhang 1 des UVP-G 2000 überschreiten und das verfahrensgegenständliche Projekt für sich allein bereits 25 % des Schwellenwertes erreicht. Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung hat sich die zuständige Behörde hinsichtlich Prüfungsumfang und Prüfungstiefe auf eine Grobprüfung zu beschränken.35 Wie einleitend beschrieben hat der naturkundefachliche Sachverständige im Rahmen der Einzelfallprüfung festgestellt, dass die Vorhaben, der Bau des Ökostrom-Kraftwerks Defereggental und der Ausbau des Kraftwerks Schwarzach, zwar in einem räumlichen Zusammenhang stehen, allerdings aufgrund der Ausgleichsmaßnahmen Schmittensteg und Görtschach mit keinen erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Aus diesem Grund entschied das Amt der Tiroler Landesregierung, dass gemäß § 3 Abs 1 und 7 iVm Anhang 1 Z 30 UVP-G 2000 eine UVP für das Projekt Ökostromkraftwerk Defereggental nicht durchzuführen ist. Diese Entscheidung wurde sowohl durch das BVwG als auch durch den VwGH bestätigt.36 Fraglich ist somit, ob Ausgleichsmaßnahmen bereits im Rahmen einer Einzelfallprüfung und demnach im Feststellungsverfahren zu berücksichtigen sind. Die UVP-RL sieht lediglich vor, dass Ausgleichsmaßnahmen (wörtlich: „Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, verringert und soweit möglich ausgeglichen werden sollen“)37 als Mindestvoraussetzungen Teil der Projektunterlagen sein müssen und somit erst relevant werden, wenn ein UVP-Verfahren bereits eingeleitet worden ist. Nähere Ausführungen zur Einzelfalluntersuchung sind in der UVP-RL nicht enthalten.

34 35 36 37

Ennöckl in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, Kommentar zum UVP-G3 (2013) § 3 Rz 9. Ennöckl in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, UVP-G3 § 3 Rz 54. BVwG 23.02.2016, W113 2119249-1; VwGH 30.06.2016, Ra 2016/07/0034. Art 5 Abs 3 lit b UVP-RL.

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Ähnlich ist dies im UVP-G 2000 geregelt: Sofern die Pflicht zur Durchführung einer UVP besteht, ist gemäß § 5 Abs 1 UVP-G 2000 ein Genehmigungsantrag bei der Behörde zu stellen. Der Genehmigungsantrag hat die erforderlichen Unterlagen und eine Umweltverträglichkeitserklärung zu enthalten. In der Umweltverträglichkeitserklärung sind ua Maßnahmen anzugeben, mit denen wesentliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt vermieden, eingeschränkt oder, soweit möglich, ausgeglichen werden können. § 6 Abs 1 Z 5 UVP-G 2000 setzt demnach die Bestimmung des Art 5 Abs 3 lit b UVP-RL in der österreichischen Rechtsordnung um. Ausgleichsmaßnahmen sind somit Teil des UVP-Verfahrens. Sie sind zu Projektbeginn einzubringen und als Teil der behördlichen Entscheidung zu berücksichtigen.38 Auch können notwendige Ausgleichsmaßnahmen zusätzlich durch die entscheidende Behörde vorgeschrieben werden, sofern ein Bedarf zur Genehmigung eines Projekts besteht.39 Grundsätzlich vertrat der VwGH in seiner früheren Jud die Meinung, dass die Behörde im Fall einer Einzelfallprüfung nur zu klären hat, ob mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen ist und nicht inwieweit Umweltauswirkungen bestehen oder diese in weiterer Folge auszugleichen sind. Dies ist ausschließlich Aufgabe des späteren Bewilligungsverfahrens.40 Mit dem gegenständlichen Erk v 30.6.2016 ging der VwGH allerdings von seiner bisherigen Rechtsprechung ab, indem er Ausgleichsmaßnahmen auch in der Einzelfallprüfung berücksichtigte, sofern diese Teil des zur Bewilligung eingereichten Projekts sind. Diesbezüglich verwies der Gerichtshof auf den weiten Vorhabensbegriff des § 2 Abs 2 UVP-G 2000 und führt aus, dass berücksichtigungswürdige Ausgleichsmaßnahmen entweder bereits Teil des Bewilligungsantrags des Projekts sein oder im Zuge eines Abänderungsantrags zu einem solchen werden müssen. Hierbei verwies der VwGH auch auf die Entscheidungen des EuGH v 15.05.2014, Rs C-521/12, Briels und des VwGH v 21.05.2013, 2012/10/0076.41 Somit waren nach Meinung des VwGH sowohl die Ausgleichsmaßnahme Görtschach als auch Schmittensteg bei der Beurteilung der UVP-Pflicht mit zu berücksichtigen. Dass es sich bei der Ausgleichsmaßnahme Görtschach um keine Maßnahme des Projekts Ökostromkraftwerk Defereggental handelte, schadete nach Meinung des VwGH nicht, da die Ausgleichsmaßnahme zumindest Teil des in Pla38 39 40 41

VwGH 26.04.2011, 2008/03/0089. Vgl die §§ 5 Abs 6 und 17 Abs 4 leg cit. VwGH 23.09.2009, 2007/03/0170; 26.04.2011, 2008/03/0089; 30.06.2006, 2005/04/0195; 30.06.2016, Ra 2016/07/0034. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/07/0034, Rz 23 f.

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nung befindlichen Ausbauprojekts Schwarzach war, welches im Sinne des § 3 Abs 2 UVP-G 2000 bei Einzelfallprüfungen umfassend zu berücksichtigen war. Die Argumentation des VwGH überzeugt allerdings nicht. Wie oben beschrieben ist weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik der UVP-RL bzw des UVP-G 2000 der Schluss zu ziehen, dass Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen des Feststellungsverfahrens bzw im Rahmen einer Einzelfallprüfung mit einzubeziehen sind. Sowohl die UVP-RL als auch das UVP-G 2000 sehen Ausgleichsmaßnahmen ausschließlich als Bestandteil eines bereits eingeleiteten UVP-Verfahrens vor.42 Die Einzelfallprüfung wird zudem verfahrensrechtlich in einem eigenen in sich abgeschlossenen Verfahren, dem Feststellungsverfahren, durchgeführt, das mit einem Bescheid endet. Gegenstand des Feststellungsverfahrens ist die Bestimmung einer UVP-Pflicht für ein konkretes Projekt nach den Schwellenwerten und Kriterien des Anhangs 1 bzw des § 3 Abs 2 UVP-G 2000. Aus diesen Gründen kann sich die Einzelfallprüfung nicht mit der Abschätzung der Vereinbarkeit des Projekts mit der Umwelt befassen, sondern ausschließlich mit dem Vorliegen einer UVP-Pflicht, da die Umweltverträglichkeit sinngemäß Prüfungsgegenstand des darauffolgenden Beweisverfahrens ist.43 Darüber hinaus dient § 3 Abs 2 UVP-G 2000 nicht ausschließlich der Verhinderung der Umgehung der UVP-Pflicht durch die Splittung eines Projekts. Wie der EuGH in seiner Entscheidung vom 21.09.1999 ausführt, sollte damit zusätzlich eine Lücke geschlossen werden. Hierbei kritisierte der EuGH,44 dass die Mitgliedstaaten die Verpflichtungen der UVP-RL verletzen würden, wenn sie in ihren Bestimmungen über das Bestehen einer UVP-Pflicht kumulierende Wirkungen mehrerer Projekte außer Acht ließen.45 Daraus ist zu schließen, dass die Prüfung über das Vorliegen der Tatbestandselemente nach § 3 Abs 2 UVP-G 2000 sich nicht auf den Betreiber oder das Einreichen des Projekts bezieht.46 Vielmehr sollen alle Projekte, die sich im gleichen geographischen Gebiet befinden, einer UVP unterzogen werden, sobald aufgrund additiver Effekte mit erheblichen umweltbelastenden Auswirkungen zu rechnen ist.47 Eine Berücksichtigung von Ausgleichsmaßnahmen bei der Entscheidung der Einzelfallprüfung würde somit das Ziel und den Zweck der Kumulationsbestim42 43 44 45 46 47

VwGH 26.04.2011, 2008/03/0089. VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, RS 6. EuGH 21.09.1999, C-392/96, Kommission/Irland; EuGH 25.07.2008, C-142/07, Ecologistas en Acción-CODA; EuGH 28.02.2008, C-2/07, Abraham and others. Ennöckl in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, UVP-G33 § 3 Rz 8. Vgl § 1 UVP-G 2000; VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, RS 10. VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, RS 1, 2.

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mung – die Berücksichtigung additiver Effekte – und des UVP-Verfahrens selbst konterkarieren. Die Vereinbarkeit des einzelnen Vorhabens mit der Umwelt ist erst durch ein UVP-Verfahren zu prüfen.48 Im Hinblick auf die Ausgleichsmaßnahme Görtschach ist zudem anzuführen, dass Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil eines anderen Projekts nur dann berücksichtigungswürdig sind, wenn das andere Projekt bereits genehmigt wurde. In diesem Fall ist der Projektwerber verpflichtet, dieses im Sinne der Genehmigung umzusetzen, mitsamt den Ausgleichsmaßnahmen als Nebenbestimmungen. § 45 Z 2 lit b UVP-G 2000 sieht vor, dass eine Geldstrafe idH von EUR 17.500.- zu bezahlen ist, wenn bei der Verwirklichung eines genehmigten Verfahrens Nebenbestimmungen (Auflagen und sonstige Pflichten) nach § 17 Abs 2–4 und 6 UVP-G 200049 – worunter auch Ausgleichsmaßnahmen fallen – nicht eingehalten werden. Dies hat für eine Einzelfallprüfung insofern Bedeutung, da bereits genehmigte Projekte, die aufgrund eines räumlichen Naheverhältnisses im Rahmen der Einzelfallprüfung zu berücksichtigen sind, mitsamt der Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden. Mit der behördlichen Bewilligung des Ausbauprojekts Schwarzach war demnach die Ausgleichsmaßnahme Görtschach im Rahmen der Einzelfallprüfung richtigerweise zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich, dass Ausgleichsmaßnahmen grundsätzlich nicht im Rahmen der Einzelfallprüfung zu beachten sind, es sei denn, sie sind Teil eines anderen, bereits genehmigten Projekts, das in einem räumlichen Naheverhältnis liegt.

48 49

VwGH 26.04.2011, 2008/03/0089, 3.3.5. letzter Absatz. Oder gem § 20 Abs 4, § 24f Abs 1, 2, 3, 5 und 6 sowie § 24h Abs 1 UVP-G 2000.

Environmental Law Clinic Das Speicherkraftwerk Kühtai1 Christoph Romirer/Markus Scharler

1. Sachverhalt und Stand des Verfahrens Am 23.12.2009 beantragte die Tiroler Wasserkraft AG die Erteilung der Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens „Speicherkraftwerk Kühtai“ (in der Folge als SKW Kühtai bezeichnet). Beim Vorhaben handelt es sich um ein UVP-pflichtiges Änderungsvorhaben, mit welchem der Ausbau der seit 1981 in Betrieb befindlichen Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz beabsichtigt ist. Territorial betroffen vom Vorhaben ist das Gebiet südlich des Inntals zwischen Ötztal und Stubaital. Zudem befinden sich Teile der sechs Wasserfassungen, welche die gemeinsame Beileitung für den Speicher darstellen, im Ruhegebiet „Stubaier Alpen“. Das SKW Kühtai soll in Form eines weiteren Jahresspeichers „Kühtai“ mit einer Beileitung aus dem Ötz- und Stubaital und dem Pumpspeicherwerk Kühtai 2 errichtet werden. Die Verbindung zwischen der bestehenden und der neuen Anlage soll einerseits über eine erdverlegte Kabelverbindung zum bestehenden Kraftwerk Kühtai und andererseits über einen unterirdischen Triebwasserweg zwischen dem Speicher Kühtai und dem bestehenden Speicher Finstertal erfolgen. Als Wasserfassungen für die Beileitung sind der Fernaubach, der Daunkogelfernerbach, der Unterbergbach (alle drei im hinteren Stubaital) sowie der Fischbach, der Schranbach und der Winnebach (alle drei aus dem Ötztal) vorgesehen. Durch den geplanten Ausbau soll die Leistung der bestehenden Anlage um 140 MW erhöht und eine zusätzliche Energieerzeugung von ca 216 GWh pro Regeljahr erreicht werden. Die mündliche Verhandlung zum Vorhaben fand vom 27.10.2014 bis 31.10.2014 und am 03.11.2014 statt. Schließlich erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 24.06.2016, GZ: U-UVP-6/7-32-2016, mit welchem der Konsenswerberin die Errichtung und der Betrieb des Vorhabens „SKW Kühtai“ genehmigt wurde. Nach dem stattgebenden Erkenntnis des BVwG vom 03.08.2017, W104 2134902-1/101E ist die Rechtssache nunmehr beim VwGH anhängig.

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Das Manuskript wurde am 31.03.2018 abgeschlossen.

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2. Forschungsfragen Nach der Darstellung des Sachverhaltes soll gutachterlich auf die nachfolgenden Fragestellungen der Fallbetreuerin eingegangen werden. Forschungsfrage A: Ist im Zuge des Verfahrens die bestehende Anlage im Hinblick auf allfällige Kumulationen zum neuen geplanten Vorhaben miteinzubeziehen? Forschungsfrage B: Ist im Zuge des Verfahrens die bestehende Anlage hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die relevanten Schutzgüter und damit verbunden hinsichtlich allfälliger Kumulationen zum neuen geplanten Vorhaben miteinzubeziehen? Die Forschungsfragen A. und B. weisen ähnliche, inhaltliche Fragestellungen auf. Dies legt eine einheitliche Beantwortung beider Fragen in einer Abhandlung nahe. Gemäß § 17 Abs 1 UVP-G hat die Behörde bei der Entscheidung über den Antrag die Genehmigungsvoraussetzungen der Abs 2 bis 6 leg cit mitanzuwenden. Nach § 17 Abs 4 UVP-G sind sowohl das Umweltverträglichkeitsgutachten (UVGA) als auch die Stellungnahmen zu berücksichtigen. „Berücksichtigen“ bedeutet nicht etwa, dass eine inhaltliche Bindungs- oder Umsetzungspflicht bestehe, sondern vielmehr, dass die Behörde die Erkenntnisse daraus in die Entscheidungsgrundlagen einzubeziehen hat.2 Nicht alle verpflichtenden Untersuchungsgegenstände und daraus resultierende Vorschläge in der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) bzw im UVGA führen zur Obligation der Behörde diese auch umzusetzen.3 Grundsätzlich müssten die Umweltauswirkungen bereits in der UVE im Rahmen des „Scopings“– auch von bestehenden Anlagen – dargelegt werden.4 Zu Beginn ist der Nullfall bzw Ist-Zustand darzutun. Dabei handelt es sich um die Betrachtung von Auswirkungen, wobei man sich das Vorhaben wegdenkt. Dabei ist die möglicherweise beeinträchtigte Umwelt schutzgutbezogen zu erheben und zu beschreiben. Schutzgutbezogen meint die in § 6 Abs 1 Z 3 UVP-G (der im Wesentlichen die Auflistung des § 1 Abs 1 UVP-G wiederholt) aufgezählten Schutzgüter. Es handelt sich um die Schutzgüter Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, der Boden, das Wasser, die Luft, das Klima, die Landschaft und die Sachgüter einschließlich der Kulturgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Schutzgütern. Auch bereits bestehende Belastungen werden beim Nullfall mitumfasst. Zu den bestehenden Belastungen zählen insbesondere bereits bestehende oder 2 Schmelz/Schwarzer, Kommentar zum UVP-G (2011) § 12 Rz 17. 3 MwN Altenburger in Altenburger/N. Raschauer, Umweltrecht – Kommentar (2014) § 17 Rz 54. 4 Vgl Schmelz/Schwarzer, UVP-G § 6 Rz 36 ff.

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rechtskräftig genehmigte Anlagen in relevanter Nähe. Das bedeutet, dass Umweltbelastungen des bestehenden Kraftwerks Sellrain-Silz in der Auswirkungsbetrachtung der UVE einer Beschreibung und Bewertung zugeführt werden müssten. Nach dieser Erhebung bzw Beschreibung müsste die Sensibilität des Bestandes gegenüber potentiellen Einwirkungen dargestellt werden. Danach sollte der Planfall beschrieben werden. Hierbei sollen die voraussichtlich erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt ermittelt werden. Die Resultate daraus werden sodann in Bezug zur Sensibilität des Bestandes gesetzt. Daraus folgt eine Erheblichkeitsbeurteilung. Auch Wechselwirkungen und Kumulationen müssen im Planfall berücksichtigt werden. Diese Schritte erfolgen immer auf die einzelnen Schutzgüter bezogen und sollen erst in einem letzten Schritt zu einer Gesamtbetrachtung zusammengeführt werden. Auf diese Weise wird die Gesamtbelastung ermittelt. Gemäß § 12 Abs 3 Z 1 UVP hat das UVGA die UVE aus fachlicher Sicht zu bewerten und nötigenfalls zu ergänzen. Ziel ist nicht die Wiedergabe der fachlichen Aussagen in der UVE, sondern vielmehr die Beurteilung und Nachvollziehbarkeit der vorgenommenen Untersuchungen.5 Fehlende oder unzureichende Erhebungen sind gegebenenfalls neuerlich oder gänzlich neu zu erarbeiten. Sollten die nötigen Ergänzungen unterlassen worden sein, so kann dies zu einer unrichtigen Gesamtbewertung der Auswirkungen der bestehenden Anlage und sich daraus ergebender Kumulationen und Wechselwirkungen führen. Die Auswirkung dessen kann bzw muss in weiterer Folge die Erteilung zusätzlichen Auflagen – wenn nicht sogar im „worst case“ die Versagung der Genehmigung – nach sich ziehen (§ 17 Abs 5 UVP-G). Forschungsfrage C: Sind die bestehenden Anlagenteile, vor allem die alten Wasserfassungen, die im selben Projektgebiet liegen, Beurteilungsgegenstand im Verfahren? Besondere Bedeutung für die Anwendung der Bestimmungen des UVP-G – insbesondere für Fragen der UVP-Pflicht, für das Ausmaß der Prüfpflicht sowie für die Dimension der Entscheidungskonzentration – hat der Vorhabensbegriff gemäß § 2 Abs 2 UVP-G.6 Demnach handelt es sich um die Errichtung einer Anlage unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Expressis verbis ist in § 2 Abs 2 UVP-G jedoch kein zeitliches Element enthalten. Daraus 5 6

Baumgartner/Petek, Kurzkommentar UVP-G (2010) 149. Ennöckl in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, Kommentar zum UVP-G3 (2013) § 2 Rz 7.

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folgt, dass kein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Vorhabensteilen bestehen muss.7 Änderungsgenehmigungen betreffend kann dies zur Prüfung bereits genehmigter Vorhaben führen. Zudem regelt der hier einschlägige § 3a Abs 7 UVP-G, dass die Genehmigung der Änderung auch bereits genehmigte Anlagen insofern mitumfasst, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 17 Abs 1 bis 5 UVP-G angeführten Interessen erforderlich ist. Folglich sind im Zuge des Änderungsverfahrens grundsätzlich die neu zu errichtende Anlage sowie auch der Altbestand (insbesondere der alte Kraftwerksbestand sowie die alten Wasserfassungen) einer gesamtheitlichen Betrachtung und Bewertung zuzuführen.8 § 3a Abs 7 UVP-G ist seiner Konzeption nach § 81 Abs 1 GewO nachgebildet.9 Dessen Abs 1 bestimmt, dass die Genehmigung der bereits bestehenden (und genehmigten) Anlage im Änderungsantrag insoweit mitumfasst ist, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist. Erforderlich ist die Genehmigung der bereits genehmigten Anlage (zur Wahrung der Interessen nach § 74 Abs 2 GewO), wenn sich das Ausmaß der Immissionen der bestehenden Anlage durch die Modifikation verändert.10 Ein Anstieg der gesamten Immissionen im Rahmen der beabsichtigten Änderung allein rechtfertigt die Miteinbeziehung der genehmigten Anlage in das Änderungsverfahren nicht.11 Daher muss die Behörde alles Notwendige über die Auswirkungen der Änderung auf die bestehende Anlage in Erfahrung bringen.12 Nur Immissionen der bereits genehmigten Anlage, welche nicht im Zusammenhang mit der geplanten Änderung stehen und durch die Änderung bewirkt werden, sind nicht vom Änderungsverfahren umfasst.13 E contrario sind durch die Änderung bewirkte und im Zusammenhang stehende Immissionsveränderungen der bestehenden Anlagen im Verfahren zur Änderung mitumfasst. Die Änderung setzt die Eignung der Beeinträchtigung der Interessen des § 74 Abs 2 GewO voraus. Aller7

Ennöckl in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, UVP-G § 2 Rz 15; aA Schmelz/Schwarzer, UVP-G § 2 Rz 28 und 36. 8 So auch der Umweltsenat in seiner Entscheidung vom 27.05.2002, 7B/2001/10-18 [Somerein], der die bestehende und genehmigte Anlage in die Bewertung miteinfließen ließ; 5A/2009/12-6 [Flughafen Schwechat]. 9 Altenburger in Altenburger/N. Raschauer, UVP-G § 3a Rz 24. 10 Gruber/Paliege-Barfuß, Kommentar zur GewO7 (2017) § 81 Rz 27. 11 Bergthaler/Holzinger in Ennöckl/N. Raschauer/Wessely (Hg), Kommentar zur Gewerbeordnung (2015) § 81 Rz 6. 12 Vgl Gruber/Paliege-Barfuß, GewO § 81 Rz 26. 13 Paliege/Barfuß, Die Änderung der genehmigten Anlage, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler, Die gewerbliche Betriebsanlage4 (2016) Rz 356 ff (Rz 358); Gruber/Paliege-Barfuß, GewO § 81 Rz 16.

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dings ist hier lediglich die „grundsätzliche Eignung“ gemeint.14 Das bedeutet, dass sich eine Eignung zur Beeinträchtigung der Interessen bereits dann ergibt, wenn bestimmte „Gefährdungen, Belästigungen oder Einwirkungen auf bestimmte Personen im Sinn des § 74 Abs 2 Z 1 und 2 nicht auszuschließen sind“. Legt man obige Ausführungen ins UVP-Verfahren um, gelangt man zum Schluss, dass die Behörde zur Wahrung der Interessen nach § 17 Abs 1 bis 5 UVP-G auch in den „aufrechten behördlichen Konsens“ eingreifen können darf. Zulässig ist dies, wenn sich durch die Änderung auch das Ausmaß der Immissionen der bestehenden Anlage ändert.15 Dann nämlich hat die Genehmigung der Änderung auch bereits bewilligte Vorhaben zu umfassen. Durch den Grundsatz der einheitlichen Anlage sollen ja gerade Umgehungen durch die Aufsplitterung in mehrere kleine Abschnitte verhindert werden, die zeitversetzt vorgenommen werden. Die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt sollen schließlich in ihrer Gesamtheit beurteilt werden können. Forschungsfrage D: Könnte die Genehmigungsversagung nach § 5 Abs 6 UVP-G nicht bereits im Anfangsstadium des Verfahrens zur sofortigen Abweisung des geplanten Projektes führen? Der Antrag des Vorhabens ist zur Vermeidung unnötigen Verfahrensaufwandes nach § 5 Abs 6 UVP-G von der Behörde in jeder Lage des Verfahrens (vorzugsweise ehestmöglich)16 abzuweisen, wenn sich während des laufenden Verfahrens unzweifelhaft ergibt, dass das Vorhaben bestimmten Genehmigungsvoraussetzungen derart zuwiderläuft, dass dies weder durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen oder Ausgleichsmaßnahmen saniert werden kann.17 Beispielhaft für absolute Versagungsgründe können hier Standort- oder Nutzungsverbote genannt werden.18 Dem Projektwerber ist jedenfalls vor Erlassung einer Abweisungsentscheidung die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen.19 Diese Bestimmung ist amtswegig von der Behörde aufzugreifen und lässt e contrario nicht auf einen Rechtsanspruch Beteiligter auf Erhebung eines Abweisungsantrages schließen.20 14 15 16 17 18 19 20

Gruber/Paliege-Barfuß, GewO § 81 Rz 14. Ennöckl in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, UVP-G § 3a Rz 25. ZB noch vor der Bestellung von Sachverständigen, N. Raschauer in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, UVP-G § 5 Rz 22. Sei es, dass diese Mängel weder vor oder im Zuge der mündlichen Verhandlung beseitigt werden können, vgl dazu etwa Altenburger/Berger, Kommentar zum UVP-G2 (2010) § 5 Rz 55. N. Raschauer in Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, UVP-G § 5 Rz 22. Altenburger in Altenburger/N. Raschauer, UVP-G § 5 Rz 27. Baumgartner/Petek, UVP-G 114.

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Forschungsfrage E: Dürfen „sehr gute“ ökologische Zustände an Fließgewässern gemäß Art 4 Abs 7 WRRL in schlechtere als „gute“ ökologische Zustände verschlechtert werden, oder sieht die Richtlinie eine derartige Verschlechterung gar nicht vor? Da die Nutzung21 von Gewässern eine unabdingbare Voraussetzung für den Betrieb eines Wasserkraftwerks darstellt bzw diesem vielmehr immanent ist, kommt auch der Materie des Wasserrechts maßgebliche Bedeutung in entsprechenden UVP-Genehmigungsverfahren zu. Nach § 9 Abs 1 WRG22 bedarf jede über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung öffentlicher Gewässer – dh, auch die beabsichtigte Verwendung von natürlichen Fließgewässern als Wasserfassungen – einer wasserrechtlichen Bewilligung (siehe auch § 8 Abs 1 WRG e contrario). Neben derartigen Bewilligungspflichten, die die Gewässerressourcen ua vor exorbitanten Eingriffen bewahren sollen und damit wichtige (Teil-)Aufgaben des Gewässerschutzes wahrnehmen, kennt das WRG auch explizite Schutz- und Reinhaltungspflichten für Oberflächengewässer. Sie sind im Verfahren vor der Behörde ebenso beachtlich und nehmen Einfluss auf die Bewilligungsfähigkeit des jeweils anhängigen Vorhabens. Im Zuge der Umsetzung23 der EU-Wasserrahmen-RL 2000/60/EG24 (WRRL) erfuhren die Vorschriften zum Schutz und zur Reinhaltung der Gewässer wesentliche Erweiterungen. So normiert seitdem etwa § 30a Abs 1 WRG für Oberflächengewässer, dass diese derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren sind, dass eine Verschlechterung ihres jeweiligen Zustandes verhindert und bis 22. Dezember 2015 (spätestens aber bis 2021 bzw 202725) der Zielzustand erreicht wird. Als Zielzustand wird der „gute“ ökologische und „gute“ chemische Zustand definiert;26 Details zu den Modalitäten für jede Zustandsklasse finden sich in den vom BMLFUW erlassenen Qualitätszielverordnungen für Oberflächengewässer27 (vgl auch § 30a Abs 21

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Für Details zum Gewässernutzungsbegriff sowie Definitionsunterschiede zwischen WRRL und WRG siehe Oberleitner/Berger, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 19593 (2011) Vor § 5 Rz 1–3, § 9 Rz 2; vgl auch Art 2 Z 39 RL 2000/60/EG. Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG 1959, BGBl 1959/215 idF BGBl I 2017/58. BGBl I 2003/83. Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl L 2000/327 idF 2014/311. Für Gewässer, die auf Grundlage des NGP 2009 bzw 2015 die Voraussetzungen des § 30e Abs 1 Z 1 und 2 WRG erfüllen, können die Mitgliedstaaten die Frist zur Zielerreichung bis zum 22. Dezember 2021 bzw 2027 verlängern. Vgl auch die europarechtlichen Grundlagen in Art 4 Abs 1 lit a Ziff i und ii RL 2000/60/EG. Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Festlegung des ökologischen Zustandes für Oberflächengewässer (Qualitätszielverordnung

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2 WRG). Die beiden benannten Pflichten – das Verschlechterungsverbot auf der einen, und das Verbesserungsgebot auf der anderen Seite – stellen die zentralen Säulen des unionsrechtlichen Gewässerschutzes dar und richten sich jeweils mit unterschiedlicher Gewichtung sowohl an die staatliche Wasserwirtschaftsverwaltung,28 als auch an potenzielle Bewilligungswerber. Zweitere haben in concreto sicherzustellen, bei der Beanspruchung von Gewässern nicht gegen das Verschlechterungsverbot zu verstoßen, da andernfalls grds keine wasserrechtliche Bewilligung erteilt werden kann (vgl § 104 iVm § 104a Abs 1 iVm § 106 WRG). Trotz Zuwiderhandelns gegen das Verschlechterungsverbot ist die Erteilung einer Bewilligung aber keineswegs generell ausgeschlossen: So schuf der (EU-)Gesetzgeber mit der Einführung von (Art 4 Abs 7 WRRL bzw) § 104a Abs 2 WRG einen speziellen Ausnahmetatbestand, über den ein Vorhaben mit derartigen Auswirkungen auf das zu nutzende Gewässer dennoch realisiert werden kann. Hierfür müssen allerdings drei Voraussetzungen in kumulativer29 Form erfüllt werden: Zunächst sind vom Projektwerber alle „praktikablen Vorkehrungen“ zu treffen, um die negativen Auswirkungen auf die betroffenen Wasserkörper30 zu mindern (§ 104a Abs 2 Z 1 WRG). Überdies muss sich das „öffentliche Interesse“ an der Realisierung des Vorhabens im Verhältnis zum „öffentlichen Interesse“ an der Erhaltung des beeinträchtigten Gewässers als „übergeordnet“ erweisen (Z 2)31 – die Behörde hat also eine Abwägung dieser Interessen vorzunehmen, und im Ergebnis der Umsetzung des Projekts höhere Bedeutung beizumessen. Zuletzt darf dem Projektwerber nicht noch eine alternative Möglichkeit im Sinne einer „besseren Umweltoption“ zur Zielerreichung des Vorhabens offenstehen, die weder technisch undurchführbar, noch im Hinblick auf die entstehenden Kosten unverhältnismäßig wäre (Z 3). Solange der Bewilligungswerber und sein Vorhaben diese Kriterien erfüllen, kann eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt werden. Der Einfluss auf den Zustand des genutzten Gewässers ist dabei nur bedingt von Relevanz: Sobald es zur Ökologie Oberflächengewässer – QZV Ökologie OG), BGBl II 2010/99 idF BGBl II 2010/461; Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Festlegung des Zielzustandes für Oberflächengewässer (Qualitätszielverordnung Chemie Oberflächengewässer – QZV Chemie OG), BGBl II 2006/96 idF BGBl II 2016/363. 28 Siehe insb § 55c ff WRG. 29 Vgl Oberleitner/Berger, WRG § 104a Rz 5. 30 Der „Wasserkörper“ stellt einen dezentralen administrativen Hilfsbegriff für die Gewässerbewirtschaftung im Sinne einer „Maßeinheit“ dar; vgl Oberleitner/Berger, WRG vor § 1 Rz 14. 31 Vgl Eisenberger/Wurzinger/Bayer, EuGH und VwGH beenden die 17-jährige Odyssee durch die Stromschnellen von WRG und WRRL, RdU 2016/4 (unter Verweis auf EuGH 04.05.2016, C-346/14, Rn 75, 80).

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Verschlechterung einer Qualitätskomponente32 um mindestens eine Zustandsklasse kommt – etwa vom „sehr guten“ auf den „guten“ Zustand – wird jeweils die behördliche Prüfung nach § 104a Abs 2 WRG ausgelöst, und demnach eine Ausnahmebewilligung niemals a priori verunmöglicht. Das Ausmaß der Verschlechterung nimmt allerdings unmittelbar Einfluss auf die Bewilligungsfähigkeit: So wird insb ein „übergeordnetes öffentliches Interesse“ am Vorhaben immer schwieriger zu bejahen sein, je höher sich die Intensität des Eingriffs, dh die negative Einflussnahme auf das beanspruchte Gewässer, ausgestaltet. Forschungsfrage F: Welchen Einfluss nehmen gewässerökologische Kompensationsmaßnahmen auf die wasserrechtliche Bewilligungsfähigkeit eines Vorhabens, das nur mehr über den Ausnahmetatbestand § 104a Abs 2 WRG realisiert werden kann? Kompensationsmaßnahmen sind Teil der sogenannten „mitigation cascade“ (Maßnahmenkaskade), die eine zwingende Abfolge von Maßnahmen verschiedener Natur beschreibt, die infolge von Eingriffen in die gesetzlichen Schutzgüter33 vorzunehmen sind.34 Diese Methodik basiert auf den beiden europäischen Naturschutzrichtlinien 92/43/EWG (FFH-RL)35 und 2009/147/EG (Vogelschutz-RL).36 Am Beginn der Maßnahmenkaskade stehen zunächst Vermeidungs- und (Ver-)Minderungsmaßnahmen, die nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt von vornherein ver32

Mit seinem 2015 ergangenen Urteil in der Rs „Weservertiefung“ (01.07.2015, C-461/13) stellte der EuGH klar, dass der Tatbestand der „Verschlechterung“ bereits immer dann als erfüllt gilt und damit ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot vorliegt, wenn der Zustand einer einzelnen (insb biologischen) Qualitätskomponente des betroffenen Gewässers um eine Klasse absinkt – unabhängig davon, ob infolgedessen auch sein Gesamtzustand (nach dem gängigen „one out, all out“-Prinzip) abzuwerten ist. Mit dieser sog „Qualitätskomponententheorie“ bildete der EuGH fast 15 Jahre nach Inkrafttreten der RL 2000/60/EG einen eigenen, einheitlichen Verschlechterungsbegriff heraus, der die österreichischen Behörden und Gerichte von ihrer vergleichsweise milderen „Stufentheorie“, die auf eine Verschlechterung des Gesamtzustands abstellte, abrücken ließ. 2018 nahm der VwGH eine weitere Klarstellung zum Begriff der Verschlechterung vor, die grds bereits unmittelbar aus dem „Weser-Urteil“ folgt (vgl VwGH 28.03.2018, Ra 2018/07/0331): So ist im Speziellen auch die negative Veränderung einer „sehr guten“ hydromorphologischen Qualitätskomponente (für Details zu den limnologischen Einflussgrößen siehe FN 26) auf den „guten“ Zustand jedenfalls als Verschlechterung zu qualifizieren. Diese Klarstellung ist aus Sicht des Gewässerschutzes sehr zu begrüßen. 33 Siehe zB die Schutzgüter des UVP-Rechts in § 1 Abs 1 UVP-G. 34 Vgl Knoll, Revital & Haslinger/Nagele, Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft. Studie im Auftrag der Umweltanwaltschaften Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich (2016) 10. 35 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl L 1992/206 idF 2014/95. 36 Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl L 2010/20 idF 2013/158.

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meiden oder zumindest mindern sollen. Sie sind meist Teil des Vorhabens oder weisen zumindest einen sehr engen Konnex zu diesem auf. Kompensations- bzw Ausgleichsmaßnahmen (eine begriffliche Unterscheidung ist möglich, die Übergänge sind allerdings fließend) wiederum stellen einen Ausgleich für jene Umweltauswirkungen dar, die trotz Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen verbleiben. Sie sind nicht Teil des zu genehmigenden Vorhabens, und es besteht keine unmittelbare Verbindung zu diesem.37 Kompensations- bzw Ausgleichsmaßnahmen am Schutzgut Wasser sind daher in all jenen Wasserkörpern denkbar, die zwar vorhabensfremd sind, aber zumindest eine räumliche, zeitliche und insb funktionale Nähe38 zum dadurch bedingten Eingriff aufweisen. Eine ausreichende Kompensation ist jeweils dann gegeben, wenn der Wert der vorgesehenen Kompensationsflächen (= Kompensationswert) gleich oder größer ist als der Wert der Eingriffsflächen (= Kompensationsbedarf ).39 Der sog gewässerökologische Kompensationsbedarf gibt dabei speziell für Eingriffe in Oberflächengewässer an, auf welcher Länge an Flusskilometern (Flkm) in Vorhabensnähe der Projektwerber Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung zu setzen hat. Dieser Bedarf wird (bis dato mittels unverbindlicher Leitfäden40) grds nur nach naturschutzfachlichen,41 nicht aber nach wasserrechtlichen42 Kriterien berechnet. Das UVP-G verpflichtet den Projektwerber bereits bei der Planung unmittelbar zur Integration von Vermeidungs-, Verminderungs- sowie Ausgleichsmaßnahmen in das Vorhaben (vgl § 6 Abs 1 Z 5 UVP-G). Zudem räumt es der Behörde im Rahmen der Gesamtwürdigung des Vorhabens das Recht ein, dem Projektwerber zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen vorzuschreiben, um zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen (vgl § 17 Abs 4 UVP-G). Analog dazu hat die Behörde den Projektantrag des Genehmigungswerbers abzuweisen, wenn schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die ua durch weitere 37 Vgl Schmelz, Eingriffe und Kompensationsmaßnahmen im Naturschutz und Umweltrecht – Rechtliche Grundlagen und Hauptprobleme, in IUR (Hg), Jahrbuch des österreichischen und europäischen Umweltrechts 2016 (2016) 215f. 38 Vgl Schmelz/Schwarzer, UVP-G § 6 Rz 41. 39 Vgl Knoll, Revital & Haslinger/Nagele, Ausgleich 114. 40 Vgl Schmelz, Eingriffe 222. 41 Vgl Knoll, Revital & Haslinger/Nagele, Ausgleich 69 ff. 42 Als aktuell einziges Bewertungssystem berücksichtigt der Kriterienkatalog „Wasserkraft in Tirol – Kriterien für die weitere Nutzung der Wasserkraft in Tirol“ auch die Vorgaben der RL 2000/60/ EG, wodurch hier Verletzungen des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots für die Berechnung des erforderlichen Kompensationsbedarfs unmittelbar von Bedeutung sind; siehe im Detail Amt der Tiroler Landesregierung, Wasserkraft in Tirol – Kriterienkatalog, Kriterien für die weitere Nutzung der Wasserkraft in Tirol (2011) 95 ff.

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Ausgleichsmaßnahmen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können (vgl § 17 Abs 5 UVP-G). Demgegenüber sieht das WRG keinerlei Kompensations- bzw Ausgleichsmaßnahmen vor, es kennt lediglich „praktikable Vorkehrungen“, die der Bewilligungswerber zur möglichen Erlangung einer Ausnahmebewilligung zwingend vorzunehmen hat (§ 104a Abs 2 Z 1 WRG, siehe bereits oben). Als „praktikable Vorkehrungen“ kommen (Minderungs-)Maßnahmen in jenen Gewässern in Betracht, die unmittelbar durch das zu bewilligende Vorhaben beeinträchtigt werden; beispielhaft für derartige Vorkehrungen wäre etwa die Abgabe von Restwasser,43 um die ökologische Funktionsfähigkeit eines beanspruchten Gewässers zu erhalten. Kompensations- bzw Ausgleichsmaßnahmen, die ihrerseits nur auf vorhabensfremde Wasserkörper abstellen, können daher nicht als „praktikable Vorkehrungen“ qualifiziert werden44 und sind bei der Prüfung einer wasserrechtlichen Ausnahmebewilligung ohne Bedeutung.45

43 Vgl Schmelz, Eingriffe 215. 44 Vgl Europäische Kommission, Common Implementation Strategy for the Water Framework Directive (2000/60/EC), Guidance Document Nr 20 on exemptions to the environmental objectives (2009) 27; Bumberger/Hinterwirth, WRG Wasserrechtsgesetz Kommentar3 (2013) § 104a K22. 45 Vgl Schmelz, Eingriffe 217.

Environmental Law Clinic Die Skischaukel Warscheneck1 Dominik Geringer/Daniel Heitzmann/Sanela Smlatić

1. Einführung Im Rahmen der Environmental Law Clinic wurde Studierenden der Karl-Franzens-Universität Graz die Möglichkeit geboten, auf Seiten von NGOs ausgewählte reale Fälle gutachterlich zu unterstützen. Der Österreichische Alpenverein, respektive das Bündnis „Mollner-Kreis“, trat sohin an die Autoren mit dem Ersuchen um ein Rechtsgutachten heran. Gegenstand der Untersuchung sollte das Projekt „Skischaukel Warscheneck“ bilden, eine geplante Verbindung der beiden Skigebiete Wurzeralm und Hinterstoder-Höss. Das bereits über Jahre im medialen Fokus stehende Projekt und seine mehrmaligen Änderungen sorgt(e) regelmäßig für hitzigen Diskussionsstoff; dies nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich über den Gebirgsstock des Warschenecks Schutz- und Schongebiete zur Erhaltung der Ökologie erstrecken. Es galt, die sich vor diesem Hintergrund aufdrängenden Fragen wasserund naturschutzrechtlicher Art einer rechtsdogmatischen Analyse zu unterziehen. Die nachstehende Abhandlung soll einen Überblick über die wesentlichen Erkenntnisse liefern.

1.1. Ausgangssituation Das Warscheneck liegt in den oberösterreichischen Kalkhochalpen (Totes Gebirge) an der Bundesländergrenze zwischen Oberösterreich und Steiermark. Zum Schutze der Wasservorkommen im Toten Gebirge wurde bereits im Jahr 1984 für das Warscheneck ein Wasserschongebiet bestimmt. Seit 2000 zählen Gebiete rund um das „Warscheneck-Süd“ zum Naturschutzgebiet. Acht Jahre später folgte ein weiteres Gebiet im Bereich „Warscheneck-Nord“ diesem Vorbild. Heute ergeben die beiden Areale zusammen das zweitgrößte Naturschutzgebiet Oberösterreichs, mit einer Gesamtfläche von 4.926 ha und einer Grenzlinie von ca 40 km,2 die sich größtenteils durch ihre 1 Das Manuskript wurde am 17.01.2018 abgeschlossen. 2 Vgl https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/LK/PK_Haider_22.4.2008_Internet. pdf (27.02.2019).

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unerschlossenen subalpinen Lärchen-Zirben-Wälder sowie Hoch- und Niedermoosflächen – Heimat zahlreicher geschützter Tier- und Pflanzenarten – auszeichnet. Seit fast einem Jahrzehnt steht das Warscheneck nunmehr im Mittelpunkt expandierender Pläne, denen zufolge die beiden bestehenden Skigebiete Wurzeralm und Hinterstoder-Höss zu einer sog Skischaukel zusammengeschlossen werden sollten. Die sich im Laufe der Jahre verändernden Erweiterungspläne sahen ua eine Stollenverbindung zum Personentransport vor; neben Tunneln, Seilbahnen und anderen Verbindungsliften war die Errichtung von zusätzlich rd 1600 neuen Parkplätzen, Speicherteichen, Straßen und sonstigen Infrastrukturanlagen projektiert.

1.2. Aufgeworfene Rechtsfragen Im Folgenden sollen zwei Forschungsfragen mit Blick auf die möglichen Erweiterungspläne behandelt werden, systematisch gegliedert in Wasser- und Naturschutz: – Wie verhält sich die Wasserschongebietsverordnung zu einer Tunnelrealisierung? Resultieren daraus Einschränkungen für Infrastrukturmaßnahmen? – Wäre es möglich, einen Teil des Naturschutzgebietes aufzuheben, um ein solches Infrastrukturvorhaben (Tunnelverbindung) umzusetzen?

2. Zur ersten Forschungsfrage: Wasserschutz 2.1. Allgemeines Um einen ausreichenden Schutz der Wasserbeschaffenheit vor Gefahrenquellen zu sichern – auch vor dem Hintergrund, dass mit den allgemeinen Vorsorgebestimmungen der §§ 31 und 32 WRG3 kein gänzliches Auslangen gefunden werden kann – besteht die Möglichkeit, Schongebietsverordnungen zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung (iSd Wasserversorgung der Allgemeinheit) nach § 34 Abs 2 WRG zu erlassen. Mittels Verordnung (V) werden idR Grundwasservorkommen flächenhaft geschützt; enthält eine SchongebietsV keine Beschränkung auf einen bestimmten Grundwasserhorizont, dann bezieht sie sich auf das gesamte Grundwasser (Tiefengewässer).4 Österreichweit umfassen Schongebiete iSd §§ 34, 35 und 37 WRG eine Gesamtfläche von rd 5.500 km2.5 3 4 5

Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG 1959, BGBl 1959/215 idF BGBl I 2014/54. VwGH 25.11.1980, 2827/80. www.bmlfuw.gv.at/wasser/wasser-oesterreich/wasserrecht_national/planung/Schongebiete.html.

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Für das Untersuchungsgebiet wurde die „Verordnung zum Schutz der Wasservorkommen im Toten Gebirge“ (fortan: WSVTG)6 erlassen, ein auf die §§ 34, 35 WRG (und den seinerzeit in Kraft stehenden § 54 WRG aF) gestützter Rechtsakt des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft. Die Grenzen des Widmungsund Schongebiets werden in § 2 WSVTG parzellenscharf7 gezogen, dieses erstreckt sich über die Bundesländer Oberösterreich und Steiermark; die geplante Skigebietserweiterung befindet sich vollständig im Anwendungsbereich der V. In diesem Gebiet schafft die V umfangreiche Genehmigungshindernisse für Infrastrukturprojekte:8 Zum einen führt sie bestimmte Projekte, die an sich nicht der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterliegen würden, im Sinne des § 34 WRG einer solchen zu.9 Zum anderen schöpft sie die Möglichkeiten einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung iSd § 54 Abs 2 WRG aF weitgehend aus und widmet das von der V umfasste Gebiet der Trinkwasserversorgung, stellt Gesichtspunkte für die Handhabung der §§ 8, 9, 10, 15, 28–35 u. 112 WRG auf, wirkt auf die Beibehaltung der Abflussverhältnisse hin und anerkennt die wasserwirtschaftlichen Interessen bestimmter Beteiligter als rechtliche Interessen. Die Errichtung von Infrastrukturmaßnahmen wie insb der Bau von über- und unterirdischen Liftanlagen wird dadurch freilich nicht verunmöglicht. Um die Bewilligungsfähigkeit eines Vorhabens zu überprüfen, sind aber in einem wasserrechtlichen Verfahren Fragen der Bewilligungspflicht und -fähigkeit nach dem WRG zu klären.10

2.2. Die wasserrechtliche Bewilligungspflicht der Skigebietserweiterung Gem § 32 Abs 1 WRG sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit in physikalischer, chemischer oder biologischer Hinsicht beeinträchtigen,11 nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen wie insb der Gemeingebrauch gem § 8 WRG gelten dabei nicht als Beeinträchtigung und sind demzufolge bewilligungsfrei. Die grundsätzliche Bewilligungsfreiheit für geringfügige Einwirkungen gilt jedoch dann nicht, wenn wie im gegenständlichen Fall durch die vorliegende V gem § 34 bzw 35 anderes verfügt wurde.12 6

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. Jänner 1984 zum Schutze der Wasservorkommen im Toten Gebirge, BGBl 1984/79. 7 Siehe VfSlg 14.851/1997. 8 Vgl Zetinigg, Regeln für den Schutz von Trinkwasserfassungen in Österreich (2011) 28. 9 Vgl VwGH 29.03.2007, 2006/07/0108. 10 Vgl zB VwGH 14.12.1993, 93/07/0064. 11 Vgl § 30 Abs 3 WRG. 12 So Bumberger/Hinterwirth, WRG Wasserrechtsgesetz Kommentar (2013) § 32 K 8.

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§ 5 Z 3 WSVTG ordnet eine Bewilligungspflicht für die „Errichtung von der Personen- oder Güterbeförderung dienenden Eisenbahnen im Sinne des Eisenbahngesetzes 1957“ an. Eine Seilbahnanlage ist jedenfalls eine solche Eisenbahn: Auch wenn das EisbG 1957 idF BGBl I 2015/137 keinerlei Regelungen betreffend Seilbahnen mehr enthält und diese seit 2003 in einem eigenen Seilbahngesetz13 behandelt werden, waren Seilbahnen im Zeitpunkt der Erlassung der WSVTG sehr wohl noch vom Anwendungsbereich des EisbG 1957 erfasst.14 § 5 Z 3 WSVTG bestimmt somit die wasserrechtliche Bewilligungspflicht der Errichtung sämtlicher Seilbahnen zur Beförderung von Skisportlern mit Ausnahme der Schlepplifte (deren wasserrechtliche Bewilligungspflicht wird sodann in § 5 Z 4 WSVTG normiert). Hinsichtlich der denkmöglichen Variante der Personenbeförderung mittels einer unterirdisch verlaufenden Liftanlage ist § 5 Z 5 WSVTG einschlägig: Dieser unterstellt expressis verbis Grabungen, Sprengungen, Bohrungen sowie Schürfungen aller Art der Bewilligungspflicht, sofern sie nachhaltige Auswirkungen auf Wasserhaushalt und Wassergüte haben können, jedenfalls aber, wenn sie bis zum Grundwasser oder tiefer als 10 m unter die Geländeoberfläche reichen. Zusammenfassend unterliegt also die Errichtung sämtlicher wesentlicher, für eine Skigebietserweiterung erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen aufgrund der WSVTG der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht. Sowohl Gondelbahnen, Sessellifte und Schlepplifte sowie unterirdische Varianten der Personenbeförderung sind von dieser erfasst. Ferner unterliegen einzelne Maßnahmen, die nicht von § 5 WSVTG umfasst sind, wohl aber im Zuge des Betriebs von Skigebieten gesetzt werden (bspw die Entnahme von Wasser aus Gewässern zu Zwecken der künstlichen Beschneiung15 bzw die Beschneiung selbst) der wasserrechtliche Bewilligungspflicht gem § 9 bzw 32 WRG.16

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BGBl I 2003/103 idgF. Gem § 1 EisbG 1957 idF BGBl 1957/60 waren Eisenbahnen im Sinne des Gesetzes „Öffentliche Eisenbahnen, und zwar […] Haupt- und Kleinseilbahnen“. Da unter öffentlichen Eisenbahnen all jene zu verstehen waren, „die dem allgemeinen Personenverkehr zu dienen bestimmt und zur Beförderung nach Maßgabe der hierfür geltenden Rechtsvorschriften und Beförderungsbedingungen verpflichtet sind“ (§ 2 EisbG 1957 idF BGBl 1957/60) und diese Betriebspflicht im Falle von Seilbahnen in der Konzessionsurkunde festgelegt wird, waren Liftanlagen zur Beförderung von Skisportlern im Zeitpunkt der Verordnungserlassung unter den Eisenbahnbegriff des EisbG 1957 einzuordnen. Dies gilt sowohl für Gondelbahnen als auch Sessellifte, nicht jedoch für Schlepplifte; diese unterstanden im Zeitpunkt der Verordnungserlassung dem Regelungsregime der Gewerbeordnung, vgl § 6 EisbG 1957 idF BGBl 1957/60 sowie VfSlg 2556/1953. Weiterführend vgl auch Gleirscher, Erschließung und Erweiterung von Skigebieten (2015) 39; Kühne et al, Eisenbahnenteignungsgesetz/Eisenbahngesetz (1982) § 2 EisbG. 15 Vgl Gleirscher, Erschließung 111. 16 VwGH 16.11.1993, 93/07/0094; 20.02.1997, 96/07/0130; 10.12.1998, 98/07/0034.

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2.3. Die Genehmigungsfähigkeit skigebietserweiternder Infrastrukturmaßnahmen iSd WRG Für jegliche Bewilligungen, mögen diese auf § 32 WRG oder auf § 34 WRG iVm § 5 WSVTG fußen,17 gelten die Grundsätze des § 12 WRG. Demnach ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung bzw des zu bewilligenden Projekts derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden. Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn das Projekt einen18 oder mehrere der in § 105 Abs 1 WRG genannten Gesichtspunkte auslöst – im gegenständlichen Fall sind die lit e, f, h, l und m betroffen.19 Das gem § 12 WRG zu wahrende öffentliche Interesse kann sich somit aus einer Vielzahl von wasserwirtschaftlichen20 Gesichtspunkten zusammensetzen; zu dessen Wahrung ist folglich eine Ermittlung und Bewertung der im Einzelfall zutreffenden Gesichtspunkte vonnöten.21 Für jeden dieser Gesichtspunkte muss geklärt werden, ob diese negativen Auswirkungen mittels der in Betracht kommenden Schutzmöglichkeiten in Form von Bedingungen, Auflagen, Nebenbestimmungen und Projektmodifikationen vermieden werden können.22 In einer Zusammenschau ist sodann zu bewerten, ob das öffentliche Interesse des § 12 WRG bei der Projektverwirklichung gewahrt werden kann. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn einzelne Gesichtspunkte beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigung nicht durch Auflagen beseitigt werden kann.23 Da die einzelnen Gesichtspunkte des öffentlichen Interesses iSd § 105 WRG oftmals nicht miteinander in Einklang stehen, hat die

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Bumberger/Hinterwirth, WRG § 12 K 3; Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.03 § 12 Rz 1. Schon ein unauflöslicher Widerspruch zu einem der genannten Gesichtspunkte kann die Abweisung eines Bewilligungsantrags rechtfertigen, vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.03 § 105 Rz 8. Maßstab für eine nachteilige Beeinflussung des Wassers ist § 30 WRG. Eine solche liegt also dann vor, wenn die natürliche Beschaffenheit des Wassers beeinträchtigt wird, vgl VwGH 14.12.1993, 93/07/0064. Das öffentliche Interesse gem § 105 WRG setzt sich ausschließlich aus wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten zusammen. Nicht miteinzubeziehen sind hier andere öffentliche Interessen wie zB jenes des Fremdenverkehrs an einem Projekt, vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.03 § 105 Rz 7. Solche anderen öffentlichen Interessen können jedoch an anderer Stelle Bedeutung erlangen, vgl zB §§ 54 Abs 3 u. 104a WRG. Dabei sind die nachteiligen Auswirkungen eines Projekts in all seinen Phasen zu berücksichtigen, also sowohl in der Errichtungs- als auch der Betriebsphase, vgl VwGH 23.09.2009, 2007/03/0170. Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.03 § 105 Rz 1. Bumberger/Hinterwirth, WRG § 105 K 1 f.

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Behörde eine Abwägung der einzelnen Aspekte durchzuführen; in diese Abwägung sind lediglich öffentliche, nicht etwa private Interessen einzubeziehen.24 Ist es jedoch trotz bestmöglichen Schutzes einzelner Aspekte durch Auflagen nicht möglich, die Wahrung des öffentlichen Interesses zu erreichen, muss das Vorhaben gem § 105 Abs 1 WRG abgewiesen werden.25

2.4. Die Genehmigungsfähigkeit skigebietserweiternder Infrastrukturmaßnahmen iSd WSVTG Über die „gewöhnlichen“ Bewilligungsvoraussetzungen des WRG hinaus schreibt die WSVTG weitere Determinanten vor, die bei der Bewilligung miteinzubeziehen sind. Gem § 3 WSVTG ist bei der Handhabung der Bestimmungen der §§ 8, 9, 10, 15, 28–35 u. 112 WRG, also auch bei Bewilligungsentscheidungen gem §§ 32 u. 34 WRG, im Widmungsgebiet darauf Bedacht zu nehmen, dass die Nutzbarkeit der Gewässer entsprechend dem Widmungszweck – der Trinkwasserversorgung – weder beeinträchtigt noch gefährdet wird. Dabei sind insb folgende Gesichtspunkte maßgebend: 1) Vorrang der Trinkwasserversorgung, 2) Schutz der Wasservorkommen vor qualitativen und quantitativen Beeinträchtigungen, 3) Sanierung unzulänglicher Reinhaltungsvorkehrungen, 4) Erhaltung der natürlichen unterirdischen Abflussverhältnisse und 5) pflegliche Waldwirtschaft.26 Werden durch die Errichtung eines Projekts also zB die unterirdischen Abflussverhältnisse derart verändert, dass dies negativen Einfluss auf die Tätigkeiten des Wasserverbands „Totes Gebirge“ hat, weil etwa die Gewinnung von Trinkwasser aus der Region erschwert oder beeinflusst wird, ist das Projekt nicht genehmigungsfähig.

2.5. Ergebnis für die Praxis Im Bewilligungsverfahren ist zu klären, ob die Nutzbarkeit der im Bereich der geplanten Projektrealisierung liegenden Gewässer für die Trinkwasserversorgung durch das Projekt beeinträchtigt oder gefährdet würde. Ist dies der Fall, ist das Projekt nur dann genehmigungsfähig, wenn derart gewichtige öffentliche Interessen wie v.a. solche regionalwirtschaftlicher Art für das Projekt sprechen, dass die öffentlichen Interessen an der Wassernutzung überwogen werden. In einer pauschalen

24 25 26

VwGH 25.09.1990, 86/07/0264. Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.03 § 105 Rz 1. Diese Kriterien treten zu den gem § 105 WRG einzubeziehenden öffentlichen Interessen hinzu, vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.03 § 54 Rz 1.

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Gesamtbetrachtung wird man zum Schluss kommen müssen, dass die Trinkwasserversorgung der in der betreffenden Region lebenden Menschen ein derart wichtiges öffentliches Interesse darstellt, dass dieses kaum von wirtschaftlichen Interessen überwogen werden kann. Gegenteiliges könnte wohl dann denkbar sein, wenn die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt ohnedies geringfügig wären und die Skigebietserweiterung gewichtige positive Effekte für die Tourismuswirtschaft und Arbeitsmarktsituation in der Region mit sich bringen würde. Könnte man freilich nachweisen, dass eine Tunnelrealisierung die Nutzung der Gewässer für die Trinkwasserversorgung überhaupt nicht beeinträchtigen oder gefährden würde, stünde einer wasserrechtlichen Bewilligung des Projekts nichts im Wege. Von Relevanz für die Praxis dürfte des Weiteren auch eine jüngste Entscheidung des EuGH werden. In der Rs Protect27 sprach er sich für die Parteistellung von NGOs (siehe dazu unten) im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren aus, sobald ein Vorhaben möglicherweise gegen die Wasserrahmen-RL28 verstößt. Vor dem Hintergrund dieses Urteils lässt sich für nicht-UVP-pflichtige wasserrechtliche Verfahren annehmen, dass NGOs am Verfahren zu beteiligen sind und ihnen die Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels offenstehen muss.

3. Zur zweiten Forschungsfrage: Naturschutz 3.1. Allgemeines Die beiden Naturschutzgebiete „Warscheneck-Süd – Purgstall – Brunnsteiner Kar“ und „Warscheneck-Nord“ liegen geografisch zwischen den beiden bestehenden Skigebieten Hinterstoder-Höss und Wurzeralm. Eine Verbindung dieser beiden Skigebiete würde also unumgänglich – je nach konkreter Projektgestaltung – im Naturschutzgebiet vollzogen. Naturschutzgebiete selbst sind „Gebiete außerhalb geschlossener Ortschaften, die sich durch völlige oder weitgehende Ursprünglichkeit auszeichnen bzw seltene oder gefährdete Pflanzen oder Tierarten aufweisen.“29 Schutzzweck dieser Schutzgebiete ist der Erhalt von seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten. Abhängig vom Landschaftstyp kommen hier meist Moore, alpine Landschaften, Urwaldreste usw in Frage. Anfang 2016 gab es in Österreich 461 Naturschutzgebiete. 27 EuGH 20.12.2017, C-664/15, Protect. 28 Richtlinie 2000/60/EG. 29 So Jahnel, Naturschutzrecht, in Bachmann et al (Hg), Besonderes Verwaltungsrecht11 (2016) 583 f.

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Diese umfassen ca 3.038 km2 und decken 3,6 % der Bundesfläche ab.30 Neben nationalen Gesetzen wird der Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Alpenregion, insb die rationale und sparsame Nutzung des Raumes, die Luftreinhaltung, der Bodenschutz, die Natur- und Landschaftspflege, die Gewährleistung niedriger Verkehrsbelastungen und die Einschränkung umweltschädigender Tourismus- und Freizeitaktivitäten durch die Alpenkonvention, ein seit 1995 in Geltung stehendes internationales Abkommen zwischen den Alpenländern und der EU,31 geregelt.32 Ihre Durchführungsprotokolle sind als umfassendes Regelwerk mit der Rechtsqualität eigenständiger völkerrechtlicher Verträge33 anzusehen.34 Grundsätzlich stehen die Bestimmungen der Protokolle also auf innerstaatlicher Gesetzesstufe35 und sind unmittelbar anwendbar.36

3.2. Möglichkeiten und Hindernisse der Einschränkung bzw Aufhebung von Naturschutzgebieten Ebenso wie es einer Behörde grds freisteht, ein Naturschutzgebiet aufgrund der ihr aus den LandesG zukommenden Verordnungsermächtigungen zu schaffen, steht es ihr auch grds jederzeit frei, eine bestehende SchutzgebietsV zu ändern oder mittels actus contrarius aufzuheben.37 Explizites über die Änderung bzw Aufhebung von Naturschutzgebieten enthält das im konkreten Fall einschlägige Oö NSchG 200138 nicht.

30 Vgl http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/naturschutz/sg/nsg/ (27.02.2019). 31 In Österreich kundgemacht als Übereinkommen zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention, fortan: „AK“) BGBl 1995/477. 32 Vgl Art 2 AK. 33 Galle, Das Übereinkommen zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) und seine Protokolle (2002) 42. 34 Das zeigt sich auch darin, dass alle Protokolle eine Querschnittsbestimmung enthalten, die die Vertragsparteien zur Berücksichtigung der Ziele jedes Protokolls „auch in ihren anderen Politiken“ verpflichtet (zB Art 3 Abs 2 EnerP); vgl Schroeder/Ehlotzky, Zustand und Perspektiven grenzüberschreitender Kooperation im Alpenraum, in Hilpold/Steinmair/Perathoner, Rechtsvergleichung an der Sprachgrenze (2011) 93. 35 Siehe FN 39. Die Kundmachung erfolgte in den BGBl III 2002/230 bis 2002/238. 36 Zur Frage, welche Wirkungen sie auf das innerstaatliche Recht entfalten kann, vgl zB zu Art 14 BodP (den sowohl VfGH als auch VwGH für unmittelbar anwendbar halten) VfGH 22.09.2003, B 1049/03 u. VwGH 08.06.2005, 2004/03/0116; ebenfalls mit der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der Protokollbestimmungen befasste sich das BMLFUW, siehe BMLFUW, Die Alpenkonvention: Handbuch für ihre Umsetzung (2007) sowie eine Naturschutz-Expertenkonferenz der Länder im Jahr 2004, siehe dazu Loos, Naturschutzrecht in Salzburg I (2005) 196 ff. 37 Vgl B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2017) Rz 800. 38 Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 – Oö NSchG 2001, LGBl 2001/129 idF 2014/92.

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Die grds gegebene Befugnis der Behörde, eine V jederzeit zu ändern oder aufzuheben, wird durch die im Gesetzesrang39 stehende Norm des Art 11 Abs 1 NSchP40 jedoch beschränkt,41 gem dem die Naturschutzbehörden zur Erhaltung ihrer Naturschutzgebiete iSd Schutzzwecks verpflichtet sind. Es ist davon auszugehen, dass dieser Wortlaut aufträgt, bestehende Schutzgebiete iSd Legaldefinition qualitativ und quantitativ zu erhalten.42 Jedenfalls von Art 11 NSchP umfasst ist somit das Naturschutzgebiet iSd § 25 Oö NSchG 2001. Die Änderung oder Aufhebung eines der am Warscheneck gelegenen Naturschutzgebiete ist folglich nur dann möglich, wenn der Schutzzweck dieser Gebiete nicht mehr in der ursprünglichen Form gegeben ist oder wenn dieser von anderen öffentlichen Interessen von überragendem Gewicht überstiegen wird.43 Da solches am Gebiet des Warschenecks nicht absehbar ist, würde jede Änderung, die die bestehenden Schutzgebiete einschränken, gegen die im Rang eines Gesetzes stehende Bestimmung des Art 11 Abs 1 NSchP verstoßen und ein solcher Rechtsakt demzufolge gesetzwidrig sein.

3.3. Die Folgen einer möglichen Einschränkung bzw Aufhebung eines Naturschutzgebiets: Verordnungsprüfungsverfahren aufgrund Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention? Würde die Oö LReg ungeachtet der Anwendbarkeit des Art 11 Abs 1 NSchP die Naturschutzgebiete am Warscheneck zu Lasten des Schutzzwecks ändern oder diese per V gar aufheben, handelt sie wie beschrieben völkerrechts- und gesetzwidrig. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Anfechtbarkeit des Rechtsaktes (maW: der aufhebenden V). Um die Aufhebung der entsprechenden V durchzusetzen, muss jedenfalls der Rechtsweg nach Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG beschritten werden (sog Individualantrag).44 39

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42 43 44

Vgl nur Hautzenberg, Das Naturschutzprotokoll und seine unmittelbare Anwendbarkeit im österreichischen Naturschutzrecht, RdU 2013, 237 (238); BMLFUW, Die Alpenkonvention: Handbuch für ihre Umsetzung (2007) 127; Loos, Naturschutzrecht in Salzburg I (2005) 198. Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege (Naturschutzprotokoll – NSchP), BGBl 2002/236 idF BGBl 2005/113. Solche Beschränkungen der Abänderbarkeit von Verordnungen existieren auch auf anderen Gebieten: So ist zB die Änderung eines Flächenwidmungsplans nach den Raumordnungsgesetzen regelmäßig nur bei Vorliegen wichtiger Gründe gestattet (vgl VfSlg 18.376/2008); vgl B. Raschauer, Verwaltungsrecht Rz 801. Hautzenberg, RdU 2013, 240. Hautzenberg, RdU 2013, 240. Vgl nur Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht11 (2016) Rz 1005 f.

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Basierend auf der Tatsache, dass die Aufhebung eines Naturschutzgebiets freilich v.a. negative Auswirkungen auf die Natur im betreffenden Gebiet hat, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob es gem Art 139 B-VG antragsbefugte „Personen“ gibt, die die Interessen des Naturschutzes vertreten und ob diese Interessensvertretung zur Anfechtung im Rahmen eines Individualantrags befugen kann. 3.3.1. Die Aarhus-Konvention und ihre Wirkungen in Österreich Anhaltspunkte dafür gibt die Aarhus-Konvention45, ein von 46 Staaten – darunter alle EU-Mitglieder – sowie der EU ratifizierter völkerrechtlicher Vertrag, der Regelungen mit dem Ziel enthält, das Recht auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in den Vertragsstaaten zu gewährleisten.46 Gem Art 9 Abs 3 Aarhus-K hat jede Vertragspartei sicherzustellen, dass Mitglieder der Öffentlichkeit Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen. Unter „Öffentlichkeit“ ist idS „eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen“47 zu verstehen. In Österreich sind dies insb gem § 19 Abs 7 UVP-G48 anerkannte Umweltorganisationen (sog NGOs).49 Diese sind folglich nicht nur dazu befugt, sondern auch berufen, Verstöße gegen umweltbezogene Bestimmungen – wie im

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In Österreich ratifiziert als Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umwelt­ angelegenheiten samt Erklärung, BGBl III 2005/88 (fortan: Aarhus-K). Vgl Art 1 Aarhus-K. Art 2 Z 4 Aarhus-K. Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000), BGBl 1993/697 idF BGBl 2017/58. Gem § 19 Abs 6 UVP-G ist eine Umweltorganisation ein Verein oder eine Stiftung, der/die 1) als vorrangigen Zweck gemäß Vereinsstatuten oder Stiftungserklärung den Schutz der Umwelt hat, 2) gemeinnützige Ziele im Sinn der §§ 35 und 36 BAO, BGBl. Nr 194/1961, verfolgt und 3) vor Antragstellung auf Anerkennung mindestens drei Jahre mit dem unter Z 1 angeführten Zweck bestanden hat. Mit Stand 30.01.2019 waren 57 Umweltorganisationen idS anerkannt, darunter etwa der Österreichische Naturschutzbund, der Österreichische Alpenverein oder das Ökobüro, vgl https://www.bmnt.gv.at/dam/jcr:f09202d6-0196-4370-80ef-749d3ba17eac/30.1.2019%20LISTE%20 anerkannter%20Umweltorganisationen%20f%C3%BCr%20Internet.pdf (27.02.2019).

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Konkreten die Erlassung einer V durch eine Landes-Naturschutzbehörde50 – vor Gerichten zu bekämpfen.51 In Österreich wurde Art 9 Abs 3 Aarhus-K bis dato nicht vollumfassend umgesetzt – die Umsetzung erfolgt im Wesentlichen auf Basis von EU-Richtlinien.52 Im aufsehenerregenden Urteil „Slowakischer Braunbär I“53 stellte der EuGH bereits fest, dass Art 9 Abs 3 Aarhus-K integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist. Obwohl dieser zwar für eine unmittelbare Anwendung nicht hinreichend präzisiert ist, muss „der nationale Richter dann, wenn eine mit dem Unionsrecht […] geschützte Art betroffen ist, sein nationales Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen“ so auslegen, „dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art 9 Abs 3 des Übereinkommens von Aarhus festgelegten Zielen steht.“54 Der EuGH stellte mit dieser Entscheidung also erstmals fest, dass NGOs aufgrund des Art 9 Abs 3 Aarhus-K das Recht eingeräumt werden muss, gegen Verstöße des umweltrelevanten Europarechts vorgehen zu können. Der in diesem Zusammenhang deutlich gemachte Befund des EuGH bezüglich der unmittelbaren Anwendung von Art 9 Abs 3 Aarhus-K im Europarecht55 muss jedenfalls auch für das nationale Recht geteilt werden: Der Norm kommt eo ipso keine unmittelbare Geltung in Österreich zu. Diese Aussagen können jedoch für den gegenständlichen Fall nicht vollumfänglich angewandt werden. Mit der Aufhebung eines Naturschutzgebiets wird nämlich nicht gegen Europarecht, sondern gegen das im Rang eines nationalen Gesetzes stehende, völkerrechtliche Naturschutzprotokoll der Alpenkonvention verstoßen. Nichtsdestotrotz hat die Norm des Art 9 Abs 3 Aarhus-K Einfluss auf das innerstaatliche Recht: Ebenso wie das Recht der EU muss nämlich auch das nationale Recht im Lichte völkerrechtlicher Verpflichtungen ausgelegt werden.56 Dieser Grundsatz 50

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Schulev-Steindl/Goby, Rechtliche Optionen zur Verbesserung des Zugangs zu Gerichten im österreichischen Umweltrecht gemäß der Aarhus-Konvention (Artikel 9 Absatz 3) – Endbericht (2009) 46 ff. Dies ergibt sich schon aus der hervorgehobenen Stellung, die solche Umweltorganisationen in der Aarhus-K einnehmen, vgl Art 2 Z 5 leg cit sowie Schulev-Steindl/Goby, Optionen 21. Vgl dazu zB Alge, Aarhus-Entscheidung: Österreich unter Handlungsdruck, RdU 2012, 109. EuGH 08.03.2011, C-240/09, Lesoochranárske zoskupenie VLK/Ministerstvo životného prostredia Slovenskej republiky. EuGH 08.03.2011, C-240/09, Lesoochranárske zoskupenie VLK/Ministerstvo životného prostredia Slovenskej republiky, Rz 50. Siehe nochmals EuGH 08.03.2011, C-240/09, Lesoochranárske zoskupenie VLK/Ministerstvo životného prostredia Slovenskej republiky, Rz 45. Siehe nur Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht11 Rz 119 u. 683.

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der völkerrechtskonformen Interpretation des innerstaatlichen Rechts wird von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anerkannt: So stellte der VfGH etwa fest, dass der völkerrechtliche Grundsatz „pacta sunt servanda“ zwar kein subjektives Recht gewährleistet, jedoch „allenfalls einen Grundsatz zur Auslegung innerstaatlicher Rechtsnormen“ darstellt.57 Zusätzliche Dynamik erhält die Frage der Umsetzung der Aarhus-K durch die nunmehr stRsp des EuGH: Im Lichte der Urteile des EuGH C-240/09, Slowakischer Braunbär I, C-115/09, Trianel, C-137/14, Kommission gegen Deutschland und C-243/15, Slowakischer Braunbär II, ist eine „Erweiterung des Access to justice“ zugunsten von NGOs auszumachen. Ob im Fahrwasser des Urteils in der Rs Protect (siehe oben) auch im Naturschutzrecht die Parteistellung der NGOs zuerkannt werden wird, bleibt noch abzuwarten – die Linie des EuGH spricht jedenfalls dafür. 3.3.2. Völkerrechtskonforme Auslegung: Die Verletzung umweltbezogener Bestimmungen als Eingriff in Rechte von Umweltorganisationen? Aufgrund des soeben Festgestellten ist nunmehr der Frage nachzugehen, ob der Wortlaut des Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG eine völkerrechtskonforme Interpretation dahingehend zulässt, dass er NGOs den Zugang zum VfGH aufgrund Umweltrechtsverletzungen gewährt. Dafür sind die entscheidenden Elemente der Norm zu analysieren und ist zu prüfen, ob deren Formulierung und Inhalt auch die Geltendmachung von Rechten von NGOs inkludieren kann. Neben der bereits behandelten Frage nach dem Antragssteller – anerkannte Umweltorganisationen, die gem § 19 Abs 6 UVP-G immer Stiftungen oder Vereine sind, sind jedenfalls „Person“ iSd Art 139 B-VG – ist die Frage, ob die NGO als „Person“ ein subjektives Recht daran hat, dass Umweltschutzvorschriften eingehalten werden, ungleich schwerer zu beantworten. Ein solches subjektives Recht kann immerhin aus Art 9 Abs 3 Aarhus-K abgeleitet werden (siehe oben). Dies macht NGOs zu den rechtlichen Vertretern von Umweltinteressen, jeder rechtswidrige Eingriff in die Umwelt ist also ein Eingriff in deren Rechtssphäre. In diesem Sinne kann die Rechtswidrigkeit einer V die Umweltorganisation somit in „ihren Rechten“ verletzen. Es ließe sich die Auffassung vertreten, dass die Zulassung von NGOs zum Verordnungsprüfungsverfahren vor dem VfGH im Rahmen des Individualantrags durch den Wortlaut des Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG also keineswegs ausgeschlossen, sondern vielmehr in einer völkerrechtskonformen Auslegung, die die 57

Vgl VfSlg 7478/1975; siehe dazu und zum Folgenden Potacs, Auslegung im öffentlichen Recht (1994) 83.

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Verpflichtung aus Art 9 Abs 3 Aarhus-K einbezieht, geboten ist.58 Anders beurteilte dies jedoch jüngst der VfGH: Mit Beschluss vom 14.12.2016, V134/2015, wies er den Individualantrag anerkannter Umweltorganisationen auf Aufhebung einer V (hier: wasserwirtschaftlicher Rahmenplan) mangels Legitimation mit der Begründung zurück: die Parteistellung begründete sich nicht durch die Aarhus-Konvention. Da die antragstellenden Umweltorganisationen nicht Normadressaten der anzufechtenden V seien, wären die in Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG festgelegten Voraussetzungen des Individualantrags von vornherein nicht erfüllt. Der vonseiten der NGOs argumentierten Beschwerdelegitimation, die sich aus unionsrechtlichen Vorgaben ableite, hält er entgegen, „dass dies bereits daran scheitert, dass die ins Treffen geführte Bestimmung des Art 9 Abs 3 des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (BGBl III 88/2005) – selbst im Falle ihrer unmittelbaren Anwendung – keine Parteistellung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu begründen vermag. Das Recht, Verordnungen vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen, wird durch Art 139 Abs 1 B-VG abschließend geregelt.“59

3.4. Ergebnis: Die Möglichkeit der Einschränkung bzw Aufhebung der Naturschutzgebiete am Warscheneck Auch wenn die Naturschutzbehörde nicht durch das Oö NSchG daran gehindert wird, die bestehenden Naturschutzgebiete zu ändern bzw aufzuheben, hat sie dabei jedenfalls die Vorgaben des Art 11 Abs 1 NSchP zu beachten. Da diese, auf der Stufe eines Gesetzes stehende Bestimmung zur grundsätzlichen Erhaltung von Schutzgebieten im Sinne des Schutzzwecks verpflichtet, dürfen bestehende Schutzgebiete nur dann geändert oder aufgehoben werden, wenn der Schutzzweck dieser Gebiete nicht mehr in der ursprünglichen Form gegeben ist oder wenn dieser von anderen öffentlichen Interessen von überragendem Gewicht überstiegen wird. Da solches in den Naturschutzgebieten des Warschenecks – soweit ersichtlich – 58

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Vgl dazu auch Weber, Umweltschutz durch Rechtsschutz? Internationale und Europäische Vorgaben für den Rechtsschutz im Umweltrecht und ihre Umsetzung in Österreich (2015) 228 ff, nach der unionsrechtlich gewährleistete Rechte, die den Berechtigten entweder explizit gesetzlich eingeräumt werden oder durch unionsrechtskonforme Auslegung aus den bestehenden innerstaatlichen Normen ermittelt werden können, als Rechte im Rahmen eines Individualantrags vor dem VfGH geltend gemacht werden können; eine vergleichbare Situation besteht im konkreten Fall für durch völkerrechtskonforme Interpretation ermittelte Rechte. VfGH 14.12.2016, V134/2015.

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nicht gegeben ist, würde eine Änderung bzw Aufhebung dieser Gebiete aufgrund Verstoßes gegen Art 11 Abs 1 NSchP eine gesetzwidrige V darstellen. Eine solche kann grds sodann nach Art 139 B-VG vor dem VfGH bekämpft werden. Ob in diesem Zusammenhang auch anerkannten NGOs eine Antragsbefugnis zukommt, wird höchstgerichtlich jedoch (noch) verneint.

4. Conclusio Im Lichte der obigen Ausführungen kann festgehalten werden, dass sich beinahe alle Infrastrukturmaßnahmen, die für die Erweiterung eines Skigebiets wesentlich sind, am Rahmen des Wasser- und Naturschutzrechts orientieren müssen. Dass dieser normative Rahmen äußerst eng ist, vermag die projektierte Skigebietserweiterung vor große, wenn auch nicht absolut unüberwindbare Hürden zu stellen. Wenngleich sämtliche Bauvorhaben wasserrechtlich bewilligungspflichtig sind, muss alsdann im Verfahren festgestellt werden, ob negative Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und dabei insb auf die Trinkwasserversorgung zu erwarten sind. Ist dies der Fall, sind die Chancen auf eine Projektrealisierung im gegebenen Fall freilich äußerst gering, immerhin wird dem öffentlichen Interesse an der Trinkwasserversorgung Vorrang vor etwaigen wirtschaftlichen Vorzügen zu geben sein, zumal die Wirtschaftlichkeit eines derartigen Skigebietes aufgrund der flächenmäßig überschaubaren Ausdehnung und geringen Seehöhe ohnehin in der heutigen Zeit als zweifelhaft gilt. Restriktiver verhält es sich mit den Schutzvorschriften des Naturschutzgesetzes, respektive der Alpenkonvention. Die aufgrund des Wissens um die wirkmächtigen Hürden gestellte Frage nach der Aufhebung ebenjenes Schutzgebietes kann zugunsten des Naturschutzes beantwortet werden. Im Ergebnis kann dem Projekt, unbeschadet seiner tatsächlichen Ausgestaltung, uE ein geringer Wahrscheinlichkeitsgrad bezüglich der Realisierung prognostiziert werden.

IV. Aktuelle Entwicklungen – Judikatur

Die Spruchpraxis des Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) Bedeutung und aktuelle Entscheidungen1 Gregor Schamschula

1. Funktionsweise des ACCC Das Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) ist ein Teil des Compliance Mechanismus der Aarhus-Konvention2 (AK). Die Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der im Rahmen der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) verhandelt und abgeschlossen wurde. Erstmals richtet sich ein solcher völkerrechtlicher Vertrag auf die Ermächtigung von Einzelpersonen und Organisationen zur Teilnahme im Umweltrecht, indem mit dem dreisäuligen Modell Umweltinformationen – Beteiligung in Verfahren – Rechtsschutz die betroffene Öffentlichkeit Rechte verliehen bekommen soll. Die Konvention trat am 30.10.20013 in Kraft und wurde von Österreich4 sowie der Europäischen Union5 2005 ratifiziert. Es handelt sich um ein „gemischtes Abkommen“, die Zuständigkeiten verteilen sich daher auf die EU und deren Mitgliedstaaten. Für die ersten beiden Säulen, Umweltinformationen und Beteiligung im Umweltrecht wurden durch die EU Richtlinien erlassen, für die dritte Säule, den Rechtsschutz, scheiterte die EU Kommission bisher aufgrund von Widerstand der Mitgliedstaaten daran, eine einheitliche Umsetzung zu schaffen.6 Es obliegt den Mitgliedstaaten, bzw der EU für eine ordentliche 1 2

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Das Manuskript wurde am 25.10.2017 abgeschlossen. Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention), 25.06.1998, 2161 UNTS 447. www.unece.org/env/pp/ratification.html (12.10.2017). BGBl III 2005/88. Beschluss 2005/370/EG des Rates v 17. Februar 2005 über den Abschluss des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten im Namen der Europäischen Gemeinschaft, ABl L 2005/124, 1. Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 28.01.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl L 2003/41, 26; Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezo-

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Umsetzung der Konvention auf ihrer Ebene Sorge zu tragen. Bleiben sie jedoch untätig, kann die EU einschreiten, wenn die Umsetzung auch in ihrem Kompetenzbereich liegt. Mit der Streitfrage der Kompetenzverteilung im Bereich der AK zwischen der EU und den Mitgliedstaaten beschäftigte sich auch das ACCC bereits in mehreren Fällen.7 Um gegen Verstöße und gegen fehler- sowie lückenhafte Umsetzung der AK durch deren Vertragsparteien vorzugehen, wurde in dieser die Notwendigkeit eines Compliance Mechanismus vorgesehen.8 In Art 15 der Konvention wurde die Vertragsstaatenkonferenz9 damit beauftragt, eine Regelung zur Überprüfung der Einhaltung zu finden: Die Tagung der Vertragsparteien trifft durch Konsensentscheidung Regelungen über eine freiwillige, nichtstreitig angelegte, außergerichtliche und auf Konsultationen beruhende Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Übereinkommens. Diese Regelungen lassen eine angemessene Einbeziehung der Öffentlichkeit zu und können die Möglichkeit beinhalten, Stellungnahmen von Mitgliedern der Öffentlichkeit zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen zu prüfen.10

Dazu richtete die Vertragsstaatenkonferenz eine Arbeitsgruppe ein, die die Details für das ACCC ausarbeitete.11 Bei dem ersten offiziellen Treffen der Konferenz wurde durch den Beschluss I/7 über den Compliance Mechanismus das ACCC offiziell eingerichtet und die Mitglieder erstmals gewählt.12 Eine Besonderheit des ACCC ist, dass neben Mitteilungen/Beschwerden von anderen Vertragsparteien und „Selbstanzeigen“, sowie Mitteilungen des Sekretariats auch die Öffentlichkeit die Möglichkeit hat, einen Fall vor das Komitee zu bringen. Darüber hinaus kann auch die Vertragsstaatenkonferenz Fälle dem ACCC übertragen. Ob dieses aber auch das

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gener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl L 2003/156, 17. Nach aktueller Rsp des EuGH sind die Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit nicht abschließend in der RL 2003/35/EG geregelt, sondern vielmehr auch in anderen Umweltrichtlinien (zB 2000/60/ EG, 92/43/EWG) enthalten; siehe dazu EuGH 08.11.2016, Rs C-243/15; 20.12.2017, Rs C-664/15. ACCC/C/2014/101, ACCC/C/2014/123. Art 15 AK. Englisch: Meeting of the Parties – MOP. Art 15 AK, nicht-offizielle, deutschsprachige Übersetzung der Konvention; mit Österreich und der Schweiz abgestimmte Fassung 105-9903303. http://www.unece.org/env/pp/wgcrp.html (12.10.2017). ECE/MP.PP/2/Add.8, decision I/7.

Die Spruchpraxis des Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC)

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Recht hat, selbständig wahrgenommene Verstöße zu untersuchen ist nicht geklärt.13 Über die Arbeitsweise des ACCC hat dieses im Laufe der Zeit eigene Guidelines erstellt und entwickelt diese laufend fort.14 Die neun Mitglieder des Komitees werden von der Vertragsstaatenkonferenz gewählt, sie repräsentieren nach ihrer Wahl nicht ihr Herkunftsland, sondern sollen das Amt unabhängig ausüben. Voraussetzung für die Wahl ist, StaatsbürgerIn eines Vertragsstaates15 zu sein und fachliche Erfahrung16 im Bereich der Konvention vorweisen zu können. Das Recht auf Nominierung haben die Vertragsparteien und anerkannte NGOs, pro Herkunftsstaat kann nur eine Person dem ACCC angehören.17 Die Wahl erfolgt nach Möglichkeit im Konsens der Vertragsstaatenkonferenz, andernfalls per geheimer Wahl mit einfacher Mehrheit.

2. Bedeutung der Rechtsauslegung durch das ACCC Die Hauptaufgabe des ACCC ist die Behandlung von Fällen, die dem Komitee vorgelegt wurden. Es entscheidet über die Zulässigkeit18 der Fälle und leitet bei zulässigen Beschwerden eine Untersuchung mit Stellungnahmen des betroffenen Staates und ergänzenden Mitteilungen durch die beschwerdeführende Partei ein. Stellt das ACCC schließlich bei Vorlage aller Unterlagen und Stellungnahmen einen Verstoß gegen die Konvention fest, hält es den Sachverhalt, die Äußerungen und den Verstoß in sog „findings“ fest. Auch wenn kein Verstoß festgestellt wird, erstellt das ACCC findings, legt diese allerdings nicht der Vertragsstaatenkonferenz vor. Die findings beinhalten neben der Feststellung des Verstoßes auch bereits Empfehlungen für die betroffene Partei, wie der Verstoß abgestellt werden kann. Sie sind zwar nach hM nicht rechtsverbindlich, die Partei darf jedoch die Erreichung des gewünschten Zustandes nicht aktiv sabotieren und ist „eingeladen“ die Empfehlungen umzuset13

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Sowohl auf der Website als auch im Leitfaden des ACCC spricht dieses von den bereits genannten fünf möglichen Gründen für den Start eines Compliance-Verfahrens, danach verweisen beide Dokumente auf die Möglichkeit der Eigeninitiative des ACCC. http://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/compliance/CC_GuidanceDocument.pdf (12.10.2017). Auch die BürgerInnen bloßer „Unterzeichnerstaaten“, die die Konvention noch nicht ratifiziert haben, können bereits Beschwerden einbringen; derzeit gibt es keine solchen bloßen „Unterzeichnerstaaten“. Diese Erfahrung muss nicht praktisch-juristischer Natur sein, auch WissenschafterInnen mit Erfahrung im Umgang mit der Aarhus-Konvention sind zugelassen. ACCC Guidance Document, 9. Erfüllung von Großteils reinen Formalkriterien, wie etwa: keine anonymen Eingaben, mangelnder Nachweis des behaupteten Verstoßes, etc; Vgl dazu ECE/MP.PP/2/Add.8, decision I/7 Abs 20.

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zen.19 Da die findings Empfehlungen beinhalten, wie der Konvention entsprochen werden kann, kommen diesen praktisch hohe Bedeutung und Beachtlichkeit zu. Sollte der Verstoß nicht behoben werden, bereitet das ACCC einen Bericht für die Vertragsstaatenkonferenz vor, in dem neben der findings und Empfehlungen auch alle bisher gesetzten Maßnahmen beschrieben werden. Unabhängig davon, dass die findings des ACCC bereits eine gewisse Kraft entfalten, haben sie ein praktisch großes Gewicht dadurch, dass die Vertragsstaatenkonferenz bisher immer die Ergebnisse unverändert bestätigte. Ähnlich wie bei den oft gefolgten Schlussanträgen der Generalanwaltschaft beim EuGH ist daher die Arbeit des ACCC von hoher praktischer Bedeutung. Anders als beim EuGH ist jedoch die Vertragsstaatenkonferenz an die Aussagen des ACCC gebunden. Es ist daher nicht möglich, weitergehende oder anderslautende findings zu beschließen.20 Das Komitee wird aufgrund dessen auch regelmäßig in der Rsp zitiert.21 Die Vertragsstaatenkonferenz entscheidet in der Regel einstimmig22 über die Fälle, die vom ACCC vorgelegt werden. Die Entscheidung ist dabei inhaltlich an die findings des ACCC gebunden und kann diese entweder bestätigen, ablehnen, oder aber auch vertagen.23 Mit einer Entscheidung der Vertragsstaatenkonferenz werden die Verpflichtungen für die Parteien rechtsverbindlich. Nach Art 31 Abs 3 der Wiener Vertragsrechtskonvention24 ist ein einstimmiger Beschluss eine Weiterentwicklung bzw Klarstellung des Vertrages und somit für alle Vertragsparteien verbindlich.25 Die Bedeutung von Entscheidungen in einzelnen Fällen geht daher über den Anlassfall deutlich hinaus.

3. Aktuelle Fälle und Entscheidungen Das ACCC behandelte in letzter Zeit einige spannende Fragen, drei konkrete Beispielfälle sollen hier kurz geschildert werden. Da die Vertragsstaatenkonferenz 2017 19 20 21 22 23 24 25

Alge, Der Aarhus Convention Compliance-Mechanismus, RdU 2011, 136ff. ECE/MP.PP/2/Add.8, decision I/7, Rn 34, 37. Vgl VwGH 30.06.2016, Ro 2014/07/0028; EuGH Schlussanträge v 12.10.2017, Rs C-664/15. Es ist alles daran zu setzen, einen Konsens zu erzielen. Ist dieser nicht möglich, genügt eine ¾ Mehrheit. ECE/MP.PP/2/Add.2, decision I/1, Rule 35. Eine inhaltliche Änderung ist in den Regeln des Compliance Mechanismus nicht vorgesehen. Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge v 23.05.1969, 1155 UNTS 331. Die konkrete Entscheidung der MOP beinhaltet nur Verpflichtungen für die betroffene Vertragspartei. Da damit aber die Aarhus-Konvention verbindlich ausgelegt wird und gleiche Verstöße einer anderen Partei auch gleich entschieden würden, sind auch die anderen Parteien dadurch mit betroffen.

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bereits tagte, kann auch deren Entscheidung, sofern vorhanden, bereits dargelegt werden.

3.1. Zugang zu Gerichten – Vereinigtes Königreich: ACCC/C/2013/8526 und ACCC/C/2013/8627 Die Fälle 85 und 86 wurden durch das ACCC aufgrund der ähnlichen Fallkonstruktion verbunden. Inhaltlich galt es, mehrere Fragen zu beantworten: Erstens, ob privatrechtliche Tatbestände wie der nachbarschaftsrechtliche Immissionsschutz28 auch „umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts“ gemäß Art 9 Abs 3 AK darstellen. Das ACCC zog zur Interpretation die Definition des Art 2 Abs 3 AK29 heran und fand, dass die Konvention keine Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Bereichen trifft. Nach Meinung des ACCC umfasst daher Art 9 Abs 3 AK auch privaten Immissionsschutz. Dass Privatrecht an sich unter die AK fallen kann, stellt das Komitee bereits in einem früheren Fall des Vereinigten Königreichs fest.30 Die Feststellung der Erfassung von privatem Immissionsschutz gegen Lärm, Gerüche, Rauch, Staub, Vibrationen und dergleichen ist nun aber eindeutig. Die zweite und eigentliche Frage dieses Falles betraf die Voraussetzungen des Art 9 Abs 4 AK zu fairen, gerechten, zügigen und nicht übermäßig teuren Verfahren. Die Verfahrenskosten sind im Vereinigten Königreich ein häufiges Thema. Das ACCC sprach dabei aus, dass es ausreicht, wenn einer der zur Verfügung stehenden Rechtswege den Anforderungen von Art 9 Abs 4 AK gerecht wird. Gibt es mehrere Möglichkeiten für ein Verfahren, muss daher nur ein Verfahren die Voraussetzungen erfüllen. Gleichzeitig muss das alternative Verfahren jedoch dem gleichen Personenkreis zugänglich sein31, den gleichen Umfang über Handlungen und Unterlassungen haben, einen angemessenen und effektiven Rechtsschutz bieten und leistbar sein. Nicht effektiv und daher nicht ausreichend sind reine Anzeigeverfahren an die Behörde und Verfahren vor Ombudsstellen, da der Rechtsanspruch dort nicht durchsetzbar ist bzw keine Beteiligung im Verfahren besteht. Da das Alternativverfahren somit nicht den Voraussetzungen des Art 9 Abs 4 AK reichte und auch das 26 https://www.unece.org/env/pp/compliance/compliancecommittee/85tableuk.html (24.10.2017). 27 https://www.unece.org/env/pp/compliance/compliancecommittee/86tableuk.html (24.10.2017). 28 Äquivalent etwa zu den österreichischen §§ 364ff ABGB. 29 Art 2 Abs 3 AK definiert den Umfang zu „Informationen über die Umwelt“. 30 ACCC/C/2008/23, https://www.unece.org/env/pp/compliance/Compliancecommittee/23TableUK.html (24.10.2017). 31 Hier: der betroffenen Öffentlichkeit.

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Hauptverfahren nicht zugänglich und leistbar war, sah das ACCC einen Verstoß durch das Vereinigte Königreich. Die Vertragsstaatenkonferenz 2017 schloss sich dieser Meinung an und forderte das Vereinigte Königreich zum Handeln auf. Das Vereinigte Königreich akzeptierte diese findings auch.

3.2. Betroffene Öffentlichkeit – Schweden: ACCC/C/2013/8132 In Fall 81 behandelte das ACCC die Frage, ob Schweden seine Verpflichtungen nach der AK verletzte, da die Frage der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an ein reines Distanzkriterium gebunden war, unabhängig von den tatsächlichen potentiellen Auswirkungen. Anders als in Österreich ist in der schwedischen Rechtslage ein gesetzlich festgeschriebener Abstand zu geplanten Projekten für die Frage der Beteiligung relevant. Gerade hinsichtlich Projekten mit potentiell großen Auswirkungen wie Atomkraftwerken ist diese festgeschriebene Abstandsregelung schwer mit der sich an der potentiellen Auswirkung des Projektes orientierenden Beteiligungsregelung vereinbar. Im konkreten Fall gelang jedoch der beschwerdeführenden Partei nicht der Nachweis, dass im Anlassfall bloß auf die festgelegte Entfernung abgestellt wurde. Daher sah sich das ACCC gezwungen, keinen Verstoß festzustellen. Es wurde jedoch festgehalten, dass Entscheidungen von Behörden/Gerichten klare Begründungen über etwa die Parteistellungskriterien enthalten sollen und dass ähnlich wie in Österreich eine auswirkungsabhängige Beteiligung bevorzugt wird. Da das ACCC die Konvention aus Mangel an Beweisen nicht als verletzt ansah, wurde der Fall nicht an die Vertragsstaatenkonferenz 2017 weitergeleitet.

3.3. Access to Justice – Europäische Union: ACCC/C/2008/32 (Teil 2)33 Die Europäische Union ist Vertragspartei der AK (siehe bereits oben Kapitel 1). Im Zuge dessen wurden auch bereits mehrere Rechtsakte von der EU gesetzt.34 Gerade 32 33 34

https://www.unece.org/env/pp/compliance/compliancecommittee/81tablesweden.html (24.10.2017). https://www.unece.org/env/pp/compliance/Compliancecommittee/32TableEC.html (24.10.2017). Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 28.01.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl L 2003/41, 26; Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl L 2003/156, 17; Verordnung (EG) Nr 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates v 06.09.2006 über

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die Verordnung bezüglich der Anwendbarkeit der Konvention auf EU-Ebene führte bereits mehrfach zu Konflikten zwischen NGOs und der EU.35 In Fall 32 stellte das ACCC fest, dass die Umsetzung der AK auf EU-Ebene gegen Art 9 Abs 3 und 4 der Konvention verstößt. Auch die restriktive Rechtsetzung durch EuG und EuGH war Gegenstand des Falles. Art 9 Abs 3 der Konvention besagt, dass „Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu […] Verfahren haben…“. Diese Kriterien beziehen sich nur auf die Frage der Parteistellung der betroffenen Öffentlichkeit, etwa durch Anerkennung als Umweltorganisation.36 Der Umfang der bekämpfbaren Handlungen und Unterlassungen darf jedoch nicht von diesen Kriterien abhängen. Hier sah das ACCC einen Verstoß der EU. Auch verstößt laut ACCC die EU gegen die AK, da das direkte Anrufen von europäischen Gerichten so gut wie unmöglich ist. Die EU selbst sieht als Gerichte alle nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten, die dem EuGH Rechtsfragen vorlegen könnten. Diese Argumentation reichte dem ACCC nicht,37 da dies vor allem jene Fälle völlig ausschließt, die sich direkt gegen EU-Organe richten. Zusätzlich sah das ACCC den Umweg über Vorlageverfahren durch nationale Gerichte als zu langwierig und ineffizient an. Auch die Prüfung der Parteistellung der betroffenen Öffentlichkeit durch die europäischen Gerichte anhand der sog Plaumann-Formel38 sah das ACCC als zu streng an. Schließlich kritisierte das ACCC auch die Aarhus-Verordnung39 in mehreren Punkten: 1. Unter „betroffene Öffentlichkeit“ dürfen nicht nur NGOs erfasst sein. 2. Die Beschränkung auf „Akte mit persönlicher Betroffenheit“40 im Umweltrecht sei zu streng.

35

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die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, ABl L 2006/264, 13. Etwa die fast vollständig abgelehnten über 30 „requests for internal review“ durch Umwelt-NGOs unter der AK gegen Institutionen der EU; http://ec.europa.eu/environment/aarhus/requests.htm (24.10.2017). Vgl Art 2 Abs 5 AK und § 19 Abs 7 UVP-G 2000. Diese Rechtsfrage wurde darüber hinaus bereits im ersten Teil dieses Falles durch das ACCC geklärt. EuGH 15.07.1963, Rs C-25/62. Verordnung (EG) Nr 1367/2006. Vgl Plaumann-Formel, FN 39.

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3. Unter Art 9 Abs 3 AK sind Rechtsakte bekämpfbar, „die gegen umweltbezogene Bestimmungen verstoßen“. Dies können auch Rechtsakte sein, die etwa unter einer eigentlich nicht originär umweltrechtlichen Norm stehen, aber Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dies kann etwa auch Steuerregelungen oder Beihilfefragen betreffen. 4. Die Beschränkung auf Akte mit rechtlicher, externer Bindungswirkung ist nicht zulässig, vielmehr sind auch reine Guidelines von Art 9 Abs 3 AK umfasst. 5. Der Ausschluss von „administrative reviews“ ist unter der AK zwar nicht verboten, das ACCC äußerte jedoch schwere Bedenken. Mehrere Kritikpunkte des ACCC bezogen sich dabei auf das Verwaltungshandeln und die Rsp der europäischen Gerichte. Die EU sah darin einen Angriff des ACCC auf Art 263 AEUV41 und damit auf Primärrecht der Union, welches laut EU über der Konvention stehe. Die Wiener Vertragsrechtskonvention, auf die sich das Compliance Komitee bezog42, schließt allerdings aus, dass eigenes Recht von Vertragsparteien als Rechtfertigung für Vertragsverletzungen herhalten kann.43 Das ACCC ergänzte dazu, dass es als Kritik an der Rsp und Verwaltungspraxis zu sehen sei und eine Änderung dieser, ohne Änderung des Primärrechts, bereits ausreichen würde. Die Vertragsstaatenkonferenz 2017 entschied, diesen Fall auf die nächste Vertragsstaatenkonferenz zu vertagen.

4. Vertragsstaatenkonferenz 2017 und künftige Entwicklungen Im September 2017 fand bereits die 6. Vertragsstaatenkonferenz der AK in Budva statt. Die Entscheidungen zu den genannten Fällen wurden bereits berichtet. Die anderen Entscheidungen sind bereits verfügbar.44 Der anhängige Fall Österreichs zur Verletzung von Art 9 Abs 3 der Konvention45 wurde dort besprochen und Österreichs „non-compliance“ bezüglich des Zugangs zu Gerichten für die betroffene Öffentlichkeit bestätigt. Hinsichtlich des Rechtsschutzes bei Umweltinformationen ist Österreich nach Novellen des Bundes-Um41 42

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. https://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/compliance/CC-57/ACCC_statement_on_ Commission_proposal_on_C32_30.06.2017.pdf (24.10.2017). 43 Art 27 leg cit. 44 https://www.unece.org/env/pp/aarhusmop6&prtrmopp3/main.html (24.10.2017). 45 ACCC/C/2010/48, https://www.unece.org/env/pp/compliance/Compliancecommittee/48TableAT.html (24.10.2017).

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weltinformationsgesetzes46 und der neun Landesumsetzungen über Zugang zu Umweltinformationen nicht mehr säumig. Bezüglich des Zugangs zu Gerichten für die betroffene Öffentlichkeit ist von Österreich nun jährlich ein Fortschrittsbericht an das ACCC zu übermitteln. Österreich nahm die Ergebnisse der Vertragsstaatenkonferenz mündlich bereits an und zeichnete sich bisher durch eine sehr offene und transparente Berichtspraxis unter Einbeziehung der betroffenen Öffentlichkeit aus.47 Die Frage der rechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung von Entscheidungen der Vertragsstaatenkonferenz ist nicht strittig: pacta sunt servanda, die AK ist einzuhalten. Gleichzeitig gibt es keine finanziellen Sanktionsmöglichkeiten durch Geldstrafen wie im Unionsrecht. Eine Änderung des Compliance Mechanismus ist nun, dass die Vertragsstaatenkonferenz nur noch alle vier, statt wie bisher alle drei Jahre tagen wird. Die unmittelbar rechtsverbindlichen und vertragsgestaltenden Beschlussfassungen können sich daher künftig etwas verzögern.

46 47

Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen über die Umwelt, BGBl 1993/495. http://www.oekobuero.at/images/doku/oekobuero_shadow_report_austria_mop6_final.pdf (24.10.2017).

Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz in Umweltverfahren Status quo und Zukunftsperspektiven einer aarhuskonformen Umsetzung in Österreich1 Barbara Weichsel-Goby/Paul Kuncio

1. Der lange Weg zur Öffentlichkeitsbeteiligung Historisch kann der Beginn des langen Weges hin zu einer Öffentlichkeitsbeteiligung in österreichischen Umweltverfahren vor allem mit Ende der 1970er bzw Anfang/Mitte der 1980er festgemacht werden; nämlich an folgenden zwei, aus Sicht der Umweltbewegung hocherfolgreichen, geschichtsträchtigen Ereignissen: der Abwendung einer Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Zwentendorf und der Verhinderung des Baus eines Donaukraftwerks im Gebiet der Hainburger Au. Rechtlich verankert wurde die Öffentlichkeitsbeteiligung aber erst viele Jahre später (und das bis heute auch nur in vergleichsweise wenigen, ausgewählten Verfahren): für Bürgerinitiativen erstmals 1993 im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens,2 für Umweltorganisationen erstmals im Wege der UVP-G-Novelle 2004.3 Die bis heute langsamen Fortschritte im Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung und des korrespondierenden Rechtsschutzes lassen sich vor allem an im politischen Entscheidungsprozess zahlreich einfließenden Befürchtungen festmachen, eine weitergehende Beteiligung der Öffentlichkeit würde zu einer Verfahrensflut, maßgeblichen zeitlichen Verzögerungen der Genehmigungsverfahren und einem Anstieg der Verfahrenskosten führen. Befürchtungen, die sich, zumindest für das UVP-Verfahren als zentralem Paradeverfahren einer möglichst umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung, nicht belegen lassen.4 Vorteile einer Öffentlichkeitsbeteiligung gäbe es viele, um nur einige zu nennen: die Sicherstellung transparenter und nachvollziehbarer Verfahren; eine Stärkung des Umweltbewusstseins; die Möglichkeit für die Öffentlichkeit, ihre Anliegen zum 1 2 3 4

Das Manuskript wurde am 14.12.2017 abgeschlossen. Vgl § 19 Abs 4 UVP-G, BGBl 1993/697. Vgl BGBl I 2004/153. Vgl die Ergebnisse der UVP-Berichte des BMLFUW an den Nationalrat. Der letzte UVP-Bericht kann hier abgerufen werden: https://www.bmlfuw.gv.at/umwelt/betriebl_umweltschutz_uvp/uvp/ materialien/berichte_rundschr.html (14.12.2017).

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Ausdruck bringen zu können, sowie im Gegenzug die Möglichkeit für die Behörden, diese Anliegen angemessen berücksichtigen zu können und damit die Generierung einer friedensstiftenden Funktion. Wie auch immer – je nach Stakeholderperspektive – Pro und Contra einer Öffentlichkeitsbeteiligung gewichtet werden mögen: Fakt ist, dass es eine völker- und unionsrechtliche Verpflichtung zu einer weiteren Öffnung der Umweltverfahren zu Gunsten der Öffentlichkeit gibt, welcher rechtlich nachzukommen ist. Denn: Mit der Ratifizierung der Aarhus-Konvention durch Österreich im Jahr 20055 trat ein völkerrechtlicher Vertrag in Kraft, auf Grund dessen an einer maßgeblichen Aufweitung der derzeit bestehenden Möglichkeiten der Öffentlichkeit punkto Beteiligung und Rechtsschutz rechtlich kein Weg mehr vorbei führt. Um dem erklärten Konventionsziel, zum Schutz des Rechts jeder männlichen/weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen, Rechnung zu tragen, sind den Mitgliedern der (betroffenen) Öffentlichkeit von den Vertragsparteien rechtlich durchsetzbare Verfahrensrechte zu gewähren, nämlich: das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.6 Der sachliche Anwendungsbereich der Aarhus-Konvention bezieht sich dabei potentiell auf den gesamten (!) Umweltrechtsbereich. Es nimmt nicht weiter Wunder, dass sich eine vollständige Umsetzung der Vorgaben der Aarhus-Konvention angesichts dieser umfangreichen Öffnung von Umweltverfahren, die hier abverlangt wird, schwieriger als erwartet erweist. Neben wirtschaftspolitischen Interessen ist die zum Teil schwierige Kompatibilität mit dem nationalen Recht zu nennen. Dazu kommen eine umfangreiche Aarhus-Jud des EuGH, die eine Verdichtung der Rechtslage im Vakuum der legistischen Nicht-Umsetzung herbeiführt, sowie zahlreiche, völkerrechtlich verbindliche Findings des Aarhus Convention Compliance Committee (im Folgenden: ACCC).7 Die Umsetzungsprobleme der Aarhus-Konvention lassen sich im österreichischen Kontext symptomatisch insb durch das seit Juli 2014 anhängige EU-Aarhus-Ver-

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Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten samt Erklärung, BGBl III 2005/88. Vgl Art 1 Aarhus-Konvention. Das Aarhus Convention Compliance Committee ist eine außergerichtliche Einrichtung für die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen der Vertragsparteien aus der Aarhus-Konvention. Vgl idZ auch Decision I/7 on review of compliance v 02.04.2004, ECE/MP.PP/2/Add.8.

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tragsverletzungsverfahren8 belegen, worin die Europäische Kommission der Republik Österreich vorwirft, dass ein mangelhafter Zugang der Öffentlichkeit in Umwelt­angelegenheiten im Anwendungsbereich der Flora-Fauna-Habitat-RL, der Wasserrahmen-RL, der Luftqualitäts-RL und der Abfallrahmen-RL bestehe; weiters sei auf die zwei nach wie vor gegen Österreich anhängigen Beschwerdeverfahren vor dem ACCC hingewiesen, worin Österreich hauptsächlich deshalb non-compliance mit der Aarhus-Konvention, in concreto dessen Art 9 Abs 3, vorgeworfen wird, weil es „in zahlreichen der bereichsspezifischen Umweltrechtsvorschriften Umwelt-NGOs keine Parteistellung gewährt, um die Handlungen und Unterlassungen einer Behörde oder einer Privatperson anzufechten“.9 Auch bei den anderen Vertragsparteien sind im kleineren oder größeren Umfang Umsetzungsprobleme punkto Implementierung der Vorgaben der Aarhus-Konvention festzustellen. Auf Basis einer Auswertung der Beschwerdefälle an das ACCC lässt sich folgende Gewichtung der Beschwerdefälle festmachen: 15 % der Beschwerden betreffen Probleme hinsichtlich des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, 37 % beziehen sich auf Probleme beim Gerichtszugang und der überwiegende Teil, nämlich 48 %, betreffen den Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung per se.10 Fragt sich: Was verlangt nun die Aarhus-Konvention im Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung und des Rechtsschutzes?

2. Vorgaben der Aarhus-Konvention zur Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltverfahren Art 6, 7 und 8 der Aarhus-Konvention umfassen die zweite Säule, die „Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltverfahren“. Zum einen sieht Art 6 die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren über die in Anh I der Aarhus-Konvention angeführten Vorhaben sowie gegebenenfalls auch bei weiteren, zwar nicht im Anhang genannten, aber möglicherweise mit erheblichen Umweltauswirkungen verbundenen Tätigkeiten vor.11 Zum anderen wird eine Beteiligung der Öffentlichkeit an Verfahren zur Erstellung umweltbezogener Pläne, Programme und Politiken (Art 7) sowie während der Vorbereitung allgemeiner rechtsverbindlicher Bestim8 9

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Vertragsverletzungsverfahren Nr 2014/4111. Beschwerdefall ACCC/C/2010/48. Der zweite Beschwerdefall ACCC/C/2011/63 betrifft die Nicht­ umsetzung eines Gerichtszugangs für Mitglieder der Öffentlichkeit in Fällen des Verstoßes gegen umweltbezogenes Verwaltungsstrafrecht und gerichtliches Umweltstrafrecht. Vgl dazu die Grafik der UNECE http://www.unece.org/index.php?id=35292 (14.12.2017). ZB Industrieanlagen, Abfallbehandlungsanlagen, Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken und Flughäfen.

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mungen, welche erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, verlangt (Art 8). Zentrale Frage ist zunächst, wer aller unter den Begriff der Öffentlichkeit fällt.

2.1. Öffentlichkeitsbegriff Im Sinne der Aarhus-Konvention bedeutet „Öffentlichkeit“ in einem weiteren Sinn zunächst „eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen“.12 Art 6 der Konvention verlangt demgegenüber „nur“ die Beteiligung der „betroffenen Öffentlichkeit“ an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten. Dieser enger gefasste Begriff umfasst die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit mit einem Interesse daran. Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, wird ein solches Interesse ex lege zugesprochen.13 Dennoch bleibt die in der Aarhus-Konvention vorgenommene Legaldefinition sehr vage und damit die zentrale Frage bestehen: Wer konkret ist nun nach nationalem Recht an welchen Umweltverfahren zu beteiligen? An dieser Stelle sei vorauszuschicken, dass die Umsetzung der Aarhus-Konvention maßgeblich durch Unionsrecht gestaltet, aber auch vorangetrieben wurde.14 Zu jenen unionsrechtlichen Rechtsakten zählen ua die ÖB-RL 2003/3515, die korrespondierenden Änderungen der UVP- bzw IPPC-RL16 sowie die aktuelle UVP-RL 2014/52/ EU17 als auch die SUP-RL18. Zwar sehen diese Rechtsakte ausdrückliche Vorschriften 12 13 14 15

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Art 2 Z 4 Aarhus-Konvention. Vgl Art 2 Z 5 Aarhus-Konvention. Die EU ratifizierte die Aarhus-Konvention im Jahr 2005, wodurch diese entsprechend Art 216 AEUV zu einem integralen Bestandteil des Unionsrechts wurde; vgl Beschluss 2005/370/EG. Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl L 2003/156, 17. Nunmehr: Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen. Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl L 2014/124, 1. Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl L 2001/197, 30.

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für die Öffentlichkeitsbeteiligung vor, geben aber keine nähere Auskunft darüber, wer nun zum Kreis der betroffenen Öffentlichkeit zählt. Denn in den genannten EU-Richtlinien wurde mehr oder weniger der Konventionswortlaut wortgleich übernommen. Auch wenn man einen Blick in die nationalen Umwelt-Materiengesetze wirft, in denen eine Umsetzung der Aarhus-Konvention und der entsprechenden EU-Richtlinien erfolgte,19 findet man zwar an verschiedenen Stellen den Begriff der Öffentlichkeit, aber ohne einer entsprechenden Legaldefinition. Wer ist also die „Öffentlichkeit“? Gilt gar das „any person“-Prinzip? 2.1.1. Vorgaben von ACCC und EuGH Eine wichtige Richtschnur in der Frage, wer als Mitglied der Öffentlichkeit in welcher Form einzubinden ist, geben die Findings des ACCC sowie die Jud des EuGH an die Hand. 2.1.1.1. Zwingende Einbindung von Umwelt-NGOs

Außer Streit steht, dass Umweltorganisationen, die alle nach innerstaatlichem Recht vorgegebenen Kriterien erfüllen, in Umweltverfahren einzubinden sind (und ihnen in Folge auch Rechtsschutz gewährt werden muss). Betreffend der Anerkennungskriterien, die an Umwelt-NGOs angelegt werden dürfen, ist v.a. auf das Urteil des EuGH in der Rs Djurgården20 hinzuweisen: Danach darf ein Mitgliedstaat verlangen, dass der Umweltschutz ein prioritäres oder wesentliches Ziel einer Umwelt-NGO ist. Denkbar ist auch die Vorgabe einer bestimmten Mindestanzahl an Mitgliedern, um zB sicherzustellen, dass die Umweltvereinigung auch tatsächlich existiert und tätig ist. Diesbezüglich verlangt der EuGH aber, dass die erforderliche Mitgliederzahl keinesfalls so hoch angesetzt werden dürfe, dass sie dem Ziel, die gerichtliche Kontrolle unschwer zu ermöglichen, zuwiderlaufe.21 Für damit unvereinbar hielt der EuGH etwa eine schwedische Rechtsvorschrift, die ein direktes Anfechtungsrecht nach Art 10a der UVP-RL nur jenen Umweltvereinigungen zugestand, die mindestens 2.000 Mitglieder haben.22 Möglich ist ebenso die Festlegung einer gewissen Mindestbestandsdauer als Anerkennungserfordernis für eine Umwelt-NGO. Im Regelfall werden von den Vertragsparteien mehrjäh-

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Eine Umsetzung fand etwa im UVP-G, AWG, MinroG oder der GewO statt. EuGH 15.10.2009, C-263/08, Djurgården, Slg 2009, I-09967. Vgl EuGH 15.10.2009, C-263/08, Djurgården, Slg 2009, I-09967, Rn 47. Vgl EuGH 15.10.2009, C-263/08, Djurgården, Slg 2009, I-09967, Rn 52 und 53 Z 3.

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rige Bestandsdauern zum Kriterium erhoben. Das Erfordernis zB einer dreijährigen Bestandsdauer für die Anerkennung als Umwelt-NGO in § 13 des schwedischen Umweltgesetzbuches wurde vom EuGH nicht weiter in Frage gezogen.23 Weitere Kriterien können, wie die Europäische Kommission in ihrer jüngst veröffentlichten Mitteilung über den Zugang zu Gerichten24 zusammenfasste, die Unabhängigkeit oder Gemeinnützigkeit der Umwelt-NGO oder deren Rechtspersönlichkeit im Rahmen des nationalen Rechts betreffen, oder die Umwelt-NGO muss nachweisen, dass sie über eine solide finanzielle Grundlage verfügt, die die Verfolgung des Ziels der Förderung des Umweltschutzes gestattet.25 Hinsichtlich des Kriteriums der Geltendmachung einer „Rechtsverletzung“, um Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention gegen eine Entscheidung nach Art 6 Aarhus-Konvention beanspruchen zu können, erfolgte eine wesentliche Klarstellung des EuGH in der Rs Trianel26: Sofern eine Vertragspartei als Zugangskriterium zu einem Überprüfungsverfahren nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention die Geltendmachung einer „Rechtsverletzung“ wählt, darf die Art der Rechte, die eine Umwelt-NGO geltend machen kann, anders als bei Einzelpersonen, nicht auf subjektiv-öffentliche Rechte beschränkt werden.27 Vielmehr soll sichergestellt sein, dass die Zugangsberechtigung von Umwelt-NGOs zu Gerichten auch für den Fall besteht, dass die Umwelt-NGO die Verletzung einer Vorschrift geltend machen möchte, die nur die Interessen der Allgemeinheit, nicht aber auch die Rechtsgüter Einzelner schützt.28 Auf das Bestehen sog „echter“29 subjektiver Rechte soll es für eine Beschwerdeberechtigung von Umwelt-NGOs im Anwendungsbereich der Aarhus-Konvention und der diese umsetzenden Rechtsakte also nicht ankommen. Damit haben Umwelt-NGOs, anders als natürliche und sonstige juristische Personen, jedenfalls den Rechtsstatus als „betroffene Öffentlichkeit“ inne, soweit sie die nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen; diesfalls sind sie – sowohl in Bezug auf den Zugang zu umweltbezogenen Entscheidungsverfahren (Art 6 Aarhus-Konvention) als auch in Bezug auf den Zugang zu Überprüfungs23 24 25 26 27 28 29

Vgl EuGH 15.10.2009, C-263/08, Djurgården, Slg 2009, I-09967, Rn 14. Mitteilung der Kommission über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten v 28.04.2017, C (2017) 2616 final. Vgl Mitteilung der KOM, C(2017) 2616 final, Rn 81. EuGH 12.05.2011, C-115/09, Trianel, Slg 2011, I-03673. Vgl EuGH 12.05.2011, C-115/09, Trianel, Slg 2011, I-03673, Rn 45. Vgl EuGH 12.05.2011, C-115/09, Trianel, Slg 2011, I-03673, Rn 60 Z 1. Vgl dazu das Erk des VfGH, VfSlg 17.220/2004, wonach subjektive öffentliche Rechte, die nach österreichischem Recht das Zugangskriterium zu Gericht bilden, „nicht bloß der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern … zumindest auch dem Schutz bestimmter privater Interessen zu dienen bestimmt (sind)“.

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verfahren hinsichtlich unter Art 6 leg cit fallender Entscheidungen (Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention) – ex lege so zu behandeln, als ob sie eine „Rechtsverletzung“ geltend machten oder ein „ausreichendes Interesse“ hätten. Folglich haben die nach innerstaatlichem Recht anerkannten Umwelt-NGOs gleichsam „automatisch“ ein Recht auf Zugang zu den Gerichten.30 Was die „in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegten Kriterien“ in Umweltverfahren nach Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention betrifft, so findet sich hier eine wesentliche Prämisse punkto Umwelt-NGOs, insb in den Findings des ACCC im Fall Belgien: Darin stellt das ACCC unmissverständlich klar, dass, wenn auch keine Popularklage eingeräumt werden müsse, so doch etwaige Kriterien nicht allzu streng angesetzt werden dürften, da der Zugang zu den nach Art 9 Aarhus-Konvention vorgesehenen Überprüfungsverfahren die Regel und nicht die Ausnahme darstellen solle. Dies gelte, so das ACCC, insb auch für Umwelt-NGOs, für die die Kriterien nicht so streng angesetzt werden dürften, dass allen oder beinahe allen der Zugang zu Überprüfungsverfahren verwehrt bliebe.31 In die gleiche Richtung geht das Urteil des EuGH in der Rs Slowakischer Braunbär I32, wonach die Gerichte das Verfahrensrecht […], so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art 9 Abs 3 dieses Übereinkommens als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen (haben), um es einer Umweltschutzvereinigung […] zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten.33

Erinnert sei auch an den allgemeinen Rahmen für die Festlegung von „Kriterien“, den die Aarhus-Konvention jedenfalls dahingehend zieht, dass das Überprüfungsverfahren stets einen „angemessenen und effektiven Rechtsschutz“34 sicherstellen und die Öffentlichkeit zu diesem Zugang haben muss, „ohne dabei wegen Staatsangehörigkeit, Volkszugehörigkeit oder Wohnsitz benachteiligt zu werden.“35 30

Vgl Schlussanträge der GA Sharpston v 02.07.2009, C-263/08, Djurgården, Rn 43; Schlussanträge der GA Sharpston v 16.12.2010, C-115/09, Trianel, Rn 50. 31 Vgl Belgien ACCC/2005/11, ECE/MP.PP/C.1/2006/4/Add.2, 28.07.2006, Rn 35. 32 Vgl EuGH 08.03.2011, C-240/09, Slowakischer Braunbär I (Lesoochranárske zoskupenie VLK), Slg 2011, I-01255. 33 EuGH 08.03.2011, C-240/09, Slowakischer Braunbär I (Lesoochranárske zoskupenie VLK), Slg 2011, I-01255, Rn 54. 34 Art 9 Abs 4 Aarhus-Konvention. 35 Art 3 Abs 9 Aarhus-Konvention.

Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz in Umweltverfahren

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2.1.1.2. Einbindung von Einzelpersonen bei unmittelbarer Betroffenheit

Auch Einzelpersonen gehören zu den Mitgliedern der Öffentlichkeit: Nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention können sie Rechtsschutz beanspruchen, sofern sie ein „ausreichendes Interesse“36 oder eine „Rechtsverletzung“37 geltend machen können. Die gleichen Kriterien können an sie auf Grund des mitgliedstaatlichen Ausgestaltungsvorbehaltes in Überprüfungsverfahren nach Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention angelegt werden. Wählt eine Vertragspartei als Zugangskriterium jenes der „Rechtsverletzung“, so setzt dies im Fall einer Einzelperson voraus, dass diese geltend macht, durch ein Vorhaben in eigenen Rechten verletzt zu sein oder künftig verletzt zu werden.38 Nach dem EuGH ist es im Hinblick auf Einzelne auch zulässig, diese Rechte, deren Verletzung in einem Überprüfungsverfahren geltend gemacht werden kann, auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken.39 Auch Österreich wählte als Zugangskriterium zu gerichtlichen Überprüfungsverfahren das Kriterium der Geltendmachung einer „Rechtsverletzung“ und bezieht sich damit in erster Linie auf die subjektiven Rechte.40 Im Aarhus-Mahnschreiben v Juli 2014 rügte die Europäische Kommission, dass Österreich Einzelpersonen keine Klagebefugnis einräumt, um vorgenommene Handlungen oder begangene Unterlassungen, die gegen die FFH-RL, die Wasserrahmen-RL und die Luftqualitäts-RL verstoßen, von einem Gericht überprüfen zu lassen. Bezüglich des Rechtsschutzes von Einzelpersonen ist insb folgende einschlägige EuGH-Jud ergangen: In der Rs Janecek41 judizierte der EuGH zu Art 7 Abs 3 der RL 96/62/EG über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität, dass unmittelbar betroffene Einzelne im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen bei den zuständigen nationalen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans erwirken können müssen. Gleichzeitig wies der EuGH auf seine bereits einschlägig ergangene Jud hin, dass die Betroffenen in allen Fällen, in denen die Nichtbeachtung der Maßnahmen, die in Richtlinien über die Qualität der Luft und des Trinkwassers zum Zweck des Schutzes

36 Art 9 Abs 2 lit a Aarhus-Konvention. 37 Art 9 Abs 2 lit b Aarhus-Konvention. 38 Vgl Schlussanträge der GA Sharpston v 16.12.2010, C-115/09, Trianel, Rn 60. 39 Vgl EuGH 12.05.2011, C-115/09, Trianel, Slg 2011, I-0000, Rn 45. 40 Vgl Hecht, Partizipation und Access to Justice im Umweltbereich. Umsetzung der Aarhus-Konvention in Österreich, SchrR der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte „Informationen zur Umweltpolitik“ Nr 145 (2001) 61. 41 EuGH 25.07.2008, C-237/07, Janecek, Slg 2008, I-06221.

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der öffentlichen Gesundheit vorgegeben werden, die Gesundheit von Personen gefährden könnte, in der Lage sein müssen, sich auf die in diesen Richtlinien enthaltenen zwingenden Vorschriften zu berufen.42

In der Rs Karoline Gruber43 hielt der EuGH im Hinblick auf die zum damaligen Zeitpunkt fehlenden Rechtsschutzmöglichkeiten von Nachbarn im österreichischen UVP-Feststellungsverfahren fest, dass, sofern ein zur „betroffenen Öffentlichkeit“ gehörender Einzelner, wie ein Nachbar, die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf ein „ausreichendes Interesse“ oder gegebenenfalls eine „Rechtsverletzung“ erfüllt, dieser auch Rechtsschutzmöglichkeiten haben muss, um eine Verwaltungsentscheidung, keine UVP durchzuführen, anfechten zu können.44 2.1.1.3. Keine Substitution der Öffentlichkeitsbeteiligung durch Landesumweltanwaltschaften

Die Landesumweltanwälte können die von der Aarhus-Konvention geforderte Einbindung der Öffentlichkeit nicht substituieren, da diese keinen Interessensschutz der Öffentlichkeit durch ein staatliches/staatsnahes Organ vorsieht, sondern die direkte Einbeziehung der Mitglieder der Öffentlichkeit verlangt. Zwar ist es Aufgabe der Umweltanwaltschaften, das öffentliche Interesse am Umweltschutz und damit auch die Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen wahrzunehmen, jedoch nicht die Wahrnehmung subjektiver Rechte anderer, wie jener von Mitgliedern der Öffentlichkeit. Die Beteiligung der Umweltanwaltschaften bewirkt zweifelsohne eine verstärkte Durchsetzung des Umweltrechts, kann aber für sich allein genommen die Einbindung der Öffentlichkeit nicht ersetzen (sondern nur ergänzen). Auch können die Landesumweltanwälte selbst aufgrund ihrer organisatorischen Eingliederung in die staatliche Verwaltung nicht als Mitglied der Öffentlichkeit iSd der Aarhus-Konvention angesehen werden.45 2.1.2. „Öffentlichkeit“ im nationalen österreichischen Umweltrecht Die umfassendste Umsetzung zur Einbeziehung der „Öffentlichkeit“ in Österreich 42 43 44 45

EuGH 25.07.2008, C-237/07, Janecek, Slg 2008, I-06221, Rn 38 mit weiteren Verweisen. EuGH 16.04.2015, C-570/13, Karoline Gruber, ECLI:EU:C:2015:231. EuGH 16.04.2015, C-570/13, Karoline Gruber, ECLI:EU:C:2015:231, Rn 44. Vgl Mahnschreiben der Europäischen Kommission v 10.07.2014, C(2014) 4883 final, 10; Findings im Beschwerdefall ACCC/C/2010/48; Schulev-Steindl, Rechtliche Optionen zur Verbesserung des Zugangs zu Gerichten (access to justice) im österreichischen Umweltrecht gemäß der Aarhus-Konvention (Artikel 9 Absatz 3) (2009) 29.

Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz in Umweltverfahren

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erfolgte im ordentlichen UVP-Verfahren, in welchem folgende Mitglieder der Öffentlichkeit als Parteien am Verfahren teilnehmen können: – Nachbarn Laut Legaldefinition des § 19 Abs 1 Z 1 UVP-G gelten als Nachbarn „Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind.“ – Bürgerinitiativen Wurde eine Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt, dann nimmt diese Personengruppe (Bürgerinitiative) entweder als Partei oder als Beteiligte46 am UVP-Verfahren teil.47 – Anerkannte Umweltorganisationen Des Weiteren haben im UVP-Verfahren jene Umweltorganisationen Parteistellung, die gem § 19 Abs 7 UVP-G anerkannt wurden.48 An Anerkennungsvoraussetzungen ist folgendes von einer Umweltorganisation zu erfüllen: Organisation in der Rechtsform eines Vereins oder einer Stiftung; Schutz der Umwelt als vorrangiger Zweck gemäß Vereinsstatuten oder Stiftungserklärung; Verfolgung gemeinnütziger Ziele; mindestens dreijähriges Bestehen zum Zweck des Schutzes der Umwelt im Zeitpunkt der Antragstellung.

2.2. Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung 2.2.1. Vorgaben nach Art 6 Aarhus-Konvention Die Konvention verpflichtet ihre Vertragsparteien nach diesem Öffentlichkeitsbeteiligungstatbestand, die betroffene Öffentlichkeit49 bei Entscheidungen über

46 47 48 49

Gem § 19 Abs 2 UVP-G haben Bürgerinitiativen im vereinfachten UVP-Verfahren lediglich Beteiligtenstellung (mit dem Recht auf Akteneinsicht). Vgl § 19 Abs 4 UVP-G. Vgl § 19 Abs 1 Z 7 UVP-G. Vgl Art 2 Z 5 Aarhus-Konvention.

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bestimmte Projekte50 auf der Grundlage der Pflicht zur Unterrichtung der Öffentlichkeit51 nach gewissen Modalitäten52 zu beteiligen, und die Ergebnisse dieser Beteiligung in einem gewissen Maß bei der endgültigen Entscheidung zu berücksichtigen53. Konkret sind die Pflichten zur Öffentlichkeitsbeteiligung folgendermaßen ausgestaltet: Da eine Beteiligung der Öffentlichkeit nur unter der Voraussetzung ihrer Unterrichtung tatsächlich erfolgen kann, trifft die Vertragsparteien im Vorfeld zunächst eine Informationspflicht hinsichtlich bestimmter Angaben über die geplante umweltrelevante Tätigkeit und das abzuführende Entscheidungsverfahren,54 der in sachgerechter, rechtzeitiger und effektiver Weise frühzeitig nachzukommen ist.55 Ergänzt wird diese allgemeine Informationspflicht durch ein gebührenfreies, allenfalls antragsgebundenes, Zugangsrecht der betroffenen Öffentlichkeit zu allen für das Entscheidungsverfahren relevanten verfügbaren Informationen.56 Die Art und Weise der Öffentlichkeitsbeteiligung im Verfahren hat sich an folgenden Vorgaben zu orientieren: Es muss ein angemessener zeitlicher Rahmen für die verschiedenen Phasen des Verfahrens zur Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen werden;57 insgesamt hat jede Vertragspartei für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann, zu sorgen;58 außerdem muss die Öffentlichkeit auch die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten.59 Das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung ist bei der Entscheidung angemessen zu berücksichtigen60 und die Öffentlichkeit über die Entscheidung (Wortlaut sowie Gründe und Erwägungen) unverzüglich zu informieren.61 In welchen umweltbezogenen Entscheidungsverfahren die betroffene Öffentlichkeit zu beteiligen ist, ergibt sich zunächst aus Anhang I der Aarhus-Konvention und betrifft überwiegend Großprojekte,62 also im Wesentlichen solche, die nach nati50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

Vgl Art 6 iVm Anh I Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 2 und 6 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 3, 4, 7 und 9 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 8 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 2 lit a-e Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 2 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 6 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 3 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 4 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 7 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 8 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 9 Aarhus-Konvention. Vgl Art 6 Abs 1 lit a iVm Anh I Aarhus-Konvention.

Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz in Umweltverfahren

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onalem Recht regelmäßig einem UVP- oder IPPC-Verfahren zu unterziehen sind. Dazu waren insb eine Novellierung des UVP-G sowie die Anpassung der GewO und des AWG betreffend IPPC-Anlagen63 notwendig. Die in diesen Verfahren verankerte Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgte in Umsetzung von Art 6 Abs 1 lit a iVm Anh I Aarhus-Konvention. Außerdem haben die Vertragsparteien auch bei nicht im Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten, die jedoch eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können, die betroffene Öffentlichkeit zu beteiligen.64 In den Blickpunkt rückte dieser Beteiligungstatbestand zuletzt vor allem durch das Urteil des EuGH v 08.11.2016 in der Rs C-243/15, Lesoochranarske zoskupenie VLK II (Slowakischer Braunbär II) im Kontext von Naturverträglichkeitsprüfungen nach der FFH-RL:65 Danach hat eine anerkannte Umweltorganisation aus Art 6 Abs 3 FFH-RL iVm Art 6 Abs 1 lit b Aarhus-Konvention das Recht darauf, an einem Verfahren zum Erlass einer Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung eines Plans oder Projekts mit möglicherweise erheblichen Auswirkung auf die Umwelt beteiligt zu werden, soweit im Rahmen dieses Verfahrens eine der von Art 6 Abs 3 FFH-RL erfassten Entscheidungen zu treffen ist.66 Außerdem hielt der EuGH fest, dass derartige Entscheidungen in den Anwendungsbereich von Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention fallen würden.67 Folglich müsse eine solche Umweltorganisation im Rahmen einer Klage nicht nur die Entscheidung anfechten können, keine Naturverträglichkeitsprüfung des Plans oder Projekts für das betroffene Gebiet durchzuführen, sondern ggfs auch eine durchgeführte, mit Fehlern behaftete Naturverträglichkeitsprüfung.68 Zu erwähnen bleibt, dass in den Naturschutzgesetzen der Länder bis dato noch jegliche Form von Öffentlichkeitsbeteiligung oder auch Rechtsschutz iSd Aarhus-Konvention fehlt. 2.2.2. Beteiligungsformen im österreichischen Recht am Beispiel des UVP-G An Formen der Öffentlichkeitseinbindung finden sich in der nationalen Rechtsordnung drei unterschiedliche Varianten: Die Parteistellung, die Beteiligtenstellung und das nachträgliche Beschwerderecht. Alle dieser drei Varianten findet man im UVP-G verwirklicht: So wird Nachbarn, anerkannten Umweltorganisationen und 63 64 65 66 67 68

Vgl § 42 iVm § 37 Abs 1 AWG idgF und § 356b Abs 7 GewO idgF. Vgl Art 6 Abs 1 lit b Aarhus-Konvention. Vgl idZ weiterführend auch die Entscheidungsbesprechung von Fasching, NGO weiter auf dem Vormarsch, RdU 2017/31, 32. Vgl EuGH 08.11.2016, C-243/15, Slowakischer Braunbär II, Rn 49. Vgl EuGH 08.11.2016, C-243/15, Slowakischer Braunbär II, Rn 56. Vgl EuGH 08.11.2016, C-243/15, Slowakischer Braunbär II, Rn 61.

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Bürgerinitiativen im ordentlichen Genehmigungsverfahren Parteistellung eingeräumt; im vereinfachten UVP-Verfahren kommt Bürgerinitiativen, im Gegensatz zu Nachbarn und anerkannten Umweltorganisationen, hingegen nur eine Beteiligtenstellung ohne Beschwerdelegitimation zu. Im UVP-Feststellungsverfahren wird die Öffentlichkeit hingegen gar nicht beteiligt; anerkannten Umweltorganisationen und Nachbarn steht lediglich im Falle eines negativen Feststellungsbescheides ein nachträgliches Beschwerderecht zu.69 Ob man Partei oder bloß Beteiligter ist, wirkt sich fundamental auf die Rechtsstellung im Verfahren aus: Während man als Beteiligter nur an mündlichen Verhandlungen teilnehmen und bei der Feststellung des Sachverhalts mitwirken kann, hat man als Partei umfassende Rechte. Zu nennen sind hier insb die Rechte auf Akteneinsicht, Wahrung des Parteiengehörs, Ablehnung eines nichtamtlichen Sachverständigen, Verkündigung oder Zustellung des Bescheids, Erhebung ordentlicher und außerordentlicher Rechtsmittel und Geltendmachung der Entscheidungspflicht. Das nachträgliche Beschwerderecht ist in der österr Rechtsordnung bislang nur im UVP-Feststellungsverfahren verwirklicht und räumt ab dem Tag der Veröffentlichung der negativen Feststellungsentscheidung das Recht zur nachträglichen Beschwerdeerhebung binnen vier Wochen ein, ohne dass im Feststellungsverfahren selbst eine Parteistellung für die anerkannten Umweltorganisationen oder die Nachbarn bestanden hätte, die ansonsten Voraussetzung für eine Beschwerdebefugnis ist. 2.2.3. Auslotung der Aarhuskonformität der diversen Einbindungsvarianten der Öffentlichkeit Den Vorgaben zur Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art 6 Aarhus-Konvention wird man über die Einräumung einer Parteistellung in umweltbezogenen Entscheidungsverfahren, die in einem materienübergreifenden Umweltrechtsbehelfsgesetz oder in den jeweiligen Umwelt-Materiengesetzen selbst zu verankern wäre, als umfassendste Möglichkeit zur Verfahrenseinbindung der Öffentlichkeit jedenfalls gerecht. Insbesondere wäre damit gleichzeitig auch eine Rechtsmittelbefugnis und somit ein Zugang zu einem Überprüfungsverfahren iSd Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention gewährleistet. Auch eine bloße Beteiligtenstellung der Öffentlichkeit vermag grundsätzlich die Anforderungen an eine Beteiligung nach Art 6 Aarhus-Konvention zu erfüllen. Denn auch dadurch wird den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit die Gelegenheit gegeben, an der Sachverhaltsdarstellung mitzuwirken, an den mündlichen 69

Vgl § 3 Abs 7a UVP-G.

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Verhandlungen teilzunehmen, Stellungnahmen abzugeben und zum Teil Einsicht in die Akten zu nehmen. Problematisch ist jedoch, dass über eine reine Beteiligtenstellung nach nationalem Recht kein korrespondierender Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention vermittelt wird. So hat auch GA Sharpston in ihren Schlussanträgen v 12.10.2017 betreffend den österreichischen Vorabentscheidungsfall Protect/ Karlstift, Rs C-664/15, zu Bedenken gegeben, dass im österreichischen Recht die Parteistellung im verwaltungsbehördlichen Verfahren und das Recht auf Erhebung einer Beschwerde unmittelbar miteinander verknüpft sind und daher das Fehlen oder der Verlust der Parteistellung im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde somit zum Verlust des Rechts führt, die Entscheidung dieser Verwaltungsbehörde mit einer Beschwerde anzufechten.70 Diesbezüglich hat sie im Hinblick auf den Rechtsschutzanspruch nach Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention den Schluss gezogen, dass der Umstand, dass einer Umwelt-NGO die Parteistellung in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren verwehrt wird, darauf hinauslaufen würde, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf zu übergehen.71 Eine Wertung, die durchwegs auch auf Rechtsschutzansprüche nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention übertragen werden kann. Überlegenswert wäre freilich, eine Beteiligtenstellung mit einem nachträglichen Beschwerderecht zu kombinieren, um sowohl den Beteiligungsvorgaben nach Art 6 also auch den Rechtsschutzvorgaben nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention gerecht zu werden. Die Variante eines nachträglichen Beschwerderechts stellt jedoch bislang – mit Ausnahme vom nachträglichen Beschwerderecht im Falle eines negativen UVP-Feststellungsbescheides72 – eine Besonderheit in der österr Rechtsordnung dar. Da in der derzeitigen Ausgestaltung keine Einbindung der betroffenen Öffentlichkeit im vorangegangenen Verwaltungsverfahren stattfindet, wird mit einem nachträglichen Beschwerderecht die Anforderung einer frühzeitigen öffentlichen Beteiligung, bei der alle Optionen noch offen sind und bei der eine gebührende Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann, nicht erfüllt.

70 71 72

Schlussanträge GA Sharpston v 12.10.2017, C-664/15, Protect/Karlstift, Rn 108. Schlussanträge GA Sharpston v 12.10.2017, C-664/15, Protect/Karlstift, Rn 111. Vgl § 3 Abs 7a bzw § 24 Abs 5a UVP-G idgF.

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3. Rechtsschutz in Umweltverfahren 3.1. Zentrale Hürde „Parteistellung“ Maßgeblichste Hürde zur Möglichkeit der Beanspruchung von Rechtsschutz in österreichischen Umweltverfahren durch Mitglieder der Öffentlichkeit ist die Verknüpfung des Rechtsschutzanspruches mit der Stellung als Partei im vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Nach § 8 AVG sind Parteien all jene, „insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind.“ Dieser Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse liegt dann vor, wenn die anzuwendende Bestimmung dem Einzelnen ein subjektives Recht einräumt. Dabei muss es sich der Schutznormtheorie entsprechend um ganz gezielte individuelle Interessen zum Schutz vor Eingriffen des Staates oder Dritter handeln.73 Es ist also darauf abzustellen, „ob die einschlägige Rechtsnorm zumindest auch den Interessen Einzelner zu dienen bestimmt ist.“74 Dies ist zB der Fall, wenn die Bestimmung zum Schutz des Lebens, der Gesundheit, des Eigentums oder zum Schutz vor schädlichen Immissionen erlassen wurde. Die Anwendung der Schutznormtheorie hat damit zur Folge, dass die zuvor erläuterte „Öffentlichkeit“, die sich oftmals aus einem rein ideellen Interesse am Umweltschutz heraus einbringen möchte, nur selten aus den Umweltbestimmungen ein subjektives Recht ableiten kann – sofern nicht explizit ihre Parteistellung im Gesetz verankert wird (was derzeit nur bruchstückhaft der Fall ist). Hilfreich ist hier die Rsp des EuGH, wonach im Falle von Umweltorganisationen die Art der Rechte, die eine Umwelt-NGO geltend machen kann, anders als bei Einzelpersonen, nicht auf subjektiv-öffentliche Rechte beschränkt werden darf, sofern eine Vertragspartei als Zugangskriterium zu einem Überprüfungsverfahren nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention die Geltendmachung einer „Rechtsverletzung“ gewählt hat.75

3.2. Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 vs Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention Das Überprüfungsverfahren nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention dient im Wesentlichen der Gewährleistung eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Über-

73 74 75

Vgl VwGH 07.07.2017, Ra 2017/03/0003, RS 3. Halfmann, Entwicklungen des Verwaltungsrechtsschutzes in Deutschland, Frankreich und Europa, VerwArch 2000, 74 (76 f ). Vgl EuGH 12.05.2011, C-115/09, Trianel, Slg 2011, I-03673, Rn 45.

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prüfungsverfahrens für beteiligungspflichtige Entscheidungen, die unter Art 6 Aarhus-Konvention fallen. Immanenter Vorteil eines dem Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention unterliegenden Verfahrens für anerkannte NGOs ist es, dass ihnen in solchen Überprüfungsverfahren unbestritten eine „de lege“-Klagebefugnis zukommt.76 Art 9 Abs 2 3. UAbs Aarhus-Konvention normiert in diesem Zusammenhang, dass was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, (…) sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts (bestimmt) und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Demgegenüber enthält Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention hingegen leider keine ausdrückliche Regelung zur Klagebefugnis von Umweltorganisationen; insb wird auch keine de lege-Klagebefugnis wie bei Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention geregelt. Allerdings merkt GA Sharpston zu Recht an, dass sich diese Nichtregelung der Klagebefugnis von Umweltorganisationen im Anwendungsbereich von Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention einleuchtend daraus erklären lasse, dass die Verfasser der Aarhus-Konvention nach der eingehenden, oben zitierten Regelung, in Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention davon ausgingen, diesen konkreten Punkt bereits hinreichend geklärt zu haben.77 Seit dem Urteil des EuGH in der Rs C-243/15, Lesoochranarske zoskupenie VLK II (Slowakischer Braunbär II) ist überdies klar, dass dem Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention nicht nur Entscheidungen darüber unterliegen, ob die in Anh I zur Aarhus-Konvention aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden,78 wie dies bis dato fast ausschließlich praktiziert wurde (also im Rahmen von im Wesentlichen UVP- und IPPC-Verfahren), sondern darüber hinaus auch jene Entscheidungen in den Anwendungsbereich des Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention fallen, in denen die Tätigkeit, über deren Zulassung entschieden werden soll, zwar 76 77

78

Vgl idZ auch die Mitteilung der KOM, C (2017) 2616 final, Rn 74 ff. Vgl Schlussanträge GA Sharpston v 12.10.2017, C-664/15, Protect/Karlstift, Rn 42. Vgl dazu auch weiterführend Weichsel-Goby, Aarhus-Konvention: Quo vadis? in Schulev-Steindl/Schnedl/Meyer (Hg), Das Recht auf saubere Luft. Bürger und Bürgerinnen zwischen Politik und Gerichten (2016) 149 (162 ff). Vgl Art 6 Abs 1 lit a Aarhus-Konvention.

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nicht dem Katalog des Anh I zur Aarhus-Konvention unterliegt, diese aber erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte.79 Zwar „bestimmen“ so Art 6 Abs 1 lit b letzter Satz Aarhus-Konvention „die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet;“ allerdings ist hierzu festzuhalten, dass diese Präzisierung nur auf die Modalitäten der Öffentlichkeitsbeteiligung abzielt, wie sie in Art 6 Aarhus-Konvention geregelt wird, ohne das Recht auf Beteiligung, den dieser Artikel einer anerkannten Umweltorganisation verleiht, in Frage zu stellen.80 Seit diesem Urteil ist also unstrittig, dass Verfahren betreffend eine Naturverträglichkeitsprüfung gem Art 6 Abs 3 FFH-RL jedenfalls solche nach Art 6 Abs 1 lit b Aarhus-Konvention beteiligungspflichtigen und dem Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention unterliegenden Verfahren sind. Die Europäische Kommission hielt in ihrer Mitteilung über den Zugang zu Gerichten diesbezüglich schlussfolgernd fest, dass der EuGH mit diesem Urteil klargestellt habe, dass die Anforderungen von Artikel 9 Absatz 2 des Aarhus-Übereinkommens in Verbindung mit Artikel 47 der Charta der Grundrechte auch für Bereiche des Umweltrechts gelten könnten, für die der Zugang zu Gerichten nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Die Rechtssache LZ II betraf zwar die FFH-Richtlinie 92/43/EWG, die Gründe für die Auslegung des EuGH lassen sich jedoch analog auch auf Beschlussfassungsprozesse in anderen Bereichen des EU-Umweltrechts wie Wasser und Abfälle anwenden.81

Richtigerweise stellen sich nunmehr gänzlich neue Fragen der Abgrenzung der sachlichen Anwendungsbereiche der Überprüfungsverfahren nach Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention gegenüber jenen nach Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention. Eine treffende Richtschnur zur Abgrenzung der beiden Überprüfungsverfahren gibt GA Sharpston in ihren Schlussanträgen in der Rs C-664/15 selbst: Projekte, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können, unterliegen Art 6 Abs 1 und somit Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention. Sofern ein Projekt keine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben kann, sind Art 6 und somit Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention nicht anwendbar; solche Verfahren unterliegen „nur“ der „Auffangbestimmung“ des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention, der auch kein Recht auf Beteiligung an dem zu der Entscheidung führenden verwaltungsbehördlichen Verfahren vorsieht.82

79 80 81 82

Vgl Art 6 Abs 1 lit b Aarhus-Konvention. Vgl EuGH 08.11.2016, C-243/15, Slowakischer Braunbär II, Rn 48. Vgl Mitteilung der KOM, C(2017) 2616 final, Rn 70. Vgl Schlussanträge GA Sharpston v 12.10.2017, C-664/15, Protect/Karlstift, Rn 39 ff.

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4. Umweltpolitischer Ausblick Die derzeitige Rechtslage in Österreich ist für die Mitglieder der Öffentlichkeit, als jene, denen nach der Aarhus-Konvention Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten einzuräumen ist, schlicht unbefriedigend, denn: In der Masse der Umweltverfahren besteht formalrechtlich nach wie vor keinerlei Gerichtszugang. Die Umsetzungsverantwortlichkeit wird weiterhin zwischen Legislative und Judikative hin und her gespielt, sodass sich in umsetzungstechnischer Hinsicht eine „Pattsituation“ eingestellt hat: Mangels politischer Einigkeit im Ministerrat werden keine entsprechenden Regierungsvorlagen verabschiedet, die Kommission hat von einem neuen Anlauf hinsichtlich einer Access-to-Justice-Richtlinie, die eine unionsrechtliche Umsetzungspflicht auslösen würde, auf Grund des langen politischen Widerstands seitens der Mitgliedstaaten endgültig Abstand genommen und bloß Ende April 2017 eine rechtlich unverbindliche Mitteilung veröffentlicht. Auch der VwGH und der VfGH ziehen sich, selbst nach Einleitung des EU-Aarhus-Vertragsverletzungsverfahrens, in ständiger Rechtsprechung darauf zurück, dass Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention im innerstaatlichen Recht nicht unmittelbar anwendbar sei. Denn die Vertragsparteien der Aarhus-Konvention können Kriterien festlegen, die Mitglieder der Öffentlichkeit für einen Gerichtszugang erfüllen müssen, zB die Verletzung eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses an eigenem Leben, Gesundheit oder Eigentum. Eine unionsrechtskonforme weite Interpretation des nationalen Verfahrensrechts, wie sie etwa das EuGH-Urteil „Slowakischer Braunbär I“ vorschreibt, wird von den Höchstgerichten noch immer abgelehnt, denn es sei Sache des Gesetzgebers, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln. Inzwischen wird die Rechtslage durch die Rechtsprechung des EuGH weiter verdichtet, wie durch das ausführlich dargestellte Urteil „Slowakischer Braunbär II“ oder durch das, noch für Dezember 2017 erwartete, Urteil in der Rs C-664/15, das Antwort auf diverse Vorlagefragen des VwGH im Kontext von NGO-Beschwerderechten in Verfahren, die in den Geltungsbereich der EU-Wasserrahmenrichtlinie fallen, geben wird. Einen innovativen Vorschlag für eine Aarhus-Umsetzung, und insb dessen Art 9 Abs 3, brachten die Grünen im Sommer 2017 per Initiativantrag mit dem Bundes-Umweltrechtschutzgesetz (BURG)83 ein: Ziel dieses Gesetzes wäre es, die Umsetzung von europäischem Umweltrecht, insb der Abfallrahmen-RL, der Luftqualitäts-RL, der Wasserrahmen-RL und der Grundwasser-RL sowie die gesetzmäßige 83

Antrag der Abgeordneten Mag Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über ergänzende Rechte von Umweltorganisationen und Einzelpersonen im Umweltrecht (Bundes-Umweltrechtschutzgesetz – BURG), 2223/A v 07.06.2017, XXV. GP.

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Vollziehung von Umweltrecht auf Bundesebene zu befördern. Dafür sollen insb den anerkannten Umweltorganisationen und unmittelbar betroffenen Einzelpersonen (letzteren im Hinblick auf die Einhaltung gesundheitsbezogener Schwellenwerte) ergänzende Verfahrensrechte in Umweltangelegenheiten eingeräumt werden. Dies v.a. für alle Verwaltungsverfahren, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren, in denen umweltbezogene Bestimmungen des WRG, des AWG und des IG-L in welcher Form auch immer (Bescheid, Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Verordnung) vollzogen werden.84 In der Begründung wird eine Erweiterung des Anwendungsbereiches iSd Aarhus-Konvention in Aussicht gestellt, sobald ausreichende Vollzugserfahrung vorliegt. Unter umweltbezogenen Bestimmungen sollen jene Regelungen zu verstehen sein, die sich auf Umweltbestandteile und Umweltfaktoren iSd Umweltinformationsgesetzes (UIG)85 beziehen. Umweltorganisationen sollen im Bescheidverfahren entweder die Möglichkeit haben, sich als Partei oder aber bloß als Beteiligte zu melden, und zwar ohne an etwaige Erheblichkeitsschwellen gebunden zu sein.86 Weiters werden im Gesetzesentwurf weitere Rechte für Mitglieder der Öffentlichkeit im Verordnungsverfahren, bei Unterlassung von Verordnungen und bei Unterlassung von Bescheiden und Maßnahmen formuliert und auch ein Recht auf vorläufige Maßnahmen vorgeschlagen. Ein materienübergreifendes Gesetz wie das Bundes-Umweltrechtschutzgesetz (BURG) könnte maßgeblich zu einer Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltrelevanten Entscheidungsverfahren und einem entsprechenden Zugang zu Gerichten iSd Aarhus-Konvention beitragen, ohne eine Flut an Gesetzesänderungen in den einzelnen Materiengesetzen und damit auch eine „Zersplitterung“ der Rechtsschutzbestimmungen auszulösen. Auf Landesebene wären vergleichbare „Landes-Umweltrechtschutzgesetze“ denkbar.

84 85 86

Sieh dazu § 2 Abs 1 des Entwurfs zum BURG, 2223/A, XXV. GP 1 f. Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsgesetz – UIG), BGBl 1993/495. BURG, 2223/A, XXV. GP 10 f.

V. Aktuelle Entwicklungen – Gesetzgebung

Die Novelle 2017 zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in Deutschland1 Matthias Sauer

1. Einleitung Am 2. Juni 2017 trat in Deutschland das Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 20172 in Kraft. Mit dieser Novelle wurde das erst seit wenig mehr als 10 Jahren existierende Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz bereits zum zweiten Mal umfangreich geändert. Dieser wiederholte Änderungsbedarf ist primär durch EU- und völkerrechtliche Verfahren verursacht worden. Nachfolgend werden die Hintergründe der Novelle 2017 sowie die im grenzüberschreitenden Vergleich besonders interessanten Rechtsänderungen kurz dargestellt.

2. Kurz zum Rechtsschutzsystem in Deutschland Deutschland verfügt über ein differenziertes Gerichtssystem. Neben dem Bundesverfassungsgericht, Zivil- und Straf-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichten ist im vorliegenden Zusammenhang vor allem die Verwaltungsgerichtsbarkeit von Belang. Diese ist dreistufig aufgebaut: Neben den Verwaltungsgerichten der ersten Instanz verfügt grundsätzlich jedes Bundesland über ein Oberverwaltungsgericht bzw einen Verwaltungsgerichtshof als zweite Instanz. Revisionsgericht und in Ausnahmefällen auch Eingangsinstanz ist das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Nach Maßgabe der europäischen Verträge kann jedes dieser Gerichte zudem den Europäischen Gerichtshof (EuGH) befassen.

3. Völker- und EU-rechtlicher Hintergrund Die deutsche Gesetzgebung zum umweltrechtlichen Rechtsschutz ist keine Erfolgsgeschichte. Dies belegt die Abfolge von drei Urteilen des EuGH gegen Deutsch1 2

Das Manuskript wurde am 02.10.2017 abgeschlossen. BGBl I Nr 32 v 1 Juni 2017, 1298

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Matthias Sauer

land3, die Grundsatzkritik des Bundesverwaltungsgerichtes im Urteil zum Luftreinhalteplan Darmstadt4 sowie der Beschluss der 5. Vertragsstaatenkonferenz zur UN ECE Aarhus-Konvention vom Juli 20145, der der seinerzeit geltenden deutschen Rechtslage in zwei Punkten eine Völkerrechtswidrigkeit bescheinigt hat. Ausgangspunkt des deutschen Rechts ist die Rechtsweggarantie des Art 19 Abs 4 des Grundgesetzes.6 Nach dem traditionellen Ansatz des deutschen Verwaltungsprozessrechts ist daher ein Rechtsbehelf nur bei der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte eröffnet. Dieses Prinzip der Verletztenklage erlaubt grundsätzlich keine Geltendmachung von Interessen der Allgemeinheit. Die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs setzt voraus, dass der Rechtsbehelfsführer eine Verletzung in eigenen Rechten geltend macht (vgl § 42 Abs 2 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]). Für die Begründetheit des Rechtsbehelfs ist erforderlich, dass die angegriffene Entscheidung oder deren Unterlassen rechtswidrig ist, sowie, dass der Rechtsbehelfsführer durch diese Rechtswidrigkeit in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl § 113 Abs 1 VwGO). Die Verbandsklage, die sich im Umweltrecht zunächst im Naturschutzrecht entwickelt hat, ist die gesetzliche Ausnahme zum Prinzip der Verletztenklage. Verbandsklagen sollen vor allem der Durchsetzung des geltenden Rechts und der Schließung von Rechtsschutzlücken dienen. Im Gegensatz zu dieser traditionellen Rechtslage in Deutschland ist in der großen Mehrzahl der Mitgliedstaaten der EU die Interessentenklage der Regelfall, die viel leichter einen Zugang zu Gericht ermöglicht. Veränderungsdruck löste die UN ECE Aarhus-Konvention von 1998 (AK)7 3

4 5

6 7

Vgl „Trianel“-Urteil des EuGH v 12.05.2011, Rs C-115/09, „Altrip“-Urteil des EuGH v 07.11.2013, Rs C-72/12 (Verfahrensfehler), Urteil des EuGH zur Vertragsverletzungsklage der EU KOM v 15.10.2015, Rs C-137/14 (Präklusion, § 113 VwGO); siehe zur Umsetzung des „Trianel“-Urteils auch: Sauer, Die Novellierung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in der 17. Legislaturperiode, in Ziekow (Hg), Aktuelle Probleme des Luftverkehrs-, Planfeststellungs- und Umweltrechts 2013 (2014) 132; zum Hintergrund generell auch Sauer, Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten im Umbruch? – Versuch eines Überblicks zum Stand der Diskussion, ZUR 2014, 195. Vgl Urteil des BVerwG vom 05.09.2013 zur Umweltverbandsklage gegen Luftreinhaltepläne, 7 C 21.12. Compliance-Beschluss V/9h der 5. Aarhus-VSK v 02.07.2014 (keine Umsetzung von Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention; keine Rügebeschränkung auf Umweltrecht bei Art 9 Abs 2 Aarhus-Konvention). „Artikel 19 Absatz 4 GG: „(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. (…)“. Übereinkommens der UN ECE v 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention), in Kraft seit 2001, vgl auch das Ratifikationsgesetz v 9. Dezember 2006, BGBl II, 1251.

Die Novelle 2017 zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in Deutschland

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aus, zu deren Vertragsparteien neben allen Mitgliedstaaten der EU einschließlich Deutschland auch die EU selbst gehört. Im Fokus stand dabei zunächst Art 9 Abs 2 AK, der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Zulassungsentscheidungen für näher bestimmte Industrieanlagen und Infrastrukturmaßnahmen (vor allem für UVP-pflichtige Vorhaben) vorschreibt. Zunehmende Bedeutung in der rechtlichen und politischen Diskussion kam dann aber Art 9 Abs 3 AK8 zu. Diese Bestimmung gewährleistet Rechtsschutz gegen sonstige Handlungen oder Unterlassungen von Behörden oder Privatpersonen, die gegen umweltbezogene Bestimmungen verstoßen. Zudem ist Art 9 Abs 4 AK zu beachten, nach dem der Rechtsschutz angemessen, effektiv, fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer sein muss.

3.1. Umsetzung von Art 9 Abs 2 AK Das EU-Recht setzt Art 9 Abs 2 AK vor allem durch Art 11 der UVP-RL9 und Art 25 der Industrieemissions-RL10 um. Die Umsetzung im deutschen Recht gewährleisten die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG). Das UmwRG trat im Dezember 2006 in Kraft und wurde seitdem wiederholt geändert. Es gilt ergänzend zur VwGO und geht der naturschutzrechtlichen Verbandsklage nach dem BNatSchG vor. Ein kurzer Überblick über das bisher geltende UmwRG: § 1 des UmwRG normiert den Anwendungsbereich. Dazu gehören alle Zulassungsentscheidungen für UVP-Vorhaben im Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die UVP-Pflicht auf Grund des UVPG des Bundes, auf Grund der UVP-Verordnung Bergbau oder auf Grund des Landesrechts bestehen kann. Die zweite Gruppe des gesetzlichen Anwendungsbereichs dient der Umsetzung der Industrieemissions-RL. Dazu gehören 8

9

10

Wortlaut von Art 9 Abs 3 AK – Zugang zu Gerichten: „Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.“ Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates v 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl L 2012/26, 1. EU vom 28. Januar 2012, Nr L 26, Seite 1 Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates v 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung), ABl L 2010/334, 17.

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Matthias Sauer

alle Anlagen, die einer Genehmigungspflicht nach dem Anh der 4. BImSchV unterliegen. Seit dem Inkrafttreten der Umsetzung der Industrieemissions-RL betrifft dies alle Anlagen, die in der Spalte c des Anh 1 der neuen 4. BImSchV mit dem Buchstaben „G“ gekennzeichnet sind. Hinzu kommen wasserrechtliche Erlaubnisse, die entweder UVP-pflichtig sind und/oder mit einer vorgenannten Industrieanlage verbunden sind. Des Weiteren unterfallen abfallrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse dem Anwendungsbereich. Ebenso unterfallen Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz (zur Umsetzung der Umwelthaftungs-RL 2004/35/EG) und Entscheidungen nach der Seveso III-RL dem Anwendungsbereich. Zum Anwendungsbereich gehört jeweils auch, dass ein Unterlassen der vorgenannten Entscheidungen geltend gemacht wird. Aufsichtsmaßnahmen waren demgegenüber bisher mit einer Ausnahme (Entscheidungen nach Maßgabe von § 17 Abs 1a BImSchG) nicht erfasst. § 2 UmwRG ist die Kernvorschrift des Gesetzes für Rechtsbehelfe von Vereinigungen und enthielt ua eine im deutschen Recht übliche, allgemeine Präklusionsvorschrift für Einwendungen, die nicht bereits im Rahmen eines Verfahrens der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebracht worden sind. § 2 Abs 2 UmwRG enthält ua eine besondere Bestimmung zu ausländischen Umweltvereinigungen. § 3 UmwRG regelt für Umweltvereinigungen, die in Deutschland Rechtsbehelfe einlegen wollen, ein Anerkennungsverfahren. Die Anerkennungskriterien orientieren sich an den in Deutschland bewährten Kriterien, die zuvor im Naturschutzrecht entwickelt worden sind. Durch die Novellierung im Jahre 2010 wurde das Anerkennungsverfahren auch für Naturschutzverbände vereinheitlicht und zentral im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geregelt, sodass Parallelregelungen in den Naturschutzgesetzen des Bundes und der Länder entfallen konnten. Die Zuständigkeit für die Anerkennung von Umweltvereinigungen ist seitdem zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. § 4 UmwRG regelt als Spezialvorschrift, wie mit Fehlern bei der Anwendung von Verfahrensvorschriften umzugehen ist. Die Bestimmung findet vor allem in Fällen Anwendung, in denen gerügt wird, dass eine vorgeschriebene UVP unzulässig unterlassen worden ist oder dass eine UVP-Vorprüfung unzulässig unterlassen oder unrichtig durchgeführt worden ist. Die Vorschrift des § 4 UmwRG tritt ergänzend zur Grundsatzbestimmung des § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) hinzu und verdrängt diesen nur soweit die speziell geregelten Fallkonstellationen vorliegen. Aus § 4 UmwRG folgt eine Beseitigung des Verfahrensfehlers oder wo dies nicht möglich ist, ein Aufhebungsanspruch der angegriffenen Behördenentscheidung. § 4 UmwRG wurde 2015 aufgrund des Altrip-Urteils des EuGH umfassend novelliert.11 11

Urteil des EuGH v 07.11.2013, Rs C-72/12 und Gesetz v 07.11.2015 (BGBl I, 2069)

Die Novelle 2017 zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in Deutschland

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2013 wurde § 4a UmwRG aF eingeführt und enthielt verschiedene Anwendungsmaßgaben für Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung. Bedeutsam dabei war vor allem eine 6-Wochen-Frist für die Begründung einer Klage, die im Einzelfall vom Gericht aber auch verlängert werden konnte. § 5 des UmwRG aF enthielt eine – übliche – Übergangs- und Überleitungsvorschrift. Statistisch hat das UmwRG keine Klageflut ausgelöst. Der Anteil der Umweltverbandsklagen an allen verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Deutschland pro Jahr ist nahezu nicht messbar. Demgegenüber sind diese Klagen aber ungefähr doppelt so erfolgreich wie Klagen von Privatpersonen. Nach einer veröffentlichten Studie haben ungefähr 48,6 % der Verfahren ganz oder teilweise Erfolg gehabt12, bei Klagen von Privatpersonen kommt dies nur in ungefähr 10 % der Fälle vor.

3.2. Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK Demgegenüber dienen der Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK auf der EU-Ebene in Bezug auf EU-Organe der Titel IV der Aarhus-VO (EG) Nr 1367/200613 sowie in Bezug auf die Mitgliedstaaten einzelne Bestimmungen wie Art 13 der Umwelthaftungs-RL 2004/35/EG14 und Art 23 der Seveso III-RL 2012/18/EU15, soweit diese davon erfassten Betriebsbereiche nicht schon Teil von Anlagen nach der Industrie­ emissions-RL der EU sind. Eine umfassende Umsetzung im Sekundärrecht der EU erfolgte bislang nicht. Daher erlangt der seinerzeitige Ratifikationsvorbehalt der EU zur AK unverändert 12

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14 15

Siehe den Nationaler Umsetzungsbericht der Aarhus-Konvention für Deutschland 2016, Abschnitt XXX, unter https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Umweltinformation/ aarhus_umsetzungsbericht_2016_bf.pdf (27.02.2019). Verordnung (EG) Nr 1367 des Europäischen Parlamentes und des Rates v 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, ABl 2006/264, 13; teilweise im Zusammenhang mit der Verordnung (EG) Nr 1367 des Europäischen Parlamentes und des Rates v 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlamentes, des Rates und der Kommission, ABl 2001/145, 43. Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates v 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, ABl 2004/143, 56. Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates v 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates, ABl 2012/197, 1; umgesetzt durch die Erweiterung von § 1 Abs 1 Satz 1 UmwRG um die neuen Nummern 2a und 2b durch das so genannte Seveso III-Gesetz (Art 3 des Gesetzes vom 30.11.2016, BGBl I 2016, 2749).

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Bedeutung, wonach es bis zum Erlass einer abschließenden umfassenden EU-RL über den umweltrechtlichen Gerichtszugang Aufgabe der EU-Mitgliedstaaten ist, die vollständige Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK zu gewährleisten. Im Jahre 2003 hatte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine solche RL vorgelegt, der sich im Rat aber nicht durchsetzen konnte.16 Im Jahre 2014 wurde dieser Vorschlag daher im Rahmen des REFIT-Prozesses zurückgezogen, zugleich aber die Vorlage eines neuen Vorschlages angekündigt.17 Dazu wurden in den Jahren 2012 bis 2014 erhebliche Vorarbeiten geleistet: verschiedene EU-weite Studien wurden veröffentlicht, eine EU-weite Konsultation durchgeführt und das Kommissions-interne Impact Assessment-Verfahren abgeschlossen. Allein ein RL-Vorschlag erfolgte nicht. Die amtierende Kommission hatte im Arbeitsprogramm 2016 lediglich eine „Vorlage“ angekündigt. Das Arbeitsprogramm 2017 wurde dann mit der Ankündigung einer Mitteilung für das erste Quartal 2017 konkreter. Diese Mitteilung wurde inzwischen am 28. April 2017 veröffentlicht.18 Ziel der Europäischen Kommission ist dabei vor allem eine Kodifikation der Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofes zum umweltrechtlichen Rechtsschutz. Damit soll Gerichten, Behörden, Bürgerinnen und Bürgern sowie Umweltvereinigungen vor allem eine Orientierungshilfe in der Praxis gegeben werden. Im deutschen Recht erfolgt die Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK durch verschiedene Bestimmungen des Zivilrechts und des Strafrechts sowie wie dargestellt durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) in Verbindung mit dem Umweltschadensgesetz (USchadG), durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sowie durch die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für Rechtsbehelfe von Privatpersonen, sofern diese die Voraussetzung des § 42 Abs 2 VwGO erfüllen. Darüber hinaus existierte vor der neuen Novelle zum UmwRG kein Umsetzungsakt.

3.3. Praxisprobleme Diese rechtliche Ausgangslage führte zunehmend zu Praxisproblemen: Auf der EU-Ebene ist Treiber vor allem die Rsp des EuGH. Grundentscheidung 16 17

18

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, KOM(2003) 624 endg v 24. Oktober 2003. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT): Ergebnisse und Ausblick, COM(2013) 685 final v 2. Oktober 2013, 9 mit FN 15 sowie im Anhang zu dieser Mitteilung Seite 9 mit FN 35. Mitteilung der Kommission v 28.04.2017 über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, COM(2017) 2616 final.

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dafür ist das berühmte Braunbärenurteil.19 Demgegenüber ist der EuGH in seiner Rsp zu Art 9 Abs 3 AK weitaus großzügiger, wenn es um Entscheidungen von Organen der EU selbst geht.20 Die jüngste bedeutende Entscheidung des EuGH, die bereits als Braunbär II bezeichnet wird, datiert vom November 2016.21 Ansatzpunkt ist hier die FFH-RL der EU. Neu ist, dass der EuGH dabei seine Entscheidung neben Art 9 Abs 3 AK explizit auch auf Art 47 GRC und Art 19 Abs 1 AEUV stützt. In der Sache legt er Art 6 Abs 1 lit b AK erweitert aus und verlangt danach auch für Entscheidungen nach der FFH-RL stets die Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung. Zugleich eröffnet dies dann den Rechtsschutz nach Art 9 Abs 2 AK. Weitere Klärung wird voraussichtlich ein anhängiges Vorlageverfahren aus Österreich bringen, bei dem es um das Verhältnis von Art 9 Abs 3 AK zur Wasserrahmen-RL22 geht. Das aktuelle – ebenfalls auf einem österreichischen Fall basierende – Urteil v 1. Juni 2017 zum Rechtsschutz nach der Umwelthaftungs-RL besitzt keine besondere Relevanz für das deutsche Recht, weil die nationale Rechtslage dem bereits genügt.23 Weitere Folgen der geltenden Rechtssituation auf EU-Ebene waren und sind zudem verschiedene Verfahren vor dem Compliance Committee der AK gegen die EU in Bezug auf den umweltrechtlichen Rechtsschutz. Von besonderem politischem Interesse ist hier der Fall 32 – Teil II, der auf der 6. Vertragsstaatenkonferenz im September 2017 nicht abgeschlossen werden konnte, sondern dessen Beschlussfassung auf die nachfolgende Vertragsstaatenkonferenz in 2021 verschoben worden ist.24 Auch für Deutschland haben die Praxisprobleme zugenommen. Im Nachgang zum Braunbären-Urteil des EuGH war für die deutsche Praxis allem das Urteil des 7. Senates des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) zum Luftreinhalteplan Darmstadt ein Paukenschlag.25 Danach sei durch Art 9 Abs 3 AK ua bereits über 19

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25

Braunbären-Urteil des EuGH v 8. März 2011, Rs C-240/09: Der EuGH hat entschieden, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ihr nationales Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht „so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Artikel 9 Absatz 3 [der UN ECE Aarhus-Konvention] als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen, um es einer Umweltschutzvereinigung […] zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten.“ EuGH-Urteile v 15. Januar 2015, Rs C-404/12 P und 405/12. EuGH-Urteil v 8. November 2016, Rs C-243/15. Rs C-664/15. EuGH-Urteil v 1. Juni 2017, Rs C-529/15. http://www.unece.org/env/pp/compliance/Compliancecommittee/32TableEC.html; http://www. unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/mop6/in-session_docs/ECE.MP.PP.2017.CRP.9_Key_decisions_and_outcomes_final.pdf (27.02.2019). Urteil des BVerwG v 5. September 2013, 7 C 21.12.

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das „Ob“ einer umweltrechtlichen Verbandsklage auch in Deutschland entschieden worden, nur das „Wie“ verbleibe als Aufgabe des Gesetzgebers. Im konkreten Fall wurde durch das Urteil die prokuratorische Verbandsklage entwickelt, die ein anerkannter Verband anstelle eines klageberichtigten Bürgers geltend machen kann. Bezogen auf Lärmaktionspläne hat der 4. Senat des BVerwG jedoch nachfolgend mangels EU-rechtlicher Vorgaben eine andere Bewertung vorgenommen.26 Ebenso unterschiedlich ist die Rezeption des Urteils des EuGH v 8. November 2016 durch die nationale Rechtsprechung.27 Auf der Ebene des Völkerrechts wurden weitere Verfahren vor dem Compliance Committee der AK gegen Deutschland in Bezug auf Fragen des Rechtsschutzes eingeleitet.28

4. Die aktuelle Novelle 2017 zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) Seit Beginn der 18. Legislaturperiode wurde vom federführenden deutschen Bundesumweltministerium ein umfassender Gesetzentwurf zur Anpassung des ­UmwRG und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Bestimmungen erarbeitet. Diese Novelle zum UmwRG stand unter einem besonders hohen Zeitdruck. Sie war zum einen notwendig zur Umsetzung des Urteils des EuGH v 15.10.2015.29 Hier drohte ab dem Herbst 2016 ein finanzielles Sanktionsverfahren nach Art 260 Abs 2 AEUV, mit dem Zwangsgeld und Pauschbetrag in erheblicher Millionenhöhe hätte verhängt werden können. Die aktuelle Novelle war zum anderen notwendig, um den Compliance Beschluss V/9h der 5. VSK v 02.07.2014 in deutsches Recht umzusetzen. Hier sollte eigentlich der zum 31. Oktober 2016 von Deutschland angeforderte dritte Bericht die abschließende Grundlage für die Berichterstattung des Compliance Committee an die 6. VSK im Jahre 2017 und die dortige erneute Beschlussfassung zu Deutschland sein. Dabei war es das deutsche Ziel, eine „Zweitverurteilung“ zu vermeiden. Es hätte sicherlich eine gravierende 26 27

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Urteil des BVerwG v 12. November 2014, 4 C 34.13. Vgl BayVGH 14. März 2017 – 22 B 17.12; OVG Magdeburg, Beschluss v 3. Januar 2017 – 2 M 118/16; OVG Magdeburg, Beschluss v 23. März 2017 – 2 K 127/15; siehe auch BayVGH, Urteil v 28. Juli 2016 – 14 N 15.1870. Fall 125 – Präklusion: http://www.unece.org/environmental-policy/conventions/public-participation/aarhus-convention/tfwg/envppcc/envppcccom/acccc2015125-germany.html; Fall 137 – Anerkennung: http://www.unece.org/environmental-policy/conventions/public-participation/aarhus-convention/tfwg/envppcc/envppcccom/acccc2016137-germany.html (27.02.2019). Urteil des EuGH v 15.10.2015, Rs C-137/14.

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(außen)politische Bedeutung gehabt, wenn der Vertragsstaat Deutschland unverändert seinen internationalen Verpflichtungen nicht entsprechen würde. Auf die beiden Punkte wird im Folgenden näher eingegangen.

4.1. Urteil des EuGH v 15.10.2015 Der für die deutsche Praxis gravierendste Punkt der Entscheidung v 15.10.2015 war die Feststellung des EuGH, dass das bislang im deutschen Recht geltende Instrument der materiellen Präklusion mit Art 11 der UVP- und Art 25 der IE-RL unvereinbar ist. Konkret sähen die beiden Richtlinien keine Beschränkung der Gründe vor, auf die ein Rechtsbehelf gestützt werden kann. Rechtssicherheit und Verfahrens­ effizienz dürften nicht zu Lasten einer umfassenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen gehen. Dies erforderte die ersatzlose Streichung des Instrumentes der materiellen Präklusion im deutschen Recht, zumindest für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen zu UVP-Vorhaben und IE-Anlagen. Zugelassen hat der EuGH dabei nur zwei Einschränkungen: Zum ersten kann die Klageerhebung von der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Rechtsbehelfe abhängig gemacht werden. Es bleibt daher bei einem Widerspruchsverfahren vor einer Klage, wenn dieses im deutschen Recht vorgeschrieben ist. Zum zweiten kann laut EuGH ein erstmaliges Vorbringen im Verwaltungsprozess zurückgewiesen werden, wenn es „missbräuchlich oder unredlich“ ist. Damit ist die Schaffung einer Missbrauchsklausel EU-rechtlich zulässig; dem hat der Gesetzgeber mit dem Änderungsgesetz Rechnung getragen.

4.2. Compliance-Beschluss V/9h der 5. Aarhus-VSK v 02.07.2014 betreffend die Völkerrechtswidrigkeit des damals geltenden deutschen Rechts Von 2008 bis 2014 wurde auf Beschwerde von Client Earth und dem deutschen NABU ein Compliance-Verfahren vor dem Überprüfungsgremium der AK (Compliance Committee) zu verschiedenen Vorwürfen gegen die deutsche Umsetzung zum Gerichtszugang in Umweltangelegenheiten durchgeführt. Zu den im November 2013 veröffentlichten Draft findings and recommendations hat die Bundesregierung noch kritisch Stellung genommen.30 Ein für Deutschland negativer Abschluss auf der 5. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) im Juli 2014 war hingegen nicht zu verhindern. Die VSK hat mit dem Beschluss V/9h die Völ30

Siehe zum Verfahren: http://www.unece.org/env/pp/compliance/Compliancecommittee/31TableGermany.html (27.02.2019).

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kerrechtswidrigkeit der damals geltenden deutschen Umsetzung in zwei Punkten festgestellt:31 In Ziffer 1 des Beschlusses billigte die VSK die Feststellungen des Compliance Committee, wonach Deutschland als Vertragspartei – gegen Art 9 Abs 2 AK verstößt, weil Umweltvereinigungen als Bedingung für einen Rechtsbehelf nach dem damals geltenden UmwRG geltend machen mussten, dass die angefochtene Entscheidung eine „der Umwelt dienende“ Rechtsvorschrift verletzt, und – gegen Art 9 Abs 3 AK verstößt, weil in vielen einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften keine Klagebefugnis für Umweltvereinigungen zur Anfechtung von Handlungen oder Unterlassungen von Behörden oder Privatpersonen, die umweltbezogene Vorschriften innerstaatlichen Rechts verletzen, gewährleistet worden ist. In Ziffer 2 des Beschlusses werden Empfehlungen gegeben, wie Deutschland diese zwei Verstöße abstellen könnte. Ziffer 3 des Beschlusses V/9h sah jährliche Monitoring-Berichte der Bundesregierung vor, um so eine begleitende Kontrolle durch das 31

Entscheidung V/9h über die Einhaltung von Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens seitens Deutschlands [deutsche Übersetzung des englischen Originaltextes wie von der Vertragsstaatenkonferenz angenommen]: … 1. billigt die folgenden Feststellungen des Ausschusses im Hinblick auf Beschwerde ACCC/C/2008/31: (a) Weil die Vertragspartei Umweltvereinigungen als Bedingung für einen Rechtsbehelf gemäß Umwelt-Rechtsbehelfs-Gesetz (UmwRG) auferlegt, geltend zu machen, dass die angefochtene Entscheidung eine „der Umwelt dienende“ Rechtsvorschrift verletzt, verstößt die Vertragspartei in dieser Hinsicht gegen Artikel 9 Absatz 2 des Übereinkommens. (b) Die Vertragspartei gewährleistet in vielen ihrer einschlägigen Rechtsvorschriften keine Klagebefugnis für Umweltvereinigungen zur Anfechtung von Handlungen oder Unterlassungen von Behörden oder Privatpersonen, die umweltbezogene Vorschriften innerstaatlichen Rechts verletzen; deshalb verstößt die Vertragspartei gegen Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens. 2. empfiehlt der betroffenen Vertragspartei die notwendigen Rechts- und Verwaltungsmaßnahmen und praktischen Anwendungsbestimmungen zu treffen, um zu gewährleisten, dass (a) nichtstaatliche Organisationen, die den Umweltschutz fördern, die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen nach Artikel 6 des Übereinkommens anfechten können, ohne geltend machen zu müssen, dass die angefochtene Entscheidung gegen eine „der Umwelt dienende“ Rechtsvorschrift verstößt; (b) Kriterien für die Klagebefugnis von den Umweltschutz fördernden nichtstaatlichen Organisationen, einschließlich der Klagebefugnis im Hinblick auf einschlägiges Umweltrecht, zur Anfechtung von Handlungen oder Unterlassungen von Privatpersonen oder Behörden, die gegen umweltbezogenes innerstaatliches Recht nach Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens verstoßen, werden überarbeitet, und zwar über etwaige im UmwRG, im Bundesnaturschutzgesetz oder im Umweltschadensgesetz bestehende Kriterien für die Klagebefugnis von nichtstaatlichen Organisationen hinaus. […]

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Compliance Committee zu ermöglichen. Die Bundesregierung hat auch nach dem dritten zum 31.10.2016 geforderten Bericht zusätzliche Fortschrittsberichte übermittelt. Auf Basis dieser Erkenntnisse hatte das Compliance Committee dann der 6. VSK im September 2017 erneut Bericht zu erstatten, ob Deutschland den Beschluss V/9h erfolgreich umgesetzt hat. Die 6. VSK musste also eine neue Entscheidung über die Einhaltung der Konvention durch Deutschland treffen. Die Umsetzung des Beschlusses V/9h verlangte von Deutschland zwingend ein Tätigwerden des deutschen Gesetzgebers. Die gesamte Ziffer 1 des Beschlusses hat völkerrechtliche Verbindlichkeit und stellt keine unverbindliche Empfehlung dar. Letzteres ist in der politischen Diskussion teilweise geltend gemacht worden. Dies folgt nicht bereits aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit der deutschen Verfassung.32 Die Verbindlichkeit ist vor allem eine Folge des völkerrechtlichen Grundsatzes des „Pacta sunt servanda“.33 Im Ergebnis konkretisiert der Beschluss V/9h die vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus der Aarhus-Konvention. Dieses Ergebnis ist gleichzeitig auch von Relevanz für EU-Ebene. Da die AK auch EU-Recht ist, das sogar gegenüber dem Sekundärrecht vorrangig ist, wäre bei einem Verstoß gegen die Konvention auch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU KOM möglich. Nach dem Ergebnis der Analyse des Beschlusses V/9h verlangte der erste völkerrechtlich beanstandete Punkt eine Änderung von § 2 Abs 1 Nr 1 und Abs 5 UmwRG aF. Nach den Ausführungen des Compliance Committee in seinen endgültigen Feststellungen war im Kontext von Art 9 Abs 2 AK eine eventuelle Begrenzung auf rügefähige Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen, oder, die die Umwelt fördern, oder, die sich auf die Umwelt beziehen, ausdrücklich unmöglich. Eine Umformulierung kam damit nicht in Betracht. Stattdessen war eine ersatzlose Streichung des Kriteriums notwendig, soweit der Bereich der Umsetzung von Art 9 Abs 2 AK betroffen ist. Dieses kritisierte Kriterium hat in der Spruchpraxis der deutschen Gerichte jedoch nur eine untergeordnete Relevanz gehabt und damit lediglich in sehr seltenen Fällen tatsächlich zu einem Ausschluss von Sachargumenten geführt. Gesetzgebungstechnisch schwieriger war die Umsetzung des zweiten völkerrechtlich beanstandeten Punktes. Hier war primär der Anwendungsbereich in § 1 Abs 1 32 33

Siehe dazu aber auch den Beschluss des BVerfG v 15.12.2015, 2 BvL 1/12, wonach ein völkerrechtswidriges Gesetz nicht bereits verfassungswidrig ist. Siehe hierzu auch Art 31 Abs 3 lit a Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK); da die Beschlussfassung der VSK im Block zu allen Compliance-Entscheidungen erfolgt ist, berührt dies zudem auch das völkerrechtliche Verbot des „venire contra factum proprium“.

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Satz 1 UmwRG adressiert. Nach der Spruchpraxis des Compliance Committee war klar, dass keine Einführung einer Popularklage erforderlich war. Für Privatpersonen konnte daher an dem Kriterium der Verletzung in eigenen Rechten unverändert festgehalten werden. Demgegenüber war eine Begrenzung der Rügebefugnis im Rahmen von Art 9 Abs 3 AK auf „umweltbezogene Bestimmungen“ möglich und hier wegen der notwendigen Abgrenzung auch sehr sinnvoll. Dies hat der Gesetzgeber dann auch aufgegriffen. Die im Art 9 Abs 3 AK eröffnete Option eines verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahrens war für Deutschland hingegen kein sinnvoller Ansatz: Dies hätte beispielsweise eine verfahrenstechnische Parallelität von Rechtsbehelfen von Umweltvereinigungen vor einer Behörde und von Privatpersonen vor einem Gericht zum selben Streitgegenstand führen können, ggf mit unterschiedlichen Ergebnissen. Zudem hätte am Ende des verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahrens eine verwaltungsrechtliche Endentscheidung gestanden, die nach dem Rechtsstaatsprinzip erneut vor Gerichten hätte überprüfbar sein müssen – damit wäre nichts gewonnen gewesen. Relevant waren zudem strukturelle Fragestellungen: Für die Prüfung von neu eröffneten Rechtsbehelfen steht eine funktionierende und allseits anerkannte Gerichtsbarkeit zur Verfügung; die Schaffung von parallelen Überprüfungsmechanismen in allen 16 Bundesländern hätte einen erheblichen neuen Aufwand an Ressourcen für den perspektivischen Fall ausgelöst, dass eine Überprüfung einer solchen Entscheidung beantragt wird. Notwendig zur Umsetzung war aber eine Erweiterung der Verbandsklagemöglichkeiten für nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigungen. Nur so konnte das vorgegebene Ziel einer Überprüfbarkeit von Handlungen und Unterlassungen von Behörden und Privatpersonen auf Vereinbarkeit mit umweltbezogenen Bestimmungen erreicht werden. Dazu bedurfte es einer Erweiterung des Kataloges von § 1 UmwRG.

4.3. Zum Gesetzgebungsverfahren Das Gesetzgebungsverfahren wurde im Frühjahr 2015 mit dem Beginn der Ressort­ abstimmung eingeleitet. Im April 2016 wurde der Anhörungsentwurf veröffentlicht und Länder, Verbände und Kommunale Spitzenverbände um Stellungnahmen gebeten. Mitte Mai 2016 erfolgten dann mündliche Anhörungstermine. Am 22. Juni 2016 hat dann das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen und diesen dabei zugleich – wegen der geschilderten Terminnöte – als eilbedürftig deklariert. In der Folge fanden am 7./8. September 2016 die Beratungen in fünf Ausschüssen

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des Bundesrates statt.34 Daraus ergaben sich 26 Einzelvoten, die teilweise schwierige EU- und völkerrechtliche Fragen aufwarfen. Die am 23. September 2016 vom Plenum beschlossene Stellungnahme des Bundesrates beschränkte sich jedoch auf drei Prüfbitten und drei Detailänderungswünsche.35 In Ihrer Gegenäußerung vom 5. Oktober 2016 entsprach die Bundesregierung den Prüfbitten und befürwortete mit Modifikation zwei Änderungswünsche.36 Wegen der Eilbedürftigkeit des Gesetzentwurfs fand bereits am 8. September 2016 die erste Lesung im Deutschen Bundestag statt.37 Der federführende Umwelt­ ausschuss des Deutschen Bundestages führte am 26. September 2016 eine Sachverständigenanhörung durch, bei der überwiegend Kritik am Gesetzentwurf dahingehend geäußert wurde, dass der Entwurf für eine vollständige Umsetzung der Vorgaben aus EU- und Völkerrecht noch nicht ausreiche.38 Gefordert wurde beispielsweise ein nochmals erweiterter Anwendungsbereich. Auch die Bestimmungen des Regierungsentwurfes zur Heilung materieller Fehler, zur Missbrauchsklausel sowie zum Inkrafttreten der Rechtsänderungen wurden kritisch hinterfragt. In der Folge haben die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag intensiv über den Gesetzentwurf beraten und sich ausreichend Zeit genommen, um die verschiedenen komplexen Fragestellungen zu prüfen. Parallel hat die Bundesregierung das Compliance Committee in Genf sowie die Europäische Kommission wiederholt über den Verfahrensstand unterrichtet. Am 26. April 2017 haben schließlich die Ausschüsse des Deutschen Bundestages und am 27. April 2017 das Parlamentsplenum das Gesetz in 2./3. Lesung verabschiedet. Dabei wurden ein Änderungspaket von sieben Detailänderungen gegenüber dem Regierungsentwurf und eine Empfehlung der Koalition mitbeschlossen.39 Zwei kritische Empfehlungsentwürfe der Opposition fanden hingegen keine Mehrheit.40 Mit der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Empfehlung wird die Bundesregierung zum einen aufgefordert, in der kommenden Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur vollständigen Integration der naturschutzrechtlichen Verbandsklage 34 35 36 37 38

39 40

BR-Drs 422/16 und 422/1/16. BR-Drs 422/16 – Beschluss. BT-Drs 18/9909. BT-Drs 18/9526. Ausschussdrucksachen 18(16)417-A bis F des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit; Protokoll 18/91 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. BT-Drs 18/12146; BR-Drs 341/17 und BR-Drs zu Drucksache 341/17; siehe auch Plenarprotokoll 18/231 v 27. April 2017, TOP 15. BT-Drs 18/12160 und BT-Drs 18/12161.

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nach § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) in das UmwRG vorzulegen; diese Überführung soll ohne inhaltliche Abstriche erfolgen und dient ausschließlich der besseren Systematisierung des Bundesrechts. Zum anderen soll die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag vier Jahre nach dem Inkrafttreten der aktuellen Novelle über die praktischen Erfahrungen im Vollzug berichten und dabei insb mitteilen, ob es zu einer Zunahme von umweltrechtlichen Rechtsbehelfen nach diesem Gesetz und zu einer signifikanten Verlängerung von Entscheidungsverfahren gekommen ist. Mit anderen Worten verlangt das Parlament kurzfristig eine rechtstechnische Vereinfachung ohne Standardabbau und mittelfristig einen Monitoring-Bericht über die Praxiserfahrungen mit der Novelle 2017. Dieser zweite Punkt war zuvor schon in Gesprächen zwischen dem deutschen Normenkontrollrat und dem Bundesumweltministerium in Aussicht genommen worden. Mit Beschluss vom 12. Mai 2017 hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.41 Eine vom Umweltausschuss des Bundesrates zuvor vorgelegte – kritische – Beschlussempfehlung fand hingegen keine Mehrheit.42 Nach der Verkündung des Gesetzes vom 29. Mai 2017 im Bundesgesetzblatt, ist das Gesetz am 2. Juni 2017 in Kraft getreten.

4.4. Zu den wesentlichen Änderungen durch die Novelle 2017 Der Regierungsentwurf war als Artikelgesetz konzipiert, das insgesamt 18 Artikel umfasst. Neben der Änderung von 14 Gesetzen mussten auch in zwei Rechtsverordnungen Folgeänderungen vorgenommen werden. Die verbleibenden Schlussartikel regeln das Inkrafttreten und Neubekanntmachungsbefugnisse. 4.4.1. Erweiterter Anwendungsbereich In § 1 Abs 1 Satz 1 UmwRG wurden zur Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK drei neue Fallgruppen aufgenommen. Die neue Nr 4 erfasst SUP-pflichtige Pläne und Programme, mit Ausnahme solcher Planungen, die durch den Gesetzgeber selbst angenommen werden. In der Anhörung im Deutschen Bundestag wurde hierzu ua die Beschränkung auf SUP-pflichtige Pläne und Programme kritisiert. Aus Sicht des Regierungsentwurfes folgt die Aufnahme dieser Kategorie in § 1 UmwRG bereits aus dem Wortlaut von Art 9 Abs 2 AK, der andere Entscheidungen als solche nach Art 6 der Konvention 41 42

BR-Drs 341/17 (Beschluss); siehe auch Plenarprotokoll 957 v 12. Mai 2017, TOP 24. BR-Drs 341/1/17, Abschnitt B.

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zumindest dem Regime des Art 9 Abs 3 AK unterwirft. Dazu gehört auch Art 7 AK, der die Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltbezogenen Plänen und Programmen regelt. In Deutschland sind dies solche Pläne und Programme, für die eine SUP-Pflicht besteht. Sofern hier Lücken bestehen sollten, wäre dogmatisch eher zu fragen, ob es Pläne und Programme gibt, für die eine SUP-Pflicht bisher unzutreffend verneint worden ist. Der Bezug zur SUP-Pflicht ist auch deshalb von Belang, da über die Bindungswirkung der SUP eine Außenwirkung des Plans oder Programms zu bejahen ist; auf eine rechtsdogmatische Diskussion zur Rechtsqualität jedes einzelnen Plans oder Programms konnte damit verzichtet werden. Gem § 7 Abs 2 UmwRG ist der einschlägige Auffang-Rechtsbehelf für Entscheidungen nach der neuen Nr 4 die Normenkontrolle nach § 47 VwGO, sofern kein anderer Rechtsbehelf nach der VwGO unmittelbar eröffnet sein sollte. Inhaltlich ist die gerichtliche Überprüfung begrenzt auf geltend gemachte Verstöße gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften. § 7 Abs 2 UmwRG enthält weitere Sonderregelungen zum Rechtsschutz bei Plänen und Programmen in Bezug auf die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte und zur örtlichen Zuständigkeit. Nach § 7 Abs 3 UmwRG wird – aufgrund des nationalen Gebotes der 1:1-Umsetzung43 von EU-rechtlichen Vorgaben – bei SUP-pflichtigen Plänen und Programen nunmehr erstmals eine Präklusion bei der Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt. Allein ausgenommen hiervon sind Bebauungspläne nach § 10 BauGB, mit denen sowohl Vorgaben der UVP- als auch der SUP-RL der EU umgesetzt werden. Der Gesetzgeber führt damit die durch das EAG Bau von 2004 geschaffene Erleichterung für kommunale Planungsträger fort, durch die eine einheitliche Handhabung ohne Differenzierung nach den Inhalten der beiden RL ermöglicht worden ist. Die neue Nr 5 des § 1 Abs 1 Satz 1 UmwRG erfasst Zulassungsentscheidungen für andere Vorhaben als UVP-Vorhaben oder Anlagen nach der Industrieemissions-RL in Form eines Verwaltungsakts oder eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, wenn und soweit dabei umweltbezogene Rechtsvorschriften Anwendung finden. Der Begriff des Vorhabens knüpft an die Definition in § 2 Abs 2 UVPG aF ohne den Bezug auf Anl 1 zum UVPG an. Die neue Nr 6 des § 1 Abs 1 Satz 1 UmwRG eröffnet Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen in Form eines Verwaltungsakts über behördliche Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von anderen Entschei-

43

Siehe dazu ua den Koalitionsvertrag der laufenden Legislaturperiode, aber auch die Prüfungspraxis des Normenkontrollrates im Rahmen der Abschätzung des Erfüllungsaufwandes gesetzlicher Normen sowie bei der Anwendung der One in, one out-Regel bei neuem Erfüllungsaufwand für den Normadressaten Wirtschaft ab dem 1. Januar 2016.

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dungen nach § 1 UmwRG, wenn und soweit dabei umweltbezogene Rechtsvorschriften Anwendung finden. Mit diesem Rechtsbehelf wird vor allem der Vorgabe des Compliance Committee entsprochen, auch eventuelles Fehlverhalten von Privaten bei der Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften über das bislang geltende Recht hinaus überprüfbar zu machen. Das bestehende zivil- und strafrechtliche Instrumentarium in Deutschland genügte nach der Prüfung des Compliance Committee nicht für eine Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK. Der Gesetzgeber will diese Vorgabe nun gemittelt durch die zuständige Behörde umsetzen, die einschreiten kann und muss, wenn ein eventuelles Fehlverhalten von Privaten vorliegen sollte. Relevant ist hier vor allem der Fall des Unterlassens einer Aufsichtsmaßnahme nach § 1 Abs 1 Satz 2 UmwRG. 4.4.2. Vorschriften, die dem Umweltschutz dienen, und umweltbezogene Rechtsvorschriften In § 2 Abs 1 und 5 UmwRG aF (§ 2 Abs 1 und 4 UmwRG nF) wird das Kriterium „Vorschriften, die dem Umweltschutz dienen“ für Vorhaben im Anwendungsbereich des Art 9 Abs 2 AK gestrichen. Demgegenüber wird dieses Kriterium in der Formulierung „Verstoß gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften“ für den neuen Anwendungsbereich zur Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK im UmwRG fortgeführt. Diese Begrenzung ermöglicht der Wortlaut von Art 9 Abs 3 AK ausdrücklich. In § 1 Abs 4 UmwRG wird der nunmehr für Abgrenzungsfragen relevante neue Begriff „umweltbezogene Rechtsvorschriften“ definiert. Dies kann in völkerrechtskonformer Weise jedoch nur durch Rückgriff auf die Elemente des Begriffs „Umweltinformation“ aus der Konvention selbst gelingen. Das Gesetz verweist daher entsprechend auf die deutsche Umsetzung in § 2 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) des Bundes. 4.4.3. Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen Für die nun rechtsbehelfsfähigen Entscheidungen, bei denen zuvor keine Öffentlichkeitsbeteiligung mit anschließender öffentlicher Bekanntmachung durchzuführen ist, würde im Normalfall keine verkürzte Rechtsbehelfsfrist von einem Monat laufen können. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat der Gesetzgeber im Bundesberggesetz eine neue Bestimmung zur öffentlichen Bekanntmachung von solchen Entscheidungen geregelt. Wegen der engen verfassungsrechtlichen Spielräume in diesem Kontext war dem Gesetzgeber eine solche generelle Regelung jedoch nach intensiver Prüfung verwehrt. Als Lösung des Problems wird stattdessen mit § 7 Abs

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1 UmwRG ermöglicht, eine getroffene Entscheidung an alle rechtsbehelfsbefugten Vereinigungen und Personen bekannt zu geben, um so schneller Rechts- und Planungssicherheit zu erreichen. Zudem hat der Deutsche Bundestag in § 2 Abs 3 Satz 2 UmwRG für Rechtsbehelfe von anerkannten Umweltvereinigungen gegen Entscheidungen in den neuen Fallkategorien des § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 5 und 6 UmwRG eine neue maximale Rechtsbehelfsfrist von zwei Jahren eingeführt. Laut amtlicher Begründung dient auch diese Vorgabe der Rechtssicherheit. 4.4.4. Neue Möglichkeit zur Heilung materieller Fehler In § 7 Abs 5 UmwRG wird nun erstmals die Möglichkeit eröffnet, die Verletzung materieller Rechtsvorschriften auch über § 75 Abs 1a VwVfG hinaus zu heilen. Nach der amtlichen Begründung knüpft diese Bestimmung explizit am Modell des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Planfeststellungsbeschlüsse an und überträgt dieses auf Genehmigungen. Die Vorschrift nimmt Bezug auf die bisherige Rsp des BVerwG zu § 75 Abs 1a VwVfG. Möglich sind daher ein ergänzendes Verfahren oder eine Entscheidungsergänzung. Beides richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Fachrecht. Konkret wird ein Verwaltungsgericht daher zB feststellen können, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist, hebt diesen aber nicht auf. Damit besteht vor einer erfolgreichen Mängelbeseitigung keine Vollziehbarkeit. Natürlich kann auch die nachfolgend durchgeführte Mängelbeseitigung im Einzelfall wieder beteiligungs- und UVP-pflichtig sowie rechtsbehelfsfähig sein, dann aber jeweils nur bezogen auf die Mängelbeseitigung selbst. Nach den Vorgaben des EU-und Völkerrechts reicht es aus, wenn den im Einzelfall möglicherweise verletzten gesetzlichen Bestimmungen Geltung verschafft wird und im Endeffekt eine gesetzeskonforme Gesamtentscheidung vorliegt. Berechtigten Besorgnissen wegen gerichtlichen Kostenentscheidungen wird erforderlichenfalls durch Umstellung von Anträgen Rechnung getragen werden müssen. Ergänzend hat der Deutsche Bundestag in § 4 Abs 1b Satz 1 UmwRG eine entsprechende nachträgliche Heilungsmöglichkeit auch bei formellen Fehlern geschaffen. Diese tritt neben die schon nach dem zuvor geltenden § 4 UmwRG bestehenden Heilungsmöglichkeit von Verfahrensfehlern während des (ausgesetzten) Rechtsbehelfsverfahrens. 4.4.5. Wegfall der Präklusion Zur Umsetzung des Urteils des EuGH v 15.10.2015 werden die Bestimmungen zur Präklusion für Rechtsbehelfe im UmwRG (§ 2 Abs 3 UmwRG aF), im UVPG und

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im BImSchG gestrichen und Folgeänderungen vorgenommen. Ebenso entfällt § 47 Abs 2a VwGO. Eine solche Anpassung erfolgt allerdings nicht im VwVfG des Bundes. Grund hierfür ist zum einen die schon erwähnte 1:1-Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben im deutschen Recht sowie die komplexe zeitliche Abfolge von Änderungen des Verwaltungsverfahrensrechts durch die sog Konkordanz-Gesetzgebung von Bund und Ländern. Das EU-rechtlich Notwendige wird durch die Konkurrenzregelung des neu geschaffenen § 7 Abs 4 UmwRG erreicht. Das Urteil des EuGH betraf allein die Präklusion von Argumenten in Rechtsbehelfsverfahren, häufig als materielle Präklusion bezeichnet. Aufrechterhalten wird demgegenüber der Einwendungsausschluss im Verwaltungsverfahren selbst, häufig als formelle Präklusion bezeichnet. Aus dem Urteil des EuGH v 15.10.2015 folgt zudem, dass eine Pflicht der Öffentlichkeit zur Teilnahme am Beteiligungsverfahren bei Zulassungen für UVP-Vorhaben und bei Genehmigungen für Industrieanlagen nach der Industrieemissions-RL nicht mehr verlangt werden kann. Dies hat der EuGH bereits früher und noch viel deutlicher in seinem Urteil vom 15. Oktober 2009 festgestellt.44 Dieser Befund erforderte eine Neuformulierung von § 2 Abs 1 Nr 3 UmwRG. Um dennoch zu erreichen, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Vereinigungen ihre Argumente und Einwände in die Beteiligung beim Verwaltungsverfahren vor der Entscheidung der zuständigen Behörde einbringen, hat der Gesetzgeber versucht, dieses Beteiligungsverfahren attraktiver auszugestalten. Dazu ist eine Erweiterung der Fristen im Beteiligungsverfahren vorgesehen. Generell wird die Frist um weitere zwei Wochen verlängert; in besonders komplexen Einzelfällen ist zudem eine Fristsetzung bis maximal zur Frist der Behördenbeteiligung möglich, als bis zu drei Monaten. 4.4.6. Missbrauchsklausel Mit dem neuen § 5 UmwRG wird die vom EuGH im Urteil v 15.10.2015 als möglich erachtete Klausel zu missbräuchlichem oder unredlichen Verhalten im Rechtsbehelfsverfahren geschaffen.45 Diese Vorschrift wird einen anderen und deutlich engeren Anwendungsbereich haben als das Instrument der Präklusion. Die Präklusion hat der EuGH weitgehend abgeschafft. Die Missbrauchsklausel ist dafür kein Sur-

44 Urteil des EuGH v 15.10.2009, Rs C-263/08, Djurgaarden. 45 Vgl Grandjot, Missbräuchliches oder unredliches Verhalten im Rechtsbehelfsverfahren – Der neue § 5 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG), in Hoffmann (Hg), 15 Jahre Zentrum für Rechts- und Verwaltungswissenschaften an der Brandenburgischen Technischen Universität (2017) 137ff.

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rogat, sondern nur eine Ausnahmebestimmung für besonders gelagerte Einzelfälle. Im Kern stellt § 5 UmwRG eine spezialgesetzliche Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar. Der Gesetzgeber hat hierbei bewusst darauf verzichtet, eine Definition des Rechtsmissbrauches oder gar Regelbeispiele in das Gesetz aufzunehmen. Dies erfolgte, um das Risiko einer Fehlinterpretation des Urteils des EuGH v 15. Oktober 2015 und damit verbundene eventuelle finanzielle Sanktionen der Europäischen Kommission zu vermeiden. Die amtliche Begründung führt das Beispiel eines Verbandes an, der am Beteiligungsverfahren teilnimmt und signalisiert, dass entsprechende Einwendungen nicht bestehen, während er tatsächlich Argumente bewusst nicht einbringt und „aufspart“. Diese Fallkonstellation wie auch andere werfen jedoch auch komplexe Fragen zum möglichen Nachweis eines solchen Fehlverhaltens auf. In der Praxis kann die von der Rsp entwickelte Kontrollfrage helfen, wie sich in einem konkreten Fall ein „vernünftiger“ Verband verhalten würde. In der Vollzugswirklichkeit kann zudem eine aktive Einbindung der Verbände durch die zuständige Behörde von Nutzen sein. 4.4.7. Bisheriger § 4a UmwRG aF Der bisherige § 4a UmwRG aF wurde wegen kritischen Fragen der Europäischen Kommission zur Europarechtskonformität der Norm weitgehend abgeschafft. Lediglich § 4a Abs 1 UmwRG aF wird als § 6 UmwRG fortgeführt. Während der Regierungsentwurf die Norm unverändert übernommen hat, ist hierzu im Deutschen Bundestag vertieft diskutiert worden. Anlass für die nun verankerte, sog Gerichtspräklusion, waren ua die Beratungen auf dem Deutschen Juristentag 2016. Im Ergebnis steht nun eine Fassung des § 6 UmwRG, die eine längere Klagebegründungsfrist von zehn Wochen vorsieht, die aber anders als bisher vom Gericht nur noch sehr eingeschränkt verlängerbar ist. In der politischen Rezeption ist vielfach kontrovers diskutiert worden, ob eine solche fixe Frist der Verfahrensbeschleunigung dient oder ob eine gerichtliche Verlängerungsmöglichkeit wie bisher tatsächlich eine Verzögerung von Verfahren verursacht hat. Hier sollte abgewartet werden, wie sich die gerichtliche Praxis entwickelt. 4.4.8. Weitere relevante Änderungen des UmwRG Kritik im Gesetzgebungsverfahren wurde auch an gesetzlichen Bestimmungen für eine Inzidentüberprüfung von bestimmten Entscheidungen geäußert. Während in § 1 Abs 1 Satz 3 Nr 3 UmwRG nur deklaratorisch und exemplarisch aufgezählt wird, welche Regelungen im Fachrecht dazu bereits bestehen, handelt es sich bei

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den beiden Bestimmungen in § 16 Abs 4 und § 19b Abs 2 UVPG tatsächlich um neue Regelungen zur Inzidentüberprüfung. Bei den dort genannten, im Sachzusammenhang mit der SUP geregelten Fällen hat der Gesetzgeber einen besonderen Beschleunigungszwang geltend gemacht. Weitere Änderungen des Gesetzes betreffen § 3 UmwRG, dessen Anerkennungsregeln zum einen geringfügig modifiziert worden sind und in dem zum anderen eine Veröffentlichungspflicht anerkannter Umweltvereinigungen im Internet vorgeschrieben wird. Letzteres ist von Bedeutung für die Möglichkeit der aktiven Bekanntgabe einer Entscheidung nach § 7 Abs 1 UmwRG. In § 4 UmwRG erfolgten Anpassungen, die die bisherige Norm auch auf eventuelle Verfahrensfehler bei Plänen und Programmen erstreckt. In § 8 UmwRG wurde eine zusätzliche Übergangsregelung für den neuen Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 Nr 4–6 UmwRG geschaffen. Während der Regierungsentwurf noch eine Stichtagsregelung zum Termin 1. Januar 2017 vorsah, hat der Deutsche Bundestag den Anwendungsbereich auch auf alle laufenden einschlägigen Entscheidungsverfahren erstreckt, die bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes am 2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt haben.

5. Ausblick Mit der Novelle 2017 soll eine Konsolidierung des umweltrechtlichen Rechtsschutzes in Deutschland erreicht werden. Der Gesetzgeber hat vorerst seine Hausaufgaben gemacht und für die Praxis wichtige Weichenstellungen getroffen. Vorrangig ging und geht es zunächst um den für Deutschland positiven Abschluss der aktuellen Beanstandungsverfahren. Auf der EU-Ebene betrifft dies die Bewertung der Umsetzung des EuGH-Urteils v 15.10.2015 durch die Europäische Kommission. Auf der völkerrechtlichen Ebene ist dies zwischenzeitlich bereits gelungen: Auf Bericht des Compliance Committee hin hat die 6. Vertragsstaatenkonferenz zur UN ECE Aarhus-Konvention im September 2017 beschlossen, das Monitoring-Verfahren zum Compliance-Beschluss V/9h gegen Deutschland nicht fortzuführen.46

46

http://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/mop6/in-session_docs/ECE.MP.PP.2017.CRP.9_ Key_decisions_and_outcomes_final.pdf; http://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/mop6/ in-session_docs/ECE_MP.PP_2017.CRP.7_E_general_issues_on_compliance.pdf; http://www. unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/mop6/English/ECE_MP.PP_2017_40_E.pdf (27.02.2019).

Die Novelle 2017 zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in Deutschland

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Des Weiteren steht die Praxisbewährung der neuen Vorschriften im Vordergrund. Aufgrund der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Empfehlung bedarf es in den kommenden vier Jahren eines Gesetzes-Monitorings, das für Juni 2021 in einem Bericht münden wird. Dieser Bericht kann dann erforderlichenfalls Basis für eine gesetzliche Nachjustierung des neuen Rechts sein. Impulsgeber für den Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten ist weiterhin die EU-Ebene: Neben dem Urteil des EuGH v 6. November 2016 und der anstehenden Entscheidung des EuGH im laufenden Verfahren gegen Österreich ist die weitere Auswertung der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 28.04.2017 bedeutsam. Insofern wird der Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten weiterhin dynamisch bleiben. Bezogen auf Deutschland ist zu hoffen, dass dazu weniger Beanstandungsverfahren auf der EU- und der ECE-Ebene gegen das deutsche Recht beitragen werden.

Das Wiener Aarhus-Novellenpaket1 Ute Pöllinger

Dem Politiker und Feldherrn Perikles wird folgendes Zitat zugeschrieben: „Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger.“ Die Beteiligung der Öffentlichkeit war also schon in vorchristlicher Zeit ein politisches Thema, weshalb es umso mehr verwundert, dass sich Österreich mehr als 2000 Jahre später trotz Ratifizierung der Aarhus-Konvention noch immer ziert, ihre Vorgaben gesetzlich umzusetzen. Einzig das Bundesland Wien startete hier eine Initiative, die Aarhus-Konvention in einigen Landesgesetzen umzusetzen. Die Vorarbeiten dazu fanden bereits in den Jahren 2011 und 2013 im Rahmen von zwei ExpertInnenworkshops statt, die im Wesentlichen von der MA 22, dem Ökobüro und der Wiener Umweltanwaltschaft initiiert wurden. Im Juni 2014 wurde sodann auf Beschluss der LandesumweltreferentInnen eine Bund-Länderarbeitsgruppe eingesetzt, im April 2015 mit Beschluss der LandesamtsdirektorInnenkonferenz schließlich auch noch eine Länderarbeitsgruppe. Von der Länderarbeitsgruppe wurde eine Empfehlung an die LAD-Konferenz erarbeitet, welche folgende Punkte beinhaltet: – Rechtschutz für NGOs ist erforderlich, wobei sich eine Präferenz für die Einbindung in die Verfahren abzeichnete und das Modell der bloßen Anfechtungsmöglichkeiten (vgl ursprüngliche Regelung im UVP-G für Feststellungsverfahren) in der Minderheit blieb; – „Präklusionsregelung“: Rechtschutz also nur im Rahmen dessen, was im Verfahren vorgebracht wurde; – Umsetzung dieser Eckpunkte in den Materien Naturschutz, Jagd, Fischerei, insofern dort Regelungen der FFH- und der Vogelschutz-Richtlinie umgesetzt werden; – Keine Beteiligung an Verwaltungsstrafverfahren; – Schwerpunkt der Beteiligung in Bescheiderlassungsverfahren; keine Einbindung in die Erlassung von Verordnungen. Die Einbindung der NGOs sollte derart erfolgen, dass diese direkt kontaktiert werden bzw Portallösungen zur Verfügung gestellt werden. Für die Erhebung von Einwendungen sollten Fristen vorgeschrieben werden. Die „Wiener Entwürfe“ vom 1

Das Manuskript wurde am 29.12.2017 abgeschlossen.

Das Wiener Aarhus-Novellenpaket

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Juni 2016 setzten diese Empfehlungen in Form von Entwürfen zur Änderung des Wr Naturschutzgesetzes, des Wr Nationalparkgesetzes, des Wr Jagdgesetzes und des Wr Fischereigesetzes um, wobei man sich für die bloße Anfechtungsmöglichkeit anstatt der direkten Teilnahme am Behördenverfahren entschied: 1. Änderung des Wr Naturschutzgesetzes und des Wr Nationalparkgesetzes: Anerkannte Umweltorganisationen nach dem UVP-G sollten bei bestimmten Tatbeständen die Möglichkeit erhalten, sich gegen den Bescheid beim LVwG Wien zu beschweren und überdies Revision an den VwGH zu erheben: – Eingriffe in geschützte Biotope; – Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten; – Aussetzen nicht heimischer Tiere und Ausbringen nicht heimischer Pflanzen; – Eingriffe in Naturschutzgebiete und Europaschutzgebiete. Bescheide zu derartigen Tatbeständen sollten auf einer elektronischen Plattform veröffentlicht werden, zu der nur die anerkannten Umweltorganisationen Zugriff haben. Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung steht diesen Organisationen auch das Recht auf Akteneinsicht zu. 2. Änderung des Wr Jagdgesetzes und des Wr Fischereigesetzes: Anerkannte Umweltorganisationen nach dem UVP-G sollten die Möglichkeit erhalten, gegen Bescheide betreffend einzelne jagd- und fischereirechtliche Tatbestände Beschwerde beim LVwG Wien und überdies Revision an den VwGH zu erheben. Die Bescheide sollten den anerkannten Umweltorganisationen „normal“ zugestellt werden. Mit der Zustellung soll diesen Organisationen das Recht auf Akteneinsicht zustehen. Die Entwürfe zu den Novellen wurden ausgesandt und insgesamt 23 Stellungnahmen eingebracht, wobei deren Bandbreite von „ein Angriff auf den Wirtschaftsstandort“ bis „zu wenig weitreichend“ reichte. Seitens der NGOs wurde vor allem kritisiert, dass weiterhin keine Möglichkeit zur direkten Beteiligung an den Verfahren besteht und kein Rechtsschutz gegen die Unterlassung von Verwaltungshandeln gewährt wird. Die Novellen wurden bis heute nicht beschlossen. Die Situation in der Steiermark: Seit 01.08.2017 ist in der Steiermark ein neues Naturschutzgesetz in Kraft, welches jedoch keine Umsetzung der Aarhus-Konvention beinhaltet. Seitens der Grünen wurde daher im Rahmen der Beschlussfassung ein Antrag eingebracht, mit dem die vollständige Anwendung der Aarhus-Konvention im neuen Naturschutzgesetz eingefordert wurde. Der diesbezügliche Mehrheitsbeschluss des Landtages lautet – wenig überraschend – wie folgt: „Es finden nach wie vor Sitzungen zwischen Vertretern des Bundes und der Bundesländer auf Fachbeamten- und Expertenebene

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statt, dies mit dem Ziel, die weitere Vorgangsweise in Bezug auf die Umsetzung der 3. Säule der Aarhus-Konvention auch weiterhin abzustimmen – auch in Hinblick auf die Berücksichtigung der aktuellen EuGH-Judikatur. Derzeit scheint es daher sinnvoll im Sinne einer möglichst bundeseinheitlichen Umsetzung noch zuzuwarten und aufbauend auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppen Entscheidungen für die landesrechtliche Umsetzung zu treffen. Sobald diese Beratungen abgeschlossen sind, wird dem Landtag Steiermark ein diesbezüglicher Gesetzesvorschlag unterbreitet werden.“ Es ist zu erwarten, dass auf Basis der Entscheidungen des EuGH „Slowakischer Braunbär II“ und zuletzt „Protect“ diese Bestemmhaltung nicht mehr lange aufrecht erhalten werden kann.

Reformvorschläge1 Teresa Weber

1. Einleitung Unter dem Titel „Reformvorschläge“ wird in diesem Beitrag ein besonders wichtiges, gleichzeitig aber in der Diskussion häufig vernachlässigtes Thema diskutiert: der Rechtsschutz bei Verordnungen, also generellen Rechtsakten der Verwaltung. Verordnungen kommen in allen Bereichen des Umweltrechts zum Einsatz, so etwa bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten, der Festlegung von Lärmgrenzwerten oder der Klassifizierung von Wasserkörpern. Ob hinsichtlich derartiger Rechtsakte insb aufgrund von Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention (AK) Rechtsschutz geboten ist und wie dieser ggf ausgestaltet werden kann, ist Gegenstand des Beitrags. Dazu wird zwischen der Konstellation der rechtswidrigen Verordnungserlassung und jener der rechtswidrigen Unterlassung der Verordnungserlassung unterschieden und unterschiedliche Rechtsschutzmöglichkeiten die bereits bestehen aufgezeigt. Gleichzeitig wird aber auch diskutiert, wie bestehende Rechtsschutzlücken durch den Gesetzgeber geschlossen werden könnten. Als Beispiel für den Versuch eines derartigen Lückenschlusses wird der aktuelle Initiativantrag IA 2223/A, XXV. GP, herangezogen und analysiert.

2. Art 9 Abs 3 AK und Art 47 EU-GRC Im vorliegenden Rahmen muss nicht mehr vertieft werden, dass sich das Gebot des Rechtsschutzes bei umweltrelevanten Handlungen oder Unterlassungen aus Art 9 Abs 3 AK ergibt. Die Aarhus-Konvention ist dabei für Österreich sowohl als völkerrechtlicher Vertrag als auch – im Anwendungsbereich des Unionsrechts – als Teil des Unionsrechts verbindlich. Nach der Spruchpraxis des ACCC ist Art 9 Abs 3 AK so zu verstehen, dass jedenfalls bzw zumindest Umweltschutzorganisationen Rechtsschutzmöglichkeiten einzuräumen sind;2 freilich schließt dies 1 2

Das Manuskript wurde am 06.07.2017 abgeschlossen. ACCC/2005/11 (Belgien) ECE/MP.PP/C.1/2006/4/Add.2, Rz 35.

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nicht aus, einem weiteren Personenkreis Zugang zu Rechtsschutzeinrichtungen zu gewähren. Hinzuweisen ist darauf, dass es auch im „eigentlichen“ Unionsrecht selbst eine Rechtsschutzgarantie gibt, nämlich Art 47 EU-GRC. Demnach haben Personen, deren unionsrechtlich gewährleistete Rechte verletzt werden, einen grundrechtlichen Anspruch auf ein Verfahren vor einem Gericht. Der Kreis der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte ist dabei nach der Rsp des EuGH weiter zu ziehen als nach dem österreichischen Verständnis subjektiv-öffentlicher Rechte.3 Dabei kann die Rsp des EuGH insb auch so verstanden werden, dass Umweltorganisationen ein unionsrechtlich gewährleistetes Recht dahingehend haben, dass ökozentrische Vorschriften des EU-Umweltrechts eingehalten werden.4 Dieses Recht wird zB verletzt, wenn auf nationaler Ebene eine Entscheidung ergeht, die mit einer konkreten Vorschrift des EU-Umweltrechts bzw dessen Umsetzung im nationalen Recht nicht in Einklang steht. Zu einer Verletzung dieses unionsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf Einhaltung des EU-Umweltrechts kann es aber etwa auch dann kommen, wenn eine unionsrechtlich gebotene Handlung nicht gesetzt wird.

3. Rechtsschutz bei umweltrelevanten Verordnungen – geboten? In Hinblick auf das vorangehend Ausgeführte lässt sich die Frage, ob Rechtsschutz bei umweltrelevanten Verordnungen geboten ist, mit einem deutlichen „Ja“ beantworten. Ein solches Gebot ergibt sich nämlich einerseits aus Art 9 Abs 3 AK, der auch generelle Rechtsakte erfasst.5 Eine Ausnahme (auch) vom Rechtsschutzgebot des Art 9 Abs 3 AK besteht allerdings für Gesetzgebungsakte;6 diese Ausnahme ist aber restriktiv dahingehend zu verstehen, dass nur formelle Gesetzgebungsakte von ihr erfasst sind.7 Wenn nun Verordnungen grundsätzlich vom Anwendungsbereich 3 4

5 6 7

Siehe insb die Entscheidungen EuGH 25.07.2008, Rs C-237/07 (Janecek) und EuGH 08.03.2011, Rs C-240/09 (VLK) – auch bekannt als „Slowakischer Braunbär“. Dazu ausführlich Weber, Umweltschutz durch Rechtsschutz (2015) 72 ff; Weber, Individualrechte im EU-Wasserrecht: europäische und nationale Perspektive, in Meyer/Schnedl/Schulev-Steindl (Hg), Das Recht auf saubere Luft (2016) 75 ff. ZB ACCC/C/2004/8 (Armenien) ECE/MP.PP/C.1/2006/2/Add.1, Rz 36; ACCC/2005/11 (Belgien) ECE/MP.PP/C.1/2006/4/Add.2, Rz 31. Vgl Art 2 Z 2 letzter Satz AK. Und nicht etwa auch Verordnungen als „materielle“ Gesetze; die Qualifikation von Verordnungen als „materielle“ Gesetze stützt sich ja auf den generell-abstrakten Charakter von Verordnungen, wenn dies aber für die Heranziehung der Ausnahme ausreichen würde, dann könnte Art 9 Abs 3 AK (in Österreich) gar keine generellen Rechtsakte mehr umfassen.

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des Art 9 Abs 3 AK erfasst sind, so muss auch die (rechtswidrige) Nichterlassung einer Verordnung als „umweltrechtswidrige“ Unterlassung Art 9 Abs 3 AK unterliegen. Auch aus dem Unionsrecht ergibt sich ein Gebot des Rechtsschutzes (insb) bei umweltrelevanten Verordnungen. Bei der Frage, wie dieses völker- und unionsrechtliche Gebot auf österreichischer Ebene erfüllt werden kann, ist v.a. auf Grund der unterschiedlich ausgestalteten nationalen Rechtsschutzmechanismen zwischen der Erlassung einer (potenziell) rechtswidrigen Verordnung einerseits und der (potenziell) rechtswidrigen Unterlassung einer gebotenen Verordnungserlassung andererseits zu unterscheiden.

4. Rechtsschutz bei umweltrelevanten Verordnungen – möglich? 4.1. Rechtswidrige Verordnungserlassung Zunächst soll hier die Konstellation der Erlassung einer rechtswidrigen Verordnung, gegen die eine Umweltschutzorganisation Rechtsschutz suchen möchte, diskutiert werden. Bekanntermaßen ist der Rechtsschutz gegen Verordnungen in Österreich beim VfGH monopolisiert; nur dieser kann Verordnungen wegen Rechtswidrigkeit aufheben.8 Nach der geltenden Verfassungsrechtslage kann ein Verordnungsprüfungsverfahren aber von Einzelnen – und damit auch von Umweltschutzorganisationen – nur eingeleitet werden, wenn diese die in Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG normierten Voraussetzungen für die Erhebung eines Individualantrags erfüllen. Zentral ist dabei, dass die antragsstellende Person behauptet, durch die Verordnung in Rechten verletzt zu werden. Der VfGH hat erst kürzlich in zwei Entscheidungen verneint, dass Umweltschutzorganisationen Rechte zukommen, die sie zur Erhebung eines Individualantrags legitimieren.9 Nach der derzeitigen – kritikwürdigen – Rsp besteht also keine Möglichkeit für Umweltschutzorganisationen, Verordnungen vor dem VfGH anzufechten. Fraglich ist nun, ob eine solche Möglichkeit durch Tätigwerden des (Verfassungs-)Gesetzge-

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Abgesehen davon, dass auch die verordnungserlassende Behörde die Verordnung abändern oder aufheben kann; dazu gibt es aber kein (Rechtsschutz-)Verfahren mit Antragsberechtigungen. VfGH 14.12.2016, V134/2015; VfGH 14.12.2016, V87/2014; krit dazu Weber, VfGH: Keine Verordnungsanfechtung durch Umweltorganisationen, RdU 2017, 76 ff; ausführlich Weber, Das Recht auf Zugang zu Überprüfungsverfahren hinsichtlich umweltrelevanter Verordnungen, in Ennöckl/ Niederhuber (Hg), Umweltrecht. Jahrbuch 17 (2017) 300.

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bers10 geschaffen werden könnte. Dem Verfassungsgesetzgeber steht es grundsätzlich frei, die Zuständigkeiten des VfGH zu erweitern und neue Verfahrensarten zu schaffen. Aber auch ein Tätigwerden des einfachen Gesetzgebers wäre ausreichend: Die Rechte, die zur Erhebung eines Individualantrags iSd Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG ermächtigen, müssen ja gerade keine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte sein, sondern können auch durch den einfachen Gesetzgeber eingeräumt werden. Es wäre daher grundsätzlich denkbar, dass der einfache Gesetzgeber ein Recht von Umweltorganisationen auf gesetzesmäßige Verordnungserlassung vorsieht. Dieses Recht wäre verletzt, sobald eine gesetzeswidrige Verordnung erlassen wird und würde dann zur Erhebung eines Individualantrags berechtigen.11 Solange dieses Recht auf umweltrelevante Verordnungen beschränkt bleibt und auch nur zu Gunsten von Umweltschutzorganisationen oder eines ähnlich beschränkten Personenkreises besteht, kann dem einfachen Gesetzgeber mE auch nicht vorgeworfen werden, dadurch Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG zu unterlaufen, dass ein „objektiver“ Rechtmäßigkeitsanspruch eingeführt würde und insofern eine verfassungswidrige Norm erlassen wird; denn der Begriff der „Rechte“ iSd Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG lässt dem einfachen Gesetzgeber erheblichen Gestaltungsspielraum. Ebenfalls denkbar wäre es, dass der Gesetzgeber Umweltschutzorganisationen mit Hinblick auf die Erlassung umweltrelevanter Verordnungen eine hervorgehobene verfahrensrechtliche Stellung einräumt. Dies könnte etwa so funktionieren, dass Umweltschutzorganisationen ein Stellungnahmerecht bei der Erlassung umweltrelevanter Verordnungen eingeräumt wird. Zusätzlich wäre die verordnungserlassende Behörde durch den Gesetzgeber dazu zu verpflichten, die Stellungnahme angemessen zu berücksichtigen und etwaige Gründe für eine Nichtberücksichtigung aktenkundig zu machen. Kommt es dann in einem Verordnungserlassungsverfahren zur Außerachtlassung dieser verfahrensrechtlichen Bestimmungen, liegt wiederum eine gesetzwidrige Verordnung vor, die von den Umweltschutzorganisationen – die ein Recht auf Stellungnahme und ausreichende Berücksichtigung dieser Stellungnahme haben – vor dem VfGH nach Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG angefochten werden könnte. 10

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Auf die Frage, inwiefern ein materienübergreifendes – insb auch die Landeskompetenzen umfassendes – Umweltrechtsschutzgesetz auf Art 11 Abs 2 bzw Art 136 Abs 2 B-VG (oder gar: Art 16 Abs 4 oder Art 23d Abs 5 B-VG) gestützt werden könnte, soll hier nicht eingegangen werden; wenn der Bundesgesetzgeber wie im unten diskutierten BURG-Vorschlag nur „seine“ Materien von einem Rechtsschutzinstrument erfasst, bedarf es freilich auch des Tätigwerdens der Landesgesetzgeber, um eine umfassende Aarhus-Umsetzung zu erreichen. Vorausgesetzt, die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen – insb das Nichtvorliegen eines zumutbaren Umwegs – wären gegeben; dazu ausführlich Weber, Umweltschutz durch Rechtsschutz 231 ff.

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4.2. Rechtswidrige Unterlassung der Verordnungserlassung Zu diskutieren bleibt weiters, wie der Rechtsschutz bei Unterlassung der Erlassung einer Verordnung, deren Erlassung rechtlich geboten ist, ausgestaltet ist bzw vom Gesetzgeber ausgestaltet werden könnte. Rechtsschutz gegen die Unterlassung der Erlassung von Maßnahmenprogrammen und damit im Zusammenhang stehenden Verordnungen wird insb für den Bereich des Luftreinhalterechts diskutiert und war bereits mehrfach Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidungen.12 Zunächst ist dazu festzuhalten, dass es vor dem VfGH kein Verfahren gibt, mit dem die rechtswidrige Nichterlassung einer Verordnung gerügt werden kann; Voraussetzung für die Einleitung eines Verfahrens nach Art 139 B-VG ist immer, dass eine Verordnung bereits vorliegt.13 Damit ist aber auch klar, dass die Nichterlassung einer Verordnung nicht unter das durch Art 139 B-VG geschaffene Verordnungsprüfungsmonopol des VfGH fallen kann. Allerdings gibt es auch kein anderes, spezifisch dafür vorgesehenes Rechtsschutzverfahren oder Verfahrensrechtsregime. Nach der geltenden Rechtslage kann die rechtswidrige Nichterlassung einer Verordnung daher nur über den Umweg der Beantragung eines Feststellungsbescheids über das Bestehen einer Pflicht zur Erlassung der Verordnung „bekämpft“ werden; je nach Reaktion der Behörde kann dann mit den weiteren Rechtsmitteln (Bescheidbeschwerde, Säumnisbeschwerde jeweils an die zuständigen Verwaltungsgerichte) vorgegangen werden. Dieser Rechtsschutzweg ist allerdings langwierig; insofern ist zu bezweifeln, dass er mit den Vorgaben des Art 9 Abs 4 AK, der insb auch nach zügigen Rechtsschutzverfahren verlangt, in Einklang steht. Möchte der Gesetzgeber nun eine Rechtsschutzmöglichkeit für die hier diskutierte Konstellation vorsehen, so könnte er sich bspw am bestehenden § 53 WRG orientieren. Dort ist ein Recht einer jeden interessierten Person vorgesehen, bestimmte Maßnahmen vorzuschlagen; erweisen sich diese als im öffentlichen Interesse gelegen, so sind die vorgeschlagenen Maßnahmen von der zuständigen Behörde (BMLFUW) als Verordnung anzuerkennen. Ähnliches wäre auch für andere umweltrelevante Verordnungen denkbar; auch hier müsste lediglich der einfache Gesetzgeber tätig werden.

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Siehe zu all dem zB Giera, Individualrechte im EU-Luftreinhalterecht: europäische und nationale Perspektive, in Meyer/Schnedl/Schulev-Steindl (Hg), Das Recht auf saubere Luft (2016) 57 ff. Oder, wenn die Verordnung zwischenzeitlich außer Kraft getreten ist, vorgelegen hat.

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5. Initiativantrag für ein Bundes-Umweltrechtsbehelfsgesetz Die oben gemachten Vorschläge sind nicht gänzlich neu14 und wurden inzwischen auch in einer Gesetzesinitiative auf Bundeseben aufgenommen,15 die im Folgenden kurz vorgestellt und analysiert werden soll, wobei auch hier das Augenmerk auf die Regelungsvorschläge betreffend Rechtsschutz bei Verordnungen gelegt wird. Im Vorschlag zu einem „Bundesgesetz über ergänzende Rechte von Umweltorganisationen und Einzelpersonen im Umweltrecht (Bundes-Umweltrechtschutzgesetz – BURG)“ (im Folgenden: BURG-Vorschlag) wird ein grundsätzlich das gesamte Bundes-Umweltrecht umfassender Ansatz gewählt;16 überdies werden Rechtsschutzmöglichkeiten nicht nur zu Gunsten von Umweltorganisationen17 sondern in spezifischen Angelegenheiten auch zu Gunsten betroffener Einzelpersonen vorgesehen, wie bereits im Titel des Gesetzes zum Ausdruck kommt.18 Hinsichtlich Verordnungen ist in § 6 Abs 1 BURG-Vorschlag zunächst ein näher determiniertes Begutachtungsverfahren samt (allgemeinem) Stellungnahmerecht und Berücksichtigungspflicht der verordnungserlassenden Behörde vorgesehen. In § 6 Abs 2 BURG-Vorschlag wird für bestimmte Verordnungen, nämlich solche nach dem WRG, dem IG-L und dem AWG, der oben diskutierte Gesetzesmäßigkeitsanspruch von Umweltorganisationen vorgeschlagen. Schon daraus könnte sich ein Verordnungsanfechtungsrecht von Umweltorganisationen iSd Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG ergeben. Insofern ist nicht ganz klar, was der diesbezügliche Mehrwert des in § 6 Abs 3 als Verfassungsbestimmung verankerten Rechts von Umweltorganisationen, Verordnungen nach Art 139 B-VG vor dem VfGH anzufechten, ist. In den Erläuterungen wird diesbezüglich auf die restriktive Judikatur des VfGH verwiesen; das Einfügen einer Verfassungsbestimmung soll die Anfechtungsberechtigung von Umweltorganisationen dahingehend absichern.19 Diese legistische Vorsicht ist in Anbetracht des Zugangs des VfGH verständlich; es ist allerdings zu beachten, dass ja mittels Verfassungsbestimmung auch eine gänzlich neue Zuständigkeit des VfGH geschaffen 14

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Sie waren insb auch Teil einer von der Autorin im Jahr 2016 für die Vorarlberger Landesregierung verfassten Studie zu Möglichkeiten der Umsetzung des Art 9 Abs 3 AK im Vorarlberger Naturschutzrecht; vgl außerdem Weber, Jetzt aber wirklich: Vorschläge für eine Aarhus-Umsetzung im Wasserrecht, RdU-UT 2016, 51 ff. IA 2223/A, XXV.GP. Siehe insb § 2 BURG-Vorschlag. ISv nach § 19 Abs 7 UVP-G anerkannten Umweltorganisationen, § 2 Abs 3 BURG-Vorschlag. Vgl aber auch § 3 Abs 2 und 3 BURG-Vorschlag. IA 2223/A, XXV.GP, 9.

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werden könnte. Es wäre daher sinnvoll, deutlich klar zu stellen, ob es sich um eine solche neue Zuständigkeit handeln soll, oder aber doch an Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG angeknüpft wird. Letzteres hätte nämlich die Konsequenz, dass insb die Zulässigkeitsvoraussetzung der Umwegsunzumutbarkeit auch bei Verfahren nach § 6 Abs 3 BURG-Vorschlag zur Anwendung kommen würde. In § 8 BURG-Vorschlag findet sich auch ein Verfahren zur Erlangung von Rechtsschutz bei unterlassender Verordnungserlassung, das von Umweltorganisationen und in näher bestimmten Fällen auch von Einzelpersonen eingeleitet werden kann. Dazu ist ein begründeter Antrag auf Verordnungserlassung an die Behörde zu richten, die diesem nachzukommen oder bescheidmäßig darüber abzusprechen hat, dass die Voraussetzungen für eine Verordnungserlassung nicht vorliegen. Insgesamt liegt also mit dem BURG-Vorschlag ein Regelungsvorschlag vor, der für den Bereich des Rechtsschutzes bei umweltrelevanten Verordnungen ausreichende verfahrensrechtliche Instrumente vorsieht; lediglich die Beschränkung mancher Rechtsschutzmöglichkeiten auf bestimmte Verordnungen bzw Verordnungen aus bestimmten Materienbereichen20 könnte kritisch hinterfragt werden. Es bleibt abzuwarten, ob der Vorschlag so beschlossen wird; jedenfalls zeigt der BURG-Vorschlag (wieder einmal), dass eine Umsetzung der Aarhus-Konvention auch für den komplexen Bereich der Verordnungen möglich ist.

6. Zusammenfassung Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Rechtsschutz bei umweltrelevanten Verordnungen auf Grund der Aarhus-Konvention geboten ist. Die derzeitige Rechtslage kann bei aarhus-konformer Auslegung zwar so verstanden werden, dass es entsprechende Möglichkeiten gibt; dies tun aber die Höchstgerichte derzeit nicht bzw nur sehr zurückhaltend. Es liegt daher am Gesetzgeber, entsprechende Verfahrensinstrumente vorzusehen. Ein konkreter Vorschlag dazu wurde im Nationalrat eingebracht.

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§ 6 Abs 2 BURG-Vorschlag.

Europäische Entwicklungen in der Umweltpolitik1 Wolfgang Bogensberger

1. Einleitung Die EU hat – laut primärrechtlichem Vertrag über die EU (EUV) – das Ziel, auf „ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ hinzuwirken (Art 3 Abs 3 EUV). Der „andere“ primärrechtliche Vertrag, der die Arbeitsweise der EU regelt (AEUV), skizziert konkret die einzelnen Ziele der Beiträge der EU-Umweltpolitik: Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität; Schutz der menschlichen Gesundheit; umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen; Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels (Art 191 AEUV). Die Erreichung dieser Ziele ist Aufgabe der sekundärrechtlichen EU-Umweltvorschriften; diese enthalten in der Regel Verpflichtungen für Behörden und Rechte für die Bürgerinnen und Bürger sowie deren Vereinigungen, um die Einhaltung der Verpflichtungen abzusichern. Zur Wahrung des EU-Rechts haben die Mitgliedstaaten zudem die erforderlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung zu stellen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist (Art 19 EUV). Kurz zusammengefasst zielt das EU-Umweltrecht insbesondere darauf ab, allgemeine öffentliche Interessen wie saubere Luft, sichere und ausreichende Wasserversorgung und gesunde biologische Vielfalt zu sichern. Die aktive Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein damit einhergehendes umweltpolitisches öffentliches Interesse. Umweltorganisationen spielen bei der Sicherung der Einhaltung der umweltrechtlichen Verpflichtungen der EU eine wichtige Rolle; sie können das Umweltrecht vor Behörden und Gerichten geltend machen. Die Vorschriften des – umfangreichen – EU-Umweltrechts zeigen vielfach die gewünschte Wirkung, aber nicht überall und in gleichem Maße. Bei der Umsetzung in das innerstaatliche Recht und bei der Anwendung des europäischen Umweltrechts bestehen aber erhebliche Unterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die meisten Umsetzungslücken bestehen in den Bereichen Abfallwirtschaft, Naturschutz und Biodiversität, Luftqualität, Wasserqualität und Wasserbewirtschaftung. 1

Das Manuskript wurde am 12.02.2018 abgeschlossen. Der Beitrag gibt die persönlichen Auffassungen des Autors wieder.

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Die Situation in den jeweiligen Mitgliedstaaten lässt sich im Detail den Länderberichten der Europäischen Kommission entnehmen. Im Folgenden wird der „Länderbericht – Österreich“ vom 3. Februar 2017 (SWD[2017]33) zur Umsetzung der EU-Umweltpolitik2 (2.) und die Mitteilung der Kommission vom 28. April 2017 über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (C[2017]2616)3 dargestellt (3.) und – als aktueller Nachtrag – auf eine einschlägige Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) eingegangen (4.), die für den Zugang zu Gericht in Umweltangelegenheiten für Österreich von großer Bedeutung ist (Urteil v 20. Dezember 2017, Rechtssache Protect, C-664/154).

2. Umsetzung der Umweltpolitik – Länderbericht Österreich Der „Länderbericht – Österreich“ beschreibt die wichtigsten Herausforderungen und Chancen der EU-Umweltpolitik für Österreich. Im Wesentlichen schneidet Österreich beim Umweltschutz gut ab. Die Wasserqualität ist im Allgemeinen gut. Die Abfallwirtschaft zeichnet sich durch hohe Recyclingraten und wenige Mülldeponien aus, auch wenn noch immer viel Abfall erzeugt wird. In einer Reihe von Politikfeldern (Kreislaufwirtschaft, grüne Infrastruktur) hat Österreich umfassende moderne Ansätze entwickelt (etwa den Masterplan „green jobs“ oder die Naturkapitalbilanzierung), um die umweltpolitischen Ziele umzusetzen. Als wichtigste Herausforderungen im Hinblick auf die Umsetzung der EU-Umweltpolitik werden die Verbesserung der Ausweisung und des Schutzes von Natura-2000-Gebieten sowie die Reduzierung des Ausstoßes von Stickstoffoxiden, insb in städtischen Gebieten genannt. Österreich könnte in jenen Bereichen besser abschneiden, in denen bereits eine gute Wissensbasis besteht und bewährte Verfahren angewandt werden. Dies gilt insbesondere für die Weiterentwicklung der Naturkapitalbilanzierung. In Bereichen, in denen Österreich führend bei der Umsetzung der Umweltpolitik ist, könnten innovative Ansätze noch mehr mit anderen Ländern geteilt werden, etwa bei der Einrichtung der speziellen Plattform zur umweltorien2

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Begleitunterlage zur Mitteilung der Kommission „Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik: Gemeinsame Herausforderungen und Anstrengungen für bessere Ergebnisse“ (COM[2017] 63 final, SWD[2017] 34–60 final); http://ec.europa.eu/environment/eir/pdf/report_at_de.pdf (27.02.2019). http://ec.europa.eu/environment/aarhus/pdf/notice_accesstojustice_de.pdf (27.02.2019). http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=198046&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=918216 (27.02.2019).

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tierten Beschaffung (Erfahrungsaustausch für öffentliche Einkäufer), bei den Verfahren in den Bereichen Öko-Innovation und Kreislaufwirtschaft (zB die Initiative „Bewusst kaufen“) oder bei der systematischen Einbeziehung von natürlichen Ökosystemen und Ökosystemleistungen in die Raumplanung (Strategie für grüne Infrastruktur). Beim Thema „Bürgerbeteiligung und Zugang zur Justiz“ prüft der Länderbericht zwei zentrale Gesichtspunkte für einen effektiven Zugang zur Justiz: einerseits die Teilhabe der Öffentlichkeit und andererseits die Frage der (Hürden für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem EU-Umweltrecht durch unzumutbar hohe) Verfahrenskosten bei Gericht. Der Länderbericht kommt dabei zum Ergebnis, dass im Allgemeinen die österreichischen Vorschriften zum Zugang zur Verwaltungsgerichtsbarkeit und zur gerichtlichen Kontrolle berechenbar und transparent sind. Allerdings haben Nichtregierungsorganisationen aus dem Umweltbereich noch immer keine gute rechtliche Stellung in einzelnen ökologischen Sektoren. Die Kosten für Verwaltungsgerichtsverfahren werden nicht als unzumutbar hoch angesehen. Der Länderbericht schlägt vor, dass Österreich Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Situation von Nichtregierungsorganisationen aus dem Umweltbereich unter Einhaltung aller EU-Vorschriften ergreift, um Handlungen oder Unterlassungen einer Behörde in Bezug auf alle Sektoren der EU-Umweltgesetzgebung anfechten zu können. Ferner soll der Öffentlichkeit Zugang zu Informationen über die Umwelt eingeräumt und für eine aktive öffentliche Verbreitung von Umweltinformationen gesorgt werden sowie auch darüber, wie die EU-Umweltgesetzgebung umgesetzt wird.

3. Mitteilung der Kommission über den Zugang zu Gerichten in Umwelt­ angelegenheiten Die EU-Rechtsvorschriften zu sauberem Wasser, Luftqualität, Abfallbewirtschaftung und anderen Themen geben der Öffentlichkeit das Recht auf den Erhalt von Umweltinformationen, auf die Beteiligung an Entscheidungen und auf den Schutz ihrer Gesundheit durch Grenzwerte für die Umweltverschmutzung. Die Behörden müssen bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, wenn sie Anfragen um Informationen beantworten, die Öffentlichkeit konsultieren, den Zustand der Luft und des Wassers prüfen, Pläne für den Umweltschutz erstellen und potenziell schädliche Aktivitäten einschränken.

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Zu den Zielen des Aarhus-Übereinkommens5 gehört die Bekräftigung der Notwendigkeit, den Zustand der Umwelt zu schützen, zu erhalten und zu verbessern, die Erkenntnis, dass jeder Mensch sowohl als Einzelperson als auch in Gemeinschaft mit anderen die Pflicht hat, die Umwelt zum Wohle gegenwärtiger und künftiger Generationen zu schützen und zu verbessern, die Berücksichtigung der wichtigen Rolle, die ua nicht staatliche Organisationen im Umweltschutz spielen können, und dafür Sorge zu tragen, dass die Öffentlichkeit, einschließlich Organisationen, Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen hat, damit ihre berechtigten Interessen geschützt werden und das Recht durchgesetzt wird. Die Frage des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten bezieht sich auf die Möglichkeit, ob Bürgerinnen und Bürger sowie Vereinigungen vor Gericht gehen können, falls Behörden die Rechte und Anforderungen, die durch die EU-Umweltgesetze geschaffen werden, nicht beachten bzw erfüllen. Die wichtigsten Garantien des Zugangs zu Gericht in Umweltangelegenheiten betreffen das Recht, gehört zu werden, die ausreichende Prüfung durch ein innerstaatliches Gericht, das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen und die Vermeidung übermäßig hoher Kosten. A. Das Recht, gehört zu werden In den meisten Mitgliedstaaten ist der Zugang zu Gerichten bestimmten Regeln unterworfen. Klägerinnen und Kläger müssen meist nachweisen, dass sie ein Recht auf Anhörung haben. Dazu müssen sie zeigen, dass sie ein ausreichendes Interesse haben oder ihre Rechte verletzt worden sind. In Bezug auf Umweltbelange kann ein Recht auf Anhörung nicht immer ohne weiteres nachgewiesen werden. Eine Möglichkeit, den Zugang zu Gerichten zu garantieren, besteht darin, im Umweltbereich tätigen Nichtregierungsorganisationen zu ermöglichen, Klagen zum Zwecke des Umweltschutzes zu erheben (zumal „Fische nicht selbst vor Gericht ziehen können“). B. Die ausreichende Prüfung durch ein innerstaatliches Gericht Ein innerstaatliches Gericht hat die Aufgabe zu prüfen, ob die Behörde richtig gehandelt oder zu Recht nicht gehandelt hat. Dazu beurteilt es die Umstände, die 5

Das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten wurde am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichnet und ist am 30. Oktober 2001 in Kraft getreten. Alle EU-Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien dieses Übereinkommens. Es ist im Namen der EU mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates v 17. Februar 2005 über den Abschluss des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten im Namen der Europäischen Gemeinschaft (ABl L 2005/124,) genehmigt worden. Die EU ist ab diesem Zeitpunkt ebenfalls Vertragspartei dieses Übereinkommens.

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dem Handeln oder Nichthandeln der Behörde zugrunde liegen. Außerdem prüft es, zu welchen Schritten die Behörde gemäß den betreffenden Umweltgesetzen verpflichtet war. Der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten soll somit sicherstellen, dass das innerstaatliche Gericht die Fragen, die Bürger oder Nichtregierungsorganisationen vorbringen, ordnungsgemäß untersucht. C. Das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen Gesetzeswidriges Handeln – oder Nichthandeln – einer Behörde können der Gesundheit von Bürgern oder der Umwelt schaden. Handelt es sich um eine schwerwiegende Schädigung, soll das innerstaatliche Gericht verfügen können, dass die Behörde bestimmte Schritte vornimmt oder unterlässt. Der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten soll somit sicherstellen, dass innerstaatliche Gerichte Maßnahmen verfügen können, welche die betreffende Umweltproblemstellung entsprechend lösen. D. Die Vermeidung übermäßig hoher Kosten Gerichtsprozesse sind häufig kostspielig, weil neben den Anwaltskosten auch Gerichtsgebühren anfallen. In den meisten Mitgliedstaaten muss die unterlegene Partei zusätzlich zu ihren eigenen Kosten auch noch die Kosten der anderen Partei tragen. Das Risiko, viel Geld aufbringen zu müssen, um zu seinem Recht zu gelangen, kann in der Realität abschreckend wirken. Der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten soll sicherstellen, dass dieses Prozesskostenrisiko nicht übermäßig hoch ist, damit dadurch keine unüberwindbare finanzielle Hürde errichtet wird. Wenn die innerstaatlichen Gerichte das EU-Umweltrecht anwenden, tun sie dies im Einklang mit ihren eigenen Rechtstraditionen. Damit aber die innerstaatlichen Gerichte das EU-Umweltrecht in allen Mitgliedstaaten gleich verstehen und anwenden können, steht ihnen die Möglichkeit offen, zur Klärung der Bedeutung europäischer Umweltnormen den EuGH anzurufen (im Rahmen des sog Vorabentscheidungsverfahrens), der sie bei der Auslegung europäischen Rechts unterstützt. Mit seiner Rechtsprechung wirkt der EuGH auf ein einheitliches Verständnis europäischen Umweltrechts hin und hilft so, abweichende Auslegungen und unterschiedliche Rechtsanwendungen in den Mitgliedstaaten zu vermeiden. In den vergangenen Jahren ist durch diesen Dialog der mitgliedstaatlichen Gerichte mit dem EuGH eine umfangreiche Sammlung europäischer Entscheidungen über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten entstanden, die wertvolle Hilfe bei der richtigen Auslegung und Anwendung des EU-Rechtsbestandes in Umweltsachen bietet. Die Europäische Kommission fasst in ihrer – als Leitfaden verstandenen – Mitteilung vom 28. April 2017 über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten die wichtigsten Urteile des EuGH in diesem Bereich zusammen und erläutert sie näher. Dieser – umfängliche (in der deutschen Sprachversion 73 Seiten starke),

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rechtlich aber nicht bindende – Leitfaden soll den Zugang zu nationalen Gerichten im Umweltbereich erleichtern und ein besseres Verständnis für und eine richtigere Anwendung des EU-Rechts fördern. Einzelpersonen, Nichtregierungsorganisationen, öffentliche Verwaltungen, nationale Gerichte und Unternehmen sollen damit eine wichtige Orientierungshilfe zu Fragen des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten erlangen. Mit diesem Leitfaden werden die nationalen Behörden aber auch auf mögliche Mängel in ihren Justizsystemen aufmerksam gemacht, und die Unternehmen erhalten mehr Klarheit darüber, um welche EU-weit geltenden Rechte und Pflichten es bei den für sie relevanten Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen geht. Der Leitfaden soll auch Hilfestellung bei der Entscheidung geben, ob Einzelpersonen oder Nichtregierungsorganisationen einen Streitfall vor ein nationales Gericht bringen sollen oder nicht (Ermöglichung einer realistischen Einschätzung des Prozesskostenrisikos). Der Leitfaden beschränkt sich aber auf den Zugang zu Gerichten soweit es um Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen von Behörden der Mitgliedstaaten geht; umweltbezogene Rechtsstreitigkeiten zwischen privaten Parteien oder die gerichtliche Überprüfung von Handlungen der EU-Organe sind darin nicht erfasst. Im Einzelnen behandelt der Leitfaden detailliert – die Klagebefugnis (insb die Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen und Informationsanspruch, spezifische Tätigkeiten mit obligatorischer Öffentlichkeitsbeteiligung und die Aufforderung zum Tätigwerden im Rahmen der Umwelthaftungsvorschriften), – den Umfang der gerichtlichen Überprüfung (insb die zulässigen Gründe für eine gerichtliche Überprüfung sowie die Intensität der Prüfung bzw den Überprüfungsmaßstab), – die Anforderungen an einen wirksamen Rechtsbehelf (insb in Bezug auf geringfügiger Verfahrensfehler, auf die Aussetzung/Rücknahme/Nichtigerklärung von rechtswidrigen Entscheidungen, auf die Anordnung der Vornahme bislang unterlassener Maßnahmen, auf den Ausgleich verursachter rechtswidriger Schäden sowie in Bezug auf Einstweilige Anordnungen), – die Verfahrenskosten (insb zu den Kriterien für die Bewertung, ob Kosten übermäßig hoch sind sowie zur Einrichtung von Prozesskostenhilfe), sowie – Fragen der Fristen und Verfahrenseffizienz. Auf die vielfältigen Details dieses Leitfadens kann hier nicht näher eingegangen werden; für näher Interessierte sei aber seine eingehende Lektüre wärmstens empfohlen, enthält er doch eine Aufstellung aller relevanten Gerichtsentscheidungen des EuGH zu zahlreichen Problemstellungen des unionsrechtlichen Umweltrechts. Der Leitfaden hält als Schlussfolgerung fest, dass die geltenden EU-Vorschriften,

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so wie sie vom EuGH ausgelegt worden sind, bereits einen kohärenten Rahmen für den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten bieten. Diese Vorschriften decken alle wichtigen Aspekte dazu ab und gewährleisten, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, einschließlich Umwelt-Nichtregierungsorganisationen, befugt sind, Klage vor nationalen Gerichten zu erheben, und ein Anrecht auf eine ordnungsgemäße Untersuchung des Falls und damit einen wirksamen Rechtsbehelf haben. Außerdem verdeutlicht eine Reihe von Urteilen der letzten Jahre, dass der EuGH dem Zugang zu nationalen Gerichten als Mittel zur Gewährleistung der Wirksamkeit des EURechts besonders hohe Bedeutung beimisst. Mit Klagen, die vor nationalen Gerichten erhoben werden, werden nicht nur Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen der Behörden der Mitgliedstaaten auf der Grundlage des EU-Umweltrechts angefochten; im Rahmen der Anrufung des EuGH geben sie diesem auch die Möglichkeit, sich zur Auslegung und Gültigkeit von EU-Rechtsakten zu äußern und so auf eine gleichförmige Rechtsanwendung in allen Mitgliedstaaten hinzuwirken.

4. Nachtrag: Urteil des EuGH v 20. Dezember 2017 in der Rs C-664/15, Protect Dass der EuGH eine zentrale Rolle bei der Auslegung des EU-Rechts in Fragen des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten nach wie vor spielt, auch – und vor allem – was die Erfüllung der Anforderungen an einen wirksamen Rechtsbehelf betrifft, zeigt sich an dem gegen Jahresende 2017 gefassten Urteil Protect, das für die österreichische Rechtssituation im Umweltbereich von großer Bedeutung ist und einmal mehr als Beleg für den fruchtbaren Dialog zwischen den innerstaatlichen Gerichten und dem EuGH dient. In dieser Rechtssache Protect ersuchte der österr VwGH den EuGH um Klärung der Klagebefugnis einer Umweltorganisation, soweit sie auf Grundlage des Aarhus-Übereinkommens Zugang zu den Gerichten begehrt. Die an der EuGH gerichteten Fragen stellten sich im Kontext eines Genehmigungsverfahrens (Entnahme von Wasser aus einem Fluss zum Zweck der Schneeerzeugung für einen Wintersportort; die umweltrechtlichen Fragen fallen in den Geltungsbereich der Wasserrahmen-RL 2000/60/EG). Konkret hatte sich der EuGH in seinem Urteil mit drei Fragen auseinanderzusetzen: A. Gibt die Wasserrahmenrichtlinie in Verbindung mit dem Aarhus-Übereinkommen einer Umweltorganisation die Befugnis zur Anfechtung einer rein wasserrechtlichen Bewilligung zur Entnahme von Wasser zur Schneeerzeugung und somit eines Vorhabens, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss?

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Dazu meint der EuGH bindend, dass Art 9 Abs 3 des Aarhus-Übereinkommens6 in Verbindung mit Art 47 der EU-GRC7 verlangen, dass ein Bescheid, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus der Wasserrahmen-RL (Verhinderung der Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper) verstoßendes Vorhaben gebilligt wird, von einer Umweltorganisation vor einem Gericht angefochten werden können muss. Im Wesentlichen begründete dies der EuGH damit, dass das Recht, einen Rechtsbehelf einzulegen, keine praktische Wirksamkeit hätte, wenn zugelassen würde, dass durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien bestimmte Kategorien der „Mitglieder der Öffentlichkeit“ der Zugang zu den Gerichten gänzlich verwehrt würde. Umweltorganisationen darf durch diese innerstaatlich normierten Kriterien nicht die Möglichkeit genommen werden, die Beachtung der aus dem EU-Umweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen, zumal solche Rechtsvorschriften in den meisten Fällen auf das allgemeine Interesse und nicht auf den alleinigen Schutz der Rechtsgüter Einzelner gerichtet sind und Aufgabe besagter Umweltorganisationen eben dieser Schutz des Allgemeininteresses ist. B. Muss der betreffenden Umweltorganisation auf der verwaltungsbehördlichen Ebene eine Parteistellung im Verfahren zuerkannt werden, oder reicht es aus, dass sie die Befugnis hat, gegen die von den zuständigen Behörden erteilte Bewilligung Klage zu erheben? Darauf antwortet der EuGH, dass nationales Verfahrensrecht, das Umweltorganisationen nicht das Recht zuerkennt, sich an einem Bewilligungsverfahren zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie als Partei zu beteiligen, und das Recht, Entscheidungen anzufechten, nur Personen zuerkennt, die im Verwaltungsverfahren Parteistellung hatten, nicht mit Art 9 Abs 3 des Aarhus-Übereinkommens in Verbindung mit Art 47 EU-GRC sowie Art 14 Abs 1 Wasserrahmen-RL8 vereinbar ist. Im Wesentlichen begründete dies der EuGH damit, dass Art 9 Abs 3 des 6

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„Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.“ Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht. „Die Mitgliedstaaten fördern die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung dieser Richtlinie, insbesondere an der Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass sie für jede Flussgebietseinheit Folgendes veröffentlichen und der Öffentlichkeit, einschließlich den Nutzern, zugänglich machen, damit diese Stellung nehmen kann: …“

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Aarhus-Übereinkommens die Mitgliedstaaten zwar nicht verpflichtet, ein Recht auf Beteiligung an einem Bewilligungsverfahren zu gewähren. Etwas anderes gilt, wenn nach dem einschlägigen nationalen Recht die Parteistellung eine zwingende Voraussetzung für die Erhebung einer Klage gegen die am Ende des Verwaltungsverfahrens ergehende Entscheidung ist. Wenn, wie offenbar im österreichischen Recht, eine solche Verknüpfung zwischen der Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren und dem Recht besteht, bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, kann der Umweltorganisation die Parteistellung nicht verwehrt werden. Sonst hätte dieses Recht keine praktische Wirksamkeit. C. Dürfen nationale Verfahrensregelungen einer Umweltorganisation eine Anfechtung einer solchen Verwaltungsentscheidung im Klagewege verwehren, soweit sie ihre Einwendungen gegen die Bewilligung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht gemäß den nationalen Rechtsvorschriften „rechtzeitig“ erhoben hat? Der EuGH hält mit Art 9 Abs 3 und 4 des Aarhus-Übereinkommens iVm Art 47 EU-GRC nicht vereinbar, dass für eine Umweltorganisation nach den nationalen Verfahrensvorschriften eine Ausschlussregelung gilt, nach der eine Person ihre Parteistellung im Verwaltungsverfahren verliert und deshalb keine Beschwerde gegen eine Entscheidung erheben kann, wenn sie Einwendungen nicht rechtzeitig bereits im Verwaltungsverfahren, spätestens in dessen mündlichem Abschnitt, erhoben hat. Zur Begründung führt der EuGH im Wesentlichen aus, dass die (zumindest mehrdeutige) österreichische Rechtslage darauf hinausläuft, zu verlangen, dass die Organisationen eine Verpflichtung erfüllen, die sie von vornherein nicht erfüllen können. Es gilt aber der Grundsatz, dass niemand zu unmöglichen Leistungen verpflichtet ist. Bemerkenswert an diesem Urteil ist, dass neben der Präzisierung des Rechts auf Teilnahme am Genehmigungsverfahren auch grundlegende Festlegungen zum Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vorgenommen werden, die zur tiefreichenden Analyse des damit auf innerstaatlicher Ebene verbundenen Handlungsbedarfs führen dürfte (und sollte).

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

DDr. Wolfgang Bogensberger Stellvertretender Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich und Leiter der dortigen Politischen Abteilung; davor Rechtsberater im Juristischen Dienst der Europäischen Kommission in Brüssel und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Europäischen Parlament in Brüssel und Straßburg; in Österreich arbeitete er als Richter bei Gericht sowie in der Straflegislativsektion des Justizministeriums, zuletzt als Sektionschef; postgraduales Diplom zu Europarecht sowie Doktorat der Politikwissenschaft/Publizistik sowie der Rechtswissenschaften. Dr. Wojciech Federczyk Rechtsanwalt; Dozent an der Kardinal Stefan Wyszyński Universität in Warschau, Fakultät für Recht und Verwaltung, Abteilung für Verwaltung und Umweltwissenschaften; Direktor der Lech Kaczyński Landesschule für öffentliche Verwaltung; Mitglied des Warschauer Seminars für Verwaltungsaxiologie; mehrjährige Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung (Führungspositionen im Rathaus der Hauptstadt Warschau und im Innenministerium) und als Assistent im Verfassungsgericht (Rechtsbeistand); Arbeitsschwerpunkte sind das Rechts- und Verwaltungsverfahren, die Mediation sowie Fragen des Zivildienstes. Mag. Dr. Sascha Ferz Assoziierter Professor und Dozent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz; Habilitation für die Fächer Verwaltungsrecht, Mediation, Rechtssoziologie und Rechtsentwicklung; Leiter des Instituts für Rechtswissenschaftliche Grundlagen der Universität Graz; Leiter des überfakultären Zentrums für Soziale Kompetenz der Universität Graz; Mitglied des Beirats für Mediation des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz als Vertreter der Österreichischen Universitätenkonferenz; eingetragener Mediator (ZivMediatG) und Trainer. Mag. Dominik Geringer Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz (Mag. iur. 2016); 2015– 2016 Projektassistent am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz; 2015–2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter in diversen Wirtschaftskanzleien in Wien und Salzburg; seit 2017 Universitätsassistent am Institut

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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz, Arbeitsbereich Prof. Eva Schulev-Steindl; seit 2017 Doktoratsstudium Rechtswissenschaften an der Universität Graz, Dissertationstitel: „Mobilität und Klimaschutz – Maßnahmen für ein nachhaltiges Verkehrsrecht“; Arbeitsschwerpunkte im österreichischen und europäischen Umwelt- und Klimaschutzrecht. Mag. Dr. Daniel Heitzmann Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz und an der Universität Bergen/Norwegen (Mag. iur. 2013, Dr. iur. 2017); 2014–2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz; seit 2017 Rechtsanwaltsanwärter in der Kanzlei Piaty Müller-Mezin Schoeller in Graz; Autor diverser Publikationen im öffentlichen Wirtschaftsrecht, Energieund Umweltrecht sowie Datenschutzrecht. Mag.a Miriam Karl Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz (2010–2014); Universitätsassistentin am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz; derzeit Doktorratsstudium Rechtswissenschaften (Dissertationsvorhaben im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzrechts) sowie Masterstudium „Political, Economic and Legal Philosophy“ an der Universität Graz; studentische Mitarbeiterin am Institut für Zivilrecht, Ausländisches und Internationales Privatrecht und am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz sowie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Agata Kosieradzka-Federczyk, PhD PhD in legal science; assistant at the Institute of Ecology and Bioethics of the Cardinal Wyszyński University Warsaw; assistant professor at the Warsaw School of Information Technology; research interests are international environmental law and environmental impact assessment law; author and co-author of more than 30 peer-reviewed publications; member of the Warsaw Seminar of Administration Axiology; experience in public administration as legal advisor in the Ministry of Environment, and in constitutional law; assistant judge at the Constitutional Court. Mag. Paul Kuncio Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz; Diplomarbeit zum Thema „Umweltrechtlicher Rechtsschutz im Kontext der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012“; Gerichtspraxis; seit 2016 juristischer Mitarbeiter bei der Umweltorganisation „Kuratorium Wald“; Leiter des dortigen Jubiläumsfonds-Projekts

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

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„Rechtliche Umsetzung der Biodiversitäts-Strategie in Österreich 2020+“; mitverantwortlich für die Umsetzung des LE-Projekts „KOMM-Recht“; seit Februar 2019 juristischer Mitarbeiter beim Umweltdachverband Wien. Mag.a Dr.in Scarlett Löscher Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz (Mag. iur. 2013, Dr. iur. 2019); 2013–2017 Universitätsassistentin am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz; 2017 Praktikantin beim LVwG Steiermark; 2017–2018 Rechtsanwaltsanwärterin in der Kanzlei Leissner Kovaricek in Wien; seit 11/2018 Juristin im Fachbereich Recht der Stadt Wien – Wiener Wohnen Kundenservice GmbH; Ehrenamtliches Mitglied als Juristin bei SIM – Selbst- und Interessenvertretung zum Maßnahmenvollzug. Dr.in Marlies Meyer Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz (Dr. iur. 1984); 1984– 1986 Vertragsassistentin am Institut für Öffentliches Recht, Politikwissenschaften und Verwaltungslehre an der Universität Graz; 1986–1988 Vertragsbedienstete der Stmk Landesregierung, zugeteilt dem Landtagsklub der Vereinten Grünen-Alternative Liste; seit Februar 1988 Bedienstete der Parlamentsdirektion, bis 9. November 2017 dem Grünen Parlamentsklub zugeteilt (zuletzt Referentin für Umwelt- und Verfassungsrecht, Stv Klubgeschäftsführerin), seit 1. Dezember 2017 dem Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlichen Dienst der Parlamentsdirektion zugeteilt; von 9/1991–1/2018 Vorstandsmitglied (und Geschäftsführung) im Grün-Alternativen Verein zur Unterstützung von Bürgerinitiativen. MMag.a Ute Pöllinger Geboren 1970 in Leibnitz; Studium der Rechtswissenschaften und der Biologie/Botanik an der Universität Graz und der Universität Innsbruck; seit 1999 Mitarbeiterin des Landes Steiermark, Verfahrensleitung im Bereich Anlagenrecht an verschiedenen Bezirkshauptmannschaften; seit 2005 Umweltanwältin des Landes Steiermark. Wolfgang Rehm Geboren 1966; Tätigkeit im Bereich des Umweltschutzes seit dem Konflikt um das Donaukraftwerksprojekt Hainburg 1984; derzeit Umweltorganisation VIRUS; Mitbegründer und Aufbau der Umweltorganisation VIRUS; Arbeitsschwerpunkte sind Umweltrechtsfragen und Öffentlichkeitsbeteiligung; Mitwirkung an mehreren Beteiligungsprozessen sowie an zahlreichen UVP-Genehmigungs- und Feststellungsverfahren und weiteren Verwaltungsverfahren; Verfasser zahlreicher Stellungnahmen zu Begutachtungsentwürfen von Umweltgesetzen.

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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Mag. Christoph Romirer, BA, MA Studium der Rechtswissenschaften (Mag. iur. 2017), Global Studies (MA 2015) und der Volkswirtschaftslehre (BA 2014) an der Universität Graz; 2017 juristischer Mitarbeiter beim Österreichischen Alpenverein, Abteilung Raumplanung & Naturschutz; seit 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft und Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz, Dissertationstitel: „Balancing decisions in Climate Change Law“; Arbeitsschwerpunkte im Natur-, Wasser- und Klimaschutzrecht. Matthias Sauer Studium der Rechts- und politischen Wissenschaften in Bonn; Ministerialrat im deutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit; Tätigkeitsschwerpunkte im Bundesumweltministerium zunächst in den Bereichen Atomrecht (1996) und fachübergreifendes Umweltrecht (1999), ua UVP- und SUP-Recht auf nationaler, EU- und UN-Ebene sowie Projekt Umweltgesetzbuch; seit 2012 Leiter des Referats „Informationsfreiheit, Umwelthaftungsrecht, Bessere Rechtsetzung“ im Bundesumweltministerium (zu den Aufgaben des Referats gehört ua die UN ECE Aarhus-Konvention); 2004–2011 Mitglied und ab 2008 Vorsitzender des Implementation Committee der UN ECE Espoo-Konvention; Mitbetreuung der Verhandlungen zur EU-Richtlinie 2003/35 (Gerichtszugang in Umweltangelegenheiten) sowie der Gesetzgebungsverfahren zum deutschen Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) 2006 und 2013; Co-Federführer für die Novelle 2017 zum UmwRG. Mag. Gregor Schamschula Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien und der Universität Stockholm; seit 2015 Umweltjurist bei ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung; Arbeitsschwerpunkte sind Öffentlichkeitsbeteiligung, Wasserrecht, UVPRecht und die Aarhus-Konvention. Mag. Markus Scharler Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz (Mag. iur. 2016); seit 2016 Universitätsassistent am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz; seit 2018 Doktorratsstudium Rechtswissenschaften an der Universität Graz, Dissertationstitel: „Klimawandel, Raum und Anpassung aus der Perspektive des Rechts“.

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

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MMag.a Dr.in Eva Schulev-Steindl, LL. M. Universitätsprofessorin für Öffentliches Recht und Wirtschaftsrecht an der Universität Graz; Studien an der WU Wien, der Universität Wien sowie an der LSE; 2003 Habilitation an der Universität Wien; Gastprofessuren an der WU Wien und der Universität Klagenfurt; 2008–2013 Universitätsprofessorin an der Universität für Bodenkultur Wien; Mitglied des Nationalkomitees sowie der Kommission Klimaund Luftqualität der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Ko-Leiterin der AG KlimaSchutzRecht des Klimaforschungsnetzwerks CCCA und der Kommission Klima und Luftqualität der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Mitorganisatorin der Österreichischen Umweltrechtstage und des Grazer Umweltrechtsforums; Mitherausgeberin der „Studien zu Politik und Verwaltung“ und der „Forschungen aus Staat und Recht“; zahlreiche Publikationen zum österreichischen und europäischen öffentlichen Recht, Wirtschafts-, Umwelt- und Universitätsrecht sowie zur Rechtstheorie. Mag.a Sanela Smlatic Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz (Mag.a iur. 2017); 2016– 2017 studentische Mitarbeiterin am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz; 2018 Gerichtspraxis am OLG Sprengel Graz; seit 2019 Juristin bei D.A.S. Rechtsschutzversicherung AG. Mag.a Dr.in Teresa Weber Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien (Mag.a iur. 2010) und der Wirtschaftsuniversität Wien (Dr.in iur. 2014); juristische Mitarbeiterin bei ÖKOBÜRO und Justice and Environment (2012–2013); Juristin im Büro der LH-Stellvertreterin Astrid Rössler, Salzburger Landesregierung (2013–2014); seit 2014 Assistenzprofessorin am Fachbereich Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht der Universität Salzburg. Mag.a Dr.in Barbara Weichsel-Goby Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien und der Karlsuniversität Prag; 2007–2008 Gerichtsjahr im OLG-Sprengel Wien; 2008–2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Rechtswissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien; Oktober 2012–März 2019 Umweltdachverband Wien, verantwortlich für den Politikbereich Umweltrecht; wissenschaftlicher und praktischer Arbeitsschwerpunkt sind Fragen des Rechtsschutzes in Umweltangelegenheiten.