Organisationsrechtliche Aspekte der Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat [1 ed.] 9783428512690, 9783428112692

Das Verwaltungsorganisationsrecht ist in Bewegung: Neuere Ansätze einer Staats- und Verwaltungsreform verfolgen eine Erf

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German Pages 438 Year 2005

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Organisationsrechtliche Aspekte der Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat [1 ed.]
 9783428512690, 9783428112692

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Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 171

Organisationsrechtliche Aspekte der Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat Von

Monika John-Koch

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MONIKA JOHN-KOCH

Organisationsrechtliche Aspekte der Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat

Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 171

Organisationsrechtliche Aspekte der Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat

Von

Monika John-Koch

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer hat diese Arbeit im Jahre 2002 / 2003 als Dissertation angenommen

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0561-6271 ISBN 3-428-11269-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Das Verwaltungsorganisationsrecht, lange Zeit ein eher nachrangig behandeltes Gebiet des Verwaltungsrechts, ist in Bewegung geraten: Die jahrelangen Bemühungen der Ministerial- und Kommunalverwaltungen um eine Modernisierung der Binnenstrukturen einerseits und verschiedene Konzepte einer vom Bund und von den Ländern angestoßenen umfassenden Staats- und Verwaltungsreform mit der Öffnung hin zu Wirtschaft und Gesellschaft andererseits, aber auch Entwicklungen in der Verwaltungspraxis, etwa zuletzt die mit erheblichen Schwierigkeiten verbundene und bis jetzt noch nicht abgeschlossene Einführung der Autobahnmaut,1 haben das Interesse der Wissenschaft wieder auf eine der zentralen Ressourcen der Verwaltung gelenkt: die Organisation und ihre rechtlichen Grundlagen. Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2002 / 2003 als Dissertation bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer eingereicht. Sie knüpft an ein Projekt zum Landesorganisationsrecht an, das die Verfasserin unter Leitung der Universitätsprofessoren Dr. Willi Blümel und Dr. Hermann Hill von August 1995 bis Dezember 1996 am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer bearbeitet hat.2 Schon recht schnell wurde deutlich: Das traditionelle Verwaltungsorganisationsrecht mit seiner Begrenzung auf unmittelbare und mittelbare Verwaltung vermag die „Vielfalt der Akteure“,3 mit denen der Staat bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben in unterschiedlicher Weise kooperiert, und die verschiedenartigen organisatorischen Arrangements nicht mehr angemessen abzubilden. Aus diesem Grund habe ich in einem weiteren von den Professoren Blümel und Hill geleiteten Vorhaben am Forschungsinstitut von Februar 1996 bis März 1997 die „Fortentwicklung des Verwaltungsorganisationsrechts“ unter dem Aspekt der Privatisierung und des bürgerschaftlichen Engagements geprüft.4 Aufgrund neuer Entwicklungen in der Staats- und Verwaltungspraxis, wie sie sich etwa im Konzept der Bundesregierung zum Aktivierenden Staat und zum Verwaltungskooperationsrecht niederschlugen, erhielt das Projekt ständig neue Impulse; ich konnte es erst während meiner Zeit als Mitarbeiterin von Professor Hill am Lehrstuhl für VerwalSchorkopf, Frank, Transparenz im „Toll-Haus“, NVwZ 2003, S. 1471 ff. John, Monika, Verwaltungsorganisation im Reformprozeß – Der Entwurf für ein Landesorganisationsgesetz für Mecklenburg-Vorpommern, Speyer 1998 3 Hill, Hermann, Die Vielfalt der Akteure, der Städtetag 1/1998, S. 5 ff. 4 John-Koch, Monika, Fortentwicklung des Verwaltungsorganisationsrechts, unveröff. Manuskript, Speyer 2000. 1 2

6

Vorwort

tungswissenschaft und Öffentliches Recht an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften zum Abschluß bringen. Die Professoren Blümel und Hill haben meine Bemühungen um die Beantwortung verwaltungsorganisationsrechtlicher Fragestellungen vorbehaltlos begleitet in einem anregenden und interessanten, durch Beständigkeit und Innovation gleichermaßen gekennzeichneten Umfeld. Den zügigen Abschluß des Promotionsverfahrens verdanke ich dem Erstgutachter, Herrn Hill, Herrn Blümel als Zweitgutachter sowie Univ.-Prof. Dr. Helmut Klages als Drittprüfer im mündlichen Verfahren. Vielen, die mich während meiner Zeit als Forschungsreferentin und Mitarbeiterin am Lehrstuhl unterstützt haben, gebührt Dank. Das Forschungsinstitut hat vorzügliche Rahmenbedingungen für wissenschaftliches Arbeiten geboten, was nicht zuletzt den damaligen Geschäftsführenden Direktoren, Herrn Blümel und Herrn Univ.-Prof. Dr. Dr. Klaus König, dem damaligen Institutsreferenten, Herrn Univ.Prof. Dr. Karl-Peter Sommermann, sowie den Damen des Sekretariats zu verdanken ist. Die Mitarbeiterinnen im Sekretariat am Lehrstuhl von Professor Hill, Regina Hense, Brigitte Schott und Annette Benz, haben auch in hektischen Zeiten für ein angenehmes und freundschaftliches Klima gesorgt, mir oftmals den Rücken frei gehalten und somit die Ausgangsbasis für eine optimale Arbeitsatmosphäre gelegt. Der Dank gilt aber auch den Kollegen und Kolleginnen an Forschungsinstitut und Hochschule, allen voran Dr. Heike Amos, Dr. Natascha Füchtner, Stephanie Ihringer, Marika Sauckel und Benedikt Speer, die in vielen Gesprächen und Diskussionen die Entwicklung des Projektes verfolgt und unterstützt haben. Ohne die Hilfe der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Hochschulbibliothek wäre die Literaturrecherche nicht so reibungslos vonstatten gegangen, stellvertretend sei hier Uschi Ohliger genannt. Auch das Rechenzentrum hat in manch ausweglos erscheinender Situation geholfen. Der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer sei für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe der Hochschule sowie für die großzügige Druckkostenbeihilfe gedankt, dem Verlag Duncker & Humblot für die Zusammenarbeit bei der Vorbereitung dieses Bandes. Maßgeblichen Anteil an meiner wissenschaftlichen Arbeit hat meine Familie. Ohne ihre Unterstützung, ohne die Geduld, mit der sie die Arbeit verfolgt und ihre Fertigstellung immer wieder eingefordert hat, und ohne ihren Rückhalt hätte dieses Projekt nicht begonnen, geschweige denn beendet werden können. In besonderer Weise gilt dies für meinen Mann, PD Dr. Christian Koch, der nicht nur das Korrekturlesen auf sich genommen hat, sondern den Blick auch immer wieder auf scheinbare Randbereiche des Verwaltungsorganisationsrechts, wie etwa das Europäische Verwaltungsrecht, gelenkt und der Arbeit damit weitere Impulse gegeben hat. Besonders dankbar bin ich meiner Mutter, deren lebenslange Neugier und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Fragestellungen und deren Interesse an Innovativem mir Vorbild war und ist. Ihr sei die Arbeit gewidmet. Speyer / Bonn, im August 2004

Monika John-Koch

Inhaltsverzeichnis

1. Teil Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

15

A. Eckpunkte der verwaltungsinternen Reorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

B. Vom Einzelprojekt zur Gesamtstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

C. Verwaltungsreform als Instrument zur Belebung des Organisationsrechts? . . . . . . . . .

24

2. Teil Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform – Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft

32

A. Privatisierung und neue Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

I. Formelle und materielle Privatisierung – Beispiele auf Bundesebene . . . . . . . . .

38

1. Formelle Privatisierung von Aufgaben der Bundesschuldenverwaltung . . .

45

2. (Unechte) Materielle Privatisierung der Bundesdruckerei . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

II. Funktionale Privatisierung und regulierte Selbstregulierung als Kernstrategien

52

1. Funktionale Privatisierung im Bereich der Infrastrukturverwaltung – Betreiber- und Konzessionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

2. Die Reichweite der funktionalen Privatisierung im Abfallrecht . . . . . . . . . . .

69

3. Regulierte Selbstregulierung am Beispiel des Umweltaudit . . . . . . . . . . . . . . .

78

4. Gesellschaftliche Selbstregulierung oder regulierte Selbstregulierung im Datenschutzaudit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

III. Zum Begriff der Public-Private Partnership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

IV. Privatisierung und Staatsentlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

8

Inhaltsverzeichnis

B. Vom Leistungsstaat zum Gewährleistungsstaat – Das Konzept der Verantwortungsteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

C. Vom Schlanken Staat zum Aktivierenden Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

3. Teil Der Dualismus der Rechtsordnung: Privates Recht und öffentliches Recht

119

A. Zur Differenzierung von öffentlichem Recht und Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 B. Abgrenzungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Die Interessentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 II. Die Subordinationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 III. Die materielle Subjektstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 IV. Die Sachwaltertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 C. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Handlungs- und Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . 137 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

4. Teil Versuch einer Aufgabenabgrenzung

143

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 B. Staatliche Kernaufgaben als ausschließliche Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C. (Obligatorische) Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 D. Öffentliche Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Inhaltsverzeichnis

9

E. Private Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

5. Teil Das Verwaltungsorganisationsrecht als Grundbaustein rechtlicher Rahmenordnung

162

A. Definitionen und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 B. Die juristische Person als Verwaltungsträger und Adressat organisationsrechtlicher Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 C. Organisationsgewalt und Vorbehaltslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 D. Materielle Rechtsvorstellungen im Organisationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

6. Teil Staatliche und öffentliche Aufgaben in öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträgerschaft

174

A. Die unmittelbaren Verwaltungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 I. Aufgabenumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 II. Organisationsformen bei der Erfüllung staatlicher und öffentlicher Aufgaben durch unmittelbare Verwaltungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 B. Staatsnahe öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger – Die mittelbare Verwaltung . . . 180 I. Aufgabenumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Organisationsformen bei der Erfüllung staatlicher und öffentlicher Aufgaben durch mittelbare Verwaltungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Körperschaften des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Anstalten des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

10

Inhaltsverzeichnis 3. Stiftungen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 4. Die Beliehenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

C. Änderungsbedarf im Verwaltungsorganisationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 D. Handlungsformen öffentlich-rechtlich organisierter Verwaltungsträger . . . . . . . . . . . . 210 E. Die Wahl geeigneter Organisationsformen – das Beispiel der Regulierungsbehörde für den Telekommunikationsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

7. Teil Erfüllung von öffentlichen Aufgaben durch privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

223

A. Systematisierung privatrechtlicher Organisationen als Verwaltungsträger . . . . . . . . . . 224 B. Aufgabenumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 C. Privatrechtliche Organisationsformen für die staatliche Erfüllung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Zur Wahl privatrechtlicher Organisationsformen in staatlicher Trägerschaft . . . 240 II. Die zulässigen privatrechtlichen Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Eingetragene Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Die Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 3. Die Gesellschaft mit begrenzter Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 III. Einwirkungsmöglichkeiten im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 D. Handlungsformen für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlichen Verwaltungseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 I. Elemente eines Verwaltungsgesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 1. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Inhaltliche Anforderungen an Satzung und Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . 265

Inhaltsverzeichnis

11

3. Deutscher Corporate Governance Kodex und Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 4. Typologie einer Verwaltung in Privatrechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 5. Organe und Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 b) Die Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 c) Die Haupt- oder Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 d) Der Beirat in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 e) Bildung zusätzlicher Organe und Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 6. Informationspflichten und Grundsätze der Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 II. Elemente eines Verwaltungsprivatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

8. Teil Verwaltungskooperation – Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

312

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 B. Systematisierung von Verwaltungskooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 C. Aufgabenumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 D. Grundzüge eines Verwaltungskooperationsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 I. Elemente eines Privatorganisationsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 1. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 2. Mindestanforderungen an private Kooperationspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 a) Mindestanforderungen an institutionelle Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . 329 b) Mindestanforderungen an kontraktbestimmte Kooperationen . . . . . . . . . 334 3. Grundsätze der Aufgabendurchführung und Anforderung an Kooperationsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 4. Kontroll- und Steuerungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350

12

Inhaltsverzeichnis II. Handlungsformen im Privatverwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 1. Kooperation zwischen Verwaltung und Privaten – Verwaltungsprivatrecht oder Privatverwaltungsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 2. Kooperationen im öffentlichen Interesse zwischen Privaten – Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge unter Privaten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

9. Teil Verantwortungsteilung im System getrennter Rechtskreise

371

A. Organisations- und Handlungsformen zwischen materieller Subjektstheorie und Sachwaltertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 I. Organisations- und Handlungsformen kooperativer Aufgabenwahrnehmung nach der materiellen Subjektstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 II. Organisations- und Handlungsformen kooperativer Aufgabenwahrnehmung nach der Sachwaltertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 B. Verwaltungskooperationsrecht – Öffentliches Recht oder Privatrecht? . . . . . . . . . . . . . 380 C. Verwaltungskooperationsrecht als Ansatzpunkt eines Gemeinrechts? . . . . . . . . . . . . . . 383

10. Teil Ausblick

386

Gesetzesverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433

Abkürzungsverzeichnis Grundsätzlich wird auf Hildebert Kirchner / Cornelie Butz, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl., Berlin 2003, verwiesen. Bei den nachfolgend aufgeführten Abkürzungen handelt es sich um Ergänzungen oder Abweichungen. AKP Amtl. Bull Amtsbl. AS BBl. BdB BOG

Bra BS BT DB ders. dies. Drs. EMAS Erg.-Lfg. FAZ FG FTD GGO Bund GMBl. GMH GVBl., GVOBl. HbStR JRP KV LKV MV, M-V

Alternative Kommunalpolitik Amtliches Bulletin der Bundesversammlung (Schweiz) Amtsblatt Amtliche Sammlung des Schweizerischen Bundesrechts Bundesblatt (Schweiz) Bundesverband der Berufsbetreuer / -innen e.V. Entwurf eines Gesetzes über die Verwaltungsorganisation des Bundes (Bundes-Organisationsgesetz – BOG), abgedruckt in: Roman Loeser, Das Bundes-Organisationsgesetz, Baden-Baden 1988, S. 261 ff. Brandenburg Bereinigte Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen 1848 – 1947 (Schweiz) Deutscher Bundestag Der Betrieb derselbe dieselben Drucksache Eco-Management and Audit Scheme Ergänzungs-Lieferung Frankfurter Allgemeine Zeitung Festgabe Financial Times Deutschland Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien v. 26. 7. 2000 Gemeinsames Ministerialblatt, hrsg. vom Bundesministerium des Innern Gewerkschaftliche Monatshefte Gesetz- und Verordnungsblatt Handbuch des Staatsrechts Journal für Rechtspolitik (Österreich) Kommunalverfassung Landes- und Kommunalverwaltung Mecklenburg-Vorpommern

14 NPM NR NRW, NW NSM NZZ PlenProt. SR VfB e.V. VO VR ZBl zfbf ZÖR

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1. Teil

Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform Obwohl öffentliche Verwaltungen seit Anbeginn ständigen Reform- und Anpassungsprozessen unterliegen,1 hat die Diskussion um eine Modernisierung von Staat und Verwaltung der Verwaltungswissenschaft insbesondere in den letzten zehn Jahren ein breites Themenfeld eröffnet und vielfältige Brücken zu anderen Disziplinen geschlagen. Vorausgegangen waren in den späten 60er und 70er Jahren in nahezu allen Ländern (Gemeinde-)Gebietsreformen, verbunden mit dem Versuch, im Zuge von Funktionalreformen staatliche Aufgaben auf die kommunale Ebene zu delegieren. Die 80er Jahre waren gekennzeichnet v.a. durch verstärkte Entbürokratisierungs-, Deregulierungs- und (formelle) Privatisierungsansätze, um sowohl der Regelungsdichte als auch der Ausweitung staatlicher Tätigkeit einschließlich der Beteiligung des Staates an Wirtschaftsunternehmen entgegenzuwirken.2 Mit diesen Reformansätzen wurde jedoch das tradierte Muster einer bürokratisch organisierten öffentlichen Verwaltung nicht grundlegend in Frage gestellt. Erst mit Beginn der 90er Jahre führten internationale Entwicklungen, insbesondere Trends aus angelsächsischen Ländern, wie Großbritannien und Neuseeland, sowie aus den Niederlanden zu einer Neuorientierung von Verwaltungswissenschaft und Verwaltungspraxis, die zur Lösung einer konstatierten Modernisierungsund Leistungslücke im öffentlichen Sektor3 beitragen sollten und letztlich die Basis der Max Weber’schen Verwaltung erschütterten.4 In einer „ersten Welle“

Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 15. Zusammenfassend u. a. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 35 ff., 38 ff.; Budäus, Public Management, S. 32; für den Bund Füchtner, Modernisierung, S. 303 ff., 309 ff., 315 ff.; in international vergleichender Perspektive Naschold, Modernisierung, in: ders. / Bogumil, Modernisierung, S. 27 ff., insbesondere S. 38 ff., 76; für Österreich Bußjäger, Organisationshoheit, S. 21, 269 ff., 276 ff. 3 Hierzu Budäus, Public Management, S. 11 ff., 20 ff.; vgl. auch Jann, in: HoffmannRiem / Schneider (Hrsg.), Rechtswissenschaftliche Innovationsforschung, S. 152, der zudem auf den Charakter von „Knappheitsreformen“ im Unterschied zu „Luxusreformen“ der 70er Jahre verweist (S. 150 f.). 4 Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 71; Jann, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Rechtswissenschaftliche Innovationsforschung, S. 156 f., mit einer Gegenüberstellung zentraler Elemente von NPM und klassischer Verwaltung. Zu entsprechenden Vorbildern aus dem Ausland ebd. (S. 67); vgl. auch Budäus, 1 2

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1. Teil: Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

standen betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente und die Übertragung privatwirtschaftlicher Managementkonzepte auf den öffentlichen Sektor als Lösungsansätze einer „organisierten Unverantwortlichkeit“5 im Mittelpunkt der Modernisierungsbestrebungen. In einem zweiten, weiter gefaßten Schritt ging es darum, die Bürgerorientierung sowie den Dienstleistungscharakter auch innerhalb der öffentlichen Verwaltung zu betonen und im Rahmen von Leistungsvergleichen oder Benchmark-Projekten wettbewerbsähnliche Instrumente der Qualitätsbewertung und -verbesserung zu implementieren 6 – nach Reinermann um den Versuch, Staatsversagen als Verlust einer rationalen Diskussion zu minimieren und „die Willensbildung über öffentliche Güter zu verbessern“.7 Begleitet wurden alle Phasen von dem Bemühen, die sogenannten „weichen“ Faktoren wie Mitarbeitermotivierung und Mitarbeiterbeteiligung, die Entwicklung nichtmonetärer Anreizsysteme sowie Personalentwicklungskonzepte nicht nur als Ergänzung, sondern geradezu als integralen Bestandteil einer Modernisierungsstrategie zu identifizieren.8 Allerdings wurde der insbesondere seitens der Wissenschaft immer wieder eingeforderten Umsetzung personalwirtschaftlicher Maßnahmen auf sehr unterschiedliche Weise Beachtung geschenkt, sie gelten in der Theorie zwar als wesentliche Erfolgsfaktoren für eine Modernisierung, werden aber in der Praxis häufig noch vernachlässigt.9 Public Management, S. 32 ff.; Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 23 ff.; KGSt, Das Neue Steuerungsmodell, S. 23 f. 5 Zu dieser von Banner in Anlehnung an Ulrich Beck, Gegengifte. Die organisierte Unverantwortlichkeit, Frankfurt a. M. 1988, in die Diskussion gebrachte Charakterisierung des Systems „öffentliche Verwaltung“ vgl. Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 16 ff. 6 Hierzu schon Kippes, VR 1995, S. 401 ff.; ausführlich Schedler / Proeller, New Public Management, S. 57 ff., 72 f., 111 ff., 163 ff.; Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 116 ff.; Pünder, Haushaltsrecht, S. 409 ff.; Hill, in: Bußjäger (Hrsg.), Moderner Staat, S. 1 mit Fn. 1; Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 24 f., sowie John-Koch, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, Stuttgart 2005. Aus der Praxis Füchtner, Modernisierung, S. 327 f., 370 ff.; Bundesregierung, Benchmarking-Projekte bei Bund, Ländern und Kommunen, Berlin o.J. (2001), www.staat-modern.de/Anlage/original_549767/ Moderner -Staat -Moderne -Verwaltung -Benchmarking -Projekte -bei -Bund_ -Laendern -undKommunen.pdf, sowie Vorschläge der Berliner Expertenkommission „Staatsaufgabenkritik“ bei Scholz, FS Brohm, S. 747, 750. 7 Reinermann, Politik- und Verwaltungsmanagement, S. 18, 33. 8 Selbst im einschlägigen KGSt-Bericht (KGSt, Das Neue Steuerungsmodell, S. 29) spielen Personalfragen nur bei der Umsetzung eine Rolle, nicht aber als integraler Bestandteil des Modells. Nach Banner, in: Schröter (Hrsg.), Empirische Policy- und Verwaltungsforschung, S. 283, mit Fn. 1, ist das NSM „in seiner Urfassung . . . im Kern ein Finanzmanagementsystem“. Zu einzelnen Instrumenten und deren Umsetzungsgrad auf kommunaler Ebene ebd., S. 283 ff.; Schwerpunkte in der Umsetzung zusammenfassend Rehbinder, FS Brohm, S. 735 f. Vgl. für den Übergang von der Personalverwaltung zur Personalentwicklung Naschold, Binnenmodernisierung, in: ders. / Bogumil, Modernisierung, S. 98 ff. 9 Klages, in: König (Hrsg.), Deutsche Verwaltung, S. 484 ff.; ders., Der blockierte Mensch, S. 131 ff.; Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 124 ff. mit Fn. 185; auch Budäus,

A. Eckpunkte der verwaltungsinternen Reorganisation

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A. Eckpunkte der verwaltungsinternen Reorganisation Zwar sollen die verschiedenen binnenbezogenen Projekte einer Modernisierung der öffentlichen Verwaltung ineinandergreifen und aufeinander aufbauen, gleichzeitig überlagern sie sich aber und folgen „Management-Moden“, die sich teilweise fundamental widersprechen.10 Dennoch lassen sich einzelne Stränge identifizieren, die unterschiedliche Ansätze und Intentionen widerspiegeln.11 Bereits frühzeitig standen vorrangig aufbauorganisatorische Maßnahmen im Vordergrund der wissenschaftlichen Diskussion und der Verwaltungspraxis, so auf kommunaler Ebene die Einrichtung von Fachbereichen anstelle von Dezernaten und die Auslagerung12 kommunaler Betriebe in der Erwartung, eine Kommune wie einen Konzern führen zu können.13 Auf Landesebene waren mit einer intensiven, weitgehend politikfeldübergreifenden Errichtung von Landesbetrieben ähnliche Tendenzen zu verzeichnen.14 Public Management, S. 73 ff. Speziell zu Bürger- und Mitarbeiterbefragungen Klages, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 59 ff.; Albertshauser, Verselbständigung, S. 36 ff. Zum Wandel der Verwaltungskultur im Zuge des Verwaltungsumbaus Rehbinder, FS Brohm, S. 733 f.; ders., FS Hangartner, S. 305 f.; zum notwendigen „Mentalitäts- und Kulturwandel“ nach der Privatisierung ehemals staatlicher (Rüstungs-) Unternehmen auch Bürgi, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 239. 10 Während etwa der Ansatz des Reengineering eine völlige Neuorganisation von Strukturen und Prozessen vorsieht („Neubau auf der grünen Wiese“), stellt das Total Quality Management (TQM) auf behutsame Reformen im laufenden Produktionsprozeß ab, vgl. hierzu Jann, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Rechtswissenschaftliche Innovationsforschung, S. 155. Zur Vielschichtigkeit der Modernisierungsmaßnahmen auch Ziekow, in: Pitschas / Kisa (Hrsg.), Internationalisierung, S. 194. 11 So hat Reinermann, Politik- und Verwaltungsmanagement, S. 23 ff., 25 ff., einzelne Ansätze des NPM fünf verschiedenen Maßnahmebündeln zugeordnet; vier Reformfelder etwa identifiziert Reichard, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 122. 12 Zu Begriff und Formen der Auslagerung Proeller, Auslagerung, S. 20 ff. 13 Zur Konzernorganisation Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 42 ff., 55 ff.; Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 85 f.; kritisch Di Fabio, VVDStRL 56, S. 266 f.; Schoch, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 84. Vgl. zu Organisationsänderungen auf kommunaler Ebene die Beiträge von v. Obstfelder, Kuban und Weber, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 331 ff., 357 ff., 375 ff. 14 Hierzu M. König, DÖV 1999, S. 326 f.; B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 241; Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 10 Rn. 112. Aus der Vielzahl von Beispielen vgl. u. a. die Überführung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik, des Landesvermessungsamtes und der Landeseichverwaltung Nordrhein-Westfalen (Art. 10 Ziff. 4 2. ModernG); hierzu Burgi, NWVBl. 2001, S. 3 ff.; die Umwandlung von Teilen der Landesforstverwaltung Hessen (§ 4 Abs. 2 Hessisches Forstgesetz) und der Straßen- und Verkehrsverwaltung nach dem Landesgesetz zur Neuorganisation der Straßen- und Verkehrsverwaltung Rheinland-Pfalz. Die Landesbetriebe im Gesundheitswesen hingegen wurden in Anstalten des öffentlichen Rechts (rück-)überführt, vgl. Staatskanzlei Rheinland-Pfalz (Hrsg.), VORAN 11, S. 12, 55. 2 John-Koch

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1. Teil: Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

Mit der Einführung des Neuen Steuerungsmodells (NSM)15 wurden diese organisatorischen Umstrukturierungen um betriebswirtschaftliche Elemente aus dem Bereich der Privatunternehmen, die auf den öffentlichen Sektor übertragen werden sollten, ergänzt. Im Zentrum des Neuen Steuerungsmodells stehen insbesondere zwei Aspekte: Zum einen soll die hierarchisch geprägte Detailsteuerung durch eine Steuerung auf Abstand abgelöst werden,16 die sowohl zwischen Politik und Verwaltung als Ausdruck einer akzentuierten Rollenverteilung als auch innerhalb der Verwaltung als Dezentralisierung der Verantwortung für das Ergebnis des Verwaltungshandelns umgesetzt werden soll. Zum anderen geht es um das Selbstverständnis auch der Verwaltung als Dienstleistungsunternehmen,17 das bestimmte, „mit fachlich-professionellen sowie ökonomischen Maßstäben zu beurteilende“ Leistungen anbietet.18 Grundlegend für die Entwicklung zu einem effizienten und effektiven Dienstleistungsunternehmen Verwaltung ist neben der Transparenz der Kosten insbesondere eine Transparenz und Meßbarkeit der Leistungen einschließlich der Ziele und Wirkungen des Verwaltungshandelns, um dem herkömmlichen Steuerungsgegenstand „Verwaltungsressourcen“ eine Steuerung durch Produkte und Leistungen entgegensetzen zu können.19 Die Definition der von der Verwaltung angebotenen Produkte und Leistungen, die Zuordnung von Kosten zu den Produkten sowie die Festlegung von Menge und Qualität mittels geeigneter Kennzahlen einschließlich 15 Zum NPM bzw. NSM grundlegend KGSt, Das Neue Steuerungsmodell; Reichard, Umdenken im Rathaus; Budäus, Public Management, S. 55 ff.; Schedler / Proeller, New Public Management, S. 57 ff., 79 ff.; Naschold, Binnenmodernisierung, in: ders. / Bogumil, Modernisierung, S. 84 ff.; Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 65 ff.; Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 81 ff.; Meyer, Das Neue Steuerungsmodell, S. 34 ff., 49 ff.; Pünder, Haushaltsrecht, S. 322 ff., 376 ff. Ferner Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 19 ff.; Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 26 ff.; Schauer, in: Thom / Zaugg (Hrsg.), Personal- und Organisationskompetenz, S. 346 ff.; Reinermann, Krise als Chance, S. 31 ff.; ders., in: Scheer / Friederichs (Hrsg.), Innovative Verwaltungen, S. 32 ff.; Rehbinder, FS Hangartner, S. 299 ff., sowie unter Ökonomisierungsaspekten Reichard, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 123 ff. 16 Vgl. neben Fn. 18 auch Pitschas, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 264; die hier im Zusammenhang mit Verwaltungskooperationen problematisierte Ablösung hierarchischer Kontrollvorstellungen durch Kontrollabreden und Selbstkontrollen kann durchaus auch auf Zielvereinbarungen im Neuen Steuerungsmodell übertragen werden. 17 Neben vielen Pünder, Haushaltsrecht, S. 322 ff., 327 m. w. N. Kritisch zur „Qualifikation als Dienstleistungsunternehmen“ neben vielen Penski, DÖV 1999, S. 87 ff.; differenziert gegenüber dem mit dem Dienstleistungsbegriff eng verbundenen Kundenbegriff hingegen Schedler / Proeller, New Public Management, S. 57 ff.; vgl. auch Bußjäger, Organisationshoheit, S. 324 ff. 18 Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 34. 19 Tondorf / Bahnmüller / Klages, Steuerung, S. 47; Jann, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Rechtswissenschaftliche Innovationsforschung, S. 151. Schedler / Proeller, New Public Management, S. 117, bezeichnen diesen Wechsel als „wohl herausragendste Veränderung“.

A. Eckpunkte der verwaltungsinternen Reorganisation

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eines die Zielerreichung und Einhaltung des monetären Rahmens steuernden Contollingsystems bilden somit das Fundament, anhand dessen sich Politik und Verwaltung über das Leistungsprogramm verständigen und kontraktuell vereinbaren.20 Diese auf strategischer Ebene zu realisierende output- und wirkungsorientierte Steuerung auf Abstand im Rahmen des Kontraktmanagaments wird innerhalb der Verwaltungsorganisation weitergeführt und das Leistungsprogramm auf einzelne Fachbereiche heruntergebrochen: Die Verwaltungsleitung trifft mit den Fachbereichs- oder Abteilungsleitern Zielvereinbarungen sowohl über die zu erbringende Sachleistung als auch über das erforderliche Budget, über dessen Verwendung für Personal- oder Sachmittel die einzelnen Fachbereiche eigenverantwortlich entscheiden sollen.21 Auch hier wird möglichen Überschreitungen der vereinbarten Finanzziele sowie Unterschreitungen des quantitativen und qualitativen Zielerreichungsgrades durch Controllinginstrumente auf operativer und strategischer Ebene entgegengesteuert. Zwar wurden die angedeuteten Ansätze der Verwaltungsmodernisierung im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells eigens für die kommunale Ebene entwikkelt, sie lassen sich jedoch auch auf die Landes- und Bundesebene übertragen. Allerdings erfolgte die Umsetzung dieses Modells auf allen Ebenen indessen nicht im Gesamtzusammenhang; vielmehr wurden Teilkonzepte ausgewählt, die zum einen möglichst schnell den erhofften finanziellen Erfolg bringen und sich zum anderen relativ problemlos in vorhandene Organisations- und Entscheidungszusammenhänge einfügen lassen sollten.22 Dieses inkrementale Vorgehen setzte von daher in den meisten Fällen mehr auf eine Ergänzung bestehender Strukturen und verhinderte ein „Umdenken im Rathaus“.23

20 Hierzu KGSt, Das Neue Steuerungsmodell, S. 16 f., 20 ff.; Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 93 ff.; speziell zum Verwaltungscontrolling auch in Abgrenzung zur Rechnungsprüfung Meyer, Das Neue Steuerungsmodell, S. 69 ff. 21 Ausführlich zu Inhalt, Art und Dimension von Zielvereinbarungen Tondorf / Bahnmüller / Klages, Steuerung, S. 15 ff., 47 ff., 83 ff. Vgl. auch Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 72; La Roche-Thomé, in: Pitschas / Koch (Hrsg.), Staatsmodernisierung, S. 35, 37. Meyer, Das Neue Steuerungsmodell, S. 44 ff., verweist zu Recht darauf, daß diese im Sprachgebrauch als dezentrale Ressourcenverantwortung bezeichnete Verlagerung als Dekonzentration der Gemeindeverwaltung zu bewerten sei (S. 46). 22 Vgl. Banner, in: Schröter (Hrsg.), Empirische Policy- und Verwaltungsforschung, S. 290; Zimmer, FS Wittkämper, S. 503 ff. (505); Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 31 f.; ders., in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 305 f., wobei er hier jedoch das Neue Steuerungsmodell insgesamt als ein einzelnes innovatives Element unter einer Vielzahl von Reformmodellen vorstellt und nicht als die Summe einer Vielzahl von zum Teil nur isoliert umgesetzten Einzelprojekten. Die Umsetzung funktionierender Teillösungen wurde selbst von der KGSt empfohlen (KGSt, Das Neue Steuerungsmodell, S. 27) – und von den Kommunen gerne aufgegriffen. 23 So lautet der Titel der einschlägigen Darstellung von Reichard, Berlin 1994.

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1. Teil: Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

Die parzelliert-pragmatische Vorgehensweise mag ein Grund dafür sein, daß sich zunächst Verwaltungswissenschaft und öffentliche Betriebswirtschaftslehre intensiv mit dem Neuen Steuerungsmodell auseinandergesetzt haben, von seiten der Rechtswissenschaften hingegen diese Veränderungen zunächst kaum thematisiert wurden.24 Indem sich Juristen vielfach „erst dann äußern wollen, wenn der Sachverhalt hinreichend dargelegt und analysiert worden ist“,25 ist diese „Abstinenz“ insbesondere des Verwaltungsrechts durchaus verständlich, befindet sich doch die Modernisierung der Verwaltung und eine neue Form staatlicher Steuerung weiterhin im Fluß.26 Anfangs war die Diskussion vor allem durch vielfältige Kritik und Bedenken bezüglich der rechtlichen Zulässigkeit gekennzeichnet:27 So stehen mit einer Steuerung auf Abstand hergebrachte Instrumente des für die Verwaltung konstitutiven hierarchischen Prinzips28 zur Disposition: Eine dezentrale Ressourcen- und Ergebnisverantwortung läßt sich nur schwer mit den der Aufsicht immanenten Weisungsbefugnissen29 kombinieren; das Verhältnis zwischen Dienst- und Fachaufsicht einerseits und Controlling-Verfahren anderseits scheint nicht nur ungeklärt, es wird in der Regel nicht einmal thematisiert;30 die Vereinbarung von Zielen, deren rechtlicher Charakter derzeit ebenfalls nicht zufriedenstellend eingeordnet werden kann,31 bringt ein kooperatives Moment in ein hierarchisches System, das bislang durch Befehl und Gehorsam – oder: Anweisung und Ausführung – gekennzeichnet war.32

24 Zu „Anfangsirritationen“ der mit dem Thema befaßten „anfangs raren Juristen“ Banner, in: Schröter (Hrsg.), Empirische Policy- und Verwaltungsforschung, S. 297. Rehbinder, FS Hangartner, S. 307 ff., stellt der staatsrechtlich geprägten Kritik die Stellungnahmen gemäßigter NPM-Anhänger gegenüber (S. 308 ff.). Vgl. auch Möllers, VerwArch 1999, S. 196 mit Fn. 52, sowie die Hinweise bei Kube, Verwaltung 2002, S. 511 f. mit Fn. 25. 25 So Ossenbühl, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 56, S. 283 f.; ähnlich auch die Beiträge von Brohm (ebd., S. 298) und Hoffmann-Riem (ebd., S. 291). 26 So auch Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 22. Ziekow, in: Pitschas / Kisa (Hrsg.), Internationalisierung, bescheinigt dem Allgemeinen Verwaltungsrecht einerseits „kreative Unruhe, Experimentierfreudigkeit, Innovationsoffenheit“ (S. 197), andererseits „ein erstaunliches Beharrungsvermögen“ (S. 234). 27 Vgl. u. a. die Hinweise bei Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 67 f. mit Fn. 11 ff. 28 Ausführlich zur „Hierarchie als Bauprinzip der Exekutive“ Loschelder, HbStR III, § 68 Rn. 3 ff., 37 ff. 29 Zum Weisungsprinzip als organisationsrechtliche Grundlage öffentlicher Verwaltungen Bußjäger, Organisationshoheit, S. 197 ff.; Loschelder, HbStR III, § 68 Rn. 72 ff. 30 Vgl. aber Pitschas, DÖV 1998, S. 913 f. 31 Zur rechtlichen Einordnung von Zielvereinbarungen vgl. Hill, NVwZ 2002, S. 1059 ff.; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 25 ff.; mit „politischen Leistungsvereinbarungen“ zwischen Rat und Verwaltung auf kommunaler Ebene befaßt sich auch Meyer, Das Neue Steuerungsmodell, S. 92 ff., 163. 32 Zu Konflikten zwischen dem Neuen Steuerungsmodell und demokratisch-rechtsstaatlicher Kontrolle und Steuerung sowie zu Koordinationsproblemen fragmentierter Systeme u. a. Jann, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Rechtswissenschaftliche Innovationsfor-

B. Vom Einzelprojekt zur Gesamtstrategie

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Doch neben der „Kraft des Faktischen“ hat vor allem die Gesetzgebung auf Landesebene,33 aber auch auf Bundesebene34 dazu beigetragen, der Verwaltungsreform durch die Bereitstellung eines rechtlichen Rahmens zumindest für einige ihrer Instrumente auch aus Sicht der Rechtswissenschaft einen juristisch untermauerten Stellenwert einzuräumen.35

B. Vom Einzelprojekt zur Gesamtstrategie Die verstreuten und vielfältigen Reorganisationsmaßnahmen der öffentlichen Verwaltung, die Modernisierung der Binnenstrukturen und die Einführung von Elementen des Neuen Steuerungsmodells boten zunächst nur in geringem Maße Anlaß, sich aus juristischer Sicht nachhaltig mit der Reform auseinanderzusetzen.36 Allenfalls die Privatisierung in ihren unterschiedlichen Varianten, die nicht nur auf kommunaler Ebene,37 sondern auch in den Ländern und im Bund eine schung, S. 158 ff., 160 ff.; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 196 ff., 210 f., sieht die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation beeinträchtigt. 33 Vgl. v.a. das Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz Berlin (VGG): § 2 Abs. 2 ff. (verwaltungsinterne Zielvereinbarungen), § 3 (Bürgerorientierung), § 4 (Wettbewerb), sowie LHO RP: § 7a (Zusammenführung von Fach-, Sach- und Finanzverantwortung im Rahmen der Budgetierung), § 20a (Entwicklung geeigneter Steuerungsinstrumente zur Sicherung des parlamentarischen Budgetrechts), § 7b (Vereinbarung von Leistungsaufträgen); hierzu Hill, DÖV 2001, S. 800 ff.; Edinger, in: Hill (Hrsg.), Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 23 ff. Weitere Beispiele auf Landesebene, v.a. mit Blick auf Experimentierklauseln für die Einführung neuer Steuerungsmodelle (z. B. § 42 a KV MV; § 146 GO LSA) bei Banner, in: Schröter (Hrsg.), Empirische Policy- und Verwaltungsforschung, S. 299 f.; vgl. auch Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 133 ff. Speziell mit Blick auf Modifikationen kommunaler Haushaltswirtschaft Pünder, Haushaltsrecht; zur Reform der „wirtschaftsbezogenen Regelungen in den deutschen Kommunalverfassungen“ auch Pielow, FS K. Ipsen, S. 727 f. 34 Auf Bundesebene haben das Dienstrecht-Reformgesetz und das Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz (hierzu Hoffmann-Riem, Finanzkontrolle, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem [Hrsg.], Verwaltungskontrolle, S. 75 f., 81 ff. m. w. N.; Kube, Verwaltung 2002) Akzente gesetzt; vgl. u. a. Füchtner, Modernisierung, S. 288 ff., 323 ff.; zusammenfassend R. Schmidt, VerwArch 2000, S. 166 f. Kritisch gegenüber den bisherigen „Trippelschritten“ Banner, in: Schröter (Hrsg.), Empirische Policy- und Verwaltungsforschung, S. 300; zurückhaltend auch Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 134 ff. 35 So verfolgt das Programm der Bundesregierung Moderner Staat – Moderne Verwaltung nach Ansicht von Reichard / Schuppan, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 91, neuerdings „überwiegend ein juristisches Aktivierungsverständnis“. Vgl. ferner Vorschläge von Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 458, 462, 466 f., 469, 472, um diesbezügliche Erweiterungen traditioneller systematischer Darstellungen des Verwaltungsverfahrensrechts. 36 Zum „Paradigmenwechsel durch das Neue Steuerungsmodell“ aus juristischer Sicht zuletzt Ziekow, in: König / Merten (Hrsg.), Verfahrensrecht, S. 75 ff. 37 Die Vorreiterrolle der Kommunen und Privatisierungspotentiale auf Kreisebene beleuchtet Janning, in: Walcha / Hermann (Hrsg.), Partnerschaftliche Stadtentwicklung, S. 54 ff.

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erhebliche Rolle spielt, stellt in diesem Zusammenhang eine Ausnahmeerscheinung dar, da die internen Grenzen der Verwaltungsorganisation und damit das Innenrecht verlassen werden und mit der Einbeziehung „verwaltungsfremder“ Handlungsformen – hier öffentlichem Recht, dort Privatrecht – das „System“ Verwaltung mit der ihm immanenten Steuerungs- und Entscheidungslogik aufzubrechen droht.38 Im Kontext der Reformmaßnahmen bildet die Privatisierung somit einen zentralen Gegenstand juristischer Bewertungen mit dem Versuch, einerseits ihre rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen und andererseits Maßnahmen zur Kontrolle und Steuerung39 solcher Trabanten der Verwaltungsorganisation zu entwikkeln. Handelte es sich bei der binnenbezogenen Verwaltungsreform zunächst nur um ein gewandeltes „Rollenverständnis der Verwaltung“, so haben mittlerweile unterschiedliche „Veränderungstreiber“ – und hier insbesondere Entwicklungen auf der gesellschaftlichen Ebene40 – dazu geführt, daß sich die binnenorientierte Verwaltungsreform zu einer Modernisierung von Staat und Verwaltung weiterentwikkelte.41 In dieser neuen Diskussion um die gegenseitige Verschränkung von Staatsund Verwaltungsreform als „Gesamtsteuerung der staatlichem Einfluss, Steuerung und Koordination unterliegenden gesellschaftlichen Entwicklungen“42 geht es nicht mehr nur um die Rolle der Verwaltung zwischen Behörde und Dienstleistungsunternehmen, sondern um die Funktionen von Staat, Verwaltung und Gesellschaft,43 um eine Neujustierung des Staates im Verhältnis von „Obrigkeit oder 38 Vgl. etwa Schlette, Verwaltung, S. 127: Gefährdung der Einheit der Kommunalverwaltung. Nach Arens, in: Öffentliche Unternehmen, S. 42, haben in Ostdeutschland zu Anfang fehlende Genehmigungsvorbehalte zum „Wildwuchs“ kommunaler Gesellschaften geführt, der „nur schwer wieder einzufangen“ sei. Nicht zuletzt die Beleihung (bislang nur formell) privatisierter Verwaltung mit der Trägerschaft an einer öffentlich-rechtlichen Anstalt (hierzu Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 507 ff.) könnte die komplexe Ausdifferenzierung des Systems Verwaltung verstärken. 39 Zum „Brückenbegriff“ der Steuerung Schuppert, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 110 ff. (114). 40 Veränderungstreiber beschreibt Budäus, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 308 ff., insbesondere S. 309 ff.; siehe auch Naschold, Binnenmodernisierung, in: ders. / Bogumil, Modernisierung, S. 80 ff.; Hill, in: Hoffmann (Hrsg.), Jugend, Staat und Pflichten, S. 140 ff., sowie Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 22 ff. 41 Vgl. etwa Klages, in: König (Hrsg.), Deutsche Verwaltung, S. 478 ff. Reinermann, in: Scheer / Friederichs (Hrsg.), Innovative Verwaltungen, S. 36, betont zu Recht, daß das Leitbild des NPM „nahezu alles auf den Prüfstand (stellt), was wir in Lehrbüchern über öffentliche Verwaltung vorfinden, welches Kapitel wir auch immer aufschlagen“. Zur Verbindung von Verantwortungsteilung und Verwaltungsmodernisierung Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 56 ff. 42 Hill, VOP 12 / 2000, S. 9. 43 Vgl. u. a. Evers, Gegenstand, in: ders. / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 35 ff.; zur Notwendigkeit der funktionalen Modernisierung des Staates nach einer „A3-Formel“ (Aktiver Staat, Aktivierender Staat, Aufklärender Staat) auch Böhret, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 298 f.

B. Vom Einzelprojekt zur Gesamtstrategie

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Kooperationspartner“.44 Der kooperative oder partnerschaftliche Staat steht weniger hoheitlich über, als vielmehr und vor allem neben anderen gesellschaftlichen Akteuren, von denen er sich „durch die ihm zugestandenen besonderen Funktionen der Moderation eines politischen Diskurses unterscheidet“.45 Dies bedingt aber auch einen Wandel, zumindest jedoch eine Ergänzung der klassischen Steuerungslogik öffentlicher Verwaltungen: „Anstelle der hierarchischen Steuerung tritt . . . eine Verfahrenssteuerung“, die sich weniger an imperativen Anweisungen und dafür „stärker an der Erzeugung von Innovation und der Auseinandersetzung um Ergebnisse orientieren (muß)“.46 Im Mittelpunkt eines solchen politisch-administrativen Gesamtkonzepts stehen auf der Handlungsebene „Schlüsselbegriffe“47 der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung und der Kooperation, ausdifferenziert in Erfüllungs-, Gewährleistungs- und Auffangverantwortung,48 Privatisierung einschließlich des Privatisierungsfolgenrechts49 und Public-Private Partnership50 sowie unterschiedliche Formen der (staatlich) regulierten (gesellschaftlichen) Selbstregulierung51 und Selbststeuerung. Auf der Ebene der Evaluierung und Bewertung der Staatsreform und Staatsleitung sollen unter dem Begriff der Good Governance, die als „ganzheitli44 Hierzu Hill, in: Hoffmann (Hrsg.), Jugend, Staat und Pflichten, S. 139 ff. Dies impliziert auch die Abkehr von der alleinigen Verantwortung der Verwaltung für die Definition des Gemeinwohls und von dem „paternalistischen Akzent“ im verfahrensrechtlichen Gesamtkonzept, hierzu Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 431. 45 Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 8; vgl. auch Evers, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 16 f. 46 So Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 60, mit Blick auf die durch Privatisierung entstehende Konzernstruktur. 47 Der Terminus „Schlüsselbegriff“ beherrscht derzeit die verwaltungsrechtliche Diskussion (vgl. etwa Voßkuhle, VerwArch 2001, S. 196 ff.) und ist somit selbst zum Schlüsselbegriff geworden. 48 Einschlägig Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 13 ff.; Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 47 ff.; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 400 ff., jeweils m. w. N.; vgl. auch schon Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 39 ff. 49 Zum „Privatisierungsbegleit- und Privatisierungsfolgenrecht“ Wahl, in: SchmidtAßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 336 ff., sowie schon Bauer, VVDStRL 54, S. 279; vgl. auch Kämmerer, JZ 1996, S. 1047 ff.; ders., Privatisierung, S. 423 ff.; zuletzt Ehlers, Recht der öffentlichen Unternehmen, S. E 127 f., 155 f.; im Anschluß auch Püttner, DÖV 2002, S. 734. Kritisch gegenüber einem normativen Begriffsverständnis Röhl, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 48. 50 Die Bedeutung von Public-Private Partnership einerseits und die Unsicherheit in der praktischen Ausgestaltung der Kooperationen zeigt sich nicht zuletzt anhand zahlreicher Handreichungen und Musterverträge für unterschiedliche Anwendungsfelder, so etwa die von der Bertelsmann Stiftung / Clifford Chance Pünder / Initiative D21 herausgegebene Reihe „PPP für die Praxis“, innerhalb derer auch der „Prozessleitfaden“ von Gasteyer erschienen ist. 51 Vgl. Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001.

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1. Teil: Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

ches Modell zur Beurteilung der Qualität der Regulierung und Steuerung, der Problemlösung und der Gestaltung des staatlichen Handlungsfeldes“ verstanden wird, diese Formen staatlichen und gesellschaftlichen Zusammenwirkens auf ihre funktionale Tragfähigkeit und ihre Gemeinwohl- und Gemeinschaftsverträglichkeit geprüft werden.52

C. Verwaltungsreform als Instrument zur Belebung des Organisationsrechts? Zwar werden in der aktuellen Debatte vielfältige verwaltungsrechtliche Probleme angesprochen,53 indessen taucht in der Regel nur am Rande die Frage auf, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf das Verwaltungsorganisationsrecht haben können.54 Einzelne Bausteine des Verwaltungsorganisationsrechts finden in der Diskussion Berücksichtigung; so werden etwa Möglichkeiten einer staatlichen Kontrolle über Formen gesellschaftlicher Selbstregulierung im Rahmen einer staatlichen Auffangverantwortung durchaus thematisiert. Das Verwaltungsorganisationsrecht als Teildisziplin des Allgemeinen Verwaltungsrechts55 insgesamt blieb jedoch im Grunde in der Diskussion um eine Weiterentwicklung des kooperativen Staates zum Aktivierenden Staat56 lange Zeit außen vor; es schien, als ob die staatsorganisatorischen Konsequenzen einer Verzahnung von Staat und Gesellschaft vom bestehenden Verwaltungsorganisationsrecht abgekoppelt worden seien. Zwar hat sich das Bild zwischenzeitlich gewandelt,57 doch werden vor allem poli52 Vgl. Hill, VOP 12 / 2000, S. 12; ferner K. König, DÖV 2001, S. 620 ff.; zur Kommunikation als Bestandteil einer Good Governance Hill, DVBl. 2002, S. 1321, 1327. 53 Zur politischen Diskussion um eine rechtliche Regelung von Public-Private Partnership etwa Schmitz, NVwZ 2000, S. 1241 f. 54 Eine Ausnahme bilden allerdings Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem, die sich frühzeitig mit dem „Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource“ (Baden-Baden 1997) befaßt haben; vgl. auch Burgi, NWVBl. 2001, S. 1; Baer, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), S. 171 mit Fn. 8 f. Zum „Organisationsrecht . . . als brauchbares Instrument der Verwaltungsreform“ Miller, LKV 1998, S. 421. 55 So Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 344 f. 56 Zum kooperativen Staat u. a. Arthur Benz, Kooperative Verwaltung, 1994, sowie E.-H. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 73 ff.; zum Aktivierenden Staat Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 7. Zwar sind beide Staatsvorstellungen von der Intention her deckungsgleich, als Unterscheidungskriterium gegenüber dem – selbststeuernden – gesellschaftlichen Engagement im Aktivierenden Staat soll jedoch die Orientierung an kooperativen bilateralen Abstimmungsprozessen zur Erhöhung der „Effizienz und Akzeptanz des Verwaltungshandelns“ hervorgehoben werden unter dem staatlichen Vorbehalt, „beim Scheitern solchen Vorgehens zum hoheitlichen Verfahren überzugehen“ (Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 35 f.). 57 Zuletzt hat sich Schuppert, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 39, nachdrücklich für eine „Durchforstung des materiellen Verwaltungsrechts sowie des

C. Verwaltungsreform als Instrument zur Belebung des Organisationsrechts?

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tikfeldbezogene Einzelfragen des Organisationsrechts thematisiert, nicht jedoch (verwaltungs-)organisationsrechtliche Gesamtzusammenhänge im Sinne einer Kodifikation.58 Aber in dem Maße, in dem öffentliche Aufgaben arbeitsteilig erfüllt werden oder gar die Verantwortung für die Durchführung gemeinwohlbezogener Aufgaben, die bislang durch den Staat in festgeschriebenen Verfahrens- und Organisationsstrukturen erbracht wurden, in die Gesellschaft zurückgegeben werden, entwickelt sich neben den staatlichen Stellen ein Netzwerk59 privater Akteure, die entweder nicht über eine ausdifferenzierte Organisationsstruktur verfügen60 oder deren Organisationsstruktur vorrangig auf die Wahrnehmung individueller, erwerbswirtschaftlicher oder gewinnorientierter Prozesse angelegt ist, nicht aber auf die Wahrung gemeinwohlbezogener Ziele.61 Damit in einer pluralisierten Staatsorganisation62 mit diesen ausdifferenzierten Strukturen, die zudem unterschiedlichen Rechtskreisen angehören und für verschiedenartige Zwecke errichtet werden, eine gemeinsame Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht nur ohne Qualitätseinbußen gelingen kann, sondern diese auch rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt, ist die Ausrichtung der organisatorischen Strukturen an den gemeinsamen Zielen und eine entsprechende Sicherstellung der Zielverwirklichung erforderlich.63 Aufgabe des Rechts ist es, für diese „verantwortungsteilende kooperative Verwaltungsverfahrensrechts und des Verwaltungsorganisationsrechts“ ausgesprochen, um „zu überprüfen, ob die vorhandenen Rechtsformen, Entscheidungs- und Verfahrenstypen sowie Organisationsformen für ein effektives Verwaltungshandeln ausreichen“. Vgl. auch Fn. 54. 58 Zwar hat der Befund, daß „allenfalls (der) Verwaltungspraktiker im Hinblick auf sein tägliches Arbeitsgebiet“ Interesse an organisatorischen Zusammenhängen habe (Eiselstein, JuS 1987, S. 30, ähnlich auch Schmidt-De Caluwe, JA 1993, S. 78 f.), im Grunde noch seine Berechtigung; vgl. nun aber Burgi, NWVBl. 2001, S. 1; Groß, DVBl. 2002, S. 793; mit Blick auf den Umweltbereich Köck, ZUR 1995, S. 2; Kloepfer, in: Kitagawa u. a. (Hrsg.), Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung, S. 165. 59 Vgl. schon Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 211 ff.; Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 271 ff. (Hierarchie oder Heterarchie). Beispiele für Netzwerke bei Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 392 ff.; siehe auch Klages, Der blockierte Mensch, S. 175 ff. 60 Dies betrifft vor allem Kooperationspartner, die sich durch Individualität (Einzelpersonen) oder durch in nur geringem Maße festgelegte Strukturen (Bürgerinitiativen, Vereine etc.) auszeichnen. 61 Zwar stehen dem deutschen Recht nur wenige gesellschaftsrechtliche Organisationsformen zur Verfügung (so Ehlers, Verwaltung, S. 6), diese sind aber – wie etwa das Aktienrecht – für ihre Zwecke in der Regel durchgehend normiert; vgl. etwa Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 225. 62 Vgl. hierzu nur Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 340 ff. m. w. N. Einen eindrucksvollen Überblick über die Organisation kommunaler Einrichtungen geben Wagner / Klieve, Kommunalpolitische Blätter 2 / 2001, S. 31 ff. 63 Zur „Re-Integration der spezialisierten und interdependenten Teile“ unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Leistung und gleichzeitiger Anerkennung einer staatlich gesetzten Kontextsteuerung schon Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 14.

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1. Teil: Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

Gemeinwohlverwirklichung“ einen strukturierenden organisations- und handlungsbezogenen Rahmen bereitzustellen. 64 Die Entscheidung für das Verwaltungsorganisationsrecht als Basis einer organisatorischen Systembildung ergibt sich aus vielerlei Gründen: a) Im Unterschied zu möglichen Organisationsstrukturen „zwischen den traditionellen Dichotomien“ des öffentlichen und des privaten Rechts65 sind die Bausteine im Verwaltungsorganisationsrecht weitgehend typisiert und verwaltungsrechtlich normiert – auch wenn das Verwaltungsorganisationsrecht selbst insgesamt immer noch von einer unzureichenden Systembildung gekennzeichnet ist.66 b) Da das Verfahren einer kooperativen Aufgabenerfüllung vorrangig von staatlicher Seite angestoßen wurde, handelt es sich um einen Abstufungsprozeß von der staatlichen Ebene in den gesellschaftlichen Bereich.67 Der Staat trägt somit die „Verantwortung für die Bereitstellung eines funktionsfähigen Rechtsrahmens“ im Hinblick auf eine kooperative Erfüllung öffentlicher Aufgaben – sei es durch Fortentwicklung des bestehenden oder durch Schaffung eines neuen Rechtsrahmens.68 Maßstab für die Aufgabenwahrnehmung ist von daher zunächst die Verwaltungsorganisation, die „am ehesten das Bild der Geschlossenheit des Staates vermittelt“; 69 gesellschaftsrechtliche Strukturen sollen – bis zu einem bestimmten Grad und im Rahmen der Verantwortungsstufung – ein funktionales Äquivalent zu den Strukturen der Verwaltungsorganisation bilden können. c) Wenn zudem eine Gewährleistungsverantwortung beim Staat verbleibt, müssen die organisatorischen Strukturen staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen eine gewisse Kompatibilität aufweisen. Bei einem Mangel an Vergleichbarkeit könnte die Gefahr entstehen, daß für eine Zielverwirklichung steuerungsrelevante R. Schmidt, VerwArch 2000, S. 153, plädiert dafür, „Organisationsstrukturen derart in die Rechtsordnung einzupassen, dass ein angemessenes Zusammenspiel der verschiedenen rechtserheblichen Steuerungsressourcen gesichert ist“. 64 Zum „Strukturierungsauftrag des Rechts“ Schuppert, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement, S. 198 f.; vgl. auch Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 279: Verwaltungskooperationsrecht als „Angebotsordnung“. 65 Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 319. 66 Vgl. u. a. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 205 f., 218 ff.; Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 343 mit Fn. 17 f. 67 Heintzen, VVDStRL 62, S. 258 f., sieht allerdings noch Klärungsbedarf bei der Frage, ob es sich um das „Eindringen Privater in den staatlichen Bereich“ als einen Entstaatlichungsrozeß oder um einen Verstaatlichungsprozeß als Ausgreifen des Staates in den Privatsektor handelt. 68 Vgl. Schuppert, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 39. 69 Trute, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 261 f.

C. Verwaltungsreform als Instrument zur Belebung des Organisationsrechts?

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Daten, vor allem, wann eine Auffangverantwortung des Staates greifen muß, nicht erkannt werden und damit nicht entsprechend gegengesteuert werden kann. Von daher soll auch für die Entwicklung eines besonders strukturierten Verwaltungsgesellschaftsrechts70 oder eines Privatorganisationsrechts71 bzw. eines Verwaltungskooperationsrechts72 – unabhängig von ihrer Zuordnung zum privaten oder zum öffentlichen Rechtskreis – das Verwaltungsorganisationsrecht als Referenzgebiet herangezogen werden. Das Ziel der nachfolgenden Überlegungen kann jedoch nicht darin liegen, ein für alle Akteure verbindliches und damit in sich geschlossenes organisationsrechtliches System für die Leistungserbringung zu bilden, da für die Entwicklung umfassender organisationsrechtlicher „Arrangements“ verfahrens-, dienst- und haushaltsrechtliche Rahmenbedingungen ebenfalls einbezogen werden müßten.73 Auch muß von einer ausgiebigen Darlegung sämtlicher für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben möglichen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen bzw. intermediären Organisationsformen Abstand genommen werden,74 da die Möglichkeiten einer arbeitsteiligen Aufgabendurchführung für eine Systembildung zu vielfältig und zu disparat sind.75 Im übrigen befindet sich der Prozeß der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft im Fluß, so daß 70 Zum Recht öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Verwaltungsgesellschaften Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 342 ff.; v. Danwitz, AöR 1995, S. 622 ff. Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 269, spricht von der „Lehre vom Verwaltungsgesellschaftsrecht“, dessen „nähere Ausgestaltung . . . bislang ein Desiderat“ geblieben sei. Zum ersten Ansatz eines Verwaltungsgesellschaftsrechts vgl. die Arbeit von Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht. 71 Insbesondere Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 325 ff.; zuletzt Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 157; Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 268 f. 72 Auf der Handlungsebene ist von Bauer, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 254 ff., 257, sowohl für das Verwaltungsgesellschafts- als auch für ein Privatorganisationsrecht die Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts eingefordert, vom Beirat Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern (als eigenständiges Gesetz) empfohlen (NVwZ 2002, S. 834) und von der Bundesregierung (modifiziert) aufgegriffen worden (Bundesministerium des Innern [Hrsg.], Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 15; hierzu auch Schmitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann [Hrsg.], Verwaltungsverfahren, S. 140 f.). Zu den beiden von Schuppert, Grundzüge, und Ziekow, Verankerung, vorgelegten Gutachten sowie zu den 25 Thesen von Hill (Verwaltung und Management 2001) vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 436 ff.; kritisch gegenüber dem Gutachten von Ziekow aufgrund zu hoher Detailsteuerung Pitschas, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 241. 73 So auch die Forderung von Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 211. Allein das Recht öffentlicher Unternehmen berührt zahlreiche Rechtsgebiete, hierzu Stober, NJW 2002, S. 2357. 74 Hier kann insbesondere auf die detailreiche Ausarbeitung von Müller, Rechtsformenwahl, verwiesen werden. 75 Auch existiert keine strenge Konnexität zwischen Aufgabentypus und konkreter Organisationsform im Sinne eines Ausschließlichkeitskriteriums, vgl. Schmidt-Aßmann, in: ders. / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 42 f.

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1. Teil: Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

es sich ohnehin nur um eine Momentaufnahme handeln könnte. Mit der vorliegenden Skizze soll nunmehr ein Raster entwickelt werden, das ausgehend vom Verwaltungsorganisationsrecht und auf diesem aufbauend den organisations- und handlungsrechtlichen Rahmen für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in Abhängigkeit zum Grad der Staatsferne – oder zum Grad der Nähe zu gesellschaftsrechtlichen Organisationen – in einer weiter auszubauenden Typologie darstellt.76

Organisationsrechtliches System für die Aufgabenwahrnehmung

Wahrnehmung durch öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung

Wahrnehmung durch privatrechtlich organisierte Verwaltung

Verwaltungsorganisationsrecht

Verwaltungsgesellschaftsrecht

Wahrnehmung durch Private/ in öffentlichprivater Kooperation

Privatorganisationsrecht

Um diese Typologie zu entwickeln und Formen der Aufgabenwahrnehmung organisationsrechtlichen Arrangements zuzuordnen, bedarf es geeigneter Kriterien. Als Grundgedanke und Muster bietet sich vor allem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als rechtsstaatlicher Handlungsmaßstab und allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts an.77 Aufgabe, Organisation und Steuerung müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, das sowohl die Eignung als auch die Erforderlichkeit der – organisatorischen – Maßnahmen angemessen berücksichtigt. Insbesondere „die Eigenart der durch das Verfahren zu bewältigenden Aufgaben“78 selbst bildet einen in mehrfacher Hinsicht geeigneten Ausgangspunkt einer 76 Unter diesen Vorbehalt stellt auch Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 322 ff., seine „vorläufige Typologie“, an die nachfolgend z.T. auch angeknüpft wird. 77 v. Münch, in: ders. / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Vorb. Art. 1 – 19 Rn. 55; ferner Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 72 f., 281 f.; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 312 ff.; sowie Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 31; siehe aber auch Leisner, Abwägungsstaat, S. 13 ff. (16 f.). 78 Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 286.

C. Verwaltungsreform als Instrument zur Belebung des Organisationsrechts?

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Typenbildung: Je wesentlicher die Bedeutung der Aufgaben für das Gemeinwohl z. B. bei der Verwirklichung der Grundrechte und der Organisation des Staates ist, desto stärker muß sie staatlichen Steuerungs- und Regulierungsmechanismen unterliegen und bedarf einer umso intensiveren Rückbindung an die demokratisch legitimierte Staatsorganisation.79 Ähnliches gilt mit Blick auf die Privatisierungsfähigkeit von Aufgaben: Je geringer die Erfahrung mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Private ist, umso höhere Qualitätsstandards sind an den privaten Partner und an die Aufgabendurchführung zu legen und desto intensiver sind staatliche Kontroll- und Steuerungsinstrumente auszugestalten. Besteht hingegen ein breites Feld an erfahrenen potentiellen privaten Interessenten, kann sich der Staat eher auf eine Beobachtungsfunktion und gegebenenfalls auf seine Auffangverantwortung zurückziehen. In institutioneller Hinsicht etwa bieten sich für eine Strukturierung der skizzierten Fortentwicklung des Verwaltungsorganisationsrechts zum einen der Rückgriff auf eine durch die Kriterien des Einflusses und der Haftung abgestufte Typologie, zum anderen ein Rekurs auf den organisatorischen Formalisierungsgrad an: Im Falle des Verwaltungsgesellschaftsrechts sind die gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Errichtung privatrechtlicher Organisationsformen oder die Beteiligung an Privatunternehmen zu beachten, zu denen insbesondere die Sicherung des staatlichen Einflusses sowie eine Beschränkung der Haftung zählt.80 Gleichzeitig ist aber auch die gesellschaftsrechtlich geregelte Kompetenzverteilung der Organe mit dem staatlicherseits vorgegebenen Grad der Einflußnahme, wie etwa Vorbehalte in Form von unmittelbaren Weisungsrechten in Einklang zu bringen. Für das Privatorganisationsrecht hingegen stellt aufgrund der Vielfalt möglicher Kooperationspartner und ihrer höchst disparaten Organisationsformen, die gesellschaftsrechtlich normierte Institute ebenso umfassen wie vertragliche Zusammenschlüsse oder Initiativen, der Grad der Organisiertheit ein wesentliches Kriterium dar, anhand dessen eine Strukturierung vorgenommen werden kann: Je geringer der organisationsrechtliche Formalisierungsgrad oder auch die Einbindung z. B. in Einrichtungen der Selbstverwaltung ist, desto intensiver ist die staatliche Kontrollverantwortung wahrzunehmen. Diese Orientierung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit seinen Ausprägungen des Untermaß- und Übermaßverbotes sollte unabhängig von der Art der Aufgabenwahrnehmung durchgängig verfolgt werden und sowohl für öffentlichrechtliche als auch für privatrechtliche Organisationsformen Geltung beanspruchen: So sind bereits innerhalb des Verwaltungsorganisationsrechts unterschiedliche Steuerungsniveaus beispielsweise bei fiskalischen Hilfsgeschäften und bei eingriffsintensiven Hoheitsaufgaben identifizierbar, die der Verhältnismäßigkeit und Wesentlichkeit folgen. Auch die Aufgabenübertragung auf mittelbare VerwaltungsNeben vielen Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 247. § 65 Abs. 1 Ziff. 2 f. BHO; vergleichbare Regelungen sehen neben den LHO auch die Gemeindeordnungen vor. 79 80

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1. Teil: Von der Binnenmodernisierung zur Staats- und Verwaltungsreform

träger folgt im wesentlichen diesem Schema: Handelt es sich um hoheitliche, d. h. grundrechtsrelevante Aufgaben, ist im Unterschied etwa zu körperschaftlichen Selbstverwaltungsaufgaben eine intensivere staatliche Steuerung und Rückbindung erforderlich, die über das Institut der Beleihung und der damit verbundenen Beaufsichtigung auch in fachlicher Hinsicht81 implementiert wird. Für die Auslagerung von Aufgaben auf privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten oder auf Organisationen des Privatrechts gilt dieser Grundsatz sogar in doppelter Hisicht: Zum einen gilt es, angesichts fortbestehender staatlicher Verantwortung mit Blick auf das Untermaßverbot die Steuerungs- und Kontrollstränge analog zur Bedeutung der Aufgaben und zur Staatsferne der Organisation entsprechend auszugestalten und umzusetzen. Zum anderen sind diese staatlichen Ingerenzrechte und -pflichten aber auch der Wahrung privatautonomer Handlungsfreiheit verpflichtet;82 mit Blick auf das Übermaßverbot müssen somit staatliche Eingriffe die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen und die Interessen privater Anteilseigner berücksichtigen. Verhältnismäßigkeit, Übermaß- und Untermaßverbot bilden somit den Rahmen für die Austarierung dieses Spannungsverhältnisses bei der Entscheidung für bestimmte organisationsrechtliche Arrangements. Wesentlich für eine Erweiterung organisationsrechtlicher Systembildung im arbeitsteiligen Staat83 ist zunächst folgende Standortbestimmung: Welches sind die Konzepte der Reform von Staat und Verwaltung, auf die diese Systembildung Anwendung finden soll? Wie verhalten sich Staat, Gesellschaft und Wirtschaft in der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zueinander und inwieweit bedingen diese neuen Kooperationen überhaupt neue organisationsrechtliche Regelungen?84 Insbesondere die Frage nach unterschiedlichen Steuerungs- und Handlungslogiken85 stellt sich in diesem Zusammenhang: Wie lassen sich durchaus nicht per se gemeinwohlbezogene gesellschaftliche Handlungsformen in das dem Gemeinwohl verpflichtete System der öffentlichen Verwaltung integrieren? Von daher wird auch auf die unterschiedlichen Rechtskreise, in denen sich die Akteure öffentlicher Aufgabenbewältigung bewegen, und auf die Gründe der Unterscheidung zwischen 81 Zur Fachaufsicht über Beliehene Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 7; T. Schmidt, ZG 2002, S. 363. 82 Unter Bezugnahme auf explizit dieses Spannungsfeld Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 312 ff. 83 Mit Blick auf den Verantwortungsbegriff im „arbeitsteiligen Zusammenwirken“ Röhl, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 33, 52 f.; Schuppert, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 117. 84 Angesichts der Veränderungen im Verwaltungsumfeld habe das Verwaltungsrecht, das nicht mehr als Kollisions- sondern als Distributionsrecht zu verstehen sei, allgemein „Rücksicht zu nehmen auf die Ausdifferenzierung der Gesellschaft“, so R. Schmidt, VerwArch 2000, S. 150 f. 85 Teubner, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1998, S. 10 f., faßt diese unter „politische versus ökonomische Rationalität“ sowie „hierarchische Organisation versus marktliche Koordinierung“ zusammen und charakterisiert die Rechtsordnungen als „Recht der politischen Prozesse“ bzw. als „Recht der ökonomischen Prozesse“.

C. Verwaltungsreform als Instrument zur Belebung des Organisationsrechts?

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öffentlichem und privatem Recht einzugehen sein sowie auf die Abgrenzungstheorien, um auf dieser Grundlage bestehende Differenzen, aber auch mögliche Gemeinsamkeiten und Verschränkungen der Teilrechtsordnungen aufzuspüren, die zu einer Neuabgrenzung führen können.86 Mit der Frage nach den Aufgaben eines Staates wird der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen eine arbeitsteilige Aufgabenwahrnehmung zwischen Staat und Gesellschaft überhaupt möglich und wünschenswert ist, bevor abschließend die organisationsrechtlichen Rahmenbedingungen skizziert werden, die für die unterschiedlichen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Akteure als Minimum anzunehmen sind.

86 Aus Schweizer Sicht Koller, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 162 f.

2. Teil

Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform – Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft Vergleichbar der Weiterentwicklung der Binnenmodernisierung zur holistischen Staats- und Verwaltungsreform1 bauen auch verschiedene Modelle und Initiativen einer Modernisierung von Staat und Verwaltung in gewissem Grade aufeinander auf, ohne jedoch zwangsläufig eine Stufenfolge zu intendieren, zumal die hier in Bezug genommenen Vorstellungen auch unterschiedliche Argumentations- und Handlungsebenen betreffen. Die auf der Ebene der Verwaltungspraxis beschrittenen Wege der Auslagerung und formellen Privatisierung zur Entlastung des Staates und zu seiner Modernisierung basieren als Umsetzungsinstrumente in der Regel nicht auf einer ausgereiften Strategie,2 sondern stellen einen Versuch dar, allenfalls punktuell die Rolle der Verwaltung im Spannungsfeld zwischen Staat und Markt neu zu definieren.3 Allerdings haben funktionale Privatisierungsansätze die Rahmenbedingungen verändert, da hier mit Verlagerung der Realisierungskompetenz in den privaten Sektor und der Beibehaltung der Verantwortungskompetenz im staatlichen Bereich Aufgabenwahrnehmung und Aufgabenverantwortung auseinanderfallen. Insbesondere diese Trennung sowie die Herausbildung eines neuen Kooperations- und Verantwortungsspektrums von Staat und Gesellschaft4 haben zu einer Vielzahl von wissenSo Ziekow, Verankerung, S. 1, zum Konzept des Aktivierenden Staates. Privatisierung allgemein und ihre Schattierungen als „Strategie“ der Verwaltungsrechtsform zu bezeichnen (Voßkuhle, VerwArch 2001, S. 208 f.), erscheint unzutreffend; eher wäre von Therapievorschlägen (Dose, in: Postinterventionistisches Recht, S. 88) zu sprechen. Daß es sich nicht immer um planvolle und koordinierte strategische Entscheidungen als Festlegung grundlegender Prinzipien und Strukturen der zukünftigen längerfristigen Aufgabenwahrnehmung (Eichhorn [Hrsg.], Verwaltungslexikon, S. 1019) handelt, zeigt sich auch bei Steuerungsproblemen ausgelagerter Einheiten und im Beteiligungsmanagement, vgl. u. a. v. Obstfelder, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 334 f.; Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 48 ff., dort (S. 48) auch mit Zahlen zum quantitativen Ausbau einer – kommunalen – Beteiligungssteuerung, wofür immerhin noch 44 % der Städte keinen Anlaß sehen. Ansatzpunkte für ein kommunales Beteiligungsmanagement bei Hille, Grundlagen, insbesondere S. 107 ff. 3 Vgl. Ziekow, in: König / Merten (Hrsg.), Verfahrensrecht, S. 85: „Privatisierung als sektorale Reaktion“. 4 Zur „Kooperation als Verwirklichungsmodus einer Verantwortungsteilung“ Ziekow, Verankerung, S. 4 f. m. w. N. 1 2

A. Privatisierung und neue Akteure

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schaftlichen Auseinandersetzungen mit dieser „ ,alternativen‘ Steuerungslogik“ als veränderter staatlicher Steuerung aufgrund des gesellschaftlichen Einflusses auf und der Beteiligung an Entscheidungen in Politik und Verwaltung5 geführt. Diese Gesamtstrategie, die den Blick auf die jeweiligen Beiträge verschiedener Akteure – Staat, Wirtschaft, Gesellschaft – lenkt, ist seitens der Rechts- und Verwaltungswissenschaft um eine neue Theorie der Verantwortungsteilung6 ergänzt worden. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit praxisbezogenen Instrumenten und Modellen der Verwaltungsmodernisierung bzw. der Staats- und Verwaltungsreform findet in der Regel mit gewissem zeitlichen Abstand schließlich auch Eingang in politische Programme. Als Spiegelbild des jeweiligen Staatsverständnisses reflektieren etwa Deregulierung, Privatisierung oder Verantwortungsteilung im Sinne von programmatisch-politischen Aussagen auf gesamtstaatlicher Ebene somit einerseits faktische Entwicklungen auf gesellschaftlicher oder gliedstaatlicher Ebene, andererseits nehmen sie Ergebnisse des wissenschaftlichen Diskurses auf.7

A. Privatisierung und neue Akteure Im Zuge der Anpassung von Verwaltungsstrukturen an veränderte Rahmenbedingungen bilden die Privatisierung von Aufgaben oder die Auslagerung von Betrieben aus der Kernverwaltung seit langem einen Schwerpunkt.8 Allerdings hat diese Entwicklung in den letzten Jahren aufgrund der finanziellen Lage der öffentlichen Haushalte deutlich an Dynamik gewonnen9 und bezieht sich inzwischen nicht mehr allein auf den Verkauf staatlicher Beteiligungen an Industrievermögen 5 Reichard / Röber, in: Schröter (Hrsg.), Empirische Policy- und Verwaltungsforschung, S. 381. 6 Gölz, Staat als Stifter, S. 237, spricht bereits von der „Verantwortungstheorie“. 7 So sieht etwa Wohlfahrt, NDV 2001, S. 83, den Aktivierenden Staat „als Fortsetzung und Korrektur der mit der Einführung neuer Steuerungsmodelle begonnenen Verwaltungsreform“. 8 Zur alten Frage nach Privatisierung Frey, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 92; Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 268; ein historischer Überblick sowie ein international-vergleichender Abriß bei Hardrath, SächsVBl. 2003, S. 53 ff.; vgl. aus österreichischer Perspektive Obermann / Obermair / Weigel, JRP 2002, S. 164 ff. Hinzu kommen neuerdings intensivierte Bestrebungen einer länderübergreifenden Behördenfusion, um finanzielle, personelle, organisatorische und fachliche Synergieeffekte zu nutzen, vgl. Demuth, LKV 2003, S. 399 ff. 9 Vgl. etwa Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 46 f. Auch strahlten erforderliche Neustrukturierungen ostdeutscher Verwaltungen sowie die Errichtung der Treuhandanstalt mit der Privatisierung staatlicher Unternehmen (hierzu J. Becker, Verwaltungsprivatrecht; Horn, DB 1995, S. 309 ff., 359 ff.; Füchtner, Modernisierung, S. 307 f.) als „Modell“ auf westdeutsche Verwaltungen aus. Einflüsse auf die Privatisierungsdiskussion zusammenfassend bei Budäus, in: Öffentliche Unternehmen, S. 19 ff.; Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 268.

3 John-Koch

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

oder auf Privatisierungen im Bereich der Bereitstellung von Infrastruktur, sondern umfaßt selbst Aufgaben, die etwa im Rahmen des staatlichen Sicherheitsauftrags bislang als nicht-privatisierungsfähig galten.10 Insgesamt ist dieser intensive „Entstaatlichungsprozeß“ durch einen Privatisierungsschub nicht nur in lediglich formeller, sondern auch in funktionaler Hinsicht gekennzeichnet und klammert selbst materielle Privatisierungen nicht mehr aus.11 Innerhalb dieser in den letzten Jahren breit geführten Diskussion um die Privatisierung von Staatsaufgaben12 sind nicht nur ökonomisch relevante Fragen wie die Wahl der Organisationsform auf der Basis von rational-choice-Ansätzen oder Transaktionskosten-Analysen13 intensiv behandelt worden, sondern vor allem auch juristische Probleme: rechtliche Zulässigkeit der Privatisierung,14 Privatisierung und Gemeinwohlauftrag,15 Privatisierungsfolgenrecht.16 Grundsätzlich lassen sich in der inhaltlichen Dimension formelle Privatisierung einerseits und materielle Privatisierung andererseits relativ eindeutig gegeneinander abgrenzen:17 Die – vollständige – materielle Privatisierung bedeutet staatlichen 10 Zur Privatisierungsbilanz in den 80er und 90er Jahren Füchtner, Modernisierung, S. 305 ff., 309 ff.; vgl. auch Wilting, DÖV 2002, S. 1013 f. Zur Privatisierung bzw. Partnerschaften zwischen Staat und Gesellschaft im Bereich der Sicherheit u. a. Augustin, in: Callies / Mahlmann (Hrsg.), Staat der Zukunft, S. 115 ff., sowie unten, Fn. 351. 11 Während in der Regel vor allem zwischen materieller, funktionaler und formeller Privatisierung unterschieden wird, unternimmt Kämmerer, JZ 1996, S. 1044 ff., den Versuch, nach Privatisierungssubjekt („Wem wird Rechtsmacht eingeräumt“) und Privatisierungsobjekt („In bezug worauf wird Rechtsmacht eingeräumt“) zu trennen, um das Privatisierungsspektrum insgesamt zu beleuchten. 12 So der Titel des von Christoph Gusy herausgegebenen Sammelbandes, Baden-Baden 1998; zur Reaktion der Staatsrechtler auf den neuerlichen Privatisierungsschub Püttner, DÖV 2002, S. 731. 13 Umfassend Albertshauser, Verselbständigung, S. 51 ff.; Proeller, Auslagerung, S. 67 ff.; Füchtner, Modernisierung, S. 72 ff. Vgl. des weiteren Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 94 ff.; ders., in: Grimm (Hrsg.), Staatsaufgaben, S. 667 ff.; Mühlenkamp, ZögU 2001, S. 159 ff.; Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 305 f. mit Fn. 163; für Gemeinschaftsunternehmen Bös / Schneider, ZGR 1996, S. 528 ff.; aus der Praxis Janning, in: Walcha / Hermann (Hrsg.), Partnerschaftliche Stadtentwicklung, S. 54. Zum NPM „im Lichte einiger Theorien“ (Neue Politische Ökonomie, System-, Bürokratietheorie, Institutionenökonomik) Reinermann, Politik und Verwaltungsmanagement, S. 37 ff. 14 Vgl. etwa v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, 1995; Krölls, GewArch 1995, S. 129 ff.; Köng / Benz, in: dies. (Hrsg.), Privatisierung, S. 53 ff.; Di Fabio, JZ 1999, S. 585 ff.; Gramm, Privatisierung, S. 340 ff.; Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 799 ff. 15 Hierzu Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 333 ff.; Trute, DVBl. 1996, S. 950 ff. 16 1. Teil, Kap. B, Fn. 49; typische Fragen im Zuge der Anbahnung und Durchführung von Privatisierungen bei Busch, AKP 2 / 2003, S. 65. Zu Kriterien einer „Evaluierung von Ausgliederungen“ vgl. auch Obermann / Obermair / Weigel, JRP 2002, S. 162 ff. 17 Jedoch bestehen weiterhin unterschiedliche Ansichten hinsichtlich Umfang und Intensität materieller Privatisierung: So verbleibt nach v. Hagemeister, Privatisierung, S. 51 ff., bei organisatorischer Privatisierung, die inhaltlich nicht mit der Organisationsprivatisierung gleichzusetzen ist, sondern eine der Durchführungsformen materieller Privatisierung dar-

A. Privatisierung und neue Akteure

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Verzicht sowohl auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben als auch auf die Verantwortung für die Aufgabenwahrnehmung. Nicht nur die (technische) Durchführung öffentlicher Aufgaben, auch die vormals staatliche Einstandspflicht für die Erfüllung der Aufgabe überhaupt wird auf den privaten Sektor übertragen: Materielle oder auch Aufgabenprivatisierung impliziert eine Neuabgrenzung „zwischen staatlicher und privater Verantwortung, zugunsten des Privatsektors“.18 Ausschließlich diese Form der Privatisierung führt zu einer tatsächlichen Reduzierung des staatlicherseits wahrgenommenen Aufgabenbestands und damit zu einer echten Staatsentlastung.19 Während die materielle Privatisierung in dieser reinen Form einer Aufgaben-und Verantwortungsverlagerung allerdings „in der Praxis eine eher geringe Rolle (spielt)“,20 kommt der unechten Aufgabenprivatisierung, bei der eine bisher staatlicherseits wahrgenommene Aufgabe zwar materiell privatisiert, jedoch „durch öffentlich-rechtliche Regulierungsbefugnisse überlagert“ und um eine staatliche Garantenstellung ergänzt wird, eine größere Bedeutung zu.21 Demgegenüber stellt eine formelle Privatisierung22 keine Aufgabenverlagerung in den privaten Sektor dar, sondern eine Aufgabenwahrnehmung in einer privat-

stellt, „die Verantwortung bei dem öffentlichen Träger“ (S. 52); ebenso Völmicke, Privatisierung, S. 49 ff. Auch Osterloh, VVDStRL 54, S. 210, versteht die materielle Privatisierung zunächst lediglich als „Übertragung von Verfügungsgewalt über Vermögensgegenstände oder über Produkt- und Leistungserstellung und -angebot auf ,echte’ Private“, ohne die Frage nach der Aufgabenverantwortung zu stellen, so daß hierunter zunächst auch funktionale Privatisierung fallen könnte, um später (S. 223) zwischen funktionaler und materieller Privatisierung als klassischem Fall der Aufgabenprivatisierung mit Übertragung auch der Trägerschaft zu differenzieren. 18 Helm, Rechtspflicht, S. 29 f. Da es sich bei der materiellen Privatisierung vor allem um eine politische Entscheidung handelt (so im übrigen auch Schoch, in: Ipsen [Hrsg.], Privatisierung, S. 86), bezeichnet Chmel, Verwaltungsmanagement, S. 44, dies auch als politische Privatisierung. 19 Für viele: Zeiss, Privatfinanzierung, S. 19; kritisch Busch, AKP 2 / 2003, S. 64. Beispiele materieller Privatisierung auf Bundesebene, die sich v.a. auf Service- und Annexaufgaben beziehen, bei König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 265 ff. 20 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 371; nach Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 43, wird bei „Ausgliederung und Privatisierung kommunaler Aufgaben ein Weg gewählt . . . , der eine vollständige Übertragung . . . auf Private (materielle Privatisierung) weitgehend verhindert“. Zum Begriff der „Aufgabenverlagerung“ gegenüber der „arbeitsteiligen Aufgabenerledigung“ vgl. Gramm, Privatisierung, S. 107 f. 21 Vgl. zu „dieser Variante der materiellen Privatisierung“ Krölls, GewArch 1995, S. 131, mit Blick auf die Privatisierung der Bahn nach Art. 87e GG. Ebenfalls um eine (unechte) materielle Privatisierung ehemaliger kommunaler Pflichtaufgaben handelt es sich bei der Übertragung der Aufgabe Recycling gebrauchter Verkaufsverpackungen auf das Duale System nach § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KrW- / AbfG in Verbindung mit § 6 Abs. 3 VerpackV, vgl. hierzu etwa Weidemann, VerwArch 1999, S. 540; Schmidt-Preuß, DVBl. 2001, S. 1096, 1098. 22 Die von Völmicke, Privatisierung, S. 46 ff., und v. Hagemeister, Privatisierung, S. 44 ff., wenig überzeugende Differenzierung der formalen bzw. formellen Privatisierung in eine „formal-rechtliche“ und eine „finanzwirtschaftliche Privatisierung“, soll hier nicht näher verfolgt werden; vgl. zur Organisationsprivatisierung einerseits und zur Finanzierungsprivatisierung 3*

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rechtlichen Organisationsform als „Optimierung staatlicher Leistungstiefe“.23 Sowohl die Aufgabendurchführung als auch die Verantwortung für die Aufgabe verbleiben im staatlichen Sektor; es handelt sich lediglich um eine besondere Form der Dezentralisierung24 als Veränderung der organisatorischen Rahmenbedingungen staatlicher Aufgabenerfüllung, verbunden mit einer Modifizierung des Rechtsregimes.25 Diesen „Wechsel des Rechtsgewandes“ als Privatisierung zu bezeichnen, wird daher auch häufig kritisch gesehen, wenn nicht sogar abgelehnt.26 Doch auch wenn mit der formellen Privatisierung letztlich keine Entlastung des Staates im Sinne eines Aufgabenverzichts oder Aufgabentransfers verbunden ist, kommt ihr zumindest in quantitativer Hinsicht eine große Bedeutung zu.27 Begründet werden Privatisierungsvorgänge vor allem28 mit dem Argument der Staatsentlastung in materieller und damit auch finanzieller Hinsicht:29 Der Staat könne sich der Aufgaben, die nicht zwingend durch ihn selbst wahrgenommen werden müssen, durch Übertragung an Institutionen der Wirtschaft und Gesellschaft entledigen und damit Kosten und Verantwortung verlagern, eine effektivere Aufgabenwahrnehmung sicherstellen und den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft sowie dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung tragen.30 Indem der Staat, der andererseits etwa Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 370 f.; Krölls, GewArch 1995, S. 130 f., 132. 23 Gusy, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 339 (Hervorhebung d. Verf.); vgl. hierzu auch Schoch, DVBl. 1994, S. 973; Helm, Rechtspflicht, S. 31 f. 24 So Budäus, in: Öffentliche Unternehmen, S. 19, 21. 25 Vgl. etwa Krölls, GewArch 1995, S. 130 f.; Peine, DÖV 1997, S. 354. Di Fabio, JZ 1999, S. 588, spricht von verwaltungsprivatrechtlichen Tatbeständen: Nicht nur die Aufgabe bleibe eine öffentliche, auch gelte weiterhin öffentliches Sonderrecht, „das die Privatrechtsformen überlagert“. 26 U.a. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 370 („organizational design“); Müller, Rechtsformenwahl, S. 114. Nach Gramm, Privatisierung, S. 110 mit Fn. 89 ff., stellt die formelle Privatisierung „gerade keinen Unterfall von Privatisierung dar“. 27 Vgl. insbesondere für die kommunale Ebene die Begründung bei Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 9 f.; zur unveränderten Höhe der Staatsquote bei formeller Privatisierung Zeiss, Privatfinanzierung, S. 19 mit Fn. 78. 28 Darüber hinaus spielen „atmosphärische und psychologische Gründe“ eine Rolle, so Wahl, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater, S. 28, im Anschluß an Püttner: „Die Privatrechtsform suggeriere größere Unabhängigkeit von der öffentlichen Hand, sie suggeriere Erfolg“. Ähnlich „Vorteilhaftes“ solle auch „der Begriff der PPPs . . . suggerieren“, so Dreher, NZBau 2002, S. 246. 29 Stober, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung im Strafvollzug, S. 1 f., unterscheidet generell zwischen Entlastungs-, Ergänzungs-, Ersetzungs-, Fiskal- und Effizienzmotiven. Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit von Theatern konnte Mühlenkamp, ZögU 2001, S. 169, hingegen keinen Unterschied zwischen privaten und öffentlich-rechtlich geführten Einrichtungen feststellen. 30 Zu diesen hier nur skizzierten Beweggründen und Zielen der Privatisierung vgl. ausführlich und systematisierend v. Hagemeister, Privatisierung, S. 72 ff., sowie Müller, Rechtsformenwahl, S. 114 ff.; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 92 ff., dort (S. 87 ff.) auch zu Subsidiarität und Privatisierung. Vgl. des weiteren Arndt, Privatfinanzierung, S. 16 ff.;

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jahrzehntelang „Kompetenzen an sich gezogen, Institutionen geschaffen und Regelungen erlassen“ habe, Aufgaben wieder abbaue und dereguliere und nicht zuletzt aufgrund des Zusammenhangs von Organisation und Aufgabe31 mit der Auslagerung auch institutionell-organisatorische Reformen verbinden könne, werde Privatisierung zwangsläufig zu einem schlanken Staat „mit gestraffter Verwaltungsorganisation und entschlacktem Aufgabenbestand“ führen.32 Begleitet und untermauert werden diese Argumente durch gesellschaftspolitische Veränderungen:33 Mit dem in den vergangenen Jahrzehnten beobachteten Wandel gesellschaftlicher Wertvorstellungen, der mit dem Schlagwort „Von Unterordnungs- und Fügsamkeitswerten zu Selbstentfaltungswerten“34 beschrieben wird, haben sich die Rollen von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft verändert: Die zunehmend mehr durch die Attribute Eigenverantwortung und Selbstverwirklichung geprägte Bürgergesellschaft wird die Wahrnehmung ihrer Belange nicht ausschließlich staatlichen Institutionen überlassen, sondern ein eigenes Interesse haben, diese nicht nur selbständig zu artikulieren, sondern auch eigenverantwortlich und nach ihren Vorstellungen umzusetzen.35 Im Zuge dieser gesellschaftlichen Veränderungen läßt sich somit die Rolle der Bürgerschaft als „Organisationsbaustein, Berater und Leistungsverstärker der Verwaltung“36 neu definieren und für die Übertragung von Aufgaben – insbesondere des kommunalen Bereichs – auch im Rahmen von (funktionalen) Privatisierungen nutzbar machen.37

Krölls, GewArch 1995, S. 133 ff.; Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 802 ff.; Busch, AKP 2 / 2003, S. 62; aus Sicht der Systemtheorie Teubner, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1998, S. 17, der aber mit der Umwandlung des politisch-administrativen in ein ökonomisches Regime neue mismatches diagnostiziert, da „Kontakte zum Rest der Gesellschaft“ nun „durch den Markt kanalisiert werden“. Empirische Privatisierungsbeispiele auf kommunaler Ebene differenziert nach Politikfeldern bei Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 18. 31 Zum Einfluß der Verwaltungsorganisation auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben vgl. neben Schuppert, VerwArch 1980, S. 341 ff., auch Gaentzsch, Aufgaben, S. 112 f.; Koller, FS Eichenberger, S. 513. 32 Zu diesem in „gesamt- wie gliedstaatlicher Ebene“ beherrschenden Bild Kämmerer, JZ 1996, S. 1042; vgl. auch Bös / Schneider, ZGR 1996, S. 541: Auslöser für Privatisierungen seien in der Regel Krisen. Nach Gramm, Privatisierung, S. 18, orientiert sich die Privatisierung am Leitbild des konzentrierten Staates. 33 Nach Arndt, Privatfinanzierung, S. 20, mögen diese Motive „unter moralischen Gesichtspunkten höherwertig erscheinen, sie werden häufig jedoch nur zur argumentativen Unterstützung dessen herangezogen, was aus haushaltspolitischen Gründen erforderlich ist“. 34 Umfassend Klages, Der blockierte Mensch, S. 29 ff. 35 Nach Pitschas, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 230, reklamiere die Bürgergesellschaft geradezu die Verantwortungsübernahme für die Wahrnehmung sie betreffender Belange. Zur Rollenveränderung von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft auch Hill, in: Glück / Magel (Hrsg.), Neue Wege in der Kommunalpolitik, S. 17 ff. (19); ders., in: Hoffmann (Hrsg.), Jugend, Staat und Pflichten, S. 140 ff. Vgl. auch Arndt, Privatfinanzierung, S. 18. 36 Hill, in: Kubicek (Hrsg.), Multimedia@Verwaltung, S. 235 f.

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Über die Quantität der zu privatisierenden bislang staatlichen Agenden herrscht allerdings nach wie vor keine Einigkeit:38 Während eine materielle Privatisierung von Wirtschaftsunternehmen der öffentlichen Hand etwa durch Verkauf von Staatsanteilen unstreitig ist,39 gehen die Meinungen gerade für Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit in letzter Zeit weit auseinander.40 Diese unterschiedlichen Einschätzungen zu Möglichkeiten und Grenzen der Privatisierung stehen in engem Zusammenhang mit der Diskussion um die inhaltliche Dimension der Staatsaufgaben einerseits und der öffentlichen Aufgaben andererseits.41 Nach Maßgabe variantenreicher Staatsvorstellungen, verbunden mit mangelnder Trennschärfe zwischen unveräußerlichen Staatsaufgaben und staatlichen Zusatzangelegenheiten, wird die Diskussion um privatisierungsfähige Agenden letztlich nicht gelöst werden können, es sei denn, es wäre möglich, das bislang gescheiterte Projekt einer entsprechend konkretisierten Staatsaufgabenlehre42 zu realisieren. I. Formelle und materielle Privatisierung – Beispiele auf Bundesebene Bei der Diskussion um die Privatisierung vormals staatlicher Aufgaben und bei der Auswahl von Alternativen handelt es sich jedoch nicht ausschließlich nur um 37 Vielfältige Beispiele u. a. bei Hill, in: Glück / Magel (Hrsg.), Neue Wege in der Kommunalpolitik, S. 14 f., ders., BayVBl. 2002, S. 322 ff.; vgl. auch Klages, Der blockierte Mensch, S. 86 ff. 38 Die Staatsregierung Sachsens hat in ihrem Privatisierungskonzept das Privatisierungspotential auf staatlicher und kommunaler Ebene anhand einzelner Politikfelder aufgelistet, hierzu Arens, in: Öffentliche Unternehmen, S. 37 f., 40 f., sowie Hardraht, SächsVBl. 2003, S. 54. 39 Vgl. für den Bund u. a. König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 263 f.; Storr, Gedächtnisschrift Müller, S. 238; zu Beteiligungen und Ausgliederungen auf kommunaler Ebene Bals, Vorschläge, S. 8. Allerdings läßt sich die „Privatisierung erwerbswirtschaftlicher Staatsbetätigung“ in die eigentliche Diskussion um Privatisierung öffentlicher Aufgaben nicht einfügen, da es sich hierbei nicht um die „Entlassung einer bislang vom Staat wahrgenommenen öffentlichen Aufgabe“ handelt, sondern um den Verzicht des Staates auf die fakultative und „nicht zum Kreis der materiellen Staatsaufgaben“ zählende erwerbswirtschaftliche Betätigung, so Krölls, GewArch 1995, S. 133, sowie Ronellenfitsch, DÖV 1999, S. 708: „Eine ,echte‘ Privatisierung setzt das Vorliegen staatlicher Aufgaben voraus“ (Hervorhebung d. Verf.). 40 Vgl. den Überblick bei Weiß, Privatisierung, S. 342 f; Hammer, DÖV 2000, S. 614 ff., 619 ff., sowie 4. Teil, Kap. D, Fn. 89 ff. Zur Privatisierung bei der nicht nur die nationale Landesverteidigung sichernden, sondern auch in das System gegenseitiger kollektiver Sicherheit eingebundenen Bundeswehr Lorse, RiA 2002, S. 16 ff. 41 Hierzu 4. Teil, Kap. A; vgl. auch Gramm, Privatisierung, S. 20 ff.; zu den Staatsaufgaben als „Kern- und Basisbegriff der allgemeinen Privatisierung“ Zeiss, Privatfinanzierung, S. 7 f. 42 U.a. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 41; letztlich auch Bull, Staatsaufgaben, S. 369; vgl. aber neuerdings Weiß, Privatisierung, S. 97 ff. Siehe überdies die Hinweise bei Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 273 f. mit Fn. 21, und bei Ziekow, in: Pitschas / Kisa (Hrsg.), Internationalisierung, S. 225 mit Fn. 189.

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nationale Entscheidungen. Neben dem internationalen Wettbewerb um die Sicherung nationaler Wirtschaftsstandorte43 hat vor allem ein seitens der Europäischen Gemeinschaft ausgehender hoher Privatisierungsdruck – z.T. sogar als Privatisierungspflicht ausgestaltet – dieser Entwicklung nachhaltigen Impuls verliehen und für traditionell staatlicherseits wahrgenommene Aufgaben den Markt geöffnet.44 In der Bundesrepublik sind in diesem Zusammenhang die spektakulären Privatisierungsprozesse von Bahn und Post sowie im Bereich der Telekommunikation,45 die Liberalisierung des Strommarktes46 und zuletzt die Diskussion um eine Privatisierung der Sparkassen47 zu nennen. Doch auch jenseits zwingenden europäischen Drucks wurden weite Bereiche der Leistungsverwaltung privatisiert.48 Besonders prägnant lassen sich Quantität und vor allem Qualität des Privatisierungsprozesses auf Bundesebene an dem Wandel der Artikel 87 ff. GG nachzeichnen:49 a) Mit der Ergänzung von Art. 87d Abs. 1 GG um Satz 2 wurde zunächst nur die Möglichkeit einer formellen Privatisierung der Luftverkehrsverwaltung in Betracht gezogen.50 Danach kann das Parlament durch einfaches Gesetz über die Organisa43 Vgl. etwa Hill, in: Bußjäger (Hrsg.), Moderner Staat, S. 1 ff.; R. Schmidt, Verwaltung 1995, S. 279 f.; Pielow, FS K. Ipsen, S. 726 f. Kritisch gegenüber der Gefahr einer Instrumentalisierung der Verwaltung als „verlängerter Arm der Wirtschaft“ Rehbinder, FS Brohm, S. 739 f. 44 Neben vielen Bauer, VVDStRL 54, S. 259 ff. (261); R. Schmidt, FS Vogel, S. 30 ff., sowie zur „Privatisierungsbegeisterung“ Gramm, Privatisierung, S. 17 ff. Zum Gemeinschaftsrecht, das „indirekt Schützenhilfe“ für die Privatisierung liefert, Cox, FS Eichhorn, S. 272; Cassese, in: Nettesheim / Schiera (Hrsg.), Der integrierte Staat, S. 34; Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 286 ff.; Bös / Schneider ZGR 1996, S. 542; vgl. auch R. Schmidt, Verwaltung 1995, S. 282 f., 291 ff.; Püttner, DÖV 2002, S. 731 ff. 45 Vgl. hierzu u. a. Menges, Rechtsgrundlagen; König / Benz (Hrsg.), Privatisierung; Möstl, Grundrechtsbindung; speziell zur Privatisierung der Post und dem damit verbundenen „tiefgreifenden Wandel der Verwaltungsaufgaben“ Wieland, Verwaltung 1995, S. 315 ff. (334); Angelika Benz, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 134 ff. (137 ff.). Post und Telekommunikation einerseits und Bahn andererseits gegenüberstellend Gramm, Privatisierung, S. 137 ff., 140 ff. 46 U.a. Meyer-Renschhausen / Sieling, ZögU 1999, S. 115 ff. 47 Vgl. neben vielen Kronberger Kreis, Privatisierung von Landesbanken und Sparkassen; Brümmerhoff / Lehmann, ZögU 2000, S. 131 ff.; Henneke, NdsVBl. 2000, S. 129 ff., insbesondere S. 137 ff. 48 R. Schmidt, FS Vogel, S. 31. Zur Privatisierungspraxis vgl. schon Angelika Benz, Verwaltung 1995, S. 343 f. Zum Verfahren vgl.: Privatisierungsverfahren des Bundes, dargestellt am Beispiel der Teilprivatisierung der JURIS GmbH, in: Bundesministerium der Finanzen, Monatsbericht 10.2001, S. 75 ff. 49 Zur Richtung der Privatisierung Lorse, RiA 2002, S. 17; hierzu auch Tettinger, NVWBl. 2000, S. 283. Kirchhof, FS Ulmer, S. 1216, spricht insoweit von einem grundlegenden Strukturwandel, da aus der freiheitsverpflichtenden Verwaltung ein freiheitsberechtigtes Unternehmen entstehe. 50 Art. 87d S. 2 GG: „Über die öffentlich-rechtliche oder privat-rechtliche Organisationsform wird durch Bundesgesetz entschieden“; hierzu Pabst / Schwartmann, DÖV 1998,

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tion der in bundeseigener Verwaltung zu führenden Luftverkehrsverwaltung in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form entscheiden, um mögliche Effizienzsteigerungen sowie die größere dienst- und haushaltsrechtliche Flexibilität privatrechtlicher Organisationen zu nutzen.51 Allerdings wird die Wahlfreiheit eingegrenzt: Indem mit dem Begriff der bundeseigenen Verwaltung eine kompetenzielle Zuordnung, nicht aber eine Beschränkung der organisationsrechtlichen Wahlmöglichkeit intendiert ist,52 kommt für eine Überführung der Luftverkehrsverwaltung in Privatrechtsform nur die Errichtung eines staatlich beherrschten privatrechtlichen Unternehmens als Teil der Bundesverwaltung durch formelle Privatisierung in Betracht53 – im Bereich der Flugsicherung zwischenzeitlich realisiert durch die Errichtung der Deutschen Flugsicherung GmbH54 –, nicht jedoch eine staatliche Minderheitsbeteiligung an privatrechtlichen Organisationen oder gar eine echte Aufgabenprivatisierung.55 Trotz dieser Auslagerung bleibt aufgrund alleiniger staatlicher Eigentümerstellung die Verantwortung nicht nur für die Aufgabe als solche, sondern auch für ihre Durchführung beim Staat; der „Musterfall S. 315 ff., insbesondere S. 317; Gramm, Privatisierung, S. 111 ff. Die Privatisierung kann sich auf einzelne oder alle Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung beziehen, vgl. Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87d Rn. 32. 51 Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87d Rn. 5; Gramm, Privatisierung, S. 112; zu der im Anschluß erfolgten (formellen) Privatisierung der Flugsicherung auch Weiner, Privatisierung, S. 201 f. 52 Zur Frage, ob der Begriff der bundeseigenen Verwaltung in Art. 87d Abs. 1 kompetenziell oder organisationsrechtlich auszulegen ist, vgl. Lerche, FS Klein, S. 530 ff.: Gewollt habe der Gesetzgeber lediglich die Zuordnung zur Bundes- in Abgrenzung zur Landesverwaltung, nicht aber die Festschreibung als bundesunmittelbare Verwaltung (S. 537), sowie Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87d Rn. 8. Zum Verhältnis von Art. 86 GG und privatrechtlichen Organisationen in Staatseigentum auch Kämmerer, Privatisierung, S. 211; allgemein zur Bundeseigenverwaltung Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 106. 53 Eine „ausreichende Anbindung an den Bund“ und die Verfolgung ausschließlich öffentlicher Zwecke und damit das Merkmal der Bundes(privatrechts)verwaltung wären aber auch bei einer Bagatellbeteiligung Privater gegeben, so daß ein Unternehmen in vollständigem Bundeseigentum (so Hermes, in: Dreier [Hrsg.], Grundgesetz-Kommentar, Art. 87d Rn. 23) nach dem Grundgesetz nicht zwingend erforderlich wäre; in diesem Sinn auch Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87d Rn. 12; vgl. auch Blümel, HbStR IV, § 101 Rn. 89: Er sieht maßgeblichen Einfluß durch entsprechende Vertragsgestaltung gewahrt. 54 Aufgaben der Flugsicherung wurden nach § 31b LuftVG i.V.m. § 1 FSAuftragsV der Deutschen Flugsicherung GmbH als Eigengesellschaft des Bundes übertragen, hierzu Gramm, Privatisierung, S. 112; Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87d Rn. 19 mit Fn. 51, sowie Baumann, DÖV 2003, S. 791 f., 794. 55 Vgl. Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87d Rn. 22 f.; Scholz, FS Friauf, S. 447. Möglich wäre indes eine Beleihung Privater oder von Privatrechtsorganisationen, an denen der Bund nicht beteiligt ist, und damit ihre Anbindung für den spezifischen Aufgabenbestand an die bundeseigene Verwaltung. Vgl. zur Beleihung nach Art. 87d allgemein Kämmerer, Privatisierung, S. 284; speziell zu Sicherheitsdiensten als Beliehenen Gramm, Privatisierung, S. 422 ff., der die Rechtsgrundlage als nicht ausreichend kritisiert.

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einer Organisationsprivatisierung“56 garantiert, daß das Aufgabenfeld Luftverkehrsverwaltung „als öffentlich-rechtlicher Verwaltungsgegenstand insgesamt intakt bleiben (kann)“.57 b) Hingegen sehen die Regelungen über die Eisenbahnen des Bundes nach Art. 87e GG eine deutliche Abstufung staatlicher Verantwortung vor: Die Eisenbahnverkehrsverwaltung als solche wird als bundeseigene Verwaltung geführt und bleibt grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Bundes. Obgleich Art. 87e Abs. 1 S. 1 gleichlautend mit Art. 87d Abs. 1 S. 1 gefaßt wurde und der Begriff der bundeseigenen Verwaltung auch hier nicht als Entscheidung über eine Organisationsform, sondern als Kompetenznorm interpretiert wird,58 gilt eine Organisationsprivatisierung der Eisenbahnverkehrsverwaltung als ausgeschlossen.59 Implizit wird dies mit der fehlenden Option des Gesetzgebers begründet, analog Art. 87d Abs. 1 allgemein über die Rechtsform entscheiden zu können.60 Die Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung, insbesondere Aufsicht und Genehmigungen sowie Planfeststellungsverfahren obliegen somit dem neu errichteten Eisenbahnbundesamt als Bundesoberbehörde.61 Dieser im Vergleich zu Art. 87d Abs. 1 GG weitgehend ausgeschlossenen Privatisierung steht jedoch die zwingend vorgeschriebene formelle Privatisierung der Eisenbahnen des Bundes und ihre Führung als Wirtschaftsunternehmen gegenüber; eine Wahlmöglichkeit des Gesetzgebers mit Blick auf diesen „Verfassungsauftrag in Form eines Staatszieles“ besteht nicht.62 56 So Gramm, Privatisierung, S. 112, zur Ausgliederung der Flugsicherung. Baumann, DÖV 2003, S. 790, hingegen konstatiert einen Einstellungswandel bezüglich der Privatisierung der Luftverkehrsverwaltung vom „eilig forcierten Allheilmittel zu einem mit Argwohn betrachteten Risikofaktor“. Nach Winkler, NWVBl. 2000, S. 288, kann Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG auch als „verfassungsrechtliche Ausnahmeregel“ und als Verbot der Organisations- oder einer weitergehenden Privatisierung der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gedeutet werden. 57 Kämmerer, Privatisierung, S. 284; vgl. auch Storr, Staat als Unternehmer, S. 140 f. 58 U.a. Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87e Rn. 10 f.; Menges, Rechtsgrundlagen, S. 48 ff. 59 Vgl. etwa Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87e Rn. 5; Storr, Staat als Unternehmer, S. 146: „Privatisierungsverbot“. 60 Gramm, Privatisierung, S. 136 mit Fn. 199. Allerdings ist die Argumentation von Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87d Rn. 12, Art. 87e Rn. 5, nicht schlüssig, wenn eine Übertragung von „Hoheitsaufgaben der Luftverkehrsverwaltung auf eine juristische Person des Privatrechts“ im Wege der Beleihung als „Ausnahme vom Beamtenvorbehalt“ möglich sein soll, wohingegen die Eisenbahnverkehrsverwaltung als Hoheitsverwaltung „nach Art. 33 IV in der Regel Beamten vorbehalten ist, was eine öffentlichrechtliche Organisationsform voraussetzt“. 61 Zu den Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung vgl. Studenroth, in: Blümel / Kühlwetter (Hrsg.), Aktuelle Probleme, S. 330 ff. m. w. N.; Menges, Rechtsgrundlagen, S. 80 ff.; Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87e Rn. 13. 62 Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87e Rn. 31; Menges, Rechtsgrundlagen, S. 56; Storr, Staat als Unternehmer, S. 146; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87e Rn. 13. Vgl. auch Studenroth, in: Blümel / Kühlwetter

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Eine – wenn auch weniger entschiedene63 – Option für eine materielle Privatisierung hingegen eröffnet Art. 87e Abs. 3 S. 3, indem die Eisenbahnen des Bundes bezüglich der Verkehrsleistungen einer Aufgabenprivatisierung offenstehen. Die Privatisierung im Bereich der Infrastrukturverwaltung hingegen ist verfassungsrechtlich auf eine materielle Teilprivatisierung beschränkt, da der Bund an diesen Unternehmen Mehrheitsgesellschafter sein muß.64 Neben diesen verschiedenen Möglichkeiten der Privatisierung hat der Bund darüber hinaus nach Art. 87e Abs. 4 ein gemeinwohlorientiertes Verkehrsangebot auf dem bundeseigenen Eisenbahnnetz zu gewährleisten. Jedoch kann diese Verpflichtung nach dem Konzept der Verantwortungsteilung nur bedingt als Gewährleistungsgarantie bezeichnet werden, da es sich hinsichtlich des Ausbaus und Erhaltes des Schienennetzes sowie des durch bundeseigene Wirtschaftsunternehmen bereitgestellten Verkehrsangebots nicht um eine staatliche Gewährleistungs-, sondern um eine, wenn auch nur mittelbare Erfüllungsverantwortung des Staates handelt.65 Eine Gewährleistungs- und gegebenenfalls Auffangverantwortung tritt erst nach materieller Privatisierung der Verkehrsunternehmen ein, wenn Privatunternehmen ein angemessenes Angebot auf Dauer nicht sicherstellen können und der Bund entweder durch Rückerwerb von Unternehmensanteilen oder durch eigene Unternehmen die Versorgung sicherstellen muß.66 Die Verpflichtung nach Art. 87e Abs. 4 bedeutet indessen nicht allein eine politische Verantwortung, sie impliziert eine wenn auch nicht einklagbare, aber dennoch unmittelbar bindende und der parlamentarischen Kontrolle offenstehende rechtliche Verpflichtung.67 c) Eine vorläufig letzte Stufe der verfassungsrechtlich geregelten Privatisierung bildet Art. 87f GG mit der Postreform:68 Während mit Art. 87d GG lediglich eine (Hrsg.), Aktuelle Probleme, S. 354 f.: Privatisierung der Leistungserbringung unter Beibehaltung „der dem Bund seit jeher daneben obliegenden Verwaltung“. 63 So Menges, Rechtsgrundlagen, S. 57. 64 Vgl. u. a. Kämmerer, Privatisierung, S. 311 ff.; Gramm, Privatisierung, S. 137 f.; Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87e Rn. 42 ff. 65 Vgl. etwa Storr, Staat als Unternehmer, S. 147 f.: Demnach obliegt dem Staat keine umfassende Infrastruktursicherungspflicht, s. auch unten, Fn. 421. 66 So zutreffend Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87e Rn. 15; ähnlich Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87e Rn. 17; vgl. auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes v. 25. 5. 1993, BT-Drs. 12 / 5015, S. 17. Durch Lizenzentzug und mit Übernahme einer von einem privaten Unternehmen betriebenen Bahnstrecke durch einen staatlichen Betreiber griff in Großbritannien im Juni 2003 erstmals seit der Privatisierung des britischen Bahnsystems die staatliche Auffangverantwortung, vgl. FTD v. 30. 6. 2003: Briten strafen Bahnbetreiber Connnex ab (www.ftd.de / ub / di / 1056704873189.html). 67 Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87e Rn. 50; ähnlich die Gewährleistungsverantwortung für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (ebd., Art. 87 f. Rn. 10 ff.); vgl. auch Gramm, Privatisierung, S. 139 mit Fn. 209, S. 147. 68 Hierzu der Überblick bei Möstl, Grundrechtsbindung, S. 32 ff.; Kämmerer, Privatisierung, S. 319 ff.; Angelika Benz, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 134 ff.

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Privatisierungsoption der Luftverkehrsverwaltung eröffnet wird, geht Art. 87e GG mit dem Privatisierungsgebot der Eisenbahnen des Bundes einen Schritt weiter, beschränkt dieses für die Eisenbahninfrastrukturverwaltung jedoch auf eine materielle Teilprivatisierung, indem eine Mehrheitsbeteiligung des Staates an Unternehmen in diesem Bereich festgeschrieben wird. Art. 87f GG hingegen sieht für das Post- und Telekommunikationswesen nicht nur eine Organisationsprivatisierung vor, sondern eröffnet zudem die Möglichkeit der materiellen Aufgabenprivatisierung:69 Zum einen wird mit Blick auf die Aufgaben im Bereich Post und Telekommunikation selbst auf den privatwirtschaftlichen Charakter verwiesen: Es handelt sich nicht mehr um Verwaltungsaufgaben, vielmehr werden Dienstleistungen erbracht, die nicht nur eine privatrechtliche, sondern eine privatwirtschaftliche Tätigkeit darstellen.70 Ausnahmeregelungen gelten nur für die zur Sicherstellung des Post- und Telekommunikationsangebots zwingend erforderlichen Hoheitsaufgaben, die einer Privatisierung nicht zugänglich sind und weiterhin durch die bundeseigene Verwaltung wahrgenommen werden.71 Zum anderen geht Art. 87f GG mit dem Verweis auf die Aufgabenwahrnehmung „durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter“ auch in organisationsrechtlicher Hinsicht über eine nur formelle Privatisierung hinaus, indem im Unterschied zu Art. 87e GG eine Mehrheitsbeteiligung des Bundes nicht mehr festgeschrieben wird und ein „Wettbewerbsgebot“72 statuiert wird. Geradezu konkretisiert wird die Option einer materiellen Privatisierung mit der Übergangsregelung nach Art. 143b Abs. 2 S. 2 GG, die eine Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Deutschen Post AG (ehemals Postdienst) zeitlich begrenzt: Für einen bestimmten Zeitraum muß der Bund zwingend Mehrheitsgesellschafter ausschließlich des Nachfolgeunternehmens Postdienst bleiben, um auch in der Übergangsphase eine ausreichende Versorgung mit Postdienstleistungen sicherzustellen;73 einer Veräußerung nach Ablauf dieser Zeit steht jedoch das Verfassungsrecht nicht im Weg.74 U.a. Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 143b Rn. 5. So Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87f Rn. 22; Rn. 27; vgl. auch Möstl, Grundrechtsbindung, S. 154 f. Hinsichtlich der Grundrechtsbindung unterscheidet Storr, Staat als Unternehmer, S. 201 ff., jedoch zwischen privatwirtschaftlicher Tätigkeit (der Nachfolgeunternehmen der Bundespost) und privater „Freiheitsbetätigung“ (Dritter). 71 Zu den hoheitlichen Aufgaben Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87f Rn. 18. 72 So Storr, Staat als Unternehmer, S. 151. 73 Kämmerer, Privatisierung, S. 319; Gramm, Privatisierung, S. 141; vgl. auch Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 143b Rn. 3, 5 f. Dieselbe Intention liegt der Einräumung von „Exklusivlizenzen“ für einzelne Bereiche der Postdienstleistungen zugrunde, hierzu Möstl, Grundrechtsbindung, S. 174 f. 74 Die Aufgabe der Kapitalmehrheit wurde mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Postumwandlungsgesetzes beschlossen. 69 70

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Diese weitreichende Privatisierungsklausel wird jedoch begleitet durch eine auch nach der Übergangsphase verbleibende staatliche Gewährleistungsverantwortung für die Bereitstellung der Dienstleistungen, die so an die Stelle der vormaligen Leistungsverantwortung tritt.75 Im Unterschied zur Gewährleistungsgarantie nach Art. 87e Abs. 4 GG besteht im Bereich der Post- und Telekommunikationsdienstleistungen jedoch nicht die Möglichkeit, im Falle des Marktversagens Unternehmensanteile zurückzuerwerben und eine ausreichende Versorgung gegebenenfalls auf dem Weg der Re-Verstaatlichung sicherzustellen.76 Vielmehr bilden Regulierungsmaßnahmen der zu diesem Zweck errichteten Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post77 „adäquate“ Instrumente dieses Infrastrukturauftrages,78 der aufgrund der Reichweite der Privatisierung im Post- und Telekommunikationsbereich mit dem Bezug auf eine flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung auch konkreter gefaßt ist als eine Wahrung des Allgemeinwohls und der Verkehrsbedürfnisse nach Art. 87e GG.79 Die Verknüpfung von schrittweisem Aufgabenverzicht durch Öffnung der Postund Telekommunikationsmärkte bis hin zu einem „Betätigungsverbot für den Staat“80 und einer gestuften organisatorischen Verselbständigung durch zunächst formelle, dann aber auch materielle Privatisierung als Verfassungsgebot gibt eine eindeutige Richtung vor: Der Post- und Telekommunikationssektor zeichnet sich somit durch ein Nebeneinander von hoheitlichen Aufgaben und vollständig privatisierungsfähigen Dienstleistungen aus; eine Konstruktion aus Hoheitsaufgaben, nicht privatisierungsfähigen Verwaltungsaufgaben und durch Private zu erbringenden Dienstleistungen, wie sie mit Art. 87e verfolgt wird, ist für diesen Bereich nicht intendiert.81 Mit dem Übergang ehemaliger Staatsaufgaben in den öffentli75 So Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87f Rn. 11. Damit besitzt die Verantwortungstheorie (Fn. 6) bereits Verfassungsrang. 76 Vgl. Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87f Rn. 15 f.; ablehnend gegenüber einem „Reverstaatlichungsverbot“ Storr, Staat als Unternehmer, S. 150. 77 Vgl. hierzu Kämmerer, Privatisierung, S. 444 ff.; Müller-Terpitz, ZG 1997, S. 260 ff., sowie 6. Teil, Kap. E. 78 Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87f Rn. 11; Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 143b Rn. 3, 5 f.; zum Verhältnis von Regulierungsauftrag einerseits und privatwirtschaftlichem Wettbewerb andererseits ausführlich Möstl, Grundrechtsbindung, S. 155 ff. 79 Vgl. etwa Gramm, Privatisierung, S. 147; zur Gewährleistung nach Art. 87e ebd. S. 139; Ladeur, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 61. Inhalt und Reichweite der Gewährleistungsgarantie bei Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87f Rn. 3; detailliert mit Blick auf einfachgesetzliche Regelungen bei Angelika Benz, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 142 ff., 155 ff., sowie Monopolkommission, Telekommunikation, S. 12 ff. 80 Gramm, Privatisierung, S. 140, 143. 81 Zu dieser Strukturierung Windthorst, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87f Rn. 3. Die nach Abs. 3 benannten „einzelnen Aufgaben“, zu denen neben der Verwaltung der Beteiligungen arbeits- und dienstrechtliche Aufgaben sowie Koordinationsfunktionen zählen (Möstl, Grundrechtsbindung, S. 36), sind lediglich temporärer Art – nach

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chen Bereich und der Festlegung von Privataufgaben im Staatsorganisationsrecht wird innerhalb des Grundgesetzes eine „Neuheit mit Fremdkörpercharakter“ implementiert.82 1. Formelle Privatisierung von Aufgaben der Bundesschuldenverwaltung Nach Art. 115 GG ist für die Aufnahme von Krediten eine der Höhe nach bestimmte oder bestimmbare Ermächtigung durch Bundesgesetz erforderlich. Die Zuständigkeit des Finanzministeriums für den Vollzug dieser Ermächtigung ergibt sich zum einen „aus seiner Funktion als Haushaltsministerium“, zum anderen bezieht sich § 18 BHO bei Ermächtigung einer Kreditaufnahme ausdrücklich auf das Bundesministerium der Finanzen.83 Als „Notar und Treuhänder des Bundes“84 sowie als Verwalter der Kredite fungiert die Bundesschuldenverwaltung, eine im Geschäftsbereich des Finanzministeriums angesiedelte Bundesoberbehörde, die sich jedoch durch partielle Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit auszeichnet und der Fachaufsicht durch den Bundesschuldenausschuß des Bundestages unterliegt.85 Neben dem Ministerium und der Bundesschuldenverwaltung ist die Deutsche Bundesbank als Bank des Staates (Fiscal Agent) in das Debt Management eingebunden.86 Im September 2000 wurde die „Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH“ errichtet, eine Agentur, deren alleiniger Gesellschafter die Bundesrepublik Deutschland ist und die der Aufsicht durch ein „Steuerungs- und Kontroll-Referat“ im Bundesfinanzministerium unterliegt.87 Mit der Finanzagentur, die „das bisher Abschluß der Privatisierung besteht für die zu diesem Zweck errichtete Bundesanstalt für Post und Telekommunikation im Grunde kein Bedarf mehr, wie auch Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87f Rn. 16, sowie Kämmerer, Privatisierung, S. 447 f., zutreffend, aber vielleicht zu optimistisch feststellen. 82 So Gramm, Privatisierung, S. 140 mit Fn. 212; allerdings sind Privataufgaben in diesem Zusammenhang als Gegenpol zu Staatsaufgaben zu verstehen und entsprechen nicht dem dieser Arbeit zugrundegelegten Begriff der Privaten Aufgaben (4. Teil, Kap. E), sondern sind unter die im 4. Teil, Kap. D b entstaatlichten öffentlichen Aufgaben zu subsumieren. 83 Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, Art. 115 Rn. 16; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Art. 115 Rn. 3. 84 So in der Selbstdarstellung der ehemaligen Bundesschuldenverwaltung, jetzt Bundeswertpapierverwaltung (www.bwpv.de/). 85 Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, Art. 115 Rn. 18; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Art. 115 Rn. 4 f.; vgl. auch die Begründung zum BWpVerwG, BT-Drs. 14 / 7010, S. 11. 86 Zum Begriff des Debt Management Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 18 Rn. 13; zu den Aufgaben der Bundesbank vgl. die Selbstdarstellung unter http:// 217.110.182.53/info/infoªufgaben.php. 87 Vgl. Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH, in: Bundesministerium der Finanzen, Monatsbericht 7.2002, S. 73 ff.; NZZ v. 17. 2. 2000, S. 17 f.: Vorstoss Eichels zum

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dezentralisierte Schuldenmanagement des Bundes in eine Zuständigkeit überführen und so langfristig bis zu 1,5 Mrd. DM Zinsausgaben jährlich sparen“ soll,88 stehen sich zwar derzeit vier Institutionen der Schuldenverwaltung gegenüber; mittel- bis langfristig sollen jedoch die mit dem Schuldenmanagement befaßten Abteilungen des Ministeriums, der Bundesschuldenverwaltung und der Bundesbank in der Finanzagentur zusammengeführt werden, um „das Schuldenmanagement des Bundes kostenoptimiert auszurichten“.89 Zwar war mit der Errichtung der Finanzagentur und der Übertragung aller Aufgaben eine formelle Privatisierung der bisher behördlich wahrgenommenen Zuständigkeiten des Debt Managements geplant,90 allerdings wurde entgegen dem Zeitplan bislang lediglich das im Finanzministerium angesiedelte operative Geschäft des Schuldenmanagements auf die Finanzagentur verlagert. Da es sich um eine durch die ministerielle Organisationsgewalt gedeckte organisatorische Maßnahme handelte, galt – anders als bei der Übertragung von Aufgaben der Bundesschuldenverwaltung oder der Bundesbank91 – für diesen Zuständigkeitsübergang eine Befassung des Parlaments zunächst als nicht erforderlich;92 lediglich der Schuldenmanagement; FAZ v. 6. 6. 2000, S. 17 f.: Reform des Schuldenmanagements ist beschlossen, sowie die Pressemitteilung der Finanzagentur v. 8. 6. 2001: Schuldenmanager des Bundes gehen am 11. Juni 2001 in Frankfurt an den Start (www.deutsche-finanzagentur.de / dokumente / pm_01_080601.pdf). Zu diesem „wenig Aufsehen“ erregenden Vorgang auch Bull, FS Maurer, S. 550. 88 Pressemitteilung der Finanzagentur v. 8. 6. 2001 (Fn. 87). 89 So die Formulierung in der Kurzdarstellung der Finanzagentur (www.deutsche-finanzagentur.de / thema1.php3?mid=1&uid=1&iid=12). Zum Zeitplan äußerte sich der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Koch-Weser, anläßlich des Präsidentenwechsels bei der Bundesschuldenverwaltung am 6. 9. 2000; vgl. des weiteren die Pressemitteilung der Agentur v. 8. 6. 2001 (Fn. 87), sowie NZZ v. 17. 2. 2000 (Fn. 87). 90 Hierzu Buchwald, Privatisierung des Schuldenmanagements, S. 4 f., mit ablehnender Stellungnahme zur materiellen Privatisierung (S. 11 ff.); ferner Der Tagesspiegel v. 17. 2. 2000: Bundes-Schuldenverwaltung wird GmbH (http: / / archiv.tagesspiegel.de / archiv / 16. 02. 2000 / ak-po-de-25500.html). 91 Während eine Gesetzesänderung für die Reichsschuldenordnung und das Reichsschuldbuchgesetz bejaht wird (NZZ v. 17. 2. 2000 [Fn. 87]; Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums v. 16. 2. 2000: Auslagerung des Debt Management des Bundes [www.bundesbank. de / download / presse / pressenotizen / 2000 / 20000216bbk1.pdf]), gehen die Ansichten über eine Änderung des Bundesbankgesetzes jedoch auseinander, vgl. hierzu etwa Der Tagesspiegel v. 17. 2. 2000 (Fn. 90). 92 Vgl. Buchwald, Privatisierung des Schuldenmanagements, S. 7, sowie die Einschätzung des Bundesfinanzministers, wonach diese Änderung keine Gesetzesanpassung erfordere (FAZ v. 6. 6. 2000 [Fn. 87], S. 17). Demgegenüber ist nach § 112a LHO RP eine förmliche Zustimmung des Landtages bei der Privatisierung erforderlich, sofern diese zur Bildung von Nebenhaushalten führt und die Beteiligung des Landes an dem Unternehmen eine bestimmte Höhe übersteigt; ähnlich auch § 65 Abs. 6 LHO Berlin. Vgl. auch Enquete-Kommission, Bericht, S. 56 f.: Parlamentsvorbehalt bei Auslagerung von dem Staat durch Gesetz zugewiesenen oder zwar nicht gesetzlich zugewiesenen, aber wesentlichen Aufgaben. Kritisch gegenüber lediglich einer Zustimmung statt gesetzlicher Regelung Göke, in: Hill (Hrsg.) Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 84 f.

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Haushaltsausschuß hat „am 5. Juli die erste Stufe der Auslagerung des Debt Management des Bundes auf eine GmbH gebilligt“.93 Sollten ursprünglich alle Aufgaben der Bundesschuldenverwaltung sowie die auf Kreditaufnahmen bezogenen Aufgaben der Bundesbank auf die Finanzagentur übertragen werden, um die drei mit der Schuldenverwaltung betrauten Organisationen und die damit verbundene Komplexität und Schwerfälligkeit durch eine flexible und mit qualifiziertem Personal ausgestattete Institution zu ersetzen,94 ist schon bald von diesem Vorhaben Abstand genommen worden:95 Mit der zweiten Stufe der Reform und der Verabschiedung des Bundeswertpapierverwaltungsgesetzes wurden keine konkreten Aufgaben auf die Finanzagentur übertragen, sondern man hat lediglich eine Ermächtigungsgrundlage zur Übertragung einzelner Aufgaben der Bundesschuldenverwaltung „auf eine andere Behörde des Bundes, eine Anstalt des öffentlichen Rechts des Bundes oder ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen des Bundes“ gesetzlich verankert.96 Jedoch verbleiben neben der Beurkundung die Führung des Schuldbuches und der Einzelschuldbücher bei der Bundesschuldenverwaltung, „weil dies von der GmbH nicht kostengünstiger wahrgenommen werden könne“.97 Auch die letzte Änderung des Bundesbankgesetzes98 gab keinen Hinweis auf den Übergang ihrer „Fiscal Agent-Funktionen“ auf die neu gebildete GmbH.99 Die als formelle Privatisierung der Schuldenverwaltung bezeichnete Reform wirft hinsichtlich der Zielsetzung von Privatisierungsvorgängen und ihrer organisationsrechtlichen Regelung einige Fragen auf: 93 Diese Aussage von Koch-Weser (Fn. 89) ist der einzige Hinweis auf eine parlamentarische Befassung; allerdings gibt es parlamentarische Anfragen bezüglich der Leitung (BT-Drs. 14 / 2850 v. 3. 3. 2000, S. 15 f.) und der Organisation (BT-Drs. 14 / 3082 v. 31. 3. 2000, S. 6; BT-PlenProt 14 / 97 v. 5. 4. 2000, S. 9072 D) der neuen Agentur. 94 Vgl. NZZ v. 17. 2. 2000 (Fn. 87). 95 Hierzu FTD v. 8. 6. 2001: Deutschland GmbH übernimmt Schuldenmanagement (www.ftd.de / pw / de / FTDVTTPHPNC.html ?nv=se), sowie FAZ v. 21. 5. 2001, S. 16: Bundesschuldenagentur verzögert sich; FAZ v. 8. 6. 2001, S. 25 f.: Bundes-Finanzagentur vor dem Start (S. 26). 96 § 5 BWpVerwG. Mit der Ermächtigung, Aufgaben auf ein Unternehmen in Privatrechtsform zu übertragen, wurde „insbesondere die Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH“ angesprochen, die Gründung neuer Institutionen sei nicht beabsichtigt, so die Begründung zu § 5 BWpVerwG, BT-Drs. 14 / 7010, S. 13. 97 FAZ v. 21. 5. 2001 (Fn. 95). Vgl. auch § 5 i. V. m. § 2 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 9, 11 BWpVerwG. 98 Siebentes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank v. 23. 3. 2002, BGBl. I, S. 1159. 99 Allerdings ist der Vorrang der Bundesbank bei der Schuldverschreibungen der öffentlichen Hand nach § 20 Abs. 2 BBankG entfallen, wenn auch aufgrund des Übergangs „der geldpolitischen Verantwortung auf das ESZB / Eurosystem“ (vgl. die Begründung zu § 20 im Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank v. 7. 9. 2001, BT-Drs. 146879, S. 13); hingegen sieht § 13 BWpVerwG eine Ermächtigungsgrundlage der Finanzagentur für diese Aufgaben vor.

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a) Wenn mit der Errichtung der Finanzagentur und der Aufgabenübertragung die Bildung einer zentralen Stelle für das Schuldenmanagement des Bundes verbunden war anstatt eines dislozierten Netzwerkes von Institutionen mit der typischen Negativwirkung der Doppelarbeit und Zuständigkeitsverwischung, ist dieses Ziel nicht nur verfehlt worden, sondern mit dem Nebeneinander von nun vier zuständigen Stellen – Finanzministerium, Bundesbank, Bundeswertpapierverwaltung und Finanzagentur – verschärft worden.100 b) Indem gleichzeitig die Bundeswertpapierverwaltung nicht mehr als Behörde im ministerialfreien Raum agieren kann und vorrangig der parlamentarischen Aufsicht untersteht,101 sondern als Bundesoberbehörde in den Geschäftsbereich des Finanzministeriums „zurückgeholt“ wurde, haben sich die ministeriellen Aufgaben eher erweitert. Hinzu kommen Ingerenzpflichten über die bundeseigene GmbH, die durch ein hierfür eingerichtetes Kontroll- und Steuerungsreferat erfolgen sollen.102 c) Aus organisationsrechtlicher Perspektive erscheint die Ansicht, „dass es auch bei einer Übertragung der Aufgaben (auf die Finanzagentur, d. Verf.) . . . bei der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen verbleibt“,103 durchaus systemfremd: Eine privatrechtliche Organisation, auch wenn sie als Eigengesellschaft Teil der öffentlichen Verwaltung im funktionalen Sinne ist, unterliegt nicht der (dem öffentlichen Organisationsrecht eigenen) Rechts- und Fachaufsicht; allenfalls kann die Eigentümeraufsicht oder eine fachliche (= sektorenspezifische) Wirtschaftsaufsicht als „Kontrolle der wirtschaftsrelevanten Tätigkeit der dem Innenbereich des Staates zuzurechnenden Einheiten“104 greifen. Grundsätzlich muß auf die Prüfung und Überwachung durch die Gesellschafter abgestellt werden, ein Durchregieren der zuständigen Behörde einschließlich des Weisungsrechts105 und der behördlichen Ersatzvornahme106 ist prinzipiell ausgeschlossen. 100 Vgl. auch FAZ v. 9. 11. 2000, S. 19: CDU und CSU lehnen die neue Finanzagentur des Bundes ab, sowie Hermannus Pfeifer, Schulden zu Geld machen, DIE ZEIT v. 7. 6. 2001, S. 29. Eine Auflösung auch nur einer dieser Institutionen ist angesichts der neuen gesetzlichen Regelungen und der Sicherung eines Kernaufgabenbestandes der Bundesschuldenverwaltung (so die Begründung zu § 5 BWpVerwG, BT-Drs. 14 / 7010, S. 13) nicht zu erwarten. 101 Zum parlamentarischen „Bundesschuldenausschuss als spezifisches Kontrollgremium für die Bundesschuldenverwaltung“ Buchwald, Privatisierung des Schuldenmanagements, S. 10. 102 Vgl. neben den Hinweisen in Fn. 87 auch Buchwald, Privatisierung des Schuldenmanagements, S. 5. 103 In der Begründung zu § 5 Abs. 2 BWpVerwG, BT-Drs. 14 / 7010, S. 13, wird nicht zwischen der Übertragung von Aufgaben und der Beleihung der Agentur mit hoheitlichen Befugnissen unterschieden; die Rechts- und Fachaufsicht gilt nach dem Wortlaut für beide Fälle. 104 Schliesky, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 104; zu „Fachaufsichten“ innerhalb der Wirtschaftsaufsicht Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 268 ff. 105 Zwar können Weisungen bei einer Eigengesellschaft in Form der GmbH erteilt werden, weitergehende Eingriffe, wie sie das hierarchisch gegliederte System der Behördenorganisa-

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d) Schließlich scheint sich auch die Hoffnung auf besonders qualifiziertes Personal als ein weiteres Ziel der Privatisierung nicht erfüllt zu haben, da Mitarbeiter aus der Privatwirtschaft nicht in dem Maße gewonnen werden konnten, wie ursprünglich angenommen wurde;107 auch das immer wieder vorgebrachte Argument der höheren Effizienz privatrechtlicher Organisationsformen läßt sich in diesem Fall zumindest nicht in dieser Pauschalität halten.108 Deutlich wird an diesem Beispiel, daß Privatisierungen als solche kein Selbstzweck sein dürfen, sondern sie zum einen intensiver Planung bedürfen, um die mit der Auslagerung beabsichtigten Effekte auch umsetzen zu können, zum anderen Klarheit darüber herrschen muß, daß nicht erst mit einer Aufgabenprivatisierung, sondern bereits mit der bloß formellen Privatisierung ein staatlicher Steuerungsund Kontrollverlust verbunden ist, der nur begrenzt aufgefangen werden kann.109

2. (Unechte) Materielle Privatisierung der Bundesdruckerei Eine von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt vollzogene Privatisierung auf Bundesebene betraf den Verkauf der – bereits formell privatisierten110 – Bundesdruckerei GmbH an die amerikanische Beteiligungsgesellschaft APAX Partner & Co. im November 2000.111 Dieser Verkauf ging qualitativ über die bistion ermöglichen, sind jedoch nicht zulässig. Eventuell sind rechts- und fachaufsichtsähnliche Befugnisse in einer Geschäftsanweisung enthalten, die jedoch als interne Vertragsunterlage der Einsicht Dritter nicht zugänglich ist. 106 Vgl. aber die Beispiele vertraglich vereinbarter Ersatzvornahme in der – privatisierten – Abwasserver- und -entsorgung bei Bauer, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 266 ff., wobei die rechtssystematische Zuordnung (Schuldrecht, Zwangsvollstreckung oder öffentliches Recht, hierzu ein Überblick bei Gottwald, in: Tilch / Arloth [Hrsg.], Deutsches Rechts-Lexikon, S. 1467 f.) offen bleibt; vgl. auch Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 428 mit Fn. 68. Demgegenüber weist Birk, Die städtebaulichen Verträge, Rn. 468, klassische Regeln für Leistungsstörungen eindeutig dem Werkvertragsrecht einschließlich zivilrechtlich zulässiger Abweichungen zu . 107 Vgl. FAZ v. 8. 6. 2001 (Fn. 95). 108 Vgl. Fn. 97. 109 In diesem Sinne auch Buchwald, Privatisierung des Schuldenmanagements, S. 9, im Anschluß an Glauben, ZParl 1998, S. 499. 110 Die Bundesdruckerei wurde am 1. 7. 1994 auf der Grundlage von § 168 UmwG (Ausgliederung eines Unternehmens – hier Regiebetrieb – durch Neugründung einer Kapitalgesellschaft) nach Maßgabe von § 58 UmwG (so in der Umwandlungserklärung v. 23. 6. 1994) in eine GmbH überführt; vgl. u. a. Bundesanzeiger Nr. 128 v. 12. 7. 1994, S. 7109; Bundeskartellamt, 1. Vergabekammer des Bundes, Beschluss v. 18. 10. 1999, VK 1 – 25 / 99, S. 12, 19 (www.bkarta.de / VK_1_-_25 – 99.pdf) 111 Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums v. 21. 11. 2000: Erfolgreiche Privatisierung der Bundesdruckerei. Vom Kaufpreis (2 Mrd. DM) wurde knapp 1/4 als Darlehen vergeben, vgl. Tagesspiegel v. 20. 10. 2001: Mutterkonzern der Bundesdruckerei droht Verlust (http: / / archiv.tagesspiegel.de / archiv / 19. 10. 2001 / ak-wi-wi-5510708.html). 4 John-Koch

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lang schon üblich gewesene Privatisierungspraxis hinaus, da es sich bei der Bundesdruckerei nicht lediglich um ein Wirtschaftsunternehmen in öffentlicher Hand handelt, vielmehr werden dort auch hoheitliche Aufgaben – Druck von Reisepässen, Personalausweisen, Banknoten und Führerscheinen – erfüllt, die zudem datenschutzrechtliche und allgemeine Sicherheitsbelange in erheblichem Maße herausfordern. Die Frage, wie diese hoheitlichen Aufgaben durch eine privatisierte Bundesdruckerei wahrgenommen werden sollten, kam nicht erst mit dem Verkauf an APAX Partner & Co. auf; bereits mit der formellen Privatisierung sei die Bundesdruckerei GmbH für diesen Bereich als „so genannter technischer Verwaltungshelfer beauftragt und . . . von der zuständigen Stelle überwacht“ worden.112 Auch nach der materiellen Privatisierung würde sich diese Form der Beauftragung „als Verwaltungshelfer zur Erledigung von technischen Unterstützungsleistungen“ einschließlich der vertraglich vereinbarten Einhaltung sicherheitsrelevanter und datenschutzrechtlicher Bestimmungen nicht ändern.113 Angesichts dieser Diskussion um den Verkauf der Bundesdruckerei scheint es für die Erfüllung öffentlicher und in diesem Falle sogar hoheitlicher Aufgaben unerheblich zu sein, ob es sich um formell privatisierte, um gemischt-wirtschaftliche oder vollständig materiell privatisierte Unternehmen handelt: Dieser Argumentation folgend könnten der staatliche Einfluß auf den Unternehmenszweck und die Aufgabenwahrnehmung sowie entsprechende Kontrollrechte entweder über eine vorhandene Mehrheitsbeteiligung oder über vertragliche Regelungen sowie über eine Beleihung gesichert werden. Die Veräußerung der Bundesdruckerei gibt aber auch ein anschauliches Beispiel für ökonomische Konsequenzen einer materiellen Privatisierung: Im Dezember 2000 hatte die Bundesdruckerei als beherrschtes Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen;114 herrschendes Unternehmen ist die Authentos GmbH, an der APAX mit 54 % der Anteile Mehrheitsgesellschafter ist.115 Im Geschäftsjahr 2002 stellte sich die wirtschaftliche Entwicklung

112 Der im Gesellschaftsvertrag in § 2 beschriebene Unternehmensgegenstand wurde zudem durch Beschluß der Gesellschafterversammlung v. 15. 1. 1999 geändert: Gegenstand ist nunmehr „das Herstellen, Bearbeiten, Entwickeln und der Vertrieb von Informationsträgern und -systemen, vorrangig zur Erfüllung von Aufträgen im Bereich des Wert- und Sicherheitsdrucks“ – auf den Zusatz: „von Aufträgen der öffentlichen Hand“ wurde verzichtet (Eintrag im Handelsregister HRB 51900 beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg v. 11. 3. 1999). 113 So die schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Karl Diller in der Fragestunde des Bundestages am 7. 6. 2000, BT-PlenProt. 14 / 107, S. 10080 (D). Die Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl beabsichtigte eine Privatisierung von maximal 49 % der Anteile, um sicherzustellen, „dass die Bundesrepublik in diesem hoheitlichen Bereich . . . den notwendigen Einfluss behält, der im Hinblick auf sicherheitsrelevante Belange notwendig ist“, so Manfred Kolbe am 8. 6. 2000, BT-PlenProt. 14 / 108, S. 10177 (D). 114 Eintrag im Handelsregister HRB 51900 beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg v. 14. 8. 2001.

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der Authentos-Gruppe als äußerst prekär dar; eine drohende Überschuldung aufgrund von Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe ließ sich zunächst abwenden. Ausgelöst wurden diese Einbußen vor allem durch notwendige Wertberichtigungen auf die Beteiligungen von Authentos an dem Chiphersteller ORGA Kartensystem GmbH, jedoch beziehen sich die Geschäftseinbrüche neben dem dramatischen Wertverfall bei ORGA auch auf weitere negative Entwicklungen.116 Nach dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag steht nun die Bundesdruckerei in der Pflicht, aus ihren Gewinnen117 die Verluste des Teilunternehmens Kartensystem (mit) zu finanzieren und darüber hinaus für eine mögliche Kreditaufnahme Sicherheiten zu leisten.118 Hinzu kommt, daß sich die APAX als Mehrheitsgesellschafter inzwischen vollständig aus dem Unternehmen zurückgezogen und ihre Anteile für einen symbolischen Betrag an eine Auffanggesellschaft veräußert hat, was den Unternehmenswert zusätzlich schmälert.119 Die auch für die Bundesdruckerei „existenzgefährdende Krise“120 konnte durch den Verkauf der verlustreichen Authentos-Tochtergesellschaft zwar zwischenzeitlich noch abgewendet werden, die finanzielle Zukunft der Authentos GmbH und damit der Bundesdruckerei scheint jedoch nicht gesichert.121 Auch wenn man eine 115 Gesellschafter der Authentos-Gruppe sind neben den von APAX beratenen Fonds auch institutionelle Anleger, nicht jedoch explizit staatliche Anteilseigner (vgl. FAZ v. 18. 6. 2002, S. 17: Die Bundesdruckerei braucht Hilfe zum Überleben). Im Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag (Fn. 114) tritt als Organträger allerdings nicht Authentos auf, sondern die „Gabriele 4 Vermögensverwaltung GmbH“. Vertreter dieser Vermögensverwaltung waren Geschäftsführer von ORGA bzw. gehörten dem Authentos-Führungskreis an, vgl. hierzu Tagesspiegel v. 20. 10. 2001 (Fn. 111). 116 Dies geht aus den Presseberichten hervor, wonach die Überschuldung in Höhe von 400 Millionen Euro vor allem auf die Krise bei ORGA zurückzuführen sei, die Wertberichtigungen insgesamt jedoch „nur“ 265 Millionen Euro betrügen, so etwa FAZ v. 18. 6. 2002 (Fn. 115); siehe auch FAZ v. 2. 8. 2002, S. 15: Apax zieht sich überraschend aus der Bundesdruckerei zurück. 117 Nach einer Pressemeldung der Authentos-Gruppe v. 19. 10. 2001 (www.authentosgroup.com / de / press / 2001 / 19_10_2001.html) werde die Bundesdruckerei 2001 „den besten Umsatz in der Unternehmensgeschichte erreichen und umsatz- und ergebnismäßig deutlich über Plan abschließen“, wohingegen sich ORGA „der Marktschwäche im SIM-Kartenmarkt nicht (werde) entziehen können“. 118 FAZ v. 5. 7. 2002, S. 18: Hartes Ringen um die Zukunft der Bundesdruckerei. Zur Unterscheidung von Beherrschungsvertrag und Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrag und damit verbundenen Konsequenzen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 950 ff. 119 Siehe hierzu FAZ v. 2. 8. 2002 (Fn. 116); FAZ v. 23. 8. 2002, S. 15: Bankhaus Metzler soll Käufer für die Bundesdruckerei finden. 120 FAZ v. 16. 7. 2002, S. 16: Wenn das Buy-out zum Anfang vom Ende wird. 121 Vgl. die Presseinformation von GW Card Holding GmbH und Authentos GmbH v. 28. 2. 2003: GW Card Holding erwirbt ORGA-Gruppe (www.authentos-group.com / de / press / pm2003 / 28_02_2003.html); der Umsatzrückgang der Bundesdruckerei wurde u. a. mit dem „nach Abschluss der EURO-Erstausstattung deutlich geringeren Absatz an EuroBanknoten und dem zyklusbedingten Rückgang beim Hauptumsatzträger Personaldokumente“ begründet, aber auch mit (finanziellen) Folgen aus dem Verkauf der Orga-Gruppe in

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„Rückabwicklung des Verkaufs und damit eine Rückkehr in den Schoß des Staates“122 für ausgeschlossen halten mag, wird diese Privatisierung jedenfalls als gescheitert angesehen.123

II. Funktionale Privatisierung und regulierte Selbstregulierung als Kernstrategien Neben formeller und materieller Privatisierung vormals staatlicherseits wahrgenommener Aufgaben bedient sich der Staat auch Privater bei der Erfüllung bestehender öffentlicher Aufgaben oder neuer, im öffentlichen Interesse liegender Aufgaben. Diese Möglichkeiten zur Durchführung öffentlicher Aufgaben, die nicht mit der Übertragung von Hoheitsrechten verbunden sind und daher jenseits der Beleihung liegen, haben nicht nur in quantitativer Hinsicht an Bedeutung gewonnen,124 sondern fügen sich aufgrund einer qualitativen Neuorientierung im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung in die den modernen Staat kennzeichnenden verantwortungsteiligen Konzeptionen ein. Von daher können funktionale Privatisierung und regulierte Selbstregulierung auch als Kernstrategien einer kooperativen Aufgabenerfüllung bezeichnet werden. a) Die Einbeziehung Privater im Rahmen der Privatisierung wird in der Regel unter den Begriff der funktionalen Privatisierung125 subsumiert und zeichnet sich dadurch aus, daß allein die Durchführung von öffentlichen Aufgaben an Private Höhe von rund 45 Mio Euro (Pressemitteilung der Bundesdruckerei v. 17. 6. 2003: „Die Bundesdruckerei ist auf dem richtigen Kurs“, www.bundesdruckerei.de / de / presse / pressearchiv / 2003 / pm18_6_2003.html). 122 So die Hoffnungen aus Arbeitnehmerkreisen der Bundesdruckerei, vgl. FAZ v. 18. 6. 2002 (Fn. 115). Daß diese nicht unberechtigt sind, zeigt sich an der Re-Publifizierung des britischen Railtrack-Schienennetzes durch Verkauf an eine unter staatlicher Finanzgarantie stehende gemeinnützige Gesellschaft (vgl. FAZ v. 28. 6. 2002: Verkauf des RailtrackNetzes besiegelt das Scheitern der Privatisierung), verbunden mit einem verstärkten finanziellen Engagement der Regierung (FAZ v. 15. 12. 2003: Neue Milliarden für britisches Bahnnetz). 123 FAZ v. 23. 8. 2002 (Fn. 119). 124 Vgl. schon Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 90 f., sowie mit Bezug speziell auf Pflichtaufgaben öffentlich-rechtlicher Körperschaften Pippke, Abfallentsorgung, S. 27 f. Zum Umfang funktionaler Privatisierung im Abwassersektor Bauer, in: Hill / Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, S. 312 ff. 125 Die Grenzziehung zwischen funktionaler Privatisierung und anderen Privatisierungsformen ist nicht eindeutig: So bezeichnet Zeiss, Privatfinanzierung, S. 20, funktionale Privatisierung als Verlagerung der Aufgabenerfüllung, explizit nicht aber der Aufgabenverantwortung als Unterform der materiellen Privatisierung; nach Völmicke, Privatisierung, S. 50, und v. Hagemeister, Privatisierung, S. 53, hingegen stellt die funktionale Privatisierung – hier ebenfalls als Unterfall der materiellen Verlagerung – „die stärkste Form der Privatisierung“ (v. Hagemeister) dar, bei der sowohl die Erfüllung als auch die Kompetenz bzw. Verantwortung vom staatlichen in den privaten Sektor übertragen wird.

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delegiert wird, ohne jedoch die Kompetenz oder gar die Verantwortung des Staates für die Aufgabe mit zu übertragen. Das Charakteristische der funktionalen Privatisierung liege in der privaten „Erbringung eines Teilbeitrags mit funktionalem Bezug zu einer Staatsaufgabe“, so Burgi, „die dem Privaten übertragene Verantwortung ist dabei nicht mit der dem Staat obliegenden Verantwortung gleichwertig, sondern dienend auf diese bezogen“.126 Gegenüber der formellen Privatisierung wird ein „echtes“ Privatrechtssubjekt mit der freiwilligen127 Erfüllung von öffentlichen Aufgaben beauftragt, ohne daß die Aufgabe als solche in den privaten Sektor überwechselt, wie dies mit der materiellen Privatisierung beabsichtigt ist.128 Diese Privatisierungskategorie der funktionalen Privatisierung wäre auf einer Skala mit den Polen Staat auf der einen Seite und Markt auf der anderen Seite als „arbeitsteilige Aufgabenerledigung“129 grundsätzlich in der Mitte anzusiedeln, wobei jedoch je nach Umfang und Intensität privaten Engagements ihr Standort zwischen den Polen flexibel ist. Bilden formelle oder materielle Privatisierungen trotz jeweiliger gradueller Unterschiede eine relativ eindeutige Kategorie, die u. a. aufgrund organisationsrechtlicher Änderungen (Umwandlung) und entsprechender gesetzlicher Regelungen rechtlich faßbar ist, stellt demgegenüber die funktionale Privatisierung ein „begriffliche(s) Sammelbecken“130 für höchst unterschiedliche Formen arbeitsteiliger Aufgabenwahrnehmung dar. Trotz – oder gerade wegen – dieser Vielfalt der funktionalen Zusammenarbeit von staatlichen Organisationen und privaten Institutionen und der damit verbundenen Schwierigkeit, staatlich-private Kooperationen rechtlich zu systematisieren,131 treten „an die Stelle von klassischen Take-overLösungen“ nach Voßkuhle „immer häufiger gleitende Teillösungen“.132 Doch auch die Ausweitung der funktionalen Privatisierung und hier insbesondere der Verfah126 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 146; auch Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 371 f. 127 Hier liegt auch der Unterschied zur Indienstnahme Privater, vgl. u. a. v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 38 ff. 128 Durchaus denkbar ist jedoch, daß die funktionale Privatisierung als Übergang zur materiellen Privatisierung genutzt und an dessen Ende somit die Übertragung der Aufgabe insgesamt an Private stehen kann. Di Fabio, JZ 1999, S. 589, hält der funktionalen Privatisierung als Dauerzustand auch eine Verstetigung „organisationsrechtliche(r) Unschärfe“ vor. 129 Gramm, Privatisierung, S. 107 ff. 130 Gramm, Privatisierung, S. 109 f. 131 Nach Schoch, DVBl. 1994, S. 974, ist eine institutionelle Systembildung aufgrund des Variantenreichtums der funktionalen Privatisierung unmöglich. 132 Voßkuhle, VerwArch 2001, S. 208 f.; König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 358; speziell zur Verfahrensprivatisierung als „ein zunehmend beliebter gewordenes Mittel“ Stollmann, NordÖR 2000, S. 400. Schon Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 13, betonten, es gehe „nicht um ein Entweder / Oder, nicht um eine nochmalige Wiederholung des Hin und Her zwischen mehr Markt oder mehr Staat“, sondern darum, „eine der gegenwärtigen und absehbaren Problemlagen angemessene Kombination von autonomer Selbstorganisation und gesellschaftlich verbindlicher Kontextvorgabe zu suchen“.

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rensprivatisierung,133 d. h. der Übertragung von entscheidungsvorbereitenden Verfahren auf Private unter Reduzierung der behördlichen Prüf- und Kontrolltiefe bei gleichzeitig vorbehaltener Letztentscheidungskompetenz durch die Verwaltung134 als Sonderfall funktionaler Privatisierung,135 wird nicht mehr allein durch nationale Entscheidungen bestimmt,136 vielmehr hat die Rechtsetzung der Europäischen Union auch hier neue Impulse gegeben.137 b) Neben diese in die Aufgabenwahrnehmung funktional eingebundenen Privatrechtssubjekte treten weitere Akteure auch im Rahmen der regulierten Selbstregulierung in den Mittelpunkt von Kooperationsformen zwischen Staat und Gesellschaft. Zwar hat der „Schlüsselbegriff“ der regulierten Selbstregulierung138 die verwaltungsrechtliche Dogmatik in den letzten Jahren nachhaltig geprägt und das Verhältnis von Staat und Gesellschaft im Hinblick auf staatlichen Aufgabenvoll133 In der Unterscheidung von funktionaler und Verfahrensprivatisierung herrscht keine einheitliche Terminologie: Z.T. werden beide Begriffe synonym benutzt (Bonk, JZ 2000, S. 437); z.T. wird die Verfahrensprivatisierung als Beauftragung der funktionalen Privatisierung gegenübergestellt, auch wenn die Grenzen fließend sind (Di Fabio, JZ 1999, S. 588 ff.). In jedem Falle ist beiden Spielarten der Privatisierung gemeinsam, daß „die Aufgabenzuständigkeit und damit die Aufgabenverantwortung bei dem Träger öffentlicher Verwaltung“ bleibt, die Durchführung wird „jedoch auf ein echtes Privatrechtssubjekt übertragen“ (Schoch, DVBl. 1994, S. 963, Hervorhebung d. Verf.; auch Peine, in: Hoffmann-Riem / Schneider [Hrsg.], Verfahrensprivatisierung, S. 101 f.; a. A. Köchling, in: ebd., S. 201, der Verfahrensprivatisierung zu unrecht als materielle Privatisierung von Verfahrens- und Entscheidungskompetenz interpretiert). Die funktionale Privatisierung unterscheidet sich somit von der Beleihung (a. A. Jachmann / Strauß, ZBR 1999, S. 295; vgl. auch Bonk, JZ 2000, S. 437: Beleihung als Unterfall der funktionalen Privatisierung), da keine Hoheitsrechte übertragen werden (müssen) und der Beliehene in der Durchführung der öffentlichen Aufgaben Teil der Verwaltung, nicht aber echtes Privatrechtssubjekt ist; so schon Erbguth, UPR 1995, S. 370; zum „eher enge(n) Beleihungsverständnis“ auch Di Fabio, VVDStRL 56, S. 271 ff. 134 Eingrenzungen der Verfahrensprivatisierung in diesem Sinne bei Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 17; Pietzcker, in: ebd., S. 285; Stollmann, NordÖR 2000, S. 400. 135 Zutreffend Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 12 f., der die Verfahrensprivatisierung je nach Intensität der Verantwortungsverlagerung als Unterfall der materiellen oder der funktionalen Privatisierung zuordnet; im Anschluß auch Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 59; abzulehnen ist demgegenüber die Ansicht von Peine, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 102, daß Verfahrensprivatisierung der Sache nach Organisationsprivatisierung sei. 136 Motive speziell der Verfahrensprivatisierung, die neben den der Privatisierung allgemein zugeschriebenen flexibleren Strukturen im Dienst- und Haushaltsrecht auch in der Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen liegen sowie in der Beschleunigung von Verfahren und damit im Zeitgewinn sowohl für den Antragsteller als auch für die Verwaltung, die sich „strategisch auf die Ausrichtung und Anordnung wesentlicher Verfahrensteile“ beschränken kann, bei Erbguth, UPR 1995, S. 371 f.; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 16 f. 137 So auch Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 16. 138 Vgl. etwa Voßkuhle, VerwArch 2001, S. 213; zur Karriere eines „Schlüsselbegriffs“ am Beispiel der regulierten Selbstregulierung ders., Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 197 ff.

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zug, staatliche Steuerung und Kontrolle deutlichen Veränderungen unterworfen. Die Argumentationslinien einer Selbstregulierung mit unterschiedlich stark ausgeprägtem staatlichen Einfluß sowie ihre konzeptionellen Grundlagen liegen jedoch weiter zurück und wurden im Laufe der Zeit dem jeweiligen wissenschaftlichen Interesse entsprechend modifiziert und weiterentwickelt, ohne die „steuerungstheoretische Perspektive mit der Fragestellung, wie der Staat Ziele zu erreichen vermag“, aufzugeben.139 So werden in jüngster Zeit die Nutzung des Know-How, der Dynamik und der Initiative privater Akteure sowie die Substitution des im öffentlichen Sektors aufgrund der finanziellen Lage fehlenden Personals durch verwaltungsvollziehende Private als Argumente für regulierte Selbstregulierung angeführt140 und somit eine ähnliche Begründungskette wie hinsichtlich der Privatisierung aufgebaut. Daß es sich bei der regulierten Selbstregulierung letztlich um eine nicht abgeschlossene Konzeption für eine Steuerung durch Recht handelt, zeigt sich zum einen daran, daß bislang nur in sehr begrenztem Umfang eine einheitliche Begrifflichkeit entwickelt werden konnte:141 So subsumiert Schmidt-Preuß z. T. höchst unterschiedliche Verfahren unter gesteuerte Selbstregulierung, während Burgi von staatlich veranlaßter gesellschaftlicher Selbstregulierung spricht und sich bei Di Fabio der Terminus der instrumentellen Selbstregulierung findet.142 Die Terminologie erhält durch Hoffmann-Riem eine weitere Variante, indem er die staatliche Regulierung unter Einbau selbstregulativer Elemente der staatlich regulierten Selbstregulierung gegenüberstellt, gleichwohl aber anmerkt, daß die Übergänge zwischen beiden fließend seien.143 Ein weiteres Anzeichen liegt darin, daß die Intensität staatlicher Verantwortung durchaus verschiedenartig bewertet wird144 139 Brandt, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 135. Zur älteren systemtheoretischen Literatur u. a. Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 4 ff. m. w. N. Vgl. auch BVerfGE 98, 106, 117: „Der moderne Staat verwaltet nicht nur durch rechtsverbindliche Weisung, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung“. Zum NPM aus systemtheoretischer Sicht Reinermann, Politik- und Verwaltungsmanagement, S. 58 ff. 140 Zuletzt Schmidt-Preuß, DÖV 2001, S. 49, der in diesem Zusammenhang auch den systemtheoretischen Ansatz, nach dem der Staat aufgrund der Abgeschlossenheit der Teilsysteme nicht in der Lage sei, diese (durch herkömmliches Recht) zu steuern, ablehnt, da sich „eine inhärente Steuerungsunfähigkeit des Staates . . . durch empirische Daten nicht untermauern läßt“. Allerdings hat sich diese Steuerungsunfähigkeit im Bereich der finanziellen Ressourcen als klassisches Steuerungsmittel des Staates erwiesen. 141 So auch Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 164 f. 142 Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 165 ff.; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 87 ff.; Di Fabio, VVDStRL 56, S. 238 ff. 143 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 300 ff. (301). Zur inhaltlichen Überschneidung regulierter Selbstregulierung mit Prozeduralisierung bzw. Verantwortungsteilung vgl. Voßkuhle, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 213. 144 Nach Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 300, besteht bei der staatlichen Regulierung unter Einbau selbstregulativer

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oder auch die Zurechnung von politikfeldbezogenen Verfahren als Form der regulierten Selbstregulierung sehr unterschiedlich ausfällt.145 Hilfreich zur Definition und Eingrenzung regulierter Selbstregulierung ist es jedenfalls, auf die jeweiligen Teilbegriffe wie folgt abzustellen.146 aa) Selbstregulierung impliziert zunächst die „individuelle oder kollektive Verfolgung von Privatinteressen in Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten zum legitimen Eigennutz“.147 Da aber die schlichte Verfolgung von Privatinteressen dem Begriff der Regulierung niemals gerecht werden könnte, wird das Ziel der Selbstregulierung oder Selbststeuerung, nämlich bestimmte spezifische Fähigkeiten und Funktionen, insbesondere „Detailreichtum, Dynamik, Vielfalt und Variabilität“ der gesellschaftlichen Subsysteme wie z. B. Wirtschaft oder Wissenschaft, „zu erhalten und nicht durch zentrale Vorgaben einzuschränken“,148 um die Festlegung und Sicherung von Verhaltensmaßstäben für die den einzelnen Teilsystemen zugehörigen oder mit ihr in Verbindung stehenden Beteiligten ergänzt.149 Zwar werden diese Verhaltensmaßstäbe weitgehend autonom bestimmt, jedoch setzen die geltende Rechtsordnung, wie etwa die Grundrechtsschranken, aber auch die allgemeine Rechtsordnung (legitimer Eigennutz) einer grenzenlosen Autonomie einen Rahmen.150 Von daher ist es auch kein Widerspruch, wenn selbstregulative Maßnahmen auch gemeinwohlorientierte Zwecke verfolgen können,151 ohne daß es sich jedoch um eine geplante und absichtsvolle Justierung handelt.152 Elemente trotz eines Spielraumes für autonome Entscheidungen auch weiterhin eine staatliche Erfüllungsverantwortung, nicht hingegen bei der staatlich regulierten Selbstregulierung, innerhalb derer „der Staat keine Erfüllungsverantwortung übernimmt oder sie zumindest zurückstellt“ (S. 301). Daß es sich hierbei um ein Problem handeln könnte, wird deutlich, wenn ein Regulierungskonzept schleichend in das andere übergeht (vgl. Fn. 143). 145 Am Beispiel des Umweltaudit läßt sich die Bandbreite von Verfahrensprivatisierung (so wohl Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 168) bzw. faktischer Verfahrensprivatisierung (Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider [Hrsg.], Verfahrensprivatisierung, S. 5), über rekursiv angelegte Risikosteuerung (Köck, VerwArch 1996, S. 647), regulierte Selbstregulierung (für viele Brandt und Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 123, 256) bis hin zur Aufgabenübertragung (Pietzcker, in: Hoffmann-Riem / Schneider [Hrsg.], Verfahrensprivatisierung, S. 301) ziehen. 146 So Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 162 ff.; Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 254 f. 147 Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 162 ff. 148 Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 6, 15. 149 Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 255: Selbstregulierung „schöpft ihre Kraft aus privatem gesellschaftlichem Handeln“. 150 Vgl. etwa Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 303, sowie Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 162 f. Zu potentiellen Gefahren einer maximalen „Leistungssteigerung der Teilsysteme durch Spezialisierung“ Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 14. 151 Engelhardt, ZögU 2000, S. 173, bezeichnet eine mittelbare, mehr intuitiv denn bewußt gewählte Gemeinwohlorientierung erwerbswirtschaftlicher bzw. privatwirtschaftlicher Unternehmen als rationalistische Gemeinwohlkonzeption. In eine ähnliche Richtung weist die (re-

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bb) Regulierung hingegen ist gleichzusetzen mit staatlich imperativem Handeln als einer „Steuerung mit einem spezifischen, über den Einzelfall hinausgreifenden Ordnungszweck“ mittels Geboten und Verboten.153 Begreift man den Staat als Subsystem, geht staatliche Regulierung im Unterschied zur gesellschaftlichen Selbstregulierung bewußt über die Grenzen des ,eigenen‘ Teilsystems hinaus154 und versucht, andere Subsysteme in der Regel durch (konditionales oder finales) Recht, aber auch durch Programme und Pläne nachhaltig zu beeinflussen und zu steuern.155 Der Erfolg einer Regulierung hängt in wesentlichem Maße jedoch von der Akzeptanz des dem Staat eigenen Steuerungsmediums Macht durch die Subsysteme ab.156 Das Steuerungssystem der staatlichen Regulierung ist somit gekennzeichnet durch hierarchisches Recht, hoheitlichen Rechtsvollzug mit der Möglichkeit des Verwaltungszwangs, Rechtsbindung und rechtliche Vollsteuerung, regelmäßig als Vollzug ausformulierter Ziele mit Kontroll- und Sanktionsmechanismen.157 cc) Mit der regulierten Selbstregulierung als Verbindung beider Teilbegriffe werden die gesellschaftlich-individuelle, auf eigene Interessen bezogene Selbststeuerung (mehr oder weniger) autonomer Subsysteme und die staatliche Steuerung durch imperative Rechtsetzung und imperativen Rechtsvollzug im Interesse des ,Ganzen‘, des Gemeinwohls vor allem, in ein neues, angesichts der unterschiedlichen, interessengeleiteten Steuerungsmodi auf den ersten Blick in sich widersprüchliches Konzept eingebunden: Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Autonomie einerseits sowie Abhängigkeit, Fremdbestimmung und Zwang flexive) dezentrale Kontextsteuerung, die Umwelt- bzw. „Kontextbedingungen in die Autonomie eines zirkulär geschlossenen Operationsmodus“ einschleust, um „die Freiheitsgrade der Teile zugunsten der Steuerbarkeit des Ganzen ein(zu)engen“, hierzu Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 33, 17. 152 Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 255, spricht der Selbstregulierung daher auch eine „spezifische Bezogenheit . . . auf den Staat“ bzw. die Verfolgung von „staatlich definierten öffentlichen Zwecke(n)“ ab (Hervorhebung d. Verf.). Allerdings handelt es sich jedoch nur um eine scheinbare Abkehr von Di Fabio, VVDStRL 56, S. 238 ff., da dieser „instrumentelle Selbstregulierung“ durchaus als regulierte und nicht nur als gesellschaftliche Selbstregulierung versteht. 153 Hierzu Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 255; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 300. 154 Im Ergebnis auch Schmidt-Preuß, DÖV 2001, S. 48 f., allerdings in der juristischen Terminologie: Gewaltmonopol des Staates als außenwirksamer Zwang gegenüber Dritten. 155 Zur „zentrale(n) Bedeutung des Gesetzes für die Transparenz der Regelungsstruktur“, insbesondere bei der „Differenzierung staatlicher Verantwortung“ Trute, DVBl. 1996, S. 957; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 20 f., sowie Ruffert, AöR 1999, S. 241. 156 Allgemein zur „Dominanz des Teilsystems Staat“ Dose, in: Postinterventionistisches Recht, S. 83; zu den „Kommunikations-Medien“ der Teilsysteme – Geld, Wahrheit, Macht, Recht – Grunow, in: Klimecki / Müller (Hrsg.), Verwaltung im Aufbruch, S. 64 ff. 157 Vgl. Schuppert, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 217 f.; Schmidt-Preuß, DÖV 2001, S. 48.

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andererseits als diametral entgegengesetzte Verhaltens- und Handlungsrahmen158 sollen in der Weise zueinander in Beziehung gesetzt werden, daß für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation entsteht. Als bislang noch ungeklärt muß allerdings die nicht unbedeutende Frage gelten, ob für den Übergang von einer gesellschaftlichen Selbstregulierung in die regulierte Selbstregulierung Kriterien existieren, da anderenfalls jegliche Beeinflussung des gesellschaftlichen Bereichs durch staatliche „Ermöglichungsstrategien“ als regulierte Selbstregulierung bezeichnet werden könnte und mit dieser terminologischen Inflation jener Schlüsselbegriff entwertet würde. Als Grenzstein einer regulierten Selbstregulierung soll die Mindestanforderung aufgestellt werden, daß staatlich initiierte selbstregulative Prozesse Rückwirkungen auf staatlich gesetzte Regulierungsmechanismen haben müssen, indem sie z. B. zu einer Verfahrensvereinfachung oder zumindest zur Erleichterung von Mitwirkungsrechten bzw. -pflichten in Verfahren führen, ohne jedoch das Verfahren selbst oder wesentliche Verfahrensteile privaten Institutionen zu überantworten: Eine ausschließlich subjektorientierte Selbstregulierung wäre somit nicht ausreichend, es bedarf einer gewissen Staats- oder Institutionenorientiertheit. 159 Regulierte Selbstregulierung als reflexives Recht160 muß somit eine Verknüpfung von positiven Ergebnissen selbstregulativer Prozesse mit entsprechenden Wirkungen auch für den Staat als Teilsystem implizieren, nicht aber nur Vorteile z. B. ökonomischer Art für die beteiligten privaten Akteure; anderenfalls würde sie sich im Zwischenbereich von privater Selbstregulierung und allenfalls latent staatlich regulierter Selbstregulierung bewegen.161 Zwingende Voraussetzung für den Erfolg dieser kombinierenden oder vermittelnden Steuerungsstrategie ist jedoch, daß kontradiktionale Verhaltens- und Handlungsmuster der Beteiligten bzw. „Selbstregulierungsanliegen und Regulierungsan158 Voßkuhle, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 199, spricht daher auch von der „Paradoxie“ der regulierten Selbstregulierung. Vgl. auch Ladeur, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 66; zu verfassungsrechtlichen Problemen des „Mixtum aus Staat und Gesellschaft“, auf die das Verfassungsrecht angesichts der Unterscheidung zwischen Staat und Gesellschaft nicht eingerichtet ist, Grimm, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 19. 159 Zu dieser Unterscheidung selbstregulativer Prozesse Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 86 ff. (88). 160 Zum Zusammenhang von Selbstregulierung durch dezentrale Kontextsteuerung und reflexives Recht Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 24 ff., insbesondere S. 29; vgl. auch E.-H. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 85 f.; Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 308 f. 161 Zu unterschiedlichen Stadien Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 301 ff. Auch nach der materiellen Privatisierung des Verpackungsabfalls (Fn. 21) bestehen regulierende Selbstregulierungsmechanismen, da nach § 6 VerpackV Hersteller und Vertreiber von Waren von der Pflicht zur Rücknahme von Verkaufsverpackungen als Bestandteil der Produktverantwortung (§ 22 Abs. 1 Ziff. 5 KrW- / AbfG) befreit sind, sofern sie sich – freiwillig – an einem System beteiligen, das die Abholung der Verpackungen gewährleistet, vgl. u. a. Schmidt-Preuß, DVBl. 2001, S. 1095 ff., insbesondere S. 1098; kritisch Ladeur, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 60 f.

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liegen aufeinander bezogen sind und sich ergänzen“.162 Dies bedeutet aber auch, daß keineswegs alle Politiken durch staatlich regulierte Selbstregulierung gesteuert werden könnten: Wo die Interessen der Regulierungspartner divergieren, kann dieses Steuerungssystem nicht greifen.163 Doch werden nicht nur Fremd- und Eigensteuerung als Steuerungsmodi integriert, vielmehr auch die jene Teilsysteme umgebenden Steuerungsinstrumente und hier insbesondere die Regelungsansätze des Privatrechts auf der einen und des öffentlichen Rechts auf der anderen Seite. Mit der regulierten Selbstregulierung verbunden ist somit vielfach auch eine engere Verzahnung der beiden Teilrechtsordnungen, sei es durch unterschiedlich intensiv ausgeprägte Transfervorgänge, sei es durch einen kombinierten Einsatz der Instrumente z. B im Zuge des Verfahrens oder auch bei Lücken im selbstregulativen Prozeß.164 Regulierte Selbstregulierung stellt somit nicht nur eine terminologische und dogmatisch-systematische Herausforderung an das öffentliche Recht dar, sondern wird zwangsläufig eine Annäherung beider Teilrechtsordnungen auch in weiteren Bereichen staatlichen und privaten Handelns zur Folge haben. Wenn „Privatisierung im engeren Sinne nicht zuletzt dadurch gekennzeichnet“ sein soll, „daß die bisher dem Staat und seinen Behörden anvertraute Rolle ganz oder teilweise einem Dritten überlassen wird“,165 gleichzeitig aber auch im Rahmen der staatlich regulierten Selbstregulierung Private eingebunden sind, stellt sich die Frage, wie die Konzepte der funktionalen Privatisierung und der regulierten Selbstregulierung zueinander stehen: In beiden Fällen treten Privatrechtssubjekte in eine aufgabenteilige Beziehung zum Staat; für beide Konstellationen wird die Letztverantwortung dem Staat zugeschrieben, so daß eine synonyme Verwendung der Begriffe der funktionalen Privatisierung und der regulierten Selbstregulierung nahe liegt, zumindest jedoch eine wechselseitige Bezogenheit unterstellt werden kann.166 Hinzu kommt der Aspekt der Freiwilligkeit: Sowohl die Übernahme (funktional) privatisierter Aufgaben als auch die unter staatlichem Vorbehalt stehende selbstregulative Steuerung zur Vermeidung ordnungsrechtlicher Maßnahmen sind fakultativ. Allerdings können hier schon Unterschiede zwischen So Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 255. Auch nach Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 15, könne „zentrale staatliche Steuerung“ nicht ohne weiteres durch „Selbststeuerung der Teilsysteme ersetzt werden“. Eine relative Interessenhomogenität führe aber andererseits dazu, daß u. a. Alternativen nicht aufgedeckt und wenig „produktive Spannung“ erzeugt werde, so Ladeur, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 74 f. 164 Vgl. hierzu umfassend Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 304 ff. Im Zuge der Privatisierung hingegen tritt die „Gegenüberstellung von privatem und öffentlichem Recht“ deutlich hervor, vgl. u. a. Püttner, FS Maurer, S. 713. 165 Vgl. hierzu Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 13. 166 Nach Schmidt-Preuß, DVBl. 2001, S. 1097, gehen „materielle Privatisierung und kollektive Selbstregulierung . . . Hand in Hand“. 162 163

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beiden Verfahren gesehen werden: Zum einen handelt es sich bei der regulierten Selbstregulierung um ein Verfahren zur Herstellung erwünschter Verhaltensweisen, bei der funktionalen Privatisierung hingegen um eine auf die Aufgabe bezogene organisatorische Maßnahme.167 Zum anderen können die Folgen der Selbstregulierung nach der Teilnahme an einem entsprechenden System grundsätzlich auch weiterhin ergebnisoffen sein: Sollten selbstregulative Mechanismen nicht greifen, ist entweder Folgenlosigkeit beabsichtigt oder das Ordnungsrecht tritt an die Stelle selbstregulativer Maßnahmen und beendet diese.168 Werden Aufgaben nach Maßgabe funktionaler Privatisierung erfüllt, trifft dies nicht zu: Die Aufgabenerfüllung durch den Privaten muß grundsätzlich sichergestellt sein; gegebenenfalls hat ihm gegenüber der Staat entsprechende Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um seiner Letztverantwortung gerecht werden zu können. Darüber hinaus hat Burgi akteursspezifische Unterschiede zwischen beiden Phänomenen dargelegt: Während sich bei der funktionalen Privatisierung der Dritte als Privatisierungsadressat dadurch auszeichnet, daß er als bislang Außenstehender in das Kooperationsspektrum von Staat und Gesellschaft neu hinzutritt, handelt es sich bei der regulierten Selbstregulierung um eine prinzipielle Verschiebung von Verantwortungssphären innerhalb einer bereits „bestehenden Beziehung zwischen Staat und Bürger“: Adressaten der regulierten Selbstregulierung sind die „von staatlicher Aufgabenwahrnehmung belastend Betroffenen“.169 Zählt man zum Kreis der möglichen Akteure der Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat nicht nur unmittelbar aufgabenerfüllende Institutionen, also insbesondere den Staat, (privatisierte) Unternehmen und den Dritten Sektor,170 sondern eben auch diese in irgendeiner Weise belastend betroffenen Adressaten, erweitern nach diesem Verständnis funktionale Privatisierungsvorgänge somit die Akteuersebene deutlich. Die Berücksichtigung der durch die Aufgabenwahrnehmung in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkten oder in anderer Weise schlechter gestellten Adressaten durch Formen regulierter Selbstregulierung könnte von daher auch mit der in der Verwaltungsreform im Zusammenhang mit Personalentwicklungsmaßnahmen gebräuchlichen Formel, „Betroffene zu Beteiligten machen“ zu wollen, bezeichnet werden.

Zu dieser modalen bzw. materialen Sichtweise Schmidt-Preuß, DVBl. 2001, S. 1097 f. Zur „kollektiven Eigenvornahme“ in Verbindung mit staatlicher „Zugriffsoption“ u. a. Schmidt-Preuß, DVBl. 2001, S. 1096 f.; zur Verhaltensoffenheit zielorientierter steuerlicher Lenkung BVerfGE 98, 106, 121. Ähnlich ergebnisoffen ist auch die dezentrale Kontextsteuerung als reflexives Recht: Indem der Staat nicht auf die Teilsysteme selbst, sondern auf ihre Interaktionsbeziehungen steuernd und beeinflussend einwirkt (hierzu Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 33), regelt er damit „keine bindenden Entscheidungen, sondern . . . die Bedingungen für das Zustandekommen bindender Entscheidungen“ (Dose, in: Postinterventionistisches Recht, S. 95 f.). 169 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 88, 13 (Hervorhebung B.). 170 Vgl. zum Dritten Sektor u. a. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 354 ff. 167 168

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Diese Unterscheidung zwischen funktionaler Privatisierung und regulierter Selbstregulierung ist nicht lediglich akademischer Natur, vielmehr sind mit ihr z. B. haftungsrechtliche Folgen verbunden: Haftung der beauftragenden Körperschaft bei funktionaler Privatisierung einerseits,171 Schadensersatzpflichten von Gutachtern im Zuge der regulierten Selbstregulierung andererseits.172 Sie hat aber auch Auswirkungen auf handlungs- und organisationsrechtliche Regelungen, da etwa die Bereitstellung aufgabenadäquater Organisationsstrukturen in solchen Institutionen eher möglich ist, die aufgrund der Betroffenheit auf Erfahrungen mit der Aufgabe zurückgreifen können und für die Errichtung entsprechender, d. h. funktional äquivalenter Arrangements einen institutionellen und verfahrensbezogenen Rahmen zur Verfügung haben.

1. Funktionale Privatisierung im Bereich der Infrastrukturverwaltung – Betreiber- und Konzessionsmodell Seit langem werden Aufgaben im Bereich der Infrastrukturverwaltung und hier insbesondere des Straßenbaus mit Unterstützung Privater durchgeführt; die Einschaltung Privater bei der Durchführung von Neubau-, Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen auf der Grundlage von Werkverträgen, aber auch im Zuge von Planungsaufgaben hat Tradition.173 Seit 1992 hat diese Entwicklung jedoch eine neue Qualität erhalten, da privates Engagement und privater Sachverstand nicht mehr nur für Planungsaufgaben, sondern auch für den Bau, Betrieb und die Finan171 Zur Haftung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die „unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens verantwortlich“ bleibt (Queitsch, UPR 2000, S. 250), im Rahmen der Drittbeauftragung im Abfall- bzw. Abwasserrecht nach §§ 823, 839 BGB Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 16 Rn. 89; v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 16 Rn. 23. 172 Bei fehlerhafter Begutachtung im Rahmen des Umweltaudit etwa liegt die Haftung nach § 823 bzw. § 826 BGB ausschließlich beim Umweltgutachter; ein Durchgriff auf die Gutachter-Zulassungsstelle ist nur möglich, wenn es sich um eine sorgfaltswidrige Bestellung des Gutachters gehandelt und die Zulassungsstelle damit ihre Amtspflichten verletzt hat, nicht jedoch bei ordnungsgemäßer Bestellung, da der Umweltgutachter (noch) nicht für die Zulassungsstelle handelt und eine Zertifizierung des Umweltmanagementsystems (noch) keine öffentliche (Verwaltungs-)Aufgabe darstellt; hierzu umfassend Höland, ZEuP 1998, S. 38 f., 46 ff. (48 ff.); zur Haftung des Umweltgutachters gegenüber dem Unternehmen auch J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 383 ff. Eine Begrenzung der Höhe der Schadensersatzpflicht analog zu § 323 Abs. 2 HGB ist in § 30 UAG geregelt. 173 U.a. Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 45 ff., 90 ff.; Bucher, Privatisierung, S. 35 ff., 55 ff.; Blümel, in: ders. / Magiera / Merten / Sommermann, Verfassungsprobleme, S. 18 ff.; Hahn, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, S. 152. Speziell zur privatrechtlich organisierten, von Bund und (betroffenen) Ländern getragenen Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Baugesellschaft mbH (DEGES) u. a. Blümel, in: Sommermann (Hrsg.), Aktuelle Fragen, S. 21 f.; Pabst, Grenzen der Privatisierung S. 240 ff., sowie erneut Bucher, Privatisierung, S. 60 ff.; zu damit verbundenen rechtlichen Problemen v.a. bei Planungsaufgaben des weiteren Wahl, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater, S. 24 ff., 35 ff.

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zierung von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen jenseits werkvertraglicher Vereinbarungen genutzt werden. Mogenheimer Modell,174 Konzessionsmodell, Betreibermodell oder Mautmodell175 sind Schlagworte, die im Zuge der Privatisierung von Infrastrukturaufgaben fallen. In der Literatur wird insbesondere zwischen zwei zentralen Typen unterschieden, dem Konzessionsmodell und Betreibermodell: a) Im Konzessionsmodell werden Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen von privaten Investoren errichtet und in eigenem Namen und auf eigene Rechnung finanziert; die Nutzungsrechte liegen während der Errichtung beim Investor. Hieraus lasse sich auch der Begriff des Konzessionsmodells erklären, da die Privaten „aufgrund einer ,Konzession‘ zur Nutzung der von ihnen errichteten Straßenanlage berechtigt sind“.176 Nach Fertigstellung der Baumaßnahme werden die Nutzungsrechte an den Bund gegen an den Investor zu zahlende jährliche Raten abgetreten; die Refinanzierung erfolgt demnach ausschließlich über das bundesseitig zu zahlende Nutzungsentgelt.177 b) Im Betreibermodell werden Errichtung und Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen ebenfalls privaten Investoren übertragen; die Aufgabenübertragung erfolgt hier in der Regel im Rahmen eines Konzessionsvertrages.178 Das besondere Kennzeichen dieses Modells gegenüber dem Konzessionsmodell liegt nach Ansicht der herrschenden Meinung hingegen in der Refinanzierung der Bauund Erhaltungskosten durch streckenbezogene, von den Nutzern in der Regel direkt an den Betreiber zu entrichtende Straßenbenutzungsgebühren,179 also in der Refinanzierung durch Konzessionierung.180 Während nach dem oben dargestellten Konzept des Konzessionsmodells die Errichtung und der Betrieb einem Privaten 174 Beim sogenannten Mogenheimer Modell handelt es sich um eine Sonderform des (finanzierten) Werkvertrages, vgl. hierzu Zeiss, Privatfinanzierung, S. 48 ff., 52. 175 Einen Überblick über die verschiedenen Formen der Privatfinanzierung, wenn auch mit unterschiedlicher Begrifflichkeit, geben u. a. Arbeitsgruppe, Bericht, S. 22 ff.; Grupp, DVBl. 1994, S. 142 f.; Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 45 ff., sowie zuletzt Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 14 ff. 176 Burgi, Privatisierung, S. 105; Bucher, Privatisierung, S. 73; ferner Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 53 ff., und Bruns, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, S. 160. 177 Hierzu Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn. 26.1; Arndt, Privatfinanzierung, S. 73; Grupp, DVBl. 1994, S. 143; mit dem Schlagwort buy now, pay later prägnant Bruns, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, S. 159 f.; ebenso Burgi, Privatisierung, S. 104. 178 Vgl. etwa Uechtritz, VBlBW 2002, S. 318; Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn. 26.2. 179 Pabst, Grenzen der Privatisierung, S. 220; Bucher, Privatisierung, S. 76 ff.; Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 66, 167 ff.; ferner Blümel, in: Sommermann (Hrsg.), Aktuelle Fragen, S. 39 f.; Burgi, Privatisierung, S. 105 f.; Uechtritz, VBlBW 2002, S. 317. Hingegen unterscheidet Zeiss, Privatfinanzierung, S. 53 ff., 59 ff., zwischen direkten Betreibermodellen mit Gebührenerhebung unmittelbar beim Nutzer und indirekten Betreibermodellen, bei denen der Staat als „Zwischenhändler“ Gebühren erhebt und diese an den Betreiber weiterleitet bzw. die Refinanzierung aus dem Staatshaushalt erfolgt. 180 So Arndt, Privatfinanzierung, S. 9.

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im Sinne einer – zeitlich begrenzten – funktionalen Privatisierung übertragen wird, stellt sich das Betreibermodell nach diesem Verständnis darüber hinaus als Finanzierungsprivatisierung dar. Zwar haben sich diese Unterscheidungsmerkmale des Konzessionsmodells und des Betreibermodells nicht zuletzt durch die im Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastrukturen“ vorgenommene Terminologie weitgehend verfestigt;181 in der neueren Literatur, insbesondere zu Kooperationen zwischen Verwaltung und Privaten, werden die Eigenschaften beider Modelle jedoch gerade umgekehrt beschrieben.182 Danach bestehen im Betreibermodell nur zwischen Betreiber und Auftraggeber direkte Vertragsbeziehungen:183 Die Refinanzierung erfolgt nicht unmittelbar durch die Nutzer, sondern durch ein „im voraus festgelegtes Betreiberentgelt“, das der private Investor vom öffentlichen Auftraggeber erhält.184 Demgegenüber erhält der „Betreiber“ bzw. Konzessionär im Konzessionsmodell nach Fertigstellung der vereinbarten Maßnahmen das Recht, Gebühren unmittelbar beim Nutzer einzuziehen und sich auf diese Weise über Entgelte unmittelbar zu refinanzieren.185 Nicht aus dem Nutzungsrecht, sondern aus diesem grundsätzlichen Recht der unmittelbaren Gebührenerhebung beim Nutzer, das auf dem Wege der Beleihung oder durch eine Tarifgenehmigung erteilt werde, leite sich auch der Begriff des Konzessionsmodells ab.186 Diese terminologische Unklarheit bei der Abgrenzung der Begrifflichkeiten, die zudem durch die Vergabe von Konzessionsverträgen im Betreibermodell187 verstärkt wird, während im Konzessionsmodell „eine Konzession im eigentlichen Sinne nicht erteilt wird“,188 kann als mögliches Anzeichen für die generelle UnsiArbeitsgruppe, Bericht, S. 22 ff. Die Verschiedenartigkeit in der Terminologie einer vertraglichen Gestaltung der „Aufgabenübertragung zur Erfüllung“ (u. a. Konzessions-, Betreiber-, Betriebsführungsvertrag) konstatiert auch Schlette, Verwaltung, S. 160 mit Fn. 278. 183 Eindeutig Ziekow, Verankerung, S. 90 f. 184 PriceWaterhouseCoopers u. a., PPP im öffentlichen Hochbau, S. 301; ebenso Umweltbundesamt, Liberalisierung, S. 16. Durchaus möglich ist es aber, daß das privatrechtliche Entgelt „in die Gebühr eingeht, die die Kommune von den Nutzern erhebt“, so Schuppert, Grundzüge, S. 50 f., mit Blick auf entsprechende Modelle in der Abwasserentsorgung, wie etwa in dem von Arndt, Privatfinanzierung, S. 8 f., 75, erwähnten Niedersächsischen Betreibermodell. Zum Terminus des direkten und indirekten „Betreibermodells“ auch Zeiss (Fn. 179). 185 Dreher, NZBau 2002, S. 253; Umweltbundesamt, Liberalisierung, S. 18; Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 16; eine Mitfinanzierung durch den öffentlichen Auftraggeber zur sozialverträglichen Gebührengestaltung stehe dem auch nicht entgegen, so PriceWaterhouseCoopers u. a., PPP im öffentlichen Hochbau, S. 287. 186 Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 16 187 Zu Konzessionsverträgen nach dem FStrPrivFinG etwa Uechtritz, VBlBW 2002, S. 318 ff. 188 Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn. 26.1; Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 130. 181 182

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cherheit gewertet werden, die Kooperationen zwischen Staat und Privaten kennzeichnen.189 Doch wurde die Einteilung der Modelle in benutzerfinanzierte Betreibermodelle und auftraggeberbezogene Ratenzahlung im Konzessionsmodell, wie sie im Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur“ vorgenommen wurde,190 nicht nur von der herrschenden Meinung übernommen, sondern hat auch Eingang in die Gesetzgebung gefunden.191 Auch wenn prinzipiell die Terminologie der neueren Literatur übernommen werden sollte und etwa dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz somit das Konzessionsmodell zugrunde liegt, wird aus Gründen der Einfachheit nachfolgend die Frage, ob es sich um ein Betreiber- oder um ein Konzessionsmodell handelt, weitgehend ausgeblendet.192 Erste Pilotprojekte einer systematischen Einschaltung privater Investoren in die (Vor-)Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen starteten 1992 mit dem Ziel, den nach der Deutschen Einheit notwendigen Bedarf an Verkehrswegen früher realisieren zu können als dies mit den zur Verfügung stehenden öffentlichen Mitteln möglich wäre:193 Während der Private das Projekt erstellt und die Finanzierung übernimmt, garantiert der Staat die Übernahme des Projektes durch „ratenweise Zahlung der Refinanzierungssumme“.194 Aufgrund dieser staatlichen Refinanzierungsgarantie ist mit diesem Modell zwar keine Entlastung der öffentlichen Haushalte verbunden, die Finanzierung von dringenden Infrastrukturmaßnahmen wird jedoch zumindest verschoben und über einen längeren Zeitraum gestreckt.195 Damit verlagert sich auch nicht die staatliche Verantwortung für diese Aufgaben im Bereich 189 Ähnlich Eingrenzungsprobleme ergeben sich beim Begriff der Public-Private Partnership, vgl. hierzu 2. Teil, Kap. A III, insbesondere Fn. 347 ff. 190 Arbeitsgruppe, Bericht, S. 22 ff., 41 ff. 191 Z. B. § 2 Abs. 2 S. 3 FStrPrivFinG: „Betreiber“; in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12 / 684 v. 24. 2. 1994, S. 1, 5, wird ausdrücklich auf das dem Entwurf zugrunde liegende Betreibermodell Bezug genommen; demgegenüber eröffnet § 4 Abs. 2 S. 1, § 6 Abs. 1 ABMG zutreffend die Möglichkeit, die Errichtung und den Betrieb des Mautsystems, nicht aber die Mauterhebung bei den Nutzern, einem Betreiber zu überantworten. Vgl. auch Dreher, NZBau 2002, S. 253 mit Fn. 59. 192 So deutet auch Arndt, Privatfinanzierung, S. 73 f., den Begriff Konzessionsmodell zwar zutreffend als „mißverständlich“, hält jedoch an ihm fest, „um die Dinge nicht zu verkomplizieren“. 193 Hierzu Bucher, Privatisierung, S. 64 ff.; vgl. auch Blümel, in: ders. / Magiera / Merten / Sommermann, Verfassungsprobleme, S. 21 f. Bislang konnte eine Vielzahl von Vorhaben, davon allein 18 in Rheinland-Pfalz, nach diesem Modell realisiert werden, vgl. die Übersicht bei Arndt, Privatfinanzierung, S. 257, 261, sowie den Bericht von Bruns, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, S. 159 ff. 194 So Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn 26.1 (Hervorhebung R.) 195 Vgl. Uechtritz, VBlBW 2002, S. 317; zu verfassungsrechtlichen Problemen des Konzessionsmodells Grupp, DVBl. 1994, S. 143 ff.; Pabst, Grenzen der Privatisierung, S. 206 ff.; nach Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 66 mit Fn. 244, ist eine Erweiterung des Konzessionsmodells auf neue Projekte nicht geplant.

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der Infrastrukturverwaltung: Indem sowohl Aufgabenverantwortung als auch Finanzierungsverantwortung weiterhin beim Staat verbleiben und lediglich die Durchführung des Baus Privaten übertragen wird, handelt es sich bezüglich der Aufgabe „Straßenerrichtung und Straßen(aus)bau“ zwar um eine aufgabenbezogene funktionale Privatisierung, bezüglich der privaten (Vor-)Finanzierung von Straßenbauprojekten kann jedoch allenfalls von einer lediglich temporären finanzierungsbezogenen funktionalen Privatisierung gesprochen werden.196 Ähnliche Ziele sollten mit dem 1994 erlassenen Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) erreicht werden. Auch hier ging es vorrangig darum, trotz angespannter Finanzlage der öffentlichen Haushalte dem sprunghaft gestiegenen Bedarf an Verkehrsinfrastruktureinrichtungen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht Rechnung tragen zu können.197 Insoweit kann das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz auch als „Beschleunigungsgesetz“ für bereits geplante Verkehrsprojekte angesehen werden.198 Wie bei den bereits erprobten Modellen können Privaten nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG der Bau, die Erhaltung und der Betrieb von Straßen zur Ausführung übertragen werden. Mit dieser Formulierung wird deutlich hervorgehoben, daß lediglich die Leistungserstellung – Bau, Erhalt und Betrieb – auf den privaten Sektor verlagert wird, die Verantwortung für die öffentliche Aufgabe als solche jedoch weiterhin dem Bund als Träger der Straßenbaulast obliegt.199 Bezüglich der Aufgabe „Straßenbau und -betrieb“ handelt es sich somit um einen Fall der funktionalen Privatisierung, bei der Aufgabendurchführung und Aufgabenverantwortung institutionell-organisatorisch auseinanderfallen.200 196 Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 55 f. Pabst, Grenzen der Privatisierung, S. 206, ordnet das Konzessionsmodell der Organisationsprivatisierung zu, auch wenn es „Züge einer funktionalen Privatisierung aufweist“. 197 Begründung zum FStrPrivFinG, BT-Drs. 12 / 684 v. 24. 2. 1994, S. 5; mit Blick auf den Investitionsbedarf in Ost und West Pabst, Grenzen der Privatisierung, S. 32 ff., 78 f.; vgl. auch Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn. 24; Blümel, in: Sommermann (Hrsg.), Aktuelle Fragen, S. 21 ff.; Grupp, DVBl. 1994, S. 140 f. Das erste Projekt betraf die Warnow-Querung in Rostock, hierzu Reidt, NVwZ 1996, S. 1156; zum Projekt „Herrentunnel Lübeck“ Knop, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 169 ff.; weitere Vorhaben beschreibt Keppel, in: ebd., S. 158 f.; eine Zusammenstellung bei Arndt, Privatfinanzierung, S. 262. 198 Hierzu Grupp, DVBl. 1994, S. 141; zur Beschleunigungsgesetzgebung im Bereich der Planung und Genehmigung u. a. Blümel, in: Sommermann (Hrsg.), Aktuelle Fragen, S. 23 f., 25 ff. Vgl. auch oben, Fn. 136 . 199 Nach § 1 Abs. 4 FStrPrivFinG werden hoheitliche Befugnisse nur im Rahmen des Gesetzes übertragen; hierzu Bucher, Privatisierung, S. 182 ff.; Reidt, NVwZ 1996, S. 1159; ferner W. Schmidt, NVwZ 1995, S. 38. 200 Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 98 f.; Uechtritz, VBlBW 2002, S. 319; nach Reidt, NVwZ 1996, S. 1157, wird nur auf den ersten Blick „die Privatisierung des Fernstraßenbaus in der Hauptsache im Wege des Modells der materiellen Aufgabenprivatisierung“ vorgenommen, letztlich folgt das Gesetz aber „eher dem Leitbild einer nur funktionalen Privatisie-

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Jedoch geht das FStrPrivFinG hinsichtlich der Finanzierung über die bisherigen Ansätze hinaus, da es sich bei der Refinanzierung nicht um die Rückzahlung eines privat vorfinanzierten Investitionskredits handelt, sondern um eine gebührengebundene Erwirtschaftung der eingesetzten Ressourcen.201 Hinsichtlich der Form der Gebührenfinanzierung trifft § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG eine eindeutige Regelung: Der private Investor kann zur Refinanzierung mit dem Recht zur Erhebung einer Mautgebühr direkt beim Nutzer beliehen202 werden, wobei sich die Mautgebühren auf sogenannte „Erschwernisstrecken“ wie Brücken, Tunnel und Gebirgspässe im Zuge von Bundesautobahnen sowie auf autobahnähnliche Bundesstraßen beschränken.203 Diese Form der Gebührenfinanzierung begrenzt zugleich auch den Anwendungsbereich des Gesetzes: Während das sogenannte Konzessionsmodell eine Beteiligung Privater an Verkehrsinfrastrukturaufgaben unabhängig von der Art der Straße ermöglicht, ist die Einschaltung Privater in den Straßenbau nach dem FStrPrivFinG auf Erschwernisstrecken und autobahnähnliche Bundesstraßen beschränkt. Diese Eingrenzung auf bestimmte Streckenabschnitte resultiert aus europarechtlichen Vorgaben,204 nicht jedoch aus zwingend verfassungsrechtlichen Privatisierungsschranken – hier ist allerdings die Begrenzung auf Bundesstraßen aufgrund der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zu beachten.205 rungsmaßnahme“. Vgl. auch Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn. 27.11. 201 So auch Pabst, Grenzen der Privatisierung, S. 224 f.; ferner Reidt, NVwZ 1996, S. 1157. 202 U.a. Stadler, Beleihung, S. 40 f.; kritisch gegenüber einer Beleihung W. Schmidt, NVwZ 1995, S. 38 f. 203 Vgl. Blümel, in: Sommermann (Hrsg.), Aktuelle Fragen. S. 41; Uechtritz, VBlBW 2002, S. 318. Neben der Gebührenfinanzierung unmittelbar durch den Nutzer (Mautmodell) kommen grundsätzlich auch leistungsabhängige staatliche Entgelte in Betracht, so Grupp, DVBl. 1994, S. 142; ähnlich auch Bucher, Privatisierung, S. 76 ff. (78). Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn. 26.2, nimmt für das Betreibermodell grundsätzlich die Refinanzierung durch Mautgebühren an. 204 Zwar ist dies weder der einschlägigen RL 93 / 89 EWG v. 25. 10. 1993, ABl. L 279 v. 12. 11. 1993, S. 32, noch der Neufassung nach der RL 1999 / 62 / EG v. 17. 6. 1999, ABl. L 187 v. 20. 7. 1999, unmittelbar zu entnehmen, da diese grundsätzlich auch die Mauterhebung für Autobahnen vorsehen. Da jedoch Maut und Benutzungsgebühr nur auf besonders kostenintensiven Strecken, wie eben Brücken, Tunnel und Gebirgspässe, erhoben werden dürfen und die Bundesrepublik auf der Grundlage eines internationalen Übereinkommens die Einführung einer allgemeinen LKW-Maut beschlossen hat, beschränkt sich die „Durchführung eines privaten Betreibermodells mit der Erhebung von Mauten von allen Kraftfahrzeugen . . . damit auf diese Straßenabschnitte bzw. Bauwerke“ (Begründung zum FStrPrivFinG, BT-Drs. 12 / 684 v. 24. 2. 1994, S. 5); vgl. hierzu auch Rinke, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, Kap. 16, Rn. 19.2; Uechtritz / Deutsch, DVBl. 2003, S. 575 f.; Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 175 f. 205 Hessen hat am 27. 11. 2002 in weitgehender Anlehnung an das Bundesgesetz (so ausdrücklich in der Gesetzesbegründung v. 12. 8. 2002, LT-Drs. 15 / 4102, S. 1, 8) ein Landesgesetz über den Bau und die Finanzierung öffentlicher Straßen durch Private erlassen (GBl. I, S. 705), das sich auf Brücken und Tunnel, nicht jedoch auf die für Hessen irrelevanten Gebirgspässe bezieht und auch den Bau von Landesstraßen durch Private aufgrund der

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Indem somit die Refinanzierung des Straßenbauprojekts ausschließlich über Entgelte erfolgt, die der Nutzer dem Privaten unmittelbar zu entrichten hat, geht das Mautmodell bezüglich der Finanzierung von einer Übertragung nicht nur der Aufgabe, sondern auch der Finanzierungsverantwortung auf Private aus.206 Faktisch kann sogar von einer (unechten) materiellen Finanzierungsprivatisierung gesprochen werden.207 Zum einen richtet sich die Höhe der Maut nach den Kosten für Bau, Erhaltung, Betrieb und weiteren Ausbau der jeweiligen Strecke zuzüglich eines projektangemessenen Unternehmergewinns,208 sie ist also individuell festzulegen und nicht Bestandteil einer allgemein gültigen Gebührenordnung. Zum anderen ist die Nutzung der mautbewehrten Strecke nicht zwingend vorgeschrieben, wie etwa eine KfZ-Kontrolle durch den TÜV und die Erteilung der Prüfplakette, sondern steht im Belieben des Nutzers, was für den privaten Konzessionär ein nicht unerhebliches unternehmerisches Risiko birgt.209 Und zuletzt ist zwar die Beleihung mit dem Recht der Gebührenerhebung gesetzlich vorgesehen, aber nicht zwingend erforderlich; diskutiert wird etwa auch die Möglichkeit einer Straßennutzungsgebühr in Form eines privatrechtlichen Entgeltes.210 In einem vorerst letzten Gesetzesvorhaben wurde die Einbindung Privater in Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen nach dem Autobahnmautgesetz (ABMG) beschlossen.211 Danach wird die bislang übliche Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur über Steuern und Vignetten unter stärkerer Berücksichtigung des Verursacherprinzips neu geregelt, indem für die Benutzung von Bundesautobahnen durch schwere LKW nicht mehr eine zeitbezogene Gebühr über Vignetten, sondern eine streckenbezogene Maut zu entrichten ist. Die Errichtung und der Betrieb des Systems zur Mauterhebung kann nach § 4 Abs. 2 ABMG einem privaten Betreiber übertragen werden, das Ausschreibungsverfahren wurde zwischenzeitlich durchgeführt und zunächst mit der Zuschlagserteilung beendet.212 Der Fall der Privatisierung nach dem ABMG folgt dem Ansatz der funktionalen Privatisierung, da auch hier, ähnlich wie beim FStrPrivFinG, mit der Beauftragung der Errichtung und des Betriebs des Mautsystems Aufgabendurchführung und AufgabenverantEG-Richtlinie ausschließt (so in der Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung v. 22. 11. 2002, www.wirtschaft.hessen.de / presse / hmwvl / PrivStra.htm). 206 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 371. 207 So auch Schmitt, Bundesfernstraßen, S. 99. 208 § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 FStrPrivFinG; zur Bemessung der Maut u. a. Uechtritz, VBlBW 2002, S. 319 ff. 209 Dieses Risiko erhöht sich, wenn parallele Ausweichstrecken vorhanden sind, hierzu auch Uechtritz, VBlBW 2002, S. 319. 210 Dies schlägt etwa Knop, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 184 ff., vor; vgl. auch Keppel, in: ebd., S. 165. 211 Hierzu Neumann / Müller, NVwZ 2002, S. 1295 ff. 212 Vgl. zum nicht unumstrittenen Vergabeverfahren sowie zum Vertragsschluß neben der aktuellen Tagesberichterstattung Schorkopf, NVwZ 2003, S. 1471 ff. 5*

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wortung institutionell-organisatorisch auseinanderfallen. Bezüglich der Mauterhebung besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, daß die Mautgebühr direkt gegenüber dem zuständigen Bundesamt entrichtet wird, faktisch wird aber der Betreiber mit der Erhebung beauftragt werden.213 Da jedoch das Mautaufkommen nach § 11 S. 1 ABMG dem Bund zusteht und der Betreiber weitestgehend lediglich als selbständiger Verwaltungshelfer214 fungieren soll, liegt anders als im Falle des FStrPrivFinG keine materielle Finanzierungsprivatisierung vor; dem Betreiber werden die Ausgaben für die Durchführung der Aufgaben nach § 11 S. 3 ABMG aus dem in den Bundeshaushalt eingestellten Mautaufkommen erstattet.215 Zwischenzeitlich hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zwei Modelle für die Einbeziehung Privater in den Ausbau und Betrieb von Fernstraßen entwickelt:216 Während das sogenannte F-Modell Vorhaben nach dem FStrPrivFinG umfaßt und die Refinanzierung demnach durch Mautgebühren erfolgt, dient das A-Modell dem Ausbau bestehender Autobahnen um zusätzliche Fahrstreifen, wobei die Finanzierung zwar auch aus dem allgemeinen Staatshaushalt, vor allem aber aus dem künftigen Aufkommen der Mautgebühren für LKW erfolgen soll.217 Die Verteilung dieser Mittel aus dem (bundeseigenen) Mautgebührenaufkommen wurde einer in Form einer GmbH organisierten Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) übertragen, die nach § 1 Abs. 1 S. 3 VIFGG im Eigentum des Bundes steht und als „zweite Säule der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ neben dem Staatshaushalt „für die sehr komplexe Aufgabe einer optimalen Infrastrukturfinanzierung etwas mehr Flexibilität erlaubt“.218 Während die Refinanzierung im F-Modell weitgehend durch die Nutzer des jeweiligen Streckenabschnittes vorgesehen ist, erfolgt diese im A-Modell durch eine teilweise (Lkw-)Nutzerfinanzierung, die zudem nicht vom privaten Investor, sondern vom Bund erhoben wird.219 Damit wird für den Bereich der Autobahnen 213 Vgl. hierzu die Regelungen nach § 4 ff. LKW-MautV, die lediglich bei der manuellen Einbuchung über die vom Bundesamt für Güterverkehr betriebenen Zahlstellen-Terminals eine direkte Erhebung durch die Bundesbehörde vorsehen. Da der Betrieb dieser Terminals aber auch dem Betreiberkonsortium überantwortet werden kann, wird die erstgenannte Variante wohl nicht zum Zuge kommen. Zum Verfahren Neumann / Müller NVwZ 2002, S. 1296 f., 1298. 214 Neumann / Müller, NVwZ 2002, S. 1296; vgl. auch Uechtritz / Deutsch, DVBl. 2003, S. 580; ferner F. Roth, NVwZ 2003, S. 1058. 215 Hierzu Schorkopf, NVwZ 2003, S. 1472 mit Fn. 13. 216 Vgl. die Beschreibung unter www.bmvbw.de / Betreibermodelle-fuer-die-Bundesfernstrassen-.739.htm; Unterschiede der beiden Modell skizziert auch F. Roth, NVwZ 2003, S. 1056 ff. 217 Zur Verwendung des Gebührenaufkommens aus der Maut Uechtritz / Deutsch, DVBl. 2003, S. 581 f. 218 Pressemitteilung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen v. 2. 10. 2003 zur Gründung der Gesellschaft (www.bmvbw.de/Pressemitteilungen-.1009.17503 /Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft-V. . .htm); vgl. zur VIFG F. Roth, NVwZ 2003, S. 1058; Neumann / Müller, NVwZ 2002, S. 1295 mit Fn. 12 ff. 219 Zur „Schattenmaut“ F. Roth, NVwZ 2003, S. 1057 f.

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das „Konzessionsmodell“ der 90er Jahre weitgehend durch das neue A-Modell ersetzt. Mit dieser Festlegung auf zwei Modelle im Zuge der Privatisierung von Bau, Erhaltung und Betrieb des Straßennetzes sowie mit der Gesetz- und Verordnungsgebung zur Mauterhebung scheint die Einbeziehung Privater in Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen einen vorläufigen – konsolidierenden – Abschluß gefunden zu haben.220 Die Möglichkeiten sind somit geschaffen, die staatliche Aufgaben- und Durchführungsverantwortung im Verkehrsinfrastrukturbereich in öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Organisationsform abzulösen zugunsten einer staatlichen Aufgabenverantwortung, verbunden mit der privaten Durchführungsverantwortung als funktionale Privatisierung der materiellen Aufgaben von Straßenbau und Straßenbetrieb sowie einer (faktisch) materiellen Finanzierungsprivatisierung nach dem FStrPrivFinG – und damit nahezu sämtliche Formen privater und staatlicher Aufgabenwahrnehmung zu vereinen.221 2. Die Reichweite der funktionalen Privatisierung im Abfallrecht Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW- / AbfG)222 ist ein materialreiches und instruktives Beispiel für Möglichkeiten auch privatisierter Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat, da hier nicht nur verschiedene Modelle öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Aufgabenerfüllung vorgesehen sind, sondern überdies der Ausgangspunkt des Gesetzes im Prinzip der Kooperation und der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft liegt.223 Diese Systemveränderung im Abfallrecht, „die eine kommunale Verwaltungswirtschaft mit öffentlich-rechtlichen Monopolstrukturen in den privaten Sektor entläßt“,224 spiegelt sich in der Bandbreite der Privatisierungsmodelle nach dem KrW- / AbfG, das neben herkömmlichen ordnungsrechtlichen Maßnahmen225 das gesamte Spektrum Vgl. auch Neumann / Müller, NVwZ 2002, S. 1295. Zum Szenario einer Aufgabenprivatisierung in Verbindung mit einer Grundgesetzänderung Hahn, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, S. 156 f. 222 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (KrW- / AbfG). 223 Zum Kooperationsprinzip im Umweltrecht Trute, in: Rückzug des Ordnungsrechts, S. 16 ff.; Di Fabio, NVwZ 1999, S. 1153 ff.; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 109 ff., insbesondere S. 111; Blümel, in: ders. / Pfeil, Neuere Entwicklungen, S. 50 f.; speziell in der Abfallwirtschaft Fluck, UPR 2000, S. 281 ff.; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 312; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 297 ff.; aus der Rechtsprechung zuletzt BVerfGE 98, 106, 126 ff. Anschauliches Beispiel für Privatisierung bei staatlicher Gewährleistung ist auch das Wasserrecht, hierzu Bauer, in Hill / Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, S. 303 ff. (316). 224 Weidemann, VerwArch 1999, S. 535; vgl. auch Gramm, Privatisierung, S. 161 ff. 225 Doch selbst das im KrW- / AbfG verankerte Ordnungsrecht stellt, wie z. B. die freiwillige Rücknahme von Abfällen nach § 25, vielfach „einen ordnungsrechtlichen Rahmen zur Erzwingung von Kooperation im Einzelfall“ dar (Fluck, UPR 2000, S. 283 ff.). 220 221

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möglicher Aufgabenverlagerung in nur einem einzigen Gesetz variantenreich vorhält.226 Hinzu treten selbstregulative Mechanismen sowohl im KrW- / AbfG als auch und vor allem in der Verpackungsverordnung.227 Essentielles Element des KrW- / AbfG auch im Zusammenhang mit Privatisierungstendenzen ist die Implementation des Verursacherprinzips, dem zufolge die Verwertung oder Beseitigung von Abfall grundsätzlich den jeweiligen Erzeugern oder Besitzern obliegt.228 Konkretisiert wird die Entsorgungspflicht am Merkmal der Herkunft der Abfälle: Neben der Art der Entsorgung – Verwertung oder Beseitigung – wird zwischen Abfall aus privaten Haushaltungen und Abfall aus anderen Herkunftsbereichen unterschieden; entsprechend sind die Entsorgungspflichten auf öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sowie Erzeuger und Besitzer von gewerblichem Abfall verteilt. Mit dem KrW- / AbfG wurde nicht nur das öffentlich-rechtliche Gesamtmonopol in der Abfallbeseitigung aufgehoben; darüber hinausgehend wurde „die staatliche Abfallbürokratie“ nach Weidemann „in ein wirtschaftsverwaltungsrechtliches Überwachungsmodell überwiesen“.229 Anders ausgedrückt: Indem die Abfallentsorgung allgemein „dem Grundsatz nach Privaten zugeordnet“ wird,230 kann man von der materiellen Privatisierung der Abfallentsorgung als Idee sprechen, die für einen bestimmten Bereich – gewerbliche Abfälle zur Verwertung – vollständig, für einen weiteren Bereich – gewerbliche Abfälle zur Beseitigung – zwar prinzipiell, jedoch unter einem Zugriffsvorbehalt der öffentlich-rechtlichen Entsorger, bereits realisiert ist.231

226 Mit Blick auf die vielfältigen organisatorischen Möglichkeiten in Nordrhein-Westfalen ähnlich Wagner / Klieve, Kommunalpolitische Blätter 2 / 2001, S. 35. Deutliche Defizite bei den Instrumenten der Privatisierung und Selbstregulierung im Abfallrecht sowie hinsichtlich der Qualität bei der Zertifizierung von Entsorgungsfachbetrieben hingegen sieht Tomerius, ZG 2000, S. 264 ff. Zur Komplexität des KrW- / AbfG, dem „an der einen oder anderen Stelle der ,juristische Feinschliff’ fehlt“, insgesamt auch Weidemann, VerwArch 1999, S. 543, 549. 227 Vgl. Fn. 161. Während Fluck, UPR 2000, S. 285, in der VerpackV „vergeblich nach Kooperationsanklängen“ sucht, da es sich rechtstechnisch um reines Ordnungsrecht handele, deutet Nahamowitz, in: Voigt (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 127 f., ihren Erlaß einerseits als Scheitern des Kooperationsprinzips im Abfallrecht, andererseits halte sie immerhin partiell am Kooperationsprinzip fest. 228 § 5 Abs. 2, § 11 Abs. 1 KrW- / AbfG; siehe auch Schink, in: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 113; Stober, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 312. Da „der Verursacher an der Quelle und im Kontext seiner Tätigkeit am besten weiß, wie Umweltschutzanforderungen entwickelt und optimiert werden können“ (Hill, UTR 1994, S. 108), läßt sich hieraus eine besondere Bedeutung des Verursacherprinzips herleiten. 229 Weidemann, VerwArch 1999, S. 539; vgl. auch Tomerius, der gemeindehaushalt 2000, S. 49. 230 Schink, in: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 114; Fritsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Rz. 249 f.; vgl. auch Gramm Privatisierung, S. 163. 231 Zur materiellen Privatisierung in der Abfallwirtschaft schon nach dem vorhergehenden Abfallgesetz v. 27. 8. 1986, BGBl. I, S. 1410, ber. S. 1501, siehe Pippke, Abfallentsorgung, S. 39 f.; auch Klowait, Beteiligung Privater, S. 111 ff. (staatsaussparendes Privathandeln). Nach Weidemann, VerwArch 1999, S. 537, wird eben dieser Wechsel „zu grundlegenden Fra-

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Diese Weichenstellung eröffnet eine breite Palette organisatorischer Möglichkeiten bei der Abfallentsorgung, die von einer behördlich organisierten Entsorgung über verschiedene Kammer- und Verbandslösungen bis hin zu einer materiellen Privatisierung reichen, jeweils in Abhängigkeit von der Herkunft des Abfalls. a) Für die eigenständige Durchführung der Aufgabe Abfallbeseitigung und Abfallverwertung sind einerseits die Erzeuger und Besitzer von gewerblichem Abfall zuständig (§ 5 Abs. 2, § 11 Abs. 1 KrW- / AbfG), anderseits die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger (§ 13 Abs. 1). Hinsichtlich der Organisationsformen für eigenständige Durchführungsmaßnahmen der „zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten“ (§ 16 Abs. 1) ist das Gesetz zurückhaltend. Für die Erzeuger und Besitzer von gewerblichem Abfall ergibt sich im Grunde nur aus einer Negativdefinition ein gewisser Anhaltspunkt: So sind sie verpflichtet, Abfälle zur Beseitigung öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen, „soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen“.232 Auch für die nach § 13 Abs. 1 KrW- / AbfG für die Entsorgung von Abfall aus privaten Haushaltungen Verpflichteten – die für diesen Bereich mittels Verwaltungsmonopol agierenden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger233 – wird für eine eigenständige Durchführung ebenfalls keine konkrete Organisationsform vorgeschrieben; hier sind sowohl „Behördenmodelle“ als auch Regie- bzw. Eigenbetriebe möglich.234 Auch zählen zu den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern235 kommunale Entsorgungsverbände236 sowie gen des Zusammenspiels von öffentlichem und privatem Recht“ führen; hierzu auch Hill, UTR 1994, S. 116. 232 § 13 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG; hierzu Schink, in: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 145 ff. Ob eigene Anlagen „in engem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit dem Erzeuger“ stehen müssen (so v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 13 Rn. 17), ist umstritten; Fluck / Giesberts, in: Fluck (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 13 Rn. 100 ff., gehen von einem weiten Anlagenbegriff aus, der selbst „vertraglich geregelte Kontingente in Anlagen Dritter“ berücksichtigt (Rn. 106), um dem gesetzesimmanenten Prinzip der Eigenverantwortung (Rn. 104) gerecht zu werden. Die Überlassungspflicht entfällt in jedem Fall, wenn nach Abs. 2 Dritte – Verbände oder Einrichtungen der Kammern nach §§ 17 und 18 – mit der Beseitigung beauftragt werden. 233 Neben Abfällen privater Haushaltungen kommen gewerbliche Abfälle hinzu, sofern deren Erzeuger oder Besitzer diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern (§ 13 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG). Letzteres könnte ein Einfallstor für den Fortbestand eines faktischen Monopols bei der Abfallbeseitigung darstellen, da zum überwiegenden öffentlichen Interesse nicht nur die Gebietsbezogenheit der Entsorgung, sondern auch eine Auslastung bzw. Funktionsfähigkeit kommunaler Entsorgungseinrichtungen zählen kann, s. Frenz, Gewerblicher Abfall, S. 66 ff. (68 ff.). Von diesem „Kunstgriff des Gesetzgebers“ hängt nach Schmidt-Preuß, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 211, „die Grenzlinie zwischen Markt und Zwang wesentlich mit ab“; a.A. Fluck / Giesberts, in: Fluck (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 13 Rn. 108 f. 234 Vgl. u. a. v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfalbeseitigung, § 15 Rn. 9; Pippke, Abfallentsorgung, S. 36 ff. Zu unterschiedlichen Organisationsformen auch Queitsch, UPR 2000, S. 248 ff. 235 Zum Verhältnis öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Organisationsformen Tomerius, der gemeindehaushalt 2000, S. 50.

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weitere in einzelnen Gemeindeordnungen vorgesehene Organisationsformen, die als (rechtsfähige) Anstalten des öffentlichen Rechts237 oder explizit als selbständiges Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts238 bezeichnet werden. b) Neben der eigenständigen Durchführung erscheint grundsätzlich auch eine Beauftragung Dritter möglich, wie sie im KrW- / AbfG sehr detailliert und facettenreich ausgearbeitet worden ist. Kernpunkt der Beauftragung, die je nach Herkunft des Abfalls unterschiedlich geregelt wird, ist die Übertragung der Aufgabendurchführung von den Entsorgungsverpflichteten auf Dritte unter Beibehaltung ihrer Aufgabenverantwortung.239 Zunächst wird die Beauftragung in § 16 KrW- / AbfG als die für öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger „zentrale Privatisierungsvorschrift“240 festgelegt, die allen zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten die Möglichkeit eröffnen will, Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten zu beauftragen. Basierend auf dieser Grundnorm,241 die inhaltlich bereits im AbfG von 1986 vorgesehen war, hatte es bereits „zu funktionalen Privatisierungen größeren Stils“ kommen können.242 Allerdings kann nur für Teilbereiche von einem funktionalen Privatisierungsvorgang gesprochen werden: Die Möglichkeit, Dritte zu beauftragen, erfaßt nicht nur das öffentlich-rechtliche Entsorgungsmonopol, sondern schließt auch entsprechend verpflichtete Unternehmen ein.243 Da aber mit der bereits vollzogenen vollständigen Rück-Überantwortung der Entsorgung von gewerblichen Abfällen zur Verwertung sowie der Teil-Verlagerung der unter staatlichem Zugriffsrecht stehenden Beseitigung von gewerblichen Abfällen in den privaten Sektor für diese Aufgabenbereiche eine (unechte) materielle Privatisierung gegeben ist, kann mit der BeaufZusammenfassend Fritsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Rz. 265 ff. § 113a NGO, hierzu Erdmann, NdsVBl. 2003, S. 261 ff.; § 114a GO NRW, hierzu auch Menzel / Hornig, BWGZ 2001, S. 176 ff.; Wagner / Klieve, Kommunalpolitische Blätter 2 / 2001, S. 32 f.; § 86a GemO RP; vgl. auch das sachsen-anhaltinische Gesetz über das kommunale Unternehmensrecht v. 3. 4. 2001, GVBl., S. 136 sowie die Angleichung der §§ 116 ff. GO LSA. 238 Art. 89 ff. GO Bay, hierzu Thode / Peres, BayVBl. 1999, S. 6 ff.; Neusinger / Lindt, BayVBl. 2002, S. 689 ff.; Pielow, FS K. Ipsen, S. 725 ff.; in Bezug auf die Abfallwirtschaft Willand / Bechtolsheim / Jänicke, ZUR-Sonderheft 2000, S. 82 f. 239 So in § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1 KrW- / AbfG; vgl. hierzu auch Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 16 Rn. 12; Weidemann, DVBl. 1998, S. 662 m. w. N. 240 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 111. 241 Fluck, UPR 2000, S. 284. 242 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 109; vgl. auch Tomerius, ZG 2000, S. 261, wobei allerdings seine Terminologie zumindest mißverständlich ist: Einerseits unterscheidet er zwischen formeller „oder auch“ funktionaler Privatisierung als Organisationsprivatisierung und der Drittbeauftragung als funktionaler Aufgabenprivatisierung (S. 50). Andererseits ermögliche § 16 Abs. 1 KrW- / AbfG „im Rahmen der formellen Privatisierung . . . die Drittbeauftragung“ (S. 55). 243 Vgl. u. a. Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 16 Rn. 39; Fritsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Rz. 277. 236 237

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tragung Dritter, private Aufgaben durchzuführen, keine Privatisierung welcher Art auch immer verbunden sein: Die private Aufgabe „Verwertung gewerblichen Abfalls“ wechselt nicht in den privaten Sektor,244 sie ist dort bereits angekommen. Von einer funktionalen Privatisierung kann demnach nur gesprochen werden, wenn öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ausschließlich privaten Dritten Entsorgungsaufgaben zur Erfüllung übertragen.245 Als einziges Kriterium für die Wahl des Dritten, der auch öffentlich-rechtliche Dritte umfaßt,246 wird das Erfordernis seiner Zuverlässigkeit benannt (§ 16 Abs. 1 S. 3). Die erforderliche Zuverlässigkeit liegt in jedem Fall mit der Kennzeichnung einer abfallentsorgenden Einrichtung als qualifiziertem Entsorgungsfachbetrieb (§ 52 KrW- / AbfG) vor,247 die wiederum auf der freiwilligen Zertifizierung eines Unternehmens nach der Entsorgungsfachbetriebeverordnung248 beruht. Diese generelle Aussage zur Beauftragung Dritter wird mit Blick auf die privaten Erzeuger und Besitzer besonderer Abfallarten – Abfall aus gewerblichen sowie sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen – in §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 KrW- / AbfG einerseits spezialisiert, andererseits unter dem Gesichtspunkt privater Eigenverantwortung im Abfallrecht aber auch konkretisiert. Danach können diese Gruppen von Entsorgungspflichtigen aa) nach § 17 Abs. 1 ihrerseits eigene Verbände bilden und diese privaten249 Entsorgungsinstitutionen250 mit der Durchführung der Abfallbeseitigung und -verwertung beauftragen (sogenannte Erzeugerverbände251), oder Vgl. Fn. 128. In dieser Konstellation erbringen die „Dritten“ somit einen Teilbeitrag mit funktionalem Bezug zur (Verwaltungs-)Aufgabe Abfallentsorgung, vgl. Fn. 126. 246 v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 16 Rn. 6 ff.; Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 16 Rn. 37; Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 16 Rn. 9; Pippke, Abfallentsorgung, S. 100 ff. Fritsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Rz. 277, weist darauf hin, daß Abfallbesitzer nicht in die Definition des „Dritten“ einbezogen sind. Verschiedene Modelle der Beauftragung Dritter (Betreiber-, Kooperations-, Betriebsführungsmodell) bei Bauer, in: Hill / Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, S. 309 f.; Queitsch, UPR 2000, S. 250 f.; speziell zum Kooperationsmodell Höftmann, FS Lüder, S. 812 ff. 247 So Jungnickel / Winands, LKV 1999, S. 290; ähnlich Fluck, UPR 2000, S. 286, der zudem bei der Beauftragung von zertifizierten Entsorgungsfachbetrieben den Wunsch nach Entlastung hinsichtlich der Erfüllung von Sorgfaltspflichten seitens der Abfallerzeuger und -besitzer erfüllt sieht. Nach Fritsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Rz. 290, werden Sach- und Fachkunde bereits durch Vorlage eines Abfallwirtschaftskonzepts (§ 16 Abs. 3 KrW- / AbfG) dargelegt; hierzu auch Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 322 mit Fn. 244. 248 § 14 EfbV. Damit greifen bei der Erfüllung von Aufgaben der Abfallwirtschaft in einem hochkomplexen Regelungssystem staatlich regulierte selbstregulative Elemente, funktionale und materielle Privatisierungsansätze ineinander. 249 Zwar läßt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes kein Vorrang einer bestimmten Organisationsform entnehmen, die Wahlfreiheit ist aber durch den Aspekt der Freiwilligkeit und durch das Rechtsregime begrenzt. Von daher werden als zulässig nur freiwillige Verbände privatrechtlicher Art – Personen- oder Kapitalgesellschaften – angesehen, vgl. Jungnickel / 244 245

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bb) nach § 18 Abs. 1 von den Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft (Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Landwirtschaftskammern) gegründete Einrichtungen252 mit der Durchführung beauftragen (Kammerlösung).253 § 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 definieren nach herrschender Meinung exemplarisch den in § 16 Abs. 1 bereits erwähnten „Dritten“, indem „deklaratorisch“ festgestellt werde, daß Verbände „nicht nur wie Dritte, sondern als Dritte i.S.v. § 16 Abs. 1“ tätig werden.254 Doch hat diese Unterscheidung der Drittbeauftragung nicht nur klarstellenden Charakter, sondern kann zugleich auch als Versuch aufgefaßt werden, dem Regimewechsel und dem Verantwortungsübergang im Abfallrecht auf Wirtschaft und Gesellschaft in einem gestuften System nachhaltig den Weg zu bahnen: Die Formulierung hinsichtlich des „Dritten“ nach § 16 Abs. 1 läßt den Schluß zu, daß es sich entweder um privatrechtliche Unternehmen mit dem expliziten Unternehmenszweck „Abfallentsorgung“ oder um für Aufgaben der Abfallentsorgung errichtete öffentlich-rechtliche Organisationen bzw. um öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger handelt. Demgegenüber muß der Verbandszweck der nach § 17 Abs. 1 zu bildenden Verbände nicht ausschließlich im Bereich der Abfallentsorgung liegen, vielmehr können bereits bestehende Verbände diese Aufgabe zusätzlich zum ursprünglichen Verbandszweck übernehmen.255 Mit der expliziten und nachhaltigen Betonung der Verbandslösung werden die Erzeuger und Besitzer von gewerblichem Abfall gleichsam dahin gedrängt, auf bestehende Organisationen zurückzugreifen und den beabsichtigten Vorrang der Selbstorganisation der Wirtschaft vor mögliWinands, LKV 1999, S. 291; v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 Rn. 3, 5. 250 Als Entsorgungsträger fungieren Verbände und Einrichtungen der Kammern erst mit der Übertragung von Aufgaben, nicht jedoch bereits mit der Beauftragung, so zu Recht Fluck / Giesberts, in: Fluck (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 13 Rn. 61. 251 Jungnickel / Winands, LKV 1999, S. 290; s. auch Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 17 Rn. 2: „Verbandslösung“. 252 Unstrittig ist, daß diese Einrichtungen im Unterschied zu Verbänden, denen nur privatrechtliche Institute offenstehen, für den Fall der Beauftragung sowohl privatrechtlich organisiert als auch unselbständiger Teil der öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungskörperschaften sein können (Fluck, in: ders. [Hrsg.], KrW- / AbfG, § 18 Rn. 32; Pippke, Abfallentsorgung, S. 105 f.); für die Übertragung von Pflichten ist dies aber aufgrund der fehlenden (Voll-) Rechtsfähigkeit mehr als zweifelhaft, so zu Recht v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 Rn. 6; allenfalls kann es sich in Bezug auf die Entsorgungspflichten um eine teilrechtsfähige Einrichtung handeln, vgl. hierzu auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 32 Rn. 5 ff. 253 Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 18 Rn. 1 254 Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 17 Rn. 56, § 18 Rn. 29; auch Pippke, Abfallentsorgung, S. 106, sieht hierin lediglich einen deklaratorischen Charakter ohne eigenständige Bedeutung. 255 Als Beispiel führen v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 Rn. 6, Genossenschaften zum Vertrieb bestimmter Erzeugnisse an; vgl. auch Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 17 Rn. 55.

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chen öffentlich-rechtlichen Lösungen256 zu realisieren.257 Die Beauftragung der Kammern nach § 18 Abs. 1 stellt demgegenüber lediglich eine Auffanglösung258 der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft dar, die nach Möglichkeit nur subsidiär gegenüber der Selbstorganisation der Wirtschaft durch die Verbandslösung greifen soll, zumal sie als öffentlich-rechtliche Lösung jener „rechtspolitisch beabsichtigten Privatisierungstendenz auch nur bedingt (entspricht)“.259 Betrachtet man diese Formen der Beauftragung unter dem Gesichtspunkt der Privatisierung insgesamt, handelt es sich zweifellos um ein Regelungswerk, das in unterschiedlichen Bestimmungen und auf vielfältige Weise die öffentliche Aufgabe Abfallentsorgung konsequent nach Maßgabe des Verursacherprinzips in die gemeinsame Verantwortung von Staat und Gesellschaft unter grundsätzlichem Vorrang der privaten Abfallentsorgung stellen will:260 Bereits die Zuweisung der Verwertungs- und Entsorgungspflichten an die Erzeuger und Besitzer von Abfällen nach § 5 Abs. 2 und § 11 Abs. 1 KrW- / AbfG kann insoweit als unechte materielle Privatisierung bezeichnet werden, die nicht nur durch eine Vielzahl von Regulierungsbefugnissen beeinflußt wird, sondern auch um ein Rückholrecht des Staates als Auffangverantwortung ergänzt werden soll bzw. um eine staatliche Garantenstellung261 – die allerdings zum Teil auch republifizierende262 Züge annimmt. Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 17 Rn. 52. Dieses Ziel konnte aber bislang nicht erreicht werden: Jungnickel / Winands, LKV 1999, S. 291, verzeichnen für 1999 nur eine einzige Verbandslösung. Gleiches gilt für die Kammerlösung, vgl. Tomerius, ZG 2000, S. 261. Zur „Ermöglichung und Förderung einer verfestigten Kooperation zwischen privaten und öffentlichen Stellen“ vgl. im übrigen Di Fabio, NVwZ 1999, S. 1155. 258 Dies war ursprünglich sogar im Sine einer Auffangverantwortung gedacht (zur Entstehungsgeschichte von § 18 Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 18 Rn. 2), was eine Abschwächung des Prinzips der Eigenverantwortung bedeutet hätte. 259 v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 18 Rn. 3; zu strukturellen Vorteilen der Kammern gegenüber Verbänden Fritsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Rz. 274. 260 Vgl. Gramm, Privatisierung, S. 162; Klowait, Beteiligung Privater, S. 185; Pippke, Abfallentsorgung, S. 285 f., sowie Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, Einleitung Rn. 370; allerdings sei eine klare Trennung der Verantwortungsbereiche von Staat und Gesellschaft gerade in §§ 13 ff. nicht gelungen (ebd., Rn. 304, 371). Wenn das Umweltrecht insgesamt eine „Gemeinschaftsaufgabe von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft / Öffentlichkeit“ ist, stellt der Vorrang Privater innerhalb des Abfallrechts als eines Teilsystems eine Optimierung des funktionalen Zusammenwirkens in eben diesem Teilsystem dar, vgl. hierzu Hill, UTR 1994, S. 115. 261 Nach Gramm, Privatisierung, S. 163, wird die „ehemalige Verwaltungsaufgabe Abfallbeseitigung . . . zur Rechtspflicht von Privaten umgemünzt, deren Erfüllung der Staat seinerseits überwacht“. Zur unechten Aufgabenprivatisierung Fn. 21. 262 So Pippke, Abfallentsorgung, S. 286, mit Blick auf die in § 13 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 1 geregelten Überlassungspflichten der Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Abfällen zur Beseitigung; ähnliches gilt auch für die Zustimmungserfordernisse der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei der Übertragung von Pflichten auf Dritte nach § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 3, § 18 Abs. 2; hierzu Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, Einleitung, Rn. 371. 256 257

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Damit wird zugleich aber auch die Reichweite der funktionalen Privatisierung bestimmt: Funktionale Privatisierung liegt zum einen in der nach § 16 Abs. 1 möglichen Beauftragung privater Dritter durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sowie zum anderen in der Kooperation öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger mit Verbänden oder Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft (§§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 2) vor, sofern die privaten Verbände analog zu § 16 Abs. 1 mit der Durchführung auch der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsaufgaben beauftragt werden. Bei der Beauftragung nach § 17 Abs. 1 bzw. nach § 18 Abs. 1 handelt es sich in keinem Fall um eine der in § 16 Abs. 1 für begrenzte Fälle möglichen funktionalen Privatisierung, sondern um eine Einschaltung Privater bei der Durchführung privater Aufgaben.263 c) Deutliche Differenzen bestehen in der Bewertung der Übertragung von Entsorgungspflichten hinsichtlich gewerblichen Abfalls nach § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 KrW- / AbfG: Diskutiert werden hier Privatisierung einerseits und Beleihung andererseits.264 Zum Teil werden alle Regelungen gleichermaßen als Beleihung klassifiziert, da Überlassungs- und Duldungspflichten übertragen werden und den Dritten unabhängig davon, ob es sich allgemein um Dritte nach § 16 Abs. 2 handelt oder um Verbände und Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft nach § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 2, Gebührenerhebungs- und Gebührensatzungsrecht eingeräumt wird.265 Zum Teil wird aber auch schon für die Auslegung innerhalb von § 16 Abs. 2 zwischen einer materiellen Privatisierungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Entsorgungspflichten im Bereich des gewerblichen Abfalls und einer Weitergabe bereits privatisierten gewerblichen Abfalls an Dritte allgemein unterschieden. Diesen Formen soll zudem eine Beleihung nach §§ 17 Abs. 3, 18 Abs. 2 in Bezug auf die Übertragung gewerblichen Abfalls auf Verbände und Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft gegenübergestellt werden können.266 Doch nach § 15 Abs. 2 KrW- / AbfG ist der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger von der Pflicht befreit, gewerblichen Abfall zu beseitigen, sofern er einem Dritten diese Pflichten übertragen hat. Im Unterschied zur Beauftragung ist die 263 Vgl. Pippke, Abfallentsorgung, S. 107. Denkbar wäre etwa eine Zuordnung als Auftrag nach §§ 662 ff. BGB; für die Beteiligung freier Träger in der Jugendhilfe nach § 76 Abs. 1 SGB VIII zieht zumindest Grube, in: Hauck (Hrsg.), SGB VIII-Kommentar, § 76 Rn. 6, diese Möglichkeit ergänzend in Betracht. Eine Analogie könnte sich auch daraus ergeben, daß nach § 76 Abs. 2 SGB VIII dem öffentlichen Träger die Aufgabenverantwortung obliegt, wie es auch die Beauftragung nach § 17 Abs. 1 KrW- / AbfG vorsieht, wobei jedoch hier der Private Aufgabenträger ist. 264 Hierzu schon Weidemann, DVBl. 1998, S. 663; vgl. auch Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 300 mit Fn. 140; zur Beleihung nach § 16 Abs. 2 des weiteren Höftmann, FS Lüder, S. 813. 265 Hierzu u. a. Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 17 Rn. 22. 266 So Pippke, Abfallentsorgung, S. 129 ff. (133 ff.); Weidemann, DVBl. 1998, S. 665 ff. (666 f.); Otting, der gemeinderat, S. 61, läßt diese Frage unbeantwortet und spricht nur generell von der „Möglichkeit einer materiellen Privatisierung“ (S. 60).

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Übertragung dieser Entsorgungspflichten nach § 16 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 2 mit einer befreienden Wirkung zugunsten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers verbunden; neben der Durchführung wird auch die Verantwortlichkeit auf den Dritten verlagert.267 Somit kann für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei der Pflichtenübertragung im Bereich des gewerblichen Abfalls auf Dritte durchaus von einer materiellen Privatisierung gesprochen werden,268 die aber angesichts verbleibender staatlicher Auffangverantwortung als unechte materielle Privatisierung anzusehen ist.269 Die Vermutung einer Beleihung bei der Übertragung von Entsorgungspflichten wird nahezu einhellig mit dem Recht von Verbänden und Einrichtungen der Wirtschaft begründet, Gebühren zu erheben und dementsprechend eine Gebührensatzung zu erlassen sowie mit der Begründung von Überlassungs- und Duldungspflichten gegenüber den Verbänden oder Einrichtungen als einer Pflicht, die ansonsten nur gegenüber öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu leisten sei.270 Für beide Argumentationslinien wird nicht zwischen gewerblichen Abfällen einerseits und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassenden privaten Abfällen andererseits getrennt, d. h. zwischen „individuellen Entsorgungspflichten von Abfallerzeugern und -besitzern“ und der Beteiligung von Entsorgungsträgern mit kollektiven Entsorgungspflichten.271 Allerdings lassen sich Bedenken an einer solchen als zwingend gedachten Verbindung von Pflichtenübergang und einer grundsätzlichen Beleihung nicht ausräumen: Indem die Verbände und Einrichtun267 Fritsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Rz. 282; Schink, in: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 173 f.; v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 16 Rn. 31; Tomerius, der gemeindehaushalt, S. 49. Mit der Übertragung entstehen neue private Entsorgungsträger (Fn. 250). 268 Vgl. etwa Pippke, Abfallentsorgung, S. 133 ff., die zu Recht darauf hinweist, daß lediglich eine „Zuständigkeitsverschiebung zwischen Hoheitsträgern“ (S. 135) vorliegt, wenn es sich bei dem Dritten um eine Organisationsform des öffentlichen Rechts handelt. Zur materiellen Privatisierung vormals pflichtiger kommunaler Aufgaben auf dem Gebiet des Verpakkungsabfalls, „klassischerweise ein Bereich der kommunalen Hausmüllentsorgung“ (Weidemann, VerwArch 1999, S. 540), vgl. Fn. 21. 269 Mißverständlich mit Gewährleistungsfunktion bzw. Restgewährleistungspflicht operierend daher Schink in: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 175 f.; auch Queitsch, UPR 2000, S. 252. Daß es sich nicht um eine Vollprivatisierung handelt, zeigt sich auch an der Befristung nach § 16 Abs. 4 KrW- / AbfG. 270 Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW- / AbfG, § 17 Rn. 81, § 18 Rn. 46; Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 17 Rn. 22, 31 f.; prinzipiell auch Pippke, Abfallentsorgung, S. 133, jedoch mit Ablehnung des Satzungsrechts (S. 136 ff.). Zum Recht der Gebührenerhebung Schink, in: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 176 f. Nach Burgi, FS Maurer, S. 588 f., handelt es sich nicht um eine Beleihung, „solange der bloßen Pflichtenübertragung . . . keine Befugnisübertragungen (etwa betreffend die Erhebung von Gebühren oder den Erlass von Verwaltungsakten) nachfolgen“. So ist auch Tomerius, der gemeindehaushalt, S. 50, 56, zu interpretieren, wenn er als „Fall der materiellen Privatisierung . . . die Beleihung nach § 16 Abs. 2 KrW- / AbfG“ auslegt. 271 Vgl. etwa Weidemann, DVBl. 1998, S. 664, mit Blick auf § 16 Abs. 2, dies läßt sich aber auch auf §§ 17, 18 übertragen.

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gen der Selbstverwaltungskörperschaften mit der Durchführung der Abfallbeseitigung beauftragt werden, erfüllen sie ihnen freiwillig zur Durchführung überantwortete (materiell privatisierte) Aufgaben Privater. Auch die Übertragung dieser Entsorgungspflichten auf Verbände und Einrichtungen erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger, vertraglich geregelter Basis, wobei im Vertrag die Entsorgungsgebühren festzusetzen sind.272 Eine z. B. von den Kammern beantragte Überantwortung dieser materiell privatisierten Beseitigungs- und Verwertungspflicht,273 die zu den in diesem Falle eigenen freiwillig übernommenen Aufgaben der Selbstverwaltungskörperschaften274 zählt, nun der Beleihung als Übertragung staatlicherseits wahrzunehmender Aufgaben an Private zu unterstellen und somit zwangsläufig einen Regimewechsel vom (regulierten) Privatrecht zurück in das öffentliche Recht zu vollziehen, kann im Grunde nicht der Gesamtausrichtung des Gesetzes entsprechen und wirkt deutlich systemwidrig. Anders verhält es sich mit der in § 17 Abs. 4 statuierten Möglichkeit, Verbände und Kammern zur Beseitigung aller Abfälle in einem ausgewiesenen Gebiet zu verpflichten. Für diese Verpflichtung ist eine Beleihung erforderlich, da entweder Privaten öffentliche Aufgaben275 übertragen werden oder sich der Aufgabenumfang der körperschaftlichen Selbstverwaltung durch den Pflichtenübergang von Gesetzes wegen erweitert. Auf diese staatlicherseits übertragenen Aufgaben – aber eben nur auf diese – können sich das Recht der Gebührenerhebung und die Überlassungs- und Duldungspflichten276 als Belege für eine Beleihung beziehen.

3. Regulierte Selbstregulierung am Beispiel des Umweltaudit Obwohl das Umwelt- oder Öko-Audit teilweise gerade nicht als ein klassisches Modell der Verfahrensprivatisierung verstanden wird,277 soll die EMAS- oder 272 Hierzu Weidemann, DVBl. 1998, S. 664, sowie S. 667 für die Regelung nach § 16 Abs. 2, die diesbezüglich auch auf § 17 Abs. 3 anwendbar ist. Für diesen Fall könnte somit § 662 BGB herangezogen werden. 273 Nach Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 18 Rn. 1, war die Kammerlösung „als Schritt zur Privatisierung“ gedacht – warum sollte diese Intention durch eine Verstaatlichung für dieselben Arten von Abfall rückgängig gemacht werden? 274 Vgl. hierzu Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 84 IV b 1. 275 Z. B. die Entsorgung bislang nicht (freiwillig) an die Verbände und Kammern übertragenen gewerblichen Abfalls. Vgl. hierzu auch Weidemann, DVBl. 1998, S. 667. 276 Die Einschränkung nach § 17 Abs. 6 S. 2 (Soweit es zur Erfüllung der übertragenen Pflichten erforderlich ist, bestehen die Überlassungs- und Duldungspflichten gegenüber den Verbänden) muß demnach als produktbezogene Einschränkung – bezogen auf die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern überlassenen Abfälle –, nicht aber als verfahrensbezogene Einschränkung – Verfahren der Entsorgung durch Verbände bzw. Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften – verstanden werden.

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Öko-Audit-Verordnung278 und die daran anknüpfende innerstaatliche Gesetzgebung zum Öko-Audit279 in diesem Zusammenhang doch als instruktives Beispiel aus dem europäischen Einflußbereich für die Umsetzung der funktionalen Privatisierung – und hier der Verfahrensprivatisierung – herangezogen werden. Zum einen bestehen keine Zweifel an einer Akzentuierung der unternehmerischen Verantwortung im Rahmen des Umweltschutzes: So wird in den Erwägungsgründen des Rates zur Öko-Audit-Verordnung der EG die Eigenverantwortung der Industrie für „die Bewältigung der Umweltfolgen ihrer Tätigkeit“ ausdrücklich herausgehoben und mit der „Festlegung und Umsetzung von Umweltpolitik, -zielen und -programmen sowie wirksamer Umweltmanagementsysteme“ in Form von Handlungsanweisungen konkretisiert.280 Diese Festlegung auf umweltpolitische Ziele und Programme, die in Einklang mit allen einschlägigen Umweltvorschriften stehen müssen,281 soll nach der Verordnung den Unternehmen selbst übertragen werden:282 Damit bewegt sich die Teilnahme am Umweltauditsystem zunächst (nur) im Bereich der gesellschaftlichen, jedoch mit durchaus positiven Folgen für die Gemeinwohlsicherung283 verbundenen „Selbstregulierung als Modus der Pro277 So Pietzcker, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 301. Er begründet dies damit, daß die – freiwillige – Zertifizierung nach dem Umweltaudit weder eine staatliche Erlaubnis im positiven Sinn noch ein staatlicherseits begründetes Verbot nach sich ziehe, es somit an der jeder Verfahrensprivatisierung immanenten staatlichen Entscheidung nach Maßgabe privater Entscheidungsvorbereitung (ebd., S. 285) mangele. Vielmehr handele es sich „um Aufgabenübertragung, nicht um Verfahrensprivatisierung im oben genannten Sinn“ (ebd., S. 301). Vgl. aber demgegenüber Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 185 ff. 278 Verordnung Nr. 1836 / 93 / EWG des Rates (EMAS I) sowie Verordnung (EG) Nr. 761 / 2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (EMAS II). 279 Umweltauditgesetz – UAG. Zusammenfassend zum Verfahren u. a. Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 321 ff. 280 Vgl. die Erwägungsgründe sowie Artt. 1, 4 der VO Nr. 1836 / 93 / EWG (EMAS I); zur Eigenverantwortung auch Köck, ZUR 1995, S. 2 f. 281 Während EMAS I eine Prüfung der Umweltrechtskonformität durch Umweltgutachter allenfalls verklausuliert vorsah und die Ansichten über die Prüfdichte insoweit auseinandergehen (vgl. J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 377 f.; Köck, VerwArch 1996, S. 663 ff.; Kloepfer / Bröcker, UPR 2000, S. 337 ff.), nimmt EMAS II bereits in den Erwägungsgründen eine Klarstellung vor: Danach können Organisationen, die sich an EMAS beteiligen, „Vorteile hinsichtlich der ordnungspolitischen Kontrolle“ ziehen (Nr. 9 der Erwägungsgründe), wobei die Mitgliedstaaten nach Art. 10 der Verordnung prüfen sollen, „wie der EMAS-Eintragung . . . bei der Durchführung und Durchsetzung der Umweltvorschriften Rechnung getragen werden kann, damit doppelter Arbeitsaufwand sowohl für die Organisationen als auch für die vollziehenden Behörden vermieden wird“. Im übrigen wird der „Einhaltung von Rechtsvorschriften“ ausdrücklich besondere Bedeutung beigemessen (Nr. 17 der Erwägungsgründe). 282 Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 761 / 2001. Zu Betriebsbeauftragten als „institutionalisierte Unterstützer des Betriebsinhabers“, die im Rahmen des Umweltaudit „freiwillig mehr Verantwortung übernehmen“ Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 92 f. 283 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 299 f. (Hervorhebung d. Verf.). Gesellschaftliche Selbstregulierung ist auch nicht

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blembewältigung“, da sie zum einen auf freiwilliger Basis erfolgt und sich zum anderen nach dem Wortlaut der Verordnung weder positiv noch negativ auf staatliche Entscheidungen vornehmlich im Rahmen von Genehmigungs- oder Kontrollverfahren auswirkt. Aus der Verordnung allein kann somit nicht „auf eine spezifische Bezogenheit der Selbstregulierung auf den Staat geschlossen“ werden.284 Auch die Aufgaben des Umweltgutachters als private Kontrollinstanz der „staatlich induzierten Eigenkontrolle“,285 der die Konformität der auf der Grundlage einer – internen – Umweltbetriebsprüfung erstellten Umwelterklärung mit den Anforderungen der in nationales Recht umgesetzten Öko-Audit-Verordnung prüft,286 stellt noch keinen unmittelbaren Wirkungszusammenhang zwischen Staat und Gesellschaft dar. Es handelt sich bei der Zertifizierung um eine private Aufgabe, die bislang nicht zu den staatlichen oder öffentlichen Aufgaben zählte und die von daher denknotwendig nicht privatisiert werden kann. Im Gegenteil: Die Beleihung der Deutschen Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft mbH (DAU)287 mit der Aufgabe der Zulassung von Umweltgutachtern und ihrer regelmäßigen Kontrolle hat staatlicherseits mit der Aufsicht über die DAU zu einem erhöhten Kontroll- und Regulierungsbedarf geführt.288 Doch weist gerade die Mehrbelastung289 des Staates mit neuen Aufgaben darauf hin, daß es sich bei der Regelung des betrieblichen Umweltschutzes nach dem darauf angelegt, „staatlich definierte öffentliche Zwecke (zu) verwirklichen“, so aber wohl Di Fabio, VVDStRL 56, S. 238 ff., mit dem Begriff der instrumentellen Selbstregulierung. Kritisch so auch Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 255 mit Fn. 6. 284 Zu diesem Charakteristikum der regulierten Selbstregulierung Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 255. Umfassend zu diesem Steuerungskonzept Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 347 ff. 285 Kloepfer / Bröcker, UPR 2000, S. 338 f. Nach der Mindermeinung von J. Ritter, Die rechtliche Stellung, S. 42 ff., handelt es sich beim Umweltgutachter nicht um eine private Kontrollinstanz, sondern um einen Beliehenen; demgegenüber Stadler, Beleihung, S. 170 ff., 172; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 93. 286 Zum Zertifizierungsverfahren nach EMAS I und UAG u. a. J. Ritter, Die rechtliche Stellung, S. 13 ff.; J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 365 ff.; Köck, VerwArch 1996, S. 651 ff.; nach den neuen Regelungen EMAS II zusammenfassend Jarass DVBl. 2003, S. 299 f. 287 Bei der DAU handelt es sich um eine von Wirtschaftsverbänden, DIHT, ZDH und dem Bundesverband freier Berufe (BfB) getragene privatrechtliche Organisation (www.umweltgutachterausschuss.de / site1 / orga.htm); vgl. auch J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 369; Höland, ZEuP 1998, S. 35 f., 38 ff.; demgegenüber im Sinne einer staatlich-gesellschaftlichen Stelle Di Fabio, VVDStRL 56, S. 265 mit Fn. 117. 288 Vgl. hierzu J. Ritter, Die rechtliche Stellung, S. 157; zu Organisation, Aufgaben und zur Beleihung der Zulassungsstelle vgl. §§ 9 f., 14 ff., 28 f. UAG sowie UAGBV; Köck, VerwArch 1996, S. 670 f.; Laskowski, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 105 ff. 289 Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 327, weist jedoch zutreffend darauf hin, daß der Staat „letzlich nur einmal aktiv in Erscheinung tritt“.

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Umweltauditgesetz um mehr als nur gesellschaftliche Selbstregulierung handeln muß. Die unternehmerische Selbstkontrolle und die Zertifizierung im Rahmen des Umweltauditing ist zunächst keine staatliche Aufgabe, sondern impliziert privatunternehmerische Interessen. Die Einbeziehung des Staates in das Audit-System erstens durch rechtliche Vorgaben an die Wirtschaft, eigene Implementations- und Kontrollinstanzen zu schaffen, und zwar einerseits durch die zudem mit hoheitlichen Kompetenzen beliehene DAU, andererseits durch den Umweltgutachter, und zweitens durch die Errichtung eigener, staatlicher Implementationsinstanzen wie etwa den Umweltgutachterausschuß (§ 21 UAG) und die Widerspruchsbehörde (§ 24 UAG)290 implizieren mehr als lediglich organisatorische Maßnahmen. Das Umweltauditsystem geht somit über den engeren Bereich der rein gesellschaftlichen Selbstregulierung, die „die eigenen Verhaltensmaßstäbe der Beteiligten sichern (soll)“ und „neben eigenen auch öffentliche Interessen verfolgen kann“, hinaus und fügt sich nahtlos in das Konzept der regulierten Selbstregulierung ein.291 Damit steht das Öko-Audit als Regelung „im Wege einer kooperativen Rechtsetzung in Form privatautonomer / sozialautonomer Normbildungsprozesse, an denen auch staatliche Vertreter beteiligt sind“, zwischen einer rein privatrechtlich autonomen Aufgabenerfüllung im Bereich des betrieblichen Umweltschutzes und einer durchgehend staatlich normierten und kontrollierten Umweltgesetzgebung.292 Zwar ist weder mit der gesellschaftlichen Selbstregulierung noch mit dem Beitrag des Staates im Sinne der regulierten Selbstregulierung zwangsläufig eine funktionale Privatisierung oder eine Verfahrensprivatisierung verbunden, zumal der zunehmende staatliche Anteil an der Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes im Rahmen des Öko-Audit eher eine „Verstaatlichung“ bedeutet.293 Nach 290 Während Widersprüche bislang gegenüber dem unabhängigen und ehrenamtlich besetzten Widerspruchsausschuß unter Vorsitz eines Beamten aus der Umweltverwaltung geltend gemacht werden konnten, ist mit Änderung des UAG das Bundesverwaltungsamt zuständige Widerspruchsbehörde (positiv hierzu Langerfeldt, NVwZ 2002, S. 1161). Auch handelt es sich bei der Hinzuziehung von Sachverständigen nunmehr um eine Kann-Bestimmung im Ermessen des zuständigen Beamten des Bundesverwaltungsamtes. Mit der Eingliederung wurde die der richterlichen Stellung ähnliche Unabhängigkeit des Ausschusses zugunsten einer nicht nur der Dienst-, sondern auch der Fachaufsicht durch das BMU unterliegenden – hierarchischen – Struktur aufgegeben, die Verwaltung hat sich selbst stärker in das Widerspruchsverfahren eingebunden. 291 Vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 255, 259 f. Auch Brandt, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 133, betont, daß ein notwendiges „komplexes Überwachungssystem . . . nicht unerhebliche administrative Ressourcen“ binde. 292 Köck, ZUR 1995, S. 3; Reichard, VuF 1999, S. 127. Zur „Verantwortungskooperation von privaten Unternehmen und öffentlicher Verwaltung für den Umweltschutz“ Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 304. 293 Köck, ZUR 1995, S. 3, weist darauf hin, daß mit der Privilegierung von (privaten) Umweltmanagementsystemen nach Art. 12 VO 1836 / 93 / EWG des Rates (EMAS I) „eine umfassende Verrechtlichung umweltschutzsichernder Betriebsorganisation“ einher gehen wird. Vgl. auch Fn. 290.

6 John-Koch

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Pietzcker läßt sich eine Verfahrensprivatisierung schon deshalb nicht herleiten, weil „an das Zertifikat keine Rechtsfolgen geknüpft sind“.294 Wenn aber andererseits bei einer negativen Prüfung der Umweltrechtskonformität durch Umweltgutachter295 der Umweltbehörde weiterhin die Entscheidung obliegt, „ob sie wegen eines Umweltverstoßes die an ihr Votum gebundene Registerstelle unterrichten und dadurch die Eintragung verhindern will“,296 kommt dieses Verfahren der regulierten Selbstregulierung einer Verfahrensprivatisierung sehr nahe, handelt es sich doch um ein für die Eintragung in das Standortregister entscheidungsvorbereitendes Zertifizierungsverfahren durch den Umweltgutachter bei gleichzeitiger Letztentscheidungskompetenz durch die Umweltbehörden.297 Inwieweit sich zudem im Rahmen von EMAS II die behördliche Prüf- und Kontrolltiefe bei zertifizierten Unternehmen verringern könnte,298 wie es im Zuge der Diskussion um den „Schlanken Staat“ geplant war,299 und die Zertifizierung somit ein funktionales Äquivalent300 zu umweltrechtlichen Vorschriften darstellt, wurde 294 Pietzcker, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 301; ferner Fn. 277. Auch werden Anforderungen im Bereich des Immissionsund Emissionsschutzes durch Umweltmanagementsysteme nicht ersetzt, sondern lediglich ergänzt, so J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 376 f.; zur Komplementärfunktion des ÖkoAudit einerseits und der „– politisch genährte(n) – Erwartung nach weiteren Rückwirkungen auf administrative Kontrollsysteme“ andererseits auch Trute, in: Rückzug des Ordnungsrechts, S. 38. 295 Zwar sah EMAS I diesen Prüfauftrag nicht explizit vor, implizit war dies jedoch Gegenstand der zu prüfenden Umwelterklärung, hierzu neben J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 377 f.; Köck, VerwArch 1996, S. 663 ff.; Böhm-Amtmann, ZUR 1997, S. 180, sowie Trute, Rückzug des Ordnungsrechts, S. 39 mit Fn. 111. Nach EMAS II hingegen soll der Umweltgutachter ausdrücklich die Einhaltung der Rechtsvorschriften (stichprobenartig) prüfen und die Umwelterklärung bei einem Verstoß versagen (VO [EG] Nr. 761 / 2001, Anhang V, Ziff. 5.4.3); hierzu Langerfeldt, NJW 2001, S. 539; vgl. aber auch ders., NVwZ 2002, S. 1162, der einen Verstoß von § 15 Abs. 6 Nr. 5 UAG (Berücksichtigung geltender Rechtsvorschriften und hierzu ergangener Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder) gegen EMAS II sieht. 296 J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 378 f. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 186 f., der das Öko-Audit als Kontextsteuerung unter faktisch-ökonomischem Druck – allerdings wohl unter ordnungsrechtlicher Flankierung (S. 189) – bezeichnet und die Vorteile für zertifizierte Unternehmen ebenfalls nur im ökonomischen Bereich (Wettbewerb, finanzielle Vergünstigungen) ausmacht, spricht in diesem Fall von einem „kaum wiedergutzumachenden Imageverlust“. 297 Vgl. Fn. 134; zu „weitgehend auf der (durch private Umweltgutachter, d. Verf.) validierten Umwelterklärung“ beruhenden Entscheidungen der Umweltverwaltung J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 380. Zwar rückt die Behörde zunächst nur im Rahmen der kontrollierten Eigenüberwachung „in die zurückgenommene Rolle einer kognitiven Schnittstelle, die Wissen sammelt“ (Di Fabio, VVDStRL 56, S. 243), faktisch gilt dies aber auch für die im Öko-Audit realisierte „Fremdüberwachung durch Dritte“ (ebd. S. 243 f.). 298 Zum Wandel staatlicher Detailkontrolle in eine System- oder Funktionskontrolle Hill, UTR 1994, S. 111. 299 So Hofmann / Meyer-Teschendorf, ZG 1997, S. 343 f.; zum Programm des Schlanken Staates unten, Kap. C.

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zwar unterschiedlich bewertet,301 in der Praxis sind entsprechende Maßnahmen jedoch bereits umgesetzt worden.302 Die Novellierung der Öko-Audit-Verordnung,303 überwachungsrechtliche Erleichterungen durch einzelgesetzliche Ermächtigungen,304 insbesondere aber die EMAS-Privilegierungsverordnung, nach der Betreiber einer zertifizierten Anlage einzelne im Umweltrecht durch Behörden vorgesehene Messungen und Prüfungen selbst vornehmen können und verschiedenen Berichtspflichten nur auf Verlangen der Behörde nachkommen müssen,305 haben den Grundstein für den Ersatz einzelner staatlicher Prüfungen und Kontrollen im Umweltbereich durch ihnen funktional äquivalente private Selbstkontrollen unter staatlicher Aufsicht über die privaten Kontrollverfahren306 und damit für die „Verzahnung von Umwelt-Audit und Umweltordnungsrecht“307 gelegt. Mit Blick 300 Moormann, ZUR 1997, S. 191, setzt einen Schritt früher an: Die Diskussion um funktionale Äquivalente sei überhaupt nur dann gerechtfertigt, wenn die Einhaltung umweltrechtlicher Regelungen dem EMAS-System immanent sei. Zur funktionalen Äquivalenz von ÖkoAudit und Umweltordnungsrecht Böhm-Amtmann, ZUR 1997, S. 181. 301 Mit Blick auf verschiedene umweltrechtliche Pflichten und Berichtspflichten des ÖkoAudit ablehnend Köck, VerwArch 1996, S. 679 ff.; nach J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 386 f., wird aber allein aufgrund der Macht des Faktischen eine „Deregulierung des Umweltverwaltungsrechts“ erfolgen. Zur Forderung von mit der Verringerung der Kontrolldichte verbundenen Rechtsfolgen Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 301; zustimmend Hill, in: ebd., S. 314. Zur „Substitution ordnungsbehördlicher Kontrollen“ daneben J. Ritter, Die rechtliche Stellung, S. 158 ff.; Laskowski, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 101. Moormann, ZUR 1997, S. 191 ff., kam anhand einer Reihe von Beispielen zu einem – in materieller Hinsicht – eher negativen Ergebnis. 302 Vgl. etwa den Umweltpakt Bayern (Böhm-Amtmann, ZUR 1997, S. 178 ff.) oder substituierende Vorschriften in Schleswig-Holstein (Laskowski, in: Schuppert [Hrsg.], Jenseits von Privatisierung, S. 103 mit Fn. 33), sowie die Hinweise bei Voßkuhle, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 324 f., und Burgi, in: ebd., S. 166 mit Fn. 45; allgemein zu Möglichkeiten landesrechtlicher Privilegierung Jarass, DVBl. 2003, S. 305. 303 Vgl. Fn. 281; skeptisch hinsichtlich einer mit der Neufassung verbundenen Präzisierung der Prüfdichte und damit einer möglichen Substitution noch Kloepfer / Bröcker, UPR 2000, S. 339. 304 Zu den Ermächtigungen nach § 55a KrW- / AbfG, § 58e BImSchG, § 21h WHG und weiteren Verordnungen Jarass, DVBl. 2003, S. 300 ff., 305. Vor diesen Gesetzgebungsverfahren unterstellte bereits Höland, ZEuP 1998, S. 48, einen geringeren Überwachungsbedarf bei zertifizierten Unternehmen. 305 Zur EMAS-PrivilegV auch Langerfeldt, NVwZ 2002, S. 1163 f.; Jarass, DVBl. 2003, S. 302 ff.; Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 166, 168 mit Fn. 50, und insbesondere S. 177. 306 Vgl. Trute, in: Rückzug des Ordnungsrechts, S. 38; demgegenüber bedarf es nach Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 199 ff. (200), zusätzlicher Instrumente, damit „ein nachträgliches Öko-Audit in puncto Prüftiefe und Detaillierungsgrad mit der staatlichen ex-anteKontrolle . . . voll mithalten kann“. Zur Möglichkeit, ordnungsbehördliche Kontrollen durch Prüfung unabhängiger staatlich zugelassener Auditoren zu ersetzen, schon Hill, UTR 1994, S. 111. Mit der staatlichen Kontrolle ist auch eine Letztverantwortung des Staates gesichert. 307 Laskowski, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 100; ebenso Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 325. Zu Prüfkrite-

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auf die Steuerungsdiskussion geht diese Verzahnung aber über den ursprünglich relativ eng gefaßten Bereich einer Kontextsteuerung im Sinne einer staatlich induzierten Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes als Gemeinwohlbeitrag privater Akteure hinaus;308 mit der EMAS-Privilegierungsverordnung kann also davon ausgegangen werden, daß sich das Öko-Audit als Modell der regulierten Selbstregulierung durchaus in den Bereich der funktionalen (Verfahrens-)Privatisierung eingliedern läßt,309 allerdings nur unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verschiebungen im Haftungsrecht.310

4. Gesellschaftliche Selbstregulierung oder regulierte Selbstregulierung im Datenschutzaudit? Daß der Audit-Gedanke nicht nur im Umweltrecht verhaftet ist, sondern auch auf andere Politikfelder ausstrahlt311 und somit der Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben eine neue Dimension verleihen kann, zeigt sich an der Angleichung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) an die 1995 erlassene EG-Datenschutzrichtlinie (DSRL), insbesondere mit Blick auf die Übernahme der Möglichkeit von Selbstregulierung im Datenschutz.312 Bereits vor der Novellierung des BDSG haben Brandenburg,313 Nordrhein-Westfalen314 und Schleswig-Holstein315 entsprechende Regelungen erlassen, wobei sich die Audirien, um den Beitrag und Zielerreichungsgrad regulierter Selbstregulierung im Umweltordnungsrecht festzustellen, Brandt, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 133 f. 308 EMAS II halte an dem bisherigen System der Kontextsteuerung zu Recht fest, so Schmidt-Preuß, DÖV 2001, S. 51. 309 Nach Kloepfer, in: Kitagawa u. a. (Hrsg.), Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung, S. 169, ging das Bundesumweltministerium im Entwurf der Verordnung „stillschweigend“ von einer funktionalen Äquivalenz aus. Zum „funktionalen Zusammenhang“ der Teilbeiträge seitens der Wirtschaft, der Gesellschaft und des Staates allgemein im Umweltrecht Trute, in: Rückzug des Ordnungsrechts, S. 17. 310 So verweist Höland, ZEuP 1998, S. 48, hinsichtlich der fehlenden Amtshaftung (Fn. 172) auf den „gegenwärtigen Stand“, der sich jedoch zugunsten „öffentlicher Präventions- und Vollzugsverantwortung in bezug auf Umweltschutz“ ändern kann. 311 Allgemein zum Umweltrecht „als Laboratorium der Gesamtrechtsordnung“ Hill, UTR 1994, S. 92; vgl. auch Baer, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), S. 179; Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 135. Zum Datenschutzaudit in Schleswig-Holstein Bäumler, RDV 2001, S. 168; für die Bundesebene vgl. Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Bilanz 2002, S. 44. Schmitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 152, verweist zudem auf Überlegungen, das Verwaltungsverfahrensgesetz um allgemeine Auditierungsregelungen zu ergänzen. 312 Art. 27 Abs. 2 DSRL. Im Sozialgesetzbuch wurde die Möglichkeit der Teilnahme am Datenschutzaudit bereits aufgenommen, vgl. § 78c SGB X. Dem vorausgegangen war die Einfügen des Datenschutzaudit in § 17 Mediendienste-Staatsvertrag. 313 § 11c BbgDSG. 314 § 10a DSG NRW.

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tierung aufgrund des Anwendungsbereichs der Landesgesetze nur auf öffentliche Stellen bezieht (Behördenaudit)316 bzw. in Schleswig-Holstein um den Vorrang von zertifizierten „informationstechnischen Produkten“ (Produktaudit) ergänzt wird, deren Einsatz in der öffentlichen Verwaltung vordringlich betrieben werden solle.317 Ziel des Datenschutzaudit318 ist es, mit der Prüfung und Bewertung von Datenschutzkonzepten und technischen Einrichtungen durch unabhängige Gutachter die Selbstverantwortung für den Datenschutz zu stärken und eine kontinuierliche Verbesserung des Datenschutzes und der Datensicherung in den beteiligten Unternehmen durch Vergabe eines entsprechenden Auditierungszeichen als Marketinginstrument und Wettbewerbsfaktor319 zu erreichen.320 Die Zertifizierung im Datenschutz soll analog zur Zertifizierung im Umweltschutz umgesetzt werden, wobei eine dem Umweltaudit vergleichbar aufwendige und umfassende Regelung für das Datenschutzaudit vermieden werden sollte.321 Das Verfahren in Schleswig-Holstein etwa entspricht im weitesten Sinne dem des Umweltaudit: Mit der Festlegung der Datenschutzziele, der Einrichtung eines Datenschutzmanagementsystems und der Abgabe einer darauf basierenden Datenschutzerklärung wird der zuständige Datenschutzbeauftragte der Organisation – 315 § 43 LDSG-SH; das Verfahren ist geregelt in: Hinweise des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz zur Durchführung eines Datenschutz-Behördenaudits nach § 43 Abs. 2 LDSG-SH v. 22. 3. 2001, Amtsbl., S. 196 ff. 316 Hierzu auch Bäumler, RDV 2001, S. 168. 317 § 4 Abs. 2 LDSG-SH. Mit der Aufforderung an die öffentliche Verwaltung, diese Produkte vorrangig zu nutzen, wird ein (privates) Unternehmens-Datenschutzaudit quasi durch die Hintertür eingeführt; hierzu sowie zum IT-Gütesiegel auch Bäumler, CR 2001, S. 797 ff.; das Verfahren ist geregelt in der DSAVO. Unter veränderten Rahmenbedingungen – Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Verzicht auf weitere Regelungen – stimmen trotz grundsätzlicher Ablehnung der Auditierung auch Drews / Kranz, DuD 2000, S. 229, einem Produktaudit zu. 318 Für die Bundesebene geregelt in § 9a BDSG. 319 Hier liegt auch ein Unterschied zu EMAS I, bei dem Werbung mit der Auditierung noch untersagt war; vgl. einerseits J.-P. Schneider, Verwaltung 1995, S. 366; anderseits für den Bund: Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 136; für Schleswig-Holstein: Bäumler, RDV 2001, S. 169 (Werbung mit dem Behördenaudit), S. 171 (Werbung mit dem IT-Gütesiegel). Vgl. hierzu auch Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 326. 320 So im Programm der Bundesregierung (Bundesministerium des Innern [Hrsg.], Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 16); vgl. auch Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 132 f. Ablehnend Drews / Kranz, DuD 2000, S. 226 ff.; abwägend Königshofen, DuD 2000, S. 357 ff. 321 So Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 135. Während das Ausführungsgesetz zu § 9a BDSG noch nicht vorliegt (kritisch hierzu Gola, RDV 2000, S. 93 f.; Bäumler, RDV 2001, S. 167, 172), wurde für das Produktaudit in Schleswig-Holstein mit der DSAVO ein Jahr nach Inkrafttreten des LDSG eine entsprechende Verordnung erlassen.

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hier der Behörde – betraut;322 die Zertifizierung wird „überwiegend von privatrechtlich tätigen Sachverständigen durchgeführt“, die von einer unabhängigen Stelle – hier dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz – anerkannt worden sein müssen.323 Auch die „Beachtung der einschlägigen Vorschriften über Datenschutz und Datensicherheit“, wozu auch die „Beobachtung von Rechtsänderungen und die regelmäßige Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften“ als Bestandteil des Datenschutzmanagementsystems 324 gehören, entsprechen den Zielen des Umweltaudit,325 wobei jedoch erstere lediglich Ausführungsbestimmungen in einem (Bundes-)Land darstellen, letztere hingegen als Anhang I integraler Bestandteil der Verordnung sind. Trotz der Gemeinsamkeiten liegen zwischen dem Umweltaudit nach EMAS II und dem Datenschutzaudit – derzeit noch – gewichtige Unterschiede, die letztlich zum Ergebnis führen müssen, daß es sich beim Datenschutzaudit in der vorliegenden Form weder um einen Ansatz regulierter Selbstregulierung noch um eine Verfahrensprivatisierung handelt: a) Bereits in rein formaler Hinsicht unterschieden sich beide Auditierungskonzepte: Während das Umweltauditverfahren sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene mit der EG-Öko-Auditverordnung und dem Umweltauditgesetz in einer eigenständigen Gesetzgebung geregelt wurde, haben sowohl Landes- als auch Bundesgesetzgeber bei der Novellierung des Datenschutzgesetzes das Datenschutzaudit als „allgemeine Querschnittsaufgabe“326 gleichsam en passant aufgenommen, um Konkretisierungen in einem später zu erlassenden Datenschutzauditgesetz vorzunehmen.327 Dies allein wäre nicht von Nachteil, vielmehr könnte man im Unterschied zu dem nach dem Scheitern eines Umweltgesetzbuchs nach wie 322 Zur Stellung von Betriebsbeauftragten für verschiedene Bereiche Fn. 282; vgl. auch Blümel, in: ders. / Pfeil, Neuere Entwicklungen, S. 62 f. 323 Vgl. hierzu Bäumler, CR 2001, S. 797, sowie die Hinweise des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (Fn. 315), Ziff. B 4 ff. Der Vorschlag für ein Bundesdatenschutzauditgesetz lehnt sich terminologisch noch stärker an das Umweltaudit an: Danach sollen eine Datenschutzpolitik festgelegt, ein Datenschutzprogramm erstellt und eine Datenschutzprüfung durchgeführt werden, die eine Kompatibilität von Datenschutzmanagementsystem und Datenschutzpolitik und -programm feststellen soll, vgl. Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 141. 324 Vgl. die Hinweise des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (Fn. 315), Ziff. B 7.3.5. 325 Vgl. Fn. 295. 326 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 16. 327 § 9a BDSG. Allerdings erscheint auch auf EU-Ebene das Datenschutzaudit im Unterschied zum Umweltaudit eher verklausuliert in Art. 27 Abs. 2 DSRL: „Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß die Berufsverbände und andere Vereinigungen . . . Entwürfe für einzelstaatliche Verhaltensregeln oder ihre Vorschläge zur Änderung oder Verlängerung bestehender einzelstaatlicher Verhaltensregeln der zuständigen einzelstaatlichen Stelle unterbreiten können. Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß sich diese Stellen insbesondere davon überzeugen, daß die ihr unterbreiteten Entwürfe mit den zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften in Einklang stehen. . . ..“.

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vor zersplitterten Umweltrecht von einer kodifizierenden Teil-Gesetzgebung im Datenschutz sprechen.328 Jedoch ist zu befürchten, daß aufgrund der Verortung des Datenschutzaudit und der spärlichen Regelung im BDSG das angekündigte Ausführungsgesetz noch einige Zeit auf sich warten lassen dürfte, so daß ein Datenschutzaudit für private Institutionen im Sinne einer regulierten Selbstregulierung bzw. einer Verfahrensprivatisierung weder auf Bundesebene noch auf Landesebene wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz in absehbarere Zeit eingeführt werden wird. b) Materiell-rechtlich stellt sich beim Datenschutzaudit die Frage nach Erleichterungen für die teilnehmenden Organisationen hinsichtlich der staatlichen Aufsichts- und Kontrollbefugnisse. Weder in der Datenschutzrichtlinie der EG noch in der Bundesgesetzgebung oder in den jeweiligen Landesgesetzen finden sich Hinweise darauf, daß mit der Zertifizierung von Produkten oder von Behörden eine Deregulierung für die Unternehmen oder die Verwaltung verbunden wäre. So wird in Schleswig-Holstein in erster Linie sowohl beim Produkt- als auch beim Behördenaudit auf den Gesichtspunkt des Wettbewerbsvorteils und der Werbung abgestellt,329 und auch der Bund hebt „die Etablierung des Datenschutzes als Wettbewerbsfaktor, die kontinuierliche Verbesserung des Datenschutzes und der Datensicherung durch die beteiligten Unternehmen“ hervor.330 Wenn aber das Produktaudit vorrangig auf den Marketingeffekt und Wettbewerbsfaktor für die Unternehmen zielt und im übrigen eher dem Bereich der reflexiven Steuerung zuzuordnen ist,331 mangelt es diesem als Ausprägung des Datenschutzaudit ersichtlich an dem 328 Zur – für eine Kodifikation notwendigen – Integration des Telekommunikations- und des Teledienstedatenschutzgesetzes Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 44. 329 Vgl. u. a. Bäumler, RDV 2001, S. 168: „Vorsprung im Wettbewerb um mehr Bürgernähe und -akzeptanz“, „Werbung um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger“, S. 169 f.: verkaufsfördernde Werbung mit dem Gütesiegel, sowie ders., CR 2001, S. 796 ff., der ausdrücklich den „marktwirtschaftliche(n) Anreiz“ (S. 796) bzw. die „wirtschaftliche(n) Aspekte des Datenschutz-Behördenaudits“ (S. 799) herausstellt. 330 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 16; vgl. auch Tinnefeld, NJW 2001, S. 3080. Nach Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 133, soll das Datenschutzaudit als flexibles Instrument auch dazu dienen, angesichts des technischen Fortschritts den Datenschutz kontinuierlich an geänderte Bedingungen anzupassen. 331 Schmidt-Preuß VVDStRL 56, S. 192 ff., definiert reflexive Steuerung als „Typus nicht-imperativer staatlicher Beeinflussung des Verhaltens Privater“ mit Hilfe von internen „Informations-, Lern- und Selbstkontrollprozessen“, wobei die „Selbsterkenntnis, nicht Fremdbestimmung“ im Vordergrund steht. Hier tritt auch der Unterschied zur regulierten Selbstregulierung hervor, wenn Schmidt-Preuß reflexive Steuerung als „strategische Verbindung von Privatinteressen und Gemeinwohl, die für die gesteuerte Selbstregulierung symptomatisch“ sei, charakterisiert, wobei jedoch aufgrund der durchaus existenten Ergebnisoffenheit reflexiver Steuerung keine „übertriebenen Erwartungen an gemeinwohlfördernde Verhaltensänderungen kraft Selbsterkenntnis“ gestellt werden dürften (ebd., S. 194, Hervorhebung d. Verf.). Vgl. hierzu auch Teubner / Willke, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, S. 15 ff.

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für eine regulierte Selbstregulierung charakteristischen Wirkungszusammenhang und der gegenseitigen Bezogenheit von Staat und Wirtschaft zur gemeinsamen Problemlösung.332 Insofern kann man allenfalls von einer gesellschaftlichen „Selbstregulierung als Modus der Problembewältigung“ sprechen.333 Hinzu kommt, daß Art und Intensität der Einbeziehung des Staates als Regulierungsinstanz in das System des Datenschutzaudit derzeit nicht klar genug hervortreten. Nach § 9a BDSG sollen die Datenschutzkonzepte durch „unabhängige und zugelassene Gutachter“ geprüft werden. Die Bestellung der Gutachter erfolgt beispielsweise in Schleswig-Holstein durch das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz als Anstalt des öffentlichen Rechts;334 für den Bund hingegen wurde vorgeschlagen, statt Gutachter explizit für das Datenschutzaudit zu bestellen, die Begutachtung öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit einem entsprechenden Anforderungsprofil zu übertragen, die wiederum von den Industrie- und Handelskammern bestellt werden können.335 Insbesondere diese Vorschläge für die Bundesebene, mit der Einbeziehung von körperschaftlich organisierten „ ,Selbststeuerungskräften‘ der Gesellschaft“ die „Selbstregulierungsmechanismen des Marktes“ zu nutzen,336 weisen ebenfalls auf eine gesellschaftliche Selbstregulierung hin. Als gravierender Unterschied zum Umweltaudit jedoch ist der Umstand zu werten, daß mit dem Datenschutzaudit, wie im Bundesdatenschutzgesetz vorgesehen, keine positiven oder negativen Konsequenzen im Hinblick auf staatliche Genehmigungs- oder Kontrollverfahren verbunden sind: Die Frage nach dem Verzicht auf behördliche Prüf- und Kontrollrechte angesichts einer (möglichen) funktionalen Äquivalenz von Datenschutzanforderungen und Datenschutzaudit, wie es im Zuge des Umweltaudit frühzeitig diskutiert wurde, wird im Rahmen des Datenschutzaudit weitgehend außer acht gelassen.337 Auch für Schleswig-Holstein, das als ein332 In diese Richtung Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 178; auch Heintzen, VVDStRL 62, S. 245 mit Fn. 121, spricht der funktionalen Selbstverwaltung und ebenso der gesellschaftlichen Selbstregulierung die Qualifikation als mittelbare Selbstverwaltung ab. Zur gegenseitigen Bezogenheit von Staat und selbstregulierenden Institutionen vgl. Fn. 284. 333 Fn. 283; zur Selbstregulierung im Rahmen des BDSG, die sich aber nicht auf das Datenschutzaudit, sondern auf branchenspezifische Detailregelungen im Sinne von Verhaltensregeln bezieht, Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 153 ff. Tinnefeld, NJW 2001, S. 3080 f., unterscheidet demnach auch zwischen der Selbstregelung im Datenschutzaudit und der regulierten Selbstregelung bei der Setzung von Verhaltensregeln. Zur – selbstregulativen – privaten Normgebung auch Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 202 ff. 334 § 3 DSAVO, dies gilt jedoch nur für das Produktaudit; die Begutachtung im Rahmen des Behördenaudit erfolgt nach Ziff. 8 der Hinweise des Unabhängigen Landeszentrums (Fn. 315) durch die Zertifizierungsstelle – die Landeszentrale – selbst. 335 Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 138, mit Blick auf § 36 Abs. 4 GewO. 336 Vgl. hierzu Müller, Rechtsformenwahl, S. 402.

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ziges Land bisher das behördliche Datenschutzaudit in einer gesonderten Regelung konkretisiert hat, ist – obwohl die Beachtung der rechtlichen Regelungen zum Datenschutzmanagementsystem zählt338 – eine entsprechende Verringerung der Kontrolltiefe nicht vorgesehen.339 Von daher kann zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht von einer Verfahrensprivatisierung oder von privater Selbstkontrolle und staatlicher Kontrolle der privaten Selbstkontrolle gesprochen werden, die etwa vergleichbar wäre mit dem Vorgehen beim Umweltaudit:340 Das Datenschutzrecht hat trotz der verschiedenen Novellierungen seinen „ordnungsbehördliche(n) Ansatz“341 nicht verloren. Allenfalls kann das Datenschutzaudit in den bislang vorgelegten Gesetzen auf Bundes- und auf Landesebene als ein erster vorsichtiger Ansatz zu einer Selbstregulierung gedeutet werden, der jedoch noch umfassender Regelungs- und Verfahrensschritte bedarf, bevor von einer Verzahnung von Datenschutz und privater Selbstkontrolle gesprochen werden dürfte.

III. Zum Begriff der Public-Private Partnership Unter dem Blickwinkel insbesondere der funktionalen Privatisierung im Sinne einer kooperativ-verantwortungsteiligen Aufgabenwahrnehmung tritt zunehmend mehr der Begriff der Public-Private Partnership342 (PPP) als dogmatisch eher zurückhaltende Beschreibung einer „Grenzziehung zwischen Staat und Markt“ 337 Nach Roßnagel / Pfitzmann / Garstka, Modernisierung des Datenschutzrechts, S. 17, These 23, sollten zertifizierte Stellen „mit Erleichterungen rechtlicher Anforderungen belohnt werden“ – ohne dies allerdings in ihrem Gesetzesvorschlag (ebd. S. 140 ff.) zu berücksichtigen. Die Vorschläge von Königshofen, DuD 2000, S. 358, im Zusammenhang mit dem Produktaudit beziehen sich ebenfalls nicht auf eine Lockerung der Aufsicht, sondern auf die „Aussicht auf bessere interne Prozesse, auf die Minimierung von Risiken, auf damit verbundene bessere Versicherungskonditionen, auf Steuervorteile“. Auch der Arbeitskreis Datenschutz des BDI ging davon aus, daß es zu keiner Verringerung der Kontrolltiefe kommen würde, er befürchtete vielmehr eine doppelte Kontrolle „die sogar zu einer dreifachen Kontrolle würde, wenn man berücksichtigt, dass künftig die Aufsichtsbehörde auch ohne Anlass im Unternehmen erscheinen und überprüfen kann“, zit. nach Drews / Kranz, DuD 2000, S. 228. 338 Vgl. oben, zu Fn. 324. 339 Bei der Vergabe des ersten Zertifikats an eine Behörde 2002 (www.datenschutzzentrum.de / material / themen / presse / auditoh.htm) wurde dies nicht thematisiert. 340 Hierzu Fn. 306 ff. Allerdings könne das Datenschutzaudit eine ähnliche Bedeutung erlangen wie das Umwelschutzaudit, so Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 325. 341 Bäumler, CR 2001, S. 795. 342 Zu Herkunft und Erscheinungsformen v.a. in anglo-amerikanischen Ländern sowie in Frankreich und Italien Böhm, Öffentlich-private Partnerschaften, S. 20 ff.; zusammenfassend Höftmann, FS Lüder, S. 802; vgl. auch Budäus / Grüning, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 37 ff.

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bei der Erbringung öffentlicher Leistungen in den Mittelpunkt der Diskussion.343 Die Argumente für derartige Kooperationen haben sich im Zeitverlauf geändert: War früher vor allem die Erschließung privaten Kapitals wesentliches Motiv, gewinnen heute weitere Aspekte, z. B. die Einbeziehung privaten Sachverstandes344 zur Lösung komplexer Probleme, zunehmend an Bedeutung, mithin ähnliche Gründe wie bei Privatisierungen.345 Obwohl Public-Private Partnership in der Verwaltungspraxis eine bedeutende Rolle spielt,346 ist die inhaltliche Reichweite des Begriffs weitgehend ungeklärt;347 auch kann sie je nach Interessenlage auf unterschiedlichen Vorstellungen beruhen.348 Von daher verwundert die insbesondere für Deutschland festgestellte „inflationäre und unangemessene Verwendung des Begriffes“349 nicht. So werden mit Public-Private Partnership einerseits staatlich-private Beziehungen in Form von institutionalisierten Gesellschaften und Vereinen bezeichnet, andererseits aber auch lediglich „Informationsrunden und

343 Stober, DÖV 2000, S. 261; Strünck / Heinze, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 127 ff.; Tettinger, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 126, sowie Janning, in: Walcha / Hermanns (Hrsg.), Partnerschaftliche Stadtentwicklung, S. 47; vgl. auch oben, Fn. 130 ff. Allerdings wurde den gemischtwirtschaftlichen Betrieben bereits von Werner Sombart eine große Zukunft vorhergesagt, vgl. Ambrosius, in: Frese / Zeppenfeld (Hrsg.), Kommunen und Unternehmen, S. 213 f. 344 Zur Notwendigkeit, auf „Sphärenwissen in anderen Bereichen“ zurückzugreifen, Hill, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 310. 345 So auch Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 27; Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 489 ff.; des weiteren Budäus, in: Klimecki / Müller (Hrsg.), Verwaltung im Aufbruch, S. 196; Böhm, Öffentlich-private Partnerschaften, S. 50; historisch-vergleichend Ambrosius, in: Frese / Zeppenfeld (Hrsg.), Kommunen und Unternehmen, S. 204 ff. Zu vorrangig finanziellen Gründen Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 24 ff. 346 Zu Anwendungsfeldern von PPP ausführlich Schuppert, Grundzüge, S. 15 ff. m. w. N.; Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 9 f., 27 ff.; vgl. auch die Hinweise auf bereits realisierte Partnerschaften und weitere Möglichkeiten im Antrag von SPD und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN zu Öffentlich Privaten Partnerschaften, BT-Drs. 15 / 1400 v. 4. 7. 2003, S. 1 f., 4 ff. 347 Vgl. etwa Strünck / Heinze, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 129; mangelnde „theoretische Verdichtung“ konstatiert auch Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 270; ausführliche Hinweise auf den Diskussionsstand bei Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 283 f. mit Fn. 60. Ähnlich unscharfe Begriffskonturen diagnostiziert R. Roth, in: Zimmer / Nährlich (Hrsg.), Engagierte Bürgergesellschaft, S. 25 ff. (26, 30), für bürgerschaftliches Engagement. Die Suche nach einer Definition für das Gesellschaftsrecht beendet K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 3, mit der Feststellung, man solle sich „einem lebendigen Rechtsstoff . . . nicht begriffsexegetisch nähern“. 348 Wenn PPP „Kooperationsbereitschaft signalisiert und Fortschrittlichkeit suggeriert“ (Tettinger, in: Budäus / Eichhorn [Hrsg.], Public Private Partnership, S. 125), kann selbst eine unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität realisierte Übertragung von Aufgaben auf Private, die in nur geringem Maße kooperativ angelegt sein kann, unter den Begriff subsumiert werden. Zur Abgrenzung von PPP und Subsidiarität Strünck / Heinze, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 128 f. 349 So kritisch Höftmann, FS Lüder, S. 803; vgl. auch Dreher, NZBau 2002, S. 246.

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Gesprächskreise oder schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten“.350 Auch hat sich der generalisierende Bezug auf „Public“ als Bezeichnung des öffentlichen Partners inzwischen überlebt. Neue Kreationen folgen einer stärkeren Ausdifferenzierung und beziehen sich unmittelbar auf das jeweiligen Handlungsfeld, innerhalb dessen diese Kooperation stattfindet, wie etwa eine Police-Private Partnership als Form der Zusammenarbeit zur Optimierung von Sicherheit351 oder der Penal-Private Partnership als Kooperation im Strafvollzug352 bzw. einer Public-Semipublic-Partnership als staatliches Zusammenwirken mit freien Träger der Wohlfahrtspflege im Sozialbereich.353 Ob damit hinsichtlich einer definitorischen Klarstellung der Partnerschaften von öffentlicher Hand und Privaten sowie einer Abgrenzung gegenüber anderen Formen der Zusammenarbeit etwas gewonnen ist, bleibt dahingestellt.354 Zumindest markieren diese neuen Begrifflichkeiten, daß sich der Anwendungsbereich für PPP merklich erweitert hat und inzwischen auch tatsächliche oder vermeintliche Hoheitsaufgaben umfassen kann.355 Trotz der Unschärfe, ja sogar fast Beliebigkeit des Begriffes kristallisieren sich einzelne Merkmale heraus, um Public-Private Partnership von anderen Formen öffentlich-privaten Zusammenwirkens hinreichend abgrenzen und für die Zwecke einer organisationsrechtlichen Analyse der Aufgabenwahrnehmung im modernisierten und modernisierenden Staat nutzen zu können. Als ein erster Konsens kann festgehalten werden, daß unter PPP Kooperationsformen verstanden werden, an denen die öffentliche Hand und Private in Sinne einer Partnerschaft356 zum Zweck einer aufgabenbezogenen Zusammenarbeit beteiligt sind.357 Im Unterschied zur Privatisierung steht weniger die Aufgaben350 Vgl. Böhm, Öffentlich-private Partnerschaften, S. 19; Heinz, Public Private Partnership, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 54; eine Fülle von Definitionen auch bei Ziekow, Verankerung, S. 76 ff. Im Antrag zu Öffentlich Privaten Partnerschaften (Fn. 346) wurde daher eine einheitliche Terminologie zumindest im Haushalts- und Kommunalrecht sowie bei den Fördermitteln gefordert (S. 8). 351 Vgl. etwa Stober, DÖV 2000, S. 261; Schuppert, Grundzüge, S. 54 ff.; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 120 ff. (124 ff.), sowie Winkler, NWVBl. 2000, S. 292 ff. 352 Zu diesem Begriff Stober, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung im Strafvollzug?, S. 1. Eine „Social-Private Partnership“ für eine Zusammenarbeit im Sozialrecht (hierzu Schuppert, Grundzüge, S. 59 ff.) hat sich allerdings noch nicht herausgebildet. 353 Vgl. Schuppert, Grundzüge, S. 60. 354 Zur Abgrenzung von PPP zu Privatisierungsformen sowie zur Feststellung, daß es sich bislang eher um einen Sammel- denn um einen Rechtsbegriff handele, Dreher, NZBau 2002, S. 246 f. 355 Vgl. etwa Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 28 f. 356 Schuppert, Grundzüge, S. 8 f., bezeichnet PPP als „sektorverschränkendes Arrangement öffentlicher Aufgabenerfüllung“. Zwar setzt sich der Begriff selbst aus eben diesem „sektorübergreifende(n) Charakter“ sowie dem partnerschaftlichen Element zusammen, beides wird aber auch von Höftmann, FS Lüder, S. 804, explizit thematisiert. 357 Vgl. Böhm, Öffentlich-private Partnerschaften, S. 20.

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übertragung als vielmehr das prozessuale Element der Zusammenarbeit im Vordergrund.358 Dies setzt eine von beiden Seiten bewußt initiierte Kooperation mit anteiligen Beiträgen auf die zu erbringende gemeinwohlorientierte Leistung voraus.359 Die Kooperation muß demnach durch ein Mindestmaß an konvergierenden Zielen gekennzeichnet sein, die durchaus von kommerziellen Interessen auf privater Seite geleitet werden können, jedoch zu Synergieeffekten hinsichtlich der zu erfüllenden Aufgabe führen sollten.360 Daher ist weder die von öffentlicher Seite erfolgte einseitige Inpflichtnahme Privater361 als Public-Private Partnership zu bezeichnen noch ein privates Engagement, das nicht auf die spezifische Aufgabe bzw. ein gemeinsames Ziel gerichtet ist und dem es an einem wenn auch noch so geringen Gemeinwohlbezug mangelt.362 Um rein informelle Kooperationen gegenüber jenem partnerschaftlichen Verständnis abzugrenzen, bedarf es des weiteren eines gewissen Grades an „Formalisierung bzw. Institutionalisierung“ in der Zusammenarbeit zwischen privaten und öffentlichen Akteuren.363 Unter Formalisierung und Institutionalisierung sollen hier sowohl rechtlich geregelte als auch organisatorische Arrangements verstanden werden: Die Kooperationsvereinbarung beruht auf gesetzlicher Grundlage oder auf vertraglicher Basis, die Kooperation selbst erfolgt innerhalb eines bestimmten institutionell-organisatorischen Rahmens.364 Nicht unter PPP sollen somit rein informelle Vorgespräche, Absprachen oder die oben erwähnten Gesprächskreise fallen, die häufig nicht der Projektumsetzung dienen, sondern als „Initiatoren, 358 So Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 272. 359 Nach Ziekow, Verankerung, S. 81 f., ist im Unterschied zur Privatisierung die Mitbestimmung des privaten Partners über das Ziel bzw. die zu erfüllende Aufgabe Kennzeichen von PPP. 360 Budäus / Grüning, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 50 ff.; vgl. auch Budäus, in: Klimecki / Müller (Hrsg.), Verwaltung im Aufbruch, S. 197; E.-H. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 80; Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 271 f. Zu privaten und staatlichen Interessen einer PPP speziell im Kulturbereich Duda / Hausmann, ZögU 2002, S. 341 f., 345 ff.; vgl. auch B. Wagner, in: Zimmer / Nährlich (Hrsg.), Engagierte Bürgergesellschaft, S. 106 ff. 361 So auch Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 99, und Höftmann, FS Lüder, S. 805; vgl. auch Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 277 f. Speziell zur Inpflichtnahme Privater Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 104 I d 10; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 38 ff. 362 Sponsoring etwa fällt somit nicht unter PPP, vgl. Strünck / Heinze, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 128. Vgl. auch im Antrag zu Öffentlich Privaten Partnerschaften (Fn. 346): „Entscheidend für ÖPP ist nicht der Aspekt der Privatisierung, sondern das Teilen von Aufgaben und Risiken mit dem privaten Sektor“. 363 Budäus / Grüning, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 50 (Hervorhebung d. Verf.); a.A. Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 274 f. 364 Vgl. Strünck / Heinze, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 129.

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Katalysatoren und Koordinatoren“ Akteure zusammenbringen und Prozesse in Gang setzen.365 Hingegen erscheint es schwierig, das Merkmal der Dauerhaftigkeit zum Maßstab für eine Bewertung von Formen der Zusammenarbeit als PPP zu nehmen. Zwar muß diese Zusammenarbeit nicht auf Dauer angelegt sein, jedoch rechtfertigt eine Dauer von nur wenigen Monaten keine institutionalisierte Zusammenarbeit;366 andererseits kann auch eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren, wie sie für Betreiber- und Kooperationsmodelle im Rahmen der Abwasserentsorgung vorgesehen sind,367 nicht überzeugen. Als eindeutiges Merkmal einer PPP ist der zeitliche Aspekt daher nur schwer quantifizierbar.368 Ein dritter Aspekt betrifft die Akteure selbst: Während der öffentliche Partner definierbar – Behörden unterschiedlicher Ebenen der unmittelbaren Verwaltung, die mittelbare Verwaltung oder auch privatisierte Verwaltungsträger – und daher kaum Gegenstand einer Diskussion ist,369 bestehen bei der Abgrenzung des privaten Partners deutliche Unterschiede. Die Palette reicht hier von ausschließlich privatrechtlich organisierten Unternehmen über berufsständische Vertretungen und Verbände, Stiftungen, Wohlfahrtsverbände und sonstige intermediäre Organisationen, es werden aber auch Organisationen mit einem geringeren Institutionalisierungsgrad, wie etwa lokale bzw. regionale (bürgerschaftliche) Interessen- oder Selbsthilfegruppen als privater Partner berücksichtigt.370 Der Bezug insbesondere auf den privaten Partner ist somit eines der maßgeblichen Unterscheidungsmerkmale bei der Bestimmung von Formen der Zusammenarbeit als Public-Private Partnership. Wenn einerseits unter einer öffentlich-privaten Partnerschaft „jedwede Zusammenarbeit“ gefaßt wird, mag diese Definition zwar die Praxis widerspiegeln; 365 Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 504; vgl. auch Fn. 350. 366 Vgl. Höftmann, FS Lüder, S. 804 f., sowie Beispiele der (mittel- bis langfristig angelegten) Standortförderung, aber auch der Planung und Realisierung von Einzelvorhaben in der Stadtentwicklung bei Böhm, Öffentlich-private Partnerschaften, S. 52 ff. 367 Hierzu Bauer, in: Hill / Hof (Hrsg.) Wirkungsforschung zum Recht II, S. 309. 368 Ähnlich auch Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 19. Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 26 f., unterscheidet im Anschluß an die verwaltungsrechtliche Literatur zwischen langfristig angelegten PPP’s in Form von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen und kurz- oder langfristigen Kooperationen u. a. aufgrund (austausch-)vertraglicher Regelung. 369 Zu Beteiligten auf seiten der öffentlichen Hand in international vergleichender Perspektive Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 498 f. Habersack, ZGR 1996, S. 545 f., beschränkt den öffentlichen Partner grundsätzlich auf die Kommune; anderenfalls handele es sich um ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen. 370 U.a. Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 499 ff.; Höftmann, FS Lüder, S. 805 f.; zum sogenannten intermediären oder Dritten Sektor neben Schuppert (Fn. 170) auch Evers, Gegenstand, in: ders. / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 20 f., sowie Müller, Rechtsformenwahl, S. 421 f. Eine Klassifizierung des „organisierten Bürgers“ in vier Gruppen unternimmt Schuppert, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement, S. 193 ff.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

gleichzeitig verliert nicht nur der Begriff „restlos an Schärfe“,371 auch eine Strukturierung dieser umfassenden Formen der Zusammenarbeit insbesondere im Rahmen eines Verwaltungskooperationsrechts, wie es im Programm Moderner Staat – Moderne Verwaltung vorgesehen ist, wird letztlich verhindert. Andererseits stellt sich die Frage nach einer Abgrenzung: Wann handelt es sich um ein Zusammenwirken zwischen Staat und Privaten im Sinne einer Public-Private Partnership und wie steht der Begriff der Kooperation dazu? Als geeignetes Differenzierungskriterium bietet sich der institutionell-organisatorische, rechtlich geregelte Rahmen an, innerhalb dessen sich der private Partner bewegt: Unter Rückgriff auf eine im angloamerikanischen Bereich gängige Bedeutung von ,partnership‘ als Geschäftsbeziehung im kaufmännischen Sinn soll der Begriff der Public-Private Partnership entgegen dem inflationären umgangssprachlichen Gebrauch enger gefaßt werden: Unter Public-Private Partnership ist somit nur eine Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und privatrechtlichen Unternehmen zu verstehen.372 Innerhalb dieser Dimension von PPP kann zwischen zwei Ausprägungen unterschieden werden:373 Zum einen soll hierunter eine institutionell-gemeinschaftliche Zusammenarbeit von öffentlichem und privatem Sektor etwa in Form von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen gefaßt werden, also die Verschmelzung öffentlicher und privater Ressourcen in einem gemeinsamen Unternehmen. Allerdings muß die jeweilige Höhe der Beteiligung auf privater und staatlicher Seite genügend Spielraum für eine – partnerschaftliche – Mitgestaltung ermöglichen, d. h. der jeweilige Anteil muß zumindest über der Sperrminorität liegen.374 Zum anderen ist eine Public-Private Partnership im hier zugrunde gelegten engeren Sinne auch als aufgabenteilige „kontraktbestimmte Kooperation“375 möglich, als 371 So Budäus / Grüning, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 46 ff. (46). Allerdings spiegelt gerade diese Offenheit nach Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 271, positiv gewendet auch das Prozeßhafte in der Zusammenarbeit wider. 372 In diesem Sinne Habersack, ZGR 1996, S. 545; Heinz, Public Private Partnership, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 33, 38; vgl. ferner die Gegenüberstellung verschiedener Akteure bei Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 500 f. Auch Höftmann, FS Lüder, S. 806 ff., bezieht sich für verschiedene Ausprägungen von PPP ausschließlich auf Unternehmen. Damit knüpft PPP im engeren Sinn auch an die ursprüngliche Bedeutung des kooperativen Staates (unten, Fn. 467) an. 373 Zu dieser Unterscheidung Eichhorn, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 200; vgl. auch Schuppert, Grundzüge, S. 13. 374 Nach Höftmann, FS Lüder, S. 820, ist ein öffentlicher Anteil an gemischtwirtschaftlichen Unternehmen von sogar bis zu 50 % sachgerecht, um politische Eingriffe in das Tagesgeschäft auszuschließen und so dem Ansatz der Gleichstellung im PPP-Modell zu entsprechen. Zum Dresdner Modell einer Sicherheits- und Servicegesellschaft mbH mit einem kommunalen Anteil von 51 % Weiner, Privatisierung, S. 205. Grundsätzlich ablehnend gegenüber der Einordnung von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen als PPP Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 274.

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eine ausschließlich vertragliche Bindung der öffentlichen Hand einerseits und privater Unternehmen andererseits ohne Gründung einer gemeinsamen Unternehmung, wobei auch Gesellschaften mit einer staatlichen Beteiligung unterhalb der Sperrminorität als „Private“ angesehen werden sollen und daher eine Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten durch zusätzlichen Vertrag zu vereinbaren ist. In beiden Fällen jedoch gewährleistet die öffentliche Hand die Aufgabenerfüllung als solche; die Durchführung und Bereitstellung der Leistung hingegen erfolgt in öffentlich-privater Partnerschaft.

Ausprägungen einer Public-Private Partnership

institutionell-organisatorische Kooperationsverhältnisse

gemischtwirtschaftliche Unternehmen

vertragliche Kooperationsverhältnisse

Vereine, Freie Träger, Privatunternehmen mit geringer staatl. Beteiligung Privatunternehmen, etc.

Mit diesen inhaltlichen Eingrenzungen läßt sich Public-Private Partnership sowohl in den Privatisierungsrahmen als auch in die Diskussion um ein Verwaltungskooperationsrecht einordnen: Indem PPP grundsätzlich in einem engen Verständnis als Kooperation zwischen Staat und Unternehmen definiert werden soll,376 ist sie im Zuge der funktionalen Privatisierung nur eine Möglichkeit der Aufgabenverlagerung; eine andere wäre etwa die Übertragung der Leistungserbringung auf gemeinnützige Träger z. B. der freien Wohlfahrtspflege oder auf Vereine. Damit stellen Kooperationen zwischen Staat und Privaten im Rahmen von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen oder durch vertragliche Regelungen mit Unternehmen als „bestimmte vertypte Formen der Kooperation von Verwaltung und Privaten“377 nur einen Ausschnitt aus dem breiten Spektrum von Möglichkei375 Eichhorn, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 200; vgl. auch Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 506. 376 Wenn Strünck / Heinze, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 129, darauf hinweisen, daß im anglo-amerikanischen Raum der private Anteil „in der Praxis meist von privaten Unternehmen ausgefüllt“ werde, so soll diese Praxis Ausgangspunkt für eine Definition von PPP sein. Zur Beurteilung von Definitionen als nützlich oder zweckmäßig, nicht jedoch als „wahr“ oder „falsch“ vgl. Budäus / Grüning, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 48.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

ten der Zusammenarbeit zwischen Staat und Gesellschaft dar. Mit Blick auf ein Verwaltungskooperationsrecht markiert PPP ebenfalls nur eine Form kooperativer Vertragsgestaltung zwischen Staat und Privaten; Verwaltungskooperation wird hier als der weitergehende Begriff verstanden, der neben handels- und unternehmensrechtlich378 determinierten Institutionen auch weitere, nicht-wirtschaftlich orientierte Zusammenschlüsse sowie Vereine, aber auch Individuen als potentielle Vertragspartner berücksichtigen kann. Zwar handelt es sich trotz des Ansatzes, öffentlich-private Partnerschaften anhand dieser organisatorisch-ökonomischen Rationalitäten folgenden Merkmale stärker zu konturieren und gegenüber anderen Kooperationsformen oder informellen Absprachen abzugrenzen, bei der Bezeichnung Public-Private Partnership nicht um einen Rechtsbegriff; auch ist das Konzept insgesamt angesichts der vielfältigen Erscheinungsformen „juristisch wenig griffig“.379 Aufgrund des breiten Einsatzes dieser vielfältigen Formen einer Zusammenarbeit besteht dennoch die Notwendigkeit, einen strukturierenden rechtlichen Rahmen bereitzustellen, innerhalb dessen sich einerseits Partnerschaften zwischen Staat und Privatwirtschaft (PPP) entwikkeln können, den andererseits aber auch weniger institutionalisierte Organisationen und Vereinigungen als Angebot für eine kooperative Leistungserstellung nutzen können.380 IV. Privatisierung und Staatsentlastung Insgesamt haben sich die mit den verschiedenen Formen der Privatisierung verbundenen Erwartungen letztlich nur zum Teil erfüllt; die „naive Vorstellung, Privatisierung führe automatisch zur Staatsentlastung“ ist zwischenzeitlich in der Tat „einer differenzierten Haltung gewichen“.381 377 Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 25. Zur Kooperation in Sicherheitspartnerschaften, die durch „gehäufte Beteiligung privater Institutionen“ und weniger durch Einzelpersonen gekennzeichnet ist, Weiner, Privatisierung, S. 81. 378 Hier wird explizit auf das Handelsrecht als das Sonderprivatrecht der Kaufleute sowie auf das Unternehmensrecht als Teil des Gesellschaftsrechts Bezug genommen (vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, S. 3 f., 12 f.), da zum Gesellschaftsrecht auch das Recht der Vereine zählt (ders., Gesellschaftsrecht, S. 3), die jedoch nicht unter PPP gefaßt werden sollen. 379 Hierzu u. a. Tettinger, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 126; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 98 f., sowie Stober, DÖV 2000, S. 261. Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 24 ff., schließt jedoch eine mögliche Konturierung und Konkretisierung von PPP als juristisch handhabbarer Begriff im Laufe der Zeit nicht aus (S. 25). 380 Vgl. Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 29 f.; Trute, in: Rückzug des Ordnungsrechts, S. 26 f., 44; im Anschluß Schuppert, Grundzüge, S. 68 f. Aus politischer Perspektive wurde mit dem Antrag zu Öffentlich Privaten Partnerschaften (Fn. 346) ein erster Schritt in diese Richtung getan. 381 Voßkuhle, VerwArch 2001, S. 209; Kämmerer, JZ 1996, S. 1050; Angelika Benz, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 144, 153 f., 163 f.; zur Privatisierung als

A. Privatisierung und neue Akteure

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So liegt nur dann eine echte Staatsentlastung vor, wenn sich der Staat der Aufgabe tatsächlich entledigt, indem er materiell privatisiert und die Aufgabe an die Wirtschaft oder die Gesellschaft zurückgibt – ein Vorgang, der in der Praxis insgesamt „eher selten vorkommt“382 und sich zudem vor allem auf staatliches (Industrie-)Vermögen, nicht aber auf Aufgaben bezieht. Bei einer formellen Privatisierung hingegen verbleibt die Verantwortung sowohl für die Aufgabe selbst als auch für ihre Wahrnehmung letztlich im staatlichen Bereich; der Staat erscheint lediglich in einem anderen Gewand.383 Doch auch bei der funktionalen Privatisierung kann von einer nachhaltigen Staatsentlastung nicht gesprochen werden, da lediglich die Wahrnehmung der Aufgabe übertragen wird – auch wenn dies schon eine nicht unerhebliche Entlastung darstellt –, nicht aber die Verantwortung dafür, daß die Aufgabe überhaupt und in einer bestimmten Qualität erfüllt wird:384 Die Aufgabenverantwortung verbleibt weiter in staatlicher Hand. Hinzu kommen neue Aufgaben als Folge der Zusammenarbeit von Staat und Privaten: Neben einem erhöhten organisatorischen, logistischen und finanziellen Aufwand im Zuge der Anbahnung einer Privatisierung oder Kooperation, wie sie z. B. mit dem Interessenbekundungsverfahren nach § 7 Abs. 2 BHO385 oder dem in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien vorgesehenen Prüfkatalog zur Feststellung von Selbstregulierungsmöglichkeiten386 verbunden ist, kann der Staat auch während der eigentlichen Leistungserstellung nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden, sei es im Rahmen der anteiligen Durchführung, sei es aufgrund einer begleitenden und nachgängigen Kontrolle der Aufgabenwahrnehmung oder im Zuge einer Marktbeobachtung und dem möglichen Aufleben einer bestehenden Auffangverantwortung. Die Regulierungsverwaltung ist im Vergleich zur Leistungsverwaltung387 somit nicht durch eine geringere, sondern möglicherweise durch eine höhere Aufgabenquantität gekennzeichnet, zumindest aber durch eine neue Aufgabenqualität, die bislang nicht im Zentrum staatlichen Handelns lag.388

„trügerisches Phänomen“ auch Cassese, in: Nettesheim / Schiera (Hrsg.), Der integrierte Staat, S. 35 ff. (40). 382 So Schuppert, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 23; ebenso Gramm, Privatisierung, S. 340; nach Busch, AKP 2 / 2003, S. 65, scheint die Tendenz zur materiellen Privatisierung „zu einem gewissen Abschluss gekomen zu sein“. 383 Vgl. hierzu Kämmerer, JZ 1996, S. 1044 mit Fn. 17. 384 U.a. Böhm, Öffentlich-private Partnerschaften, S. 67 f.; Trute, in: Rückzug des Ordnungsrechts, S. 52. Zum Aspekt der Qualitätssicherung bei Privatisierung auch Schoch, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 70 f. 385 Das Verfahren der „Marktansprache“ und der Abgabe von Interessenbekundungen wird exemplarisch erläutert in der Darstellung der Privatisierung der JURIS GmbH (Fn. 48), S. 78 f. 386 Anlage 7 zu § 43 Abs. 1 Nr. 3 GGO Bund; hierzu auch Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 306 mit Fn. 164. 387 Zu diesem Wandel am Beispiel „Postreform“ Wieland, Verwaltung 1995, S. 332. 7 John-Koch

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

Für diese unterschiedlichen Formen einer arbeits- und verantwortungsteiligen Aufgabenerfüllung gilt somit, daß eine Steuerung durch Kontrolle und Regulierung weiterhin dem Regulierungsstaat obliegt,389 um den Aufgabenbestand insgesamt zu sichern, um die Erstellung von Leistungen in einer bestimmten Qualität zu gewährleisten, und nicht zuletzt, um privat-öffentliche Kooperationen durch normierte und rahmengebende, zugleich aber flexible und anpassungsfähige Vereinbarungen zu strukturieren. In der Regel bedarf es zudem zusätzlicher (der Privatwirtschaft angenäherter) Steuerungselemente, die in das bisherige hierarchisch gegliederte verwaltungsinterne Aufsichts- und Kontrollsystem des öffentlichen Rechts nicht ohne weiteres einzupassen sind: Eine neue (Steuerungs-)Aufgabe entsteht.390 Von einem möglichen verwaltungsseitigen Verlust von Know-how391 oder der Bildung privater Monopole durch ausgeprägte Auslagerungen392 abgesehen, haben auch diese Probleme im Bereich der Regulierung und Kontrolle privatisierter Unternehmen die beabsichtigte Staatsentlastung oftmals in ihr Gegenteil verkehrt.393 388 Vgl. Kämmerer, Privatisierung, S. 544 ff.; Ziekow, in: Pitschas / Kisa (Hrsg.), Internationalisierung, S. 226; zu diesen „Paradoxa der Privatisierungsgeschichte“ Kloepfer, in: Kitagawa u. a. (Hrsg.), Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung, S. 158 ff.; Beispiele bei Cassese, in: Nettesheim / Schiera (Hrsg.), Der integrierte Staat, S. 39 f. Auch die Monopolkommission hat sich hinsichtlich des Ausmaßes von Regulierungsaufgaben korrigiert: Ging sie 1996 noch von staatlicher Regulierung als temporärer Aufgabe aus, mußte diese Ansicht zugunsten einer längerfristigen Perspektive revidiert werden, da die Zugangsproblematik in einzelnen Netzsektoren auf absehbare Zeit der Regulierung bedürfe und zudem eine Regulierung allein durch das Wettbewerbsrecht zu schwach sei, um die Funktionsfähigkeit der Märkte zu sichern (Monopolkommission, Netzwettbewerb, S. 377). 389 Hierzu Gramm, Privatisierung, S. 178 ff. m. w. N.; zum Begriff des Regulierungsstaats Kämmerer, Privatisierung, S. 491 m. w. N., S. 544 f.; Kloepfer, in: Kitagawa u. a. (Hrsg.), Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung, S. 150. Die Errichtung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (6. Teil, Kap. E) bildet aus organisatorischer Sicht ein anschauliches Beispiel für eine im Zuge der Privatisierung erforderliche staatliche Regulierung. 390 So auch Schuppert, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 114; abwartend R. Schmidt, VerwArch 2000, S. 166. Vgl. auch Gusy, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 343: „Korrelat der Regulierung ist die Verrechtlichung“; am Beispiel des Luftverkehrsgesetzes Baumann, DÖV 2003, S. 796. Nach Cassese, in: Nettesheim / Schiera (Hrsg.), Der integrierte Staat, S. 39, wird sich mit der Privatisierung und der Ausweitung des privaten Raumes auch der Anwendungsbereich des öffentlichen Rechts ausweiten, da die Privatisierung hier von Sonderrechten begleitet werde und neuer – öffentlich-rechtlicher – Kontrollen bedürfe. 391 Der Verlust von „Handlungswissen“ kann sich insbesondere bei einer möglichen Rückholoption nach funktionaler Privatisierung (Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 308, 326), aber auch bei der Anbahnung einer Public-Private Partnership (Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 56 f.) als hinderlich erweisen. 392 U.a. Riberdahl, das rathaus 2001, S. 363; Naschold, Modernisierung, in: ders. / Bogumil, Modernisierung, S. 55 mit Fn. 14; vgl. auch Frey, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 94 f., sowie die Hinweise bei Schoch, DVBl. 1994, S. 976; speziell für den Bereich der Sicherheitsdienste Bülow, in: Pitschas / Stober (Hrsg.), Kriminalprävention, S. 115 f.

B. Vom Leistungsstaat zum Gewährleistungsstaat

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B. Vom Leistungsstaat zum Gewährleistungsstaat – Das Konzept der Verantwortungsteilung Privatisierung in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen und ebenso regulierte Selbstregulierung stellen jedoch nur zwei Instrumente aus einem Kanon von Möglichkeiten zur Staatsentlastung dar. Insbesondere die Privatisierung wurde häufig eher punktuell eingesetzt, um durch Erschließung neuer Finanzierungsquellen staatlichen Handlungsspielraum für bestehende oder neue Aufgaben zu schaffen. Allerdings war mit der Auslagerung von Aufgaben selten ein strategisches Konzept verbunden, das auf einer „Neubewertung der Rolle des Staates“ bzw. einer Neubestimmung „des Verhältnisses des Staates zur Gesellschaft“ und umgekehrt beruhen würde,394 obwohl sich „Privatisierung politisch tendenziell zu einem ubiquitären Phänomen ausweitet“.395 Doch je mehr öffentliche Aufgaben im Zuge situationsbezogener oder geradezu reflexartiger Auslagerungen von Privaten erfüllt werden oder im Rahmen selbstregulativer Steuerungsmechanismen vergesellschaftet werden und je mehr sich das „Kooperationsspektrum zwischen staatlicher und privater Aufgabenerfüllung“396 verschiebt, desto dringender stellt sich die Frage nach Umfang und Struktur einer möglichen Restverantwortung des Staates und einer mit der Auslagerung verbundenen Neupositionierung des Staates: a) Eine mögliche Neuorientierung weist den Weg vom expandierenden (Wohlfahrts- oder Leistungs-)Staat397 zu einem weitgehend auf die Wahrnehmung von Kernaufgaben begrenzten liberalen (Minimal-)Staat.398 Mit dieser Trendwende reduzieren Staat und Verwaltung nicht nur ihre Zuständigkeit in der Wahrnehmung gemeinwohlbezogener Aufgaben, auch die Verantwortung für die Realisierung des 393 Vgl. etwa v. Bandemer / Hilbert, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 19; Koller, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 168 f.; Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 53 ff.; zur „Partikularisierung“ der Interessen durch Privatisierung ders., in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 19. 394 So die inhaltliche Dimension einer Staatsreform im Unterschied zur Regierungs- und Verwaltungsreform, die sich auf eine Erhöhung staatlicher Leistungsfähigkeit bezieht, nach Schuppert, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 247 f. Hinzu kamen mit der Privatisierung verbundenen Folgen (Fn. 392 f.), die den erhofften Effekt – Entlastung des Staates und Neupositionierung – zunichte machten. 395 Bauer, VVDStRL 54, S. 248 (Hervorhebung B.). 396 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 43. 397 Zur „Verwaltung als Leistungsträger“ und zum Staat der Daseinsvorsorge schon Forsthoff, Lehrbuch, S. 368 ff.; zu Problemen der „Übernahme einer Art Gesamtverantwortung des Staates für gesellschaftliche Entwicklungen“ vgl. auch den Überblick bei Gramm, Privatisierung, S. 13 ff. (14). 398 Unterschiedliche Staats- und Gesellschaftskonzepte beschreiben u. a. v. Bandemer / Hilbert, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 18 ff.; vgl. auch Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 54: „vom erfüllenden Wohlfahrtsstaat zum ermöglichenden Gewährleistungsstaat“.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

Gemeinwohls wird mit staatsbefreiender Wirkung an die Gesellschaft zurückgegeben. In dem Maße, wie die staatliche Verantwortung für den gemeinwohlverträglichen Interessenausgleich vorrangig der Dominanz des Marktes und seinen Mechanismen überlassen wird, reduzieren sich auch staatlicher Einfluß und staatliche Identität dieses einem „strikten Liberalismus“ verpflichteten Staatskonzepts.399 Ausgerichtet an den von Gramm400 dargestellten vier Schichten staatlicher Verantwortung – erstens der Staat als Verantwortungssubjekt; zweitens Sachgründe für staatliche Einstandspflicht; drittens Festlegung staatlicher Verantwortungsdichte im Rahmen bestehender Einstandspflichten; viertens Instrumente zur Realisierung dieser unterschiedlichen Verantwortungsdichte –, rückt dieses Staatsverständnis von einer grundsätzlichen Einstandspflicht des Staates bei möglicherweise reduzierter Verantwortungsdichte ab, um zunächst die prinzipielle Frage nach der Notwendigkeit eines staatlichen Einstehensollens401 (erneut) zu klären und zu begründen. b) Im Lichte neoliberaler Privatisierungstheorien hingegen nur wenig konsequent erscheint der Staat, wenn er sich trotz Privatisierung weiterhin in einer fortgesetzten Verantwortung gegenüber dem aus der unmittelbaren staatlichen Sphäre entlassenen Aufgabenbereich sieht.402 Weder die Aufgabe selbst noch die Verantwortung für eine am Gemeinwohl ausgerichtete Wahrnehmung derselben werden ausschließlich dem freien Spiel der Kräfte überlassen; dieser sich entlastende Staat403 hält nicht nur an einer Verantwortung für Rahmenregelungen privater Tätigkeit fest, sondern ergänzt diese um verschiedene Maßnahmen einer gemeinwohlverträglichen Relativierung marktförmigen Handelns. Die mit Blick auf staatliche Verantwortung beabsichtigte staatsbefreiende Wirkung der Privatisierung ist von daher nicht absolut, sondern läßt sich situativ und zeitlich begrenzen. In erster Linie bezieht sich dieses verantwortungsbewahrende Staatskonzept, das innerhalb des Schichtenmodells staatlicher Verantwortung nicht die Frage des „Ob“ thematisiert, sondern eine generelle „Einstandspflicht des Staates für die Bereitstellung eines bestimmten öffentlichen Gutes“ bejaht,404 zwar auf funktionale Privatisierungsvorgänge,405 bei denen lediglich die Durchführung, nicht aber 399 Zu dieser Form des absterbenden Staates vgl. Böhret, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 302. 400 Privatisierung, S. 297 ff. 401 Gramm, Privatisierung, S. 297. 402 Zur Kompromißhaftigkeit der in diesem Zusammenhang einschlägigen funktionalen Privatisierung u. a. Gusy, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 341. 403 Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 51. 404 Hierzu Gramm, Privatisierung, S. 298; Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 64; auch Gusy, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 332. 405 Vgl. Schuppert, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 24.

B. Vom Leistungsstaat zum Gewährleistungsstaat

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die Verantwortung auf Private übertragen wird.406 Im Grunde gilt dies aber auch für formell privatisierte Aufgaben,407 und selbst bei der in der Praxis umgesetzten Form der unechten materiellen Privatisierung verbleibt neben einer Rahmensetzung auch eine staatliche Garantenstellung.408 Nach diesem arbeitsteilig-verantwortungsbewahrenden Verständnis bedarf es einer inhaltlichen und umfänglichen Konkretisierung für die Funktion des Staates bei der Erbringung öffentlicher Leistungen: Staatliche Verantwortung und die Rahmenbedingungen, unter denen Verwaltungsverantwortung409 wahrgenommen wird, entsprechen nicht zwingend staatlicher Aufgabenerfüllung, sondern stellen „eine Chiffre für die Intensität staatlicher Aufgabenwahrnehmung in Bezug auf die eigenhändige Zielverwirklichung durch den Staat“ dar.410 Damit wandelt sich das Verständnis eines für Gemeinwohlbelange alleinverantwortlichen Wohlfahrts- oder Leistungsstaates zugunsten einer arbeitsteiligen Konzeption,411 die von einer „Schein-Alternative öffentlicher oder privater Aufgabenerfüllung“ abrückt.412 Vielmehr gelangen duale Verantwortungsstrukturen in den Vordergrund, innerhalb derer der Staat teils eigenverantwortlich, teils aber auch nur subsidiär zur Realisierung gemeinwohlverträglicher Leistungserstellung beiträgt.413 Diesem Verständnis arbeitsteiliger Aufgaben- und Verantwortungsübernahme zwischen Staat und Gesellschaft folgen seit einiger Zeit Ansätze in der Wissen406 Nach Burgi, Privatisierung, S. 161, ist Kennzeichen der funktionalen Privatisierung „die Herbeiführung (nur – d. Verf.) einer Verantwortungsverschiebung im Hinblick auf ein und dieselbe Staatsaufgabe“; ähnlich auch Kämmerer, JZ 1996, S. 1048, 1050. 407 Der Fortbestand staatlichen Einflusses und staatlicher Kontrolle nach formeller Privatisierung ist gesetzlich vorgeschrieben, vgl. etwa §§ 53, 54 HGrG; § 65 Abs. 1 Ziff. 3, § 66 BHO. 408 Nach Kämmerer, JZ 1996, S. 1048, kompensiert die staatliche Garantenstellung die auf Private übertragene Rechtsmacht durch staatliche Überwachung und Kontrolle. Zur unechten materiellen Privatisierung vgl. Fn. 21. 409 Zur staatlichen Verantwortung Pitschas, Verwaltungsverantwortung, S. 235 ff. (236); zur Verwaltungsverantwortung ebd., S. 8 ff.; Hoffmann-Riem, Verwaltungskontrolle, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 339 ff., sowie Ziekow, Verankerung, S. 3; Schuppert, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 114 ff. 410 Hierzu Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 197 ff. (198); vgl. auch Reinermann, Krise als Chance, S. 26. 411 Vgl. etwa Schuppert, Grundzüge, S. 27; zur „Verantwortungsgemeinschaft von Staat und Bürgern“ als kooperatives Mandat zur Sicherung individueller und gesellschaftlicher Freiheit Pitschas, Verwaltungsverantwortung, S. 237 f.; Ziekow, Verankerung, S. 3. f. Nach Wohlfahrt, NDV 2001, S. 84, wird das „welfare-regime“ in ein „workfare-regime“ transformiert. 412 Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 78; zur Vermittlerrolle des Aktivierenden Staates auch Reichard / Schuppan, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 90. 413 Zu den v.a. im Umweltrecht verankerten dualen Verantwortungsstrukturen Laskowski, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 93 ff.; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 416 ff.; weitere Politikfelder bei Kloepfer, in: Kitagawa u. a. (Hrsg.), Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung, S. 173 f.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

schaft, in einer „differenzierenden Betrachtungsweise“414 staatliche Verantwortung für öffentliche Aufgaben neu abzugrenzen und im Sinne einer Verantwortungsstufung „Typologien von der Erfüllungs-, der Gewährleistungs-, der Auffang- und Rahmenverantwortung“ zu entwickeln.415 Zwar ist diese Verantwortungsstufung der Praxis nicht fremd, auch existiert sie nach Hoffmann-Riem im geltenden Recht in großer Varianz.416 Gerade das Sozialrecht wird vom Prinzip der Subsidiarität bestimmt, wenn etwa anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe als Anbietern von Leistungen Vorrang vor öffentlichen Trägern eingeräumt wird und ihre Förderung durch den öffentlichen Träger auch Bestätigung in der Gesetzgebung erfährt.417 Allerdings ist der Gedanke, den Schlüsselbegriff418 der Verantwortungsstufung als grundlegendes Staatskonzept zu verstehen und in diesem Sinne das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft neu zu bestimmen, in der Verwaltungswissenschaft in dieser Deutlichkeit erst in letzter Zeit herausgearbeitet und als neue Theorie bezeichnet worden.419 a) Mit der Erfüllungsverantwortung des Staates verbunden ist nicht nur eine staatliche Verantwortung für die Aufgabe, sondern auch die verwaltungsseitige 414

Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht,

S. 69. 415 Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 21; verschiedene Typologien zusammenfassend Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 285 mit Fn. 65. Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 74, versucht mit dem Konzept der Verantwortungsteilung, „die ausgetretenen Trampelpfade der Privatisierung zu verlassen“. Zwar baut der Begriff der Verantwortungsstufung auf der Verantwortungsteilung auf und konkretisiert diesen (Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 29), beide Termini werden hier jedoch synonym benutzt. 416 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 24; mit Verweis auf unterschiedliche ,verantwortungsteilige’ Politikfelder Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 14 f. Speziell zum Subsidiaritäts- und Dezentralitätsprinzip auf europäischer Ebene mit Blick auf den kommunalen Bereich u. a. Koch, in: Pitschas / Koch (Hrsg.), Staatsmodernisierung, S. 144 ff., 154 ff. 417 § 4 SGB VIII; vgl. auch Schuppert, Grundzüge, S. 59 ff., sowie E.-H. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 96. 418 Schuppert, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 115 ff. 419 Erfüllungsverantwortung, Verantwortungsteilung, Gewährleistungsstaat, staatliche Steuerung, Selbstregulierung zählen inzwischen zum Standardrepertoire verwaltungsrechtlicher Diskussionen, u. a. Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 13. Instruktiv auch die Aussprache zum Zweiten Beratungsgegenstand der Staatsrechtslehrertagung 1996 („Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung“), VVDStRL 56, S. 283 ff.; kritisch Röhl, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 45 ff., 53 f.; abwägend Heintzen, VVDStRL 62, S. 226 (Verantwortungsstufen als „juristisches Niemandsland“), S. 233, 258 (Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung als Begriffspaar mit doch rechtsdogmatischem Gehalt); hingegen bezeichnet Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 284 f., diese Begriffsbildungen als ertragreich. Zur neuen „Verantwortungstheorie“ vgl. Fn. 6. Da der Verantwortungsbegriff aufgeladen werde, sei eine „Reform der Reformdebatte“ notwendig, so R. Schmidt, VerwArch 2000, S. 158.

B. Vom Leistungsstaat zum Gewährleistungsstaat

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Bereitstellung öffentlicher Leistungen,420 wobei zwischen einer unmittelbaren und einer nur mittelbaren Erfüllungsverantwortung – Wahrnehmung durch eigene Verwaltungsstellen, durch Träger mittelbarer Staatsverwaltung oder durch staatlich beherrschte Dritte421 – unterschieden werden kann. Diese umfängliche Verwaltungsverantwortung erschöpft sich somit nicht in einer Rahmensetzung für die Leistungserstellung, sondern umfaßt als komplexes institutionelles Arrangement neben „Regelungen über Aufgaben, Organisation, Handlungsmaßstäbe, Handlungsinstrumente und Verfahren unter normativen Gesichtspunkten“ auch die eigenverantwortliche Gestaltung der beabsichtigten Ergebnisse und eine entsprechend induzierte Steuerung.422 b) Hingegen ist staatlicher Einfluß auf das konkrete Ergebnis öffentlicher Leistungserbringung weitgehend ausgeschlossen, wenn sich der Staat auf eine Gewährleistungsverantwortung zurückzieht. Während die Durchführung öffentlicher Aufgaben einschließlich der Realisierungsverantwortung auf private Anbieter oder intermediäre Organisationen verlagert wird und sich insoweit etwa durch öffentlich-private Partnerschaften423 eine staatsbefreiende Wirkung im Vollzug erreichen läßt, bleibt hinsichtlich der Rückkopplung der Anbieter an eine gemeinwohlbezogene Aufgabenerfüllung die Verantwortung der „Gewährleistungsverwaltung“424 bestehen.425 Zu den im Privatisierungsfolgenrecht möglichen Instrumen420 Nach Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 160, ist die unmittelbare staatliche Erfüllung „reguläre Wahrnehmung einer Aufgabe“ bzw. der „Normalfall staatlicher Erfüllungsverantwortung“ (S. 372). 421 Vgl. Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 365; Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 79; Bauer, VVDStRL 54, S. 278. Zur staatlichen Erfüllungsverantwortung im Rahmen der Flugsicherung im Ergebnis Storr, Staat als Unternehmer, S. 140 f.; Kämmerer, Privatisierung, S. 282 f. 422 Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 22; Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 366. 423 Zu dieser Verzahnung von Public-Private Partnership und dem Konzept der Verantwortungsteilung zutreffend Strünck / Heinze, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 129; vgl. auch Höftmann, FS Lüder, S. 805, der als Element von PPP „eine auch künftig bestehende öffentliche Trägerschaft“ ausmacht. 424 Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 42 f. Die Gewährleistungspflicht manifestiert sich nach Kämmerer, JZ 1996, S. 1048, in einer Verwaltungsverantwortung, da die Verwaltung „infolge von Privatisierung mit Handlungspflichten anderer Art (vorwiegend Überwachung und Kontrolle) betraut wird“. 425 Vgl. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 405 f.; mit staatlicher Verantwortung auf „angemessene gesellschaftliche Problemlösungen“ abgeschwächt Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 364 (Hervorhebung d. Verf.); zusammenfassend Proeller, Auslagerung, S. 10 ff. Als künftiges Referenzgebiet eines Gewährleistungsrechts sieht Kloepfer, in: Kitagawa u. a. (Hrsg.), Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung, S. 172, vor allem das Umweltrecht. Nach § 76 SGB VIII können Träger der öffentlichen Jugendhilfe anerkannte Träger der freien Jugendhilfe an der Durchführung ihrer Aufgaben beteiligen oder ihnen die Aufgaben zur Ausführung übertragen, nicht jedoch die Erfüllungsverantwortung, die hier als Gewährleistungsverant-

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

ten staatlichen Handelns im Rahmen der Gewährleistungsverantwortung zählen insbesondere die Bereitstellung, Förderung und Strukturierung adäquater Organisationen, die Vorgabe von Zielen der Leistungserstellung, bestimmte Anforderung an Verfahren sowie unterschiedliche Formen einer Überwachung des Aufgabenvollzugs einschließlich der Anwendung von Sanktionen zur Sicherung „rechts- und sozialstaatliche(r) Standards“.426 Die Verzahnung von öffentlichem Recht und Privatrecht sowie die gegenseitige Auffangfunktion der Teilrechtsordnungen manifestiert sich gerade im Rahmen der Gewährleistungsverwaltung, wenn die Sicherung gemeinwohlorientierter Leistungserbringung427 „primär durch die Schaffung privatrechtlicher Vorschriften unter Einschluß des Sonderprivatrechts“ realisiert werden soll.428 Angesichts der skizzierten unterschiedlichen Instrumente wird auch die Problematik der Gewährleistungsverwaltung deutlich: Zwar müssen sich die Reichweite staatlicher Verantwortung und der Einsatz der Mittel zur Verantwortungsausübung an der jeweils definierten Leistungstiefe orientieren, bislang bestehen jedoch keine Kriterien hinsichtlich der Intensität dieser Restverantwortung sowie eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend gestufte Zuordnung der gemeinwohlsichernden Kontroll- und Sanktionsinstrumente in Abhängigkeit vom Aufgaben- und Organisationstypus.429 c) Die staatliche Auffangverantwortung stellt im Grunde einen „Extremfall“ der Gewährleistungsverantwortung für den Fall gesellschaftlicher Schlechterfüllung dar: Begleitet von Überwachungs- und Kontrollinstrumenten überläßt der Staat die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zunächst dem privaten Sektor; die staatliche Verantwortlichkeit und insbesondere die Verwaltungsverantwortung beschränken sich wortung zu interpretieren ist, vgl. auch Grube, in: Hauck (Hrsg.), SGB VIII-Kommentar, § 76 Rn. 5. 426 Hierzu Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 365; ders., FS Vogel, S. 54; zur Realisations- und Folgenverantwortung auch Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 76 ff. Zum Privatisierungsfolgenrecht allgemein sowie speziell zur staatlichen Regulierungsaufgabe, um Grundrechtsgefährdungen durch Dritte auch nach Privatisierungen entgegenzuwirken, Kämmerer, JZ 1996, S. 1047 ff. Von daher besteht entgegen Püttner, DÖV 2003, S. 731, sehr wohl ein Instrumentarium, um staatlicher Gewährleistungsverantwortung gerecht werden zu können. 427 Einzelne gemeinwohlrelevante Bindungen der „Kooperanten“ bei Trute, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 208 ff. 428 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 154 f.; auch Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann / (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 288 ff.; Trute, in: ebd., S. 197 ff. 429 So reichen lediglich strukturierende Rahmenregelungen bei der Beauftragung nach § 16 Abs. 1 KrW- / AbfG nicht aus, sondern müssen durch Sanktionsmechanismen bei unzureichender Aufgabenwahrnehmung sowie durch ein Rückholrecht des Staates ergänzt werden; vgl. auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 140; Gusy, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 344 f.; Ziekow, in: König / Merten (Hrsg.), Verfahrensrecht, S. 87 f. Die von Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 155 f., als „Zwischenstufen“ bezeichnete Überwachungs-, Beobachtungs-, Förderungs- bzw. Finanzierungsverantwortung sowie die Beratungsverantwortung verdeutlichen diese Schwierigkeit einer aufgaben- und verantwortungsgerechten Ausgestaltung.

B. Vom Leistungsstaat zum Gewährleistungsstaat

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auf den Gewährleistungsaspekt. Erst wenn die Leistungserbringung durch Private trotz wirksamer staatlicher Regulierungs- und Beobachtungsverantwortung430 nur mehr eine lediglich „suboptimale Problembewältigung“ darstellt, tritt der Staat als „Ausfallbürge“ an die Stelle privater Aufgabenerfüllung.431 Die staatliche Auffangverantwortung übernimmt somit innerhalb der gewährleistenden Instrumente die Funktion eines Reservespielers, der eingewechselt wird, wenn dauerhaft „ein gemeinwohlrelevantes Steuerungsdefizit zu konstatieren ist“.432 Inhaltlich kann diese Auffangfunktion zum einen die Gewährleistungsverantwortung des Staates durch einen nachhaltigen Einsatz regulierender und kontrollierender Instrumente erweitern und damit intensivieren oder als „Abfederungsverantwortung“ Benachteiligungen Dritter auffangen; sie kann aber auch auf die staatliche Erfüllungsverantwortung zurückgreifen und diese wiederaufleben lassen.433 Mit dieser situativ begründeten Veränderung staatlichen Verantwortungsniveaus entsprechend der jeweiligen Funktionsfähigkeit öffentlicher Leistungserbringung durch Private erweist sich das Konzept der Verantwortungsteilung als anpassungsfähiges, als bewegliches System.434 Die inhaltliche Konzeption der Verantwortungsteilung,435 die von einer staatlichen Erfüllungsverantwortung auf der einen Seite über eine Rahmenverantwortung 430 Die Funktionsfähigkeit staatlicher Instrumente muß gegeben sein, da anderenfalls Mängel der staatlichen Gewährleistungsverantwortung unter dem „Deckmantel“ gesellschaftlicher Schlechterfüllung versteckt werden; Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 55 f., spricht zutreffend von der „Fähigkeit des Staates zur Wahrnehmung aller Verantwortungsdimensionen“; vgl. auch Di Fabio, VVDStRL 56, S. 242 f. 431 Vgl. Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 276, 308. Eine staatliche Auffangverantwortung sieht etwa das Betreuungsrecht vor: Die Betreuung nach § 1908 f. BGB soll vorrangig durch private Betreuer und Betreuungsvereine erfolgen, der Staat in Gestalt des Vormundschaftsgerichts übernimmt eine mehr steuernd-koordinierende Funktion, um ein entsprechendes Angebot zu fördern; eine Letztverantwortung trifft ihn erst, wenn „sich niemand für diese Aufgaben findet“, so Bienwald, Betreuungsrecht, S. 589. 432 Vgl. zu diesem Bild Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 407; im Anschluß Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 54 f. Eine nur vorübergehende Verletzung gemeinwohlrelevanter Belange hingegen sollte keine Auffangverantwortung nach sich ziehen können, sondern zunächst zu einer Änderung des Instrumentenmixes im Rahmen der Gewährleistungsfunktion führen. 433 Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 366 f.; ders., in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 28 f.; Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 201 f.; Schuppert, DÖV 1995, S. 768; Gusy, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 342. Zum britischen Fall staatlicher Auffangverantwortung bei der Bahn, nachdem der private Betreiber aufgrund verfehlter wirtschaftlicher Ziele und qualitativ unzureichender Dienstleistungen die Lizenz verloren hatte, oben, Fn. 66. 434 Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 85 f.; Ziekow, Verankerung, S. 4. 435 Kritik gegenüber dem Begriff der Verantwortungsteilung äußert Pitschas, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 238 f., da dieser voraus-

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

für gesellschaftliche Aufgabenwahrnehmung bis hin zu einer Auffangverantwortung auf der anderen Seite reichen kann,436 geht über eine reine Privatisierungsstrategie hinaus, da an die Stelle der unmittelbaren staatlichen Leistungserbringung „unterschiedlichste Formen der Einflußnahme, Überwachung, Reglementierung und Regulierung“ treten, der Staat sich somit nicht vollständig zurückziehen kann, sondern eine je nach dem Grad und der Intensität der Privatisierung unterschiedlich ausgeprägte staatliche Verantwortungsdichte bleibt.437 Angesichts dieser verbleibenden staatlichen Restverantwortung ist somit kein Rückzug des Staates438 indiziert; auch ändert sich nicht der Aufgabenbestand als solcher, sondern das „Aufgabenverständnis“ und „Form und Technik der Aufgabenerledigung“:439 Das Konzept der Verantwortungsteilung akzentuiert somit einen „Formenwandel staatlicher Steuerung“440 in einem Geflecht von „Verantwortungssphären“.441

C. Vom Schlanken Staat zum Aktivierenden Staat Eine neue Richtung hat die Modernisierungsdiskussion durch das Leitbild des Aktivierenden Staates erhalten, das dem Konzept des Schlanken Staates folgt und dem Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“442 zugrunde liegt. Trotz einer vergleichbaren Ausgangslage und trotz inhaltlicher Überschneidungen verfolgen beide politischen Programme doch verschiedene setze, daß es „zwischen Staat und Gesellschaft je eigene, auf Dauer abgegrenzte Verantwortungssphären gäbe, von deren Wahrnehmung der jeweils andere ausgeschlossen wäre“; vorzuziehen seien daher „Verantwortungskooperation“, „Verantwortungspartnerschaft“ bzw. „Verantwortungsgemeinschaft“. Allerdings handelt es sich insoweit doch um eine Verantwortungsteilung, als je nach Aufgabenspektrum bzw. Ausgestaltung der Kooperation die Durchführungsverantwortung bei den privaten Akteuren liegt, die Gewährleistungs- und Auffangverantwortung hingegen weiterhin beim Staat, die Vorstellung einer „(Ab-)Teilung“ (ebd., S. 239) demnach überspitzt ist. 436 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 24 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 43 f. 437 Bauer, VVDStRL 54, S. 277 f.; Gramm, Privatisierung, S. 298. Voraussetzung ist jedoch ein beständiger Abgleich staatlicher Beiträge zur Leistungserbringung mit Beiträgen Dritter, hierzu Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 29. 438 So der – allerdings mit einem Fragezeichen versehene – Titel des Aufsatzes von Schuppert, DÖV 1995, S. 761 ff. 439 Vgl. Schuppert, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 24 f.; ferner Fn. 406. 440 Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 15; Schuppert, DÖV 1995, S. 761 ff., unterscheidet zwischen einem Rückzug, bei dem der Staat weicht, sich aber nicht wandelt, und einem Funktionswandel, der zur Veränderung, nicht aber zum Rückzug des Staates führt (S. 766). 441 Gramm, Privatisierung, S. 298. 442 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Moderner Staat – Moderne Verwaltung; vgl. auch 1. Teil, Kap. C, Fn. 56.

C. Vom Schlanken Staat zum Aktivierenden Staat

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Zielsetzungen, die sich in einem unterschiedlichen Verständnis von Staat, Verwaltung und Gesellschaft widerspiegeln. Mit der Einsetzung des Sachverständigenrates „Schlanker Staat“ im Juli 1995 und der Vorlage seines Berichtes im September 1996443 hat sich neben dem Neuen Steuerungsmodell auf kommunaler Ebene für die Bundes- und Landesebene der Begriff des Schlanken Staates444 als Paradigma der Verwaltungsreform etabliert. Dieses Staatsbild beeinflußte über einen längeren Zeitraum hinweg Modernisierungsstrategien und -instrumente. Die Ziele einer Verschlankung des Staates lassen sich schlagwortartig in die Kategorien Deregulierung, Dezentralisation und Entstaatlichung445 auffächern, die sich im Bericht des Sachverständigenrates in den Maßnahmen der Reduzierung von Gesetzen und Standards ebenso ausprägen wie in der nachdrücklichen Wahrung des Subsidiaritätsprinzips sowohl im staatsorganisatorischen Bereich als auch zwischen Staat und Gesellschaft, und sich weiterhin in Maßnahmen einer Rückführung der Staatstätigkeit sowie binnenorganisatorischer Veränderungen einschließlich einer stärkeren Ökonomisierung der Verwaltung446 niederschlagen.447 Konkret sollte staatliche Tätigkeit durch verschiedene Formen der Privatisierung begrenzt448 und sollten Behördenstrukturen effizienter gestaltet werden, um Einsparungen in den Bereichen Organisation und Personal zu ermöglichen. Daneben enthielt das Programm Schritte zur Straffung von Verwaltungsverfahren, insbesondere zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, um den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb attraktiver zu gestalten.449 443 Zur Chronologie vgl. Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht, S. 11 ff.; König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 24 ff.; Füchtner, Modernisierung, S. 260 ff. 444 Zur Anlehnung des Begriffs an anglo-amerikanische Managementlehren König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 326 ff.; Busse, DÖV 1996, S. 389, betont die umgangssprachliche Anschaulichkeit des Begriffes. 445 Gerlach, FS Wittkämper, S. 222 ff.; Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 12. 446 Vgl. etwa Budäus, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 315; Zimmer, FS Wittkämper, S. 497 f.; eine Bewertung über mögliche Ökonomisierungstendenzen durch Einführung des NPM nimmt Reichard, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 123 ff., 132 ff., vor. Kritisch gegenüber einer Ökonomisierung bzw. Managerialisierung der Verwaltung König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 13 ff., 354 ff.; K. König, DÖV 2001, S. 618 ff.; Penski, DÖV 1999, S. 94 ff. 447 Zusammenfassend: Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht, S. 203 ff.; Hofmann / Meyer-Teschendorf, ZG 1997, S. 339 ff.; Gerlach, FS Wittkämper, S. 228 f.; Busse, DÖV 1996, S. 390 ff.; vgl. auch La Roche-Thomé, in: Pitschas / Koch (Hrsg.), Staatsmodernisierung, S. 40 ff. 448 So auch Gramm, Privatisierung, S. 18; Ziekow, in: Pitschas / Kisa (Hrsg.), Internationalisierung, S. 195 f. Nach Hofmann / Meyer-Teschendorf, ZG 1997, S. 341, stand die Privatisierung ganz im Zeichen ordnungspolitischer Maßnahmen. 449 Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht, S. 44 ff., 108 ff., 173 ff.; weiterhin Werthebach, ZG 1996, S. 271 f., 274; König / Füchtner, in: dies. (Hrsg.), Verwaltungsmodernisierung im Bund, S. 60 ff., 83 f., 96 ff.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

Im Zentrum der Verwaltungsreform nach dem Modell des Schlanken Staates standen somit vorrangig Maßnahmen innerhalb der (Bundes-)Verwaltung, nicht aber Möglichkeiten eines Zusammenwirkens zwischen Staat und Gesellschaft zur Nutzung eines brachliegenden synergetischen Potentials.450 Trotz der Konzentration auf bestimmte Kernbereiche wird dem Schlanken Staat als Modernisierungsstrategie „eine nur geringe innere Kohärenz“ sowie eine unzureichende Umsetzung der Vorschläge aufgrund mangelnder „ernsthafte(r) Bemühungen“ attestiert.451 Angesichts der Absichtserklärungen mag diese Kritik durchaus berechtigt sein, auch wenn einzelne Maßnahmen gerade auf der Ebene der Reformgesetzgebung452 z.T. nachhaltige Wirkungen zeigten. Doch scheint dieser mehr punktuelle Einsatz der Reforminstrumente weniger Symptom als vielmehr Ursache des Modells zu sein: Zum einen wurde von einer Gesamtkonzeption, die erst hätte entwickelt werden müssen, abgesehen. Statt dessen wurden Maßnahmen gewählt, die unmittelbar umgesetzt werden konnten und relativ schnell Wirkung zeigten.453 Zum anderen wurde versucht, ökonomische Rationalitäten in ein System zu integrieren, das sich vorrangig durch rechtliche, hierarchische und politische Steuerungslogik auszeichnet.454 Das Programm Schlanker Staat stellt ein weitgehend eindimensionales Konzept dar, das die Modernisierung von Staat und Verwaltung aus einer staats- und verwaltungszentrierten Sicht anvisiert, nicht jedoch eine auch andere Teilsysteme, wie Gesellschaft und Wirtschaft einbeziehende, letztlich holistische Gesamtstrategie verfolgt: Der Schlanke Staat mit der Betonung neo- und vor allem ordoliberaler Elemente455 hält insgesamt an einem hoheitlichen Staatsbegriff, an der grundsätz-

450 Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 13, 16. Jedoch bedürfen Privatisierungsmaßnahmen nach Ziekow, in: Pitschas / Kisa (Hrsg.), Internationalisierung, S. 196, des verwaltungsrechtlichen „Abwicklungs- und Gewährleistungsregimes“. 451 So etwa Reichard, VuF 1999, S. 119, der nunmehr vergleichbare Kritik am Programm des Aktivierenden Staates äußert (Reichard / Schuppan, in: Mezger / West [Hrsg.], Aktivierender Sozialstaat, S. 89, 91 ff.); verhalten auch König / Füchtner, in: dies. (Hrsg.), Verwaltungsmodernisierung im Bund, S. 39 ff.; dies., „Schlanker Staat“, S. 326 ff., 344. Zur „Mär vom Schlanken Staat“ zuletzt Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 85 f. 452 Vgl. etwa die Reform des öffentlichen Dienstrechts sowie das Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz; hierzu auch Hofmann / Meyer-Teschendorf, ZG 1997, S. 345 f. 453 Vgl. Werthebach, ZG 1996, S. 270: Das Machbare sofort aufgreifen. Gerlach, FS Wittkämper, S. 237, vermißt Vorschläge, „die die Deregulierungsdiskussion mit einer inhaltlichen Perspektive führen“. Ebenso verweisen Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 12, auf die Dominanz fiskalischer Engführung statt struktureller Eingriffe; vgl. auch La Roche-Thomé, in: Pitschas / Koch (Hrsg.), Staatsmodernisierung, S. 42. 454 Zur Divergenz betriebswirtschaftlicher Zweckrationalität, die sich zwar grundsätzlich, jedoch nur begrenzt auf Verwaltungsstrukturen und Verwaltungshandeln übertragen läßt, und der staatspolitischen Steuerungslogik Mastronardi, in: Hill (Hrsg.), Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 5. 455 Vgl. Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 13 ff.

C. Vom Schlanken Staat zum Aktivierenden Staat

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lichen Trennung zwischen Staat und Gesellschaft und somit an dem „tradierten Staatsverständnis“ fest.456 Das Leitbild des Aktivierenden Staates, das diese Form des staatlichen Rückzugs zugunsten einer kooperativen verantwortungsteiligen Aufgabenerfüllung zwischen Bürger und Staat ersetzen soll, versteht sich jedenfalls insoweit als Gegenentwurf zum Schlanken Staat.457 Indem durch eine „neue Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft“ gesellschaftliche Selbstregulierungspotentiale gefördert werden, soll der Aktivierende Staat in vielen Politikbereichen lediglich einen Rahmen für die Aufgabenerfüllung festlegen und im Sinne des Gewährleistungsstaates die Leistungserbringung sichern, nicht aber zwingend eigenständig übernehmen. Eine Möglichkeit der Verlagerung öffentlicher Aufgaben liegt ähnlich wie im Schlanken Staat in der Privatisierung, wobei es sich jedoch nicht um isolierte Privatisierungsvorgänge handelt, sondern um eine in das verantwortungsteilige Gesamtkonzept eingebettete und den Aufgabentypus übergreifende Privatisierungspolitik als Teilstrategie.458 Neben der eigenständigen – öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen – Leistungserbringung besteht die Aufgabe des Staates darin, sich stärker auf die Rolle des Moderators zu beschränken, mit dem Ziel, „bei der Erfüllung und Sicherung der Belange des Gemeinwohls Freiräume für die Entfaltung von Eigeninitiative und Selbstregulierung“ zu schaffen und „die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung dort (zu fördern), wo dies möglich ist“.459 Eigeninitiative und Selbstverantwortung im Schlanken Staat hingegen sollten vor allem das durch den Rückzug des Staates entstehende Vakuum ausfüllen.460 Programmatisch setzt der Aktivierende Staat somit weniger auf Aufgabenreduzierung und Sparpolitik als auf neue 456 Hierzu Füchtner, Modernisierung, S. 44 f., dort (S. 363 ff.) auch eine Darstellung des Programms, sowie Budäus, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 315. Auch Busse, DÖV 1996, S. 391 ff., bezieht sich neben Privatisierung, Behördenumbau und Reform des öffentlichen Dienstrechts auf „Sonstige Veränderungen in der öffentlichen Verwaltung“ (S. 395, Hervorhebung d. Verf.). 457 Vgl. Blanke / v. Bandemer, GMH 1999, S. 325; Reichard / Schuppan, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 81 f. Zu den unterschiedlichen Entwürfen auch Schuppert, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 56, S. 296 ff.; W. Spieß, Öffentliche Verwaltung, S. 14. 458 Nach Füchtner, Modernisierung, S. 381 f., enthielt der erste Beteiligungsbericht des „Aktivierenden Staates“ jedoch keine Überraschungen, da es sich um bereits „seit langem auf der Privatisierungsliste“ stehende Unternehmen handelte. Zur Differenzierung von Privatisierungsvorgängen einerseits und Privatisierungspolitik andererseits Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 289 ff. 459 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 8 f., 15. Zu unterschiedlichen Rollen des Staates als „Moderator“, „Animateur“ oder „Supervisor“ Evers / Leggewie, GMH 1999, S. 332; Groner-Weber, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 167; speziell zum „Staat der Übergangsgesellschaften“ auch Böhret, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 302 f. 460 Vgl. Hofmann / Meyer-Teschendorf, ZG 1997, S. 348.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

arbeitsteilige Strukturen461 – sowohl bei der Diskussion um die Rückführung staatlicher Aufgaben462 als auch bei der Gemeinwohlverwirklichung.463 Die Diskussion um die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beschränkt sich nicht mehr auf den Dualismus „Staat oder Markt“ (bzw. Private), der Zusammenhang von „Staat und Privaten“, die Kooperation von Staat und Gesellschaft in unterschiedlicher Intensität, tritt zunehmend mehr in den Vordergrund.464 Angesichts dieser Schwerpunktverlagerung in der Diskussion um die Modernisierung von Staat und Verwaltung, die inhaltlich weit über nur graduelle Unterschiede hinausgeht,465 wird deutlich, daß sich in den letzten Jahren nicht nur punktuell Veränderungen im Verwaltungshandeln ergeben haben, sondern daß das Verhältnis von Staat und Gesellschaft insgesamt einem grundlegenden Wandel unterliegt,466 der mit dem Begriff des kooperativen Staates467 nur unzureichend 461 So auch König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 376, allerdings mit der Einschränkung, daß die Modernisierungspraxis diesem Ansatz nicht folge. Vgl. ferner Klages, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 65; demgegenüber Wohlfahrt, NDV 2001, S. 82: „Der aktivierende Staat will nur noch Kernaufgaben in alleiniger Verantwortung erledigen“. 462 Der durch demokratische Willensbildung entstandene Aufgabenbestand müsse auf selbem Weg, nämlich durch den demokratischen Dialog abgebaut werden, so Füchtner, Modernisierung, S. 91. 463 Zur Entwicklung des Staates vom „Gemeinwohlmonopolisten“ zum „Gemeinwohlmoderator und Gemeinwohloptimierer“ illustrativ Schuppert, in: Münkler / Fischer (Hrsg.), Gemeinwohl, S. 69 ff. 464 Zu diesem Wandel neben vielen Gramm, Privatisierung, S. 28 ff. Nach Groner-Weber, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 168, beruht das Konzept weniger auf Kooperationen mit Gruppen des Dritten Sektors als vielmehr mit Einzelnen, da dies „um vieles einfacher ist, als ein Netz von selbstbewussten Bürgergruppen zu motivieren und zu koordinieren“. V.a. Wirtschaftsunternehmen und Verbände nehmen eine zentrale Rolle im kooperativen Staat ein, der Normalbürger hingegen befände sich „glücklicherweise nicht in einem permanenten Dauerkontakt mit der Verwaltung“, so Nahamowitz, in: Voigt (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 126 f. 465 So etwa Blanke / v. Bandemer, GMH 1999, S. 323, die darauf hinweisen, daß „das Konzept des aktivierenden Staates . . . quer zu den beschriebenen Ansätzen“, wie etwa dem des Schlanken Staates stehe. 466 Zum gewandelten „Funktions- und Rollenverständnis“ von Staat, Verwaltung und Gesellschaft, ausgelöst nicht zuletzt durch gesellschaftlichen Wertewandel (hierzu Klages, Der blockierte Mensch, S. 29 ff.) als „Veränderungstreiber“, auch Budäus, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 308 ff.; Schauer, in: Thom / Zaugg (Hrsg.), Personal- und Organisationskompetenz, S. 344 f. Dagegen verweisen König / Füchtner, „Schlanker Staat“, S. 376, auf nur graduelle Unterschiede bei der Binnenreform. 467 Das ursprüngliche Konzept des kooperativen Staates, das noch bei Arthur Benz, Kooperative Verwaltung, 1994, anklang und sich auf die Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft beschränkte (vgl. Voigt, in: ders. [Hrsg.], Der kooperative Staat, S. 13), hat sich inzwischen erweitert und bezieht sich – ähnlich wie der Aktivierende Staat – auch auf „Rahmenregeln“, auf „eine möglichst weitgehende Übertragung von Verantwortung auf den Privatbereich der Gesellschaft“ oder auf „Selbstregulierungsprozesse“, wie Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 13 mit Fn. 4, S. 47, 86 ff., darlegt.

C. Vom Schlanken Staat zum Aktivierenden Staat

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beschrieben wird. Indem der kooperative Staat zunächst unter Verzicht auf eine einseitige hoheitliche Steuerung versuchte, mittels unmittelbarer Interaktion „in Verhandlungsprozessen . . . für gemeinsame Probleme eine Lösung zu finden, der alle Beteiligten zustimmen“,468 konnte das hergebrachte Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft durch abgestimmte Elemente kooperativen und konsensualen Verhandelns469 erweitert und in Ansätzen aufgebrochen werden. Bei den derzeitigen Konzeptionen scheint es sich aber nicht mehr nur um eine schrittweise Annäherung der Verwaltungsrealität an geänderte Anforderungen und Erwartungen zu handeln,470 sondern um eine völlige Neuorientierung zu einem zwar kooperativen, darüber hinaus aber deutlich „beteiligungsfreundlichen Politikstil“,471 ein sich auch auf die Verwaltungskultur auswirkender Wandel,472 der einem Paradigmenwechsel nahe kommt: Mit der Abkehr von den vorrangig binnenorientierten Reformansätzen des Schlanken Staates bzw. von auf einzelne Politikfelder bezogenen kooperativen Verfahren sucht der Aktivierende Staat zielgerichtet die „Schnittstelle zwischen Staat und Bürger“ zu nutzen, um politikfeldübergreifend die Verwaltungsumwelt als Koproduzent in die Leistungserbringung einzubeziehen. 473 Deutlich wird diese neue Blickrichtung auch im Vergleich zur Verfassungsentwicklung in der Schweiz. In der revidierten Bundesverfassung474 wurde vor dem Abschnitt über die Grund- und Bürgerrechte unter der Überschrift „Individuelle und gesellschaftliche Verantwortung“ ein neu gefaßter Art. 6 aufgenommen, in dem es heißt: „Jede Person nimmt Verantwortung für sich selber wahr und trägt nach ihren Kräften zur Bewältigung der Aufgaben in Staat und Gesellschaft 468 Arthur Benz, Kooperative Verwaltung, S. 345; zum Vorbehalt des kooperativen Staates 1. Teil, Kap. C, Fn. 56. 469 Zum kooperativen, verhandelnden und moderierenden Staat vgl. Schuppert, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 36 ff.; zu Konsens- und Verhandlungslösungen auch Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 274 m. w. N. 470 Zu staatlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die auch das Konzept des Kooperativen Staates beeinflußten, vgl. Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 48 ff. 471 So Evers / Leggewie, GMH 1999, S. 337 f.; ähnlich auch Pitschas in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 225 f. Als weiteren Hintergrund der Diskussion um den Aktivierenden Staat führt Groner-Weber, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 170, Kritik an der Qualität sozialstaatlicher Leistungserbringung an. 472 U.a. Groner-Weber, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 172. 473 Reichard / Schuppan, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 82. Zum Begriff des Paradigma und des Paradigmenwechsels im Zusammenhang mit Verwaltungsreformen Reinermann, Krise als Chance, S. 17 f.; mögliche Felder einer aktivierenden Politik identifiziert Evers, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 23 ff. Zum Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ als Paradigmenwechsel vgl. Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Bilanz 2002, S. 8. 474 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft v. 18. April 1999, AS 1999, S. 2556.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

bei“.475 Auf den ersten Blick scheint es, als ob hier ein mit dem Aktivierenden Staat vergleichbares Konzept Verfassungsrang erhalten hätte, ähneln sich doch einerseits die Forderung nach Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung dort, wo dies möglich ist, und andererseits der nach einem im Rahmen der individuellen Fähigkeit einzubringende Beitrag zur Bewältigung von Aufgaben in Staat und Gesellschaft. Obwohl diese Formulierung476 auf die Erweiterung der Schweizer Verfassung um beteiligungsfreundliche und verantwortungsteilige Strukturen im Sinne eines kooperativen Verhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft schließen läßt, wurde weniger die Position des Bürgers als „potenzieller direkter Mitgestalter der Gemeinschaft“ thematisiert. Vielmehr stand die mit steigender Staatstätigkeit geweckte Anspruchshaltung der Bürger477 sowie die Gegenüberstellung von Bürgerpflichten und Bürgerrechten478 im Vordergrund, nicht aber die im Leitbild des Aktivierenden Staates verankerte „Balance zwischen staatlichen Pflichten und zu aktivierender Eigeninitiative und gesellschaftlichem Engagement“.479 Ein weiterer Unterschied manifestiert sich in der Rolle des Staates: Im Leitbild des Aktivierenden Staates liegt die zentrale staatliche Aufgabe darin, entsprechende Freiräume zu schaffen, eigene „aktivierende Förderstrategien“ zu entwikkeln480 und durch diese Form des Enabling oder Empowerment gesellschaftliche 475 Zu entsprechenden kantonalen Vorbildern Nuspliger, in: Zimmerli (Hrsg.), Die neue Bundesverfassung, S. 94 mit Fn. 102, sowie Art. 27 Abs. 3 S. 2 der Verfassung des Kantons Appenzell Ausserrhoden v. 30. 4. 1995, BBl. 1996 IV 866, I 1021. 476 Hinzu tritt der als „ethischer Imperativ“ (Amtl. Bull SR 1998 [Separatdruck], S. 28, 57) bezeichnete Wunsch nach „Verantwortungsethik“, vgl. Koller / Biaggini, EuGRZ 2000, S. 345; Sulser, in: Fleiner / Forster / Misic / Thalmann (Hrsg.), Die neue schweizerische Bundesverfassung, S. 29; Rhinow, Bundesverfassung, S. 176 f. 477 So in der Beratung des Nationalrates v. 18. 3. 1998, Amtl. Bull NR 1998 (Separatdruck), S. 138; hierzu auch Koller / Biaggini, EuGRZ 2000, S. 345. Als „Referenzgebiet“ für die Notwendigkeit individueller und gesellschaftlicher Verantwortung wurden v.a. die „Sozialwerke“ (Sozialversicherungen) und ihre desolate Finanzlage benannt, vgl. etwa Amtl. Bull SR 1998 (Separatdruck), S. 25 f., 56 f. 478 Bei der Diskussion im Ständerat wurde bislang nur vereinzelt in der Verfassung niedergelegten Grundrechten (Rhinow, Bundesverfassung, S. 98) diese Grundpflicht als „gewisse Gegenleistung“ gegenübergestellt (Amtl. Bull SR 1998 [Separatdruck], S. 56, 28); ähnlich in der Beratung des Nationalrates (Amtl. Bull NR 1998 [Separatdruck], S. 144); vgl. auch Biaggini, ZÖR 1999, S. 466. Diese Sicht der Verantwortungsteilung setzt auf einen „instrumentell-manageriellen“ Zug gegenüber der „politisch aktivierenden Ausdeutung“ (Evers, in: Mezger / West [Hrsg.], Aktivierender Sozialstaat, S. 19). 479 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 8 (Hervorhebung d. Verf.); Schedler, in: Thom / Zaugg (Hrsg.), Personal- und Organisationskompetenz, S. 365: „Durch ,Empowerment’ der Einwohnerinnen und Einwohner sollen diese zur Eigenerstellung öffentlicher Güter angeregt werden“ (Hervorhebung d. Verf.). Ein Überblick über „das breit gestreute politische Interesse am bürgerschaftlichen Engagement“ bei R. Roth, in: Zimmer / Nährlich (Hrsg.), Engagierte Bürgergesellschaft, S. 28. 480 Esch / Hilbert / Stöbe-Blossey, MAECENATA ACTUELL Nr. 26 / 2001, S. 24 f. Im Unterschied zum kommunitaristischen Verständnis wird gesellschaftliches Engagement dem-

C. Vom Schlanken Staat zum Aktivierenden Staat

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Problemlösungskompetenzen zu mobilisieren und Leistungsprozesse zu unterstützen.481 Dieses Bild des Staates als Moderator und Aktivator gesellschaftlicher Prozesse oder gar „als Animateur der Selbsthilfe“482 sowie das Prinzip staatlicher Förderung, um gesellschaftliche Initiative aus sich heraus und mit einem gewissen Grad an Freiwilligkeit entwickeln zu lassen, wird in der Bundesverfassung der Schweiz weitgehend ausgeblendet.483 Es überwiegt ein staatszentrierter Ansatz, dem zufolge individuelle Selbstverantwortung als Ausdruck der Subsidiarität und gesellschaftliche Verantwortung als partizipatives Prinzip484 nahezu ausschließlich der Staatsentlastung und der Rückführung staatlicher Aufgaben dienen soll.485 Tendenziell hält die Schweiz somit an einem tradierten Staatsverständnis fest; Neujustierungen im Verhältnis Staat und Gesellschaft bzw. Staat und Individuum ergeben sich vorrangig aus der begrenzten Leistungsfähigkeit des Staates, die sich in diesem Falle vor allem im Bereich der Sozialausgaben manifestiert.486 Man nach nicht als gegeben angenommen, sondern bedarf der Initiierung, Förderung und Steuerung durch den Staat, so Füchtner, Modernisierung, S. 92 481 Reichard, VuF 1999, S. 123; vgl. auch Baer, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), S. 169 f.; zum „Empowerment“ R. Roth, in: Zimmer / Nährlich (Hrsg.), Engagierte Bürgergesellschaft, S. 39 f. Einen nur begrenzt systematischen Ansatz bescheinigt Klages, Der blockierte Mensch, S. 136 ff. (136), den Projekten des Aktivierenden Staates. 482 So Evers / Leggewie, GMH 1999, S. 332. Hierzu auch Reichard, VuF 1999, S. 120 f.; zum Staat als „aktive Entwicklungs-Agentur für Innovationen mit normativer Koordinierungs- und Bündelungsfunktion“ Kummer, Verwaltung und Management 2001, S. 262. Zur gewandelten Rolle des Staates vom „Monopolisten und Experten zum Organisator und Koordinator“ auch Hill, in: Kubicek (Hrsg.), Multimedia@Verwaltung, S. 235; ders., in: Bußjäger (Hrsg.), Moderner Staat, S. 4 ff. 483 Auch „Partnerschaft“ bezieht sich einseitig auf Kooperationen unter Bürgern, nicht aber zwischen Staat und Gesellschaft (Amtl. Bull SR 1998 [Separatdruck], S. 56). Appenzell Ausserrhoden hingegen fördert nach Art. 27 Abs. 3 der Verfassung (Fn. 475), der zudem nicht Grundrechte, sondern Grundsätze der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben festlegt, auch kooperative Strukturen: „Der Kanton erfüllt nur Aufgaben, die nicht ebensogut von den Gemeinden oder von Privaten wahrgenommen werden können. Er fördert private Initiative und persönliche Verantwortung . . .“. 484 So die Trennung von Rhinow, Bundesverfassung, S. 176. Der Unterschied zwischen der Verantwortungsteilung im Programm der Bundesregierung und Art. 6 BV wird auch deutlich in den von Rhinow (ebd., S. 102) aufgezählten besonderen Grundpflichten in der BV als Ausdruck individueller und gesellschaftlicher Verantwortung: Militärdienstpflicht, Grundschulunterricht oder Sozialversicherungspflicht kann kaum ein konsensual-kooperativer bzw. verantwortungsteiliger Charakter unterstellt werden. 485 Explizit bei Sulser, in: Fleiner / Forster / Misic / Thalmann (Hrsg.), Die neue schweizerische Bundesverfassung, S. 29. Auch der u. a. in Kommentaren gewählte Begriff von Art. 6 als „Grundpflicht“ kann als einschlägiges Indiz gewertet werden, da als Grundpflichten „elementare Rechtspflichten von Individuen“ bezeichnet sind, „die vom Verfassungsgeber als für die Existenz des Staates unabdingbar erachtet werden“ (Rhinow, Bundesverfassung, S. 102). Zu einem für bürgerschaftliches Engagement kontraproduktiven Rekurs auf Pflichten vgl. Baer, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), S. 173 f. 486 Deutlich wird dies auch in Art. 41 BV, wonach der Staat in den Politikfeldern Soziale Sicherheit, Gesundheit und Beschäftigung „in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und 8 John-Koch

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

kann somit für die Schweiz eher von einer „Verantwortungstrennung wie beim klassischen Subsidiaritätsprinzip“ als von einer Verantwortungsteilung im Sinne einer Verantwortungspartnerschaft sprechen487 oder eher von der „Privatisierung öffentlicher Belange“ statt von einer politischen Konzeption.488 Auch wenn das Konzept der Verantwortungsteilung zunächst auf „sozial- und verwaltungswissenschaftliche Problembefunde“ wie z. B. wachsende Staatsaufgaben bei sinkender staatlicher Handlungsfähigkeit reagiert489 und von daher die Entlastung des Staates und eine effektivere Aufgabenerfüllung als eines seiner wesentlichen Ziele490 auch für die Schweiz tragfähig erscheint, geht es mit dem Akzent einer kooperativen Aufgabenwahrnehmung und „arbeitsteiligen Gemeinwohlkonkretisierung“ über eine vorrangig aufgabenbezogene Sicht zugunsten einer „akteurspezifische(n) Perspektive“ hinaus.491 In diese neue Richtung, die sich vom klassischen Staatsverständnis löst und dem mit der Verwaltungsreform verknüpften „Bedarf an Neuorientierung des Gemeinwesens“ im Sinne einer Staats-, Gesellschafts- und Verwaltungsreform Rechnung trägt,492 will das Leitbild des Aktivierenden Staates weisen: Nicht nur Entlastung des Staates durch Aufgabenverlagerung, sondern Kooperation, Konsens und Akzeptanz sind neben bürgerschaftlichem Engagement, gesellschaftlicher Verantwortung und Demokratisierung wesentliche Gestaltungsmaßstäbe dieses Ideals.493 privater Initiative“ handelt. Gerlach, FS Wittkämper, S. 227, hat eben dieses Politikfeld als Referenzgebiet für eine Problemlösungsstrategie ausgemacht, die „Entstaatlichung i. S. des Versuchs der Rücknahme staatlicher Aufgaben“, d. h. Privatisierung, nicht aber Verantwortungsteilung präferiert; vgl. auch Groner-Weber, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 170. 487 Zu dieser Unterscheidung Reichard, VuF 1999, S. 123. Auch Schuppert, in: Münkler / Fischer (Hrsg.), Gemeinwohl, S. 76 ff., unterschiedet das auf der Trennung von Staat und Gesellschaft basierende „Drehbuch des Subsidiaritätsprinzips“ von dem „Drehbuch der Verantwortungsstufung und der Verantwortungsteilung“ als grundlegende Neujustierung von staatlichem und nicht-staatlichem Sektor. 488 Vgl. Evers, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 29. 489 Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 14. 490 Vgl. die Aufstellung bei Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 49 ff. Hierzu auch Hoffmann-Riem, FS Vogel, S. 52. 491 Schuppert, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 117; Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 31. 492 Budäus, in: Hill (Hrsg.), Modernisierung, S. 315; Reichard, VuF 1999, S. 120 f. Allerdings setzt der Aktivierende Staat nach Ansicht von Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 35, zu sehr auf eine Binnenmodernisierung. 493 Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 51; Reichard, VuF 1999, S. 123 f.; zur integrativen und identitätsstiftenden und damit demokratisierenden Funktion von „Bürgersinn“ auch Hill, in: Kubicek (Hrsg.), Multimedia@Verwaltung, S. 234 f. In eine ähnliche Richtung weist Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 598 ff., mit verschiedenen Funktionen der Selbstverwaltung – hier allerdings im Verständnis von mittelbarer Staatsverwaltung –, darunter u. a. Selbstverwaltung als Organisationsprinzip, als politisches Prinzip, als Ausprägung des Demokratieprinzips, aber auch als Entlastung des Staates.

D. Zusammenfassung

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Inwieweit es allerdings gelingt, diesem Anspruch auch in der Praxis gerecht zu werden, ist fraglich; erste kritische Stimmen bescheinigen dem Aktivierenden Staat ähnliche Umsetzungsprobleme wie dem Schlanken Staat.494 Welche Konsequenzen sich aus den Veränderungen im Zusammenspiel von Staat und Gesellschaft für das Verwaltungshandeln und die Verwaltungsorganisation, für das Verhältnis von öffentlicher und privater Sphäre und damit auch von öffentlichem und privatem Rechtskreis ergeben, ist derzeit noch nicht abzusehen.495 Die inzwischen zahlreichen Vorstöße, diesen Wandel verwaltungswissenschaftlich, verwaltungsrechtlich sowie auch rechtsdogmatisch einigermaßen befriedigend einzufangen, bewegen sich zwar noch auf unsicherem Gebiet, gewinnen aber deutlich an Kontur. Jedoch scheint sich eine Entwicklung als geradezu zwangsläufig abzuzeichnen: Mit dem Wandel des Leistungsstaats zum Gewährleistungsstaat und der damit verbundenen Einbeziehung einer Vielzahl von Akteuren in die gemeinwohlbezogene Aufgabenwahrnehmung muß Ansätzen zur Deregulierung zunächst eine Absage erteilt werden. Für die Abgrenzung der unterschiedlichen Verantwortungssphären und für die Sicherstellung der Erfüllung von übertragenen Aufgaben bedarf es „einer Formalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Parteien“496 – beispielsweise im Rahmen eines Verwaltungskooperationsrechts.497

D. Zusammenfassung Im Verlauf der letzten Jahre hat sich eine Vielzahl von Instrumenten, Konzepten und Strategien der Reform von Staat und Verwaltung entwickelt, die nicht nur die interne Modernisierung von Aufbau- und Ablauforganisation der Verwaltung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene betreffen. Vielmehr wurden für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben neben den herkömmlichen öffentlich-rechtlichen Institutionen etablierte und bereits bewährte privatrechtliche Organisationsformen 494 Neben Reichard / Schuppan, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 89, 91 ff., auch Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 35 f., die auch auf die Kluft zwischen dem der Bürgergesellschaft unterstellten Wollen und dem Können sowie den dafür erforderlichen Rahmenbedingungen hinweisen (S. 36). Zu mehr Eigenverantwortung als möglicher Belastung auch Kloepfer, in: Kitagawa u. a. (Hrsg.), Regulierung – Deregulierung – Liberalisierung, S. 162 f. Eine verwaltungspolitisch weitgehende Konturenlosigkeit kritisiert Füchtner, Modernisierung, S. 446. 495 Mit Blick auf Art. 6 BV ist dies auch in der Schweiz nicht geklärt: So wird nach Biaggini, ZÖR 1999, S. 466, die „dogmatische Einordnung dieses verfassungsrechtlichen Appells . . . der Schweizer Rechtslehre wohl noch einiges Kopfzerbrechen bereiten“; vgl. auch Koller / Biagginni, EuGRZ 2000, S. 345. 496 So Schedler, in: Thom / Zaugg (Hrsg.), Personal- und Organisationskompetenz, S. 363; mit Blick auf „die Öffnung des Organisationsrechts für diese Fragestellungen“ ähnlich Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 29. 497 Vgl. 1. Teil, Kap. C, Fn. 72.

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

in größerem Umfang genutzt; des weiteren wurden aber auch neue Wege einer Partnerschaft zwischen Staat und Gesellschaft gesucht, so daß sich das Spektrum der organisatorischen Möglichkeiten erheblich erweiterte. Indem diese Modernisierungsansätze auf Bundesebene ihren politischen Niederschlag im Konzept des Schlanken Staates und nachfolgend im Programm Moderner Staat – Moderne Verwaltung finden, handelt es sich nicht mehr nur um einzelne Modernisierungsvorgänge insbesondere unter dem Vorzeichen der Privatisierung, vielmehr steht eine viel grundsätzlicher angelegte Modernisierungspolitik im Vordergrund. Diese strategisch ausgerichtete Politik wird zum einen bestimmt durch arbeitsteilige Privatisierungen, die in Abhängigkeit von den jeweiligen staatspolitischen Vorstellungen mehr einem an ordoliberalen Vorstellungen der Aufgabenprivatisierung orientierten Konzept oder einer Staat und Gesellschaft verschränkenden Strategie der funktionalen Privatisierung sowie einer verantwortungsteiligen Aufgabenwahrnehmung zuzurechnen sind; zum anderen ist diese Politik der Staats- und Verwaltungsreform gekennzeichnet durch eine intensive Nutzung selbstregulativer Steuerungsmechanismen. Unabhängig von der jeweiligen Ausrichtung der Modernisierungs- und Privatisierungspolitik führte jedoch die Bildung von staatsfernen Trabanten sowie die Einbeziehung Dritter in die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen in unterschiedlicher Weise zu einer Aufgliederung der Staatsorganisation, die das traditionelle Bild der „Einheit der Verwaltung“ zugunsten einer netzwerkähnlichen Struktur modifiziert hat. a) Bereits die wenigen Beispiele einer Privatisierung auf Bundesebene haben deutlich gemacht, daß es sich schon bei formellen Privatisierungsvorgängen zum einen um komplexe Vorgänge handelt, die sich nicht in einem Schritt, sondern in über einen längeren Zeitraum gestreckte Abstufungen vollziehen und zudem in unterschiedlichem Maße dem parlamentarischen Gesetzesvorbehalt unterliegen. Des weiteren ist mit der Überführung von Einrichtungen in privatrechtliche Organisationsformen der Privatisierungsvorgang nicht abgeschlossen, sondern markiert lediglich den Übergang in ein neues Stadium: Sofern privatrechtliche Organisationen im staatlichen Besitz verbleiben, tritt an die Stelle der Aufgabenerfüllung durch unmittelbare und mittelbare staatliche Behörden eine Leistungserbringung durch mittelbar dem Staat zuzurechnende privatrechtliche Organisationen; in diesen Fällen bleibt unabhängig von der Organisationsform die Erfüllungsverantwortung des Staates, verbunden mit weitreichenden Ingerenzpflichten, weiterhin bestehen. b) Wenn sich jedoch die Eigentümerstellung eines formell privatisierten Unternehmens durch materielle (Teil-)Privatisierung ändert, wie etwa bei der Privatisierung der Bundesdruckerei, bedarf es zusätzlicher, über herkömmliche staatliche Ingerenzpflichten hinausgehender Maßnahmen zur Sicherung des Leistungsauftrags. Eine Grundvoraussetzung, um den staatlichen Auftrag der Aufgabenerfüllung zu gewährleisten, stellen zunächst entsprechende vertragliche Regelungen

D. Zusammenfassung

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dar, verbunden mit einem geeigneten Vertragscontrolling als Ausdruck einer staatlichen Privatisierungsfolgenverantwortung. Ein weitergehendes Instrument ist die Beleihung des Unternehmens mit hoheitlichen Befugnissen unter staatlicher Aufsicht, die als Kontrollverantwortung geführt wird. c) Besondere Beachtung verdienen Ansätze der funktionalen Privatisierung. Hierbei handelt es sich in privatisierungspolitischer Sicht um eine Kernstrategie der Modernisierung von Staat und Verwaltung, aus organisationsrechtlichem Blickwinkel um ein überaus komplexes und differenziertes Modell staatlich-privater Leistungserbringung, das in der Verwaltungspraxis, wie am Beispiel des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes gezeigt wurde, zum Teil nicht deutlich genug von der (unechten) materiellen Privatisierung einerseits und der Beleihung andererseits abgegrenzt wird. Diese Abgrenzung ist aber nicht nur mit Blick auf den bei einer Beleihung erforderlichen Gesetzesvorbehalt bedeutsam, sondern auch hinsichtlich der unterschiedlichen organisationsrechtlichen Regelungen, zu denen auch die Wahl der mit der Leistungserbringung beauftragten Dritten zählt, sowie hinsichtlich steuerungsrelevanter staatlicher Maßnahmen, wie etwa Aufsichtsbefugnisse und die Reichweite einer Gewährleistungs- oder einer Auffangverantwortung. So stellt sich die staatliche Restverantwortung bei einer funktionalen Privatisierung anders dar als staatliche Aufsichtsbefugnisse nach einer Beleihung. d) Sollen zudem neben den unterschiedlichen Privatisierungsformen das Konzept der regulierten Selbstregulierung oder auch das Auditverfahren als zusätzliche Instrumente öffentlicher Aufgabenerfüllung unter gesellschaftlicher Selbstverantwortung ausgebaut werden, wie es mit dem Programm „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ anvisiert ist, impliziert dies ebenfalls eine entsprechende Ausgestaltung staatlicher Beobachtungsfunktionen sowie einer Auffangverantwortung bei qualitativer oder quantitativer Schlechterfüllung. Wenn darüber hinaus diese Instrumente nicht nur in den Bereich der symbolischen Politik fallen oder gar zu einer (Re-)Publifizierung privatgesellschaftlicher Selbstverpflichtungen führen sollen, sondern Anreize für Unternehmen darstellen und damit staatsentlastend wirken, müssen sich gesellschaftliche Selbstregulierungsmechanismen und Zertifizierungsverfahren zu funktionalen Äquivalenten staatlicher Kontrolle und Steuerung entwickeln, wie es mit der Änderung des Umweltauditgesetzes in Verbindung mit der EMAS-Privilegierungsverordnung beabsichtigt ist. Soweit aber die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zunehmend mehr durch arbeitsteilige und verantwortungsteilende Prozesse zwischen Staat und Gesellschaft bestimmt wird, handelt es sich nicht mehr nur um lediglich vereinzelte, für Politik und Verwaltung überschaubare Vorgänge, die punktuell steuer- und damit kontrollierbar sind. Vielmehr weisen die unterschiedlichen Formen öffentlicher Leistungserbringung und die netzwerkähnliche Ausdifferenzierung der Verwaltungsorganisation im weiteren Sinne auf Versuche einer umfassenden Modernisierungspolitik, die auch das Verhältnis von Staat und Gesellschaft berührt. Die generalisierende Privatisierungspolitik als ein Element einer breit angelegten Modernisierungspoli-

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2. Teil: Konzepte einer Staats- und Verwaltungsreform

tik bedarf jedoch eines ebenso formalisierten und generell angelegten Rahmenkonzeptes, das in jüngster Zeit mit dem Entwurf der Verantwortungsteilung in wissenschaftlich-theoretischer Hinsicht gelegt wurde. Nun muß es darum gehen, aus organisationsrechtlicher Perspektive für diese privatisierungspolitischen Maßnahmen und verantwortungsteiligen Strukturen einen auch rechtspolitisch und rechtsdogmatisch verankerten Rahmen bereitzustellen, der trotz eines wohl unvermeidlichen Formalisierungsgrades genug Spielraum bietet, um die unterschiedlichen Möglichkeiten einer Leistungserbringung aufnehmen zu können.

3. Teil

Der Dualismus der Rechtsordnung: Privates Recht und öffentliches Recht So unterschiedlich die Strategien zur Reform öffentlicher Verwaltungen auch sind, verfolgen sie im Grunde doch dieselben Ziele: Zum einen sind sie darauf ausgerichtet, daß sich der Staat neben einer Aufgabenerfüllung in öffentlich-rechtlicher Form in stärkerem Maße auch privatrechtlicher Organisationsformen bedient; zum anderen bestimmt eine Verantwortungsteilung für die Aufgabenwahrnehmung zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, im Sinne einer gleichberechtigten Einbindung von Privatrechtssubjekten und staatlichen Organen, zunehmend mehr die Diskussion.1 Eine solche sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht intensive staatliche Mitnutzung privatrechtlichen Terrains führt neben einer „Pluralisierung der Verwaltung nach innen und außen“2 auch zu näher bestimmbaren Berührungspunkten der für die unterschiedlichen Akteure relevanten Rechtsordnungen öffentlichen ebenso wie privaten Rechts. Es stellt sich erstens die Frage, ob die Aufgabenteilung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren Auswirkungen auf die jeweilige Rechtsordnung hat, und – falls dem so ist – zweitens, welche Konsequenzen damit verbunden sind: Wird die eine Rechtsordnung durch die andere überlagert? Entsteht ein einheitlicher Rechtskreis oder kristallisiert sich ein dritter heraus, der für bestimmte Formen öffentlicher Aufgabenwahrnehmung Ausschnitte aus dem öffentlichen mit dem privaten Recht verbindet? Um diese Fragen im Ansatz zu klären, bedarf es eines Blickes auf die Diskussion um eine tragfähige Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht.

A. Zur Differenzierung von öffentlichem Recht und Privatrecht Der Gegensatz von öffentlichem und privatem Recht, die unterschiedliche Gewichtung beider Rechtssysteme im Lauf der Zeit sowie Versuche einer wirkungsvollen gegenseitigen Abgrenzung haben die europäisch-kontinentalen3 Vgl. oben, 1. Teil, Kap. B, 2. Teil, Kap. C. Siehe Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 340 m. w. N. 3 Zu Zweiteilungs- und Nicht-Zweiteilungsstaaten Bullinger, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 239 f. m. w. N.; Ehlers, Ver1 2

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

Rechtsordnungen geprägt. Mit dieser Trennung eines einheitlichen oder ganzheitlichen4 Rechtskreises in zwei Teilrechtsordnungen5 sollten vor allem die verschiedenartigen Funktionen der Rechtsgebiete6 stärker akzentuiert und Zuständigkeitsfragen7 zuverlässig geklärt werden können.8 Die Gründe für den Dualismus der Rechtsordnungen und die Herausbildung eines Gegensatzes zwischen öffentlichem und privatem Recht lassen sich auf die liberale Forderung nach strikter Unterscheidung von Staat und Gesellschaft9 zurückführen, die von einer lediglich staatsdistanzierten Privatrechtsordnung bis hin zu einer geradezu antagonistisch eingestellten „Ideologie des Privatrechts“ reichen.10 So verlangten die auf der individuellen Freiheit des Einzelnen beruhenden liberalen Vorstellungen – nicht zuletzt ausgelöst durch die Ausweitung staatlicher Tätigkeit und damit verbundener staatlicher Eingriffe in vormals privatrechtlich geregelte Lebensbereiche11 – nach einer auch rechtlichen Akzentuierung der Privatautonomie durch ein abgeschlossenes Regelungssystem, um durch die Garantie „gesicherter individueller und gesellschaftlicher Freiheit“12 einer Vermengung privater und öffentlicher Agenden zu entgehen.13 Auch wurde – hier in stark verkürzter Perspektive – nach der Ablösung der unbegrenzten Herrschersouveränität durch das Verständnis vom Staat als juristischer Person die Trennung öffentlich-rechtliwaltung, S. 46 ff.; relativierend Molitor, Öffentliches Recht, S. 21 ff.; jedoch beobachtet Püttner, FS Maurer, S. 714, auch in „Nicht-Zweiteilungsstaaten“ wie Großbritannien Abgrenzungstendenzen. Speziell zum Privatrecht im „westlichen und . . . östlichen Rechtsordnungstyp“ vgl. Bydlinski, AcP 1994, S. 324 ff. (325). 4 So Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 272 f. 5 Zur Kontroverse um den Vorrang von Privatrecht oder öffentlichem Recht Bullinger, FS Rittner, S. 70 ff. m. w. N.; Brückner, FG Schweizerischer Juristentag, S. 37 ff. 6 Mit Blick auf unterschiedliche Ansätze und Grundwertungen der Teilrechtsordnungen insbesondere in der Gerichtsbarkeit Brohm, JZ 2000, S. 325, dort (S. 330 ff.) auch Beispiele aus der Rechtsprechung. 7 Nach Brückner, FG Schweizerischer Juristentag, S. 44 ff., hat die Unterscheidung nur noch Bedeutung in Zuständigkeitsfragen; vgl. auch Fn. 14 f. 8 Vgl. D. Schmidt, Unterscheidung, S. 46 ff.; auch Bydlinski, AcP 1994, S. 330. Für die Unterscheidung relevante Rechtsgebiete führen Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 5 ff., an. Siehe auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 12 f.; Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 3 Rn. 74; des weiteren Bullinger, Öffentliches Recht, S. 9. 9 Möllers, VerwArch 1999, S. 197, akzentuiert die Unterscheidung, nicht jedoch die Trennung zwischen Staat und Gesellschaft. 10 So Bullinger, FS Rittner, S. 74; ders., Öffentliches Recht, S. 37 ff. (41 f., 55). 11 Stolleis, Geschichte, S. 241. 12 Bullinger, FS Rittner, S. 74; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 3. 13 Vgl. Rupp, HbStR I, § 28 Rn. 3 ff.; Ehlers, Verwaltung, S. 34. Zur Gemengelage öffentlichen und privaten Rechts im Preußischen Allgemeinen Landrecht Grimm, FS Coing, S. 230 f.; Bullinger, Öffentliches Recht, S. 45 ff.

A. Zur Differenzierung von öffentlichem Recht und Privatrecht

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cher und privatrechtlicher Sphären für eine zuverlässige Justiziabilität von Klagen gegen staatliche Hoheitsakte erforderlich.14 Die Trennung von Privatrecht und öffentlichem Recht vollzog sich demnach nicht abrupt, sondern bildete als zeitnahes Spiegelbild politisch-demokratischer Prozesse einen Beitrag zur Entwicklung des modernen Rechtsstaates. Die Zuversicht in die Funktionsfähigkeit eines einheitlichen privatrechtlich geprägten Rechtssystems verlor sich in dem Maße, in dem sich einerseits die Gesellschaft vom Staat emanzipierte und andererseits die Bedeutung des Staates sowohl im Rahmen einer unmittelbaren Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben als auch nur als deren Gewährleister wuchs.15 Die Funktion einer privaten Rechtsordnung, die sich auf den Grundsatz der Privatautonomie des einzelnen Rechtssubjekts stützt, ist nicht zuletzt darauf gerichtet, die Selbstbestimmung und individuelle Freiheit des einzelnen zu sichern. Die notwendigen Voraussetzungen, um die Privat- und Handlungsautonomie sowie die Güter- und Personalautonomie als Grundprinzipien dieser Selbstbestimmung16 gewährleisten zu können, ohne die Rechte anderer zu verletzen, werden durch das Privatrecht als Ausschnitt aus der gesamten Rechtsordnung geschaffen, „in dem der einzelne in Freiheit seiner persönlichen Vollendung nachstreben kann“.17 Als geschlossenes System umfaßt dieses spezifische Normengerüst die erforderlichen „Regelungen für den rechtsgeschäftlichen Verkehr und für die Bereinigung aktueller oder potentieller Interessenkonflikte zwischen Privatpersonen“18 sowie zwischen Parteien mit der Eigenschaft als juristische Personen des Privatrechts.19 14 Siehe hierzu Bullinger, Öffentliches Recht, S. 49 ff., 57 f.; Molitor, Öffentliches Recht, S. 14 f., sowie Grimm, FS Coing, S. 241 f. Zu unterschiedlichen prozessualen Folgen als Argument für die Trennung vgl. v. Münch, Staatsrecht, Einführung Rn. 14 f.; Faber, Verwaltungsrecht, S. 133 ff., aber auch Püttner, FS Maurer, S. 719 ff.; mit Blick auf organisationsrechtliche Entscheidungen Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 809. 15 Nach D. Schmidt, Unterscheidung, S. 20, erfordert eben diese Ausdehnung des öffentlichen Rechts um „weite, ursprünglich nur privatrechtlich geregelte Gebiete“ auch „eine Definition sowohl des privaten als auch des öffentlichen Rechts“. Zur Diskussion innerhalb der Rechtswissenschaft, die „mehr oder weniger ambivalent zwischen der Trennung, Unterscheidung und Verschränkung von Staat und Gesellschaft hin und her mäandriert“, siehe auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 77 ff. (77). 16 Hierzu D. Schmidt, Unterscheidung, S. 174 ff., insbesondere S. 181; vgl. auch Brohm, JZ 2000, S. 323. 17 Zu dieser Auffassung Savignys vgl. Grimm, FS Coing, S. 237 ff. Damit trägt das Privatrecht zur Verfassungsverwirklichung im Sinne individueller und gesellschaftlicher Freiheit bei, so Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 3 Rn. 73. 18 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 13. Bereits v. Mohl, Encyklopädie, S. 193, skizzierte das Privatrecht als „alle diejenigen Rechtsnormen und Anstalten, welche die Verhältnisse des Einzelnen und der Familie (als der nothwendigen Ergänzung der Persönlichkeit) gegenüber von anderen Einzelnen und Familien regeln“. 19 Der Zusatz (vgl. Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 308) illustriert, daß auch der Staat als Privatperson handeln kann und prinzipiell dem Privatrecht unterliegt, ohne aber „zum Privaten“ zu werden, so Ehlers, Verwaltung 1987, S. 381 f.

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

Hingegen kann dem Staat grundsätzlich nicht eine den Privaten vergleichbare Freiheit eingeräumt werden: Als Träger öffentlicher Gewalt ist er an die Verfassungsgrundsätze gebunden und hat die zur Realisierung der Selbstbestimmung seiner Bürger erforderlichen Rahmenbedingungen bereitzustellen. 20 Die Funktion des öffentlichen Rechts als das „typischerweise dem Staat, auch seiner öffentlichen Verwaltung, zugeordnete Recht“ liegt in der Verwirklichung der Verfassungsprinzipien – der Grundrechte und staatlichen Strukturprinzipien.21 Um die individuelle Freiheit unter Wahrung der Rechte Dritter zu gewährleisten, kann der Staat neben der gegenseitigen Willenserklärung, die für privatrechtliche Verhältnisse kennzeichnend ist, Regelungen auch mit dem Mittel des staatlichen Befehls und Zwangs einseitig durchsetzen. Öffentliches Recht als „Sonderrecht des Staates“ besteht insoweit durchweg aus Rechtssätzen, „die nur den Staat oder einen sonstigen Träger hoheitlicher Gewalt zum Zuordnungssubjekt haben, die sich also ausschließlich an den Staat oder einen sonstigen Träger hoheitlicher Gewalt wenden“.22

B. Abgrenzungstheorien Mit der Ausdifferenzierung der Rechtsordnung in öffentliches und privates Recht stehen sich zwei historisch gewachsene Teilrechtsordnungen23 gegenüber, die nach herkömmlicher Auffassung eine klare Antithese hinsichtlich der dogmatischen Grundlage, des Zweckes ebenso wie der Funktion und damit des Geltungsbereichs bilden sollten und grundsätzlich als zwei in sich abgeschlossene und voneinander geschiedene Rechtswelten zu verstehen sind.24 Verschiedene Abgren20 Vgl. Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 11, 77; D. Schmidt, Unterscheidung, S. 196; Kirchhof, FS Ulmer, S. 1218 ff. 21 Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 3 Rn. 73, stellt diesem Auftrag die Verfassungsverwirklichung durch Privatrecht gegenüber (vgl. Fn. 17). Stratenwerth, FG Schweizerischer Juristentag, S. 425, dort mit Fn. 48, verortet öffentliches Recht dort, wo „Interessen der Gesamtheit wahrgenommen werden“. Ähnlich verläuft die Trennung von Staats- und Privatrecht bei v. Mohl, Encyklopädie, S. 193. 22 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 17; Bydlinski, AcP 1994, S. 321. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 26, 39, definieren das öffentliche Recht als das „ ,Amtsrecht‘ der Träger hoheitlicher Gewalt und ihrer Organe“. Nach Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 267, hat sich öffentliches Recht als „Sonderrecht zur einseitigen Ausübung staatlicher Hoheit“ zum „Sonderrecht des Staates“ (Hervorhebung d. Verf.) gewandelt. 23 Zur Gleichstellung öffentlichen und privaten Rechts als „Teilsysteme einer Rechtsordnung“ (Hervorhebung d. Verf.) u. a. D. Schmidt, Unterscheidung, S. 232; Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 3 Rn. 71; Bydlinski, AcP 1994, S. 322. 24 Zur Irrelevanz vom ,Bild der zwei Welten‘ in der Praxis Brückner, FG Schweizerischer Juristentag, S. 36, 46 f. Nach Bullinger, Öffentliches Recht, S. 8, 54 ff. (56), ist die Überspitzung möglicher Teilunterschiede zu umfassenden Wesensunterschieden Ausdruck „gegensätzlicher Wertungen“. Vgl. auch Wyduckel, in: Krawietz / Schelsky (Hrsg.), Rechtssystem, S. 120, 127 f.

B. Abgrenzungstheorien

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zungstheorien, die als Abbild der historischen Entwicklung auf differierenden Staats- und Gesellschaftsvorstellungen beruhen und von daher einem Wandel bezüglich ihrer Bedeutung und Tauglichkeit für eine Akzentuierung der Unterschiede unterliegen,25 versuchen, diese Teilrechtssysteme voneinander abzuheben.26 Allerdings offenbart sich hier alsbald eine Schwäche sämtlicher Theorien, die sich mit der Trennung der Rechtskreise in öffentliches Recht einerseits und Privatrecht anderseits auseinandersetzen: Alle Ansätze gehen mehr oder weniger von einer schematischen Zuordnung, von einem „Entweder – Oder“ aus. Grauzonen und Zwischenformen werden von dieser Systematik nur bedingt erfaßt. Sobald sich aber die öffentliche Verwaltung in ihrem Handeln vermehrt innerhalb eben dieser Grenzbereiche bewegt, indem sie öffentliche Aufgaben in Privatrechtsformen erfüllt, verwaltungsprivatrechtlich handelt oder Private in die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben einbindet, und in dem Maße, in dem die der Trennung der Rechtskreise zugrundeliegende Abschottung öffentlicher und privater Agenden sich auflöst,27 wird die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft und damit die Zweiteilung des Rechts grundsätzlich in Frage gestellt.28 Um hier die Trennung der Rechtskreise, aber auch ihre verbindenden Aspekte dogmatisch wie funktional angemessen aufnehmen zu können, sollen die wesentlichen Abgrenzungstheorien mit Blick auf neuere Entwicklungen in Staat und Gesellschaft kurz umrissen werden.

25 Für viele Rupp, HbStR I, § 28 Rn. 4 ff; zum historischen Aspekt auch Molitor, Öffentliches Recht, S. 25; Forsthoff, Lehrbuch, S. 112 f.; zur „Vielgestaltigkeit des jeweiligen theoretischen Ausgangspunktes“ u. a. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 13. Vgl. ferner Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 309 mit Fn. 181. 26 Nur am Rande soll erwähnt werden, daß die sog. Traditionstheorie (u. a. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 107) gerade im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Verwaltungsorganisationsrechts einen unzulänglichen Ansatz zur Abgrenzung bietet, da sie kaum, mindestens aber „zuwenig den gesellschaftlichen Wandel und die geänderten Bedürfnisse sowie Anforderungen an den Staat“ berücksichtigt, so Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 41; Gern, ZRP 1985, S. 61. Insoweit kann ein Festklammern an hergebrachten Rechts- und Handlungsformen – ob öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche – auch als „Formenmißbrauch des Staates“ (Pestalozza) unter Rückgriff auf die Traditionstheorie gewertet werden. 27 Vgl. hierzu Fn. 13. 28 So Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 25 f., im Anschluß an die Forderung nach einem ,Gemeinrecht‘ von Bullinger, Öffentliches Recht, S. 77 f., 80 ff. Vgl. auch den Hinweis bei Voigt, in: ders. (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 11, wonach der Staat diesen Verflechtungen „durch ein auf Kooperation – auch mit gesellschaftlichen Kräften – gerichtetes Verhalten Rechnung (trägt)“. Nach Heintzen, VVDStRL 62, S. 235, hingegen sei die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft gerade im Zuge der Privatisierungsdiskussion „wieder weitgehend unangefochten“.

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

I. Die Interessentheorie Als entscheidendes Merkmal für eine Differenzierung der Rechtsordnungen bezieht sich die Interessentheorie auf die „Interessen, die durch einen Rechtssatz geschützt werden“.29 Danach gehören bekanntlich die Rechtsnormen, die weitgehend dem Interesse der Allgemeinheit dienen, dem öffentlichen Recht an, während die Normen, die überwiegend30 der Durchsetzung allein privater Interessen zugute kommen, dem privaten Recht zuzuordnen sind.31 Dieser Unterscheidung haftet allerdings seit jeher das Defizit an, daß eine Konkretisierung ebenso wie eine exakte Trennung zwischen Interessen der Allgemeinheit und privaten Interessen nicht durchzuführen ist und von daher die schlichte Abgrenzung von dem grundsätzlich zunächst Individualinteressen vertretendem Privatrecht und gemeinwohlorientiertem öffentlichen Recht zu oberflächlich, zu fragwürdig scheint,32 weil „alles Recht, also auch das bürgerliche Recht letztlich im öffentlichen Interesse geschaffen wird“.33 Die begrenzte Eignung der Interessentheorie zeigt sich besonders deutlich bei der Einbindung von Privatrechtssubjekten im Rahmen der Aufgabenprivatisierung oder der Verantwortungsteilung: Ziel ist es dort, öffentliche Aufgaben natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts zu übertragen, ohne daß die Aufgabe ihre explizit öffentliche Zwecksetzung verliert. Da nach der Interessentheorie eine Aufgabenwahrnehmung in privatrechtlichen Handlungsformen nicht dem Gemeinwohl verpflichtet sein muß, kann sie für diese Fälle kein widerspruchsloses Abgrenzungskriterium darstellen. Wenn aber auch privatrechtliches Handeln dem Gemeinwohl dienen kann, dürfte die Ansicht, die Interessentheorie verdeutliche, daß allein staatliches (= öffentlich-rechtliches) Handeln prinzipiell gemeinwohlorientiert sei, kaum aufrechterhalten werden können.34 In dem Maße, in dem sich 29 So Ehlers, Verwaltung, S. 53, dort (Fn. 6) auch mit Hinweisen zur einschlägigen Rechtsprechung. Zur Interessen- bzw. zur „Gegenstandstheorie“ des weiteren Faber, Verwaltungsrecht, S. 130; v. Münch, Staatsrecht, Rn. 17; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 19; D. Schmidt, Unterscheidung, S. 86 f. 30 Mit dieser Einschränkung explizit Molitor, Öffentliches Recht, S. 30; vgl. auch D. Schmidt, Unterscheidung, S. 90 ff. 31 Brückner, FG Schweizerischer Juristentag, S. 45, weist die These, das öffentliche Recht sei „seinem Wesen nach altruistisch-sozial, das Privatrecht egoistisch-individuell“, jedoch als „unfruchtbar“ zurück. 32 Der Hinweis von Molitor, Öffentliches Recht, S. 30, daß „die Ansichten darüber, was im öffentlichen Interesse liegt, mit der jeweiligen Staatsauffassung stark wechseln“, gewinnt vor dem Hintergrund der Diskussion um Verantwortungsteilung als Ausdruck einer veränderten Staatsauffassung (2. Teil, Kap. C, Fn. 466) neue Aktualität; vgl. auch 4. Teil, Kap. A, Fn. 14. 33 v. Münch, Staatsrecht, Rn. 20 (Hervorhebung v. M.); Bachof, FG BVerwG, S. 16; vgl. auch Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 16. Ablehnend gegenüber dieser Verallgemeinerung Ehlers, Verwaltung, S. 55. 34 So ist aber Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 3 Rn. 11, zu interpretieren. Demgegenüber zeigt Forsthoff, Lehrbuch, S. 114, diesen Widerspruch deutlicher auf.

B. Abgrenzungstheorien

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der Staat als „Subjekt des Privatrechts . . . auf dem Boden des Zivilrechts bewegen (kann), und zwar grundsätzlich auch zur Erreichung öffentlicher Zwecke“,35 muß die Trennung von öffentlichem Recht als gemeinwohlbezogenem und Privatrecht als dem Individualinteresse verpflichteten Rechtskreis aufgegeben werden; es wäre in der Tat „verfehlt, aus der öffentlichen Zielsetzung einer Aufgabe auf die öffentlich-rechtliche Erledigung zu schließen“.36 Damit muß der Ansatz der Interessentheorie zur Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht als alleinige Erklärung37 letztlich scheitern.

II. Die Subordinationstheorie Das wesentliche Kriterium zur Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht liegt nach der Subordinations- oder Subjektionstheorie in der Existenz eines Über- / Unterordnungsverhältnisses.38 Danach gehören die Normen, die das Verhältnis einer übergeordneten zu einer untergeordneten Instanz (im weiteren Sinne) regeln, dem öffentlichen Recht an, während das Privatrecht zwischen rechtlich grundsätzlich gleichgeordneten Subjekten gilt.39 Aus dieser systematischen Trennung in Unterordnung einerseits und Gleichordnung andererseits ergeben sich auch die typischen Handlungsformen: Das öffentliche Recht stützt sich in der Regel auf das einseitig gesetzte, auf Zwang beruhende Subordinationsrecht, während im Privatrecht auf Gegenseitigkeit geschlossene Verträge als Ausdruck koordinationsrechtlicher Bindungen vorherrschen.40 Abgesehen von dem Einwand, das Über- / Unterordnungsverhältnis sei nicht Bedingung, sondern Folge der Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen,41 vermag diese Theorie jedoch nur dann zu überzeugen, wenn sich die Beziehungen zwischen Staat und Bürger auf dem einseitigen Prinzip von Befehl und Gehorsam bzw. Anordnung und Beachtung gründen, mit anderen Worten, wenn sie sich auf BVerwGE 35, 103, 105. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 19; ähnlich Forsthoff, Lehrbuch, S. 114 f.; vgl. auch BVerwGE 47, 247, 250. 37 Ergänzend wird auch weiterhin die Interessentheorie herangezogen, vgl. etwa Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), § 2 Rn. 15; Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 98. 38 Zur Subordinations-, Subjektions- oder Mehrwerttheorie bzw. „Über- / Unterordnungstheorie“ u. a. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 16; Molitor, Öffentliches Recht, S. 31 mit Fn. 29; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 20; D. Schmidt, Unterscheidung, S. 94. 39 v. Münch, Staatsrecht, Rn. 18; auch Brückner, FG Schweizerischer Juristentag, S. 42. Zur Rechtsprechung vgl. Ehlers, Verwaltung, S. 53 mit Fn. 7. 40 Vgl. Forsthoff, Lehrbuch, S. 113; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 16; D. Schmidt, Unterscheidung, S. 95. 41 Zum „Zirkelschluß“ in der Subordinationstheorie Faber, Verwaltungsrecht, S. 129; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 20; Ehlers, Verwaltung, S. 55; vgl. auch Hill, DVBl. 1989, S. 322. 35 36

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

obrigkeitsstaatliche Verhältnisse etwa im Rahmen der Eingriffsverwaltung beziehen.42 Logische Konsequenz der Subordinationstheorie wäre, daß Unterordnungsverhältnisse zwischen Privatrechtssubjekten grundsätzlich öffentlich-rechtlicher, Regelungen zwischen gleichgeordneten staatlichen Rechtssubjekten demgegenüber prinzipiell privatrechtlicher Natur wären. Hier setzte aber die Kritik ein, da „es auch im öffentlichen Recht Gleichordnungsverhältnisse und im privaten Recht Unterordnungsverhältnisse gibt“.43 So werden als Argument gegen die Subordinationstheorie neben dem – privatrechtlichen – Weisungsrecht des Arbeitgebers gegenüber Angestellten und dem elterlichen Erziehungs- und Sorgerecht gegenüber Kindern44 (öffentlich-rechtliche) koordinationsrechtliche Verträge herangezogen, die „zwischen grundsätzlich gleichgeordneten Vertragspartnern, insbesondere zwischen rechtsfähigen Trägern öffentlicher Verwaltung“45 abgeschlossen werden können46 Ähnlich wie bei der Interessentheorie tragen zudem neue Formen der verantwortungsteiligen Aufgabenwahrnehmung, die Entwicklung zu kooperativem Verwaltungshandeln47 sowie die Aufhebung des Subordinationsverhältnisses zwischen Verwaltung und Bürgern zugunsten einer Gleichordnung zumindest bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dazu bei, daß die Subordinationstheorie keine überzeugende Erklärung für die Trennung von öffentlichem Recht und Privatrecht mehr bieten kann.

III. Die materielle Subjektstheorie Gerade für den letztgenannten Fall der Relativierung von Subordinationsverhältnissen stellt die materielle Subjektstheorie, auch Zuordnungstheorie genannt,48 42 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 16; Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 3 Rn. 10, sowie Ehlers, Verwaltung, S. 56. 43 Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 370; Bettermann, NJW 1977, S. 515. 44 Hierzu Faber, Verwaltungsrecht, S. 129; Ehlers, Verwaltung, S. 56 mit Fn. 22; ablehnend Bachof, FG BVerwG, S. 7. 45 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 12; J. Burmeister, VVDStRL 52, S. 229 f. 46 Hierzu u. a. Faber, Verwaltungsrecht, S. 128 f.; Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 3 Rn. 10; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 20; weitere Beispiele bei Wolff, AöR 1950 / 51, S. 205. Trotz eindeutiger Präferenz für diese Theorie sieht auch Forsthoff, Lehrbuch, S. 114, diese Problematik. Vgl. des weiteren Wyduckel, in: Krawietz / Schelsky (Hrsg.), Rechtssystem, S. 123. 47 Vgl. hierzu 2. Teil, Kap. C, Fn. 469; zu Absprachen, die ein Über- / Unterordnungsverhältnis außer Kraft setzen, ohne durch ein koordinationsrechtliches Vertragsverhältnis zu ersetzen, u. a. Bulling, DÖV 1989, S. 280 f. 48 Vgl. Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), § 2 Rn. 26; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 24 ff. Subjekts- und Zuordnungstheorie werden hier gleichgesetzt (a. A. Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 3 Rn. 12; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht,

B. Abgrenzungstheorien

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einen schlüssigen Beitrag zur Abgrenzung von öffentlichem Recht und Privatrecht dar, der trotz einzelner Bedenken inzwischen herrschende Lehre ist.49 Danach gehören die Rechtssätze, die mindestens einen Träger hoheitlicher Gewalt in eben dieser Eigenschaft berechtigen oder verpflichten, dem öffentlichen Recht an.50 Normen hingegen, die sich nicht an Hoheitsträger richten bzw. juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht „in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger, sondern unabhängig von Art und Umfang ,ihrer öffentlichen Gewalt’“ ansprechen, sind dem Privatrecht zuzuordnen.51 Von der Verallgemeinerung, daß immer dann öffentliches Recht vorliege, wenn ein Rechtssatz „ausschließlich einen Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet“,52 ist demnach Abstand zu nehmen. Nach der materiellen Subjektstheorie können einerseits auch Privatrechtssubjekte, denen hoheitliche Gewalt übertragen wurde – wie etwa im Falle der Beleihung – in eben dieser Eigenschaft öffentlich-rechtlich handeln. Andererseits ist damit nicht ausgeschlossen, daß auch ein Rechtssatz, selbst wenn er sich ausschließlich an Hoheitsträger richtet, durchaus privatrechtlichen Charakter haben kann.53 Besondere Bedeutung erlangt die Subjektstheorie aber, wenn der Staat sich bei der Aufgabenerfüllung Organisationsformen des Privatrechts bedient. Damit tritt er aus dem öffentlich-rechtlichen Rahmen heraus und ordnet sich dem Privatrecht, dem „Jedermann“-Recht unter, das „sowohl Trägern öffentlicher Gewalt als auch anderen (Privat-)Personen Tatbestände zurechnen bzw. Rechtsfolgen zuordnen“ kann und damit ein „allgemeines, potentiell alle Rechtspersonen berechtigendes und verpflichtendes objektives Recht“ darstellt.54 Obwohl die materielle Subjektstheorie als Erklärungsansatz einen deutlichen Fortschritt gegenüber den anderen Theorien darstellt und eine eindeutigere Zuordnung der Rechtssätze zum öffentlichen oder zum privaten Recht ermöglicht,55 lei§ 3 Rn. 18), da sich die durch Bachof, FG BVerwG, S. 7 ff. (13) und Bettermann, NJW 1977, S. 515 f., nuancierte Zuordnungslehre inhaltlich mit der materiellen Subjektstheorie deckt. 49 U.a. v. Münch, Staatsrecht, Rn. 19; Faber, Verwaltungsrecht, S. 132. Hingegen habe sich nach Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 19, keine der Theorien durchsetzen können, die Zuordnungstheorie gewinne jedoch an Bedeutung. 50 Vgl. Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), § 2 Rn. 26; ders., Verwaltung, S. 62 f.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 27; im Ergebnis auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 18. 51 Bettermann, NJW 1977, S. 516; Bydlinski, AcP 1994, S. 333. 52 So die ,formale Sonderrechtstheorie‘, vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 26, sowie die Hinweise in Fn. 48. 53 Vgl. u. a. Bachof, FG BVerwG, S. 8. 54 Wolff, AöR 1950 / 51, S. 208; siehe auch Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 3 Rn. 77. Hier besteht die Übereinstimmung mit der „älteren Subjektstheorie“, vgl. Bachof, FG BVerwG, S. 7 f. 55 Jedoch stellt Schwabe, in: Schmidt (Hrsg.), Vielfalt des Rechts, S. 103 f., 107 ff., an einem fiktiven – in diesem Zusammenhang keinesfalls abwegigen – Beispiel die Aufgabe des

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

det auch sie daran, daß sie aufgrund der Vorgabe einer durchgängigen Zweiteilung von öffentlichem und privatem Recht die fließenden Übergänge in den Grenzbereichen im Verwaltungshandeln nicht offen anspricht.56 Zwar erscheint die Unterteilung, daß öffentliches Recht nur bei Berechtigung oder Verpflichtung der Träger hoheitlicher Gewalt in eben dieser Eigenschaft vorliegt, anderenfalls von privatrechtlichen Normen auszugehen sei, offenkundig viel zu absolut: Es ist nicht anzunehmen, daß die Verwaltung jenseits hoheitlichen Handelns oder in den Fällen, in denen sie nicht in ihrer Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt angesprochen ist – mit anderen Worten: „bei Geld-, Sach- oder Dienstleistungen . . . , die in gleicher Weise auch von Privatunternehmen erbracht werden könnten“57 –, ausnahmslos dem Privatrecht unterliegt. Allerdings wären die Ergänzungen des Privatrechts um öffentlich-rechtliche Bindungen, die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts also, innerhalb der Subjektstheorie begründungsbedürftig. Ähnliches gilt für die Einbindung Privater bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben: Handelt die Verwaltung in einzelnen Politikfeldern privatrechtlich und geht dabei Kooperationen mit Privaten ein, können diesbezügliche Kooperations- oder Erfüllungsverträge nur auf privatrechtlicher Grundlage beruhen, da es sich bei den Beteiligten eben nicht um Träger hoheitlicher Gewalt handelt. Ein letzter Schwachpunkt der materiellen Subjektstheorie mag auf den ersten Blick derzeit noch als hypothetisch und praxisfern gelten; er könnte aber im Zuge der Verlagerung öffentlicher Aufgaben auf Private im Sinne des Leitbildes vom Aktivierenden Staat und einer Rückführung staatlicher Pflichten auf eine Gewährleistungsverantwortung an Bedeutung gewinnen: Wenn (reine) Privatrechtssubjekte, beispielsweise Bürgerinitiativen und Vereine im Kulturbereich oder Betreuungsagenturen und medizinische Einrichtungen im Gesundheits- und Pflegebereich, bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben zusammenarbeiten, kann für sie nur das Privatrecht gelten, ein „Rückzug“ selbst auf das Verwaltungsprivatrecht ist ausgeschlossen. Dies bedeutet aber, daß bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben für die Sicherstellung einer Ausrichtung am Gemeinwohl in irgendeiner Form staatliche Stellen beteiligt werden müssen – obwohl gerade dieses durch die Rückgabe der Verantwortung an den gesellschaftlichen Bereich vermieden werden soll. Steigt der Anteil dieser Form der Aufgabenwahrnehmung und wird eine – unzulässige – Regelung von Rechtsverhältnissen zwischen reinen Privatrechtssubjekten durch öffentlich-rechtliche Normen zunehmend praktiziert, steht nicht nur diese Begründung für eine Zweiteilung des Rechts auf tönernen Füßen, sondern möglicherweise die Trennung der Rechtskreise insgesamt.

Nachbarschutzes einmal einer öffentlich-rechtlichen, einmal einer privatrechtlichen Durchführung und Durchsetzung anheim; die Frage nach dem Charakter der Rechtsnorm bleibt damit unbeantwortet. Hierzu auch Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 279 f. 56 Vgl. Fn. 28. 57 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17 Rn. 1.

B. Abgrenzungstheorien

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IV. Die Sachwaltertheorie Es ist gewiß nicht möglich, sämtliche Rechtsnormen zweifelsfrei entweder unter das öffentliche Recht oder unter das Privatrecht zu subsumieren;58 ein derartiger Versuch wäre insbesondere vor dem Hintergrund der neueren Ausrichtung in der Zusammenarbeit von Staat und Gesellschaft im Sinne einer Koproduktion und verantwortungsteiligen Aufgabenerfüllung zum Scheitern verurteilt. Dennoch erscheint es sinnvoll, für eine Abgrenzung der Rechtskreise geeignete Kriterien aufzustellen, die zwar einerseits an der Zweiteilung des Rechtes festzuhalten erlauben,59 andererseits aber offen genug sind, um neue Tendenzen und Entwicklungen im Verhältnis vom öffentlichen Recht zum Privatrecht und im Verhältnis öffentlich-rechtlicher Organisationen zu privatrechtlichen Institutionen in der Systematik angemessen zu berücksichtigen. Wie bereits angesprochen, läßt die materielle Subjektstheorie – ungeachtet ihrer Vorzüge – eine derartige Entwicklungsoffenheit nicht oder jedenfalls nicht in ausreichendem Maße erkennen. Einen Ansatz, die Defizite nicht nur der materiellen Subjektstheorie, sondern auch der übrigen Abgrenzungsschemata auszugleichen, eröffnet indessen die Sachwaltertheorie nach Achterberg, die auf die Rechtsverhältnisse als „rechtsnormgestaltete Beziehung zwischen zwei oder mehreren Subjekten“ abstellt.60 Der Sachwaltertheorie zufolge gehören diejenigen Rechtsnormen, die „Rechtsverhältnisse determinieren, in denen zumindest eines der an ihnen beteiligten Rechtssubjekte aufgrund eines weiteren, es hierzu legitimierenden Rechtsverhältnisses als Sachwalter des Gemeinwohls auftritt“,61 dem öffentlichen Recht an. Einerseits schreckt die Sachwaltertheorie durch ihre vor allem im Gegensatz zu den anderen aufgeführten Theorien komplizierte Formulierung ab; man kann zudem eine gewisse Schemenhaftigkeit, auf den ersten Blick wohl auch Beliebigkeit, nicht leugnen. Andererseits ermöglicht gerade diese Unschärfe eine Flexibilität, die für den gegenwärtigen Wandel im Verhältnis von Staat und Gesellschaft, von Verwaltung und Bürger unumgänglich ist, wenn es sich um eine insgesamt noch berechenbare Neuordnung handeln soll62 und nicht um einen willkürlichen „Rückzug des Staates“63 ohne Kompensation. Vgl. Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), § 2 Rn. 62. Theoretisch durchaus vorstellbar wäre auch eine Abwendung vom Dualismus (Fn. 3, Fn. 28), die zunehmende Bedeutung verwaltungsprivatrechtlichen Handelns läßt den Dualismus sogar „als fragwürdig erscheinen“, so schon Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 25. Angesichts der allgemeinen Anerkennung der Trennung des Privatrechts vom öffentlichen Recht wäre ein Erfolg aber höchst zweifelhaft; hierzu auch Bullinger, Öffentliches Recht, S. 110. 60 Achterberg, Rechtsordnung, S. 31. 61 Nachfolgend Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 27 ff. 62 Schon der keineswegs staatsbezogene, sondern verschiedene Akteure integrierende, neutrale Begriff des Sachwalters entspricht eher dem Sprachgebrauch der derzeitigen Diskussion. 58 59

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

Allerdings trägt die Kritik an der Sachwaltertheorie nicht, sie stelle nur eine Modifikation der Interessentheorie dar.64 Zwar richten beide Theorieansätze ihr Augenmerk auf das jeweilige Interesse bzw. auf die Sachwalterschaft des Gemeinwohls. Der essentielle Unterschied liegt aber darin, daß die Interessentheorie ausschließlich auf das Interesse abstellt und somit das Problem entstehen läßt, daß nur öffentlich-rechtliches Handeln dem Gemeinwohl dienen kann, Handlungen im Rahmen des Privatrechts hingegen gelten als grundsätzlich nicht gemeinwohlorientiert.65 Demgegenüber ist für die öffentlich-rechtliche Sachwalterschaft des Gemeinwohls ein hierzu legitimierendes Rechtsverhältnis erforderlich, d. h., daß erst dann, wenn die Ausrichtung an der Sicherung des Gemeinwohls auch durch ein entsprechendes (Verwaltungs-)Rechtsverhältnis begründet wird, öffentliches Recht gegeben ist. Sofern ein solches Rechtsverhältnis nicht konstituiert wurde, können – im Unterschied zur Interessentheorie – durchaus auch gemeinwohlbezogene Interessen verfolgt werden, dann allerdings ausschließlich im privatrechtlichen Rahmen.66 Kritisiert wird des weiteren der Bezug auf das Gemeinwohl: So verschiebe die Sachwaltertheorie „die Problematik auf die Frage des Gemeinwohls, die kaum weniger kontrovers ist“.67 Dieser Einwand ist durchaus berechtigt und nicht von der Hand zu weisen; allerdings kann auch dieser mit dem Verweis auf die Begründung eines Rechtsverhältnisses, in dem dieses spezifische, unter Umständen auch politikfeldbezogene Gemeinwohl nuanciert werden kann, als notwendige Voraussetzung für die am Gemeinwohl ausgerichtete Sachwalterschaft relativiert werden.68 Die Sachwaltertheorie besticht indessen durch ihren hohen – auf den ersten Blick nicht unbedingt erkennbaren – Differenzierungsgrad in der Zuordnung der Rechtsbeziehungen zum öffentlichen oder zum privaten Recht. Zunächst vermag sie Defizite der übrigen Abgrenzungsmodelle aufzufangen, insbesondere diejenigen der Subordinationstheorie, nimmt jedoch gleichzeitig solche Zuordnungen, die unproblematisch sind und nicht zur Ablehnung der Theorie führen, gleichsam als Anleihe auf: Zum einen sind Über- / Unterordnungsverhältnisse insgesamt auch weiterhin dem öffentlichen Recht zugeordnet; die privatrechtlichen Subordinationsverhältnisse können außer Ansatz bleiben, da es sich hierbei nicht um eine Sachwalterschaft für das allgemeine öffentliche, sondern für das private Interesse handelt.

Vgl. 2. Teil, Kap. B, Fn. 438 f. So aber Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 19. 65 Vgl. Fn. 29 ff.; ferner Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 22 Rn. 19. 66 Vgl. Fn. 34. 67 Hierzu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 19. 68 Zur „Karriere des Gemeinwohlbegriffs“ Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 24 f. 63 64

B. Abgrenzungstheorien

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Gleichzeitig fließen die koordinationsrechtlichen Beziehungen mit ein, sofern ein Vertragspartner als Sachwalter des Gemeinwohls legitimiert wurde.69 Des weiteren umfaßt die Sachwaltertheorie „alle auch von der Subjektstheorie als öffentlich-rechtliche qualifizierten Beziehungen“.70 Gleichzeitig wird aber der Anwendungsradius ausgeweitet, indem nicht nur diejenigen Rechtsnormen, die Träger hoheitlicher Gewalt in eben dieser Eigenschaft berechtigen oder verpflichten, zum öffentlichen Recht gezählt werden, sondern ebenso solche, durch die auch die durch ein entsprechendes Rechtsverhältnis legitimierten Sachwalter des Gemeinwohls, die nicht zwingend auch Träger hoheitlicher Gewalt sein müssen, in Ausübung eben dieser Sachwalter-Eigenschaft öffentlich-rechtlich handeln. Damit ist für die aktuelle Diskussion zweierlei gewonnen: a) Anhand der Sachwaltertheorie kann zum einen auch dann das öffentliche Recht zur Anwendung gebracht werden, wenn Verwaltung und Private institutionell kooperieren, unabhängig von der Intensität staatlicher Beteiligung. Erforderlich ist lediglich, daß die Wahrung des Gemeinwohls durch ein Rechtsverhältnis begründet ist und in diesem Rahmen gehandelt wird. Wenn öffentliches und privates Recht in der Gemeinwohlverwirklichung zusammentreffen, müssen diese – gegebenenfalls im Rahmen der Zweistufentheorie71 – miteinander in Einklang gebracht werden. Damit wird das Erfordernis eines Verwaltungsprivatrechts offenkundig, eine gesonderte Begründung wäre nicht erforderlich. b) Kooperieren ausschließlich Privatrechtssubjekte ohne hoheitliche Befugnisse, kann ebenfalls die Geltung öffentlichen Rechts in Betracht gezogen werden, sofern eine Seite als Sachwalter des Gemeinwohls legitimiert ist und in eben dieser Eigenschaft tätig wird. Diese Erweiterung nimmt eine Pluralisierung der Gemeinwohlakteure und die Ausdifferenzierung der Gemeinwohlverantwortung auf, wie sie im Rahmen einer verantwortungsteiligen Aufgabenerfüllung diskutiert wird.72 Damit kommt der grundsätzlichen Möglichkeit, daß auch ausschließlich Private untereinander verwaltungsrechtliche Verträge abschließen können,73 eine neue reale Dimension zu. Wenn „gemeinsames Ziel der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben . . . die Verbesserung bzw. Sicherung des Gemeinwohls“ ist,74 die Erfüllung öffentlicher AufZu diesen Defiziten der Subordinationstheorie vgl. Fn. 43 ff. Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 30. 71 Zur Zweistufenlehre bei der Privatisierung volkseigener Betriebe der DDR durch die Treuhandanstalt Becker, Verwaltungsprivatrecht, S. 146 f.; Horn, DB 1995, S. 310; vgl. auch 9. Teil, Kap. A, Fn. 28. 72 Hierzu Schuppert, in: Münkler / Fischer (Hrsg.), Gemeinwohl, S. 73 ff. 73 Vgl. zu den – eher selten anzutreffenden – verwaltungsrechtlichen Verträgen unter Privaten, die nur möglich sind, „wenn die Rechtsordnung dies vorsieht“, Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 9; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 33. 74 Miller, Verwaltung 1992, S. 402. 69 70

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

gaben aber nicht nur durch den Staat erfolgt, sondern „prinzipiell auch privatem Handeln zugänglich“ ist,75 spricht dies zwar gegen die Interessentheorie, nicht aber gegen die Sachwaltertheorie, da letztere auch Private in der Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Geltung des öffentlichen Rechts dem Gemeinwohl verpflichten kann, ohne sie etwa auf dem Wege der Beleihung mit Hoheitsgewalt in den Staat zu inkorporieren.

C. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Handlungs- und Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung Die Auswirkungen des Dualismus der Rechtsordnung sollen an dieser Stelle an zwei Teilbereichen des Verwaltungsrechts aufgezeigt werden. Mögliche Rechtsund Handlungsformen für Private bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben bleiben zunächst außer Betracht, da für Privatrechtssubjekte grundsätzlich nur das private Recht zur Geltung kommt und insoweit Überschneidungen der Rechtskreise auf den ersten Blick nicht anzunehmen sind. I. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Handlungsformen Zunächst lassen sich aufgrund der Zweiteilung des Rechts Unterschiede in den Handlungsformen privater und staatlicher Akteure feststellen.76 Handlungsformen des Privatrechts werden unterschieden nach (zwei- oder mehrseitigen) Rechtsgeschäften und nach Leistungen. Während sich die Leistungen auf den eigentlichen Erfüllungsvorgang als Realakt beziehen, sind rechtsgeschäftliche Vereinbarungen auf einen Rechtserfolg gerichtet, wie etwa den Abschluß eines Vertrages und daraus entstehende Verpflichtungen.77 Kennzeichen privatrechtlicher Verträge als klassisches rechtsgeschäftliches Handlungsinstrument ist die grundsätzliche Vertragsfreiheit als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Privatautonomie.78 Grenzen dieser grundrechtlich geschützten Privatautonomie ergeben sich verfassungsrechtlich aus den Rechten Dritter, der Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 134. An dieser Stelle wird auf die zweifellos wesentliche Frage der Zulässigkeit privatrechtlich organisierter Verwaltung nicht eingegangen, vgl. hierzu neben den Hinweisen im 2. Teil, Kap. A, Fn. 14 auch Ehlers, Verwaltung, S. 74 ff.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 13 ff. 77 Medicus, Grundwissen, Rn. 33 ff., 38. 78 Etwa Erichsen, HbStR VI, § 152 Rn. 24, 56 ff.; G. Spieß, DVBl. 1994, S. 1222 f.; Kirchhof, FS Ulmer, S. 1211 ff. Achterberg, Rechtsordnung, S 43 f., hebt die Abschlußfreiheit und Inhaltsfreiheit als wesentliche Komponenten der Vertragsfreiheit hervor. Vgl. auch Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 33 ff. 75 76

C. Handlungs- und Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung

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verfassungsmäßigen Ordnung sowie den sogenannten Sittengesetzen.79 Explizit sind Private in Ausübung ihrer Handlungsfreiheit als Grundrechtsträger zwar nicht an die Grundrechte gebunden, jedoch ist die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte als Ausdruck der objektiven Wertordnung und als einer der „Ordnungsgrundsätze für das soziale Leben“ anerkannt.80 Diese Drittwirkung gilt allerdings im Lichte der Privatautonomie nicht unbegrenzt; vielmehr wird nach Maßgabe von wirtschaftlichen Macht- oder auch persönlichen Abhängigkeitsverhältnissen eine hinsichtlich ihrer Intensität gestufte Drittwirkung angenommen.81 Demgegenüber unterliegen Staat und Verwaltung mit Blick auf das verwaltungsrechtliche Handeln zuvörderst „dem Grundrechtskatalog der Bundesverfassung“.82 Staatliches Handeln impliziert eine umfängliche Grundrechtsbindung und -verpflichtung, die sich nicht nur auf eine Sicherung z. B. individueller Freiheitsrechte als staatliche Schutzpflichten bezieht, sondern auch auf Gewährleistungspflichten als Garantie eines Mindestmaßes an Grundversorgungs- oder Infrastrukturleistungen.83 Dies gilt zunächst uneingeschränkt für sämtliche Handlungsformen der Verwaltung, zu denen zum einen Rechtshandlungen, d. h. auf einen Rechtserfolg gerichtete Handlungen durch Verordnung, Satzung, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag zählen, zum anderen aber auch die auf einen tatsächlichen Erfolg gerichteten verwaltungsrechtlichen Realakte als schlichtes Verwaltungshandeln.84 Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Handlungsformen unterscheiden sich somit nicht hinsichtlich ihrer Ausrichtung einerseits auf eine Rechtsfolge und andererseits auf einen tatsächlichen Erfolg;85 jedoch bestehen deutliche Abweichungen hinsichtlich der Grundrechtsträgerschaft auf der einen Seite und der Grundrechtsverpflichtung auf der anderen Seite.86 Diese Differenzierung ist unpro79 U.a. Erichsen, HbStR VI, § 152 Rn. 31 ff.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11 Aufl., § 33 Rn. 56 ff.; Medicus, Grundwissen, Rn. 102 ff. 80 Hierzu v. Münch, in: ders. / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Vorb. Art. 1 – 19 Rn. 30 ff. (30); G. Spieß DVBl. 1994, S. 1224 f. 81 v. Münch, in: ders. / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Vorb. Art. 1 – 19 Rn. 31. 82 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 18 Rn. 2. 83 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 33 Rn. 14; vgl. auch Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 1 ff. 84 Zu Handlungsformen der Verwaltung u. a. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 6. Aufl., § 44 Rn. 14 ff. m. w. N.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 1 ff. (Rechtsnorm), Rn. 226 ff. (vertragliche Rechtsvereinbarung), Rn. 292 (Realakte); zum Begriff des schlichten Verwaltungshandelns und zur Abgrenzung gegenüber Realakten oder schlicht-hoheitlichem Handeln ausführlich Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 17 ff. Kritisch gegenüber dem „Siegeszug des verwaltungsrechtlichen Vertrages“ Kirchhof, FS Ulmer, S. 1219. 85 So auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 6. Aufl., § 44 Rn. 5a. 86 Zu Unterschieden in der zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Vertragsdogmatik vgl. Bauer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität, S. 254 f.

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

blematisch, soweit Verwaltungshandeln eindeutig öffentlich-rechtlichen Handlungsformen zugeordnet werden kann. Jedoch wird der Verwaltung nach inzwischen herrschender Meinung das Recht zuerkannt, zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Handlungsformen wählen zu können,87 so daß Verwaltungshandeln nicht mehr zwingend nur in öffentlich-rechtlichen Handlungsformen ausgeprägt werden kann. Damit stellt sich aber nicht nur die Frage nach der generellen Zulässigkeit privatrechtlicher Handlungsformen im Verwaltungshandeln, sondern auch nach den Grenzen von Analogien privatrechtlicher Handlungsformen einerseits im Bereich grundgesetzlich garantierter Privatautonomie und andererseits im Rahmen grundrechtsschützender Verwaltungstätigkeit, mithin nach der Reichweite grundrechtlichen Schutzes der Handlungsfreiheit im Verwaltungshandeln: a) Auf der einen Seite besteht kein Zweifel, daß bei hoheitlichen Maßnahmen der Verwaltung – vor allem im Bereich der Eingriffsverwaltung, wenn der Staat seine aus dem Gewaltmonopol hergeleitete „hoheitliche Überlegenheit“ einsetzt – grundsätzlich öffentliches Recht zur Anwendung kommt und privatrechtliche Handlungsformen ausgeschlossen bleiben:88 „Das System der grundgesetzlichen Werte und Strukturen (wirkt) unmittelbar und ungefiltert“.89 b) Lange Zeit umstritten war die Frage, inwieweit sich die Verwaltung in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlicher Handlungsformen bedienen darf und inwieweit diese durch öffentliches Recht überlagert werden oder bleiben sollen.90 Da der Begriff der öffentlichen Aufgabe und seine Abgrenzung immer wieder Fragen und Kontroversen auslösen, läßt sich hier noch am deutlichsten die Grauzone zwischen öffentlichem und privatem Recht identifizieren, die in den letzten Jahren im Zuge der Diskussion um Privatisierung vollständig zu verwischen drohte. Für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben jenseits der Eingriffs- und Ordnungsverwaltung, insbesondere im Leistungsbereich, steht der Verwaltung grundsätzlich auch das Instrumentarium der öffentlich-rechtlichen Handlungsformen zur Verfügung; in den Fällen, in denen der rechtliche Charakter der Handlungsform zweifelhaft erscheint und sich die beiden Rechtskreise in durchaus unterschiedlicher Intensität berühren, ist überdies grundsätzlich öffentliches Recht anzunehmen.91 Im Unterschied zur Eingriffsverwaltung wird für die Leistungsverwaltung 87 Zwar wird mit der kategorischen Ablehnung einer Wahlfreiheit als Extremposition immer wieder Pestalozza, Formenmißbrauch, S. 177, angeführt; die herrschende Lehre sieht jedoch einen größeren Handlungsspielraum, so etwa Ronellenfitsch, HbStR III, § 84 Rn. 27 m. w. N. aus Literatur und Rechtsprechung; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 16, sowie v. Arnim, Rechtsfragen, S. 12. 88 Böckenförde, HbStR I, § 22 Rn. 12; Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 117; vgl. aber auch Faber, Verwaltungsrecht, S. 149. 89 Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 9 Rn. 16. 90 U.a. Brohm, JZ 2000, S. 325 ff. 91 Vgl. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 108 ff., 118 ff., mit einer Vielzahl von Beispielen. Nach der Kompetenztheorie von Gern, ZRP 1985, S. 60, soll schon eine öffent-

C. Handlungs- und Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung

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nach der herrschenden Meinung allerdings auch ein Wahlrecht zwischen Handlungsformen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts akzeptiert.92 Jedoch unterliegt der Staat, verfolgt er mit seiner Tätigkeit unmittelbar öffentliche Zwecke, auch dann öffentlich-rechtlichen Bindungen, wenn er privatrechtlich agiert.93 Folgt man dieser Ansicht, ist eine Erfüllung auch unmittelbar öffentlicher Aufgaben durch die Verwaltung in privatrechtlichen Handlungsformen grundsätzlich möglich; in diesen Fällen wird das Privatrecht aber zwingend von einer Vielzahl öffentlich-rechtlicher Bindungen überlagert, die sich vor allem aus der Grundrechtsgeltung ergeben.94 Dieses als Verwaltungsprivatrecht bezeichnete SonderPrivatrecht des Staates stellt nicht etwa einen dritten Rechtskreis dar;95 es ist seinem Wesen nach auch nicht einem Randbereich des öffentlichen Rechts zuzuordnen, sondern dem Privatrecht. Die inhaltliche Ausformung und Reichweite des Verwaltungsprivatrechts kann variieren und hängt – im Grunde dem als „Je-destoFormel“ bezeichneten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgend – in starkem Maße von der „Nähe der privatrechtsförmig ausgeübten Tätigkeit zu den eigentlichen Hoheitsaufgaben“ und damit von dem Grad der Staatsferne ab.96 c) Als strittig bezeichnet indessen von Münch die Frage einer Grundrechtsgeltung bei fiskalischer oder erwerbswirtschaftlicher Betätigung des Staates.97 Zwar stellen die sogenannten fiskalischen Hilfsgeschäfte98 privatrechtliche Beziehungen dar, da die Verwaltung in diesen Fällen nicht als Träger hoheitlicher Gewalt auftritt, sondern auf dieselbe Weise agiert, „in der auch jeder Bürger sich Gegenstände beschafft“.99 Im allgemeinen wird jedoch die Ansicht vertreten, daß die öffentliche Verwaltung trotz der grundsätzlichen Geltung des Privatrechts auch bei den fiskalilich-rechtliche Kompetenznorm zur Zuweisung ganzer Sachverhalte zum öffentlichen Recht ausreichen. 92 Hierzu die Verweise bei Unruh, DÖV 1997, S. 658 mit Fn. 46 ff.; insbesondere zur Daseinsvor- und Daseinsfürsorge als Bereich privatrechtlichen Verwaltungshandelns Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 9 Rn. 18 ff. 93 Ronellenfitsch, HbStR III, § 84 Rn. 47; vgl. auch v. Münch, in: ders. / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Vorb. Art. 1 – 19 Rn. 35. 94 Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 29; Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 3 Rn. 25. 95 So aber Müller, Rechtsformenwahl, S. 197; demgegenüber Gusy, DÖV 1984, S. 878. 96 Vgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 247; im Anschluß Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 512 f. Zur „Optimierung unter Vermeidung von Übermaß und Untermaß“ auch Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 312 ff. Typische Aufgabenbereiche der privatrechtsförmigen Verwaltung und „Konkretisierung der breiten Palette des Verwaltungsprivatrechts“ bei Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 3 ff. 97 v. Münch, in: ders. / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Vorb. Art. 1 – 19 Rn. 36; ebenso Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 20, 22. 98 Hierzu Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 19. 99 v. Arnim, Rechtsfragen, S. 10 f. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 127, verweist allerdings auch auf seltene Fälle einer öffentlich-rechtlichen Bedarfsdeckung.

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schen Hilfstätigkeiten nicht den Privaten gleichgestellt werden kann, sondern die zivilrechtlichen Regelungen immerhin „in Einzelheiten öffentlich-rechtlich überformt sind“100 – insbesondere, wenn eine monopolartige Stellung des Staates etwa bei der Auftragsvergabe nicht allein mit Hilfe privatrechtlicher Regelungen unterbunden werden kann.101 Ähnliches gilt für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand,102 wobei allerdings zu unterscheiden ist, wie weit diese Betätigung jeweils gefaßt ist: Handelt es sich um primär auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeiten, die „keine eigentlichen Verwaltungsaufgaben“ darstellen und „durch das Fehlen eines öffentlichen Zwecks“ gekennzeichnet sind,103 wird die Überlagerung des Privatrechts durch öffentlich-rechtliche Bindungen nur in geringerem Maße zu rechtfertigen sein104 als bei solchen erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten, denen eine Affinität zu öffentlichen Zwecken nicht abgesprochen werden kann.105 Da das Privatrecht bei fiskalischen Hilfsgeschäften und letztlich auch bei der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit vom öffentlichen Recht überlagert wird, es sich hierbei jedoch nur um einzelne Bindungen handelt, die zudem erst und insbeson100 So Gusy, DÖV 1984, S. 880; siehe auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 18; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 28, 77. Nach Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 9 Rn. 35, 39, sind fiskalische und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit sowie eine unmittelbare Aufgabenerfüllung „en bloc unmittelbar von der Geltung der Wert- und Strukturordnung des Grundgesetzes erfaßt“. 101 Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 1 Rn. 60; vgl. auch unten, Fn. 104. Gerade diese Eingrenzung auf die monopolartige Stellung korreliert mit der Drittwirkung der Grundrechte bei Privaten (Fn. 81), so daß die Ansicht von Ronellenfitsch, HbStR III, § 84 Rn. 30, das öffentliche Auftragswesen sei privatrechtlich konzipiert und werde auch überwiegend so verstanden, dem nicht entgegensteht, sondern eine mittelbare Grundrechtsgeltung impliziert (hierzu v. Münch, in: ders. / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Vorb. Art. 1 – 19 Rn. 36). Zur Flucht ins öffentliche Recht durch „pauschale(n) Verweis auf den öffentlich-rechtlichen Charakter der Vergabeverträge“ noch Pieper, DVBl. 2000, S. 160 ff., 165; demgegenüber Gusy, DÖV 1984, S. 880, mit Blick auf die grundsätzlich zivilrechtliche, jedoch durch öffentlichrechtliche Bindungen überformte Natur von Staatsaufträgen. 102 Die Diskussion, ob erwerbswirtschaftliche Tätigkeit zulässig ist, soll hier nicht vertieft werden; aus der Vielzahl der Literatur u. a. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 10 ff.; umfassend zuletzt Ehlers, Rech der öffentlichen Unternehmen, S. E 68 ff. (kommunale Ebene), E 113 ff. (staatliche Ebene). 103 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 10, 19; ferner Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 125. 104 So verweisen Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 22, hinsichtlich des staatlichen Schutzes der Wettbewerbsfreiheit und -gleichheit darauf, „daß das einfache Recht ausreichend Schranken aufrichte“. Vgl. auch Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 1 Rn. 62. Klagen gegen die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Kommunen wurden vor Zivilgerichten geführt, Rechtsgrundlage war i. d. R. § 1 UWG, hierzu Hill, in: ders., Kommunalwirtschaft, S. 69 ff., sowie Machura, in: Edeling u. a. (Hrsg.), Öffentliche Unternehmen, S. 103 ff. (104). 105 So etwa bei Sparkassen, die zudem „organisatorisch“ zur öffentlichen Verwaltung gehören (Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 123).

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dere dann zur Anwendung kommen, wenn die privatrechtlichen Instrumente etwa im Wettbewerbsrecht nicht greifen,106 sollte in diesen Fällen der Begriff des Verwaltungsprivatrechts nicht verwendet werden. Denn das Verwaltungsprivatrecht bezieht sich in erster Linie auf eine privatrechtliche Erfüllung von durch öffentlich-rechtliche Aufgabenbestimmung zugewiesenen öffentlichen Aufgaben und untersteht von daher geradezu einer Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Bindungen.107 Auch die Ansicht, beim Verwaltungsprivatrecht gehe es „nicht um die Zuordnung von Rechtsformen, sondern um die Behandlung der Tätigkeit derselben“,108 bestätigt diese begriffliche Eingrenzung, da vor allem die fiskalische Tätigkeit im Sinne einer „Hilfsaufgabe“ eher als privatrechtlich zu behandeln ist. Von daher sollte das Verwaltungsprivatrecht als Kategorie für Handlungsformen auf eine privatrechtliche Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beschränkt werden.109 II. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Organisationsformen Neben den Handlungsformen ist vom Dualismus beider Teilrechtsordnungen auch das Verwaltungsorganisationsrecht betroffen, indem sich die Verwaltung in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sowohl öffentlich-rechtlicher als auch privatrechtlich organisierter Verwaltungseinheiten bedient.110 Daß privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten in erster Linie Regelungsgegenstand öffentlichrechtlich geprägten Verwaltungsorganisationsrechts sind,111 zeigt sich schon am Landesverwaltungsgesetz von Schleswig-Holstein, in dem Privatrechtssubjekte als Träger der öffentlichen Verwaltung für die ihnen übertragenen Aufgaben bezeichnet werden. Auch sind zumindest in diesem Beispielsfall für die Organe der Privatrechtssubjekte in Ausübung öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit die Regelungen im LVwG über die Behörden anzuwenden.112 Die Zweiteilung berührt somit auch das Organisationsrecht und die Frage nach der Rechtsform.113 Fn. 104. Zum Verwaltungsprivatrecht oben, Fn. 94 f. 108 Müller, Rechtsformenwahl, S. 197. 109 Auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 7 ff., 11, grenzt fiskalische Hilfsgeschäfte und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit von der Geltung des Verwaltungsprivatrechts aus. 110 Vgl. Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 27. 111 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 229; auch M. König, DÖV 1999, S. 322, fordert eine Regelung im Landesorganisationsgesetz. 112 Vgl. § 2 Abs. 3, § 13 LVwG; vgl. auch § 2 Abs. 5, § 6 des Referentenentwurfs für ein Landesorganisationsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LOG MV) v. 5. 3. 1997, abgedruckt in: John, Verwaltungsorganisationsgesetz, S. 228. 113 Zum Begriff der Rechtsform, auch im Unterschied zur Organisationsform, siehe Müller, Rechtsformenwahl, S. 21 ff. 106 107

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Und natürlich gehören auch privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten zur Verwaltung, denn „die mögliche Wahl der Organisationsform“ bedeutet nach Böckenförde „nicht die Herausnahme aus dem Bereich staatlicher Angelegenheiten“.114 Grundsätzlich kann die Verwaltung hinsichtlich der Organisation sowohl auf öffentlich-rechtliche als auch auf privatrechtliche Formen zurückgreifen. Dies gilt im Prinzip unabhängig davon, ob sie fiskalische Hilfsgeschäfte tätigt oder unmittelbare Verwaltungsaufgaben erfüllt.115 Allerdings steht die Wahl der Rechtsform nicht isoliert von der Wahl der Handlungsform:116 So ist die Verwaltung im Bereich hoheitlicher Aufgaben auf öffentlich-rechtliche Handlungsformen117 und damit auch auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen zwingend angewiesen, da das Handeln in öffentlich-rechtlichen Formen Personen oder Organisationen des Privatrechts grundsätzlich verwehrt ist. Wenn sie demnach „öffentlich-rechtlich in Erscheinung treten will oder muß“118 – etwa im Rahmen der eingreifenden Verwaltung –, entfällt die Wahlfreiheit. Eine Ausnahme bildet hier die Beleihung Privater, bei der trotz privatrechtlicher Organisationsform die Beliehenen auch öffentlich-rechtlich in Erscheinung treten können. Allerdings darf sich die Übertragung von Hoheitsrechten auf nur einzelne hoheitliche Kompetenzen beschränken, ohne daß eine Regel-Zuständigkeit entsteht.119 Von daher kommt bei der Ausübung hoheitlicher Befugnisse die Aussage: „Öffentliches Recht bindet ausschließlich öffentliches Recht“120 zumindest grundsätzlich zum Tragen. Ebenso ist Verwaltung in Privatrechtsform grundsätzlich an privatrechtliche Handlungsformen gebunden: Wurde eine privatrechtliche Organisationsform für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gewählt, entfällt die Möglichkeit, öffentlichrechtliche Handlungsformen einzusetzen.121 Die privatrechtsförmige Verwaltung ist insoweit privatrechtlichen Organisationsformen ohne hoheitliche Gewalt und damit ohne öffentlich-rechtliche Handlungsformen gleichgestellt. Eine Einschränkung stellt allerdings – wie oben erwähnt – das Institut der Beleihung und die Übertragung hoheitlicher Befugnisse an Privatpersonen dar, die dem 114 Böckenförde, HbStR I, § 22 Rn. 13; vgl. auch Puhl, in: Grimm (Hrsg.), Privatisierung und parlamentarische Rechte, S. 49. 115 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 9; Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 47, 49. 116 Vgl. Ronellenfitsch, HbStR III, § 84 Rn. 27. 117 Vgl. Fn. 88. 118 Ehlers, Verwaltung, S. 109. 119 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 2, 6. Neben der Beleihung sind auch öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Privaten auf Ausnahmefälle beschränkt bzw. nur in ausgewiesenen Fällen zulässig (vgl. 8. Teil, Kap. D, Fn. 295). 120 Gusy, DÖV 1984, S. 874. 121 Hierzu etwa Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 284; vgl. aber die Ausnahmen in Fn. 119.

C. Handlungs- und Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung

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Staat angegliedert, ihm aber nicht eingegliedert sind:122 Insbesondere über die Frage, ob auch einer privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheit, d. h. einem in Staatsbesitz befindlichen privatrechtlichen Unternehmen, einer sogenannten publizistischen Privatrechtsvereinigung,123 hoheitliche Befugnisse durch Beleihung übertragen werden können, besteht kein Konsens: Während Loeser im Grunde die Zulässigkeit der Beleihung ausgegründeter Verwaltungseinheiten annimmt und diese lediglich mit dem organisationsrechtlichen Verbot öffentlichrechtlichen Handelns von privatrechtsförmigen Institutionen relativiert,124 verweist Ehlers darauf, daß publizistische Privatrechtsvereinigungen nicht Privaten gleichgestellt werden können und von daher von einer Beleihung entgegen der gängigen Praxis ausgeschlossen sein müssen.125 Zwar überzeugt die Ansicht von Ehlers, da auch die privatisierte Verwaltung in Form der publizistischen Privatrechtsvereinigungen unmittelbare Verwaltung in Privatrechtsform – unmittelbare (Bundes- oder Landes-)Privatverwaltung126 – darstellt, die in die Verwaltungsorganisation eingegliedert ist und sich daher von den nicht in die Verwaltungsorganisation eingebundenen, sondern ihr nur angegliederten Beliehenen unterscheidet. Insoweit wirkt der von Weisel127 gewählte Terminus einer „In-Sich-Beleihung“ anschaulich. Die Befürchtung, die Verwaltung könne aus den öffentlich-rechtlichen Bindungen fliehen und dabei je nach Anzahl der ausgegründeten Organisationen beliebig viele Hoheitsrechte als „Fluchtgepäck“ mitnehmen,128 ist nicht von der Hand zu weisen. Der Vorschlag von Ehlers, bei der Beleihung von privatrechtlichen Organisationseinheiten strengere Maßstäbe anzulegen als bei der Beleihung von Privaten, da die Verwaltung „auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen ausweichen“ könne,129 ist zwar stichhaltig, aber in der Umsetzung möglicherweise problematisch, denn: Was sind strengere Maßstäbe und warum sollten diese bei publizistischen Privatrechtsvereinigungen angesetzt werden, die einer kontinuierlichen Kontrolle durch ihre Eigentümer unterliegen (müssen), während sich Privatpersonen oder privatrechtliche Organisationen durch größere Staatsferne auszeichnen und nur hinsichtlich der Hoheitsbefugnisse unter staatlicher Aufsicht stehen?130 Im Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 3. Zur Begrifflichkeit Ehlers, Verwaltung, S. 9. 124 Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 9 Rn. 37; vgl. in diesem Sinne auch die Hinweise bei Gölz, Staat als Stifter, S. 254. Zustimmend zur Beleihung privatrechtlicher Verwaltungsorganisationen auch Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 509 f. 125 Ehlers, Verwaltung, S. 109 f.; im Anschluß auch Peine, DÖV 1997, S. 362. 126 Vgl. Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 136 ff. 127 Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 85. 128 So Ehlers, Verwaltung, S. 110. Nach Weisel, Privatisierung und Beleihung, ist allerdings dieser Widerspruch bzw. diese Gegenläufigkeit – „Enthoheitlichung verbunden mit einer Verleihung staatlicher Aufgaben und Befugnisse“ (S. 75, 84) – allein noch kein Indiz für eine mögliche Verfassungswidrigkeit (S. 249). 129 Ehlers, Verwaltung, S. 111; im Anschluß auch Schefold, Rechtsgutachten, S. 52 f. 130 Ähnlich argumentiert T. Schmidt, ZG 2002, S. 356; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 21. 7. 1997 – 7 K 7532 / 95, NdsVBl. 1998, S. 16 ff.: Die Beleihung einer Kapitalgesell122 123

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

übrigen könnte sich der Staat diesen strengeren Maßstäben dadurch entziehen, daß er von der publizistischen zu einer gemischtwirtschaftlichen Privatrechtsvereinigung übergeht, für die nach Ehlers eine Beleihung ohne weiteres möglich sein sollte.131 Von daher soll auch eine Beleihung der privatrechtlich organisierten Verwaltung zulässig sein.132 Dieser Ausnahmefall ändert aber nichts an der Grundaussage, daß die Wahl für eine privatrechtlich organisierte Verwaltung, unabhängig davon, ob es sich um rein öffentliche (= publizistische) oder um gemischtwirtschaftliche133 Organisationsformen handelt, auch das Handlungsinstrumentarium des Privatrechts nach sich zieht. Der Umkehrschluß allerdings verbietet sich: Aus der Entscheidung für eine öffentlich-rechtliche Organisationsform folgt nicht automatisch auch die Anwendung öffentlichen Rechts im Verwaltungshandeln. Zum einen betätigt sich die Verwaltung unabhängig von ihrer Rechtsform schon seit langem beispielsweise im Bereich des Beschaffungswesens privatrechtlich. Damit steht auch öffentlich-rechtlichen Organisationsformen das Privatrecht offen. Zum anderen ist auch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlichen Handlungsformen oder in Formen des Verwaltungsprivatrechts durch öffentlich-rechtliche Organisationsformen möglich und durchaus üblich.134

D. Zusammenfassung In kontinentaleuropäischen Rechtssystemen hat sich über einen langen Zeitraum hinweg die Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht entwickelt und verfestigt. Die Unterscheidung zwischen den beiden Rechtskreisen erscheint als Spiegelbild politisch-demokratischer Prozesse, als Abbild des jeweiligen Staatsverständnisses: Je intensiver die Ausweitung staatlichen Einflusses in vormals private Bereiche voranschritt, je stärker die Privatautonomie des einzelnen schaft mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung stelle „eine geringere Abweichung von dem Regelfall staatlicher Verwaltung dar“ (S. 18). Der Staatsgerichtshof Bremen (StGH Bremen) hat in seinem Urteil zum Bremer Beleihungsgesetz eine Beleihung von Privatrechtsunternehmen mit staatlicher Minderheitsbeteiligung oder von rein privaten Unternehmen für zulässig erachtet, „soweit die Exekutive mittels anderer Instrumente eine effektive Steuerung und Kontrolle des Handelns des beliehenen Unternehmens gewährleistet (Urt. v. 15. 1. 2002 – St 1 / 01, S. 27). 131 Dies gilt sogar für verwaltungsbeherrschte Typen, da es sich nicht um „besondere Erscheinungsformen der Verwaltung“ handelt, vgl. Ehlers, Verwaltung, S. 112. 132 So auch OVG Lüneburg (Fn. 130); nach Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 510, ist die Beleihungsfähigkeit „eine Frage der Rechtsform, nicht der Beteiligungsverhältnisse“. A.A. Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 243 ff., 250 f., u. a. mit Verweis auf gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflichten. 133 Merten, FS Krejci, S. 2004, favorisiert die Bezeichnung „Mischunternehmen“. 134 So etwa der Verweis von Müller, Rechtsformenwahl, S. 242, auf die Staatspraxis; vgl. auch Fn. 93 ff.

D. Zusammenfassung

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durch staatliche Eingriffe modifiziert und sogar eingeschränkt wurde, desto dringender stellte sich die Frage nach einer Grenzziehung zwischen staatlich-hoheitlicher Macht einerseits und gesellschaftlich-individueller Freiheit andererseits, um durch diese Akzentuierung die Verschränkung privater und öffentlicher Kreise zu verhindern. Unter den zahlreichen Abgrenzungstheorien haben im wesentlichen die Interessentheorie, die Subordinationstheorie und die materielle Subjektstheorie Bedeutung gewonnen. Durchgesetzt hat sich letztlich die materielle Subjektstheorie, nach der diejenigen Rechtssätze dem öffentlichen Recht angehören, die mindestens einen Träger hoheitlicher Gewalt in eben diese Eigenschaft ansprechen. Damit kann die Subjektstheorie einerseits einen Erklärungsansatz für privatrechtliches Handeln von Trägern öffentlicher Gewalt geben; andererseits wird auch öffentlichrechtliches Handeln von mit hoheitlicher Gewalt betrauten Privatpersonen gerechtfertigt. Die Plausibilität einer Trennung beider Rechtskreise nach der materiellen Subjektstheorie beruht auf einer relativ klaren Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht; fließende Übergänge in den Grenzbereichen zwischen beiden Teilrechtsordnungen vermag auch sie nicht eindeutig zuzuordnen. Wenn im Zuge der Modernisierung von Staat und Verwaltung die Erfüllung gemeinwohlbezogener Aufgaben in staatlicher und gesellschaftlicher Verantwortung liegen soll, etwa im Rahmen von funktionalen Privatisierungsvorgängen, stellt sich die Frage nach der Abgrenzung der Teilrechtsordnungen in einem neuen Licht: Wurde die Trennung mit der Ausdehnung der staatlichen Sphäre in ursprünglich private Bereiche begründet, können eine solidarische Verantwortung von Staat und Gesellschaft für das Gemeinwohl im Umkehrschluß eine Annäherung von öffentlichem und privatem Recht begründen. Insbesondere die Kooperation mit Privaten im Bereich der Inneren Sicherheit als einer im allgemeinen dem Staat obliegenden Aufgabe läßt diese Gegentendenz einer Ausweitung privater Einflüsse in den staatlichen Bereich deutlich werden. Angesichts dieser Entwicklungen, die sich durch eine zunehmende Verschränkung von Staat und Gesellschaft, durch das Nebeneinander von öffentlicher und privater Aufgabenerfüllung, durch die Teilung von Verantwortungssphären und damit durch ein Ineinandergreifen von öffentlichem Recht und Privatrecht auszeichnen, erscheint fraglich, ob die traditionelle Abgrenzung der Teilrechtsordnungen überhaupt noch trägt. In der Konsequenz könnte einerseits die Idee von Bullinger aufgegriffen werden, für einzelne Politikfelder ein die Teilrechtsordnungen übergreifendes Gemeinrecht verbindlich vorzugeben. Andererseits wäre zu überlegen, ob im verantwortungsteiligen Staat an der Trennung der Teilrechtsordnungen nach der materiellen Subjektstheorie festgehalten werden sollte: Zwar stehen Privaten bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen in der Regel ausschließlich privatrechtliche Instrumente zur Verfügung, öffentliches Recht bleibt auf die Ausübung hoheitlicher Maßnahmen durch Träger hoheitlicher Gewalt beschränkt. Allerdings wäre es auch denkbar, das privatrechtliche Spektrum der Handlungsfor-

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3. Teil: Dualismus der Rechtsordnung

men zu erweitern, um auch in diesen Fällen der Aufgabenerfüllung den Leistungsauftrag sicherzustellen, indem Privaten etwa die Möglichkeit eingeräumt wird, im Rahmen von Kooperationsverhältnissen bei der Erbringung von Aufgaben im öffentlichen Interesse auch Instrumente des öffentlichen Rechts, zumindest aber des Verwaltungsprivatrechts zu nutzen, um öffentlich-rechtliche Bindungen zu übertragen. So könnten bei funktionalen Privatisierungen staatlicherseits auferlegte Anforderungen für die Bereitstellung öffentlicher Leistungen, z. B. für den allgemeinen Zugang zu den Leistungen oder für gemeinwohlverträgliche Entgelte sowie für besondere Betriebspflichten und Kontrollrechte, im Rahmen von koordinationsrechtlichen Verwaltungsverträgen unter Privaten an Dritte weitergegeben werden, um auf diese Weise auch in rein privaten Kooperationsverhältnissen den staatlich gewährleisteten Gemeinwohlauftrag mittelbar zu sichern. Eine auch rechtstheoretisch fundierte Rechtfertigung für diese bereichsspezifischen Möglichkeiten von öffentlich-rechtlichen Handlungsformen unter Privaten könnte die Sachwaltertheorie bieten, die nicht auf den Aspekt hoheitlicher Gewalt abstellt, sondern auf solche Rechtsverhältnisse, die eine Sachwalterschaft für das Gemeinwohl legitimieren. Demnach muß nicht mehr zwingend von der Übertragung hoheitlicher Gewalt auf Privatrechtsubjekte ausgegangen werden, um den Geltungsbereich öffentlich-rechtlicher Handlungsformen ausdehnen zu können; vielmehr ist ein gestuftes Verfahren denkbar, das je nach der zu übertragenden Aufgabe sowie in Abhängigkeit des jeweils erforderlichen Legitimationsniveaus öffentliches Recht als Handlungsform in einem noch zu definierenden Rahmen auch unter Privaten zulassen kann. Nach Maßgabe der Sachwaltertheorie wäre bei einer Übertragung von Aufgaben oder einer Vergabe von Aufträgen an Privatrechtssubjekte demnach zu prüfen, ob eine Sachwalterschaft für das Gemeinwohl vorliegt, die eine Weitergabe etwa öffentlich-rechtlicher Pflichten an Dritte ermöglicht.

4. Teil

Versuch einer Aufgabenabgrenzung A. Einführung Angesichts des engen Zusammenhangs von (Verwaltungs-)Organisation und Aufgabe,1 bei dem die Organisation die von der öffentlichen Aufgabe abhängige Variable verkörpert2 oder verkörpern soll, erscheint eine Definition des Begriffs der öffentlichen und der staatlichen Aufgaben und eine Beschreibung ihrer unterschiedlichen inhaltlichen Dimensionen angezeigt. Obwohl die herrschende Meinung davon ausgeht, daß zum einen die Begriffsbestimmung selbst, zum anderen eine möglichst eingängige Abgrenzung von öffentlichen oder staatlichen Aufgaben bzw. von Kernaufgaben des Staates gegenüber rein privaten Angelegenheiten unverzichtbare Voraussetzung für die Wahl der Organisationsform der Verwaltung ist, wirft die Beantwortung eben dieser Fragen ein bis heute nicht gelöstes Problem auf.3 Die Spannbreite reicht von einer detaillierten Beschreibung des gesamten Aufgabenspektrums4 über eine Gegenüberstellung lediglich staatlicher und öffentlicher Aufgaben,5 die in der Regel unter Ausschluß der problematischen, aber hochinteressanten und immer stärker in den Vordergrund rückenden Grauzonen sowie der privaten Angelegenheiten erfolgt, bis hin zu der Auffassung, „öffentliche Aufgaben stellen den Oberbegriff dar; staatliche sind eine der vorkommenden Unterarten derselben“.6 Obwohl spezifische Definitionsversuche angesichts des steten Wandels staatlicher und öffentlicher Aufgaben als aussichtslos gelten, werden zumindest die Hauptmerkmale staatlicher und öffentlicher Aufgaben bzw. ihre Systematisierung regelmäßig einer näheren Betrachtung unterzogen.7 Vgl. hierzu die Hinweise im 2. Teil, Kap. A, Fn. 31. Schuppert, VerwArch 1980, S. 341 f.; zur notwendigen „Anpassung der staatlichen Institutionen an besondere Bedingungen von Aufgaben- und Politikfeldern“ auch Czybulka, in: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Verwaltungsreform in MecklenburgVorpommern, S. 58. 3 Hierzu u. a. Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 132; Müller, Rechtsformenwahl, S. 5 mit Fn. 1; Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 11; Püttner, Verwaltungslehre, S. 34 ff.; auch Grunow, in: Klimecki / Müller (Hrsg.), Verwaltung im Aufbruch, S. 66 mit Fn. 11. Zur inhaltlichen und ethymologischen Begriffsbestimmung v. Hagemeister, Privatisierung, S. 6 ff. Vgl. auch Ellwein / Hesse, Staat, S. 22 ff. 4 Vgl. etwa Hausner, Mitwirkung, S. 24 ff. 5 So etwa Müller, Rechtsformenwahl, S. 6 ff. 6 Peters, FS Nipperdey, S. 879. 1 2

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

Die Schwierigkeit einer Abgrenzung resultiert zum einen daraus, daß in Abhängigkeit von der jeweiligen Interessenlage die Funktion öffentlicher bzw. staatlicher Aufgaben in der „Forderung an das politische System zur Lösung bestimmter Probleme“, in der Sicht als „Steuerung der gesellschaftlichen Entwicklung und Auftrag an die vollziehende Instanz“, als „pflichtgebundenes Handeln gegenüber dem Bürger“ oder als „Dienstleistung und Erfüllung von Ansprüchen und Erwartungen“ gesehen wird.8 Des weiteren werden als staatliche oder öffentliche Angelegenheiten zu charakterisierende Aufgaben aus den auf verfassungsrechtlichen Vorgaben – insbesondere den Staatszielen9 oder Grundrechten10 – beruhenden und im Zeitablauf unterschiedlich gewichteten politischen Zielen abgeleitet. 11 Solange aber der Umfang staatlicher Aufgaben durch Priorisierung und Aushandlung letztlich Gegenstand und Ergebnis politischer Willensbildung ist und im Rahmen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens als „Ausdruck relativer, prozeduraler Gerechtigkeit“12 festgelegt wird,13 ist ein beständiger Wandel in der Zuordnung der Aufgaben zum staatlichen, öffentlichen oder privaten Bereich vorprogrammiert,14 der eine eindeutige Definition oder auch nur eine klare inhaltliche So R. Becker, Erfüllung, S. 17, im Anschluß an Müller, Rechtsformenwahl, S. 6. Gaentzsch, Aufgaben, S. 37 ff. (38), zeichnet mit dieser Differenzierung mögliche Motive für die Entstehung neuer Aufgaben illustrativ nach. 9 Hierzu v. Hagemeister, Privatisierung, S. 13 ff. 10 Zur ambivalenten Funktion der Grundrechte, die zwar Staatsaufgaben begründen, als Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips aber auch staatliche Tätigkeit zugunsten privater Entfaltung beschränken, Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 148, 170 ff.; Czybulka, Legitimation, S. 45 f.; Weiß, Privatisierung, S. 312, sowie Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 299 f., mit Blick auf Selbstregulierungsprozesse. Zum „pflichtgemäßen Ermessen der öffentlichen Aufgabenträger“ bezüglich Privatisierung bzw. Public-Private Partnership bei entsprechenden Optionen Tettinger, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 139 ff. Ein Interessenbekundungsverfahren zur Auslotung des „Marktes“ bei möglicher Privatisierung sieht § 7 Abs. 2 S. 2 BHO vor, hierzu u. a. Bauer, VVDStRL 54, S. 258; ähnlich auch § 43 Abs. 1 Nr. 3 GGO Bund, vgl. 2. Teil, Kap. A, Fn. 386. 11 Nach Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 13 ff., 27 ff., sind Staatsaufgaben als „Stufen der Konkretisierung von konstitutionalisierten abstrakteren Verfassungszielen . . . stets auf letzte Grundsatzaussagen der Verfassung zurückführbar“. Allerdings ist diese Konkretisierung nicht einfach umzusetzen und hängt u. a. von politischen Vorstellungen ab. So wird der Privatisierungsvorgang auch weiterhin „mangels eines verfassungsrechtlich festgelegten Kanons von Staatsaufgaben kaum auf Grenzen (stoßen)“ (R. Schmidt, Verwaltung 1995, S. 283). 12 So Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 39 f. 13 Hierzu Osterloh, VVDStRL 54, S. 208; als „politischer Optimierungsprozeß“ ähnlich Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 29, sowie Czybulka, Legitimation, S. 43 (organisierte Volkssouveränität). Vgl. auch Naschold, Modernisierung, in: ders. / Bogumil, Modernisierung, S. 69; Wohlfahrt / Zühlke, Von der Gemeinde zum Konzern Stadt, S. 37. Nach Kraus, Privatisierung, S. 36 ff., werden ökonomisch und verwaltungswissenschaftlich legitimierte Aufgaben durch politische Willensbildung erst als öffentliche Aufgaben definiert. 7 8

B. Staatliche Kernaufgaben als ausschließliche Staatsaufgaben

145

Umschreibung letztlich verhindert. Dies manifestiert sich zum einen in der quantitativen Veränderung staatlicher Aufgaben, die sich zunächst auf den Bereich der Ordnungsverwaltung und des Fürsorgewesens beschränkte, im Anschluß aber Versorgungs- und Dienstleistungsaufgaben einschloß.15 Zum anderen ist aber auch ein qualitativer Wechsel zu verzeichnen, der insbesondere in den letzten Jahren in dem Versuch mündete, die vom Staat wahrgenommenen Aufgaben durch Verlagerung auf intermediäre Einrichtungen oder durch Privatisierung zu reduzieren.16 Auch wenn eine vollständige Differenzierung öffentlicher und staatlicher Aufgaben einerseits und rein privater Angelegenheiten andererseits tatsächlich nicht zu erreichen ist, müssen dennoch Kriterien für eine Unterscheidung und Begrenzung des staatlichen, des öffentlichen und des privaten Bereichs gefunden werden, um eine beliebige Aufgabenzuordnung auf öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisationseinheiten oder eine willkürliche Verantwortungsteilung für die Aufgabenwahrnehmung durch unterschiedliche Akteure zu verhindern. Insoweit ist auch nachvollziehbar, warum die Diskussion um öffentliche Aufgaben insbesondere im Rahmen der Privatisierungsbemühungen ihren Ausgang nahm.17 Statt einer letztlich vergeblichen Suche nach eindeutigen Definitionen erscheint eine beschreibend-schematische Aufgaben-Typologisierung realistischer, die anhand der Intensität staatlichen Engagements gestufte Aufgabenbereiche gegeneinander abgrenzt.

B. Staatliche Kernaufgaben als ausschließliche Staatsaufgaben Aus dem breiten Kanon der Aufgaben, die staatlicherseits wahrgenommen werden, stellen allein die an dieser Stelle als ,Kernaufgaben des Staates‘ bezeichneten Agenden eine relativ eindeutig abgrenzbare Kategorie dar; über ihren zwingend staatlichen Charakter besteht im allgemeinen Einvernehmen.18 Dieses ausschließ14 Mit Blick auf die Postreform etwa Angelika Benz, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 150. Vielschichtige Gründe für den „Wandel von öffentlichen Aufgaben“ bei Müller, Rechtsformenwahl, S. 12 ff. Vgl. auch 2. Teil, Kap. A, Fn. 32. 15 Zur Entwicklung der Staatsaufgaben vgl. Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 18 ff.; Lecheler, Verwaltungslehre, S. 51 ff.; v. Hagemeister, Privatisierung, S. 9 ff.; auch Müller, Rechtsformenwahl, S. 9 f. Politikfeldbezogene Beispiele für „grundlegende Veränderungen der Aufgabenstruktur“ seit dem Ersten Weltkrieg bei Gaentzsch, Aufgaben, S. 222 ff. 16 Müller, Rechtsformenwahl, S. 10, sowie Gramm, Privatisierung, S. 84. Zu Veränderungen im Aufgabenbestand auch Eichhorn, in: Öffentliche Unternehmen, S. 12. 17 So Di Fabio, JZ 1999, S. 586. 18 Nur vereinzelt wird die „Existenz von genuinen Staatsaufgaben“ bezweifelt, vgl. die Hinweise bei Kirmer, Begriff, S. 81 mit Fn. 134; siehe v. Arnim, Rechtsfragen, S. 8. Obwohl Ellwein / Hesse, Staat, S. 23, keinen zwingenden Staatsaufgabenkatalog sehen, nennen sie

10 John-Koch

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

liche ,staatliche Monopol‘19 in der Wahrnehmung bestimmter Verpflichtungen, die unter den Begriff der ausschließlichen Staatsaufgaben20 subsumiert werden und den „unverzichtbare(n) Staat“21 repräsentieren, beruht darauf, daß nur der Staat aufgrund seines ihm vorbehaltenen und für diese Aufgaben konstitutiven Mittels des physischen Zwangs diese Agenden auch tatsächlich erfüllen bzw. ihre Erfüllung durchsetzen kann.22 Somit wird ein für alle Staaten unabhängig von der jeweiligen Staatsform und den Verfassungsbestimmungen tendenziell konvergenter Bestand an Aufgaben begründet, dessen Wahrnehmung „ungeteilt und unteilbar beim Staat selbst (liegt)“.23 Der mit diesen Kernaufgaben verbundene essentielle Auftrag liegt in „Erhalt, Gewährleistung bzw. Funktionssicherung des Staates als Organisation“, so daß eine Vergesellschaftung dieser Agenden unter Verzicht auf jeglichen staatlichen Einfluß zwangsläufig zur Aufhebung des Staates als Institution führen würde.24 Zum Minimalbestand staatlicher Kernaufgaben werden – neben politischen Leitungsaufgaben25 – zunächst alle „das Monopol unwiderstehlicher Gewalt“ begründenden Aufgaben gerechnet, wie etwa innere Sicherheit,26 Ausübung der Gerichtsbarkeit,27 Zwangsvollstreckung sowie Anordnung und Vollstreckung von Zwangs-, doch „Kernbereiche des staatlichen Handelns“ (S. 167 ff.), die sich mit Kernaufgaben weitgehend decken. 19 Grundsätzlich ablehnend gegenüber einem staatlichen „Monopol auf die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben“ Ossenkamp, ZG 1996, S. 162, wobei er jedoch durchaus auf Privatisierungshindernisse hinweist, die bis zu Verboten reichen. 20 So Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 150. 21 Ellwein / Hesse, Staat, S. 167; im Anschluß Bußjäger, Organisationshoheit, S. 227 ff. (229); im Ergebnis auch Krautzberger, Erfüllung, S. 49 f. 22 Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 150. Nach Augustin, in: Callies / Mahlmann (Hrsg.), Staat der Zukunft, S. 117, impliziert das staatliche Gewaltmonopol nicht auch staatlichen Vollzug, sondern lediglich „die Verpflichtung zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Durchsetzung des Rechts“ – der Staat muß somit nur „den Vollzug der angedrohten und im einzelnen angeordneten Strafen sicherstellen“; demgegenüber Winkler, NWVBl. 2000, S. 289. 23 Hausner, Mitwirkung, S. 31; vgl. auch Helm, Rechtspflicht, S. 53. Insoweit ist die von Kämmerer, JZ 1996, S. 1046, aufgeworfene Frage, ob Landesverteidigung oder Gefahrenabwehr als Staatsaufgaben in der Verfassung verankert sind, irrelevant. 24 So Krautzberger, Erfüllung, S. 54; vgl. auch Scholz, FS Friauf, S. 444 mit Fn. 17. Aufgrund der substantiellen Bedeutung dieser Aufgaben für die Existenz des Staates kann von einem universellen „Kreis an elementaren Staatsaufgaben . . . weitgehend unabhängig von der Staatsform und der konkreten Verfassungslage“ ausgegangen werden, so Gramm, Privatisierung, S. 41. 25 Hierzu zählen nach Scholz, FS Brohm, S. 745, u. a. politische Planung, Grundsatzfragen und Aufsicht. 26 Zum Meinungsstand der Herleitung staatlicher Sicherheitsverantwortung aus dem Gewaltmonopol, aus Art. 33 Abs. 4 GG bzw. aus den Schutzaufträgen der Grundrechte und Einrichtungsgarantien Winkler, NWVBl. 2000, S. 288 f. 27 Eine Ausnahme ist neben der Mediation das Schiedsverfahren nach §§ 1025 ff. ZPO. Welchen Stellenwert die Schiedsgerichtsbarkeit hat, zeigt sich auch an der Gründung der

B. Staatliche Kernaufgaben als ausschließliche Staatsaufgaben

147

Untersuchungs- und Strafhaft.28 Des weiteren gehören die auswärtigen Angelegenheiten, Maßnahmen im Rahmen der äußeren Sicherheit und die Landesverteidigung als Ausdruck der drei staatsbildenden Elemente – Wahrnehmung auswärtiger Angelegenheiten29 und Gewährleistung äußerer und innerer Sicherheit als Zeichen staatlicher Souveränität,30 Landesverteidigung als Schutz des Staatsgebiets,31 normative Regelung der (Grund-)Rechte des Staatsvolkes im Rahmen der Gesetz- und Verordnungsgebung als Grundlagen der „Rechtsordnung des Gemeinwesens“,32 Schutz dieser Rechte durch eine unabhängige Gerichtsbarkeit33 – ebenfalls zum Kern staatlicher Aufgabenwahrnehmung.34 Zu den unverzichtbaren, originären Aufgaben des Staates zählt jedoch auch die Sicherung insbesondere der finanziellen Ressourcen:35 Das Einnahme- und Ausgabenrecht des Staates ist „Bedingung und notwendige Folge seiner Existenz und damit ein Urbestandteil jeder Staatshoheit“.36 Allerdings dient die Ressourcenbe„Tenos Private Zivilgericht AG“ (www.tenos.de), hierzu Marcus Rohwetter, Richter im Verborgenen, DIE ZEIT v. 17. 1. 2002, S. 23. 28 Vgl. Scholz, FS Friauf, S. 443 ff.; auch Hausner, Mitwirkung, S. 31; Bauer, VVDStRL 54, S. 255; Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 39 f.; Schoch, DVBl. 1994, S. 969; bezüglich der Privatisierung im Strafvollzug Kruis, ZRP 2000, S. 3; demgegenüber Augustin, in: Callies / Mahlmann (Hrsg.), Staat der Zukunft, S. 109 ff., 115 ff. Zur „kommerziell und kriminell vermittelten Selbsthilfe“ in der Zwangsvollstreckung als „Privatisierung der Rechtsdurchsetzung“ Paulus, ZRP 2000, S. 296 f. 29 Zu „Kernaufgaben im internationalen Bereich“, die „insofern Priorität vor anderen Politikbereichen (besitzen), als hier stärker als bei anderen Politiken Langfrist- und Strukturentscheidungen eine Rolle spielen“, Ellwein / Hesse, Staat, S. 167 f., 171. 30 Vgl. etwa Stern, Staatsrecht II, S. 20 ff.; zur Verteidigung als „staatliche Urfunktion“ ebd., S. 843 ff.; vgl. auch Ellwein / Hesse, Staat, S. 173 f. 31 Innere und äußere Sicherheit ist nach Fleiner-Gerster, Staatslehre, § 35 Rn. 1 ff., „eine der unbestrittensten staatlichen Aufgaben“. Vgl. auch Lorse, RiA 2002, S. 17, 21. 32 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, § 9 Rn. 290; Stern, Staatsrecht II, S. 560 ff., insbesondere S. 562. 33 Fleiner-Gerster, Staatslehre, § 36 Rn. 21 f.; Stern, Staatsrecht I, S. 787 ff., 838 ff. 34 Vgl. Bull, Staatsaufgaben, S. 102; Peters, FS Nipperdey, S. 892; Krölls, GewArch 1995, S. 135, sowie Hardrath, SächsVBl. 2003, S. 56; mit „Garantie des sozialen Existenzminimums“ zu weit Czybulka, in: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Verwaltungsreform in Mecklenburg-Vorpommern, S. 54; ähnlich Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht, Bd. 1, S. 50, 114 f. Die Währungshoheit (vgl. Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 40; Kirmer, Begriff, S. 82; Peine, DÖV 1997, S. 355) wurde mit Einführung der einheitlichen europäischen Währung aus dem nationalen Kontext auf Gemeinschaftsebene hochgezont, ohne aber den Charakter einer staatlichen Aufgabe zu verlieren. Dies vermindert im übrigen auch den Anteil der ausschließlich der privatisierten Bundesdruckerei (2. Teil, Kap. A, Fn. 110 ff.) vorbehaltenen hoheitlichen Aufgaben, die in diesem Bereich „mit anderen Unternehmen in Europa (wird) konkurrieren müssen“, so Jörg-Otto Spiller in der Bundestagsdebatte am 8. 6. 2000, BT-PlenProt.14 / 108, S. 10186 (B). 35 So u. a. Mayntz, Soziologie, S. 44; im Anschluß Müller, Rechtsformenwahl, S. 11. Fleiner-Gerster, Staatslehre, § 36 Rn. 32 ff., bezeichnet die Ressourcensicherung zwar als „wichtige(n) Bereich der staatlichen Tätigkeit“, nicht aber explizit als Kernaufgabe; ähnlich auch Stern, Staatsrecht II, S. 1049 ff. 10*

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

schaffung ebenso wie die Errichtung einer geeigneten Organisation oder die Bereitstellung von Personal lediglich als Mittel zur Wahrnehmung der eigentlichen staatlichen Aufgaben. Sie haben instrumentellen Charakter: Der „Staat (wird) sich selbst zur Staatsaufgabe“.37 Diese nur mittelbare Funktion ist jedoch kein Kriterium dafür, sie vollständig und von vornherein aus dem Kernbereich der Staatsaufgaben auszuschließen. Da die Staatskernfunktionen38 letztlich nur realisiert werden können, wenn der Staat über entsprechende Ressourcen disponieren kann und der Einsatz dieser Mittel „unentbehrlich und dadurch mittelbar aus dem Gemeinwohl legitimiert“39 ist, muß ein Mindestmaß an Verfügungsgewalt dem Staat selbst als Kernaufgabe vorbehalten bleiben.40 Organisatorisches Spiegelbild dieser ausschließlichen Staatsaufgaben sind letztlich die sogenannten „klassischen Ministerien“ in ihrem Aufgabenkernbestand der äußeren Sicherheit, inneren Ordnung und der Steuererhebung.41

C. (Obligatorische) Staatsaufgaben Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, daß der Umfang der sogenannten ,Kernaufgaben‘, auf die sich der Staat nach Ansicht vieler im Zuge der VerwalKoller, FS Eichenberger, S. 507. Zu instrumentalen und finalen Staatsaufgaben Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 154. Aufgrund dieser Differenzierung befaßt sich Bull, Staatsaufgaben, S. 250, nicht mit der Steuererhebung als Staatsaufgabe. 38 Püttner, Verwaltungslehre, S. 37; im Anschluß Kämmerer, JZ 1996, S. 1046. 39 Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 154. Abzuwarten bleibt z. B. die Entwicklung im Bereich der Bundeswehr, die eine Vielzahl von Aufgaben im Rahmen der „Strategischen Partnerschaft mit der Wirtschaft“ von Privaten erfüllen lassen will (Bundesministerium des Innern [Hrsg.], Bilanz 2002, S. 45; Füchtner, Modernisierung, S. 369). Ob es sich auch im Einsatz z. B. bei der Bekleidung noch um Serviceaufgaben handelt, die ohne weiteres durch Private erfüllt werden können (zum Bekleidungsmanagement durch die bundeswehreigene Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb [g.e.b.b.] vgl. www.gebb-mbh.de, sowie Lorse, RiA 2002, S. 19, 26 ff.), ist fraglich. Die Gefahr einer Aushöhlung von Kernaufgaben durch Auslagerung von (scheinbaren) „Servicebereichen“ ist zumindest zu prüfen. Mit Blick auf mögliche Streiks bei der privatisierten Flugsicherung ähnlich auch Bull, FS Maurer, S. 558; Weiner, Privatisierung, S. 202 mit Fn. 699; zu ähnlichen Entwicklungen in der Schweiz Bürgi, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 234 ff. Zu der nach verschiedenen Schadensereignissen aufkommenden Kritik an Privatisierungen im Rahmen der Luftfahrtverwaltung Baumann, DÖV 2003, S. 790 f. Aus einer prozeßgeleiteten Perspektive entwickelt jedoch Proeller, Auslagerung, S. 49 ff., ein Entscheidungsmodell für Möglichkeiten einer Auslagerung von Aufgaben auch innerhalb der hoheitlichen Verwaltung, untergliedert nach unkritischen, kritischen und hoheitlichen Prozessen. 40 Vgl. Koller, FS Eichenberger, S. 516 f. Darüber hinaus bedarf der Staat auch „eines Grundbestandes an Verwaltungsorganisation“, so Kämmerer, JZ 1996, S. 1046. 41 Vgl. Mayntz, Soziologie, S. 45; auch Ellwein / Hesse, Staat, S. 167, setzen für die Eingrenzung der Staatsaufgaben „der Einfachheit halber bei den Aufgabenbereichen der fünf klassischen Ministerien an“. 36 37

C. (Obligatorische) Staatsaufgaben

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tungsmodernisierung und der Diskussion um den „Schlanken Staat“ zu beschränken habe,42 nicht mit dem Bereich der oben dargestellten staatlichen Kernaufgaben bzw. ausschließlichen Staatsaufgaben identisch ist, die aufgrund ihrer fundamentalen, das Staatswesen begründenden Bedeutung auch als originäre Staatsaufgaben43 bezeichnet werden. Vielmehr sind in die Diskussion um eine Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben in erheblichem Maße auch Staatsaufgaben im weiteren Sinn einbezogen.44 Deutlich wird dies im Befund des Sachverständigenrates „Schlanker Staat“, wonach man „im System des modernen liberalen und sozialen Rechtsstaates . . . die Staatsaufgaben nicht mehr auf den Grundkanon eines bestimmten Kernbereiches staatlicher Verantwortlichkeiten“ konzentrieren und „ ,staatliche‘ und ,gesellschaftliche‘ Agenden . . . nicht mehr vorab voneinander trennen oder unterscheiden“ könne. Von daher müsse die Forderung nach einer Begrenzung auf staatliche Kernaufgaben „von vornherein und weitgehend ins Leere (laufen)“.45 Anknüpfend an die Systematisierung des Sachverständigenrates läßt sich demnach festhalten, daß in der gegenwärtigen Diskussion um eine Rückführung des Staates auf seine Kernaufgaben nicht nur die ausschließlichen – klassischen – Staatsaufgaben Verteidigung, öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die Steuerverwaltung von einer Verlagerung auf nicht-staatliche Akteure ausgeschlossen sind; darüber hinaus muß auch ein Grundbestand von Aufgaben aus den Politikfeldern Arbeit und Soziales sowie „sonstige gemeinwohl-relevante Verwaltungsaufgaben“ in staatlicher Erfüllungsverantwortung verbleiben.46 Mit dieser Erweiterung wird aber der eigentliche Bereich staatlicher Kernaufgaben verlassen und das Feld der Staatsaufgaben betreten. Zu einem ähnlichen Ergebnis wie diese politikfeldbezogene Systematisierung gelangt man mit einer deutlicher verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch 42 Für viele Berger, in: Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht Bd. 2, S. 25; ähnlich Bohl, in: Miller Freeman / Blenheim Mauritius GmbH (Hrsg.), Wege in die zukunftsorientierte Verwaltung, S. 23 f. Vgl. auch Angelika Benz, Verwaltung 1995, S. 341, mit Bezug auf die Regierungserklärung v. 4. 5. 1983, BT-Plen.Prot. 10 / 4, S. 56 f.; mit Einschränkungen hingegen Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 41 f. Zur Notwendigkeit, „das Aufgabenpaket der öffentlichen Hand (aufzuschnüren) und auf Ballast (zu untersuchen)“ auch Reinermann, Krise als Chance, S. 22 ff. 43 Vgl. hierzu Bull, Staatsaufgaben, S. 99 ff. m. w. N. 44 Vgl. u. a. Heyer, Zentrale Aspekte der Verwaltungsreformdiskussion, S. 5. 45 Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht Bd. 1, S. 44; Czybulka, in: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Verwaltungsreform in Mecklenburg-Vorpommern, S. 54. 46 Vgl. Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht, Bd. 1, S. 50. Nach dem Bericht der Bundesregierung zur Zukunftssicherung des Standortes Deutschland v. 2. 9. 1993, BT-Drs. 12 / 5620, S. 41 f., solle die Staatstätigkeit insbesondere durch Privatisierung von Dienstleistungen und Verkauf staatlicher Unternehmen auf staatliche Kernaufgaben konzentriert, an der „Schutz- und Ausgleichsfunktion“ der sozialen Sicherung beispielsweise jedoch weiter festgehalten werden.

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

angelegten Unterscheidung von Kernaufgaben und Staatsaufgaben. So verliert der ursprünglich eng reglementierte Bestand staatlicher Kernaufgaben bzw. ausschließlicher Staatsaufgaben merklich an Schärfe, sobald der Umfang staatlicher Aufgaben sich an der „jeweils geltenden Verfassungsordnung“ oder dem „Wesen unserer Staatsidee“47 orientieren soll. Auch diese Synthese zwischen Staats- und Verfassungsordnung und Aufgabenkanon verläßt sehr schnell den Boden der ausschließlichen Staatsaufgaben. Schon die Ausrichtung der Staatsaufgaben an der jeweils geltenden Verfassungsordnung verdeutlicht, daß dieser Aufgabenbereich – im Unterschied zu den die Existenz des Staates konstituierenden Kernaufgaben48 – nicht statisch ist, sondern sich in dem Maße weiterentwickelt, in dem auch die Verfassungsordnung selbst einem allerdings durchaus längerfristigen Wandel unterliegt.49 Da sich ferner das Wesen des Staates auch in Staatszielen manifestiert, wird der Umfang dieser staatlichen Kernaufgaben bis zu einem gewissen Grad von den verfassungsrechtlich normierten Staatszielen bestimmt, aber auch von einfachgesetzlichen Regelungen, die diese abstrakt gehaltenen Rechtsgrundsätze konkretisieren.50 Deutlich wird dies bereits bei der o.a. Berücksichtigung sozialer und arbeitsmarktpolitischer Aufgaben,51 die zweifellos zu den Aufgaben des Staates zählen, aber über den Kernbereich der ausschließlichen Staatsaufgaben hinausgehen und von daher dem Bereich der Staatsaufgaben zuzuordnen sind. Zur Abgrenzung der Staatsaufgaben von staatlichen Kernaufgaben – und damit zur Klärung der inhaltlichen Reichweite eines Rückzug des Staates auf eben jene Kernaufgaben – bietet sich in Anlehnung an Isensee folgende Unterscheidung an: Die Kernaufgaben des Staates umfassen den Aufgabenbestand, den notwendigerweise „nur der Staat . . . erfüllen kann“.52 Einbezogen sind demnach ausschließlich staatliche Aufgaben, die dem Zugriff Privater aus dem Selbstverständnis des Staates heraus verschlossen bleiben müssen. Demgegenüber beziehen sich die Staatsaufgaben auf die Notwendigkeit einer staatlichen Wahrnehmung, d. h., es handelt sich in diesen Fällen um Aufgaben, die der Staat aufgrund bestehender rechtlicher Verpflichtungen erfüllen muß – obwohl 47 Peters, FS Nipperdey, S. 892; Ossenbühl, VVDStRL 29, S. 153. Ablehnend Bull, Staatsaufgaben, S. 369. 48 Vgl. Fn. 23. 49 „Staatsaufgaben sind in ihren konkreten Erscheinungsformen nie vollständig normiert“, da eine auf Dauer angelegte Verfassung „entwicklungsoffene Texte und Strukturen fordert“, so Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 15 f., 25 ff. (24); vgl. auch Böhret, in: ders., Funktionaler Staat, S. 28, sowie Achterberg, in: Krawietz / Topitsch / Koller (Hrsg.), Ideologiekritik, S. 138 f. 50 Vgl. auch v. Hagemeister, S. 13 ff., der jedoch öffentliche Aufgaben in Beziehung zu Staatszielen setzt. Allerdings lassen die im Grundgesetz verstreuten Staatsaufgaben „eine systematische Erschließung“ nicht zu, hierzu Gramm, Privatisierung, S. 41 ff. 51 Vgl. demgegenüber Czybulka (Fn. 34). 52 Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 152.

C. (Obligatorische) Staatsaufgaben

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sie in der Regel ein Privater grundsätzlich erfüllen könnte, ohne das Selbstverständnis des Staates in Frage zu stellen. Der staatliche Charakter dieser Aufgaben bestimmt sich aufgrund verfassungsrechtlicher bzw. einfachgesetzlicher Regelungen53 oder ergibt sich „aus dem herrschenden Staatsverständnis und aus den herrschenden sozialethischen Auffassungen“,54 ohne daß diese Aufgaben staatskonstituierend wären. Indem der Staat Kompetenz- und Organisationsnormen für eine staatliche Aufgabenerfüllung definieren kann, besitzt er innerhalb bestimmter Grenzen eine Kompetenz-Kompetenz.55 Voraussetzung staatlicher Aufgabenwahrnehmung ist zum einen ein herausragendes öffentliches Interesse, zum anderen die Notwendigkeit, bestimmten „Qualitäts-, Risiko-, Mißbrauchs-, Gleichbehandlungsaspekten“ genügen zu müssen.56 Es handelt sich bei diesem Bereich also um Aufgaben, die sich aufgrund einer nur temporären Verhandlungsunfähigkeit, nicht aber grundsätzlich einer Verlagerung auf andere Akteure verschließen.57 Der Umfang der Staatsaufgaben bemißt sich insoweit nach der Dauer des ,Marktversagens‘: Entfallen die für die Umwidmung öffentlicher Aufgaben als staatliche Agenden angenommenen Rechtfertigungsgründe,58 „ist um der grundrechtlichen Entfaltungschancen willen grundsätzlich die Privatisierung geboten“.59 Ausgehend von der These, daß sich die Staatsaufgaben an der jeweils geltenden Verfassungsordnung, die nicht von der Tagespolitik 53 Einzelne Beispiele dieser obligatorischen Staatsaufgaben v.a. für die Bundesebene bei Helm, Rechtspflicht, S. 54 ff. 54 Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 152. 55 Vgl. v. Arnim, Rechtsfragen, S. 10 mit Fn. 23; im Anschluß Kraus, Privatisierung, S. 38 f. Zu Kompetenz- und Organisationsvorschriften als Privatisierungsschranken Krölls, GewArch 1995, S. 136 ff. 56 Reichard, Umdenken im Rathaus, S. 40; ähnlich Krölls, GewArch 1995, S. 139, der die prinzipielle Wahlfreiheit durch den Vorbehalt „einer sachangemessenen Verwaltungsform“ begrenzt, der nach Lamping / Schridde / Plaß / Blanke, Der Aktivierende Staat, S. 30, den Bereich staatlicher Erfüllungsverantwortung markiert. Ausgehend von der Staatsaufgabendefinition nach Lecheler, Verwaltungslehre, S. 57, hat der Staat diese Aufgaben „nach freiem Entschluß und in rechtlich zulässiger Weise zur Erledigung an sich gezogen“. 57 Hierzu Böhret, in: ders., Funktionaler Staat, S. 25; vgl. auch Hardraht, SächsVBl. 2003, S. 56; nach Schily, Staatsmodernisierung, S. 2 f., müsse politisch entschieden werden, welche Aufgaben übertragen werden können. Gölz, Staat als Stifter, S. 237, hat dafür den Begriff der „Vergesellschaftungstheorie“ geprägt. Mit der Existenz von Wettbewerbsstrukturen und geringen Markteintrittsbarrieren als Zweckmäßigkeitskriterium für Privatisierung ähnlich Budäus, in: Öffentliche Unternehmen, S. 24; vgl. auch Obermann / Obermair / Weigel, JRP 2002, S. 167 ff. Zur Dynamik innerhalb der Staatsaufgaben Müller, Rechtsformenwahl, S. 5 f. 58 Nach Scholz, FS Brohm, S. 746, kann nur eine „Beweislastumkehr, die das Prinzip des staatlich-demokratischen Kompetenz-Kompetenzentscheids umkehrt“, eine dem Subsidiaritätsprinzip entsprechende Aufgabenteilung zwischen Staat und Gesellschaft durchsetzen. 59 Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 171; vgl. auch Czybulka (Fn. 10). Insoweit sind staatliche Aufgaben jene Aufgaben, „die der Staat (nur zeitweise, d. Verf.) mit einem Verwaltungsmonopol belegt hat“ (Hausner, Mitwirkung, S. 41); sie sind im Vergleich zu öffentlichen Aufgaben in Umfang und Inhalt eher einzugrenzen.

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

bestimmt wird, oder an dem gegenwärtigen Staatsverständnis orientieren,60 kann auch der Zeitraum, innerhalb dessen Staatsaufgaben „vergesellschaftet“ werden können, unterschiedlich lang sein. Zwar erscheint dieses Verständnis vom Begriff der Staatsaufgaben zunächst etwas unscharf und kann inhaltlich – im Gegensatz zu den letztlich doch eingrenzbaren Kernaufgaben – auch kaum mit konkreten Beispielen unterlegt werden.61 Auch enthält die Entscheidung, ob Aufgaben bereits als verhandelbar gelten können oder ob sie weiterhin staatlicherseits erfüllt werden sollen, durchaus einen politischen Bewertungsmaßstab; die daraus resultierende Unbestimmtheit läßt sich nicht leugnen.62 Dennoch können diese Bindung an die Rechtsquellen und die Orientierung an den „Zielen, die sich aus Verfassung und Gesetz ergeben“,63 an Gewicht gewinnen und eine gewisse Objektivierung in die Staatsaufgabendiskussion tragen.

D. Öffentliche Aufgaben Wenn sich Staatsaufgaben dadurch auszeichnen, daß sie aufgrund einer lediglich temporären Verhandlungsunfähigkeit ausschließlich durch staatliche oder dem Staat zuzurechnende Institutionen wahrgenommen werden, lassen sich auch Staatsaufgaben und öffentliche Aufgaben voneinander abheben und sinnvoll eingrenzen: Kennzeichen öffentlicher Aufgaben ist ein ausgeprägter gemeinwohlorientierter Bezug, der sie zum einen von dem herausragenden öffentlichen Interesse der Staatsaufgaben, zum anderen von den individuellen oder ökonomisch ausgerichteten Interessen Privater unterscheidet.64 Danach gehören zu den öffentlichen Aufgaben die für das Gemeinwohl relevanten Angelegenheiten, „deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, ohne daß sie zwangsläufig der Staat wahrnehmen müßte“.65 Für die Erbringung öffentlicher Aufgaben stehen somit – im Unterschied zur Wahrnehmung von Staatsaufgaben auch faktisch – neben staatlichen und dem Staat zuzurechnenden Organisationen auch staatsdistanzierte Institutionen bis hin zu priVgl. Fn. 49. Beispielsweise wurde mit der Aufhebung des öffentlich-rechtlichen Monopols im Abfallrecht (hierzu 2. Teil, Kap. A, Fn. 229) eine temporäre Verhandlungsunfähigkeit der Abfallbeseitigung relativiert. 62 Zum Politischen in der Staatsaufgabendiskussion Fn. 13 und Gaentzsch (Fn. 8). 63 Art. 5 RVOG: „Der Bundesrat überprüft die Aufgaben des Bundes und ihre Erfüllung . . . regelmässig auf ihre Notwendigkeit und ihre Übereinstimmung mit den Zielen, die sich aus Verfassung und Gesetz ergeben“. 64 Vgl. Kirmer, Begriff, S. 55 f. Peters, FS Nipperdey, S. 878, spricht von einem maßgeblichen Interesse der Öffentlichkeit an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. 65 Lecheler, Verwaltungslehre, S. 56 (Hervorhebung L.). 60 61

D. Öffentliche Aufgaben

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vatrechtlich organisierten Einheiten zur Verfügung; eine ausschließlich staatliche Aufgabenwahrnehmung wäre hier nicht begründbar.66 Vielmehr bildet die Gewährleistung der Aufgabenerfüllung den Schwerpunkt staatlicher Verantwortung für den Bereich der öffentlichen Aufgaben.67 Beispielhaft kann etwa das Rettungswesen herangezogen werden, das als öffentliche Aufgabe konstituiert68 sich hinsichtlich der Leistungserbringung einer Übertragung auf Hilfsorganisationen und juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie auf die „natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts, die ihre Leistungsfähigkeit nachgewiesen haben“,69 nicht verschließt, diese sogar ausdrücklich fördert. Eine klare Trennung, wie sie zwischen zeitlich begrenzten staatlichen Aufgaben und rein privaten Angelegenheiten möglich ist, läßt sich innerhalb der öffentlichen Aufgaben nicht durchhalten. In diesem Zusammenhang geht es nicht mehr um die „Grenzziehung zwischen dem staatlichen und dem nichtstaatlichen Bereich“;70 Staat und Gesellschaft treffen vielmehr in der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben aufeinander.71 Da mit der Zuordnung einer Aufgabe zu dem Bereich des Öffentlichen – sei es durch ,Herabzonung‘ aus dem Katalog der Staatsaufgaben, sei es durch ,Erhebung‘ aus dem privaten in den öffentlichen Bereich72 – keine zwingenden Kompetenzen hinsichtlich der Aufgabenerfüllung festgelegt werden, kann sich vor allem im Bereich der öffentlichen Aufgaben die „Trägerschaftsdebatte“73 überhaupt stellen; die Diskussion um Privatisierung und die Frage nach den Rechts- und Handlungsformen öffentlicher Aufgabenerfüllung wird erst hier besonders deutlich. Bereits vor fast 40 Jahren hat Peters74 eine Abstufung des staatlichen Einflusses auf öffentliche Aufgaben entwickelt, wobei unter öffentlichen Aufgaben im Sinne von Peters die Gesamtheit der in einem Staat zu erfüllenden Aufgaben mit einem Gemeinwohlbezug zu verstehen ist, also neben Kern- und Staatsaufgaben auch 66 So Isensee, HbStR III, § 57 Rn. 135 f.; vgl. auch Osterloh, VVDStRL 54, S. 224; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 14; sowie Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 13. Von daher ist die Eingrenzung von Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 17, daß öffentliche Aufgaben nicht vom Staat selbst erfüllt werden, für diese Definition zu eng. 67 Reichard / Schuppan, in: Mezger / West (Hrsg.), Aktivierender Sozialstaat, S. 85. 68 Explizit etwa in § 6 Abs. 1 RDG M-V. 69 § 6 Abs. 4 RDG M-V. 70 Schuppert, VerwArch 1980, S. 333. 71 Zustimmend zum „Nebeneinander von privater und öffentlicher Betätigung“ für den Bereich des Rettungswesens Meinhardt, LKV 1999, S. 255 ff., insbesondere S. 258; allgemein zu „Konkurrenzangelegenheiten“ auch Scholz, FS Brohm, S. 746. 72 Zu „gemeinwohlbezogenen Privataufgaben“ vgl. weiter unten, Fn. 83. 73 Schuppert, VerwArch 1980, S. 333. Ähnlich v. Hagemeister, Privatisierung, S. 5, mit der ordnungspolitischen Zuordnung einer Trägerschaft bei der Aufgabenerfüllung. Allgemein Lecheler, FS Maurer, S. 667. 74 FS Nipperdey, S. 878 ff. Tettinger, NWVBl. 2000, S. 282, bezeichnet die Analyse von Peters als die „lichtvollsten Ausführungen“ zu diesen Thema.

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

Aufgaben im öffentlichen Interesse. Anhand dieser Abstufung können zum einen die Verzahnungen von staatlicher und privater Sphäre verdeutlicht und zum anderen die vielfältigen Formen des Zusammenwirkens illustriert werden. Obwohl die Auseinandersetzung um den Bestand öffentlicher Aufgaben weit fortgeschritten ist und insbesondere im Zuge der Diskussion um die unterschiedlichen Formen der Privatisierung erneut aufgenommen wurde, kann dieser Ansatz für die Diskussion um die Trägerschaft öffentlicher Aufgaben einen substantiellen Beitrag liefern.75 Denn er korrespondiert im wesentlichen mit der Annahme, daß gemeinwohlrelevante öffentliche Aufgaben lediglich durch den Staat erfüllt werden können, nicht aber müssen76 und sich von daher Staat und Private – als Sachwalter für das Gemeinwohl77 – die Verantwortung für öffentliche Aufgaben grundsätzlich teilen. Peters unterscheidet fünf Stadien öffentlicher Aufgabenerfüllung, die von einer Wahrnehmung durch Private unter Verzicht auf eine staatliche Regulierungs- oder Auffangverantwortung über eine grundsätzlich durch staatliche Ingerenzrechte ergänzte private Aufgabendurchführung bis hin zur Erfüllung durch Behörden der unmittelbaren oder mittelbaren Staatsverwaltung reichen. Neben einer sehr differenzierten Vorstellung von der Breite öffentlicher Aufgaben fällt die in ihrer Eindeutigkeit bemerkenswerte Zuordnung auch privater und ,halbstaatlicher‘ Akteure in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf. Das „Öffentliche“ oder die öffentlichen Aufgaben in diesem Sinne bilden somit neben der staatlichen und der privaten Sphäre eine dritte Dimension, innerhalb derer öffentliches (im Sinne von staatlichem) und privates Interesse korrelieren. Das Verhältnis dieser Akteure zum Staat bzw. zu staatlichen Ingerenzrechten folgt einem abgestuften Verfahren,78 dessen Grundlinien für die folgende Darstellung leitend sein sollen. Diejenigen Institutionen von privater Seite, die ausschließlich private Aufgaben ohne zwingenden Gemeinwohlbezug durchführen, sind nicht dem Bereich des Öffentlichen zuzuordnen, da sich öffentliche Aufgaben durch ihren ausgeprägten Gemeinwohlbezug auszeichnen.79 Aber auch die Aufgaben, die „nach privatem Recht (erfüllt werden) . . . ohne jegliche staatliche Einwirkung frei durch die Interessenten, deren Belang mit dem Gemeinwohl parallel laufen und deshalb keiner Normierung oder Beaufsichtigung bedürfen“,80 sollen nicht in dem hier gewählten Sinn als öffentliche Aufgaben bezeichnet werden. Aufgrund ihres privaten Charak-

75 Allerdings wird nachfolgend von dieser Abstufung – nicht aber von dem Grundgedanken Peters’ – in Ansätzen abgewichen. 76 Vgl. Fn. 65. 77 Vgl. 3. Teil, Kap. B, Fn. 74 f. 78 Es ergeben sich allerdings Veränderungen insoweit, als Peters (Fn. 6) zu den öffentlichen Aufgaben auch Aufgaben zählt, die in der o.a. Systematik einer anderen Kategorie angehören. 79 Vgl. Fn. 64. 80 Peters, FS Nipperdey, S. 879.

D. Öffentliche Aufgaben

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ters, der sich mit Gemeinwohlinteressen mehr oder weniger zufällig decken kann, handelt es sich letztlich doch um private Angelegenheiten. Um die von Peters charakterisierten Stadien der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im oben beschriebenen Sinn genauer zu klassifizieren, hat sich ein Rückgriff auf die Organisationsform bzw. auf die Ergebnisse der Trägerschaftsdebatte als zweckmäßig erwiesen.81 Mit der Wahl eines für die Durchführung öffentlicher Aufgaben geeigneten institutionell-organisatorischen Rahmens ist eine Differenzierung nach der jeweiligen „Staatsferne“ der Organisation oder nach dem Grad der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft möglich. Obwohl innerhalb dieser Systematisierung oftmals nur graduelle Abweichungen sichtbar werden, können dennoch unterschiedliche Intentionen der Aufgabenzuordnung auf einen bestimmten Trägertypus festgestellt werden. a) Innerhalb des breiten Spektrums öffentlicher Aufgaben treten diejenigen privaten Aufgaben hervor, die durch ein intensives öffentliches Interesse gekennzeichnet sind, so daß eine rein private Durchführung ohne jegliche Form einer staatlichen Steuerung bzw. einer Regulierung oder Normung der Verwirklichung des Gemeinwohls entgegenstehen würde. Es handelt sich bei diesem Aufgabenkanon demnach grundsätzlich um Privataufgaben, weshalb die Verantwortung für die Durchführung dieser Aufgaben somit vorrangig im Bereich der Privatrechtssubjekte liegt, zu denen Privatpersonen und Organisationen des Privatrechts ebenso zählen wie sonstige gesellschaftliche Gruppen und Institutionen des sogenannten „Dritten Sektors“,82 nicht aber mittelbare oder unmittelbare staatliche Stellen. Im Rahmen der Abstufung öffentlicher Aufgaben bildet diese Kategorie den facettenreichen Übergang von reinen Privatangelegenheiten zu öffentlichen Aufgaben; die „Erhebung“ auf die Stufe der öffentlichen Aufgaben resultiert aus einem vormals lediglich latent vorhandenen, sich im Zuge der Entwicklung eines Aufgabenzusammenhangs stärker formierenden Gemeinwohlbezug. Die Einflußnahme des Staates auf die Erfüllung dieser gemeinwohlbezogenen Privataufgaben83 beschränkt sich somit auf eine fördernde, regulierende und steuernde Funktion, gegebenenfalls verbunden mit beaufsichtigenden Maßnahmen, die in ihrer Intensität jedoch weit unter den Instrumenten der klassischen Aufsicht liegen. Bullinger84 differenziert im Verhältnis von Staat und Wirtschaft zwischen einer Staatsaufsicht in der Wirtschaft und einer (staatlichen) Wirtschaftslenkung – eine UnterscheiVgl. Fn. 73. Hierzu Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 354 ff., insbesondere S. 358 ff. 83 Damit gehen sie über den verwaltungswissenschaftlich zwar interessanten, letztlich aber zu detaillierten Bereich der „Privataufgaben, die öffentliche Interessen berühren“ (Hausner, Mitwirkung, S. 25) hinaus. 84 VVDStRL 22, S. 285 ff.; zur Wirtschaftsaufsicht im staatlichen Innenbereich, zur Wirtschaftsüberwachung als Kontrolle des Wirtschaftsverkehrs und zur Wirtschaftslenkung als Einwirkung auf unternehmerische Entscheidungen auch Schliesky, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 104 ff. 81 82

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

dung, die auch in diesem Zusammenhang angezeigt ist, um den lediglich steuernden Einfluß des Staates auf private Wirtschaftssubjekte hervorzuheben. Als Beispiel für diesen Bereich kann die freiwillige Zertifizierung nach dem Umweltaudit herangezogen werden. Handelte es sich bei diesem betrieblichen Umweltmanagementsystem bislang um eine private Aufgabe, wenn auch im öffentlichen Interesse, hat sich diese private Aufgabe durch das Instrument der regulierten Selbstregulierung latent zu einer öffentlichen Angelegenheit gewandelt.85 Die Hochzonung des betrieblichen Umweltschutzes in den Bereich der öffentlichen Aufgaben bedeutete somit eine „Veradministrierung des Umweltmanagements und der Umweltbetriebsprüfung“.86 b) Mit Blick auf den Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben staatsnäher angesiedelt sind die Privatrechtssubjekte, denen als Ausdruck der Staatsentlastung87 vormals staatlicherseits wahrgenommene öffentliche Aufgaben zur eigenständigen Erfüllung übertragen wurden. Der Staat zieht sich aus der Aufgabendurchführung (Erfüllungsverantwortung) zurück, ohne allerdings den öffentlichen Charakter der Aufgaben zu verneinen. Während die soeben unter a) subsumierten Angelegenheiten ihrem Wesen nach dem privaten Sektor entstammen, werden im Falle b) einzelne ehemals dem – erweiterten – staatlichen Bereich zugewiesene Aufgaben unter Wahrung ausgeprägter Gemeinwohlinteressen dem privaten Sektor überantwortet. Von daher muß mit dieser „Entstaatlichung“ im Rahmen der Durchführung eine stärkere Kontrolle verbunden sein als bei der fakultativen Übernahme privater Agenden in den öffentlichen Bereich. Diese Beeinflussung und Beobachtung der handelnden Subjekte, die deutlich über eine lediglich lenkende Einflußnahme hinausgeht, variiert je nach Intensität der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft.88 Ein ebenso aktuelles wie auch umstrittenes Feld ist hierbei der Bereich von Sicherheit und Ordnung.89 In zunehmendem Maße90 werden private Sicherheits85 Ähnlich Stadler, Beleihung, S. 171; zur Selbstregulierung im Rahmen des betrieblichen Umweltschutzes vgl. 2. Teil, Kap. A, Fn. 283 f. 86 J. Ritter, Die rechtliche Stellung, S. 157. 87 So Peters, FS Nipperdey, S. 885. 88 Siehe etwa die „Vier Grundtypen von Aufsicht“ bei Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 304 ff.; zur „Aufsicht im Wandel der Staatsarchitektur“ auch Pitschas, DÖV 1998, S. 910 ff. 89 Schuler-Harms, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 164; Bauer, in: Stober (Hrsg.), PublicPrivate-Partnerships, S. 38 ff.; quantitative Vergleichsdaten privater Sicherheitsdienste und Polizei bei Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 308; Bülow, in: Pitschas / Stober (Hrsg.), Kriminalprävention, S. 105; neuere Zahlen zum Bewachungsgewerbe in der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bewachungsgewerberechts v. 27. 2. 2002, BTDrs. 14 / 8386, S. 11; bei Höfling, in: Friauf (Hrsg.), Kommentar GewO, § 34a Rn. 8 ff., sowie bei Stober / Braun, der städtetag 11 / 2002, S. 17 f. 90 Vgl. u. a. Hammer, DÖV 2000, S. 613 f., 621. Daß dieser Bereich der Privatisierung noch längst nicht abgeschlossen ist, zeigen Gespräche zwischen Polizei und privaten Sicher-

D. Öffentliche Aufgaben

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dienste in unterschiedlicher Weise in die Erfüllung von Sicherheitsaufgaben, etwa im Bereich der Unfallaufnahme, bei Geschwindigkeitsmessungen oder der Überwachung des ruhenden Verkehrs91 sowie der „Bestreifung öffentlichen Raumes“92 eingebunden, sei es ausschließlich durch Sicherheitsdienste als rein gewerbliche Leistungserbringung im Auftrag von Kommunen oder als kooperative Ausübung von Überwachungs- und Kontrolldiensten durch Polizei und Private.93 Eine Zuordnung dieser durch funktionale Privatisierung übertragenen Tätigkeiten zu den Kriterien der Abgrenzung staatlicher, öffentlicher und privater Aufgaben ist schwierig: Zum einen handelt es sich bei öffentlicher Sicherheit um eine „Staatsaufgabe und damit um einen Kernbereich von Staatlichkeit überhaupt“,94 die somit nicht unter den Bereich der öffentlichen Aufgaben zu fassen ist und deren Übertragung auf Private insoweit fraglich erscheint. Zum anderen besteht ein Bedürfnis auch nach „traditioneller privater Eigensicherung“, dessen Erfüllung lange Zeit den Schwerpunkt der Leistungen privater Sicherheitsdienste bestimmte.95 Sicherheit bewegt sich somit auch im Rahmen originär privater Aufgaben, gewinnt jedoch selbst hier aufgrund einer intensiveren staatlichen Regulierung und Steuerung zunehmend mehr gemeinwohlbezogenen Charakter.96 c) Als dritte Kategorie soll eine institutionell-organisatorische Zusammenarbeit zwischen staatlichem und privatem Sektor hervorgehoben werden, sei es als heitsdiensten bezüglich der Übernahme weiterer Aufgabenfelder, siehe Stober, GewArch 2002, S. 129 mit Fn. 7. 91 Bei der Aufgabe „Geschwindigkeitsmessung“ sind nach Kämmerer, Privatisierung, S. 399 ff., 404 f., lediglich Hilfsfunktionen übertragbar, die Zuweisung weiterer Teilaufgaben bedarf der – grundsätzlich zulässigen – Beleihung; so auch Gramm, Privatisierung, S. 117 ff., 447 f.; Stober / Braun, der städtetag 11 / 2002, S. 18 f.; demgegenüber verneint Weiner, Privatisierung, S. 239 ff., die Möglichkeit der Beleihung (S. 239). 92 Kritisch gegenüber der im „Düsseldorfer Modell“ vorgesehenen gezielten Straßenraumbeobachtung durch private Wachleute als „vorab organisierte Zusammenarbeit zwischen informationsbeschaffenden Privaten und der informationsauswertenden Polizei“ Winkler, NWVBl. 2000, S. 287 f., 291 ff. 93 Hierzu Gramm, Privatisierung, S. 440 ff.; auch Weiner, Privatisierung, S. 245 ff., sieht die Zulässigkeit bei Streifengängen allenfalls als gemeinsame Tätigkeit von Polizei und Hilfspolizeikräften, die über einzelne gesetzlich geregelte Eingriffsbefugnisse verfügen, gegeben; ansonsten dürfen sich private Sicherheitsdienste nur der Jedermann- und Selbsthilferechte bedienen, vgl. Stober / Braun, der städtetag 11 / 2002, S. 19; Schily, Staatsmodernisierung, S. 3, sowie Brauser-Jung / Lange, GewArch 2003, S. 230. Kritisch gegenüber einer Ausübung der Notrechte als Regelfall Winkler, NVWBl. 2000, S. 295 f. Zum Berliner Konzept „Verbund Polizei und private Sicherheitsdienste“ Scholz, FS Brohm, S. 751. 94 So Schuler-Harms, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 169; Weiner, Privatisierung, S. 57 ff. 95 Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 42; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 309 f.; Bülow, in: Pitschas / Stober (Hrsg.), Kriminalprävention, S. 103; zum gesamten Aufgabenspektrum der Sicherheitsdienste Weiner, Privatisierung, S. 86 f.; ausführlich Höfling, in: Friauf (Hrsg.), Kommentar GewO, § 34a Rn. 9 ff., dort auch zur Entwicklung des Bewachungsgewerbes (Rn. 1 ff.). 96 Zur privaten Eigensicherung in vormals staatlich verwalteten Bereichen etwa Bauer, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 42 mit Fn. 94.

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

„echte“ Kooperation in Form von Public-Private Partnership oder als nur formelles Bündnis in dem Sinne, daß staatliche Institutionen, die öffentliche Aufgaben durchführen, in Organisationen des Privatrechts unter staatlicher Eigentümerstellung überführt werden.97 Zwar ist es denkbar, daß diese Organisationsformen für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben von der Grundstruktur her auch in den soeben unter b) aufgeführten Institutionen vorkommen können; dennoch gibt es gewichtige Unterschiede zwischen beiden Stadien: Schon die Intention der Begründung von Public-Private Partnership-Modellen zeigt, daß es sich hierbei nicht um eine Entstaatlichung handelt, sondern allenfalls um eine Teil-Entlastung des Staates.98 Der Staat sieht sich in der Zusammenarbeit mit Privaten stärker in der Verantwortung für die Aufgabenerfüllung, die im Grunde keinen Verzicht auf aktives, eigenständiges Verwaltungshandeln bedeutet. Gleiches gilt für die formelle Privatisierung sowie eine staatliche Mehrheitsbeteiligung an privatrechtlich geführten Unternehmen, aus der letztlich eine nur geringe Entlastung resultiert, da es in der Regel nicht nur einer (Mit-)Finanzierung, sondern auch einer intensiven Steuerung und Kontrolle der privatrechtlich geführten Staatsunternehmen bedarf.99 Vergleichbar mit der Problematik bei der Übertragung öffentlicher Aufgaben an Private zur eigenständigen Wahrnehmung wirft auch die Beteiligung an privatrechtlichen Unternehmen im Sinne einer institutionellen Kooperation ebenso wie eine Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren als kontraktbestimmte Kooperation100 neue Fragen auf, deren Beantwortung um so drängender wird, je intensiver der Staat diese staatsentlastenden, gleichzeitig bürgeraktivierenden Kooperationsformen als Ausdruck des Wandels vom Schlanken Staat zum Aktivierenden Staat101 nutzt. d) Wie bei der Wahrnehmung von Staatsaufgaben tritt der Staat auch im Bereich der öffentlichen Aufgaben aktiv in Erscheinung und führt diese durch eigene Behörden oder ihm zuzurechnende Organisationen durch. Was die Organisationsform angeht, besteht somit kein Unterschied zu den Staatsaufgaben; allerdings sollen aufgrund dieser Übereinstimmung in der Organisationsform keine voreiligen Schlüsse auf den Charakter der Aufgaben gezogen werden. 97 Vgl. hierzu insbesondere die Beiträge von Budäus / Grüning (S. 25 ff.), Tettinger (S. 125 ff.) und Eichhorn (S. 199 ff.), alle in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, sowie Miller, LKV 1998, S. 423 f. 98 Die „fortbestehende Verwaltungsverantwortung nach der Aufgabenübertragung“ hebt v.a. Bauer, VVDStRL 54, S. 277 ff., hervor; im Anschluß auch Schuppert, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 123 f. 99 Zum Beteiligungsmanagement auf kommunaler Ebene neben Wohlfahrt / Zühlke (2. Teil, Fn. 2) auch Bremeier (S. 287 ff., 302 ff.) sowie v. Obstfelder (S. 343 ff.), beide in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel; speziell für die Landesebene Brink, ZG 1999, S. 27 ff.; Gusy, ZRP 1998, S. 265 ff., insbesondere S. 267. 100 Vgl. 2. Teil, Kap. A, Fn. 373 ff. 101 Zum Konzept des „Aktivierenden Staates“ der Bundesregierung 2. Teil, Kap. A, Fn. 320.

E. Private Aufgaben

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Zwar ist die ,staatsunmittelbarste‘ Form unbestreitbar die Aufgabenerfüllung durch staatliche Behörden selbst; daß „die öffentlichen Aufgaben zu Staatsaufgaben werden“,102 ist jedoch nicht zwangsläufige Folge.103 Denn ein Übergang von öffentlichen Aufgaben zu Staatsaufgaben allein durch eine Einbindung staatlicher Behörden oder vom Staat unmittelbar beauftragter, staatsnaher Institutionen soll an dieser Stelle ausgeschlossen werden.104 Auch wenn öffentliche Aufgaben durch staatsmittelbare oder staatsunmittelbare Stellen durchgeführt werden – sei es aus historischen oder aus rechtlichen Gründen oder weil der Übergang von staatlicher zu privater Durchführung noch nicht vollständig abgeschlossen ist105 bzw. der Staat auch neben Privaten weiterhin als Dienstleister in Erscheinung tritt106 – handelt es sich doch nicht um Staatsaufgaben im oben beschriebenen Sinne. Im Ansatz, wenn auch mit anderen Folgerungen in der Diktion, wird dies auch bei Peters deutlich: Mit Blick auf „die Konstruktion der öffentlichen Schule als Staatsaufgabe“ verweist er nämlich darauf, daß hier „kraft positiven Rechts eine öffentliche Aufgabe zur echten Staatsaufgabe werden (konnte), die es nicht zu sein braucht, auch heute im Bereich der westlichen Welt vielfach nicht ist“.107 Entgegen Peters soll somit daran festgehalten werden, daß die Aufgaben, die zwar staatlicherseits wahrgenommen werden, bei denen dies aber von der Intention sowie der grundsätzlichen Möglichkeit einer privaten Erfüllung – entsprechende Angebote in vergleichbarer Qualität vorausgesetzt – jedoch nicht zwingend erforderlich ist, nicht dem Bereich der staatlichen, sondern der öffentlichen Aufgaben zuzurechnen sind.

E. Private Aufgaben Der Vollständigkeit halber sollen an dieser Stelle auch die rein privaten Aufgaben erwähnt werden, die weder einen besonderen Gemeinwohlbezug aufweisen noch ein besonderes öffentliches Interesse widerspiegeln. Es handelt sich hierbei um Bereiche, deren Schwerpunkt in der Verfolgung „partikular-egoistischer Zwecke“108 liegt und die sich somit auch von den gemeinwohlbezogenen Privat102 So Peters, FS Nipperdey, S. 879; dieser Fall bedeute das „einfachste“ der verschiedenen Stadien, vgl. ebd., S. 892. 103 In diesem Sinne auch Di Fabio, JZ 1999, S. 586 mit Fn. 16. 104 So aber Peters, FS Nipperdey, S. 880, 886; zu seinem engen Verständnis von mittelbarer Staatsverwaltung ebd. S. 893 mit Fn. 53. Damit relativiert sich aber die Aussage Isensees bezüglich der Privatisierung öffentlicher Aufgaben aus grundrechtlicher Perspektive (Fn. 59). 105 In eine ähnliche Richtung weist Peters, FS Nipperdey, S. 880, mit dem Hinweis auf eine Auffangfunktion des Staates, wenn „die Erledigung nicht umfassend genug oder sonstwie zu unvollkommen bleibt“. 106 So etwa im Abfallrecht, vgl. hierzu 2. Teil, Kap. A, Fn. 231 ff. 107 Peters, FS Nipperdey, S. 893 (Hervorhebung d. Verf.). 108 Krautzberger, Erfüllung, S. 61; im Anschluß Kirmer, Begriff, S. 47.

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4. Teil: Versuch einer Aufgabenabgrenzung

aufgaben abgrenzen lassen. Aus grundrechtlicher Perspektive beziehen sich private Aufgaben auf das Handeln der durch die Grundrechte prinzipiell geschützten Individuen, die in dieser Funktion auch keine ausdrückliche „Verantwortung für die bürgerlichen, die öffentlichen Angelegenheiten“ zu übernehmen beabsichtigen.109 Umgekehrt übernimmt aber auch der Staat keine Verantwortung für die Erfüllung von Privataufgaben,110 es besteht eine ,staatsfreie‘ Sphäre. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß es sich bei den privaten Aufgaben um eine gegenüber dem Öffentlichen im weitesten Sinne abgeschlossene Dimension ohne Diffundierungstendenzen in den Bereich der Aufgaben im öffentlichen Interesse handelt.111 Indem private Aufgaben nicht von staatlichen Stellen wahrgenommen werden können,112 bilden sie insoweit auch den Gegenpol zu den Kernaufgaben des Staates. Von daher sind private Aufgaben für die Fortentwicklung eines Verwaltungsorganisationsrechts unergiebig – und verstehe es sich auch als ein noch so weit zu fassendes Gebiet der Verwaltungswissenschaft und des Verwaltungsrechts.

F. Zusammenfassung Das mit dem Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ verabschiedete Leitbild des Aktivierenden Staates bezieht sich in einem Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit staatlicher, gesellschaftlicher und privater Institutionen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Mit dem neuen Konzept der Verantwortungsteilung ist nicht nur eine Entlastung des Staates verbunden, sondern auch und vor allem eine nach Leistungsfähigkeit und Verantwortungstiefe abgestufte Zusammenarbeit verschiedener Akteure zur Erreichung gemeinsamer Ziele. Um sowohl den Umfang der öffentlichen Aufgaben, die sich für eine Übertragung an Private eignen, als auch den Grad der staatlichen Verantwortungsstufung und damit die Intensität der „Staatsdistanziertheit“ gesellschaftlicher Aufgabenwahrnehmung bestimmen zu können, bietet sich eine Orientierung am jeweiligen Aufgabentypus an. Zwar kann es sich letztlich nur um eine schematische Typologisierung handeln, die sich an der durchaus geläufigen Trennung von staatlichen Kernaufgaben, Staatsaufgaben und öffentlichen Aufgaben orientiert und zudem konkrete Aufgabenbereiche allenfalls punktuell aufzuzeigen vermag. Dennoch 109 Vgl. Kirmer, Begriff, S. 49; für eine auf den Grundrechten basierende Abgrenzung auch v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 20. 110 So Hausner, Mitwirkung, S. 24. 111 Hausner, Mitwirkung, S. 26, hält aber den Übergang von einer reinen Privataufgabe zur „Privataufgabe, die öffentliche Interessen berührt“ (vgl. Fn. 83) für durchaus möglich und nicht unüblich, wobei allerdings die von ihm aufgeführten Beispiele nur unzureichend tragen. 112 Für diesen Befund ist das von Hausner, Mitwirkung, S. 24, gewählte Beispiel der „Freizeitaktivitäten“ als typische Privataufgabe zutreffend, auch wenn die Definition eines Hobbys als Aufgabe befremdlich erscheint. Vgl. auch oben, unter Kap. D a). 1 Vgl. 1. Teil, Kap. C unter Fn. 65 ff.

F. Zusammenfassung

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können gewisse Verbindungslinien zwischen dem Aufgabentypus, der Intensität notwendiger staatlicher Steuerung und Kontrolle sowie den für die Wahrnehmung möglichen Organisationsformen gezogen werden: Während Kernaufgaben als Ausdruck des unverzichtbaren Staates das staatliche Gewaltmonopol repräsentieren und einer umfassenden staatlichen Aufgaben- und Kontrollverantwortung unterliegen, ihre Wahrnehmung daher öffentlich-rechtlichen Organisationsformen vorbehalten ist, verschließen sich Staatsaufgaben einer Vergesellschaftung zwar nicht grundsätzlich, eine globale staatliche Verpflichtung besteht jedoch, solange und soweit diese Aufgaben in Ermangelung einer qualitativ und quantitativ hinreichenden Erfüllung durch Private als nicht verhandelbar gelten. Mit Blick auf die Verantwortungsstufung läßt sich demnach für diese beiden Aufgabentypen eine Erfüllungsverantwortung des Staates konstatieren, die im einen Fall zwingend ist, im anderen Fall lediglich temporär besteht, prinzipiell jedoch abdingbar sein kann und sich auf eine Gewährleistungsverantwortung beschränken darf. Eine Erfüllung von Staatsaufgaben oder gar Kernaufgaben durch Private erscheint demnach kaum möglich. Demgegenüber entspricht die Breite der öffentlichen Aufgaben den Möglichkeiten einer Teilung der Verantwortungssphären zwischen Staat und Gesellschaft: Die dargelegten vier Stadien öffentlicher Aufgabenerfüllung – gemeinwohlbezogene Privataufgaben, privatisierte öffentliche Aufgaben als Entstaatlichung, Koproduktion öffentlicher Aufgaben durch Staat und Gesellschaft als Teil-Entlastung des Staates und latente Konkurrenz zwischen Staat und Gesellschaft bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben – korrespondieren weitgehend mit einer staatlichen Rahmenverantwortung, einer Gewährleistungs- und Auffangverantwortung sowie einer staatlichen Erfüllungsverantwortung. Von daher kann eine Klassifizierung des Aufgabenspektrums insgesamt, insbesondere aber der öffentlichen Aufgaben nicht nur Aufschluß über denkbare funktionale oder (unechte) materielle Privatisierungen geben, vielmehr beginnt bereits an dieser Stelle der Umfang staatlicher Steuerung und Kontrolle bei der Leistungserbringung durch Staat und Gesellschaft Konturen zu gewinnen.

11 John-Koch

5. Teil

Das Verwaltungsorganisationsrecht als Grundbaustein rechtlicher Rahmenordnung Für die Fortentwicklung des Organisationsrechts soll nicht das Gesellschaftsrecht als Referenzgebiet herangezogen werden, sondern es sei zunächst im wesentlichen auf dem bestehenden Verwaltungsorganisationsrecht aufgebaut.1 Das Verwaltungsorganisationsrecht als das rechtliche Normengefüge zur Regelung der Aufbauorganisation der öffentlichen Verwaltung2 bildet jedenfalls die Basis für die Antwort auf die Frage, welcher organisationsrechtliche Rahmen bei der Wahl einer bestimmten Form der Aufgabenwahrnehmung Anwendung finden soll. Von daher ist auf Begriff und Inhalt des Verwaltungsorganisationsrechts einzugehen.

A. Definitionen und Begriffe Welche Kategorien das Verwaltungsorganisationsrecht substantiell insbesondere umfaßt, erschließt sich praktisch schon aus dem Begriff selbst, da Verwaltung, Organisation und Recht Termini sind, über deren Inhalt sich weitgehend Übereinstimmung erzielen läßt: Zur Verwaltung im institutionellen Sinn zählt – negativ eingegrenzt – alles, was nicht Gesetzgebung und Rechtsprechung ist. Verwaltung i.e.S. umfaßt allerdings nur die Administrative als Teil der Exekutive, nicht jedoch die Gubernative. Der mehrdimensionale Organisationsbegriff soll hier ebenfalls im institutionellen Sinn, als zielgerichtetes soziales System verstanden werden.3 Hinsichtlich der Rechtsquellen wird die Verwaltungsorganisation nicht nur durch (interne) Verwaltungsvorschriften bestimmt, sondern auch durch Rechtsvorschriften, Gesetze und Verfassungsrecht4 sowie zunehmend mehr durch Gemeinschaftsrecht.5

Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 2. Eichhorn (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 779, 1107. 4 U.a. Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 27. 5 Hierzu u. a. Rengeling, VVDStRL 53, S. 211 f.; Hatje, EuR, Beiheft 1 / 1998, S. 8 mit Fn. 38; mit Blick auf das Wirtschaftsverwaltungsrecht bezeichnet R. Schmidt, FS Vogel, S. 29 ff., die Vergemeinschaftung im Organisationsrecht auch als „Einbahnstraße“ (S. 32). Speziell zum europäischen Einfluß auf die kommunale Ebene siehe noch Koch, in: Pitschas / Koch (Hrsg.), Staatsmodernisierung, S. 137 ff., 154 ff. 2 3

A. Definitionen und Begriffe

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Ganz allgemein bezieht sich das Verwaltungsorganisationsrecht auf formale Strukturen der Organisation öffentlicher Verwaltungen, um „die Festlegung von Zielen, die Aufbauorganisation, die Zuständigkeiten, die Mitgliedschaftsrolle und Entscheidungsregeln der Organisation“ zu erfassen.6 Damit ist das Organisationsrecht zusammen mit dem Verwaltungsverfahrensrecht, das den prozeduralen Aspekt umfaßt, Mittel für den Gesetzesvollzug, indem es die institutionellen Voraussetzungen vorgibt, um die Sicherheit und Eindeutigkeit bei der Erzeugung, der Anwendung und der Durchsetzung materiellen Rechts zu gewährleisten. Achterberg charakterisiert das Organisationsrecht als „denjenigen Komplex von Rechtsnormen, der die Bildung, die Errichtung und die Einrichtung von Organen aller möglichen Organisationen – in diesem Zusammenhang des Staats und von ihm abgeleiteter Verbände – betrifft“.7 Wenn mit einer zweckmäßigen Verwaltungsorganisation der Rahmen bereitgestellt wird, innerhalb dessen die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Verteilung auf die zuständigen Stellen und Organe sichergestellt werden soll, muß das Verwaltungsorganisationsrecht demnach zur Lösung der Frage beitragen, „wer welche Entscheidungen zu treffen hat und wem welche Entscheidung zuzurechnen ist“.8 Verwaltungsorganisationsrecht kann damit verkürzt und allgemein bezeichnet werden als Recht der Organisation der öffentlichen Verwaltung, die aus „der Gesamtheit der Verwaltungsträger, Verwaltungsorgane und sonstigen Verwaltungseinheiten besteht“.9 Eine ausführliche Definition unternimmt Loeser.10 Ihm zufolge umfaßt das Verwaltungsorganisationsrecht den rechtlichen Rahmen der Aufbauorganisation der öffentlichen Verwaltung, der – die Errichtung und Einrichtung der einzelnen verselbständigten Verwaltungseinheiten, insbesondere der Rechtsträger, ihrer Organe und ihrer nichtrechtsfähigen, aber organisatorisch verselbständigten nachgeordneten Verwaltungsbereiche, – die interne Gestaltung der verselbständigten Verwaltungseinheiten im Hinblick auf die Binnengliederung, die Entscheidungsstrukturen, die der Institution zuge6 Trute, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 256. 7 Achterberg, JA 1980, S. 701; mit „Inbegriff derjenigen Rechtssätze, welche die (idR institutionalisierten) Subjekte öffentlicher Verwaltung konstituieren sowie ihre Funktionen und ihre Beziehungen untereinander regeln“, auch Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 71 IV b; im Anschluß Schmidt-De Caluwe, JA 1993, S. 77 f. 8 Schmidt-De Caluwe, JA 1993, S. 80; zur Unterscheidung von Organisation, Organ, Organwalter umfassend Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 74, sowie auch Wenger, FS Antoniolli, S. 348 ff. Da die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben unabhängig „vom Dasein, Wechsel und Wegfall bestimmter Einzelpersönlichkeiten“ erfolgen muß (Schnapp, AöR 1980, S. 257), können nur entindividualisierte Stellen Organe sein; vgl. auch Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 23. 9 Zur Verwaltung im organisatorischen Sinn vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 2. 10 Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 3; ähnlich auch Bußjäger, Organisationshoheit, S. 15 f.

11*

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5. Teil: Verwaltungsorganisationsrecht als Grundbaustein

wiesenen Aufgabenfelder (Zuständigkeiten), die Zuordnung der Aufgaben auf die Amtswalter und die Art und Weise der Aufgabenerledigung (Geschäftsordnungen), – die äußeren Beziehungen zum eigenen Rechtsträger, zu anderen Verwaltungsrechtsträgern und deren Verwaltungseinheiten sowie zu Rechtssubjekten der Gesellschaftssphäre (Individuen, Verbände, Unternehmen)

verbindlich regelt, um Verwaltungsaufgaben auf entindividualisierte Stellen zu verteilen und die herausdifferenzierten Teilaufgaben zu einem funktionalen Gesamtgefüge zusammenzufassen. Indem das Allgemeine Verwaltungsrecht als Sonderrecht in seinem Anwendungsbereich auf die Verwaltung begrenzt ist,11 kann sich das Verwaltungsorganisationsrecht im engeren Sinn als Ausschnitt aus dem in seiner Anwendung auf den öffentlich-rechtlichen Bereich begrenzten Allgemeinen Verwaltungsrecht nur auf organisatorische Fragen der öffentlichen Verwaltung beziehen, allenfalls noch auf organisatorische Zusammenhänge weiterer Institutionen, denen die Anwendung des Allgemeinen Verwaltungsrechts als Sonderrecht ermöglicht wird. Das Verwaltungsorganisationsrecht behandelt somit den rechtlichen Rahmen der Organisation von Verwaltungsträgern, Verwaltungsorganen und sonstigen Verwaltungseinheiten, denen das öffentliche und insbesondere das Verwaltungsrecht den rechtlichen Rahmen für ihre Handlungs- und Rechtsformen vorgibt. Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden somit ebenso vom Verwaltungsorganisationsrecht erfaßt wie die Beliehenen in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsträger für den ihnen übertragenen abgegrenzten Aufgabenbereich. Nicht unter das „klassische“ Verwaltungsorganisationsrecht fallen hingegen privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten oder Privatrechtsträger bei der Wahrnehmung nicht-hoheitlicher Aufgaben, da sie sich bei ihrer Aufgabenerfüllung grundsätzlich des Privatrechts bedienen, das allenfalls durch einzelne Institute aus dem Allgemeinen Verwaltungsrecht modifiziert oder überlagert wird.12 Insbesondere mit Blick auf diese nunmehr in die verantwortungsteilige Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben einbezogenen Akteure bedarf es daher entweder einer Erweiterung innerhalb des traditionellen Verwaltungsorganisationsrechts13 oder einer Ausdifferenzierung der organisationsrechtlichen Rahmensetzung in verschiedene Systeme, unter denen das traditionelle Verwaltungsorganisationsrecht nur eines unter vielen Ordnungsmodellen ist, wenn auch letztlich das systembestimmende.

11 So Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 344; vgl. auch 3. Teil, Kap. A, Fn. 22. 12 Vgl. aber 3. Teil, Kap. C, Fn. 112 ff. 13 In diesem Sinne wohl Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 217.

B. Die juristische Person als Verwaltungsträger

165

B. Die juristische Person als Verwaltungsträger und Adressat organisationsrechtlicher Regelungen Alle verwaltungsorganisationsrechtlichen Definitionen verweisen inhaltlich gleichermaßen auf bestimmte, für das Organisationsrecht konstitutive Begriffe, die von Schmidt-Aßmann unter die drei Basis-Elemente Organisationsrechtsformen, systemprägende Einteilungen und materielle Rechtsvorstellungen subsumiert wurden.14 Im Rahmen der Kategorie systemprägender Einteilungen im Organisationsrecht spielt vor allem „die Unterscheidung von Verwaltungsträgern und Verwaltungsstellen“ eine Rolle, die wiederum den Grad der Rechtsfähigkeit der juristischen Personen präjudiziert.15 Die (voll-)rechtsfähige juristische Person ist die wichtigste Institution im Organisationsrecht. Aufgrund der ihr zugewiesenen Rechtsfähigkeit ist sie imstande, „als Rechtssubjekt im Rechtsverkehr nach außen aufzutreten und Adressat materieller Rechtsnormen“16 zu sein. Indem ihr „Handeln rechtlich keiner anderen Verwaltungseinheit mehr zugerechnet wird“, ist sie „Endpunkt einer Zurechnungskette“.17 Juristische Personen existieren sowohl im Privatrecht als auch im öffentlichen Recht. Zu den bekannten juristischen Personen des Privatrechts, die zugleich die organisationsrechtlichen „Bausteine“ definieren, zählen insbesondere die GmbH oder die AG, aber auch Genossenschaften, die OHG oder die KG. Im übrigen folgen aber die dogmatischen Grundstrukturen der juristischen Personen beider Teilrechtsordnungen voneinander sehr verschiedenen Grundmustern. Die (voll-)rechtsfähigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die ebenfalls auf institutionelle Möglichkeiten organisationsrechtlicher Gestaltung verweisen, werden auch als Verwaltungs(rechts-)träger bezeichnet, wobei zwischen unmittelbaren und mittelbaren Trägern zu unterscheiden ist.18 Schon die Frage, ob es sich bei privatrechtlichen Organisationen in der Erfüllung nicht-hoheitlicher Verwaltungsaufgaben auch um Verwaltungsträger handelt, wird unterschiedlich beantwortet.19 Wenn der Begriff des Verwaltungsträgers ausschließlich auf solche Organisationsformen anwendbar sein sollte, die eigenverantwortlich und selbstänVgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 206 f. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 206. 16 Schmidt-de Caluwe, JA 1993, S. 86. 17 Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 36; ferner Wenger, FS Antoniolli, S. 359; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 32 Rn. 5 ff.; Schnapp, AöR 1980, S. 256 f. 18 Vgl. hierzu 6. Teil. 19 Hierzu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 16; Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 38. In der Literatur wird in der Regel der Begriff des Verwaltungsträgers gewählt, so etwa bei G. Burmeister, Herkunft, S. 228, 235 („privatrechtlich strukturierter Verwaltungsträger“), oder bei Ehlers, Verwaltung, S. 115 f. Die Frage, ob die bürgerlich-rechtliche Bundesstiftung mittelbare Verwaltung sei, thematisiert Gölz, Staat als Stifter, S. 252 f. 14 15

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5. Teil: Verwaltungsorganisationsrecht als Grundbaustein

dig Hoheitsfunktionen wahrnehmen, können die privatrechtlichen Einrichtungen nicht als Verwaltungsträger bezeichnet werden. Stellt der Begriff jedoch „auf alle rechtlich selbständigen, mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben betrauten Organisationen und Subjekte“ ab,20 die somit einem bestimmten staatlichen Einfluß unterliegen, sind auch diese Privatrechtsorganisationen eigenständige Verwaltungsträger.21 In diese Richtung weist auch Loeser, indem er diese Organisationsformen als Bundes-Privatverwaltung dem Typus des Verwaltungsträgers zuordnet und darüber hinaus zwischen unmittelbarer Bundes-Privatverwaltung mit privatrechtlich organisierten, aber staatlich beherrschten Unternehmen einerseits und mittelbarer Bundes-Privatverwaltung als privatrechtlich organisierten Mittlern zwischen Staat und Gesellschaft andererseits unterscheidet.22 Signifikantes Unterscheidungsmerkmal im übrigen bleibt aber die Rechtsform: einerseits die öffentlich-rechtlichen Träger unmittelbarer und mittelbarer Verwaltung, andererseits die privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheiten (als privatrechtliche Träger unmittelbarer Verwaltung) sowie Privatrechtssubjekte bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (als privatrechtliche Träger mittelbarer Verwaltung). In ihrer Orientierung auf eine funktionierende Aufgabenerfüllung untergliedern sich die juristischen Personen in Organe als „durch Rechtsnormen gebildetes (organisatorisch) verselbständigtes institutionelles Subjekt von transitorischen (also dem Rechtsträger letztlich zugerechneten) Zuständigkeitsketten zur funktionsteiligen Wahrnehmung von Aufgaben des Rechtsträgers“.23 Unabhängig davon, ob es sich um juristische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts handelt, sind die Organe von den jeweiligen Rechtsträgern lediglich abgeleitet, ihre Tätigkeit wird also letztlich dem Träger zugerechnet: Die Rechtsfähigkeit bezieht sich somit ausschließlich auf die unmittelbaren oder mittelbaren Verwaltungsträger oder auf privatrechtliche Gesellschaften als solche, nicht aber auf ihre Organe.24 Auch bei den diesen Organen zugewiesenen Kompetenzen handelt es sich nicht um „Eigenzuständigkeiten, sondern Fremdzuständigkeiten“ des jeweiligen Verwaltungsträgers.25 Die Zuständigkeitsverteilung und die Kontrolle der Aus20 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 16. Nach der Rechtsprechung des BGH üben privatrechtliche Organisationen unabhängig vom Staatsanteil und damit von staatlichem Einfluß „Verwaltung im funktionellen Sinne“ aus, sofern die „Tätigkeit von der Sache her eine öffentliche Aufgabe darstellt“, vgl. BGHZ 91, 84, 97 f.; BGH, Urt. v. 24. 9. 1987 – III ZR 91 / 86, NVwZ-RR 1989, S. 388 ff. (389). 21 So auch Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 38. 22 Vgl. Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 136 ff., 153 ff.; Müller, Rechtsformenwahl, S. 71 ff., bezeichnet diese Konstruktionen allerdings als privatrechtsförmige Bundesverwaltung und „Dienstbarmachung spezifischer Organisationen für öffentliche Aufgaben“ (S. 78). 23 Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 37, an Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 74 I a, anknüpfend, sowie Wenger, FS Antoniolli, S. 349. 24 Vgl. Böckenförde, FS Wolff, S. 278 f.; Achterberg, JA 1980, S. 702 f.; Wöhe / Döring, Einführung, S. 289. 25 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 24.

C. Organisationsgewalt und Vorbehaltslehre

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führung können zunächst nur innerhalb eines Verwaltungsträgers erfolgen; ein verwaltungsträgerübergreifendes Durchregieren ist nur in einem eng begrenzten und festgelegten Umfang vorgesehen.26 Unter der Prämisse, daß innerhalb des Verwaltungsorganisationsrechts einerseits und des (privatrechtlichen) Gesellschaftsrechts andererseits die organisatorische Rückbindung der Organe zur juristischen Person hinreichend normiert ist, soll mit Blick auf die Fortentwicklung des Verwaltungsorganisationsrechts – etwa im Sinne seiner Erweiterung um privatrechtliche Organisationsstrukturen – vor allem die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch die juristischen Personen als Träger gesichert werden. An dieser Stelle interessieren interne Zuständigkeitsregelungen und Kontrollinstrumente und damit die Organe einer rechtsfähigen Person nur insoweit, als sie die Arrangements der Aufgabenwahrnehmung und die Konstruktion der Verantwortungsteilung zwischen (Verwaltungs-)Rechtsträgern positiv oder negativ mitbestimmen.

C. Organisationsgewalt und Vorbehaltslehre Neben der rechtsfähigen juristischen Person gelten als vor allem für die Praxis relevante organisationsrechtliche „Standardthemen des deutschen Verwaltungsrechts“27 die Bildung, Errichtung und Einrichtung sowie die differenzierende Strukturbildung, Änderung und Aufhebung von Institutionen. Damit werden nicht nur Arrangements im Rahmen der (äußeren) Aufbauorganisation, sondern auch die Optimierung der Ablauforganisation durch eine geeignete innere Organisationsstruktur sowie die Regelung der Außenbeziehungen angesprochen.28 Insbesondere die Abgrenzung der Errichtung und Einrichtung von Verwaltungsorganisationen beschränkt sich nicht nur auf verwaltungswissenschaftliche Aspekte. Die Frage nach der verfassungsrechtlich in Ansätzen geregelten29 Organisationsgewalt oder – weiter gefaßt – nach der „Verwaltungsorganisation zwischen parlamentarischer Steuerung und exekutivischer Organisationsgewalt“30 berührt in erheblichem 26 Zu den Mitteln der Staatsaufsicht über Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts vgl. etwa John, Verwaltungsorganisation, S. 175 ff., sowie § 27 Referentenentwurf LOG MV, abgedruckt ebd., S. 253 ff. 27 Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 35. 28 Vgl. etwa Schnapp, AöR 1980, S. 265, sowie Maurer, FS Vogel, S. 331, der zwischen administrativer und gouvernementaler Organisationsgewalt unterscheidet. 29 Bis auf Hessen und Rheinland-Pfalz haben die Länder die Organisationsgewalt zwischen Regierung und Parlament verfassungsrechtlich geregelt, hierzu u. a. Chotjewitz, Organisationsgewalt, S. 69 ff.; John, Verwaltungsorganisation, S. 22 mit Fn. 74; vgl. für den Bund Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 45 ff., 78 ff.; G. Burmeister, Herkunft, S. 113 ff.; Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 51 ff.; für Österreich Bußjäger, Organisationshoheit, S. 46 ff., 111 ff. Vgl. auch Maurer, FS Vogel, S. 334, 348 ff., mit Hinweisen auf die „diffizile Vorschrift“ in Hessen und Rheinland-Pfalz (S. 348). 30 So der Beitrag von Schmidt-Aßmann, FS H.P. Ipsen, S. 333 ff.

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5. Teil: Verwaltungsorganisationsrecht als Grundbaustein

Maße die Thematik der Grundrechtsrelevanz von Institutionen31 und damit die Diskussion um das Verhältnis zwischen Gesetzesvorbehalt32 und Verwaltungsvorbehalt.33 Neben der Verteilung der Organisationsgewalt bei Errichtung und Einrichtung von Behörden der unmittelbaren Verwaltung34 ist auch die Zuweisung der Errichtungsgewalt bei der Verlagerung von Aufgaben auf mittelbare Träger der Staatsverwaltung noch immer umstritten.35 Während für die Errichtung einer Körperschaft ein Gesetzesvorbehalt in jedem Fall anzunehmen ist, kann „die geringe Bedeutung einer technisch motivierten Ausgliederung“36 bei Anstalten und vor allem bei Stiftungen des öffentlichen Rechts einen exekutivischen (Errichtungs-) Vorrang begründen. Da die Übergänge zwischen unmittelbarer und mittelbarer Verwaltung zum Teil fließend sind und formell unmittelbare Verwaltungseinheiten wie nichtrechtsfähige Anstalten materiell der mittelbaren Staatsverwaltung zugerechnet werden können,37 kann ein Gesetzesvorbehalt nicht an der formellen Rechtsfähigkeit festgemacht werden. Als Grundsatz für den Gesetzesvorbehalt bei der Übertragung von Aufgaben auf die mittelbare Staatsverwaltung muß vielmehr das Kriterium der „Ausgliederung aus der staatsunmittelbaren, parlamentsabhängigen Verwaltung“ herangezogen werden.38

31 Zur „Grundrechtsrelevanz der Verwaltungsorganisation“ sowie zu Verfassungsprinzipien und Verwaltungsorganisation Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 64 ff., 77 ff. 32 Zur Diskussion um Gesetzesvorbehalte bei organisationsrechtlichen Maßnahmen vgl. neben vielen Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 59 ff.; ders., FS Vogel, S. 342 ff.; Chotjewitz, Organisationsgewalt, S. 37 ff., 46 ff.; auch G. Burmeister, Herkunft, S. 51 ff.; Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 72. 33 Vgl. zum Verwaltungsvorbehalt insbesondere die Beiträge von Maurer und Schnapp, VVDStRL 43, S. 135 ff., 172 ff., sowie Degenhart, NJW 1984, S. 2184 ff. 34 Vgl. neben der Literatur in Fn. 32 das Urteil zur Zusammenlegung von Justiz- und Innenministerium in NRW, VerfGH NW, Urt. v. 9. 2. 1999 – VerfGH 11 / 98, NWVBl. 1999, S. 176 ff., sowie hierzu die berechtigte Kritik zur Argumentation des Gerichts von Böckenförde, NJW 1999, S. 1235 f.; Hoog, NordÖR 1999, S. 277 ff.; J. Menzel, NWVBl. 1999, S. 201 ff.; Sendler, NJW 1999, S. 1232 ff.; die Diskussion ebenfalls kritisch zusammenfassend Maurer, FS Vogel, S. 332 f., 343 mit Fn. 46. 35 Zum Gesetzesvorbehalt bei der Errichtung mittelbarer Verwaltungsträger Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 38, 51, 55; Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 96 f.; für Stiftungen und Anstalten einschränkend Schmidt-Aßmann, FS H.P. Ipsen, S. 348. Vgl. zum (institutionellen) Gesetzesvorbehalt bei Übertragung staatlicher Aufgaben auf juristische Personen des Privatrechts als Sonderfall mittelbarer Staatsverwaltung zum Schutz vor einer Änderung der Verfassung im materiellen Sinn aus der umfassenden Rechtsprechung u. a. OVG Münster, Urt. v. 13. / 27. 9. 1979 – XVI A 2693 / 78, DÖV 1980, S. 528 ff. (529). 36 Schmidt-Aßmann, FS H.P. Ipsen, S. 348. 37 Vgl. etwa Lange, VVDStRL 44, S. 178. 38 So Schmidt-Aßmann, FS H.P. Ipsen, S. 348. Dies steht auch nicht im Widerspruch zum institutionellen Gesetzesvorbehalt, da mit einer Aufgabenverlagerung auf diese – nicht-hoheitlich handelnden – Verwaltungsträger keine Änderung der Verfassung im materiellen Sinn (Fn. 35) verbunden ist.

C. Organisationsgewalt und Vorbehaltslehre

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Ähnliches gilt für die Privatisierung von Unternehmen als Errichtung von privatrechtlichen Verwaltungseinheiten oder auch für die Veräußerung von Unternehmensanteilen: Einerseits ist nach § 65 Abs. 7 BHO bei einem Verkauf von Unternehmensanteilen die Zustimmung des Parlaments nur einzuholen, wenn es sich um Unternehmen mit besonderer Bedeutung handelt und der Verkauf im Haushaltsplan nicht vorgesehen ist, sofern nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme geboten ist. Fehlt die Zustimmung, ist das Parlament (lediglich) zu unterrichten. Dieser organisatorische Gesetzesvorbehalt wird weitgehend als ausreichend angesehen.39 Auch für eine Beteiligung an privatrechtlichen Unternehmen statuiert § 65 BHO zwar eine Reihe von Anforderungen, dennoch sei gerade aufgrund dieses Prüfkataloges davon auszugehen, „daß die Verwaltung befugt ist, eine solche Beteiligung bei Einhaltung jener Anforderungen vorzunehmen“.40 Bei allen Formen der Verselbständigung von Verwaltungseinheiten sei nicht die Rechtsfähigkeit des neuen Trägers entscheidend, sondern die „Verselbständigung administrativer Entscheidungszüge“.41 Andererseits wird mit Blick auf Art. 87 Abs. 3 GG argumentiert: Wenn schon für die Errichtung juristischer Personen des öffentlichen Rechts ein Gesetzesvorbehalt statuiert werde, müsse dies erst recht für die Errichtung juristischer Personen des Privatrechts gelten,42 zumal mit der Ausgliederung von Organisationseinheiten aus der unmittelbaren Verwaltung nicht nur die Ausdünnung der parlamentarischen Kontrolle, sondern zusätzlich ein Wechsel des Rechtsregimes verbunden sei. Daß nur bei Privatisierungen von „gewichtiger“ Bedeutung ein förmliches Gesetz verlangt wird, ist anscheinend weniger auf grundsätzliche verfassungsrechtliche Überzeugungen als auf Praktikabilitätserwägungen zurückzuführen.43 Ähnlich pragmatisch wird der Gesetzesvorbehalt bei der Einbeziehung Privater in die öffentliche Aufgabenerfüllung im Rahmen der funktionalen Privatisierung gehandhabt. Auch hier wird in Abhängigkeit davon, ob es sich bei der Übertragung um eine „vollzugsleitende Sammelaufgabe“ als isoliertem Privatisierungsvorgang oder um dem Aufgabentypus übergreifende Maßnahmen im Sinne einer Privatisierungspolitik handelt, zwischen einem Verwaltungs- und einem Gesetzesvorbehalt unterschieden.44 So etwa Ehlers, Verwaltung, S. 155 f. (156). v. Arnim, Rechtsfragen, S. 39. 41 Schmidt-Aßmann, FS H.P. Ipsen, S. 348. Mit der Einfügung des § 112a in die LHO hat Rheinland-Pfalz die o.a. „besondere Bedeutung“ quantitativ festgelegt: So hat der Landtag der Bildung eines privatrechtlichen Unternehmens und einer Aufgabenverlagerung zuzustimmen, wenn das Land an dem Unternehmen – unmittelbar oder mittelbar – mit mindestens 25 % bzw. mit mehr als 1 Mio. DM beteiligt ist. Zum Problem der Vertraulichkeit von Konzessionsverträgen im Rahmen von PPP und parlamentarischem Informations- und Budgetrecht auch Schorkopf, NVwZ 2003, S. 1472 ff. 42 Vgl. u. a. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 19; v. Arnim, Rechtsfragen, S. 39 mit Fn. 107. Nach M. König, DÖV 1999, S. 323 f., seien lediglich technisch motivierte Ausgliederungen ausgenommen. 43 So zu Recht v. Arnim, Rechtsfragen, S. 39 ff. 44 Vgl. hierzu Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 289 ff. 39 40

170

5. Teil: Verwaltungsorganisationsrecht als Grundbaustein

D. Materielle Rechtsvorstellungen im Organisationsrecht Alle Definitionen des Verwaltungsorganisationsrechts berücksichtigen in unterschiedlichem Maße Zuständigkeitsregelungen, anhand derer Verwaltungsaufgaben auf die Verwaltungsträger und deren Organe verteilt und Verantwortungsbereiche zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern oder innerhalb eines solchen abgegrenzt werden.45 Mit der Statuierung von Zuständigkeitsregelungen werden zudem „Verknüpfungen zu bestimmten Organisationstypen“ ermöglicht, „auf die der Gesetzgeber in seinen Zuweisungsentscheidungen zugreifen kann“.46 Die Klärung der jeweiligen Zuständigkeiten, unter denen die sachliche und örtliche Zuständigkeit als die wichtigsten herausragen,47 ist in einer segmentierten Organisation grundsätzlich unerläßlich, um „Doppelarbeit, Reibungsverluste und Kompetenzschwierigkeiten“ zu vermeiden und trotz einer arbeitsteiligen Struktur „durch Abstimmung der . . . Tätigkeitsbereiche die Einheit der Organisation“, also hier der öffentlichen Verwaltung, zu garantieren.48 Allerdings muß der Begriff der Zuständigkeit, in erster Linie eine Kategorie der unmittelbaren und der mittelbaren Verwaltung, mit Blick auf das Thema auch auf privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten und originäre Privatrechtsträger ausgedehnt werden, soll er zuverlässig auch auf die Zuweisung und gleichermaßen Begrenzung von Verantwortungsstrukturen im Sinne einer kooperativen Aufgabenwahrnehmung von Staat und Gesellschaft angewandt werden können. Mit der Zuweisung von Zuständigkeiten auf Verwaltungsträger, Organe und Stellen im Sinne einer „organisationsrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit“ werden zum einen Verantwortungsbereiche gegeneinander abgegrenzt.49 Zum anderen bedarf es neben der Abstimmung auch der Koordination und Kontrolle in der Zuständigkeitsausübung zur Wahrung der Einheit der Verwaltung als Organisation und der Verwaltungstätigkeit.50 Zu den zentralen Begriffsvorstellungen der organisationsrechtlichen Dogmatik, die vor allem auf die Weisungshierarchie in der Verwaltungsorganisation abstellen,51 gehört daher auch das Institut der AufVgl. etwa Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 52 Rn. 34 ff. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 214. 47 Zur sachlichen, örtlichen, instanziellen und funktionellen Zuständigkeit Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 72 I e, II; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 47 ff.; zur Verbandszuständigkeit auch Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 147. 48 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 46. 49 Hierzu u. a. Pitschas, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 187 f. 50 Vgl. Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 72 1 a 3; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 31. Kritisch gegenüber einer „Fiktion“ von der Einheit der Verwaltung Grunow, in: Klimecki / Müller (Hrsg.), Verwaltung im Aufbruch, S. 60. 51 Vgl. neben Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 207, ausführlich Loschelder, HbStR III, § 68 Rn. 72 ff. 45 46

D. Materielle Rechtsvorstellungen im Organisationsrecht

171

sicht, das innerhalb der netzwerkähnlichen Struktur den hierarchischen Zusammenhang öffentlich-rechtlicher Verwaltungseinheiten herstellt und rechtsstaatliche Grundprinzipien, wie die Bindung an Recht und Gesetz sowie demokratische Legitimation sichern hilft. Nach dem Grad der ,Staatsdistanziertheit‘ der Verwaltungseinheiten und damit in Abhängigkeit von den Organisationsprinzipien der Dekonzentration und der Dezentralisierung52 unterscheiden sich das jeweilige Ziel und damit auch die Intensität der Aufsicht:53 Während innerhalb der unmittelbaren Verwaltung die Aufsicht vorrangig dazu dient, daß der „administrative hierarchische Zusammenhang“ und „die Einheitlichkeit der Wirksamkeit“54 dekonzentrierter Verwaltungsstellen gesichert werden, soll sie hinsichtlich der dezentralisierten Einheiten, die gerade nicht in die Verwaltungshierarchie eingeordnet sind, ,lediglich‘ eine Rückbindung an die unmittelbare Verwaltung und damit an die demokratische Legitimation ermöglichen. Eine Aufsicht, die nicht zwischen einer Kontrolle über die dekonzentrierte unmittelbare Verwaltung und einer Beaufsichtigung der dezentralisierten mittelbaren Verwaltung differenziert, würde die mit der Verlagerung und Delegation verbundenen Effekte auf verselbständigte Träger „gleichsam im zweiten Zug wieder rückgängig machen“.55 Ähnliches gilt für die privatrechtsförmige Verwaltung; einschlägig sind hier in erster Linie aufsichtsrelevante Instrumente des Gesellschaftsrechts, die sich von der Dienst-, Fach- oder Rechtsaufsicht im öffentlichen Recht unterscheiden. Darüber hinaus muß auf die privatrechtsförmige Verwaltung aber eine in ihrer Intensität differierende staatliche Steuerung einwirken, die auf einer Skala „von kaum nennenswerten Steuerungsimpulsen“ bis hin zu einer „vollständigen Beherrschung“56 angesiedelt sein kann. Als eine Konsequenz aus der nach einer Privatisierung weiterhin bestehenden staatlichen Privatisierungsfolgenverantwortung57 können die im Gesellschaftsrecht anerkannten und zwischenzeitlich im Aktienrecht verankerten Instrumente einer (privat-gesellschaftsrechtlichen) Corporate Governance durch zusätzliche öffentlich-rechtliche Einwirkungen überlagert und damit verändert werden.58 Neben dieser unterschiedlichen Aufsichtsintensität 52 Zu diesen organisatorischen Grundsätzen der Dekonzentration als Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf rechtlich nicht verselbständigte Stellen und der Dezentralisierung als Entscheidungsdelegation auf rechtlich verselbständigte Organisationen ausführlich B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 193 ff.; zusammenfassend Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 52 Rn. 7 ff., 26 f. 53 Vgl. u. a. Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 41 ff.; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 77 II c; Pitschas, DÖV 1998, S. 908 ff. 54 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 77 I 1 a. 55 Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 289. Zur Aufsicht und zu Weisungsrechten des Bundes über die Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Blümel, HbStR IV, § 101 Rn. 59 ff., 69 ff. 56 Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 8. 57 Vgl. 2. Teil, Kap. B, Fn. 426, sowie Bauer, VVDStRL 54, S. 279.

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5. Teil: Verwaltungsorganisationsrecht als Grundbaustein

zeichnet sich die Beaufsichtigung insbesondere gemischtwirtschaftlicher Unternehmen oder die Beeinflussung im Sinne der Aufgabenstellung auch dadurch aus, daß verschiedene Akteure Kontrollfunktionen wahrnehmen, deren Interessen durchaus konfligieren können. Zusätzliche Modifikationen der verwaltungsorganisationsrechtlichen Aufsicht ergeben sich mit der Rückübertragung von Aufgaben an die Gesellschaft sowie in der Erfüllung gemeinwohlbezogener Privataufgaben: Es handelt sich hierbei um Modifikationen, die sich weniger in einer Privatisierungsfolgenverantwortung ausdrücken als vielmehr auf eine staatliche Beobachtungs- und Auffangverantwortung59 gerichtet sind. Schon an dieser Stelle läßt sich als Ergebnis festhalten, daß sich neben dem tradierten organisationsrechtlichen Instrumentarium ein Feld neuer Interventionsformen entwickelt und geradezu entwickeln muß, um den „Verlust der subjektiven Einheit des Staates“ als einer „hierarchisch angeordneten Pyramide“60 durch die Bereitstellung funktionaler Äquivalente aufzufangen. Die nachfolgend unternommene Rahmensetzung für eine Fortentwicklung des Verwaltungsorganisationsrechts durch die Einbindung neuer Akteure in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben wird sich insbesondere dem erweiterten Zuständigkeitsbegriff, der sich als typisierte sachliche Zuständigkeit anhand der oben ausgeführten Differenzierung öffentlicher Aufgaben darstellt, sowie den Möglichkeiten einer Steuerung dieser „Verwaltungsträger“ im Sinne einer arbeitsteiligen Aufgabenwahrnehmung zuwenden.

E. Zusammenfassung Mit Blick auf die Wahrnehmung speziell öffentlicher Aufgaben stehen im deutschen Recht zwar eine Vielzahl von politikfeldbezogen-individuellen organisationsrechtlichen Regelungen zur Verfügung; letztlich fehlt es aber an einer entsprechenden, die Vielzahl der in die Leistungserbringung eingebundenen Akteure einbeziehenden und systematisierenden Rahmenordnung. Zwar behandeln nahezu alle Landesverfassungen Grundzüge der Verwaltungsorganisation; allerdings handelt es sich hierbei um eine Kompetenzverteilung zwischen Regierung und Parlament hinsichtlich der Organisationsgewalt, nicht aber um konkrete organisationsrechtliche Regelungen. Vereinzelt wurden auf Landesebene Organisationsgesetze als organisationsrechtliche Grundordnungen erlassen; diese gelten in der Regel jedoch nur für öffentlich-rechtliche Institutionen. Wenn aber im verantwortungsteiligen Staat 58 Vgl. Cassese, in: Nettesheim / Schiera (Hrsg.), Der integrierte Staat, S. 40; Schedler, Corporate Governance, NZZ v. 19. 3. 2002, S. 29. Zur Corporate Governance siehe § 161 AktG, eingefügt durch Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG); hierzu auch v. Werder, DB 2002, S. 801 ff. 59 Vgl. 2. Teil, Kap. B, Fn. 430 ff.; sowie Bauer, VVDStRL 54, S. 280. 60 Cassese, in: Nettesheim / Schiera (Hrsg.), Der integrierte Staat, S. 39.

E. Zusammenfassung

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öffentliche Aufgaben durch staatliche und gesellschaftliche Akteure gemeinsam erfüllt und öffentliche Güter in Koproduktion bereitgestellt werden sollen, bedarf es um so mehr einer umfassenden rechtlich-institutionellen Rahmenordnung, je stärker gesellschaftliche Kräfte an der Leistungserbringung beteiligt werden. Damit eröffnet sich jedoch gleichzeitig ein Grundsatzproblem: Die in die Aufgabenwahrnehmung eingebundenen Institutionen gehören verschiedenen Rechtskreisen an – hier öffentlich-rechtliche Institutionen, dort privatrechtliche Akteure –, die hinsichtlich Legitimation, Zielen, Leitung und Aufsicht sehr unterschiedlichen Anforderungen unterliegen. Da als Ausgangslage einer Rahmenordnung für eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von Staat und Gesellschaft im modernen Staat nicht das Privatrecht und hier das Gesellschaftsrecht, sondern das (öffentlichrechtliche) Verwaltungsorganisationsrecht als Referenzordnung herangezogen werden soll, bilden die das Organisationsrecht kennzeichnenden materiellen Rechtsgrundsätze der Zuständigkeit, der Weisungshierarchie und der Aufsicht zunächst das – hypothetische – Gerüst einer Rahmenordnung auch für Akteure aus dem gesellschaftlichen Bereich. Allerdings sind diese materiellen Rechtsvorstellungen und die Praxis ihrer Umsetzung im Organisationsrecht nicht ohne weiteres auf diese „gesellschaftlichen“ Akteure übertragbar; sowohl hinsichtlich der im öffentlichen Organisationsrecht bestehenden Möglichkeit zur Weisungserteilung als auch einer organisatorischen Steuerung über Aufsicht und Kontrolle müssen sie variieren, in Abhängigkeit von den Aufgaben, dem Kooperationsniveau, der Staatsdistanziertheit der Akteure und damit vom Grad der staatlichen Verantwortung. Eine weitere, für die Übertragbarkeit verwaltungsorganisationsrechtlicher Grundsätze bedeutende Restriktion stellen rechtliche Regelungen insbesondere der Leitung, Überwachung und Prüfung von Unternehmen des Gesellschaftsrechts dar. Diese sind nur zu einem bestimmten Teil dispositives Recht und können daher nur begrenzt durch an das öffentliche Recht angelehnte Steuerungsinstrumente modifiziert werden. Auch wenn angesichts der Vielzahl in die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im verantwortungsteiligen Staat eingebundener Akteure die Herausbildung organisationsrechtlicher Mindestanforderungen notwendig erscheint, kann es sich letztlich nur um eine Rahmenordnung handeln, die trotz einer in Abhängigkeit vom Grad der staatlichen Restverantwortung strukturellen Ausdifferenzierung keine bis ins Letzte festgelegten Zuständigkeitsordnungen oder Steuerungsmechanismen vorgeben kann.

6. Teil

Staatliche und öffentliche Aufgaben in öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträgerschaft Obwohl innerhalb der rechtsfähigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts erhebliche Unterschiede bestehen, existiert zugleich eine Vielzahl von Berührungspunkten, die ihre gemeinsame Abhandlung ohne weiteres rechtfertigen.1 Den unmittelbaren und mittelbaren Verwaltungsträgern gemeinsam ist zunächst ihr öffentlich-rechtlicher Status, der im allgemeinen als hinreichendes Kriterium angesehen wird, um ihr Handeln der Staatsgewalt zuzuordnen und der sie somit gegenüber den privatrechtlichen Verwaltungsträgern sowie von den ,Privatrechtsträgern‘ abhebt.2 Grundsätzlich kommt für beide Formen der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger somit das Allgemeine Verwaltungsrecht – einschließlich des Verwaltungsorganisationsrechts als Teil des Verwaltungsrechts – als Sonderrecht des Staates3 zum Tragen. Des weiteren sind insbesondere die mittelbaren Verwaltungsträger hinsichtlich ihrer Organisationsformen im Zuge der Staats- und Verwaltungspraxis weitgehend standardisiert; für die unmittelbaren Verwaltungsträger gilt dies zumindest hinsichtlich ihrer Grundbausteine. Die relativ detaillierte Festlegung unmittelbarer und mittelbarer Verwaltungsträger beruht nicht zuletzt auf ihrer weitgehend einheitlichen Normierung in den bestehenden Landesorganisationsgesetzen4 als in sich geschlossene organisationsrechtliche Grundlage für die öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger.

1 Vgl. aber Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 324, der aufgrund der unterschiedlichen Einflußintensität auf die Aufgabenerfüllung eine „getrennte Erfassung“ präferiert. 2 Vgl. Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 510. Öffentlich-rechtliche, aber auch privatrechtliche Verwaltungstrabanten werden daher nicht zur Kategorie der Verselbständigten Verwaltungseinheiten zusammengefaßt (so Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 225 ff.), in diesem Sinn auch Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 122, mit Blick auf die mittelbare Bundesverwaltung. 3 Vgl. 5. Teil, Kap. A, Fn. 11. 4 Eine Ausnahme bildet das LVG Baden-Württemberg, das die mittelbare Landesverwaltung nicht berücksichtigt, hierzu auch John, Verwaltungsorganisation, S. 29 f.

A. Die unmittelbaren Verwaltungsträger

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A. Die unmittelbaren Verwaltungsträger Unmittelbarer Verwaltungsträger ist der Staat, der als originärer (öffentlichrechtlicher) Verwaltungsträger „ursprüngliche Herrschaftsgewalt besitzt und seine Existenz und seine Befugnisse von keiner anderen Instanz ableitet“.5 Bund und Länder als eigenständige Gebietskörperschaften repräsentieren somit jeweils voneinander unabhängige unmittelbare Verwaltungsträger. Die Aufgabenwahrnehmung durch die unmittelbare Staatsverwaltung als klassische Organisationsform bedeutet grundsätzlich „Verwaltung durch staatliche Behörden“,6 die als weisungsabhängige, rechtlich unselbständige Stellen in ein durchgehend hierarchisch konstruiertes System eingeordnet sind.7 Aufgrund ihrer umfassenden Organisationsstruktur8 werden unmittelbare Bundes- und Landesverwaltung auch als „Gravitationszentren der Verwaltungsorganisation aufgefaßt“, und zwar „in mehr oder weniger loser Verbindung zu den übrigen ihnen zuzuordnenden Verwaltungsträgern“.9

I. Aufgabenumfang Ohne den idealen Anspruch einer detaillierten Aufgabenzuweisung erfüllen zu können, ist zumindest eine Klassifizierung des Aufgabentypus möglich, für den die Träger der unmittelbaren Verwaltung eine geeignete Organisationsform bieten. Anhand der oben vorgenommenen Differenzierung10 in Kernaufgaben, Staatsaufgaben und öffentliche Aufgaben wird deutlich, daß nach dieser Abschichtung sowohl der Bereich der Kernaufgaben als Ausdruck des unverzichtbaren Staates als auch die Staatsaufgaben, die aufgrund ihrer temporären Verhandlungsunfähigkeit einer Privatisierung (noch) nicht zugänglich sind, einer Erfüllung durch staatliche Stellen vorbehalten bleiben, demgegenüber die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben sowohl staatlichen als auch gesellschaftlichen Institutionen gleichermaßen übertragen werden kann. Hinsichtlich einer Entscheidung für die unmittelbare Verwaltung als Adressat der Aufgabenwahrnehmung können für alle drei Bereiche – Kern-, Staats- und öffentliche Aufgaben – im wesentlichen dieselben Kriterien angelegt werden, die zum einen dem „Bereich regelhafter Aufgabenerledigung“ mit einem hohen Grad an Programmierbarkeit (a und b) zugeordnet werden sollen

5 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 4 Rn. 22; vgl. auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 7; Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 31. 6 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 1. 7 Vgl. u. a. Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 220. 8 Achterberg, JA 1980, S. 703. 9 Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 13. 10 4. Teil.

176

6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

und die zum anderen Aufgaben mit erheblichem politischen Entscheidungspotential betreffen (c, d und e), die auch „staatliche Leitaufgaben“11 einschließen.12 a) Zunächst fallen Aufgaben aus dem Bereich der hoheitlichen Verwaltung, insbesondere alle mit der Anwendung unmittelbaren Zwangs verbundenen Tätigkeiten, grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der unmittelbaren Verwaltung.13 Der Vorrang der unmittelbaren Verwaltung in diesem Bereich resultiert vor allem aus dem in diesen Fällen bestehenden Über- / Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger. b) Daneben werden für die Funktionsfähigkeit einer Aufgabenerfüllung innerhalb der hierarchisch gegliederten unmittelbaren Verwaltung insbesondere „vergleichsweise stabile Umweltverhältnisse“ vorausgesetzt, in der Auffassung von Dreier „eindeutige, möglichst konditional programmierende Normen“.14 Es wird damit ein Zusammenhang zwischen einer hierarchischen Organisationsstruktur einerseits und klaren Regelungen und routinisierten Aufgaben andererseits hergestellt. Nach dieser Interpretation erscheinen – negativ gewendet – hierarchische Strukturen als ungeeignete Organisationsform für komplexe Sachverhalte, Entscheidungen unter Unsicherheit sowie bei geringer Programmierbarkeit.15 Zusammenfassend obliegt damit in der Regel Behörden der unmittelbaren Verwaltung die Ausführung von Konditionalnormen, die „das Handeln der Verwaltung so direkt (steuern), daß auf die Nennung des Zielprogramms, das die Steuerungsinstanz verfolgt, verzichtet werden kann“, und die insbesondere im Rahmen der in nur geringem Maß durch Verhandlungsprozesse geprägten Eingriffs- und Ordnungsverwaltung sowie im Rahmen der durch Rechtsansprüche oder Rechtspflichten gekennzeichneten Leistungsverwaltung angewandt werden.16 c) Auch mit Blick auf die Aussage einer nur temporären Verhandlungsunfähigkeit17 bestimmter Agenden kann dennoch eine Präferenz für die unmittelbare Verwaltung abgeleitet werden: Die Annahme, daß „nichthierarchische staatsinterne Strukturen durchlässiger für Partizipationsforderungen von außen sind als hierarchische“,18 kann im Umkehrschluß dazu führen, daß die Hierarchie in solchen Fäl11 Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Staatsaufgaben, S. 663. Zu behördenseitig wahrzunehmenden Planungs-, Steuerungs- und Überwachungsaufgaben auch Eichhorn, in: Öffentliche Unternehmen, S. 10. 12 So Müller, Rechtsformenwahl, S. 391 f.; vgl. nachfolgend auch B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 580 ff., zusammenfassend S. 588. 13 Für viele Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 31. 14 Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 147; vgl. auch Schuppert, in: Hood / Schuppert (Hrsg.), Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 211. 15 So B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 556 f., 574 ff.; ders., Verwaltung 1976, S. 287; Müller, Rechtsformenwahl, S. 388; Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 49 f. 16 Gaentzsch, Aufgaben, S. 63 f.; ferner Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 222, sowie Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 150. 17 Vgl. 4. Teil, Kap. C, Fn. 57. 18 So Nahamowitz, in: Voigt (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 124.

A. Die unmittelbaren Verwaltungsträger

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len ein geeignetes Modell darstellt, in denen ein Gleichgewicht der Interessenartikulation und damit die Verhandlungsfähigkeit von der Sache her nicht gegeben ist, sondern durch einseitige Partizipationsforderungen mögliche beachtenswerte Interessen Dritter Gefahr laufen, vernachlässigt zu werden.19 d) Neben der Art der Programmierung öffentlicher Aufgaben spielt auch die Anforderung an die Qualität der Verwaltungsleistung eine Rolle für die Wahl der Rechtsform. Zwar können auch im Rahmen vertraglicher Regelungen bestimmte Qualitätsanforderungen vorgegeben werden; sofern jedoch eine Nichterfüllung der Qualitätsnorm nicht erst nachgängige Kontrolle, sondern sofortiges Eingreifen zur Abwendung unmittelbar drohender Gefahren erfordert, ist eine Aufgabenverortung im unmittelbaren staatlichen Sektor angezeigt, ermöglicht er doch „ein größtes Maß an staatlicher Einflußnahme“.20 e) Damit wird ein weiteres Kriterium für die Wahl der Organisationsform offenbar:21 der Grad staatlicher Einflußnahme in die Aufgabenerfüllung. Sofern eine intensive staatliche Einflußnahme bis hin zu einem unmittelbaren „Durchregieren“ in Form von Weisungen oder sofern zumindest die Möglichkeit einer umgehenden Weisungserteilung als unverzichtbar erscheint, ist eine Aufgabenwahrnehmung durch die unmittelbare Verwaltung sinnvoller als durch mittelbare Verwaltungsträger, die als staatsdistanzierte Einheiten durch die prinzipielle Beschränkung auf die Rechtsaufsicht nur verringerter Kontrolldichte unterliegen, oder durch privatrechtsförmige Organisationsformen, bei denen die staatliche Einflußnahme aufgrund fehlender Weisungsrechte gegenüber den in die Aufsichtsgremien entsandten Mitgliedern22 gering oder auch nur verschwindend klein ausfällt.

II. Organisationsformen bei der Erfüllung staatlicher und öffentlicher Aufgaben durch unmittelbare Verwaltungsträger Davon ausgehend, daß entsprechend der Eingrenzung an dieser Stelle nur die rechtsfähigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Träger der unmittelbaren Verwaltung angesprochen sind, nicht aber die privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheiten oder Träger mittelbarer Verwaltung,23 wird deutlich, daß sich die unmittelbare Verwaltung im Unterschied zu den verschiedenartigen Trägern mittelbarer Verwaltung auf nur zwei rechtsfähige „Trägertypen“ stützen kann, nämlich die Landesverwaltungen sowie die Bundesverwaltung. Für diese Träger 19 Zur „Gefahr asymmetrischer Interessenberücksichtigung“ durch kooperative und informelle Strategien Nahamowitz, in: Voigt (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 130. 20 Vgl. Müller, Rechtsformenwahl, S. 389; am Beispiel des Lebensmittelsektors Nahamowitz, in: Voigt (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 124 f. 21 Vgl. auch Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Staatsaufgaben, S. 664. 22 Hierzu ausführlich 7. Teil, Kap. E, Fn. 317 ff. 23 Vgl. 5. Teil, Kap. B, insbesondere unter Fn. 22.

12 John-Koch

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

unmittelbarer Verwaltung als jeweiliges Endsubjekt einer rechtlichen Zuordnungskette sind zudem die Zuständigkeitskataloge im wesentlichen im Grundgesetz bereits geregelt.24 Um ihre Handlungsfähigkeit herzustellen, bedienen sich öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger der Behörden25 als den klassischen öffentlich-rechtlichen Bausteinen. Charakteristikum dieser in die staatliche Verwaltungshierarchie eingeordneten Verwaltungseinheiten ist vor allem auch im Unterschied zu den privatrechtlichen Verwaltungsträgern26 ihre Nicht-Rechtsfähigkeit: Als Organe des unmittelbaren öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgers nehmen sie die ihnen zugewiesenen Zuständigkeiten im Auftrag und im Namen des Landes oder des Bundes – den eigentlichen Zurechnungsendsubjekten – wahr.27 Darüber hinaus ist mit der Feststellung, daß die Behörden in eine Verwaltungshierarchie eingeordnet sind, auch bereits ein Hinweis auf die Struktur der unmittelbaren Staatsverwaltung gegeben. Die Verwaltungshierarchie ist Ausdruck eines Über- / Unterordnungsverhältnisses, das sich aus der rechtlichen und funktional begründeten Stellung der Behörden im Verwaltungsaufbau ergibt. Obwohl der Aufbau der Verwaltung auf Bundes- und Landesebene sowie zwischen den Ländern zum Teil erheblich differiert, folgt die Typisierung der Behörden im wesentlichen einheitlichen Maßstäben.28 Neben den Ministerien als Organisationseinheiten der Politikformulierung und -vorbereitung29 sowie als Schnittstelle zwischen Parlament und Exekutive gehören obere Behörden, Mittelbehörden und untere Behörden zu den der unmittelbaren Verwaltungsorganisation bekannten Behördentypen. Sie unterscheiden sich im wesentlichen in ihrer jeweiligen sachlichen und örtlichen Zuständigkeit. Problematisch wird eine Strukturierung der Organisationsformen der unmittelbaren Verwaltung, sobald teilverselbständigte Stellen, wie nichtrechtsfähige Anstalten, Kommissionen, Beauftragte oder gar die sogenannten „Stellen“ einbezogen werden,30 24 Die grundsätzliche Länderkompetenz für die Erfüllung staatlicher Aufgaben nach Art. 30 GG wird jedoch durch Spezialregelungen v.a. im VIII. Abschnitt des Grundgesetzes relativiert; vgl. auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 13. 25 Zum Unterschied von organisationsrechtlichem und verfahrensrechtlichem Behördenbegriff siehe John, Verwaltungsorganisation, S. 61 ff. m. w. N. 26 Vgl. 5. Teil, Kap. B, Fn. 22 und Fn. 24. 27 Neben vielen Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 24. Demgegenüber nehmen Organe der privatrechtlich organisierten Verwaltung Befugnisse im Namen nicht des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgers, sondern des privatrechtlichen Unternehmens wahr. Zur Geschäftsführung und Außenvertretung von Kapitalgesellschaften Wöhe / Döring, Einführung, S. 295 ff.; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 242 ff., 329 ff. 28 Hierzu ausführlich B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 232 ff., 275 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 14 ff., 36 ff.; Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 101 ff.; John, Verwaltungsorganisation, S. 109 ff. 29 Hierunter sind auch Maßnahmen zur Sicherung einer „Good Governance“ (vgl. Hill, VOP 12 / 2000, S. 10 ff.) einschließlich eines neuerdings eingeforderten Risikomanagements auch für den öffentlichen Sektor (hierzu Hill, innovative Verwaltung 12 / 2002, S. 10 f.) als politikübergreifendes strategisches Management zu fassen.

A. Die unmittelbaren Verwaltungsträger

179

die aufgrund ihrer geringen Normierung zwar flexibel einsetzbar, systematisch aber kaum zu erfassen sind.31 Diese Organisationsformen knüpfen zum Teil an mittelbare und privatrechtliche Verwaltungsträger an und bilden von daher eine Schnittstelle. Doch obwohl beispielsweise nichtrechtsfähige Anstalten innerhalb der unmittelbaren Verwaltung organisatorisch verselbständigt sind, also über das Recht einer eigenen Anstaltsleitung und einer eigenständigen inneren Organisationsgestaltung verfügen, besitzen sie dennoch keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern bilden Teilsysteme des Verwaltungsträgers und unterliegen insoweit seiner Rechts- und Fachaufsicht.32 Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit sind Behörden nach Politikfeldern und nach Art der Aufgabenwahrnehmung zu differenzieren. So sind Oberbehörden als Bindeglied zwischen Gubernative und Exekutive insbesondere in die administrative Unterstützung der Ministerien und in die Umsetzung politischer Programme eingebunden.33 Die Umsetzung vollzieht sich entweder im Rahmen der Aufgabenvorbereitung und Aufgabenplanung sowie durch Beratung der nachgeordneten Ebene oder auch im Zuge eigener gesetzesausführender Tätigkeit. Demgegenüber steht bei den unteren Behörden mit ihrer Orts- und Problemnähe die Gesetzesausführung oder ein ausdrücklicher Dienstleistungsauftrag im Vordergrund; ihre Zuständigkeit bezieht sich vor allem auf publikumsintensive Aufgaben.34 Die Regierungspräsidien als allgemeine Mittelinstanz nehmen neben gesetzesausführender Tätigkeit aufgrund ihrer Verortung zwischen Programmplanungsund Ausführungsebene eine horizontale und vertikale Koordinierungsfunktion wahr, die nach vorherrschender Meinung insbesondere in Flächenstaaten andere Behörden in diesem Maße nicht erfüllen können.35 Um trotz der organisatorischen – nicht aber rechtlichen – Verselbständigung und funktionalen Differenzierung der Behörden eine politische Gesamtverantwortung zu gewährleisten, nehmen übergeordnete Behörden Aufsichtsfunktion über den 30 U.a. B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 239 ff., 243 ff.; Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 111 ff.; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 52 Rn. 32. 31 Zum Versuch einer Systematisierung vgl. §§ 26 ff. Entwurf-BOG, in: Loeser, BundesOrganisationsgesetz, S. 261 ff., 274 ff.; vgl. auch E.-H. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 76 ff. 32 Vgl. Müller, Rechtsformenwahl, S. 443 ff.; B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 239 ff. (240); Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 2 Rn. 62; zur nichtrechtsfähigen Anstalt, die besser als Einrichtung bezeichnet werden sollte, auch Lange, VVDStRL 44, S. 170 ff., 185 ff. 33 Vgl. u. a. B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 289 ff., 324 ff.; Müller, Rechtsformenwahl, S. 438 ff. 34 Vgl. Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 83 I c; Müller, Rechtsformenwahl, S. 434 f.; Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 2 Rn. 35 ff. 35 Allgemein zur Mittelinstanz B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 329 f.; zu Funktionen und Aufgaben Helbing, Alternative Möglichkeiten, S. 5 ff. Zur Reform der Mittelinstanz speziell in Rheinland-Pfalz vgl. Staatskanzlei Rheinland-Pfalz (Hrsg.), Voran 7, sowie das rheinland-pfälzischeVwORG.

12*

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

ihnen jeweils nachgeordneten Bereich wahr. Diese Aufsicht erstreckt sich als Dienstaufsicht auf die interne Geschäftsverteilung, auf personalrechtliche Angelegenheiten und auf eine rechtmäßige Geschäftserfüllung.36 Darüber hinaus wird im Rahmen der Fachaufsicht als Weisungsrecht, „das sich sowohl auf die Recht- wie auf die Zweckmäßigkeit einer Entscheidung bezieht“,37 auch die Art der Aufgabenwahrnehmung selbst überwacht, um den administrativen hierarchischen Zusammenhang sicherzustellen, eine einheitliche Aufgabenerfüllung zu gewährleisten und eine parlamentarische Kontrolle der Verwaltung zu sichern.38 Solange sich die Ausdifferenzierung der Staatsverwaltung nach dem Prinzip der Zuständigkeit und ihre Rückbindung durch das Instrument der Aufsicht auf die unmittelbare Staatsverwaltung als Behördenorganisation im oben beschriebenen Umfang beschränkt,39 erweist sich diese als ein in sich geschlossenes und trotz ihrer hohen Anzahl an Verwaltungseinheiten relativ überschaubares Organisationsformensystem. Dieser Eindruck wird nicht zuletzt durch die in Einzelgesetzen oder in kodifizierenden Organisationsgesetzen40 rechtlich weitgehend durchnormierte Verwaltungsorganisation verstärkt. Hinsichtlich der Organisation der unmittelbaren Verwaltung, ihrer Aufgliederung in Behörden als rechtlich unselbständige Organe sowie ihrer Rückbindung an die Ziele, Aufgaben und die Verantwortlichkeit der Gesamtorganisation kann somit unmittelbar an das Verwaltungsorganisationsrecht angeknüpft werden.

B. Staatsnahe öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger – Die mittelbare Verwaltung Neben dem Staat als unmittelbarem Verwaltungsträger existieren weitere rechtlich verselbständigte Einheiten, die ebenfalls Endsubjekt in der Zurechnungskette 36 Zur Dienstaufsicht als allgemeine Behörden- oder Organaufsicht John, Verwaltungsorganisation, S. 163 ff. m. w. N.; Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 44; B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 875 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 32. Während Groß, DVBl. 2002, S. 796 f., zwischen der Dienst- und der Behördenaufsicht unterscheidet, soll hier an dem in den Landesorganisationsgesetzen geläufigen Begriff der Dienstaufsicht festgehalten werden. 37 Groß, DVBl. 2002, S. 793, 795. 38 Zur Fachaufsicht als klassisches Kontrollinstrument von Behörden der unmittelbaren Verwaltung vgl. neben Groß (Fn. 37) insbesondere B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 876 f.; Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 50 f.; John, Verwaltungsorganisation, S. 168 ff. Zur Veränderung der innerbehördlichen Aufsicht im Zuge des Neuen Steuerungsmodells u. a. Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 310 ff.; Pitschas, DÖV 1998, S. 912 ff.; Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 81 f. 39 Vgl. oben, unter Fn. 30. 40 Ein Überblick über Landesorganisationsgesetze bei John, Verwaltungsorganisation, S. 27 ff.; M. König, Kodifikation, S. 114 ff., dort (S. 223 ff.) auch ein Entwurf für Thüringen; für die Bundesebene Loeser, Bundes-Organisationsgesetz, S. 261 ff.

B. Staatsnahe öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger – Die mittelbare Verwaltung 181

von Rechten und Pflichten sind und „nur zur Wahrnehmung legitimer öffentlicher Aufgaben errichtet werden dürfen“.41 Da sie im Unterschied zu Bund oder Land erst durch staatlichen Akt als rechtsfähige Organisationen des öffentlichen Rechts errichtet werden und damit in ihrer Existenz und ihren (öffentlichen) Aufgaben nur abgeleitet sind, handelt es sich um mittelbare Verwaltungsrechtsträger. Dennoch kann auch hier von einer – wenn auch nur mittelbaren – Erfüllungsverantwortung des Staates42 gesprochen werden, da der Staat durch ihm mittelbar zuzurechnende Organisationsformen ebenfalls „in eigener Regie das Ergebnis herbeiführt, das die Rechtsnorm regelt“,43 wenn auch kein direktes Weisungsverhältnis zu den Organisationen der mittelbaren Verwaltung besteht.44 Zu den der deutschen Rechtsordnung bekannten mittelbaren Verwaltungsträgern gehören Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Beliehenen, die allerdings einen Sonderfall mittelbarer Verwaltung darstellen.45 Das diese Typen mittelbarer Verwaltungsträger ihrer Verschiedenartigkeit zum Trotz einigende Moment liegt in der organisatorischen und rechtlichen Verselbständigung gegenüber dem Staat, an den sie aber – im Unterschied zu Privatrechtssubjekten – gebunden bleiben, da ihre Existenz, aber auch weitgehend ihr Aufgabenbestand letztlich vom Staat abgeleitet sind. Nicht erst im Zuge der Diskussion um Privatisierung und Deregulierung ändert sich das Erscheinungsbild der ursprünglich hierarchisch gegliederten Verwaltungsorganisation; bereits mit der Wahrnehmung staatlicher und öffentlicher Aufgaben durch mittelbare Verwaltungsträger und mit der Bildung einer Vielzahl von dezentralisierten Trabanten innerhalb des staatlichen Organisationsgefüges hat sich eine netzwerkähnliche Struktur herausgebildet, die der Koordination und Kontrolle nicht zuletzt durch aufsichtsrechtliche Instrumente bedarf, um trotz der Pluralisierung die „Einheit der Verwaltung“ als Gestaltungsprinzip zu wahren.46

41 Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 34, 122; im Anschluß an BVerfGE 10, 89, 102; 10, 354, 363; 38, 281, 297. 42 Vgl. Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 79: „mittelbare Erfüllungsverantwortung durch Trabanten des Verwaltungssystems“. 43 Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 366. 44 Vgl. Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 212, 215; Groß, DVBl. 2002, S. 798 f. 45 Zur Stiftung und Beleihung als im Grundgesetz „nicht ausdrücklich geregelte Organisationsformen“ Blümel, HbStR IV, § 101 Rn. 86 ff. 46 Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 212 ff. Zur Aufsicht über mittelbare Verwaltungsträger Lange, VVDStRL 44, S. 199 ff. (Anstalt); Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 826 (Stiftung), sowie T. Schmidt, ZG 2002, S. 362 ff. (Beliehene).

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I. Aufgabenumfang Orientiert an der Unterscheidung zwischen konditional und final programmierten Aufgaben kann zunächst ganz allgemein die These aufgestellt werden, daß „nicht oder nur gering (= final) programmierte Aufgaben die Entstehung von verselbständigten Verwaltungseinheiten tendenziell begünstigten“.47 Für den Vollzug von Konditionalprogrammen, die als regelhafte Aufgabenerledigung mit einem hohen Grad an Programmierbarkeit48 im Bereich der staatlichen Aufgaben insbesondere die Ordnungs- und Eingriffsverwaltung prägen, gelten Organisationsformen der mittelbaren Verwaltung gegenüber Behörden der unmittelbaren Verwaltung in der Regel als eher unzweckmäßig.49 Hinsichtlich der Übertragung interessengeleiteter staatlicher Aufgaben50 auf staatsmittelbare Träger werden einzelne Restriktionen geltend gemacht, die sich insbesondere auf körperschaftlich verfaßte Organisationsformen beziehen, die gerade „zur gemeinschaftlichen Verwaltung der sie betreffenden Angelegenheiten“ gegründet wurden51 und auf die Einsatzbereitschaft der Mitglieder setzen.52 So wird zu bedenken gegeben, daß es zu einer einseitigen Vertretung spezifischer Interessen bei der Erfüllung staatlicher oder öffentlicher Aufgaben kommen kann, wenn die Interessen der Mitglieder einer Körperschaft zu Lasten der Interessen der Allgemeinheit überbetont werden.53 Von daher kann eine Dezentralisierung von Aufgaben auf Körperschaften, für die eine Gleichgewichtigkeit der Interessenartikulierung nicht gesichert ist und die sich gleichzeitig nicht nur auf die Angelegenheiten der in der Körperschaft zusammengeschlossenen Mitglieder beziehen, sondern „gruppenübergreifende, das Gesamtwesen betreffende Aufgaben54 umfassen, Probleme aufwerfen. Um inhaltsbezogene Aussagen treffen zu können, für welche öffentlichen Aufgaben sich eine Erfüllung durch öffentlich-rechtlich organisierte und damit dem staatlichen Bereich zuzurechnende, dennoch staatsdistanzierte mittelbare Träger

47 So u. a. Schuppert, in: Hood / Schuppert (Hrsg.), Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 211 f. (S. 212); vgl. im Gegenzug auch Fn. 14. 48 Vgl. oben, Kap. A I unter b). 49 Zum Einsatz der Anstalt des öffentlichen Rechts auch in der Eingriffsverwaltung vgl. aber Fn. 87. 50 Vgl. hierzu Kap. A I unter c) 51 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 40. Zu den sogenannten interessenvertretenden Körperschaften vgl. Schuppert, in: Hood / Schuppert (Hrsg.), Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 215. 52 Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 84 Rn. 4. 53 So etwa Müller, Rechtsformenwahl, S. 400. 54 Müller, Rechtsformenwahl, S. 456. Loeser, Bundesverwaltung I, S. 111, bezeichnet diese Aufgaben als „mithin genuine Staatsaufgaben“, die „den Körperschaften verschlossen (sind)“.

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anbietet, kommt eine zwar vereinfachte, aber durch die Ausrichtung an einzelnen Politikfeldern inhaltlich aussagekräftige Typologie in Betracht: Nach Funktionen unterschieden, stellen die planende bzw. lenkende sowie die leistende und fördernde55 Verwaltung den klassischen Bereich einer Übertragung öffentlicher Aufgaben auf mittelbare Verwaltungsträger dar. Insbesondere auf dem Gebiet der Wirtschaftslenkung als Ausschnitt der Infrastrukturverwaltung56 sind vielfältige Aufgaben auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen der mittelbaren Verwaltung übertragen worden; als Beispiele werden regelmäßig der Erdölbevorratungsverband, die Einfuhr- und Vorratsstellen für Lebensmittel sowie die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr benannt;57 im landwirtschaftlichen Bereich spielen aber auch die (öffentlichen) Genossenschaften eine erhebliche Rolle.58 Wenn der öffentliche Zweck von Anstalten des öffentlichen Rechts explizit darin liegt, „Leistungen für die Bürger oder sonstige außerhalb der Verwaltung stehende Rechtssubjekte aufgrund eines Benutzungsverhältnisses“ zu erbringen,59 wird deutlich, daß mittelbare Träger gerade zum Zwecke einer Dezentralisierung von Aufgaben der Leistungsverwaltung geschaffen werden. Zu diesem Aufgabenkanon zählen insbesondere Aufgaben der Sozialverwaltung, wie etwa die Sozialversicherung60 und die gesetzliche Altersversorgung, Aufgaben des öffentlichen Gesundheitswesens61 sowie besondere, wohltätige Zwecke, aber auch Aufgaben im Bereich der beruflichen Aus- und Fortbildung, wie sie die Bundesanstalt (jetzt Bundesagentur) für Arbeit62 im Rahmen der Berufsberatung wahrnimmt. Neben der Sozialverwaltung stehen innerhalb der leistenden Verwaltung des weiteren kulturelle Aufgaben im Mittelpunkt mediatisierter Verwaltungsorganisation. Kultur ist 55 Zur „Förderungsverwaltung“ Schuppert, in: Hood / Schuppert (Hrsg.), Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 209 f.; speziell zur Wirtschaftsförderung und Wirtschaftsplanung Faber, Verwaltungsrecht, S. 383 ff. 56 Eine gesonderte Behandlung der Infrastrukturverwaltung, die häufig dem „negativ definierte(n) Begriff der Leistungsverwaltung“ zugerechnet wird (Faber, Verwaltungsrecht, S. 347 ff., Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 152 f.), bietet sich hier an. 57 Einschlägig ist immer noch die umfangreiche Aufstellung von Loeser, Bundesverwaltung I, hier S. 113, 119; ferner B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 312; Müller, Rechtsformenwahl, S. 69; Wolff / Bachof / Stober Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 98 Rn. 22; auch Schuppert, in: Hood / Schuppert (Hrsg.), Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 210 f.; für den Bund Blümel, HbStR IV, § 101 Rn. 114 f. 58 Vgl. hierzu Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 97. 59 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 46. 60 Ausführlich Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 96. 61 Zum Krankenhaus als Anstalt des öffentlichen Rechts in Rheinland-Pfalz 1. Teil, Kap. A, Fn. 14. 62 Zur rechtlichen Einordnung der Bundesanstalt für Arbeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit anstaltlichem Charakter in einzelnen Aufgabenfeldern Loeser, Bundesverwaltung I, S. 119 mit Fn. 512; bzw. als Anstalt des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsrecht Faber, Verwaltungsrecht, S. 86.

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in diesem Zusammenhang als gesellschaftlicher Auftrag und gleichermaßen administrative Aufgabe63 weit zu fassen und bezieht sich nicht nur auf den Betrieb von Museen und Theatern, sondern beispielsweise auch auf die Sicherstellung eines Mindestangebots von Information durch öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen oder auf die Gewährleistung des Bildungsangebots durch den Unterhalt von Schulen und Hochschulen sowie auf staatlich-administrative Beiträge im Rahmen der Forschungsförderung.64 II. Organisationsformen bei der Erfüllung staatlicher und öffentlicher Aufgaben durch mittelbare Verwaltungsträger Über die Unterschiede der Organisationsformen mittelbarer Verwaltung als Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, die im allgemeinen als Trias der juristischen Personen des öffentlichen Rechts bezeichnet werden, ist viel diskutiert worden. Insbesondere die Stellung der Anstalt gegenüber der Körperschaft und der Stiftung erscheint weiterhin nicht geklärt, da zum einen das Abgrenzungskriterium ,Mitglieder‘ zur einen Organisationsform aufzuweichen droht, zum anderen das Charakteristikum der Stiftung – Kapital- oder Sachmittelbestand zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben – im Grunde auch für Anstalten typisch ist.65 Auch wenn sich die Unterschiede zum Teil überlebt haben, soll dennoch an dieser Trias festgehalten werden, da sie bestimmte Intentionen für die Art und Weise einer Aufgabenerfüllung ausdrückt und sich somit eine – begrenzte – Zuordnung von Typen öffentlicher Aufgaben zu den Organisationsformen plausibel machen läßt. Gemeinsamkeit aller Organisationsformen der mittelbaren Verwaltung ist grundsätzlich die Verfolgung staatlicher oder zumindest öffentlicher Aufgaben. Die Intensität und das Verhältnis zwischen eigenen und öffentlichen Aufgaben variieren allerdings ebenso wie die Grenzen einer Übertragbarkeit von staatlichen und öffentlichen Aufgaben auf mittelbare Verwaltungsträger, und zwar in Abhängigkeit von der jeweiligen Organisationsform.66

63 Ein Überblick über die Entwicklung der Trägerschaft kultureller Aufgaben von zunächst zivilgesellschaftlichem Engagement zur öffentlichen Trägerschaft als „Verstaatlichung“ bei B. Wagner, in: Zimmer / Nährlich (Hrsg.), Engagierte Bürgergesellschaft, S. 107, 111 f. 64 Vgl. die Aufstellung bei Loeser, Bundesverwaltung I, S. 119, 123; B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 312, 333; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., §§ 93, 98 Rn. 22, § 101. Während nach Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 125 ff. (127), im Wissenschaftsrecht „nahezu das gesamte Formenspektrum des öffentlichen und des privaten Organisationsrechts“ anzutreffen ist, dominieren bei Theatern (öffentlich-rechtliche) Regie-, vor allem aber Eigenbetriebe sowie die privatrechtliche Organisationsform der GmbH, hierzu Mühlenkamp, ZögU 2001, S. 156 f. 65 Hierzu etwa Breuer, VVDStRL 44, S. 220 f. m. w. N.; zur Stiftung als „Unterfall“ der Anstalt ebd., S. 231; Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 32; auch Laubinger, FS Maurer, S. 646 ff. m. w. N. Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 30 ff., verweist darauf, daß vormals von Stiftungen wahrgenommene Aufgaben nun von Anstalten erfüllt werden.

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1. Körperschaften des öffentlichen Rechts Körperschaften des öffentlichen Rechts als mitgliedschaftlich verfaßte und durch staatlichen Akt als öffentlich-rechtliche Körperschaften gegründete Organisationen „dienen stets öffentlichen Zwecken, können zugleich aber auch private Interessen befriedigen“.67 Eine charakteristische Besonderheit der Körperschaften des öffentlichen Rechts stellt das Prinzip der Selbstverwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten dar. Als Organisation im Grenzbereich zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Sphäre68 verfolgen sie auf der einen Seite die Interessen ihrer Mitglieder und erfüllen auf der anderen Seite die ihnen – enumerativ – übertragenen öffentlichen und staatlichen Aufgaben.69 Staatlicherseits wird hierdurch der Sachverstand und das Problembewußtsein innerhalb der selbstverwalteten Interessenorganisation als Betroffenenverwaltung genutzt; aus Sicht der Körperschaft kann die Nähe zu staatlichen Instanzen die Interessenartikulation und Interessenvertretung positiv beeinflussen.70 Bei den Aufgaben, die Körperschaften als dem staatlichen Bereich zuzurechnende Organisationsform und damit als Behörde wahrnehmen, kann es sich sowohl um staatliche als auch um öffentliche Aufgaben handeln.71 Hinsichtlich der staatlichen Aufgaben sowie der durch den Staat (noch) wahrgenommenen öffentlichen Aufgaben erscheint die Erfüllung durch Körperschaften insoweit sinnvoll, als sie den Übergang zum öffentlich-privaten Bereich72 durch ihre Schnittstellen- oder Mittlerfunktion zwischen Staat und Gesellschaft fließend gestalten können. Allerdings ist angesichts der mitgliedschaftlichen, insbesondere einer zumeist zwangsmitgliedschaftlichen Struktur der Umfang derjenigen Aufgaben begrenzt, die auf die Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen werden können. So muß zum einen ein Sachzusammenhang mit den körperschaftlichen Angelegenheiten gegeben sein. Sowohl Aufgaben, die den körperschaftlichen Agenden gegenüber nicht „systemgerecht“73 sind, als auch Angelegenheiten, die über die Belange einer 66 Da die Organisationsformen der mittelbaren Träger ebenfalls in den Organisationsgesetzen weitgehend normiert sind (so auch M. König, Kodifikation, S. 200 ff.), werden sie nachfolgend nur kursorisch behandelt. 67 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 84 Rn. 13. 68 Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 126. 69 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 84 IV b; B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 223. Zum Enumerationsprinzip als Unterscheidungskriterium zur gemeindlichen Allzuständigkeit u. a. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 42. Zur Beleihung von Körperschaften des öffentlichen Rechts mit hoheitlichen Befugnissen gegenüber Nicht-Mitgliedern T. Schmidt, ZG 2002, S. 357. 70 Vgl. Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 234; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 601. 71 Vgl. 4. Teil, Kap. D d). 72 Hierzu 4. Teil, Kap. D b), c); zur Ausgleichsfunktion allgemein der juristischen Personen des öffentlichen Rechts zwischen öffentlichen und privaten Interessen siehe Müller, Rechtsformenwahl, S. 402.

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Körperschaft hinausgehen und gruppenübergreifend das Gemeinwesen als solches betreffen, sind von einer Zuweisung auf Körperschaften ausgenommen. Wenn zum anderen der Zweck, zu dem Körperschaften des öffentlichen Rechts errichtet werden, ein öffentlicher sein muß, ist des weiteren auch eine Verfolgung rein fiskalischer Ziele durch diese Organisationsformen zwangsläufig ausgeschlossen.74 Aufgrund ihrer Funktion als Schnittstelle zwischen Staat und Gesellschaft können Körperschaften einerseits die „Selbstregulierungsmechanismen des Marktes“75 nutzen und sich durch die Partizipation der Mitglieder ihrer subsidiären Aufgabenverantwortung stellen. Gleichzeitig jedoch sind sie durch die öffentlichrechtliche Organisation dem staatlichen Bereich nicht vollständig entzogen, sondern unterliegen – wie die anderen Träger mittelbarer Staatsverwaltung auch – einer eingeschränkten staatlichen Aufsicht, die sich auf die Einhaltung der allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie in Ausnahmefällen auch auf den fachlichen Aspekt der Aufgabenerfüllung beziehen kann.76 Unter dem Gesichtspunkt der Verantwortungsteilung bilden Körperschaften somit die erste (Vor-)Stufe: Sie gehören zwar grundsätzlich noch dem staatlichen Bereich an, ragen aber bereits in die gesellschaftliche Sphäre hinein. Im Unterschied zum Konzept der Verantwortungsteilung wird allerdings das Verhältnis von öffentlichem Recht und privatem Recht77 nicht nachhaltig problematisiert; der unverkennbar öffentlich-rechtliche Charakter der Körperschaften des öffentlichen Rechts, der sich auch in den ihnen zugestandenen Handlungsformen widerspiegelt,78 wird weder verändert noch in Frage gestellt.

2. Anstalten des öffentlichen Rechts Auch wenn der Anstaltsbegriff als „Bestand von Mitteln, sächlichen und persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind“, von einer gewissen Unbestimmtheit gekennzeichnet ist,79 wird zumindest der Unterschied zu KörperM. König, Kodifikation, S. 201. Vgl. neben Fn. 54 f. auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 42; Wolff / Bachof / Stober Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 84 Rn. 13; Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 169. Zur Übertragung von Aufgaben nach dem Abfallrecht auf Verbände und Kammern siehe auch 2. Teil, Kap. A, Fn. 252 ff., 275. 75 Müller, Rechtsformenwahl, S. 402, 457. 76 Vgl. Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 126; zur Rechtsaufsicht auch Groß, DVBl. 2002, S. 796. Speziell zur Staatsaufsicht als „Selbstverwaltungskorrelat“ Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 305 ff. m. w. N. 77 Hierzu Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 14. 78 Zu den Handlungsformen Kap. D. 79 Zur Definition Mayers siehe Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 98 Rn. 1; John, Verwaltungsorganisation, S. 132 mit Fn. 502; die Konturen-, nicht aber Prinzi73 74

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schaften hinsichtlich der organisatorischen Konstruktion und damit auch hinsichtlich der Ziele deutlich: Während es sich bei der einen Organisationsform um eine – überspitzt ausgedrückt – öffentlich-rechtlich legitimierte und aufgabenbewehrte Interessenvertretung in Form von Mikrodemokratien oder jedenfalls spezifischen Partizipationsstrukturen handelt, bildet bei der zweiten Organisation ein öffentlichrechtlich legitimierter Betrieb im öffentlichen Interesse den Kern.80 Indem die Anstalten weder über eine mitgliedschaftliche Struktur noch über die der Körperschaft eigene Selbstverwaltungskompetenz verfügen,81 ermangelt es ihnen am „personellen Substrat“82 und damit an der Verklammerung der durch Personen artikulierten gesellschaftlichen Interessen. Im Unterschied zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts hebt die Anstalt des öffentlichen Rechts explizit auf die öffentliche Aufgabe selbst ab, die in einer gewissen unterschiedlich intensiv auszugestaltenden Distanz von staatlichen Stellen wahrgenommen werden soll. Die sächlichen und persönlichen Mittel stellen demnach nur ein Instrument dar, um den öffentlichen Zweck, für den die Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet wird, dauerhaft zu erfüllen. Diese „gleichsam natürliche Tendenz zur staatsdistanzierten Besorgung öffentlicher Aufgaben“83 läßt die Anstalt des öffentlichen Rechts als apersonale Institution erscheinen, deren Verwaltungsleistungen nicht von einer (aktiven) Interessengemeinschaft getragen oder auch in Anspruch genommen werden, sondern von Bürgern, deren (passive) Interessen an den Leistungen der Anstalt je nach ihrer Rolle als Nutzer, Kunde, als „Konsument oder sogar Objekt“ intensiv oder gering sein oder sogar gänzlich fehlen können.84

pienlosigkeit des Begriffes betont F. Becker, DÖV 1998, S. 99. Nach Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 509, ist wesentliches Merkmal die Verselbständigung von Verwaltungsmitteln; demgegenüber ablehnend zu Sach- und Personalmitteln als Abgrenzungskriterium gegenüber der Körperschaft Laubinger, FS Maurer, S. 651 f. 80 Vgl. Faber, Verwaltungsrecht, S. 57; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 98 Rn. 1. Allerdings verweist Lecheler, FS Maurer, S. 665, auch darauf, daß die Abgrenzung zwischen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts lange umstritten war. 81 Die Mitgliederlosigkeit bezeichnet Laubinger, FS Maurer, S. 652 f., auch als „einziges Unterscheidungsmerkmal der Anstalt gegenüber der Körperschaft“. Zwar ist das Recht auf anstaltliche Selbstverwaltung nicht völlig ausgeschlossen (vgl. Fn. 62), in der Regel aber begrenzt und begründungsbedürftig, so Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 240; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 98 Rn. 17. 82 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 50. 83 Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 240; zur Aufgabenbezogenheit der Anstalt auch Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 170. 84 Vgl. Faber, Verwaltungsrecht, S. 57, sowie Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 47, 52; Lange, VVDStRL 44, S. 173; zur Unterscheidung zwischen aktivem Körperschaftsmitglied und passivem Anstaltsnutzer Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 98 Rn. 13. Kritisch gegenüber der Auffassung einer „Benutzbarkeit der Anstalt“ durch Bürger und der Gleichstellung von Anstalt und öffentlicher Einrichtung Laubinger, FS Maurer, S. 652, 653 ff.

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Zwar werden Anstalten in der Regel als „klassische Rechtsform für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben der Leistungsverwaltung“ bezeichnet; 85 aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit ist jedoch gerade die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts als Teil der mittelbaren Verwaltung „grundsätzlich zu allem fähig“.86 Eine Begrenzung lediglich auf die Leistungsverwaltung ist angesichts der vielfältigen Erscheinungsformen im Bereich der Ordnungs- bzw. Eingriffsverwaltung nicht gerechtfertigt, zumal sie aufgrund von Nutzungsverhältnissen auch einen „bleibenden obrigkeitsstaatlichen Zug“ innehat.87 Wenn sich aber die Anstalt des öffentlichen Rechts einerseits durch unscharfe Merkmale auszeichnet, die ihr andererseits in der organisatorischen Ausgestaltung und in der Anwendung eine hohe Flexibilität ermöglichen,88 stellt sich die Frage, ob es angesichts dieser „Multifunktionalität der öffentlichrechtlichen Anstalt“89 bzw. der einer Anstalt innewohnenden „Auffangfunktion gegenüber anderen Organisationstypen“90 überhaupt möglich ist, einen spezifischen Kanon von – staatlichen oder öffentlichen – Aufgaben vorzuschlagen, für dessen Erfüllung die Anstalt als prädestiniert angesehen werden kann. Einen Ansatz bieten die von Becker und Breuer dargelegten Motive zur Gründung einer Anstalt, die um eine anstaltliche Typologie herum konkretisiert werden:91 Als Motive der Errichtung von Anstalten führt Becker92 eine administrative Entlastung der unmittelbaren Verwaltungsträger, die Übernahme bestehender Einrichtungen in Anstaltsform sowie die Herstellung autonomer (Verwaltungs-)Bereiche „zur Schaffung besonderer Problemlösungskapazitäten“ an. Demgegenüber hebt Breuer vor allem auf die Bildung eines dem Zugriff des unmittelbaren Verwaltungsträgers verschlossenen Sondervermögens ab, auf eine höhere Flexibilität 85 So Püttner, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 223; Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 49 ff.; Lange, VVDStRL 44, S. 171 ff.; vgl. auch Laubinger, FS Maurer, S. 650 mit Fn. 43. Beispiele aus dem Banken-, Versicherungs- und Versorgungsbereich finden sich bei Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 289 ff. 86 Lange, VVDStRL 44, S. 188; ähnlich auch Pielow, FS K. Ipsen, S. 740 f. 87 Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 240; Faber, Verwaltungsrecht, S. 57, dort (S. 150 f.) auch zur Wahl „zwischen verwaltungsrechtlicher und privatrechtlicher Ausgestaltung solcher Nutzungsverhältnisse“ (Hervorhebung d. Verf.). Nachdrücklich auch Breuer, VVDStRL 44, S. 218 f.; zur Eingriffsanstalt Müller, Rechtsformenwahl, S. 461. 88 Vgl. B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 227. Die „Anpassung des Anstaltsrechts an verschiedene politische wie wirtschaftliche Ziele“ ist jedoch nicht grenzenlos, so Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 507. 89 Breuer, VVDStRL 44, S. 231 ff.; Eichhorn, in: Öffentliche Unternehmen, S. 7. 90 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 98 Rn. 6. 91 B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 230; Breuer, VVDStRL 44, S. 227 ff., 232 ff.; ähnlich Müller, Rechtsformenwahl, S. 461. 92 Öffentliche Verwaltung, S. 230; mit dem Motiv der Bildung einer staatsfreien Sphäre zur „Wahrung der grundrechtlichen Freiheit . . . für eine binnenpluralistische Gesamtrepräsentation“ ähnlich Breuer, VVDStRL 44, S. 229 (Hervorhebung B.).

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im Rechtsverkehr,93 auf die Existenz eines fachlich spezialisierten Aufgabenbereichs sowie auf die Möglichkeit einer interessentenbezogenen Mitverwaltung. Anhand dieser Intentionen scheint die Anstalt nicht nur für Aufgaben einer Leistungen bereitstellenden, daseinsvorsorgenden Verwaltung,94 sondern insbesondere auch für vorrangig technisch ausgerichtete Aufgaben der Infrastrukturverwaltung eine geeignete Rechtsform darzustellen,95 wobei es sich sowohl um staatliche als auch um öffentliche Aufgaben handeln kann. Kennzeichnend für beide Verwaltungstypen – für die Daseinsvorsorge und die Infrastrukturverwaltung – ist jener apersonale instrumentelle Charakter, der innerhalb des Aufgabenspektrums der Körperschaften in dieser Ausprägung nur selten anzutreffen ist. Darüber hinaus ergibt sich aber ein weiterer, für die Aufgabenzuordnung weitaus gravierender Unterschied zu den Körperschaften: Körperschaften des öffentlichen Rechts markieren bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben aufgrund ihrer Mittlerfunktion einen Übergang vom staatlichöffentlichen zum öffentlich-privaten Bereich und können somit als Vorstufe einer materiellen verantwortungsteiligen Aufgabenwahrnehmung zwischen Staat und Gesellschaft bezeichnet werden.96 Demgegenüber scheint das Konzept der Verantwortungsteilung auf Anstalten des öffentlichen Rechts nicht anwendbar zu sein, zumindest nicht in dem Verständnis, daß es sich um eine Teilung zwischen Staat und Gesellschaft handelt; allenfalls kann von einer institutionellen Verantwortungsteilung gesprochen werden. Von daher bezieht sich die Rechtsform „Anstalt des öffentlichen Rechts“ – im Unterschied zur Körperschaft – auch nicht auf den Bereich öffentlicher Aufgaben, bei denen der Übergang von einer staatlichen zu einer privaten Erfüllung zwar erwünscht, aber noch nicht abschließend vollzogen wurde. Vielmehr nimmt die Anstalt des öffentlichen Rechts öffentliche Angelegenheiten aktiv wahr und steht in der Erfüllung dieser Agenden neben privaten Institutionen, ohne eine Aufgabenverlagerung in den privaten Sektor zu forcieren.97 Die93 Diese Gründe bewertet B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 230, als „reine Finanzierungsmotive“ bzw. als Flucht aus „Zwängen des Haushalts- und Organisationsrechts“ eher negativ. 94 Vgl. etwa die Gründung kommunaler Anstalten des öffentlichen Rechts (2. Teil, Kap. A, Fn. 237 f.) für Aufgaben der Abfallentsorgung als wichtigster Bereich kommunaler Daseinsvorsorge (so Otting, der gemeinderat 2001, S. 60), sowie der Abwasserbeseitigung, hierzu Queitsch, UPR 2000, S. 253. Zur anstaltlichen Organisation der Sparkassen Henneke, NdsVBl. 2000, S. 135 f. 95 So auch Bull, FS Maurer, S. 554. 96 Vgl. oben, insbesondere Fn. 72 ff. 97 Zu dieser Unterscheidung 4. Teil, Kap. D, Fn. 104 ff.; vgl. auch Laubinger, FS Maurer, S. 643. Dieser Ansatz wird besonders deutlich bei der Kapitalgesellschaft des öffentlichen Rechts und der „Parallelität der Figur des Kapitaleigners zu den Formen des privaten Gesellschafts-, vornehmlich des Aktienrechts“, so F. Becker, DÖV 1998, S. 101, allerdings bestehe aufgrund dieser Nähe ein Kompetenzübergriff der Länder in die konkurrierende Bundesgesetzgebung für das Gesellschaftsrecht, so daß die Zulässigkeit landesorganisationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher Kapitalgesellschaften mehr als fraglich scheine (S. 102 ff.).

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ses Festhalten an einer grundsätzlich staatlichen Aufgabenerfüllung wird insbesondere in dem Autonomiemotiv deutlich, das zur Errichtung einzelner Anstalten des öffentlichen Rechts führt: Zwar soll eine in unterschiedlicher Intensität ausgestaltete Staatsdistanziertheit der Organisationsform gewährleistet werden, ohne allerdings auf eine Anbindung an oder Übertragung auf die gesellschaftlich-private Sphäre ausgerichtet zu sein.98 Unterstützt wird diese Annahme durch neuere Entwicklungen auf kommunaler Ebene: Obwohl sich die Anstalt als flexibel gestaltbare Organisationsform für vielfältige Aufgabenbereiche anbietet, wurde ihr ein antiquierter, bürokratischer Charakter unterstellt, womit „aus psychologischem Blickwinkel eine Erklärung für die augenblickliche Tendenz zur privaten Rechtsform, die mehr positive Assoziationen weckt“, gegeben war.99 Neuerdings gehen aber verschiedene Länder dazu über, die Gemeindeordnungen zu ändern und auch den Kommunen zu gestatten, rechtsfähige Anstalten öffentlichen Rechts errichten zu können,100 um auch auf kommunaler Ebene grundsätzlich den „Vorrang der öffentlichen (vor der privatwirtschaftlichen) Rechtsform für wirtschaftliche Unternehmen“ hervorzuheben.101 Da in den Begründungen übereinstimmend darauf hingewiesen wird, daß die Anstalt als öffentlich-rechtliche Organisationsform „der Gemeinde eine bessere Steuerung als privatrechtliche Organisationsformen“ ermöglicht,102 somit eine intensivere Kontrolle der Aufgabenstellung erforderlich erscheint, soll demnach eine Übertragung auf den privaten Sektor – sei es durch Organisationsprivatisierung oder durch materielle Privatisierung – bewußt gerade nicht erfolgen. Zwar wird eine rechtliche Verselbständigung in Form einer Ausgliederung aus der unmittelbaren Verwaltung als zweckmäßig angesehen, weiterhin soll jedoch ein staatlicher Einfluß auf 98 Dem widerspricht weder „eine mittlerweile weit geübte Praxis“, Anstaltssatzungen an GmbH-Verträge anzulehnen (Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 806), noch die Beleihung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinheiten mit Anstaltsträgerschaft; vgl. die unterschiedlichen Beispiele einer Organisation der Landesbanken Bayerns und Nordrhein-Westfalens in Anlehnung an die Verbindung von Berliner Landesbank und Wasserbetrieben (Berliner Modell) bei Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 507 f. 99 So Püttner, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 223 f.; ähnliche Beobachtungen bei Pielow, FS K. Ipsen, S. 733, für kommunale Eigen- bzw. Regiebetriebe. Auch Erdmann, NdsVBl. 2003, S. 265, bescheinigt dem Anstaltsbegriff als solchem grundsätzlich keine „sonderliche Anreizwirkung“. 100 2. Teil, Kap. A, Fn. 237 f.; zur bemerkenswerten Renaissance der Anstalt seit einigen Jahren Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 507; Neusinger / Lindt, BayVBl. 2002, S. 689 f. 101 Begründung im Entwurf zum AnstG Sachsen-Anhalt, LT-Drs. 3 / 3022, S. 37 f.; ähnlich verweisen auch Thode / Peres, BayVBl. 1999, S. 6, darauf, daß mit Anstalten „die Konkurrenzfähigkeit der öffentlichen Rechtsform wiederherzustellen“ sei. Demgegenüber verzichtet die Änderung der GemO RP „auf die Festlegung eines Vorrangs bestimmter Rechtsformen für kommunale Unternehmen und Einrichtungen“, so die Begründung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 13 / 2306 v. 24. 11. 1997, S. 30. 102 Begründung im Entwurf zur Änderung der GemO RP, LT-Drs. 13 / 2306 v. 24. 11. 1997, S. 37; Begründung im Entwurf zum AnstG Sachsen-Anhalt, LT-Drs. 3 / 3022, S. 37; M. Menzel, Städte- und Gemeinderat 1999, S. 29; Thode / Peres, BayVBl. 1999, S. 6.

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die Aufgabenerfüllung bestehen bleiben, der über eine Einwirkung auf die Geschäfte privatrechtlicher Organisationen durch eine Vertretung in den jeweiligen Organen als Inhaberaufsicht hinausgeht. Damit versucht der Gesetzgeber, auch auf kommunaler Ebene „die Balance zwischen Selbständigkeit und kommunaler Steuerung zu realisieren“.103 Obwohl die Anstalt des öffentlichen Rechts auf Landes- und Bundesebene eine häufig genutzte Organisationsform darstellt, beschränken sich die meisten Landesorganisationsgesetze auf nur wenige Bestimmungen zur mittelbaren Landesverwaltung allgemein und zu Anstalten des öffentlichen Rechts im besonderen.104 Einerseits mag diese zwar weitgehend einheitliche, insgesamt aber geringe Durchnormierung ihre Berechtigung haben, da der Vorteil vor allem von Anstalten darin liegt, daß für sie eine Struktur mit aufgabenabhängig „maßgeschneidertem Aufbau und Verfahren und genau dosiertem staatlichen Einfluß“105 geschaffen werden kann und sie sich insoweit allgemeingültigen Regelungen entziehen.106 Andererseits stellt sich doch die Frage, ob die landesorganisationsrechtlichen Regelungen nicht um ähnliche Vorschriften ergänzt werden sollten, wie sie in den Gemeindeordnungen niedergelegt sind. So können etwa grundlegende Angaben über die für Anstalten zu bildenden Organe, über die Mitgliedschaft von Regierungs- und Parlamentsvertretern oder Grundzüge der Aufsichtsführung bzw. der Steuerung der Anstalten durchaus gesetzlich geregelt werden, ohne einen Verlust an Flexibilität der Organisationsform Anstalt befürchten zu müssen.107 Auch eine Typenbildung – wie etwa die Unterscheidung von Staatsanstalten, intermediären Anstalten und staatsdistanzierten bzw. gemeinnützigen, gemeinwirtschaftlichen und erwerbswirtschaftlichen Anstalten108 – könnte der Organisationsvielfalt der Anstalt, die bisweilen den Anschein einer Systemlosigkeit erweckt, einen gewissen rechtlichen Rahmen setzen.

103 Menzel / Hornig, BWGZ 2001, S. 184; ferner Pielow, FS K. Ipsen, S. 738 ff: unternehmerische Flexibilität bei Vermeidung von Steuerungsdefiziten; ähnlich Neusinger / Lindt, BayVBl. 2002, S. 690, 696, sowie Erdmann, NdsVBl. 2003, S. 261 f., 265. 104 Vgl. § 21 LOG NRW; § 21 LOG Saar; § 20 LOG Bra; demgegenüber §§ 41 ff. LVwG; hierzu auch John, Verwaltungsorganisation, S. 31. 105 Thode / Peres, BayVBl. 1999, S. 7. 106 Dies ermöglicht, die konkrete Gestalt der jeweiligen Anstalt „bedarfsgerecht zu organisieren und damit den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen“, so F. Becker, DÖV 1998, S. 101. 107 Ähnlich die Begründung zum AnstG Sachsen-Anhalt, LT-Drs. 3 / 3022, S. 37: Das Anstaltsgesetz wahre „eine weitgehende Eigenständigkeit bei der Ausgestaltung der Handlungsbefugnisse . . . namentlich die Steuerungstiefe“. 108 Vgl. einerseits Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 129; andererseits Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 98 II e.

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

3. Stiftungen des öffentlichen Rechts Sowohl die relativ geringe Anzahl109 als auch die uneinheitliche, zum Teil diffuse Begründung für ihre Errichtung läßt die Stiftung des öffentlichen Rechts110 insgesamt als eher untypisches Element der Dezentralisation von Aufgaben auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen erscheinen.111 Hinzu kommt, daß den Stiftungen des öffentlichen Rechts zwar grundsätzlich Hoheitsbefugnisse übertragen werden können, diese aber „zur Erfüllung von Stiftungszwecken gemeinhin nicht erforderlich (sind)“ und von daher eine Ausnahmeerscheinung darstellen.112 Auch wird die Notwendigkeit einer Stiftung des öffentlichen Rechts immer wieder bezweifelt, da zum einen „die Widmung eines Kapitals für einen bestimmten Zweck . . . schon durch die bürgerlich-rechtliche Stiftung langfristig“ gesichert werden kann,113 zum anderen neben öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Stiftungen auch öffentliche Stiftungen existieren, die in der Form als Stiftung des bürgerlichen Rechts „überwiegend öffentliche Zwecke verfolgen“,114 und zudem die Staatsaufsicht z. B. nach dem Stiftungsgesetz Rheinland-Pfalz über öffentliche Stiftungen und Stiftungen des öffentlichen Rechts identisch ist.115 Vor dem Hintergrund der Verantwortungsteilung erscheint die Frage nach dem Bedarf eines aktiven staatlichen Engagements im Stiftungswesen, das über die Aufsicht bzw. Kon109 Faber, Verwaltungsrecht, S. 56; Loeser, Bundesverwaltung I, S. 123, sowie Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 245 mit Fn. 141; Müller, Rechtsformenwahl, S. 463. Neu gegründete Stiftungen des öffentlichen Rechts auf Bundes- und Landesebene hat Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 815 mit Fn. 27, zusammengestellt. Auch für Stiftungen des bürgerlichen Rechts liegen keine exakten Daten vor; die Zahl 10 – 12.000 findet sich bei Janitzki, ZRP 2000, S. 25; vgl. auch J. Menzel, BWGZ 2000, S. 160; Gölz, Staat als Stifter, S. 38 f. Ein verschiedentlich eingefordertes, aber auch mit der Reform des Stftungsrechts nicht realisiertes Stiftungsregister (hierzu Hüttemann, ZHR 2003, S. 43 ff., 64) für private und öffentliche Stiftungen könnte der mangelnden Transparenz abhelfen, wie es etwa § 5 Abs. 5 StiftG RP vorsieht (Einstellung des Stiftungsverzeichnisses in das Internetangebot der Stiftungsbehörde). 110 Zur Stiftungsgeschichte ausführlich Gölz, Staat als Stifter, S. 24 ff.; auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 102 Rn. 1. 111 So B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 231; vgl. auch Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 171, sowie Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 813. 112 Forsthoff, Lehrbuch, S. 508; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 102 Rn. 6. 113 Faber, Verwaltungsrecht, S. 56; vgl. auch Forsthoff, Lehrbuch, S. 506 mit Fn. 3; Loeser, Bundesverwaltung I, S. 122. 114 Z. B. § 3 Abs. 3 StiftG RP; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 102 Rn. 7; auch Forsthoff, Lehrbuch, S. 507. 115 § 10 i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 1 f. StiftG RP; demgegenüber die eingeschränkte Aufsicht über Privatstiftungen nach § 9 Abs. 1 S. 3 StiftG RP. Die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ hingegen ist öffentlich-rechtlich organisiert (§ 1 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ v. 2. 8. 2000, BGBl. I, S. 1263), da so „die Überwachung ihrer Tätigkeit . . . am besten gewährleistet werden (kann)“, vgl. die Begründung zu § 1 Abs. 1, BT-Drs. 14 / 3206 v. 13. 4. 2000, S. 11.

B. Staatsnahe öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger – Die mittelbare Verwaltung 193

trolle privatrechtlicher Stiftungen hinausgeht, im allgemeinen und die Errichtung öffentlich-rechtlicher Stiftungen im besonderen gerechtfertigt. Im Unterschied zu Anstalten zeichnen sich Stiftungen durch einen für bestimmte fremdnützige Zwecke zu verwendenden Bestand an Vermögen aus: Der Stiftungszweck wird seitens der Träger „mit dauernder Wirkung bestimmt“, während der Errichtungszweck von Anstalten „der andauernden Einflußnahme und Dispositionsbefugnis des Trägers unterworfen bleibt“.116 Da zudem die dauerhafte Verfolgung für sinnvoll befundener öffentlicher Aufgaben nur bei langfristiger Sicherung finanzieller Mittel gewährleistet ist, kann mit der Übergabe eines Stiftungsvermögens auf einen mittelbaren Verwaltungsträger „die Frage der Weitergewährung freiwilliger Leistungen“ in Haushaltsberatungen vermieden werden.117 Die Errichtungszwecke von Stiftungen im allgemeinen und öffentlichen Stiftungen im besonderen sind im wesentlichen wissenschaftlicher, kultureller, sozialer und (umwelt-) politischer Art;118 Stiftungen des öffentlichen Rechts werden insbesondere in der „politisch historischen Bildung“, als Museumsstiftungen zur Historie und Kultur des Staates sowie als Wohltätigkeitsstiftungen gegründet.119 Können die Stiftungszwecke noch umrissen werden, treten die Motive für die Errichtung einer Stiftung in öffentlich-rechtlicher Form oftmals nicht deutlich hervor. So scheint es sich auf Bundes- und Landesebene nur vereinzelt um eine Errichtung aus altruistischen Motiven zu handeln, „also Motiven, die der Stiftung wesensmäßig sind“; auch hier überwiegen – wie bei der Anstalt des öffentlichen Rechts – Vermeidungsstrategien oder „Verlegenheitstaktiken“.120 Grundsätzlich werden öffentliche Aufgaben durch öffentlich-rechtliche und insbesondere durch bürgerlich-rechtliche Stiftungen wahrgenommen. Wenn aber im Unterschied zu öffentlichen Stiftungen die Stiftungen des öffentlichen Rechts ausWolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 102 Rn. 3. So Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 2 Rn. 73. Darüber hinaus können Stiftungen zusätzlich Mittel aus dem Haushalt erhalten, vgl. neben Gölz, Staat als Stifter, S. 108 f., beispielhaft § 3 Abs. 3 Gesetz über die Errichtung einer Stiftung zur Aufarbeitung der SEDDiktatur v. 4. 5. 1998, BGBl. I, S. 843; § 3 Abs. 3 Gesetz über die Errichtung einer Otto-vonBismarck-Stiftung v. 23. 10. 1997, BGBl. I, S. 2582. Kritisch gegenüber längerfristige Planungen erschwerenden Zuweisungen „nach Maßgabe des Haushalts“ Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 827. 118 Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 102 Rn. 7; J. Menzel, BWGZ 2000, S. 160. Kirchenstiftungen sollen in dieser Untersuchung unberücksichtigt bleiben. 119 Gölz, Staat als Stifter, S. 55, dort (S. 55, 79) auch der Hinweis auf die – öffentlichrechtliche – Forschungsförderung, die in der Regel in anstaltlicher Form stattfindet, Stiftungen sind in diesem Bereich bürgerlich-rechtlich organisiert; hierzu auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 55; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 102 Rn. 5. Vgl. hingegen den Hinweis von Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 826 mit Fn. 93, auf die Zulässigkeit der Organisationsform „Stiftung des öffentlichen Rechts“ nach dem neuen niedersächsischen Hochschulrecht. 120 B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 231 f.; nach Gölz, Staat als Stifter, S. 74 ff., fehlen Begründungen vollständig oder sie rechtfertigen sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Stiftungen. 116 117

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

schließlich öffentliche Zwecke erfüllen,121 können letztere auch als Sonderform oder als Unterfall der öffentlichen Stiftung angesehen werden. Dies läßt sich beispielsweise dem Stiftungsgesetz Rheinland-Pfalz entnehmen, das auf Stiftungen des bürgerlichen Rechts und öffentlichen Stiftungen aufbaut und Sonderregelungen für die öffentlich-rechtliche Stiftung ergänzend anführt.122 In organisatorischer Hinsicht hat der Staat – überspitzt formuliert – eine dem bürgerlich-rechtlichen (gesellschaftlichen) Bereich entstammende Organisationsform für sich in Anspruch genommen und in das öffentliche Recht übertragen. Mit Blick auf den Aufgabenkanon läßt sich zudem festhalten, daß die für Stiftungen charakteristischen Aufgaben – gemeinnützige Förderung kultureller, sozialer oder sonstiger Angelegenheiten123 – ursprünglich private bzw. öffentlich-gesellschaftliche, nicht aber staatlich-öffentliche Angelegenheiten darstellen, grundsätzlich also dem Bereich der öffentlichen Aufgaben zuzuordnen sind. Aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen der Stiftungen ist es aber unmöglich, die innerhalb der öffentlichen Angelegenheiten ausdifferenzierten Aufgabenabstufungen den einzelnen Stiftungsformen zuverlässig zuzuweisen. Vorsichtig läßt sich festhalten, daß es sich bei dem Aufgabenbereich der sowohl durch Private als auch durch den Staat errichteten Stiftungen des bürgerlichen Rechts um gemeinwohlbezogene Privataufgaben handelt.124 Hingegen können Stiftungen des öffentlichen Rechts, insbesondere Institutionen wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz,125 die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“126 oder die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur127 als Verwaltung des Nachlasses 121 Hinzu kommt die für Auseinandersetzungen relevante Frage des Rechtsweges, hierzu Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 102 Rn. 10; auch Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 809. 122 So etwa in Teil 3 StiftG RP (Besondere Arten von Stiftungen) mit § 10 (Stiftungen des öffentlichen Rechts). Bei der Aufsicht verläuft die Grenze jedoch zwischen bürgerlich-rechtlichen Stiftungen und öffentlichen Stiftungen bzw. Stiftungen des öffentlichen Rechts, vgl. Fn. 115. 123 Vgl. neben den Hinweisen in Fn. 119 auch die Gliederung der nach 1989 gegründeten Stiftungen des öffentlichen Rechts nach Aufgabentypen bei Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 817. 124 Vgl. 4. Teil, Kap. D a). Familienstiftungen als Stiftungen des bürgerlichen Rechts verfolgen demgegenüber vorrangig individuelle privat-gemeinnützige Zwecke; ihr Bezug zum öffentlichen Interesse erschöpft sich in der Regel darin, daß ihre Betätigung „nicht dem öffentlichen Recht zuwiderlaufen“ darf, so § 9 Abs. 1 S. 3 StiftG RP; vgl. hierzu auch Hüttemann, ZHR 2003, S. 62 f. Kritisch gegenüber der Rolle des Staates als privater Stifter und der Errichtung privater Stiftungen durch den Staat Göke, in: Hill (Hrsg.), Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 80. 125 Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz“ und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung v. 25. 7. 1957 (BGBl. I, S. 841 i. d. F. des Art. 3 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. 6. 1990, BGBl. I, S. 1222); hierzu auch Blümel, HbStR IV, § 101 Rn. 87. 126 Fn. 115. 127 Fn. 117.

B. Staatsnahe öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger – Die mittelbare Verwaltung 195

einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bezeichnet werden.128 Im Grunde erscheint nur hier die Konstruktion eines Nachlaßverwalters als juristische Person des öffentlichen Rechts logisch, eine Stiftung nach bürgerlichem Recht hingegen bietet sich nicht an. Hinsichtlich der Verantwortungsteilung kann – ebenfalls mit Vorsicht – die These aufgestellt werden, daß die (öffentliche) Stiftung insbesondere des bürgerlichen Rechts in staatlicher Trägerschaft den temporären Übergang privater Aufgaben im öffentlichen Interesse zu den öffentlichen Aufgaben markiert, indem der Staat auch in Kooperation mit gesellschaftlichen Kräften vorübergehend bislang „ ,verwaiste Interessen‘ als Impulsgeber“ betreut.129 Hier liegt der Unterschied zu den Körperschaften,130 die den Übergang vom staatlich-öffentlichen in den öffentlich-gesellschaftlichen Bereich gestalten helfen, sowie zu den Anstalten als öffentlich-rechtliche Alternative zu privatwirtschaftlichen Organisationsformen.131 Die erleichterte Errichtung einer Stiftung durch die Reform des Stiftungswesens,132 mit der „privat finanzierte gemeinnützige Einrichtungen Ergänzungsfunktionen zu den Aufgaben der öffentlichen Hand wahrnehmen und aus ihren Mitteln bestehende oder neue soziale, kulturelle, wissenschaftliche oder ökologische Projekte fördern“ sollen,133 könnte die Möglichkeit eröffnen, daß sich der Staat sukzessive aus dem Stiftungswesen zurückzieht und Stiftungen des bürgerlichen Rechts allenfalls im Sinne von „Anstiftungen“134 nutzt.135 Mit einer von der Gesellschaft getragenen öffentlichen Stiftung wird die Sachwalterschaft für das Gemeinwohl in die private Sphäre (zurück)gegeben.136 Hingegen bleibt bei der 128 Zur Funktion von Stiftungen als Auffangorganisation für „herrenlos“ gewordenes öffentliches Vermögen Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 814 f. 129 Vgl. Gölz, Staat als Stifter, S. 21. 130 Als weiteres Unterscheidungsmerkmal nennt Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 820, die fehlende demokratische Struktur der Stiftungen. 131 Zur Alternative Anstalt des öffentlichen Rechts oder GmbH bei Unternehmen der Daseinsvorsorge etwa Bull, FS Maurer, S. 558. 132 Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts v. 15. 7. 2002 (BGBl. I, S. 2634). An die Stelle der bisherigen Genehmigung tritt nun die „Anerkennung durch die zuständige Behörde“ (§ 1 Abs. 1); kritisch zu dieser Änderung „rein begrifflicher Natur“ Hüttemann, ZHR 2003, S. 42 ff. 133 So im Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, BTDrs. 14 / 2340 v. 13. 12. 1999, S. 1, mit der Notwendigkeit, für die „Förderung kultureller, sozialer und wissenschaftlicher Projekte und des Sports“ erforderliches „privates Engagement zu erschließen“; vgl. auch FAZ Nr. 16 v. 20. 1. 2000, S. 18: Bürger und Unternehmen sollen ein ,Recht auf Stiftung‘ erhalten. 134 Hierzu Gölz, Staat als Stifter, S. 62 f., 87, mit der Stiftung „Bürger für Bürger“ als privatrechtliche Bundes-„Stiftung auf Zeit“. 135 A.A. Klappstein, Gedächtnisschrift Sonnenschein, S. 827 f., der der in Gestaltungsund Einsatzmöglichkeiten flexiblen Stiftung des öffentlichen Rechts künftig eine bedeutsame Rolle zuweist – auch als Alternative zur Privatisierung. 136 Die „Stärkung des Gedankens der Bürgergesellschaft“ wurde als Ziel der Reform des Stiftungsrechts bezeichnet, vgl. Gesetzentwurf (Fn. 133), S. 2.

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

Stiftung des öffentlichen Rechts, die vor allem staatspolitischen Zwecken dienen sollte, eine (Mit-)Verantwortung beim Staat als Nachlaßverwalter.137

4. Die Beliehenen Eine besondere Variante des (mittelbaren) Verwaltungsträgers stellt das Rechtsinstitut des Beliehenen dar, dessen großer Bedeutung in der Verwaltungspraxis „eine nur geringe Regelungsdichte“ gegenüber steht:138 Durch die Beleihung werden natürliche oder juristische Personen des Privatrechts,139 die Zuverlässigkeit sowie eine entsprechende Sach- und Fachkunde nachweisen,140 beauftragt, einzelne Aufgaben der öffentlichen Verwaltung mit öffentlich-rechtlichen Mitteln zu erfüllen und von daher wie eine Behörde zu handeln.141 Charakteristikum der Beleihung oder – wie Merk142 es ausdrückte – der verliehenen öffentlichen Verwaltung ist somit die Aufgabenerfüllung unter Einsatz des „ausschließlich dem Staat vorbehaltenen öffentlich-rechtlichen Instrumentariums“.143 Umfänglich darf es sich nur um einzelne Kompetenzen handeln, da anderenfalls der Beamtenvorbehalt, der dem Bürger einen rechtsstaatlichen Verwaltungsvollzug gewährleistet, nachhaltig durchbrochen würde,144 und zudem der größte, zumindest aber ein erheblicher Teil der Tätigkeit der Beliehenen staatlicher Natur wäre, somit „das öffentlich-rechtliche Moment überwiegt“ und sie sich als „Anstalten in privater Rechtsform“ wiederfinden könnten.145 137 So in der Begründung zum Gesetzentwurf zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (Fn. 115), S. 1, 10, in der die gemeinsame moralische Verantwortung der Unternehmen und der Bundesrepublik Deutschland bekräftigt wird. Ehlers, Recht der öffentlichen Unternehmen, S. E 148 f., fordert aufgrund von generellen Steuerungsverlusten öffentlich-rechtlicher Stiftungen einen Verzicht – hier für die kommunale Ebene – auf diese Organisationsform. 138 Zu diesem organisationsrechtlichen Desiderat T. Schmidt, ZG 2002, S. 354 ff., 372 f. (Regelungsvorschlag). Die Geschichte der Beleihung zeichnen u. a. Merk, Verwaltungsrecht, S. 752 f.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 1, nach. Zur Renaissance der Beleihung in jüngster Zeit auch Heintzen, VVDStRL 62, S. 240 ff. (241), sowie Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 53 f. 139 Eine kritische Auseinandersetzung mit dem „Privaten“ als Adressaten der Beleihung bei Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 67 ff. 140 Zu diesen aus dem Beamtenvorbehalt nach Art. 33 Abs. 2 GG hergeleiteten Anforderungen an Beliehene T. Schmidt, ZG 2002, S. 358 f. 141 Vgl. die Herleitung bei Stadler, Beleihung, S. 11 ff., 14 ff. 142 Merk, Verwaltungsrecht, S. 739. 143 Burgi, FS Maurer, S. 585; T. Schmidt, ZG 2002, S. 365 f., mit Ausnahme verordnungsund satzungsgebender Befugnisse. 144 Insbesondere Jachmann / Strauß, ZBR 1999, S. 294, 297 f.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 6; auch Stadler, Beleihung, S. 37, dort weitere Ansatzpunkte verfassungsrechtlicher Zulässigkeit und Grenzen (S. 36 ff.). Zum Verhältnis von Funktionsvorbehalt und Beleihung Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 101 ff.

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Beliehene werden übereinstimmend als Verwaltungsträger bezeichnet, sofern sie auf dem Weg der Beleihung eigenverantwortlich und selbständig hoheitliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Dies unterscheidet sie auch von den übrigen Privatrechtssubjekten, die keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen und über deren Eigenschaft als Verwaltungsträger die Ansichten auseinandergehen.146 Es besteht aber insbesondere Uneinigkeit darüber, ob die Beliehenen in dieser Eigenschaft Teil der mittelbaren Verwaltung sind oder der privatrechtsförmigen Verwaltung angehören. Zwar werden sie in der verwaltungsrechtlichen Lehre der mittelbaren Verwaltung zugeordnet,147 vereinzelt findet man sie jedoch auch als Sonderfall „verselbständigter privatrechtsförmiger Verwaltungsträger“ oder auch als „staatlich geförderte private Aufgabenträger“.148 Demgegenüber trennt z. B. Loeser eindeutig zwischen der Bundes-Privatverwaltung unmittelbarer oder mittelbarer Art einerseits und den Beliehenen andererseits.149 Indem Privatrechtssubjekten hoheitliche Befugnisse durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes übertragen werden,150 ihnen in Ausübung dieser Tätigkeit das öffentliche Recht als Sonderrecht des Staates zur Verfügung steht und sie öffentliche „Verwaltungsmacht“ ausüben können, weisen sie nicht nur „eine besonders intensive Verbindung zum Staat“151 auf, sondern sind durch die Angliederung an die Verwaltung auch Teil der Staatsorganisation.152 Dieser fundamentale Unterschied zu den nicht hoheitlich handelnden privatrechtlichen Trägern öffentlicher Aufgaben läßt ihre Darstellung im Rahmen der Organisationsformen mittelbarer Verwaltung und damit innerhalb des Verwaltungsorganisationsrechts gerechtfertigt erscheinen, da sie funktionell grundsätzlich der mittelbaren Verwaltung zugerech145 So Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 122. Nach Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 6, ist es jedoch unerheblich, ob der Beliehene hoheitliche Funktionen „ausschließlich oder nur beiläufig wahrnimmt“; vgl. auch Brüning, SächsVBl. 1998, S. 202 f. 146 Vgl. 5. Teil, Kap. B, Fn. 19 ff. 147 So etwa Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 56 ff.; Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 2 Rn. 52, 75 ff.; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 54 Rn. 24. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104, behandeln Beliehene nicht im Rahmen der privatrechtlich organisierten Verwaltung, sondern widmen ihnen wie auch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen ein eigenes Kapitel; vgl. auch Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 248. 148 Müller, Rechtsformenwahl, S. 250, 414; vgl. auch Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 39. 149 Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 154; auch Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 39, sieht die Beliehenen insbesondere im Rahmen hoheitlicher Tätigkeit „eher in der Nähe der Verwaltungsträger des öffentlichen Rechts als des Privatrechts“. 150 Siehe Stadler, Beleihung, S. 23 f.; Burgi, FS Maurer, S. 588 ff., dort (S. 586 f.) auch Beispiele einer Beleihung ohne gesetzliche Grundlage als „rechtswidrige Gestaltung“. Zur „Rechtsnatur des Übertragungsakts“ auch T. Schmidt, ZG 2002, S. 359 f. 151 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 112. 152 Vgl. Müller, Rechtsformenwahl, S. 250 f.; T. Schmidt, ZG 2002, S. 353; ähnlich auch Stadler, Beleihung, S. 16 mit Fn. 99.

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

net werden können, wenn auch ihr Status ein privatrechtlicher bleibt.153 Der Ansicht von Peine, daß die Beleihung eine „Variante von formeller Privatisierung“ und sachlich somit der Organisationsprivatisierung zuzurechnen sei,154 ist daher nicht zuzustimmen: Zum einen handelt es sich hier um eine Inkorporation Privater in bzw. an die Verwaltung und nicht um eine – wenn auch nur rein formelle – Ausgliederung aus der Verwaltung,155 zum anderen ist die Übertragung einzelner Hoheitsrechte das Charakteristikum der Beleihung, nicht aber der formellen Privatisierung.156 Mit der Beleihung ist auch keine Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten in dem Sinne verbunden, daß die Verantwortung für die Aufgabenerfüllung sukzessive an die gesellschaftliche Sphäre übertragen wird:157 Nicht nur die Aufgabe selbst bleibt grundsätzlich im staatlichen Verantwortungsbereich,158 auch der Private wird im Rahmen der Aufgabendurchführung und der Anwendung hoheitlicher Befugnisse dem Staat zumindest angegliedert, ist als Verwaltungsträger im Rahmen der übertragenen Aufgaben grundrechtsverpflichtet und unterliegt staatlicher Aufsicht, die in der Regel als Fachaufsicht zu führen ist.159 Damit wandern nicht nur staatliche Aufgaben, sondern staatlich begründete und gesteuerte Organisationsformen in die gesellschaftliche Sphäre ab.160 Auch die Motive für die Beleihung von Privatrechtssubjekten mit hoheitlichen Aufgaben sowie das Aufgabenspektrum selbst sprechen gegen eine verantwortungsteilende Leistungserbringung zwischen Staat und Gesellschaft: Ziel der Beleihung ist es, unter Beibehaltung der „Hoheitlichkeit der Aufgabenerfüllung“161 die (unmittelbare) Verwaltungsorgani-

153 So etwa Brüning, SächsVBl. 1998, S. 201; Merk, Verwaltungsrecht, S. 739 f., 755; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht § 23 Rn. 56. Zur Unterscheidung der Beliehenen von juristischen Personen des Privatrechts ohne hoheitliche Kompetenzen auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 5. 154 Peine, DÖV 1997, S. 360 ff.; auch Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 79. 155 Nach T. Schmidt, ZG 2002, S. 353 f., läßt sich die Beleihung allerdings aus beiden Ansätzen herleiten. 156 Eine ähnliche Sicht vertritt Schefold, Rechtsgutachten, S. 11 f. Vgl. zur Beleihung als funktionale Privatisierung das Urteil des StGH Bremen (3. Teil, Kap. C, Fn. 130), S. 21. 157 A. A. Burgi, FS Maurer, S. 584. 158 G. Burmeister, Herkunft, S. 230; vgl. auch Jachmann / Strauß, ZBR 1999, S. 296; v. Arnim, Rechtsfragen, S. 41 f. 159 Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 235 ff.; mit Blick auf die Gesetzgebungspraxis Stadler, Beleihung, S. 192 ff., 199; ferner Burgi, FS Maurer, S. 592; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 7 f.; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 116 f.; Merk, Verwaltungsrecht, S. 755 f. Zur Aufsicht über Recht- und Zweckmäßigkeit des Handelns auch T. Schmidt, S. 362 ff., 372 f. Nach Ansicht des StGH Bremen (3. Teil, Kap. C, Fn. 130), S. 24, besitzt die aufsichtführende Behörde gegenüber dem Beliehenen „auch ohne ausdrückliche Normierung . . . alle Informations- und Weisungsrechte, die in dem Institut der Fachaufsicht enthalten sind“ (Hervorhebung d. Verf.), hinzu kommen parlamentarische Besichtigungs-, Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte (ebd., S. 30). 160 Vgl. hierzu T. Schmidt, ZG 2002, S. 354.

B. Staatsnahe öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger – Die mittelbare Verwaltung 199

sation zu entlasten, indem die im privaten Bereich vorhandene Initiative, die Sachkenntnis sowie insbesondere technische und betriebliche Mittel für staatliche oder öffentliche Zwecke genutzt werden162 – sei es, weil diese Sachkenntnis innerhalb der Verwaltungsorganisation nicht vorhanden ist und nur „mit großem Aufwand gewonnen werden“ kann163 oder weil sich die Vorhaltung dieser Kompetenzen nicht rentiert, da sie nur „in Einzelfällen notwendig“ sind.164 Es sind demnach vorrangig Praktikabilitätserwägungen, die zu einer „auf punktuelle Kompetenzen ausgerichteten“ Beleihung führen, und die „Förderung oder Bewahrung gesellschaftlicher Autonomie“.165 Anhand dieser Erwägungen lassen sich Felder der Beleihung herausarbeiten: Waren es früher vor allem der öffentliche Verkehr oder die technische Überwachung,166 hat sich das Aufgabenspektrum – nicht zuletzt durch formelle Privatisierungsvorgänge, verbunden mit einer (Rück-)Beleihung privatisierter Unternehmen mit einzelnen hoheitlichen Aufgaben, wie beispielsweise im Abfallrecht167 – inzwischen erheblich erweitert. Zu den in letzter Zeit bedeutenden Beleihungsakten zählen z. B. die Beleihung einer oder mehrerer juristischer Personen des Privatrechts mit den Aufgaben der Zulassungsstelle für Umweltgutachter nach dem Umweltauditgesetz, 168 die Beleihung der privatisierten Unternehmen von Bundes-

161 Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 250. Hier liegt auch der Unterschied zur Privatisierung, durch die eben diese hoheitliche Aufgabenstellung aufgegeben wird. 162 Siehe Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 57; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 1; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 84; Weidemann, DVBl. 1998, S. 664 f., sowie Wolfers / Kaufmann, DVBl. 2002, S. 508. 163 G. Burmeister, Herkunft, S. 230. 164 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 114. 165 Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 249 f., 282; weitere Motive der Beleihung auch bei Burgi, FS Maurer, S. 584 f. Schon aus diesem Grund ist die Vermutung, daß es sich bei den Regelungen nach § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 KrW- / AbfG um eine Beleihung handeln könnte (2. Teil, Kap. A, Fn. 264 ff., 273), angesichts des mit dem Gesetz verfolgten Systemwechsels – grundsätzliche Verantwortung des Privaten für die Abfallbeseitigung – nicht stichhaltig; dies merkt auch v. Lersner / Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 17 Rn. 13, als „Widerspruch zum maßgebenden Motiv des § 17, nämlich der Privatisierung und Liberalisierung der Abfallentsorgung“ an. 166 Ausführlich Merk, Verwaltungsrecht, S. 743 ff.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 2; Forsthoff, Lehrbuch, S. 73 ff. (75); Burgi, FS Maurer, S. 582. Einzelne „klassische“ Beispiele auch bei T. Schmidt, ZG 2002, S. 356 mit Fn. 16 ff.; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 71 ff. 167 2. Teil, Kap. A, Fn. 270, 273 ff.; allgemein zu diesem Phänomen T. Schmidt, ZG 2002, S. 354. Zur Gefahr, daß durch eine Privatisierung allgemein, vor allem aber jedoch in Verbindung mit anschließender Beleihung Sachverstand aus der Verwaltung abwandert, u. a. Gusy, in: ders. (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 347: „Wer zu einer Aufgabe keinen Bezug mehr hat, kann deren Erfüllung . . . nicht mehr steuern“; am Beispiel der Bundesschuldenverwaltung siehe Der Tagesspiegel v. 16. 3. 2000: Gegen externe Schuldenverwaltung. 168 § 28 UAG; § 1 UAGBV (2. Teil, Kap. A, Fn. 288); hierzu Stadler, Beleihung, S. 124 ff.

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

bahn und Bundespost mit Dienstherreneigenschaft,169 die Beleihung Privater mit Aufgaben der Bewilligung von Zuwendungen170 sowie die derzeitige Diskussion um eine Beleihung im Bereich von Sicherheit und Ordnung.171 Nach Burmeister ist jene Aufgabe einer Beleihung anheimgestellt, die sich „durch ihre besondere Staatsnähe auszeichnet ohne daß sie eine Intensität erreicht, die eine Mediatisierung ausschließt“.172 Während die Kernaufgaben des Staates sich notwendig einer Beleihung entziehen müssen, da die Vergesellschaftung dieser Aufgaben zur Aufhebung des Staates führen würde, gilt dies nicht für die staatlichen Aufgaben, die sich als Aufgaben, die der Staat aufgrund rechtlicher Verpflichtungen wahrnehmen muß, obwohl sie ein Privater erfüllen könnte, einer Vergesellschaftung nicht grundsätzlich, sondern allenfalls temporär verschließen.173 Solange eine Vergesellschaftung jedoch nicht möglich oder noch nicht gewollt ist, kann sich der Staat zur Erfüllung dieser staatlichen Aufgaben aus eben den oben genannten Praktikabilitätsgründen der Beleihung bedienen – es wird lediglich die Frage nach dem „Wie“ gestellt; die Frage, ob es sich um eine Aufgabe des Staates bzw. um einen Bereich handelt, der staatlicher Einflußnahme nicht entgleiten darf,174 benötigt in diesem Stadium hingegen keine Klärung. Da sich öffentliche Aufgaben einer Mediatisierung nicht nur nicht verschließen, sondern durch das Nebeneinander von privaten und staatlichen Trägern gekenn169 Art. 143a Abs. 1 S. 3, Art. 143b Abs. 3 GG; zur Zulässigkeit der Beleihung vgl. H. Benz, Zulässigkeit, S. 174 ff., insbesondere S. 207 f.; auch Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 143a Rn. 4 f., Art. 143b Rn. 7. 170 § 44 Abs. 3 BHO; Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 44 Rn. 18; Stadler, Beleihung, S. 64 f.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 63, insbesondere Ziff. 1.16, 2.7; vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 16. 1. 1980 – 17 U 155 / 79, DVBl. 1980, S. 381 f. 171 Stadler, Beleihung, S. 213 ff. Zu dieser „Gewaltübertragung“ als besondere Form der „Gewaltgestattung“ u. a. Bülow, in: Pitschas / Stober (Hrsg.), Kriminalprävention, S. 107 ff.; Burgi, FS Maurer, S. 582 f. Zur Beleihung speziell im Strafvollzug ablehnend Kruis, ZRP 2000, S. 1 ff.; demgegenüber Pitschas, in: ders. / Stober (Hrsg.), Kriminalprävention, S. 3 ff., für die innere Sicherheit und Prävention. Als weitgehend „immun“ gegenüber Privatisierungsplänen bezeichnet Bull, FS Maurer, S. 559, die Polizei; jedoch ermöglichen verschiedene Länder freiwillige Polizeidienste, so etwa in Hessen das HFPG, das jedoch keine Übertragung hoheitlicher Befugnisse vorsieht. Das Berliner FPDG wurde durch das Haushaltsentlastungsgesetz 2002 aufgehoben, und zwar mit der Grundsatzentscheidung, „hoheitliche Aufgaben, die zwangsläufig auch mit Rechtseingriffen gegenüber Bürgern verbunden sind, zukünftig nur noch durch sorgfältig für diese Aufgabe ausgebildete Kräfte ausführen zu lassen. Diese hohen Qualitätsanforderungen können zuverlässig nur Polizisten mit gründlicher, berufsspezifischer Ausbildung erfüllen“ (Gesetzesbegründung, LT-Drs. 15 / 500 v. 23. 5. 2002, S. 54). Weitere Beispiele bei Schuler-Harms, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 172 f.; Weiner, Privatisierung, S. 203. 172 G. Burmeister, Herkunft, S. 230. 173 Vgl. hierzu 4. Teil, Kap. B, Fn. 22 ff.; Kap. C, Fn. 52, 57 f.; auch Bull, Staatsaufgaben, S. 376. 174 Vgl. v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 116 mit Fn. 17.

C. Änderungsbedarf im Verwaltungsorganisationsrecht

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zeichnet sind, sie sich von daher nicht durch eine besondere Staatsnähe auszeichnen, sollten diese nur in Ausnahmefällen Gegenstand der Beleihung sein:175 Vielmehr könnte sich hier z. B. eine eigenverantwortliche Erfüllung durch Private als Ausdruck der Verantwortungsteilung anbieten.176

C. Änderungsbedarf im Verwaltungsorganisationsrecht Zwar ist das Organisationsrecht der unmittelbaren und der mittelbaren Verwaltungsträger entweder durch allgemeine Organisationsgesetze insbesondere auf Landesebene systematisch oder innerhalb materieller Vorschriften fachspezifisch weitgehend normiert, so daß auf den ersten Blick eine grundlegende Neuregelung bestehender Organisationsgesetze oder eine Kodifizierung scheinbar nicht erforderlich ist. Doch läßt die z.T. signifikante unterschiedliche Regelungsdichte der Organisationsgesetze auf Landesebene177 den Eindruck einer Verständigung über die Bedeutung organisationsrechtlicher Fragen vermissen. Hinzu kommen Änderungen in der Verwaltungspraxis durch die Umsetzung neuer Steuerungsinstrumente auch auf Landesebene. Einzelne, nur beispielhaft herauszugreifende Rechtsinstitute und materielle Rechtsvorstellungen im Organisationsrecht geraten durch verschiedene Maßnahmen im Zuge der Modernisierung von Staat und Verwaltung, die bislang nicht oder lediglich rudimentär gesetzgeberisch aufgearbeitet wurden, in Bewegung. a) In institutionell-organisatorischer Hinsicht wären zunächst die im traditionellen Organisationsrecht normierten Bausteine der unmittelbaren und mittelbaren Verwaltung auf ihre Vollständigkeit zu prüfen. Dabei fällt auf, daß in einigen Organisationsgesetzen zwar nicht-rechtsfähige Anstalten aufgenommen wurden, die rechtlich unselbständige, aber organisatorisch „abgesonderte Teile der Landesverwaltung“ darstellen, mit einem eigenen Bestand an Personal und sächlichen Mitteln ausgestattet sind und „deren Tätigkeit ihrem Wesen nach auf die Unterstützung der Behörden im Land ausgerichtet ist“.178 Eine Regelung der ebenfalls rechtlich 175 So auch H. Benz, Zulässigkeit, S. 37; nach Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 61 f., jedoch gehören öffentliche Aufgaben nicht zu den „verleihbaren Aufgaben“. Zu verwaltungsgerichtlichen Anforderungen siehe u. a. Weidemann, DVBl. 1998, S. 665. 176 Eine entsprechende Regelung findet sich etwa in § 2 Abs. 6 Ref-LOG MV (3. Teil, Kap. C, Fn. 112), hierzu Schuppert, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement, S. 187. 177 „Klassische“ Organisationsgesetze mit institutionellen Bausteinen der unmittelbaren und mittelbaren Verwaltung, mit Zuständigkeits- und Aufsichtsregelungen bestehen in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und im Saarland. Demgegenüber berücksichtigt Baden-Württemberg nur die unmittelbare Landesverwaltung. Schleswig-Holstein hat Organisation und Verfahren in einem Gesetz zusammengefaßt, siehe hierzu John, Verwaltungsorganisation, S. 27 ff. 178 So explizit geregelt in § 12 LOG Bra, vgl. auch § 14 LOG NRW, § 14 LOG Saar, ähnlich auch § 5 Abs. 2 LVwG. Zu Recht kritisiert M. König, Kodifikation, S. 192 ff., den

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unselbständigen und organisatorisch abgesonderten Landesbetriebe nach § 26 LHO, die jedoch weniger verwaltungsentlastende oder unterstützende Aufgaben erfüllen, vielmehr erwerbwirtschaftliche Tätigkeit wahrnehmen oder zumindest kostendekkend arbeiten sollen,179 wurde hingegen über einen längeren Zeitraum als entbehrlich erachtet. Erst mit der Gründung von Landesbetrieben als Instrument der Verwaltungsreform wurde der zunehmende Bedarf einer auch organisationsrechtlichen „Aufarbeitung“ dieser Institutionen, die in haushaltsrechtlicher Hinsicht als gegeben vorausgesetzt werden, deutlich.180 Je intensiver Landesbetriebe als institutioneller Rahmen der Leistungserbringung genutzt werden, desto dringender stellt sich aber auch die Frage nach ihren Einsatzmöglichkeiten, den Grundstrukturen des inneren Aufbaus und der Rückbindung an die Verwaltungsorganisation durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen. Eine Vorreiterrolle hat diesbezüglich das Land Brandenburg übernommen: Im Landesorganisationsgesetz werden Landesbetriebe nicht nur anhand einer Legaldefinition berücksichtigt, sondern darüber hinaus einheitliche Mindeststandards für den Errichtungserlaß auch in materieller Hinsicht festlegt.181 Hingegen erscheint für die Landes- und Bundesebene eine spezielle Regelung zum Unternehmen des öffentlichen Rechts nicht erforderlich. Die diesbezüglichen Vorschläge182 beziehen sich vor allem auf Neuerungen im Gemeinderecht mit der Möglichkeit, „selbständige Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts“ zu gründen,183 mit der aber nicht die Bildung eines neuen Organisationstypus verbunden war, sondern die Öffnung auch der kommunalen Ebene für die Gründung von Mangel einer rechtlichen Normierung der Einrichtungen, zu denen auch nichtrechtsfähige Körperschaften und Stiftungen zählen (S. 192), obwohl sie „ein so wesentlicher Teil der Landesverwaltung“ sind (S. 193). 179 Zu der auch auf Landesbetriebe übertragbaren Definition des Bundesbetriebes und den einzelnen Elementen – rechtliche Unselbständigkeit, organisatorische, zumindest jedoch funktionale Verselbständigung – siehe Puhl, Budgetflucht, S. 137 ff. 180 Landesbetriebe sollen Wirtschaftlichkeit und Kostenbewußtsein steigern, indem „Freiräume eigenverantwortlichen Verwaltens“ (Burgi, NWVBl. 2001, S. 4) geschaffen werden. § 14a LOG NRW etwa wurde durch Art. 10 des 2. ModernG eingefügt. Vgl. auch die Begründung zum Entwurf des Brandenburger Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000 – HStrG 2000), LT-Drs. 3 / 810 v. 22. 3. 2000, S. 74, 77 f. 181 Nach § 13 LOG Bra muß der Errichtungserlaß u. a. Angaben über Gegenstand, Aufgaben und Namen des Landesbetriebs, über Betriebsführung und Betriebsleitung, über den Umfang der Dienst- und Fachaufsicht sowie über die Zuständigkeit für die Betriebsführung und den Vertragsabschluß enthalten. Weitere Anknüpfungspunkte können auch zahlreiche Regelungen zu Eigenbetrieben in den Gemeindeordnungen geben. 182 Hierzu etwa M. König, DÖV 1999, S. 327 ff.; ders., Kodifikation, S. 206 ff. Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 293 f., stellt lediglich fest, daß entsprechende organisationsrechtliche Regelungen sowohl auf Bundesebene als auch in Landesorganisationsgesetzen fehlen, hingegen die Regelungsdichte für kommunale Eigenbetriebe stark zugenommen habe (S. 294). 183 So Art. 89 ff. GO Bay, vgl. auch Fn. 94.

C. Änderungsbedarf im Verwaltungsorganisationsrecht

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Anstalten des öffentlichen Rechts.184 Soll das Verwaltungsorganisationsrecht um eine Institution des öffentlichen Rechts explizit für erwerbswirtschaftliche Tätigkeit ergänzt werden, wäre eher an eine Ausdifferenzierung der anstaltlichen Rechtsgrundlagen zu denken. Mit dieser Unterscheidung, die auch einen Beitrag zur Klärung des unbestimmten Anstaltsbegriff leistet,185 könnten nach „Ausgabendekkung“ gemeinnützige, gemeinwirtschaftliche und erwerbswirtschaftliche Anstalten einander gegenübergestellt werden.186 Zwar wäre eine aufgabenbezogene Unterteilung etwa in Kultur-, Forschungs- und Bildungsanstalten oder Versicherungs- und Versorgungsanstalten der öffentlich-rechtlichen Unternehmen in anstaltlicher Form ebenfalls denkbar.187 Zum einen droht diese differenzierte Aufgliederung jedoch den Rahmen eines Organisationsgesetzes zu sprengen, zumal auch Abgrenzungen schwierig werden; zum anderen bieten diese Anstaltszwecke in nur geringem Maße Ansatzpunkte für eine Abstufung hinsichtlich ihrer Binnenorganisation, der Handlungsformen sowie behördlicher Aufsichtsbefugnisse. Mit der Trennung von Anstalten des öffentlichen Rechts in gemeinnützige, gemeinwirtschaftliche und erwerbswirtschaftliche Institutionen hingegen können die anstaltlichen Organe, ihre Zuständigkeiten und die haushaltsrechtlichen Grundlagen bereits im Organisationsgesetz spezifiziert und somit den verschiedenartigen Bedürfnissen einer Aufgabenwahrnehmung in anstaltlicher Form Rechnung getragen werden.188 Angesichts einer detaillierteren Regelung gerade der Anstalten des öffentlichen Rechts muß hier eine weitere Diskussion aufgegriffen werden: Im Zuge der jüngst geführten Corporate Governance-Debatte189 wurde die Entwicklung einer Corporate Governance speziell für öffentliche Unternehmen eingefordert, die den öffentlichen Auftrag durch eine „klare und konkrete Ausgestaltung der satzungsmäßigen Ziele und Zwecke des Unternehmens“ in Unternehmen ohne Gewinnerzielungsabsicht, den Grundsatz der Preiswürdigkeit in öffentlich-rechtlichen Monopolen als 184 Diese Motivation wird z. B. deutlich in der Begründung zum AnstG Sachsen-Anhalt, LT-Drs. 3 / 3022, S. 37 f., sowie bei Oster, in: Gabler u. a., Kommunalverfassungsrecht, § 86a GemO, Ziff. 1; vgl. auch Neusinger / Lindt, BayVBl. 2002, S. 689; Pielow, FS K. Ipsen, S. 740 f. Eine weitgehende Kongruenz öffentlicher Unternehmen und Anstalten sieht auch Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 289. 185 Zur Unschärfe des Begriffs vgl. die Hinweise in Fn. 79, Fn. 105 ff. 186 Hierzu Fn. 108. 187 Vgl. die Aufstellung bei Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 98 II c. 188 Für erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Anstalten könnten z. B. Institute aus dem Gesellschaftsrecht (vgl. etwa M. König, Kodifikation, S. 208) implementiert, auf die (begrenzte) Möglichkeit einer Übertragung von Hoheitsrechten Bezug genommen sowie § 7 Abs. 3 BHO (Einführung der Kosten- / Leistungsrechnung) als verbindlich erklärt werden. Auch wären denkbare Beteiligungen Dritter an der Anstalt zu regeln, um die anstaltliche Wettbewerbsfähigkeit durch „Eröffnung von kapitalmäßig unterlegten Kooperationsmöglichkeiten dauerhaft zu sichern“, ohne die öffentlich-rechtlich begründete Aufgabe oder Rechtsform in Frage zu stellen, so F. Becker, DÖV 1998, S. 97 ff. (98). 189 Vgl. hierzu ausführlich 7. Teil, Kap. E I 3.

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Rechtsprinzip und eine Beteiligung der Bürger an öffentlichen Unternehmen etwa durch Vorkaufsrechte berücksichtigen sollen.190 Was jedoch für öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform überlegt wird, kann auch für die diesen Privatunternehmen ähnlich strukturierten öffentlich-rechtlichen Unternehmen in Anstaltsform diskutiert werden. Wurde mit der von Schwintowski vorgeschlagenen gesetzlichen Preisregulierung und Preiswürdigkeit ein Anfang gemacht, haben Budäus / Srocke diesen Ansatz mit dem Vorschlag eines das bestehende Regelungs- und Steuerungssystem auf freiwilliger Basis ergänzenden Public Corporate Governance Kodex (PCGK) jüngst weitergeführt.191 Diese „öffentlich-rechtliche“ Corporate Governance192 manifestiert sich vergleichbar der Corporate Governance in Privatunternehmen im wesentlichen in internen Führungs- und Kontrollmechanismen. 193 Zudem kann auf die Unterscheidung in gemeinnützige, gemeinwirtschaftliche und erwerbswirtschaftliche Anstalten Bezug genommen werden, da beispielsweise die Entscheidungsspielräume der Anstaltsleitung, aber auch die anstaltsinterne Kontrolle und die anstaltsexterne Aufsicht, die häufig „keinen Anreiz zum Einschreiten hat oder politisch blockiert ist“,194 je nach Intensität erwerbswirtschaftlicher Betätigung verschiedenartig sind. Auch wenn ein Organisationsgesetz aufgrund der stärker rahmensetzenden Funktion nicht der geeignete Platz ist, um Elemente einer Corporate Governance für öffentlich-rechtlich strukturierte Unternehmen einzufangen,195 können durch eine „mitgedachte“ Governance entsprechende Anforderungen an die innere Organisation und die Satzung gesetzlich formuliert werden.196 Schwintowski, NVwZ 2001, S. 610 ff. (611). Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 86 ff., empfehlen die Umsetzung des PCGK „allen organisatorisch und / oder juristisch abgrenzbaren Einheiten des öffentlichen Sektors“, d. h. auch einzelnen Behörden und Ämtern (S. 91, 96). Vgl. auch Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 35 ff. 192 Neben der öffentlich-rechtlichen Corporate Governance für Institutionen der mittelbaren Verwaltung wären Grundsätze einer staatsleitenden Good Governance zu beachten, vgl. 1. Teil, Kap. B, Fn. 52, sowie oben, Fn. 29. 193 Zur Gliederung des PCGK Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 94 ff.; vgl. auch Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 305; hinzu tritt die besondere „Doppelrolle des Staates“ mit unterschiedlichen Interessen als Eigentümer und Leistungs- / Auftraggeber, hierzu Schedler, Corporate Governance, NZZ v. 19. 3. 2002, S. 29. 194 Zu dieser ernüchternden Feststellung kommt Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 311. 195 Nach Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 91, ist angesichts vielfältiger Organisationsformen im öffentlichen Bereich „die Formulierung allgemein gültiger Corporate Governance Standards schwieriger“. 196 Für entsprechende Anleihen bieten sich die Gemeindeordnungen an, soweit sie anstaltliche Verfassung normieren, so z. B. § 86b GemO RP oder § 114a Abs. 2, 6 ff. GO NRW; beispielhaft führt Eichhorn, in: Edeling u. a. (Hrsg.), Öffentliche Unternehmen, verschiedene Formal- und Sachziele für eine Anstalt des öffentlichen Rechts an (S. 117 ff.) und entwickelt Maßstäbe zur Kontrolle der Zielerreichung (S. 121 f.). 190 191

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Mit Blick auf die Aufgabenwahrnehmung durch die mittelbare Verwaltung wäre an eindeutige Vorschriften zur Übertragung von Aufgaben im Zuge der Beleihung zu denken, wie jüngst auch von T. Schmidt vorgeschlagen wurde, von ihm allerdings als Ergänzung verwaltungsverfahrensrechtlicher Regelungen.197 Bislang regelt lediglich das Landesverwaltungsgesetz von Schleswig-Holstein in seinem organisationsrechtlichen Teil die Möglichkeit, natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zur Erledigung in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts zu übertragen; vereinzelt sind in Ermangelung eines kodifizierten Organisationsrechts auch sogenannte – in der Regel allerdings nur bereichsspezifische – Beleihungsgesetze erlassen worden.198 Wenn aber der Beliehene, der wie ein „Phoenix aus der Asche zum neuen Hoffnungsträger für die dogmatische Bewältigung staatlich-gesellschaftlicher Kooperationen aufgestiegen ist“,199 Verwaltungstätigkeit im funktionalen Sinne ausübt und insoweit „der hierarchischen Weisungsgewalt wie eine nachgeordnete Behörde unterliegt“,200 sollen das Institut der Beleihung als solches sowie die damit verbundenen Aufsichts- und Weisungsrechte auch kodifikatorisch geregelt werden. Gerade hinsichtlich des behördlichen Einflusses bestehen durchaus unterschiedliche Ansichten, so daß eine Klärung angezeigt ist.201 So bietet sich das Organisationsgesetz nicht nur für eine Legaldefinition der Beleihung in Abgrenzung zu anderen Formen der Aufgabenübertragung einschließlich ihrer rechtlichen Voraussetzungen an, sondern auch für die Statuierung einer grundsätzlich auszuübenden Fachaufsicht, von der nur in einzelnen, im Beleihungsakt zu regelnden Ausnahmefällen abgewichen werden kann.202

197 ZG 2002, S. 353 ff. einschließlich empfohlener Änderungen im VwVfG und in der VwGO (S. 372 f.). 198 Vgl. einerseits § 24 LVwG, andererseits z. B. das bremische Gesetz zur Übertragung von Aufgaben staatlicher Förderung auf juristische Personen des privaten Rechts v. 26. 5. 1998, GBl., S. 134 (ber. GBl., S. 171), sowie das hamburgische Gesetz über die Beleihung von juristischen Personen des privaten Rechts mit der Befugnis zur Einrichtung von Vergabeprüfstellen für öffentliche Aufträge (Hamburgisches Beleihungsgesetz – HmbBelG) v. 20. 1. 1997, GVBl., S. 8, zuletzt geändert am 21. 9. 1999, GVBl., S. 229. Vgl. auch §§ 18, 29 Ref-LOG MV (3. Teil, Kap. C, Fn. 112). 199 So Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 301; vgl. auch Fn. 138. 200 StGH Bremen (3. Teil, Kap. C, Fn. 130), S. 24. 201 Während sich nach Ansicht von Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 7, die Aufsicht „zuweilen“ auf eine Rechtsaufsicht beschränken kann, ist nach Meinung des StGH Bremen (Fn. 159) eine umfängliche Fachaufsicht auch ohne explizite Regelung anzunehmen; vgl. auch T. Schmidt, ZG 2002, S. 362 f. 202 So etwa in § 21 des Entwurfs für ein LOG Thüringen, abgedruckt bei M. König, Kodifikation, S. 234, vgl. auch ebd., S. 197 f.; letztlich zu unbestimmt daher § 29 Ref-LOG MV (3. Teil, Kap. C, Fn. 112). In Abkehr von T. Schmidt (Fn. 197) soll in jedem Fall an einem Organisationsgesetz – allenfalls an einem eigenen Beleihungsgesetz – festgehalten werden, da es sich vorrangig um organisationsrechtliche Fragen handelt.

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In einem letzten Punkt wäre zu überlegen, ob die Bildung gemeinsamer Behörden mit anderen Ländern oder auch dem Bund mittels gesetzlicher Regelungen gestärkt werden könnte. Nicht nur im Zuge der Verschlankung und Modernisierung der Landesverwaltungen, auch angesichts der engen finanziellen Spielräume öffentlicher Haushalte könnten mit der Bildung länderübergreifender Behörden Synergieeffekte in finanzieller, personeller, aber auch fachlicher Hinsicht erzielt werden. Beispielhaft sei auf das gemeinsame Oberbergamt für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz verwiesen, wie es in § 6 Abs. 2 LOG Saar verankert ist. Auch diesbezügliche Initiativen von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zur Verwaltungskooperation bis hin zur Fusion von Behörden in einzelnen Bereichen zeigen, daß Bemühungen um eine engere Zusammenarbeit auch im Bereich der Verwaltungsorganisation trotz vielfältiger Probleme zunehmend mehr an Bedeutung gewinnen.203 Vorbildcharakter könnte diesbezüglich § 9 LVwG SchleswigHolstein entwickeln,204 wobei jedoch nicht nur Zuständigkeitsfragen geklärt werden dürfen, sondern insbesondere der Zweck einer Errichtung gemeinsamer Behörden hervorgehoben werden müßte, soll eine derartige Regelung Anreizcharakter entfalten. b) Neben diesen Modifikationen in institutioneller Hinsicht sind aber auch die materiellen Rechtsvorstellungen auf ihre Tragfähigkeit mit den innerhalb der Verwaltungsorganisation umgesetzten Instrumenten des Neuen Steuerungsmodells zu durchleuchten. Zu diesen wesentlichen materiellen Organisationsgrundsätzen zählt eine „streng hierarchische Abstufung der Entscheidungsebenen mit Weisungskompetenz der übergeordneten Stelle“,205 um die demokratische Legitimation staatlichen Handelns im Rahmen eines ausdifferenzierten Verantwortungssystems sicherzustellen.206 In einem konditional programmierten, „rechtstheoretisch auf dem Subsumtionsschema“207 beruhenden System tragen insbesondere Aufsicht, Weisung und administrative Selbsteintrittsrechte bzw. die Letztentscheidungskompetenz als Steuerungsinstrumente hierarchischer Strukturen dazu bei, politische Zielvorgaben unter Beachtung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit einschließlich der Prinzipien von Effektivität und Effizienz zu realisieren.208 Dies Vgl. hierzu Demuth, LKV 2003, S. 399 ff. Nach § 9 LVwG bedürfen Verträge mit anderen Ländern oder mit dem Bund über die Durchführung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung des Landes durch gemeinsame Behörden oder Behörden der anderen Vertragspartner einer parlamentarischen Zustimmung in der Form eines Landesgesetzes. 205 Schedler / Proeller, New Public Management, S. 146. 206 Vgl. hierzu Böckenförde, HbStR I, § 22 Rn. 21 f.; Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 186 ff.; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 80 ff. (84 f.); HoffmannRiem, Verwaltungskontrolle, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 339. 207 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 208. 208 Zu diesem abgestuften Instrumentarium ausführlich Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 189 ff.; ferner Hoffmann-Riem, Verwaltungskontrolle, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann203 204

C. Änderungsbedarf im Verwaltungsorganisationsrecht

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gilt insbesondere in einem dekonzentrierten, netzwerkähnlichen System behördlicher Organisationsstrukturen, innerhalb dessen sich die Einheit der Verwaltung jedoch in dem Maße als Fiktion erweist, in dem die Kontrollkapazität der Aufsichtsinstanz an ihre Grenzen stößt.209 Wenn zudem bei der Umsetzung komplexer Normstrukturen und sich dynamisch verändernder Sachverhalte210 eine situative, prozedurale Sachzielerfüllung gefordert wird, die sich weniger an inputorientierten Größen ausrichtet, sondern die Wirkungen des Verwaltungshandelns im Sinne einer output- bzw. outcomeorientierten Steuerung in den Blick nimmt,211 verlieren diese materiellen Rechtsvorstellungen im Organisationsrecht zunehmend mehr an Tragfähigkeit. Unter dem Gesichtspunkt organisationsrelevanter Neugestaltung stellen die Integration der Fach- und Ressourcenverantwortung auf operativer Ebene sowie die Vereinbarung von Zielen sowohl behördenintern zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, aber auch behördenübergreifend als Leistungsvereinbarungen212 Kernpunkte des Neuen Steuerungsmodells dar.213 Mit der Verlagerung von nicht nur fachbezogenen, sondern auch finanziellen Entscheidungskompetenzen auf „sachnahe Entscheidungsträger innerhalb der Verwaltung“214 durch die Übertragung von Fach-, Ressourcen- und Ergebnisverantwortung sollen Verantwortlichkeit und Entscheidungsspielraum auf der Vollzugsebene vergrößert, Entscheidungswege verkürzt und damit die Sachzielerfüllung unter dem Aspekt der Recht- und Zweck-

Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 351 f., sowie Pitschas, DÖV 1998, S. 908 f., und Seiler, ZBl. 2000, S. 284 f. Siehe hierzu auch 5. Teil, Kap. D, Fn. 50 ff., sowie oben, Fn. 38. 209 So die These von Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 44; ähnlich Chmel, Verwaltungsmanagement, S. 32 f.; zur Einheit der Verwaltung als Fiktion Grunow, in: Klimecki / Müller (Hrsg.), Verwaltung im Aufbruch, S. 60. 210 Hill, in: Ziekow (Hrsg.), Handlungsspielräume, S. 140; zum Wandel des Rechts des weiteren Hoffmann-Riem, DÖV 1999, S. 222. 211 U.a. Schedler / Proeller, New Public Management, S. 62 ff.; Meyer, Das Neue Steuerungsmodell, S. 51 ff.; Hoffmann-Riem, Finanzkontrolle, in: Schmidt-Aßmann / HoffmannRiem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 75 f.; Hill, NVwZ 2002, S. 1061; Tondorf / Bahnmüller / Klages, Steuerung, S. 47. 212 Zu Zielvereinbarungen auf unterschiedlichen Ebenen allgemein Tondorf / Bahnmüller / Klages, Steuerung; speziell zu § 2 Abs. 1, 5 VGG Chmel, Verwaltungsmanagement, S. 92 ff.; vgl. auch Wolf-Hegerbekermeier, DÖV 1999, S. 419. Politische Kontrakte zwischen Rat und Verwaltung bzw. Leistungsaufträge zwischen Parlament und Regierung (§ 7b LHO RP) werden hier nicht behandelt; hierzu ausführlich Pünder, Haushaltsrecht, S. 158 ff., 336 ff, 450 ff; Meyer, Das Neue Steuerungsmodell, S. 92 ff.; Chmel, Verwaltungsmanagement, S. 296 ff.; speziell im Rahmen der Beteiligungsverwaltung Hille, Grundlagen, S. 139 ff., sowie Edinger, in: Hill (Hrsg.), Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 26 ff., der auch auf die Möglichkeit hinweist, Leistungsaufträge z. B. in Wirtschaftspläne von Landesbetrieben zu implementieren (S. 25). 213 Zum Gesamtkonzept des NSM vgl. die Hinweise im 1. Teil, Kap. A, Fn. 16. Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 310, bezeichnet die Dezentralisierung von Produkt- und Ressourcenverantwortung denn auch als Herzstück des Modells. 214 Mehde, DVBl. 2001, S. 18.

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

mäßigkeit effektuiert werden.215 Spiegelbild dieser weitreichenden Verantwortungsübertragung ist eine Vereinbarung über die zu erfüllenden Sachziele, die durch Zielvereinbarungen konsensual festgelegt werden und den Verantwortlichen in seiner „Herrschaft über das ,Wie‘ der Aufgabenerfüllung“ binden.216 Bei der Vereinbarung von Finanz- und Sachzielen handelt es sich nicht nur um behördeninterne Organisations- und Zuständigkeitsregelungen, vielmehr können auch behördenübergreifende Kontrakte unter Einschluß von Organisationen der mittelbaren Verwaltung oder auch privater Träger geschlossen werden. So sieht § 78a ff. SGB VIII für bestimmte Aufgabenfelder der Kinder- und Jugendhilfe den Abschluß von Leistungs- und Entgeltvereinbarungen zwischen dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe und freien Trägern vor, wobei nicht nur zeitliche und kompetentielle Rahmenbedingungen der Vereinbarungen gesetzlich geregelt sind, sondern auch die Struktur der Kontrakte sowie inhaltliche Leistungsmerkmale vorgegeben werden. Mit der Festlegung von Qualitätszielen, denen ein bestimmtes Budget gegenübergestellt wird, wandelt sich die Ausrichtung der Jugendhilfeförderung von der Input- zur Outputsteuerung.217 Angesichts der im Neuen Steuerungsmodell angelegten Delegation und damit Parzellierung der Gesamtverantwortung für die Ergebnisse des Verwaltungshandelns auf verschiedene „bereichsspezifische“ Verantwortungsträger ändern sich aber auch Einfluß- und Steuerungsmöglichkeiten der vorgesetzten Stelle. Nach Wallerath impliziert diese Steuerungslogik, die „Balance zwischen Zielsetzung und Zielverwirklichung zu halten“ und diesem Gleichgewicht „nicht durch eine extensive Hochzonung von Realisierungsschritten“ entgegenzuwirken.218 Wenn aber eine Detailsteuerung im „operativen Geschäft“ der Zwecksetzung von Ziel215 Zusammenfassend Schedler / Proeller, New Public Management, S. 138 f.; Hill, in: Ziekow (Hrsg.), Handlungsspielräume, S. 144 f.; Pitschas, DÖV 1998, S. 912 f. Kritisch gegenüber Zielvereinbarungen und (politischem) Kontraktmanagement als „Vertraglichung“ organisatorischer Strukturen der öffentlichen Verwaltung Penski, DÖV 1999, S. 90 ff., 95. 216 Hill, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 72; vgl. auch Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 311; nach Tondorf / Bahnmüller / Klages, Steuerung, S. 47 f., dienen Zielvereinbarungen der Integration zentrifugaler Tendenzen durch Verselbständigung und Dezentralisierung der Ressourcenverantwortung. Zur bislang ungeklärten Frage der rechtlichen Einordnung von Kontrakten und damit zu ihrer Verbindlichkeit u. a. Wallerath, DÖV 1997, S. 60 ff.; Wolf-Hegerbekermeier, DÖV 1999, S. 420 ff.; Schedler / Proeller, New Public Management, S. 183 ff.; Hill, NVwZ 2002, S. 1061 ff. Nach Hitschke, Neue Steuerungsinstrumente, S. 82, bezeichnet der Begriff Kontraktmanagement die Auseinandersetzung über zu erreichende Ziele (= Management) sowie das Festhalten der Ergebnisse (= Kontrakt). 217 Stähr, RdJB 2000, S. 164 f., dort (S. 167 ff.) auch Hinweise zur inhaltlichen Gestaltung der Leistungsvereinbarungen; vgl. hierzu auch Pitschas, DÖV 1998, S. 911. Eine konkrete Forderung nach dem Abschluß von Zielvereinbarungen im Zuge sozialrechtlicher Rahmenverträge erhebt Hitschke, Neue Steuerungsinstrumente, S. 361 f. 218 DÖV 1997, S. 65.

C. Änderungsbedarf im Verwaltungsorganisationsrecht

209

vereinbarungen diametral entgegensteht,219 ist auch den traditionellen Instrumenten hierarchischer Steuerung in Gestalt von Weisungen und Einzeleingriffen in geschlossene Kontrakte während ihrer Laufzeit eine Absage zu erteilen. Eine der Logik des Neuen Steuerungsmodells folgende Aufsicht und Kontrolle nachgeordneter Stellen steht somit im Spannungsfeld zwischen der Effektuierung und Optimierung staatlichen Handelns durch sachangemessene Rechtskonkretisierung und Rechtsverwirklichung auf der Vollzugsebene einerseits220 und der Rückbindung staatlichen Handelns durch unterschiedliche Steuerungsinstrumente, wie Weisungen, Aufsichts- und Letztentscheidungsrechte als Ausdruck der sachlichinhaltlichen Legitimation, andererseits.221 Dieses Spannungsfeld müssen die im verwaltungsorganisatorischen System traditionellen Kontrollbefugnisse der Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht mit ihren spezifischen repressiven Instrumenten, insbesondere der Weisung und des Selbsteintritts, bei der Umsetzung neuer Reformmodelle und dem Übergang von der input- zur output- bzw. wirkungsorientierten Verwaltungssteuerung berücksichtigen:222 Unter Zurücknahme des repressiven Moments treten präventiv-begleitende Aufsichtsfunktionen, Information und Unterstützung als „Eckpunkte einer reformadäquaten Aufsichtsführung“ in den Vordergrund behördeninterner und behördenübergreifender Kontrolle;223 Aufsicht soll als Richtungs-, Trend- und Wirkungskontrolle geführt werden und in Form eines Frühwarnsystems mögliche Fehlentwicklungen rechtzeitig erkennen helfen.224 Indem Effizienzkontrollen, Evaluationskontrollen und geeignete Control219 Für Hoffmann-Riem, DÖV 1999, S. 222 f., muß das Aufsichtskonzept der dem NSM zugrundeliegenden Verantwortungsteilung entsprechen. In anderem Zusammenhang hat schon Czybulka, Legitimation, S. 193, darauf hingewiesen, daß Regierung und Parlament gut beraten wären, „keinen auf den Einzelfall zielenden Druck auf die Zuständigkeits- und Kompetenzordnung auszuüben“. Zwar führt er beispielhaft auch Weisungen als „Maßnahme im spezifischen Verfahren“ als Mittel an, aber der von ihm ebenfalls erwähnte Erlaß einer Verordnung könnte inzwischen vielleicht auch im Sinne kontraktueller Steuerung weiterentwikkelt werden. 220 Siehe hierzu Hill, NVwZ 2002, S. 1061; vgl. auch Wallerath, DÖV 1997, S. 64, mit Blick auf den Haushaltsvollzug als „gestufte Konkretisierung allgemeiner finanzwirtschaftlicher Leitlinien und Impulse durch die Verwaltung“. 221 Neben vielen Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 188 ff.; zum Zusammenhang von Verantwortung und Kompetenz sowie zum den „Kern des Mißtrauens“ in sich bergenden Selbsteintrittsrecht schon Czybulka, Legitimation, S. 97 f., 193; ferner Röhl, Verwaltung, Beiheft 2 / 1999, S. 40 f. Loschelder, HbStR III, § 68 Rn. 93 ff. (95), 103 ff., verneint aber einen zwingenden Konflikt zwischen Weisung und Eigenverantwortung. 222 Nach Hoffmann-Riem, Verwaltungskontrolle, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 363 f., fehlen bei Zielvereinbarungen noch „sichere Verkehrsregeln“; einen Ansatz hierzu bietet Keilmann, in: Hill (Hrsg.), Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 141, mit Regelungen über „Form, Inhalt, Fristen et cetera der Zielvereinbarungen innerhalb der Verwaltungen“ in einer Steuerungsordnung. 223 John, Verwaltungsorganisation, S. 159 ff. (159); siehe auch Pitschas, DÖV 1998, S. 913. Die vorgängige Kontrolle als milderes Mittel gegenüber repressiven Instrumenten betont Hoffmann-Riem, Verwaltungskontrolle, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 346 f.

14 John-Koch

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

lingsysteme an Bedeutung gewinnen,225 entwickelt sich die Aufsicht zu einem „Steuerungsmittel in einem kybernetischen Prozess“.226

D. Handlungsformen öffentlich-rechtlich organisierter Verwaltungsträger Aus einer Entscheidung für eine öffentlich-rechtliche Organisationsform können sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Handlungsformen resultieren: Öffentliches (Verwaltungs-)Organisationsrecht zieht nicht zwingend auch öffentlich-rechtliches (Verwaltungs-)Handeln nach sich.227 Privatrechtlich geprägtes Verwaltungshandeln ist allerdings bei öffentlich-rechtlichen Organisationsformen zu unterscheiden nach a) privatrechtlichen Handlungsformen, die durch einzelne öffentlich-rechtliche Bindungen überlagert werden, und b) Vertragsgestaltungen nach Maßgabe des Verwaltungsprivatrechts, das nicht nur punktuelle, sondern eine Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Bindungen impliziert.228 Ähnlich wie bei der Wahl der Organisationsform besitzt die öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung – unabhängig von ihrer jeweils gewählten Organisationsform oder der Staatsferne der Verwaltungsträger – auch hinsichtlich der Wahl der Handlungsformen eine gewisse Dispositionsfreiheit. Sofern allerdings öffentlichrechtliche Handlungsformen ausdrücklich vorgegeben sind, entfällt eine Wahlfreiheit: Die öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung hat sich in diesen Fällen zwingend öffentlich-rechtlicher Handlungsformen zu bedienen. Dasselbe gilt auch für den umgekehrten Fall: Ist der Verwaltung ausdrücklich privatrechtliches Han224 So Seiler, ZBl. 2000, S. 285. Vgl. auch den Hinweis bei Füchtner, Modernisierung, S. 287, auf die Forderung der Arbeitsgruppe „Aufgabendelegation“ im Bundesverkehrsministerium nach einer Neubestimmung fachaufsichtlicher Grundsätze im Sinne eines strategischen Controllings. 225 Zu diesen Beispielen Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 217; R. Schmidt, VerwArch 2000, S. 153; speziell zum Controlling u. a. Lüder, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 54 ff.; Meyer, Das Neue Steuerungsmodell, S. 78 ff.; Pünder, Haushaltsrecht, S. 380 ff.; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 39 ff. Diese „Diversifizierung der Kontrolltypen“ (Hoffmann-Riem, Verwaltungskontrolle, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem [Hrsg.], Verwaltungskontrolle, S. 359, 363 f.) kann somit die von Loschelder, HbStR III, § 68 Rn. 71, geforderte Kompensation darstellen, die bei der Auflockerung des Hierarchie- und Weisungsprinzips erforderlich ist (Rn. 71). 226 Zu diesem Verständnis von Aufsicht Seiler, ZBl. 2000, S. 284; auch die von Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 345, als „Verfahrensperpetuierung“ bezeichneten permanten Kontroll-, Beobachtungs- und Kommunikationspflichten mit anschließenden Phasen der Revision und des Lernens u. a. bei Auditierungsverfahren weisen in eine ähnliche Richtung. 227 Siehe im 3. Teil, Kap. C, Fn. 134; ferner Ehlers, Verwaltung, S. 172. 228 Vgl. 3. Teil, Kap. C, Fn. 94; Ronellenfitsch, HbStR III, § 84 Rn. 47.

D. Handlungsformen öffentlich-rechtlich organisierter Verwaltungsträger

211

deln vorgegeben, kann sie nicht öffentlich-rechtlich tätig werden.229 Allerdings sind eben nicht für sämtliche Felder öffentlicher Tätigkeit die jeweils anzuwendenden öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Handlungsformen festgelegt, vielmehr fehle es in den überwiegenden Fällen „an solch klarstellenden Normen“.230 Anhand der Aufgabentypisierung sowie der Organisationsformen soll in einem groben Raster eine Beziehung zwischen Organisations- und Handlungsform dergestalt hergeleitet werden, daß für bestimmte Organisationen bestimmte Handlungsformen charakteristisch sind, ohne jedoch ein Ausschließlichkeitskriterium postulieren zu wollen. Ist das öffentliche Recht Sonderrecht des Staates, kann zunächst davon ausgegangen werden, daß sich die öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung in der Erfüllung ihrer Aufgaben grundsätzlich auch öffentlich-rechtlicher Handlungsformen bedient. Dies gilt für alle Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung, denen Hoheitsbefugnisse eingeräumt werden, denn das öffentliche Recht „hat den Staat als Hoheitsträger zum Gegenstand und dient der Begründung und Begrenzung staatlicher Befugnisse“231 – unabhängig davon, ob es sich um Träger unmittelbarer oder mittelbarer Verwaltung handelt. Aus diesem Grund ist auch der Aspekt von Staatsnähe oder Staatsferne der Träger öffentlicher Verwaltung prinzipiell kein Indiz für die Zulässigkeit vertraglichen Handelns als privatrechtliche Handlungsform. Vielmehr stellen insbesondere der Verwaltungsakt und öffentlichrechtliche Verträge als Handlungsformen des öffentlichen Rechts die Grundformen staatlichen Verwaltungshandelns in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen dar: Grundsätzlich ist „eine Vermutung für öffentlich-rechtliches Handeln von Hoheitsträgern anzunehmen“.232 Der gewichtigste Anwendungsbereich öffentlich-rechtlicher Handlungsformen bezieht sich auf Eingriffe im Rahmen der Ordnungsverwaltung als „älteste und nach wie vor quantitativ bedeutendste Erscheinungsform von Verwaltung“.233 Insbesondere auf diesem Gebiet ist die Anwendung öffentlichen Rechts durch hoheitliche Verwaltung gesetzlich normiert.234

Vgl. Ehlers, Verwaltung, S. 174. Ehlers, Verwaltung, S. 174; vgl. auch den Ansatz von Gern, ZRP 1985, S. 60 f., die Wahl insbesondere einer Privatrechtsnorm nur dann anzuerkennen, „wenn sie ,ausdrücklich‘ durch den Gesetzgeber oder zumindest durch die Verwaltung“ als eine solche – schriftlich – erklärt wird, anderenfalls „verbleibt es bei der Grundregel: Der Staat handelt immer öffentlich-rechtlich“. 231 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 13. 232 Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 109. 233 Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 30 f. 234 U.a. Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 36, § 2 Rn. 32; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 150; Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 1 Rn. 41. 229 230

14*

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

Indem das wesentliche Kennzeichen öffentlich-rechtlicher Handlungsformen die grundsätzlich eingeräumte Befugnis zu hoheitlichem Handeln ist, sind öffentlichrechtliche Handlungsformen als Basis auch des Handelns von Beliehenen bei der Wahrnehmung von staatlichen Aufgaben anzunehmen. Wäre die Übertragung von Hoheitsbefugnissen nicht erforderlich gewesen, hätte statt einer Beleihung die Einbeziehung eines nicht-hoheitlich, sondern privatrechtlich handelnden unselbständigen Verwaltungshelfers235 oder eines selbständig handelnden Privaten in Erwägung gezogen werden können. Von daher ist die Ansicht abzulehnen, daß es sich bei der Beleihung um eine Organisationsprivatisierung handelt,236 denn die durch eine Organisationsprivatisierung geschaffenen Institutionen handeln grundsätzlich (verwaltungs-)privatrechtlich; sofern hoheitliche Kompetenzen übertragen werden sollen, bedarf es zusätzlich der Beleihung.237 Damit wird aber auch deutlich, daß die Beliehenen in der Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Kompetenzen ausschließlich öffentlich-rechtlich handeln; sofern sie (verwaltungs-)privatrechtlich tätig werden, handelt es sich nicht um einen Akt der Beleihung, sondern um eine Form von Verwaltungshilfe.238 Allerdings bildet das öffentliche Recht lediglich innerhalb des übertragenen Kompetenzbereichs die Handlungsgrundlage der Beliehenen, außerhalb dieser Grenzen gilt ausschließlich Privatrecht.239 Dennoch bedient sich die öffentlich-rechtliche Verwaltung nicht nur öffentlichrechtlicher Handlungsformen; auch bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, die nicht lediglich Annexaufgaben oder Formen der erwerbswirtschaftlichen Betätigung darstellen, nutzt sie vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten als Handlungsformen des Privatrechts.240 Sofern keine rechtlichen Vorgaben bestehen, wird den Trägern öffentlicher Verwaltung in der Regel eine Wahlfreiheit zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht eingeräumt.241 Insbesondere im Rahmen der Lei235 Vgl. hierzu v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 130 ff., 147. Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 49, irrt somit, wenn er Schülerlotsen zu den Beliehenen zählt. 236 So aber Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 79. 237 So etwa im Abfallrecht (2. Teil, Kap. A, Fn. 270), sowie T. Schmidt, ZG 2002, S. 353 f.: „Beleihung als notwendige Begleiterscheinung des Zurückweichens des Staates im Falle der Privatisierung“ dem Staat vorbehaltener Aufgaben. 238 Zum Unterschied hoheitlichen Handelns der TÜV-Sachverständigen im Rahmen der Führerscheinprüfung oder der Erteilung eine TÜV-Plakette einerseits und privatrechtlichen Handelns bei der Begutachtung anderseits v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 120 ff. Vgl. auch Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 84; andererseits Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 31, die privatrechtliches Handeln von Beliehenen im Rahmen der übertragenen Aufgaben nicht ausschließen, dieses dann aber – mit Recht – dem Verwaltungsprivatrecht unterliege. Kriterien der Verwaltungshilfe zusammenfassend bei Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 299 f. mit Fn. 138. Zur Möglichkeit der Erhebung privatrechtlicher Entgelte T. Schmidt, ZG 2002, S. 366 f. (367). 239 Vgl. etwa Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104 Rn. 7; Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 39; Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 248 f.; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben, S. 118. 240 Vgl. zu diesen nicht unmittelbar Verwaltungszwecken dienenden Aufgaben Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 10.

D. Handlungsformen öffentlich-rechtlich organisierter Verwaltungsträger

213

stungsverwaltung tritt neben das öffentliche Recht242 in großem Ausmaß auch privatvertragliches Handeln öffentlich-rechtlich organisierter Verwaltungseinheiten.243 Wenn aber Anstalten des öffentlichen Recht vorrangig – wenn auch nicht ausschließlich – Aufgaben der Leistungsverwaltung wahrnehmen,244 kann davon ausgegangen werden, daß unter den Trägern mittelbarer Verwaltung gerade diese Institutionen sich privatrechtlicher Handlungsformen bedienen. Dies zeigt sich etwa in der Ausgestaltung der Leistungs- und Nutzungsverhältnisse der Anstalt, die sowohl öffentlich-rechtlicher als auch privatrechtlicher Natur sein können, sofern diese nicht „aufgrund eines Rechtssatzes gewährt werden“.245 Allerdings öffnen sich für die öffentliche Verwaltung in der Anwendung des Privatrechts nicht die Freiheiten der Privatautonomie; dies gilt gleichermaßen für die unmittelbaren als auch die mittelbaren Verwaltungsträger.246 Denn anderenfalls wäre zum einen die Wahl einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlichen Handlungsformen nicht zu rechtfertigen, das Gebot der Subsidiarität und der Grundsatz der Verantwortungsteilung247 müßten in diesen Fällen die Übertragung der Aufgabenerfüllung auf Institutionen des Privatrechts implizieren.248 Zum anderen darf die Wahlfreiheit nicht dazu führen, daß sich die Entscheidung für privatrechtliche Handlungsformen den Bürgern gegenüber, die etwa öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen, nachtei-

241 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 9; Sproll, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 1 Rn. 45 ff.; auch Faber, Verwaltungsrecht, S. 21 ff.; explizit für die Bundesebene Blümel, HbStR IV, § 101 Rn. 89. Ablehnende Ansichten zur „Lehre von der Wahlfreiheit“ bei Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 326. Einen knappen Überblick über den Meinungsstand bieten Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 4. 242 Zu Institutionen verwaltungsrechtlicher Regelung in der Leistungsverwaltung vgl. u. a. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 151; Faber, Verwaltungsrecht, S. 250 ff. 243 So Faber, Verwaltungsrecht, S. 39; vgl. auch Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 71; Aufgabenfelder bei Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 3 ff., wobei hier allerdings vorrangig auf die Organisationsform abgestellt wird. 244 Vgl. oben unter Fn. 80 ff., 85. Diese Pauschalierung bezieht sich lediglich auf den Vergleich zu anderen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen; es ist unbestritten, daß es eine Vielzahl von Anstalten gibt, die keine Leistungen anbieten, sondern der Eingriffsverwaltung zuzuordnen sind (Haft-, Erziehungsanstalten etc.) und daher vorrangig öffentlich-rechtlich handeln. 245 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 99 Rn. 14 ff.; Faber, Verwaltungsrecht, S. 150 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 9, 26. 246 Für die Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 44, 53. 247 Vgl. hierzu 2. Teil, Kap. C, Fn. 459 und 4. Teil, Kap. A, Fn. 10. 248 Ein eindeutiges Bekenntnis zum Grundsatz der Subsidiarität in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben hat der Kanton Appenzell Ausserrhoden in Art. 27 der Verfassung statuiert (2. Teil, Kap. C, Fn. 483).

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

lig auswirkt,249 anderenfalls würde dies tatsächlich einen (Handlungs-)Formenmißbrauch des Staates darstellen. Von daher handelt es sich beim privatrechtlichen Handeln des Staates als unmittelbarem Verwaltungsträger oder als dem Träger mittelbarer Verwaltung um ein Sonder-Privatrecht, das sich vom Privatrecht mit Blick auf die Privatautonomie darin unterscheidet, daß es zumindest bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben von einer Vielzahl öffentlich-rechtlicher Bindungen begleitet wird.250 Hier setzt auch die Kritik am verwaltungsprivatrechtlichen Handeln an: Wenn einerseits privatrechtliche Handlungsformen aufgrund ihrer größeren Flexibilität gewählt, diese aber gleichzeitig öffentlich-rechtlich ergänzt oder gar überlagert werden, „so ist der Verhaltensspielraum im Privatrecht kein größerer als der im Öffentlichen Recht“.251 Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß nach herrschender Meinung die öffentlich-rechtlichen Bindungen, die auf privatrechtliches Handeln in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen einwirken, höchst unterschiedlich sind; die prinzipielle Nichtanwendung des Verwaltungsverfahrensrechts bei verwaltungsprivatrechtlichem Handeln ist lediglich der augenfälligste Kontrast.252 Es handelt sich hierbei im übrigen um eine „graduelle Abstufung der öffentlich-rechtlichen Bindung je nach dem spezifischen Verwaltungshandeln“.253 Deutlich wird diese Abstufung vor allem bei der Unterscheidung von (verwaltungs-)privatrechtlichem Handeln im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben einerseits und fiskalischem privatrechtlichen Handeln im Rahmen der Bedarfsdeckung andererseits.254 Im übrigen läßt sich die Kritik auch positiv wenden: Ist das Verwaltungsprivatrecht „offenes Programm rechtlicher Disziplinierung“, so geht es darum, „privatrechtliche Handlungsweise und öffentlich-rechtliche Schutzmechanismen horizontal zu integrieren“.255 a) Zu öffentlich-rechtlichen Bindungen bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im allgemeinen gehören zunächst verfassungsrechtliche Regelungen, insbe249 Zur Sicherung der Rechtsstellung des Bürgers eben durch die Überlagerung privatrechtlichen Handelns um öffentlich-rechtliche Bindungen Gusy, DÖV 1984, S. 880. 250 Etwas anderes ergibt sich bei der fiskalischen und erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit des Staates, vgl. hierzu unten, Fn. 260 ff. 251 Für viele Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 12; Unruh, DÖV 1997, S. 665. 252 Vgl. hierzu etwa v. Danwitz, AöR 1995, S. 602; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 247 f.; differenzierend Ehlers, Verwaltung, S. 226 ff. 253 Eben diese Relativität kritisiert Unruh, DÖV 1997, S. 665; vgl. auch Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 9 Rn. 35; demgegenüber Gusy, DÖV 1984, S. 879; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 32 a. 254 Auch hier gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (3. Teil, Kap. C, Fn. 96). 255 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 246 (Hervorhebung d. Verf.). Vgl. auch v. Danwitz, AöR 1995, S. 603, wonach sich die Intensität der öffentlich-rechtlichen Überformung des Privatrechts an den Aufgaben, der Pflichtenbindung und dem Legitimationsbedürfnis zu orientieren habe.

D. Handlungsformen öffentlich-rechtlich organisierter Verwaltungsträger

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sondere die Grundrechte,256 der Gleichheitssatz und das Verhältnismäßigkeitsprinzip samt Übermaßverbot.257 Hinzu treten weitere Bindungen öffentlichen Rechts, wie etwa Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeiten, Haushaltsordnungen oder etwa auch das Stabilitätsgesetz. 258 Stober verweist zudem ausdrücklich auf privatrechtliche Bindungen, die auch im Verwaltungsprivatrecht gelten und für dieses çharakteristisch sind wie z. B. Kontrahierungszwang, Kündigungsbeschränkungen, Betriebspflichten, Tarifgenehmigungen“.259 b) Deutlich abgeschwächt sind öffentlich-rechtliche Bindungen hingegen im Rahmen der als fiskalisches Verwaltungshandeln ausgestalteten Bedarfsdeckung sowie bei der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit. Daß in diesen Bereichen lediglich einzelne öffentlich-rechtliche Bindungen das privatrechtliche Handeln ergänzen, nicht aber ein ganzes Bündel von Pflichten übertragen wird, läßt sich damit begründen, daß es sich nicht um die Erfüllung von eigentlichen Verwaltungsaufgaben oder zumindest von öffentlichen Aufgaben handelt, sondern um die „Erfüllung von Nicht-Verwaltungszwecken mit privatrechtlichen Mitteln“.260 Indem der Staat und seine öffentlich-rechtlichen Organisationseinheiten die „Rolle eines Verbrauchers (oder) eines Unternehmers“ annehmen, rücken sie deutlich näher an die Stellung der Privatrechtssubjekte heran als bei der privatrechtlichen Erfüllung von öffentlichen Aufgaben in der Rolle des Verwaltungsträgers.261 Von daher gelten nicht die Grundrechte schlechthin; es wird im allgemeinen eine differenzierte Grundrechtsbindung angenommen, zu der jedoch in der Regel der Gleichheitssatz insbesondere im Wettbewerb zählt.262

256 Ausführlich zur Grundrechtsgeltung Ehlers, Verwaltung, S. 212 ff.; zu weiteren verfassungsrechtlichen Bindungen ebd., S. 222 ff.; vgl. auch Gusy, DÖV 1984, S. 875 f., 878 f.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 20 ff. 257 Vgl. Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 169 f.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 32; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 247. 258 Unruh, DÖV 1997, S. 664; Ehlers, Verwaltung, S. 225 mit Fn. 300 ff.; Menges, Rechtsgrundlagen, S. 121. 259 So Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 34, im Gegenzug sollen einzelne privatrechtliche Besonderheiten, wie das Zustandekommen eines Vertrages, dessen Abschluß Mängel aufweist, nur beschränkt gelten. Vgl. auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 246 f., der auf eine Reihe bestehender rechtlicher Regelungen „für wichtige Schutzbedürfnisse administrativer und privater Leistungsverhältnisse“ hinweist, sowie Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 330 f.; Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 9 Rn. 35. Zum Kontrahierungszwang als Ausprägung des Gleichheitssatzes vgl. Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 79. 260 Faber, Verwaltungsrecht, S. 22. 261 Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 18; Ehlers, Verwaltung, S. 232. 262 Dies gilt sowohl für die fiskalische als auch für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit, vgl. nur Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 21 ff.

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

Ob man solche punktuell öffentlich-rechtlich überformte privatrechtliche Tätigkeit263 ebenfalls unter das Verwaltungsprivatrecht fassen oder ihr als privatrechtliche Handlungsform der öffentlichen Hand Eigenständigkeit zubilligen sollte, ist einerseits abhängig davon, ob für das Verwaltungsprivatrecht nur grundsätzlich öffentlich-rechtliche Bindungen unabhängig von ihrer quantitativen und qualitativen Intensität charakteristisch sind – dann könnte auf diese Unterscheidung verzichtet werden – oder ob es sich um eine rechtspolitische Forderung dergestalt handelt, daß zwar „zahlreiche Vorschriften des öffentlichen Rechts . . . die Verwaltung durchgängig“264 binden sollen, für den Bereich fiskalischen Handelns etwa eine Grundrechtsgeltung lediglich in einem abgestuften System anzunehmen sei.265 In diesem Fall müßte zwischen Verwaltungsprivatrecht und „verwaltungsrechtlichem Privatrecht“ unterschieden werden, da anderenfalls die Trennung zwischen privatrechtlichen Handlungsformen der fiskalischen bzw. erwerbswirtschaftlichen Verwaltung einerseits und privatrechtlichen Handlungsformen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben andererseits aufgehoben würde.

E. Die Wahl geeigneter Organisationsformen – das Beispiel der Regulierungsbehörde für den Telekommunikationsmarkt Ein anschauliches Beispiel für die Suche nach einer geeigneten Organisationsform in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist die Regulierungsbehörde für den Telekommunikationsmarkt. Mit der Richtlinie 90 / 388 / EWG der Europäischen Kommission vom 28. 6. 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste266 wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, „die Erteilung der Betriebsgenehmigungen, die Überwachung der Zulassungen und der verbindlichen Spezifikationen, die Zuteilung der Frequenzen und die Überwachung der Nutzungsbedingungen von einer von den Fernmeldeorganisationen unabhängigen Einrichtung“267 durchführen zu lassen.268 Diese Unabhängigkeit von den Fernmeldeorganisationen sei gewährleistet, wenn „eine ,reale‘ Trennung besteht, beiderseiVgl. 3. Teil, Kap. C, Fn. 100. Ehlers, Verwaltung, S. 246, der darüber hinaus dem Fiskusbegriff insgesamt ablehnend gegenübersteht (S. 77 f.); ebenso ablehnend Röhl, VerwArch 1995, S. 539. Siehe auch Loeser, System des Verwaltungsrechts I, § 9 Rn. 38. 265 So Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 21, mit der Geltung zumindest von Art. 3 und Art. 19 Abs. 4 GG. 266 ABl. Nr. L 192, S. 10, zuletzt geändert durch Richtlinie 1999 / 64 / EG der Kommission v. 23. 6. 1999 zur Änderung der Richtlinie 90 / 388 / EWG im Hinblick auf die Organisation ein- und demselben Betreiber gehörender Telekommunikations- und Kabelfernsehnetze in rechtlich getrennten Einheiten, ABl. Nr. L 175, S. 39. 267 Art. 7 der Richtlinie 90 / 388 / EWG (Fn. 266). 268 Zur Rolle der Europäischen Union im Rahmen der Liberalisierung der Post- und Telekommunikationsmärkte allgemein Müller-Terpitz, ZG 1997, S. 258 ff. 263 264

E. Die Wahl geeigneter Organisationsformen

217

tige finanzielle Unabhängigkeit gegeben ist sowie jeder Personalwechsel von der Regulierungs- zur Betriebsinstanz besonders überwacht wird“, wobei allerdings die Trennung „je nach Rechtstradition und Erfahrung in jedem Mitgliedsstaat unterschiedlich ausfallen“ könne.269 Als zulässig wurde die Übertragung ordnungspolitischer Funktionen an eine Abteilung des zuständigen Ministeriums gewertet, sofern private Anteilseigner das Fernmeldeunternehmen kontrollieren, oder die Übertragung ordnungspolitischer Funktionen auf eine vom zuständigen Ministerium unabhängige Instanz für den Fall gewährleistet ist, daß der Staat beherrschender Aktionär ist oder zumindest einen erheblichen Anteil hält.270 Durch die Richtlinie wurde eine bestimmte Organisationsform somit nicht vorgegeben, eine organisatorische Beschränkung der mitgliedstaatlichen Entscheidung ergab sich lediglich aus der Forderung, aufgrund von potentiellen Interessenkonflikten für die wettbewerbsregulierende Institution eine rechtliche oder administrative Nähe der Regulierungsbehörde – unabhängig von ihrer Organisationsform – zur tatsächlichen Betriebsorganisation zu vermeiden. In Umsetzung dieser Richtlinie wurde auf Bundesebene am 1. 8. 1996 das Telekommunikationsgesetz (TKG) erlassen, das im Zehnten Teil (§§ 66 ff.) die Vorschriften über die Regulierungsbehörde enthält und damit auch Konsequenzen für die mögliche Gestaltung ihrer Organisationsform zieht271. Wird ergänzend noch die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Post und Telekommunikation zum Entwurf des TKG hinzugezogen, ist die Entscheidung über die Organisationsform der Regulierungsinstanz unter organisationsrechtlichen und organisationswissenschaftlichen Gesichtspunkten besonders aufschlußreich. So wurden jedenfalls noch in der Beschlußempfehlung folgende Mindestkriterien an die neue Regulierungsinstanz angelegt:272 – Die Organisation muß der Forderung nach einer schlanken, effizienten Verwaltung genügen. – Die Organisation muß eine von tagespolitischen Einflüssen unabhängige Entscheidungsfindung sicherstellen. Nicht jede Entscheidung sollte vom zuständigen Ministerium kassiert werden können. – Die Organisation darf die nach dem Gesetzentwurf erforderliche Abstimmung mit dem Bundeskartellamt nicht institutionell erschweren. – Der organisatorische Aufbau der Regulierungsinstanz und des Bundeskartellamts müssen im wesentlichen identisch sein, um nach einem Rückgang der Müller-Terpitz, ZG 1997, S. 259. Vgl. Müller-Terpitz, ZG 1997, S. 259. 271 Das TKG von 1996 wurde durch das TKG 2004 ersetzt; die Organisationsregelungen finden sich nun in § 116 ff. Nachfolgend wird jedoch mit Blick auf die Erläuterungen in der Drucksache Bezug auf die Grundfassung genommen. 272 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Post und Telekommunikation v. 12. 6. 1996, BT-Drs. 13 / 4864, S. 72. 269 270

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

Regulierungserfordernisse Teilaufgaben der Regulierungsbehörde auf das Bundeskartellamt übertragen zu können. Für die Wahrnehmung der Regulierungsaufgaben nach institutionell-organisatorischen Gesichtspunkten sowie für die Verortung der Regulierungsbehörde wurden verschiedene Modelle diskutiert: a) In einem Gutachten von Mestmäcker273 ist eine Aufgabenteilung zwischen dem für den Wettbewerbsschutz zuständigen Bundeskartellamt mit Kompetenzen für Entgeltregulierung und Mißbrauchsaufsicht und einer dem Wirtschaftsministerium unterstehenden Bundesoberbehörde mit dem Aufgabenbereich vor allem der Lizenzierung und Frequenzordnung vorgesehen. b) Nach dem Vorschlag von Witte274 sollten diese Aufgaben insgesamt durch das Postministerium wahrgenommen und dessen Entscheidungen durch eine nachgeordnete Oberbehörde ausgeführt werden. Um die geforderte reale Trennung zu wahren, sollte die Zuständigkeit für die Eigentümerschaft auf das Finanzministerium übergehen. c) Bündnis 90 / Die Grünen275 plädierten für eine Bundesanstalt im Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Mit der Anstalt, die dem mittelbaren Verwaltungsbereich angehört und nur der Rechtsaufsicht unterliegt, wurde eine im organisationsrechtlichen Sinne staatsfernere Lösung verfolgt. d) Für die Monopolkommission schien eine Verortung der Regulierungsbehörde in einem erweiterten Bundeskartellamt vorzugswürdig, das trotz der Vertypung als Oberbehörde quasi als Kammersystem organisiert ist und fachlich weitgehend selbständig entscheidet. Ziel müsse es sein, das Wettbewerbsrecht zu vereinheitlichen, Kompetenzkonflikte zu vermeiden und nicht zuletzt für nur temporäre Aufgaben bereits bestehende Organisationen zu nutzen; eine institutionalisierte neue Regulierungsbehörde laufe Gefahr, „eine Einrichtung auf Dauer“ zu werden: „Schwinden die Aufgaben, werden neue aufgespürt“.276 Des weiteren sei grund273 Gutachten zur Zuständigkeit für die Verhaltensaufsicht nach dem dritten und vierten Teil des Referentenentwurfs für ein Telekommunikationsgesetz, Hamburg / München, 22. 11. 1995, zit. nach: Monopolkommission, Telekommunikation, S. 21. 274 Gutachten zur Zuständigkeit für die Verhaltensaufsicht nach dem dritten und vierten Teil des Referentenentwurfs für ein Telekommunikationsgesetz, Hamburg / München, 22. 11. 1995, zit. nach: Monopolkommission, Telekommunikation, S. 21 ff. 275 Antrag der Abgeordneten Kiper und Nickels und der Fraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN v. 29. 2. 1996 über die Errichtung einer Bundesanstalt für die Regulierung von Post und Telekommunikation, BT-Drs. 13 / 3920. 276 Monopolkommission, Telekommunikation, S. 23 ff. Zwar hält die Monopolkommission auch weiterhin das Bundeskartellamt zur Wahrnehmung von Regulierungsaufgaben grundsätzlich für geeignet, bevorzugt jedoch inzwischen aufgrund gewonnener Erfahrungen eine allgemeine Regulierungsbehörde für sämtliche Netzsektoren (vgl. Monopolkommission, Netzwettbewerb, S. 376 ff.), wie sie nach § 54 des Gesetzentwurfes zur Neufassung des Energiewirtschaftsrechts (www.bmwa.bund.de / Redaktion / Inhalte / Downloads / referentenent-

E. Die Wahl geeigneter Organisationsformen

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sätzlich ein Verzicht der Mehrheitsaktionärsstellung des Bundes bei der Telekom AG zur Vermeidung einer möglichen Interessenkollision wünschenswert.277 Im Telekommunikationsgesetz erhielt die Regulierungsbehörde schließlich ihre Organisationsform. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Wirtschaftsausschusses wurde im Parlament mehrheitlich für eine „Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft“ (§ 66 TKG) gestimmt, die einerseits die Regulierung der Telekommunikation und der Frequenzordnung als hoheitliche Aufgabe des Bundes278 in bundeseigener Verwaltung führen solle, andererseits die Anforderungen an eine schlanke Verwaltung, an eine unabhängige Entscheidungsfindung und darüber hinaus durch eine vergleichbare Organisationsstruktur eine Kooperation mit dem Kartellamt im Hinblick auf einen künftigen Aufgabenübergang erfüllen könne.279 Mit der Entscheidung für die Regulierungsstelle als Bundesoberbehörde wurde einerseits vom Modell einer fachlich unabhängigen und eigenständigen Anstalt des öffentlichen Rechts, die nur der Rechtsaufsicht unterliegt und mit den hoheitlichen Aufgaben beliehen worden wäre,280 Abstand genommen; andererseits wurde auch davon abgesehen, die „anspruchsvolle Regulierungsaufgabe einer bereits etablierten, mit wettbewerbsrechtlichem Sachverstand ausgestatteten und in ihrem Selbstverständnis unabhängig agierenden Behörde“ zuzuweisen.281 Während die Forderung nach Unabhängigkeit – und damit in gewissem Maße nach Staatsferne – für eine bundesmittelbare Organisationsform spricht wie etwa eine Anstalt des öffentlichen Rechts, legen nahezu alle in der Beschlußempfehlung niedergelegten Vorgaben282 direkt oder indirekt relativ eindeutig eine Eingliederung der Regulierungsbehörde in das Bundeskartellamt nahe.283 Daß dennoch eine Bundesoberbehörde als Form einer gegenüber dem Ministerium schlanken, vom tagespolitischen Geschäft etwas entfernten Verwaltungseinheit gewählt wurde, kann in formaler Hinsicht mit Art. 87f Abs. 2 S. 2 GG begründet werden, wonach Hoheitsaufgaben im Bereich Post und Telekommunikation in bundeseigener Verwaltung ausgeführt wurf-EnWG,property=pdf.pdf) mit der Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post vorgesehen ist. 277 Monopolkommission, Telekommunikation, S. 27 f. 278 § 2 Abs. 1 TKG. 279 Beschlußempfehlung (Fn. 272). Zur Kompetenzabgrenzung mit dem Bundeskartellamt vgl. aber Kämmerer, Privatisierung, S. 445 mit Fn. 103, S. 517 mit Fn. 412. 280 So in der Antragsbegründung der Abgeordneten Kiper und Nickels und der Fraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN (Fn. 275). Aufgrund der hoheitlichen Aufgabe (Fn. 278) wurden gegen die Errichtung einer Anstalt verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, eine Grundgesetzänderung (so Geppert, § 66 TKG-Kommentar, Rn. 1, 5) – oder Beleihung – wäre erforderlich gewesen. 281 Müller-Terpitz, ZG 1997, S. 261 mit Fn. 32. 282 Vgl. Fn. 272. 283 Vgl. hierzu auch Geppert, § 66 TKG-Kommentar, Rn. 13 ff.

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6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

werden müssen und der Begriff der „bundeseigenen Verwaltung“ in diesem Fall neben einer kompetentiellen Zuordnung zum Bund vor allem als Abgrenzung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Verwaltung interpretiert wurde.284 Möglicherweise haben aber auch andere Argumente – Tradition oder arbeitsmarkpolitische Motive – eine entscheidende Rolle gespielt.

F. Zusammenfassung Eine weitgehend geschlossene Rahmenordnung hinsichtlich der organisationsrechtlichen Grundsätze bietet das Verwaltungsorganisationsrecht. Als Regelfall einer Erfüllung staatlicher und öffentlicher Aufgaben sind Organisationsformen, hierarchische Strukturen, Zuständigkeiten sowie Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen bereits fachgesetzlich und damit aufgabenbezogen oder in einem eigenen flankierenden Organisationsgesetz umfassend gesetzlich normiert. Die Frage, ob und inwieweit das Organisationsrecht unmittelbarer und mittelbarer Träger öffentlicher Verwaltung den Anforderungen an eine Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat genügt, kann schon aufgrund seiner Querschnittsfunktion positiv beantwortet werden. Indem das Verwaltungsorganisationsrecht die Rechtsgrundsätze der Weisungshierarchie und der Aufsicht vorgibt, stellt es die essentiellen Strukturen für eine wirksame öffentlich-rechtliche Erfüllung staatlicher und öffentlicher Aufgaben bereit. Während organisationsbezogene Zuständigkeitsregelungen ebenfalls weitgehend normiert sind, lassen sich Kompetenzzuordnungen in materieller Hinsicht anhand der zumeist fachgesetzlich ausgeprägten Aufgabentypologie herausfiltern: Zum einen stehen für staatliche Kernaufgaben ausschließlich öffentlich-rechtliche Organisationsformen der unmittelbaren und mittelbaren Verwaltung zur Verfügung. Ähnliches gilt auch für die oben definierten Staatsaufgaben, die solange in die Zuständigkeit staatlicher Institutionen fallen, bis der Dritte Sektor qualitativ und quantitativ vergleichbare Leistungen anbieten kann und Staatsaufgaben somit in den Bereich der öffentlichen Aufgaben übergehen. Diese generalisierende Aufgabenzuordnung läßt sich mit Blick auf die Träger unmittelbarer und mittelbarer Verwaltung dahingehend ausdifferenzieren, daß sich für die Wahrnehmung regelmäßiger und programmierbarer Aufgaben einerseits und politischer Planung andererseits Behörden der unmittelbaren Verwaltung besonders gut eignen, für final programmierte staatliche und öffentliche Aufgaben hingegen eher staatsdistanziertere Institutionen der mittelbaren Verwaltung. Gerade die unterschiedlichen Strukturen von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen erlauben darüber hinaus eine weitere – wenn auch zunächst nur schemenhafte – Aufgabenzuordnung, die sich in dem unterschiedlichen Funktionscharakter 284 Vgl. Uerpmann, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87f Rn. 13; demgegenüber ebd. Art. 87d Rn. 8, Art. 87e Rn. 5.

F. Zusammenfassung

221

von „Betroffenverwaltung“, größerer Flexibilität und dauerhafter Förderung gemeinnütziger Zwecke widerspiegelt. Anhand dieser unterschiedlichen Strukturen sind auch differenzierte Aussagen im Hinblick auf ein Konzept der Verantwortungsstufung möglich: Zwar impliziert die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen nicht nur Verantwortung, sondern auch die Bereitstellung öffentlicher Leistungen, so daß grundsätzlich von einer umfassenden Erfüllungsverantwortung auszugehen ist. Allerdings läßt sich in Bezug auf mittelbare Verwaltungsträger dieser Befund vorsichtig dahingehend relativieren, daß es sich um die erste Vorstufe einer staatlich-gesellschaftlichen Verantwortungsteilung handelt, ohne jedoch nur eine Gewährleistungsverantwortung des Staates zu statuieren: So könnte man bei der körperschaftlichen Aufgabenwahrnehmung, bei der aufgrund der Mittlerfunktion von Körperschaften ein Übergang von Staatsaufgaben zu öffentlichen Angelegenheiten charakteristisch ist, von materieller Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft sprechen. Auch ist eine Aufgabenwahrnehmung durch Stiftungen des öffentlichen Rechts zwar ebenfalls von staatlicher Erfüllungsverantwortung gekennzeichnet; indem aber der Staat mit diesen Stiftungen eine öffentlich-rechtlich modifizierte Organisationsform des Bürgerlichen Rechts für sich in Anspruch nimmt, wurde eine allenfalls bestehende Gewährleistungsverantwortung zu einer nicht zwingend erforderlichen staatlichen Erfüllungsverantwortung aufgewertet und jene damit republifiziert. Demgegenüber lassen sich bei den Anstalten des öffentlichen Rechts sowie im Falle der Beleihung in nur geringem Maße Ansätze einer Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft ausmachen: Während bei einer Anstaltsgründung schon das Motiv größerer Autonomie in der Regel auf eine allenfalls institutionelle Verwaltungsverantwortungsteilung hinweist, beruht die Heranziehung Privater im Zuge der Beleihung nicht auf der Förderung privater Autonomie, sondern auf der Nutzung privater Sachkenntnis bei der Durchführung staatlicher Aufgaben und damit der Entlastung des Staates unter Beibehaltung staatlicher Erfüllungsverantwortung – wenn auch ausgeübt durch in staatlich-hoheitliche Strukturen inkorporierte Private. Auch wenn für das oben skizzierte Verwaltungsorganisationsrecht als Rahmenordnung einer verwaltungsseitigen Aufgabenwahrnehmung aus organisationsrechtlicher Sicht im Grunde kein grundlegender Änderungsbedarf besteht, sind jedoch sowohl hinsichtlich der Behörden der unmittelbaren Verwaltung als auch der mittelbaren Verwaltung Anpassungen denkbar und sinnvoll, die sich aus organisations- und verwaltungswissenschaftlichen Anforderungen im Zusammenhang mit dem Neuen Steuerungsmodell ergeben. Diese Modifikationen, die Einfluß sowohl auf die Durchführbarkeit öffentlicher Aufgaben als auch auf die Kontrolle der Aufgabenwahrnehmung haben, beziehen sich insbesondere auf innerorganisatorische Maßnahmen, wie die Vereinbarungen von Zielen, die Überprüfung der Leistungserbringung anhand von Kennzahlen und Vergleichen sowie von regelmäßigen

222

6. Teil: Öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger

Berichten und auf die Bereitstellung steuerungsrelevanter Informationen durch operative und strategische Controllingsysteme. Während sich von daher mit Blick auf die Modernisierung der internen Verwaltungsabläufe sowie steuerungs- und kontrollbezogener Instrumente Ergänzungen und Anpassungen des Verwaltungsorganisationsrechts anbieten, stellen die Handlungsformen sowohl des öffentlichen Rechts, wie Verwaltungsakt und öffentlichrechtlicher Vertrag, als auch des Privatrechts mit der Unterscheidung zwischen verwaltungsprivatrechtlichem und fiskalischem Handeln ein hinreichendes Gerüst für die verschiedenartigen Maßnahmen öffentlich-rechtlich organisierter Verwaltungstätigkeit dar.

7. Teil

Erfüllung von öffentlichen Aufgaben durch privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten Organisationsrechtliche Fragen haben im Zuge der Verwaltungsreform, insbesondere in der Diskussion um Dezentralisierung innerhalb einer bestehenden Verwaltungseinheit, durch Bildung von Verwaltungstrabanten1 und zuletzt durch die „Theorie von der Verantwortungsteilung“2 nachhaltig an Bedeutung gewonnen. Während aber bei der Dezentralisierung innerhalb der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung, etwa durch Auslagerung von Aufgaben auf neue, „hybride“ Verwaltungseinheiten wie Agenturen3 oder kommunale rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts,4 der Rechtskreis nicht verlassen wird und lediglich eine Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlich geprägten Verwaltungsorganisationsrechts erforderlich ist,5 verläßt die in Umfang und Inhalt bisherige Ansätze deutlich übersteigende Privatisierung von Aufgaben6 den öffentlichen Rechtskreis und nutzt solche Organisations- und Handlungsformen, die grundsätzlich einer anderen Zielsetzung folgen:7 hier die kostendeckende Erfüllung öffentlicher Aufgaben, zumindest jedoch die Verfolgung öffentlicher Interessen, zu denen wirtschaftspolitische Ziele ebenso zählen wie rechts- und staatspolitische Intentionen, dort neben nicht-mone1 Hierzu Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 309 ff., 326 f.; zur verwaltungsinternen Modernisierung siehe 1. Teil, Kap. A. 2 Vgl. 2. Teil, Fn. 6. 3 So schon B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 274 mit Fn. 249; zu baden-württembergischen Agenturen auch Loeser, Bundes-Organisationsgesetz, S. 248 ff. Ob der insbesondere auf europäischer Ebene als Organisationsform geläufige Typ der Agentur von den Mitgliedstaaten übernommen wird, bleibt abzuwarten, entsprechende Tendenzen in Deutschland zeigen sich in der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH (2. Teil, A I 1) und in der Umbenennung der Bundesanstalt für Arbeit in Bundesagentur zum 1. 1. 2004. 4 Vgl. 2. Teil, Kap. A, Fn. 237 f., 6. Teil, Kap. B, Fn. 101 ff. 5 Zur Zwischenstellung der Kapitalgesellschaften des öffentlichen Rechts als öffentlichrechtliches Pendant zu gemischt-öffentlichen Unternehmen des Privatrechts (hierzu Pütter, Die öffentlichen Unternehmen, S. 49 f., 166 ff.: Gemeinschaftsunternehmen; Ehlers, Verwaltung, S. 9: Gemeingesellschaft; Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 54), siehe F. Becker, DÖV 1998, S. 101; vgl. auch 6. Teil, Kap. C, Fn. 188. 6 Sachverständigenrat Schlanker Staat (Hrsg.), Abschlußbericht Bd. 1, S. 56 ff., insbesondere S. 60; Erichsen / Ebber, JURA 1999, S. 374, sowie Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 210. 7 Vgl. 3. Teil, Kap. A, Fn. 16 ff.; hierzu auch v. Danwitz, AöR 1995, S. 598; Eichhorn, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 180.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

tären Zielen insbesondere die langfristige Gewinnmaximierung und Behauptung am Markt.8

A. Systematisierung privatrechtlicher Organisationen als Verwaltungsträger Obwohl die Inanspruchnahme privatrechtlicher Organisationsformen durch die öffentliche Verwaltung keine neue Entwicklung darstellt,9 wurden diese von dem traditionellen (Verwaltungs-)Organisationsrecht gar nicht oder zumindest nur punktuell erfaßt, etwa im Rahmen einer Prüfung ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit.10 Die Gründe für diese Abstinenz können sehr unterschiedlich sein. Zum einen kann es sich durchaus um politische Gründe handeln, denn eine allgemeine rechtliche Regelung öffentlicher oder gemischtwirtschaftlicher Unternehmen auf Landes- oder Bundesebene impliziert ersichtlich den Einsatz dieser Organisationsformen für eine Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Zum anderen ist es denkbar, daß die Normierung privatrechtlicher Organisationsformen im Gesellschaftsrecht auch für öffentliche Unternehmen grundsätzlich als ausreichend angesehen und eine Modifizierung lediglich fallweise als erforderlich erachtet wird. Nicht zuletzt könnten pragmatische Gründe eine Abkehr von durchgängigen Regelungen bewirkt haben, denn im „Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Rechtstypen entwerfen die zivilistischen Rechtsformen keine ein für allemal voraussehbaren Rechte und Pflichten des Bundes; die Rechtsstellung wird vielmehr vom Ausmaß der Beteiligung des Bundes an den Privatrechtsträgern und nach Maßgabe privatautonomer Regelungen geprägt“.11 Diese bewußt oder unbewußt in Kauf genommene Zurückhaltung gegenüber einer rechtsdogmatischen Einordnung öffentlicher oder gemischtwirtschaftlicher Unternehmen ist zwar durchaus nachvollziehbar; allein schon die Quantität, aber auch die qualitative Vielfalt privatrechtsförmiger Verwaltung illustriert die Notwendigkeit einer Erweiterung der „wohldefinierten wenigen Grundeinheiten des (öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen) Organisationsrechts“.12 8 Zu dieser durchaus pauschalisierenden Gegenüberstellung vgl. einerseits Müller, Rechtsformenwahl, S. 290 ff.; Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 46 f.; andererseits Wöhe / Döring, Einführung, S. 40 ff. Zum unterschiedlichen Produktionsregime siehe Gramm, Privatisierung, S. 227 f. 9 Vgl. etwa Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 2. 10 So auch Stober, NJW 1984, S. 450. Unter den Organisationsgesetzen stellt das LVwG mit der Aufgabenerfüllung durch juristische Personen des Privatrechts (§ 24 LVwG) eine Ausnahme dar. Ähnlich auch §§ 6, 17 f., 29 Ref-LOG MV (3. Teil, Kap. C, Fn. 112, hierzu John, Verwaltungsorganisation, S. 141 ff.) sowie §§ 6, 19, 23 des Entwurfs für ein LOG Thüringen (M. König, Kodifikation, S. 226 f., 233, 235, dort auch S. 210 ff.). 11 Loeser, Bundesverwaltung, S. 169. Vgl. auch die Kategorien von Gemeinschaftsunternehmen nach der Streuung privater Anteile und der Höhe des staatlichen Anteils bei Bös / Schneider, ZGR 1996, S. 524.

A. Systematisierung privatrechtlicher Organisationen als Verwaltungsträger

225

Allerdings bedeutet die Inanspruchnahme privatrechtlicher Organisationsformen durch die Verwaltung weder automatisch die Ausübung von Staatsgewalt noch eine grundsätzliche Freistellung von öffentlich-rechtlichen Bindungen. Für die Frage, ob es sich um Institutionen handelt, die überhaupt dem Ordnungsschema des Verwaltungsorganisationsrechts zugeordnet werden können,13 ist vielmehr die Grenzziehung wesentlich, ob eine Erfüllung von öffentlichen Aufgaben durch privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten erfolgt, mithin, ob es sich um die Ausübung von Staatsgewalt in Organisationsformen des Privatrechts handelt, oder ob sich der Staat als Privatrechtssubjekt an Unternehmen beteiligt, die mit der Durchführung öffentlicher Aufgaben betraut sind.14 Wenn es sich um die Ausübung von Staatsgewalt handelt, greifen neben der Grundrechtsbindung der vollziehenden Gewalt nach Art. 1 Abs. 3 GG auch Art. 20 Abs. 2 und Abs. 3 GG und damit nicht nur die Bindung an Recht und Gesetz, sondern auch die Notwendigkeit der demokratischen Legitimation oder zumindest die Sicherstellung eines ausreichenden Legitimationsniveaus und damit die Rückbindung staatlichen Handelns auch in Privatrechtsform an die parlamentarische Kontrolle.15 Dieses Problem wäre irrelevant, sofern Privatrechtsorganisationen grundsätzlich denselben Bindungen und einer ebenso intensiven Kontrolle unterliegen würden wie die staatliche Verwaltung insgesamt oder zumindest die mittelbaren Verwaltungsträger. Ziel einer Privatisierung ist es aber gerade, den öffentlich-rechtlichen Bindungen, insbesondere dem öffentlichen Dienst- und Haushaltsrecht, so weit wie möglich zu entgehen16 12 Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 324; nach Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 802, können „typusbildende Modellgesetze“ die Errichtung juristischer Personen (des öffentlichen und des privaten Rechts) vereinfachen. Zur „ordnenden Kraft des Formgedankens, welche Systematisierungen erleichtert sowie Rechtssicherheit und Freiheit verbürgt“, siehe auch Merten, FS Krejci, S. 2014; Pestalozza, Formenmißbrauch, S. 3 f. 13 Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. § 104a Rn. 5. 14 Mit dem deutlichen Bezug auf „öffentliche Aufgaben“ sollen rein erwerbswirtschaftliche Unternehmen des Staates nicht unter diese Kategorie öffentlicher Unternehmen gefaßt werden, da hier die Frage der Ausübung von Staatsgewalt und der Grundrechtsbindung nicht zum Tragen kommt, vgl. insoweit u. a. Kämmerer, Privatisierung, S. 42 mit Fn. 144; a. A. v. Arnauld, DÖV 1998, S. 439 ff. 15 Vgl. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 166 ff.; Kämmerer, Privatisierung, S. 191 ff.; Erichsen / Ebber, JURA 1999, S. 373 ff. (375); Ehlers, Verwaltung, S. 124 f.; allgemein Gramm, Privatisierung, S. 351 ff., sowie Röper, Der Staat 1998, S. 278 f. Vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 6. 3. 1990 – 7 B 120.98, DÖV 1990, S. 614 f. (615). 16 Privatisierungsgründe bei Helm, Rechtspflicht, S. 63 ff.; Müller, Rechtsformenwahl, S. 405, 409 f.; Stober, NJW 1984, S. 452; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 11; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 515 f., sowie Pielow, FS K. Ipsen, S. 732 f. Ehlers, Verwaltung, S. 292 ff., 350, läßt allenfalls die öffentlich-rechtliche Typenarmut und die bessere Kooperation privatrechtlicher Gesellschaften als Rechtfertigung für die Verwaltung in Privatrechtsform gelten. Allerdings scheinen privatrechtliche Arbeitsverhältnisse nicht zwingend einen Vorzug gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen darzustellen: Ziel der Gründung der Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH war es auch, „marktgerechte Gehälter zu zahlen, um qualifiziertes Personal zu gewinnen“,

15 John-Koch

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

und die Steuerung der Unternehmen durch Haushalt und Personal, aber eben auch mittels Aufsicht und Weisung durch das vom Prinzip der Privatautonomie geleitete Regime des Privatrechts zu ersetzen.17 Erst mit der Unterscheidung, ob in diesen Fällen eine Ausübung von Staatsgewalt als organisierte Staatlichkeit18 in Privatrechtsform vorliegt oder eine rein privatrechtliche Tätigkeit, mithin, ob es sich materiell um Verwaltungsträger handelt, die bezüglich der Aufgaben und einer (hinreichenden) Einwirkung dem Staat zuzurechnende Einheiten darstellen,19 können Einflußmöglichkeiten der öffentlichen Hand definiert, mögliche Weisungsrechte festgelegt und das Gesellschaftsrecht ergänzende Kontroll- und Steuerungsinstrumente implementiert werden.20 Eine eindeutige Zuordnung ergibt sich zunächst nur in zwei Fällen: Liegt eine alleinige Eigentümerschaft vor, steht also hinter dieser Organisation ausschließlich der Staat oder eine sonstige Gebietskörperschaft, müssen nach herrschender Lehre die für die Träger geltenden Bindungen auch auf „die von ihnen gegründeten und beherrschten privatrechtlichen Trabanten“ Anwendung finden:21 Da öffentliche Unternehmen in Form einer publizistischen Privatrechtsvereinigung oder einer Eigengesellschaft „eigentlich nur eine besondere Erscheinungsform (darstellen), in der Verwaltung ausgeübt wird“, sind sie nicht nur an Recht und Gesetz gebunden, sondern haben die Grundrechte zu achten und können mithin grundsätzlich keine Grundrechtsträger sein.22 Da grundrechtsverpflichtet, handelt es sich um staatlivgl. FAZ v. 6. 6. 2000 (2. Teil, Kap. A, Fn. 87). Ein Jahr später hieß es aber, daß „es der Agentur (schwerfalle), Mitarbeiter zu gewinnen – was vermutlich nicht zuletzt an Fragen der Entlohung liegt“, so FAZ v. 8. 6. 2001 (2. Teil, Kap. A, Fn. 95); vgl. auch DIE ZEIT v. 7. 6. 2001, S. 29: Schulden zu Geld machen. 17 Kritisch gegenüber der Umgehung dienst- und haushaltsrechtlicher Vorschriften durch Ausweichen auf privatrechtliche Regelungen Bull, FS Maurer, S. 551 f., mit dem Plädoyer, „die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen so zu modifizieren, daß sie den berechtigten Anforderungen an ein flexibles Dienstrecht genügen, ohne den Beteiligten vollkommene Freiheit einzuräumen“; so auch Heuer, DÖV 1995, S. 87 ff., u. a. mit Verweis auf entsprechende Aussagen der Monopolkommission. Zu privatrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber den in der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung gängigen Steuerungsinstrumenten der Aufsicht und Weisung s. unten, Kap. C III. 18 Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 349. 19 Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 38; vgl. auch Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 191. 20 Vgl. u. a. Mayen, DÖV 2001, S. 112 f.; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 229 f. Einzelne Instrumente der Unternehmenssteuerung bei Storr, Staat als Unternehmer, S. 62 ff. 21 Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 135; Schefold, Rechtsgutachten, S. 37. Vgl. ferner den – angesichts der Eindeutigkeit des Falles sehr ausführlichen – Beschluß des Bundeskartellamtes (2. Teil, Kap. A, Fn. 110) zu der zu 100 % in Staatsbesitz stehenden Bundesdruckerei GmbH als „öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB“ (S. 23). 22 Stober, NJW 1984, S. 435, allerdings verweist er auf mögliche bereichsspezifische Ausnahmen einer Grundrechtsbindung, wie sie auch bei mittelbaren Verwaltungsträgern (Hoch-

A. Systematisierung privatrechtlicher Organisationen als Verwaltungsträger

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chem Handeln zuzurechnende Organisationen,23 die staatlicher Kontrolle unterliegen und aufgrund der Mehrheitsverhältnisse prinzipiell unbeschränkten staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten zugänglich sind.24 Gleiches gilt für eine Unternehmung, deren Anteile ausschließlich von Privatrechtssubjekten gehalten werden: Solange sie keine öffentlichen Aufgaben erfüllen, die Gesellschaft weder institutionell noch finanziell von Gebietskörperschaften oder sonstigen staatlichen Stellen (mit-)getragen wird, fehlt jeglicher Ansatzpunkt öffentlich-rechtlicher Rechte oder Pflichten. In diesen beiden Fällen kann von daher einer Eigengesellschaft bzw. von einem reinen Privatunternehmen gesprochen werden. Deutlich schwieriger gestaltet sich die Zuordnung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen zur öffentlichen Verwaltung. Zum einen werden Unternehmen mit einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung grundsätzlich privaten Unternehmen und Vereinigungen gleichgestellt, wobei das Ausmaß der staatlichen Mehrheit unerheblich ist. Die Begründung verläuft am Merkmal der Trägerschaft: Mit dem Eintritt von Privatrechtssubjekten in eine öffentliche Unternehmung und dem damit verbundenen Wechsel der Trägerschaft handele es sich nicht mehr um öffentliche Verwaltung in Privatrechtsform,25 es sei denn, die Beteiligung Privater stehe unter einem „Bagatellvorbehalt“, d. h. der private Anteil unterschreite eine wie auch immer definierte Bagatellgrenze.26 Wenn aber dieser Trägerwechsel keinen Raum für besondere Unterwerfungsakte unter das öffentliche Recht lasse,27 bedeutet dies, daß öffentliche Aufgaben erfüllende Unternehmen, an denen der Staat selbst mit schulen, Medienanstalten) anzutreffen sind. Zur Grundrechtsberechtigung juristischer Personen in öffentlicher Hand auch Merten, FS Krejci, S. 2018, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung (S. 2009 mit Fn. 41), sowie Möllers, VerwArch 1999, S. 198: Die Grundrechtsberechtigung richte sich nach relationalen Gefährdungslagen. 23 Vgl. etwa Stober, NJW 1984, S. 450; Puhl, Budgetrecht, S. 162 ff., 164 f. 24 „Unbeschränkt“ bedeutet in diesem Zusammenhang, daß es sich um eine weitgehend einheitliche und von Interessen Dritter unbeeinflußte Verfolgung, Steuerung und Kontrolle der Unternehmung und ihrer Ziele im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Regelungen handelt, nicht aber um eine grenzenlose – willkürliche – Einflußnahme. Vgl. zu Eigengesellschaften auch Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 79 ff. 25 So Ehlers, Verwaltung, S. 85, 112, 248 ff., zu jeder Form gemischtwirtschaftlicher Unternehmen, unabhängig davon, ob der staatliche Anteil 51 % oder 76% beträgt; im Anschluß Puhl, Budgetflucht, S. 165 f.; Storr, Staat als Unternehmer, S. 88 f. Auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 231, sieht gemischtwirtschaftliche Unternehmen im „gesellschaftlich-administrativen Kooperationsbereich“. Kritisch gegenüber dem Aspekt des Trägerwechsels Erichsen / Ebber, JURA 1999, S. 376: In Frage käme allenfalls der implizite Verlust der Grundrechtsfähigkeit privater Anteilseigner bei grundrechtsgebundenen gemischtwirtschaftlichen Unternehmen (ebd., S. 377). 26 Vgl. Puhl, Budgetflucht, S. 166, wobei allerdings nicht deutlich wird, ob etwa diese Bagatellgrenze bei „Einschleusung“ von mehr als nur einem Teilhaber als Strohmann bereits überschritten ist; siehe auch Pfeifer, Möglichkeiten, S. 19 ff. Nach Budäus, in: Öffentliche Unternehmen, S. 19, sei es im Zuge der Privatisierung „möglicherweise nur schwer nachvollziehbar, wer eigentlich der Träger ist“. 27 Ehlers, Verwaltung, S. 249. 15*

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satzungsändernder Mehrheit beteiligt ist, weder grundrechtsverpflichtet sind noch sonstige öffentlich-rechtliche Bindungen zu beachten hätten, ja ihre Zuordnung zum Verwaltungsbereich nach Kämmerer sogar als „unerlaubte Ausübung von Verwaltungstätigkeit durch Private angesehen werden“ müsse.28 Zum anderen wird zwischen (verwaltungsgeführten) Unternehmen mit einer einfachen staatlichen Mehrheit einerseits und (verwaltungsbeherrschten) Unternehmen mit einer satzungsändernden Mehrheit andererseits klar unterschieden:29 So wird zwar die Ansicht geteilt, auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen treffe die Grundrechtsbindung aufgrund der in erheblichem Maße vorhandenen Privatinteressen nicht zu; auch entziehe der nachhaltige Einfluß privater Anteilseigner dem Staat die Möglichkeit, richtungsweisende Unternehmensentscheidungen allein zu treffen,30 so daß das Charakteristikum der Ausübung von Staatsgewalt zweifelhaft sei.31 Dies treffe jedoch nicht für Unternehmen mit qualifizierter Mehrheit zu, da dank Zurückdrängens des privaten Einflusses, der jenseits der Sperrminorität liegt, der Staat als Mehrheitsgesellschafter das Unternehmen faktisch alleine führen könnte. Auch der gesellschaftsrechtliche Minderheitenschutz könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß die „so weitgehende Annäherung der Zielsetzung des Unternehmens an die staatlichen Interessen“ mit der Umsetzung des staatlichen Willens gleichzusetzen sei32 und somit die (faktische) Trägerschaft einer Gebietskörperschaft vorliegt. Wenn auch als Kriterium zur Festlegung eines bestimmenden staatlichen Einflusses die Höhe der Beteiligung an Privatrechtsunternehmen herangezogen wird,33 stellt sich der Zusammenhang von Beteiligungshöhe einerseits und BeherrPrivatisierung, S. 43 f. Entgegen gängiger Zuordnung, nach der verwaltungsbeherrschte Unternehmen schon durch einfache Mehrheitsbeteiligung gekennzeichnet sind (z. B. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 78), soll eine einfache Mehrheitsbeteiligung des Staates bei verwaltungsbeteiligten Unternehmen von einer satzungsändernden Mehrheit verwaltungsbeherrschter Unternehmen unterschieden werden. Vgl. hierzu am Fall der fortschreitenden (inzwischen vollzogenen) Privatisierung der Lufthansa durch Reduzierung des Staatsanteils von ursprünglich 79,9 % auf damals knapp über 50 % auch P. Münch, ZögU 1986, S. 41 f. 30 Zu dieser Unterscheidung und damit verbundenen Konsequenzen v. Arnauld, DÖV 1998, S. 445. 31 Vgl. Pfeifer, Möglichkeiten, S. 20, der mit Blick auf die Qualität des Unternehmens als Verwaltung im Sinne von Art. 20 Abs. 2 GG selbst eine 70 %-Mehrheit des Staates für fragwürdig hält. 32 v. Arnauld, DÖV 1998, S. 445; allerdings bejaht er bei Unternehmen mit satzungsändernder staatlicher Mehrheit dennoch eine Grundrechtsfähigkeit (S. 450 f.). 33 Zum bestimmenden Einfluß als Zuordnungsmerkmal Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 157 ff. Zwar hängt der Grad des Einflusses v.a. von der Höhe der Beteiligung ab; z.T. wird in der Literatur die Höhe der Beteiligung als ausschlaggebendes Kriterium aber relativiert, da auch bei Minderheitsbeteiligungen eine nachhaltige Beeinflussung möglich sei (Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 5; Ehlers, Verwaltung, S. 10; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 78 f., auch R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 504; Krebs, HbStR III, § 69 Rn. 7). 28 29

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schung oder zumindest faktischem Einfluß gegenüber dem „von der Verwaltung beherrschten, privatrechtlich verfaßten“ Unternehmen34 andererseits als klares Indiz nicht so deutlich dar, wie es auf den ersten Blick scheinen mag.35 Gerade die Rechtsprechung hat hier unterschiedliche Maßstäbe angelegt, indem einerseits eine staatliche Mehrheitsbeteiligung der Grundrechtsfähigkeit entgegenstehe und daher die Geltung des Verwaltungsprivatrechts für diese „besondere Erscheinungsform . . . , in der öffentliche Verwaltung ausgeübt“ werde, gerechtfertigt sei.36 Andererseits aber könne bereits ein Anteil von 43,74 % „in Verbindung mit weiteren verläßlichen Umständen rechtlicher oder tatsächlicher Art“ den beherrschenden Einfluß sicherstellen,37 so daß ebenfalls die Grundrechtsbindung sowie die Verpflichtungen des Verwaltungsprivatrechts einschlägig seien. Doch sogar bei einer Minderheitsbeteiligung des Staates unterhalb der Sperrminorität bejaht der BGH öffentlich-rechtliche Bindungen und die Geltung des Verwaltungsprivatrechts, da „die in Frage stehende Tätigkeit von der Sache her eine öffentliche Aufgabe darstellt“.38 Neben den inhaltlichen Eingrenzungsproblemen öffentlicher Aufgaben sowie der Tatsache, daß auch Private öffentliche Aufgaben erfüllen können, ohne zwingend an die Handlungsform des Verwaltungsprivatrechts gebunden zu sein,39 erscheint es allerdings fraglich, ob etwa die Grundrechtsgeltung für Unternehmen mit einer privaten Beteiligung unterhalb der Sperrminorität ebenso zu gelten habe wie bei einer privaten Eigentümerstellung von 40 % oder mehr: Die Realisierung gesetzlicher Kontroll- und Steuerungspflichten vorausgesetzt, ist der Staat mit einer Beteiligung von mehr als 75 % in der Lage, Satzungsänderungen gemäß dem mit dem Unternehmen verbundenen öffentlichen Zweck durchzufühBGHZ 91, 84, 97. Zum beherrschenden Einfluß bei einfacher Mehrheit BGHZ 69, 334, 346. Ehlers, Recht der öffentlichen Unternehmen, S. E 30 ff., trennt zwischen einem auf die Beherrschungsverhältnisse abstellenden Begriff des öffentlichen Unternehmens und Unternehmen mit staatlicher Eigentümerstellung als öffentlichen Unternehmen i. e. S. 36 BGHZ 91, 84, 95 ff. (98); vgl. auch BVerfG, Beschluß v. 16. 5. 1989 – 1 BvR 705 / 88, NJW 1990, S. 1783, sowie die Kritik von Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 138 f. Siehe auch 5. Teil, Kap. B, Fn. 20. 37 BGHZ 69, 334, 347. Als einen der „weiteren Umstände“ führt der BGH an, daß in Hauptversammlungen „kaum mehr als 80 % des Kapitals vertreten sind, so daß der Bund im Regelfall die Abstimmungsmehrheit“ habe. Wenn allerdings vorher argumentiert wurde, daß für das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses nicht der tatsächlich geltend gemachte Einfluß, sondern die Möglichkeit einer Einflußnahme ausschlaggebend sei (BGHZ 69, 334, 346), muß dies auch für Aktionäre gelten, die nicht regelmäßig an der Hauptversammlung teilnehmen; dieses Argument wäre demnach hinfällig. 38 BGH, Urt. v. 24. 9. 1987 – III ZR 91 / 86, NVwZ-RR 1989, S. 388 ff. (389). Daß es sich in diesem Fall nicht um ein Beherrschungsverhältnis handelt, führt auch der BGH an. Kritisch Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 195. 39 Vgl. oben, 4. Teil, Kap. D; zur „zeitlichen Wandelbarkeit des Tätigwerdens der öffentlichen Hand“ auch Pfeifer, Möglichkeiten, S. 8. Kritik gegenüber dem BGH-Urteil äußert daher Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 194 ff. (195), der den Bezug auf öffentliche Aufgaben als „letzten Endes zu schwach“ bezeichnet, um „allein ausschlaggebend“ die öffentliche Trägerschaft zu begründen (S. 335). 34 35

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ren40 und sich somit materiell wieder dem „Stück Staat, wenn auch in zivilrechtlicher Hülle“ anzunähern.41 Demgegenüber ermöglicht eine einfache Mehrheit dem Staat zwar, „der Unternehmenspolitik entscheidende Impulse zu versetzen“,42 nicht aber letztinstanzliche Entscheidungen alleine zu treffen. Diese Beispiele aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der eine einfache Mehrheit kein eindeutiges Indiz für den beherrschenden Einfluß des Staates auf ein Unternehmen ist, andererseits aber auch ohne faktischen Einfluß des Staates öffentlich-rechtliche Bindungen angenommen werden können, machen eine Abgrenzung schwierig, in welchen Konstellationen privatrechtliche Organisationen als grundrechtsgebundene und dem Verwaltungsprivatrecht unterliegende Verwaltungsträger anzusehen sind und in welchen Fällen eine Ergänzung des Gesellschaftsrechts durch spezifische Ingerenzrechte und -pflichten des Staates möglich, aber eben auch erforderlich ist. Zwar mag die Überlegung, daß der Anteil des Staates an Unternehmen letztlich keine eindeutige Aussage über den tatsächlich ausgeübten Einfluß zuläßt, für die Praxis zutreffen und je nach Unternehmensform auch seine Berechtigung haben.43 Dennoch sind für eine organisationsrechtliche Systematisierung verallgemeinerungsfähige Kriterien erforderlich, anhand derer sich das notwendige und zugleich (gesellschafts-)rechtlich vertretbare Maß staatlicher Einfluß- und Steuerungsmöglichkeiten beurteilen läßt. Von daher stellt sich die Frage weiterer Indizien44 für die Festlegung des beherrschenden Einflusses: In Bezug auf das Konzernrecht unterscheidet Schmidt45 zwischen einer einfachen und eine qualifizierten Abhängigkeit. So besteht eine einfache Abhängigkeit im Falle des § 17 Abs. 1 AktG, d. h. wenn ein Unternehmen auf ein zweites unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluß ausüben kann, mithin mehrheitlich beteiligt ist.46 Eine qualifizierte Abhängigkeit wird demgegenüber durch Abschluß 40 Hierzu gehört neben der Festlegung des Unternehmenszwecks u. a. auch das Recht, Mitglieder in den Aufsichtsrat einer AG zu entsenden statt diese durch die Hauptversammlung wählen zu lassen (§ 101 Abs. 2 AktG), oder die Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates zu einzelnen Maßnahmen der Geschäftsführung (§ 111 Abs. 2 AktG). 41 So Puhl, in: Grimm (Hrsg.), Privatisierung und parlamentarische Rechte, S. 49, für die reine Organisationsprivatisierung. 42 v. Arnauld, DÖV 1998, S. 445 (Hervorhebung d. Verf.). 43 Für viele Merten, FS Krejci, S. 2020 f. 44 Als Indiz unergiebig ist die Möglichkeit eines den Prüfbehörden durch qualifizierte Zustimmung der Hauptversammlung nach § 54 HGrG eingeräumten Selbstunterrichtungs- und Einsichtsrechts einschließlich einer Betätigungsprüfung sowie einer Kontrolle der Sicherung der öffentlichen Interessen (Harms, ZögU 1998, S. 91 f.; zur inhaltlichen Reichweite Puhl, Budgetflucht, S. 388) unmittelbar bei den Unternehmen: Der explizite Rekurs auf die qualifizierte Mehrheit soll lediglich das Erfordernis einer höheren Mehrheit für Satzungsänderungen ausschließen (Will, DÖV 2002, S. 324). § 54 HGrG bezieht sich nicht nur auf Unternehmen mit einer qualifizierten staatlichen Mehrheit, auch wenn Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 162 mit Fn. 231, als Beispiele für § 54 HGrG die zu dem Zeitpunkt (1996) in staatlichem Besitz befindlichen privatisierten Unternehmen der Bahn und Post anführt. 45 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 502 f.

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eines Beherrschungsvertrages nach § 291 AktG formal begründet, dem die Hauptversammlung mit qualifizierter (satzungsändernder) Mehrheit nach § 293 Abs. 2 AktG zustimmen muß. Mit der qualifizierten Abhängigkeit verbunden sind u. a. Weisungsrechte des herrschenden Unternehmens gegenüber dem Vorstand (§ 308 AktG), eine Regelung, die ansonsten im Aktienrecht nicht existiert.47 Wenn aber die Weisungserteilung in Analogie zum Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrates nach § 111 Abs. 4 AktG gesetzt wird, zeigt sich auch hier das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit: Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrates gegenüber Maßnahmen des Vorstandes als „Ausnahmevorschrift“48 müssen in der Satzung verankert werden, bedürfen also einer satzungsändernden Mehrheit. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, kann er zudem nur mit qualifizierter Mehrheit der Hauptversammlung überstimmt werden.49 Wenn es sich, Emmerich und Sonnenschein50 folgend, bei Verträgen zwischen der öffentlichen Hand und einem ihrer privatrechtlichen Unternehmen zur Sicherung eines bestimmenden staatlichen Einflusses der Sache nach um einen Beherrschungsvertrag handelt, wäre als formales Kriterium somit eine qualifizierte Mehrheit des Staates in der Hauptversammlung erforderlich. Darüber hinaus sei nach K. Schmidt51 auch materiell von einem Beherrschungsvertrag auszugehen, wenn das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft infolge des vom herrschenden Unternehmen ausgeübten Einflusses nachhaltig beeinträchtigt wird. Ohne Zweifel stellt eine Durchbrechung der privatgesellschaftlichen Rechtsordnung durch Verlust der Grundrechtsfähigkeit und die Überformung des Gesellschaftsrechts mit öffentlich-rechtlichen Bindungen eine intensive Beeinträchtigung nicht nur einzelner Aktionäre oder Gesellschafter dar, sondern des gesamten unternehmerischen Eigeninteresses, so daß auch ohne ausdrücklich vertragliche Bindung ein Indiz für eine qualifizierte Abhängigkeit vorliegen kann.

46 Kriterium der Abhängigkeit ist das Recht herrschender Unternehmen, die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und damit indirekt die des Vorstands zu bestimmen; zur Auslegung von § 17 Abs. 2 AktG Emmerich / Sonnenschein, Konzernrecht, S. 50. 47 Vgl. auch Schefold, Rechtsgutachten, S. 39; zur satzungsändernden Rechtsnatur des Beherrschungsvertrages siehe Emmerich / Sonnenschein, Konzernrecht, S. 133. So sieht z. B. der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag zwischen der „Gabriele 4 Vermögensverwaltung“ und der Bundesdruckerei (2. Teil, Kap. A, Fn. 114) neben der Weisungserteilung die Verpflichtung der Bundesdruckerei ausdrücklich vor, „ihre Geschäftspolitik sowie ihre geschäftlichen Dispositionen auf die von dem Organträger gegebenen Richtlinien auszurichten“. 48 Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 305; insoweit kann sich Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 155, unter Bezug auf § 111 Abs. 4 AktG nur auf das Verbot eines generellen Weisungsrechts beziehen. 49 Zu diesem in der Praxis letztlich wirkungslosen Instrument Büdenbender, JA 1999, S. 814. 50 Konzernrecht, S. 35 f. 51 Gesellschaftsrecht, S. 504.

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Liegt jedoch formal oder jedenfalls in der Sache ein Beherrschungsvertrag vor und ist damit von dem Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit auszugehen, soll die öffentliche Hand entweder im Besitz einer satzungsändernden Mehrheit sein, oder aber es entsteht eine Verwaltung im funktionellen Sinne, indem die Minderheitsgesellschafter die Überlagerung des Gesellschaftsrechts und somit die Verwaltung in Privatrechtsform stillschweigend akzeptieren bzw. dieser zustimmen und sich „gleichsam in das Rechtsregime des Staates“ inkorporieren.52 Infolge dieser Akzeptanz erweitert sich die Grundrechtsverpflichtung auch auf die privaten Anteilseigner, denen ein Wille zur Beachtung der Grundrechte und weiterer öffentlich-rechtlicher Bindungen im Rahmen der Unternehmenstätigkeit und diesbezüglicher Entscheidungen unterstellt werden kann, und damit faktisch auf das Unternehmen selbst.53 Nicht zuletzt der Aspekt der Verantwortungsstufung läßt sich für die Beurteilung heranziehen, wann Verwaltung in Privatrechtsform vorliegt: Wenn sich eine Erfüllungsverantwortung des Staates nicht nur auf unmittelbare und mittelbare Verwaltungsträger des öffentlichen Rechts beziehen soll, sondern auch auf staatlich beherrschte Dritte als Verwaltungstrabanten und sie somit eine Aufgabenwahrnehmung unter staatlicher Eigenregie impliziert,54 unterliegen insoweit auch staatlich beherrschte privatrechtliche Unternehmen dieser intensivsten Stufe verwaltungsseitiger Verantwortung. Sofern aber das für die Erfüllungsverantwortung konstitutive Kriterium der staatlichen Beherrschung auch für Unternehmen mit einer einfachen staatlichen Mehrheit angenommen wird, müßte logischerweise der Aufgabenerfüllung innerhalb der lediglich verwaltungsgeführten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen ebenfalls eine „staatliche, d. h. vor allem administrative Verantwortung“ zur Seite gestellt werden.55 Doch wird diese intensive Verwaltungsverantwortung nach herrschender Meinung nur auf Eigengesellschaften bezogen, nicht aber auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen: Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ist zwar eine staatliche Unternehmensleitung und Geschäftsführung durchaus möglich, eine umfängliche Verwaltungsverantwortung bezieht sich 52 So Erichsen / Ebber, JURA 1999, S. 377, die sich für gemischtwirtschaftliche Unternehmen durchaus eine Grundrechtsbindung auch privater Anteilseigner vorstellen können, da „niemand zur Kooperation mit dem Staat“ gezwungen werde; vgl. auch Helm, ZögU 2003, S. 67, bezüglich der Konsensfähigkeit Privater beim Abschluß von Gesellschaftsverträgen. Möglicherweise läßt sich diese Akzeptanz auch aus Treuepflichten der Minderheitsaktionäre gegenüber dem Unternehmen und seinen Zielen herleiten, siehe hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 587 ff., insbesondere S. 593 ff. Zur Annäherung von Unternehmens- und Mehrheitsaktionärsinteressen auch v. Arnauld, DÖV 1998, S. 443. 53 A.A. Ehlers, Verwaltung, S. 85, 248 ff.; kritisch auch Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 287 f. 54 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 404 f., sowie die Hinweise im 2. Teil, Kap. B, Fn. 421. 55 Den privaten Anteil bezieht Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 155, v.a. auf technische Ausführungshilfe, nicht jedoch auf eine inhaltlich-funktionale, gestalterische Durchführung.

A. Systematisierung privatrechtlicher Organisationen als Verwaltungsträger

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aber nur auf die Durchsetzung öffentlicher Interessen und die Realisierung des Gemeinwohlauftrags im Rahmen der Aufgabenerfüllung; nachhaltiger Einfluß auf die unternehmerische Struktur und ,Produktion‘ als konkrete Aufgabendurchführung kann aufgrund des Zutritts Privater und des damit angenommenen Trägerwechsels nicht umgesetzt werden: Hier greift vielmehr der „Regelfall“ einer ausdifferenzierten Gewährleistungsverantwortung. Der Staat steuert das Verhalten „von ihm gebildeter oder mit staatlichen Aufgaben betrauter ,Trabanten‘“56 über die von ihm in das Unternehmen entsandten Vertreter und im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Gesetzes- und Vertragsregelungen. Wenn somit verwaltungsgeführte Unternehmen keine Staatsgewalt ausüben und nicht zur Verwaltung im Sinne von Art. 20 Abs. 2 GG zählen, gilt dies erst recht für Unternehmen mit einer staatlichen Minderheitsbeteiligung, d. h. bei einer Beteiligung der öffentlichen Hand unterhalb der 50 %-Grenze: Spätestens bei diesen gemischtwirtschaftlichen Unternehmen handelt es sich aufgrund der Mehrheitsverhältnisse privater Anteilseigner nicht mehr um Träger öffentlicher Verwaltung.57 Zwar hat in Konstellationen staatlicher Minderheitsbeteiligungen eine Unterscheidung in verwaltungskontrollierte Unternehmen, d. h. Unternehmen mit einer staatlichen Beteiligung, die über der Sperrminorität von in der Regel 25 % liegt, einerseits und in lediglich verwaltungsbeteiligte Unternehmen mit einem staatlichen Anteil bis 24,9 % durchaus ihre Berechtigung,58 da auch an die Höhe der Minderheitsbeteiligung verschiedenartige Entscheidungs- und Kontrollmöglichkeiten59 sowie vor allem Änderungen in der Satzungsgestaltung60 – etwa ein Vetorecht gegen Änderungen des Unternehmenszweckes – geknüpft werden.61 Auch markiert eine Sperrminorität sowohl privater als auch öffentlicher Anteilseigner die Grenze zwischen (verwaltungsbeherrschten) öffentlichen Unternehmen, gemischtwirtschaftlichen Unternehmen und (privatbeherrschten) Privatunternehmen.62 Hinsichtlich der Frage, ob es sich um öffentliche Verwaltung im Sinne von 56 Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 365. 57 Erichsen / Ebbert, JURA 1999, S. 377; vgl. auch v. Arnaud, DÖV 1998, S. 445. 58 Zu dieser Differenzierung Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 78, der allerdings für verwaltungsbeteiligte Unternehmen die Sicht des Privaten einnimmt und diese als „privatbeherrscht“ bezeichnet. 59 Vgl. etwa auch die Möglichkeit einer Rechnungshofprüfung bei einer Beteiligung von 25 % einer einzelnen Gebietskörperschaft in Verbindung mit einer einfachen Mehrheit weiterer Gebietskörperschaften nach § 53 HGrG. 60 Hierzu Ronellenfitsch, HbStR III, § 84 Rn. 28; einen Überblick gibt P. Münch, ZögU 1986, S. 43. Zur Steuerung privatrechtlicher Energieversorgungsunternehmen durch satzungsmäßige Verankerung energie- und umweltpolitischer Ziele auch Meyer-Renschhausen / Sieling, ZögU 1999, S. 132 f. 61 P. Münch, ZögU 1986, S. 39 f., bezweifelt jedoch, daß selbst bei einer Minderheitsbeteiligung in Höhe von 25 % nachhaltiger Einfluß geltend gemacht werden könne, zumal bei einer Kapitalerhöhung der Minderheitsgesellschafter Gefahr laufe, seine Sperrminorität zu verlieren.

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Art. 20 Abs. 2 GG handelt, die in diesem Falle eindeutig zu verneinen ist, sowie einer möglichen Implementierung von das Gesellschaftsrecht modifizierenden Steuerungs- und Kontrollinstrumenten hat diese Unterscheidung allerdings keine oder allenfalls nur marginale Auswirkungen. Ein Unterscheidungskriterium in der Zurechnung privatrechtlicher Organisationsformen zur Verwaltung nach Art. 20 Abs. 2 liegt demnach in der Notwendigkeit und der Intensität einer Kooperation der Anteilseigner untereinander. Ist seitens des Staates eine Kooperation mit privaten Gesellschaftern bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch öffentliche Unternehmen nicht erforderlich, da es sich um eine Eigengesellschaft handelt oder der private Anteil lediglich eine Bagatellhöhe erreicht bzw. unterhalb der Sperrminorität liegt,63 kann von einer verwaltungsbeherrschten Unternehmung ausgegangen werden, die öffentliche Verwaltung in Privatrechtsform darstellt. Trotz unterschiedlicher Beteilungsverhältnisse, die jedoch angesichts des beherrschenden staatlichen Einflusses in materieller Hinsicht das ,Gemischtwirtschaftliche‘ vermissen lassen, kann ein einheitliches Recht der öffentlichen Unternehmen einen Rahmen setzen, um für eine Verwaltung in Privatrechtsform die organisationsrechtlichen Grundlagen zu systematisieren und die Mindestvoraussetzungen ihrer Steuerung und Kontrolle zur Sicherung des öffentlichen Auftrages festzulegen.64 Systematisierung von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung

verwaltungsbeherrschte Unternehmen

verwaltungsbeteiligte Unternehmen

Staatliche Beteiligung > 75 %

Staatliche Beteiligung < 25 %

verwaltungsgeführte Unternehmen

verwaltungskontrollierte Unternehmen

Staatliche Beteiligung zwischen 50 % und 75 %

Staatliche Beteiligung zwischen 25 % und 50 %

62 Hierzu Eichhorn, in: Öffentliche Unternehmen, S. 7. Die Unterscheidung ist auch für eine Systematisierung von PPP nicht unerheblich, vgl. 2. Teil, Kap. A, Fn. 374 f. 63 Zwar ist bei einer Beteiligung privater Anteilseigner in Höhe von bis zu 24,9 % eine Kooperation angezeigt und in vielen Fällen auch nicht zu umgehen, in (gesellschafts-)rechtlicher Hinsicht erforderlich ist sie jedoch nicht, um Unternehmensinteressen durchzusetzen oder die Satzung zu ändern. Zu dieser Grenze vgl. auch die bei v. Ruckteschell, ZGR 1996, S. 365, knapp wiedergegebene Diskussion im Zuge der Privatisierung der Lufthansa 1983. 64 Die „dogmatische Verengung der Vorschläge auf Eigengesellschaften“ ist einer der Kritikpunkte von Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 290 f., an bisherigen Vorschlägen

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Davon zu unterscheiden sind öffentliche Unternehmen, an denen der Staat lediglich eine Mehrheitsbeteiligung hält: Auch wenn der Unternehmenszweck (vorrangig) in der Erbringung öffentlicher Leistungen liegt und von daher die Affinität zu Staat und Verwaltung deutlich hervortritt, ist eine staatliche Beherrschung des Unternehmens aufgrund eines möglichen Zutritts zahlreicher Privater nicht mehr gegeben. Diese verwaltungsgeführten Unternehmen sind vielmehr auf eine Kooperation von staatlichen und privaten Anteilseignern angewiesen, um die erforderlichen organisatorisch-institutionellen Grundlagen der Unternehmen dem öffentlichen Auftrag entsprechend ausgestalten und die Bereitstellung öffentlicher Leistungen unter gemeinwohlbezogenen Aspekten prüfen und lenken zu können. Im Grunde liegt ausschließlich in diesen Fällen eine gemischtwirtschaftliche Unternehmung vor, da angesichts des Anteils Privater an öffentlich geführten Unternehmen die verschiedenartigen Steuerungslogiken des Gesellschaftsrechts und des öffentlichen Rechts erst in dieser Konstellation offen zutage treten. Von daher bedarf es für diese Unternehmen in einem ersten Anwendungsfall des „Kooperationsspektrum(s) staatlicher und privater Aufgabenerfüllung“65 unter Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher Regelungen anderer Schwerpunkte im Bereich der Steuerung und Kontrolle als im Rahmen des Rechts der öffentlichen Unternehmen. Ob mit der Kodifizierung eines Rechts der öffentlichen Unternehmen der Bereich des Verwaltungsorganisationsrechts verlassen wird, ist umstritten. Einerseits berücksichtigt das traditionelle Verwaltungsorganisationsrecht diese Formen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben weitgehend nicht, so daß der Bereich herkömmlichen Organisationsrechts inhaltlich überschritten wird. Andererseits stellt öffentliche Verwaltung in Privatrechtsform – also im Falle eines beherrschenden staatlichen Einflusses aufgrund satzungsändernder Mehrheit – ein Stück öffentlicher Verwaltung dar, wenn auch in der zulässigen Form des Privatrechts. Bei diesem von Loeser66 als „Wechsel der Bundes-Aufbauverwaltung aus dem öffentlichen Organisationsrecht (unmittelbare und mittelbare Bundesverwaltung) in die Sphäre des Privatrechts“ bezeichneten Vorgang wird letztlich offen gelassen, ob es sich um einen besonderen privatrechtlich ausgestalteten Zweig des Verwaltungsorganisationsrechts oder einen besonderen verwaltungsrechtlich ausgestalteten Zweig des Gesellschaftsrechts handelt.67 Da sich aber die Verwaltungsorganisation mit der Dezentralisierung der Verantwortung für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben insbesondere durch einen in die private Rechtsordnung übergreifenden Organisations(formen)wandel nachhaltig ändert, muß dies in jedem Fall zwangszum Verwaltungsgesellschaftsrecht, da Konflikte z. B. bei der Festlegung von Einwirkungsbefugnissen erst mit Beteiligung Privater auftreten. 65 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 420 ff. 66 Bundesverwaltung I, S. 143. 67 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 229, plädiert dafür, das Recht öffentlicher Unternehmen in das Verwaltungsorganisationsrecht einzubeziehen, da „eine Differenzierung zwischen erwerbswirtschaftlich und daseinsvorsorgend tätigen öffentlichen Unternehmen . . . nicht angezeigt“ sei.

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läufig auch zu einer Ausdifferenzierung und Modifikation des (Verwaltungs)Organisationsrechts führen.

B. Aufgabenumfang Entscheidet sich der Staat dafür, bestimmte Aufgaben in Organisationsformen des Privatrechts zu erfüllen, entledigt er sich seiner direkten Kontrollmöglichkeiten und damit der unmittelbaren Verantwortlichkeit für das Handeln der Unternehmung gegenüber dem Parlament. Aus diesem Kontrolldefizit folgt aber auch, daß privatisierten Unternehmen keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden dürfen – es sei denn, sie werden auf dem Weg der Beleihung68 ausdrücklich in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben unter Einschluß staatlicher Aufsicht einbezogen.69 Damit ist eine Aufgabenabstufung für die Privatisierung vorgezeichnet: Müssen Aufgaben nach der Verfassung oder nach den Gesetzen hoheitlich erfüllt werden, kann dies nur in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen geschehen. Dies gilt insbesondere für die Kernaufgaben, die den ,unverzichtbaren‘ Staat repräsentieren und die zu „Erhalt, Gewährleistung und Funktionssicherung des Staates als Organisation“ beitragen.70 Selbst wenn man privatrechtlich organisierte, aber in öffentlicher Trägerschaft stehende Verwaltungseinheiten dem staatlichen Bereich zurechnen und sie zudem durchaus zutreffend unter den Begriff der öffentlichen Gewalt fassen würde,71 blieben dennoch die Kernaufgaben einer Erfüllung durch privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten verschlossen, da konstitutives Element der Kernaufgaben grundsätzlich die Option auf Androhung und Einsatz der Mittel physischen Zwangs ist.72 Ein etwas anderes Bild könnte sich hinsichtlich der Staatsaufgaben ergeben. Wenn sich Staatsaufgaben dadurch auszeichnen, daß sie erstens der Staat aufgrund rechtlicher Verpflichtungen erfüllen muß, obwohl ein Privater sie wahrnehmen Vgl. 6. Teil, Kap. B II 4. Vgl. etwa auch Müller, Rechtsformenwahl, S. 409. Ablehnend gegenüber einer Beleihung publizistischer Privatrechtsvereinigungen aber Ehlers, Verwaltung, S. 109 f.; hierzu auch 3. Teil, Kap. C, Fn. 128 ff. 70 Zum „qualifizierten Verwaltungsvorbehalt“ Ronellenfitsch, DÖV 1999, S. 709; vgl. auch 3. Teil, Kap. C, Fn. 88. 71 Vgl. Ehlers, Verwaltung, S. 214 ff.; Gusy, DÖV 1984, S. 878; Erichsen / Ebber, JURA 1999, S. 375; ähnlich auch Noch, DÖV 1998, S. 626, mit Blick auf das Vergabewesen und den Begriff des öffentlichen Auftraggebers. Zum Meinungsstand bezüglich der Reichweite von Art. 1 Abs. 3 GG vgl. den Überblick bei J. Becker, Verwaltungsprivatrecht, S. 49 ff. 72 4. Teil, Kap. B, Fn. 22, 27. Tettinger, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 136, will aber selbst „einen engen Kreis originärer Staatsaufgaben, die notwendigerweise eine hoheitliche Befassungskompetenz voraussetzen“, der Möglichkeit formeller Privatisierung anheim stellen; sogar grundsätzlich positiv gegenüber „Gefängnissen als Privatbetrieb“ Augustin, in: Callies / Mahlmann (Hrsg.), Staat der Zukunft, S. 111 ff. Vgl. auch die Hinweise bei Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 275 mit Fn. 26 f. 68 69

B. Aufgabenumfang

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könnte, und daß zweitens der Staat sie aufgrund eines Marktversagens für einen bestimmten Zeitraum in eigene Erfüllungskompetenz übernommen hat,73 wäre es durchaus denkbar, sich den Staat in Umsetzung dieser Erfüllungsverantwortung privatrechtlicher Organisationen bedienen zu lassen, sofern nicht gesetzlich öffentlich-rechtliche Organisations- oder Handlungsformen vorgegeben sind.74 Diese privatrechtlichen Organisationsformen sollten aber aufgrund der staatlichen Trägerschaft für die Aufgabenerfüllung und zur Sicherung eines entsprechenden Einflußniveaus ausschließlich zu den öffentlichen Unternehmen gehören.75 Bezüglich der Übertragung von lediglich Annex-, Hilfs- oder Serviceaufgaben auf privatrechtliche Organisationsformen bestehen hingegen keine Einschränkungen.76 Offen für eine Privatisierung oder für eine Erfüllung durch öffentliche oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen sind die öffentlichen Aufgaben, deren Charakteristikum eben das Nebeneinander von Öffentlichem und Privatem, von Staat und Gesellschaft ist.77 Jedoch eignen sich öffentliche Aufgaben keineswegs generell für eine Wahrnehmung in privatrechtlichen Organisationsformen: Schon die Unterscheidung dieser Aufgaben in vier Kategorien hat gezeigt, daß neben Privaten auch öffentlich-rechtliche Organisationsformen als Aufgabenträger in die Leistungserbringung eingebunden sind.78 Eine privatrechtliche Organisationsform bietet sich bei jenen öffentlichen Aufgaben an, die zwar nicht zwingend durch Behörden wahrgenommen werden müssen, an deren Bereitstellung aber grundsätzlich ein wichtiges Interesse des Bundes besteht und die auf andere Weise, etwa durch materielle Privatisierung, nicht besser und wirtschaftlicher erbracht werden können.79 Öffentliche, aber auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen können somit vor allem die Zwischenform einer institutionell-organisatorischen Zusammenarbeit zwischen staatlichem und privatem Sektor abdecken,80 wobei die Vgl. 4. Teil, Kap. C, Fn. 53 ff. Vgl. etwa Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 800; R. Becker, Erfüllung, S. 40. 75 Fraglich ist, ob sich für diese eben staatlicherseits wahrzunehmenden Aufgaben noch gemischtwirtschaftliche Organisationsformen eignen; selbst wenn sie verwaltungsbeherrscht sind, handelt es sich nicht mehr um eine ausschließlich staatliche Trägerschaft, ohne daß allerdings ein Trägerwechsel eintritt, vgl. hierzu Fn. 25. 76 Einschlägige Beispiele im Rahmen der Eingriffsverwaltung bei C. Wagner, ZRP 2000, S. 171 f.; verhaltener Kruis, ZRP 2000, S. 2; mit Blick auf die Bundeswehr Lorse, RiA 2002, S. 18 f. 77 Zur Konkurrenzsituation bei diesen Aufgaben auch Eichhorn, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 203. 78 Vgl. 4. Teil, Kap. D, hier unter Fn. 105. 79 So die einschlägigen Kriterien einer Bundesbeteiligung nach § 65 Abs. 1 Ziff. 1 BHO; vgl. hierzu Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 65 Rn. 1, 8; aus der Praxis die entsprechende Prüfung des wichtigen Bundesinteresses bei der Privatisierung der JURIS GmbH (2. Teil, Kap. A, Fn. 48), S. 75 f. Nach Wilting, DÖV 2002, S. 1014 f., ist das ,wichtige Interesse‘ restriktiv zu interpretieren und „unter Subsidiaritätsgesichtspunkten einer ständigen Überprüfung“ zu unterziehen. 80 Vgl. 4. Teil, Kap. D, Fn. 97 ff. 73 74

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

gemischtwirtschaftlichen Unternehmen81 als institutionell-kooperative Ausprägung von Public-Private Partnership82 erstmals auch eine Verantwortungsteilung zwischen Staat und Markt repräsentieren.83 Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Politikfelder lassen sich einzelne Aufgabentypen bestimmen, für die sich eine Nutzung der privatrechtlich organisierten Verwaltung anbietet.84 Hierzu zählen vor allem wirtschaftliche, soziale, planerische, technische, kulturelle und sogenannte kooperative Aufgaben.85 Für diese verschiedenartigen Felder privatrechtlicher Verwaltungstätigkeit haben sich zudem spezifische Organisationsformen herauskristallisiert, ohne daß sie jedoch einen Ausschließlichkeitsanspruch begründen könnten. So werden für Aufgaben aus dem Bereich der Wirtschaftsförderung und Wirtschaftslenkung sowie für industrielles Großvermögen der öffentlichen Hand tendenziell Aktiengesellschaften gebildet, um durch den Börsengang das finanzielle Volumen vergrößern zu können.86 Dies gilt in begrenztem Maße auch für die Tätigkeit im Rahmen der Daseinsvorsorge, insbesondere für die Versorgungs- und Verkehrswirtschaft,87 wobei hier jedoch auch die organisatorisch flexiblere und mit geringerem Aufwand gestaltbare GmbH Anwendung findet,88 die zudem eine vereinfachte gesellschaftsvertragliche Festlegung auf spezifische Ziele sowie die Berücksichtigung spezifischer Instrumente zur Zielerreichung im Gesellschaftsvertrag ermöglicht. Auch bei der Erfüllung wissenschaftlicher Zwecke greift der Staat heute insgesamt stärker auf die GmbH zurück.89 Für kulturelle Angelegenheiten hingegen bedient er sich insbesondere der Stiftungen des bürgerlichen Rechts oder der Rechtsform des eingetragenen Vereins (e.V.), da kulturelle Aufgaben, soweit sie keinen explizit gewinnorientierten Charakter aufweisen, sich einerseits nicht 81 Die Forderung nach zumindest verwaltungsbeherrschten öffentlichen Unternehmen stellt sich hier nicht in dem Maße wie bei Staatsaufgaben, da es sich um den Übergang vom öffentlichen zum privaten Bereich handelt. 82 2. Teil, Kap. A, Fn. 374. 83 Körperschaften als öffentlich-rechtliche Verwaltungseinheiten bilden allenfalls eine Vorstufe, hierzu 6. Teil, Kap. B, Fn. 75 ff., Fn. 129 ff. (Stiftungen). 84 Jedoch existiert nach Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 10, weder ein fester Aufgabenkatalog noch eine klare Schwerpunktbildung. 85 Vgl. Stober, NJW 1984, S. 451; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 3 ff.; Müller, Rechtsformenwahl, S. 413. 86 Privatrechtliches Engagement des Staates in Form der AG solle angesichts geringerer Ingerenzmöglichkeiten „nur für rentable Beteiligungen mit wenig Bedarf an laufender Einflußnahme“ in Betracht gezogen werden, so Schaefer, ZögU 1999, S. 103 f. 87 Für die kommunale Ebene Möller, Rechtliche Stellung, S. 53 ff.; ein Überblick über die Landesebene bei Storr, Staat als Unternehmer, S. 14 ff.; für den Bund Puhl, Budgetrecht, S. 92 ff. Ferner Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 72, sowie Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 10; Püttner, JA 1980, S. 218 ff. 88 Vgl. etwa Bull, FS Maurer, S. 558. 89 U.a. R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 508.

C. Privatrechtliche Organisationsformen

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für nach ökonomischen Grundsätzen handelnde Gesellschaften eignen, andererseits der Staat für diese Bereiche zwar seinen Einfluß wahren, aber oftmals selbst nicht in Erscheinung treten will.90 Sowohl die Ziele, die mit der Errichtung öffentlicher oder gemischtwirtschaftlicher Unternehmen verbunden sind – Entlastung der Kernverwaltung, Errichtung eigener, autonomer Verantwortungsbereiche für spezielle Aufgaben, höhere Flexibilität im Rechtsverkehr bzw. im Bereich des Haushalts- und Personalwesens91 –, als auch der Aufgabenbestand lassen Parallelen zur mittelbaren Verwaltung, insbesondere zu den Anstalten des öffentlichen Rechts erkennen.92 Im Unterschied zu Anstalten kann hier jedoch die „Verantwortungstheorie“ als ein weiterer Ansatzpunkt herangezogen werden, da zumindest bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen eine Organisationsform gewählt wird, die eine gemeinsame Aufgabenerfüllung von Staat und Privaten ermöglicht.

C. Privatrechtliche Organisationsformen für die staatliche Erfüllung öffentlicher Aufgaben Zwar sieht das Gesellschaftsrecht einen begrenzten Katalog von Organisationsformen vor, die sich in die „vom Gesetz unterstellte Idealstruktur“ der Personengesellschaften einerseits und der Körperschaften andererseits unterscheiden lassen.93 Aufgrund der Gestaltungsfreiheit des Gesellschaftsrechts haben sich neben diesen reinen Typen vielfältige zum Teil rechtsformübergreifende Variationen und gesetzlich nicht vorgesehenen Gesellschaftsformen herausgebildet,94 die eine grundsätzliche Übersichtlichkeit der gesellschaftsrechtlichen Organisationstypologie nachhaltig beeinträchtigt haben. Da eine umfassende Untersuchung der privatrechtlichen Organisationsformen im Hinblick auf ihre Eignung für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in dieser Skizze eines organisationsrechtlichen Rahmens nicht erforderlich erscheint, sollen die atypischen Rechtsformen hier im wesentlichen außer Betracht bleiben. Innerhalb der „reinen Organisationen“ hingegen finden nur diejenigen Rechtsformen Berücksichtigung, die für privatrechtliche Verwaltungseinheiten als zulässig erachMüller, Rechtsformenwahl, S. 410. Vgl. 6. Teil, Kap. B, Fn. 91 ff. (Anstalten des öffentlichen Rechts), sowie oben, Fn. 16 (privatrechtsförmige Verwaltung). 92 Hierzu B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 255, sowie 6. Teil, Kap. B, Fn. 97 ff. Im Unterschied zur Beleihung muß öffentliche Verwaltung durch „verwaltungsbeherrschte juristische Personen des Privatrechts kein Ausnahmefall bleiben“, so Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 18. 93 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 45 ff. (47). 94 Hierzu Wöhe / Döring, Einführung, S. 313 ff.; zu „atypischen Gestaltungen“ auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 49 ff. (50 f.). 90 91

240

7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

tet werden, wobei die Zulässigkeit an dieser Stelle lediglich anhand der in § 65 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 BHO vorgesehenen Kriterien „Einfluß“ und „Haftung“ geprüft wird.95 Indem aus dem Bereich der materiellen Rechtsvorstellung im Organisationsrecht einerseits die sachliche Zuständigkeit anhand der Aufgabentypisierung und andererseits die Aufsicht als Steuerungsinstrument verselbständigter Verwaltungseinheiten innerhalb der netzwerkartigen Verwaltungsarchitektur hervorgehoben wurden,96 kommt diesen beiden Kriterien auch bei der Erweiterung des Verwaltungsorganisationsrechts um privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten besondere Beachtung zu. I. Zur Wahl privatrechtlicher Organisationsformen in staatlicher Trägerschaft Obwohl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben grundsätzlich von dem Prinzip der Wahlfreiheit hinsichtlich der Handlungs- und der Organisationsform ausgegangen wird, bedeutet dies nicht, daß sich der Staat in der Aufgabenwahrnehmung jeder der existenten privatrechtlichen Organisationsformen bedienen darf.97 Nach der Bundeshaushaltsordnung sowie entsprechenden Regelungen in den Landeshaushaltsordnungen muß der finanzielle Anteil des Staates an privatrechtlichen Unternehmen mit Blick auf seine mögliche Haftung begrenzt sein; zudem hat sich der Staat einen angemessenen Einfluß auf die privatrechtlichen Organisationsformen, insbesondere über den Aufsichtsrat oder ein entsprechendes Aufsichtsorgan zu sichern,98 um die besonderen öffentlichen Interessen des Staates wahren zu können.99 95 Vgl. etwa Brenner, AöR 2002, S. 238. Das „wichtige Interesse des Bundes“ und der Grundsatz der Subsidiarität sind an dieser Stelle zu vernachlässigen, da beide in erster Linie Voraussetzungen für eine Beteiligung darstellen, Haftungsbegrenzung und angemessener Einfluß jedoch maßgeblich für die Ausgestaltung organisationsrechtlicher Regelungen sind – zumal nach Storr, Gedächtnisschrift Müller, S. 242, bislang kein öffentliches Unternehmen an der Voraussetzung „wichtiges Interesse“ gescheitert sei, dieses lasse sich schon finden. Die Prüfung der Unternehmen durch den Rechnungshof stellt ein weiteres Zulässigkeitskriterium dar (vgl. § 66 BHO / LHO); hinsichtlich der Zweckmäßigkeit wären u. a. die steuerliche Behandlung der unterschiedlichen Organisationsformen, Fragen der Personalwirtschaft, Kooperationsmöglichkeiten, ökonomische Aspekte etc. zu beachten, vgl. hierzu Müller, Rechtsformenwahl, S. 299 ff., 327 ff., 344 ff.; Albersthauser, Verselbständigung, S. 93 ff. 96 Vgl. 5. Teil, Kap. D nach Fn. 60. 97 Auch stehe der öffentlichen Hand „kein Formenerfindungsrecht“ zu, so Pippke, Abfallentsorgung, S. 199 f. Zu unterschiedlichen Kriterien bei der Rechtsformenwahl u. a. Janson, ZögU 1987, S. 119 ff. 98 Einen Zirkelschluß bezüglich der Ingerenzrechte sieht Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 282 f.: Wenn sich die Zulässigkeit privatrechtsförmiger Verwaltung anhand u. a. angemessener Einflußnahme bestimmt, könne man nicht anschließend „auf der Basis dieser Voraussetzung“ das Gesellschaftsrecht um „die zur Beherrschung erforderlichen Ingerenzrechte der öffentlichen Hand“ überformen.

C. Privatrechtliche Organisationsformen

241

Von daher ist zunächst nach Maßgabe der im Gesellschaftsrecht ausgeprägten Institutionen in einem Überblick zu prüfen, ob die finanziellen Auswirkungen einer Organisationsprivatisierung unter Berücksichtigung der haftungsrechtlichen Regelungen berechenbar sind. Des weiteren wird zu untersuchen sein, ob die für eine öffentliche Aufgabenerfüllung erforderliche Einflußnahme auf die Organisation und ihre Geschäftsführung hinreichend gesichert werden kann, die zwar naturgemäß geringer ist als die Einwirkungspflichten bei öffentlich-rechtlichen Organisationsformen,100 möglicherweise aber öffentlich-rechtlichen Steuerungsmechanismen gegenüber ein funktionales Äquivalent darstellen könnte. In beiden Fällen stellt sich zudem die Frage, ob es sich bei den gesellschaftsrechtlichen Regelungen um zwingendes oder dispositives Recht handelt:101 Einzelne Organisationsformen des Gesellschaftsrechts sind intensiv durchnormiert und eröffnen einen nur geringen Spielraum für die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter; andere hingegen stellen – mehr oder weniger – ein Rahmenrecht dar, das in einem Gesellschaftsvertrag den Anforderungen an die Unternehmung entsprechend auszugestalten ist. Prüft man die einzelnen gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen anhand dieser beiden Vorgaben – Haftungsbeschränkung einerseits und Einwirkungsmöglichkeiten andererseits –, scheiden bereits auf den ersten Blick privatrechtliche Gesellschaften, die einer unbeschränkten Haftung unterliegen, aus dem Kanon der hier möglichen Organisationsformen aus. Hierzu zählen als die neben der Kommanditgesellschaft (KG) wichtigsten Institutionen innerhalb der Personengesellschaften insbesondere die BGB-Gesellschaft (GbR)102 und die offene Handelsgesellschaft (OHG),103 da in diesen beiden Fällen der Gesellschafter in der Regel 99 § 65 Abs. 1 BHO / LHO; vgl. auch R. Becker, Erfüllung, S. 91 ff.; Pippke, Abfallentsorgung, S. 200 f.; zu Defiziten bei der Umsetzung bestehender Einfluß- und Kontrollmöglichkeiten Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 84 ff. Bei der Vertretung staatlicher Interessen kann es sich letztlich nur um eine Soll-Regelung handeln, da anderenfalls die BHO mit dem Gesellschaftsrecht kollidiert, hierzu weiter unten Fn. 179, 317, vgl. auch Müller, Rechtsformenwahl, S. 281 f. 100 Ein knapper Vergleich bei Janson, ZögU 1987, S. 120. Bull, FS Maurer, S. 561, unterscheidet zutreffend zwischen gesellschaftsrechtlichen Ingerenzmöglichkeiten und Ingerenzpflichten nach öffentlichem Recht. 101 Zur Diskussion um Typenzwang und Typenfreiheit s. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 109 ff., 119 f. 102 Zu Unterschieden in der Auffassung zu Haftungsbegrenzung und insgesamt ablehnend Müller, Rechtsformenwahl, S. 472; vgl. auch Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 30 („Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit auf das Gesellschaftsvermögen beschränkter Haftung“), S. 55 f.; hierzu auch BGHZ 142, 315, sowie der empirische Befund bei Loeser, Bundesverwaltung I, S. 174. 103 Eindeutig Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 102 ff.; mit der zwingenden Bestimmung unbegrenzter Haftung auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 109 f.; einschränkend Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 104a Rn. 9. Demgegenüber ist nach Müller, Rechtsformenwahl, S. 473, die OHG „eine auf staatlicher Ebene grundsätzlich zulässige Rechtsform“; zur Bundesbeteiligung an Unternehmen in der Rechtsform der OHG Loeser, Bundesverwaltung I, S. 176; ferner Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungsbericht 2003, S. 201, lfd. Nr. 168 (GmbH & Co. OHG).

16 John-Koch

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

unbeschränkt haftet, „d. h. nicht nur mit dem in seinen Betrieb eingelegten Teil seines Vermögens, sondern auch mit seinem sonstigen ,Privatvermögen‘“.104 Kann aber schon das Kriterium der Haftungsbeschränkung nicht erfüllt werden, ist eine Prüfung der zweiten Voraussetzung einer Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen in der öffentlichen Verwaltung, nämlich eine genügende Reichweite staatlicher Ingerenzrechte auf die Geschäftsführung, nicht mehr erforderlich. Einschränkungen für den Staat hinsichtlich der Anwendbarkeit von Personengesellschaften ergeben sich allenfalls bei der KG, da hier nur der Komplementär unbeschränkt haftet, die Haftung des Kommanditisten nach Eintragung in das Handelsregister auf seine eingetragene Kapitaleinlage begrenzt ist.105 Von daher wäre es jedenfalls mit Blick auf die Haftungsbegrenzung durchaus möglich, daß sich der Staat an einer KG als Kommanditist beteiligt. Dagegen könnte jedoch sprechen, daß zwar Entscheidungen, die der Beschlußfassung aller Gesellschafter unterliegen, einstimmig zu treffen sind und „ungewöhnliche Geschäfte ohne Zustimmung des Kommanditisten“ nicht vorgenommen werden dürfen,106 nach § 164 HGB die Kommanditisten jedoch von der Geschäftsführung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Dies mag einer der Gründe sein, warum sich das Informationsrecht des Kommanditisten nach § 166 HGB als wesentliches Instrument zur Ausübung substantieller Kontrollrechte nur auf die Mitteilung über den Jahresabschluß bezieht, nicht aber auf Informationen über laufende Geschäfte.107 Allerdings ist eine Erweiterung der Informationsrechte durch vertragliche Regelung durchaus möglich, beispielsweise durch die Bildung eines Verwaltungsrates, der über Fragen der Geschäftsführung entscheiden und insoweit jederzeit Auskunft verlangen kann.108 Darüber hinaus können durch entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag dem Kommanditisten Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden;109 es erscheint aber fraglich, ob in der Praxis eine gemeinsame – gleichberechtigte – Geschäftsführung von persönlich haftendem Komplementär und begrenzt haftendem Kommanditisten anzutreffen ist. Wenn somit zwar die Haftung des Komman104 Wöhe / Döring, Einführung, S. 285. Von daher sieht Raiser, FS Lutter, die unbeschränkte Haftung juristischer Personen als Normalfall an, das „Privileg der Haftungsbeschränkung“ (S. 644) hingegen auf einzelne Organisationen mit besonderen „Verkehrsbedürfnissen und rechtspolitischen Wertungen“ begrenzt (S. 643). 105 §§ 161, 171 ff. HGB; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1567 ff., 1602 ff. (unbeschränkte Haftung vor Eintragung); des weiteren Boysen, VR 1996, S. 77; Hille, Grundlagen, S. 46 f. 106 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1538 ff. (1539). 107 § 166 HGB; das Informationsrecht der Kommanditisten, das nach K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1540 f., „bedenklich eng ausgestaltet worden“ ist, bleibt somit hinter dem der von der Geschäftsführung ausgeschlossenen OHG-Gesellschafter zurück. 108 So der Gesellschaftsvertrag einer KG in einem Verfahren vor dem BHG, Urt. v. 23. 3. 1992 – II ZR 128 / 91 (KG), NJW 1992, S. 1890 ff. (1891); allerdings wurde in dem Verfahren das Informationsrecht eines einzelnen Verwaltungsratsmitglieds negativ beschieden. 109 Etwa Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 126 f.

C. Privatrechtliche Organisationsformen

243

ditisten den Anforderungen etwa der BHO genügen würde, stellt sich die Realisierung eines angemessenen staatlichen Einflusses auf die Geschäftsführung als schwierig dar.110 Ähnliches gilt mit Blick auf die Kapitalgesellschaften für die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA).111 Auch hier ergibt sich zwar hinsichtlich der Haftungsbeschränkung ein positives Bild, dem jedoch nur geringe direkte Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführung gegenüberstehen.112 Von daher sind diese beiden Gesellschaftsformen als mögliche Organisationsformen für die öffentliche Verwaltung von nur untergeordneter Bedeutung.113 Im allgemeinen weitgehend ausgeschlossen wird die Möglichkeit, daß der Staat als Komplementär einer KG auftritt. Zwar werden in diesem Fall geringe Einwirkungsmöglichkeiten der Kommanditisten zugunsten einer alleinigen Geschäftsführung des Komplementärs ersetzt; da der Komplementär aber im allgemeinen einer unbegrenzten Haftung unterliegt, scheidet eine Beteiligung der öffentlichen Verwaltung an einer KG in der Funktion des Komplementärs aus. Dieses Problem könnte sich jedoch sowohl bei der KG als auch bei der KGaA entschärfen lassen, sofern man den Komplementär als GmbH gestaltet. Indem sowohl bei der GmbH & Co. KG als auch bei der GmbH & Co. KGaA die unbeschränkte Haftung des Komplementärs mit seinem Vermögen auch weiterhin gilt, der Komplementär jedoch in der Rechtsform der GmbH erscheint, kann sich die Haftung nur auf das GmbH-Vermögen beziehen. Damit greift hinsichtlich der Haftung dieselbe Regelung wie bei der Gründung der für die öffentliche Verwaltung als zulässig erachteten GmbH.114 Während die GmbH & Co. KG als Kombination von Personen- und Kapitalgesellschaft trotz gesetzlich nicht vorgesehener Konstruktion im Wirtschaftsleben und auch zivilrechtlich nach zum Teil heftigen Widerständen inzwischen Anerkennung gefunden hat115 und auch durch die Rechtsprechung bestätigt wurde,116 110 Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 55 mit Fn. 142. Daher beteiligt sich eine Kommune „äußerst selten“ an einer KG, so Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 6. 111 §§ 278 ff. AktG 112 Gegenüber der KG sind zwar die Rechte der Hauptversammlung durch Verweis auf das AktG konkreter ausgestaltet, jedoch ist ein unmittelbarer Einfluß auf die Geschäftsführung – wie etwa auf den Vorstand der AG – bei der KGaA ausgeschlossen; hierzu Wöhe / Döring, Einführung, S. 296 f.; zum schwachen Aufsichtsrat und geringer Mitbestimmung bei der KGaA auch Habel / Strieder, MittBayNot 1998, S. 68. 113 So Müller, Rechtsformenwahl, S. 475. 114 Vgl. hierzu weiter unten, Fn. 155. 115 Für GmbH & Co.-Gesellschaften K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1623 ff.; vgl. auch Wöhe / Döring, Einführung, S. 313 f. Daß die Gründung einer KGaA für die öffentliche Verwaltung nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, zeigt sich auch an § 303 Abs. 2 UmwG, wonach der Formwechsel einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts in eine KGaA „der Zustimmung aller Anteilsinhaber (bedarf), die in dieser Gesellschaft die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters haben sollen“.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

scheint dieser Entwicklungsprozeß für die GmbH & Co. KGaA noch nicht abgeschlossen zu sein.117 Der BGH jedoch hat die Begrenzung der Haftung des Komplementärs einer GmbH & Co. KGaA auf das Gesellschaftsvermögen der als Komplementär „persönlich haftenden“ GmbH grundsätzlich für zulässig erachtet, denn die für den Gläubigerschutz unabdingbare unbeschränkte Haftung sei „bei einer juristischen Person als Komplementär gewahrt, weil auch sie mit ihrem ganzen Vermögen haftet“.118 Allerdings sei „ihrem atypischen Charakter und ihren vom Regeltypus abweichenden Haftungs- und Herrschaftsverhältnissen . . . mit den Mitteln der Publizität Rechnung zu tragen“.119 In dieser Konstellation, insbesondere in derjenigen der GmbH & Co. KG, findet die KG durchaus, wenn auch nur vereinzelt Anwendung.120 Diese Abstinenz läßt sich zum einen mit vorhandenen Alternativen – einerseits der reinen GmbH, anderseits der reinen AG – erklären; zum anderen stellt sich aus praktischer Sicht das Problem einer tatsächlich sehr ausgeprägten Ausdünnung der Kontrollstränge, wenn auf eine (Kommandit-)Gesellschaft nur über die Vertreter bzw. Organe einer an ihr beteiligten Gesellschaft (mit beschränkter Haftung) eingewirkt werden kann. Unabdingbare Haftungsbeschränkungen als „durch besondere Umstände gerechtfertigtes Vorrecht bestimmter juristischer Personen“121 hingegen sehen neben der Genossenschaft die beiden Formen der reinen Kapitalgesellschaft vor, die AG und die GmbH, die damit als mögliche Institutionen für die Wahrnehmung 116 Vgl. die Hinweise in BGHZ 134, 392, 396 f., sowie – wenn auch kritisch – K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 977 ff., 1624, dort (S. 1625) auch ein Hinweis auf die „als Kind der Gesetzesumgehung“ entstandene GmbH & Co. KG als Gesellschaft mit „schlechteste(r) Reputation“. 117 Diese Rechtsform wird in einschlägigen Lehrbüchern weitgehend vernachlässigt oder nur beiläufig erwähnt; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 305, etwa stellt lediglich fest: „Auch eine juristische Person kann Komplementär sein“. Ablehnend gegenüber einem GmbH & Co. KGaA-„Sonderrecht“ K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 975, 977 ff. 118 BGHZ 134, 392, 397, Beschluß v. 24. 2. 1997. Zwar messen Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 305, und Habel / Strieder, MittBayNot 1998, S. 65, der reinen Form der KGaA nur geringe „praktische Bedeutung“ zu, erwarten aber nach dieser Entscheidung des BGH einen Anstieg bei der Sonderform GmbH & Co. KGaA als „kapitalistische KGaA“. 119 BGHZ 134, 392, 401. Diese vom Gericht geforderte Publizitätspflicht wurde im Ansatz zwischenzeitlich auch in § 279 Abs. 2 AktG berücksichtigt: „Wenn in der Gesellschaft keine natürliche Person persönlich haftet, muß die Firma . . . eine Bezeichnung enthalten, welche die Haftungsbeschränkung kennzeichnet“. 120 So etwa Hille, Grundlagen, S. 49; zu „praktisch nur vereinzelt“ vorhandenen Beispielen für eine GmbH & Co. KG Loeser, Bundesverwaltung I, S. 166 mit Fn. 592, S. 173. Der Schwerpunkt einer Beteiligung an einer GmbH & Co. KG schien noch 2001 bei den Nachfolgeunternehmen der Bundespost zu liegen, siehe etwa die Angaben in Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungsbericht 2001, S. 253 ff., lfd. Nr. 1, 228, 232 f., 235 ff., 267, 273, 302, 352, 379; demgegenüber beteiligte sich 2003 v.a. die DB mit ihren Tochterunternehmen DB Netz und Stinnes an einer GmbH & Co. KG, vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungsbericht 2003, S. 185 ff., lfd. Nr. 28 ff., 98, 105 ff., 281, 338 f., 447, 504 ff. 121 So Raiser, FS Lutter, S. 643, auch S. 641.

C. Privatrechtliche Organisationsformen

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öffentlicher Aufgaben in privatrechtlichen Organisationsformen besonders in Betracht zu ziehen sind.122

II. Die zulässigen privatrechtlichen Organisationsformen 1. Eingetragene Genossenschaften Eingetragene Genossenschaften, die sich in Beschaffungs- und Verwertungsgenossenschaften einteilen lassen, gehören weder zu Personen- noch zu Kapitalgesellschaften; sie stellen vielmehr einen wirtschaftlichen Verein dar.123 Da die Höhe der Beteiligung begrenzt ist und zudem die Möglichkeit besteht, eine „prinzipiell unbegrenzte Nachschußpflicht“ in der Satzung auszuschließen,124 kann sich der Staat grundsätzlich dieser privatrechtlichen Organisationsform zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bedienen.125 Doch trotz der Möglichkeit einer genossenschaftlichen Mitgliedschaft126 bei Sicherung der Haftungsbeschränkung ist die Genossenschaft als privatrechtlich organisierte Verwaltung auf Bundesebene nur selten anzutreffen; auf Landesebene, insbesondere im Wohnungsbau und in der Landwirtschaft, scheint sich ein etwas anderes Bild zu ergeben.127 Auch in der 122 Janson, ZögU 1987, S. 118, etwa führt als mögliche Eigengesellschaft die AG und GmbH an; mit Blick auf das Gemeinderecht auch Peine, DÖV 1997, S. 364. Demgegenüber verweisen Erbguth / Stollmann, DÖV 1993, S. 807, darauf, daß die „haftungsbeschränkende Wirkung der Errichtung von juristischen Personen des Privatrechts der öffentlichen Hand nicht zugute kommt“; vgl. auch v. Danwitz, AöR 1995, S. 602. 123 Hierzu Wöhe / Döring, Einführung, S. 290 ff. (291 f.); zur Einordnung als Verband oder Nonprofit-Organisation Greve, in: Zimmer / Weßels (Hrsg.), Verbände und Demokratie, S. 124 f., zu ihrer historischen Entwicklung ebd. (S. 110 ff.). Obwohl die Genossenschaft in der Praxis kaum Anwendung als privatrechtlich organisierte Verwaltung findet, soll sie an dieser Stelle vor allem unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verantwortungsteilung ausführlicher behandelt werden. 124 Raiser, FS Lutter, S. 642; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1274 f.; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 398 f. 125 § 65 Abs. 5 BHO nimmt auf Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften als „Sondervorschrift für Unternehmensbeteiligungen“ Bezug, so Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 65 Rn. 15; Ehlers, Verwaltung, S. 164 f. 126 Da es bei Genossenschaften nur Mitglieder gibt, ist der Begriff der „Beteiligung“ nicht angebracht, vgl. Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 65 Rn. 15. Nach Müller, Rechtsformenwahl, S. 481, verhindere die Mindestzahl von Mitgliedern eine alleinige Trägerschaft des Staates oder der Kommunen. Da aber auch ausschließlich juristische Personen Mitglieder sein können (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1273 f.), wäre eine länderübergreifende Genossenschaft denkbar. 127 Vgl. Ehlers, Verwaltung, S. 23 f.; auch Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 65 Rn. 15, sowie Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 55. Im Wohnungsbau macht sich zudem ein drastischer Unterschied zwischen Ostdeutschland mit einen Anteil von 16 % des Wohnungsbestandes und Westdeutschland (4 %) bemerkbar, vgl. Steding, Neue Justiz 2000, S. 624. Statistische Angaben zu Genossenschaften allgemein bei Engelhardt, ZögU 2000, S. 183 ff. Zur Nutzung der Genossenschaften allgemein und zur scheinbar geringen Attrakti-

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Diskussion um die Privatisierung öffentlicher Aufgaben und um die Errichtung privatrechtlicher Organisationsformen in staatlicher Eigentümerstellung spielten die Genossenschaften keine Rolle,128 lediglich mit der Wiedervereinigung und der Umstrukturierung der DDR-Genossenschaften nach westdeutschem Genossenschaftsrecht hat die bundesdeutsche Diskussion um Genossenschaften neuen Auftrieb erfahren.129 Dies erscheint einerseits verwunderlich, weisen doch die Genossenschaften im Grunde einige Parallelen zu Körperschaften des öffentlichen Rechts auf.130 So sind die Mitglieder einer Genossenschaft und ihr Interesse an der wirtschaftlichen Förderung „Ursprung und das Ziel allen genossenschaftlichen Handelns“.131 Auch beruht die Genossenschaft „auf dem Gedanken der organisierten Selbsthilfe“ und ist damit „ganz auf den Typus des Selbsthilfeunternehmers zugeschnitten“.132 Nach neueren Interpretationen bezieht sich diese Selbsthilfe nicht nur auf eigene genossenschaftliche Angelegenheiten, sondern wird darüber hinaus als Auftrag der Genossenschaften gesehen, ihrer zentralen Rolle bei der nachhaltigen Entwicklung der Gemeinschaft – playing a pivotal role in creating a sustainable society – nachzukommen133 und somit auch allgemein-gesellschaftliche Interessen innerhalb ihres Aktionsradius zu berücksichtigen.134 Damit ist auch der in der Aufgabenvität Jäger, Rechtsform, in: ders., Genossenschaften, S. 9 ff.; Zahlen von 1998 finden sich bei Greve, in: Zimmer / Weßels (Hrsg.), Verbände und Demokratie, S. 107, 109. Nach Loeser, Bundesverwaltung I, S. 175, existieren auf Bundesebene lediglich vier Genossenschaften. Allerdings handelt es sich bei Genossenschaften, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich i.w.S., häufig um öffentliche Genossenschaften, vgl. hierzu Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., § 97. 128 Nach Jäger, Rechtsform, in: ders., Genossenschaften, S. 9, würden Genossenschaften von Unternehmensberatern „mangels entsprechendem Erfahrungswissen kaum noch zur Kenntnis genommen“. Engelhardt, ZögU 2000, S. 196, plädiert allerdings für eine Zusammenarbeit von Staat und Genossenschaften insbesondere auf kommunaler Ebene im Sinne einer Public-Private Partnership. 129 Steding, Neue Justiz 2000, S. 623. 130 Angesichts größtmöglicher Kapitalerhaltung sowie beständiger sachverständiger Leitung „im Sinne eines besonderen Gründerimpulses“ lassen sich Genossenschaften aber auch als „Unternehmen mit Stiftungskern“ bezeichnen, so Engelhardt, ZögU 2000, S. 191 f.; vgl. demgegenüber Jäger, Rechtsform, in: ders., Genossenschaften, S. 20 f. 131 Jäger, Rechtsform, in: ders., Genossenschaften, S. 14. 132 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1264; zur genossenschaftlichen Doppelnatur „als gesellschaftliche Gruppe und als wirtschaftender Betrieb“ Engelhardt, ZögU 2000, S. 176. Bei B. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 255, findet die Genossenschaft als mögliches Substitut zur Körperschaft keine Berücksichtigung. 133 Jener im Original gefaßte Grundsatz wurde in dieser Deutlichkeit in der Stellungnahme des Internationalen Genossenschaftsbundes zur genossenschaftlichen Identität (www.coop. org / ica / d / deprinciples.html) nicht angenommen; siehe auch Greve, in: Zimmer / Weßels (Hrsg.), Verbände und Demokratie, S. 128. 134 Engelhardt, ZögU 2000, S. 193; Betzelt, in: Nährlich / Zimmer (Hrsg.), Management, S. 46 f., fordert eine rechtliche Verankerung der Gemeinnützigkeit; vgl. auch den Hinweis bei Greve, in: Zimmer / Weßels (Hrsg.), Verbände und Demokratie, S. 126 mit Fn. 3, auf verfas-

C. Privatrechtliche Organisationsformen

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wahrnehmung eng umrissene Einsatz von Genossenschaften vergleichbar mit der begrenzten Übertragbarkeit staatlicher und öffentlicher Aufgaben auf Körperschaften. Während diese Einschränkung bei der Körperschaft jedoch mit der zwangsmitgliedschaftlichen Struktur begründet wird, ist die Möglichkeit eines genossenschaftlichen Zusammenschlusses und damit der Durchführung öffentlicher Aufgaben gesetzlich auf einzelne Handlungsfelder – Wohnungsbau- und Kreditgenossenschaften sowie Agrar- und Absatzgenossenschaften – beschränkt.135 Angesichts dieser Verwandtschaft zu Körperschaften und mit Blick auf die Forderung nach einer bewußt gemeinwohlbezogenen Ausrichtung genossenschaftlicher Aktivitäten mag eine Wahrnehmung einzelner, gesetzlich definierter öffentlicher Aufgaben durch Genossenschaften auch mit staatlicher Beteiligung naheliegen. Andererseits sind jedoch die Einwirkungsmöglichkeiten des einzelnen Genossen auf die Geschäftsführung begrenzt,136 da sich die Stimmverteilung – anders als bei der AG – nicht nach dem Genossenschaftsanteil, sondern nach Köpfen richtet. Selbst wenn ein Mitglied „den Geschäftsbetrieb der Genossenschaft besonders fördert“, kann sein Stimmenanteil auf maximal drei Stimmen erhöht werden, so daß eine „Mehrheitsbeteiligung“ ausgeschlossen ist.137 Diese Regelung nach § 43 Abs. 3 GenG läßt sich letztlich aus dem der Genossenschaft immanenten Solidaritätsgedanken einerseits und dem Gleichbehandlungsgrundsatz andererseits herleiten, der „die Motivation des Eigeninteresses an solidarischer Selbsthilfe“ stützen und beleben soll.138 Angesichts dieser Begrenzung des Stimmrechts muß sich das Interesse des Staates an einer nachhaltigen Beteiligung an Genossenschaften jedoch zwangsläufig reduzieren.139 Hinzu kommt, daß die Verwendungsmöglichkeiten der Genossenschaft für öffentliche Aufgaben nach Maßgabe der rechtlichen Regelungen begrenzt sind. Obwohl sich Genossenschaften zunächst auf einseitig beherrschten Märkten etabliert haben und diese Tendenz aus Sicht der Genossenschaften auch noch weiterhin anhalten mag,140 zeichnen sich die für die Genossenschaften möglichen Politikfelder aus Sicht des Staates durch breite unternehmerische Tätigkeit und privates Engagement aus, so daß eine Aufgabenerfüllung durch privatsungsrechtliche Förderaufträge. Ablehnend gegenüber der Ergänzung des auf Selbsthilfe und Selbstverantwortung aufbauenden genossenschaftlichen Gedankens um einer allgemeinen Gemeinnützigkeit willen dagegen Jäger, Rechtsform, in: ders., Genossenschaften, S. 19 ff.; ders., Genossenschaftstradition, in: ebd., S. 34, 39 f. 135 § 1 GenG. Ausführliche Fallbeispiele bei Jäger, Rechtsform, in: ders., Genossenschaften, S. 15 ff., mit kritischen Anmerkungen zur Entwicklung; auch nach Greve, in: Zimmer / Weßels (Hrsg.), Verbände und Demokratie, S. 115 ff., 119 ff., entfernen sich Genossenschaften von den „Idealen und Grundsätzen ihrer Gründungsväter“ (S. 121). 136 So Ehlers, Verwaltung, S. 24; im Anschluß Müller, Rechtsformenwahl, S. 481. 137 Vgl. hierzu Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 397 f. 138 Jäger, Genossenschaftstradition, in: ders., Genossenschaften, S. 38. 139 Vgl. auch R. Becker, Erfüllung, S. 110. 140 So Jäger, Rechtsform, in: ders., Genossenschaften, S. 11 ff.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

rechtliche Verwaltungseinheiten in Form der Genossenschaft nur subsidiär erfolgen sollte. Nicht zuletzt der Betroffenen- und Selbsthilfegedanke der Genossenschaft würde einem staatlichem Engagement, aber auch ihrer Instrumentalisierung für gemeinwohlorientierte Zwecke entgegenstehen: Es geht weniger um Mitverwaltung und Mitverantwortung, als vielmehr um Selbstverwaltung und Selbstverantwortung141 – eine Organisationsform zur Unterstützung verantwortungsteiliger Aufgabenerfüllung können Genossenschaften angesichts dieses Selbstverständnisses demnach nicht bieten.

2. Die Aktiengesellschaft Wenn auch die AG grundsätzlich als Publikumsgesellschaft angelegt ist und grundsätzlich „einem breiten Anlegerkreis offensteht“, so erfreut sie sich als privatrechtliche Organisationsform entweder in alleiniger oder in mehrheitlicher Trägerschaft der öffentlichen Hand nachhaltiger Beliebtheit.142 Die Gründe liegen zum einen in der Kapitalbeschaffung, die durch die Ausgabe von Aktien flexibler gestaltet werden kann und somit Unternehmen mit großem Kapitalbedarf die notwendigen Ressourcen bereitzustellen in der Lage ist;143 gleichzeitig kann aber auch die Zahl der Anteilseigner – zumindest im Ansatz – gesteuert werden. Des weiteren ist die Haftungsbeschränkung gegenüber Gläubigern auf das Gesellschaftsvermögen konstitutives Element der AG, eine Haftung der Aktionäre ist grundsätzlich ausgeschlossen.144 Hinzu kommt, daß das Aktienrecht weitgehend gesetzlich normiert ist, so daß zwar einerseits nur wenig Spielraum für gesonderte Regelungen bleibt, andererseits aber auf eine Organisationsform zurückgegriffen werden kann, die sich aufgrund ihrer Kompatibilität mit möglichen Kooperationspartnern im Rechtsverkehr bewährt hat. Die Zuständigkeiten der drei Organe der AG – Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat – sind gesetzlich festgelegt und in nur geringem Maß gestaltbar.145 So sind die Rechte der Hauptversammlung als Vertretung der Aktionäre abschließend aufgezählt: Bestellung des Aufsichtsrates der AG sowie die Entlastung und Abberufung von Aufsichtsrat und Vorstand, Satzungsänderungen, Bestellung der Prüfer sowie Entscheidungen über die Verwendung des Bilanzgewinns. Auch die Aufgaben des Aufsichtsrates als Überwachungsorgan über die Geschäftsführung des Vorstandes sind weitgehend normiert mit Ausnahme der 141 Jäger, Genossenschaftstradition, in: ders., Genossenschaften, S. 40; zum Prinzip der Solidargemeinschaft Oettle, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 109. 142 So Müller, Rechtsformenwahl, S. 469; vgl. auch Ehlers, Verwaltung, S. 22. 143 Vgl. u. a. Wöhe / Döring, Einführung, S. 290. 144 § 1 Abs. 1 AktG; vgl. auch Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 298 f. 145 Vgl. hierzu unten, Kapitel C III.

C. Privatrechtliche Organisationsformen

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Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates zu bestimmten Geschäften, die in der Satzung festzulegen sind und somit in das Gestaltungsrecht der Gesellschaft fallen.146 Die Geschäftsführung, die im Umfang nur exemplarisch mit Blick auf die Vertretungsbefugnis und die Vorbereitung und Ausführung von Beschlüssen der Hauptversammlung, nicht aber abschließend gesetzlich bestimmt ist,147 liegt ausschließlich in der Zuständigkeit des Vorstandes; aufgrund seiner eigenverantwortlichen Leitung unterliegt dieser auch keinen Weisungen.148

3. Die Gesellschaft mit begrenzter Haftung Im Unterschied zur AG unterliegt die GmbH nicht jener „formellen Satzungsstrenge“149 und eröffnet somit eine größere Bewegungsfreiheit bei der Gestaltung der Zuständigkeiten der unterschiedlichen Organe der Gesellschaft. Zwingend sind lediglich der Geschäftsführer und die Gesellschafterversammlung als Organe vorgesehen, eine Erweiterung um einen Aufsichtsrat oder um Beiräte ist jedoch möglich.150 Die Zuständigkeiten und die Möglichkeit der Gesellschafter, auf die Geschäftsführung nachhaltigen Einfluß auszuüben, sind ebenfalls nicht in der Intensität geregelt wie bei der AG; insbesondere hält das GmbHG mehr Ausnahmemöglichkeiten vor – das für das Gesellschaftsrecht charakteristische dispositive Recht kommt hier stärker zum Tragen. So liegen geschäftsleitende Tätigkeit und Vertretungsbefugnis der Gesellschaft zwar grundsätzlich bei dem von der Gesellschafterversammlung bestellten Geschäftsführer; dieser handelt aber im Unterschied zum Vorstand der AG nicht eigenverantwortlich, sondern ist an Weisungen oder Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafter gebunden.151 Neben dem Weisungsrecht können im Gesellschaftsvertrag weitere Befugnisse der Gesellschafter hinsichtlich der Geschäftsführung festgelegt werden. Aufgrund dieser fast unbeschränkten Einwirkungsrechte der Gesellschafterversammlung, die durch die Prüfungs- und Überwachungskompetenz ergänzt werden, kommt der GmbH-Gesellschafterversammlung im Gegensatz zur Aktionärsversammlung eine herausragende Bedeutung zu, sie ist das „oberste §§ 119, 111 AktG. §§ 78, 83 AktG; hierzu auch Henze, BB 2000, S. 209 ff. Zu den Aufgaben der Geschäftsführung zählt auch die Einrichtung eines Überwachungssystems, „damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen frühzeitig erkannt werden“ (§ 91 Abs. 2 AktG), sowie Berichtspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat (§ 90 AktG). 148 § 76 Abs. 1 AktG; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 804 ff. 149 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1004; Säcker, FS Lieberknecht, S. 116 f. 150 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1068, 1107 ff. 151 Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 329 f.; zu Aufgaben der Geschäftsführer ferner K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1074. Allerdings gilt die Weisungsgebundenheit nur im Innenverhältnis, in einem Verstoß im Rahmen der Vertretung nach außen liegt ein „Mißbrauch der Vertretungsmacht“ (ebd., S. 1076). 146 147

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Organ der GmbH“152 – selbst noch bei Bestellung eines fakultativen Aufsichtsrates.153 Dieser Flexibilität der GmbH, die sie als geeignete Organisationsform im Rahmen privatrechtlich organisierter Verwaltung ausweist, stehen jedoch Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten gegenüber, die „eher denen einer Personengesellschaft als denen einer AG (entsprechen)“.154 Hinzu kommt zwar eine grundsätzliche Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen; allerdings gibt es von dieser Regel die Ausnahme der Schadensersatz- bzw. Verschuldenshaftung z. B. bei Unterkapitalisierung.155 Von daher ist die Verwendung der GmbH eher auf weniger kapitalintensive Bereiche beschränkt, so daß sich die Rechtsform in der Regel nur für kleine und mittlere öffentliche Unternehmen anbietet.156

III. Einwirkungsmöglichkeiten im Gesellschaftsrecht Eine der wichtigsten Prämissen für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Form der privatrechtlich organisierten Verwaltung ist die Sicherung einer ausreichenden Einflußnahme und Kontrolle. Dabei handelt es sich nicht nur um ein lediglich verwaltungs(organisations)wissenschaftliches Gebot, um „den Verlust der subjektiven Einheit des Staates“ aufzufangen,157 sondern um die demokratische und rechtsstaatliche Forderung nach einem hinreichenden Legitimationsniveau158 als Grundsatz jeglichen staatlichen Handelns. Diese Einwirkungs- und Kontrollrechte werden innerhalb der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung durch die Aufsicht mit ihren unterschiedlichen Instrumenten gewährleistet. Dabei decken sich Zweck und Aufgabenstellung der Organisation weitgehend mit den Interessen und dem Auftrag der Träger als aufsichtführender Instanz. Zu den regelmäßigen Aufsichtsformen zählen die DienstVgl. Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 331; Müller, Rechtsformenwahl, S. 470 f. So Ehlers, Verwaltung, S. 132 ff.; mit Verweis auf die Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsvertrag K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1107 f. A.A. Boysen, VR 1996, S. 78 f. 154 Wöhe / Döring, Einführung, S. 304. 155 Vgl. hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1150 f.; zur Begrenzung der Haftung auf einzelne Gesellschafter Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 372 ff. Vehement spricht sich Raiser, FS Lutter, S. 647 ff., für einen echten Haftungsdurchgriff bei vorsätzlicher Unterkapitalisierung aus. 156 So Müller, Rechtsformenwahl, S. 472. Nach Wöhe / Döring, Einführung, S. 290, wurde diese Rechtsform aufgrund ihrer größeren Formfreiheit lange auch von Unternehmen genutzt, „für die an sich die AG die wirtschaftlich zweckmäßigste Form wäre“. 157 Vgl. 5. Teil, Kap. D, Fn. 60. 158 Zum „hinreichenden Gehalt an demokratischer Legitimation“ grundlegend BVerfGE 83, 60, 72; hierzu auch Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 375 f.; vgl. auch R. Becker, Erfüllung, S. 96 f.; Ehlers, Verwaltung. S. 124 ff.; Möller, Rechtliche Stellung, S. 34; Müller, Rechtsformenwahl, S. 249; Storr, Gedächtnisschrift Müller, S. 250. 152 153

C. Privatrechtliche Organisationsformen

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aufsicht als Kontrolle der inneren Ordnung und Geschäftsführung, die Fachaufsicht als Aufsicht über die rechtmäßige und zweckmäßige Erledigung der Verwaltungsaufgaben sowie generell die Staatsaufsicht über die mittelbare Verwaltung, die zumindest eine Rechtmäßigkeitskontrolle enthalten muß.159 Insbesondere mit dem Institut der Weisung als regelndes Aufsichtsmittel kann die aufsichtführende Behörde grundsätzlich nachhaltig auf die fachliche Seite der Aufgabenerfüllung einwirken.160 Diese Aufsichtsbefugnisse innerhalb der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung sind im Rahmen des Verwaltungsorganisationsrechts weitgehend geregelt.161 Da es sich bei öffentlichen Unternehmen schon aufgrund der Eigentümerstellung grundsätzlich auch um staatliche Tätigkeit handelt, unterliegt der Staat als Träger privatrechtlich organisierter Verwaltung ebenfalls einer zunächst noch inhaltlich unbestimmten Einwirkungspflicht: Die Wahrnehmung eines angemessenen Einflusses ist nach § 65 Abs. 1 Ziff. 3 BHO eine der Voraussetzungen überhaupt für die Beteiligung des Staates an privatrechtlichen Unternehmen, Beteiligungen ohne Einflußnahme oder unter Verzicht auf Einwirkungsrechte sind demnach nicht zulässig.162 Dabei handelt es sich nicht etwa nur um die Pflicht einer formellen Einflußnahme, vielmehr ist die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe sicherzustellen, da mit der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform der Staat nicht von der öffentlich-rechtlich begründeten Aufgabenstellung soll abgehen dürfen; das Unternehmen müsse „auf Gemeinwohlkurs“ bleiben.163 Die Ingerenzpflichten des Staates erstrecken sich demnach auch auf die Zielsetzung und Zielerreichung der Zwecke, für die das öffentliche Unternehmen errichtet wurde oder für die sich der Staat an öffentlichen Unternehmen beteiligt.164 Wäre dieser öffentliche Zweck deckungsgleich mit dem Unternehmensinteresse, bestünden im Grunde keine Schwierigkeiten, diese Einwirkungspflichten auch materiell umzusetzen.165 Indessen fallen Unternehmensinteresse und staatliche Aufgabenstellung in der Regel sehr deutlich auseinander: hier die Absicht der 159 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22 Rn. 32, § 23 Rn. 18 ff.; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 77 II a, b; zu Aufsichtsbegriffen und -inhalten Groß, DVBl. 2002, S. 795 ff. 160 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 77 II d. 161 Vgl. etwa im 6. Teil, Kap. A, Fn. 36, Kap. B, Fn. 76 sowie Kap. C, Fn. 208. 162 Damit sind die Kriterien nach § 65 Abs. 1 BHO bereits im Vorfeld einer Beteiligung oder Gründung nachzuweisen und nicht erst im laufenden Geschäft, so auch Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 65 Rn. 7. Zur Pflicht der Einflußnahme noch Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 21 ff. 163 So Säcker, FS Lieberknecht, S. 108. 164 Ehlers, Verwaltung, S. 130 ff.; Möller, Rechtliche Stellung, S. 35. Ferner Zäch, FS Hangartner, S. 937; Eichhorn, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 177. 165 Für Eigengesellschaften besteht etwa die Möglichkeit, den – öffentlichen – Unternehmenszweck in die Satzung aufzunehmen, vgl. hierzu u. a. v. Arnauld, DÖV 1998, S. 443 f.; v. Danwitz, AöR 1995, S. 605, 612 ff.; R. Becker, Erfüllung, S. 101 ff., 112; demgegenüber R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 515.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Gewinnerzielung, zumindest aber Kapitalerhaltung, 166 dort die „Verwirklichung von Gemeinwohlzielen“.167 Wenn der Staat zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben eine privatrechtliche Organisationsform wählt, gelten grundsätzlich auch die Regelungen des Privatrechts: Steuerungs- und Einwirkungsmöglichkeiten können prinzipiell nur nach den Vorgaben des Gesellschaftsrechts wahrgenommen und ausgefüllt werden. Wie bereits oben angesprochen, weisen AG und GmbH als zulässige Kapitalgesellschaften bedeutsame Unterschiede in der formellen Satzungsstrenge auf,168 die sich auch auf die Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Geschäftsführung und die Erfüllung des Unternehmenszwecks auswirken. In der AG sind die Ingerenzrechte der Hauptversammlung neben individuellen Auskunftsrechten im wesentlichen auf eine nur mittelbare Einflußnahme beschränkt.169 Eine Ausnahme ergibt sich allenfalls in der Kompetenz, einen Beschluß über sonstige – nicht näher spezifizierte – Fragen herbeizuführen, die der Vorstand der Hauptversammlung zur Entscheidung vorgelegt hat. Da es sich hierbei um eine in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallende Angelegenheit handelt und der Vorstand verpflichtet ist, „die von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossenen Maßnahmen auszuführen“,170 könnte dies als eine der öffentlich-rechtlichen Weisung ähnliche Befugnis ausgelegt werden. Allerdings liegt die Auswahl der vorzulegenden Sachverhalte im Ermessen des Vorstands und nicht in der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung. Hingegen hat der Aufsichtsrat als Kontrollorgan der AG naturgemäß stärkere Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführung des Vorstandes. Insbesondere kann in der Satzung eine Zustimmungspflicht zu dort im übrigen nicht weiter kon166 Zum Unternehmensinteresse Henze, BB 2000, S. 212; Möller, Rechtliche Stellung, S. 37 ff.; v. Danwitz, AöR 1995, S. 612 ff.; zu möglichen Interessenkonflikten von Politik, Verwaltung, Wählern und Unternehmensmanagement Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 36. Daß sich Gemeinwohlinteresse – und damit verbunden die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben – auch mit dem ursprünglichen Unternehmensinteresse verbinden läßt, zeigen Untersuchungen zum Thema Volunteering in Unternehmen: So wird von amerikanischen Unternehmen „traditionell erwartet, dass sie nicht nur Gewinne machen, sondern sich als gute Staatsbürger, als corporate citizen, an der Lösung gesellschaftlicher Probleme beteiligen“, vgl. Ute Eberle / Dorothée Stöbener, Gutes tun mit Gewinn, DIE ZEIT v. 21. 9. 2000, S. 69 (Hervorhebung E. / S.) 167 v. Danwitz, AöR 1995, S. 598; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 505 ff.; Janson, ZögU 1987, S. 119 f.; Helm, Rechtspflicht, S. 257; ferner Eichhorn, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 203, 205. Nach Püttner, JA 1980, S. 218, widerspricht aber die „für öffentliche Unternehmen kennzeichnende ,öffentliche Aufgabe‘ . . . den Prinzipien des Gesellschaftsrechts nicht, weil AG und GmbH nicht auf Gewinnmaximierung festgelegt sind“. 168 Vgl. Fn. 149. 169 Nachfolgend Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 262 ff., 280 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 837 ff., 842 ff. 170 § 83 Abs. 2 AktG.

C. Privatrechtliche Organisationsformen

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kretisierten Geschäftsführungsmaßnahmen festgelegt werden; bei fehlender Zustimmung des Aufsichtsrats ist eine Entscheidung der Hauptversammlung herbeizuführen. Des weiteren hat der Aufsichtsrat neben Einsichtsrechten dem Vorstand gegenüber auch Informationsrechte,171 ergänzt um Berichtspflichten des Vorstandes.172 Im Gegenzug sind die Mitglieder des Aufsichtsrats bei ihrer Arbeit zu besonderer Sorgfalt verpflichtet: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung, die für den Vorstand verbindlich sind, gelten auch für den Aufsichtsrat;173 zugleich hat dieser die Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung durch den Vorstand zu überwachen. Demgegenüber besitzen GmbH-Gesellschafter einen weiten Spielraum in der Ausgestaltung ihrer Ingerenzrechte. Ihre Einflußmöglichkeiten setzen schon bei Personalentscheidungen an: So können bereits im Gesellschaftsvertrag sowohl die Geschäftsführer selbst als auch besondere Eignungsvoraussetzungen für die Geschäftsführung bestimmt werden.174 Hinzu kommen die Möglichkeit der Weisungserteilung durch die Gesellschafter sowie der Vorbehalt einer Mitwirkung an der Geschäftsführung in den satzungsmäßig vorgesehenen Fällen. Die Informationsrechte der Gesellschafter gegenüber der Geschäftsführung sind ebenfalls sehr weit gefaßt; im Grunde dürfen die Auskunfts- und Einsichtsrechte, die jederzeit geltend gemacht werden können, nur bei einem Mißbrauch dieser Rechte verweigert werden oder wenn die Gefahr besteht, daß sie zu „geschäftsfremden Zwecken“ genutzt werden.175 Sofern in einer GmbH ein fakultativer Aufsichtsrat gebildet werden soll oder dieser aufgrund der Beschäftigtenzahl der Gesellschaft einzurichten ist,176 werden die Möglichkeiten der Einflußnahme der Gesellschafter auf die Geschäftsführung beschränkt, da nicht nur die Bestellung der Geschäftsführer auf den Aufsichtsrat übergeht, sondern dieser sich auch bestimmte Zustimmungsvorbehalte einräumen lassen kann. Allerdings folgen Besetzung und Kompetenzen, insbesondere Kontroll- und Überwachungsaufgaben des fakultativen Aufsichtsrates nicht gesetzlichen Regelungen; sofern nicht auf einschlägige Bestimmungen des Aktienrechts zurückgegriffen wird, können die Rechte des Aufsichtsrates nach § 52 Abs. 1 GmbHG im Gesellschaftsvertrag frei geregelt werden, solange das Kräfteverhältnis 171 Zu Informationsrechten als „Grundlage der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats“ Henze, BB 2000, S. 213. Nach Emde, DB 1999, S. 1487 f., hat ein Aufsichtsratsmitglied die Pflicht, informell erhaltene Informationen über die Geschäftspolitik und grundsätzliche Fragen (§ 90 Abs. 1 f. AktG) an andere Mitglieder weiterzugeben. 172 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 823 ff., 868 f. 173 § 116 AktG; Emde, DB 1999, S. 1487; zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensleitung (GoU) als Managementstandard v. Werder, DB 1999, S. 2222 f. 174 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1071; Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 52. 175 § 51 a GmbHG; vgl. auch Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 352 ff.; mit Blick auf PPP-Modelle Gasteyer, Prozessleitfaden, S. 52 ff. 176 Zum „mitbestimmten Aufsichtsrat“ K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1109 f.

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zwischen dem Leitungs-, dem Aufsichts- und dem Willensbildungsorgan gewahrt bleibt.177 Neben Einwirkungsmöglichkeiten innerhalb der AG bzw. der GmbH stellt sich aber bei beiden Rechtsformen gleichermaßen das Problem der Einflußnahme von außen: inwieweit nämlich der Träger oder Anteilseigner auf die Mitglieder in den jeweiligen Organen – insbesondere im Aufsichtsrat – Einfluß auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten nehmen kann. Gegenüber Mitgliedern der Hauptversammlung oder der Gesellschafterversammlung werden Weisungsrechte grundsätzlich dann angenommen, wenn sie über Stimmbindungsverträge für zulässig erachtet werden.178 Obwohl das Aktiengesetz hinsichtlich der Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder keine klare Regelung trifft, ist diese aufgrund der Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit des Aufsichtsrats als Kontrollorgan grundsätzlich zu bejahen. Auch wenn nach § 65 Abs. 6 BHO die den Bund vertretenden Mitglieder des Aufsichtsrats eines Unternehmens „die besonderen Interessen des Bundes“ zu berücksichtigen haben, kommt dies keiner Weisung gleich, sondern kann allenfalls als „unverbindliche Anregung und Empfehlung“ interpretiert werden; das gleiche gilt für den obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH.179 Lediglich für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH könnte eine Weisungsgebundenheit angenommen werden, da seine Stellung als eigenverantwortlich handelndes Organ bereits mit der Weisungskompetenz der Gesellschafter gegenüber dem Aufsichtsrat begrenzt ist.180

D. Handlungsformen für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in privatrechtlichen Verwaltungseinheiten Da unmittelbar öffentlich-rechtliches Handeln von Privatpersonen ausschließlich im Falle der Beleihung möglich ist, unterliegt das Handeln von privatrechtlich organisierter Verwaltung grundsätzlich den durch vertragliche Bindungen gekennzeichneten Handlungsformen des Privatrechts. Auch eine alleinige Eigentümer177 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1107 f.; ferner Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 340 f. 178 Vgl. die Hinweise bei v. Danwitz, AöR 1995, S. 627 f. 179 So Möller, Rechtliche Stellung, S. 92 ff. (103), 223 f.; Ehlers, Verwaltung, S. 136 f.; v. Danwitz, AöR 1995, S. 625 f. Nach Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 65 Rn. 16, sollen die Aufsichtsratsmitglieder das Unternehmensinteresse des Anteilseigners ,Bund‘ besonders berücksichtigen, ohne unmittelbar Weisungen unterworfen zu sein. Bei der Vertretung staatlicher Interessen kann es sich letztlich auch nur um eine Soll-Regelung handeln, da anderenfalls die BHO mit dem Gesellschaftsrecht kollidieren könnte, hierzu unten, Fn. 317; vgl. auch Müller, Rechtsformenwahl, S. 281 f. 180 Vgl. Fn. 177, a.A. Möller, Rechtliche Stellung, S. 224 ff.

D. Handlungsformen für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben

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stellung juristischer Personen des öffentlichen Rechts an privatrechtlichen Organisationsformen bedeutet nicht, daß die Träger die ihnen als Sonderrecht eingeräumten öffentlich-rechtlichen Handlungsformen in die privatrechtliche Organisation überführen können. Es gilt in diesem Fall der Grundsatz: Privatrecht bindet Privatrecht. Bereits oben181 wurde aber der Frage nachgegangen, ob die öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung bei Erfüllung staatlicher oder öffentlicher Aufgaben in privatrechtlichen Handlungsformen ausschließlich dem Regime des Privatrechts unterliegt oder ob trotz grundsätzlicher Geltung des Privatrechts dennoch die Bindungen des öffentlichen Rechts zur Anwendung kommen. Eine ähnliche Frage stellt sich auch bei der privatrechtlich organisierten öffentlichen Verwaltung, allerdings ist hier der Ausgangspunkt ein anderer: a) In der Regel ist bei der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung erkennbar, daß es sich um öffentliche Verwaltung handelt; schon die Organisationsform „öffentlich-rechtlich“ gibt den entsprechenden Hinweis. Handelt die öffentlichrechtlich organisierte Verwaltung privatrechtlich, kann dies in vielen Fällen als die Wahl eines gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Handeln „geringeren“ Mittels angesehen werden. Grundsätzlich könnte die öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung auch öffentliches Recht anwenden, dieses Sonderrecht bleibt somit als Option bestehen.182 Sie hat aber die Bindungen, die für die öffentliche Verwaltung bestehen, auch im privatrechtlichen Handeln zu berücksichtigen: Ihre Tätigkeit richtet sich nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts. b) Da das öffentliche Recht ein Sonderrecht des hoheitlich handelnden Staates bildet und juristische oder natürliche Personen des Privatrechts sich grundsätzlich nicht des öffentlichen Rechts als Handlungsform bedienen dürfen, können sich auch öffentliche Unternehmen als auf Organisationsformen des Privatrechts basierende publizistische Verwaltungseinheiten nicht auf die Anwendung öffentlichrechtlicher Handlungsformen berufen.183 Auf den ersten Blick scheint damit aber auch die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts zu entfallen, da aus dieser Perspektive das öffentliche Recht als Sonderrecht des Staates bei (publizistischen) Privatrechtsvereinigungen als Handlungsoption nicht besteht. c) Wenn andererseits die Träger öffentlicher Gewalt in ihrem Handeln grundsätzlich an die Grundrechte gebunden sind,184 ist zu prüfen, ob Verwaltung in Privatrechtsform auch unter den Begriff des Trägers öffentlicher Gewalt zu fassen ist. Wie bereits oben ausgeführt, wird unter dem Begriff der öffentlichen Gewalt nicht nur der hoheitlich handelnde Staat verstanden; vielmehr handelt es sich um die 181 182

Vgl. 6. Teil, Kap. D. So auch Gusy, DÖV 1984, S. 878; vgl. aber J. Becker, Verwaltungsprivatrecht,

S. 50. 183 184

Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 47. Vgl. 3. Teil, Kap. A, Fn. 20 f.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung insgesamt.185 Sofern der Staat zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben Unternehmen in Privatrechtsform errichtet oder sich an ihnen mit qualifizierter 3/4-Mehrheit beteiligt, sind auch (rechtsfähige) privatrechtsförmige Verwaltungseinheiten den Trägern öffentlicher Verwaltung zuzuordnen.186 Wenn es sich demnach bei verwaltungsbeherrschten Unternehmen aufgrund der Eigentümerstellung um Träger öffentlicher Gewalt im Sinne von Art. 1 Abs. 3 GG handelt, ist ihre Tätigkeit dem Handeln der Staatsgewalt insgesamt gleichzustellen. Es ist daher „von der für alle Staatstätigkeit geltenden Bindung an die Grundrechte“ auszugehen,187 da es sich um die Wahrnehmung der staatlichen Erfüllungsverantwortung in privatrechtlicher Form handelt.188 Hinsichtlich der weiteren öffentlich-rechtlichen Bindungen muß unterschieden werden, ob sich diese ausschließlich an die Hoheitsträger richten – dann wäre eine Geltung für privatrechtsförmige Verwaltungseinheiten auszuschließen – oder ob sie sich an die öffentliche Gewalt insgesamt richten.189 Wenn darüber hinaus die Entscheidung der öffentlichen Verwaltung, Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform wahrzunehmen, „weder zu einem rechtsstaatlichen Defizit oder Minus gegenüber öffentlichrechtlichen Organisationstypen . . . noch zu Rechtsunsicherheit“ führen darf190 und eine vom Staat beherrschte Einrichtung eine „spezielle Erscheinungsform“ öffentlicher Verwaltung darstellt,191 können öffentlich-rechtliche Bindungen angenommen werden, da Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllende192 gemischtwirtschaftliche, aber ver185 Vgl. Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 187 ff., hierzu auch die Hinweise oben, Fn. 71. 186 Die Frage, ob es sich aufgrund der staatlichen Beherrschung um unselbständige Organe des unmittelbaren Trägers oder aufgrund der Rechtsfähigkeit um selbständige Träger handelt, diskutiert Stober, NJW 1984, S. 450. 187 Erichsen / Ebber, JURA 1999, S. 376 (Hervorhebung E / E); im Ergebnis auch Di Fabio, JZ 1999, S. 588. Nach Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 83, sind öffentliche Unternehmen lediglich „rechtstechnisch abgesonderte Erscheinungsformen der Staatsgewalt“. Zur Verantwortung des „Muttergemeinwesen(s) . . . für die Handlungsweise ihrer (Tochter- und Enkel-)Gesellschaften“ auch Püttner, DVBl. 1975, S. 354. 188 Vgl. etwa Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 199; Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 312 f.; ders., Rückzug des Staates?, DÖV 1995, S. 768; im Anschluß auch Gölz, Staat als Stifter, S. 237. 189 So Ehlers, Verwaltung, S. 247 f.; zum „Staat als originärer Träger der öffentlichen Aufgabe“ auch bei Verwendung privater Rechtsformen, die keine Entledigung „aller öffentlichrechtlicher Bindungen“ bedeutet, Müller, Rechtsformenwahl, S. 248. 190 Stober, NJW 1984, S. 453 (Hervorhebung d. Verf.); a.A. gegenüber der besonderen Erscheinungsform öffentlicher Verwaltung bei Beteiligungsunternehmen Ehlers (Fn. 187). 191 BVerwG, Beschl. v. 6. 3. 1990 – 7 B 120.89, DÖV 1990, S. 614 f.; speziell zum Fall einer staatlichen beherrschten Aktiengesellschaft BGH, Urt. v. 5. 4. 1984 – III ZR 12 / 83, NJW 1985, S. 197 ff. 192 Neben der Mehrheitsbeteiligung ist die Erfüllung öffentlicher Aufgaben – in diesem Fall der Gemeinde durch Gesetz zugewiesener Aufgaben – notwendiges Kriterium für die

D. Handlungsformen für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben

257

waltungsbeherrschte Unternehmen materiell im staatlichen Einflußbereich verbleiben.193 Am Beispiel einer staatlichen Beteiligung jenseits der Sperrminorität läßt sich der Gegenpol zu öffentlichen Unternehmen markieren: In verwaltungsbeteiligten Unternehmen kann weder von einem beherrschenden noch von einem nachhaltigen staatlichen Einfluß gesprochen werden; es wurde definitiv ein Wandel in der Trägerschaft vollzogen. Dann ist aber der Staat „nur einer unter mehreren Beteiligten“, eine öffentlich-rechtliche Bindung, insbesondere an die Grundrechte, kommt aufgrund der überwiegend privaten Anteilseignerschaft nicht (mehr) zum Tragen.194 Einwirkungsmöglichkeiten werden hier vor allem durch die Staatsaufsicht in der Wirtschaft bestimmt, die sich aber nur auf die „Verwirklichung rechtsverbindlicher, genügend bestimmter Maßstäbe“ bezieht, nicht hingegen auf – institutionalisierte – „schutzbedürftige Interessen von öffentlichem Gewicht“, die durch Mechanismen der Selbstkontrolle und Selbstsicherung privat- und handelsrechtlicher Art durchaus abgesichert werden können.195 Ein weiterer Ansatzpunkt zur Abgrenzung könnte sich auch hier aus der Sachwaltertheorie ergeben, der zufolge sich öffentliches Recht danach bemißt, ob eines der an einem Rechtsverhältnis beteiligten Rechtssubjekte als Sachwalter des Gemeinwohls legitimiert ist:196 Wenn sich der Staat für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlicher Organisationsformen bedient, hat er zwar formell den öffentlichen Rechtskreis verlassen. In Abhängigkeit von der Beteiligungshöhe an den gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, die bis zu einer vollständigen staatlichen Eigentümerstellung reichen kann, läßt sich aber der Grad der Sachwalterschaft bzw. der Grad staatlicher Verantwortung für die Aufgabe bemessen: Eine staatliche Eigentümerstellung kann somit als ein den „Staat in Privatrechtsform“ als Sachwalter des Gemeinwohls legitimierendes Rechtsverhältnis mit einer umfänglichen Sachwalterschaft und Verantwortung aufgefaßt werden, so daß das Geltung öffentlich-rechtlicher Bindungen, vgl. BGH (Fn. 191), S. 200; im Anschluß auch Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 191 ff., 195. 193 Nach Auffassung des BGH (Fn. 191) handelt es sich um Ausübung von Verwaltung im „funktionellen Sinne“; einer ausschließlich aufgabenbezogenen Betrachtung gegenüber ablehnend Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 195. Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 346 ff., bezeichnet sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche (staatlich beherrschte) Verwaltungsgesellschaften als „rechtlich besonders gebunden“ (S. 349). 194 Gusy, DÖV 1984, S. 879; so auch Erichsen / Ebber, JURA 1999, S. 377. Bezüglich des Einflusses ist die Beteiligung unterhalb der Sperrminorität nicht mehr weit von einem gänzlichen Rückzug entfernt; mit Blick auf den Verkauf der Bundesdruckerei (2. Teil, Kap. A I 2) wird somit auch befürchtet, daß „der Bund mit seinem Totalausscheiden auch seinen unternehmerischen Einfluss preisgibt, was nicht ausschließt, dass sich über kurz oder lang auch die Unternehmensphilosophie ändern kann“ (BT-PlenProt 14 / 108 v. 8. 6. 2000, S. 10183 B). 195 Bullinger, VVDStRL 22, S. 296 ff. (296, 302); Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 194 ff. 196 3. Teil, Kap. B IV. 17 John-Koch

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

prinzipiell gültige Privatrecht durch eine „Vielzahl öffentlich-rechtlicher Bindungen“ überlagert wird und das Verwaltungsprivatrecht auch für publizistische Privatrechtsvereinigungen zur Anwendung kommt. Bei einer Mehrheitsbeteiligung verringert sich diese Legitimationsgrundlage und infolge dessen auch das Maß an Verantwortung; entsprechend reduziert sich der Umfang der öffentlich-rechtlichen Bindungen. Wenn lediglich eine Minderheitsbeteiligung – insbesondere unterhalb der Sperrminorität – vorliegt, kann von einem besonderen Einfluß des Staates auf die privatrechtliche Organisationsform nicht ausgegangen werden;197 vielmehr verliert der Staat mit rückläufiger Beteiligung seine Legitimation als Sachwalter für das Gemeinwohl im Unternehmen zugunsten der Position privater Anteilseigner als die im Rahmen des Privat- bzw. Gesellschaftsrechts legitimierten Sachwalter des Unternehmensinteresses.198

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen An der Feststellung von Püttner, daß es weder auf Bundes- noch auf Landesebene ein allgemeines Gesetz über öffentliche Unternehmen gibt,199 hat sich auch im Zuge der Entwicklung zunächst zum Schlanken Staat und nachfolgend zum Aktivierenden Staat nichts geändert. Allerdings stellt sich die Frage, ob angesichts der zunehmenden Bedeutung privatrechtlich organisierter Verwaltungstätigkeit, die als formelle Privatisierung oftmals nur einen ersten Schritt zur materiellen Privatisierung markiert, die lediglich punktuelle fachgesetzliche Regelung einer zwar typenorientierten und damit institutionell-gleichförmigen, nichts desto trotz aber ausgreifenden Differenzierung der Verwaltungsorganisation hinreichend Rechnung trägt. Analog zu bestehenden Landesorganisationsgesetzen für die öffentlich-rechtliche Verwaltung könnte eine Kodifizierung privatrechtsförmiger Verwaltung vor allem in institutioneller Hinsicht einen Rahmen für Privatisierungsvorgänge und für ein zu etablierendes Privatisierungsfolgenrecht als „Mechanismen für die Zeit nach dem Rechtsmachtübergang auf Private“200 bilden. Damit könnte zum einen 197 Nach Eichhorn, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 200, muß die Beteiligung aber „so groß sein, daß der Minderheitspartner über eine Sperrminorität und damit über genügend Einfluß verfügt“: Unternehmen mit einer Beteiligung unterhalb der Sperrminorität fallen nicht unter gemischtwirtschaftliche Unternehmen. 198 Zur Interessenverlagerung aufgrund der Höhe der Beteiligung auch v. Arnauld, DÖV 1998, S. 443. 199 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 19. 200 Kämmerer, Privatisierung, S. 423. Privatisierungsfolgenverantwortung wird hier v.a. als Realisierungsverantwortung verstanden, d. h. als Verantwortung für die Wahrnehmung gesellschaftsrechtlicher Einwirkungspflichten in Verbindung mit möglichen öffentlich-rechtlichen Sondervorschriften, vgl. u. a. Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 309 f., 312; Lüder, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle,

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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ein Ausufern institutioneller Gestaltungsfreiheit als Instrumentalisierung systemfremder Organisationsformen verhindert werden, zum anderen Rechtssicherheit in Bezug auf die Anbindung privatrechtsförmiger Verwaltung an die demokratisch legitimierte Kontrolle als Ausdruck eines hinreichenden Legitimationsniveaus geschaffen werden. Ein entsprechend ausgestaltetes „Recht der öffentlichen Unternehmen“ wäre zunächst Organisationsrecht; hinzu kämen Regelungen über die Handlungsformen privatrechtlich organisierter Verwaltung. Unterschieden werden kann damit innerhalb des Rechts der öffentlichen Unternehmen zwischen einem – geschriebenen – Verwaltungsgesellschaftsrecht als in Anlehnung an die gesellschaftsrechtliche Typologie zu normierende organisatorische Ausgestaltung einer Verwaltung in Privatrechtsform und einem – ungeschriebenen – Verwaltungsprivatrecht als besondere Erscheinungsform privatrechtlichen Handelns der Verwaltung. Institutionellorganisatorisches Verwaltungsgesellschaftsrecht ist somit kein Unterfall oder ein Sondergebiet des handlungsbezogenen Verwaltungsprivatrechts: Öffentlich-rechtliche Bindungen im Verwaltungshandeln nach dem Verwaltungsprivatrecht ersetzen nicht die dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip genügenden Bindungen in der Binnenorganisation von Unternehmen nach dem Verwaltungsgesellschaftsrecht. 201 Während sich die Existenz eines Verwaltungsprivatrechts als eigenständige Kategorie nach langem Ringen durchgesetzt hat,202 gehen die Meinungen hinsichtlich eines Verwaltungsgesellschaftsrecht immer noch auseinander:203 Einerseits wird grundsätzlich der Vorrang des öffentliche (Organisations-)Rechts für die Aufgabenwahrnehmung durch die öffentliche Verwaltung postuliert, da es dem Staat grundsätzlich an der Freiheit mangele, „sich des Privatrechts ,als‘ oder ,wie‘ ein Privatmann ,zu bedienen‘“ und eine mögliche Formenwahlfreiheit abzulehnen sei.204 Andererseits werden zwar privatrechtliche Organisationsformen als zulässig S. 52 f. Aufgabenbezogene, haftungs- oder personalrechtliche Fragen bleiben hingegen ausgeklammert, siehe hierzu Bauer, VVDStRL 54, S. 279. 201 Vgl. zu dieser in der Literatur vielfach vertretenen Ansicht die Hinweise bei Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 273 f. Zu Recht kritisiert er die Einordnung des Verwaltungsgesellschaftsrechts als Unterfall bzw. (mit Verweis auf Ossenbühl) als „Sondergebiet des Verwaltungsprivatrechts“ (S. 273, 285), vielmehr unterscheidet er zutreffend (Verwaltungsprivat-)Handlungsrecht und (Verwaltungsgesellschafts-)Organisationsrecht (S. 283 ff.). 202 Neben vielen Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 30 m. w. N.; demgegenüber lehnt Schlette, Verwaltung, S. 122 ff., die „vermeintliche ,Formenarmut‘ des Verwaltungsrechts“ mit Hinweis auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag ab; vgl. auch Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 126 ff. 203 Zu diesem Richtungsstreit neben Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 231 ff., umfassend Storr, Staat als Unternehmer, S. 473 ff.; Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 270 ff.; auch Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 327 ff. 204 Diese von Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 123, 129, in der Tradition von Pestalozza, Formenmißbrauch, vertretene Auffassung wird allerdings in dieser Rigorosität in der Regel nicht geteilt. 17*

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

angesehen, dann aber ausschließlich unter der Geltung des Privat- bzw. des Gesellschaftsrechts: Ein „Vorrang des öffentlichen Rechts im Sinne einer Modifikation des gesellschaftsrechtlichen Status“ sei nicht ersichtlich.205 Mit einem Verwaltungsgesellschaftsrecht, wie es nachfolgend in Grundzügen dargestellt wird, soll jedoch weder der Vorrang des Privatrechts favorisiert noch eine Überformung gesellschaftsrechtlicher Regelungen durchgesetzt werden,206 ein in sich geschlossenes „Verwaltungsorganisationsprivatrecht“207 ist nicht intendiert. Vielmehr ist von der bestehenden Nomenklatur der Organisationsformen auszugehen und zu prüfen, inwieweit gesetzliche Vorgaben, anerkannte selbstverpflichtende Kodices oder auch der Weg einer „harmonisierenden Auslegung“208 einzelner Regelungen innerhalb des Gesellschaftsrechts einerseits und bestehende Sondervorschriften einer Verwaltung in Privatrechtsform andererseits dem Verselbständigungsgrad privatisierter Verwaltung adäquate Ansatzpunkte einer demokratisch legitimierten Kontrolle bieten. Die gesellschaftsrechtliche Formentypik bleibt somit unangetastet und wird lediglich durch öffentlich-rechtliche Ingerenzpflichten im Rahmen einer Neuregelung dort und nur dort ergänzt, wo das tradierte Gesellschaftsrecht diese Möglichkeit zuläßt oder ihr nicht entgegensteht.209 Es geht somit nicht um eine „Biegung des gesellschaftsrechtlichen Rahmens“ oder eine „Durchbrechung und Auflösung der Formtypik des Gesellschaftsrechts“,210 sondern im Unterschied zu den Vorschlägen von Kraft für Eigengesellschaften, die sich durch die „umfassenden Umgestaltungen von Rechtspositionen“ an den 205 Für viele Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 234, der insoweit den Vorschlag des Verwaltungsgesellschaftsrechts von Kraft als „im Ergebnis nicht überzeugend“ beurteilt; vgl. auch die Hinweise aus Rechtsprechung und Literatur bei v. Danwitz, AöR 1995, S. 610 f. mit Fn. 56 ff., sowie Will, VerwArch 2003, S. 248 mit Fn. 3. 206 Vgl. aber die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Privatisierung der Eisenbahn-Wohnungsgesellschaften (EWG), BVerwGE 111, 259, 276: „Soweit durch das vorliegende Vertragswerk gesellschaftsrechtliche Strukturprinzipien gleichwohl berührt sein sollten, treten diese hinter dem in Art. 1 § 15 Abs. 4 ENeuOG enthaltenen Gesetzesbefehl zurück“ (Hervorhebung d. Verf.). 207 So der Vorschlag von Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 351 f., für ein durch Bundesrecht modifiziertes privates Gesellschaftsrecht. 208 Kritisch hierzu Brenner, AöR 2002, S. 234; allerdings interpretiert er, wie zuletzt auch Ehlers, Recht der öffentlichen Unternehmen, S. E 146 ff., die von v. Danwitz vorgestellten Überlegungen zum Verwaltungsgesellschaftsrecht letztlich zu radikal. Ablehnend gegenüber der These von der „praktischen Konkordanz“ auch Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 289 f. 209 In diesem Sinne v. Danwitz, AöR 1995, S. 621; im Anschluß Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 329 ff.; demgegenüber ablehnend Möstl, Grundrechtsbindung, S. 26 ff. Zu dieser „ausserordentlichen Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung“ aus Schweizer Sicht Koller, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 169. 210 So die Kritik von Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 259 ff. (262), bezüglich der Ansätze eines Verwaltungsgesellschaftsrechts.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

261

Instrumenten der Kommunalaufsicht orientieren,211 um eine Kodifizierung der im Gesellschaftsrecht vorhandenen und um öffentliches (Haushalts-)Recht in zulässiger Weise ergänzten Vorschriften einer Verwaltung in Privatrechtsform. Damit löst sich auch die Problematik der Gesetzgebungskompetenz für ein Recht der öffentlichen Unternehmen, die sich für diesen Bereich im Unterschied zum Landesorganisationsrecht in stärkerem Maße stellt:212 Einerseits sollen in einem Recht der öffentlichen Unternehmen mit der privatrechtlich organisierten Verwaltung ein besonderer Zweig der Verwaltungsorganisation kodifiziert und insbesondere Fragen originärer Landeskompetenz geregelt werden. Andererseits unterliegt die Normierung der institutionellen Bausteine privatrechtsförmiger Verwaltung der Bundeskompetenz; Gesellschaftsrecht als Teil des Privatrechts ist durch eigenständige Landesgesetzgebung nicht gestaltbar, so daß zumindest auf Landesebene einer organisatorischen Ausgestaltung gesellschaftsrechtlicher Institutionen Schranken gesetzt sind.213 Indem aber für das Projekt eines Rechts der öffentlichen Unternehmen das Gesellschaftsrecht als gegebener Rechtsrahmen ebenso unangetastet bleiben soll wie öffentliches Haushaltsrecht, um in einer aus Sicht des Gesellschaftsrechts zulässigen Symbiose die Steuerung privatrechtlicher Organisationsformen in Einklang mit demokratischen Kontrollanforderungen bringen zu können, lösen sich auch denkbare Kollisionen zwischen Landesgesetzgebung und Bundeskompetenz.

I. Elemente eines Verwaltungsgesellschaftsrechts Wenn das Gesellschaftsrecht in Abhängigkeit von der jeweiligen Rechtsform unterschiedlich intensive Ingerenzmöglichkeiten bereitstellt, ist zu prüfen, ob diese Einwirkungsmöglichkeiten auf öffentliche Unternehmen unter Berücksichtigung der privatrechtlichen Organisationsstruktur als funktionale Äquivalente zur Aufsicht über öffentlich-rechtliche Verwaltungseinheiten gewertet werden können214 und damit als ausreichend anzusehen sind oder ob es zur Sicherung der Kontrolle 211 Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 251, 254, vgl. auch S. 206 ff. (Weisungsrechte gegenüber den von der Kommune entsandten Mitgliedern in die Gesellschafterversammlung oder in ähnliche Organe). 212 Hierzu Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 144 ff.; Stober, NJW 2002, S. 2362 ff.; mit Blick auf das kommunale Wirtschaftsrecht Sollondz, LKV 2003, S. 298. 213 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 153. Denkbar wäre jedoch ein Rahmenrecht auf Bundesebene, das einer individuellen Ausgestaltung durch die Landesgesetzgebung offensteht, vgl. etwa den Bereich der Bundeskompetenz für ein von Püttner präferiertes Allgemeines Gesetz über öffentliche Unternehmen (ebd., S. 149). Zu den aus der Gesetzgebungskompetenz abgeleiteten Einwänden gegen ein Verwaltungsgesellschaftsrecht Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 270 ff. mit Fn. 6, der jedoch in der „Kollisionsregel des Art. 31 GG keinen Beitrag zur Behebung der Wertungswidersprüche“ sieht (S. 272). 214 Zu Fragen der Transparanz und Kontrolle in verselbständigten Verwaltungseinheiten Albertshauser, Verselbständigung, S. 48 f., 124 ff.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

in Analogie zum Verwaltungsprivatrecht215 einer Ergänzung dieser für die Verwaltung in Privatrechtsform zunächst einschlägigen Regelungen des Gesellschaftsrechts bedarf. Hinsichtlich der Gesellschaften mit begrenzter Haftung besteht grundsätzlich eine Vermutung, daß es sich bei den Ingerenzrechten tatsächlich um funktionale Äquivalente handelt, zumal die im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten durch eine entsprechende Ausgestaltung im Gesellschaftsvertrag ergänzt werden können. Zwar kann eine Weisungsbefugnis der Gesellschafter gegenüber der Geschäftsführung oder dem Aufsichtsrat nicht derart intensiv und umfänglich geregelt werden, daß die im GmbHG durchaus „gewaltenteilig“ angelegte Organisationsstruktur aufgehoben wird,216 ähnliche Vorbehalte gegenüber einer intensiv geführten Aufsicht bestehen aber auch im öffentlich-rechtlichen Organisationsrecht.217 Dies impliziert keine Preisgabe der Kontrollrechte gegenüber privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheiten, sondern das Erfordernis, die Einflußnahme und Weisungsbefugnis dem unterschiedlichen Verselbständigungsgrad der Unternehmen entsprechend auszugestalten – und diese dann aber auch wahrzunehmen,218 um einer negativen Entwicklung der „Kontrollkultur“ insbesondere in Zeiten wachsender Finanzkrisen219 entgegenzuwirken. Anders stellt sich die Situation bei der AG dar, da hier die eigenverantwortliche und damit weisungsfreie Geschäftsführung bis auf einzelne in der Satzung festgelegte Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrates dem Vorstand obliegt.220 Die Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat mittels 215 Allerdings verweist Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 285, zu Recht darauf, das Verwaltungsprivatrecht begrenze privatrechtliche Vertragsfreiheit, das Verwaltungsgesellschaftsrecht hingegen entgrenze gesellschaftsrechtliche Schranken. Vgl. auch Fn. 201. 216 Siehe hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 420 f. 217 Vgl. 5. Teil, Kap. D, Fn. 53 ff. 218 Kämmerer, Privatisierung, S. 253; zur „Nichtausschöpfung gesetzlicher Befugnisse“ im Zuge der Finanzkontrolle auch Harms, ZögU 1998, S. 95 f.; Göke, in: Hill (Hrsg.), Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 82 f.; Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 290; auch schon Bullinger, VVDStRL 22, S. 316 ff. Bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH (2. Teil, Kap. A, Fn. 87) wurde zu Recht kritisiert, daß sich die Kontrolle des Parlaments aufgrund der Privatisierung verschlechtere, vgl. etwa FAZ v. 9. 11. 2000 (2. Teil, Kap. A, Fn. 100); DIE ZEIT v. 7. 6. 2001, S. 29: Schulden zu Geld machen. Zwar stehen nach § 10 des Gesellschaftsvertrags v. 19. 9. 2000 dem Bund bzw. dem Bundesrechnungshof die Rechte aus §§ 53 f. HGrG zu, eine explizite unmittelbare Unterrichtung des Parlaments wurde hingegen nicht vereinbart. 219 Hierzu Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 85. 220 Hier soll ausschließlich von klassischen Grundstrukturen der AG ausgegangen werden, eine Einflußintensivierung durch Weisungsrechte gegenüber dem Vorstand aufgrund konzernrechtlicher Beherrschungsverträge (§ 308 Abs. 1 AktG, vgl. Emmerich / Sonnenschein, Konzernrecht, S. 130 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 950 ff.; Ehlers, Verwaltung, S. 137 ff.; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 223 f.; Storr, Staat als Unternehmer, S. 244) ist zwar durchaus möglich, sollte aber mit R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 515, lediglich als „Notbehelf“ angesehen werden.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

263

Informations- und Einsichtsrechten bzw. der Berichtspflicht des Vorstandes sind weitaus geringer ausgestaltet als bei der GmbH.221 Auch ist ein Weisungsrecht gegenüber dem Aufsichtsrat sowie dem Vorstand grundsätzlich ausgeschlossen; die Verpflichtung des Vorstandes nach § 83 Abs. 2 AktG, Beschlüsse der Hauptversammlung auszuführen, soll weder eine substantielle noch eine autonome Einflußnahme der Aktionäre auf die Geschäftsführung ermöglichen. Allerdings existieren hinsichtlich der Arten der Überwachungspflicht, wie die begleitende, unterstützende, gestaltende Überwachung, sowie ihrer inhaltlichen Kriterien, zu denen Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zählen, bestimmte Vorstellungen, die den Merkmalen der Aufsicht im öffentlichen Recht ähneln.222 Hinzu treten die für Vorstand und Aufsichtsrat verbindlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung, denen auch das Prinzip der sozialen und ethischen Zuträglichkeit unternehmerischer Maßnahmen zugeordnet wird.223 Eine inhaltliche Erweiterung der Ingerenzrechte auf die Aufsichtsräte von AG und GmbH ist angesichts der teilweise zwingenden gesetzlichen Regelungen und auch mit Blick auf die informellen Verhaltenskodices einerseits schwierig, da beispielsweise eine Weisungsgebundenheit der von Gebietskörperschaften entsandten Aufsichtsratsmitglieder der AG dem Aktienrecht zuwiderläuft.224 Andererseits erscheint eine Erweiterung der Einwirkungsrechte zumindest in Bezug auf die GmbH im wesentlichen überflüssig. Gleichzeitig sind aber die in § 65 BHO statuierten Voraussetzungen einer Beteiligung und die Pflichten sowie die Prüfungsrechte des Rechnungshofes nach § 66 BHO zu unbestimmt, als daß sie eine wirkungsvolle Wahrnehmung der – durchaus vorhandenen – Einflußmöglichkeiten durchzusetzen helfen könnten. Von daher sollte man auf eine Erweiterung des Verwaltungsorganisationsrechts um ein Organisationsrecht der öffentlichen Unternehmen225 setzen, das sich im wesentlichen am Gesellschaftsrecht orientieren muß, darüber hinaus aber spezifische Regelungen zur Sicherung des öffentlichen Auftrags und der Gemeinwohlinteressen zu berücksichtigen hat. Systematisch könnte sich ein solches Verwaltungsgesellschaftsrecht am Aufbau der Organisationsgesetze orientieren, die in einem Allgemeinen Teil den Geltungsbereich des Gesetzes sowie Grundsätze der Verwaltungsorganisation festlegen, während in einem Besonderen Teil Organisationsformen und Zuständigkei221 Dies ist das Hauptargument für die Nachrangigkeit der AG gegenüber anderen Rechtsformen nach § 95 Abs. 2 SächsGemO, vgl. Sollondz, LKV 2003, S. 299. Zu unterschiedlichen Einflußmöglichkeiten etwa der Treuhandanstalt auf die einzelnen Treuhandunternehmen siehe J. Becker, Verwaltungsprivatrecht, S. 46 ff. 222 Vgl. Henze, BB 2000, S. 214 f. 223 v. Werder, DB 1999, S. 2221 ff.; vgl. auch Fn. 173. 224 Indes hält v. Danwitz, AöR 1995, S. 626 f., dies bei rein öffentlichen Unternehmen für zulässig, da keine Schlechterstellung der Aktionäre vorliege und sich Unternehmensinteresse und öffentlicher Auftrag decken würden. 225 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 229 ff.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

ten sowie Aufsichtsinhalte und Mittel der Aufsichtsführung normiert werden sollen.226 1. Geltungsbereich Hinsichtlich des Geltungsbereichs des Verwaltungsgesellschaftsrechts können zwei unterschiedliche Ansätze herausgehoben werden: Zum einen bezieht sich der Geltungsbereich auf einen institutionellen Aspekt, zum anderen läßt sich die Geltung des Gesetzes aber auch unter einer eher rechtstechnischen Perspektive betrachten. Im institutionellen Sinne soll sich der Geltungsbereich des Verwaltungsgesellschaftsrechts ausschließlich auf die Verwaltung in Privatrechtsform erstrecken, d. h. auf jene Aufgaben im öffentlichen Interesse227 wahrnehmenden privatrechtlichen Organisationsformen, an denen der Staat mit satzungsändernder Mehrheit beteiligt ist. Rein erwerbswirtschaftliche Betriebe sollen ebensowenig unter das Recht öffentlicher Unternehmen gefaßt werden wie Organisationsformen jenseits dieser Mehrheitsverhältnisse. Um einen schleichenden Übergang von staatlich beherrschten zu lediglich staatlich geführten Unternehmen innerhalb des Rechts der öffentlichen Unternehmen bzw. des Verwaltungsgesellschaftsrechts zu vermeiden, muß das Verbot einer Veräußerung staatlicher Anteile an privatrechtlichen Organisationsformen, die die qualifizierte Mehrheit verändern, zu den wesentlichen Grundsätzen gehören.228 Allenfalls kann eine darüber hinausgehende Veräußerung mit dem Übergang in das Rechtsregime des Verwaltungskooperationsrechts gekoppelt werden. Rechtssystematisch will das Verwaltungsgesellschaftsrecht einschlägige Gesetze des Gesellschaftsrechts lediglich ergänzen, nicht aber ersetzen. Es handelt sich somit weder um eine Verdrängung privatrechtlicher Regelungen zugunsten öffentlich-rechtlich geprägter Normen noch um eine Subsidiaritätsklausel zugunsten verwaltungsgesellschaftsrechtlicher Vorschriften. Vielmehr stehen Gesellschaftsrecht und Verwaltungsgesellschaftsrecht nebeneinander, das Verwaltungsgesellschaftsrecht ist als zulässige Vervollständigung bereits bestehender und grundsätzlich anwendbarer Gesetze für einen bestimmten Sachverhalt zusätzlich heranzuziehen. 226 Vgl. für den Aufbau von Organisationsgesetzen John, Verwaltungsorganisation, S. 27 ff., 49 f.; zum Vorschlag von Schmidt-Aßmann, das „Recht der öffentlichen Unternehmen“ in – vorhandene – Organisationsgesetze zu implementieren, siehe Fn. 67. 227 Ablehnend gegenüber der Ausklammerung erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 260. 228 Nach § 65 Abs. 6 Ziff. 2 LHO Berlin muß das Parlament einem Verkauf von Anteilen an Unternehmen des Landes zustimmen, wenn „der Einfluß Berlins wesentlich verringert wird“. Denkbar wären des weiteren Einschränkungen hinsichtlich einer Auslagerung von Unternehmensteilen, um – insbesondere bei verbundenen Unternehmen oder bei einer Kooperation mit öffentlich-rechtlichen Anstalten – eine Sozialisierung von Verlusten und eine Privatisierung von Gewinnen zu vermeiden.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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Diese das Rechtssystem und seine Rechtssätze ergänzende Funktion des Verwaltungsgesellschaftsrechts markiert daher in gewissem Sinne auch einen rechtstechnischen Geltungsbereich.

2. Inhaltliche Anforderungen an Satzung und Gesellschaftsvertrag Zu den Grundsätzen der Verwaltung in Privatrechtsform müssen bestimmte Anforderungen an die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag gehören.229 Zwar werden Mindestanforderungen an Satzungen oder Gesellschaftsverträge in einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Gesetzen, wie z. B. in § 23 AktG bzw. § 3 GmbHG normiert; auch obliegt die Entscheidung über den Inhalt der Satzungen prinzipiell der satzungsgebenden Versammlung der jeweiligen Organisation, d. h. der Gesellschafter- oder der Hauptversammlung. Da jedoch der Staat aufgrund seiner Anteilsmehrheit faktisch die Satzungsgewalt inne hat, steht der gesetzlichen Festlegung von Mindestanforderungen an die Satzung vor Gründung der Unternehmung das einschlägige Gesellschaftsrecht nicht entgegen, sofern die jeweilige Satzungsautonomie nicht überschritten wird, insbesondere die Minderheitenrechte und die durch das Aktien- bzw. GmbH-Recht normierte Kompetenzverteilung zwischen den Organen der Gesellschaft im Grundsatz nicht angetastet werden.230 Wesentliches Merkmal öffentlicher Unternehmen ist ihre öffentliche Zwecksetzung,231 die sich jedoch nicht aus der Gesellschaftsform, dem Unternehmensziel als solchem oder aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ergibt, sondern lediglich implizit mitschwingt.232 Um dieser öffentlichen Zwecksetzung und ihrer Umsetzung im Rahmen der Geschäftsführung einen gleichrangigen Stellenwert neben weiteren Unternehmenszielen einzuräumen, kommt abgesehen von der allgemeinen Festlegung des Gesellschaftszwecks sowie des Unternehmensgegenstands als Auftrag und gleichzeitig als Schranke staatlicher Betätigung233 der Ver229 So auch Bundesministerium der Finanzen (BMF), Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen, GMBl. 2001, S. 950 ff., Ziff. 15 (zur Neufassung der Hinweise insgesamt Wilting, DÖV 2002, S. 1013 ff.). Zur Gefahr der Überfrachtung von Satzungen der GmbH und damit verbundener mangelnder Attraktivität für private Anleger aber Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 331. 230 Vgl. u. a. Pfeifer, Möglichkeiten, S. 86 ff.; ausführlich zu Grenzen der Satzungsautonomie auch Möller, Rechtliche Stellung, S. 168 ff. 231 Vgl. u. a. Säcker, FS Lieberknecht, S. 109 ff. Zur inhaltlichen Reichweite des öffentlichen Zwecks sowie mit Hinweisen zu Konkretisierungen auf kommunaler Ebene durch die „Schrankentrias“ R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 506 f. Überhaupt bieten die kommunalrechtlichen Regelungen zur wirtschaftlichen Betätigung (umfassend Möller, Rechtliche Stellung, S. 29 ff.; Helm, Rechtspflicht, S. 223 ff.) viele Ansatzpunkte auch für die Bundes- und Landesebene. 232 Graef, Der öffentliche Auftrag, S. 23 f. 233 Zur Begrenzung des Unternehmensgegenstands als Schutz gegen „Ausgreifen in andere Tätigkeitsbereiche“ und zur Verpflichtung der Unternehmensleitung, satzungsgemäße

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

ankerung öffentlicher Zwecke als konstitutiver Verbandszweck, aber auch als Gegenstand des Unternehmens234 maßgebliche Bedeutung zu.235 Da es sich bei dieser „Sachzieldominanz“ für private Unternehmen, die stärker an Formalzielen ausgerichtet sind, um unübliche Zweckbestimmungen handelt236 und, sollte eine derartige Zwecksetzung fehlen, insoweit von einer Ausrichtung ausschließlich an erwerbswirtschaftlichen Zielen auszugehen ist, bedarf es einer expliziten und präzisen Festlegung in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag,237 eventuell sogar Zwecke auch zu vollziehen, Spannowsky, ZGR 1996, S. 425, sowie K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 65 f.; ferner Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 267 f. 234 Vgl. Schön, ZGR 1996, S. 436. Die Unterscheidung zwischen Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand (u. a. v. Werder, Unternehmensleitung, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 44 f. mit Fn. 76) ist vor allem bei Änderungen relevant: Während der Wechsel des Verbands- oder Gesellschaftszwecks nur mit Zustimmung aller Mitglieder möglich ist, reicht bei einer Modifikation des Unternehmensgegenstandes die satzungsändernde Mehrheit, vgl. hierzu Windel, ZögU 1999, S. 61 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 64 ff.; Schön, ZGR 1996, S. 445; auch Hardraht, SächsVBl. 2003, S. 58. Aufgrund dieses Einstimmigkeitserfordernisses ist die Festlegung des öffentlichen Zwecks im Verbandszweck unverzichtbar. 235 Bei den zuletzt ergangenen Entscheidungen des EuGH zu – in Deutschland mit § 12 Abs. 2 AktG inzwischen abgeschafften – Sonder- oder Mehrstimmrechten (Goldene Aktie) spielte bei der Festlegung staatlicher Interventionsrechte neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor allem die (fehlende) explizite öffentliche Zwecksetzung eine wesentliche Rolle; vgl. EuGH, Urteile v. 4. 6. 2002, Rs. C-367 / 98 (Kommission der EG / Portugiesische Republik), Rs. C-483 / 99 (Kommission der EG / Französische Republik), Rs. C-503 / 99 (Kommission der EG / Königreich Belgien), Slg. 2002, I-4731, I-4781, I-4809, alle in EuZW 2002, S. 429 ff.; hierzu Ruge, EuZW 2002, S. 421 f., sowie im Anschluß EuGH, Urteile v. 13. 5. 2003, Rs. C-463 / 00 (Kommission der EG / Königreich Spanien), Rs. C-98 / 01 (Kommission der EG / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland), Slg. 2003, I-4581, I-4641, beide in EuZW 2003, S. 529 ff. mit Anmerkung von Ruge (S. 540 ff.). 236 So Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 114, ohne jedoch „ethische und moralische Grundhaltungen“ privater Unternehmen prinzipiell zu verneinen (S. 65 f.). Ein von sozialer Verantwortung geleitetes und durch ethische Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft bestimmtes Handeln des Vorstands in privaten Unternehmen wird im German Code of Corporate Governance, Ziff. III 1.4., betont; vgl. Peltzer, in: v. Werder (Hrsg.), German Code of Corporate Governance, S. 46. Zur Unterscheidung von Formal- und Sachzielen auch Eichhorn, in: Edeling u. a. (Hrsg.), Öffentliche Unternehmen, S. 117 f. 237 Vgl. Möller, Rechtliche Stellung, S. 166 ff.; Schön, ZGR 1996, S. 435 f., 440 ff.; v. Obstfelder, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 340; Kumanoff / Schwarzkopf / Fröse, BayVBl. 2001, S. 227; für gemischtwirtschaftliche Unternehmen Windel, ZögU 1999, S. 62 ff., sowie die Hinweise in Fn. 165. Für privatisierte Rüstungsunternehmen der Schweiz hat die Eidgenossenschaft als Hauptaktionär eine Eignerstrategie formuliert, vgl. Bürgi, in: Blindenbacher / Hablützel / Letsch (Hrsg.), Service Public, S. 236 ff.; vgl. auch Schedler, Corporate Governance, NZZ v. 19. 3. 2002, S. 29. Nach Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 268, beruhe die Versickerung öffentlicher Zweckbindung nicht auf gesellschaftsrechtlichen Gesetzmäßigkeiten, sondern ist „Folge einer nur unzulänglichen Wahrnehmung der Einwirkungspflicht durch die öffentlichen Anteilseigner“; ähnlich v. Danwitz, AöR 1995, S. 614: möglichst genaue Bestimmung der satzungsmäßigen Ziele der Gesellschaft als Aufgabe der Verwaltung. Zu ähnlichen Problemen öffentlich-rechtlich organisierter Unternehmen, wie etwa Anstalten, Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 302 f.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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mit einer bindenden Reihenfolge verschiedener Unternehmensziele,238 an deren Spitze der öffentliche Zweck stehen könnte.239 Dabei sind zu eng gefaßte öffentliche Zwecke, die als „hierarchische Einzelfallsteuerung der Verwaltung in einem neuen Gewand“ erscheinen können,240 ebenso zu vermeiden wie zu allgemeine Formulierungen, die aufgrund ihrer Vagheit jegliche Bindung vermissen lassen.241 Als Richtschnur könnten die Erläuterungen zu dem wichtigen Interesse des Bundes (oder des Landes) herangezogen und konkretisiert werden, die nach § 65 Abs. 1 Ziff. 1 BHO ein zentrales Kriterium für die Beteiligung an privatrechtlichen Unternehmen darstellen.242 Mit der expliziten – schriftlichen – Erweiterung des Unternehmenszwecks könnte nicht nur die Gefahr einer Kollision von Unternehmensinteressen und öffentlichem Auftrag vermindert werden; auch ein Wandel des Unternehmenszwecks – etwa durch eine Verlagerung auf den Akzent der Gewinnmaximierung mit der Implikation einer materiellen Aufgabenprivatisierung243 – kann auf diese Weise abgefangen werden. Darüber hinaus hat der Vorstand im Rahmen seiner Geschäftsführung die in der Satzung statuierte öffentliche Zielsetzung zu beachten; für den Aufsichtsrat stellt die Realisierung des öffentlichen Unternehmenszwecks einen zusätzlichen Maßstab der Kontrolle dar.244

238 Brenner, AöR 2002, S. 237 f., 244, 247, sowie Schön, ZGR 1996, S. 440 f., mit Verweis auf § 109 Abs. 1 GO NRW. Auch andere Gemeindeordnungen sehen vergleichbare Regelungen vor, so etwa in Art. 95 Abs. 1 GO Bay, § 87 Abs. 4 GemO RP, § 75 KV MV, § 116 Abs. 2 GO LSA, hierzu Möller, Rechtliche Stellung, S. 180 ff. 239 Bei Unternehmen ohne Gewinnerzielungsabsicht (Museen, Theater etc.) könnte die Dominanz öffentlicher Zwecke bei gleichzeitig zu geringer Finanzausstattung jedoch zu materieller Unterkapitalisierung führen und die Forderung nach Aufhebung grundsätzlich bestehender Haftungsbeschränkungen erhoben werden, so etwa Schön, ZGR 1996, S. 453 f.; im Anschluß Schwintowski, NVwZ 2001, S. 611. 240 Albertshauser, Verselbständigung, S. 127; demgegenüber fordert Wilting, DÖV 2002, S. 1015, möglichst konkrete qualitative und quantitative Zielfestlegungen. 241 Graef, Der öffentliche Auftrag, S. 69; Schwintowski, NVwZ 2001, S. 611; Ehlers, Recht der öffentlichen Unternehmen, S. E 73 ff. Zu unspezifischen Zielen Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 115; Windel, ZögU 1999, S. 59; R. Schmidt, ZGR 1996, S. 359. Vor der Gefahr weiter Interpretationsspielräume seitens der Geschäftsführung warnt Eichhorn, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 178; ähnlich auch Ossadnik, Verwaltung 1990, S. 461 f.; am Beispiel des Iran-Geschäfts der Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg Schaefer, ZögU 1999, S. 100. Gründe für fehlende Zielkonzeptionen bei Machura, in: Edeling u. a. (Hrsg.), Öffentliche Unternehmen, S. 101. 242 Auf Vorschlag des BMF (Fn. 229), Ziff. 7, 9, sollen die mit der Beteiligung verfolgten Ziele als Handlungsleitlinie für die Organe im „internen Regelwerk des Unternehmens“ Eingang finden. Anschaulich beschreibt Eichhorn, in: Edeling u. a. (Hrsg.), Öffentliche Unternehmen, S. 119 f., die Mehrdimensionalität des Zielsystems öffentlicher Unternehmen. 243 Zum Unternehmenszweck von Versorgungsunternehmen im Interesse der Allgemeinheit vgl. Ronellenfitsch, DÖV 1999, S. 711: „Die Preisgestaltung darf daher nicht am shareholder-value ausgerichtet sein“. Vgl. auch Cromme, DVBl. 2001, S. 763.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Wenn Greiling darauf hinweist, daß den legislativen Gremien die Aufgabe zufällt, „das öffentliche Interesse durch die Formulierung politischer Ziele und die Identifikation der damit verbundenen öffentlichen Aufgaben näher zu präzisieren“,245 es letztlich aber nicht durchführbar erscheint, die einzelnen konkreten und durchaus unterschiedlichen öffentlichen Zwecke gesetzlich zu normieren, liegt es nahe, die für den Erlaß der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags zuständigen Organe zumindest gesetzlich mit der Implementierung des öffentlichen Zweckes in eben diesen Statuten zu beauftragen. Verschiedene Gemeindeordnungen bieten für diese Anforderung an die Satzung entsprechende Regelungen,246 die in ein Verwaltungsgesellschaftsrecht übernommen werden sollten. Des weiteren könnte sich dieser gesetzlich festgelegte vorgreifende Beschluß für zusätzliche Anforderungen an Satzungen oder an Gesellschaftsverträge auf allgemeine Grundsätze der Geschäftsführung beziehen. Mit Blick auf den nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG zwingend vorgeschriebenen oder den nach § 52 Abs. 1 GmbHG fakultativ zu bestellenden Aufsichtsrat kann sich der Staat etwa die Entsendung einzelner Aufsichtsratsmitglieder vorbehalten und dadurch seinen Einfluß auf die Besetzung der Geschäftsleitung sowie ihre Kontrolle stärken; diese Entsendungsrechte sind jedoch nach § 101 Abs. 2 S. 1 AktG in der Satzung zu verankern. Des weiteren sollen Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats gegenüber Maßnahmen der Geschäftsführung nicht durch Beschluß dieses Gremiums, sondern bereits in der Satzung selbst formuliert werden, ohne jedoch das Recht des Aufsichtsrats auf Formulierung weiterer Vorbehalte auszuschließen.247 Zwar kann dies zu Lasten einer größeren Flexibilität der Aufsichtsbefugnisse gehen, andererseits besteht mit satzungsgemäßen Zustimmungsvorbehalten auch eine Verpflichtung des Aufsichtsrates, sich zwingend mit diesen Angelegenheiten zu befassen und seiner Aufsichtspflicht nachzukommen. Ähnliches gilt hinsichtlich der Weisungserteilung der Gesellschafter einer GmbH gegenüber der Geschäftsführung nach § 37 Abs. 1 GmbHG: Auch soll hier die Möglichkeit einer individuellen Beschlußfassung der 244 Vgl. etwa Säcker, FS Lieberknecht, S. 117. Ein weiteres Argument für eine explizite Zweckumschreibung ist auch die Minderung des Haftungsrisikos entsandter Aufsichtsratsmitglieder, hierzu Forstmoser / Jaag, Staat als Aktionär, Ziff. 77 ff. 245 Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 112. Zum Entwicklungsprozeß einer Zielkonzeption als Orientierung für das Unternehmen auch Machura, in: Edeling u. a. (Hrsg.), Öffentliche Unternehmen, S. 98 f. Nach Ossadnik, Verwaltung 1990, S. 464 ff., ist trotz Gefahr einer Ausweitung der ohnehin „als zu ,aufgebläht‘ empfundenen“ Bürokratie (S. 470) die Zielbildung „einem eigens zu berufenden Gremium mit beratender Funktion“ zu überantworten (S. 464), das insoweit Mitverantwortung trägt (S. 470). 246 Vgl. etwa Art. 92 Abs. 1 S. 1 GO Bay, § 108 Abs. 1 Ziff. 7 GO NRW, § 87 Abs. 1 Ziff. 2 GemO RP, § 69 Abs. 1 Ziff. 2 KV MV. 247 Hierzu siehe Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 252; BMF (Fn. 229), Ziff. 83, sowie Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 136 ff. (139); vgl. auch Büdenbender, JA 1999, S. 814; Hardraht, SächsVBl. 2003, S. 58. Zur Verankerung des im Deutschen Corporate Governance Kodex vorgesehenen Zustimmungsvorbehalts über „wesentliche Geschäfte“ Lutter, ZHR 2002, S. 538.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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Gesellschafterversammlung über die inhaltliche Reichweite der Weisungserteilung gegenüber der Geschäftsführung zugunsten einer Festlegung im Gesellschaftsvertrag begrenzt werden. Für beide Fälle könnte in einem Allgemeinen Teil des Verwaltungsgesellschaftsrechts nur die Verortung der Zustimmungsvorbehalte als Konkretisierung des Gesellschaftsrechts statuiert werden; substantielle Regelungen wären innerhalb eines möglichen Besonderen Teils zu treffen.248

3. Deutscher Corporate Governance Kodex und Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung Ein Verwaltungsgesellschaftsrecht eignet sich durchaus für einen Verweis auf anerkannte Grundsätze der Leitung, Überwachung und Prüfung von Unternehmen. Hierzu zählen insbesondere Regeln einer Corporate Governance sowie die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF). Die Diskussion um Corporate Governance als Rahmen für „effiziente Formen der Leitung und Überwachung börsennotierter Gesellschaften“249 hat in letzter Zeit aufgrund der Globalisierung international, aber auch national erheblich an Dynamik gewonnen, was sich auch in der Vielzahl der Kodices und entsprechender Selbstverpflichtungen widerspiegelt.250 Auf nationaler Ebene wurde mit dem „Deutschen Corporate Governance Kodex“251 ein einheitliches Regelwerk geschaffen, das im Vergleich mit anderen in der Diskussion befindlichen Kodices, wie etwa dem German Code of Corporate Governance,252 in knapper Form Empfehlungen für Aktionäre und die Hauptversammlung, für den Vorstand sowie den Aufsichtsrat von börsennotierten Unternehmen gibt. Die Empfehlungen enthalten einerseits bereits gesetzlich geregelte Vorschriften insbesondere aus dem Aktien248 Für eine Auflistung konkreter Zustimmungsvorbehalte vgl. Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 140, sowie § 7 Abs. 1 des Satzungsvorschlags für eine GmbH, in: BMF (Fn. 229), Ziff. 82, Anlage 4. Zur Bedeutung von Zustimungsvorbehalten für die Ausübung des angemessenen Einflusses Wilting, DÖV 2002, S. 1016, 1019 f. 249 Hierzu v. Werder, DB 2002, S. 801; zur Definition von Corporate Governance auch Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 86. 250 Vgl. u. a. v. Werder, in: ders. (Hrsg.), German Code of Corporate Governance, S. 2 f., 8 ff.; Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 87 ff.; speziell für den öffentlichen Sektor: FEE, Approaches to Corporate Governance in the Public Sector, 2000; Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 282 ff. Siehe zur Entwicklung auch Schwintowski, NVwZ 2001, S. 607 f. m. w. N. 251 Bundesministerium der Justiz, Bekanntmachung des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ i. d. F. v. 21. 5. 2003, veröffentlicht im elektronischen Bundesanzeiger (https:// www.ebundesanzeiger.de/download/kodex2.pdf). Zur hier nicht weiter zu diskutierenden Frage demokratscher Legitimation der mit der Kodexerarbeitung beauftragten Regierungskommission u. a. Ulmer, ZHR 2002, S. 158 ff., 178. 252 Abgedruckt in: v. Werder (Hrsg.), German Code of Corporate Governance, S. 63 ff. Unterschiedliche Vorschläge mit Blick auf die Stellung des Aufsichtsrats vergleicht Wiese, DB 2000, S. 1903 ff.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

recht, andererseits international und national anerkannte „Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung“.253 Mit der Ergänzung des Aktiengesetzes um die „Erklärung zum Corporate Governance Kodex“ in § 161 besteht für die Anwendung des Kodex nunmehr eine gesetzliche Grundlage.254 Auch wenn die Abgabe der Erklärung nach § 161 AktG geltendes Recht ist und nicht zwingend in ein Verwaltungsgesellschaftsrecht implementiert werden muß, scheint aufgrund der Bedeutung der Richtlinien für die Unternehmensleitung und -überwachung eine Aufnahme zweckmäßig,255 nicht zuletzt, um einen Anknüpfungspunkt für die Beachtung des Kodex auch in weiteren Organisationsformen zu finden. Denn zunächst beziehen sich die Richtlinien in ihrem Anwendungsbereich nur auf börsennotierte Unternehmen; allerdings wird die Beachtung der Empfehlungen auch anderen, nicht börsennotierten Gesellschaften nahegelegt, sofern ihre „Bestimmungen für den jeweiligen Gesellschaftstyp geeignet sind“.256 Wenn aber nach § 161 AktG ein Abweichen von den Empfehlungen des Kodex bzw. eine Anpassung an unterschiedliche Verhältnisse im Unternehmen möglich ist, sollte der Anwendungsbereich eher weit gefaßt werden. Für öffentliche Unternehmen ist daher grundsätzlich die Übertragbarkeit des Deutschen Corporate Governance Kodex auf alle Unternehmensformen anzunehmen, ein Ausschluß sollte nur bei einer stichhaltigen Begründung toleriert werden. Um den Kodex für die spezifischen Anforderungen öffentlicher Unternehmen nutzbar zu machen, sollte auf diese Regelungen im Verwaltungsgesellschaftsrecht explizit Bezug genommen werden, wobei ein allgemeiner Hinweis auf Beachtung und Anwendung im Allgemeinen Teil als ausreichend anzusehen ist, im Abschnitt über die einzelnen Organe hingegen detaillierte Regelungen des Kodex vor allem zu Vorstand und Aufsichtsrat aufzugreifen wären.257 253 Deutscher Corporate Governance Kodex (Fn. 251), Präambel, S. 2; vgl. auch v. Werder, DB 2002, S. 801 f.; Seibert, BB 2002, S. 581; Ulmer, ZHR 2002, S. 152 f.; Hill, DVBl. 2002, S. 1324 f. Hingegen hält Wolf, ZRP 2002, S. 60, gerade diese „inhaltlich über den Bestand der gesetzlichen Regelungen“ hinausgehenden Verhaltensregeln verfassungsrechtlich für bedenklich. Kritisch gegenüber dem Kodex allgemein, insbesondere aber gegenüber der Entsprechenserklärung, auch Krieger, FS Ulmer, S. 365 ff. 254 Vgl. 5. Teil, Kap. D, Fn. 58, sowie Ihrig / Wagner, BB 2002, S. 789. Zur Verbindlichkeit dieser an das Aktiengesetz geknüpften selbstbindenden Verhaltensregeln Seibert, BB 2002, S. 582; vgl. auch Ulmer, ZHR 2002, S. 160 f.: gesetzgeberische Erwartung, den Kodex grundsätzlich befolgt zu sehen, ohne dies bindend oder auch nur dispositiv vorzuschreiben. 255 Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 37, hingegen plädiert für einen auf spezifische Bedürfnisse öffentlicher Unternehmen zugeschnittenen Public Corporate Governance Kodex, hierzu Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 87 ff. 256 Vgl. v. Werder, DB 2002, S. 802, mit Hinweis auf die Präambel des Kodex. Im German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. VII 1 ff., wird diese Frage in einem eigenen Abschnitt behandelt. 257 Zur Forderung nach einer für öffentliche Unternehmen ergänzenden Corporate Governance Schwintowski, NVwZ 2001, S. 607 ff. (608); Budäus (Fn. 255). Denkbar wäre auch die Transformation einzelner Regelungen aus dem Kodex über die Geschäftsordnungen von Aufsichtsrat und Vorstand, wie Lutter, ZHR 2002, S. 537 f., vorschlägt; jedoch sollte diese

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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Um eine explizite Rechtspflicht258 der Unternehmen handelt es sich nur bei der Abgabe der Entsprechens-Erklärung, nach der Vorstand und Aufsichtsrat von Unternehmen gemeinsam erklären, den im Kodex niedergelegten Empfehlungen entsprochen zu haben oder diesen zumindest künftig genügen zu wollen.259 Die im Kodex vorgeschlagenen Empfehlungen beachten und umsetzen zu wollen, wird als freiwillige und unverbindliche Compliance-Erklärung ausgelegt.260 Dennoch entwickelt § 161 AktG auch materiell insoweit bindenden Charakter, als eine Mißachtung dieser Selbstverpflichtung – sei es in Form einer vollständigen Ignorierung261 oder einer pauschalen Ablehnung – entsprechende Reaktionen auf dem Kapitalmarkt hervorrufen dürfte,262 jedenfalls aber als Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht aus § 93 Abs. 1 AktG angesehen wird.263 Demgegenüber wird ein mögliches Abweichen von Empfehlungen des Kodex bei von Werder als durchaus positives Signal dahingehend gewertet, daß sich die Gesellschaft mit dem Thema intensiv befaßt habe.264 Auch wenn eine Begründung für diese Abweichungen nicht erforderlich ist,265 sollte für das Verwaltungsgesellschaftsrecht die Notwendigkeit einer Möglichkeit ebenfalls im Verwaltungsgesellschaftsrecht formuliert werden, z. B. Der Aufsichtsrat gibt sich eine Geschäftsordnung, in der folgende Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex zu berücksichtigen sind: . . .. 258 Zu unterschiedlichen Regelungsarten und Verbindlichkeiten des Kodex (Muß-Vorschrift, Soll-Empfehlung, Kann-Anregung) u. a. v. Werder, DB 2002, S. 802 f. Eine vergleichbare Differenzierung diskutieren Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 95 f., für den Public-Corporate-Governance-Kodex. 259 Hinweise bezüglich der Zuständigkeitsverteilung von Aufsichtsrat und Vorstand, ggf. auch der Hauptversammlung, für die Abgabe der Erklärung bei Ulmer, ZHR 2002, S. 173 f. Zum Begriff der „Entsprechens-Erklärung“ vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 16 (§ 161 AktG-E) im Entwurf des TransPuG, BT-Drs. 14 / 8769 v. 11. 4. 2002, S. 21; v. Werder, DB 2002, S. 810. 260 Begründung zu Art. 1 Nr. 16 im Entwurf des TransPuG, S. 21. Nach Krieger, FS Ulmer, S. 379, wird man jedoch Empfehlungen mit dem Anspruch, „anerkannten Standards“ zu entsprechen, kaum ablehnen können, ein Ermessensspielraum von Vorstand und Aufsichtsrat bestehe faktisch nicht. Zur „Influenzierung“ als Instrument, dem man sich kaum entziehen könne, auch Ladeur, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 60 f. 261 Dies bezeichnet selbst Krieger, FS Ulmer, S. 380, als pflichtwidriges Handeln der zuständigen Organe. 262 Vgl. v. Werder, DB 2002, S. 810; Seibert, BB 2002, S. 583; Wolf, ZRP 2002, S. 60 („faktischer Zwang“); die Funktion „guter Corporate Governance“ als Unternehmens-Gütesiegel betont auch Schwintowski, NVwZ 2001, S. 607. Allgemein zur Auswirkung von Verhaltenskodizes auf die öffentliche Meinung E.-H. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 81 f. 263 Hierzu Lutter, ZHR 2002, S. 540 ff.; Ulmer, ZHR 2002, S. 166 f.; zu fehlerhaften oder bewußt verfälschten Erklärungen vgl. erneut Lutter, ZHR 2002, S. 531 ff., sowie Ihrig / Wagner, BB 2002, S. 792; Seibert, BB 2002, S. 584. 264 DB 2002, S. 810; ähnlich Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 96, 98. Zu Bestimmungen des Kodex, die „entweder im Einzelfall unzutreffend sein können oder in jedem Fall unzutreffend sind“, Krieger, FS Ulmer, S. 366 ff. 265 Nach den Erläuterungen zum Gesetzentwurf (Fn. 259) bedürfe es bei Abweichungen vom Kodex zwar keiner Begründungspflicht, betroffene Unternehmen würden diese jedoch

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Rechtfertigung aufgenommen und als Rechtspflicht statuiert werden:266 Da die Anteile der im Recht der öffentlichen Unternehmen geregelten Organisationsformen aufgrund der staatlichen Mindestbeteiligung von 75 % einerseits nur begrenzt am Kapitalmarkt handelbar sind, gleichzeitig aber über den Staat das Volk mittelbar der größte Anteilseigner ist, dient die Begründungspflicht zwar auch einer positiven Resonanz auf dem Kapitalmarkt und damit der finanziellen Sicherung des Unternehmens, vor allem aber einer Information der Stakeholder und hier besonders der Allgemeinheit.267 Eine Pflicht zur Erläuterung, aus welchen Gründen einzelne Empfehlungen nicht oder auf andere Weise umgesetzt wurden, käme somit einer an ökonomisch-verantwortungsbewußten Kriterien ausgerichteten Zusatzlegitimation konkreten staatlichen Handelns in Privatrechtsform gleich. Neben dem offiziellen Deutschen Corporate Governance Kodex bietet auch der German Code of Corporate Governance (GCCG)268 eine Vielzahl von Empfehlungen, die in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung sowie hinsichtlich ihres Detaillierungsgrades und ihrer Konkretisierung der Richtlinien über den „Einheitskodex“ hinausgehen. Daher sollten einige Aussagen des GCCG in ein Verwaltungsgesellschaftsrecht ergänzend übernommen werden. Gerade für öffentliche Unternehmen kann etwa eine austarierte Berücksichtigung der Interessen aller Stakeholder, die über eine „strikte, am Börsenkurs gemessene, kurzfristige Maximierung des Shareholder Value“ hinausgehen soll,269 einen zusätzlichen Hinweis auf den spezifisch öffentlichen Auftrag als Bestandteil des Gesellschaftszwecks geben. Eine ähnliche Funktion könnte die Definition des Zielsystems eines Unternehmens als „oberste Richtschnur für die Unternehmensführung“270 einnehmen. Des weiteren ist ein Verweis auf die Verbindlichkeit der über den Kodex hinausgehenden Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) zu implementieren.271 Während die Empfehlungen des Deutschen Kodex in besonderem Maße, letztlich aber auch die des GCCG eher allgemein gehalten sind und sich „schon aus eigenem Interesse“ abgeben (S. 21). Lutter, ZHR 2002, S. 528 f., hingegen sieht eine Offenlegungspflicht nicht nur bei generellen, sondern schon bei kleinen Abweichungen im Einzelfall. 266 So jetzt auch Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 96. 267 Zur Dominanz der Stakeholder bei öffentlichen Unternehmen gegenüber Shareholdern, hergeleitet aus dem Principal-Agent-Ansatz, Eichhorn, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 176 ff. Vgl. auch FEE, Approaches, Ziff. 4.10; German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. I 2; v. Werder, in: ders. (Hrsg.), German Code of Corporate Governance, S. 14. Siehe bereits die Stakeholder-Analyse von Kippes, VR 1995, S. 398 ff.: Die Identifizierung von Stakeholdern für die gesamte Kommunalverwaltung sei nicht möglich, sondern müsse als Aufgabe der Fachreferate individualisiert werden (S. 400). 268 Fn. 252. 269 German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. I 3. 270 So German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. I 1. 271 So haben Vorstand und Aufsichtsrat neben dem Kodex auch „die Regeln ordnungsgemäßer Unternehmensführung“ zu beachten, vgl. Deutscher Corporate Governance Kodex (Fn. 251), Ziff. 3.8.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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zum Teil allenfalls einer rahmensetzenden Abstraktionsebene zuordnen lassen, bestehen für das stärker operativ ausgerichtete Geschäft der Unternehmensführung mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) konkrete Leitlinien.272 Unternehmensführung bezieht sich nicht nur auf die Aktivitäten des Vorstands als Leitungsorgan, sondern wird als Sammelbegriff für die Tätigkeit aller Führungsorgane – Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlußprüfer – verstanden. Zu diesen generalisierenden Leitlinien zählen der Grundsatz der Zulässigkeit als Forderung nach Beachtung geltender Gesetze, der Grundsatz ökonomischer Zweckmäßigkeit sowie der Grundsatz sozialer und ethischer Zuträglichkeit aller Maßnahmen der Unternehmensleitung. Insbesondere letzterer läßt sich für die Politik öffentlicher Unternehmen instrumentalisieren, um der öffentlichen Zwecksetzung und der Gemeinwohlorientierung staatlicher Tätigkeit auch in Privatrechtsform Nachdruck zu verleihen.273 Daneben existieren für die Führungsorgane jeweils spezifische organbezogene Grundsätze, die einzuhalten ebenfalls im Verwaltungsgesellschaftsrecht im Zuge der Normierung der Organe und ihrer Zuständigkeiten zur Pflicht gemacht werden soll.

4. Typologie einer Verwaltung in Privatrechtsform Analog zu den in Verwaltungsorganisationsgesetzen normierten Behördentypen können im Verwaltungsgesellschaftsrecht die für eine Aufgabenerfüllung zulässigen privatrechtlichen Organisationsformen typisiert werden. Im Unterschied zu Behörden wird diese Aufzählung zwar letztlich nicht abschließend sein können, da z. B. mit der GmbH & Co. KG sowie der GmbH & Co. KGaA atypische Unternehmensformen in der Praxis Anwendung gefunden haben, die in dieser Zusammenstellung rechtlich nicht vorgesehen sind, und sich dieser Trend möglicherweise fortsetzen könnte.274 So schlägt Janson etwa eine „öffentlichrechtliche GmbH“ vor, die hinsichtlich der Unternehmensverfassung und der Organe weitgehend der AG folgen soll, allerdings (noch) dem öffentlich-rechtlichen Regime zuzuordnen sei.275 Auch wenn die Aufstellung organisatorischer Möglichkeiten angesichts der gestalterischen Variationsbreite im Gesellschaftsrecht letztlich unvollständig bleiben muß, kann sie dennoch einen Überblick über die für eine Verwaltung in Privatv. Werder, Unternehmensführung, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 12 ff., folgend. Damit könnte auch der von Oettle, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 115, befürchteten kaufmännischen Dominanz entgegengetreten werden. 274 Vgl. oben, Fn. 115 ff.; ferner K. Schmidt, Gesellschaftsrecht S. 106 ff., 111 ff. Hinsichtlich der Organe und ihrer Zuständigkeiten wird daher auf die klassischen Formen einer Verwaltung in Privatrechtsform – der AG und der GmbH – Bezug genommen. 275 Janson, ZögU 1987, S. 130 m. w. N.; ablehnend R. Schmidt, ZGR 1996, S. 357 f. Zu Kapitalgesellschaft und Unternehmen des öffentlichen Rechts F. Becker, DÖV 1998, S. 97 ff.; M. König, DÖV 1999, S. 327 ff.; ferner 6. Teil, Kap. C, Fn. 182 ff. 272 273

18 John-Koch

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

rechtsform von Rechts wegen zugelassenen Typen geben, wobei als klarstellender Hinweis die Kriterien der Zulässigkeit nach § 65 BHO – wichtiges Bundes- oder Landesinteresse, Sicherstellung angemessenen Einflusses, Haftungsbeschränkung, Rechnungslegung analog zu großen Kapitalgesellschaften, Vorlage eines Lageberichtes, Pflichtprüfung durch Abschlußprüfer – an dieser Stelle in das Verwaltungsgesellschaftsrecht explizit aufgenommen werden können. Hinzu kommt, daß trotz einer allerdings begrenzten Wahlfreiheit bestimmten Unternehmensformen durchaus ein Vorrang eingeräumt werden kann, ohne die Zulässigkeit anderer Organisationsformen in Frage zu stellen. So wird etwa der GmbH ein besonderer Stellenwert als organisationsrechtlichem Rahmen des Gesellschaftsrechts für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben beigemessen, da sie „aufgrund ihres flexibleren Organisationsrechts einer Steuerung in größerem Maße zugänglich ist als die Aktiengesellschaft“, was sich nicht zuletzt in dem Einfluß der Gesellschafter auf die Geschäftsführung widerspiegelt, der bis zur Weisungserteilung reichen kann.276 Diese Vorrangstellung kann entweder durch entsprechende Formulierung wie etwa einer Soll-Regelung versus möglicher Kann-Bestimmungen oder in einer diesen qualitativen Aspekten folgenden Rangfolge zugelassener Organisationsformen ausgedrückt werden. Ähnliches gilt für atypische Organisationsformen, wie die GmbH & Co. KG oder die GmbH & Co KGaA, die innerhalb dieser Skala den formenreinen Typen folgen können, sowie für nur in Einzelfällen heranzuziehende Sonderformen, zu denen etwa die Genossenschaften zählen, die nach § 65 Abs. 5 BHO explizit als Ausnahmeerscheinung charakterisiert werden und zudem der Einwilligung des Finanzministers bedürfen.277 Im Zuge der Organisationstypologie können besondere, im Gesellschaftsrecht als Wahlmöglichkeit vorgesehene Regelungen festgeschrieben werden. So ist etwa mit Blick auf die höhere Flexibilität der GmbH im Unterschied zur AG die Frage eines GmbH-Aufsichtsrats zu klären,278 der – sofern er als mitbestimmter Aufsichtsrat aufgrund der Unternehmensgröße nicht gesetzlich vorgeschrieben ist279 – 276 Vgl. u. a. R. Schmidt, ZGR 1996, S. 358; hingegen sieht Lecheler, FS Maurer, S. 668, kein ausschlaggebendes Argument „für eine grundsätzliche Entscheidung zugunsten der GmbH anstelle der AG“. 277 Zwar geht weder aus der BHO noch aus einschlägigen Erläuterungen (etwa BMF [Fn. 229], Ziff. 12; Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 65 Rn. 15) eindeutig hervor, warum es sich um einen Ausnahmefall handeln soll, da die angeführte und nach dem Genossenschaftsrecht durchaus mögliche Haftungsbeschränkung auch für andere Organisationsformen gilt; ausschlaggebend könnte der nur geringe Einfluß auf die Geschäftsführung sein. Dennoch soll im Anschluß an § 65 Abs. 5 BHO diese Einschränkung auch im Verwaltungsgesellschaftsrecht als Klarstellung aufgegriffen werden. 278 Hinsichtlich der AG setzt allerdings die größere Formenstrenge des Aktienrechts einem zu intensiven verwaltungsgesellschaftsrechtlichen Vorgriff Schranken; so fällt etwa die Bestellung der Vorstandsmitglieder als geschäftsleitendes Organ nach § 84 Abs. 1 AktG zwingend in die Zuständigkeit des Aufsichtsrates, eine Bestellung durch Entsendung der unternehmenstragenden Körperschaft ist mithin rechtswidrig, vgl. u. a. Pfeifer, Möglichkeiten und Grenzen, S. 107 f.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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als fakultatives Aufsichtsorgan auch für die GmbH vorgesehen werden kann.280 Das Ziel der Bildung eines Aufsichtsrates auch in der GmbH liegt vor allem darin, den beim Festlegen des Gesellschaftszwecks grundsätzlich freien Gesellschaftern ein mögliche Drittinteressen vertretendes Organ zur Seite zu stellen und auf diese Weise Einflüsse und Anregungen von außen bewußt in die Gesellschaft bei gleichzeitiger organisationsrechtlicher Kanalisierung zu integrieren.281 So soll das Verwaltungsgesellschaftsrecht die gängige Praxis aufgreifen und bestimmen, daß eine verwaltungsbeherrschte GmbH grundsätzlich einen Aufsichtsrat zu bilden hat, um mit diesem zusätzlichen Aufsichts- und Kontrollorgan umfassend auf die Gesellschaft einwirken zu können; eine Ausnahme soll nur in begründeten Fällen möglich sein – z. B. bei zu geringer Größe oder Bedeutung des Unternehmens.282 Als Alternative wäre jedoch auch die Bildung eines mit externen Persönlichkeiten283 besetzten Beirates in Erwägung zu ziehen, der die Geschäftsführung insbesondere hinsichtlich Implementierung und Umsetzung des öffentlichen Zweckes in die Unternehmenstätigkeit beraten und unterstützen kann. Allerdings müssen die Aufgaben des Beirates bereits im Verwaltungsgesellschaftsrecht geklärt sein, damit er die Unternehmenspolitik auch wirklich mitgestalten kann und nicht zu einem funktionslosen Honoratiorengremium284 degradiert wird. Neben diesem Überblick sind die einzelnen Rechtsformen hinsichtlich ihrer inneren Organisation, der Kompetenzen der einzelnen Organe und ihrer Zusammenarbeit näher zu bestimmen. Hier eröffnen sich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen: Zum einen können die Unternehmenstypen anhand dieser Kriterien – 279 Hierzu Kraft,Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 134 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1109 f. 280 Durchaus denkbar wäre es, diese Einschränkung der Wahlmöglichkeit bereits als Anforderung an die Satzung aufzunehmen. Zur Bedeutung des fakultativen Aufsichtsrates in der kommunalen Praxis Möller, Rechtliche Stellung, S. 73. 281 Zwar bezieht sich Wiedemann, FS Lutter, S. 803 f., 807 f., auf den GmbH-Beirat, diese Gründe sind aber auch auf einen Aufsichtsrat übertragbar. 282 Vgl. Müller, Rechtsformenwahl, S. 470 f. Die Hinweise des BMF (Fn. 229), u. a. in Ziff. 13, 47, 67, 74, zeigen, daß einer GmbH grundsätzlich ein Aufsichtsrat zur Seite gestellt werden soll. Die Rechte der Gesellschafter zur Weisungserteilung an die Geschäftsführung würden sich damit auf den Aufsichtsrat verlagern. Zu beachten sind aber höhere Kosten, die mit der Bestellung und der finanziellen Entschädigung des Aufsichtsrates verbunden sind (vgl. etwa für die kommunale Ebene die Beispiele bei Gotzen, VR 2001, S. 163) – dies mag auch ein Grund sein, die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder „auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken“ (BMF [Fn. 229], Ziff. 49). Entgegen dieser Hinweise beschränkt sich die Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH (2. Teil, Kap. A, Fn. 87) auf die Geschäftsführer und die Gesellschafterversammlung als Gesellschaftsorgane (§ 4 des Gesellschaftsvertrages). 283 Zu verschiedenartigen Problemen der Besetzung mit Externen (Fremdsteuerung in der GmbH) und mit Gesellschaftern (Verlagerung von Mitgliederbefugnissen) Wiedemann, FS Lutter, S. 809; dort (S. 812 mit Fn. 47 f.) auch Vorschläge für fachliche Qualifikationen der Beiratsmitglieder in Abhängigkeit vom jeweiligen Zweck des Organs. 284 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1110.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

interne Organisation und Kooperation – jeweils getrennt behandelt und somit aus einer organisationsformenbezogenen Perspektive heraus betrachtet werden. Diese Gliederung würde angesichts der Nähe zur Konstruktion gesellschaftsrechtlicher Gesetzeswerke tendenziell eine Instrumentalisierung privatrechtlicher Organisationsformen für öffentliche Zwecke implizieren. Zum anderen wäre eine funktionsund kompetenzorientierte Abgrenzung denkbar, die im Grunde allgemeine Grundsätze statuiert, innerhalb derer die jeweiligen Organisationsformen beispielhaft eingegliedert sind. Diese Sicht könnte den Schwerpunkt auf die Übernahme des bestehenden Gesellschaftsrechts verlagern, wobei jedoch Akzente hinsichtlich potentieller staatlicher Ingerenz- und Steuerungsmöglichkeiten zu setzen und diese in den Mittelpunkt zu stellen sind. Dieser funktions- und kompetenzorientierten Variante soll nachfolgend beispielhaft gefolgt werden.

5. Organe und Zuständigkeiten Während der Begriff der Organe sowohl im Verwaltungsorganisationsrecht als auch im Gesellschaftsrecht klar definiert ist,285 wirkt der im öffentlichen Recht konstitutive Begriff der Zuständigkeit286 für private Unternehmen nicht nur ungewohnt; es stellt sich mit Blick auf eine verantwortungsteilige Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben auch die Frage der Ausrichtung an einen materiellen oder einen organisationsrechtlichen Kontext der Zuständigkeit: In einem materiellrechtlichen Verständnis von Zuständigkeit als der Zuordnung von Rechten, Pflichten und Kompetenzen auf Rechtsträger wären die unterschiedlichen privatrechtlichen Unternehmenstypen Adressat von Zuständigkeitsnormen. Im organisationsrechtlichen Sinn bezieht sich Zuständigkeit jedoch auf die Aufgabenzuweisung an innerorganisatorische Wahrnehmungssubjekte, in diesem Fall auf eine Verteilung von Kompetenzen auf die Organe im Unternehmen.287 Angesichts der unterschiedlichen Aufgaben, die in privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheiten erfüllt werden, kann im Rahmen einer materiellen Aufgabenzuständigkeit letztlich keine inhaltliche Festlegung vorgenommen werden; auch impliziert eine Zuordnung von Aufgaben zu bestimmten Organisationstypen – wie etwa die grundsätzliche Errichtung einer AG für Aufgaben der Energieversorgung – eine gewisse Willkür und verhindert die für eine optimale Aufgabenwahrnehmung erforderliche Flexibilität. Daher ist wie im Verwaltungsorganisationsrecht auch im Verwaltungsgesellschaftsrecht von einer organisationsrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit auszugehen, die ausschließlich interne Zuständigkeitsnormen in Abhängigkeit von einer gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung zum Inhalt hat. 285 Zum verwaltungsorganisationsrechtlichen Begriff des Organs u. a. Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 74 I f; ferner 5. Teil, Kap. D, Fn. 45, 6. Teil, Kap. A, Fn. 27; aus gesellschaftsrechtlicher Sicht K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 411 ff., 415 ff. 286 Vgl. oben, 5. Teil, Kap. D, Fn. 47. 287 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 72 I b.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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Zwar sind sowohl im Aktienrecht als auch im GmbH-Recht die zwingenden Organe der Gesellschaft – Aufsichtsrat, Vorstand, Aktionärsversammlung und Abschlußprüfer bzw. Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung – normiert, so daß im Verwaltungsgesellschaftsrecht auf diese gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen verwiesen werden könnte. Allerdings ergeben sich für das Recht der öffentlichen Unternehmen zusätzliche Anforderungen nicht nur an die allgemeine Organisationsstruktur der Unternehmen, sondern auch an die jeweiligen Organe und ihre Kompetenzen.288

a) Der Aufsichtsrat Für alle Unternehmensformen sind im Verwaltungsgesellschaftsrecht bestimmte Grundsatzentscheidungen hinsichtlich der Geschäftsführung und der Kontrollorgane zu treffen,289 um die auch nach einer formellen Privatisierung weiterhin bestehende Erfüllungsverantwortung des Staates insbesondere in einer Organisationsverantwortlichkeit zu dokumentieren und sicherzustellen.290 Zu dieser Organisationsverantwortung gehören Einwirkungsmöglichkeiten auf die angemessene Besetzung der Organe, sei es durch direkte Einflußnahme oder nur mittelbar durch Festlegung bestimmter Kriterien und Qualifikationen. Da der Aufsichtsrat nicht nur die Tätigkeit der Geschäftsleitung überwacht, sondern diese auch bestellt, kommt der Besetzung des Aufsichtsrats große Bedeutung zu,291 die es rechtfertigt, einige generelle Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder insbesondere der AG aufzunehmen, letztlich aber auch der GmbH. Eine direkte Einflußnahme auf die Besetzung des Aufsichtsrates in einer AG kann sich der Staat durch die Einräumung eines Entsendungsrechts in der Satzung 288 Zwei Modelle eines „Geschäftsführerkomitees“ für öffentliche Unternehmen zur Professionalisierung von Führung und Kontrolle und zum Ausgleich möglicher widerstreitender Interessen zwischen öffentlicher Zweckbindung und Freiheit des Unternehmertums diskutiert Eichhorn, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 180 f. 289 Hierzu gehört z. B. eine Regelung über die Geschäftsordnung der Organe, die als Kann-Bestimmung in § 77 Abs. 2 bzw. implizit in § 107 AktG vorgesehen ist (vgl. u. a. Büdenbender, JA 1999, S. 818 f.; v. Ruckteschell, ZGR 1996, 367 f.; demgegenüber Peltzer, in: v. Werder, [Hrsg.], German Code of Corporate Governance, S. 51 f.: nachgeordnete Erlaßkompetenz des Vorstands): Wenn die Geschäftsordnung des Vorstands durch den Aufsichtsrat erlassen wird (§ 77 Abs. 2 S. 1 AktG), kann dieser seinen Einfluß auf die Geschäftsführung verstärken. Zumindest die Festlegung von Grundzügen einer Geschäftsordnung des Vorstands durch den Aufsichtsrat wäre als zwingende Vorschrift in die Satzung aufzunehmen, wie es im German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. IV 2.2, vorgeschlagen wird. 290 Als Teil der Organisationsverantwortung ist etwa auch die Auswahlverantwortlichkeit für Organe der Gesellschaft anzusehen, die bei fehlerhafter Entscheidung zu einem Auswahlverschulden führen kann; siehe am Beispiel der Qualifikation des Aufsichtsrats Dreher, FS Boujong, S. 76 mit Fn. 25. 291 Neben Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 50, auch Schedler, Corporate Governance, NZZ v. 19. 3. 2002, S. 29; Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 154 f.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

nach § 101 Abs. 2 AktG analog zu entsprechenden Regelungen in den Gemeindeordnungen sichern;292 gleiches gilt für den fakultativen Aufsichtsrat der GmbH, sofern der Gesellschaftsvertrag keine andere – weitergehende – Regelung vorsieht.293 Zwar soll dieses Recht nur in „geeigneten Fällen . . . in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden“,294 es ist aber nicht von der Hand zu weisen, daß eine Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern, die aufgrund der Möglichkeit ihrer jederzeitigen Abberufung durch die Entsendungsberechtigten im Gegensatz zur qualifizierten Abwahl durch die Hauptversammlung in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis stehen, das Kriterium des angemessenen Einflusses des Bundes nach § 65 Abs. 1 Ziff. 3 als Voraussetzung für ein Engagement in privatrechtlichen Unternehmen in der Regel erfüllen dürfte.295 Auch wenn für verwaltungsbeherrschte Unternehmen die satzungsrechtliche Einräumung eines Entsendungsrechts auf den ersten Blick nicht erforderlich erscheint,296 kann es sich aus Gründen der Flexibilität bei der Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern jedoch als zweckmäßig erweisen,297 zumal auch festgelegt werden sollte, wer dieses Recht ausüben soll – die Exekutive oder das Parlament als Vertretungsorgan.298 292 Möller, Rechtliche Stellung, S. 85 ff., 221; Pfeifer, Möglichkeiten, S. 109; aus kommunalrechtlicher Sicht u. a. Art. 93 Abs. 2 GO Bay, § 113 Abs. 3 GO NRW, abgeschwächt § 119 Abs. 2 GO LSA; hierzu Will, VerwArch 2003, S. 257, 258 f.; sowie oben, zu Fn. 247. Art. 762 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht), v. 1. 1. 1912, BS 2 S. 199, zuletzt geändert am 15. 12. 2000, AS 2001, S. 1047, ermöglicht den Körperschaften des öffentlichen Rechts bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses, Mitglieder in den Aufsichtsrat einer (rein privaten) AG zu entsenden, selbst wenn sie nicht Aktionär sind; hierzu Forstmoser / Jaag, Staat als Aktionär, Ziff. 13 ff.; Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 335 ff.; Wenz, in: Schulze-Fielitz (Hrsg.), Fortschritte der Finanzkontrolle, S. 128. 293 § 52 Abs. 1 GmbHG. Die Möglichkeit einer gegenüber der AG völlig andersartigen Ausgestaltung der Funktions- und Aufgabenzuständigkeit des GmbH-Aufsichtsrates (Schmid, ZKF 2001, S. 5) wird allerdings begrenzt durch die Grundsätze der Aufgaben- und Funktionentrennung zwischen Leitungs-, Kontroll- und Willensbildungsorgan, s. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1108. 294 BMF (Fn. 229), Ziff. 47. 295 Vgl. Möller, Rechtliche Stellung, S. 86; § 65 Abs. 6 BHO greift die Möglichkeit einer Entsendung auf. 296 So Möller, Rechtliche Stellung, S. 85, für Eigengesellschaften. Die Mehrheitsverhältnisse ermöglichen selbst eine Abwahl mit qualifizierter Mehrheit der Hauptversammlung ohne private Anteilseigner. In § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der – damals zu 100 % in Staatsbesitz stehenden – Bundesdruckerei (2. Teil, Kap. A, Fn. 112) hat sich die Bundesrepublik ein Entsendungsrecht vorbehalten, „solange sie Gesellschafter ist“ – d. h. selbst bei einer Minderheitsbeteiligung. 297 Vgl. etwa Kämmerer, Privatisierung, S. 270 ff.; zu organisatorischen Hürden bei der Abberufung durch die Hauptversammlung, die auch für verwaltungsbeherrschte Unternehmen gelten, ebd. (S. 271). 298 Kritisch gegenüber der exekutivischen Machtfülle und dem Ungleichgewicht der „eine moderne Demokratie kennzeichnende(n) Gewaltenteilung“ Heuer, DÖV 1995, S. 90. Zur Bestellung des Aufsichtsrates auf kommunaler Ebene vgl. einerseits § 113 Abs. 2 GO NRW: Bestellung durch den Rat, andererseits § 88 Abs. 1 GemO RP: Vertretung durch den Bürger-

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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Für die Entsendung und die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder – zumindest eines Anteiles von ihnen – oder auch nur ein Vorschlagsrecht durch das Parlament spricht eindeutig seine Funktion als Kontrollorgan der vollziehenden Gewalt: Ist die Verwaltung in Privatrechtsform Bestandteil der vollziehenden Gewalt nach Art. 20 Abs. 2 GG,299 so unterliegt sie einer – wenn auch durch das Gesellschaftsrecht überformten – parlamentarischen Kontrolle, die durch das Recht, Mitglieder in das gesellschaftsrechtlich vorgesehene Überwachungsorgan zu entsenden oder hierfür vorzuschlagen, wahrgenommen werden kann.300 Auch wenn die Ausübung dieser Rechte das Parlament je nach Anzahl der Unternehmen in zeitlicher Hinsicht stark beanspruchen könnte, sollten Kontrollmöglichkeiten verwaltungsbeherrschter Unternehmen nicht leichtfertig aus der Hand gegeben werden; so wäre eine Entlastung je nach Größe oder Bedeutung des Unternehmens unmittelbar durch das Plenum oder z. B. durch einen „Ausschuß für öffentliche Unternehmen“ denkbar.301 Wenn jedoch andererseits eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und eine offene Diskussionskultur zwischen Leitungs- und Überwachungsorgan gefordert wird und Fragen nach der Reichweite der Gewaltentrennung im Unternehmen302 virulent werden, wird angesichts dieser unternehmensinternen organschaftlichen Verschränkung nicht nur die Zusammenarbeit von Parlament und Aufsichtsrat als parlamentarische und unternehmerische Kontrollinstanzen beeinflußt, sondern steht die Intensität parlamentarischer Kontrollrechte insgesamt in Frage. Ein „glatter Schnitt“, ein Verzicht auf die Ausübung von Vorschlags- oder Entsendungsrechten und eine Beschränkung der legislativen Prüfung ausschließlich auf den parlamentarischen Raum wäre von daher durchaus plausibel. Neben dieser Form der unmittelbaren Einflußnahme kann der Staat auch indirekt auf die Besetzung des Aufsichtsrates einwirken, indem er für die zu wählenden oder von ihm zu entsendenden Vertreter bestimmte Anforderungen hinsichtlich meister qua Amt und Bestellung weiterer Vertreter per Ratswahl; hierzu auch Möller, Rechtliche Stellung S. 86 f. 299 Vgl. oben, Fn. 187 ff. 300 A.A. Ehlers, Verwaltung, S. 271 f. mit Fn. 109. In praxi sitzen sich Parlamentarier und Ministerialbeamte in Aufsichtsräten gegenüber, z. B. im Aufsichtsrat des Flughafens Frankfurt (www.fraport.de / cms / unternehmen / rubrik / 2 / 2387.aufsichtsrat.htm). Das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, S. 2, hält auch eine Entsendung sachkundiger Bürger in Aufsichtsräte für denkbar; ein ähnlicher Vorschlag – „sachverständige Personen, z. B. aus der Wirtschaft“ – sehen die Berufungsrichtlinien des Bundesfinanzministeriums (BMF [Fn. 229], Anlage 2, Ziff. I.2), vor. 301 Hierzu Prigge / Hammer, Optimierung, S. 64 f.; Brenner, AöR 2002, S. 249 f. So kann nach § 10 GO Landtag Schleswig-Holstein v. 8. 2. 1991, GVOBl., S. 85, zuletzt geändert am 9. 5. 2003, GVOBl., S. 282, der Finanzausschuß einen Unterausschuß für Unternehmensbeteiligungen einrichten. Zu parlamentarischen Informationsrechten etwa bei der Vereinbarung von Leistungsaufträgen (1. Teil, Kap. A, Fn. 33, 6. Teil, Kap. C, Fn. 212) siehe auch Keilmann, in: Hill (Hrsg.), Parlamentarische Steuerungsordnung, S. 140. 302 Vgl. hierzu weiter unten, einerseits Fn. 401, andererseits Fn. 395; zum – teilweise – gewaltenverschränkenden Geschäftsführerkomitee auch Fn. 288.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

der Qualifikation voraussetzt, die für eine substantielle Kontrolltätigkeit notwendig ist. Zu solchen Anforderungen zählen nicht nur das Verbot einer Interessenkollision303 oder ein der Aufgabe angemessenes Zeitbudget,304 sondern auch fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten, die dem jeweiligen Unternehmensgegenstand entsprechen. Wenn etwa verschiedentlich auf eine zu geringe Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder hingewiesen wurde, wird die Bedeutung der Professionalität nicht nur des Vorstands, sondern auch der Aufsichtsratsmitglieder offensichtlich.305 Zwar werden im Aktienrecht selbst lediglich persönliche Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder erwähnt,306 nicht zuletzt die Rechtsprechung hat aber ergänzende fachliche Kriterien aufgestellt: So muß ein Aufsichtsratsmitglied über fachliche Mindestkenntnisse und -fähigkeiten allgemeiner, wirtschaftlicher, organisatorischer und rechtlicher Art verfügen, „um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können“.307 Nicht erforderlich sind jedoch Spezialkenntnisse in allen Bereichen, zu denen etwa die Auswertung des Abschlußprüfungsberichts zählt; in die-

303 Beispiele von Interessenkollisionen bei Möller, Rechtliche Stellung, S. 88, 138, zur Haftung ebd. S. 210 f.; Röper, Der Staat 1998, S. 273 f.; vgl. auch Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 170 f.; Schmid, ZKF 2002, S. 7. Mögliche Interessenkonflikte sind im Deutschen Corporate Governance Kodex (Fn. 251), Ziff. 5.5, skizziert. Ausschließungs- und Befangenheitskriterien könnten in Anlehnung an §§ 20 f. VwVfG (so BMF [Fn. 229], Ziff. 55 f.; vgl. auch ebd., Anlage 2, Ziff. 3) im Verwaltungsgesellschaftsrecht konkretisiert werden. 304 Z. B. Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, S. 4; Deutscher Corporate Governance Kodex (Fn. 251), Ziff. 5.4.3. Nach Schmid, ZKF 2002, S. 6, stellt insbesondere auf kommunaler Ebene gerade der Zeitaspekt bei (ehrenamtlichen) Gemeinderäten ein Problem dar. 305 Qualifikationskriterien zur Erhöhung der Professionalität (kommunaler) Aufsichtsratsmitglieder fordert Gotzen, VR 2001, S. 166 f.; beispielhaft sei neben den ausführlichen Darlegungen bei Hille, Grundlagen, S. 87 ff., auf den Leitfaden des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, sowie auf die Anforderungen nach § 98 SächsGemO verwiesen (Abs. 1: erforderliche betriebswirtschaftliche Erfahrung und Sachkunde, Abs. 4: Möglichkeit der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen). Ferner Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 170 f. mit Fn. 274; Dreher, FS Boujong, S. 71; Theisen, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 76; mit dem Fokus „Managementerfahrung“ Obermann / Obermair / Weigel, JRP 2002, S. 179. Zum Vorrang sachlich-professioneller Kriterien vor politischen Gesichtspunkten bei der Bestellung des Aufsichtsrates auch Schedler, Corporate Governance, NZZ v. 19. 3. 2002, S. 29. 306 Insbesondere § 100 sowie § 105 AktG. Zum – gescheiterten – Ansatz, im KonTraG weitergehende Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder festzulegen, siehe Gotzen, VR 2001, S. 164. Die Berufungsrichtlinien des Finanzministeriums geben mit dem Kriterium der Geeignetheit „hinsichtlich ihrer Kenntnisse und Erfahrungen“ (BMF [Fn. 229], Anlage 2, Ziff. I.2) ebenfalls kaum Anhaltspunkte; hingegen könnte die – wenn auch anderen Zwecken dienende – Aufstellung der „Zehn Grundsätze zur Amtsführung für Regierungsmitglieder“ bei Gabriel, ZParl 2000, S. 330 f., einen ersten Ansatz bieten. Vgl. auch Böhm, Öffentlichprivate Partnerschaften, S. 222 f. 307 Nachfolgend BGHZ 85, 293, 295 ff.; BGHZ 114, 127, 132; Dreher, FS Boujong, S. 71, 73 ff.; Schmid, ZKF 2002, S. 6; Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, S. 9; ähnlich auch Deutsche Corporate Governance Kodex (Fn. 251), Ziff. 5.4.1.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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sen Fällen ist die Herbeiziehung eines Sachverständigen erlaubt und u.U. sogar verpflichtend. Da diese Mindestkenntnisse nicht nur, aber auch vom jeweiligen Unternehmensgegenstand abhängen, ist ein Bezug auf den Zusammenhang von erforderlicher (Fach-)Qualifikation und Unternehmensgegenstand sinnvoll.308 Einen zielführenden Ansatz können die Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung (GoÜ) bilden, für deren Umsetzung durch den Aufsichtsrat bestimmte Anforderungen an die personelle und fachliche Qualifikation erforderlich sind. Im Verwaltungsgesellschaftsrecht könnte sich mit explizitem Bezug auf die GoÜ die Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder insbesondere am Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit und Eigenständigkeit, der Funktionsgerechtigkeit und Sachverständigkeit oder auch am Grundsatz der Planung und Koordination orientieren.309 Hinsichtlich der unternehmensinternen „Umsetzung“ wäre zudem eine Beschränkung der Anzahl ehemaliger Vorstandsmitglieder im Aufsichtsrat als „Grundsatz der kritischen Distanz gegenüber der Unternehmensleitung“ zu prüfen.310 Damit könnte ein Ausufern des in der Praxis üblichen Wechsels von der Geschäftsführung zur Geschäftsüberwachung, der zwar Kontinuität in der Unternehmensentwicklung garantiert, gleichzeitig aber die Aufnahme neuer Anregungen von außen erschwert, verhindert werden. Allerdings ist die Beschränkung auf nur ein „aufgerücktes“ Aufsichtsratsmitglied insbesondere für größere Unternehmen zu restriktiv;311 eine Begrenzung auf zwei ehemalige Vorstände, wie es der Deutsche Corporate Governance Kodex fordert,312 erscheint realistischer. Gegenstand immer wiederkehrender Diskussionen ist die Frage eines Weisungsrechts der entsendenden Stelle gegenüber ihren Aufsichtsratsmitgliedern.313 Einerseits binden die vom Bundesfinanzministerium erlassenen Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen die Vertreter in Aufsichtsgremien an Weisungen 308 Hierzu Dreher, FS Boujong, S. 76 f.; Hille, Grundlagen, S. 89; vgl. auch Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, S. 3 f. Im übrigen können Mindestkriterien dem Aufsichtsratsmitglied Rechtssicherheit etwa bei Haftungsfragen vermitteln, hierzu Theisen, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 79 ff. 309 Umfassend Theisen, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 86 ff. 310 Rückle, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 138. Im übrigen wäre auch über die Größe des Aufsichtsrates nachzudenken, die Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen des BMF (Fn. 229) sehen in Ziff. 49 lediglich eine Beschränkung auf das „unbedingt Erforderliche“ vor, hierzu Wilting, DÖV 2002, S. 1018. Für die Schweiz verweist Schedler, Corporate Governance, NZZ v. 19. 3. 2002, S. 29, auf Bestrebungen, den Aufsichtsrat mit maximal neun Mitgliedern zu besetzen. 311 So im German Code of Corporate Governance (Fn. 252), hierzu auch Peltzer, in: v. Werder (Hrsg.), German Code of Corporate Governance, S. 54. 312 Deutsche Corporate Governance Kodex (Fn. 251); vgl. v. Werder, DB 2002, S. 806. 313 Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 276, bezeichnet diesen Bereich auch als „maßgebliches Referenzfeld verwaltungsgesellschaftsrechtlicher Modifikationsnotwendigkeit“. Zum Diskussionsstand Hüffer, AktG, § 394 Rn. 28; vgl. auch Säcker, FS Lieberknecht, S. 119 ff., 125 ff.; aus schweizerischer Sicht Forstmoser / Jaag, Staat als Aktionär, Ziff. 20 ff., 36 f., 68 ff.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

der entsendenden Behörde;314 auch sehen einzelne Gemeindeordnungen explizit oder implizit Weisungsrechte des Gemeinderates vor,315 wobei jedoch Sachsen zwischen Vertretern in Aufsichtsgremien der GmbH und der AG differenziert.316 Andererseits wird die Meinung vertreten, Weisungsrechte stünden der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder entgegen und seien daher unzulässig; eine entsprechende Klarstellung der Gemeindeordnungen sei angesichts der Begrenzung der Weisungsrechte durch entgegenstehendes Recht zwar nicht notwendig, aber „wünschenswert“.317 Nach Böhm lassen sich Weisungsrechte innerhalb der GmbH dann rechtfertigen, wenn es sich um einen fakultativen Aufsichtsrat handelt, da insoweit im Unterschied zur AG eine Durchbrechung der gesetzlich geregelten Kompetenzordnung nicht vorliege.318 Dem ist jedoch mit dem Vorbehalt zu begegnen, daß zwar die Struktur selbst und die Aufgaben des fakultativen Aufsichtsrates keinem „gesetzlichen Zwang“ folgen, mit der Inkorporation aktienrechtlicher Vorschriften durch Einrichtung eines GmbH-Aufsichtsrates jedoch die damit entstandene Kompetenzverteilung in Willensbildung, Geschäftsführung und (unabhängige) Aufsicht gewahrt bleiben muß.319 314 Für den Bund BMF (Fn. 229), Ziff. 112, wobei diese Weisungsgebundenheit nicht für die Leitungsebene eines Ministeriums gilt. Vgl. auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Weisungsgebundenheit von Aufsichtsratsmitgliedern in privatisierten Eisenbahn-Wohnungsgesellschaften (EWG), BVerwGE 111, 259, 275, mit der Begründung, eine Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder als Voraussetzung für eine Schadensersatzpflicht liege aufgrund des – vertraglichen – Ausschlusses der Schadensersatzpflicht nicht vor, eine Weisungserteilung sei daher zulässig. 315 Diese Regelungen gegenüber entsandten Mitgliedern nimmt Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 204 ff., als Argument für Weisungsrechte der verantwortlichen Kommunalorgane (S. 252). Jedoch werden diese Normen regelmäßig durch die Existenz entgegenstehender Gesetze relativiert, vgl. u. a. Art. 93 Abs. 2 S. 3 GO Bay, § 71 Abs. 1 S. 5 KV MV, § 113 Abs. 1 S. 2 f. GO NRW, „nur“ mit Bezug auf gesellschaftsrechtliche Bestimmungen § 88 Abs. 1 S. 6, Abs. 2 GemO RP, § 119 Abs. 1 S. 5 GO LSA. 316 § 98 Abs. 1 SächsGemO bindet kommunale Vertreter in der Gesellschafterversammlung der GmbH an Beschlüsse und Weisungen des Gemeinderates, für Vertreter im Aufsichtsrat der AG nach Abs. 2 fehlt eine entsprechende Regelung; vgl. hierzu auch Sollondz, LKV 2003, S. 299 mit Fn. 11. 317 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 236 f. (237); Gogos, Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 51; Möller, Rechtliche Stellung, S. 94 ff.; Müller, Rechtsformenwahl, S. 466 mit Fn. 331; Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 171 mit Fn. 277; zuletzt Will, VerwArch 2003, S. 261 f. Zur diesbezüglichen Weisungsunabhängigkeit als Unterschied zur Anstalt des öffentlichen Rechts Pielow, FS K. Ipsen, S. 742. Vgl auch § 104 Abs. 3 GemO BW: Aufsichtsratsmitglieder haben „. . .auch die besonderen Interessen der Gemeinde zu berücksichtigen“; interpretationsbedürftig indes § 113 Abs. 1 GO NRW: Gemeindevertreter im Aufsichtsrat „sind an die Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden“ (Hervorhebung d. Verf.); klarstellend § 9 Abs. 7 Mustergesellschaftsvertrag bei Vogel / Bäuerlein / Bindschädel / Reich, ZögU 2002, S. 356. 318 Böhm, Öffentlich-private Partnerschaften, S. 224 f. Vgl. auch § 108 Abs. 4 Ziff. 2 GO NRW: Zulässigkeit einer Beteiligung bzw. Gründung einer GmbH nur bei Weisungsrechten des Rates gegenüber dem fakultativen Aufsichtsrat.

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von Danwitz begründet ein Weisungsrecht gegenüber staatlich entsandten Aufsichtsratsmitgliedern damit, daß dieses Weisungsrecht als „punktuelle Korrektur des internen Entscheidungsprozesses“ geringfügigere Eingriffswirkungen entfalte „als die schon nach dem Gesellschaftsrecht zulässige Abberufung entsandter Aufsichtsratsmitglieder“. 320 Sofern es sich um nur punktuelle Korrekturen handelt, mag diese Feststellung richtig sein. Zum einen ist aber nicht zwingend davon auszugehen, daß es bei dieser Art von punktuellem Notfallrecht bleibt, zum anderen stellt sich die Frage, ob eine Verknüpfung (der Nichtbefolgung) von Weisungen und Abberufung im Sinne eines „argumentum a maiore ad minus“321 die im Gesellschaftsrecht implizit gezogenen Grenzen überschreiten würde: Zwar ist eine Abberufung aus wichtigem Grund zulässig und zweifellos stellt die Nichtbeachtung einer Weisung aus Sicht der entsendenden Behörde einen wichtigen Grund dar.322 Aus Sicht des Unternehmens steht jedoch die Weisungsunabhängigkeit im Vordergrund, die nicht durch die Abberufung wegen eines „Verstoßes“ gegen diesen unternehmerischen Grundsatz unterlaufen werden darf.323 Auch stehe, so Mann, dieses Instrument nur dem öffentlichen Gesellschafter, nicht jedoch privaten (Mit-)Gesellschaftern zur Verfügung; zudem bleibe eine Weisung gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern als Reaktion auf die Amtsführung der Öffentlichkeit gegenüber intransparent, nicht jedoch eine öffentlichkeitswirksame Abberufung.324 Daher kann die Argumentation des gerin319 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1108, bezieht sich hier zwar auf ein Urteil zur personellen Identität von Geschäftsführung und Aufsichsratsfunktion; daß zur effektiven Kontrolle aber auch Unabhängigkeit zählt, liege ebenso auf der Hand wie die Tatsache, daß sich niemand im Rechtssinne selbst kontrollieren könne, so das Urteil des OLG Frankfurt, GmbHR 1982, S. 159, zitiert nach K. Schmidt, ebd. Vgl. auch Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 308; Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 134. 320 AöR 1995, S. 627; für entsandte Aufsichtsräte im Ergebnis wohl auch Brenner, AöR 2002, S. 242 f. Zur Gleichbehandlung entsandter und gewählter Aufsichtsräte immer noch maßgeblich BGHZ 36, 296, 306; vgl. auch Hille, Grundlagen, S. 90 ff. 321 v. Danwitz, AöR 1995, S. 627, Kämmerer, Privatisierung, S. 269 mit Fn. 724. 322 Allerdings können auch geänderte Mehrheitsverhältnisse im Rat aus Sicht der Gemeinde ein wichtiger Grund sein, der ihr nicht das Recht der Abberufung einräumt; zur entsprechenden Entscheidung des OVG Münster Schwintowski, NJW 1995, S. 1320. 323 So schon Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 237; Möller, Rechtliche Stellung, S. 132 f.; Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 263 f.; ein Weisungsrecht grundsätzlich auch verneinend Brenner, AöR 2002, S. 241 ff.; Hardrath, SächsVBl. 2003, S. 58. Eine Relativierung der Weisungsfreiheit über dienst- bzw. beamtenrechtliche Weisungsgebundenheit wird ebenfalls zu Recht abgelehnt, so etwa R. Schmidt, ZGR 1996, S. 354; Ehlers, Verwaltung, S. 136 f.; im Anschluß Brenner, AöR 2002, S. 243; vgl. aber noch BGHZ 36, 296, 303 f. 324 Mann, Verwaltung 2002, S. 294; Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, S. 5, mit Bezug auf Jürgen Keßler, Die kommunale GmbH, GmbHR 2000, S. 71 ff., 77: Es widerspräche „den Geboten einer funktionalen Unternehmenspublizität . . . , durch die Einrichtung eines ,Aufsichtsrats‘ den Anschein ausreichender Risikovorsorge bei der Überwachung der Leitungstätigkeit zu erwecken und andererseits die Mitglieder des Überwachungsorgans in Abhängigkeit von fremden Gesetzen der zentralen Funktionsbedingung ihrer Tätigkeit zu berauben“.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

geren Mittels weder beim Aufsichtsrat der AG325 noch beim gleichermaßen unabhängigen fakultativen Aufsichtsrat der GmbH326 greifen. Als einzig akzeptable Weisung kann die von Schön formulierte Verpflichtung des Aufsichtsrates, „die Anliegen des staatlichen Gesellschafters dem Plenum des Aufsichtsrates bekannt zu geben und zu verdeutlichen“,327 als Pflicht in ein Verwaltungsgesellschaftsrecht aufgenommen werden. Zudem muß hier nicht ein defizitärer Bereich rechtlich ausgefüllt werden, wie es etwa im Verwaltungsprivatrecht mit der Überlagerung des Privatrechts durch öffentlich-rechtliche Bindungen anzunehmen ist328; vielmehr sind zur Wahrung des Unternehmensinteresses als Gegenstand des Gesellschaftsrechts – und nicht eines allgemeinen, satzungsrechtlich nicht verankerten öffentlichen Interesses – durchaus entsprechende gesellschaftsrechtliche Instrumente wie etwa die Sorgfaltspflicht des Aufsichtsratsmitglieds nach § 116 AktG vorgesehen.329 Die janusköpfige Stellung des öffentlichen Vertreters im Aufsichtsrat zwischen zwei Rechtsverhältnissen – hier öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, dort gesellschaftsrechtlich geprägte Überwachungstätigkeit – hat letztlich keinen Einfluß auf seine Funktion im Aufsichtsrat: Diese wird ausschließlich durch gesellschaftsrechtliche Vorgaben geprägt.330 Nicht zuletzt widerspricht die Übernahme eines typischen öffentlich-rechtlichen Instruments „administrativer Leitung“, das ein „reguläres Mittel zur Herstellung sachlicher Legitimation im nachgeordneten Bereich“ darstellen soll, wie von Danwitz in diesem Zusammenhang hervorhebt,331 der Systemgerechtigkeit in besonderem Maße, da es sich bei der privatrechtlich organisierten Verwaltung zwar auch um Verwaltung, aber eben nicht um – rechtlich unselbständige – Verwaltung im nachgeordneten Bereich handelt.332 So auch Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 222. Zur Unzulässigkeit der Weisungserteilung auch beim fakultativen Aufsichtsrat Schön, ZGR 1996, S. 452; a.A. Pfeifer, Möglichkeiten, S. 157 f.; Schmid, ZKF 2002, S. 5; R. Schmidt, ZGR 1996, S. 354; Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 225; auch Brenner, AöR 2002, S. 247, thematisiert nur die Weisungsunabhängigkeit des obligatorischen Aufsichtsrates. Möller, Rechtliche Stellung, S. 224 ff., gibt die durchaus kontroverse Diskussion bezüglich dieses dispositiven Überwachungsorgans wieder. 327 ZGR 1996, S. 450. Insoweit kann die öffentliche Hand „nur auf die soziologisch gegründete Verhaltenserwartung vertrauen“, das öffentliche Interesse werde „im Rahmen und in Übereinstimung mit dem Unternehmensinteresse“ verwirklicht, so Säcker, FS Lieberknecht, S. 128. 328 Zu dieser Argumentation Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 237, 253. 329 Allgemein Spannowsky, ZGR 1996, S. 423. Nach Schwintowski, NJW 1995, S. 1318, ist es „allein Sache der entsandten Aufsichtsratsmitglieder“, ob und wieweit sie „gesamtwirtschaftliche Gesichtspunkte und das Allgemeinwohl im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit und der satzungsmäßigen Unternehmensziele angemessen berücksichtigen“. Vgl. auch BGHZ 36, 296, 307. 330 So Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, S. 4 f. 331 AöR 1995, S. 627. 325 326

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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Wenn demgegenüber Möller Weisungen grundsätzlich für zulässig hält, sofern sie nicht über „unverbindliche Anregungen und Empfehlungen“ hinausgehen,333 stellt sich die Frage, ob es zwischen einem dem Gesellschaftsrecht entgegenstehenden Weisungsrecht und unverbindlichen Anregungen oder Hinweisen eine dritte Möglichkeit gibt, die Aufsichtsratsmitglieder auf Einhaltung von Beschlüssen des Rates oder des Parlaments zu verpflichten. Hier könnte etwa der Abschluß von Zielvereinbarungen zwischen Unternehmensträger und entsandtem Mitglied eine vermittelnde Rolle einnehmen:334 Einerseits müssen Zielvereinbarungen, die nicht den Weg festlegen sollen, sondern vorrangig das Ergebnis formulieren, nicht in die Eigenverantwortlichkeit eingreifen, sondern sollen diese fördern;335 andererseits gehen sie über reine Verhaltensregeln hinaus, indem ein Ziel benannt wird, dessen Realisierung überprüfbar ist.336 Sofern die vorgegebenen Ziele, wie etwa die Verdeutlichung öffentlicher Belange bei der Überwachung der Unternehmensführung, nachhaltig nicht erfüllt werden,337 kann von einem Vertrauensverlust zwischen Anteilseigner und Repräsentanten ausgegangen werden, der eine Abberufung rechtfertigt.338 Anders verhält es sich mit Informationspflichten entsandter Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der entsendenden Stelle: Aufgrund der nach §§ 394 AktG möglichen Lockerung einer grundsätzlichen Verschwiegenheitspflicht, wie sie nach § 116 i.V.m. § 93 Abs. 1 AktG auch für Aufsichtsratsmitglieder gilt, stehen Berichtspflichten für Unternehmen mit staatlicher Beteiligung dem Gesellschafts332 So auch Püttner, DVBl. 1975, S. 355, der zudem eine Analogie zur Wirtschaftsaufsicht verneint; vgl. auch Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 292 f., sowie Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 223 ff., 306 ff. 333 Rechtliche Stellung, S. 103 ff.; ähnlich Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht (Fn. 179). 334 Mit Zielvereinbarungen gegenüber den Beteiligungen ähnlich Bals, Vorschläge, S. 32 f. Zu dieser Form materieller Steuerung bei Privatisierung schon Hill, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung, S. 316. Machura, in: Edeling u. a. (Hrsg.), Öffentliche Unternehmen, S. 102 f., stellt den Zusammenhang der Zielkonzeption für öffentliche Unternehmen mit dem Neuen Steuerungsmodell, insbesondere mit Zielvereinbarungen, heraus. Zu Zielvereinbarungen allgemein 6. Teil, Kap. C, Fn. 216 ff. 335 So etwa Hill, in: Ziekow (Hrsg.), Handlungsspielräume, S. 142 ff., auch und gerade mit Blick auf das beamtenrechtliche Treue- und Fürsorgeverhältnis als Ausdruck einer „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ (S. 145). 336 Dies umfaßt auch den von Hill, in: Ziekow (Hrsg.), Handlungsspielräume, S. 142, geforderten „regelmäßigen Kommunikationszwang, der Erfolgskontrollen und Nachsteuerungen einschließt“. Auch Püttner, DVBl. 1975, S. 356, bezeichnet die Sicherstellung „der im öffentlichen Recht verankerten Bindungen“ als Grundgedanken der Einwirkungspflicht und stellt fest, daß es auf das Ergebnis – nach Diktion des Neuen Steuerungsmodells somit auf „output“ und „outcome“ – ankomme. 337 Allerdings muß es sich um von den Beteiligten beeinflußbare Ziele handeln; allgemein zu diesem Problem Tondorf / Bahnmüller / Klages, Steuerung, S. 212 f. 338 Zur Abberufung in der AG vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 833 f. Zu Recht betont Kämmerer, Privatisierung, S. 273, daß es sich um eine Modifizierung, nicht aber um eine Abschaffung der Verschwiegenheitspflicht handelt.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

recht nicht entgegen und sind daher unumstritten.339 Allerdings bestimmt sich die Weitergabe insbesondere vertraulicher Angaben bzw. von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der Gesellschaft nach dem Zweck der Berichterstattung und erfolgt aufgrund pflichtigen Ermessens des Aufsichtsratsmitglieds.340 Ob die Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Behörde – bzw. der Beteiligungsverwaltung – oder gegenüber dem Parlament berichtspflichtig sind, hängt von der Art der Entsendung ab:341 In jedem Fall muß der entsendenden Stelle auch das Recht der Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder als actus contrarius zukommen;342 dieses setzt jedoch entsprechende Informationen über die Leitung des Unternehmens, über wesentliche Strategien der Geschäftsführung sowie über „das aufgabenrelevante Entscheidungsverhalten“ sowohl der Geschäftsführung als auch der Überwachungsorgane voraus.343 Steht die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder oder die Ausübung des Entsenderechts dem Parlament zu, muß ihm – oder dem zuständigen Ausschuß – somit auch ein unmittelbares Informationsrecht eingeräumt werden.344 In diesem Zusammenhang könnte sich allerdings die „Gewährleistung des Geheimnisschutzes“345 nach § 395 AktG als problematisch erweisen: Da die seitens der öffentlichen Hand entsandten oder gewählten Aufsichtsratsmitglieder von der Verschwiegenheitspflicht befreit sind, muß zum Schutz des Unternehmens gewährleistet sein, daß die Personen, die mit vertraulichen Informationen befaßt sind, ihrerseits das Gebot der Verschwiegenheit ohne Einschränkung beachten. Damit stellt sich die Frage, inwieweit das Parlament oder der Gemeinderat überhaupt Adressat der Berichte sein können und ob entsprechende gesetzliche Regelungen in den Haushaltsordnungen und Gemeindeordnungen346 greifen. So argumentiert beispielsweise Möller, die Größe des Parlaments oder seiner Ausschüsse 339 Ausführlich mit rechtsvergleichenden Hinweisen auf gesetzliche Berichtspflichten in den Gemeindeordnungen Will, VerwArch 2003, S. 251 ff., der zudem zwischen der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern der AG, bezogen auf vertrauliche Angaben gegenüber dem Aktionär einerseits, und der von Aufsichtsratsmitgliedern der GmbH (grundsätzlich keine Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Gesellschafter) differenziert. Zur Bedeutung von §§ 394 f. AktG auch Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 331 f. 340 Hüffer, AktG, § 394 Rn. 44. Ähnliches gilt für Berichte über vertrauliche Angaben ohne Bedeutung etwa für Prüfzwecke: Hier hat ebenfalls eine Abwägung hinsichtlich des Informationsumfangs stattzufinden, so u. a. Möller, Rechtliche Stellung, S 153. 341 Hierzu Fn. 298. Zum Adressaten der Berichtspflichten auch Möller, Rechtliche Stellung, S. 77; Brenner, AöR 2002, S. 249; Spannowsky, ZGR 1996, S. 426. 342 v. Danwitz, AöR 1995, S. 625 mit Fn. 110. 343 Vgl. u. a. v. Danwitz, AöR 1995, S. 623 f. 344 Prigge / Hammer, Optimierung, S. 45; vgl. auch R. Schmidt, ZGR 1996, S. 352, mit Blick auf kommunale Regelungen wie § 98 Abs. 1 S. 7, Abs. 2 S. 4 SächsGemO. A. A. Möller, Rechtliche Stellung, S. 158 ff. 345 Will, VerwArch 2003, S. 263. 346 Vgl. die Hinweise in Fn. 339.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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stelle ein immenses Risiko hinsichtlich der notwendigen Geheimhaltung dar, eine Berichtspflicht gegenüber dem demokratisch legitimierten Willensorgan erscheine hier als eine § 395 Abs. 2 AktG entgegenstehende „faktische Veröffentlichung“.347 Jedoch hat diese Argumentation aus folgenden Gründen letztlich keinen Bestand: Zum einen wird zu Recht darauf hingewiesen, daß das Aufsichtsratsmitglied bei der Weitergabe von vertraulichen Angaben darauf achten muß, den Kreis der „Eingeweihten“ nicht unverhältnismäßig zu erweitern, um die körperschaftsinterne Geheimhaltung insbesondere der im Wettbewerb wichtigen Daten zu wahren.348 Ist dies mit Blick auf das Gesamtparlament fraglich, kann eine Vertretung des Parlaments – wie etwa ein Ausschuß – als Adressat gewählt werden. So wäre die Berichterstattung der gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder gegenüber einem parlamentarischen Beteiligungsausschuß ein durchaus gangbarer Weg, um einerseits die Verschwiegenheitspflicht im Grundsatz nicht auszuhebeln,349 andererseits aber der Informationspflicht nachzukommen.350 Zum anderen existieren parlamentarische Gremien, die für durchaus sensible Bereiche zuständig sind und der besonderen Geheimhaltungspflicht unterliegen. So gilt im Bundestag beispielsweise für die Beratungen sowohl des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes als auch der G 10-Kommission zur Kontrolle der Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses der Grundsatz der Geheimhaltung.351 Eine ähnliche Vertraulichkeit seiner Beratungen und Beschlüsse kann etwa der Unterausschuß Unternehmensbeteiligungen des Landtags Schleswig-Holstein352 beschließen.

b) Die Geschäftsführung Da der Staat auf die Besetzung des Vorstandes einer AG keinen unmittelbaren Einfluß hat, kann er neben der gesetzlichen Formulierung von persönlichen und fachlichen Anforderungen nur durch eine sorgfältige Auswahl der Mitglieder des Aufsichtsrats als dem die Geschäftsführung bestellenden Organ an der Besetzung des Vorstandes immerhin mittelbar beteiligt werden.353 Zwar ist eine Weisung im

Möller, Rechtliche Stellung, S. 159 f.; vgl. auch Hüffer, AktG, § 394 Rn. 43. Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Qualifikation, S. 8. 349 Möller, Rechtliche Stellung, S. 159. 350 Vgl. oben, zu Fn. 301, ferner Prigge / Hammer, Optimierung, S. 43, 64; Brenner, AöR 2002, S. 249 f., für die kommunale Ebene Hille, Grundlagen, S. 94. 351 Ähnlich jetzt auch Schorkopf, NVwZ 2003, S. 1473 f., bezüglich der Konzessionsverträge mit dem Konsortium Toll Collect nach dem ABMG. 352 Fn. 301. Insoweit überzeugt der Einwand von Weisel, Privatisierung und Beleihung, S. 230 f. (231), es fehle an der für eine wirksame Kontrolle notwendigen Öffentlichkeit, nur bedingt. 347 348

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Hinblick auf die Bestellung einer vom Unternehmensträger ausgewählten Persönlichkeit zum Vorstandsmitglied nicht zulässig,354 denkbar wären hingegen im Verwaltungsgesellschaftsrecht zu berücksichtigende Vorschlagsrechte des Unternehmensträgers – in diesem Falle des Parlaments oder der zuständigen Behörde – für die Besetzung von Vorstandspositionen gegenüber dem Aufsichtsrat wie auch eine Beschränkung der Möglichkeit, Landes- oder Bundesbedienstete mit der Geschäftsführung zu beauftragen.355 Demgegenüber kann der Unternehmensträger auf die Bestellung der Geschäftsführer der GmbH in verschiedener Weise nachhaltigen Einfluß356 ausüben und diese Möglichkeiten auch vertraglich festlegen: Sofern eine GmbH ohne Aufsichtsrat eingerichtet wird, sind die Geschäftsführer im Regelfall durch die Gesellschafterversammlung insgesamt zu wählen; eine Bestellung direkt im Vertrag357 oder die vertragliche Verankerung eines entsprechenden Sonderrechts eines Gesellschafters – der Kommune oder des Landes bzw. des Bundes – auf Bestellung der Geschäftsführer ist jedoch auch möglich.358 Zwar kommt in einer GmbH mit einem Aufsichtsrat als Überwachungsorgan automatisch Aktienrecht zur Geltung, so daß die Bestellung der Geschäftsführung dem Aufsichtsrat obliegt; auch hier kann der Gesellschaftsvertrag die Bestellung des Geschäftsführers entweder durch die Gesellschafterversammlung insgesamt oder als Sonderrecht zugunsten eines Gesellschafters bestimmen. Für das Verwaltungsgesellschaftsrecht sollte die letzt353 Zur Bestellung des Vorstands durch den Aufsichtsrat als Aufgabe mit einem „besonders sensiblen Charakter“, die „eine fundierte Entscheidungsgrundlage“ erfordere, v. Werder, DB 2002, S. 806. 354 Dies scheidet schon aufgrund der Weisungsfreiheit aus; vgl. auch Semler, FS Lutter, S. 722 f. 355 Ähnliche Vorschlagsrechte werden für die Bestellung des Aufsichtsrates durch die Hauptversammlung geregelt, diese ist jedoch nur an Wahlvorschläge gebunden, die sich aus dem Montan-Mitbestimmungsgesetz ergeben (§ 101 Abs. 1 S. 2 AktG). Ein Vorschlagsrecht des Unternehmensträgers im Sinne einer Anregung (auch wenn es in verwaltungsbeherrschten Unternehmen faktisch einem Antrag gleichkäme) würde daher nicht gegen das Gesellschaftsrecht verstoßen. Zur grundsätzlichen Möglichkeit, Angehörige des öffentlichen Dienstes oder Abgeordnete zum Geschäftsführer oder zum Vorstandsmitglied zu bestellen, siehe BMF (Fn. 229), Anlage 2, Ziff. III 3. 356 Ausgenommen ist hier die mitbestimmte GmbH, die einen Aufsichtsrat zu bestellen hat, der strukturell und kompetenziell im wesentlichen dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft gleichgestellt ist und somit den Geschäftsführer bestellt, vgl. u. a Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 341. 357 Zwar sichert die vertragliche Festlegung einen nachhaltigen Einfluß auf die Wahl der Geschäftsleitung, dies geht jedoch wegen der Modalität einer Satzungsänderung zu Lasten der Flexibilität. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im verwaltungsbeherrschten Unternehmen wird aber auch durch eine Wahl der Einfluß nicht geschmälert. 358 Ehlers, Verwaltung, S. 132 f.; Brenner, AöR 2002, S. 245. Die Stärke der Geschäftsführung, die mindestens zwei Mitglieder umfassen muß (BMF [Fn. 229], Ziff. 94, Wilting, DÖV 2000, S. 1020; speziell für Kreditinstitute aus europarechtlicher Perspektive U. Schneider, ZGR 1996, S. 228), ist im Gesellschaftsvertrag festzulegen, für die privatisierte Bundesdrukkerei etwa in § 8 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag (2. Teil, Kap. A, Fn. 112).

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genannte Variante als Regelfall aufgenommen werden, da diese dem Staat als dem Mehrheitsgesellschafter nicht nur bei der Bestellung, sondern auch bei der jederzeitigen Abberufung größte Flexibilität bei weitreichenden Einwirkungsmöglichkeiten bietet.359 Einwirkung auf die Geschäftsführung können bei der GmbH zudem durch die Erteilung von Weisungen intensiviert werden. Sowohl die Gesellschafterversammlung als auch der Aufsichtsrat sind gegenüber den Geschäftsführern, denen es an der den Vorstand charakterisierenden eigenständigen und selbstverantwortlichen Position mangelt, weisungsberechtigt;360 lediglich direkte Durchgriffe des Unternehmensträgers auf die Geschäftsführung verstoßen gegen die Rechte der Unternehmensorgane und damit gegen die gesellschaftsrechtliche Verfassung361. Sofern in einer GmbH allerdings ein Aufsichtsrat besteht, bedarf es für Weisungen der Gesellschafterversammlung einer entsprechenden Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag, da anderenfalls von der Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften auszugehen ist.362 Werden der Gesellschafterversammlung entsprechende Rechte zugesprochen, sollen sich diese jedoch nicht auf den gewöhnlichen Geschäftsgang beziehen; eine Weisungserteilung im Rahmen der „laufenden Geschäfte“ als Bestandteil der Überwachung der Geschäftsführung ist in die Hände eines Aufsichtsrates zu legen. Für grundlegende Angelegenheiten hingegen können im Verwaltungsgesellschaftsrecht spezifische Einflußmöglichkeiten der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung vorbehalten bleiben, um dem Unternehmensträger die Möglichkeit zu geben, seinerseits durch Weisung staatliche Vertreter in der Gesellschafterversammlung zu einem abgesprochenen Abstimmungsverhalten und zu bestimmten Anordnungen gegenüber der Unternehmensleitung zu verpflichten.363 Analog zu verwaltungsgesellschaftsrechtlich normierten Qualifikationsanforderungen an Aufsichtsratsmitglieder können auch für die Geschäftsführung fachliche und persönliche Mindestanforderungen festgelegt werden, die bei der Bestellung durch den Aufsichtsrat oder bei der Wahl durch die Gesellschafterversammlung bzw. im Rahmen der vertraglich festzulegenden Sonderrechte zu beachten sind. 359 Vgl. u. a. Kämmerer, Privatisierung, S. 272. Das Finanzministerium (BMF [Fn. 229], Ziff. 92) hat dies nur als Kann-Bestimmung ausgestaltet. 360 § 37 Abs. 1 GmbHG; vgl. hierzu u. a. Zugmaier, BayVBl. 2001, S. 236; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 329, sowie Brenner, AöR 2002, S. 245. 361 Vgl. jedoch Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 252, mit dem Vorschlag unmittelbarer Weisungsrechte der verantwortlichen Kommunalorgane. 362 So Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 237; vgl. auch Ehlers, Verwaltung, S. 133 f. mit Fn. 130; Zugmaier, BayVBl. 2001, S. 236. 363 Vgl. die Ansätze bei Vogel / Bäuerlein / Bindschädel / Reich, ZögU 2002, S. 354 f. Zu Weisungsrechten der Kommunen gegenüber Vertretern in der Hauptversammlung (bzw. unmittelbar gegenüber der Geschäftsführung von Eigengesellschaften) Pfeifer, Möglichkeiten, S. 157; Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 321; stellvertretend § 104 Abs. 1 S. 3 GemO BW, § 113 Abs. 1 GO NRW.

19 John-Koch

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Zwar lassen sich keine konkreten Fähigkeiten und Kenntnisse verbindlich festmachen, da diese nach Größe und Unternehmensbranche variieren können und müssen. Gesetzlich normiert sind nur einige generelle Verhaltensregeln, wie etwa die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit des Vorstands nach § 93 AktG bzw. die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach § 43 GmbHG; eine Kongruenz zwischen fachlichen Kenntnissen und dem Unternehmensgegenstand könnte zwar als Anforderung an die Geschäftsleitung ausdrücklich formuliert werden,364 sollte aber im Grunde eine Selbstverständlichkeit sein. Daneben existieren auch selbstverpflichtende Kodices, wie etwa die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung (GoU), die diese Sorgfaltspflichten konkretisieren, gleichzeitig aber auch eine Grenze markieren, um „überzogenen Anforderungen an das Top-Management zu begegnen“.365 Neben den Grundsätzen der (rechtlichen) Zulässigkeit und der (ökonomischen) Zweckmäßigkeit ist insbesondere der Grundsatz der (sozialen und ethischen) Zuträglichkeit hervorzuheben, der als Richtschnur für Entscheidungen der Unternehmensleitung sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene eine Orientierung an ausschließlich ökonomischen Kriterien relativieren und um allgemeine ethische Standards bzw. die „moralischen Vorstellungen des gesellschaftlichen Umfeldes“ ergänzen soll.366 Bereits im Zusammenhang mit der Umsetzung des Deutschen Corporate Governance Kodex und in den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensführung in allgemeiner Form erwähnt,367 bilden diese Grundsätze einer sozialen Verantwortung368 gerade auch für die Leitung verwaltungsbeherrschter Unternehmen als Verwaltung in Privatrechtsform einen Ansatz, um gemeinwohlbezogene Verpflichtun364 Etwa § 6 Abs. 2 der Satzung der Deutschen Telekom AG: „Die Mitglieder des Vorstands sollen hervorragende Kenner des Telekommunikationswesens, der Wirtschaft oder der Unternehmensführung sein“ (www.telekom.de/ipl2/statics/11523/downloads/Satzung_dt.pdf). 365 Vgl. etwa v. Werder, Unternehmensleitung, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 30 ff. 366 v. Werder, Unternehmensleitung, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 39 ff. (42), nennt Beispiele (Einhaltung bestimmter Standards im Umwelt- und Arbeitsrecht, Ächtung von Korruption), die als Prüfraster für ein Engagement im Ausland anzulegen sind (S. 41). 367 Vgl. oben, Fn. 272. 368 Zu den Grundsätzen sozialer Verantwortung (Fn. 236) kann z. B. die Beachtung der Lohn- und Gehaltstarife bei Vergabe öffentlicher Aufträge zählen, so im Entwurf des Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen und zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen, BT-Drs. 14 / 7796 v. 12. 12. 2001; zur Tariftreue als bislang unzulässiges Vergabekriterium Dreher, in: Immenga / Mestmäcker (Hrsg.), GWB-Kommentar, § 97 Rn. 137. Diese Regelung würde allerdings nach Verabschiedung des Tariftreuegesetzes, das über § 130 GWB auch für öffentliche Unternehmen als öffentlicher Auftraggeber gelten soll, zu den Grundsätzen der rechtlichen Zulässigkeit zählen und damit „die Verbindlichkeit der zugrundeliegenden moralischen Standards“ untermauern, hierzu v. Werder, Unternehmensleitung, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 40. Ein solches Gesetzgebungsverfahren haben die Länder Nordrhein-Westfalen (Tariftreuegesetz Nordrhein-Westfalen – TariftG NRW v. 17. 12. 2002, GVBl. 2003, S. 8) und Schleswig-Holstein (Gesetz zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen – Tariftreuegesetz v. 28. 3. 2003, GVOBl. S. 136, ber. S. 283) abgeschlossen.

E. Grundzüge eines Rechts der öffentlichen Unternehmen

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gen als Handlungsmaxime unternehmerischer Tätigkeit zu instrumentalisieren und die Führungsebene bei ihren Entscheidungen auf diese Prinzipien zu verpflichten, ohne gesellschaftsrechtliche Handlungs- und Entscheidungslogiken mittels ihrer Überformung durch öffentlich-rechtliche Bindungen zu strapazieren.369 Um die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung soweit zu konkretisieren, daß sie als Zuständigkeiten des Vorstands in einem Rahmengesetz für verwaltungsbeherrschte Unternehmen Berücksichtigung finden können, empfiehlt es sich, neben den Allgemeinen Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Zulässigkeit und Zuträglichkeit besondere Leitlinien zumindest zu benennen, um den Verantwortungsbereich des Vorstands auch inhaltlich abzustecken. Die Führung eines verwaltungsbeherrschten Unternehmens hat sich somit in besonderem Maße an essentiellen Handlungs- und Systemgrundsätzen370 auszurichten, deren Umsetzung der Aufsichtsrat aufgrund seiner Überwachungsverantwortung zu prüfen hat.371

c) Die Haupt- oder Gesellschafterversammlung Neben Regelungen zu den unternehmensinternen Leitungs- und Überwachungsorganen sind spezifische Vorschriften zur Vertretung des Staates in der Hauptversammlung bzw. in der Gesellschafterversammlung in ein Verwaltungsgesellschaftsrecht aufzunehmen. Zwar sehen die Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen einzelne Entsendungs- und Verhaltensregeln vor,372 diese sind aber zum Teil fakultativ gehalten. Hingegen wäre in einem verwaltungsgesellschaftsrechtlichen Rahmengesetz zunächst der Kreis zu bezeichnen, der die Interessen des Staates in der Haupt- oder Gesellschafterversammlung vertreten soll.373 Ähnlich wie 369 Hardraht, SächsVBl. 2003, S. 59, bezieht sich insoweit auf den Grundsatz „Erfolg durch Personen- und nicht durch Sachsteuerung“. 370 Vgl. hierzu die Ausführung bei v. Werder, Unternehmensleitung, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 43 ff. Während die Handlungsgrundsätze Richtlinien hinsichtlich des Wie, d. h. über die Art der Aufgabenwahrnehmung enthalten, legen die Systemprinzipien mit Aufgaben-, Organisations-, Kooperations- und Personalgrundsätzen detaillierte Leitlinien über Inhalt und Struktur der Kompetenzwahrnehmung fest. 371 Vorschläge zur Überwachung der GoU (periodische Kontrolle der Systemgrundsätze, permanente Kontrolle der Handlungsgrundsätze) bei v. Werder, DB 1999, S. 2223. 372 Vgl. etwa BMF (Fn. 229), Ziff. 13 (fakultatives Weisungsrecht der Gesellschafter gegenüber der Geschäftsführung), Ziff. 31 (Informationspflichten staatlicher Vertreter gegenüber dem zuständigen Ministerium u. a. bei Änderung des Nennkapitals oder des Unternehmenszwecks), Ziff. 120 (Unvereinbarkeit einer Mitgliedschaft in Aufsichtsrat und Haupt- / Gesellschafterversammlung innerhalb eines Unternehmen bei möglicher Interessenkollision), Ziff. 122 (Verankerung der Entlastung des GmbH-Aufsichtsrates durch die Gesellschafterversammlung), Ziff. 124 (grundsätzliche Protokollpflicht). 373 Auf kommunaler Ebene entscheidet im Falle der Eigengesellschaft unmittelbar der Gemeinderat (so Pfeifer, Möglichkeiten, S. 157), anderenfalls ist i. d. R. der Bürgermeister qua Amt Vertreter, weitere Vertreter werden vom Rat – zum Teil nach Parteienproporz – gewählt; so u. a. § 88 Abs. 1 GemO RP, § 119 Abs. 1 GO LSA; demgegenüber § 113 Abs. 2 GO NRW:

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bei den Vorschlags- und Entsendungsrechten für Mitglieder des Aufsichtsrats können sich auch hier Parlament und Regierung gegenüberstehen. Für beide Gewalten können gute Gründe geltend gemacht werden – hier das Volk als eigentlicher Anteilseigner und seine Vertretung, dort die Exekutive als verantwortliches Organ für die Ausübung der vollziehenden Gewalt (in Privatrechtsform). Einerseits ist mit der Privatisierung „lediglich“ die Auslagerung öffentlicher Mittel aus dem Bundes- oder Landeshaushalt, die dem unmittelbaren parlamentarischen Budgetrecht und damit parlamentarischer Kontrolle unterliegen, verbunden, nicht jedoch der Übergang auf die Exekutive. „Anteilseigner“ ist weiterhin das Volk, das seine Rechte auch in verwaltungsbeherrschten Unternehmen durch das Parlament als Treuhänder374 wahrnehmen lassen kann, sei es durch die Entsendung von Parlamentariern in die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung oder durch vom Parlament zu bestellende Vertreter. Allerdings muß dann das Recht der Weisungserteilung an die Vertreter in diesen Gremien375 eindeutig beim Parlament oder einem seiner Ausschüsse liegen,376 da anderenfalls eine parlamentarische Entsendung bei gleichzeitiger Weisungserteilung durch die Exekutive möglich wäre. Andererseits wird der Exekutive auf der Grundlage eines Parlamentsbeschlusses zur Privatisierung377 die treuhänderische Verwaltung der finanziellen Mittel überantwortet und damit auch die Wahrnehmung der Rechte der Anteilseigner in der Hauptversammlung. Aus dieser Sicht verhält sich die Entscheidung über Unternehmenspolitik und Mittelverwendung analog zur Situation innerhalb der unmittelbaren Verwaltung, in der ebenfalls die Verantwortung für die Ressourcenverwaltung zur Ausführung der Gesetze der Exekutive obliegt. Insbesondere das Argument der Weisungserteilung gibt Anlaß, in diesem Fall von der traditionellen Zuständigkeitsverteilung zwischen Legislative und Exekutive nicht abzurücken und der Exekutive das Recht zur Entsendung gerade in die Willensbildungsorgane verwaltungsbeherrschter Unternehmen einzuräumen. Des weiteren wären auch hier einige Bestimmungen im Sinne einer Zuständigkeitsregelung aufzunehmen, so etwa mit Blick auf die GmbH neben den Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats eventuell vergleichbare Rechte der Gesellschafterversammlung für „wesentliche“ Unternehmensentscheidungen, auf die der Unternehmensträger mit der Möglichkeit zur Weisungserteilung unmittelbar Einfluß nehmen kann. Auch die Übernahme neuer Aufgaben von besonderer Bedeutung im Rahmen des Unternehmensgegenstands kann dem Beschluß der GesellDer Vertreter wird durch Ratswahl bestimmt; bei mehreren Vertretern ist der Bürgermeister zu berücksichtigen. 374 Vgl. hierzu Oettle, in: Harms / Reichard (Hrsg.), Ökonomisierung, S. 114. 375 Zu diesen Stimmrechtsbindungsverträgen u. a. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, S. 286 ff. m. w. N. 376 Zur Kongruenz von Entsendungs- und Weisungsbefugnis Fn. 342. 377 Vgl. 2. Teil, Kap. A, Fn. 92; für einen organisationsrechtlichen Gesetzesvorbehalt bei formeller Privatisierung plädiert auch Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 352 f.

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schafterversammlung unterworfen werden, um zusätzliche, nicht der Satzungsänderung unterliegende unternehmerische Betätigungen über das Instrument der Weisungserteilung politisch-legitimatorisch rückzukoppeln.378 Diese Rechte müßten jedoch aufgrund des „konkurrierenden“ Aufsichtsrats konkret benannt werden.379 Hinsichtlich der Entlastung des Aufsichtsrats durch die Gesellschafter- bzw. die Hauptversammlung wäre eine Berücksichtigung der entsprechenden Regelung in den Hinweisen des Finanzministeriums, wonach die Entlastung des GmbH-Aufsichtsrates durch die Gesellschafterversammlung im Vertrag zu verankern wäre,380 im Verwaltungsgesellschaftsrecht zu überlegen und damit verbunden eine Hochzonung auf Gesetzesebene.381 Da jedoch bei verwaltungsbeherrschten Unternehmen die Entlastung des staatlicherseits dominierten Aufsichtsrats durch die weisungsgebundene Gesellschafterversammlung eine Entlastung „in eigener Sache“ wäre, kann im Grunde auch hierauf verzichtet werden.382 Eine Selbstverständlichkeit sollte auch der gegenseitige Ausschluß von Aufsichtsratsmandat und Mitgliedschaft im Willensbildungsorgan sein: Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem gesellschaftsrechtlichen Grundsatz, das Kräfteverhältnis der Organe grundsätzlich zu wahren.383 Anders hingegen stellt sich die Frage nach Informationspflichten staatlicher Vertreter gegenüber dem zuständigen Ministerium dar, über bestimmte, in § 65 Abs. 2 BHO aufgeführte Unternehmensplanungen mit Auswirkungen auf den Einfluß des Bundes zu berichten, „sobald sie Kenntnis von einer solchen Maßnahme erhalten“.384 Zwar sind in diese Informationspflicht die staatlichen Vertreter aller Unternehmensorgane einbezogen, also auch die Aufsichtsratsmitglieder, die aufgrund ihrer Überwachungstätigkeit eher von entsprechenden Planungen unterrichtet wer378 Z. B. § 103a Ziff. 2 GemO BW; weitere vertraglich vereinbarte Aufgaben der Gesellschafterversammlung bei Vogel / Bäuerlein / Bindschädel / Reich, ZögU 2002, S. 354 f. 379 Vgl. hierzu Fn. 363. Nach § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags der Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH (Fn. 218) erstreckt sich die Befugnis der Geschäftsführer „auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt“; konkrete Zustimmungsvorbehalte sieht § 7 vor. 380 BMF (Fn. 229), Ziff. 122. Die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat durch die Hauptversammlung nach § 119 Abs. 1 Ziff. 3 AktG ist nicht explizit Bestandteil der bei Bestehen eines GmbH-Aufsichtsrates nach § 52 GmbHG anzuwendenden aktienrechtlichen Vorschriften; wenn aber die Bestellung des Aufsichtsrates einer GmbH analog zu der der Aktiengesellschaft erfolgen soll (§ 101 Abs. 1 AktG i. V. m. § 523 Abs. 1 GmbHG), muß als actus contrarius auch die Entlastung in den Händen die Hauptversammlung liegen – es sei denn, eine Entlastung sei nicht vorgesehen. 381 Auf Satzungsebene wurde dies in § 8 Abs. 1 Ziff. 10 des Mustergesellschaftsvertrags von Vogel / Bäuerlein / Bindschädel / Reich, ZögU 2002, S. 355, berücksichtigt, hierzu auch Helm, ZögU 2003, S. 72 f. 382 Eine andere Situation ergibt sich, wenn ein gesetzlich festgelegtes Entsendungs- oder Vorschlagsrecht für Aufsichtsratsmitglieder ausschließlich dem Parlament zukäme. 383 Vgl. Fn. 177. 384 BMF (Fn. 229), Ziff. 31.

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den als Gesellschafter oder Aktionäre und dementsprechend ihrerseits frühzeitig informieren können. Dennoch kann es durchaus begründet sein, auch für Aktionäre oder Gesellschafter zusätzlich eine ausdrückliche Informationspflicht zu berücksichtigen. Wenn etwa eine GmbH keinen Aufsichtsrat bilden muß,385 sind die in die Gesellschafterversammlung entsandten Personen die einzige direkte „Informationsquelle“ für die entsendende Behörde. Auch kann damit der Gefahr vorgebeugt werden, daß Aufsichtsratsmitglieder aufgrund einer zu engen Zusammenarbeit mit dem Vorstand Informationen zurückhalten und mögliche den staatlichen Einfluß einschränkende Entwicklungen verschleiern könnten. d) Der Beirat in der GmbH Sofern in einer GmbH ein Beirat anstelle eines Aufsichtsrats berufen werden soll, bedarf es auch einer näheren rechtlichen Ausgestaltung dieses Organs.386 Gerade mit Blick auf die Zuständigkeit wird im Besonderen Teil des Verwaltungsgesellschaftsrechts die Intention zu spezifizieren sein, die mit der Bildung eines Beirates verfolgt wird, um anhand einer solchen Zielsetzung Aufgaben dieses Gremiums festlegen zu können. So stellen sich die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Zuständigkeiten und Rechte eines Beirates als Kontrollinstanz, der damit der Funktion des Aufsichtsrates nahe kommt, anders dar als die Kompetenzen eines insbesondere Gemeinwohlinteressen vertretenden und auf die Wahrung der öffentlichen Zwecksetzung hinwirkenden Beirates.387 Wesentlich ist in jedem Fall eine Festlegung der dem Beirat übertragenen Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung sowie die Eingrenzung der einem Weisungsrecht unterliegenden Fragen, um das Ausufern eines „Virus des Fremdinteresses“ zu vermeiden und nicht in gesellschaftsrechtlich letztlich unzulässiges Terrain zu geraten.388 Hinzu kommen Verfahren der Bestellung und Abberufung von Beiratsmitgliedern,389 die aufgrund fehlender gesellschaftsrechtlicher Normen ebenfalls im Verwaltungsgesellschaftsrecht – oder hilfsweise in der Satzung – geregelt werden müssen. e) Bildung zusätzlicher Organe und Ausschüsse Neben einer Ergänzung der Organstruktur um den fakultativen Aufsichtsrat oder den Beirat als Regelfall der verwaltungsgesellschaftsrechtlichen GmbH390 können Vgl. zu dieser Ausnahme Fn. 279. Zum „Problem der Gestaltungsfreiheit“ der Beiratsverfassung K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 418. 387 Die Vorschläge von Wiedemann, FS Lutter, S. 812, für die fachliche Qualifikation der Beiratsmitglieder in Abhängigkeit vom jeweiligen Zweck des Organs lassen sich auch auf Zuständigkeitsregelungen übertragen. 388 Wiedemann, FS Lutter, S. 807, 808 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 418 f., 1110. 389 Vgl. hierzu erneut Wiedemann, FS Lutter, S. 812 ff. 385 386

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in der AG und in der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat einzelne Ausschüsse gebildet werden, die den Aufsichtsrat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unterstützen sollen. Von daher wäre zu überlegen, ob die Einrichtung von spezifischen Ausschüssen als „empfehlende Pflichtausschüsse“ angezeigt ist.391 Zwar lassen sich auch verwaltungsgesellschaftsrechtliche Regelungen angesichts der unterschiedlichen Größe öffentlich beherrschter Unternehmen sowie ihrer verschiedenartigen Zwecksetzung nicht für alle Organisationsformen verbindlich und abschließend klären. Daher ist mit Blick auf den Koordinationsaufwand und die mögliche Überschneidung von Zuständigkeiten gegenüber einer zwingenden Ergänzung bestehender Organe um weitere institutionelle Arrangements, wie sie etwa Ausschüsse darstellen, prinzipiell eher Zurückhaltung angezeigt. Immerhin können Ausschüsse andererseits durch ihnen übertragene Entscheidungskompetenzen für einen abgegrenzten Bereich sowohl inhaltlich als auch zeitlich zur Effizienzsteigerung der Aufsichtsratsarbeit beitragen. Ausdrücklich empfohlen werden sollte die Bildung insbesondere eines Ausschusses für „unternehmerische Grundsatzfragen“, der sich nicht nur mit den Finanzzielen, sondern auch mit den Sachzielen des Unternehmens zu befassen hat, ebenso ein Prüfungsausschuß zur Vorbereitung der Abschlußprüfung durch den Aufsichtsrat nach § 171 AktG.392 Für weitere Ausschüsse sollte es analog zum Aktienrecht bei Entfaltungsmöglichkeiten mittels einer Kann-Vorschrift bleiben.393

6. Informationspflichten und Grundsätze der Kontrolle Grundlage für eine zweckgerichtete Steuerung von Organisationen und für die Ausübung von Überwachungs- und Kontrollrechten ist eine ausreichende Informationsbasis der Entscheidungsträger,394 die sich auch in einer auf Kooperation ausgerichteten Arbeitsweise widerspiegelt, ohne jedoch das gesetzlich vorgesehene Funktionengefüge zwischen Leitung und Überwachung unterlaufen zu dür390 §§ 30, 76, 95, 118 AktG; §§ 6, 35, 48 GmbHG; zum fakultativen Aufsichtsrat bzw. zum Beirat § 52 GmbHG, sowie oben, Fn. 282 ff. 391 Nach Dreher, FS Boujong, S. 86, kann dem Aufsichtsrat aufgrund seiner Organisationsautonomie die Bildung bestimmter Ausschüsse nicht zwingend vorgeschrieben werden (vgl. aber Büdenbender, JA 1999, S. 818: satzungsrechtliche Festlegung von Ausschüssen); daher muß sich eine entsprechende Formulierung auf einen – wenn auch nachhaltig – empfehlenden Charakter beschränken. 392 German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. IV 3.3 f.; vgl. auch Büdenbender, JA 1999, S. 817 f.; zu – nicht zuletzt haftungsrechtlichen – Funktionen von Ausschüssen Pahlke, NJW 2002, S. 1685 f. Helm, ZögU 2003, S. 73, plädiert bei größeren Unternehmen „insbesondere“ für die Bildung eines Ausschusses zur Wahl der Geschäftsführung nach dem Mitbestimmungsgesetz. 393 § 107 Abs. 3 AktG; vgl. auch BMF (Fn. 229), Ziff. 58.; zur Organisationsautonomie auch Dreher, FS Boujong, S. 86 f. 394 Neben vielen Brink, ZG 1999, S. 31; Prigge / Hammer, Optimierung, S. 52.

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fen.395 Diese Informations- und Kooperationspflichten beziehen sich im Verwaltungsgesellschaftsrecht sowohl auf interne Strukturen der Gesellschaften als auch auf das Verhältnis zwischen der privatrechtlichen Gesellschaft und ihrem öffentlich-rechtlichen Träger. Anhand dieser Differenzierung läßt sich auch eine mögliche Trennlinie zwischen Regelungen im Allgemeinen und im Besonderen Teil eines Rechts der öffentlichen Unternehmen lokalisieren: Während im Besonderen Teil individuelle Informations- und Kooperationsstrukturen zwischen einzelnen Organen der Gesellschaften gesetzlich fixiert und konkretisiert werden sollten, liegt der Schwerpunkt im Allgemeinen Teil zum einen auf den Grundsätzen einer angemessenen Informations- und Kooperationspolitik der Gesamtgesellschaft als solcher und zum anderen auf der Ausgestaltung von Informationsbeziehungen des Unternehmens nach außen. Ähnliches gilt für die Kontrolle: Im Allgemeinen Teil werden lediglich Grundsätze der internen Steuerung sowie externe Ingerenzrechte und -pflichten behandelt; besondere Steuerungsinstrumente und Kontrollverfahren sowohl der Leitungs- und Aufsichtsorgane als auch der eigentlichen Kontrollinstanzen können im Anschluß detaillierter normiert werden. Die Notwendigkeit einer expliziten Berücksichtigung von Informationspflichten und Informationsrechten im Verwaltungsgesellschaftsrecht, die nicht durch einfachen Verweis auf die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen ersetzt werden können, ergibt sich aus der unterschiedlichen Zielbestimmung öffentlicher Unternehmen gegenüber privaten Gesellschaften: Die für die Realisierung von Formalzielen entwickelten Informations- und Steuerungsinstrumente privatrechtlicher Organisationsformen lassen Informationsdefizite bei einer Übertragung auf die durch eine Dominanz von Sachzielen und von aufgabenbezogener Zwecksetzung charakterisierten öffentlichen Unternehmen erkennen.396 So beziehen sich unternehmensinterne Berichtspflichten vorrangig auf ökonomische Entwicklungen und Finanzdaten; auch Vorschriften über den Jahresabschluß und den Lagebericht als Informationsquellen nach außen nehmen nicht explizit auf die Dokumentation einer Sachzielerfüllung Bezug.397 Allenfalls die eher unspezifisch normierten Auskunftsrechte der Aktionäre bzw. der Gesellschafter gegenüber der Unternehmensleitung können einen Ansatzpunkt für Informationsrechte über die Erfüllung materieller Unternehmenszwecke bieten; diese stellen jedoch keine Bringschuld der Geschäftsführung, sondern eine Holschuld der Auskunftsberechtigten dar.398 Auch 395 So weist Semler, FS Lutter, S. 730 ff., auf Gefahren v.a. in Großunternehmen hin, die bei zu intensiver Zusammenarbeit zwischen Vorstand(svorsitzenden) und Aufsichtsrat(svorsitzenden) entstehen und z. B. zu mangelnder Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat führen können. Zu ähnlichen Problemen zwischen Abschlußprüfer und Aufsichtsrat Mattheus, in: Der Wirtschaftsprüfer, S. 15 f. 396 Greiling, FS Eichhorn, S. 157. 397 Etwa § 42 a GmbHG, § 90 Abs. 1, §§ 150, 170 f. AktG, §§ 264 ff. HGB; zu inhaltlichen Mindestanforderungen an Jahresabschluß und Lagebericht Graef, Der Öffentliche Auftrag, S. 139 ff. 398 § 51 a GmbHG, § 131 AktG; hierzu u. a. Will, VerwArch 2003, S. 249 m. w. N. Zum Verhältnis von Bring- und Holschuld speziell zwischen Aufsichtsrat und Vorstand bei der

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die im Deutschen Corporate Governance Kodex vorgesehenen ordentlichen und außerordentlichen Berichts- und Veröffentlichungspflichten nehmen vorrangig Auswirkungen auf „die Vermögens- und Finanzlage“ oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf in Bezug, nicht jedoch auf die Sachziele.399 Von daher ist in einem Verwaltungsgesellschaftsrecht eine Erweiterung der Informationsinhalte dergestalt aufzunehmen, daß zu den Informationspflichten und -rechten auch die Auskunft über die Umsetzung des in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag festgeschriebenen öffentlichen Zwecks zählt.400 Des weiteren muß allgemein auf die Bedeutung der Informationsversorgung und einer vertrauensvollen Kooperation als Unternehmenskultur innerhalb der Gesellschaft eingegangen werden. Beispiele gibt hier erneut der German Code of Corporate Governance, der die vorstandsseitige Bereitstellung kontrollrelevanter Informationen durch ein „Aufsichtsrat-Informationssystem“ sowie eine offene Diskussionskultur in den Leitungs- und Überwachungsgremien als entscheidende Voraussetzungen für die Erfüllung der Führungsaufgaben und für eine funktionsfähige Überwachung einfordert.401 Diese interne Unternehmenskommunikation ist auch gegenüber den unterschiedlichen Gruppen von Stakeholdern des Unternehmens zu realisieren, die „adressatengerecht, zeitnah, fundiert und prägnant“ sowie gleichberechtigt über die Entwicklung der Gesellschaft zu informieren sind, wie es der Code formuliert.402 Mit Blick auf die öffentlichen Unternehmen wird aber an dieser Stelle ein Defizit bei der Aufstellung von Grundsätzen der Unternehmenskommunikation sichtbar: Bei der Informationsversorgung handelt es sich um Pflichten des Unternehmens und seiner Leitung gegenüber den unmittelbaren Stakeholdern; Kontrollgremien dieser Adressaten als mögliche mittelbare Stakeholder bleiben aus gesellschaftsrechtlicher Sicht außerhalb des „Informationsverbunds“. Im Recht der öffentlichen Unternehmen tragen die Parlamente bzw. Gemeindevertretungen als demokratisch legitimierte Unternehmensträger jedoch die Kontrollverantwortung über das Verwaltungshandeln, wenn es auch in Privatrechtsform gestaltet ist, so daß aus verwaltungsgesellschaftsrechtlicher Sicht dem Informationsbedürfnis der demokratisch legitimierten Vertreter Raum gegeben werden muß.403 Zwar wurden Informationsvermittlung siehe auch German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. II.2.1; v. Werder, DB 2002, S. 805. 399 Deutscher Corporate Governance Kodex (Fn. 251), Ziff. 3.4, 6.1. 400 So auch Greiling, FS Eichhorn, S. 165. 401 German Code of Corporate Governance (Fn. 252), Ziff. II.2.1 ff., II.4.1 ff.; vgl. aber Fn. 395. Regelungen für das Zusammenwirken von Aufsichtsrat und Vorstand sowie zur Verbesserung der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats sieht auch der Deutsche Corporate Governance Kodex vor (v.a. Ziff. 3), hierzu Ulmer, ZHR 2002, S. 154 f., 180 f. 402 Vgl. v. Werder, in: ders. (Hrsg.), German Code of Corporate Governance, S. 21 f. 403 U.a. Brink, ZG 1999, S. 28 ff.; Glauben, ZParl 1998, S. 498 f. Der Vorschlag von Glauben, ebd., S. 502, unmittelbare parlamentarische Informations-, Prüfungs- und Kontrollrechte gegenüber der privatisierten Verwaltung gesetzlich zu regeln, ist insbesondere für verwal-

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vereinzelt in den Haushaltsordnungen Unterrichtungspflichten der Regierung gegenüber dem Parlament festgelegt; diese sind jedoch in der Regel allgemeiner Art und unverbindlich formuliert404 und entsprechen jedenfalls nicht den Anforderungen an ein parlamentarisches Beteiligungscontrolling.405 Von daher sind etwa nicht als Bringschuld der Unternehmen, sondern als Pflicht der Exekutive im Verwaltungsgesellschaftsrecht regelmäßige unternehmensbezogene Beteiligungsberichte gegenüber dem Parlament zu statuieren, die nicht nur die allgemeine Unternehmensentwicklung nachzeichnen müssen, sondern auch Informationen über die Realisierung der (öffentlichen) Unternehmenszwecke bzw. über erforderliche Anpassungen der Unternehmensziele enthalten sollen,406 gegebenenfalls in Form einer eigenständigen gesellschaftsbezogenen Berichterstattung,407 und eventuell auch Ergebnisse eines erneuten Interessenbekundungsverfahrens nach § 7 Abs. 2 BHO als Prüfung eines weiteren öffentlichen Engagements enthalten können.408 tungsbeherrschte Unternehmen bestechend. Doch würden damit privatrechtliche Organisationsformen und öffentlich-rechtliche Aufsichts- und Kontrollbefugnisse derart intensiv miteinander verwoben, daß die These von der „Flucht ins Privatrecht“ (3. Teil, Kap. C, Fn. 128) berechtigt wäre; ablehnend auch Prigge / Hammer, Optimierung, S. 24, sowie v. Obstfelder, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 343 f. 404 Z. B. § 65 Abs. 2 S. 2 LHO Berlin: „Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus in zweckentsprechender Form“; hierzu auch Brink, ZG 1999, S. 35. Zu kommunalrechtlichen Berichtspflichten ausführlich Will, VerwArch 2003, S. 253 ff. Im Zuge stärkerer Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit werden Beteiligungsberichte auch im Internet angeboten, etwa in Sachsen (www.sachsen.de/de/bf/staatsregierung/ministerien/smf/beteiligungen/ index.html). 405 Zum parlamentarischen Beteiligungscontrolling Prigge / Hammer, Optimierung, S. 22 ff., 51 f.; eine nach erfolgter Privatisierung relevante Evaluierungs-Checkliste bei Obermann / Obermair / Weigel, JRP 2002, S. 190 ff., insbesondere aus politisch-administrativer Perspektive (S. 191). 406 Zu „Zielrealisationskontrollen“ und „Anpassungen des Zielkatalogs“ Ossadnik, Verwaltung 1990, S. 469. Der Beteiligungsbericht des Landes Schleswig-Holstein für 2002 (http://landesregierung.schleswig-holstein.de/coremedia/generator/Aktueller_20Bestand/FM/ Bericht_20_2F_20Gutachten/PDF/BeteilBer,property=pdf.pdf) bezieht sich bei der Begründung für das Engagement auf die Zielsetzung des Landes. Für Bremen wurde eine entsprechende Ergänzung der Landeshaushaltsordnung vorgeschlagen (Prigge / Hammer, Optimierung, S. 51 f.), wobei der Grad der Zielerreichung (zu) nachrangig behandelt wird. Vgl. ferner die Vorschläge der Enquete-Kommission des Landtags Hessen zu Beteiligungsberichten und Beteiligungscontrolling, Enquete-Kommission, Bericht, S. 58 f.; Graef, Der Öffentliche Auftrag, S. 344 ff. (Mustergeschäftsbericht), sowie Bals, Vorschläge, S. 25 ff. (Empfehlungen zu Inhalten des Beteiligungsberichts mit Kennzahlen zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks, S. 30). Bei Hille, Grundlagen, S. 146 ff., 151, hingegen rangiert der „Stand der Erfüllung des öffentlichen Zwecks“ an letzter Stelle. 407 Vgl. hierzu Graef, Der Öffentliche Auftrag, S. 147 f., 341 ff.; zum Performance Measurement als Teil der öffentliche Ziele berücksichtigenden auftragsorientierten Berichterstattung ebd., S. 311 ff. (314); nachfolgend auch Püttner, DÖV 2002, S. 735. 408 Im Beteiligungsbericht Schleswig-Holstein (Fn. 406) soll der Fortbestand des Engagements anhand der Zielerreichung als Erfolgskontrolle geprüft werden; ähnlich auch Wilting, DÖV 2002, S. 1015; ferner Helm, ZögU 2002, S. 72, sowie Schaefer, ZögU 1999, S. 101 f. Ausführungen zur ,Erfolgskontrolle‘ im Subventionsbericht der Bundesregierung

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Dabei handelt es sich um eine durchaus ehrgeizige Zielsetzung, da auch eine Überfrachtung der Berichte vermieden werden muß, um die Informationsmengen noch bewältigen und wesentliche Daten von für die Steuerung eher nachrangigen Informationen trennen zu können.409 Damit gehen solche unternehmensbezogenen Berichtspflichten inhaltlich über die allgemeinen Beteiligungsberichte in Bund und Ländern hinaus, die sich vorrangig auf strukturelle Finanzdaten beschränken.410 In Verbindung mit den Informationspflichten sind auch Kontroll- und Steuerungsinstrumente zu sehen, die nicht nur gesellschaftsrechtlich normiert, sondern mit Blick auf die Beteiligung des Staates an privatrechtlichen Unternehmen in den Haushaltsordnungen geregelt sind und damit geltendes – öffentliches – Recht darstellen. Gerade die Vorschriften der Haushaltsordnungen in Verbindung mit dem Haushaltsgrundsätzegesetz, die in der Regel als Soll- bzw. Kann-Vorschriften411 nur eine Anwendungsmöglichkeit darstellen, können im Verwaltungsgesellschaftsrecht durch eine zwingende Regelung klarstellenden und bindenden Charakter entfalten, ohne mit den Prinzipien des gesellschaftsrechtlichen Systems in Kollision zu geraten.412 So wäre zunächst eine stärkere Anbindung der Aufsichtsratsmitglieder an die besonderen Interessen des Bundes oder des Landes in das Verwaltungsgesellschaftsrecht aufzunehmen, wonach die staatlicherseits gewählten oder entsandten Mitglieder in den Organen demnach die Pflicht haben, diese Interessen zu berücksichtigen, ohne daß jedoch schon an dieser Stelle mögliche Weisungsrechte zu thematisieren wären:413 Wenn sich der Prüfungsumfang des Aufsichtsrats vorrangig sollen über die Zielerreichung informieren sowie Überlegungen zur künftigen Gestaltung der Subventionen ermöglichen, hierzu Brocker, ZG 1998, S. 96 f. 409 Zur „Entfrachtung der jährlichen Berichte“ Bals, Vorschläge, S. 23 f. 410 So auch Bals, Vorschläge, S. 16 f. Kritisch gegenüber der zum Teil geringen Aussagekraft der Beteiligungsberichte auch Greiling, FS Eichhorn, S. 161; Storr, Staat als Unternehmer, S. 578 ff.; mit Blick auf ein kommunales Beteiligungscontrolling ähnlich Tomerius, der gemeindehaushalt, S. 54; vgl. auch die Kritik von Brocker, ZG 1998, S. 97 f., an Subventionsberichten der Länder. Mögliche Inhalte individueller Unternehmensberichte gegenüber derzeitigen Beteiligungsberichten thematisiert Brink, ZG 1999, S. 37 ff.; für Hamburg v. Obstfelder, in: Budäus (Hrsg.), Organisationswandel, S. 344. 411 Als Soll-Regelung ist § 65 Abs. 1, 3, 6 BHO formuliert, eine Kann-Bestimmung sehen § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 HGrG vor; hierzu auch Prigge / Hammer, Optimierung, S. 43 mit Fn. 114 f. 412 Nicht thematisiert werden in diesem Zusammenhang Instrumente der parallel zur Inhaberaufsicht bestehenden und für öffentliche und private Unternehmen gleichermaßen geltenden Wirtschaftsüberwachung. Zur „Aufsichtskonkurrenz“ Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 261 ff.; Schliesky, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 104. 413 So § 65 Abs. 6 LHO RP. Vgl. demgegenüber § 65 Abs. 6 BHO, wonach das zuständige Ministerium darauf hinwirken soll, daß die Mitglieder die „besonderen Interessen des Bundes berücksichtigen“; hierzu Wilting, DÖV 2002, S. 1018. Kritisch gegenüber dieser nur indirekten Absicherung Spannowsky, ZGR 1996, S. 419; vgl. auch Möller, Rechtliche Stellung,

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nach unternehmerischen Gesichtspunkten richten würde, könnten eine als selbstverständlich ,mitgedachte‘ Gemeinwohlorientierung öffentlicher Unternehmen bzw. ihre öffentlichen Ziele Gefahr laufen, vernachlässigt zu werden. Mit der Statuierung des öffentlichen Auftrags nicht nur als Unternehmensziel, sondern auch explizit als Teil des Kontrollumfangs414 wären unter Berücksichtigung der für das Gesellschaftsrecht anerkannten Grundsätze415 die Richtung und der Umfang des Kontrollauftrages der Aufsichtsräte – in der Systematik vergleichbar mit Umfang und Mitteln staatlicher Aufsicht in den Organisationsgesetzen – im Verwaltungsgesellschaftsrecht verbindlich festzulegen. Eine Ergänzung der Aufgaben etwa des Aufsichtsrats um gemeinwohlbezogene Einwirkungspflichten, wie ein Anspruch auf Grundversorgung zu angemessenen Preisen oder die Einhaltung der durch das Verwaltungsprivatrecht auferlegten öffentlich-rechtlichen Bindungen,416 ist von daher ein wesentliches Element auch des Verwaltungsgesellschaftsrechts. Als übergreifender Grundsatz sollte aber die Pflicht zur Kontrolle als Dienstpflicht der entsandten Mitglieder besonders hervorgehoben werden: Es handelt sich nicht nur um Informationsrechte,417 um Einsichts- und Kontrollrechte, sondern um ein Bündel von Ingerenzpflichten.418 Des weiteren sind die Bestimmungen zur Prüfung des Rechnungshofes nach § 53 und § 54 HGrG sowie nach § 92 BHO entsprechend zu berücksichtigen.419 Auch diesen Vorschriften lassen sich Hinweise nicht nur auf eine rein betriebswirtschaftliche Prüfung entnehmen, sondern auch auf die Möglichkeit einer inhaltlichen Kontrolle der Geschäftsführung und Unternehmenspolitik. Wenn sich der Bund oder nach den entsprechenden Regelungen in den Landeshaushaltsordnungen auch die Länder diese Rechte einer erweiterten Abschlußprüfung einräumen lassen könS. 92 f. Im übrigen besteht die Hauptaufgabe des Aufsichtsrats in der Überwachung der Geschäftsleitung, so Wilting, DÖV 2002, S. 1018 f. 414 Hierzu Ossadnik, Verwaltung 1990, S. 470 f.; Säcker, FS Lieberknecht, S. 117. 415 Vgl. Fn. 222; v. Werder, DB 1999, S. 2223, unterscheidet im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung zudem zwischen permanenten und periodischen Kontrollaspekten. 416 Vgl. dazu 3. Teil, Kap. C I, sowie oben, Kap. D. 417 Hierunter könnte etwa auch die Informationspflicht der Aufsichtsratsmitglieder über Mitteilungen gehören, die sie auf informellem Weg erhalten haben, vgl. Fn. 171. 418 Doch sei die Verankerung von Ingerenzpflichten keine Garantie für Kontrolle: Ob diese erfolgreich geltend gemacht werden können, bedürfe nach Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 333, weiterer Prüfung. Kritisch bezüglich der Wahrnehmung gesetzlich normierter Steuerungs- und Kontrollinstrumente auch Budäus, in: Schuster / Murawski (Hrsg.), Regierbare Stadt, S. 35. 419 Zum Ausschluß des Prüfungsrechts des Rechnungshofes und möglichen Folgen u. a. Harms, ZögU 1998, S. 94 f. In § 10 des Gesellschaftsvertrags der Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH (Fn. 218) sind beide Rechte explizit verankert, hinsichtlich § 54 HGrG wird die Agentur „mit dem Bundesrechnungshof eine Prüfungsvereinbarung“ abschließen. Zur Prüfung öffentlicher Unternehmen durch Rechnungskontrollbehörden im internationalen Vergleich Wenz, in: Schulze-Fielitz (Hrsg.), Fortschritte der Finanzkontrolle, S. 123 ff.

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nen, zu der neben einer Ursachenforschung für mögliche Verlustgeschäfte auch die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zählen könnte,420 so bezieht sich der auf dieser Basis an den Abschlußprüfer gerichtete Auftrag auch auf strukturbestimmende Entscheidungen der Geschäftsführung.421 Zwar impliziert eine Ordnungsmäßigkeitsprüfung keine unmittelbare inhaltliche Kontrolle der hinter der Geschäftsführung stehenden unternehmenspolitischen Entscheidungen, immerhin jedoch eine Inhaltskontrolle zur Übereinstimmung der Unternehmenspolitik mit geltendem Recht, mit der Satzung oder mit dem Gesellschaftsvertrag. Dieses im internationalen Vergleich in seinem Umfang selten anzutreffende Prüfungsrecht422 geht damit über die im Gesellschaftsrecht vorgesehene Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung deutlich hinaus.423 Während § 53 HGrG somit die Abschlußprüfung nach dem Gesellschaftsrecht in exakt definierten Fällen um zusätzliche Rechte des öffentlich-rechtlichen Trägers erweitert, geht § 54 HGrG noch einen Schritt weiter und ermöglicht einer öffentlich-rechtlichen Institution in bestimmten Fällen ein unmittelbares Selbstunterrichtungsrecht in privatrechtlichen Unternehmen. Nach § 92 BHO bzw. § 44 HGrG hat der Rechnungshof die Betätigung der Gebietskörperschaft bei privatrechtlichen Unternehmen zu prüfen, d. h. die Betätigungsprüfung erstreckt sich nicht auf das Unternehmen und dessen Geschäftstätigkeit, sondern auf das „Verhalten der Bundesbehörden, der Beteiligungsverwaltung in ihnen und ihnen gegenüber“.424 Allerdings ist die Kontrollbehörde nicht nur auf die Begutachtung von Finanzkennzahlen als Beurteilungsgrundlage für ein staatliches Engagement beschränkt, sondern kann darüber hinaus im Sinne einer wirkungsorientierten Kontrolle die Umsetzung der mit der Beteiligung angestrebten Ziele sowie den Grad der – gesetzlich vorgeschriebenen – staatlichen Einflußnahme überprüfen, da seine Kontrolle nicht nach kaufmännischen Grundsätzen, sondern lediglich unter Beachtung dieser Grundsätze erfolgen soll.425 Grundlage des Rechnungshofs für die Betätigungsprüfung 420 Mit dem Prüfungsstandard IDW PS 720 hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) einen „Fragenkatalog zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und der wirtschaftliche Verhältnisse nach § 53 HGrG“ vorgelegt, der am 14. 2. 2000 verabschiedet wurde (veröffentlicht in: Die Wirtschaftsprüfung 2000, S. 326). 421 Hierzu Will, DÖV 2002, S. 322; vgl. auch § 53 Abs. 1 Ziff. 1, 2 b HGrG. 422 So Wenz, in: Schulze-Fielitz (Hrsg.), Fortschritte der Finanzkontrolle, S. 133; ferner Budäus / Srocke, FS Schauer, S. 84 f., die sich daher auch gegen die Ausweitung der Kontrollkompetenzen aussprechen (S. 85 f.). 423 Graef, Der Öffentliche Auftrag, S. 352 f.; Will, DÖV 2002, S. 322; vgl. auch Puhl, Budgetflucht, S. 381 ff. (382); Ehlers, Verwaltung, S. 167; Eibelshäuser / Breidert, Gedächtnisschrift Müller, S. 229. 424 Puhl, Budgetflucht, S. 386 ff. (387); Will, DÖV 2002, S. 324; Kraft, Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 212. 425 Vgl. Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, § 92 Rn. 1; Eibelshäuser / Breidert, Gedächtnisschrift Müller, S. 225 ff.; zur Überwachung der Aufgabenerfüllung – hier jedoch nach § 53 HGrG – siehe auch Greiling, Öffentliche Trägerschaft, S. 156 f.; Ehlers, Verwaltung, S. 168 f.; Storr, Gedächtnisschrift Müller, S. 241.

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sind zunächst die ihm vom zuständigen Ministerium übersandten Unterlagen;426 sollten diese nicht ausreichen oder Fragen aufwerfen, kann der Rechnungshof von einem Selbstunterrichtungsrecht unmittelbar bei den Unternehmen Gebrauch machen – sofern ihm ein solches gemäß § 54 HGrG in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag des Unternehmens eingeräumt wurde.427 Zwar ist die Kann-Vorschrift nach § 53 HGrG in den Fällen verwaltungsgeführter und – erst recht – verwaltungsbeherrschter Unternehmen in Privatrechtsform faktisch als zwingende Regelung auszulegen; dieser obligatorische Charakter kommt in den erläuternden Hinweisen des Bundesfinanzministeriums auch zum Ausdruck.428 Allerdings handelt es sich bei diesen Hinweisen nur um Auslegungshilfen, allenfalls um untergesetzliches Recht in Form von Empfehlungen und Richtlinien. Um den besonderen Rechten des öffentlich-rechtlichen Trägers Nachdruck zu verleihen, sollte sich diese Praxis für verwaltungsbeherrschte Unternehmen als ein Aspekt der Verwaltung im funktionellen Sinn auch in der Formulierung der Vorschrift im Sinne einer erweiterten Abschlußprüfung niederschlagen, ergänzt um die unverzügliche Vorlage eines erweiterten Prüfberichts an den zuständigen Minister.429 Eine solche Regelung steht auch der Wahrung der Interessen der Anteilseigner grundsätzlich nicht entgegen: Denn entweder agiert hier der Staat, dem hinsichtlich der Bereitstellung öffentlicher Leistungen auch in privatrechtlichen Organisationsformen eine – wenn auch nur mittelbare – Erfüllungs- und Kontrollverantwortung obliegt.430 Oder es handelt sich um in das (Privat-)Rechtsregime des Staates inkorporierte Privatpersonen bzw. privatrechtliche Institutionen, die eine Grundrechtsverpflichtung des Unternehmens akzeptiert und insoweit bereits eine bezüglich der Eingriffsintensität in den Grundsatz privatrechtlicher Handlungsfreiheit431 stärker ausgeprägte Umgestaltung des Gesellschaftsrechts hingenommen haben als mit einer Erweiterung des Prüfumfangs. Aus einem ähnlichen Blickwinkel läßt sich auch die zwingende Geltung des Selbstunterrichtungsrechts des Rechnungshofs nach § 54 HGrG rechtfertigen: Da der Staat aufgrund der Mehrheitsverhältnisse den Unternehmenszweck faktisch festlegen und das Unternehmen steuern kann, erweisen sich Informations- und 426 Zu den nach § 69 BHO dem Rechnungshof für die Prüfung zu übergebenden Unterlagen vgl. BMF (Fn. 229), Ziff. 149; Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, vor § 66 Rn. 11, § 69 Rn. 1. 427 Storr, Gedächtnisschrift Müller, S. 252, verweist zudem auf Markterkundungs- oder Interessenbekundungsverfahren als mögliche Prüfraster. 428 BMF (Fn. 229), Ziff. 141: Die Rechte aus § 53 HGrG sind wahrzunehmen; ähnliche Regelungen sehen die Gemeindeordnungen vor, u. a. § 105 GemO BW, § 89 Abs. 6 GemO RP, § 96 Abs. 2 f. SächsGemO (hierzu Sollondz, LKV 2003, S. 299). Vgl. auch Puhl, Budgetflucht, S. 381 f.; Eibelshäuser / Breidert, Gedächtnisschrift Müller, S. 227. 429 So die einzelnen Bestandteile des § 53 Abs. 1 HGrG, vgl. Piduch / Dreßler, Bundeshaushaltsrecht, vor § 66 Rn. 6 ff. Zur zwingenden Anwendung von § 53 in Bezug auf Eigengesellschaften Prigge / Hammer, Optimierung, S. 43; vgl. auch Will, DÖV 2002, S. 326. 430 Vgl. 2. Teil, Kap. B, Fn. 421, und oben, Fn. 54. 431 Fn. 52.

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Unterrichtungsmöglichkeiten durch eine staatliche unabhängige Behörde, die diese im Zuge der Beteiligungsprüfung in Anspruch nehmen kann, als folgerichtige Konsequenz, zumal der Bericht des Rechnungshofs die Rolle des Staates und nicht der privaten Anteilseigner zum Gegenstand hat.432 Auch mit der obligatorischen Übernahme von § 54 HGrG in ein Verwaltungsgesellschaftsrecht sollen einheitliche Standards für eine Prüfung verwaltungsbeherrschter privatrechtlicher Organisationen aufgestellt werden, um unbewußte, möglicherweise aber sogar auch bewußt herbeigeführte Steuerungsdefizite zu vermeiden.433 Hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten ist zunächst auf die besondere Rolle der Abschlußprüfer einzugehen, die einerseits mit der Vorlage des Prüfungsberichts Aufsichtsrat bzw. Gesellschafter in ihrer Überwachungstätigkeit der Geschäftsführung unterstützen, andererseits der Öffentlichkeit Informationen über Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit des Unternehmens geben sollen.434 Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit, Verschwiegenheit, Eigenverantwortlichkeit und Unparteilichkeit, aber auch eine besondere fachliche Eignung435 gehören zu den wesentlichen Eigenschaften des Abschlußprüfers, die nunmehr der Aufsichtsrat und nicht mehr der Vorstand bei der Erteilung des Prüfauftrages ebenso zu beachten hat wie eine mögliche Erweiterung des Prüfauftrages über das gesetzlich vorgegebene Maß hinaus.436 Welche Zusatzaufträge erteilt werden, muß je nach Unternehmen und Geschäftslage individuell entschieden werden. Mit Rückle437 könnte der Abschlußprüfer auch die „Überlebensfähigkeit der geprüften Unternehmung“ zu begutachten haben und müßte dabei die gegenwärtigen Voraussetzungen für den Fortbestand des Unternehmens anlegen, zu denen auch die Geschäftsführung gehört. Indem sich der Auftrag des Abschlußprüfers aufgrund der Änderung durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) nach § 321 Abs. 1 S. 2 HGB auch auf eben diese „Beurteilung des Fortbestandes und der künftigen Entwicklung des Unternehmens“ zu beziehen hat, könnte für verwaltungsbeherrschte Unternehmen eine

432 Will, DÖV 2002, S. 326; speziell für Eigengesellschaften Prigge / Hammer, Optimierung, S. 43. 433 Vgl. etwa die Beispiele bei Puhl, Budgetflucht, S. 389 mit Fn. 583. 434 Zu dieser Doppelrolle, die um eine Beratung des Vorstandes ergänzt werden kann, vgl. u. a. Peltzer, in: v. Werder (Hrsg.), German Code of Corporate Governance, S. 50; Rückle, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 134; Mattheus, in: Der Wirtschaftsprüfer, S. 21 f. Zum Prüfauftrag sollte nach Ulmer, ZHR 2002, S. 175 ff., auch die Richtigkeit der Entsprechenserklärung nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex gehören. 435 § 43 Abs. 1 WPO; Rückle, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 117. 436 Vgl. § 111 Abs. 2 S. 3 AktG; hierzu auch Böcking, in: Der Wirtschaftsprüfer, S. 75. „Erhebliches Gewicht“ (Ulmer ZHR 2002, S. 155) zukommende Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrates bei der Auswahl des Prüfers finden sich in Ziff. 7.2.1. des Deutschen Corporate Governance Kodex (Fn. 251). Zur Forderung nach Rückverlagerung der Erteilung von Prüfaufträgen auf den Aufsichtsrat siehe schon Rückle, zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 135 f., 138 f. 437 zfbf-Sonderheft 36 / 1996, S. 129 f.

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

Geschäftsführungsprüfung als Ansatzpunkt für diese Prüfung und damit explizit als zusätzlicher Bestandteil der Abschlußprüfung konkretisiert werden. Doch kann ein Abschlußbericht letztlich nur dann als Kontrollinstrument zukunftsorientierte Wirkung entfalten, wenn die Ergebnisse beachtet, gewürdigt, interpretiert und als Handlungsmaxime für kommende Entwicklungen genutzt werden. Ein entsprechender Hinweis auf die Funktion des Abschlußberichts als rückblickende Prüfung unternehmerischer Tätigkeit, aber auch als bedeutendes Informationsinstrument über aktuelle und vor allem künftige Überwachungsaufgaben insbesondere des Aufsichtsrats könnte nicht nur einen klarstellenden Charakter enthalten, sondern würde auch der Intention des KonTraG – einer stärker risikound somit zukunftsorientierten Prüfung438 – und der damit verbundenen Erweiterung des Prüfungsauftrages entsprechen. In diesem Zusammenhang ist im Verwaltungsgesellschaftsrecht insbesondere auf ein Risikomanagementsystem einzugehen. Die Pflicht des Vorstands zum Aufbau eines geeigneten Überwachungssystems, um frühzeitig „den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen“ erkennen zu können, wurde durch das KonTraG in § 91 Abs. 2 AktG eingefügt.439 Hinzu kommen zusätzliche Berichtspflichten des Vorstands sowie eine erweiterte Prüfung des Jahresabschlusses bezüglich der Dokumentation von Risiken für die künftige Entwicklung des Unternehmens.440 Obwohl die Einführung eines Risikomanagementsystems nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch von Unternehmerseite befürwortet wird,441 herrscht zum einen Unklarheit hinsichtlich der Übertragbarkeit von § 91 Abs. 2 AktG auf andere Unternehmensformen, zum anderen bestehen unterschiedliche Ansichten über die Reichweite und den sachlichen Gehalt der Vorschrift, insbesondere dahin, ob § 91 Abs. 2 AktG die Einführung eines umfassenden Risikomanagementsystems impliziert oder den Vorstand lediglich verpflichtet, eine frühzeitige Wahrnehmung bestandsgefährdender Entwicklungen durch zweckmäßige Maßnahmen zu gewährleisten, deren Einhaltung er zu überwachen hat.442 Zwar wird all438 Vgl. die Allgemeine Begründung zum Entwurf des KonTraG v. 28. 1. 1998, BTDrs. 13 / 9712, S. 11, sowie Böcking, in: Der Wirtschaftsprüfer, S. 84 f., 86 f. 439 Hierzu u. a. Martin / Bär, Grundzüge, S. 1 ff., 37 f.; Nipken, Finanzwirtschaft 2001, S. 171; Kumanoff / Schwarzkopf / Fröse, BayVBl. 2001, S. 225. Vgl. auch Preußner, LKV 2003, S. 210, dort in Fn. 6 der Hinweis auf ein aufgrund von Defiziten im Risikomanagementsystem bereits ergangenes Urteil. 440 § 289 Abs. 1 HGB: Pflicht des Vorstands, mögliche Risiken im Lagebericht darzustellen, § 317 Abs. 2, 4 HGB: erweiterte Abschlußprüfung hinsichtlich der Stimmigkeit der dargestellten Risiken, § 321 Abs. 1 S. 2, Abs. 4, § 322 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 HGB: besondere Stellungnahmen des Abschlußprüfers bezüglich der getroffenen Maßnahmen nach § 91 Abs. 2 AktG; vgl. Hommelhoff / Mattheus, in: Dörner / Horváth / Kagermann (Hrsg.), Praxis des Risikomanagements, S. 8 f., 17 f., 20 f., 24 f. 441 So Martin / Bär, Grundzüge, S. 48. 442 Vgl. Martin / Bär, Grundzüge, S. 39 ff.; Pahlke, NJW 2002, S. 1680 f. Elemente und Indikatoren eines Risikomanagementsystems exemplarisch bei Kumanoff / Schwarzkopf / Fröse, BayVBl. 2001, S. 225 f.

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gemein betont, daß es sich bei der Risikovorsorge um eine Konkretisierung bereits bestehender Sorgfaltspflichten des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG bzw. des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 1 GmbHG handelt,443 doch gibt es eine Reihe von Gründen – Rechtssicherheit durch gerichtlich überprüfbaren Tatbestand, stärkere Sensibilisierung des Vorstandes für Leitungsaufgaben sowie die Risikovorsorge als qualitativ höher stehende Leitungsaufgabe –, diese Sorgfaltspflichten exemplarisch klarzustellen und zu beschreiben.444 Eine explizite Berücksichtung dieser Pflicht, geeignete Risikomanagementsysteme oder entsprechende Überwachungsmechanismen einzuführen, auch im Verwaltungsgesellschaftsrecht läßt sich aus mehreren Gründen rechtfertigen: a) Zum einen kann der Geltungsbereich von § 91 Abs. 2 AktG ausdrücklich auf bestimmte Erscheinungsformen der GmbH erweitert und somit Rechtsklarheit geschaffen werden. So ist ein Risikomanagementsystem grundsätzlich für eine GmbH obligatorisch, die von einem mitbestimmten oder einem fakultativen Aufsichtsrat kontrolliert wird, da hier strukturelle Analogien zur Unternehmensverfassung der AG vorliegen.445 Nach Hommelhoff / Mattheus446 soll dies jedoch nicht für eine GmbH ohne Aufsichtsrat gelten, in der die Gesellschafter angesichts ihrer Weisungsbefugnis gegenüber den Geschäftsführern weniger schutzbedürftig seien als die Anleger gegenüber dem Vorstand einer AG, „da sie ihre Interessen grundsätzlich selbst wahrnehmen können“; auch sollte aus rechtspolitischen Erwägungen der Mittelstand nicht mit den Kosten für die Einrichtung eines Kontrollsystems und für die erweiterte Abschlußprüfung belastet werden. Aufgrund seiner besonderen Verantwortung für öffentliche Mittel, die generell zwar einerseits zur Sparsamkeit verpflichtet, andererseits aber auch einer Aufnahme finanzieller Risiken Vorschub leisten muß,447 sollte diese Argumentation jedoch nicht ohne weiteres auf den öffentlichen Sektor übertragen werden. Hinzu kommt, daß die über die gesellschaftsrechtlichen Anforderungen hinausgehende Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nach § 53 HGrG die allgemeinen, aber auch konkretisierte Sorgfaltspflichten umfaßt, wie etwa eine Risikobeobachtung und geeignete Frühwarnsysteme, unabhängig von der jeweiligen Organisationsform.448 Von daher ist 443 U.a. Nipken, Finanzwirtschaft 2001, S. 171 f.; ferner Hommelhoff / Mattheus, in: Dörner / Horváth / Kagermann (Hrsg.), Praxis des Risikomanagements, S. 26 ff., die aber die obligatorische Einführung eines Risikokontrollsystems in einer GmbH ablehnen. 444 Hierzu Hommelhoff / Mattheus, in: Dörner / Horváth / Kagermann (Hrsg.), Praxis des Risikomanagements, S. 11 ff.; vgl. auch FEE, Approaches, Ziff. 3.23: Effective systems of risk management as part of the systems of internal control „should ensure that the TMG (Top Management Group, d. Verf.) is aware of the significant risks faced by the public service body and the procedure put in place to manage them“. 445 Vgl. Martin / Bär, Grundzüge, S. 43 f.; Kumanoff / Schwarzkopf / Fröse, BayVBl. 2001, S. 226. 446 In: Dörner / Horváth / Kagermann (Hrsg.), Praxis des Risikomanagements, S. 27, 30. 447 Diese Verantwortlichkeit (Accountability for Public Money) wurde im Kodex für den öffentlichen Sektor explizit benannt, vgl. FEE, Approaches, Ziff. 3.2, 4.6 ff.

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die Einrichtung eines Risikomanagementsystems für verwaltungsbeherrschte Unternehmen als Verpflichtung aufzunehmen; allenfalls in begründeten Fällen sollte hiervon abgesehen werden können, wobei die Aufgaben der Risikobeobachtung und Risikovorsorge dann auf die Gebietskörperschaft als Hauptgesellschafter bzw. auf die Beteiligungsverwaltung übergehen müßten.449 b) Zum anderen kann hinsichtlich des sachlichen Gehalts von § 91 Abs. 2 AktG von drei unterschiedlichen Positionen her – Einführung eines umfassenden Risikomanagementsystems, rein organisatorische Maßnahmen als Form unternehmensinterner Kontrolle, Entwicklung eines Maßnahmenbündels zur Identifizierung erheblicher Risiken450 – Stellung bezogen werden: Es ist zumindest ein Frühwarnsystem zu entwickeln, das hinsichtlich der inhaltlichen Konzeption und der organisatorischen Ausgestaltung branchen- und größenbezogen die Unternehmensstruktur angemessen berücksichtigt. Zu überlegen wäre in diesem Zusammenhang auch, ob die für private Unternehmen eingerichteten Sicherungssysteme gegen deren „einschlägige“ Risikoarten451 für öffentliche und hier insbesondere für verwaltungsbeherrschte Unternehmen um eine integrative Gemeinwohlsicherung zu ergänzen sind. Zu solchen den Fortbestand dieser Unternehmen gefährdenden Entwicklungen können nicht nur Veränderungen auf den Märkten führen, etwa durch Hinzutritt privater Konkurrenz oder Änderungen im Kundenverhalten, sondern auch grundsätzlich jeder Zielkonflikt zwischen dem ursprünglich festgelegten Unternehmenszweck und möglichen konträren gesamtgesellschaftlichen Zielen der Gebietskörperschaft als Unternehmensträger.452 Von daher können auch mögliche Interdependenzen im Gesamtzielsystem des Unternehmensträgers Bestandteil eines (öffentlichen) Risikomanagementsystems sein. Mit der Fortentwicklung bzw. Ergänzung des Verwaltungsorganisationsrechts um ein Verwaltungsgesellschaftsrecht anhand der eben skizzierten Elemente, die 448 Martin / Bär, Grundzüge, S. 45; Nipken, Finanzwirtschaft 2001, S. 172 f.; Preußner, LKV 2003, S. 210 f. (211). Der Fragenkreis 6 des IDW PS 720 (Fn. 420), S. 327, 328 f., bezieht sich – allerdings in knapper Form – auf Maßnahmen im Rahmen eines Risikofrüherkennungssystems. 449 Vgl. Kumanoff / Schwarzkopf / Fröse, BayVBl. 2001, S. 226 f.; Nipken, Finanzwirtschaft 2001, S. 173, nimmt zudem die örtliche und überörtliche Prüfung in die Pflicht, Einfluß auf die Beteiligungsverwaltung geltend zu machen und die Erweiterung – oder auch den Aufbau – entsprechender Risikomanagementsysteme anzumahnen. 450 Vgl. die Gegenüberstellung bei Pahlke, NJW 2002, S. 1681. 451 Eine detaillierte Aufstellung geben Martin / Bär, Grundzüge, S. 73 ff. 452 Dies bedeutet die Verknüpfung von Risiken im privaten und öffentlichen Sektor, vgl. zu dieser Unterscheidung die Hinweise bei Hill, innovative Verwaltung 12 / 2002, S. 10. Zur Abstimmung der Risikopolitik mit der strategischen Zielplanung in Gemeinden als spezifische Unternehmenspolitik Kumanoff / Schwarzkopf / Fröse, BayVBl. 2001, S. 225. Allerdings warnt Siekmann, in: Schenk / Schmidtchen / Streit (Hrsg.), Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, S. 304, mit Blick auf öffentlich-rechtliche Unternehmen davor, zu sehr den politischen Willen des Trägers umzusetzen, um Unternehmen nicht für politische Ziele einzusetzen, für die sie nicht errichtet wurden.

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allerdings auch nach dem insbesondere von der Höhe der Beteiligung abhängigen Verhältnismäßigkeitsprinzip variabel auszugestalten sind,453 wird einerseits dem Gesellschaftsrecht grundsätzlich der Vorrang auch im Recht der öffentlichen Unternehmen eingeräumt.454 Indem aber eine Reihe von Grundsätzen des Unternehmensrechts zum Teil unverändert, zum Teil modifiziert oder konkretisiert in das öffentliche Verwaltungsgesellschaftsrecht übertragen werden, lassen sich nunmehr die für die spezifischen Zwecke öffentlicher Unternehmen erforderlichen Einwirkungs- und Kontrollrechte festlegen.

II. Elemente eines Verwaltungsprivatrechts Da organisationsrechtliche Überlegungen zur Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat sich vorrangig mit Organisationsformen, ihrer Einbindung in die Leistungserbringung gemeinwohlbezogener Aufgaben sowie notwendigen Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten befassen, sollen nachfolgend wenigstens in Umrissen Elemente eines Verwaltungsprivatrechts als handlungsbezogener Teil eines Rechts der öffentlichen Unternehmen skizziert werden. Ob überhaupt eine Trennung zwischen Verwaltungsgesellschaftsrecht und Verwaltungsprivatrecht vorgenommen werden soll und nicht vielmehr das Verwaltungsgesellschaftsrecht als organisatorischer Gehalt eines umfassend verstandenen Verwaltungsprivatrechts anzusehen ist, wäre durchaus überlegenswert. Allerdings soll aus mehreren Gründen eine inhaltliche Differenzierung beibehalten werden: Zum einen trennt das Verwaltungsrecht zwischen Rechts- und Handlungsformen, um Verwaltung im institutionell-organisatorischen Sinne und Verwaltung im formellen Sinn voneinander abzugrenzen.455 Diese Unterscheidung würde in dem von einem Verwaltungsprivatrecht gesonderten Verwaltungsgesellschaftsrecht aufgenommen werden. Zum anderen korrelieren privatrechtliche Organisationsformen und privatrechtliche Handlungsformen nur in begrenztem Maße: Zwar bedingen privatrechtliche Organisationsformen grundsätzlich auch privatrechtliche Handlungsformen; dies gilt jedoch nicht umgekehrt, da auch der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Handlungsformen eingeräumt wird. So schließen Behörden (nicht nur) für fiskalische Hilfsgeschäfte privatrechtliche Verträge trotz ihrer öffentlich-rechtlichen Verfaßtheit.

453 Vgl. 3. Teil, Kap. C, Fn. 96. Siehe zu „Differenzierungen nach der Eigentümerstruktur oder der Größenordnung der Unternehmen“ auch Wahl, in: Schmidt-Aßmann / HoffmannRiem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 330. 454 So auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 230, mit Blick auf die allgemeine Einwirkungspflicht des Staates, die nicht dazu führen darf, „alle gesellschaftsrechtlichen Wertungen durch strikte Bindungsmechanismen zu überspielen“. 455 Neben vielen Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 4, 13; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 2 Rn. 29 f.

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Während öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltungsträgern je nach ermächtigendem Rahmen eine Vielzahl von Handlungsformen zur Verfügung steht, zu denen neben dem Verwaltungsakt, dem öffentlich-rechtlichen Vertrag sowie Rechtsverordnungen oder Realakten als „schlichte Handlungsformen“ auch die privatrechtliche Vertragsgestaltung gehören, kann sich die privatrechtlich organisierte Verwaltung nur auf rechtsgeschäftliche und leistungserbringende Handlungsformen des Privatrechts beziehen.456 Jedoch gilt auch hier der Grundsatz der Überformung privatrechtlicher Handlungen durch öffentlich-rechtliche Bindungen, wobei die Intensität dieser Bindungen innerhalb des Verwaltungsprivatrechts unterschiedlich ist; sie reicht von nur punktuellen Ergänzungen bis zu einer Vielzahl von Bindungen, die privatrechtliches Handeln letztlich überformen. Das Ausmaß der Bindungen ergibt sich aus der jeweiligen Rolle der privatrechtlichen Verwaltung: Öffentliche Verwaltung als „Verbraucher“ oder (erwerbswirtschaftlich tätiger) Unternehmer verfügt über eine größere privatrechtliche Freiheit als öffentliche Verwaltung bei der privatrechtlichen Erfüllung öffentlicher Zwecke.457 Verwaltungsprivatrecht ist demnach nicht gleich Verwaltungsprivatrecht. Im Zusammenhang mit der Geltung des Verwaltungsgesellschaftsrechts läßt sich jedoch die Intensität öffentlich-rechtlicher Bindungen für verwaltungsprivatrechtliches Handeln im Recht der öffentlichen Unternehmen gegenüber fiskalischer oder erwerbswirtschaftlicher Betätigung eingrenzen. Indem öffentliche Unternehmen von dem staatlichen Unternehmensträger aufgrund der Mehrheitsverhältnisse durchgehend beherrscht werden und sie im Unterschied zur lediglich fiskalischen oder erwerbswirtschaftlichen Betätigung der „Durchführung öffentlicher Aufgaben“ dienen, handelt es sich um unter den Begriff der vollziehenden Gewalt nach Art. 1 Abs. 3 GG zu subsumierende Verwaltungsträger im materiellen Sinn. Somit sind öffentliche Unternehmen prinzipiell grundrechtsverpflichtet, sie haben in verfahrensrechtlicher Hinsicht insbesondere die allgemeinen Freiheitsrechte, den Gleichheitsgrundsatz und das Übermaßverbot zu beachten.458 Diese Geltung impliziert gleichzeitig eine Beschränkung privatrechtlicher Handlungsautonomie, indem sie bei der Leistungserbringung „keine sachlich ungerechtfertigten Unterschiede“ anlegen oder ihre Marktstellung mißbräuchlich ausnutzen dürfen.459 Hierzu zählen neben den Betriebspflichten zahlreiche Regelungen, die im Gegensatz zur privatrechtlichen Vertragsfreiheit ste456 Zu unterschiedlichen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Handlungsformen 3. Teil, Kap. C I, zu Handlungsformen der privatisierten Verwaltung Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 9; Mann, Öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 283 f. 457 Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 18, 29 f.; ablehnend gegenüber der Differenzierung zwischen fiskalischem und verwaltungsprivatrechtlichem Handeln Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 79. 458 Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 79 mit Fn. 192 f.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 32; hinzu kommt nach Cromme, DVBl. 2001, S. 765, das Wirtschaftlichkeitsprinzip als ökonomische Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. 459 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 32a f.

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hen, wie etwa ein Kontrahierungszwang, Kündigungsbeschränkungen sowie Vorgaben an die Vertragsgestaltung.460 Hinzu kommen gesetzliche Vorschriften, die auch explizit öffentliche Unternehmen binden, wie etwa neuerdings das Gleichstellungsgesetz des Bundes.461 Achterberg462 führt darüber hinaus besondere verwaltungsrechtliche Bindungen an, die im Rahmen privatrechtsförmiger Verwaltung zu beachten sind. Ein weiter Bereich dieser verwaltungsrechtlich motivierten Bindungen, die insbesondere für das Recht der öffentlichen Unternehmen einschlägig sind, wie etwa begleitende und nachträgliche Einwirkungs- und Kontrollpflichten des Unternehmensträgers, sollte aufgrund seines organisationsrechtlichen Charakters bereits im Verwaltungsgesellschaftsrecht geregelt werden. Als weitere verwaltungsrechtliche Bindungen werden verfahrensrechtliche Garantien genannt, die darauf abzielen, Vorschriften des (öffentlichen) Verwaltungsverfahrens auch auf die privatrechtsförmige Verwaltung anzuwenden. Zwar gelten verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen explizit nur für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit, dennoch wäre eine „vorsichtige Ausdehnung bzw. eine generelle analoge Anwendung“ nicht nur auf die privatrechtlich handelnde öffentlich-rechtlich organisierte Verwaltung, sondern auch auf die Verwaltung in Privatrechtsform zu prüfen.463 So werden insbesondere der Untersuchungsgrundsatz und die Beratungs- und Auskunftspflicht (§ 24 f. VwVfG), Anhörungspflichten, Akteneinsichtsrechte sowie Geheimhaltungsvorschriften (§ 28 ff. VwVfG) hervorgehoben, auch Begründungspflichten (§ 39 VwVfG) sollen einer analogen Übertragung zugänglich sein.464 Wie weit diese Übertragbarkeit verwaltungsverfahrensrechtlicher Regelungen nicht nur möglich, sondern einerseits hinreichend, andererseits aber auch erforderlich ist, bedarf weiterer Untersuchung. Für das Akteneinsichtsrecht jedenfalls ist, sofern auch die privatrechtlich organisierte Verwaltung daran gebunden werden soll, eine explizite Aufnahme in ein Verwaltungsprivatrecht erforderlich, solange allgemeine Akteneinsichts- oder Informationszugangsgesetze nur für öffentlichrechtliche Verwaltungsträger gelten.465 460 Zu diesen Kriterien Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 23; vgl. auch die im Rahmen verwaltungsprivatrechtlichen Handelns öffentlich-rechtlicher Verwaltungseinheiten aufgestellten Besonderheiten im 6. Teil, Kap. D, Fn. 256 ff. Eine Vielzahl von u. a. durch das Gemeinschaftsrecht vorgegebenen Bindungen führt Ehlers, Recht der öffentlichen Unternehmen, S. E 48 ff., an. 461 § 3 Abs. 1 BGleiG schließt „die in bundeseigener Verwaltung geführten öffentlichen Unternehmen einschließlich sonstiger Betriebsverwaltungen“ ausdrücklich in den Geltungsbereich ein. 462 Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 24. 463 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 33. 464 Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 25; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 23 Rn. 33; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 247 f. 465 So sind im Entwurf der Bundesregierung für ein Informationsfreiheitsgesetz – IFG (www.bmi.bund.de / frame / dokumente / Artikel / ix_28349.htm) Private bei formeller oder

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7. Teil: Privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheiten

F. Zusammenfassung Mit dem Recht der öffentlichen Unternehmen soll ein in institutioneller Hinsicht relativ schmaler, in praktischer Sicht jedoch überaus bedeutsamer Bereich öffentlicher Aufgabenwahrnehmung organisations- und verfahrensrechtlich kodifiziert werden. Während in der Literatur Eigengesellschaften mit geringem privaten Anteil häufig als Spezialfall gemischtwirtschaftlicher Unternehmen angesehen werden und beide Formen privatwirtschaftlich organisierter Durchführung öffentlicher Aufgaben ohne Unterschiede behandelt werden, soll hier mit dem Bezug ausschließlich auf verwaltungsbeherrschte Unternehmen als Unternehmen in staatlichem Eigenbesitz, allenfalls ergänzt durch private Beteiligungen unterhalb der Sperrminorität, deutlich gegenüber gemischtwirtschaftlichen Unternehmen abgegrenzt werden. Die Begründung für diese Vorgehensweise ergibt sich aus der Grundrechtsverpflichtung staatlich beherrschter Unternehmen und ihrer Positionierung als Verwaltung im materiellen Sinn nach Art. 2 Abs. 3, Art. 20 Abs. 2 GG. Verwaltungsgeführte, d. h. mehrheitlich von der öffentlichen Hand getragene privatrechtliche Organisationen, verwaltungskontrollierte sowie verwaltungsbeteiligte Unternehmen hingegen sind weder grundrechtsverpflichtet noch können sie zur (privatisierten) Verwaltung gezählt werden. Dieser Unterschied zeigt sich insbesondere bei den Handlungsformen, die für öffentliche Unternehmen eindeutig verwaltungsprivatrechtlich auszugestalten sind, während das privatrechtliche Handlungsinstrumentarium verwaltungsgeführter und verwaltungskontrollierter Unternehmen weniger intensiv von öffentlich-rechtlichen Vorgaben, insbesondere Grundrechtsbindungen begleitet wird. Ein den spezifischen Anforderungen der Verwaltung in Privatrechtsform folgendes Recht der öffentlichen Unternehmen hat diese Unterschiede einerseits zu respektieren, kann andererseits aber auch auf ihnen aufbauen. So können zunächst die für eine staatliche Leistungserbringung in privatrechtlicher Form möglichen organisatorischen Arrangements in einer Rangordnung weitgehend abschließend festgelegt werden, um den Umfang privatisierter Verwaltung auf den zulässigen Ausschnitt gesellschaftsrechtlicher Organisationsformen zu konkretisieren und damit zu begrenzen. Solch eine Enumerierung korreliert mit der Festschreibung des behördlichen Aufbaus der unmittelbaren Verwaltung, wie sie einige Landesorganisationsgesetze vorsehen. Zudem kann ein eindeutiges Bekenntnis zu einigen im Gesellschaftsrecht nur fakultativ vorgesehenen Instituten, wie dem Aufsichtsrat der GmbH, abgegeben werden, um vorhandene Steuerungs- und Kontrollinstrumente effektiv zu nutzen. Auch die nähere Umschreibung der gesellschaftsrechtlich vorgesehenen Organe kann an verwaltungsorganisationsrechtliche Strukturen anknüpfen, wenn auch einzelne Bestimmungen hinsichtlich funktionaler Privatisierung ausweislich der Begründung zu § 1 Abs. 1 S. 2 nicht Anspruchsgegner, da dies „nicht in Einklang mit dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Vorschriften“ stehe.

F. Zusammenfassung

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der notwendigen Qualifizierung sowie der Bestellung und Abberufung über rein organisationsrechtliche Regelungen hinausgehen. Doch handelt es sich hierbei um Grundsätze der Unternehmensführung oder eines Corporate Governance Kodex, die als „soft law“ im Gesellschaftsrecht durchaus anerkannt, wenn auch nicht gesetzlich geregelt sind. Des weiteren gewinnen Möglichkeiten einer staatlichen Steuerung privatrechtlich organisierter Verwaltung an Durchsetzungskraft, jedenfalls dann, wenn die satzungsändernde Mehrheit bei dem staatlichen Unternehmensträger liegt: Sowohl eine öffentliche Zwecksetzung als auch mögliche Zustimmungsvorbehalte der Haupt- oder Gesellschafterversammlung können ohne weiteres in der Satzung implementiert werden. Hinzu kommen Informationspflichten gegenüber der entsendenden Stelle: Werden diese als Verpflichtung im Recht der öffentlichen Unternehmen statuiert, besteht die zwingende Notwendigkeit einer Berichterstattung über die privatrechtlichen Aktivitäten des Staates in entsprechenden Beteiligungsberichten. Nicht zuletzt die in der Haushaltsordnung und im Haushaltsgrundsätzegesetz vorgesehenen Befugnisse öffentlicher Kontroll- und Prüfungsinstitutionen sind in öffentlichen Unternehmen ohne nachhaltige private Beteiligung leichter zu realisieren als in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. Letztlich handelt es sich bei vielen der hier für ein Recht der öffentlichen Unternehmen vorgeschlagenen Regelungen entweder um gesellschaftsrechtliche Normen oder um haushaltsrechtliche Vorgaben, die für eine Beteiligung des Staates an privatrechtlichen Unternehmen beachtet werden sollten. Mit der Zusammenschau dieser für zwei unterschiedliche Rechtskreise einschlägigen Vorschriften ist somit weniger an die Herausbildung eines zusätzlichen, das Gesellschaftsrecht für öffentliche Ziele überdehnenden Rechtsrahmens gedacht. Vielmehr sollen unternehmerische Rahmenbedingungen unter Wahrung gesellschaftsrechtlicher „gewaltenteilender“ Strukturen ergänzt, mit der Festlegung auf einen organisationsrechtlichen Kanon gleichzeitig aber auch eingeschränkt werden. In einem Punkt allerdings kann das Recht der öffentlichen Unternehmen nachhaltige Auswirkungen auf die organisationsrechtlichen Rahmenbedingungen von Staat und Verwaltung entfalten: Es bedarf einer grundsätzlichen Klärung der Zuständigkeiten zwischen Legislative und Exekutive insbesondere hinsichtlich der Entsenderechte in die Unternehmensorgane und damit auch hinsichtlich der Berichterstattungspflicht der Organvertreter. Und von daher kann das Recht der öffentlichen Unternehmen auch als Instrument zur Stärkung parlamentarischer Rechte bei Privatisierungsentscheidungen ausgedeutet werden.

8. Teil

Verwaltungskooperation – Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten A. Einführung Nicht zuletzt durch die im Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ verankerte kooperative Aufgabenerfüllung als Instrument zur Förderung von bürgerschaftlichem Engagement und Eigeninitiative1 hat das bislang vorrangig in der Wissenschaft2 thematisierte Konzept der Verantwortungsteilung und Verantwortungsstufung an Aktualität gewonnen. Zwar handelt es sich bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private jenseits der Verwaltungsorganisation nicht um ein neues Erscheinungsbild: Vor allem auf kommunaler Ebene hat sich die „Rückgabe von Verantwortung an die Bürgerschaft“3 – zunächst motiviert durch finanzielle Zwangslagen, spätestens mit der Lokalen Agenda 21 jedoch in der Dimension eines politisch-gesellschaftlichen Partizipations- und Gestaltungsprozesses – in einer Vielzahl von Projekten bewährt.4 Mit der Übernahme des verantwortungsteiligen Modells aus dem kommunalen in den staatlichen Bereich und der Forderung nach einem rechtlichen Rahmen in Form eines Verwaltungskooperationsrechts5 hat sich aber die Bedeutung einer gemeinsamen Verantwortung von Staat und Gesellschaft für die Aufgabenerfüllung noch einmal qualitativ verändert. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang vor allem funktionale Privatisierungsvorgänge, die hinsichtlich der Vielfalt ihrer Akteure, des Organisationsgrades beteiligter Institutionen sowie der Reichweite einer Verantwortungsteilung und damit der Einflußmöglichkeiten der Verwaltung auf die Leistungsbereitstellung bedeutende Unterschiede aufweisen und die Grenze zur (unechten) materiellen Privatisierung zuweilen überschreiten können.6

1 Hierzu Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 8 f. 2 Vgl. aber Art. 6 der Bundesverfassung der Schweiz (2. Teil, Kap. C, Fn. 474 f.). 3 Hill, der städtetag 1 / 1998, S. 5. 4 Siehe u. a. den Überblick bei Hill, der städtetag 1 / 1998, S. 7 ff. Zu Formen bürgerschaftlichen Engagements auch R. Roth, in: Zimmer / Nährlich (Hrsg.), Engagierte Bürgergesellschaft, S. 30 ff., der die Perspektiven bürgerschaftlichen Engagements jedoch distanziert-kritisch beurteilt (S. 41 ff.). 5 1. Teil, Kap. C, Fn. 72.

A. Einführung

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Neben der formellen Privatisierung öffentlicher Aufgaben werfen diese Möglichkeiten, die Wahrnehmung von Aufgaben zu übertragen, gewichtige Fragen für die Entwicklungsdimensionen eines entsprechenden organisationsrechtlichen Rahmens auf: Die Einbindung von Privatrechtssubjekten in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben stößt sowohl hinsichtlich der Organisationsformen als auch der Handlungsinstrumente, die den Privatrechtssubjekten zur Verfügung stehen (sollen), nicht nur an die Grenzen des öffentlichen Rechts und damit des Verwaltungsorganisationsrechts; Handlungs- und Rechtsformen entstammen dem Privatrecht, seinen spezifischen systemischen und dogmatischen Anforderungen und Bedingungen, und sollten daher grundsätzlich in diesem Rechtskreis verbleiben.7 In seiner Typologie hat Wahl in diesem Zusammenhang von „Organisationsformen für das Handeln von Privatrechtssubjekten unter einer spezifischen Gemeinwohlbindung (durch Auferlegung von öffentlich-rechtlichen Pflichten)“ gesprochen und als Unterscheidungsmerkmal zur privatrechtsförmigen Verwaltung darauf hingewiesen, daß für diesen Sektor gerade nicht eine öffentliche Trägerschaft kennzeichnend sei, er vielmehr als „Bereich der öffentlichen Bindung charakterisiert werden“ könne.8 Damit sind hinsichtlich der Organisations- und Handlungsformen die Grundstrukturen im Privatrecht zu suchen und gegebenenfalls zu modifizieren.9 Im Vorgriff auf die folgenden Ausführungen soll das Verwaltungskooperationsrecht10 hier als umfassendes Rechtssystem für eine verantwortungsteilige Erfüllung öffentlicher Aufgaben zwischen Staat und Gesellschaft verstanden werden, das sowohl Richtlinien bezüglich der organisatorischen Ausstattung (Privatorganisationsrecht) als auch mit Blick auf Auswahl und Zuordnung von Handlungsformen (Privatverwaltungsrecht11) in sich vereinen muß.12 6 Zu Privatisierungsformen Schuppert, DÖV 1995, S. 766 f.; zur unechten materiellen Privatisierung 2. Teil, Kap. A, Fn. 21, am Beispiel des KrW- / AbfG ebd., Fn. 240 ff. 7 Anderenfalls könnten Fragen, die im Zusammenhang mit der Einbeziehung Privater in die Aufgabenerfüllung auftreten, durch Beleihung und damit durch die Zuordnung zum öffentlichen Recht gelöst werden – was jedoch gerade nicht beabsichtigt ist. 8 Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 323 f. 9 Ein Problem liegt darin, daß für Organisationen des Dritten Sektors, die mit dem Staat kooperieren und daher in einem Verwaltungskooperationsrecht zu berücksichtigen wären, „keine einheitliche Rechtsgrundlage“ existiert, so Betzelt, in: Nährlich / Zimmer (Hrsg.), Management, S. 38 (Hervorhebung B.). 10 Voßkuhle, VVDStRL 62, S. 305, plädiert für ein eigenständiges Recht der Gewährleistungsverwaltung, um im Unterschied zum Verwaltungskooperationsrecht, das im übrigen durch den von Schmidt-Aßmann auf mitgliedstaatliche Verwaltungskooperationen bezogenen Begriff europarechtlich belegt sei, auch nicht-freiwillige Kooperationen, wie die Indienstnahme Privater, einzubeziehen (ebd., S. 306 mit Fn. 165). 11 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 381, wählt hierfür den zweifellos ebenfalls zutreffenden Terminus „Privatverfahrensrecht“; dennoch soll am Begriff des Privatverwaltungsrechts festgehalten werden, da es zum einen das Pendant zum Verwaltungsprivatrecht markiert, zum anderen mit dem Bezug zum Verwaltungsrecht der Charakter eines allgemeinen Verfahrensrechts hervorgehoben werden soll.

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8. Teil: Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

B. Systematisierung von Verwaltungskooperationen Die aktuelle Diskussion um eine Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft ist geprägt durch eine Vielzahl von Umschreibungen, die zum Teil synonym benutzt, zum Teil jedoch ausdrücklich zur Abgrenzung einander gegenüber gestellt werden. Zu den hier relevanten „Schlüsselbegriffen“ zählen verschiedene Formen der Privatisierung – formelle, (unechte) materielle und funktionale Privatisierung –, die schon immer Instrumente einer Neuausrichtung staatlicher Aktivitäten darstellten. Auch der „von Unklarheit, ja Polivalenz“13 geprägte Begriff der Public-Private Partnership beschreibt im Grunde kein neues Phänomen öffentlich-privater Leistungserstellung; dennoch markiert seine Ausweitung auf neue Handlungsfelder neben der Versorgungs- und Verkehrswirtschaft einen Wendepunkt.14 Hinzu kommt eine Orientierung am Leitbild des kooperativen Staates, der zunächst nur mit der Wirtschaft, in einem weiteren Begriffsverständnis jedoch mit der Gesellschaft insgesamt durch Verhandlungen und Abstimmungen konsensuale Lösungen zu erreichen sucht.15 Seinen rechtlichen Niederschlag findet der kooperative Staat i.w.S. in dem nun eingeforderten und auf dem Konzept der Verantwortungsteilung oder Verantwortungsstufung mit der hier zumindest nur vereinfachten Ausdifferenzierung in Erfüllungs-, Gewährleistungs- und Auffangverantwortung16 beruhenden Verwaltungskooperationsrecht. Für die Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts stellt sich demgemäß die Frage, wie sich diese Kooperationen strukturieren lassen sollen und für welche Formen der Kooperationsbeziehungen ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden kann; mithin gilt es, sich über die inhaltliche Reichweite von Verwaltungskooperationen Klarheit zu verschaffen.17 Betrachtet man das gesamte Spektrum koopera12 Das Projekt „Rechtliche Regelungen für Public Private Partnership“ im Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“, das zur Verankerung der „für die Ausgestaltung von Kooperationsbeziehungen taugliche(n) Vertragstypen und Vertragsklauseln im Verwaltungsverfahrensrecht“ führen soll (Bundesministerium des Innern [Hrsg.], Moderner Staat – Moderne Verwaltung, S. 15), bezieht sich allgemein auf das Verhältnis Staat – Gesellschaft; es wird (noch) nicht explizit zwischen möglichen Organisations- und Handlungsformen der Privatrechtsträger unterschieden. 13 Kämmerer, Privatisierung, S. 58; in seiner Kritik am „konturenlosen Anglizismus“ ähnlich Pitschas, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 227; vgl. auch 2. Teil, Kap. A, Fn. 347. 14 Ambrosius, in: Frese / Zeppenfeld (Hrsg.), Kommunen und Unternehmen, S. 200 f. 15 Vgl. hierzu 2. Teil, Kap. C, Fn. 467 ff. 16 Eine detailliertere Unterscheidung u. a. bei Bauer, VVDStRL 54, S. 277 ff.; daran anschließend und um eine Verantwortung für die ordnungsgemäße Wirtschaftsführung sowie für die Erfüllung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen ergänzend Spannowsky, ZGR 1996, S. 416 ff.; vgl. auch 2. Teil, Kap. B. 17 Das Projekt „Rechtliche Regelungen für Public Private Partnership“ (Fn. 12) gibt hierzu keine Anhaltspunkte; als Ziel wird generell die Verankerung kooperativer Vertragsverhältnisse als Rahmen für die Zusammenarbeit mit Privaten formuliert.

B. Systematisierung von Verwaltungskooperationen

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tiver Beziehungen zwischen Verwaltung und Privaten, so lassen sich neben einer Vielzahl formeller Strukturierungen auch eher nur informell-beratende Beteiligungsformen ausmachen. Die Skala beginnt hier mit nicht oder in nur geringem Maße formalisierten kooperativen Verfahren auf der einen Seite, zu denen in individueller Perspektive etwa rechtlich unverbindliche Vorverhandlungen, mündliche Absprachen oder schriftliche Agreements18 gehören sowie aus einer „kollektiven“ Sicht lediglich beratende Beteiligungsformen, wie Runde Tische, Bürgerforen, Bürgergutachten, aber auch heterogen besetzte Konferenzen zur Vorbereitung einer Lokalen Agenda oder von regionalen Nachhaltigkeitsprojekten.19 Hinzu kommen deutlicher formalisierte Kooperationsbeziehungen mit unterschiedlichem zeitlichen Horizont, wie etwa eine kurzfristig-punktuelle Zusammenarbeit insbesondere auf kommunaler Ebene bei der Erstellung eines Stadtleitbildes oder der Planung von Veranstaltungen,20 unterschiedlich intensiv organisierte kooperative Netzwerkstrukturen, in denen die Verwaltung die Rolle des Netzarchitekten und Netzkoordinators21 übernehmen kann, oder auch (dauerhaft) institutionalisierte Organisationen. Zu letzteren zählen z. B. Vereine oder privatrechtliche Stiftungen,22 die als zunächst private Gründungen für individuelle Ziele Kooperationen mit dem 18 Einschlägig Bulling, DÖV 1989, S. 279 ff.; ders., in: Hill (Hrsg.), Verwaltungshandeln, S. 147 ff.; in dem Band finden sich auch einzelne Beispiele für Vereinbarungen und öffentlich-rechtliche Verträge (S. 193 ff.). Vgl. des weiteren Schmitz, NVwZ 2000, S. 1242; aus rechtlicher Sicht E.-H. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, S. 75 f.; zu vorvertraglichen Verhandlungen Bauer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität, S. 256 ff. 19 Hill, BayVBl. 2002, S. 322; Klotz, in: Hermann / Proschek / Reschl (Hrsg.), Lokale Agenda, S. 12; Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 342 mit Fn. 10; ausführlich zum Konzept der Planungszelle als Art des Bürgergutachtens Peter Dienel, Die Planungszelle, 4. Aufl., Opladen 1997. Zu informellen Präventionsräten als Teil einer „Sicherheitspartnerschaft“ siehe Burgi, in: Stober (Hrsg.), Public-Private-Partnerships, S. 70 f. m. w. N.; Schuler-Harms, Verwaltung, Beiheft 4 / 2001, S. 173 ff. (community policing). Internationale Beispiele verschiedener Formen interaktiver Politikgestaltung bei Hill, DVBl. 2002, S. 1321 f. 20 Beispiele bei Hill, der städtetag 1 / 1998, S. 8. Die besondere Stellung der Kommunen als Motor der Bürgergesellschaft rührt v.a. aus ihrer Funktion als „Schaltstelle zwischen Bürger und Staat“, so Hill, BayVBl. 2002, S. 321; Evers, Gegenstand, in: ders. / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 41; vgl. auch 1. Teil, Kap. B, Fn. 37. 21 Hill, BayVBl. 2002, S. 323, 325; Beispiele bei Schuppert, Grundzüge, S. 19 f., 23; Schedler, in: Thom / Zaugg (Hrsg.), Personal- und Organisationskompetenz, S. 368 ff.; J. Becker, ZRP 2002, S. 304. Zu Verhandlungsnetzwerken Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 30 f. Funktionen, Vorteile und Abgrenzungskriterien „offener Netzwerke“ von Gruppen thematisiert Klages, Der blockierte Mensch, S. 177 ff. 22 Vgl. u. a. Betzelt, in: Nährlich / Zimmer (Hrsg.), Management, S. 38 ff. Zu Bürgerstiftungen, die finanziell und institutionell „Brücken zum Ersten und Zweiten Sektor“ schlagen können, Petry, in: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Handbuch Bürgerstiftungen, S. 394 ff.; Hill, BayVBl. 2002, S. 323 f. Unterschiedliche Ausprägungen der Vereinsträgerschaft als „typische Organisationsform des Dritten Sektors“ beschreibt Evers, Zusammenfassung, in: ders. / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 222 f.

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8. Teil: Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

Staat eingehen,23 weiterhin intermediäre Organisationen wie freie Träger der Jugend- oder Wohlfahrtspflege24 oder Träger aus dem Bereich von Kultur und Sport,25 deren Gründung bereits eine Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen intendiert und die über eine entsprechende Struktur und Anschlußfähigkeit26 verfügen. Nicht zuletzt die Durchführung öffentlicher Aufgaben durch gesetzlich determinierte Institutionen, wie rein private Unternehmen, oder der „Zusammenschluß öffentlicher und privater Akteure in gemeinsamen Gesellschaften“27 als besondere Form der Zusammenarbeit markieren ein breites Anwendungsfeld von Verwaltungskooperationen. Damit wird aber auch deutlich, daß es sich bei diesen Beziehungen, die unter den Begriff der Public-Private Partnership zusammenzufassen sind,28 nur um einen, wenn auch bedeutenden Bereich möglicher Formen der Zusammenarbeit handelt.29 Allen Formen öffentlich-privater Partnerschaften gemeinsam ist jedoch, daß lediglich die Durchführungs- oder Realisierungsverantwortung30 auf den privaten Kooperationspartner übergeht; eine staatliche Gewährleistungsverantwortung für die Aufgabe bleibt auch im Zuge verwaltungskooperativer Strukturen bestehen. Angesichts der Vielzahl öffentlich-privater Beziehungen und ihrer Polykontexturalität31 bedarf es für eine handhabbare Gliederung von Verwaltungskooperationen und ihrer Einbindung in ein Verwaltungskooperationsrecht einer Eingrenzung. 23 Kooperationspartner als für öffentliche Zwecke instrumentalisierte private Initiativen sind z. B. Sportvereine mit der „Übertragung der Schlüsselgewalt über Sportstätten“ (Stitz, in: Evers / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 123) sowie Nachbarschaftsinitiativen im Bereich der Sicherheit, vgl. Weiner, Privatisierung, S. 240 f. 24 So ist etwa die Jugendhilfe „gekennzeichnet durch die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen“, so die Formulierung in § 3 SGB VIII; vgl. auch die Beispiele institutioneller Zusammenschlüsse bei Rauch, in: Evers / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 173 ff.; speziell für Berlin Hitschke, Neue Steuerungsinstrumente, S. 181 ff. 25 B. Wagner, in: Zimmer / Nährlich (Hrsg.), Engagierte Bürgergesellschaft, S. 114 ff., unterscheidet drei Formen der Institutionalisierung anhand der Zusammensetzung von Hauptund Ehrenamt. Zahlreiche Fallbeispiele auch bei Stitz, in: Evers / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 124 ff.; spziell für PPP im Kulturbereich Duda / Hausmann, ZögU 2002, S. 340 ff. 26 Eine Anschlußfähigkeit gilt aber nicht nur für private Organisationen in Kooperationsbeziehungen, sondern auch für die Verwaltung als Partner, vgl. etwa Hill, VOP 12 / 2000, S. 12; Bauer, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 261 f.; im Anschluß auch Weiß, Privatisierung, S. 320 f. 27 Schuppert, Grundzüge, S. 13. Für diese Partnerschaften verdient auch eine gemeinnützige GmbH als spezifische Ausprägung der GmbH Erwähnung. 28 Vgl. oben, 2. Teil, Kap. A, Fn. 372. 29 Zur Bedeutung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen innerhalb von PPP u. a. Schuppert, Grundzüge, S. 23; a. A. Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 512 (international vergleichend). 30 Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 76 f.

B. Systematisierung von Verwaltungskooperationen

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a) Zunächst sollen Formen der Zusammenarbeit mit beratendem und planendem Charakter, wie sie etwa im Rahmen von „Lokale Agenda“-Prozessen vorgesehen sind, sowie eine lediglich informelle Kooperation nicht berücksichtigt werden. Das Konzept der Runden Tische etwa, die sich „als Initiatoren oder Katalysatoren und Koordinatoren“ verstehen, liegt weniger in der „Realisierung spezifischer Projekte und Programme“, als in der (vorbereitenden) Planung sowie im Aufbau eines kooperations- und partnerschaftsfreundlichen Umfeldes.32 Kennzeichen einer kooperativen Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten soll jedoch die Durchführung einer konkreten Aufgabe durch Private bei fortdauernder staatlicher Aufgabenverantwortung sein. b) Innerhalb dieser Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten lassen sich die privaten Partner nach Maßgabe ihres Formalisierungsgrades strukturieren.33 Schuppert unterscheidet zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Formalisierung, die jeweils Grenzen markieren, ohne mögliche Grauzonen auszuschließen:34 So können Verwaltungskooperationen zum einen durch eine institutionell-organisatorische Verfestigung im Rahmen des Handels- und Unternehmensrechts als Form der Public-Private Partnership begründet werden; hierzu zählen neben gemischtwirtschaftlichen Unternehmen35 und Kooperationsgesellschaften 36 auch die Übertragung der Durchführungsverantwortung auf rein private Unternehmen ohne staatliche Beteiligung oder nur mit einem staatlichen Anteil jenseits der Sperrminorität. So rechnen etwa im Bereich der Abwasserentsorgung nicht nur das 31 Teubner, Zeitschrift für Rechtssoziologie, S. 11; zu Wechselwirkungen zwischen Außenbeziehung und Binnenstruktur auch Evers, Zusammenfassung, in: ders. / Rauch / Stitz, Von öffentlichen Einrichtungen, S. 221 f. 32 Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 504. Auch Klotz, in: Hermann / Proschek / Reschl (Hrsg.), Lokale Agenda, S. 12, sieht den Beitrag der Lokale Agenda-Gruppen in einer vorrangig kommunikativ-planerischen Funktion, die Zuständigkeit für konkrete Handlungsvorschläge und Entscheidungen liege weiterhin beim Gemeinderat. 33 Ziekow, in: Sommermann / Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, S. 273 ff., hingegen mißt dem Formalisierungsgrad der Zusammenarbeit für die Qualifikation als Verwaltungkooperation keine Bedeutung bei und bezieht daher auch informelle Arrangements ein. 34 Schuppert, Grundzüge, S. 13, allerdings ist die erste Kategorie, die „eher informelle Kooperationsformen sowie Vorformen partnerschaftlicher Zusammenarbeit“ beschreibt, dem hier zugrundegelegten Verständnis von Verwaltungskooperationen nicht zuzuordnen. 35 Ziekow, Vereinbarung, S. 83, schließt diese Zusammenarbeit explizit aus dem Bereich der Verwaltungskooperation aus mit der Begründung, es handele sich nicht um eine Aufgabenwahrnehmung im Rahmen sektoral verschiedener Handlungsrationalitäten, gemischtwirtschaftliche Unternehmen entwickelten eine eigene, auf Gesellschaftsrecht und öffentlichem Haushaltsrecht beruhende Handlungsrationalität, um später (S. 88 ff.) einen Fall gemischtwirtschaftlicher Zusammenarbeit wegen der besonderen „Gestaltung des Privatisierungsvorgangs“ zur Verwaltungskooperation zu rechnen. Fraglich ist jedoch, wie anhand einer erfolgten Teil-Privatisierung der kooperative Charakter noch bestimmt werden kann. Vgl. dagegen Schuppert, Grundzüge, S. 13. 36 So die Terminologie bei Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 347.

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8. Teil: Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

Betriebsführungs- und Kooperationsmodell, sondern auch das Betreibermodell zur institutionell-organisatorisch begründeten Verwaltungskooperation, ohne jedoch eine entsprechende Zuordnung auch im Verwaltungskooperationsrecht vorwegzunehmen.37 Zum anderen können Verwaltungskooperationen auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem öffentlichen Träger und Privaten beruhen. Diese vertraglichen Regelungen stellen die „gängigste Kooperationsform“ dar,38 wobei Überschneidungen mit der institutionell-organisatorischen Zusammenarbeit – vertragliche Überantwortung von öffentlichen Aufgaben an private oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen – durchaus möglich sind.39 c) Eine zeitlich begrenzte, punktuelle Zusammenarbeit kann zwar durchaus kooperativen Charakter annehmen und insoweit Gegenstand einer öffentlich-privaten Partnerschaft sein. Allerdings ist es wahrscheinlich, daß sich kurzfristig angelegte Kooperationen ebenfalls eher in Form von Bürgerforen oder informellen Absprachen und Agreements vollziehen, aufgrund des Aufwandes jedoch weniger in einer institutionalisierten oder auch nur vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit. Verwaltungskooperationen sollen daher durch eine mittel- bis langfristige Perspektive gekennzeichnet sein, so daß sie hinsichtlich der Dauer zumindest den Abschluß einer vertraglichen Vereinbarung rechtfertigen.40

C. Aufgabenumfang Wie bereits aus der Definition des Trägerkreises hervorgeht, können Privatrechtssubjekte neben ihren privaten lediglich öffentliche Aufgaben erfüllen, sofern mit diesen keine Ausübung von Hoheitsbefugnissen verbunden ist.41 Sowohl Kernaufgaben als auch staatliche Aufgaben insbesondere mit Hoheitsbezug, die ausschließlich der Staat erfüllen kann, bleiben einer Zuweisung an Privatrechtssubjekte verschlossen. Ebenso unproblematisch sind die rein privaten Aufgaben ohne besonderen Gemeinwohlbezug; sie sind für die Ausdifferenzierung des Verwaltungsorganisationsrechts allerdings auch irrelevant.42 Mit Blick auf die Intensität 37 Gerade die Beteiligung der öffentlichen Hand ist für Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 506, 512, ein Abgrenzungskriterium von Kooperationen per Vertrag und in gemischwirtschaftlichen Unternehmen; im Anschluß Schuppert, Grundzüge, S. 13 f. Vgl. auch oben, 2. Teil, Kap. A, Fn. 374 f. 38 Heinz, Merkmale, in: ders. (Hrsg.), Public private partnership, S. 506. 39 Vgl. etwa Höftmann, FS Lüder, S. 813. 40 Dies ist ein, wenn auch nachrangiges Kriterium zur Abgrenzung von Public-Private Partnership gegenüber anderen Formen des öffentlich-privaten Zusammenwirkens (2. Teil, Kap. A, Fn. 368 ff.), allerdings stellt sich auch hier das Problem der Quantifizierbarkeit. 41 Als „Normalfall“ eines Kooperationsverhältnisses wird hier die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ohne hoheitliche Kompetenzen unterstellt; dies steht einer Durchführung öffentlicher Angelegenheiten mit Hoheitsbefugnissen sowie staatlicher Aufgaben durch Private nach einem Beleihungsakt nicht entgegen. 42 Vgl. 4. Teil, Kap. A, B, D.

C. Aufgabenumfang

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staatlicher Verantwortung entwickelt Trute43 eine abgestufte verantwortungsteilige Aufgabentypologie, die er unter dem Begriff der Kooperationsaufgaben zusammenfaßt und deren gemeinsames Kennzeichen „das Bestehen gemeinsamer Interessen zwischen Staat, Kooperanten und Dritten an der Aufgabenerfüllung als Grundlage des Interessenausgleichs“ ist. Zu diesen Kooperationsaufgaben zählen erstens Angelegenheiten, die in der hier vorliegenden Systematisierung als gemeinwohlbezogene Privataufgaben bezeichnet werden:44 Charakteristisch für diese Angelegenheiten ist einerseits ihre privatrechtliche Wurzel, andererseits die Existenz eines intensiven öffentlichen Interesses an ihrer angemessenen Ausführung.45 Die Funktion des Staates bei der Wahrnehmung gemeinwohlbezogener Privataufgaben ist vorrangig auf die Beobachtung, Rahmensetzung und distanzierte Steuerung beschränkt. Zwar ließe sich dieser Auftrag auch mit einer Gewährleistungsverantwortung umschreiben, jedoch soll hier prinzipiell nicht jene Auffangverantwortung des Staates bei Nicht- oder SchlechtErfüllung ausgelöst werden, die im Konzept der Verantwortungsstufung vorgesehen ist. Vielmehr beschränkt sich dieser Aspekt der Gewährleistung auf die Sicherstellung einer staatlichen Rahmensetzung, die mit einer Förderungs- und Finanzierungsverantwortung46 verbunden werden kann,47 und mit einer Beobachtungsfunktion hinsichtlich der Wirksamkeit staatlicher Rahmensetzung einher geht.48 Gegebenenfalls hat der Staat seiner Informationsverantwortung49 gegenüber Interessenvereinen, Selbsthilfegruppen oder Verbänden auf der einen Seite und Interessenten, Bedürftigen oder Ratsuchenden auf der anderen Seite bezüglich der gesellschaftlich-privat bereitgestellten Leistungen nachzukommen.50

43 In: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 197. 44 Vgl. einerseits oben, 4. Teil, Kap. D a), andererseits die Systematisierung anhand verschiedener Verantwortungsstufen bei Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 199 f., 202 ff. 45 Nach Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 197, liegt das „eigentliche Spezifikum dieses Aufgabentyps . . . in der Überdeterminierung der privaten Interessendynamik durch öffentliche Interessen“. 46 Allerdings handelt es sich bei der Abgrenzung einer Finanzierungs- und Förderungsverantwortung gemeinwohlbezogener Privataufgaben und einem nachhaltigen finanziellen staatlichen Einfluß mit möglicher ,Ver-Öffentlichung‘ der Aufgaben um eine Gratwanderung; zu möglichen Formen einer (Mit-)Finanzierung privater Initiativen vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56, S. 221 ff. 47 Etwa Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 79 f. 48 Nach Bauer, VVDStRL 54, S. 280, ist die Beobachtungsverantwortung generell, insbesondere aber im Kontext der staatsentlastenden Aufgabenverlagerung in den privaten Bereich als Pflicht der Verwaltung zu sehen. 49 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 123. 50 Zum Typus der „vermittelnden Verwaltung“ Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 123, 153 f. Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 149 ff., führt diese nichthierarchischen Handlungsformen auf das Spannungsverhältnis zwischen „den Imperativen

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8. Teil: Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

Zweitens umfaßt der Begriff der Kooperationsaufgaben eine private Leistungserbringung öffentlicher Aufgaben „bei fortbestehender staatlicher Gewährleistungs- und Auffangverantwortung“.51 Hierbei handelt es sich um einen vormals „staatlichen“ Bereich, der durch Herabzonen und Freigabe in den privaten Sektor verlagert wird. Im Unterschied zu den gemeinwohlbezogenen Privataufgaben kann der Staat in diesem Aufgabenkreis aber stärkere Vorgaben für die Durchführung setzen als in dem ihm vom Prinzip her nicht zugänglichen Bereich der gemeinwohlbezogenen Privataufgaben. Überspitzt formuliert rückt der Staat bei der Erfüllung gemeinwohlbezogener Privataufgaben in die Rolle des Begünstigten, da gesellschaftliche Kräfte Aufgaben wahrnehmen, an deren Realisierung auch der Staat ein Interesse hat, ohne sich selbst aktiv – oder finanziell – engagieren zu müssen.52 Hingegen tritt er bei der Übertragung öffentlicher Aufgaben (Einwirkungs-)Rechte ab, für die er sich eine Gegenleistung ausbedingen kann. Diese Gegenleistung besteht in der Akzeptanz einer unterschiedlich intensiven gestuften staatlichen Restverantwortung, die sich je nach Kooperationsform in einer Beobachtungsverantwortung als Konsequenz aus einer Privatisierung, in einer Gewährleistungsverantwortung bei Übertragung der Aufgabendurchführung verbunden mit einer Auffangverantwortung über eine Privatisierungsfolgenverantwortung53 bis hin zu einer Kontrollverantwortung für das Ergebnis erstrecken kann.54 Solange es sich um öffentliche Aufgaben handelt, bleibt der Staat aber grundsätzlich Ausfallbürge für die Aufgabenerfüllung; er nimmt eine Garantenstellung ein und trägt neben einer Gewährleistungsverantwortung auch eine Auffangverantwortung, wenn die Aufgabenerfüllung aufgrund eines definitiven Marktversagens im gesellschaftlichen Bereich notleidend wird.55 In diesem Punkt liegt der Unterschied zwischen einer Hochzonung privater Aufgaben in den Bereich des Öffentlichen, wie es bei gemeinwohlbezogenen Privataufgaben der Fall ist, und der Verstrikt hierarchisch-bürokratischer Aufgabenerledigung“ und der „Lebendigkeit des Sozialen“ (S. 152) vor allem in der Sozialverwaltung zurück. 51 Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 201. 52 Man kann dies auch als besondere Form des free rider-Verhaltens bezeichnen: Der Staat sieht sich nicht in der Finanzierungs- oder sogar Erfüllungsverantwortung, da „die Güter auch ohne seinen – finanziellen – Beitrag bereitgestellt werden“ (Gablers Wirtschafts-Lexikon, 14. Aufl., Wiesbaden 1997, Bd. 2, S. 1383 f., Ergänzung d. Verf.). 53 Die Privatisierungsfolgenverantwortung stellt nicht nur auf Folgen einer Privatisierung für die Aufgabe selbst ab, sondern auch auf mit der Privatisierung in Beziehung stehenden Tatbestände, wie z. B. Haftung für Schulden, Fürsorgepflicht gegenüber dem Personal, so Bauer, VVDStRL 54, S. 279; im Anschluß Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 83. Zu Aufgaben der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rahmen des Privatisierungsfolgenrechts Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 47. 54 Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 199 ff.; Bauer, VVDStRL 54, S. 279 f.; Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 362 ff. 55 Vgl. etwa Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 201 f.

D. Grundzüge eines Verwaltungskooperationsrechts

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antwortungsrückgabe durch Verlagerung öffentlicher Aufgaben in die Privatsphäre. Das Konzept der Verantwortungsstufung eröffnet einerseits ein breites Feld für die Übertragung öffentlicher Aufgaben an Privatrechtssubjekte, da je nach Aufgabenart unterschiedlich intensive Ingerenzrechte und Berichtspflichten statuiert werden können.56 Gleichzeitig ist aber umgekehrt dieser Grad der staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten bei der Aufgabendurchführung auch entscheidendes Kriterium hinsichtlich der Eingrenzung der öffentlichen Aufgaben, die den Privatrechtssubjekten übertragen werden können.

D. Grundzüge eines Verwaltungskooperationsrechts Wenn Forderungen nach einem die Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten auffangenden Rechtsrahmen erhoben werden und auf die Bedeutung des Verwaltungskooperationsrechts im arbeits- und verantwortungsteiligen Staat hingewiesen wird, beziehen sich inhaltliche Überlegungen in der Regel auf die Ausarbeitung geeigneter verfahrensrechtlicher Regelungen. So ist nach Ziekow die „Ausfüllung der Gestaltungsund der Begrenzungsfunktion des Verwaltungskooperationsrechts in erster Linie durch die Gestaltung des Verwaltungskooperationsvertrages zu bewirken“;57 auch Bauer und Schuppert legen den Schwerpunkt auf die „Vertragsgestaltung als Arbeitsfeld des Verwaltungskooperationsrechts“.58 Unter diesen Prämissen erscheint das Verwaltungskooperationsrecht analog zum öffentlich-rechtlichen Vertrag vorrangig als unteilbares und in sich geschlossenes Vertragsrecht, das als Ergänzung öffentlich-rechtlicher Verträge für spezifische Sachverhalte keiner weiteren Untergliederung bedarf. Doch werden Verwaltungskooperationen nicht nur durch verfahrensrechtliche Vorgaben bestimmt, sondern sind auch in ein Gefüge mit „organisatorischem und organisationsrechtlichem Gehalt“59 einzuordnen. Indem mit dem Konzept einer Verantwortungsteilung „Verfahren, Organisationstypen und Handlungsformen der 56 Zur Umsetzung der Verantwortungsteilung „im Sinne des Versuchs einer für einen bestimmten Politikbereich vorzunehmenden Aufgabenverteilung“ siehe Schuppert, in: EnqueteKommission (Hrsg.), S. 201 f. 57 Verankerung, S. 190. 58 Bauer, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 262 ff.; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 443 ff.; zuletzt J. Becker, ZRP 2002, S. 305 ff., mit einem ausschließlich verfahrensrechtlichen Rahmen (S. 308). Auch Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 159 f., befaßt sich v.a. mit Verfahrensfragen. Daß die Vertragsgestaltung einer der Angelpunkt gelungener Kooperationen ist, zeigte sich nicht zuletzt an den Ereignissen um „Toll Collect“ als Betreiber für das Mautsystem nach § 4 Abs. 2 ABMG, hierzu Schorkopf, NVwZ 2003, S. 1471 ff. 59 So Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 335 (Hervorhebung d. Verf.).

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8. Teil: Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

Zusammenarbeit von staatlichen, halb-staatlichen und privaten Leistungserbringern ins Blickfeld (rücken)“,60 soll dieser auch organisationsrechtlichen Perspektive im Sinne einer Strukturschaffungspflicht61 Rechnung getragen werden. Zwar lassen sich in den Vorschlägen für verwaltungskooperationsrechtliche Verträge durchaus Hinweise auf die von Schmidt-Aßmann dargelegten Komponenten des (Verwaltungs-)Organisationsrechts erkennen, insbesondere auf die materiellen Rechtsgrundsätze, wenn auch in modifizierter Form. So werden beispielsweise bestimmte Anforderungen an den privaten Partner gestellt werden müssen, die als Konkretisierung der Organisationsform interpretiert werden können; als immerhin weitgefaßte Zuständigkeitsnorm bieten sich zu regelnde Qualitätsanforderungen an, deren Einhaltung durch Instrumente behördlicher Einflußnahme und Informationsrechte als Steuerungsinstrumente zu sichern wäre.62 Auch wenn somit einige organisationsrechtliche Grundsätze insbesondere als Anforderung an die Vertragsgestaltung berücksichtigt werden können, bleiben diese Gestaltungsanforderungen aus organisationsrechtlicher Perspektive doch deutlich hinter den Anforderungen zurück, die unter dem von Wahl63 skizzierten, nachfolgend jedoch noch darüber hinaus gehenden Privatorganisationsrecht normativ strukturiert zusammengefaßt werden sollen. Des weiteren tritt in den Ansätzen zu einem Verwaltungskooperationsrecht bislang nicht deutlich genug hervor, welcher Handlungsformen sich die Privaten sollen bedienen können. Zwar ist auf den ersten Blick unstreitig, daß für Private nur privatrechtliche Handlungsformen offen stehen; jedoch können bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben öffentlich-rechtliche Bindungen zu beachten sein; auch wäre eine Beleihung und damit die Übertragung öffentlich-rechtlicher Handlungsformen an Private möglich.64 Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach dem Bauer, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 252. Diese fordert Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 378 ff., vorrangig mit Blick auf privat vorbereitete staatliche Entscheidungen. 62 Vgl. etwa den Gesetzesvorschlag von Schuppert, Grundzüge, S. 124 ff., insbesondere §§ 55 ff. Ausführlicher bezieht Ziekow, Verankerung, S. 208 ff., organisationsrechtliche Grundsätze ein, die im Kooperationsvertrag zu berücksichtigen sind (Berücksichtigungsklauseln, § 62d) oder freiwillig vereinbart werden können (Freiwillige Klauseln, § 62e). 63 In: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 325 ff. Nach den Vorschlägen von Wahl soll das Privatorganisationsrecht allerdings sowohl verwaltungsbeherrschte Unternehmen (als Verwaltung in Privatrechtsform, nach der hier dargelegten Systematisierung: das Verwaltungsgesellschaftsrecht) als auch die in ein Verwaltungskooperationsrecht zu integrierenden Privaten umfassen (also ein Privatorganisationsrecht im engeren Sinne) wobei sich in diesem Bereich organisatorische und organisationsrechtliche Aspekte vor allem in Maßgaben für die behördliche Steuerung im Rahmen des Wirtschaftsverwaltungs-, Umwelt- oder Sozialrechts manifestieren sollen (S. 333 f.). 64 Allerdings nimmt Ziekow, Verankerung, S. 210, in seinem Gesetzesvorschlag sowohl die Berücksichtigung der Interessen Dritter etwa durch (angemessene) Preisgestaltung (§ 62d Abs. 1 Ziff. 7) als auch die Möglichkeit der Übertragung hoheitlicher Befugnisse (§ 62e Ziff. 2) in den Blick. 60 61

D. Grundzüge eines Verwaltungskooperationsrechts

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Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge unter Privaten,65 so daß sich auch insofern das Spektrum möglicher Handlungsformen des privaten Partners innerhalb öffentlich-privater Kooperationsbeziehungen erweitern kann. Wird das Verwaltungskooperationsrecht insgesamt nicht nur als reine Verfahrensordnung im Rechtsverhältnis zwischen der Verwaltung und privaten Akteuren für die Anbahnung, Durchführung und Steuerung bei einer Übertragung öffentlicher Aufgaben verstanden,66 sondern als komplexes rechtliches Regelungssystem von Verfahrens-, Organisations- und Handlungsformen, erscheint es durchaus gerechtfertigt, auch innerhalb des Verwaltungskooperationsrechts – analog zum Recht der öffentlichen Unternehmen – zwischen organisatorischen Festlegungen im Rahmen eines Privatorganisationsrechts und handlungsbezogenen Möglichkeiten als Privatverwaltungsrecht zu trennen. I. Elemente eines Privatorganisationsrechts Im Unterschied zu den im Verwaltungsorganisationsrecht oder im Verwaltungsgesellschaftsrecht verankerten organisationsrechtlichen Grundsätzen stellt sich bei der Kodifizierung eines Privatorganisationsrechts als organisatorischer Teilaspekt der Strukturschaffungspflicht ein entscheidendes Problem: Bislang konnte man in der Regel auf bewährte und vor allem auf eingrenzbare institutionelle Bausteine des Verwaltungsorganisationsrechts oder des (Privat-)Gesellschaftsrechts zurückgreifen und diese Regelungselemente mit Blick auf die Typologie, Zuständigkeitsfragen und Steuerungsmöglichkeiten in einen systematisierenden Zusammenhang stellen. Für Verwaltungskooperationen kann dieser Rückgriff auf fest umrissene, unveränderbare institutionelle Bausteine jedoch nicht gelten, da sich der private Partner durch eine Vielzahl organisatorischer Beziehungen auszeichnet: „klassische“ unternehmerische Institutionen, wie die GmbH oder auch die AG, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, ein in höchstem Maße ausdifferenzierter Kanon vereinsrechtlicher Verbindungen oder auch formlose Zusammenschlüsse ohne eigene Rechtsform.67 Die Systematisierung aller denkbaren institutionellen Beziehungen in einem Privatorganisationsrecht würde nicht nur zu einer unübersichtlichen und damit letztlich regellosen Vorschriftensammlung führen, sondern könnte sich mit der Festschreibung auch negativ auf die Flexibilität bei der Gestaltung von Kooperationsbeziehungen auswirken. Des weiteren muß die Frage einer staatlichen Steuerung in einem Verwaltungskooperationsrecht deutlich differenzierter beantwortet werden als im VerwaltungsHierzu schon 3. Teil, Kap. B, Fn. 73. Unterschiedliche Verfahrensrechtsverhältnisse nach Privatisierung bei Burgi, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, S. 181 ff. 67 Zur einer pluralisierten Verwaltung vergleichbar „hochgradigen Binnendifferenzierung der Bürgergesellschaft“ siehe Schuppert, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement, S. 191 ff. 65 66

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8. Teil: Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

gesellschaftsrecht: Während für das Verwaltungsgesellschaftsrecht eine – wenn auch abgeschwächte – staatliche Erfüllungsverantwortung angenommen wurde und damit ausgeprägte Informations- und Kontrollinstrumente formuliert werden konnten,68 stehen sich Staat und Private als Kooperationspartner in einem hoch ausdifferenzierten System verantwortungsteiliger Strukturen gegenüber, da sich die Steuerungsintensität nach dem Grad staatlicher Restverantwortung richtet. Dieser Abstufungsprozeß staatlicher Verantwortung als Çhiffre für die Intensität staatlicher Aufgabenwahrnehmung“69 muß sich demnach auch im Privatorganisationsrecht widerspiegeln. Fehlt insoweit für Kooperationsbeziehungen zwischen Staat und Privaten – mit Ausnahme gemischtwirtschaftlicher Unternehmen als Form der Public-Private Partnership – aufgrund der mannigfaltigen Möglichkeiten einer Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in formeller und materieller Hinsicht ein ausbau- oder anpassungsfähiges Gerüst, bietet sich auch ein diesbezüglich unvollständiger Rückgriff auf eingeführte privatrechtliche Organisationsformen70 nicht an. Eine Möglichkeit zu systematisieren wäre der Weg über Rechtsverhältnisse und Steuerungsinstrumente, indem einzelne organisationsrelevante Elemente aufgegriffen würden, die für eine Zusammenarbeit zwischen Staat und Gesellschaft unter Einbeziehung jener „abgestuften Verwaltungsverantwortung“ in „einem noch zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrecht“ mindestens erforderlich sind.71 In diesem Sinne wäre eine Orientierung an den für ein Verwaltungsorganisationsrecht einschlägigen materiellen Rechtsvorstellungen72 denkbar, insbesondere an Zuständigkeitsregelungen, wobei der Schwerpunkt auf eine personelle Wahrnehmungszuständigkeit im Sinne einer Zuweisung von Zuständigkeiten auf bestimmte natürliche oder juristische Personen zu legen sein dürfte,73 und Instrumente zur Realisierung der Kontrollverantwortung, die in modifizierter Form die 68 Hierauf nimmt wohl Ziekow, Verankerung, S. 186, 206, in seinem Gesetzesvorschlag Bezug (§ 62a Abs. 1 Ziff. 2: Übertragung der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe auf einen Privaten bei fortbestehender behördlicher Erfüllungsverantwortung). Vgl. auch 7. Teil, Kap. D, Fn. 188. 69 Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 198; vgl. auch 2. Teil, Kap. B, Fn. 404 ff. 70 Für diese ergeben sich aufgrund der Dispositionsfreiheit des Gesellschaftsrechts (7. Teil, Kap. C, Fn. 101), die wegen der nicht gesetzlich vorgeschriebenen Haftungsbegrenzung im Unterschied zur Verwaltung uneingeschränkt gilt, eine unübersehbare Vielzahl von Möglichkeiten der organisatorischen Ausgestaltung. Zu „höchst variantenreiche(n) Modellszenarien“ bei einer Public-Private Partnership vgl. auch Tettinger, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, S. 127 f. 71 Nach Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 80, 114, ist das Verwaltungskooperationsrecht „ein weites Versuchsfeld, auf dem der organisatorischen Phantasie von vornherein kaum Grenzen gezogen sind“. 72 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 206 f.; vgl. ferner 5. Teil, Kap. D. 73 Vgl. Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 72 I d.

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Grundlage für ein Privatorganisationsrecht als Bestandteil des Verwaltungskooperationsrechts bilden könnten.74

1. Geltungsbereich Für die Konkretisierung des Geltungsbereichs ist zunächst zwischen einem formellen Merkmal und einem materiellen Kriterium zu unterscheiden: In formeller Hinsicht gibt das Privatorganisationsrecht einen rechtlichen Rahmen für die Gestaltung privatrechtlicher Organisationsformen bei der Erbringung öffentlicher Leistungen vor; es ist demnach in erster Linie auf private Rechtsträger zu beziehen, nicht aber auf die Verwaltung in Privatrechtsform, für die das oben skizzierte Verwaltungsgesellschaftsrecht einschlägig ist.75 Diese differenzierte Zuordnung erscheint sinnvoll, da Inhalt und Intensität möglicher Gemeinwohlbindungen zu sehr variieren: Bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit Mitteln des Privatrechts durch Privatrechtssubjekte handelt es sich in der Regel um eine freie Entscheidung von Privaten, bei der Erfüllung durch die – öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisierte – Verwaltung hingegen um eine Verpflichtung von Verwaltungsträgern mit entsprechenden Anforderungen an Gemeinwohlverpflichtung und Grundrechtsbindung. Allerdings bezieht sich das Privatorganisationsrecht insoweit auch auf den öffentlichen Partner in Kooperationsbeziehungen, als Steuerungs- und Informationspflichten statuiert werden sollen. Der Begriff des „Privaten“ als formelle Begrenzung des Geltungsbereichs muß für das Privatorganisationsrecht weit gefaßt werden: Es handelt sich hierbei nicht nur um natürliche Personen des Privatrechts, um bürgerrechtliche Vereine, Stiftungen oder sonstige Zusammenschlüsse sowie um in ausschließlich privatem Eigentum stehende juristische Personen, sondern auch um gemischtwirtschaftliche Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist.76 Dabei ergibt sich unmittelbar die Frage nach dem im Rahmen eines Privatorganisationsrechts noch zuträglichen Ausmaß staatlicher Beteiligung: Zunächst liegt bei verwaltungsbeteiligten Unternehmen, d. h. gesellschaftsrechtlichen Organisationen, an denen die staatliche Anteilschaft unterhalb der Sperrminorität liegt, ohne Zweifel eine Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten nach Maßgabe des Ver74 Verschiedene Vorschläge für die inhaltliche Ausgestaltung zusammenfassend bei Schmidt-Aßmann, FS Brohm, S. 561 ff. 75 Demgegenüber schlägt Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 325, den Begriff des Privatorganisationsrechts für die Bereiche vor, „in denen privatrechtliche Organisationsformen gewählt sind, in denen (aber) die Freiheiten und Regeln des allgemeinen Privatrechts, die für rein privatrechtliche Organisationen gelten, nicht (voll) zutreffen“. 76 Schuppert, Grundzüge, S. 125, berücksichtigt diese explizit in § 56 Abs. 2 seines Entwurfes, Vorbild seien „die Regelungen in den Gemeindeordnungen“ (S. 132); vgl. demgegenüber Ziekow (Fn. 35).

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8. Teil: Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten

waltungskooperationsrechts vor. Aber auch eine Minderheitsbeteiligung kann insoweit unter das Privatorganisationsrecht gefaßt werden, als daß verwaltungskontrollierte oder – aus der Perspektive des Privaten – privatgeführte Unternehmen, die auch keine Verwaltungsträger, sondern Privatrechtsträger darstellen, umfänglichem privatrechtlichen Einfluß jenseits öffentlich-rechtlicher Bindungen unterliegen. Nicht zuletzt sind die Ingerenzrechte der öffentlichen Hand aufgrund der privaten Mehrheitsverhältnisse weitaus geringer als bei „organisierter Staatlichkeit“77 in Privatrechtsform, wenn auch keine ausschließliche Inhaberstellung des privaten (Mit-)Eigentümers vorliegt. Deutlich problematischer gestaltet sich die Zuordnung eines verwaltungsgeführten Unternehmens, in dem der Staat Mehrheitsaktionär oder Mehrheitsgesellschafter ist, zum Privatorganisationsrecht. Angesichts dieses Kräfteverhältnisses zwischen privatem und staatlichem Anteilseigner erscheint eine vorbehaltslose Eingliederung in ein Privatorganisationsrecht zunächst zweifelhaft. Auch könnte die – wenn auch abgeschwächte – Geltung einzelner öffentlich-rechtlicher Bindungen verwaltungsgeführter Unternehmen gegenüber den grundsätzlich bindungsfreien privaten Unternehmen eine weitere Differenzierung rechtfertigen, zumindest aber einer typenbezogenen Gleichbehandlung entgegenstehen. Jeodoch wird darauf hingewiesen, daß sich mit der Beteiligung Privater an der Unternehmung die Trägerschaft vom öffentlichen auf den privaten Sektor verlagert hat.78 Es handelt sich nach allgemeiner Ansicht bei dieser Form des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens, dessen Inhaberstellung ebenfalls zwischen öffentlichem und privatem Partner geteilt ist, nicht mehr um öffentliche Unternehmen, auch wenn es „in vieler Hinsicht wie ein öffentliches Unternehmen zu behandeln ist“.79 Insbesondere die Unterscheidung hinsichtlich der Grundrechtsfähigkeit verwaltungsgeführter gemischtwirtschaftlicher Unternehmen gegenüber der Grundrechtsverpflichtung verwaltungsbeherrschter Unternehmen läßt eine Anbindung an das Recht der öffentlichen Unternehmen und damit eine Nivellierung dieser Wesensmerkmale nicht zu. Um diese unterschiedlichen Akteure zu strukturieren, bietet sich für den Geltungsbereich in institutionell-formeller Hinsicht an, zwischen Kooperationsverhältnissen gesellschaftsrechtlicher Art,80 zu denen verwaltungsgeführte und verwaltungskontrollierte gemischtwirtschaftliche Unternehmen zählen, und vertraglichen Kooperationsverhältnissen, die sich sowohl auf rein private Unternehmen, Vereine oder sonstige „organisierte Bürger“81 beziehen, aber auch verwaltungsbeteiligte Unternehmen einschließen, zu unterscheiden. Letztere solle aufgrund des (zu) geringen staatlichen Anteils und der damit begrenzten Einflußmöglichkeiten als Privatunternehmen angesehen werden.82 77 78 79 80 81

7. Teil, Kap. A, Fn. 18. Vgl. 7. Teil, Kap. A, Fn. 57 ff. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 26. So auch Schuppert (Fn. 76). Schuppert, in: Enquete-Kommission (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement, S. 193 f.

D. Grundzüge eines Verwaltungskooperationsrechts

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Geltungsbereich des Verwaltungskooperationsrechts

Kooperationsverhältnisse gesellschaftsrechtlicher Art

vertragliche Kooperationsverhältnisse

verwaltungsgeführte verwaltungskontrollierte verwaltungsbeteiligte Unternehmen Unternehmen Unternehmen (Staatsanteil < 25%) (Staatsanteil