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German Pages 260 Year 2018
Markus Deimann Open Education
Pädagogik
Markus Deimann (PD Dr. phil.), geb. 1974, ist Bildungswissenschaftler und Privatdozent an der FernUniversität in Hagen. Er mischt sich als Kolumnist und Podcaster aktiv und kritisch in die Debatten zur Digitalisierung von Bildung ein.
Markus Deimann
Open Education Auf dem Weg zu einer offenen Hochschulbildung
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der FernUniversität in Hagen.
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© 2018 transcript Verlag, Bielefeld Alle Rechte vorbehalten. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld Umschlagabbildung: Markus Deimann Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-4496-8 PDF-ISBN 978-3-8394-4496-2 https://doi.org/10.14361/9783839444962 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
Inhalt
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Einleitung und Problemaufriss | 7
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Gegenstandsbestimmung: Was ist Open Education? | 13
2.1 2.2 2.3 2.4
Open Education als pädagogische Befreiungsbewegung | 15 Open Educational Resources als digitales Gemeingut | 27 Massive Open Online Courses als kostenfreie Massenkurse im Netz | 37 Die Quadratur des Kreises: Ist eine Begriffsbestimmung von Open Education überhaupt möglich? | 69
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Grundlagentheoretischer Zugang: Open Education als Bildung | 73
3.1 Diskussion zentraler bildungstheoretischer Figuren | 73 3.1.1 Vorbemerkung | 73 3.1.2 Die These der Verwandten Seelen: Open Education als humanistisches Bildungsideal | 76 3.1.3 Open Education als Digitaler Humanismus | 85 3.1.4 Open Educational Resources als digitale Heterotopie | 99 3.1.5 Open Education als Transformation von Bildungsprozessen | 104 3.1.6 Ausblick: Open Education als postmoderne Bildung? | 111 3.1.7 Zusammenfassung | 118 3.2 Methodologischer Zugriff: Open Education als Prozess sozialer Wirklichkeitskonstruktionen und Subjektivierungen | 120 3.3 Diskursbegriff und Diskurstheorie | 124 3.4 Offenheit als Episteme der Wissensgesellschaft? | 133 3.5 Die diskursive Formation der Open Educational Resources | 136 3.6 Die diskursive Formation der Massive Open Online Courses | 149 3.7 Zusammenfassung | 157 4 Conclusio: Offene digitale Hochschulbildung | 161 4.1 Die Ausgangslage: Hochschule im diskursiven Spannungsfeld von Tradition und Aufbruch | 162 4.1.1 Die Innenperspektive | 166 4.1.2 Die Außenperspektive | 170 4.1.3 Die Position des professionellen Sprechens | 175 4.1.4 Zusammenfassung der Sprecherpositionen | 183
4.2 Die Integration: Offene digitale Bildung als Hybridität | 185 4.3 Eine tentative Architektur offener Hochschulbildung | 194 5
Fazit / Ausblick | 209
Literaturverzeichnis | 217
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Einleitung und Problemaufriss
Die theoretische und empirische Auseinandersetzung der Bildungswissenschaft mit Open Education1 ist nach einer zwischenzeitlichen Hochphase während der 1960er und 1970er Jahre (Göhlich, 1997) nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Mit seinem programmatischen Beitrag „Offene Curricula – Leidensweg einer Fiktion“ setzte Lenzen (1976) der Reformbewegung, etwas pathetisch ausgedrückt, den Todesstoß, liest sich diese Abhandlung doch wie eine Schlussabrechnung mit einer als unreif erachteten Entwicklung: „Andererseits also, und dieses muß ganz deutlich gesehen werden, verhält sich ein Slogan wie derjenige vom offenen Curriculum wegen seiner Interpretationsoffenheit affirmativ gegenüber jeder beliebigen Konkretion, über die Legitimität zweiter kontroverser Entscheidungen, die sich beide auf ein vermeintlich gemeinsames theoretisches Konzept offener Curricula berufen, kann überhaupt nicht mehr sinnvoll gesprochen werden.“ (S. 146)
Auch nach der durch digitale Informations-und Kommunikationstechnologie erfolgten Wiederbelebung auf internationaler Ebene, griff die deutschsprachige Erziehungswissenschaft Open Education, das nun unter dem Namen Open Educational Resources (OER) firmierte, nur sehr verhalten und zögerlich auf – eine Ausnahme ist hier das vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung herausgegebene Dossier „Offene Bildungsressourcen/Open Educational Resources: Handlungsfelder, Akteure, Entwicklungsoptionen in internationaler Perspektive“2. Dadurch bleibt unberücksichtigt, dass OER mittlerweile zu einem ökonomisch, politisch und gesellschaftlich einflussreichen Faktor geworden sind, was sich beispielsweise an der Gründung zahlreicher Initiativen
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Im Folgenden wird Open Education als symbolischer Oberbegriff zur Kennzeichnung von pädagogisch und sozial motivierten Öffnungsprozessen verwendet.
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http://www.bildungsserver.de/db/mlesen.html?Id=50528
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(OpenCourseWare Europe, Open Learn der Open University UK), an der globalen Verbreitung offener Kurse (Massive Open Online Courses) und nicht zuletzt an dem gestiegenen Interesse der Bildungspolitik (so erklärte 2012 nach den USA mit Polen erstmals ein europäisches Land die Förderung von OER als wichtige staatliche Aufgabe) zeigt (Deimann, 2012a, 2012b). Die bildungspolitische Beschäftigung in Deutschland ist seit 2012 beachtlich gestiegen und beinhaltet eine Anhörung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Kultusministerkonferenz (KMK) im November 2012 (Dobusch, 2012b), mehrere von einer Arbeitsgruppe des BMBF und der KMK in Auftrag gegebene Studien, u.a. zu den Themen Urheberrecht (Kreutzer, 2013) und Metadaten (Ziedorn, Derr, & Neumann, 2013), eine Übersichtsdarstellung „Mapping OER“ (Wikimedia Deutschland e.V., 2016), sowie das bilanzierende Papier „Bericht der Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Länder und des Bundes zu Open Educational Resources (OER)“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2015). Gemündet sind diese Diskussions- und Reflexionsprozesse – für eine kritische Einschätzung siehe Deimann (2016) – in der Ausschreibung „Richtlinie zur Förderung von Offenen Bildungsmaterialien (Open Educational Resources – OERinfo)“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2016). OER sind dadurch zu einer weltumspannenden Bewegung3 mit ambitionierten Zielen emergiert, sei es die Steigerung von Bildungschancen, der Abbau von Grenzen und Hürden, die Demokratisierung von Bildung (Borgwardt, 2014; Phelan, 2012) oder als Katalysator für Innovation. Im aktuellen OECD-Bericht werden die vielfältigen Potentiale, die mit OER verknüpft sind, folgendermaßen zusammengefasst:
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Die Globalisierung zeigt sich auf organisationaler Ebene zum Beispiel durch das Open Education Consortium, das den programmatischen Untertitel „The Global Network for Open Education“ trägt (http://www.oeconsortium.org/) und von folgendem Selbstverständnis ausgeht: „The Open Education Consortium is a worldwide community of hundreds of higher education institutions and associated organizations committed to advancing open education and its impact on global education. We envision a world where everyone, everywhere has access to the education they need to build their futures. We seek to instill openness as a feature of education around the world, allowing greatly expanded access to education while providing a shared body of knowledge upon which innovative and effective approaches to today’s social problems can be built. The Open Education Consortium realizes change by leveraging its sources of expert opinion, its global network and its position as the principal voice of open education“.
Einleitung und Problemaufriss
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• „Digital technologies have become ubiquitous in daily life and OER can harness the new possibility afforded by digital technology to address common educational challenges.
• OER are a catalyst for social innovation, which can facilitate changed forms of interaction between teachers, learners and knowledge.
• OER have an extended lifecycle beyond their original design and purpose. The process of distribution, adaptation and iteration can improve access to high quality, contextappropriate educational materials for all. (Orr, Rimini, & van Damme, 2015, S. 11)“
Die Implikationen dieser hier exemplarisch aufgeführten, normativ aufgeladenen Beschreibungen („harness new possibility“, „facilitate changed forms of interaction“, „extended lifecycle“) in Hinblick auf individuelle und kollektive Bildungsprozesse wurden bisher bildungstheoretisch und -philosophisch kaum systematisch reflektiert (Deimann, 2014a). Nur vereinzelt gibt es Andeutungen und Hinweise in Bezug auf digitale Lern- und Bildungsangebote, wie virtuelle Communities oder Portale zur kollektiven Wissensproduktion (Wikipedia), so zum Beispiel im Konzept der „Strukturalen Medienbildung“ (Marotzki & Jörissen, 2010). So bleiben viele vollmundige Formulierungen, die eine breite gesellschaftliche Relevanz intendieren (Chancengleichheit, Demokratisierung, Inklusion) unwidersprochen und theoretisch unausgeleuchtet. Mehr noch, Open Education begibt sich damit in Gefahr zu Zwecken vereinnahmt und instrumentalisiert zu werden, die wenig mit den Zielen und Werten humanistischer Bildung zu tun haben. Nicht zuletzt durch die Emotionalität und Dichte der medialen Präsenz ist Open Education zu einem „Battlefield“ (Weller, 2014) bzw. diskursiven Feld (in Anlehnung an Foucault, 2012) geworden, das systematisch die Art und Weise prägt, wie über Bildung im digitalen Zeitalter gesprochen wird. Auch aus dem Bereich der Fernstudienforschung (Distance Education) – nicht nur aus historischer Sicht ein affines Feld (T. Anderson & Dron, 2011) – liegt bislang noch keine systematische Bearbeitung zur Offenheit und deren Auswirkungen auf die Bildung vor. Insgesamt fehlt es somit an einer bilanzierenden erziehungswissenschaftlichen Aufarbeitung bzw. Verortung des Phänomens Open Education. Die vorliegende Arbeit versucht, diese Lücke auf zwei Ebenen zu schließen und Open Education als relevanten Forschungsgegenstand einzuführen und perspektivisch zu entwickeln: 1. Publizistische Tätigkeiten zur Bearbeitung aktueller Themen rund um Open Education. Seit dem Aufkommen von OER – international ab 2001, mit Verzögerung dann ab ca. 2006/2007 in Deutschland – wurde in verschiedenen Formaten und mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet: Motivations- bzw.
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volitionspsychologie Analyse von OER (Deimann, 2007), konzeptionelles Papier zur Diskussion der Implikationen von OER im Hinblick auf Instructional Design (Deimann & Bastiaens, 2007), Abschlussbericht zu einem Arbeitspaket im Rahmen des EU-Projekts „Innovative OER in European Higher Education (Deimann, 2011), Delphi-Studie zur Wahrnehmung der Chancen und Herausforderungen von OER bei deutschsprachigen Hochschullehrenden und E-Learning ExpertInnen (Deimann & Bastiaens, 2010), lexikalische bzw. überblicksartige Arbeiten zu OER (Deimann, 2012b, 2012c), Mitherausgeber eines Special Issue zu bildungswissenschaftlichen Potentialen von OER (Deimann & Friesen, 2013), bildungsphilosophische und -theoretische Abhandlungen im Kontext von Open Education (Deimann, 2013b, 2014a, 2014b; Deimann & Farrow, 2013), sowie eine in Anlehnung an Foucault orientierte Diskursanalyse (Deimann, 2015b). 2. Diese Monographie, die das Thema Open Education in drei Schritten (Gegenstand, Theorie und Diskurs) systematisch ausarbeitet: Zu Beginn wird ein gegenstandstheoretischer Zugriff (Zeitrahmen: 1960er Jahre bis heute) unternommen, der Open Education historisch als (1) pädagogische Reformund Befreiungsbewegung, (2) globale Initiative zur Erstellung und Verbreitung freier Bildungsinhalte (Open Educational Resources, OER) und (3) kostenfreie Massenkurse für alle (Massive Open Online Courses, MOOCs) rekonstruiert und als jeweils genuin einzigartige pädagogische Phänomenbereiche versteht. Damit verbunden ist das Ziel, diese Open-EducationVariationen als eigenständige Gegenstände aufzubereiten und Anschluss für erziehungswissenschaftliche und bildunsphilosophische Reflexionen zu schaffen. Grundlage dieses Kapitels sind somit definitorische Klärungen, gegenstandstheoretische Beschreibungen der Wirkprinzipien und Aufzeigen wichtiger Konfliktpunkte und innerer Auseinandersetzungen, die das Feld prägen. In einem zweiten Schritt erfolgt ein grundlagentheoretischer Zugriff, der die gegenstandstheoretischen Überlegungen zu den Kernbegriffen Bildung und Offenheit rahmt und metatheoretisch absichert. Dabei wird die grundlegende These entwickelt, dass die pädagogische Reformbewegung Open Education sich durch signifikant diskontinuierliche Öffnungsschübe auszeichnet – ausgedrückt durch Neologismen wie Open Classroom, Open Curricula, Open Learning bzw. Open Distance Learning oder Non-formal Education –, deren bildungsphilosophische Wurzeln zwar von einem gemeinsamen Wesenskern ausgehen (Befreiung und Überwindung von Systemgrenzen), sich dann aber wild wuchernd entwickeln. Diese verschiedenen Fäden gilt es aufzuspüren, reflexiv nachzuzeichnen und auf Gemeinsamkeiten zu untersuchen. Eine bedeutsame Differenz zwischen der älteren Open-
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Education-Bewegung und neueren Open Ansätzen lässt sich identifizieren, indem frühere Open-Formen allesamt von erheblichen Problemen der Definition bzw. Explikation des Gegenstandsbereichs begleitet waren, wohingegen in der aktuellen Diskussion Konsens besteht, dass die auf dem UNESCO Weltkongress in Paris aus dem Jahr 2012 formulierte Definition von OER als verbindlich anzusehen ist, deren Wesenskern dann auch relativ eindeutig durch die Art der Lizenzierung festgelegt ist. Folglich ist es bislang auch (noch) nicht zu einer ähnlich inflationären Verbreitung von Open Education Formen, auf Basis von OER, gekommen. Es wird sich in diesem Zusammenhang dann auch zeigen, dass der gemeinsame geteilte Wesenskern von Open Education maßgeblich durch die Bildungsphilosophie von Rousseau und, in etwas geringerem Ausmaß, von Fröbel beeinflusst wurde, was zu einer erheblichen Engführung bzw. Rigidität im Umgang mit den später entwickelten Konzepten (z.B. Open Classroom) führte. Diese negative Weichenstellung, d.h. die Propagierung eines pessimistischen Gesellschaftsbilds (der Mensch ist von Geburt an „gut“, erst die Gesellschaft macht ihn dann „böse“) und der damit bedingten Entwicklungsmöglichkeiten soll in dieser Arbeit problematisiert werden. Dies zielt darauf ab, gesellschaftliche Bedingungen weniger in Form strenger Opposition zur menschlichen Natur – der Mensch muss zur Entfaltung seiner Natur vor gesellschaftlichen Einflüssen geschützt werden –, sondern als konstitutiver Bestandteil von Bildungsprozessen, wie er insbesondere von Humboldt (Bildung als Auseinandersetzung des Menschen mit sich selbst und der Welt) thematisiert wurde. Humboldt gehört gerade zu jener Gruppe deutschsprachiger Denker, die nur sehr wenig von der frühen Open-Education-Bewegung rezipiert wurde, ganz im Unterschied zu „Exportschlagern“ wie Pestalozzi, Fröbel oder Steiner. Mit der These der verwandten Seelen und des digitalen Humanismus werden daher zwei konsequent an Humboldt angelehnte Argumentationsfiguren entfaltet. Mit Bezug auf die Arbeiten von Michel Foucault wird dann in einem dritten Schritt ein zusätzlicher Anker gesetzt, mit Hilfe dessen wichtige (Vor)Bedingungen der Themenkomplexe Bildung und Open Education analysiert werden. So finden sich zwar einige Hinweise in der älteren Literatur, die auf pädagogische Machtpraktiken (z.B. Unterdrückung in und durch Schulen) hinweisen (Illich, 1971), ohne diese jedoch in einer solchen analytischen Schärfe zu beschreiben, wie es Foucault in seinen Werken, zum Beispiel „Überwachen und Strafen“ (1994), tat. Mithilfe der auf Foucault zurückgehenden theoretischen Konzepte um Wissen, Macht und Diskurs sowie der methodologischen Umsetzung in Form der Diskursanalyse lassen sich die bisher blind gebliebenen Flecken im Zusammenhang von Macht und Diszi-
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| Open Education plin aufdecken und es kann prinzipiell gezeigt werden, dass jede Form von Befreiung bzw. Öffnung mit einer neuen Form von Unterdrückung bzw. Ausgrenzung einhergeht. So argumentiert auch Pongratz (2004), wenn er die deutsche Reformpädagogik als Form einer „sanften“, panoptischen Disziplinartechnik entlarvt und somit „Pädagogikgeschichte gegen den Strich“ (S. 250) bürstet. Dies als Ausgangspunkt nehmend, soll dann untersucht werden, welche Macht- und Disziplinierungsmechanismen sich in der gegenwärtigen Offenheitsbewegung identifizieren lassen. Ungeachtet der unterschiedlichen Spielarten geht es Diskursanalyse im Kern um die Rekonstruktion bzw. Dechiffrierung gesellschaftlicher Konstruktionsprozesse der Wirklichkeit, hier Open Education. Das von Foucault (1973) entwickelte Konzept der Archäologie wird für die Konzepte Open Educational Resources und Massive Open Online Courses adaptiert und deren jeweilige diskursive Formation entschlüsselt. Gerade im Zusammenhang der MOOCs lässt sich zeigen, wie einflussreich und wirkmächtig medial konstruierte und massenhaft verbreitete Kollektivsymbole wie „Tsunami“ oder „Revolution“ – beide aus Meinungsartikeln der New York Times – sind. Somit verfolgt der dritte Schritt einen diskursanalytischen Zugriff und analysiert exemplarisch anhand von OER und MOOCs die prägnanten Diskursformationen und diskutiert deren hochschulpolitische Implikationen.
Im abschließenden Kapitel werden die ausgeführten Diskussionslinien im Hinblick auf begriffstheoretische und konzeptionelle Desiderate zusammengeführt und münden in ein Rahmenmodell offener digitaler Hochschulbildung. Dazu wird vorbereitend das aktuelle Sprechen über Hochschule analysiert und drei prägende Positionen im Diskurs identifiziert: (1) die Innenperspektive – wie sich die Hochschule selbst wahrnimmt und artikuliert – (2) die Außenperspektive – wie aus anderen gesellschaftlichen Bereichen heraus Positionen an die Hochschule herangetragen werden – und (3) das strategische Sprechen – wie aus einer Verschmelzung von (1) und (2) Analyse- und Entwicklungsmöglichkeiten zur Zukunft der Hochschule entstehen.
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Gegenstandsbestimmung: Was ist Open Education?
Open Education als spezifischer Forschungsgegenstand wurde bislang von der nationalen und internationalen Erziehungswissenschaft nicht systematisch rezipiert. Zu heterogen mögen die einzelnen, im hier vorgestellten gegenstandstheoretischen Zugriff, Ausprägungen wohl sein. Anstrengungen, einen dahinter verborgen liegenden Wesenskern freizulegen, wurden nicht unternommen, stattdessen wurden in beständiger Regelmäßigkeit ideologisch konnotierte Aussagen – Open Education als Befreiung des Individuums aus sozialen, ökonomischen und politischen Ketten – reartikuliert (für einen historischen Rückblick siehe Peter & Deimann, 2013). Ein historisches und kulturelles Gedächtnis konnte somit – darauf hat Theo Hug (2014) hingewiesen – nicht entstehen, was im Hinblick auf die Ausbildung professioneller und disziplinärer Strukturen eine große Hürde darstellt. So gibt es beispielsweise bis heute keinen eigenen Studiengang zu Open Education, auch im Bereich der Fernlehre fehlen diesbezügliche Angebote1. Aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive bildet die systematische und integrierende Rezeption der verschiedenen Open-Education-Strömungen die notwendige Voraussetzung, die aus unterschiedlichen Richtungen und Disziplinen akkumulierten Denkmodelle und die daraus abgeleiteten pädagogischen Handlungsempfehlungen und Maßnahmen auf deren bildungstheoretische und -philosophische Implikationen zu befragen. Die Ausrichtung dieses Projekts ist „importierend“, d.h. um den disziplinären „Kernel“ Bildung werden weitere Konzepte, Modelle und Theorien gruppiert, um damit Bildungstheorie zu erweitern. Wie im grundlagentheoretischen Teil noch genauer ausgeführt, ist der Bildungsbegriff gerade durch seine „bestimmte Unbestimmtheit“ charakterisiert und bietet damit 1
Denkbar wäre eine grundlegende Einführung in die Spezifika und theoretischen und philosophischen Hintergründe von Distance Education nicht nur aus institutionssoziologischer, sondern auch aus pädagogischer, d.h. als Vorbereitung für Lernende, Sicht.
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| Open Education
auch Angriffsfläche für „feindliche Übernahmen“. Spätestens seit der sog. realistischen Wende lässt sich eine starke empirisch-analytische Ausrichtung der Forschung feststellen, was mit einer Hegemonie psychologisch-naturwissenschaftlicher Methoden einhergeht. Zugespitzt formuliert lässt sich dies als Aushöhlung der Erziehungs-/Bildungswissenschaft bezeichnen und durch die Verwendung von Denominationen wie „Bildungspsychologie“, die eine instrumentelle Verwendung des Bildungsbegriff vor der Grundlage des empirisch-analytischen Forschungsparadigmas anstreben, illustrieren. Mit dieser Arbeit wird ein umgekehrter Weg vorgeschlagen, der Erziehungswissenschaft als aktive Problembearbeitungsinstanz mit einem hohen Grad an theoretischer Substanz und „systematischen Markierungen“ (Hansmann & Marotzki, 1988) versteht. Aus diesem Fundus schöpft sich der grundlagentheoretische Zugriff und bringt verschiedene, zum Teil miteinander konfligierende Positionen, wie etwa das humanistische Bildungsideal, das auf dem Prinzip individueller Bildungsamkeit basiert oder dem postmodernen Verständnis einer gesellschaftlich bedingten „Produktion“ von Subjektivität im lateinisch wortwörtlichen Sinn des Unterworfenseins, in Anschlag, um so eine möglichst differenzierte, multi-perspektivische Grundlegung von Open Education zu ermöglichen. Als komplementäre Bearbeitungsweise werden die verschiedenen Open-Variationen als Problematisierungen der Funktionsweise des gegenwärtigen Bildungssystems gelesen und als Material für eine bildungstheoretische Reformulierung verwendet. Die nun folgende Aufarbeitung orientiert sich an der zeitgeschichtlich verortbaren Entwicklung und unterscheidet dabei drei Phasen: 1. Open Education als pädagogische Befreiungsbewegung der 1960er und 70er Jahre mit einem starken schulpädagogischen Fokus. 2. Open Educational Resources als (zumeist) digitales Gemeingut, das sich zu einer globalen Bewegung, die seit der Jahrtausendwende auf eine ständig verbessertes sozio-technische Infrastruktur und dadurch ermöglichte sozialpartizipative Praktiken setzt, entwickelte. 3. Massive Open Online Courses als kostenfreie Massenkurse im Netz, die mittlerweile ein besonders stark diskursiviertes Feld darstellen. Diese historische Konzeptualisierung wurde in früheren Arbeiten (Deimann, 2012b, 2014a) entwickelt und geht von der aktuell steigenden Bedeutung von Open Education aus, entgegnet der These, dass MOOCs und OER einzigartige Phänomene seien – insbesondere durch die besondere Berichterstattung der Massenmedien bedingt (T. Friedman, 2012) – und zeigt stattdessen, welche päd-
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agogisch bedeutsamen Vorläuferbewegungen es gab und wie diese sich auf rezente Entwicklungen auswirken.
2.1 OPEN EDUCATION ALS PÄDAGOGISCHE BEFREIUNGSBEWEGUNG Open Education lässt sich ganz allgemein als Protest- bzw. Reformbewegung charakterisieren, die nicht nur an pädagogischen, sondern insbesondere auch an politischen, sozialen und ökonomischen Strukturen ansetzte und getragen wurde von einem Lehrsatz bzw. Hoffnungsträger, der im Kern davon ausgeht, dass Zwang und Gewalt strikt abzulehnen seien und dass sich keine Formen der pädagogischen Kontrolle den spontanen, selbstgesteuerten Aktivitäten von Kindern in den Weg stellen dürfen (M. A. Peters, 2008). Alle autoritären Erziehungsformen sind somit abzuschaffen und der Heranwachsende ist ganz sich selbst zu überlassen. In diesem kurz umrissenen Verständnis kann Open Education – und das zeigte die weitere Geschichte (Peter & Deimann, 2013) – nur als ein „Oberbegriff für eine pädagogische (Such-)Bewegung“ (Baecker, 2000, S. 22) gekennzeichnet werden. Als Beispiel für die enge konzeptionelle Verwandtschaft der Open-Bewegungen sei auf das Phänomen „Open Government“ hingewiesen, das mit geringer zeitlicher Verzögerung der OER-Bewegung folgte und begann, Forderungen nach mehr Transparenz und öffentlicher Rechenschaft auf allen Ebenen zu artikulieren (M. A. Peters, 2010)2. Beiden Öffnungsbestrebungen geht es um das Entfernen von Hürden, die als Störquellen im freien Informationsfluss, von der Politik zum Bürger (Open Government) bzw. von der „Welt“ zur Person (Open Education), verstanden werden. Der Beginn der Verwendung des Terminus technicus Open Education kann nach Smith (1997) auf das Jahr 1967 datiert werden, als zwei HarvardStudierende an einem Antrag für das US-Erziehungsministerium schrieben und finanzielle Unterstützung für alternative Methoden der Grundschullehrerbildung forderten. Openness schien geradezu prädestiniert zu sein, da es doch gerade das umfasste, was den Zeitgeist der damaligen Gesellschaft ausmachte:
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Viele dieser historischen Forderungen finden sich nun wieder im digitalen Gewand des sog. Web 2.0 – eine neue Entwicklungsstufe des Internets mit stark sozialpartizipativer Ausrichtung – und wurden beispielsweise in dem kürzlich erschienen dystopischen Roman von Dave Eggers „The Circle“ (2013) verarbeitet.
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„It seemed to catch the temper of the times, with its emphasis on openness of many kinds: openness of opportunity, of relationships, of government, of information sharing, of manifold possibilities beyond the hierarchical authoritarian institutions of our society – including the schools“ (S. 375).
Prägnant ausformuliert wurde der Wunsch nach (politischer) Veränderung im Schulsystem mit einer Reihe von bedeutenden Werken, die zur damaligen Zeit im anglo-amerikanischen Raum erschienen und die, entsprechend dem beherrschenden Aktionismus, programmatische Titel trugen: „Deschooling society“ von Ivan Illich (1971) und „Learning at the back door“ von Charles Wedemeyer (Wedemeyer, 1981). Einflussreich waren daneben der autobiographische Bericht „Death at an early age. The destruction of the hearts and minds of Negro children in the Boston public schools“ von Jonathan Kozol (1967), in dem er die befremdenden Erlebnisse aus seinem ersten Jahr als Lehrer an einer mehrheitlich von SchülerInnen mit afro-amerikanischen Hintergrund besuchten Bostoner Schule, massiv geprägt durch die tief verwurzelte Politik der Rassentrennung und der dadurch bedingten sozialen Ungleichheiten, beschreibt und das Buch „How children fail“ von John Holt (1964), das die vor dem Hintergrund eigener Forschung entwickelte These vertritt, wonach das traditionelle Schulsystem mehr Schaden als Nutzen für den kindlichen Wunsch nach Lernen produziere. Weitere einflussreiche Personen der frühen Open-Education-Bewegung sind Betrand Russel, A.S. Neill, Homer Lane und W. H. Kilpatrick (Perry, 1967). Bereits zu einem relativ frühen Zeitpunkt wurde jedoch deutlich, dass wenige charakteristische Kennzeichen für die von Enthusiasmus getragene Bewegung existieren. Es war dann ja auch gerade eines der attraktiven Merkmale von Open Education, dass ganz verschiedene Aspekte des Lehrens und Lernens darunter subsumiert werden konnten und dass sich ErzieherInnen und LehrerInnen verschiedener Couleur mit ihr identifizieren konnten. Die Schwierigkeiten, einen gemeinsamen Wesenskern zu definieren, verstärkten sich durch das rasche Anwachsen der Bewegung und die damit gesteigerte Vielfalt an Methoden, die auf quasi natürliche Weise alle Versuche zur Ein- bzw. Abgrenzung unmöglich machte: „Part of the problem of the definition of open education also stems from the nature of the movement itself and from the reluctance of its practitioners to attempt to quantify their beliefs about education, fearing on the one hand that they would be unable to encapsulate its element, and confident on the other hand that by its very nature open education could not be fully delimited or defined.“ (Noddings & Enright, 1983, S. 183)
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Damit zusammen hängt die Schwierigkeit, bestimmte pädagogische Prozesse in eine präzise, d.h. nicht romantisch verklärte Sprache zu übersetzen, wie es zum Beispiel in humanistischen Ansätzen in der Tradition von Carl Rogers der Fall war, der vor dem Hintergrund einer humanistischen Psychologie (natürliches Bedürfnis des Menschen, sich selbst zu verwirklichen) eine neue Perspektive von humanistischer Bildung prägte. Open Education wurde daher vielfach als ein „Open System of thought“ (Tunnell, 1975, S. 14) betrachtet, das beständig neue (offene) Ideen generiert 3. Ein pragmatischer Vorschlag, um diesem Wildwuchs definitorisch Herr zu werden, bestand in der Forderung nach einer negativen Definition, die eben nicht die Bandbreite an Ansätzen umfasst, die – auf irgendeine Form – als begründet für Open Education gelten (Ausschlusskriterien). Egal ob positiv (beispielhafte Verfahren für Open Education) oder negativ definiert, für Tunnell (1975) sind solche Versuche immer defizitär, da sie nicht einen bestimmten Kern beschreiben, sondern beliebige Ausformungen einer Praxis. Dadurch eröffnet sich jedoch zugleich die Gefahr, dass der zu definierende Term als Slogan benutzt wird, der der eigentlichen Intention zuwider laufen kann. Darauf haben insbesondere Spodek (1975) sowie Lenzen (1976) mit ihrer Analyse der deutschsprachigen OpenEducation-Bewegung aufmerksam gemacht – ohne jedoch einen trag- und konsensfähigen Gegenvorschlag zu entwickeln. Genau auf diese Unzulänglichkeit der Begriffsbestimmung von Open Education zielt die Kritik von Noddings und Enright (1983) ab, die damit eine wesentliche Charaktereigenschaft von pädagogischen Bewegungen insgesamt verbinden: „Education is notorious for its swings of the pendulum. Movements are born, backed, bombarded and buried in relatively short periods of time. Those of us who espouse a view near an end-point of the pendulum’s arc suffer special frustration: when our movement is ,in‘, it is frequently misinterpreted and badly implemented; when it is ,out‘, it is castigated for wrongs both earned and unearned. Indeed, educational movements are often so poorly understood and described that even professional educators do not recognize them when they reappear on the scene.“ (S. 182)
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Hierzu gibt es eine Parallele zum Bildungsbegriff in dem Sinne, dass durch die Schwierigkeit, diesen konzeptionell zu fassen, sich eine hohe Attraktivität, die gerade außerhalb der Erziehungswissenschaft zu beobachten ist, begründet. Für die konzeptionelle Arbeit lässt sich Bildung „strukturell als ,bestimmt unbestimmte‘ Rede kennzeichnen, die in ihrer logischen Struktur paradox angelegt, aber für die Disziplin hochfunktional ist“ (Ehrenspeck, 2010, S. 157).
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Exemplarisch führen die Autoren ihre Argumentation anhand von Open Education aus und machen dabei auch klar, dass sich Open Education als Bewegung, die sich wie eine Mode unterschiedlicher Zustimmung erfreut, von Open Education als Modell, das sich unabhängig von vorübergehenden Trends tiefer im pädagogischen Handeln von ErzieherInnen und LehrerInnen niederschlägt, abgrenzt. Den Versuch, Open Education definitorisch zu umreißen, legt Tunnel (1975, S. 17) mit einer Mischung aus pädagogischen Praktiken und normativen Prinzipien vor: • „Students are to pursue educational activities of their own choosing; • Teachers are to create an environment rich in educational possibilities; • Teachers are to give a student individualized instruction based on what he/she
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is interested in, but they are able to guide the student along educational worthwhile lines; Teachers are to respect students. The following count as exhibiting respect for the student: the student is granted considerable freedom; he/she is, for the most part, autonomous, the student’s interest and ideas are considered to be important and he/she receives individual instruction and guidance based on his/her interests, there is considerable interaction between teacher and student; they are considered to be equal in some sense, students are rarely commanded; uses of authority are minimized, students’ feelings are to be taken seriously.
Allgemeiner wird Open Education von Stephens (1974, S. 27) definiert als: „[…] an approach to education that is open to change, to new ideas, to curriculum, to scheduling, to use of space, to honest expressions of feelings between teacher and pupil and between pupil and pupil, and open to childrens’ participation in significant decision making in the classroom. It is characterized by a classroom environment in which there is a minimum of teaching to the class as a whole, in which provision is made for children to pursue individual interests and to be actively involved with materials, and in which children are trusted to direct many aspects of their own learning.“
Allen anglo-amerikanischen Definitionsversuchen gemein ist, dass sie sich relativ wenig mit dem Begriff Education auseinandersetzen müssen, da dieser weit weniger semantische und philosophische Tiefe hat als der deutsche Bildungsbe-
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griff und somit direkt mit den Zielen beginnen können. Interessant ist der Blick auf den deutschsprachigen Sprachraum, da hier eine vergleichsweise sehr hohe Komplexität im Zusammenhang mit Education vorliegt (der Bildungsbegriff ist grundlegend unbestimmt). Wie die folgende Beschreibung von Weiser (1980, S. 392) zeigt, wurde dies jedoch nicht zum Gegenstand von eigenständigen Reflexionen gemacht, sondern es finden sich Begriffe bunt durcheinander gewürfelt: „Von ihrem Selbstverständnis her begreift sich ,open education‘ im Sinnes eines ,offenen Lernens‘, einer ,nichtformalen Bildung‘ als selbstständige Konzeption, Ergänzung, Gegensatz und Alternative zur traditionellen (formalen) bürgerlichen Bildung und systematischen, starren Wissensvermittlung mit autoritären Praktiken. Wesentliche Zielstellungen der ,open education‘ bestehen darin, Bildungsmöglichkeiten in einem stark verbreiterten Rahmen anzubieten, um auch solche Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die durch das formale Bildungssystem nicht erfasst wurden.“
Wesentlich pragmatischer sind dann Explikationen aus jüngerer Zeit, die sich zudem auf einen bestimmten Lernkontext beziehen, so z.B. im Zusammenhang mit „Offenem Unterricht“: „Offener Unterricht kann als Öffnung des Unterrichts für verschiedene Einflüsse, also etwa für unterschiedliche Methoden und Sozialformen oder für außerschulische Lernorte definiert werden. Diese Definition mag wenig konkret erscheinen. Wenn man allerdings betrachtet, welche pädagogisch-didaktischen Strömungen dem Offenen Unterricht zugerechnet werden können, ist sie durchaus zutreffend, zumal die Frage, worin eigentlich die „Öffnung“ besteht, tatsächlich nicht einseitig zu beantworten ist.“ (Berg, 2010, S. 66, Hervorhebung im Original)
Als ein Leitmodell für die weitere Open Education Entwicklung kristallisierte sich die „British Infant School“ heraus, die von vielen US-amerikanischen PädagogInnen besucht wurde, um dadurch Inspirationen für „freiere“ und „offenere“ Methoden zu bekommen. Diese Reformschulen waren im frühen 19. Jahrhundert zur Fürsorge in Armut lebender Kinder, deren Eltern in den aufkommenden industriellen Fabriken arbeiteten, errichtet worden. Einer der Pioniere war Robert Owen (1771-1858), der in dem südschottischen Baumwollfabrikationszentrum New Lanark eine der ersten Infant School betrieb. Im Jahre 1800 übernahm er von seinem philanthropisch orientierten Schwiegervater David Cale die Fabrik und begann, die (Arbeits-)bedingungen für Erwachsene und Kinder spürbar zu verbessern. In diesem Zusammenhang war Erziehung der zentrale Stellhebel, allerdings mit konträren Implikationen, denn schulische Reformen dienten nicht
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nur der Bildung und Aufklärung einer unterprivilegierten Klasse, sondern wurden auch als Mechanismen der sozialen Kontrolle eingesetzt (O’Hagan, 2007). Als problematisch gestaltete sich der Transfer der Erkenntnisse aus den Schulbesuchen in Großbritannien, wurde doch versucht, diese gleichsam 1:1 in das USamerikanische Schulsystem zu übertragen, ohne die gewachsene Kultur in Großbritannien ausreichend zu berücksichtigen (L. Smith, 1997). Ungeachtet dessen entstanden eine Reihe von Reformschulen, auch als „alternative schools“ bezeichnet, die dem gewachsenen Bedürfnis nach öffentlich geförderten pädagogischen Alternativen Ausdruck gab. Die Besonderheit dieses Vorhaben begründet sich wie folgt: „The notion that there are a variety of ways in which children learn and can be taught is certainly not new. What is new is the thought that it could be made operational in the schools – not by chance by by choice. In the private sector […], families could select from prep schools, academies, Montessori schools and the like. Alternatives and choices are available, but not in the public sector.“ (Fantini, 1976, S. xvi, Hervorhebung im Original)
So wurden dann community schools, free schools oder store-front schools errichtet von Eltern, deren Kinder die Normen und Werte der Gemeinschaft direkt erfahren sollten und die sich dezidiert von der überbordenden Bürokratie öffentlicher Schulen abgrenzten. Doch nicht nur pädagogische Ziele wurden mit den alternativen Schulen verfolgt, auch politische Motive spielten eine gewichtige Rolle, denn die Kinder sollten in „freedom schools“ hinter die Kulissen der „myths of our society“ blicken um dadurch „perceive more clearly its realities and to find alternatives, and ultimately, new directions for action“ (ebenda, S. 4). Durch politische und ideologische Überfrachtung verkam Open Education relativ zügig zu einem Kampfbegriff, dem es an analytischer Schärfe mangelte (sehr deutlich wurde dies von Lenzen, 1976 herausgearbeitet). Auch Hill (1975) konstatiert in seiner Analyse „What’s open about open education“ eine sloganhafte Verwendung von Open Education in pädagogischen wie gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Ähnlich wie in der Werbung angepriesene Produkte von Kindern mit der (emotional gefärbten) Bezeichnung „lecker“ (engl. yummy) soll Open Education positive Emotionen wecken, die zu einer unmittelbaren Polarisierung führen, d.h. es gibt nur zwei Alternativen: Offen sein oder eben nicht. Offen ist dabei, so Hill, mit weiteren, positiv konnotierten Assoziationen verbunden: zukunftsorientiert, redlich, aufrichtig etc. Diese dichotome Ausrichtung wirkt so allumfassend, direktiv und geradezu erschlagend – wer möchte etwa ernsthaft als aufgeklärter Pädagoge gegen Offenheit des Lehrens und Lernens sein? – so dass als nahezu klassisch konditionierter Reflex der Warnhinweis
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kommt, darauf zu achten: „Who, in instance x, is advocating open education, what does it appear they hope to gain by doing so? In short, what in fact are they advocating? (Hill, 1975, S. 5, Hervorhebung im Original). Ähnlich bemüht sich dann der Autor herauszustellen, dass ungeachtet der proklamierten Offenheit von pädagogischen Institutionen wie der Schule, selbstverständlich eine Reihe von Aspekten nicht offen sind (bzw. gar nicht sein können, aufgrund systembedingter Gründe). Dazu zählen z.B. die Anwesenheitspflicht und die Auswahl von Lerninhalten, die konstitutionell bei der Lehrperson (ver-)bleibt und die damit eine Art „Gatekeeper-Funktion“ innehat, da durch die Selektion von Material erst so etwas wie ein Verständnis für Kultur beim Kind entsteht. Die in der Open-Education-Bewegung propagierte Offenheit, verstanden zumeist als Wahlfreiheit bei Lerngegenständen und -methoden, impliziert nach Hill (1975) eine „normative Offenheit“, wobei – wie hier bereits angeklungen – es zu einer Vermischung der Termini Offenheit und Freiheit kommt. Die Freiheit des Lernenden steht im normativen Postulat an höchster Stelle und wird durch eine konstitutive Bedingung (der Lernende hat das Recht zu bestimmen, was er/sie lernen möchte und was nicht) abgesichert. Damit reduziert sich der Einfluss bzw. die Wirkungsweise des Lehrenden auf die eines Begleiters (engl. Facilitator; ein Konzept, das in der gegenwärtigen Open-Education-Diskussion wieder sehr aktuell erscheint und so beispielsweise als quasi ideale Lehrform in den konnektivistischen Massive Open Online Courses angesehen wird), der auf die äußerlich sichtbaren Bedürfnisse des Lerners rasch zu reagieren hat. Alles, was sich dem „freien Willen“ zur Selbstentfaltung des Lerners in den Weg stellt, ist verpönt. Wie stark die Abneigung gegen manipulative Einwirkungen war, wird besonders bei Illichs (1971) Analogie von Schule und Gefängnis deutlich. Zwar hat zur etwa gleichen Zeit, d.h. 1976, auch Foucault in seinem Werk „Überwachen und Strafen“ ähnliche Thesen vertreten, doch in signifikant anderer Absicht. Ihm geht es weniger um rhetorische Argumentation zur Befreiung der Gesellschaft von der Diktatur der Schule, sondern um eine detaillierte Analyse der tiefer liegenden (Macht-)Strukturen, die mittels ihrer genealogischen Methode freigelegt werden und die subtile Umgestaltung der Gesellschaft in eine Disziplinargesellschaft zeigen. Ähnlich verhält es sich mit dem Verweis auf die von Carl Rogers begründete klienentorientierte Therapieform, in der er in Bezug auf Lehren und Lernen davon ausgeht, dass „[…] the only learning which significantly influences behaviour is self-discovered, self-appropriated learning“ (Kirschenbaum & Henderson, 1989, S. 302). Dadurch wird jede Form von Lehren und Unterrichten obsolet. Stattdessen soll es darum gehen, durch dialogische Auseinandersetzung zu einer Art von „sensitivity training“ zu kommen, das in der philosophischen Tradition
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von Rousseau, insbesondere mit den im Roman Emile (erstmals 1762 veröffentlicht) entfalteten naturalistischen Prinzipien, steht. Was bei diesen Bezügen auf klassische humanistische Ideale, die jede Form der Einmischung in die Autonomie der Person strikt ablehnen, bereits anklingt, wird beim Verweis auf die sog „Revolutionary Openness“, die in der Tradition (neo-)marxistischer Überlegungen steht, umso klarer. Diese gehen davon aus, dass sich Offenheit im pädagogischen Handeln und in pädagogischen Strukturen als Katalysator für soziale Reformen auswirkt und dass dabei „learning strategies that will liberate the oppressed“ (B. V. Hill, 1975, S. 9) eine besondere Funktion zukommt. Ausgearbeitet wurde diese Thesen in der Befreiungspädagogik von Paulo Freire (siehe dazu Kapitel 2.3.2). Klare Übersetzungen der theoretischen Prinzipien in konkrete Handlungen finden sich aber nicht, wie Hill (1975) bemerkt: „Open schools are hailed as intrinsically subversive, and their effectiveness in leading students to freedom is assumed to be dependent on their willingness to oppose actively the value system of the oppressive society.“ (Ebenda) Es ist dann gerade diese Fülle von „Offenheiten“, die kritisiert wurde, führt sie doch zu mehr Verwirrung denn Klarheit. Eine eindeutige Zuordnung zu einer Seite von Offenheit ist zumeist konfundiert mit einer Vereinnahmung durch eine andere Offenheits-Komponente, die jedoch ursprünglich gar nicht intendiert war, so z.B. wenn sich Befürworter der Offenheit von Lehrmethoden plötzlich in der Gesellschaft von Vertretern der „Revolutionary Openness“ wiederfinden. Für Hill (1975) erschweren sich dadurch auch Möglichkeiten zur Erforschung von Open Education, da die verschiedenen Komponenten nicht miteinander kompatibel sind. Aber auch die Praxis wird von dieser Unvereinbarkeit unmittelbar tangiert und so werden beispielsweise Lehrende im Zuge ihrer Bemühungen zu mehr Offenheit in der täglichen Arbeit mit SchülerInnen von normativen Aspekten untergraben, die sie zur Rebellion eines Systems anstacheln wollen, mit dem sie eigentlich gar kein Problem haben. Parallel dazu verliefen Entwicklungen im deutschsprachigen Raum, die unter den Begriffen „Offener Unterricht“, „Öffnung von Schule“ oder „Offene Curricula“ an der Überwindung von Restriktionen arbeiteten, wobei im „[…] Mittelpunkt die ,Wiederentdeckung des Kindes‘ oder besser seiner ,Subjektivität‘ und damit zusammenhängend die kompromisslose Kritik an ,geschlossenen‘ Curricula stand“ (Jürgens, 1994, S. 11). In der früheren Literatur gibt es nur vereinzelt Hinweise auf theoretische oder philosophische Wurzeln, wohl in bewusster Abkehr vor ideologischer Überfrachtung. Es wird jedoch auch betont – so zum Beispiel von Macdonald (1975) – dass Open Education kein „historical accident“ wäre, sondern sich
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durch eine Reihe von Vorläufern, die der Autor als „tenuous“, was sowohl mit dünn wie auch heikel bzw. gefährlich übersetzt werden kann, bezeichnet. Die konkrete und praktische Umsetzung von Reformen, die sich unmittelbar auf den Schulalltag auswirken sollen, stand klar im Vordergrund: „Few schools and school systems at that time reflected the philosophy of open education“ (L. Smith, 1997, S. 374). Von einer „Philosophy of open education“ kann jedoch gar keine Rede sein, wie dies von Walberg und Thomas (1972, p. 198) herausgestellt wird: „Open Education has grown out of practical experience rather than philosophical or scientific foundations. It is not a theory or system of education, but a related set of ideas and methods. Content analysis reveals that the movement resonates strongly with the educational thoughts of Rousseau in France, Tolstoy in Russia, and in America the methods used in the one-room prairie school house in the 19th century and by some Progressives during the 1920’s and 30’s. Philosophically it would rest on phenomenology rather than positivism, and the position of Open Education is antipathetic to a line of mainstream educators from Plato to programmed instruction advocates who classify the curriculum into subjects, group learners by ability, and view knowledge as represented authoritatively by the teacher or in prescribed vicarious materials of instruction. Their point of view is far more consonent with developmental, humanistic, and clinical psychology than with the branches that have been most influential in education, connectionism, behaviorism, and psychometrics“
Verschiedene pädagogische Reformbewegung können als Vorläufer für die philosophischen Grundlagen von Open Education betrachtet werden. Diese reichen bis in die Anfänge der Geschichte der Philosophie vor rund 2500 Jahren zurück und finden insbesondere in der sog. sokratischen Methode ihren Ausdruck. Dabei geht es um die interaktive Bearbeitung von Unterrichtsstoff zwischen Lehrenden und Lernenden in Abgrenzung zur direkten Instruktion (z.B. Frontalunterricht). Ein solches auf kritisches Hinterfragen basierendes Vorgehen wird auch innerhalb der Open-Education-Bewegung favorisiert und begründet sich laut Macdonald (1975, p. 49) auf die folgenden grundsätzlichen Annahmen: „The major concern here has been to free the intellect from the parochialism of the unique families, societies, and cultures that we are born into, to open up new intellectual vistas, and – perhaps yet more centrally – to facilitate the realization of one’s self through living a reflective life“.
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Nach der antiken Philosophie ist der Zeitsprung, der in der Literatur gemacht wird, ziemlich groß, denn der nächste „Vorfahre“ wird mit Jean-Jacques Rousseau angegeben. (Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, auf weitere einzelne Personen wie z.B. Aristoteles oder Comenius einzugehen, stattdessen sollen lediglich die Hauptlinien nachgezeichnet werden.) Weiterhin wird als Strömung und nicht als einzelne Person, die sog. Progressive Education, die einen ähnlichen kindzentrierten Ansatz vertrat und mit ähnlichen Vorurteilen zu kämpfen hatte (fehlenden empirische Belege, Rückgang akademischer Standards und die Sittenlosigkeit der Jugend) als Vorläufer betrachtet (Reese, 2001). Für Macdonald (1975) begründet sich ihr Einfluss wie folgt: „The legacy of the progressive education movement […] is extremely important in considering open education, and the following ideas reflect some of the distilled and Americanized spirit of our historical antecedents: (1) the school as a community, (2) the school in the community, (3) the person and his moral right to freedom and choice, (4) concern for individual differences, (5) the method of intelligence (problem solving), (6) building curriculum through and with the students, (7) seeing the disciplines as potential end points rather than staring points for pedagogy.“
Mit sog. „alternative schools“ wurde eine Abkehr von den administrativen Bürden der öffentlichen Schulen vollzogen und stattdessen das Leben in der Gemeinschaft in den Vordergrund gestellt4. Zentrale Leitmotive waren Wachstum und das Durchbrechen klassischer Dichotomien, die sich über die Jahrhunderte etabliert haben: Schule und Gesellschaft, Arbeit und Spiel, Interessen und Verpflichtungen etc. Genau dies sind auch in der heutigen Open-EducationBewegung noch wichtige Ansatzpunkte und so widmet sich beispielsweise das Buch von Walsh (2011) den aktuellen Versuchen von Universitäten, die Mauern ihrer Elfenbeintürme zu überwinden und den Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Gesellschaft zu erhöhen. Getragen von einer evangelikalen und apokalyptischen Rhetorik wurde im 19. Jahrhundert begonnen, grundlegende Reformen der schulischen Erziehung, im Sinne einer Entrümpelung des Curriculums von überkommenen mittelalterlichen Inhalten und Vorstellungen, zu propagieren. In zahlreichen Schriften wurde
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Die in den sog. „community schools“ praktizierten Lehr- und Lernformen bilden in gewisser Weise die Vorläufer der später als „Kommunitarismus“ genannten Strömung, die dann wieder als Inspirationsquelle für das sog. „open teaching“ herangezogen wird (Iiyoshi & Kumar, 2008).
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ein regelrechter Mythos bzw. „[…] spirit of educational reform [that] reflected well a nation continually revitalized by waves of religious revivalism and utopian experiments during the antebellum period“ (Reese, 2001, p. 2; Einfügung MD) geschaffen. Verschiedene sozialgeschichtliche Entwicklungen, wie die Veränderungen der Familiengröße (weniger Kinder insgesamt, wodurch mehr Aufmerksamkeit auf das Kind an sich gerichtet werden konnte), das Aufkommen einer bürgerlichen Kultur und die Abmilderung religiöser Vorstellungen durch den Protestantismus waren maßgeblich an der Entstehung von Progressive Education beteiligt. Hinzu kamen romantisch verklärte Vorstellungen im Bezug auf die Schweizer Alpen oder den deutschen Schwarzwald, die in die USA überschwappten und sich prägend auf die Frühform auswirkten, die allerdings an der „harten“ Realität, d.h. dem damals herrschenden Zustand amerikanischer Schulen, wie eine Seifenblase zerplatzen (Reese, 2001). Durch die von Isaac Newton formulierten Naturgesetze entstanden neue Hoffnungen, wonach der Mensch nun weitaus besser in der Lage sei, die Welt in ihren grundlegenden Funktionsweisen zu verstehen, die verborgenen Geheimnisse zu entschlüsseln und dadurch sein eigenes Schicksal zu beeinflussen. Dadurch wurden auch traditionelle christliche Vorstellungen (göttliche Vorbestimmung) durchbrochen und stattdessen am Individuum selbst die Grundlagen für eine Erziehung abgeleitet. John Locke hat mit dem Grundsatz, dass das Kind in geistiger Hinsicht als Tabula rasa zur Welt kommt und durch Erziehung beschrieben werden muss, einen zentralen Beitrag geleistet. Insofern wurde der Unterricht reformiert und erhielt ein lebensweltlicheres Fundament, z.B. durch Gartenarbeit und Werkunterricht, um die SchülerInnen besser auf die Erfordernisse des Lebens vorzubereiten. Die hier angelegte Nützlichkeitsorientierung wurde dann von John Dewey in seinem Werk „Demokratie und Erziehung“, erstmalig erschienen 1916, systematisch ausgebaut. Die Rolle der Schule wurde dadurch erweitert, da sie nun nicht allein auf die Erziehung der nachwachsenden Generation ausgerichtet sein sollte, sondern auch der Prosperität der gesamten demokratischen Gesellschaft dienen sollte und zwar dadurch, dass sie selbst einen solchen Mikrokosmos darstellt (L. Smith, 1997). In der Literatur (siehe z.B. Carini, 1974; Nyberg, 1975) wird die frühe Openbzw. Progressive-Education-Bewegung als maßgeblich beeinflusst durch Jean Jacques Rousseau, Johann Heinrich Pestalozzi und Friedrich Fröbel dargestellt. Dabei hatte die in der Rousseauschen Bildungsphilosophie vertretene radikale Gesellschaftskritik – Zöglinge sind sich selbst zu überlassen und von den negativen Einflüssen der Gesellschaft fernzuhalten – überaus großen Einfluss auf die frühe Open-Education-Bewegung (siehe dazu Kapitel 2.2.2) und so hielten sich diese Positionen hartnäckig und resistent gegenüber einer Reformulierung ange-
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sichts geänderter gesellschaftlicher Bedingungen (z.B. demokratische Reformen). Auf der anderen Seite eröffnet sich dadurch aber die Möglichkeit einer alternativen bildungsphilosophischen Rahmung, die sich auf gemäßigtere anthropologische Annahmen stützt, um so diese Art von Automatismen, wie sie sich erkennbar in den Open-Education-Diskussionen der 1960er und 70er Jahre entwickelt haben, abzuschwächen. Ein wichtiger Teilaspekt der philosophischen Bearbeitung von Open Education betrifft die Art und Weise wie aus grundlegenden Positionen, z.B. zur Rolle des Menschen in der Gesellschaft, konkrete pädagogische Praktiken ableitetet werden können (Noddings & Enright, 1983). Dies betrifft Einstellungen und Überzeugungen (beliefs) der handelnden Personen zum Prozess des Lernens, zur Natur des Kindes oder zur Bedeutung der Gemeinschaft. Sind diese expliziert (z.B. Lernen ist ein prinzipiell interaktiver Prozess und bedingt dadurch Anregungen aus der Umwelt), so können damit praktische Maßnahmen abgeleitet bzw. herausgelesen werden. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch, so die Autoren, problematisch, da ein Klassenraum mit vielen interaktiven Materialien nicht ausschließlich in der Open-Education-Bewegung vorkommen kann, sondern ebenso in diesem diametral entgegenstehenden pädagogischen Ansätzen wie der programmierten Instruktion. Somit ist ein bildungsphilosophisch begründetes und wohl formuliertes Open-Education-Modell eine notwendige – zur Explikation der grundlegenden Annahmen zum Menschen (anthropologische Voraussetzungen), zum Lernprozess (bildungstheoretische und lernpsychologische Grundlagen) und zur Bedeutung der Gesellschaft – jedoch keine hinreichende Bedingung, solange es nicht auch den Versuch unternimmt, ebenso begründet Maßnahmen daraus abzuleiten, sich also mit didaktischen Ansätzen auseinandersetzt. Als eine Art Zwischenschritt bietet sich hier die Bildungsphilosophie von Alfred North Whitehead (1861-1947) an, die aktuell einigen Einfluss in Philosophie und Erziehungswissenschaft hat (so wurden beispielsweise erst kürzlich Essays zu Bildung und Erziehung erstmals auf Deutsch veröffentlicht; Whitehead, 2012), aber auch bereits während der früheren Open-Education-Phase als wichtige Quelle zur Grundlegung erachtet wurde (Noddings & Enright, 1983). Es sollte dann noch einige Jahrzehnte dauern, bis Open Education wieder ein Thema von globaler Bedeutung wurde. Der maßgebliche Treiber dafür waren technologische Entwicklungen, die soziale Bewegungen katalysierten und zu neuen Produktionsformen führten.
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2.2 OPEN EDUCATIONAL RESOURCES ALS DIGITALES GEMEINGUT Die Herkunft der Open Educational Resources (OER) liegt zweifellos im Bereich der Open Source Software (OSS) – eine Bewegung, die sich seit den 1970er Jahren für eine Offenlegung des Quellcodes einsetzte, um damit jedem Interessierten eine Veränderung und Verbesserung des Programms zu ermöglichen. Diese definiert sich als „[…] free, copyleft license for software and other kinds of works5“ und verwendet dabei mit der Bezeichnung „copyleft“ ein Wortspiel auf das als restriktiv empfundene „copyright“. Es wird damit eine Kehrtwendung vollzogen hin zu einer Demokratisierung der Produktionsmittel im Internet (Programmiercode). OSS hat sich mittlerweile etabliert, sei es als Betriebssystem (Linux), als Office-Paket (Open/Libre Office) oder als Browser (Mozilla Firefox). Allerdings ist die Einstellung zu den meist kostenfreien Produkten gemischt und so beendete beispielsweise die Stadtverwaltung München in diesem Jahr die zehn Jahre dauernde Zusammenarbeit mit Linux und arbeitet wie davor wieder mit Microsoft Software (Glas, 2014). Unsicherheiten der MitarbeiterInnen hinsichtlich Datensicherheit und Unzufriedenheit mit der Benutzerfreundlichkeit waren vorgegebene Gründe, die damit durchaus in Verwandtschaft zu den Ablehnungsgründen bei OER stehen – neben technologischen sind es vor allem juristische Aspekte, die einem Einsatz von OER entgegenstehen (Deimann & Bastiaens, 2010). Aufgegriffen wurde von der OER-Bewegung die von OSS favorisierte freie Lizenzierung, die zu Beginn jedoch nicht von einer ähnlichen sozialen Dynamik katalysiert wurde. OSS ProgrammiererInnen organsierten sich rasch mittels spezieller Kollaborationssoftware – besonders GitHub, die mit dem Slogan „Build software better, together.“ wirbt (https://github.com/). Im Unterschied dazu entstand die „offizielle“ OER-Bewegung auf dem UNESCO-Forum „Impact of Open Courseware for Higher Education in Developing Countries“, das vom 1. bis 3. Juli 2002 in Paris stattfand und an dem Personen mit Leitungsfunktionen im universitären wie außeruniversitären Bereich teilnahmen. Im Abschlussbericht dieses Forum findet sich die erstmalige Nennung des Begriffs „Open Educational Resources“ als Ausdruck einer humanistischen Verpflichtung, Bildung für alle Menschen zur Verfügung zu stellen. Im Original heißt es:
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Aus der Präambel der GNU Public License, online verfügbar unter: http://www.gnu. org/licenses/gpl.html
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„Participants then adopted a Final Declaration […] in which they express their satisfaction and their wish to develop together a universal educational resource available for the whole of humanity, to be referred to henceforth as Open Educational Resources.“ (UNESCO, 2002, S. 6)
Damit gemeint war: „The open provision of educational resources, enabled by information and communication technologies, for consultation, use and adaptation by a community of users for noncommercial purposes.“ (Ebenda) Diese Definition erwies sich im Hinblick auf den zentralen Aspekt der freien Lizenzierung als zu kurz gegriffen und wurde von anderen Organisationen, wie der Hewlett Foundation, entsprechend erweitert (s.u.). Bereits ein Jahr zuvor, am 4. April 2001, verkündete das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in der New York Times, dass ab sofort nahezu alle Materialien frei für jederman im Netz angeboten würden. Damit grenzt sich das MIT ganz bewusst von der damals noch vorherrschenden Euphorie bzw. der Goldgräberstimmung der Dot-Com-Ära ab: „Other universities may be striving to market their courses to the Internet masses in hopes of dot-com wealth. But the Massachusetts Institute of Technology has chosen the opposite path: to post virtually all its course materials on the Web, free to everybody.“ (Goldberg, 2001)
Mit diesem Ansatz plante das MIT ein weltweites Netz von Gleichgesinnten zu spannen, d.h. Universitäten, die ebenfalls ihre Materialien frei ins Netz stellen. Diese Initiative wurde OpenCourseWare (OCW) genannt, bis sie 2014 auf der Jahreskonferenz in Lyublijana in Open Education Consortium umbenannt wurde (van Valkenburg, 2014). OCW verstand sich zu dieser Zeit als offene Plattform für Materialien aller Art, die jeden Interessierten „einladen“, diese zu verwenden, zu verändern und wieder zu verbreiten: „Another difference between the M.I.T. plan and other Internet initiatives is that it makes no effort to offer full-fledged, for-credit courses online. Rather, it will offer course materials as ingredients of learning that can then be combined with teacher-student interaction somewhere else – or simply explored by, say, professors in Chile or precocious high school students in Bangladesh.“ (Goldberg, 2001)
Damit knüpfen OER an die Traditionslinie des Cyperspace, das eine egalitäre Utopie propagierte, ein quasi rechtsfreier und unkontrollierbarer digitaler Raum
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(Barlow, 1996; siehe für eine detaillierte Diskussion dazu das Kapitel 2.2.3) und überträgt es dann auf pädagogische Kontexte. Die Distribution von OER wurde hier nicht im Sinne des klassischen Push-Mediums, wie z.B. dem Fernsehen, skizziert, sondern als Pull-Medium, bei dem NutzerInnen OER „anfordern“, selbst bereitstellen, verarbeiten und dann zurück in das (OER-)Netz stellen. In gewisser Weise sind OER damit Vorläufer des „Mitmach-Webs“ bzw. „Web 2.0“, da sozial-partizipativ im Netz gearbeitet wird – wenn auch nicht in dem Ausmaße, wie es heute im Zeitalter von Facebook, Twitter und Co. der Fall ist. Mit den ab 2012 populär werdenden Massive Open Online Courses (MOOCs, siehe dazu Kapitel 1.4) findet dann jedoch eine Rückwendung von der Distribution frei nutzbarer und frei veränderbarer Bildungsmaterialien zu (kosten-)freien, vorgefertigten, qualitätsgesicherten Kursen, mit der Möglichkeit des Transfers von ECTS-Punkten, statt. Ursprünglich intendierte das MIT Kursmaterialien als „[…] ingredients of learning that can then be combined with teacher-student interaction somewhere else“ (Goldberg, 2001) anzubieten, um damit Institutionen auf der ganzen Welt zu helfen. Dieses altruistische Motiv wurde vom damaligen MIT-Präsidenten Charles Vest im Zusammenhang mit der Frage, ob das MIT damit nicht ihr wertvollstes Gut (Kursmaterialien) herschenken würde, wie folgt begründet: „I don’t think we are giving away the direct value, by any means, that we give to students,“ he [Charles Vest] said. „But I think we will help other institutions around the world.“ (Ebenda)
Ohne es an dieser Stelle direkt anzusprechen, werden OER damit als Wissensallmende definiert, was das klassische Prinzip des aus dem Mittelalter bekannten Gemeinguts (z.B. gemeinschaftlich bewirtschafte Felder) für das digitale Zeitalter fortschreibt, jedoch ohne die bisherige Beschränkung durch die Übernutzung materieller Güter. Im Internet ist dagegen die Übernutzung immatrieller Gütern (hier OER) prinzipiell ausgeschlossen. Wer digitale Inhalte teilt, muss diese nicht wie bei analogen Dingen hergeben – es entsteht somit kein Verlust und auch nicht die Notwendigkeit der Regulierung über Privatisierung (Dobusch, 2012a). OER stehen damit in der Tradition der Idee von Bildung als Gemeingut, die sich ausgehend von der Reformation – hier enstand eine breite Bildungsbewegung mit dem Ziel, möglichst viele Menschen zum Lesen der Bibel zu befähigen – bis hin zu der seit Mitte des 20. Jahrhunderts sichtbaren Expansion der Hochschulen in Deutschland erstreckt. Spätestens seit den 1990er Jahren hat sich mit der neoliberalen Bildungspolitik ein Gegendiskurs zu OER entwickelt, der zunehmend an Einfluss gewinnt (Datta, 2004).
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Parallel zum Einstieg des MIT startet 2002 auch die William and Flora Hewlett Foundation ihr Engagment für OER. Ihr gebührt der Verdienst, eine der ersten allgemein aktzeptierten Definitionen entwickelt zu haben. Diese Definition findet sich im Report „A Review of the Open Educational Resources (OER) Movement: Achievements, Challenges, and New Opportunities“ von Atkins, Brown und Hammond (2007): „OER are teaching, learning, and research resources that reside in the public domain or have been released under an intellectual property license that permits their free use or repurposing by others. Open educational resources include full courses, course materials, modules, textbooks, streaming videos, tests, software, and any other tools, materials, or techniques used to support access to knowledge.“ (Atkins u. a., 2007, S. 4).
Auch hier findet sich der Bezug zum Gemeingutaspekt, mit dem Verweis auf die Art der Lizenzierung („intellectual property license“) findet nicht nur eine juristische Absicherung statt, sondern die Idee der Wissensallmende wird in das digitale Zeitalter transformiert. Für die Hewlett Foundation stellen OER einen wichtigen Katalysator für die Entfaltung technologie-gestützter Innovationen in der digitalen Gesellschaft dar: „At the heart of the movement toward Open Educational Resources is the simple and powerful idea that the world’s knowledge is a public good and that technology in general and the World Wide Web in particular provide an extraordinary opportunity for everyone to share, use, and reuse knowledge. OER are the parts of that knowledge that comprise the fundamental components of education – content and tools for teaching, learning, and research.“ (Ebenda, S. 5)
Als vorläufige letzte, gemeinsam ausgehandelte Definition, wurde im Juni 2012 in Paris auf dem UNESCO Weltkongress zu Open Educational Resources (OER) folgendes publiziert: „Lehr-, Lern- und Forschungsressourcen in Form jeden Mediums, digital oder anderweitig, die gemeinfrei sind oder unter einer offenen Lizenz veröffentlicht wurden, welche den kostenlosen Zugang, sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen erlaubt. Das Prinzip der offenen Lizenzierung bewegt sich innerhalb des bestehenden Rahmens des Urheberrechts, wie er durch einschlägige internationale Abkommen festgelegt ist, und respektiert die Urheberschaft an einem Werk“ (UNESCO, 2012).
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Damit wird einerseits die konstitutive Verankerung von OER im legalen Rahmen reartikuliert, andererseits jedoch die zuvor in anderen Definitionen (wie z.B. die im Rahmen des Reports „Giving Knowledge for Free“ der Hewlett Foundation von 2007) stark gemachte cyberutopistische Perspektive vernachlässigt. Tatsächlich findet sich im gesamten Dokument ein eher nüchterner Duktus, was als Anpassung an die Realität – der schleichende Prozess der Desillusionierung innerhalb der Netzkultur angesichts des Eindringens kommerzieller Konzerne, die für eine spürbare Kursänderung sorgten (Lovink, 2003) – interpretiert werden kann bzw. Ausdruck eines Pragmatismus ist, der sich insbesondere in Appellen zum Handeln (d.h. praktisches Handeln wird über theoretische Vernunft gestellt) zeigt: „Die Bekanntheit und Nutzung von OER fördern“, „günstige Rahmenbedingungen für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien schaffen“ etc. (UNESCO, 2012). Auf einer meta-konzeptionellen Ebene lässt sich zeigen, dass OER ausgehend von einer relativ engen Begriffsbestimmung (die erste Nennung auf dem UNESCO Forum 2002) über die Integration juristischer Aspekte (freie Lizenzierung in der Definition der Hewlett Foundation) ihren Wirkungsgrad kontinuierlich zu erweitern versuchte. So findet sich dann auch in der Defintion von Kapstadt (Cape Town Declaration von 2007) der Bezug zu einer Art Philosophie: „[…] open education is not limited to just open educational resources. It also draws upon open technologies that facilitate collaborative, flexible learning and the open sharing of teaching practices that empower educators to benefit from the best ideas of their colleagues. It may also grow to include new approaches to assessment, accreditation and collaborative learning“ (The Cape Town open education declaration, 2007).
OER betreffen nun nicht mehr frei lizenzierte (Bildungs-)Materialien, sondern auch die dazugehörigen digitalen Werkzeuge (bevorzugt als Open-SourceLösung) und den pädagogischen Kontext (z.B. auf Austausch und Kooperation beruhende Lehr- und Lernformate und transparente bzw. offene Formen der Leistungsüberprüfung und -bewertung). Schaffert und Geser (2008) formulieren in diesem Zusammenhang die folgenden vier Dimensionen von Openness für OER: (1) open access (d.h. der Zugang zu Inhalten inklusive deren Metadaten sollte kostenlos zur Verfügung gestellt werden), (2) open licensed (d.h. Nutzung der Inhalte sollte liberal lizensiert sein, möglichst ohne Einschränkungen für weitere Veränderungen des Materials), (3) open format (d.h. OER sollten als offene, nicht- propriätre Formate erstellt werden für eine einfache Wiederverwendung) und (4) open software (d.h. OER sollten mit Open Source Software produziert werden). Die Herleitung dieser Dimensionen ist pragmatisch „[…] ex-
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perts who understand OER as a means of leveraging educational practices and outcomes will define OER based on the following core attributes“ (ebenda, S. 1) und nicht theoretisch, z.B. mit Bezug auf Bildungstheorie. Weiterhin fällt auf, dass OER in dieser Grundlegung Parallelen zu anderen bedeutsamen Open-Bewegungen, insbesondere Open Access, aufweisen, die aber nicht explizit gezogen werden. Dadurch ist eine Situation entstanden, in der beide Bewegungen (Open Access und OER) es bisher nicht geschafft haben, systematische Querbezüge herzustellen und ein gemeinsames, theoretisch gestütztes Leitbild des Lebens und der Bildung in digitalen Gesellschaften zu entwickeln. Zudem unterscheiden sich die verschiedenen Openness-Komponenten hinsichtlich ihres Freiheitsgrads, was wiederum Auswirkungen auf Lehr- und Lernsettings hat. So untersagt beispielsweise die Creative-Commons-Lizenz „Share Alike“ (SA), die Verwendung und Verbreitung einer Ressource unter anderen Bedingungen (z.B. nicht-kommerziell). Somit kommt es hier zu Spannungen zwischen abstrakten, philanthropischen Prinzipien von Open Education und der ganz konkreten Anwendbarkeit von OER (Lane, 2009). Das 2014 in Open Education Consortium umbenannte weltumspannende Netzwerk fasst Open Education ebenfalls sehr breit, gleichzeitig jedoch bemerkenswert untertheoretisiert: „Open education encompasses resources, tools and practices that employ a framework of open sharing to improve educational access and effectiveness worldwide. Open Education combines the traditions of knowledge sharing and creation with 21st century technology to create a vast pool of openly shared educational resources, while harnessing today’s collaborative spirit to develop educational approaches that are more responsive to learner’s needs. The idea of free and open sharing in education is not new. In fact, sharing is probably the most basic characteristic of education: education is sharing knowledge, insights and information with others, upon which new knowledge, skills, ideas and understanding can be built. Open Education seeks to scale educational opportunities by taking advantage of the power of the internet, allowing rapid and essentially free dissemination, and enabling people around the world to access knowledge, connect and collaborate. Open is key; open allows not just access, but the ability to modify and use materials, information and networks so education can be personalized to individual users or woven together in new ways for large and diverse audiences6.“
Damit werden nicht nur die semantisch bedeutsamen Unterschiede von Offenheit (z.B. Offen im Sinne von ohne Kosten oder Offen im Sinne eines unbe-
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So auf der Webseite: http://www.oeconsortium.org/about-oec/
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schränkten Zugangs) ausgeblendet, sondern auch die Bedeutung der Offenheit für pädagogische Zwecke auf unterkomplexe Weise aufbereitet. Dies liegt in der fehlenden theoretischen Referenz zu Begriffen wie Bildung (Education) oder Lernen begründet. Wie in der bildungstheoretischen Grundlegung im zweiten Kapitel deutlich wird, ist die Aussage, dass ohne Offenheit keine Bildung möglich ist, weiter zu konkretisieren und lässt sich gerade mit Bezug auf die Bildungstheorie von Humboldt sehr gut für das digitale Zeitalter und OER ausbuchstabieren. Ungeachtet der hier referierten Begriffsbestimmungen wird OER in einer Traditionslinie der Öffnung des Hochschulsystems betrachtet (Lane, 2009), die als Startpunkt die Gründung der Open University UK 1969 ausweist und in ihrem Mission Statement Offenheit an folgende Charakteristika knüpft „[…] open to people, places, methods and ideas“7. Auf der praktischen Ebene wurde die für die Open University UK so wie für die fünf Jahre später gegründete FernUniversität in Hagen bestimmenden Lehr- und Lernformate mit einer Vielzahl von Begriffen mit eher diffusem Bezug zu Openness belegt: „Open learning, distance learning, supported self-study, informal adult learning, home study, e-learning, lifelong learning and flexi study.“ (Ebenda) Davon zu unterscheiden ist für Lane (2009) jedoch das explizit mit OER verbundene Verspechen des Rechts auf Bildung für alle. Damit OER die ihnen zugeschriebene Katalysatorfunktion – Bereitstellung eines großen Pools an digitalen Bildungsressourcen auf der ganzen Welt mit dem Ziel einer Demokratisierung der Bildung – auch erreicht, fordert die Roadmap des EU-geförderten Projekts Open eLearning Content Observatory Services (OLCOS) eine Veränderung sowohl der Policies als auch der kulturellen Praktiken: „OER are understood to be an important element of policies that want to leverage education and lifelong learning for the knowledge economy and society. However, OLCOS emphasizes that it is crucial to also promote innovation and change in educational practices. In particular, OLCOS warns that delivering OER to the still dominant model of teacher centred knowledge transfer will have little effect on equipping teachers, students and workers with the competences, knowledge and skills to participate successfully in the knowledge economy and society. This report emphasises the need to foster open practices of teaching and learning that are informed by a competency-based educational framework. However, it is understood that a shift towards such practices will only happen in the long-
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http://www.open.ac.uk/about/main/mission
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er term in a step-by-step process. Bringing about this shift will require targeted and sustained efforts by educational leaders at all levels.“ (Geser, 2007, S. 12)
Die hier proklamierte Transformation von der Bereitstellung liberal lizensierten Inhalten (OER) zu Open Educational Practices (OEP) reflektiert den Erkenntnisprozess, dass mit OER per se noch kein Lernen 8 quasi automatisch in Gang gesetzt wird, sondern lediglich eine Voraussetzung dafür darstellt, wenn auch von herausragender Bedeutung im digitalen Zeitalter. Was genau aber OEP sind, findet sich in einschlägigen Publikationen kaum explizit ausgeführt, sondern es wird mit Verweis auf „[…] hohe didaktische Innovationskraft vor allem in Zusammenhang mit einer kollaborativen Entwicklung und Nutzung bzw. Wiederverwendung gesehen“ (Zauchner & Baumgartner, 2007, S. 245). Ähnlich unklar bleibt der Begriff bei Ehlers (2011), der statt eines Klärungsversuchs – wie kann Open Educational Practices gedacht werden? – eine normativ aufgeladene Phaseneinteilung vornimmt und darin OER wie folgt einbettet: „Although OER are high on the agenda of social and inclusion policies, and are supported by many stakeholders in the educational sphere, their use in higher education has not yet reached a critical threshold. […] Low use is because past (and largely also current) focus in OER is on building more access to digital content. There is too little consideration of whether access alone will support educational practices and promote quality and innovation in teaching and learning. We consider that OER are moving from a first phase, in which the emphasis was on opening up access and availability, to a second phase in which the focus will be on improving learning quality through OER. We therefore suggest extending the focus of attention on open education beyond resource access to innovative open educational practices (OEP) (S. 2).
Aus bildungstheoretischer Sicht problematisch an dieser Forderung ist, dass keine aus der Bildungstheorie abgeleitete Begründung entwickelt wird, sondern es (bewusst oder unbewusst) offen gelassen wird. Diese Leerstelle wird mittlerweile von politischen Akteuren wie der EU gefüllt, die ihr Engagement für OER allerdings weniger bildungstheoretisch als neoliberal begründen. So findet sich in der Initiative „Opening Up Education“ folgende Zielsetzung:
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Für Bildung ist dieses Argument noch stichhaltiger, wird aber International kaum wahrgenommen, da der Bildungsbegriff ein rein deutsches Phänomen ist (siehe dazu die ausführliche Diskussion in Abschnitt 2.2).
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„The main goal of this initiative is to stimulate ways of learning and teaching through ICT and digital content, mainly through the development and availability of OER. Amongst its actions, the most important one is to change the role of digital technologies at school. All the actions within the initiative are put in place with the hope that they help attain the ultimate objective, namely to boost competitiveness and growth at the European level.“ (Europäische Kommission, 2014)
Während innerhalb der OER-Bewegung noch versucht wurde, pädagogisch legitimierbare Ziele, wie die Überwindung des lehrerzentrierten Unterrichts, an die Mission „Verbreitung von OER“ zu koppeln (z.B. bei Geser, 2007), spielt das in der Opening-Up-Education-Initiative keine Rolle mehr; hier geht es nur noch um Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum, also ökonomische Ziele. Ähnlich verhält es sich mit bildungspolitischen Initiativen, die OER im Zuge einer als nicht mehr aufzuhaltend gedachten Digitalisierungswelle positionieren. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg schreibt in den Mitteilungen an die Bürgerschaft zum Thema „Digitales Lehren und Lernen an den staatlichen Hamburger Hochschulen“ unter dem Titel „Open Educational Resources“: „Die so praktizierte Öffnung macht den Hochschulstandort Hamburg über die Grenzen der Stadt hinaus attraktiv und sichtbar für Lehrende und Studierende“ (Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, 2015). Insgesamt haben sich pädagogische Debatten innerhalb des OER-Diskurses bislang eher sporadisch und punktell entwickelt, wie z.B. im Zusammenhang mit dem Special Issue „Exploring the Educational Potential of Open Educational Resources“ der Zeitschrift E-Learning and Digital Media (Deimann & Friesen, 2013): „Higher education has witnessed the proliferation of open courseware, which is also freely available to all. This pertains for instance to the Massachusetts Institute of Technology with its OpenCourseWare Initiative or the Open University UK with its OpenLearn programme. These efforts have received significant attention in higher education and have been inspiring other institutions to join the OER movement, as evidenced by the growing membership of the OpenCourseWare Consortium. More recently, some universities have started to offer Massive Open Online Courses with an open curricular structure and very large numbers of participants (sometimes more than 1000 individuals). There are also some open platforms for learners to join groups or study independently (e.g. Peer 2 Peer University). The advent of digital technologies is clearly contributing to the realisation of long-held aspirations to open education up to the widest possible public. In fact, it seems as if OER can realise promises that were formulated over 30 years ago – long before the invention of the Web. […] Although much of the current provision in higher education is
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still based on the kind of institutional model […], information and communication technologies provide powerful tools to facilitate a wide range of flexible learning experiences in many different types of contexts and settings. However, as OER programmes and initiatives are gaining momentum, a debate on the core issue of the educational potentials and affordances they make possible is only just beginning. Much research has been conducted on technical, legal and political issues, perhaps reflecting the priorities of the foundations that have generously funded these programmes and initiatives. As a result, important educational questions on the more general impact of OER on learning and education have not yet been fully addressed.“ (S. 120f.)
Die im Special Issue vereinigten Beiträge spiegeln die eher unsystematische und kursorische Herangehensweise wider. Ein reflektiertes Bewusstsein der pädagogischen Bedeutung von OER scheint noch nicht vorhanden zu sein, nur vereinzelt wird versucht, OER in eine längere Traditionslinie offener Bildung einzuordnen und die durch Digitalisierung entstehenden Möglichkeiten neu zu diskutieren (Boven, 2013; Peter & Deimann, 2013). Open Educational Resources haben sich insgesamt innerhalb einer Dekade als weltweit anerkannte innovative Strömung in weiten Teilen der Welt etablieren können, was sich anhand von jährlichen Konferenzen, wie der Open Education Conference (durchgeführt seit 2009 und mit dem aktuellen Motto „Mainstreaming Open Education“9), der Open Ed Conference (seit 200610), der OpenCourseWare Consortium Global Conference (seit 200511, ab 2014 in Open Education Global Conference umbenannt) oder in Deutschland der OER-Konferenz (bisher allerdings nur 2013 und 2014) veranstaltet zeigen lässt. International tätige Fördereinrichtungen wie die Hewlett Foundation unterstützen zahlreiche Projekte zur Förderung und Verbreitung von OER, was mittlerweile wie in den USA von politischer Seite flankiert wird. Auch in Deutschland ist ein seit kurzem verstärktes Engagement der Politik feststellbar (dazu, sowie zur allgemeinen OER-Entwicklung in Deutschland siehe Deimann, Neumann, & MuußMerholz, 2015). Auf der Ebene der Wissenschaft verläuft die Rezeption von OER eher zögerlich. Hier dominieren weiterhin praktisch ausgerichtete Publikationen im Unterschied zu theoretisch-konsolidierenden Veröffentlichungen – ein Beispiel wäre hier der kurze Beitrag „Open Educational Resources: A Review of the Literatu-
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https://oer15.oerconf.org/
10 http://www.usu.edu/ust/index.cfm?article=10367 11 http://conference.oeconsortium.org/index.php/2005/2005/index
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re“ im internationalen „Handbook of Research on Educational Communications and Technology“ (Wiley, Bliss, & McEwen, 2014). In dieser Situation der zunehmenden Bedeutung ist die Erziehungswissenschaft aufgerufen, sich stärker als bisher mit Open Educational Resources zu beschäftigen und das aus folgenden Gründen: OER stehen symbolisch für die Art der Auseinandersetzung, wie Bildung in einer wissensbasierten, digitalen Gesellschaft gestaltet werden soll. Die bisherigen Debatten lassen eine fundierte bildungstheoretische und -philosophische Perspektive außen vor und konzentrieren sich auf praktische Aspekte. Die zum Teil sehr beachtlichen Erfolge von OER-Projekten – hier könnte man die offene Online-Enzyklopädie Wikipedia als Gewährsmann ins Feld bringen, da an diesem Beispiel deutlich wird, wie sich bestimmte pädagogische Leitvorstellungen, insbesondere zur Qualität, mit steigender Nutzung der Wikipedia verändern – sind zu Ausgangspunkten für wichtige pädagogische Debatten, u.a. zur Vorstellung von gutem Unterricht geworden, die einer kollektiv verhandelten und theoretisch abgesicherten Rahmung bedürfen. Damit könnte verhindert werden, dass eine hoffnungsvolle pädagogische Reform in die Unbedeutsamkeit absinkt, ganz ähnlich wie es in der ersten Open-Education-Phase der Fall war, und zum Spielball kommerzieller, neoliberaler Interessen wird. Ganz abgesehen von dieser vielleicht überzeichneten Bedrohungslage, stellen OER einen neuen Kulminationspunkt digitaler Bildung dar, der als eigenständiges Projekt Eingang in erziehungswissenschaftliche Theoriebildung finden sollte. Die im zweiten Hauptteil vorgestellte grundlagentheoretische Rahmung zeigt exemplarisch auf, wie bestimmte OER-Diskussionslinien bildungstheoretisch bearbeitet werden können.
2.3 MASSIVE OPEN ONLINE COURSES ALS KOSTENFREIE MASSENKURSE IM NETZ While the gold standard of small in-person classes led by great instructors will remain, online courses will be shown to be an effective learning environment, especially in comparison with large lecture-style courses. John Hennessy, Präsident der Stanford University (Oktober 2012)
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| Open Education Far above Cayuga’s waters with its waves of blue, Stand our noble M-O-O-Cs, glorious to view. Massive Open Online Courses, loud their praises tell. Hail O dig’tal Alma Mater, now called e-Cornell. Modifizierter Text der Alma Mater der Cornell University „Far Above Cayuga’s Waters“ (Abrams, 2013)
Es sollte einige Zeit dauern, doch spätestens ab ca. 2010 (wofür die Open Education Quality Initiative, OPAL12, als Beleg angeführt werden kann), also fast zehn Jahre nach der „Geburt“ von OER, setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass unbeschränkter Zugang zu Bildungsressourcen allein nicht ausreicht, um Bildung zu öffnen, d.h. vielfältige und unbeschränkte Lernanlässe zu schaffen. Unter dem Dach des Begriffs Open Educational Practices (OEP) sollten die Versuche, Lehr- und Lernprozesse durch OER zu verändern, versammelt werden: „The vision of open educational practice includes a move from a resource based learning and outcomes based assessment, to a learning process in which social processes, validation and reflection are at the heart of education, and learners become experts in judging, reflection, innovation within a domain and navigation through domain knowledge“ (OPAL, 2011).
Dies steht jedoch in Zusammenhang mit einer selbstauferlegten Mission, die Open Education als Instrument zur Veränderung des Bildungssystem sieht und dabei insbesondere die Transformation des lehrerzentrierten Unterrichts hin zu Lernbegleitung (Coaching, Facilitation) als oberstes und wichtigstes Ziel ausgibt. Die Legitimation dieser Forderungen, z.B. im OLCOS Report (Geser, 2007), werden fast ausschließlich aus einer ethischen, genauer gesagt einer teleologischen Perspektive abgeleitet. Die Förderung der Verbreitung von OER ist angesichts der Verschiebung von einer Industrie- zu einer „Wissensgesellschaft“ notwendig, wird jedoch auch als eine Verpflichtung zur Veränderung kultureller Praktiken verstanden. Damit wurde ein Quasi-Automatismus formuliert: Produktion, Distribution und Modifikation von OER führen innerhalb absehbarer Zeit zu einer Veränderung klassicher pädagogischer Rollen, wobei die Lehrperson an
12 Dieses von der EU geförderte Projekt (Förderzeitraum 2010-2011) hatte den Auftrag „beyond Open Educational Resources“ zu gehen, was über die Komponenten „Innovation“ und „Qualität“ erreicht werden sollte (http://www.oer-quality.org)
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Einfluss verliert und die Lernenden durch steigende Bedeutung autonomen Lernens wie auch des Peer Lernens an Einfluss gewinnen. Allerdings weisen solche teleogischen Positionen blinde Flecken auf, wie z.B. die Handlungsmotive der AkteurInnen, die sich förderlich, aber auch hinderlich auf die Ziele auswirken können. Das Beharrungsvermögen einer Bildungsinstitution ist nur eine von mehreren intermediierenden Variablen, die bei der Formulierung von Forderungen und Zukunftsprognosen zu berücksichtigen sind. Es ist daher nicht verwunderlich, dass es zu (er-)nüchternen Bilanzen hinsichtlich der Veränderungskraft von OER kommt. So attestiert Kortemeyer (2013) der OER-Bewegung: „In the roughly 10 years since, OERs have not noticeably disrupted the traditional business model of higher education or affected daily teaching approaches at most institutions.“
Während der erste Halbsatz durch den Verweis auf das Konzept „Disruptive Innovation“ durchaus diskutabel ist13, legt der Zweite durch die Präzision „daily teaching approaches“ den Finger in die Wunde der Desillusionierung. Denn es sind gerade die Alltagspraktiken rund um den Frontalunterricht und der Habitus des korrigierenden und belehrenden Dozenten/Dozentin, die man durch OER überwinden wollte und die sich als ungemein widerstandsfähig erweisen. Open Educational Practices haben sich letztlich bis dato nicht etablieren können, da kein bildungstheoretisch abgeleitetes und pädagogisch konkretisiertes Konzept entstand, sondern es im Vagen blieb, was mit OEP gemeint ist und wie es
13 Disruptive Innovation ist seit den 2000er Jahren fest mit Clayton Christensen, einem Wirtschaftsprofessor an der Harvard Business School mit eigenem Beratungsunternehmen, verbunden und erreichte enorme mediale Aufmerksamkeit. In seinem Buch „The innovator’s dilemma: When new technologies cause great firms to fail“ (C. M. Christensen, 1997) argumentierte er, dass der Zusammenbruch großer Unternehmen entscheidend sein, wie sehr diese in der Lage sind „neue Technologien“ einzusetzen und entgegnet damit dem Einwand, dass es hauptsächlich davon abhänge, wie sehr auf Kundenwünsche reagiert werden kann. Später erweiterte Christensen zusammen mit Eyring seine Thesen auf den Hochschulbereich und forderte die „Innovative University. Changing the DNA of higher education from the inside out“ (Christensen & Eyring, 2011), um dann das Aufkommen der MOOCs in Nordamerika ab 2011 als Beleg dafür zu feiern: „MOOCs’ disruption is only beginning“ (C. Christensen & Weise, 2014). Mittlerweile ist um Disruptive Innovation ein starkes Narrativ („Disrupt everything“) entstanden, das entsprechend scharfe Kritik auslöste: „The Disruption Machine“ (Lepore, 2014).
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in verschiedenen Bildungskontexten eingesetzt werden kann. Ähnlich wie in der früheren Open-Education-Phase (siehe Kapitel 1.2) sind OEP mit widersprüchlichen Konnotationen verbunden, die sich als „Fiktivität dieses Terminus“ (Lenzen, 1976, S. 139) beschreiben lassen. Auch zeigt sich hier wieder einmal die Geschichtsvergessenheit der Open-Education-Diskurse, die es bislang nicht geschafft haben, sie in eine längere Traditionslinie zu verorten und an einer „Archäologie der Open Education Bewegung“ (verstanden im Sinne von Foucault, 1973), d.h. nach den konkreten Bedingungen des Auftauchens und Gelingens offener Bildungsbewegungen zu suchen und diese für die Nachwelt zu archivieren. Wie wichtig und diskursprägend eine klare Vorstellung von OEP ist, lässt sich am Beispiel der Massive Open Online Courses (MOOCs) zeigen. Vor dem Hintergrund steigender Kritik an geschlossenen Online-Plattformen (Learning Management Systeme, Virtual Learning Environments) – diese bieten verschiedene digitale Technologien unter einem Dach als „Lösung“ an, verzichten allerdings auch auf (offene) Schnittstellen zu anderen Angeboten im World Wide Web, was durch den Begriff des „Walled Garden“ zum Ausdruck kommt – begannen ab 2008 pädagogische Experimente mit offenen Kursen (Open Courses), die einen paradigmatischen Wandel vom Lernen in geschlossenen Lehrsystemen hin zum „Web of Learning“ vollzogen. Damit gemeint ist: „It is a somewhat magical or mystical place where teaching and learning never end. Unlike traditional stand-and-deliver classes, the sun never truly setsin the world of online learning. Fortunately, the hearty explorer will find that the lights rarely flicker of fade in the Web of Learning“ (Bonk, 2009, S. 29).
Das „Web of Learning“ ist eine stark idealisierte Form emanzipatorischer Bildung, die sich gegen eine rein technikdeterministische Lesart wehrt: „Technology by itself will not empower learners. Innovative pedagogy is requried“ (Ebenda, S. 33) Mit den Open Online Courses (OOC) wurde ab 2007/2008 versucht, pädagogische Konzepte zu entwickeln, die gemäß der oben bereits erwähnten Forderung einen Wandel von OER zu kollektiven Lernerfahrungen ermöglicht. Der Kurs Connectivism and Connective Knowledge (CCK08) von Stephen Downes und George Siemens aus dem Jahr 2008 gilt in der Literatur (Fini, 2009) als Prototyp für einen OOC. Bedingt durch die Teilnahme von 2200 Personen wurde der OOC von Dave Cormier in Massive Open Online Course (MOOC) umbenannt14 (Haug & Wedekind, 2013). Als prägend sollte sich wei-
14 „The Connectivism and Connective Knowledge course (CCK08) was the first to incorporate open learning with distributed content, making it the first true MOOC. It at-
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terhin die Verwendung des Begriffs Connectivism15 bzw. Connective Knowledge erweisen, als Versuch eine „innovative pedagogy“, wie z.B. von Bonk (2009) gefordert, zu etablieren: „[…] connective knowledge is knowledge OF the connections that exist in the world. It is knowledge about how such connections are created, and what impact, or effect, such a system of connections has. It is knowledge about how we see such connections, how we observe them, and how we observe their results. It is a theory, in addition, about how we measure such connections, how we count them, what sort of measurable properties they have. This is important: connectivism is a new type of knowledge, but it is not independent of other types of knowledge. We need to be able to see connections, and we need to be able to count them, in order to talk about they“ (Downes, 2008)
Connective Knowledge und der mittlerweile eingedeutsche Begriff Konnektivismus werden von Downes und Siemens im Sinne einer doktrinären Philosophie verwendet. Damit gemeint ist: „Philosophen, die sich in der doktrinären Philosophie betätigen, wollen mit oder aufgrund ihrer Behauptungen andere Menschen erziehen; sie wollen sie dazu bringen, sich ihren Behauptungen als einer Lehre anzuschließen“ (Hampe, 2014, S. 13, kursiv im Original). Deutlich
tracted 2200 participants worldwide.“ (https://sites.google.com/site/themoocguide/3cck08---the-distributed-course) 15 Der Ursprung des Begriffs Connectivism, der zu einer ganz bestimmten Verwendungsweise führte und sich damit diskursprägend und -stabilisierend auswirkte, geht auf Siemens (2005) zurück, der in einer anekdotischen und kursorischen Abhandlung eine „Lerntheorie für das digitale Zeitalter“ formulierte und damit die seiner Meinung nach offensichtlichen Beschränkungen der traditionellen Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus zu überwinden. Als terminus technicus ist Konnektivismus in der Kognitionswissenschaft wesentlich länger in Verwendung, wie z.B. als „neuronaler Einbau Determinismus: Konnektivistische Theorien“ (Schmitt, 1967): „Diese Theorien nehmen an, daß die Struktur des Gehirns und alle synaptischen Verbindungen genetisch festgelegt sind, sich im Laufe der Embryogenese entwickeln und daß sich später keine Veränderungen von Verbindungen mehr einstellen. Gedächtnis heißt hier die durch wiederholten Gebrauch erhalten bleibende Herstellung neuer neuronaler Verknüpfungen von existierenden synaptischen Verbindungen, die durch das ZNS zum Effektorgan ziehen. Erinnerung wird beschrieben als von früher gebildeten Engrammen ausgelöste Entladungen in neuronalen Schaltkreisen.“ (S. 865) In jünger Zeit hat Zielinski (2011) mit dem Konzept der „unbedingten Konnektivität“ eine elaboriertere Alternative vorgeschlagen.
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wird die doktrinäre Ausrichtung durch die enge Verknüpfung der theoretischen Positionen zum Konnektivismus und der praktischen Umsetzung in Form sog. cMOOCs, die zwar einen offenen Kursraum mit starker TeilnehmerInnenbeteiligung und kollaborativen Arbeits- und Produktformen begründen, andererseits aber einer starren ideologischen Begründung unterliegen. Eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung sowohl mit dem epistemologischen Gerüst des Konnektivismus – was in mehreren Publikationen zum Ausdruck gebracht wurde (F. Bell, 2011; Kop, 2011) – als auch mit den praktischen Prinzipien, auf die der cMOOC aufbaut – hier ist insbesondere die rigorose Selbstverpflichtung, ausschließlich offen lizenziertes Material zu verwenden, zu nennen –, ist bislang nicht zu erkennen. In ähnlicher Weise kritisieren Friesen und Lowe (2012) die dem Konnektivimus implizit zugrunde liegende normative Haltung: „[…] the open terms of access to online services and the practices of open source software development […] render these services and tools inherently ,democratic‘ in nature. They therefore ,empower‘ students“ (S. 184).
Was äußerlich als radikal demokratische bzw. individualistische Lernform daher kommt, beruht auf einem Dispositiv (einer bestimmten Machtapparatur, und legt die Handlungs- und Denkmöglichkeiten der NutzerInnen von cMOOCs fest. Die selbst attestierte Klassifikation des Konnektivismus als Lerntheorie ist durch die Begründungsform ebenfalls als doktrinär zu bezeichnen, da die von Siemens (2005) aufgestellten Behauptungen weder theoretisch noch empirisch hergeleitet sind. Vielmehr wird im Sinne einer großen Erzählung (Narrativ) über die Veränderungen der digitalen Welt argumentiert, dass eine „Umerziehung“ bzw. Umcodierung der Begriffsverwendung notwendig sei. So sind dann auch die Thesen von Siemens (2005, S. 31) zu verstehen, wenn er schreibt, dass: • „Learning and knowledge require diversity of opinions to present the whole … and to permit selection of best approach.
• Learning is a network formation process of connecting specialized nodes or informationsources.
• Knowledge rests in networks. • Knowledge may reside in non-human appliances, and learning is enabled/facilitated by technology.
• Capacity to know more is more critical than what is currently known. • Learning and knowledge are constant, on going processes (not end states)“
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Diese Prinzipien konstituieren kein konsistentes lerntheoretisches Fundament, sondern sind eher als assoziativ zusammengestelltes Gerüst aus verschiedenen Theoriefamilien zu lesen, die dann argumentativ so aufeinander bezogen werden, dass der Eindruck eines einheitlichen theoretischen Gebäudes entsteht. Exemplarisch lässt sich das anhand der These „Wissen ist über ein Netzwerk von Verknüpfungen verteilt, daher ist Lernen die Fähigkeit, diese Netzwerke zu bilden und sich darin zu bewegen“ (anti-individualistischer Wissensbegriff; verteiltes Wissen) zeigen. Hierzu greifen Downes und Siemens auf Erkenntnisse der Neurobiologie und Chaostheorie zurück, abstrahieren diese und übertragen sie dann auf ihr konzeptionelles Modell, ohne zu prüfen, inwieweit dieser Transfer zulässig ist – systemtheoretisch gesprochen handelt es sich dabei um die Prüfung der strukturellen Kopplung, mit der zwei getrennte, autopoietische Systeme (neurobiologische Erkenntnisse zur Wirkungsweise des menschlichen Gehirns und soziologische und pädagogische Erkenntnisse zum Lernen und Lehren) miteinander kommunizieren können – bzw. die mediierenden Kontextbedingungen genauer in den Blick zu nehmen. Die Abkehr von klassischen pädagogischen Prinzipien, die von einem subjektiven Wissensbegriff ausgehen und von vermittelnden sozialen Bedingungen (Sozialisation, Enkulturation), zugunsten eines diffusen Netzwerkgedankens führt zu fragwürdigen Schlussfolgerungen: „The pipe is more important than the content within the pipe“ (Siemens, 2005). Die von Downes und Siemens angestrebte Verlagerung von Inhalten und subjektiven Prozessen des Wissenserwerbs hin zu Verbindungen/Knotenpunkten und kollektiven Prozessen des Kuratieren von Wissen bleibt ohne bildungstheoretisch hergeleitete Begründung. Mit der von Latour (1996) mitentwickelten AkteurNetzwerk-Theorie (ANT) liegt ein elaborierter Entwurf für ein gleichberechtigtes Verhältnis von Mensch und Maschine vor, das die Komplexität und Kontingenz der hybriden Konstellationen (wie z.B. massenhafte digitale Bildungssettings) sehr viel differenzierter einfangen kann als die spekulativen Annahmen des Konnektivismus. Das soll an dieser Stelle16 nicht weiter vertieft werden, sondern auf die praktische Ausgestaltung der cMOOCs und die dabei gemachten Erfahrungen eingegangen werden. Es lässt sich zeigen, dass der Konnektivismus als theoriearmes, deskriptives Narrativ einflussreich auf die Art und Weise,wie über Online-Lehren und -Lernen gesprochen und gedacht wird ist. So besteht in der akademischen Literatur weitge-
16 Eine Diskussion zu den Integrationspotentialen von Bildungstheorie und ANT findet sich in diesem Blogpost: http://markusmind.wordpress.com/2014/07/31/understandingmoocs-from-the-perspective-of-actor-network-theory-ant-refraiming-pedagogy-andunmasking-power/
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hend Einigkeit darüber, dem Konnektivismus nicht den Status einer Lerntheorie zuzusprechen und ihn stattdessen als „[…] ein pragmatisches Konzept der partizipativen Organisation des Lernens“ (Haug & Wedekind, 2013, S. 164) zu werten. Das Rezeptionsverhalten ist damit weniger streng in der Beurteilung und rigoros hinsichtlich wissenschaftlicher Standards, billigt stattdessen dem Konnektivismus einen eigenen Status („pragmatisches Konzept“) zu und eröffnet ihm damit Zugang zu akademischen Diskursen. Der Weg verlief über E-Learning-Konferenzen, wie der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) – hier findet sich im Beitrag von Bremer (2012) die bereits erwähnte Begründungsfigur – Konnektivismus ist ein wertvolles praktisches Konzept, darum ist die geringe theoretische Fundierung in Kauf zu nehmen –: „Im Kontext der Open Online Courses wird häufig der Ansatz des Konnektivismus genannt. Anfangs als Lerntheorie bezeichnet, und dadurch auch einiger Kritik ausgesetzt, wurde dieser Anspruch inzwischen etwas aufgehoben und er wird heute vielmehr nur als konzeptioneller Ansatz betrachtet. Unabhängig von dieser Definition ist es durchaus lohnenswert, im Kontext des Konnektivismus die Rolle von Web-2.0-Technologien im Hinblick auf Bildungsprozesse zu beleuchten.“ (S. 155, kursiv im Original) – bis zu didaktisierten Einführungstexten wie dem Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T), wo Reinmann (2011) kritisch anmerkt: „Eine eher normative Forderung des Konnektivismus ist, nicht mehr nur durch eigene Erfahrung zu lernen und Wissensinhalte per se zu erwerben, sondern in einer sich rasch ändernden Welt Entscheidungen zu treffen (was bereits als Lernakt gilt), Verbindungen zwischen Wissensbereichen zu erkennen und dazu in Netzwerken zu partizipieren […]. Während sich Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus wissenschaftstheoretisch relativ deutlich positionieren lassen, ist dies beim Konnektivismus schwer und in der Literatur nicht explizit aufgearbeitet“ (S. 5).
Diese Kritik an der offen zur Schau gestellten Normativität des Konnektivismus und an den fehlenden Versuchen, diesen stärker an lerntheoretische Paradigmen anzudocken, wird dadurch abgemildert, dass am Ende des Abschnitts mit einem Merksatz versucht wird, a posterori wissenschaftliche Legitimation zu generieren: „Nach Auffassung des Konnektivismus ist Lernen ein selbstorganisierter Prozess in realen oder virtuellen Netzwerken, der vor allem darin besteht, Verbindungen herzustellen.“ (Ebenda) In klassische wissenschaftliche Publikationsorgane hat der neuere Konnektivismus dagegen noch keinen Eingang gefunden (siehe dazu die systematische Literaturstudie von Liyanagunawardena, Adams, & Williams, 2013), was sich angesichts der doktrinären Ausrichtung des Projekts und der ideologisierenden
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Haltung der Hauptvertreter auch nicht zu ändern scheint. Zu eigenwillig und sperrig bis beratungsresistent für wissenschaftliche Diskussionen gerieren sich die Vertreter wie Stephen Downes. Nach diesem Exkurs über die Diskursivität des für cMOOCs konstitutiv wirkenden Konzepts Konnektivismus, werden im weiteren Verlauf dieses Abschnitts die Hauptmerkmale des ersten offenen Online Kurs CCK08 vorgestellt. In Anlehnung an die Strömung des „Web of Learning“ (Bonk, 2009) findet im CCK08 eine Abkehr von geschlossenen Lernplattformen statt, was als typisches Open-Education-Motiv – Befreiung und Überwindung von ökonomischen, sozialen, politischen und technologischen Hürden – gelesen werden kann. Wenn hier allerdings, wie z.B. von Weller (2014), von einer „logical extension of the open education movement“ (S. 93) gesprochen wird, dann stimmt das nur teilweise und zwar für die jüngste Ausprägung von Open Education. Eine diachrone Perspektive wird damit nicht aufgemacht, denn dazu wäre eine historische Rekonstruktion der früheren Bewegung notwendig. Die Gemeinsamkeit mit dem deskriptiven Operator „Openness“ reicht dazu nicht aus; die darüber hinaus angesprochenen Aspekte kommen alle aus dem Bereich „technische Infrastruktur“ und bieten damit keine Anschlussmöglichkeit an die früheren, mehr pädagogisch ausgerichteten Debatten. Charakteristisch für die ersten MOOCs ist die Tendenz der Personifikation, da historische Ereignisse als Leistung bestimmter, herausragender Persönlichkeiten dargestellt werden. So wird einer der Vorläufer der frühen MOOCs als „The Wiley Wiki“17 nach David Wiley benannt, einem Pionier der Open-Education/ContentBewegung und CCK08 ist untrennbar mit George Simens und Steven Downes verbunden. Alec Couros ist ein weiterer bekannter Name, der mit MOOCs, hier „Social Media and Open Education“ verbunden ist. Die Personifikation verschwand mit den später aufkommenden xMOOCs – wenn auch der Start stark personalisiert inszeniert wurde mit den ProtagonistInnen Sebastian Thrun und Daphne Koller – und wurde durch eine Fokussierung auf (Elite-)Institutionen abgelöst. Gerade Sebastian Thrun wirkte stilprägend für die frühe xMOOC Entwicklung, da er durch seine mediale Präsenz in einer erhitzten Berichterstattung – MOOCs wurden wahlweise als Revolution18 („Come the Revolution“ T. Friedman, 2012), als Tsu-
17 Eine Liste der ersten Massive Open Online Courses ist auf dem „MOOC Guide“ zusammengestellt: https://sites.google.com/site/themoocguide/. 18 Im Laufe der letzen Jahrzehnte machte der Revolutionsbegriff einen fundementalen Bedeutungswandel durch: Galt er im Nachgang der Französischen Revolution als Ausdruck des Aufbegehrens, der Rebellion und des gewaltsam durchgesetzten Umsturzes einer konservativen Regierung durch ein progressives Volk, so ist es nun ge-
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nami („The Campus Tsunami“ Brooks, 2012), als Disruption des Bildungssystems („Higher education is now being disrupted; our MP3 is the massive open online course (or MOOC), and our Napster is Udacity, the education startup.“ Shirky, 2012), als Instrument zur Zerlegung des historisch gewachsenen Ökosystems Universität in vermarktbare Einzelteile bzw. als Anfang vom Ende der traditionellen Universität („The End of the University as We Know It“ Harden, 2012) porträtiert – wesentlich für die Herausbildung des xMOOCs-Diskurses, der um das Thema „kostenfreier Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung als herausragende Chance für motivierte, aber unterpriviligierte Menschen19 die besten Jobs zu finden“ kreiste, verantwortlich war. Mit Metaphern wie Revolution oder Tsunami wird die Wahrnehmung, das Denken und auch das Handeln entscheidend beeinflusst, d.h. Metaphern sind kein rein sprachliches Phänomen (Lakoff & Johnson, 1998). Vielmehr parallelisieren Metaphern zwei Vorgänge – das Auftauchen der MOOCs wird als Revolution oder Tsunami bezeichnet – und sorgen so dafür, dass MOOCs gedanklich mit dem kulturellen Konzept bzw. der „Wahrnehmungsbrille“ Revolution oder Tsunami betrachtet werden. Während Tsunami spätestens seit den Ereignissen im Dezember 2004 in Thailand als eine extrem zerstörerisches Naturkatastrophe gilt und sich daher auch im weiteren Verlauf des MOOC-Diskurs nicht durchgesetzt hat, ist die Metapher Revolution in der westlichen Kultur postiv konnotiert als Akt des Aufbegehrens gegen ein Unrechtsregime, verbunden mit der Errichtung einer Demokratie und viel häufiger verwendet. Auch wenn es intiutiv naheliegend erscheint, einen erstmalig angebotenen Online-Kurs mit über 100.000 Teilnehmenden als revolutionäres Ereignis aufzufassen, liegt dahinter eine besondere Systematik. Ist nämlich erstmal die Kopplung „MOOC-Revolution“ erreicht, wird ab dann über MOOCs in revolutionärer Art gedacht und gehandelt, was sich in einer jüngst veröffentlichten Diskursanalyse zeigen lässt (Deimann, 2015b). MOOCs sind somit als revolutionäres Ereignis konzeptualisiert und blenden Alternativerklärungen, wie z.B. „MOOCs sind nichts anderes als multimediale Lehrbücher“ oder „MOOCs sind der aktuelle Entwicklungsstand im E-Learning“, aus. Dementsprechend resolut war dann auch die mediale Berichterstattung als sich
nau umgekehrt. Eine technologisch-progressive Elite ruft die Revolution aus, während das Volk konservativ geworden ist. 19 Thrun ließ sich auch mit der Aussage zitieren „The goal should be to get everybody to A+ level“ (Lewin, 2012) und zeigte so seine Entschlossenheit, das Bildungssystem grundlegend zu verändern. Auch seine Email an die 1000 besten Lernenden im Kurs „Introduction to Artificial Intelligence“, in dem er seine „strong connections to major companies in the Bay Area, such as Google“ (Thrun, 2011) ausspielt, kann als Beleg für Thruns Einfluss im Diskurs gewertet werden.
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mehr und mehr herausstellte, dass MOOCs wenig revolutionäre Kraft besitzen. Die Enttäuschung war deshalb so groß, da die Erwartungen mit der Leitmetapher „Revolution“ sehr hoch konditioniert wurden. Weiterhin war der Diskurs zu Beginn überformt von einem ökonomischen Imperativ: Lernende schaffen Online-dargebotenen Inhalt in 25% weniger Zeit zu „verarbeiten“ im Vergleich zu traditionell vermittelten Stoff (Harden, 2012). Weniger kapitalistisch nahm sich dazu die Idee, MOOCs könnten Freiräume für Hochschulen schaffen und zu mehr Kreativität führen, aus (Stampfl, 2014). In Anlehnung an die aristotelische Dramentheorie lässt sich die frühe xMOOC-Entwicklung als „Aufstieg und Fall einer digitalen und symbolischen Bildungsrevolution – Ein Drama in fünf Akten20“ darstellen (Deimann, 2013c). Im ersten Akt (Exposition) wird der Protagonist Sebastian Thrun eingeführt. Er hat in Deutschland studiert und promoviert, wurde später Projektleiter bei Google (zuständig für Self-Driving Car) und Professor für Informatik an der Stanford University21. Dort unterrichtete er u.a. den Kurs „Introduction to Artificial Intelligence“ als klassisch geschlossene Lehrveranstaltung, d.h. nur für eingeschriebene Studierende zugänglich. Thrun war damit zu dieser Zeit ein außerhalb der Open-Education-Bewegung stehender Wissenschafter aus einer nichtpädagogischen Fachdisziplin mit entsprechender Fachkultur 22. Dementsprechend
20 Die Überblicksdarstellung von Schulmeister (2013a) „Der Beginn und das Ende von OPEN. Chronologie der MOOC-Entwicklung“ beinhaltet eine ähnlich zugespitze Argumentationsfigur, wobei allerdings durch den relativ breiten Open-Begriff Entwicklungen aus verschiedenen Open-Kulturen (cMOOCs und xMOOCs) miteinander vermischt werden. Die hier vorgeschlagene Argumentationsfigur der aristotelischen Dramentheorie ist enger an xMOOCs angelehnt und lässt so die zentralen Konfliktlinien prägnanter hervortreten. 21 Detaillierte Angaben zu Thruns akademischen Werdegang sind auf seiner persönlichen Homepage http://robots.stanford.edu/cv.pdf einsehbar. 22 So zeigte sich Thrun beispielsweise in einem Interview mit Spiegel Online verwundert über die geringe Ausprägung virtueller Lehr- und Lernformate an Universitäten – ungeachtet der tatsächlichen langen Tradition der Bildungstechnologie (Spector, 2001): „Ich bin da ratlos. Trotz moderner Medien benutzen wir immer noch Unterrichtsmethoden wie vor 1000 Jahren. Dabei sollte Unterricht wie ein guter Film funktionieren. Er muss so spannend sein, dass man erst ausschaltet, wenn er vorbei ist. Ich glaube, Universitäten sind oft weniger innovativ als sie gerne wären.“ (http://www. spiegel.de/unispiegel/studium/sebastian-thrun-stanford-university-lehrt-wie-vor-1000jahren-a-817889.html). Ähnlich argumentiert sein Kollege Peter Norvig im TED-Talk
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überraschend und vollkommen unerwartet war für ihn die Ressonanz, nachdem der Kurs geöffnet wurde, da weder Thrun noch sein Fachkollege Peter Norvig mit den durch Öffnungsprozesse katalysierten pädagogischen Möglichkeiten vertraut waren. Aus soziologischer Perspektive sind die emergierten Massenkurse dagegen wenig überraschend, sondern ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert, das für eine „massenförmige Sozialität“ (Grassmuck, 2009, S. 117) steht, die sich auf zahlreiche gesellschaftliche Funktionsbereiche auswirkte (Massenmedien, Massenuniversität, Massenkonsum etc.). Das zu Beginn der MOOC-Debatte oft vorgebrachte Argument, MOOCs seien lediglich alter Wein in neuen Schläuchen (siehe dazu z.B. S. J. Daniel, 2012) lässt sich in diesen Zusammenhang verorten – historische Vorläufer gibt es beispielsweise aus dem Bereich der Bildungstechnologie (Bell-Lancester-Instruktionsmethode; siehe dazu Boven, 2013) und der Online-/Computerspiele (Multi User Domains/Dungeons, siehe dazu Marotzki & Jörissen, 2010). Auf der anderen Seite revitalisieren MOOCs kollektive Werte und reagieren damit auf die im 21. Jahrhundert voranschreitenden neoliberalen Umgestaltungsprozesse, die zu Entwertung kollektiver Sozialformen und zur Überindividualisierung führten. Dennoch – oder vielleicht gerade wegen dieser Fachfremdheit – wurden Thrun und Norvig in den Medien als „Athens-like renaissance“, als eine Art Inkarnation für die Wiedergeburt der Bildung charakterisiert (Bennett, 2012). Mit der Kraft und Macht des Silicon Valley sollte das alte Versprechen der Bildung endlich eingelöst werden, dass nämlich unabhängig von Herkunft und Einkommen jede Frau und jeder Mann ein Recht auf Zugang zu qualitativ hochwertigen Inhalten habe. Thrun wurde damit über Nacht an die Spitze einer „Erlösungsbewegung“ katapultiert, die ähnlich wie der historische Vorläufer der Technocracy-Bewegung23 an die Vorherrschaft von (Software-)IngeneurInnen für die Ver-
„The 100,000 student classroom“, der online unter http://www.ted.com/talks/peter_ norvig_the_100_000_student_classroom verfügbar ist. Den Abgang aus Stanford begründete Thrun dann auch mit der für ihn ungenügenden Investition in digitale Infrastruktur: „Stanford was willing to spend hundreds of millions of dollars building a new physical campus in New York City — but it isn’t willing, it seems, to help Thrun build a free virtual campus which could reach the whole world. That’s a dereliction of its educational duty“ (Salmon, 2012). 23 Charakteristisch für die aus den USA stammende Technocracy-Bewegung, die in den 1930er Jahren durch Thorstein Veblen (1857-1929) maßgeblich geprägt wurde und dann auch nach Deutschland überschwappte, ist die Fokussierung auf die Person des Ingenieurs bzw. Technikers. So beschreibt Riesman (1953, S. 96) in seinem Buch über Veblen dessen Vision von Technocracy wie folgt: „His [Thorstein Veblen] was,
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besserung der Welt glaubte und daran arbeitete. Gerade die drängenden und als nur sehr schwierig lösbar erscheinenden Probleme aus dem Segment der tertiären Bildung die auch als Platzen der „Higher Education Bubble“ bezeichnet werden (Marr Cronin & Horton, 2009), lassen sich mit und durch MOOC effizient angehen: „The most important part of the college bubble story — the one we will soon be hearing much more about — concerns the impending financial collapse of numerous private colleges and universities and the likely shrinkage of many public ones. And when that bubble bursts, it will end a system of higher education that, for all of its history, has been steeped in a culture of exclusivity. Then we’ll see the birth of something entirely new as we accept one central and unavoidable fact: The college classroom is about to go virtual“ (Harden, 2012).
Geradezu paradiesische Zustände stehen bevor, sobald die (digitale) Technokratie die Vorherrschaft übernommen hat – wenn auch zu einem hohen Preis: „[…] students themselves are in for a golden age, characterized by near-universal access to the highest quality teaching and scholarship at a minimal cost. The changes ahead will ultimately bring about the most beneficial, most efficient and most equitable access to education that the world has ever seen. There is much to be gained. We may lose the gothic arches, the bespectacled lecturers, dusty books lining the walls of labyrinthine libraries— wonderful images from higher education’s past. But nostalgia won’t stop the unsentimental beast of progress from wreaking havoc on old ways of doing things. If a faster, cheaper way of sharing information emerges, history shows us that it will quickly supplant what came before. People will not continue to pay tens of thousands of dollars for what technology allows them to get for free. […] Teens now approaching college age are members of the first generation to have grown up conducting a major part of their social lives online. They are prepared to engage with professors and students online in a way their predecessors weren’t, and as time passes more and more professors are comfortable with the technology, too. In the future, the primary platform for higher education may be a
in fact, the dream of an administered economy, culture, and society which in another variant dazzled Marx and Engels and many men before and since […] imagine a conflictless society, a society without politics and politicians, run by techicians along the ,obvious‘ or ,natural‘ lines“. Ähnlich verhielt es sich in der xMOOC-Bewegung, die Sebastian Thrun, Peter Norvig, Daphne Koller, Andrew Ng und andere als VertreterInnen und ExpertInnen einer neuen digitalen Technologie an die Spitze einer Transformationsbewegung zur Umgestaltung des Hochschulsystems stellte.
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third-party website, not the university itself. What is emerging is a global marketplace where courses from numerous universities are available on a single website. Students can pick and choose the best offerings from each school; the university simply uploads the content.“ (Harden, 2012)
Es waren schließlich 160.000 Menschen aus 190 Ländern, die an dem kostenfrei angebotenen MOOC „Introduction to Artificial Intelligence“ teilnahmen, woraufhin dieser als „breakthrough MOOC“ bezeichnet wurde – von den eingeschriebenen 200 Studierenden verließen bis auf 30 Personen alle nach einigen Wochen die Lehrveranstaltung und rezipierten ausschließlich die aufgezeichneten Videos, auf denen Thrun und Norvig mit Papier und Stift komplexe Zusammenhänge erläuterten (Lewin, 2012) – und mit großen Engagement an die Aufbereitung der Inhalte (z.B. Übersetzungsarbeit) gingen. 23.000 Lernende schlossen den Kurs ab, 248 erreichten die höchst mögliche Punktzahl und bekamen ein von Thrun (und nicht von der Stanford University; diese untersützte das Experiment nicht24) ausgestelltes Zertifikat über ihre individuelle Leistung (Lewin, 2012). Thrun entkontexualisierte die (relativ) hohe Erfolgsquote als Beleg für die Notwendigkeit zur Gründung einer „Online Universität“: „He [Sebastian Thrun] noted that no Stanford student had a perfect score in his course. But 248 online students scored 100% by completing assignments and exam questions without a single wrong answer“ (WiredAcademic, 2012).
Wie sehr Thrun bereits zu diesen Zeitpunkt an die Überlegenheit von offener digitaler Bildung, d.h. an eine Form von kostenfreier, massenhafter Distribution von video-basierter, unadressierter (jede/r, der Interesse hat, ist für Thrun willkommen), direkter Instruktion von herausragenden Persönlichkeiten aus dem akademischen Bereich (sog. „Starprofessor“) im Vergleich zur herkömmlichen selektiven akademischen Bildung glaubt, zeigt sich in seinem Kommentar zur Erfolgsquote im AI-MOOC: „We just found over 400 people in the world who outperformed the top Stanford student“ (Thrun zitiert in Bennett, 2012). Das traditionelle universitäre Lehrmodell ist damit für Thrun ähnlich aus der Zeit gefallen wie die Theaterbühne vor der Einführung des Films:
24 Konsequenterweise wurde der MOOC „Introduction to Artificial Intelligence“ auf einem Server außerhalb des Stanford Intranets gehostet und auch außerhalb des Campuses, in Thruns Keller, produziert (Kolowich, 2012).
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„After that I could never teach at Stanford again,“ Mr. Thrun says. He likens the current education model — in which professors lecture several dozen or more students at a time — to „the theater stage before film was invented.“ (Efrati, 2012).
Die hohe Nachfrage wurde in den Massenmedien als „Revolution“ bzw. „Campus Tsunami“ bezeichnet (Brooks, 2012; T. Friedman, 2012) und bewirkte bei Sebastian Thrun eine radikale Veränderung seines akademischen Selbstbilds und eine Abkehr von der Tradition institutionalisierter universitärer Bildung als eine nicht länger hinnehmbare Beschränkung. Auf der „Digital Life Design“ Konferenz in München im Januar 2012 gab Thrun in einem mittlerweile berühmt gewordenen Ausspruch, garniert mit pop-kulturellen Referenzen, folgendes bekannt: „Having done this, I can’t teach at Stanford again,“ […] „I feel like there’s a red pill and a blue pill, and you can take the blue pill and go back to your classroom and lecture your 20 students. But I’ve taken the red pill, and I’ve seen Wonderland.“ (University 2.0, 2012)
Aus der Retrospektive betrachtet lässt sich der Schritt der Aufgabe der Lebenszeitverbeamtung an der Stanford University und der Gründung des mit Risikokapital25 finanzierte Start-up Udacity26 dramentheoretisch als „Andeutung des Konflikts“ (gehört noch zur Exposition) kennzeichnen, denn die klassischen akademischen Werte „Einsamkeit“ und „Freiheit“, die sich aus der neuhumanistisch-idealistischen Universitätsidee von Humboldt entspannen und bis in die 1970er Jahre wirkten (Schelsky, 1963) lassen sich mit dem Schritt zur Massifizierung und Entinstiutionalisierung von Bildung nur noch schwer vereinbaren:
25 Haupkapitalgeber war Charles River Ventures mit einer Einlage von 5 Millionen US$ im Dezember 2011 (Efrati, 2012); Thrun soll Medienberichten zufolge zusätzlich 200.000 US$ Privatvermögen beigesteuert haben (Henn, 2012). Im Oktober 2012 wurde dann bekannt, dass Thrun weitere 15 Millionen US$ Risikokapital über das Unternehmen Andreessen Horowitz akquirierte und damit insgesamt bei 21,5 Millionen US$ stand (D. Clark, 2012). 26 Udacity wurde formal als eine Art Tochtergesellschaft des Start-up-Unternehmens „Know Labs“ gegründet und wurde in der Berichterstattung mit erwähnt (Kolowich, 2012). Auch gab es eine eigene Webseite unter der URL www.knowlabs.com, die mittlerweile (Stand Dezember 2014) aber auf https://www.udacity.com/ verlinkt. Eine Whois-Abfrage von www.knowlabs.com zeigt, dass die Seite am 20.05.2011über die Agentur „MarkMonitor“ auf Udacity registriert wurde (http://www.whois.com/whois/ knowlabs.com).
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„He’s [Sebastian Thrun] thinking big now. He imagines that in 10 years, job applicants will tout their Udacity degrees. In 50 years, he says, there will be only 10 institutions in the world delivering higher education and Udacity has a shot at being one of them. Thrun just has to plot the right course.“ (Leckart, 2012)
Ebenso erscheint die Strategie von Udacity, mit Personalvermittlungsagenturen zusammenzuarbeiten (sog. Top-Performer aus den MOOCs konnten entscheiden, ob sie an einem speziellen Rekrutierungsprogramm teilnehmen möchten) der akademischen Tradition „Bildung als Wert an und für sich“ diametral gegenüberzustehen. Der Plan sah die kommerzielle Vermarktung der Humanressourcen vor: „[…] monetize its students’ skills — and help them get jobs — by getting their permission to sell leads to recruiters“ (Lewin, 2012). Ähnlich different zur tradierten akademischen Praxis nahm sich die Politik von Udacity zur Zusammenarbeit mit DozentInnen und ProfessorInnen aus: „We reject about 98 percent of faculty who want to teach with us,“ he [David Stavens, neben Sebastian Thurn der Gründer von Udacity] says. „Just because a person is the world’s most famous economist doesn’t mean they are the best person to teach the subject. […] Students will want to learn from whoever is the best teacher.“ (Pappano, 2012)
Die beiden ersten, im Februar 2012 auf Udacity angebotenen Kurse (Dauer sieben Wochen mit videobasierten Vorlesungen und automatisierten, instantanen Selbsttests) aus dem Bereich Robotik, die als Nachfolger zu „Introduction to Artificial Intelligence“ konzipiert wurde, erzielten ähnlich hohe Belegerzahlen (über 130.000 Personen) wie der ursprüngliche MOOC von Thrun und Norvig (Efrati, 2012). Auch die weiteren Kurse kamen aus dem STEM- (science, technology, engineering, and mathematics) Bereich und waren auf die klar definierbare Zielgruppe der sog. „Bildungshungrigen“ zugeschnitten: „People really want good education. There is a huge need. […] Hundreds of thousands of people just sign up because they really care. They really want to advance themselves and their lives and they don’t want to pay $50,000 or $100,000 to get there“ (Thrun zitiert in Bennett, 2012).
Die im Januar 2013 gestartete Kooperation zwischen Udacity und der San Jose State University (SJSU), bezeichnet als „San Jose State Plus“, verdeutlicht die Konfliktlinien zwischen traditioneller und außerakademischer Bildung. Bereits die Partnerschaft zwischen einer staatlichen Hochschule und einem Start-up-
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Unternehmen aus dem Silicon Valley wurde in den Medien 27 als ungewöhnlich bezeichnet, wobei es inhaltlich um folgendes ging: „The partnership will combine the knowledge and expertise of SJSU faculty members with Udacity’s cutting-edge online platform and pedagogy to work together toward helping a greater percentage of students excel in their chosen majors. This pilot purposely focuses on two math classes and one statistics class that nearly every student must complete to succeed in college.“ (Harris, 2013)
Die Kurse Intermediate Algebra, College Algebra und Elementary Statistics wurden von Lehrkräften der SJSU als Auffrischungs- bzw. Wiederholungskurse – angeblich verfügten über 50% der Studierenden nicht über die Mindestanforderungen (Lewin & Markoff, 2013) – in Koordination mit Udacity angeboten, wobei SJSU die Hoheit über die Leistungsfeststellung und -überprüfung behielt. Udacity sollte Unterstützung (die zu Beginn nur sehr schwammig definiert wurde) liefern, um so die kritischen Eingangskurse mit notorisch hohen Durchfallquoten zu optimieren. Angedacht wurde, die Kurse auf 100 Teilnehmende zu begrenzen und zu einem Preis von 150 US$ pro Kurs anzubieten, was erheblich günstiger war, da bislang zwischen 450$ und 750$ zu zahlen waren (Young, 2013b). 50 Lernende sollten von der SJSU und 50 von Community Colleges und High Schools kommen, wobei sie im Falle des erfolgreichen Absolvierens „akademischen Kredit“ (Credit Points) erhalten sollten. Pikanterweise berechtigten die 100 Teilnehmenden, die zu den jeweiligen Kursen zugelassen wurden, strengnommen nicht, die Bezeichnung „MOOC“ als massiven Online-Kurse zu verwenden, da die Schwelle, folgt man der von Downes (2013) doktrinär festgelegten Kopfgröße, bei 150 liegt. Das Experiment San Jose State Plus, teilweise unterstützt von der National Science Foundation, war explizit online, d.h. alle für die jeweiligen Kurse notwendigen Lehr- und Lernaktiviäten waren virtuell durchführbar und so wurde beispielsweise auch auf den Einsatz verpflichtender Lehrbücher verzichtet. Stattdessen sollte es Chat-Räume, eine telefonische „Helpline“ und „instructorfacilitated peer meetings“ geben. Mit dem Einsatz von Learner Analytics sollten Lernrückstände möglichst frühzeitig identifiziert und ausgeglichen werden. Hinzu kamen mentorielle Unterstützung als eine aus der Fernlehre bekannten Form
27 Ein Pressespiegel lässt sich über das Portal „Inside Higher ED“ mit den Keywords „San Jose“, „MOOC“ und „Udacity“ zusammenstellen: https://www.insidehighered. com/search/site/San%20%2B%20jose%20%2B%20MOOC%20%2B%20udacity [Stand: 27.12.2014]
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der Lernprozesssteuerung. Durch die Teilnahme an den Kursen, bei einem Preis von 150 US$ pro Kurs, konnten Kreditpunkte erworben werden. Der zweite Akt in der aristotelischen Dramentheorie lässt die Handlung ansteigen und verknüpft dazu verschiedene Handlungsfäden. Bezogen auf das Drama „Aufstieg und Fall einer digitalen Bildungsrevolution“ kam es unmittelbar nach Verkündung der strategischen Partnerschaft zwischen Udacity und SJSU zu Spannungen, wie z.B. die Kritik am Zeitpunkt: „My personal opinion is that it’s not by accident that this is being announced at a time when most faculty are not on campus, but I have no evidence for that, said Preston Rudy, a sociology professor at San Jose State.“ (Reed, 2013)
oder der Befürchtung des Lehrpersonals, überflüssig zu werden. Denn angesichts der zu erwartenden Verbreitung von Online-Lehrveranstaltungen, die als eine Art Patentlösung der drängenden Probleme im US-amerikanischen Bildungssystem (überfüllte Klassenzimmer, sinkende Staatsausgaben für Bildung, steigende Kosten für Lehrbücher, Überschuldung der Studierenden), insbesondere vom kalifornischen Gouverneur Jerry Brown (im Amt seit Januar 2011) auserkoren wurden, sahen viele DozentInnen einer prekären Zukunft entgegen. Dazu passt ein am 29. April 2013 veröffentlichter offener Brief der philosophischen Fakultät der SJSU an Michael Sandel, ein aufgrund seiner Medienpräsenz als „Staroder Superprofessor“ titulierter Philosoph (The Department of Philosophy, 2013). Der Brief wurde verfasst als bekannt wurde, dass an der SJSU ein von Sandel durchgeführter MOOC mit Hilfe der Plattform edX 28 eingesetzt werden sollte und er setzte sich für den Erhalt traditioneller Lehre – verstanden als Humboltsches Ideal der Bildung als gleichberechtigter Partizipation der Studierenden an der Forschung – ein. Die philosophische Fakultät nahm eine technologiekritische und abwägende Haltung ein, forderte mehr empirische Forschung und warnte eindringlich vor einer Zweiklassengesellschaft, sollten MOOCs in größerem Stil eingesetzt werden: „Should one-size-fits-all vendor-designed blended courses become the norm, we fear two classes of universities will be created: one, well-funded colleges and universities in which privileged students get their own real professor; the other, financially stressed private and
28 Pikanterweise handelte es sich dabei um den Kurs „Justice“ – eine Einführung in Moralphilosophie und Politischer Philosophie (https://www.edx.org/course/justiceharvardx-er22-1x#.VJ6qLkBABo).
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public universities in which students watch a bunch of video-taped lectures.“ (The Department of Philosophy, 2013)
Das hier skizzierte Zukunftsbild einer technologie-abhängigen und seiner inneren Ideale beraubten Universität ist auch als Reaktion auf die im Februar 2013 gestartete Gesetzesinitiative Senate Bill (SB) 520 zu werten und gibt der sich ohnenhin bereits zuspitzenden Handlung zusätzlichen Schub. Am 21.02.2013 wurde SB 520 „Student instruction: California Online Student Incentive Grant programs“ vom demokratischen Senator Darell Steinberg29 in den Senat des USBundesstaates Kalifornien eingebracht30. Im Kern ging es beim SB 520 um den sog. „Automatic MOOC Transfer Credit“ (Bady, 2013), wodurch es Studierenden, die keinen Platz in regulären Lehrveranstaltungen bekommen (sog. „Bottleneck“-Bedingungen im Einstiegsbereich von Studienprogrammen), erlaubt würde, die in MOOCs erworbenen Credit Points zu transferieren. Hintergrund ist eine steigende Nachfrage bei gleichzeitiger Reduktion der zur Verfügung stehenden Plätze in Studiengängen im kalifornischen Bildungssystem (Gardner & Young, 2013). Die MOOCs sollten auf einer zentralen, noch zu entwickelnden Plattform angeboten werden und für die University of California, California State University sowie die Community Colleges Berechtigung zum Transfer bieten. Inhaltlich sollte damit die grundlegende Befähigung für ein akademisches Studium vermittelt werden, die für viele Studierende zu Beginn eine große Hürde darstellt. Auch Sebastian Thrun war in die Diskussion zum SB 520 involviert (ebenda) – ein weiterer Beleg für seine herausragende Stellung innerhalb des frühen xMOOCs-Diskurses. Thrun äußerte Besorgnis, dass die neue Plattform nicht den strengen Qualitätsansprüchen akademischer Lehrveranstaltungen gerecht werden könnte und setzte sich für die Durchführung von Pilottests ein (diese wurden, wie oben bereits berichtet, in Kooperation mit der San Jose State
29 Steinberg repräsentiert einen politischen Entscheidungsträger, der von der digitalen Transformation euphorisiert wurde und für einen technologie-deterministischen Aktionismus eintrat: "We can either shape this MOOC movement, or we can watch it happen and hope it all works out OK" (Gardner & Young, 2013). Ein ähnliches Vorgehen, wenn auch nicht von politisch-administrativer Seite, findet sich in Deutschland beim Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), einem unabhängigen Think Tank bzw. „Reformwerkstatt für das deutsche Hoschulwesen“, der in mehreren Positionspapieren PolitikerInnen auffordert, aktiv in den MOOC-Diskurs einzusteigen (siehe z.B. Bischof, Friedrich, Müller, Müller-Eiselt, & Stuckrad, 2013). 30 Der Text, die Historie und eine „Bill Analysis“ sind über die Seite http://leginfo.legis lature.ca.gov/faces/billTextClient.xhtml verfügbar.
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University durchgeführt). Doch zuvor gab es, ähnlich wie beim „Justice MOOC“ von Michael Sandel, offenen Protest: Die Berkeley Faculty Associaion veröffentlichte auf der Plattform „MoveOn.org“ eine Petition gegen SB 520 „UC Faculty Opposition to SB520 -- Automatic MOOC transfer credit“31. Knapp zusammengefasst formulieren die InitiatorInnen Folgendes: „In other words, we predict that SB 520 would worsen precisely the situation it claims to resolve“. Auf ähnliche Weise argumentierte auch Schuman in ihrer Replik auf Thomas Friedmans (2013) euphorisierte Anpreisung von MOOCs als virtuelles Heilsversprechen – Friedman äußerte in der New York Times die steile These „Nothing has more potential to lift more people out of poverty — by providing them an affordable education to get a job or improve in the job they have“ — woraufhin Schuman antwortete: „What Friedman proposes is nothing less than the creation of an überoligarchy that is even more exclusive than the current state of academe — which is already elitist enough, thank you very much“ (Schuman, 2013).
Hintergrund dieser Einschätzung ist die Befundlage erster empirischer Studien die zeigten, dass MOOCs sehr hohe Drop-out-Raten aufweisen, gerade bei der anvisierten Zielgrupppe (Lernende aus einkommensschwachen Familien). Eine Untersuchung der University of Pennsylvenia ergab, dass die Hälfte der registrierten NutzerInnen (Stichprobengröße war ca. 1 Million) sich die Videos ansieht und ca. 4 % den MOOCs erfolgreich abschließen (G. Christensen u. a., 2013). Außerdem zeigte sich, dass 80% der MOOC-TeilnehmerInnen bereits einen höheren Bildungsabschluss besaßen, also im Sinne von Bourdieu ein ansehnliches kulturelles Kapital angehäuft hatten. Um diesen Studierenden zu helfen, wäre eine Expansion der Infrastruktur (Gebäude, Seminarräume etc.) notwendig – die Exansion virtueller Bildung verschlimmert stattdessen die Situation. Der Text zum SB 520 wurde daraufhin mehrmals verändert. Die beiden einflussreichen Bildungsmanager Robert L. Powell und Bill Jacob kritisierten in einem offenen Brief, addressiert an die Mitglieder des akademischen Senats zu SB 520, dass „[…] clear self-interest of for profit corporations in promoting the privatization of public higher education through this legislation“ (Powell & Jacob, 2013) als eine fehlgeleitete Entwicklung. Das enge Zusammenspiel akademischer und for-profit-orientierter Prinzipien wurde in Anspielung an das Scheitern der privaten University of Phoenix als „University of Phoenixization of the U Cal system“ gebranntmarkt (Busch, 2013).
31 http://petitions.moveon.org/sign/uc-faculty-opposition
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Beide Vorhaben – die Kooperation zwischen Udacity und der SJSU sowie die Gesetzesinitiative SB 520 – scheiterten schließlich. Dabei hatte die MOOCEuphorie zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Kratzer erhalten. So wurde im Juli 2013 berichtet, dass ein von der Colorado State University über das hausinterne „Global Campus“ Portal angebotener MOOC kaum Nachfrage erzielte und dies trotz einer beachtlichen Einsparnis (89 US$ anstelle von regulär 1050 US$) und der Möglichkeit zum Erwerb von Kreditpunkten (Kolowich, 2013a). Dass der MOOC-Hype ein strukturelles Problem reartikuliert, nämlich die unreflektierte Adaption von Technologie in einer instrumentalistischen Spielart (Technologie als den Menschen bereitwillig zur Verfügung stehendes Instrument zur Optimierung gesellschaftlicher Funktionsbereiche), wird durch die Einschätzung von Greenstein (2013) deutlich: „Why are so many coming down with an acute case of innovation exhaustion? For the presidents and chancellors I’ve met with, their innovation exhaustion comes out in an obvious and growing frustration with MOOCs. For them, MOOCs are a perfect storm of hype, hyperbole, and hysteria – and yet many have plunged headlong into them without a real clear sense of why or how MOOCs can help more students succeed. And that is what I see as the primary problem with innovation in higher education. […] It seems to me, at least with respect to MOOCs, that we have skipped an important step. We’ve jumped right into the "chase" without much of a discussion about what problems they could help us to solve. We have skipped the big picture of where higher ed is going and where we want to be in 10 or 20 years“
Das Experiment von Udacity und der San Jose State University wurde von der „Research and Planning Group for California Community Colleges“ evaluiert. Der Bericht „SJSU+ AUGMENTED ONLINE LEARNING ENVIRONMENT PILOT PROJECT“ wurde im September 2013 veröffentlicht32 und wies ernüchternde und desillusionierende Ergebnisse aus (Collins, 2013). Studierende, die Kurse online über die Udacity-Plattform bearbeiteten, schnitten im Mittel deutlich schlechter ab als die an der SJSU eingeschriebenen Studierenden, wobei besonders die hohe Durchfallquote (88,9%) aus dem Mathematikkurs (Math 8) Beachtung fand (Rivard, 2013). Was in der Berichterstattung kaum Erwähnung
32 Laut Kolowich (2013b) spielte die California Faculty Association – eine der MOOC Entwicklung kritisch gegenüber stehende Organisation – bereits im Juli 2013 eine Präsentation der vorläufigen Evaluation an die Medienportale Inside Higher Ed und The Chronicle. Zuvor hatte Kanzlerin Junn die Ergebnisse gegenüber dem California State University Academic Council vorgestellt.
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fand, wird im Forschungsbericht klar ausgewiesen und lässt die Befunde in ein anderes Licht rücken: „The low pass rates in all courses should be considered in light of the fact that the project specifically targeted at-risk populations, including students who had failed Math 6L before Spring 2013 and groups demonstrated by other research to be less likely to succeed in an online environment. Previous studies […] have found that these students do less well in online than in face-to-face courses.“ (Collins, 2013)
Die Kanzlerin der San Jose State University Ellen Junn entschied nach zwei Testdurchgängen (Frühjahr und Sommer 2013), die Kooperation mit Udacity vorübergehend zu unterbrechen, um eine „Verschnaufpause“ – die Wortwahl „breather“ im Kommentar von Kolowich (2013b) führt den xMOOC-Diskurs auf der Ebene des Hypes weiter fort und reiht sich in die Reihe bedeutsamer Kollektivsymbole („Revolution“, „Tsunami“) nahtlos ein – einzulegen, um die Evaluationsergebnisse genauer zu studieren. Thrun zeigte sich über diese Entscheidung ähnlich überrascht wie zuvor über den enormen Zuspruch an MOOCs: „The No. 1 complaint we’re getting is that students need more time, they feel rushed. […] We never made the decision to stop the pilot entirely“ (Thrun zitiert in Kolowich, 2013b). Schließlich einigten sich beide Parteien darauf, die Ergebnisse detailliert zu analysieren und beantragten dafür Gelder bei der National Science Foundation. Warum die eigentlich nicht besonders negativen Resultate aus den Pilottests durchweg als Scheitern des Experiments interpretiert wurden, lässt sich mit der Vorgeschichte des MOOC „Circuits and Electronics“ erklären, den die SJSU zusammen mit der non-profit-Plattform edX im Herbst 2012 angeboten hatte. Dieser MOOC, so wird berichtet (Fowler, 2013), führte zu einer Steigerung der Bestehensquote von 55% auf 91% und weckte dementsprechend hohe Erwartungen seitens der SJSU, mit MOOCs im Bereich der Einsteiger- und Vorbereitungskurse ähnlich positive Ergebnisse zu erzielen. Tatsächlich wurde am 17. Dezember 2013 auf dem offiziellen SJSU Nachrichtenportal die Meldung veröffentlicht, dass Udacity und SJSU auch 2014 weiter zusammenarbeiten werden (Harris, 2013). Allerdings wurden einige, die ursprüngliche Partnerschaft signifikant verändernde Neuerungen, eingeführt, als eine Art Strategie des Gesichtwahrens (P. Hill, 2013). So bekam Udacity ab sofort kein Geld mehr für die Bereitstellung der Online-Kurse und durfte nur noch eine „offene Version“ anbieten. Eine Version mit Unterstüzung der Lehrenden und formaler Leistungsüberprüfung wurde auf dem SJSU eigenen LearningManagement-System angeboten. Damit schien der letzte Akt der SJSU-Udacity-
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Saga eingeläutet worden zu sein („Scaling Back in San Jose“ Straumsheim, 2013) – nicht jedoch im Drama „Aufstieg und Fall einer digitalen Bildungsrevolution“. Vielmehr wurde mit dem Scheitern der SJSU-Udacity-Kooperation die Peripetie als entscheidender Wendgepunkt der Handlung, d.h. des xMOOCsDiskurses eingeläutet. Medial aufbereitet wurde die Wendung durch ein Porträt des „xMOOC-Helden“ Sebastian Thrun, das ihn als „Godfather of Online Education“ bezeichnete und am 14. November 2013 online im Magazin „Fast Company“ unter der Rubrik „Tech Forecast“ erschien (Chafkin, 2013). Fast Company ist der Selbstbeschreibung zufolge „[…] the world’s leading progressive business media brand, with a unique editorial focus on innovation in technology, ethonomics (ethical economics), leadership, and design. Written for, by, and about the most progressive business leaders, Fast Company and FastCompany.com inspire readers and users to think beyond traditional boundaries, lead conversations, and create the future of business. Launched in November 1995 by Alan Webber and Bill Taylor, two former Harvard Business Review editors, Fast Company magazine was founded on a single premise: A global revolution was changing business, and business was changing the world. Discarding the old rules of business, Fast Company set out to chronicle how changing companies create and compete, to highlight new business practices, and to showcase the teams and individuals who are inventing the future and reinventing business.“ (Fast Company, 2015a)
Das Magazin erschien ursprünglich in gedruckter Form zehnmal pro Jahr, gewann nach kurzer Zeit bereits wichtige Preise wie den „National Magazine Award for General Excellence“ im Jahr 1999 (Fast Company, 2015b) und konnte sich rasch im Bereich Technologie und Innovation spezialisieren. Charakteristisch für die Berichterstattung ist die personalisierte Narration mit sog. „Human Interest Stories“. Dies ist eine Form der „Soft News“, die als publizistische Strategie verwendet, sich auf ein tendenziell weniger politisch interessiertes Publikum richtet (Jebril, de Vreese, van Dalen, & Albæk, 2013) und die über die letzten 30 Jahre relativ stabil in der Nachrichtenwelt blieb (Reinemann, Stanyer, Scherr, & Legnante, 2011). Bekannte Persönlichkeiten aus dem IT-/New Economy-Feld (Mark Zuckerberg, Jeff Bezos etc.) werden als Anker bzw. Aufmacher für die Präsentation neuer Themen vorgestellt. Ein wirksames Stilmittel der Human Interest Stories ist die stark emotionsgefärbte Darstellung von Problemen, die den Protagonisten/die Protagonisten zu Höchstleistung antreiben und die bei der Leserschaft Sympathie wecken soll. So wird Sebastian Thrun entsprechend biographisch aufbereitet und wie folgt porträtiert:
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„The youngest of three children in a lower-middle-class family in Hildesheim, a town of 100,000 just outside Hannover, Thrun was a geeky kid, spending much of his free time in libraries or in front of a NorthStar Horizon home computer, on which he tried to write software programs to solve puzzles and play solitaire. As a lonely undergraduate at an obscure provincial college, Thrun thrust himself into trying to understand people better, dabbling in psychology, economics, and medicine. Eventually, he found his way to what was at the time a relatively obscure field: artificial intelligence, or the study of making machines that make their own decisions.“ (Chafkin, 2013)
Fast Company veröffentlicht vor dem Artikel „Udacity’s Sebastian Thrun, Godfather Of Free Online Education, Changes Course“ 20 weitere Beiträge zum Thema MOOCs33, wovon 13 von Anya Kamenetz als „Contributing Writer“ verfasst wurden und kein einziger von Max Chafkin, der das Thrun Porträt schrieb (siehe dazu auch die von Fast Company bereitgestellte Liste seiner Artikel unter: http://www.fastcompany.com/user/max-chafkin [Stand Janar 2015]). Das ist insofern bemerkenswert, da Kamenetz als eine Hauptvertreterin der sog. „Edupunk34“-Bewegung gilt, nicht zuletzt durch ihre programmatische Schrift „DIY U: edupunks, edupreneurs, and the coming transformation of higher education“ (Kamenetz, 2010). Edupunks stehen kommodifizierter Online-Bildung im Allgemeinen sehr kritisch gegenüber (Lamb & Groom, 2010) und treten stattdessen für quelloffene Bildungstechnologien ein, so wie es von Kamenetz (2013) in ihrem Artikel „Where’s My Private, Free, Open-Source Personal Web?“ – ebenfalls bei Fast Company erschienen – deutlich gemacht wird: „Online education is one area where remixable, secure, private platforms are both important and are taking hold. As massively open online courses (also known as MOOCs)
33 Die Recherche erfolgt einerseits via Google mit den Suchbegriffen „Fast Company“ + MOOC im Zeitraum von 01.01.2008 bis 13.11.2013 sowie direkt mit der auf Fast Company angebotenen Suchmaske und dem Suchbegriff „MOOC“. 34 Edupunks können als pädagogisierte Verlängerung der Cyberpunk-Bewegung betrachtet werden, die sich als Subgenre der Science-Fiction-Literatur mit Grenzüberschreitungen von menschlicher Technologie und Natur beschäftigen. Genauer gesagt sind es „[…] Zukunftsrome […], die sich im weitesten Sinne mit Computern, kybernetischen Köperteilen, virtuellen Welten und angewandter Biotechnologie beschäftigen. Ebenso sind auch dystopische Zukunftswelten, amoralische Figuren und ein entfesselter Kapitalismus gerne Signalgeber, die dazu führen, dass ein Science-FictionWerk in der Vermarktung oder der Diskussion als Cyberpunkt eingestuft wird“ (Gözen, 2012, S. 9).
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get more popular, they’re starting to be hailed as the solution for cash-strapped public university systems. But there’s a high likelihood that the free offerings of venture-funded startups Coursera and Udacity will be subsidized somehow with the use of student data. Luckily, EdX, a nonprofit funded by MIT and Harvard’s endowments, offers a widely used MOOC platform that is open-source. They aim to become ,the Linux of education‘.“
Somit scheint die Beauftragung für den Artikel an Max Chafkin mit der politischen Entscheidung, die xMOOC-Entwicklung und Sebastian Thrun nicht aus der kritischen Perspektive der Open Education Bewegung analysieren zu lassen, verbunden35. Stattdessen enstand ein Artikel, der inhaltlich und gestalterisch das Ziel verfolgt, Thrun weiterhin als maßgeblich entscheidende Peson darzustellen. Das in der Kopfzeile zu sehende Porträt von Thrun verwendet eine Bildsprache, die ihn nicht nur als protypischen Vertreter des Technologie-Mekkas Silicon Valley – ein Mitvierziger, der sportliche und geistige Höchstleistungen vollbringt, sondern auch als Heldenfigur darstellt – fotografiert aus der Froschperspektive mit Gegenlicht und Gelbfilter (der an einen schwedischen Kinematographen aus den 1970er Jahren erinnert) auf einem Hügel in die Ferne blickend. Als eine Art Legende fungiert die rechts neben der Fotographie stehende Botschaft „Sebastian Thrun, the CEO of Udacity, finds that long bike rides help him think through the problems of being a first-time entrepreneur“. Auf unmissverständliche Weise wird damit der Starkult36 um Thrun fortgeschrieben. Mit der nach Matrix – als Illustration und Begründung von Thruns Entscheidung, die Lebenszeitverbeamtung an der Stanford University zugunsten der Gründung des Start-up Udacity aufzugeben – ebenfalls wirkungsmächtigen popkulturellen Referenz des Paten, der insbesondere durch die Verfilmung von Francis Ford Coppola aus dem Jahr 1972 als die Ikone des Mafiafilms gilt, wird die zu verkündende Botschaft auf denkbar dramatisierende Weise vorbereitet und eingeleitet. Es wird somit ein Narrativ konstruiert, das Thruns Entscheidung zur Kursänderung („pivot“) dramaturgisch in das Mafia-Epos einbettet. Der Eindruck könnte schockierender nicht sein: Der Pate des Online-Lernens, der bislang quasi prometheushaft der Menschheit das Feuer der kostenfreien digitali-
35 Max Chafkin hat nicht auf meine Anfrage für ein Interview zur Enstehungsgeschichte des Artikels reagiert. 36 So findet sich in den Reaktionen auf den Artikel auch der Verweis auf die Hagiographie als Darstellungsform von Heilligen (Usher, 2013). In einem anderen Kommentar wird Thruns Entscheidung, MOOCs nicht mehr für alle Interessierten offen anzubieten als „dropped another bombshell“ (Inside Higher ED, 2013) in einem ähnlich dramatisierenden Chargon beschrieben.
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sierten Bildung überbracht hat (was im Artikel mit Verweis auf seine bisherigen Leistungen aus dem Bereich digitaler Technologien wie die Entwicklung des „driverless car“ zusätzlich verstärkt wird), ändert seine strategische Ausrichtung, entdeckt ein neues Geschäftsfeld und bietet MOOCs nur noch für diejenigen an, die bereit sind dafür zu bezahlen. Weiterhin ist die Bildsprache religiös codiert: So wird Sebastian Thrun als eine Art Erlöser auf einem Hügel37 in gleißendem Sonnenlicht, in eine für den Betrachter nicht erkennbare Richtung blickend dargestellt, als ob er das gelobte Land bzw. Elysion, in dem es zur Auflösung (Disruption) gesellschaftlicher (Klassen-)Unterschiede und bildungsspolitischer Spannungen kommt, imaginiert. Jahrhundertealte bildungsphilosophische Utopien, die in Comenius’ berühmten Ausspruch „omnes omnia omnino“ (alle sollen alles auf möglichst umfassende Weise lernen) aus der Didactica Magna im 17. Jahrhundert kulminiert sind, scheinen damit wahrzuwerden – bevor diese sich als desillusionierendes Erwachen aus einem wundersamen Traum, als Zurückfallen in die Realiät, so als hätte man statt der roten tatsächlich die blaue „Matrix-Pille“ genommen, entpuppten. So verkündete Thrun im August 2013 folgendes: „The thing I’m insanely proud of right now is I think we’ve found the magic formula. […] Had you asked me three months ago, I wouldn’t have said that. I’m not at the point where everything is great. There are a lot of things to be improved, a lot of mistakes we’re making, but I see it coming together.“ (Thrun zitiert in Carr, 2013)
Inhaltlich war Thruns Aussage der „Magic Formula“ eine Reaktion auf die sehr geringen Abschlussquoten (oftmals weniger als 5%) in MOOCs, die in eklatantem Widerspruch zur Zielvorgabe „kostenfreie Bildung für alle“ stehen. Udacity veränderte daraufin den Fokus: „We changed the equation and put people on the ground“ (Thrun zitiert in Carr, 2013). Die Notwendigkeit zur Umkehr des Ziels „freie Bildung für alle“ in sein Gegenteil bedeutet hier „something far more pedestrian“, d.h. „more vocationalfocused learning“ und wird von Thrun als „the biggest shift in the history of the company“ bezeichnet. Medial verarbeitet wird die strategische Kursänderung von Udacity als „pivot“ (ein aus dem Altfranzösisch stammendes Wort, was als „Drehpunk“ übersetzt werden kann, so gibt es auch eine „Pivot-Funktion“, die erlaubt, Bildschirme um 90° zu drehen) und ein weiteres Beispiel für eine wir-
37 Die Bedeutung des Hügels (als emporgehobenem Geländeteil) für den Artikel wird auch durch die URL „http://www.fastcompany.com/3021473/udacity-sebastian-thrunuphill-climb“ deutlich (Hervorhebung durch den Autor).
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kungsmächtige Metapher, mit der die Wahrnehmung von der intitutiven Reaktion „Thrun ist mit MOOCs gescheitert“ – dafür würde auch Thruns eigene Einschätzung „We have a lousy product“ (Thrun zitiert in Chafkin, 2013) sprechen – hin zur Erkenntnis lenkt „Thrun hat erkannt, dass MOOCs nicht für alle Menschen gleichermaßen geeignet sind“. Wieder einmal zeigt sich hier, wie prägend Metaphern für das Denken und Handeln allgemein und den xMOOC-Diskurs im Besonderen sind (vgl. Lakoff & Johnson, 1998). Vehement gegen die PivotMetapher wehrte sich dann mit George Siemens der Hauptvertreter der in den Medien als „Konkurrenz-MOOC“ dargestellten cMOOCs, in einem emotionalen Blogpost: „The Udacity pivot, showcased […] as a good thing in the Fast Company article, is the equivalent of Obama doing an Affordable Care is Working media tour. Make no mistake – this is a failure of Udacity and Sebastian Thrun. This is not a failure of open education, learning at scale, online learning, or MOOCs. Thrun tied his fate too early to VC [Venture Capital, Risikokapital, Einfügung durch den Autor]funding. As a result, Udacity is now driven by revenue pursuits, not innovation. He promised us a bright future of open learning. He delivered to us something along the lines of a 1990′s corporate elearning program.“ (Siemens, 2013)
Als Ursache für die Richtungsänderung gilt dem Fast Company Artikel zufolge die hohen Abbrecherquoten im SJSU-Udacity-Experiment (siehe oben), die für Thrun schockierend waren vor dem Hintergrund seiner Anstrengungen: „I was looking at the data, and I decided I would make a really good class“, he [Sebastian Thrun] recalls. Statistics 101, taught by the master himself and recorded that summer, is interactive and full of accessible analogies. Most important, it is designed so that students who are not particularly adept at math or programming can make it through. Thrun told me that he tried to smile whenever he was recording a voice-over, so that even though he couldn’t be seen, his enthusiasm for the subject would be imputed to his online students. „From a pedagogical perspective, it was the best I could have done,“ he [Sebastian Thrun] says. „It was a good class.“ (Chafkin, 2013)
Somit schienen seine hochgesteckten Ziele wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen als klar wurde, dass: „These were students from difficult neighborhoods, without good access to computers, and with all kinds of challenges in their lives,“ he [Sebastian Thrun] says. „It’s a group for which this medium is not a good fit.“ (Ebenda)
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Das ist eine beachtliche rhethorische Meisterleistung, da hier genau diejenigen bildungsbedürftigen Studierenden ob ihrer Defizite kritisiert werden, für die Thrun und andere VertrerInnen der xMOOC-Revolution den größten Nutzen versprachen38. Auch distanzierte er sich von seiner stark kritisierten Prophezeihung – „In 50 years, there will be only 10 institutions in the world delivering higher education and Udacity has a shot at being one of them“ (Thrun zitiert in Watters, 2013) – und behauptet nun „We’re not doing anything as rich and powerful as what a traditional liberal-arts education would offer you“ (Thrun zitiert in Chafkin, 2013). Mit dieser nachträglichen Aufwertung der „Brick and Mortar Colleges“ fügt sich Thrun dem Gegendiskurs, der sich in Folge der Tsunami-Metapher als eine Art Verteidigungslinie bzw. Schutzwall gebildet hat und an der Dekonstruktion verschiedener Mythen arbeitet – (1) MOOCs erhöhen den Zugang zu universitärer Bildung (besonders) in Entwicklungsländern, (2) MOOCs stehen für eine neue, moderne Pädagogik, (3) mit Big-Data-Methoden lässt sich in MOOCs das Lernen und Lehren verbessern und (4) MOOCs personalisieren das Lernen, so dass jede/r das Beste für sich bekommt (Bates, 2012). Gleichzeitig gestaltet Thrun den Diskurs weiter aktiv mit, dadurch dass er über die Universität sagt „The medium will change“ (Thrun zitiert in Chafkin, 2013) und durch das nahezu unverändert mantrahafte Rezeptionsverhalten, d.h. Thruns Botschaften werden ungeachtet des tatsächlichen Wahrheitsgehalts und der prognostischen Qualität als etwas ungeheuer Gewichtiges und Prägendes verarbeitet. „Thrun’s taken the red pill. There’s no going back.“ (Chafkin, 2013) – so lauten dann bezeichnenderweise die beiden letzten Sätze im Fast-Company-Artikel. Insgesamt ist das Thrunsche Porträt und die rekonstruierte xMOOCEntwicklung ein höchst illustratives Spiegelbild bzw. Mikrokosmos des gesamten xMOOC-Diskurses. Unmissverständlich macht der Artikel klar, dass ohne Sebastian Thrun die digitale Bildungswelt um einiges ärmer wäre. Es hätte keinen initialen Auftakt- und Gründungsmytos „160.000 Menschen aus 190 Ländern schreiben sich in Thruns AI-Kurs ein“ gegeben, was auch dadurch verstärkt wird, dass Chafkin (2013) den fast zeitgleich stattfindenden Start der MOOCPlattform Coursera sowie deren Gründer Daphne Koller und Andrew Ng nicht namentlich erwähnt, sondern nur als „competeting service“ bzw. „two fellow
38 Hier zeigt sich auch (wieder einmal) wie sehr der xMOOC-Hype-Diskurs Thrun zugesetzt hatte, denn es gab an verschiedenen Stellen Kritik, wie die Ergebnisse der SJSU-Udacity Pilotstudie interpretiert wurden, so z.B. von der California Faculty Association (o.J.). Die methodischen Schwächen waren offensichtlich für Thruns Einschätzung und den darauf gegründeten Entschluss, MOOCs nur noch für (zahlungs-) willlige Menschen anzubieten, bedeutungslos.
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Stanford faculty members“ bezeichnet und das obwohl Coursera deutlich mehr Venture Capital in der ersten Runde einnahm – 16 Millionen US$ im Vergleich zu 5 Millionen US$ (Markoff, 2012). Auch dass Coursera als Web-Plattform ohne eigene Inhalte wesentlich breiter aufgestellt war und ist und nicht nur die klassischen Selbstlernthemen Programmieren und Künstliche Intelligenz anbot, blieb unberücksichtigt. Die schmale Themenauswahl von Udacity stand damit nicht in Widerspruch zum missionarischen Narrativ „kostenfreie Bildung für alle“. Vielmehr zeigt sich ein stark instrumentalistisches Bildungsverständnis, das vor dem Hintergrund eines weltweit gestiegenen Bedarfs an qualitativ hochwertigen Inhalten in MOOCs eine herausragende Startchance für eine „goldene Zukunft“ sieht. Damit grenzen sich xMOOCs deutlich ab von alternativen Traditionslinien, die mit Open Education eine Renaissance des Neuhumanismus verbinden und in das digitale Zeitalter überführen. Der Artikel ist zudem Kulminationspunkt eines Hypes, der systematisch aufgebaut wurde durch ein urknallhaftes Ereignis – „Suddenly, something that had been unthinkable — that the Internet might put a free, Ivy League–caliber education within reach of the world’s poor — seems tantalizingly close“ (Chafkin, 2013) zu einem unerwarteten Höhe- bzw. Wendepunkt („lousy product“) führt. Die Nachwirkungen des gescheiterten Udacity-SJSU-Experiments, d.h. der deutlich hervortretende Matthäus-Effekt sind bis heute spürbar (Konnikova, 2014). Die im Anschluss an den „pivot“ verlaufende mediale Berichterstattung ist deutlich abgekühlter. Es zeichnet sich eine Konsolidierung bei gleichzeitiger Weiterentwicklung ab. So wird seit einiger Zeit diskutiert, wie sinnvoll die vier Buchstaben sind, insbesondere das M. So plädierte jüngst Kim (2015) für DOCS – Digital Open Courses at Scale – als Versuch, die mit MOOCs verbundenen Potentiale der Sychnronisierung von Inhalten und Personen flexibler und nicht als kaum zu überwindende Hürde zu nutzen. Von grundsätzlicher Art sind dann Beiträge, die sich für einen ausgewogenere Betrachtung stark machen: „MOOCs Aren’t Revolutionizing College, but They’re Not a Failure“ (Pope, 2014), „In education innovation, MOOCS are only the beginning“ (Wadhwa, 2013), „Don’t dismiss MOOCs – we are just starting to understand their true value“ (N. Morris, 2014) oder „Invasion of the MOOCs: Is higher ed’s most disruptive force simply a fad?“ (Riddell, 2014). Sogar die New York Times, die mit Titeln wie „Campus Tsunami“ (Brooks, 2012) maßgeblichen Einfluss an der medialen Konstruktion des MOOC-Hypes hatte (siehe dazu Deimann, 2015b), fordert mittlerweile „Demystifying the MOOC“ (Selingo, 2014). Im deutschsprachigen Raum ist Debatte dagegen noch aufgeregtoptimistisch. So geht beispielsweise die Wochenzeitung ZEIT davon aus, dass „Unis […] nicht ins analoge Zeitalter zurück“ können (Stampfl, 2014). Der Fort-
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schritt kreist um MOOCs, die ein wirksames Mittel wären, den Hochschulen Freiheit zurückgeben und neue Gestaltungsmöglichen schaffen. Ähnlich sieht es Becker (2014), der auf Telepolis schreibt: „Immer mehr Menschen nutzen "Massive Open Online Courses" (MOOCs). Interessante Bildungsangebote umsonst, das ist eine feine Sache! Aber dabei wird es nicht bleiben. Die technisch avancierte Internetlehre wird die Hochschulbildung insgesamt verändern. Durch Automatisierung, Offshoring und Crowdsourcing ermöglichen MOOCs eine umfassende Rationalisierung, die unsere Vorstellung davon, was akademische Bildung eigentlich bedeutet, gründlich umkrempeln wird.“
In der Studie „Hochschul-Bildungs-Report 2020“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft und des Beratungsunternehmens McKinsey heißt es: „Das Phänomen der massive open online courses (MOOCs) setzt seit 2011 weltweit neue Maßstäbe für digitales Lernen in der akademischen Aus- und Weiterbildung“ (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, 2014, S. 49) – und das nach der immer lauter werdenden Kritik in den USA. Wie sehr MOOCs Teil einer politischen Agenda geworden sind, die wenig beeindruckt von kritischen Berichten Thesen über die unaufhaltsame Digitalisierung der Hochschulen verbreiten, zeigt sich am Beispiel des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE). Als eine Art rhetorische Aussage wird zunächst nur das wiederholt, was ohnehin schon bekannt ist – „MOOCs sind zwar momentan oft kaum mehr als eine digitale Kopie der traditionellen Lehr- und Unterrichtsformen […]“ (Bischof & Stuckrad, 2013, S. 3) – um dann überzuleiten zur eigentlichen Botschaft „[…] sie beflügeln aber die Phantasie von Hochschulmanagern, Professoren, Studierenden, digitalen Gasthörern und Politikern gleichermaßen. Eine Mischung aus Neugier und Hoffnung lässt Menschen aller Altersgruppen und Nationalitäten neue Lernmethoden und -medien ausprobieren – und löst eine ganz neue Digitalisierungsdynamik an den Hochschulen aus.“ (Ebenda) Diese Behauptung gründet sich auf keinerlei empirische Evidenz, sondern supponiert einen linearen Geschichtsverlauf, der charakteristisch für das Fortschrittsdenken in der Moderne ist. Ein solcher Historizismus – der Glaube, die Logik der Geschichte entschlüsseln zu können und damit deren Verlauf vorhersagen zu können – ist nach Popper (1965) ein Irrglaube, da wissenschaftlicher Fortschritt auf Versuch und Irrtum basiert. Es kommt somit wieder zu Weggabelungen und Verzweigungen mit offenem Ausgang. Dagegen ist das von Rolf Schulmeister (2013b) herausgegebene Buch „MOOCs – Massive Open Online Courses: Offene Bildung oder Geschäftsmodell?“ eine in zweifacher Hinsicht bemerkenswerte Ausnahme. Einerseits wird
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mit dem Band die bislang einzige umfassende und systematische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der MOOCs vorgelegt, andererseits ist sein Duktus größtenteils kritisch-bilanzierend, insbesondere im Kapitel „Der Beginn und das Ende von OPEN Chronologie der MOOC-Entwicklung“ (Schulmeister, 2013a), und steht damit im Gegensatz zur vorherrschenden euphorisch konnotierten Berichterstattung. An dieser Stelle soll die Darstellung der jüngsten (x)MOOC-Entwicklung mit einer kurzen Zusammenfassung enden. Abschließend für den gegenstandstheoretischen Teil der Analyse von Open Education wird im nachfolgenden Kapitel die Frage diskutiert, inwieweit eine Definition von Open Education überhaupt möglich ist. Aus bildungswissenschaflticher Sicht gerade zu paradox erscheint der Verlauf der jüngeren xMOOC-Debatte, da sich hier eine Art „Ewige Wiederkunft des Gleichen“ (Nietzsche) vollzieht. Denn ungeachtet der in zahlreichen Evaluationsberichten gut dokumentierten Erfahrungen zu computer-gestützem Lernen bzw. E-Learning (siehe dazu z.B. Pauschin, 2009), agieren AkteureInnen aus Politik, Wirtschaft und dem Bildungssystem so, also ob es diese Entwicklungen nicht gegeben hätte. Das betrifft beispielsweise den aktuellen Trend von großen MOOC-Plattformen, parallel zum (kosten-)freien Kurs, eine zahlungspflichtige Version mit der Möglichkeit, damit ein Zertifikat zu erwerben, anzubieten. Udacity machte hier mit dem „nano-degree“ den Anfang (Roth, 2014), Coursera zog dann mit der „Course Specialization“ nach (Young, 2015). Bereits nach dem Ende der ersten E-Learning-Euphorie Anfang der 2000er Jahre wurde Zertifizierung als ein Trend zur Reaktion auf den Schrumpfungsprozess ausgerufen (Messerschmidt & Grebe, 2005). Was Messerschmidt und Grebe für das Jahr 2005 konstatierten, gilt somit heute immer noch: „Bis heute fehlt ein historischsystematischer Überblick darüber, wie sich die computerbasierten Informationsund Bildungstechnologien seit ihren Anfängen bis zur Gegenwart entwickelten und welches Ausprägungsspektrum sie dabei zeitigen, welche Formen sich durchsetzten, welche wieder aufgegeben wurden und welche heute die Praxis bestimmen.“ (Ebenda) Ein zweites zentrales Charakteristikum ist das affektive bis hysterische Rezeptionsverhalten, das hier exemplarisch anhand des Diskurses „Aufstieg und Fall einer digitalen und symbolischen Bildungsrevolution – Ein Drama in fünf Akten“ aufgefächert wurde. Dabei wurde deutlich, wie xMOOCs einerseits in einer symbolisch aufgeladenen Befreiungsrethorik – insbesondere im Zusammenhang mit dem Argument der Demokratisierung von Bildung immer wieder artikuliert (Borgwardt, 2014) – gerahmt wurden, es andererseits aber zu einer selbstauferlegten Beschränkung hinsichtlich der didaktischen Möglichkeiten
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kam. Denn die sich herauskristallisierende, emergierende Form des videobasierten Massenkurses im Internet ist keineswegs selbstverständlich, sondern lediglich ein möglicher Kulminationspunkt aktueller Entwicklungen im Bereich digitaler Technologien und sozialer Praktiken. Zwar gab es globale bildungstechnologische und mediendidaktische Konzepte bereits zu früheren Zeiten, wie das Computer- bzw. Web-based-Training, doch waren diese aufgrund technologischer Beschränkungen statisch, d.h. ohne die Möglichkeit der Skalierung und weltweiter Vernetzung, angelegt. MOOCs dagegen laden zum Experimentieren ein und mit Small Open Online Courses (smOOCs), Blended MOOCs und weiteren Hybridformen (Yousef, Chatti, Wosnitza, & Schroeder, 2015) gibt es mittlerweile etliche Spielarten, doch im Allgemeinen dominiert die „klassische“, auf Coursera und anderen Plattformen praktizierte xMOOC-Variante den bildungspolitischen Diskurs. Wie im Positionspapier der Hochschulrektorenkonferenz zu „MOOCs im Kontex digitaler Lehre“ argumentiert, geht der Weg in die umgekehrte Richtung. Dort heißt es: „In spezifischen Konstellationen können MOOCs Mehrwerte erzeugen. Dazu gehören Möglichkeiten in den Bereichen Hochschulmarketing, Übergangsangebote, standardisierte Massenveranstaltungen, kleine Fächer, „blended“ Formate, seminarähnliche und interdisziplinäre Angebote sowie bestimmte Felder der Weiterbildung und übergreifende Kooperationen. Die Potenziale ergeben sich u.a. aus der Reichweite und kollaborativen Formaten. Sie können jedoch nur realisiert werden, wenn sie durch intensive Betreuung flankiert werden.“ (Hochschulrektorenkonferenz, 2014b)
MOOCs werden somit zum gemeinsamen Fluchtpunkt einer breiten Palette hochschuldidaktischer Maßnahmen gemacht, was einer Standardisierung, wie sie etwa im Modell des Fernstudiums als industrialisierte Form des Lernens von Otto Peters (1965) entwickelt wurde, gleichkommt und nicht als Ausgangspunkt für die Entwicklung innovativer Konzepte verstanden werden kann. Geradezu erstaunlich ist die ambivalente Haltung der Hochschulen, die in MOOCs einerseits ein wirksames Mittel zur Demokratisierung der Bildung sehen (siehe dazu die Berichte Barber, Donnelly, & Rizvi, 2013; Hochschulrektorenkonferenz, 2014a; Mapstone, Buitendijk, & Wiberg, 2014), andererseits aber fortwährend kritische Berichte zur geringen Effektivität und alarmierend hohen Abbrecherraten zu ignorieren scheinen (Deimann, 2014d). Wohingegen die zwar zeitlich früher einsetzenden cMOOCs medial mittlerweile kaum noch Aufmerksamkeit finden und es daher auch nur vereinzelt zu ernsthaften akademischen Auseinandersetzungen kommt (siehe z.B. das aktuelle Literatur-Review von ChiappeLaverde, Hine, & Martínez-Silva, 2015).
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Auf der anderen Seite ist denkbar, dass es zu einer Phase der Konsolidierung kommt, nachdem das aktuelle „Tal der Enttäuschungen“ durchschritten ist, was gleichbedeutend mit einem „Plateau der Produktivität“39 ist.
2.4 DIE QUADRATUR DES KREISES: IST EINE BEGRIFFSBESTIMMUNG VON OPEN EDUCATION ÜBERHAUPT MÖGLICH? Open Education – so machte die historische Rekonstruktion von der offenen Reformschulbewegung über die Open Educational Resources bis zu den Massenkursen im Internet deutlich – ist ein nicht-natürlicher Gegenstand, d.h. wird durch bestimmte politische, soziale und insbesondere technologische Entwicklungen konstruiert. Daher variieren auch die Definitionen beträchtlich. Ein gemeinsames Verständnis, das über die Epochen hinweg ein kulturelles Gedächtnis bzw. Archiv entwickelte, ist nicht vorhanden (Hug, 2014; Peter & Deimann, 2013). Openness – so könnte geschlussfolgert werden – ist damit (noch) nicht zur kulturellen Leitkategorie bzw. episteme (Foucault, 1974) der Wissensgesellschaft geworden. Aus gegenstandstheoretischer Perspektive kann festgehalten werden, dass es in der OER-Bewegung bislang keine ernsthaften und systematischen Ansätze, die relevanten Openness-Komponenten Zugang, Lizenz, Format und Software theoretisch herzuleiten, gibt. Stattdessen bewegen sich die Begründungen auf einer allgemeinen humanistischen Ebene: „At the heart of the movement toward Open Educational Resources is the simple and powerful idea that the world’s knowledge is a public good and that technology in general and the World Wide Web in particular provide an extraordinary opportunity for everyone to share, use, and reuse knowledge. OER are the parts of that knowledge that comprise the fundamental components of education — content and tools for teaching, learning, and research“ (Atkins u. a., 2007, S. 5).
Eine differenzierte Aufschlüsselung der „simple and powerful idea“ ist ein Desiderat für die Forschung. Es bleibt in diesem Zusammenhang auch fragwürdig, warum OER nicht stärker mit der Open Access Bewegung kooperiert, da beide
39 Idealtypische Phasen bei der Einführung innovativer Technologien, ursprünglich von Fenn (1995) entwickelt, heute ein gängiges Modell zur Bewertung neuer Technologien.
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von einem gemeinsamen Ziel – freier Zugang zu Informationen – ausgehen. Ohne Open Access ist keine Open Education im Sinne offener digitaler Bildungsprozesse denkbar. Die integrierte Open-Perspektive (Zugang zu Informationen und daraus entstehende Bildungsprozesse) wäre eine Schnittstelle zu bildungstheoretischen Konzepten, die Medien bzw. Medialiät als fundamentale Bedingung von Bildung thematisieren (Marotzki & Jörissen, 2010). Ein stärker bildungstheoretisch abgesichertes Verständnis von Open Education erscheint vor dem Hintergrund der aktuellen medialen und bildungspolitischen Aufmerksamkeit von digitaler Bildung – zu nennen sind hier beispielsweise der Beschluss der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung und der Arbeitsgruppe Digitale Agenda40, das BMBF-Förderprogramm Digitale Medien in der Bildung41 oder die vom größten Fernsehgeräte- und Handy-Hersteller der Welt Samsung geförderte Initiative Digitale Bildung neu denken42 – wichtig. Die Bildungswissenschaft betrifft das in doppelter Weise: Zunächst ist eine stärkere Rezeption der Open-Education-Praktiken für eine zeitgemäße Theoriebildung offener digitaler Bildung notwendig und zum anderen ist sie aufgefordert, sich kritischer als bisher in bildungspolitische Debatten, z.B. zum Leitbild des Lebens und Lernens in der digitalen Gesellschaft, einzumischen. Die bildungstheoretische Beschäftigung mit Open Education könnte von der relativ präzisen Definition von OER profitieren, denn mit einer klaren, auf juristischen Grundlagen aufbauenden und technologische Entwicklungen katalysierenden Definition konnte ein „geordneter Diskurs“ initiiert werden. Ein Abgesang auf OER ist damit keine in mittelbarer Zukunft anzunehmende „inhärente Konsequenz“, wie es von Lenzen (1976) als „Leidensweg einer Fiktion“ beschrieben wurde. Auf der anderen Seite kann eine kritische Diskussion des der OER-Bewegung zugrundeliegenden Missionierungsnarrativ zu einer aufgeklärteren Haltung führen. Im Anschluss an die bildungstheoretische Figur des Humanismus kann Open Education für eine Weiterentwicklung im Sinne eines „digitalen Humanismus“ verwendet werden. Die jüngere Open-Education-Bewegung (OER, MOOC) ist insgesamt zu untertheoretisiert, da sie es bislang nicht geschafft hat, pädagogisch legitimierbare Ziele (z.B. Überwindung des lehrerzentrierten Unterrichts) bildungstheoretisch zu rahmen. Ein solches Projekt wäre wichtig, um die inhärenten Spannungen von OER, die bislang kaum explizit gemacht wurden, zu thematisieren: OER steht nämlich einerseits in einer humanistischen Bildungstradition, die geprägt
40 http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/web_01_2014_digitale_bildung.pdf 41 http://www.bmbf.de/de/16684.php 42 http://www.i-dbnd.de/
Gegenstandsbestimmung: Was ist Open Education?
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ist von der Idee der Freiheit – OER als liberal lizenzierte Bildungsressourcen, die es jedem Menschen auf der Welt gestatten, damit gemäß individueller Wünsche und Bedürfnisse umzugehen –, anderseits wird diese Freiheit beschränkt dadurch, dass OER durch ökonomische Imperative instrumentalisiert und korrumpiert werden. Die einhellige Begeisterung, mit der auf die Öffnung von Bildung reagiert wird, verstellt den Blick auf die soziopolitischen Hintergründe: „Indeed, much of the educational debate can be critizied for positioning ,open‘ principles as a benign, ,natural‘ force for good and, therefore, failing to account for embedded structures and processes of power, authority and governance. If such issues are not considered fully, then it could be well be that open products and pratices work in ways that actually restrict the more equitable and empowering development of technology use of education.“ (Selwyn, 2014, S. 65)
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Grundlagentheoretischer Zugang: Open Education als Bildung
Die drei signifikanten Manifestationen von Open Education als pädagogische Befreiungsbewegung, Open Educational Resources und Massive Open Online Courses werden in diesem Kapitel grundlagentheoretisch gerahmt vor dem Hintergrund klassischer und zeitgenössischer Bildungsfiguren. Dieses explorative Vorgehen begründet sich durch die bislang stark untertheoretisierten Arbeiten zu Open Education, sowie durch die fehlende Rezeption seitens der Bildungstheorie und -philosophie. Insofern versteht sich die hier vorgestellte Rahmung als Vorschlag der Verwendung traditioneller theoretischer Bezugsgrößen, die in weiteren Studien zu ergänzen und auszuweiten sind.
3.1 DISKUSSION ZENTRALER BILDUNGSTHEORETISCHER FIGUREN 3.1.1 Vorbemerkung Die in den folgenden Abschnitten zu entfaltende bildungstheoretische Rahmung von Open Education geht von der „Unhintergehbarkeit des Bildungsbegriffs“ (Stroß, 2010, S. 244) aus, d.h. unabhängig von politischen und philosophischen Strömungen gilt Bildung als „[…] bestimmt unbestimmte Rede“ (Ehrenspeck, 2010, S. 157) und „[…] einer der Kernbegriffe der Disziplin, dessen kontinuierlicher Gebrauch auch von den ständigen Neuerungen der theoretischen und methodologischen Selbstbeschreibungen in der Kommunikation der Disziplin nicht tangiert wurde“ (Ehrenspeck, 2010, S. 156). Bildung ist, so macht Lenzen (2000) in seiner Begriffsanalyse deutlich, „[…] kein wissenschaftlicher Terminus, sondern ein Begriff der natürlichen Sprache“ (S. 79). Gleichwohl gab und
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gibt es vielfältige Versuche, Bildung als Begriff theoretisch zu bearbeiten, wozu besonders Lenzen (2004; 1997) und Tenorhorn (1997, 2000) wichtige Beiträge geleistet haben. Mit Hilfe dieser Arbeiten lassen sich folgende Verwendungsweisen des Bildungsbegriffs unterscheiden: Der Gegenstand von Bildung, beschrieben als Auseinandersetzung des (werdenden) Subjekts mit der Welt (objekttheoretische Verwendungsweise; grundlegende Denkfigur der klassischen Bildungstheorie), wobei auf ein „gleichberechtigtes“ Verhältnis zwischen Person und Welt zu achten ist, d.h. neben dem Blick auf das Subjekt und das damit verbundene Menschenbild sollte auch die Welt bzw. „[…] die Funktionalität einer aktuellen oder vergangenen Lebenswelt oder die Relation von Individuum, Kultur und Gesellschaft“ (Tenorth, 2000, S. 90) berücksichtigt werden. In diesem Sinne wird in der vorliegenden Arbeit die Open Education Bewegung als eine digitale Kultur verstanden, die mit Bildung als „Leitkategorie“ (ebenda) im Hinblick auf die theoretischen und praktischen Implikationen analysiert wird. Das theoretische Sprechen über Bildung (die metatheoretische Thematisierungsweise) mit dem Ziel, den Bildungsbegriff kategorial zu definieren und seinen wissenschaftstheoretischen Status (kritisch oder normativ) auszulegen. Bildung wird so als Grundbegriff einer Disziplin bzw. als „disziplinübergreifende Kategorie der Humanwissenschaft“ (Tenorth, 2000, S. 91) verstanden und verwendet. Die tradierte Klassikerpflege als exegetische Verwendungsweise kümmert sich um die Wahrung eines prä-existenden Besitzstandes, d.h. das, was Bildung ist, lässt sich nur durch die Bearbeitung der (klassischen) Texte entdecken, als herauspräperien einer bereits eingeschriebenen Wahrheit. Der Text fungiert damit als „heiliger Text“, der nicht durch Prüfung an der Wirklichkeit verändert wird, sondern als in sich geschlossene Einheit besteht, die wiederum außerhalb der Kritik steht. In diesem Sinne „funktioniert“ auch die klassische Argumentationsfigur der Bildung bei Humboldt: Das Individuum wird durch Bildung zu einem selbstbestimmten, autonomen Subjekt, wobei dieser Prozess – idealisiert dargestellt – außerhalb der Gesellschaft stattfindet. Diese Kurzsichtigkeit bzw. Einseitigkeit wurde im Zuge der Rezeption postmoderner Philosophie von verschiedenen Autoren kritisiert (z.B. Biesta, 2002; Masschelein & Ricken, 2003) und ist Gegenstand einer fortwährenden Debatte in der Erziehungswissenschaft. Die historisch-funktionale Analyse reflektiert aus kritischer Distanz die verschiedenen Verwendungsweisen des Bildungsbegriffs und beschreibt, wie er in sozialen, textuellen und institutionellen Kontexten wirkt. Im Unterschied zur wissenschaftstheoretischen Verwendungsweise geht es hier vielmehr um die Art, wie Bildung als Deutungsmuster oder Idee fungiert (s. 92). Anders ausgedrückt
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könnte man auch sagen, dass es hier um die „diskursiven Effekte“ von Bildung geht, also um die Frage, inwieweit Bildung einen bestimmten Diskurs begründet, d.h. „[…] Praktiken […], die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen“ (Foucault, 1973, S. 74). Diesen Deutungsarten folgen unterschiedliche, nicht aufeinander rückführbare Gesetzlichkeiten. Vor diesem Hintergrund ist die kontinuierliche Reflexion über Bildung verbunden mit der Hoffnung, „[…] den historischen Prozess insgesamt nicht mehr wie bisher nur als unbegriffenes Schicksal erleiden zu müssen, sondern ihn verstehen und selbstbestimmt gestalten und dazu die notwendigen Fähigkeiten erwerben zu können“ (Peukert, 2000, S. 507). Im Bildungsbegriff eingeschrieben ist dabei das historisch wechselhafte Verhältnis von Philosophie und gesellschaftlicher Praxis als ein jeweils bestimmendes Weltverständnis bzw. Verständnis menschlicher Natur oder Subjektivität (Stegemann, 1983). Somit kann sich die Erziehungswissenschaft bei ihrem Begriff der Bildung nicht mit einer historischen Rekonstruktion begnügen (Stroß, 2010), sondern hat vielmehr „[…] die Aufgabe […], diesen Begriff neu zu bestimmen, und zwar aus einer interdisziplinär betriebenen Analyse der geschichtlich-gesellschaftlichen Situation, ihrer bestimmenden inneren Tendenzen und der Lage der einzelnen zu ihr“ (Peukert, 2000, S. 509, kursiv im Original) Dazu wurde in der Erziehungswissenschaft ein eigenes Teilgebiet (geisteswissenschaftliche Pädagogik) geschaffen, das den Bildungsbegriff zum zentralen Stützpfeiler ihres wissenschaftlichen Selbstverständnisses machte (Horlacher, 2011). Die theoretischen Arbeiten verfolgen einen philosophischen Zugang zu Problemen der Subjektkonstitution, der insbesondere die „[…] (Re-)Konstruktion des Bildungsbegriffs zum Ziel hat und normative Aspekte einschließt“ (Koller, 2009, S. 34). Für Benner (2010, S. 150) bringt dabei die Theorie der Bildung „[…] die Aufgaben und Zwecke pädagogischen Handelns nicht hervor, sondern analysiert individuell und gesellschaftlich vorgegebene Zweckbestimmungen“. In der aktuellen Diskussion ist eine Abkehr von philosophischer Begriffsarbeit erkennbar und so wird „[…] Bildung, diskursanalytisch ausgedrückt, im allfälligen Diskutieren und Reformieren, Kritisieren und Konzeptionieren nur mehr als ,Container-Begriff‘ verwendet“ (Drieschner & Gaus, 2010, S. 10). Für Thompson (2009) zeigt sich hier eine uneindeutige Positionierung von Bildung, einerseits als „Problemtitel“ bzw. als „[…] Herausforderung der empathischen menschlichen Autonomieansprüche“ (S. 9), anderseits als „[…] Infragestellung von ,Bildung‘ [ausgelöst durch postmoderne Philosophie], zu der sich Erziehungswissenschaft verhalten muss“ (ebenda, Einfügung durch den Autor). „Bildung“ – von Tenorth (1997, 2011) in Anführungszeichen gesetzt – ist ein „Thema im Dissens der Disziplinen“, ein „deutscher Mythos“ sowie ein „viel genutz-
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ter zeitdiagnostischer Kritikbegriff“ (2011, S. 352) oder, mit Gruschka (2001) gesprochen, „unvermeidbar und überholt ohnmächtig und rettend“. Insofern versteht sich die nachfolgende Diskussion als bildungstheoretische Antworten auf Pluralisierungs- und Modernisierungsprozesse und den Versuch, die pädagogischen Debatten um Open Education philosophisch auszuleuchten (vgl. Drieschner & Gaus, 2010), im Hinblick auf den inneren Kern („humanistisches Bildungsideal“), die Transformation von Bildungsprozessen sowie die gesellschaftstheoretischen Implikationen der Postmoderne. 3.1.2 Die These der Verwandten Seelen: Open Education als humanistisches Bildungsideal Müsset im Naturbetrachten Immer eins wie alles achten. Nichts ist drinnen, nichts ist draußen; Denn was innen, das ist außen. So ergreifet ohne Säumnis Heilig öffentlich Geheimnis! Freuet euch des wahren Scheins, Euch des ernsten Spieles! Kein Lebend’ges ist ein Eins, Immer ist’s ein Vieles. Johann Wolfgang von Goethe // Epirhema (1827) Denn das, was innen war, ist jetzt außen, ausgesetzt, und das, was außen war, unser Leib, befindet sich innerhalb einer weltumspannenden Computervernetzung, des Cyberspace. (S. 135) Rafael Capurro // Ethik im Netz (2003)
Die These der verwandten Seelen wurde im Aufsatz Open Education and Bildung as kindred spirits (Deimann, 2013b) eingeführt und wird hier als diskursive Brücke, d.h. als Versuch, zwei bislang unverbunden nebeneinander verlaufende Diskurse (Open Education und Bildungstheorie) miteinander ins Gespräch zu bringen, weiter entwickelt. Sie geht im Kern von einer strukturellen Äquivalenz von Bildungstheorie und Open Education aus, die als komplementäres Verhältnis beschrieben werden kann: „To take this one step further, one could say that Bildung could be seen as being supported by OER to achieve its goals of characteristics such as self-determination, maturity, and autonomy. One could also say that OER can offer much support for the positive social and personal vision of Bildung. And as a result of individual (and also collective) progress to-
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ward these goals, existing resources could be developed and refined, and new resources created – in a relationship of reciprocal interaction and benefit that might even be reminiscent of idealist notions of dialectical development. This process could also be seen as a realization of Humboldt’s metaphor of strengthening all our inner powers into one force which then requires that the individual engages with a broad spectrum of topics to gain an in-depth picture of the world.“ (Deimann, 2013b, S. 193)
Damit wird einerseits die durch Humboldt bekannt gemachte Wechselwirkungsmetapher Ich-Welt wieder aufgegriffen und gleichzeitig auf der nichtidealistischen Ebene erweitert und konkretisiert. Der bisherige Bildungsdiskurs verlief, so wie auch im vorangegangenen Abschnitt kursorisch gezeigt, selbstreferentiell auf einer abstrakt philosophischen Ebene, die sich an bestimmten, übergeordneten Fragestellungen (z.B. zum Menschenbild) abarbeiteten. Bildungsideale wurden als Vervollkommnung des Menschen in der Bearbeitung der Welt, insbesondere in Form von klassischen (kanonisierten), kulturellen Artefakten (Literatur, Musik, Theater) auf sich selbst, d.h. auf den Bildungsprozess bezogen. Der Mensch bildet sich in der Auseinandersetzung mit der Welt als zunächst inwärts gerichtete Bewegung (Welt → Ich), indem er kulturelle Güter rezipiert und reflektiert (Ich → Ich). Die daraus entstandenen Erkenntnisse werden dann in einer auswärts gerichteten Bewegung wieder zurück in die Welt gespeist (Ich → Welt), als das, was Humboldt mit „Spuren des lebendigen Wirkens, die wir zurücklassen“ beschrieb, um damit einen Beitrag zur Verbesserung des Menschengeschlechts zu leisten. Mit der Open-Education-Bewegung erfährt die Auswärtsbewegung insofern einen neuen Höhepunkt, da die Erstellung und Verbreitung (digitaler) kultureller Artefakte in den Stand eines universalistischen Imperativs, der die abstrakt idealistische Vision des Humanismus reartikuliert, gehoben werden. Im Unterschied dazu verstand die bisherige bildungstheoretische Lesart Kultur meist als Klassikerpflege, wobei aber nur ganz bestimmte kulturelle Güter als gesellschaftlich relevant und damit als vermittlungswert gelten (z.B. durch die Festlegung eines Kanons klassischer Werke für den schulischen Unterricht). Die primäre Aneignungsform ist passiv-rezeptiv (durch die Lektüre klassischer Literatur), der Rückfluss der dabei gewonnen Einsichten spielt keine Rolle, wenn man von genuin pädagogischen Verwertungsprozessen wie Prüfungen zur individuellen Leistungsfeststellung absieht. Die Antworten auf Prüfungsfragen dienen dabei mehr der Aufrechterhaltung eines sich selbstproduzierenden sozialen Systems Luhmannscher Prägung (vgl. Luhmann & Schorr, 1988). Nimmt man Humboldt aber ernst, so gilt es das Hinterlassen von Spuren in der Welt empirisch zu berücksichtigen und theoretisch auszuformulieren. Diese
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Forderung wird mit der These der verwandten Seelen ausgedrückt und soll im Folgenden systematisch entfaltet werden. Zunächst wird die Argumentationsfigur der klassischen humanistischen Bildung als Versuch der Befriedung des Menschen durch Kultur dargestellt, um darauf aufbauend zu fragen, inwieweit die Open Education Bewegung als eine Weiterentwicklung – und zwar als ein Digitaler Humanismus – verstanden werden kann, der – so die These – reflexiv auf gesellschaftliche Umbrüche (Pluralisierung, Globalisierung, Digitalisierung) reagiert und damit ein Orientierungswissen bietet, das jenseits rationalistischer Anpassungslogiken liegt, sondern den Menschen als digital selbstverantwortliches, autonomes Wesen in den Mittelpunkt stellt. Komplementär zur passivrezeptiven Aneignungslogik wird eine aktiv-produzierende Variante vorgeschlagen, die einige Argumente der frühen Cyber-Utopisten1 wieder aufgreift und mit aktuellen netzpolitischen Themen im Spannungsfeld von massenhafter Überwachung und durch Geheimdienste und Internetkonzerne sowie Cyber-Exhibitionismus und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verschränkt. In dieser Diskussion wird deutlich, dass eine Befreiung des Menschen nicht grenzenlos ist, sondern ein Korrektiv erforderlich ist, das als eine Selbstvergewisserung der menschlichen Schutzbedürftigkeit im Angesicht technologischer Utopien formuliert werden kann. In einem nächsten Schritt wird dann ausgeführt, inwiefern OER und insbesondere die daraus abgeleiteten offenen (konnektivistischen) Massive Open Online Courses (cMOOCs) als Katalysator für die Transformation von Bildung gelesen werden können und zwar auf zwei Ebenen: (1) Ein auf der Mikroebene stattfindendes „Upgrading“ individueller Bezugsrahmen, d.h. es kommt zu einer Transformation der Art und Weise, wie gelernt wird (Meta-Lernen, Marotzki, 1990) und (2) eine auf der Meso- und Makroebene sich herausbildende Expansion der Bildungsangebote mit zahlreichen neuen (kommerziellen und nicht-kommerziellen) Akteuren. Zunächst aber zurück zum klassischen Bildungsideal und der Frage: Warum heute noch Humboldt? War er nicht, wie Lenhart (2006) kritisch anmerkt „[…] nur ein Initiator zur rechten Zeit am rechten Ort, dessen bildungstheoretische, -politi-
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Zu nennen ist hier insbesondere John Perry Barlow, der 1996 während des Weltwirtschaftsforums in Davos die „Declaration of the Independence of Cyberspace“ verlas, die das Cyberspace als prinzipiell offenen, politisch unregulierbaren und ökonomisch nicht vereinnahmenden Raum proklamierte: „We are creating a world that all may enter without privilege or prejudice accorded by race, economic power, military force, or station of birth. We are creating a world where anyone, anywhere may express his or her beliefs, no matter how singular, without fear of being coerced into silence or conformity“ (Barlow, 1996).
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sche und -planerischen Impulse oft genug unter der Perspektive des Scheiterns gedeutet worden sind“? Auch die unmittelbare Wirkungsgeschichte war eher ernüchternd, da sein Bildungsbegriff zu Lebzeiten keine Berücksichtigung fand (Raithel, Dollinger, & Hörmann, 2009). Auf der anderen Seite wird eingewendet, dass „[…] er ein Programm vorgelegt [hat], das in den letzten 200 Jahren immer wieder als Bezugsrahmen für die Bearbeitung von Bildungsfragen herangezogen worden ist“ (ebenda). Dafür spricht auch eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit Humboldts Bildungsidealen, zum Beispiel in dem von Hansmann und Marotzki (1988) herausgegebenen, zweibändigem „Diskurs Bildungstheorie“. Auch Ehrenspeck (2010, S. 156) geht davon aus, „[…] dass der hohe Stellenwert des Bildungsbegriffs innerhalb der Disziplin seit Konsolidierung der Pädagogik als Wissenschaft ungebrochen ist“ und entgegnet damit der spitzen Frage von Reichenbach (2007, S. 126) „The German Bildung: Ein akademischer Pflegefall?“ Die Leistung von Humboldt, ein allgemein anerkanntes Bildungsideal zu entwickeln, wird als „[…] Muster der Entbarbarisierung des Kulturbegriffs“ (Rittelmeyer, 2012, S. 21) bezeichnet und […] gilt dabei in seiner normativen Bedeutung als Befreiung des Menschen zu sich selbst, zu Urteil und Kritik und ist gegen eine unreflektierte Anpassung an vorgegebene gesellschaftliche Situationen gerichtet“ (Tippelt, 2007, S. 715). So verstanden ist Bildung eine Antwort auf die Forderungen der Aufklärung, d.h. als Möglichkeit zur Entwicklung der Vernunft und Autonomie. Dies steht nun auch nicht mehr einzelnen privilegierten Klassen oder Schichten zu, sondern wird als Grundrecht betrachtet. Eng verbunden mit einem so verstandenen humanistischen Bildungsbegriff ist das Aufbrechen kultureller Engstirnigkeit und religiöser Leitbilder 2, die zur damaligen Zeit vorherrschend waren. Humboldt und seine Wegbegleiter waren es, die sich für eine Bereitschaft, sich auf fremde Kulturen einzulassen („Interkulturalität“) stark machten. Damit hat sich der zum „[…] klassischen geronnene Bildungsbegriff gegenüber seiner historischen Bedeutung verselbständigt und steht für eine Bildungsvorstellung, die unabhängig von interpretativer Anstren-
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Humboldts Ansatz gilt als „[…] erster konsequent säkular ansetzenden Entwurf einer Bildungstheorie“ (Fraas, 2000, S. 75), da er ohne transzendent-metaphysischen Element auskommt, d.h. die Letztbegründung ist nicht mehr Gott, so wie es lange Zeit in der Tradition des „Imago Dei“ (Gottesebenbildlichkeit) festgeschrieben war (Genesis 1,26-27: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem Gleichnis; und sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich auf der Erde regt! Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn; Mann und Weib schuf er sie.“), sondern das Subjekt.
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gung längst pädagogisches Allgemeingut geworden ist und als ideeller Bestand unserer Disziplin jederzeit aktualisiert oder abgerufen werden kann“ (MillerKipp, 1992, S. 21). Im Kern hat sich Bildung – so die These von Ruhloff (1998) – kaum verändert und so kommt es, „[…] daß nicht nur Klassiker der deutschen Bildungstheorie wie Wilhelm von Humboldt, sondern auch unbestritten bedeutsame Bildungstheoretiker unseres Jahrhunderts so von ,Bildung‘ reden, als ob deren Begriff bzw. deren Idee nun einmal feststehe und keiner Neuerung bedürfe oder fähig sei“ (S. 413). (Dieses Beharrungsmoment wird später im Abschnitt 2.2.4 im Zusammenhang der Diskussion der Postmoderne wieder aufgegriffen). Mit Humboldts Bildungsbegriff verbunden ist der „[…] kühne Versuch der Aufhebung der Entfremdung, die von den gesellschaftlichen Zwängen der Zeit verursacht wurde“ (Hörner, 2008, S. 16) und zielt damit auf die Entwicklung individueller Identität, durch die ‚proportionierlichste Ausbildung‘ aller seiner Kräfte, wie es Humboldt im Fragment „Theorie der Bildung des Menschen“ beschrieb, ab: „Die letzte Aufgabe unseres Daseyns: dem Begriff der Menschheit in unsrer Person, sowohl während der Zeit unsres Lebens, als auch noch über dasselbe hinaus, durch die Spuren des lebendigen Wirkens, die wir zurücklassen, einen so grossen Inhalt, als möglich zu verschaffen, diese Aufgabe lässt sich allein durch die Verknüpfung unseres Ichs mit der Welt zu der allgemeinsten, regesten und freiesten Wechselwirkung“ (Humboldt, 1960, S. 235f.) [erreichen].
Humboldt begründete damit eine „anthropologische Wende in der Pädagogik“ (Hörner, 2008, S. 16), da Bildung unmittelbar und ausschließlich an die möglichst umfassende Entfaltung der menschlichen Entwicklungspotentiale als aktive Auseinandersetzung im Sinne eines Abarbeitens an der Welt und der anderen Menschen gekoppelt wird, wobei die „Welt“ sowohl materielle als auch ideelle Gegenstände umfasst (Koller, 2009). Die grundlegenden Bildungsprinzipien von Humboldt machen deutlich, dass die Theorie der Bildung „[…] die überkommene Vorstellung von Erziehung und Bildung als eines den pädagogischen Standeserziehungen und Kunstlehren verpflichteten Formungsprozesses aufgibt und an dessen Stelle den Entwurf eines freien, harmonisch-proportionierlichen Spiels der Kräfte in einer von äußeren Inanspruchnahmen ledigen Selbstgestaltwerdung […] setzt“ (Schneider-Taylor, 2009, S. 37). Bildung ist somit immer auch Menschenbildung – d.h. „jedes einzelne Subjekt sei erst wirklich in der Bildung, wenn dabei immer zugleich sich diese Menschenbildung als ,Bildung zur Humanität‘ in gattungsgeschichtlicher Perspektive realisieren kann“ (von Prondczynsky, 2009, S. 20) – und wird „[…] weder als
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Herrschaft des Menschen über die Welt noch als Anpassung des Menschen an die Welt, sondern als Wechselwirkung von Mensch und Welt“ (Kaiser, 2011, S. 95) bestimmt. Das Prinzip der Wechselwirkung ist konstitutiv für Bildung und führt idealerweise zu Individualität, Selbstbewusstsein und Autonomie, wobei die Auseinandersetzung mit Fremdem und Neuem zentral ist, d.h. Entfremdung ist ein Wesensmerkmal von Bildung. Konkret ausformuliert hat Humboldt das Konzept der allgemeinen, zweckfreien Menschenbildung als bildungstheoretische Fundierung im Königsberger und Litauischen Schulplan, ausgehend vom fundamentalen Prinzip der Bildsamkeit: „Dieser gesamte Unterricht kennt daher auch nur Ein und dasselbe Fundament. Denn der gemeinste Tagelöhner, und der am feinsten Ausgebildete muss in seinem Gemüth ursprünglich gleich gestimmt werden, wenn jener nicht unter der Menschenwürde roh, und dieser nicht unter der Menschenkraft sentimental, chimärisch, und verschroben werden soll… Die Gränze des Unterrichts, da wo derselbe nicht seinen Endpunkt, die Universität, als die Emancipation vom eigentlichen Lehren ... erreicht, kann nun durch nichts anderes bestimmt werden, als die zu allem Unterricht nöthigen Bedingungen Kraft und Zeit. Soweit der Schüler das eine hergiebt, und zum andern Mittel hat [Hvhbg. die Verf.], so weit kann der Lehrer ihn führen, und soweit muss der Staat dafür sorgen, dass er gebracht werden könne“ (ebd., S.189f.).
Bildung als Menschenbildung wurde von Humboldt in seiner Idee der Universität, als Einheit von Forschung und Lehre, begründet, d.h. Bildung des Staatsbürgers wurde durch wissenschaftliche Bildung angestrebt (Loer & Liebermann, 2009), wobei Humboldt bewusst war, dass nur wenigen Menschen der Zugang zu höheren Bildungsanstalten offen stand, um sich dort jahrelang zweckfreier Bildung zu widmen (Lahner, 2011). Als Ausweg aus diesem nur vordergründigen Dilemma formulierte Humboldt, dass auch diejenigen, die nur die Elementarschulen besuchen konnten, zu „echter Bildung fähig sind, um mit einem einheitlichen Erziehungssystem sicherzustellen, dass auch die Ärmsten eine umfassende Menschenbildung erfahren“ (Raithel u. a., 2009). Die allgemeine Menschenbildung leistet somit einen signifikanten Beitrag zur Alphabetisierung und Volksaufklärung in einer expandierenden bürgerlichen Gesellschaft. Für Albrecht (2009, S. 86) ermöglichten die Bildungspläne mit der „[…] Herauslösung aus Zweckzusammenhängen und der curricularen Festschreibung erst eine Bildungspolitik, die jenseits der Stände eine gleiche Gesellschaft antizipierte“.
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Ihre intellektuelle Heimat hatte die Menschenbildung im Neuhumanismus, verstanden als Rückbesinnung auf antike, griechische Ideale, die im Mittelalter zugunsten religiöser Einflüsse aufgegeben wurden (vor allem die Gottebenblichkeit und das Bildverbot; Meyer-Drawe, 1999). Im Kern ging es um Folgendes (Kraul, 1984, S. 34): „Der neuhumanistische Ansatz der allgemeinen Menschenbildung ist in sozialer wie in curricularer Hinsicht auf weitreichende Konsequenzen hin angelegt: Die Menschheit soll sich durch Bildung vervollkommnen; Bildung soll die Menschenrechte des Tagelöhners ebenso befördern helfen wie die Menschlichkeit des Tischlers. Nichts ist mehr von der engen stände- und berufsbezogenen Bildung eines Zedlitz zu finden; das Konzept der allgemeinen Menschenbildung orientiert an gesellschaftlichen Verhältnissen, die noch einzulösen sind, sprengt Stände und soziale Schranken, es vermittelt Humanität und Freiheit, vor allem über das Griechentum, das zugleich eine Absage an das vom lateinischen Geist Roms geprägte Frankreich bedeutet.“
In diesem Sinn verstand sich der Neuhumanismus als eine Erneuerung des Humanismus – der Mensch als schöpferisches Zentrum in Abgrenzung zur Übermacht der Theologie, realisiert mit der Abwendung von den Römern und der Hinwendung zu den Griechen da in der griechischen Antike die Norm des vollendeten Menschentums gesehen wurde (Blankertz, 1992) und ging mit einer Ästhetisierung der neuhumanistischen Bildung einher (Ehrenspeck, 2001). Bildung sollte in der Auseinandersetzung an klassischen Gegenständen (Literatur der Deutschen Bewegung, Philosophie der Aufklärung und des deutschen Idealismus) erfolgen. Damit ging es um „[…] die harmonische Kultivierung der individuellen Anlagen zu einer universell gebildeten Persönlichkeit, mit der die Idee der Menschheit im Einzelnen entfaltet wird“ (Hamann, 2012, S. 371). Der Neuhumanismus entfernte sich von den Aufklärungsidealen der Nützlichkeit, Verständigkeit und Wohlfahrtsbezogenheit und stellte das Individuum mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt. „Die zentrale Frage, die sich in der Entwicklung der Bildungstheorie von der Aufklärung bis zum deutschen Humanismus immer stärker hervorgedrängt hatte und jetzt in unüberbietbarer Radikalität bei Humboldt gestellt war, setzt voraus, daß nicht nach der Abhängigkeit des Menschen von ihm vorgeordneten Zwängen — Religion, Gesellschaft, Staat, Wirtschaft — geforscht und der Mensch lediglich auf bestimmte Funktionen reduziert, an fixierten objektiven Maßstäben gemessen und ihnen subsumiert werden soll. Er soll nicht als ein beliebiges und austauschbares Element des sich auch unabhängig von ihm vollziehenden Geschehens interpretiert werden und weder religiöser Bestimmung,
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staatlicher Weisung, gesellschaftlicher Notwendigkeit aufgeopfert werden. Vielmehr gilt es, ihn in dem zu erfassen, was er als Mensch, nicht was er als Träger im Grunde willkürlicher Funktionen ist, was seine Menschheit ausmacht, und nicht, wozu er durch Einpassung in vorgegebene Schablonen gemacht worden ist. Überhaupt soll der Mensch zu nichts gemacht werden. Vielmehr soll er sich selbst zu etwas machen. Er soll sich bilden, d.h. sich in seiner Menschheit darstellen.“ (Menze, 1972, S. 7)
Bis heute wirkt der Neuhumanismus als politisch-soziologische und philosophische Strömung nach und führte dominante Deutungsmuster, die um Schlüsselbegriffe wie „Emanzipation“, „Toleranz“, „Mündigkeit“ und „Solidarität“ kreisen, in den Bildungsdiskurs ein (Siebert, 2009), der den grundlegenden Zusammenhang von Mensch und Welt reflektierte, um daraus die Forderung abzuleiten, dass Bildung allen Menschen zuteil werden sollte, was von der Politik mit der Idee der Berliner Universität von Humboldt praktisch umgesetzt wurde (diese Universität wurde dann vom Staat geschützt, da dieser ein Interesse an gebildeten Bürgerinnen und Bürgern hatte). Verbunden mit der neuhumanistischen Schul- und Lehrplanreform war die Ausgrenzung „nützlicher“ Inhalte aus den Lehrplänen der allgemeinbildenden Schulen und damit der Unterteilung Humboldts zwischen allgemeiner und spezieller Bildung folgend (van Ackeren & Klemm, 2009). Die fachsystematische und inhaltsbezogene Ausrichtung der Lehrpläne wurde durch gesellschaftliche Transformationen (beschleunigte Produktion und schnellere „Veralterung“ von Wissensbeständen) immer schwieriger, so dass Bildungstheoretiker wie Klafki (1991) die Auswahl von Bildungsinhalten abhängig von Attributen wie „fundamental“, „klassisch“ und „exemplarisch“ machten. Damit sollten gleichzeitig Interessen und Bedürfnisse der Lernenden berücksichtigt werden, als auch inhärente Kriterien wie die Fachsystematik (Drieschner & Gaus, 2010). Das hier immer stärker erkennbar werdende Auseinanderdriften zwischen dem philosophisch-humanistischen Ideal von Bildung als „Welterschließungskategorie“ (Stroß, 2010, S. 246) und der politisch-praktischen Umsetzung ist Gegenstand kulturpessimistischer Theoriebildung bzw. verfallsorientierter Geschichtsschreibung zum Bildungsbegriff. Die im Geiste der Frankfurter Schule stehende „Theorie der Halbbildung“ (Adorno, 2006) beklagt den Wandel von Bildung als Wert an und für sich zur Bildung als Ware (Kommodifizierung bzw. Kommerzialisierung; siehe dazu auch Deimann, 2014), der im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Aufkommen der industriellen Massenproduktion steht und unter dem Stichwort „Kulturindustrie“ behandelt wird. Daran anknüpfend bedauert Mittelstraß (1989) die „Entkopplung von Wissenschaft und Bildung“ (S. 25), d.h. das Prinzip „Bildung durch Wissenschaft“ – einst ein konstitutives
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Merkmal der Bildungsreform von Humboldt – wird aufgegeben zugunsten eines rationalistischen Ausbildungsmodells, damit dem Zeitgeist der „Verwissenschaftlichung aller Lebensbereiche“ folgend. Problematisch für Mittelstraß ist dabei, dass die Wissenschaft nun selbst „[…] wie die Welt, die sie schafft, selbst ,industrielle‘ Züge an [nimmt] – mit erheblichen Konsequenzen für die institutionellen Formen der Wissenschaft und für das wissenschaftliche Subjekt“ (S. 20; Einfügung der Autor). In jüngerer Zeit nahm Liessmann (2006) Adornos These der Halbbildung wieder auf und entwickelte die „Theorie der Unbildung“, um damit die aktuelle Form der Gesellschaft entgegen der gängigen Selbstzuschreibung „Wissensgesellschaft“ als „Desinformationsgesellschaft“ (S. 27) zu desavouieren. Bildung ist dadurch heillos in Selbstwidersprüche gefangen und „[…] darf gar nicht gelingen, weil dann ihre Beschränktheit deutlich würde“ (S. 51). Liessmann verwendet bei seiner Analyse der Misere Humboldt ausdrücklich nicht als „Sündenbock“, da: „Allmählich greift die Einsicht um sich, daß nicht das Humboldtsche Bildungsideal, sondern die seit den sechziger Jahren in rascher Abfolge initiierten Bildungsreformen für die derzeitigen Schwächen des Bildungssystems verantwortlich sind“ (S. 52). Doch diese Reformbemühungen scheinen von einem „Abschiedsschmerz“ (Naumann, 2006, S. 19) befallen zu sein, denn „das alte Bildungsideal des frühen 19. Jahrhunderts ist zwar untergegangen, doch es fehlt uns immer noch“ (ebenda). Diese bildungsphilosophische Verfallsgeschichte mündet, so scheint es, in den Zustand der „Post-Bildung“, den Dörpinghaus (2014) gerade ausgerufen hat, um damit den „Unort der Wissenschaft“ zu kennzeichnen. Gemeint ist damit das „[…] Außerkraftsetzen von Bildung durch ihre bloße Verwaltung und Kontrolle“ (S. 540, kursiv im Original). Post-Bildung ist damit „[…] grundsätzlich wertfrei, ethisch uninteressiert, inhaltslos, reflexionsneutral, orientierungslos und partikular, dafür leistungsorientiert, kontrollbesessen und extrem evaluativ“ (ebenda). Die Verschleierung des eigentlichen Wesens von Bildung ist dabei eine wichtige Machtstrategie zur Durchsetzung eines „Normalisierungsdiskurses“, der davon ausgeht, dass Kompetenzen als Bildung verkauft werden und dass alle gleichermaßen von Bildung profitieren werden. Es geht dabei allerdings nicht um den Einzelnen, sondern darum „[…] das Bildungssystem und mit ihm die Gesellschaft in einem ökonomisch reduzierten Verständnis leistungsfähiger zu machen“ (S. 541). Angesichts der drohenden Sinnentlehrung von Bildung fordert Lenzen (2014a) in seinem neusten Buch „Bildung statt Bologna!“ eine Rückbesinnung zu klassischen Idealen, wobei die konkrete Umsetzung durch Schlagworte wie „Bologna 2.0“ strategisch verschleiert wird. Vor diesem Hintergrund kann mit der Open Education Bewegung aufgezeigt werden, wie ein Gegendiskurs zur mittlerweile weit verbreiteten neoliberalen
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Lesart von Bildung als kommodifiziertes, mit managerialen Steuerungsmitteln verwaltetes und permanent evaluiertes bzw. qualitätsgesichertes Allheilmittel zum „Überleben“ im globalen Wettbewerb entsteht (vgl. Deimann & Ouwehand, 2014). Dieser, so wird im weiteren Verlauf deutlich, versteht Bildung nicht als sinnentleerten Container-Begriff, sondern als voraussetzungsreiches, kontingentes, widerspenstiges und auch widersprüchliches Konstrukt, mit dem (selbst)reflexiv auf die veränderten Realitäten reagiert werden kann. Mit dem Begriff des digitalen Humanismus lässt sich der Gegendiskurs ausbuchstabieren. 3.1.3 Open Education als Digitaler Humanismus „Versteht man aber unter Humanismus allgemein die Bemühung darum, daß der Mensch frei werde für seine Menschlichkeit und darin seine Würde finde, dann ist je nach der Auffassung der ,Freiheit‘ und der ,Natur‘ des Menschen der Humanismus verschieden.“ (Heidegger, 2000, S. 13) „Seiner Substanz nach war der bürgerliche Humanismus nichts anderes als die Vollmacht, der Jugend die Klassiker aufzuzwingen und die universale Geltung nationaler Lektüren zu behaupten.“ (Sloterdijk, 1999, S. 13)
Den verschiedenen Strömungen des Humanismus, sei es in klassischer oder aktualisierter Form, ist ein zentrales Charakteristikum gemeinsam. Es geht ihnen im Kern immer um die Erforschung und Analyse des Menschen, der als frei von sozialen Zwängen oder politischen und kulturellen Zwecken definiert ist, d.h. als das, was er ist und was seine Menschheit ausmacht. Der Mensch soll demnach zu nichts gemacht werden, sich nicht nach wechselnden externen Zielvorgaben richten3, sondern sich selbst zu etwas machen, sich also bilden (Menze, 1972). Diese anthropologischen Grundlegungen sind ein wichtiger Baustein für den hier
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Die Tragweite dieser Forderung zur Selbstbestimmung des Menschen ist in aktueller Zeit besonders deutlich hervorgetreten und so können die anthropologischen Bestimmungen von Humboldt als Menetekel des bevorstehenden neoliberalen Umbaus der Gesellschaft gelesen werden. Die mechanistisch-mathematischen Berechnungen der Humankapitaltheorie dürften dem Bildungsphilosophen genau so starke Bauchschmerzen bereitet haben wie die daraus abgeleiteten Forderungen, Investitionen in das „Humankapital“ als Standortvorteil zu betrachten (siehe exemplarisch dazu die programmatische Schrift „Wieviel Bildung brauchen wir?“ der Alfred Herrhausen Gesellschaft 2002)
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vorgeschlagenen Versuch, Humanismus weiterzudenken, d.h. an die veränderten Bedingungen der digitalen Welt anzupassen. Die historische Rekonstruktion des Bildungsideals Wilhelm von Humboldts hat gezeigt, wie sich aus der philosophischen Strömung des Humanismus der Universalitätsanspruch „Bildung für alle!“ ableiten und in konkrete Reformprojekte übertragen lässt. Bildung als allgemeines Menschenrecht bildet in der aktuellen Debatte, ähnlich wie in der Epoche der Aufklärung, eine Antwort auf gesellschaftliche Veränderungen, die in der Soziologie unter den Schlagworten „Risikogesellschaft“ (Beck, 1986) und „Flüchtige Moderne“ (Bauman, 2003) sowie in der Philosophie als Postmoderne (Lyotard, 1993) diskutiert werden. Die neuhumanistische Idee der Bildung nahm direkt Bezug auf die uneingelösten Versprechen der Französischen Revolution und wollte mit Bildung (genauer gesagt mit der Überhöhung des Bildungsgedankens) die politische Machtlosigkeit des aufstrebenden Bürgertums kompensieren (Bollenbeck, 1994). Analog dazu versteht sich die neuere Open Education Bewegung als direkte, materialisierte Einlösung der Versprechungen der digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien: „At the heart of the movement toward Open Educational Resources is the simple and powerful idea that the world’s knowledge is a public good and that technology in general and the World Wide Web in particular provide an extraordinary opportunity for everyone to share, use, and reuse knowledge. OER are the parts of that knowledge that comprise the fundamental components of education—content and tools for teaching, learning, and research.“ (Atkins u. a., 2007, S. 5)
Durch den frühzeitigen Einbezug finanzkräftiger Stiftungen – neben der Hewlett Foundation u.a. die Bill and Melinda Gates Foundation – schafften es zum Beispiel die Open Educational Resources ihre Forderungen in relativ kurzer Zeit einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen (Walsh, 2011). Ein zentrales Moment ist die rechtsverbindliche Schaffung eines freien Kulturraums durch eine Gemeinschaft gleichgesinnter „Nutzer“, die mit wechselseitigen Vorteilen rechnen können: „This principle of a community of users, all creators and consumers at different times, underlies the whole philosophy of the creative commons, where everyone (in theory) can build upon the work of others for the greater benefit of all by creating more stuff that helps the wider economy and is not locked away or underexploited“ (Lane, 2008, S. 159).
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Die Möglichkeiten der Digitalisierung und dabei insbesondere der digitale und zumeist kostenfreie Weltzugang werden jedoch nicht ausschließlich als unverhoffte Segnung wahrgenommen, sondern als an den Auftrag an die Menschheit, damit sozial umzugehen gebunden und so verstand sich die OER-Bewegung von Beginn an als soziales Reformprojekt mit der (Selbst-)Verpflichtung zum Teilen (Deimann, 2012b). Dem gegenüber stehen kommerzielle Verwertungsinteressen, insbesondere von wissenschaftlichen oder Schulbuchverlagen, d.h. die Idee des Internets als offener, frei zugänglicher Kulturraum gibt nicht nur potentiell allen Menschen die Möglichkeit, sich auf verschiedene Weise zu artikulieren, sondern weckt zugleich auch ökonomische Begehrlichkeiten, aus dem „Mitmach-Web“ Profit zu ziehen. Vor diesem Hintergrund ist das „Guerilla Open Access Manifesto“ des 2013 verstorbenen Internetaktivisten Aaron Swartz angesiedelt, das mit folgenden Worten beginnt: „Information is power. But like all power, there are those who want to keep it for themselves. The world’s entire scientific and cultural heritage, published over centuries in books and journals, is increasingly being digitized and locked up by a handful of private corporations. Want to read the papers featuring the most famous results of the sciences? You’ll need to send enormous amounts to publishers like Reed Elsevier.“ (Swartz, 2008)
Der sozial-egalitäre Zugang zu Informationen – für Bauman (2003) ist der Zugang zu digitalen Informationen mittlerweile zum „[…] Menschenrecht herangewachsen, das wachsam verteidigt wird“ (S. 183) – führt einerseits die bereits aus dem Mittelalter bekannte Allmende als Rechtsform gemeinschaftlichen Eigentums fort, begründet damit andererseits auch einen neuen 4 kulturellen Raum – Marotzki (2003, S. 236) bezeichnet diesen als Wandel „from a culture for all to a culture by all“ (kursiv im Original) – und steht im Zentrum eines Paradigmenwechsels und Umdenkprozesses (Helfrich, 2012). Dabei werden Thesen der frühen cyber-utopistischen Periode der 1990er Jahre reartikuliert, die einer komplexen Gemengelage5 aus alternativ-politischen und neoliberal-ökonomischen
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So ganz neu ist dieser Raum und die dazugehörige Entwicklung allerdings dann doch nicht, wie Rehn (2008) mit Verweis auf die vorchristlichen Sophisten als umherziehende Lehrer und Wissenschaftler, die Bildung für alle anboten – wenn auch nur gegen Bezahlung, daher auch die Bezeichnung „Bildungshändler, […] die Wissen zur Ware degradierten, die von jedermann zu jedwedem Zweck benutzt werden konnte“ (S. 27) – deutlich macht.
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Hierbei charakteristisch ist die scheinbare Widersprüchlichkeit zwischen TechnoOptimismus und verklärendem Romantismus: „Bestimmend sind insbesondere Mo-
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Bewegungen entsprangen (Turner, 2006) und die sich an der Bestimmung des Verhältnisses von Mensch und Maschine abarbeitete (Branwyn, 2014). Ist damit das Humboldtsche Ideal der möglichst umfassenden Weltaneignung, wenn auch nur in – oder sollte man sagen: gerade in – digitaler Form, ein Stück näher gekommen? Tatsächlich lässt sich zeigen, dass traditionelle humanistische Ideale innerhalb der kollektiven Anstrengungen der Open-Bewegungen (Education, Data, Software, Science, Government) wieder aufgegriffen und für das digitale Zeitalter revitalisiert werden (siehe unten). Weiterhin ermöglichen Open Educational Resources einen nicht-formalisierten, institutionell unregulierten Weltzugang („informelles Lernen“), kontrastieren damit eine Form der Elitenbildung und erweitern den klassischen Bildungsbegriff, dem eine „[…] abwertende Wahrnehmung derjenigen alltagspraktisch fundierten (informellen und non-formellen) Bildungsinhalte und Bildungsaspekte, die nicht dem Kanon schulischer oder akademischer Bildung entsprechen“ (Wiezorek, 2009, S. 183f.) zu eigen war. Die Tatsache, dass Open Education bislang keinen Bezug zu der Denkfigur des Humanismus als Begründung für ihre Mission „Befreiung der Menschen durch offenen Zugang zu freien Bildungsressourcen“ nimmt, liegt nur zum Teil daran, dass dies ein spezifisch deutsches Phänomen bzw. ein „deutscher Mythos“ (Tenorth, 2011) ist, der in der anglo-amerikanischen Welt kaum bekannt ist. Auf der anderen Seite wird auch deutlich, wie geschichtsvergessen die Open Education Bewegung ist und wie wenig sie sich bislang darum gekümmert hat, ihre normativen Ansprüche philosophisch zu unterfüttern (vgl. Peter & Deimann, 2013).
delle einer romantizistischen und einer instrumentelltechnologischen Beseitigung widersprüchlicher Strukturen. Ausdruck einer romantizistisch-melancholischen Sinnund Glückssuche sind die Flucht vor dem Neuen, vor einer kalten funktionalistischen Welt und der Versuch, eine realitätsferne und häufig emotional flache Harmonie zu stiften. Scheint ein solcher Romantizismus technologischen Machbarkeitsphantasien prima facie diametral entgegenzustehen, so tendieren beide gerade in modernen Zeiten dazu, sich gegenseitig miteinander zu verschränken: So schreckt einerseits die utopische Sehnsucht nach einer ,besseren Welt‘ nicht davor zurück, sich auf die Engführungen technologischer Machbarkeitsideale zu verlassen, um die angestrebten Ziele möglichst schnell, vollständig und effektiv umzusetzen. Andererseits ignoriert eine instrumentell verkürzte Rationalität, der es um die soziotechnologische Bemächtigung und Umgestaltung der Welt geht, dass sie in puren Irrationalismus umschlägt, wenn sie sich selbst verabsolutiert und dabei mit unseligen Heilsgewissheiten verknüpft.“ (Woyke, 2007, S. 1f, kursiv im Original)
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Dabei zeigen die Lehren aus der Vergangenheit eindrücklich, wie wichtig ein solches Projekt ist. Humboldts Idee der formalen Gleichheit aller Menschen und der damit versprochene freie Zugang zu Bildung scheiterte in der bürgerlichen Gesellschaft an den faktischen Gegebenheiten, da nicht alle „Gleichen“ über die Mittel zur Finanzierung von Bildungsangeboten verfügten (Dörpinghaus, Poenitsch, & Wigger, 2006). Adorno (2006) hat in seiner Theorie der Halbbildung dieses Missverhältnis zum Anlass der Kritik an der bürgerlichen Klassengesellschaft genommen (vgl. dazu auch Deimann, 2013a): „Die Besitzenden verfügen über das Bildungsmonopol auch in einer Gesellschaft formal Gleicher; die Entmenschlichung durch den kapitalistischen Produktionsprozeß verweigerte den Arbeitenden alle Voraussetzungen zur Bildung, vorab Muße. Versuche zur pädagogischen Abhilfe mißrieten zur Karikatur. Alle sogenannte Volksbildung – mittlerweile ist man hellhörig genug, das Wort zu umgehen – krankte an dem Wahn, den gesellschaftlich diktierten Ausschluss des Proletariats von der Bildung durch die bloße Bildung revozieren zu können.“ (Adorno, 2006, S. 18) Die Open Education Bewegung wird sich an dem Anspruch der „Volksbildung“ – d.h. an der seit Beginn der Neuzeit hervortretenden Idee „[…] alle Heranwachsenden einer Generation und Gesellschaft einer formell geordneten, im Anspruch gleichen, nach den Bedingungen der Teilnahme obligatorischen und seit dem späten 19. Jahrhundert auch faktisch verbindlichen Ausbildungsphase zu unterwerfen“ (Tenorth, 1994, S. 32) – messen lassen müssen, schon allein, um ihren selbstauferlegten Zielen gerecht zu werden. Es ist aber auch deshalb wichtig, da die universalistische und fundamentale Grundlegung des Humanismus ein von Verwertungsinteressen freies Bildungsideal nahelegt. Soweit scheint es mit OER noch nicht zu sein, da in zentralen Verlautbarungen wie der OLCOS Roadmap 2012 ein Denken in Kategorien der ökonomischen Verwertbarkeit deutlich wird: „OLCOS understands that the key issue with respect to OER is whether or not they are useful and effectively used in equipping students with the competences and skills for personal and professional achievement in the current and emerging knowledge-based societies and economies“ (Geser, 2007, S. 16). Auch in der zur gleichen Zeit publizierten Studie A Review of the Open Educational Resources (OER) Movement: Achievements, Challenges, and New Opportunities wird der freie Zugang zu qualitativ hochwertigen Bildungsressourcen als zentrales Ziel für wirtschaftliches Wachstum beschrieben und folgt damit einer neoliberalen Argumentationskette: „The OER initiative has nurtured a culture of sharing, not only within individuals, but also within major institutions of higher education. It has helped shift faculty perspectives from
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this courseware is mine to this courseware is for (open) mining. The next phase is to nurture a culture of learning in which both intellectual capital (content) and human capital (talent) spiral upward, together.“ (Atkins u. a., 2007, S. 6)
Ähnliches gilt für die Open Textbook Bewegung, die besonders in den USA aktiv ist, da die hohen Anschaffungskosten für Lehrbücher immer mehr Menschen von formalen Bildungsprozessen ausschließen. Die Forschung zu freien Lehrbüchern (Creative-Commons-Lizenzierung) beschränkt sich dann auch hauptsächlich auf das Argument der Kostensenkung (Wiley, Hilton III, Ellington, & Hall, 2012). Mittlerweile ist die neoliberale Vereinnahmung von OER auf höchster politischer Ebene angekommen und so startete die Europäische Kommission kürzlich das Programm Die Bildung öffnen: Innovatives Lehren und Lernen für alle mithilfe neuer Technologien und frei zugänglicher Lehr- und Lernmaterialien6. Dabei geht es um „Maßnahmen für offenere Lernumgebungen“, um damit die Bildung zu verbessern und effizienter zu gestalten. Angesichts dieser politischen und ökonomischen Konzentration erscheint die militärisch konnotierte Formulierung von Weller (2013) „The Battle for Open“ durchaus angemessen, um den Kampf um Deutungshoheit zu charakterisieren. Favorisiert wird dabei die „Education is broken“ Erzählung, um einerseits Bildung ähnlich der Musik- und Filmindustrie als reine „Content-Industrie“ zu porträtieren und diese dann andererseits von der Digitalisierung „retten“ zu lassen, entsprechend der im Silicon Valley üblichen Denkweise des „Solutionism“ (Morozov, 2013). Dem gegenüber stehen die in der Open Education Bewegung propagierten Werte des Teilens (Sharing) und der Wiederverwendung (Reuse) von Materialien als konstitutiv für das beständige Anwachsen des digitalen, nichtkommerziellen Kulturraums und können als Kriterium für einen digitalen Humanismus gelesen werden. So formuliert z.B. die Cape Town Open Education Declaration (2007): „This emerging open education movement combines the established tradition of sharing good ideas with fellow educators and the collaborative, interactive culture of the Internet. It is built on the belief that everyone should have the freedom to use, customize, improve and redistribute educational resources without constraint. Educators, learners and others who share this belief are gathering together as part of a worldwide effort to make education both more accessible and more effective.“
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Die Mitteilung ist online einsehbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/PDF/?uri=CELEX:52013DC0654&from=EN
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Sharing ist grundsätzlich kein völlig neues Phänomen, sondern zählt zur Alltagserfahrung (z.B. Teilen von Ideen7), wird durch Erziehungsstile beeinflusst und bekommt damit auch eine moralische Dimension (Hug, 2014). Davon zu unterscheiden ist die aus der Open Source Bewegung kommende kulturelle Praktik des Teilens („sharism“), deren Implikationen so weitreichend sind, dass bereits von einem „Sharing Turn“ (Grassmuck, 2012), einer „Participatory Culture“ (Jenkins, 2009) oder von „Digital Scholarship“ (Weller, 2011) gesprochen wird. Gemeinsames Merkmal dieser Praktiken ist eine bilaterale, dynamische Beziehung von Technik und Sozialem, d.h. Technik wird nicht (wert-)neutral als Mittel zum Zweck verstanden, sondern als Träger bzw. Katalysator kollektiver Werte: „In this sense digital scholarship is more than just using information and communication technologies to research, teach and collaborate, but it is embracing the open values, ideology and potential of technologies born of peer-to peer networking and wiki ways of working in order to benefit both the academy and society“ (Pearce, Weller, Scanlon, & Kinsley, 2011, S. 6).
Das Internet wird in dieser Argumentation zu einem digitalen Kulturraum sui generis, aus dem sich eigenständige Subsysteme herausbilden, so das ökonomische Teilsystem, das um die Frage der fairen (finanziellen) Entlohnung für kulturelle Artefakte kreist (Aigrain, 2012) und welches unter dem Schlagwort „Shareconomy“ aktuell kontrovers diskutiert wird (Staun, 2013). Sharing wird zum zentralen Wert, dem die verschiedenen kommunikativen, distributiven und kollaborativen Formen des Lebens und Arbeitens im Netz zugrundeliegen (Stalder & Sützl, 2011). Für das digitale Subsystem Bildung schafft Sharing die Voraussetzung für alternative, frei zugängliche Lehr-Lernformen wie den konnektivistischen Massive Open Online Courses (cMOOCs) (Deimann, 2012b). Einem digitalen Humanismus bietet sich mit der Open Education Bewegung ein reizvoller „Sparringspartner“, um die mit der Digitalisierung emergierenden Normen und Werte für eine kritische Transformation der tradierten Ideale zu nutzen. Damit lässt sich auf produktive Art mit Kritik aus dem neoliberalen Lager umgehen, die den Humanismus am liebsten in den Orkus der Geschichte
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Von Thomas Jefferson ist das Zitat überliefert „He who receives an idea from me, receives instruction himself without lessening mine; as he who lights his taper at mine, receives light without darkening me“, mit dem das fundamentale Prinzip des „verlustfreien“ Tauschens deutlich wird.
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schicken möchte. Wie Rudolf zur Lippe (2006, S. 29) pointiert zusammenfasst geht es um „Kritik am ,Humanismus‘ ist sehr wohl notwendig, aber gerade nicht, um das mechanistisch-deterministische Weltbild mit Hilfe simpelster Schemata auf den Beitrag der Menschen zum Fortgang der Welt zu übertragen. […] Kritik am Humanismus muss sich auf die andere Seite dieses Menschenbildes richten, das sich vor die Wahrnehmung der Wechselbeziehungen zwischen der Welt und den Menschen geschoben hat. Wenn nur noch ,menschwärts‘ gedacht und gehandelt wird, wird die Welt mit uns zur ,Um-welt‘. Über die muss man dann nur wissen, was einem nachweislich und unmittelbar nützt. Das ist das Welt- und Selbstbild des ,eindimensionalen Menschen‘“.
Mit Open Education lässt sich die Wendung zurück zur Welt vollziehen, d.h. Weltaneignung vermittelt über digitale Artefakte als Realisierung der Figur des selbstständigen und autonomen Menschen (vgl. Hoidn, 2010). Die WeltMensch-Interaktion wird damit konkretisiert und weniger abstrakt-idealistisch, wie sie z.B. in der Sprachtheorie Humboldts formuliert wurde, sondern bezogen auf die Materialität und kommt damit auf der Mikroebene individueller und kollektiver Lehr- und Lernprozesse an (Deimann, 2013b). Die sich hier herausbildenden Komplexitäten aus Technik und sozialen Praktiken bilden dann wiederum den „geistigen Nährboden“ für gesamtgesellschaftlich relevante Debatten rund um Digitalisierung, wie sie hier exemplarisch für das Konzept des digitalen Humanismus vorgestellt werden. Insgesamt transformiert die Digitalisierung den „alphabetisierten Humanismus“ zu einer Weltgesellschaft (Bolz, 1997, S. 664) und „steuert auf einen evolutiven Höhepunkt“ (Pietraß, 2010, S. 23) in der Menschheitsgeschichte zu. Die Betonung digitaler Freiheitsrechte wie der Datenschutz oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist aktuell ein sehr brisantes Thema für Politik 8 und Gesellschaft, das – hier nur kurz angedeutet – unter dem Kürzel „NSASkandal“ kulminiert (Greenwald, 2014). Daneben löst das exzessive Datensammeln und kommerzialisierte -ausschlachten der globalen Internetdienste wie Google, Facebook und Amazon eine Widerstandsbewegung aus, die sich für mehr digitale Autonomie und Selbstbestimmung stark macht (siehe dazu exemplarisch Grassegger, 2014; Schrems, 2014). Sie richtet sich z.B. gegen imperialis-
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Mit der sog. Digitalen Agenda konzentriert sich die aktuelle Bundesregierung hauptsächlich auf die Themen digitale Infrastruktur (Breitbandausbau) und Wirtschaft („Industrie 4.0“) und vernachlässigt genuin politische Themen wie die Rolle des Bürgers in der digitalen Welt (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2014).
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tische Projekte wie „Internet.org“, betrieben u.a. von Facebook und Samsung und ist dem Ziel verschrieben „[…] 2/3 der Weltbevölkerung, die noch keinen Zugang zum Internet haben, dazu zu verhelfen“ (http://internet.org/about). Was hier als humanistisches Vorhaben – kostenfreies Internet für alle Menschen – vorgestellt wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als perfide durchdachte Geschäftsstrategie (dazu gehört auch die Verwendung der Top-Level Domain .org anstelle von .com), um die ohnehin schon gewaltigen Marktanteile (so wie von Facebook im Bereich der sozialen Netzwerke) noch weiter auszubauen: „Imagine your water meter giving you free quick showers but charging you for a bath. And this is the profit-driven assumption behind Internet.org’s alleged beneficence: Once it gets enough people to take its free digital showers, more users will reach into their pockets to take a digital bath.“ (Morozov, 2014)
Das Projekt des digitalen Humanismus setzt diesen kommerziell-imperialistischen Bestrebungen ein Gegengewicht entgegen, indem es (digitale) Technologien nicht essentialistisch, d.h. als außerhalb der Gesellschaft und des politischen Einflusses stehend (sog. „dritte Welt“ neben Natur und Kultur), oder instrumentalistisch, d.h. als neutrale Werkzeuge zur Realisierung vordefinierter politischer oder wirtschaftlicher Ziele versteht, sondern als etwas, das in komplexen gesellschaftlichen Realitäten grundsätzlich mitexistiert und diese in differenzierten Wechselspielen immer neu hervorbringt. Analog zum Bildungsideal des Deutschen Idealismus lässt sich der digitale Humanismus als „kritisches Korrektiv der Gesellschaft“ (Boenicke, 2006) konzipieren, das immer wieder aufs Neue problematisiert, wie ein autonomes, selbstbestimmtes Leben in digitalen Welten gelingen kann. Von herausragender Bedeutung ist dabei die Idee der Exploration kultureller Vielfalt, die im NeoHumanismus durch die (Rück-)Besinnung auf antike Ideale ihren Ausdruck fand. Im digitalen Humanismus bezieht sie sich auf die Entwicklung verschiedener sozio-technischer, durch Kommunikation konstruierter Räume wie dem Cyberspace (Barlow), dem Global Village (McLuhan) oder dem Web (BernersLee), die mit der Öffnung und der Überwindung von sozialen, politischen und geographischen Grenzen („Freedom as the default“9) eine globale Kollaboration im Bereich von Kunst, Musik, Literatur ermöglichte und sich gegen die Beschränkungen der industriellen Produktionsweise von Kultur (von Adorno als Kulturindustrie bezeichnet) und Medien richtete. Mit den Open Educational Re-
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So die programmatische Formulierung von Jeff Jarvis im Bill of Rights for Cyberspace (http://www.buzzmachine.com/2010/03/27/a-bill-of-rights-in-cyberspace)
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sources kommt ein weiterer Raum hinzu, der durch Öffnung von Zugängen (Open Access) die international zunehmende Ungleichheit von Bildungschancen auszugleichen versucht (Corrigan & Ng-A-Fook, 2012) und der die Verbreitung von selbst erstellten digitalen Artefakten fördert. Vor dem Hintergrund, dass Technik eine so wesentliche Rolle bei der Konstitution offener (Bildungs-)Räume spielt, ist eine Problematisierung der mit der Technik einhergehenden Möglichkeiten der Selbstüberhöhung des Menschen wichtig, denn „[…] Humanitas [beinhaltet] nicht nur die Freundschaft des Menschen mit dem Menschen, sie impliziert auch immer […], daß der Mensch für den Menschen die höhere Gewalt darstellt“ (Sloterdijk, 1999, S. 45, Einfügung: MD). Gefordert wird ein „Codex der Anthropotechniken10“ (ebenda), d.h. ein sozial ausgehandelter und kodifizierter Katalog von Maßnahmen und Prinzipien für einen moralischen Umgang mit digitaler Technologie in Bildungsprozessen (Big Data, Learner Analytics). Notwendig sind moralische Überlegungen auch dadurch, dass sich das Cyberspace nicht als rechtsfreier Raum etabliert hat, sondern als kommodifizierte und kommerzialisierte Infrastruktur, in der sich die Bedingungen zum Austausch und zur Kollaboration grundlegend geändert haben und in der sich die Entwicklung eines Überwachungsregimes auf der Grundlage einer gewandelten Macht, der sog. Infopower11 (Koopman, 2014), abzeichnet. Transparente Information sorgt damit nicht für eine Umkehrung des Machtgefälles Staat-Bürger, sondern konstituiert vielmehr einen eigenen, nicht-subjektiven Machttypus Foucaultscher Prägung. Dabei ist es nicht nur die Obsession mit der Geheimdienste den digitalen Datenverkehr ausspähen, sondern eine grundlegende Veränderung der Ökonomie des Internets. Dadurch, dass sich werbefinanzier-
10 Die Thesen Sloterdijks in „Regeln für den Menschenpark“ lösten eine der heftigsten und verworrensten Debatten der jüngeren deutschen Geistesgeschichte aus, die von vielen gegenseitigen (Sloterdijk und Habermas) Missverständnissen geprägt war (siehe dazu die umfangreiche Studie „Philosophie in Echtzeit: die Sloterdijk-Debatte: Chronik einer Inszenierung: Über Metaphernfolgenabschätzung, die Kunst des Zuschauers und die Pathologie der Diskurse“ Nennen, 2003) (siehe dazu die umfangreiche Studie „Philosophie in Echtzeit: die Sloterdijk-Debatte: Chronik einer Inszenierung: Über Metaphernfolgenabschätzung, die Kunst des Zuschauers und die Pathologie der Diskurse“ Nennen, 2003). Die Polemiken sollen hier nicht weiter vertieft werden, sondern die Notwendigkeit der Selbstbeschränkung als Merkmal des Humanismus hervorheben. 11 Infopower versteht sich als konzeptionelle Weiterentwicklung der Biopower, die von Foucault als seit dem 18. Jahrhundert entstehende komplexe Form von Bevölkerungspolitik beschrieben wurde.
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te Dienstleistungen als das nahezu einzige verlässliche Geschäftsmodell herausbildeten, wurden immer raffiniertere Ausspähtechnologien (User Tracking), getarnt als „Personalisierung“, entwickelt, die den einst propagierten Prinzipien der Offenheit und Anonymität12 diametral entgegenlaufen. So hat sich auch das Web in den 24 Jahren seiner Existenz paradigmatisch gewandelt, von einer aktiv zu nutzenden Technologie (insbesondere die Browser Netscape Navigator und Internet Explorer waren stilprägend für die Exploration des offenen World Wide Web) zu einem Push-Medium, das den Nutzern die Informationen maßgeschneidert und personalisiert auf geschlossenen Internet-Plattformen wie Spotify, Netflix oder Youtube liefert (C. Anderson & Wolff, 2010). Mit dem Bezug auf die digitale bzw. Informationsethik lassen sich solche technologiedeterministischen Entwicklungen kritisch reflektieren im Sinne einer „[…] Reformulierung auch grundlegender anthropologischer Kategorien […] ohne dabei in leichtfertiger und euphorischer Technologieakzeptanz Kritikfähigkeit preiszugeben und auf Korrekturforderungen zu verzichten“ (Henrichs, 1995, S. 29). Genau darum geht es bei der Rückbesinnung auf die eigene Beschränktheit angesichts der (drohenden) Übermacht der Maschinen, die ein zentrales Motiv der humanistischen Lehre wieder aufgreift, das am Entfremdungsbegriff 13 ansetzt und dem es darum geht, bestehende Verhältnisse als unmenschlich zu entlarven. Deutlich wird hier eine Verschiebung der Konnotation von Entfremdung: War sie über lange Zeit bis zum Deutschen Idealismus positiv geprägt und konstitutiv für die moderne Bildungstheorie – z.B. bei Wilhelm von Humboldt, der Entfremdung als systemnotwendig und strukturbedingend für Bildung sah, dabei jedoch kultur- und sozialkritische Zusammenhänge ausblendete (Mertens, Frost, Böhm, Koch, & Ladenthin, 2011) – kommt es seit dem Marxismus und der Kritischen Theorie zu deutlich negativen Einschlägen (Schmid, 1984). Stilprägend wirkte das 1964 erstmals erschienen Buch „Der eindimensionale Mensch“ von Marcuse (1978), das entgegen des damals dominierenden Dualismus von Ost und West eine eigenständige Totalitarismuskritik entwickelte. Die Stoßrichtung ist nun dystopisch, ein Ausweg aus den pervertierten Überwachungsfantasien – sei es in literarischer Form wie in der Figur des Big Brother (Orwell) oder in konkret politischer Ausprägung (NSA) – scheint mittels Bildung schwieriger geworden zu sein. Über die Konkretisierung digital-anthropologischer Prinzipi-
12 Bereits 1993 veröffentlichte Peter Steiner den Cartoon „On the Internet, nobody knows you’re a dog“, der sich später gewissermaßen zu einer Ikone der Anonymitätsbewegung entwickelte (Fleishman, 2000). 13 Zur Begriffsgeschichte von Entfremdung siehe Maurer (1973).
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en, z.B. zum Datenschutz, lässt sich diese Kluft überwinden und bildet einen Schritt zur Demokratisierung und Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements („digitale Bürgerrechte“), der sich weder primär normativ ableitet, wie im klassischen Bildungsdenken der Aufklärung, noch gesellschaftskritisch, wie in der Kritischen Pädagogik der 1960er und 1970er Jahre (Mollenhauer, 1977), sondern auf Grundlage geänderter Rahmenbedingungen der digitalen Gesellschaft. Diese sehen das Individuum nicht länger als passiv, den technologischen Veränderungen hilflos ausgesetzt und mit Hilfe umfangreicher Expertisen zur Technikfolgeabschätzung geschützt14, sondern als aktiv Beteiligten. Es wird dabei also nicht über Personen gesprochen, so wie in der hitzigen Debatte zur „Digitalen Demenz“, die in einem alarmistischen Duktus Gefahren der Digitalisierung aus neurowissenschaflicher Perspektive heraufbeschwört und dabei keine Auseinandersetzung zur Frage des Aufwachsens in der digitalen Gesellschaft leistet (Kammerl, 2014), sondern mit ihnen. Die bislang strikte Grenzziehung zwischen Maschinen, die von spezialisierten Programmierern entwickelt und dann von Nutzern genutzt wurden, verschwindet immer mehr15 und die von Sir Tim Berners-Lee in den 1990er Jahren vorgestellte Idee des Webs als Social Machine nimmt konkrete Formen an. „Social Machine“ steht für eine Gleichberechtigung von Mensch und Maschine und kann als „[…] assemblies of manually executed and machine-driven services and the interaction of such services“ (Shadbolt u. a., 2013, S. 1) definiert werden. Wikipedia stellt hier das wohl bekannteste Beispiel dar. Weitergedacht wird die Verschmelzung von Technik und Mensch als emanzipatorische Medienpädagogik, so beispielsweise in dem programmatischen Buch „Edupunks, Edupreneurs, and the Coming Transformation of Higher Education“ von Kamenetz (2010), der jedoch ein naiver Technikbegriff zugrunde liegt:
14 Historisch betrachtet zeichnen sich dabei ganz bestimmte „Standardsituationen der Technologiekritik“ ab, wie Passig (2013) in ihrem gleichnamigen Essay herausarbeitet. 15 Der deutsch-US-amerikanische Informatiker und Gesellschaftskritiker Joseph Weizenbaum schrieb bereits 1976, dass die Vorstellung des Computers als von Experten entwickelte „Wundermaschine“, die auch nur von diesen zu verstehen ist, die dahinter liegende Entwicklung verschleiert. Dabei geht es um die Idee, dass „[…] all of us have made the world too much into a computer, and that this remaking of the word in the image of the computer started long before there were any electronic computers. Now that we have computers, it becomes somewhat easier to see this imaginative transformation we have worked on the world. Now we can use the computer itself – that is the idea of the computer – as a metaphor to help us understand what we have done and are doing“ (Weizenbaum, 1976, S. ix).
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„Technology upsets the traditional hierarchies and categories of education. It can put the learner at the center of the educational process. Increasingly this means students will decide what they want to learn; when, where, and with whom, and they will learn by doing“ (S. X).
Mit dieser einseitigen Perspektive – Technologie als Befreiung von sozialen und ökonomischen Fesseln – wird der komplexe Prozess der Entwicklung und Gestaltung von Technologien ausgeblendet. In diesen Vorgängen werden bestimmte Vorstellungen der Nutzungsweisen „eingeschrieben“, die den nachträglich zugeschriebenen Potentialen zuwider laufen können (Knox, 2013). Mittlerweile hat sich die „Hacking Education“-Bewegung zu einer industrialisierten Form neoliberaler Bildungspolitik entwickelt und entsprechend offensiv beworben: „Ditch the lectures, save tens of thousands, and learn more than your peers ever will“ (D. J. Stephens, 2013). Reflektierter ist im Vergleich dazu der Ansatz der Digital Solidarity (Stalder, 2013), der Technik als Ausgangspunkt struktureller Transformationen mit weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen betrachtet: „They offer a chance to remake society in a particular way, through reinventing social solidarity and democracy, be it in the digital networks of informational co-operation or in the common appropriation of physical spaces“ (S. 13).
Bereits in der sog. Prä-Facebook-Ära, Mitte der 1990er Jahre gab, es eine netzkulturelle Bewegung, die um Partizipation und Selbstbestimmung kreiste und nach Möglichkeiten des Internets für neue kulturelle und politische Initiativen suchte, was aber angesichts der Marktmacht von Internetgiganten wie Google, Facebook und Amazon in Vergessenheit geraten ist (Apprich & Stalder, 2012). Allerdings gibt es ungeachtet dieser Solidaritätsschübe auch Ausgrenzungsmomente, ausgelöst durch einen (neo-)imperialistischen Digital Divide, wobei es nicht nur um die Auswirkungen der ungleichen Qualität technischer Infrastruktur (z.B. in Zusammenhang mit dem Breitbandausbau) geht, sondern auch um kulturelle Aspekte. Denn die meisten Cyberspace-Visionen der Demokratisierung und globalen ökonomischen Prosperität entspringen einem von der westlichen Welt geprägten Diskurs, der um Begriffe wie „Global Village“ (McLuhan), „Being Digital“ (Negroponte) oder „The Rise of the Network Society“ (Castells) kreist. Damit kommt es zur paradoxen Situation, dass gut gemeinte Versuche, die Welt zu vernetzen einerseits zu einer „computer-mediated colonization“ (Ess, 2002, S. 12) führen, anderseits gibt es aber auch zahlreiche Beispiele, dass kulturelle Vielfalt durch Technologien unterstützt werden kann (so zum Beispiel mit Pro-
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jekten wie Wikipedia oder Open Culture) und es zur Herausbildung von Teilöffentlichkeiten im Habermaschen Verständnis kommt. Damit eröffnet sich eine fruchtbare Anschlusslinie, um Open Educational Resources jenseits ökonomischer Verwertungslogik und kultureller Hegemonie als Wiederbelebung (neo-) humanistischer Ideale (individuelle Höherbildung, gesellschaftlicher Fortschritt) und als Maßstab für moralische Integrität (Cyberethik, verantwortungsvoller Umgang mit offenen Bildungsressourcen, Selbstverpflichtung zum Teilen und zur Transparenz) zu fassen. Der hier entwickelte digitale Humanismus, so die zusammenfassende These, lässt sich somit als komplexes, nicht additives Zusammenspiel verschiedener sozio-kultureller Prozesse beschreiben, die durch technologische Entwicklungen katalysiert werden. Mit dem Bildungsbegriff von Humboldt (freieste und regeste Wechselwirkung zwischen dem Ich und der Welt) wird ein fundamentaler Anspruch formuliert, ein gewissermaßen frei schwebenden Anspruch (Bildung des Menschen als Grundlagenbildung und nicht Bildung zu irgendeinem Zweck bzw. als enzyklopädische Ansammlung von Kenntnissen), dessen Wirkungskraft jedoch von gesellschaftlichen Bedingungen abhängig ist und von diesen gerahmt wird. Die nach 1848 aufkommende Restauration und der erwachende deutsche Nationalismus geben hierfür ein eindrucksvolles Beispiel, da durch politische und soziale Bewegungen „Humboldts universeller ästhetischer Humanismus der Befreiung des Menschen […] in sein Gegenteil verkehrt [wurde]“ (Hörner, 2008, S. 21, Einfügung: MD). Der nationalen Überformung und Korrumpierung des Bildungsgedankens kann einerseits durch die Tradition der Volksbildung als „diffuse Gemengelage“ (Tenorth, 1994, S. 32) mit philanthropischen, religiösen und ökonomischen Einflüssen sowie andererseits durch die universalistische, cyberutopistische OER-Bewegung begegnet werden. Es ist dabei vor allem der durch digitale Technologien und liberale Lizenzierungsmodelle („some rights reserved“ anstelle von „all rights reserved“) katalysierte Wert „Teilen (Sharing)“, der ein Menschenbild impliziert, das mit dem klassischen Humanismus eine hohe Ähnlichkeit aufweist. Teilen führt zu einer kulturellen Vielfalt – wenngleich (noch) eine Hegemonie nordamerikanischer und europäischer Inhalte zu konstatieren ist –, die wiederum Voraussetzung für Bildung als reflexiver Prozess der Persönlichkeitsentwicklung bzw. -bildung ist. Die kulturelle Vielfalt erweitert die materielle Basis des traditionellen Bildungsbürgertums (Fokussierung auf klassische Literatur) auf egalitäre Weise, da jeder Mensch zur sozialen Partizipation („Sharing is caring“) aufgerufen ist. Die selbst produzierten Inhalte lassen sich nicht einem Bildungskanon als sozial vereinbartem, politisch sanktioniertem und ökonomisch protegiertem Wissensbestand zuordnen, sondern schaffen einen
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alternativen Wissensspeicher, der durch die oftmals fehlende Qualitätskontrolle Voraussetzungen für Bildung als kritische Auseinandersetzung mit der Welt schafft. Dies soll jedoch verbindliche Curricula nicht in Abrede stellen, sondern als deren Erweiterung im Zusammenhang mit einer bestimmten Zielgruppe (Erwachsene) und einer bestimmten Lernform (lebenslanges Lernen). Mit der zunehmenden Penetration technologischer Werkzeuge steigt der Bedarf nach ethischer Reflexion im Angesicht der Gefahr der Selbstüberhöhung des Menschen bzw. der Gefahr, dass Technik zu einer „[…] Ersatzideologie für die abgebauten bürgerlichen Ideologien“ (Habermas, 1969, S. 93) wird. Die in den letzten Jahren aufkommenden Komposita (digitale Ethik, Cyber-Ethik, Netzethik) sind Ausdruck eines Aushandlungsprozesses von gewandelten Lebensbedingungen, d.h. der Einsicht, dass politische und soziale Lebensbedingungen in zunehmenden Maße von digitalen Technologien abhängig sind. Der durch Open-Access-Praktiken und liberale Lizenzierung verbesserte Zugang zu Informationen ist nicht als humanitäre Segnung zu begreifen, sondern als Ausgangspunkt bzw. Anlass zur Reflexion über die Bedingungen, deren Zustandekommen und ihrer Wirkungsweisen, was als „Hermeneutik der Informationstechnologie“ (Capurro, 2003, S. 23) bezeichnet werden kann. 3.1.4 Open Educational Resources als digitale Heterotopie Die Besonderheit von Open Educational Resources lässt sich neben der im letzten Abschnitt geschilderten Figur „Digitaler Humanismus“ auch als eine Heterotopie bezeichnen, was nach Foucault (2013) einen „Gegen-Ort“ bzw. „[…] Ort ohne Ort, die durch ihre spezifische Seinsweise etablierte Raumordnungen untergraben“ (Klass, 2014, S. 264) darstellt, der einerseits Anomalitäten verdichtet ausdrückt und anderseits immer in Beziehung mit einer Vielzahl anderer gesellschaftlicher Räume. Entstanden ist dieser Ort im Kopf der Menschen „[…] im Zwischenraum zwischen ihren Worten, in den Tiefenschichten ihrer Erzählungen oder auch am ortlosen Ort ihrer Träume, in der Leere ihrer Herzen, kurz gesagt, in den angenehmen Gefilden der Utopien“ (Foucault, 2013, S. 9). Heterotopien stellen „[…] Gegenplatzierungen oder Gegenlagen zu einer Leitkultur oder Gesellschaftsordnung“ (Kraus, 2013, S. 162) dar und sind keine „naturgegebenen“ Dinge, sondern „[…] Orte, deren Bedeutung […] diskursiv überformt“ (ebenda) sind. Dementsprechend wandeln sich Heterotopien, lösen sich auf und bringen andere zum Verschwinden, können wie am Beispiel des Friedhofs jedoch sehr zeitstabil sein (wobei Foucault hierbei die räumlichen Veränderungen hervorhebt, so dass Friedhöfe vom Zentrum der Stadt bzw. des Dorfes an die Peripherie gedrängt wurden).
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Der Begriff Heterotopie entstammt der Medizin, wo er ein Gewebe bezeichnet, das an einem unüblichen Ort erscheint, einem Ort, an dem es nicht sein sollte. Das Foucault-Handbuch referenziert daneben noch das Projekt der „Heterologie“ von Georges Bateilles, das „[…] versammelt, was an Heterogenem bei der Produktion homogener Ordnungen entsteht und durch Verbot und Tabu ausgeschlossen wird“ (Klass, 2014, S. 264). Foucault entwickelt daraus die Idee der Abweichungsheterotopie, was als Ort, an dem Menschen mit abweichendem Verhalten untergebracht sind verstanden wird, so z.B. in Gefängnissen oder psychiatrischen Anstalten (Diebäcker, 2014, S. 99). Zur Anwendung kommt dabei ein „[…] System der Öffnung und Abschließung […], welches sie von der Umgebung isoliert“ (Foucault, 2013, S. 18). Zum Eintritt in solch abgeschlossene Räume gibt es bestimmte Rituale, z.B. der Reinigung für religiöse Gemeinschaften. Mit dem regulierten System des Zutritts grenzen sich Heterotopien nicht nur von den angrenzenden Räumen ab, sondern sie stellen diese in Frage, dadurch dass sie eine „[…] Illusion schaffen, welche die gesamte übrige Realität als Illusion entlarvt, oder indem sie ganz real einen anderen realen Raum schaffen, der im Gegensatz zur wirren Unordnung unseres Raumes eine vollkommene Ordnung aufweist“ (ebenda, S. 18f.). Foucault verwirft damit die Vorstellung einer einheitlich geordneten Gesellschaft zugunsten „[…] eines Netzes unterschiedlicher Ordnungen, das für stete Unruhe und eine Verschiebung der Machtverhältnisse sorgt; eine Gesellschaft, die kein Machtzentrum besitzt, in deren Zentrum anstelle der Wissenschaft oder Utopie die Erfahrung eines (gesellschaftlichen) Lebensraumes steht, die dazu einlädt, neue Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu entdecken“ (Vöcklinghaus, 2009, S. 232f.). Die Rezeption des Heterotopie-Konzepts erstreckt sich nicht nur auf naheliegende Disziplinen wie die Architektur, sondern mittlerweile auch auf die Pädagogik und lotet dabei z.B. den Schulraum im Spannungsfeld stadtbildnerischer, ökonomischer, technischer, ökologischer und ästhetischer Kriterien aus (Böhme & Herrmann, 2009). Die in der frühen Open-Education-Phase der 1960er und 70er Jahre propagierte enge Verbindung von Schularchitektur und Schulentwicklung zeigt die zumindest explizite, d.h. architektonisch unterfütterte Ausformulierung des Openness-Begriffs und bietet einen weiteren Ansatz für eine pädagogische Heterologieforschung. Im Anschluss an die wissenssoziologischen und kulturanthropologischen Arbeiten von Bruno Latour (insbesondere das Buch „Das Parlament der Dinge“, 2012) mit denen er das Konzept der „symmetrischen Anthropologie“ entwickelt, wird das Eigenleben der Dinge, die über eine eigene ontische Wahrheit verfügen, betont, d.h. den Dingen wird die Kraft zum Widersetzen zugesprochen, was wiederum hilft „[…] Erziehungshandeln und Erziehungskonzepte, die in eine
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Disziplinarordnung einmünden, kritisch zu hinterfragen“ (Kraus, 2013, S. 163). Die sog. „Pädagogik der Dinge“ (Nohl, 2011) schafft weiterhin eine für die Bildungstheorie interessante Schwerpunktverschiebung, indem Dinge – hier gedacht als Weltrepräsentationen, denen sich das Subjekt eigenmächtig „bedient“ – nicht länger als „objektiven Gegenpol“ versteht, sondern als „integralen Bestandteil von Bildungsprozessen“ (Jörissen, 2014). Darüber hinaus lässt sich, anknüpfend an die zuvor entfaltete These des Digitalen Humanismus, OER als digitale Heterotopie verstehen, was im Folgenden genauer ausgeführt wird. OER sind eine Heterotopie, d.h. ein real existierender (virtueller) Raum, der als Brennglas einer historischen Kultur funktioniert. Mit dem Entschluss des Massachusetts Institute of Technology (MIT), bekannt gegeben auf einer Pressekonferenz am 4.April 2001 (MIT News, 2001), dass ab sofort die Materialien aller angebotenen Kurse frei über das Internet angeboten werden, trat ein weltweit sichtbarer Akteur – auch als „flagship of the OER investments“ bezeichnet (Atkins u. a., 2007, S. 8) – in die seit einigen Jahren geführte Debatte um das Teilen von Lehrmaterialien ein. Daraus entstand das weltumspannende Netz des OpenCourseWare Consortium, das seit April 2014 unter dem Titel „Open Education Consortium“ firmiert und aktuell [Oktober 2014] über offene Materialien aus 26611 Kursen von 80 Anbietern verfügt 16. Das gerne und oft geäußerte Argument, die Universitäten schliessen sich dem OCW/Open Education Consortium allein aus Prestige und damit finanziellem Interesse an, greift vor dem Hintergrund der cyberutopistischen Bewegungen sowie neuerer Strömungen der digitalen Solidarität (Stalder, 2013) zu kurz. Die OER-Heterotopie katalysiert damit eine seit längerer Zeit existierende (Netz)Kultur und geht mit einer „[…] zuweilen subversive[n] bis parasitäre[n] Anpassungs- und Anschlussfähigkeit an bereits vorhandene Denktraditionen“ (Moebius & Quadflieg, 2011, S. 13) heran. Daneben gibt es zahlreiche offene Plattformen im Netz, die OER anbieten, d.h. es entstehen zahlreiche offene Räume, in denen gegen gesellschaftliche Konventionen der Distribution digitaler Materialien agiert wird. Der Vormarsch der Computer erstreckte sich spätestens seit den 1990er Jahre auf schulische, universitäre und betriebliche Formen der Aus- und Weiterbildung und wurde unter dem Schlagwort „E-Learning“ bekannt, doch unterlagen diese dort erstellten und verbreiteten Materialien zumeist dem Urheberrecht, d.h. schränkten Lehre-
16 http://www.oeconsortium.org/courses
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rInnen und LernerInnen stark ein. Freie Lizenzen (wie CreativeCommons, siehe unten) sorgten dafür, dass OER überhaupt erst entstehen und sich dann dank digitaler Technologien weiter verbreiten konnte. Die OER Gegen-Räume sind vergleichbar mit den frühen cyberutopistischen Bewegungen, die weiter oben im Abschnitt „Digitaler Humanismus“ skizziert wurden. Die OER-Heterotopie verfügt über spezifische Ein- und Ausschlusssysteme, mit denen sie ihre Wirksamkeit entfaltet Open Educational Resources sind einerseits Teils des weltweiten Internets, andererseits grenzen sie sich durch Teilnahmeregeln davon ab und konstituieren so einen autonom verwalteten digitalen Raum. So sind OER konstitutiv an die liberale Lizenzierung (z.B. über CreativeCommons) gebunden, was den NutzerInnen weitgehendere Rechte zubilligt als beim Standardurheberrecht. So definiert die Pariser Erklärung OER als „Lehr-, Lern- und Forschungsressourcen in Form jeden Mediums, digital oder anderweitig, die gemeinfrei sind oder unter einer offenen Lizenz veröffentlicht wurden, welche den kostenlosen Zugang, sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen erlaubt. Das Prinzip der offenen Lizenzierung bewegt sich innerhalb des bestehenden Rahmens des Urheberrechts, wie er durch einschlägige internationale Abkommen festgelegt ist, und respektiert die Urheberschaft an einem Werk“ (UNESCO, 2012)
und legt damit klare Spielregeln fest, die darüber bestimmen, wer an der gelebten Utopie – eigene Materialien ohne direkte Gegenleistung für eine in größten Teilen unbekannte Masse kostenlos zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung zu stellen – teilnehmen darf und wer nicht. Das von Foucault (2013) beschriebene zwanghafte Moment der Eingangsund Reinigungsrituale findet sich auch in der OER-Bewegung, wie die kontroversen Auseinandersetzungen zu den CreativeCommons Modulen „non commercial“ (NC) und „share alike“ (SA) zeigen (Morrison, 2013). Es bilden sich dadurch weitere Unterräume der OER-Heterotopie heraus: Im nichtkommerziellen Raum wird beispielsweise streng darauf geachtet, dass OER keine kommerziellen Zwecke erfüllen. Damit ergeben sich scharf umkämpfte Konfliktlinien, die im Kern um Machtfragen kreisen: Wer legt mit welchen Machtmitteln bestimmte Open-Standards fest?
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Die Charakterisierung von OER als gelebte Utopie bzw. Heterotopie begründet sich durch ihre Transformation der früheren Open Education Bewegungen (1960er und 70er Jahre) Ein zentrales Kriterium für das Scheitern der schulpädagogischen Reformströmungen liegt in der geringen Operationalisierbarkeit von Begriffen wie Offener Unterricht oder Offene Schule, worauf Lenzen (1976) sehr deutlich hingewiesen hat. Fehlendes kollektiv geteiltes Verständnis darüber, was mit offenem Unterricht überhaupt gemeint ist, bedingt aber nicht nur die dünne empirische Befundlage zur Wirkungsweise offener Methoden, sondern ist auch dafür verantwortlich, dass Open Education nie den Status einer (sehr weit entfernt liegenden) Utopie verlassen konnte. Prägend wirkte dabei sicherlich ein generell stark pädagogisierender und psychologistischer Diskurs der 1970er Jahre, der durch ständige Selbstreflexion und einen starken Fokus auf kollektive Identitätsbildung gesellschaftliche Verhältnisse verbessern wollte. Trotz aller Unkenrufe, die das Scheitern gesellschaftlicher Visionen verkündeten, schaffte u.a. die Umweltbewegung politische und damit gesellschaftliche Veränderungsprozesse anzustoßen, d.h. Ideale (saubere Umwelt, hohe ökologische Standards) sedimentierten sich in gesellschaftlicher Realität und veränderten diese sicht- und spürbar. Open Educational Resources schufen mit ihrer Gründung eine Transformation von reformpädagogischen Utopien zu konkreten Handlungsempfehlungen (Lehr- und Lernmaterialien möglichst frei zu lizenzieren und anderen zur Verfügung zu stellen) und verbindlichen Werten (Bildung als kollektives Gut). Die nach relativ kurzer Zeit feststellbaren Veränderungen in den Policies nationaler und internationaler Stiftungen und Forschungsfördereinrichtungen sowie der steigende Einfluss auf nationale Bildungspolitik sind dafür ein deutlicher Beleg. Erstaunlicherweise scheint diese Transformation weniger einem Lerneffekt aus der Vergangenheit, sondern eher technologischen Innovationen geschuldet zu sein, die wiederum juristische Implikationen nach sich zogen. Denn konstitutiv für die Definition von OER ist die Tatsache, dass durch das Internet Inhalte sehr leicht weltweit verbreitet und ausgetauscht werden können durch die Selbstverpflichtung, diese juristisch verbindlich offen zu lizenzieren. Diese „Engführung“ durch die technologische und juristische Infrastruktur gab es bei der frühen Open-Education-Phase nicht, sondern es handelte sich um einen offenen Möglichkeitsraum, der diskursiv erschlossen wurde. Als problematisch erwies sich dann der fehlende Konsens über Formen schulischer oder außerschulischer Open Education, so dass ein real existierender Gegen-Ort sowie ein machtvoller Gegendiskurs nicht entstehen konnten.
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3.1.5 Open Education als Transformation von Bildungsprozessen Die eingeführte These der Verwandten Seelen verband zwei „statische“ Diskurslinien: Zum einen die klassische Bildungstheorie von Humboldt als deskriptive Beschreibung eines Wechselwirkungsmechanismusses zwischen Mensch und Welt, sowie zum anderen die Strömung der Open Educational Resources (OER) als klar definierbare, digitale Heterotopie, die sich ähnlich wie der klassische Humanismus mit dem Medium der Sprache als geistige Schicht über die weltweit gespannten digitalen Netze legt. Diese beiden Komponenten lassen sich vor dem Hintergrund ihres statischen Charakters argumentativ miteinander verknüpfen und bieten einen fruchtbaren Nährboden für die Diskussion zum digitalen Humanismus. In diesem Abschnitt werden die strukturellen Komponenten nochmals aufgegriffen und erweitert bzw. dynamisiert, indem transformative bzw. strukturale bildungstheoretische Ansätze mit den Entwicklungen rund um Open Educational Practices (OEP) verknüpft werden. Damit lässt sich zeigen, dass die strukturale Bildungstheorie, die durch „[…] Kontextualisierung, Flexibilisierung, Dezentrierung, Pluralisierung von Wissens- und Erfahrungsmustern, also durch die Eröffnung von Unbestimmtheitsräumen gekennzeichnet“ (Marotzki & Jörissen, 2010, S. 19) ist, prototypisch die Anforderungen des Lernens in offenen OnlineKursen zum Ausdruck bringt. Anders formuliert sind MOOCs als eine charakteristische Bildungsform der „Wissensgesellschaft“ zu verstehen, die eine hohes Potential für Subjektivierungsprozesse besitzen sowie einen „[…] Ort der Manifestation und Artikulation von Weltsichten“ (ebenda) darstellen. Mit dem Diskurs rund um das Thema „Wissensgesellschaft“ wird das Thema Lernen hauptsächlich auf Erwerb von Faktenwissen reduziert, ohne die von Mittelstraß (2001) immer wieder geforderte Frage nach der Orientierungskraft solcher Wissensformen zu diskutieren. Marotzki und Jörissen (2010) argumentieren vor diesem Hintergrund für eine breitere, über lerntheoretische Ansätze hinausgehende Fundierung und entwickeln ausgehend von der Grundlegung der strukturalen Bildungstheorie (Marotzki, 1990) drei Aspekte strukturaler Medienbildung: (1) Orientierung als Fähigkeit des Umgangs mit Kontingenz, (2) Flexibilisierung und (3) Tentativität. Diese werden als paradigmatisch für die Orientierung in postmodernen Gesellschaften betrachtet (siehe dazu auch den nächsten Abschnitt), wo es immer auch um ein „Einlassen auf Anderes und Fremdes“ (Marotzki & Jörissen, 2010, S. 23) geht. Der Beitrag der Medien für strukturale Bildungsprozesse wird allerdings nur sehr allgemein mit Verweis auf „neue In-
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formationstechnologien“ (S.20) diskutiert und blendet die bildungstheoretisch bedeutsame Open Education Bewegung aus (Deimann, 2014b). Im Folgenden wird daher der Versuch einer Re-Formulierung der strukturalen Bildungstheorie vor dem Hintergrund der bisher erarbeiteten Bildungsprinzipien von Open Education vorgeschlagen. Die prinzipielle Grundlegung lässt sich mit der These der verwandten Seelen ausformulieren und bezieht sich in Kurzform auf die strukturelle Kopplung der beiden Systeme Open Education und Bildungstheorie im Hinblick auf (a) Menschenbild, (b) Rolle von Technologien, (c) Wirkprinzipien und (d) gesellschaftliche Vorstellungen zu Bildung. Bildung und Open Education ist ein holistisches Menschenbild zu eigen, das sich auf das dialektische Prinzip „Einheit und Vielheit“, beschrieben von Humboldt in seiner fragmentarischen Bildungstheorie zurückführen lässt. Die einzelnen Kräfte des Menschen streben nach Veredlung als Ausbildung einer Persönlichkeit, d.h. ein gebildeter Mensch ist derjenige, der sich in differenzierter Auseinandersetzung mit der Welt zu einem reflektierten, autonomen Selbst entwickelt hat. Dieses Selbst ist individuell verschieden, je nach Grad der inneren Kräfte bzw. Anlagen und deren Interaktion mit der äußeren Umwelt. Eine Spezialisierung auf bestimmte Fähigkeiten, wie z.B. die aktuell breit diskutierten ökonomischen Kompetenzen, wird abgelehnt, da dies immer zu Lasten anderer Fertigkeiten, z.B. künstlerische, gehen würde. Ungeachtet der praktischen Umsetzung, die in den Bereich der Bildungspolitik fällt, lässt sich aus bildungsphilosophischer Sicht am Menschenbild des Deutschen Idealismus festhalten, dass es ein wirkungsmächtiges Korrektiv zu sich rasch verändernden gesellschaftlichen Grundlagen darstellt. Es ist vielmehr eine kollektive, historisch gewachsene Errungenschaft, den Menschen als emanzipiertes, reflexives und bildungsfähiges Wesen zu charakterisieren. Gleichwohl soll die Gegenthese der postmodernen Bildung – die Position hält das klassische Bildungsideal für eine Illusion und postuliert stattdessen eine gesellschaftliche Konstruktion des gebildeten Menschen – nicht außer Acht gelassen werden (siehe dazu den folgenden Abschnitt). Open Education, insbesondere während der frühen Phasen, folgte ebenfalls einem normativen Menschenbild, das sich stark auf die Überlegungen von Rousseau bezieht. Der Mensch wird dabei als von Natur aus gut betrachtet, der vor den (negativen) Einflüssen der Gesellschaft geschützt werden müsse. Daraus folgen pädagogische Maßnahmen, die auf möglichst freie Entfaltung des (jungen) Menschen abzielen, ohne diese jedoch bildungstheoretisch zu begründen. Zwar werden von Autoren wie Freire (1996) oder Illich (1971) umfangreiche und auch schlüssig argumentierende Arbeiten für eine offene Bildung vorgelegt, diese lassen tiefere anthropologische Diskurse, die auch jenseits des deutschen Bildungsbegriffs anzutreffen sind (z.B. Biesta, 1998), jedoch unberücksichtigt.
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Die antropologisch-theoretische Auseinandersetzung ist somit einseitig restriktiv bzw. doktrinär und blendet Momente aktiver, durch andere unterstützte Bildungsprozesse aus. Ebenso negiert diese Position die Möglichkeit, dass in der Auseinandersetzung mit der „bösen“ Umwelt Widerstände und Reibung entstehen, die konstitutiv für Bildungsprozesse sind, wie in den Theorien von Marotzki (1990) und Koller (1999) postuliert. Entgegen einer solchen Abwehrposition, wie sie die auf Befreiung ausgerichtete Open Education Bewegung zum Ausdruck bringt, argumentierte bereits 1959 der Bildungstheoretiker Theodor Litt in seiner Schrift „Das Bildungsideal der deutschen Klassik und die moderne Arbeitswelt“: „Ein halbes Jahrhundert ist dahingegangen, seitdem Kerchensteiner der pädagogischen Welt einen neuen Impuls zu geben versuchte. Er hat der Trias Naturwissenschaft – Technik – Produktion eine Entwicklung beschert, wie sie selbst die kühnste Phantasie nicht zu erträumen gewagt hätte, und jeder Tag lässt uns von neuem verspüren, mit welchem Ungestüm uns der ,Fortschritt‘ auf der ihm vorgeschriebenen Bahn vorwärtsreißt. Die Empfindungen, mit denen wir diesen Vorgang begleiten, sind von höchst zwiespältiger Art. Auf der einen Seite wissen wir, daß unser eigenes Forschen, Erdenken, Planen, Handeln es ist, durch welches er Realität gewinnt. Er würde unfehlbar aussetzen, wenn wir ihn vorwärtszutreiben aufhörten. Aber auf der anderen Seite können wir uns des Gefühls nicht erwehren, als ob wir in unserer Bewußtseinshaltung, mit unserem deutenden Verstehen, immer hilfloser hinter dem durch uns selbst entfesselten Geschehen zurückbleiben. Die Dinge, die wir selbst hervorbringen, entgleiten uns und entwickeln ein Eigenleben, an das wir mit unseren Erklärungen, Auslegungen, Mutmaßungen nicht heranreichen. Dieses Mißverhältnis macht sich auch in den Bemühungen geltent, die darauf gerichtet sind, der uns beanspruchenden gesellschaftlichen Wirklichkeit durch eine Erziehung bzw. Erziehungstheorie gerecht zu werden, die ihr zukommen läßt, was ihr gebührt, dabei aber den Menschen davor bewahrt, durch sie verschlungen zu werden. Diese Bemühungen können nicht anders als erfolglos bleiben, solange sie an einer Idee der Menschenbildung festhalten, die in polemischer Absicht der genannten Wirklichkeit konzipiert ist“ (Litt, 1959, S. 74).
Deutlich macht sich Litt hier stark für eine produktive, ausgewogene erziehungsund bildungsphilosophische Auseinandersetzung mit Veränderungen damals aufkommender Technisierung und Automatisierung der Arbeitswelt. Auch problematisiert Litt Gefühle der Unsicherheit, die sich im Wandel zwangsläufig ergeben und nimmt sie zum Anlass, daraus produktiv eine neue Bildungstheorie zu entwickeln. Somit geht es nicht um eine ebenfalls einseitige Technikeuphorie, die deterministisch den Menschen nach dem Stand der jeweils aktuellen Technik
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bildet. Weder ausschließliche Ablehnung noch vollständige Bejahung des (technologischen) Fortschritts führen also weiter, sondern nur die kritische Auseinandersetzung anhand konkreter Transformationen. Ähnlich wie in der Philosophie Foucaults wird Technik hier als sowohl produktive wie auch negative Kraft verstanden, die zu immer wieder neu entstehenden Konfigurationsmustern führt, von denen Open Educational Resources und Massive Open Online Courses nur zwei Beispiele sind. Allgemeiner formuliert füllt die Technik eine konstitutive und determinierende Rolle in der neueren Open Education Bewegung aus – ohne digitale und soziale Technologien sind OER und MOOCs schlicht unmöglich. Zudem bilden dezentrale Kommunikationsnetzwerke wie Peer-to-Peer wichtige Voraussetzungen für eine „Macht der Vielen“ (Reichert, 2013), mit deren Unterstützung sich Bildungsangebote öffnen und demokratisieren lassen. Andererseits verengen sich gerade bei kommerziellen MOOCs die Partizipationsmöglichkeiten der NutzerInnen auf den „Frontend-Bereich“, d.h. der für NutzerInnen zugängliche Bereich auf Plattformen wie Coursera, wohingegen der Zugang zum „BackendBereich“, wo es um die Verarbeitung riesiger Datenmengen („Big Data“) und deren pädagogische Implikationen („Learner Analytics“) geht, verschlossen bleibt. Technik schafft somit neue Partizipationsmöglichkeiten auf Basis von Reziprozität und grenzt gleichzeitig systematisch durch eine asymmetrische Machtachse aus. Die systemischen Unterschiede zwischen Produktion und Rezeption zu problematisieren und konstruktiv zu bearbeiten, ist eine der zentralen zukünftigen Herausforderungen für den Open Education Diskurs (siehe dazu auch Selwyn, 2014). Gleichwohl stellen technische Aspekte seit einigen Jahren eine der zentralen Hürden bei der Dissemination von OER dar (Deimann & Bastiaens, 2010), wie etwa fehlende Metadaten-Standards, Repositorien oder spezielle OER-Suchmachschinen. Auch die frühen cMOOCs hatten mit technischen Problemen zu kämpfen. In Kursen wie dem #change11 kam es zu einer sehr hohen Anhäufung von digitalen Artefakten (Blogposts, Podcasts, Präsentation etc.), für deren Bewältigung und Organisation keine geeigneten Werkzeuge zur Verfügung standen. Lediglich der Hashtag #change11 fungierte als Bindeglied und konnte beispielsweise in Twitter gefiltert werden. Darüber hinausgehende Möglichkeiten fehlten jedoch. Aus bildungstheoretischer Sicht bilden Technologien und Medien ebenfalls konstitutive Bedingungen, da Welt heute vielfach medial vermittelt ist, sei es durch Bücher, Filme oder digitale/virtuelle „Realitäten“ bzw. erweiterte Realität (Augmented Reality) (de Souza e Silva, 2006). Wirklichkeit wird medialgestützt konstruiert, unterscheidet sich dabei jedoch hinsichtlich der Medialität. Daran
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knüpft die traditionelle Unterscheidung zwischen primären und sekundären Erfahrungen an, die von einer impliziten Wertung ausgeht, wonach möglichst direkte, d.h. nicht durch (Massen-)Medien vermittelt, Erfahrungen pädagogisch wertvoll, da bildungsprägend sind. Mit dem Begriff der „digitalen Lebensstile“ (Moser & Scheuble, 2014) findet die zunehmende Mediatisierung des alltäglichen Lebens Ausdruck und beschreibt zum einen Vernetzung – bekannt geworden insbesondere durch die These der Netzwerkgesellschaft von Castells (2004) – und zum anderen die „reale Virtualität“ (Moser & Scheuble, 2014, S. 78), verstanden als Verschmelzung von Offline und Online. Vernetzung kann jedoch auch die durch cMOOCs emergierten Formen der sozio-technischen Kollaboration bedeuten und eröffnet damit eine wichtige Erweiterung zur Konzeption von Castells (F. Bell, 2010). Was die Wirkprinzipien betrifft, so lassen sich die im cMOOC #change11 (http://change.mooc.ca/) postulierten Schritte des (1) Sammelns von möglichst vielen digitalen Artefakten, (2) Vermischens und Kommentierens der Funde in sozialen Netzwerken und auf Blogs, (3) Neuausrichtens als eigentlichem Lernund Bildungsprozess im digitalen Raum sowie (4) Wiederzurückspeisens in das Netz mit den von Jörissen und Marotzki (2009) vorgeschlagenen Bildungsprinzipien verknüpfen (Deimann, 2014a): 1. Information muss in Wissen transformiert werden Aggregieren digitaler Artefakte (z.B. über RSS oder Twitter Hashtags) und Bearbeiten mit digitalen Werkzeugen (Blogs, Podcasts) Prinzipien des Konnektivismus: Informationen liegen in den Knoten des Netzes; Wissenserwerb als Verknüpfungen von unterschiedlichen Inhalten und Meinungen; Bewusstwerden über die Bedeutung der anderen Lernenden als „social sensemaking“ (Tschofen & Mackness, 2012) 2. Reflexion über dieses Wissen hinsichtlich Genese und Konstitution Reichweite der gerechtfertigten Anwendung Remix und Repurpose der Artefakte zu einem eigenen Produkt; Kommentierung des Entwicklungsprozesses; kontinuierliches Prüfen, welche Inhalte relevant für den Wissenserwerb sind 3. Artikulation der eigenen Haltung im öffentlichen Raum Diskussion und Austausch zu eigenen und fremden Produkten auf sozialen Netzwerken Lernen und Arbeiten mit und an MOOCs kommt somit dem idealtypischen Prozess der Medienbildung, verstanden als „[…] Ergebnis pädagogisch initiierter individueller Lernprozesse, […] das auf ein plateauhaftes Bildungsergebnis (als
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feststellbarem, wie auch immer als vorläufig oder intermediär definiertem status quo) abzielt“ (Jörissen, 2011, S. 86), erstaunlich nahe. Wie es sich tatsächlich verhält, ist eine andere Frage, die sich (wenn auch nur näherungsweise) anhand veröffentlichter empirischer Studien bearbeiten lässt. Forschungsleitend können dabei folgende, von Jörissen (2011, S. 88) im Zusammenhang einer bildungstheoretisch motivierten Medienbildungstheorie artikulierten Ansatzpunkte sein. Dabei geht es grundsätzlich darum, „[…] das Thema Medialität als unverzichtbares Moment im bildungstheoretischen Diskurs auszuweisen“ sowie „[…] im Rahmen der somit begründeten theoretischen und empirischen Forschungsdesigns die Bildungspotenziale unterschiedlicher medialer Architekturen herauszuarbeiten, sie medienpädagogisch einschätzbar und handhabbar zu machen“. Vor dem Hintergrund einer solchen Forschungsperspektive lassen sich MOOC-Studien wie folgt typologisieren. • Standardisierte quantitative und qualitative Befragungen konnektivistischer
MOOCs: Orientiert am pragmatischen Modell des Konnektivismus (Siemens, 2005) und darauf aufbauende offene MOOCs untersuchen Studien kollaborative und partizipative Aktivitäten (für den Zeitraum 2008-2012 liegt eine systematische Literaturanalyse von Liyanagunawardena u. a., 2013 vor). Dabei entsprechen die konzeptionellen Vorgaben des Konnektivismus nicht immer dem methodischen Vorgehen, d.h. Untersuchungen beschränken sich auf sozio-demographische Angaben und Nutzungsgewohnheiten bestimmter Technologien, ohne die eigentlichen digitalen Vernetzungsaktivitäten in den Blick zu nehmen (Bremer & Thillosen, 2013). • Analysen zu „problematischen“ Variablen in e(x)tended MOOCs: Die anfänglich euphorisierte Berichterstattung, ausgelöst durch hunderttausende Teilnehmende, fokussierte nach kurzer Zeit auf die sehr hohen Drop-out-Quoten (zwischen 5%-10%). Paradoxerweise stehen diese im Einklang mit der offenen Politik der MOOCs, d.h. Lernen ist ein individualisierter und frei von äußeren Regularien zu gestaltender Prozess. Auf der anderen Seite wirkt hier ein „major consensus narrative“ (Sterling, 2001) – bestimmte Ansichten, die in der Mehrheit der Bevölkerung weit verbreitet sind und das Weltbild prägen – und sorgt dafür, dass hohe Abbruchquoten als problematisch erlebt werden. In Studien wie „MOOCs Completion Rates and Possible Methods to Improve Retention – A Literature Review“ (Khalil & Ebner, 2014) wird dieses Problem direkt adressiert.
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• Technologisch-fortgeschrittene Verfahren zur Analyse von digitalen Artefak-
ten: In beiden MOOC-Varianten spielen digitale, von Teilnehmenden erstellte und mit anderen geteilte Artefakte eine wichtige Rolle. • Systematische und/oder kursorische Zusammenstellungen: Die systematische Literaturstudie von Chiappe, Martinez Silva und Hine (2015) identifiziert für die frühe MOOC-Phase (2007-2012) eine hohe Bedeutung von Openness, die entsprechend der Vorgaben im Kurskonzept über Technologien erzeugt wurde. Die Verdrängung der cMOOCs durch die video-basierten, auf geschlossenen Plattformen angebotenen xMOOCs führte auch in der Forschung zu einem Perspektivenwechsel, denn ab Mitte bis Ende 2011 rückten institutionelle, ökonomische und hochschulpolitische Faktoren in das Zentrum. Genuin bildungstheoretische Fragestellungen, die am Individuum ansetzen und persönliche Entwicklungsprozesse erfassen und dokumentieren, werden seitdem vernachlässigt. Nicht nur aus forschungsökonomischen Gründen stehen MultipleChoice-Fragebogen und sog. Quizzes zur Analyse deklarativen Wissens hoch im Kurs (Sánchez-Vera & Prendes-Espinosa, 2015). Schließlich sollen noch die gesellschaftlichen Vorstellungen von Bildung in Zusammenhang von Open Education diskutiert werden. Als Ausgangspunkt bietet sich die von Peukert (2000) formulierte „neue Stufe einer reflexiven Kultur“ (S. 511) an, die danach fragt, „wie eine Transformation der gegenwärtigen Verfaßtheit der Gesellschaft erreicht werden kann, so daß insgesamt Überleben möglich erscheint, ohne daß einer immer größeren Anzahl von Menschen eine humane Existenzform verweigert wird“ (ebenda, kursiv im Original). Dabei geht es nach Euler (2003, S. 418) nicht darum, „[…] ob Bildung noch in Humanität zu begründen sei, sondern was unter den veränderten Bedingungen denn Humanität ist, was noch als human zu verteidigen ist bzw. was erst neu als human visiert werden kann“. Der skizzierte „digitale Humanismus“ bietet sich hier als Brückenkopf an, da er einerseits auf die tradierten Werte, die im klassischen Bildungsbegriff von Humboldt ausgearbeitet wurden, rekurriert und diesen andererseits in Anlehnung an die Traditionslinie des Cyberspace und der Cyberutopien fortschreibt. Die Errungenschaften des Cyberspace werden zwar mitunter negativ als Illusion (Morozov, 2011), totale Überwachung (Greenwald, 2014) und damit eher fragwürdig für Bildung (Friesen & Lowe, 2012) gelesen, gleichwohl gilt die aktuelle Epoche als „digitale Mediosphäre“ – ein in der medien-technischen Genealogie von Debray (2003) entwickeltes Konzept zur Beschreibung des spezifischen Zusammenspiels von technischem Medium, symbolischer Form und kollektiver Organisation – und prägt damit die aktuelle und zukünftige Gesellschaft. Die fundamentale Bedeutung digitaler Medientechnologien wird von Meyer
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(2014) in Erweiterung der von Foucault (1973) geprägten epistemé – ein historisches Apriori, das die spezifische Struktur des Denkens einer Epoche konstituiert – als ein medien-kultur-historisches Apriori bezeichnet: „ein epochenspezifisches Set von mit Informations- und Kommunikationstechnologien in koevolutionären Verhältnissen stehende Bedingungen kognitiven, kommunikativen und sozialen Prozessierens – eine Art medieninduzierten, blinden Fleck des Denkens, Wissens, Erkennens“ (Meyer, 2014, S. 153).
Das medien-kultur-historisches Apriori findet seine Ausprägung u.a. in der Omnipräsenz online-gestützter Lebens- und Bildungsformate, so dass in der Regel kein systematischer Unterschied zwischen Lebens- und Medienwelt gemacht werden kann (Grell, Marotzki, & Schelhowe, 2010). Die These der Mediosphäre problematisiert allerdings Zugangsweisen nicht in einem Maße, das nötig wäre, um damit der aktuellen Entwicklungen im Bereich Open Access und Open Educational Resources ausreichend Rechnung zu tragen. So finden sich auch in medienpädagogischen Konzeptionen, die über ein instrumentelles Verständnis (neuer) Medien hinausgehen – eine solche, eher naive Haltung zu Medientechnologie liegt beispielsweise vielen E-Learning Konzeptionen, als einseitige Einwirkung der Technik auf das Lernen und den Wissenserwerb zugrunde (ebenda) – kaum Verweise auf die Komponente der Openness. Somit ergibt sich hier eine interessante bildungstheoretische Anschlusslinie, die unter dem Begriff Open Media Ecoloy bzw. offene digitale Mediosphäre diskutiert werden könnte (siehe dazu Goggin, 2013). Auch die Idee der „offenen Technosphäre“ (Boeing, 2012), die einer geschlossenen, kapitalistisch getriebenen Technosphäre gegenübersteht, bietet hilfreiche Anknüpfungspunkte. Offen ist dabei dreifach bedeutsam: „[…] im Sinne eines offenen Designs, als Transparenz technischer Strukturen sowie als die Freiheit, Entscheidungen über die Nutzung von Technik fällen zu können“ (S. 82). 3.1.6 Ausblick: Open Education als postmoderne Bildung? In diesem letzen Abschnitt der grundlagentheoretischen Rahmung soll eher skizzenhaft und experimentierend eine postmoderne Lesart von Open Education diskutiert werden. Als Ausgangspunkt dient die institutionalisierte Form der Open Distance Education, die als ein (progressives) Kind der Moderne gilt und in dieser Arbeit als pädagogische Reformbewegung behandelt wurde. Prägend für die moderne Form der (offenen) Fernlehre waren die Arbeiten von Otto Peters (z.B. 2010),
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die eine starke Einbettung in die Logik der Fordistischen Produktionsweise (standardisierte Massenproduktion, Taylorismus, Fließbandabfertigung etc.) hatten. Durch die Vorproduktion der Lehr-/Lernmaterialien, die zeitlich genau getaktete Distribution und die standardisierte Leistungsüberprüfung wurde das Fernstudium zur „most industrialised form of teaching and learning“ (O. Peters, 2010, S. 7). Die reformpädagogischen Ziele der Öffnung von Zugängen und der Erweiterung der Zielgruppe (z.B. Menschen mit Behinderung oder in Justizvollzugsanstalten) wurden instrumentalisiert, d.h. das Konzept der Fernlehre wird durch Technologien der Industrialisierung und der Massenmedien „umgesetzt“, wobei die Technik als neutrale Vermittlungsinstanz der pädagogischen Prinzipien verstanden wird (Hamilton & Friesen, 2013). Mit der zunehmenden Kritik am Fordismus ab den 1970er Jahren, die sich u.a. literarisch in dystopischen Gesellschaftsentwürfen manifestierte („Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley), kam es nicht nur ökonomisch, sondern auch pädagogisch zu Weiterentwicklungen. Es ging um die Flexibilisierung der Studienmöglichkeiten im Sinne eines „Open Learning“, das sich von den bislang standardisierten Produktion- und Distributionsprozessen ablöste und zu einem post-fordischen Design überging. Dabei spielten elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eine wichtige Rolle, da sie eine „[…] sophisticated, small-scale, local ,post-Fordis‘ manufacturing of products“ (Evans, 1995, S. 259) erlaubten. Open Distance Education gehörte damit nicht mehr zur Moderne, sondern zur Post- bzw. Spätmoderne (ebenda). Der Übergang von der Moderne zur Postmoderne ist in der Fernstudienliteratur rein ökonomisch begründet, d.h. Transformationen der globalen Wirtschaftssysteme schlagen sich in weniger hierarchischen Produktions- und Arbeitsformen nieder. Daraus wird dann eine technologische Determination für das Fernstudium abgeleitet. Begriffsgehalte, die darüber hinausgehen und insbesondere in der Philosophie und der Soziologie in den 1970er Jahren von Denkern wie Lyotard, Baumann oder Habermas entwickelt wurden, bleiben unberücksichtigt. Damit entsteht ein untertheoretisiertes Fundament für eine postmoderne Open Education. Als Konzept, Begriff, Theorie oder wahlweise als Mode(erscheinung) hat die Postmoderne eine beachtliche Rezeptionsgeschichte hinter sich. So gibt es z.B. Stimmen, die die Postmoderne als „[…] leere Worthülse auf den wachsenden Haufen menschlicher Irrtümer werfen oder ins Reich der Schimären verbannen“ (Zima, 2001, S. 19). Eine ernsthafte Beschäftigung mahnen Andere an und definieren Postmoderne als „[…] eine Konstruktion, […] die für den Zustand der zeitgenössischen europäischen und nordamerikanischen Gesellschaft symptomatisch zu sein scheint“ (ebenda). Für die Beschäftigung mit der „Postmoderne“ ist somit Vorsicht geboten, um sich nicht im terminologischen Irrgarten zu verirren,
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der bei einer reflexhaften, stereotypen und grob vereinfachenden Verwendung des Begriffs für die Analyse komplexer gesellschaftlicher Zusammenhänge entstehen kann (Kühne, 2012). Das Präfix „Post“ soll, auch wenn es hierzu keinen Konsens gibt, signalisieren, dass mit der Moderne etwas nicht stimmt und zwar mit dem „Viersatz von Vernunft, Wissen, Fortschritt und Emanzipation“ (Kühne, 2012, S. 25). Postmoderne ist daher bemüht, Widersprüche, Differenzen und Mehrdeutigkeiten anzuerkennen. Das Infragestellen der Berechtigung großer Erzählungen spielt darauf an, „[…] dass die moderne Gesellschaft das Vertrauen in ihre eigenen Beschreibungen verloren hat, weil sich kein gesellschaftliches Zentrum mehr ausmachen lässt, das solche Beschreibungen mit Legitimität versehen könnte. Abhandengekommen ist so etwas wie ein fixer Fluchtpunkt, auf den hin sich die moderne Gesellschaft orientieren kann“ (Kirchner, 2012, S. 21). Mit dem Bericht „Das postmoderne Wissen“ von Jean-Francois Lyotard (1993) startete die Debatte 1979 zum Zustand des Wissens – als eine grundlegende Kategorie seit der Neuzeit – in (post-)modernen Gesellschaften. Er geht aus von der Arbeitshypothese, „[…] daß das Wissen in derselben Zeit, in der die Gesellschaften in das sogenannte postindustrielle und die Kulturen in das sogenannte postmoderne Zeitalter eintreten, sein Statut wechselt“ (Lyotard, 1993, S. 19). Als Ursache wird eine technologische Transformation (im Bereich z.B. von Kybernetik und Informatik) ausgemacht. In bemerkenswerter Voraussicht der Entwicklungen im Bereich E-Learning konstatiert Lyotard: „Es ist bekannt, wie man durch Normierung, Miniaturisierung und Kommerzialisierung der Geräte schon heute die Verfahren des Erwerbs, der Klassifizierung, der Verfügbarmachung und Ausbeutung der Erkenntnis verändert“ (S. 21f.).
Damit Wissen durch mediale Kanäle frei flotieren kann, ist eine Transformation in Bits und Bytes erforderlich. Dabei geht Lyotard von einer negativen Prognose aus, „[…] daß all das, was vom überkommenen Wissen nicht in diese Weise [Bits und Bytes,] übersetzbar ist, vernachlässigt werden wird, und daß die Orientierung dieser neuen Untersuchungen sich der Bedingung der Übersetzbarkeit etwaiger Ergebnisse in die Maschinensprache unterordnen wird“ (S. 23). Damit ist ein in der aktuellen Open Education Debatte unterrepräsentierter Aspekt angesprochen, der in der Erziehungswissenschaft als „Umgang mit Wissen“ (Thiel, 2007) stärker problematisiert wird. So geht es nun darum, dass die „[…] Produzenten des Wissens sowie seine Benutzer […] von nun ab über die Mittel verfügen [müssen], das in diese Sprachen zu übersetzen, was die einen zu erfinden und die anderen zu lernen trachten“ (Lyotard, 1993, S. 23). Dieses Argument wird in der mittlerweile recht hitzig geführten Debatte zum „Pflichtfach Infor-
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matik“ revitalisiert, an der sich auch ErziehungswissenschaftlerInnen vehement beteiligen (Schmundt, 2013). Wissen wird in post-industriellen Gesellschaften zu einem Wirtschafts- und Machtfaktor, das nur noch für Verwertung geschaffen wird und seinen Gebrauchswert verliert. Damit verändert sich aber auch die Voraussetzungen für Bildung: „Das alte Prinzip, wonach der Wissenserwerb unauflösbar mit der Bildung des Geistes und selbst der Person verbunden ist, verfällt mehr und mehr (Lyotard, 1993, S. 24, kursiv im Original). Die Programmschrift „Das postmoderne Wissen“ konstatiert insgesamt das Ende der großen Erzählungen, womit insbesondere der seit der Aufklärung verherrlichte Fortschrittsglaube gemeint ist. Ähnlich wie die Dialektik der Aufklärung (Horkheimer & Adorno, 1969) verabschiedet sich Lyotard vom Glauben an eine bessere Gesellschaft (u.a. durch technologische Innovationen) und sieht stattdessen nur noch ein Leitprinzip vorherrschend: Nützlichkeit. Es sind für ihn Technokraten, die darüber entscheiden, was Wissen ist und wer dazu Zugang hat. Die Universität mit ihrem Leitbild des „emanzipatorischen Humanismus“ erweist sich als nicht mehr „performativ“, so dass sie „[…] nunmehr angewiesen [ist], Kompetenzen und nicht mehr Ideale zu bilden“ (Lyotard, 1993, S. 142). Im scharfen Duktus schlussfolgert Lyotard: „Die Vermittlung des Wissens erscheint nicht mehr dazu bestimmt, eine Elite zu bilden, die fähig ist, die Nation in ihre Emanzipation zu führen, sondern sie versorgt das System mit Spielern, die in der Lage sind, ihre Rolle auf den pragmatischen Posten, derer die Institutionen bedürfen, erwartungsgemäß wahrzunehmen.“ (Ebenda) Die dystopische Perspektive, die Lyotard in seinem Bereich skizziert, ist zweifelsohne bewusst überzogen, um für neu entstehende Konfliktlinien innerhalb von Gesellschaften zu sensibilisieren. Mit der Open Education Bewegung, so eine der forschungsleitenden Thesen dieser Arbeit, wird ein Gegendiskurs konstituiert, dessen Implikationen für eine postmoderne Lesart im Folgenden herauspräpariert werden. Open Education ist prinzipiell den Versprechungen der Moderne verhaftet und an Aufklärung und Emanzipation durch Bildung orientiert. Da aber der Zugang zu Bildung politisch, sozial und ökonomisch reglementiert ist, arbeitet Open Education aktionistisch an der Überwindung solcher Hürden und verbessert damit die konstitutiven Bedingungen der Moderne. Die Parallelität von Open und „Closed“ Education Ansätzen verdeutlicht, dass Postmoderne keine gänzlich neue Epoche, sondern die Bezeichnung für neue soziale und kulturelle Entwicklungen ist, die sich kritisch mit Zielen, Werten und Handlungsbedingungen der Moderne auseinandersetzen. Es geht bei Moderne und Postmoderne somit darum,
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„[…] gesellschaftliche und historische Problematiken aufzufassen: als sozio-linguistische Situationen, in denen bestimmte Antworten auf bestimmte Fragen gesucht werden, wobei Fragestellungen, die in einer besonderen Situation noch sinnvoll erschienen, im Mittelpunkt der Auseinandersetzung standen und eine Antwort erheischten, in einer späteren Problematik an die Peripherie des intellektuellen Geschehens gedrängt werden oder gar in Vergessenheit geraten“ (Zima, 2001, S. 37, kursiv im Original).
Open Education problematisiert in dieser Hinsicht den institutionell geregelten Zugang zu Bildung sowie die damit verbundenen Chancen (Chancengerechtigkeit) und schlägt vor dem Hintergrund technologischer Innovationen alternative Modelle vor. Die durch OER und offene MOOCs geschaffenen Möglichkeiten zur Partizipation am Weltwissen und der globalen Vernetzung brechen mit dem Modell des „Einheitslernenden“ bzw. der „Normalbildungsbiographie“ (Maaz, 2010) und mit der Logik des biographisch und sozial synchronisierten Lernens (Lernen findet in der Moderne während bestimmter Lebensphasen und in institutionell stark regulierten Kontexten statt). OER sprechen, so ist aus Statistiken des MIT OCW und der TU Delft bekannt, nahezu zur Hälfte bzw. zu mehr als der Hälfe sog. Self-Learners, also Lernenden aus nichtformellen Bildungskontexten, an (T. Anderson & McGreal, 2012). Daneben vergrößern OER aber auch das Angebot in traditionellen Settings und tragen zu einer Vergrößerung und Ausdifferenzierung von Weltverständnis bei. Die Auflösung formalisierter Lehr-/Lernstrukturen – neben MOOCs ist hier vor allem das Konzept des Inverted/Flipped Classroom zu nennen – stellt auch die kodifizierte Praxis der Wissensproduktion und -distribution in Frage. Wissensvermittlung wird pluralisiert und umfasst nicht mehr den Einheitslehrer als „Sage on the Stage“, sondern auch Kollektive mit einem selbstattestierten „Wisdom of the Crowd“ (M. A. Peters, 2010). In der Open Education Literatur wird diese Argumentation als Entlastung des Lehrenden zur Qualitätsverbesserung der Lehre vertreten (Lane, 2008). Der Lehrende ist nicht mehr als Einziger zuständig für die Produktion qualitativ hochwertiger Materialien, sondern wird unterstützt bzw. ersetzt durch soziale Wissensproduktion. Inwieweit dabei tatsächlich eine Entlastung und Verbesserung der Lehre erzielt wird, ist aktuell noch mehr Wunschdenken als durch empirische Evidenz gestützt. OER steht der postmodernen Idee von Wissen nahe und lässt sich beschreiben als ein „[…] riesiger, durch Heterogenität, Brüche und Diskontinuitäten gekennzeichneter geistiger Vorrat von gleichsam nach kreativem intellektuellem Belieben dekomponierbaren und rekomponierbaren Versatzstücken, denen ein innerer Sinnzusammenhang fehle, da als Ergebnis des Erkenntnisganges selbst unwiederbringlich abhanden gekommen“ (Sterbling, 2015, S. 41). Auch dass OER meist kosten-
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los angeboten werden, lässt sich als Bruch (mit den Praktiken des kommerziellen E-Learning) verstehen. Es schimmert hier jedoch auch ein modernistisches Motiv durch, das vom Glaube an Fortschritt durch Bildung ausgeht: „The role of distance education is changing. Traditionally distance education was limited in the number of people served because of production, reproduction, distribution, and communication costs. In the past, schools spent resources to produce a course, and then spent additional resources to reproduce the course, and send it to students. While it still costs a university time and money to produce a course, technology has made reproduction and distribution costs almost non-existent. A course can be sent electronically, or placed online, and any number of students can access the material. This marked decrease in costs has significant implications and allows distance educators to play an important role in the fulfillment of the promise of the right to universal education.“ (Caswell, Henson, Jensen, & Wiley, 2008)
Tatsächlich geht die OER-Bewegung in weiten Teilen von einer modernistischen Zielsetzung aus. So knüpfen Macintosh, McGreal und Taylor (2011) in ihrem Report „Open Education Resources (OER) for assessment and credit for students project“ an die Idee der Universität der Aufklärung, die sich dann in der Industrialisierung zur Massenausbildungsstätte entwickelte, aber immer noch mit dem Ziel der Verbesserung der Gesellschaft durch wissenschaftliches Wissen, an: „Universities are one of a handful of organisations, which survived the Industrial Revolution. It is plausible that history will repeat itself in the digital age. The traditions of rational and reflective practice of the academy will contribute to building sustainable futures for the university and the institution’s rightful place in society as we move forward in the OER world.“ (S. 3)
Dadurch, dass OER der kulturellen Praxis akademischer Hochschullehre untergeordnet werden – was im Bericht vielmehr als Legitimation für die Förderung von OER vertreten wird – verstärken sie die aus postmoderner Perspektive kritisierten sozialen Reproduktionsmechanismen. Für postmoderne Denker ist die Universität kein Ort, an dem der Mensch in „Einsamkeit und Freiheit“ (Schelsky, 1963) zu einem selbstbestimmten und autonomen Subjekt reift, sondern es ist vielmehr so, dass soziale Systeme Subjektivität konstruieren und produzieren. Das liegt daran, dass die große Erzählung der Emanzipation ihre Glaubwürdigkeit verloren hat (Lyotard, 1993). Die Universität ist dadurch angewiesen,
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„[…] Kompetenzen und nicht mehr Ideale zu bilden: So und so viele Ärzte, so und so viele Professoren dieser oder jener Disziplin, so und so viele Ingenieure, so und so viele Verwalter usw. Die Vermittlung des Wissens erscheint nicht mehr dazu bestimmt, eine Elite zu bilden, die fähig ist, die Nation in ihre Emanzipation zu führen, sondern sie versorgt das System mit Spielern, die in der Lage sind, ihre Rolle auf den pragmatischen Posten, deren die Institutionen bedürfen, erwartungsgemäß wahrzunehmen“ (S. 142).
Die Delegimation der emanzipatorischen Erzählung ist unter anderem durch die Dominanz der Technik in Forschung und Lehre begründet. Gleichzeitig skizziert Lyotard neue Betätigungsfelder für die postmoderne Universität, die für den Open Education Diskurs von hoher Bedeutung sind: Recycling und permanente Ausbildung (S. 145). In prägnanten Worten wird dabei das heute omnipräsente bildungspolitische Dispositiv des lebenslangen Lernens antizipiert. Dabei geht es darum, das Wissen „[…] nicht mehr ,en bloc‘ und ein für allemal an junge Menschen vor ihrem Eintritt ins Berufsleben [zu] vermitteln. Es wird bereits oder bald aktiven Erwachsenen ,a la carte‘ vermittelt, um deren Kompetenzen und beruflichen Aufstieg zu verbessern, aber auch zum Erwerb von Informationen, Sprachen und Sprachspielen, die ihnen erlauben, den Horizont ihres Berufslebens zu erweitern und ihre technische und ethische Erfahrung zu artikulieren“ (S. 145f.). Was als technologischer Determinismus gelesen werden kann, ist für Lyotard eine zwangsläufige Entwicklung der neuen utilitaristischen Erzählung: „Sofern die Kenntnisse in eine informatische Sprache übersetzbar sind und der traditionelle Lehrende einem Speicher vergleichbar ist, kann die Didaktik Maschinen anvertraut werden, die klassische Speicher (Bibliotheken usw.) ebenso wie Datenbanken an intelligente Terminals anschließen, die den Studenten zur Verfügung gestellt werden. Die Pädagogik wird darunter nicht notwendigerweise leiden, denn man wird die Studenten trotzdem etwas lehren müssen: Nicht die Inhalte, sondern den Gebrauch von Terminals, das heißt einerseits neue Sprachen und andererseits eine andererseits eine raffiniertere Handhabung jenes Sprachspiels, das die Befragung darstellt: Wohin die Frage richten, das heißt welcher Speicher ist für das, was man wissen will, relevant? Wie sie formulieren, um Fehlgriffe zu vermeiden? Usw. In dieser Perspektive müßte eine Grundausbildung in Informatik und insbesondere in Telematik zwangsläufig Teil einer höheren Propädeutik sein, unter demselben Anspruch wie zum Beispiel die Erlangung der fließenden Beherrschung einer Fremdsprache.“ (S. 148f.)
Heute erscheinen diese Forderungen, insbesondere nach dem Pflichtfach Informatik, aktueller denn je und sind – wie in Großbritannien – mittlerweile Teil na-
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tionaler Bildungsstrategien (Schmundt, 2013). Von nicht minderer Bedeutung hat sich – und das wurde von Lyotard nicht problematisiert – die Frage der offenen Infrastruktur entwickelt. Das von Sir Tim Berners-Lee begründete World Wide Web und von Vordenkern wie John Perry Barlow proklamierte Cyberspace hat sich durch den seit der Jahrtausendwende stattfindenden Kommerzialisierung- und Kommodifizierungsschub in eine digitale Hegemonie von Google, Facebook und Amazon verschoben. Ähnlich wie im analogen, öffentlichen Raum verschwinden nicht-kommerzielle Plätze zum Verweilen zugunsten kommodifizierter Angebote, die von Apologeten des Silicon Valley gerne auch als „New Socialism“ (Kelly, 2009) bezeichnet werden. Dagegen stehen Ansätze zur Re-Aktivierung des Cyberspace in Gewand des „Digital Public Space“: „The Digital Public Space would be, in principle, equally accessible to anyone regardless of status or income, safe and private, and operating in the interests of users and not of the ecosystem itself. Creative assets – artworks, archives, films, books, photographs – could be reused and redistributed within the space, an antechamber to the main internet, but only for non-commercial use“ (Kiss, 2015).
Open Education lässt sich an diese Denklinie anschließen und bietet eine wirkungsvolle Unterfütterung der Argumentation. So enthält die „weite Definition“ von OER nicht nur den Aspekt der liberalen Lizenzierung von digitalen und analogen Artefakten, sondern auch den Produktionsprozess und fordert hier die Verwendung von Open Source Software (D’Antoni, 2008). Eine offene digitale Infrastruktur ist zentrale Voraussetzung für Open Educational Practices und – wie im Zusammenhang mit den xMOOCs deutlich wurde – Austragungsort diskursiver Kräftespiele: Was ist Open? Wer bestimmt den Zugang zu MOOCs? Diese Fragen werden in Zukunft bildungspolitisch umkämpft bleiben und sind somit auch für die Bildungswissenschaft wichtige Diskussionspunkte. 3.1.7 Zusammenfassung Open Education als ein zutiefst praktisches pädagogisches Reformprojekt wurde im ersten Kapitel gegenstandstheoretisch in drei distinkte Phasen eingeteilt, um dann nach möglichen Ansatzpunkten für eine grundlagentheoretische Rahmung zu suchen. Dabei standen die Phasen Open Educational Resources und Massive Open Online Courses im Mittelpunkt, da dies aktuell bearbeitete und für die Erziehungswissenschaft noch systematisch zu rezipierende Gegenstände darstellen, die zudem symbolisch für die weitaus grundlegendere Frage, wie Bildung im digitaler Zeitalter gedacht werden kann, stehen.
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Im Hinblick auf OER wurde in den bisherigen Arbeiten (Deimann, 2012a, 2012b) gezeigt, dass ein lerntheoretischer Bezugnahmen, der ausgehend von „educational“, zu kurz gegriffen ist, um die fundamentalen Veränderungen, die mit der Produktion und Distribution von OER einhergehen, in den Blick zu nehmen. Zwar wurde OER in der deutschen Debatte konsequent als digitale Bildungsmaterialen bzw. digitale Bildungsressourcen bezeichnet, doch ist damit kein – weder direkter noch indirekter – Anknüpfungspunkt an den deutschen Bildungsbegriff gelegt worden, ein klares Versäumnis der deutschen OERCommunity. Nimmt man den deutschen Bildungsbegriff aber ernst, so die Argumentation in diesem Kapitel, bietet sich mit OER ein überaus reizvoller Sparringspartner, um klassische Bildungstheorien zu revitalisieren und um zu zeigen, wie sehr die Idee hinter OER der humanistischen Tradition nahe steht. Ein unmittelbarer Einstieg zur Frage, wie OER bildungstheoretisch ausbuchstabiert werden können, führte dann zur Humboldtschen Bildungstheorie der Wechselwirkungsthese zwischen Mensch und Welt. Was in der idealisierten Lesart philosophisch abstrakt als komplexe In- und Auswärtsbewegungen der Weltaneignung und Persönlichkeitsentwicklung formuliert wurde, lässt sich mit OER als konkretes, rechtlich verbindliches und kollektiv eingesetztes Praxisprojekt verstehen. Hier zeigt sich dann, wie wichtig die konstitutive Verankerung von OER an einem bestimmten, nämlich freiheitlichen Lizenzmodell ist. Denn erst durch ein liberales Nutzungsrecht auf Grundlage des „some rights reserved“ im Unterschied zum restriktiven Standard „all rights reserved“ ist die Evolution eines weltweiten Pools an offenen digitalen Bildungsressourcen sowie der damit zusammenhängenden Praktiken des Teilens möglich. Nur durch diese Art der offenen Lizenzierung können sich digitale Bildungsprozesse als „[…] Verknüpfung unsres Ichs mit der Welt zu der allgemeinsten, regesten und freiesten Wechselwirkung“ (Humboldt, 1960, S. 235) entwickeln, nur dadurch kann gezeigt werden, wie humanistische Bildungsprinzipien nicht als elitäre Veranstaltung im Rahmen schöngeistiger Literatur und Musik für das Bildungsbürgertum zweckentfremdet, sondern als Einlösen des Rechts auf Bildung in der digitalen, globalisierten Gesellschaft realisiert werden. Die Humboldtsche Theorie kann somit auf neue Füße gestellt werden dadurch, dass sich die Bedingungen der Möglichkeit für Bildung durch OER fundamental geändert haben. Die jüngsten bildungspolitischen Aktivitäten aus Deutschland und international lassen hoffen, dass sich OER zu einem offenen, digitalen Ökosystem entwickeln – eine wichtige Voraussetzung für die Etablierung der kulturellen Praktik des Teilens in digitalen Netzwerken (Kerres & Heinen, 2015) –, das der Tradition des Humanismus nahe steht. Allerdings sollte bei aller Euphorie, was ebenfalls auf die Massive Open Online Courses zutrifft, die
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bildungstheoretische Arbeit nicht hinterherhinken, um Ansprüche kritisch gegenzulesen. Bedenkt man die Bedeutung, mit der digitale Bildung als Trend der digitalen Gesellschaft diskutiert wird, ist die bildungstheoretische Rahmung ein wichtiges Projekt. Eine Vorstellung, wie OER bzw. Open Educational Practices als Form der transformativen Bildung zu lesen sind, wurde in darauf aufbauenden Arbeiten vorgelegt (Deimann, 2013b, 2014a, 2014c) und dynamisiert die zuvor eher statisch verlaufene OER-Diskurslinie. Es sind nicht mehr nur die OER, sondern die mit den cMOOCs in Verbindung stehenden digitalen Praktiken des Nutzens, Wiederverwendens, Remixens und Wiederzurückspeisens, die als materielle Manifestation bildungstheoretischer Prinzipien verstanden werden können. Noch fehlt es hier, wie bei der These der Verwandten Seelen, an substantieller Forschung, um die bildungstheoretischen Implikationen offener digitaler Praktiken ausreichend bewerten zu können. Auf längere Sicht interessant könnte die Umstellung auf OER/OEP-Policies sein, die Bildungsreinrichtungen dazu anleitet, z.B. alternative Lernwege curricular zu verankern. Gleichzeitig steigt damit jedoch die Gefahr eines normativen „Imperativ der Offenheit“ (Deimann, 2014a, S. 248), d.h. bestimmte kulturelle Praktiken des offenen Arbeitens und Lernens im Netz werden priorisiert, wodurch alternative Handlungen, die im geschlossenen Raum ablaufen, ausgegrenzt werden. Diese durch Foucault (1994) aufgedeckte dialektische Struktur der Macht tritt im Fall von Open Education besonders deutlich hervor: Die durch die Öffnung von Zugängen und von Publikations- und Distributionswegen geschaffenen Bildungsmöglichkeiten erhöhen einerseits das Können (es ist nun nicht mehr allein der privilegierten Gesellschaftsschicht zugestanden, an einer Hochschule zu studieren, sondern auch sozial und ökonomisch schlechter gestellten Menschen), andererseits wird dadurch auch ein neues Müssen hervorgerufen (so ist es z.B. erforderlich, um an einem MOOCs teilzunehmen, offen in der digitalen Sphäre zu arbeiten; auch setzen MOOC ein bestimmtes kulturelles Kapital voraus).
3.2 METHODOLOGISCHER ZUGRIFF: OPEN EDUCATION ALS PROZESS SOZIALER WIRKLICHKEITSKONSTRUKTIONEN UND SUBJEKTIVIERUNGEN Open Education lässt sich gegenstandstheoretisch als reformpädagogisch inspirierte Befreiungsbewegung rekonstruieren, die ausgehend von gesellschaftspolitischen oder technologischen Veränderungen bestrebt war und ist, mit unter-
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schiedlich aufgefächerten pädagogischen Methoden, Bildungssysteme zu öffnen. Somit liegt allen Ausprägungen ein Befreiungsnarrativ zugrunde, das jedoch bislang nur unzureichend (meta-)theoretisch abgesichert wurde. Das betrifft beispielsweise die in der ersten Phase artikulierte Abweichung von der Norm, d.h. offener Unterricht und offenes Lernen wurden als Gegenbewegung gegen die Praktiken des normalisierenden Lernens entwickelt und hauptsächlich mit der Erziehungsphilosophie von Rousseau begründet. Darüber hinaus gehende Versuche der Theoriebildung, z.B. mit Bezug auf die Erziehungswissenschaft oder Soziologie, blieben aus. Noch substanzloser gestalten sich die Begründungsversuche von Open Educational Resources und Massive Open Online Courses, geht es doch um eine eher oberflächliche Aufbruchsstimmung – OER als digitale Manifestation der Funktionsweise des offenen Cyberspace – oder um realökonomische Potentiale – MOOCs als Rettungsanker für chronisch unterfinanzierte Hochschulen. Eine theoretische Explikation der normativen Annahmen ist somit eine wichtige Aufgabe für die Bildungsphilosophie. Dieses Desiderat wurde im zweiten Teil als grundlagentheoretische Rahmung bearbeitet. Mit dem Bildungsbegriff liegt hierfür ein gleichsam sperriges wie faszinierendes Instrumentarium vor, dessen Ausschattierungen exemplarisch entlang von drei Diskussionslinien dargestellt wurden. Nach einem allgemeinen Einstieg zur (statischen) Strukturäquivalenz von Bildung und Open Education wurde der Blick auf Transformationsprozesse gerichtet. Hierbei lassen sich die in cMOOCs propagierten Prinzipien und die der strukturalen Bildungstheorie von Jörissen und Marotzki parallelisieren und weisen auch hinsichtlich der dynamischen Komponenten auf hohe Übereinstimmung hin. Zum Abschluss wurde mit dem Konzept der Postmoderne eine zu traditionellen Theorieentwürfen alternative Lesart eingeführt und mögliche Anschlusslinien diskutiert. Unabhängig von der grundlegenden theoriepolitischen Ausrichtung bleibt jedoch die Frage offen, wie Open Education methodologisch einzufangen ist. Diese Reflexion bezieht sich auf die Bedingungen der Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis überhaupt. Daraus leitet sich die Forderung nach möglichst hoher Passung der Methode und dem zu untersuchenden Gegenstand ab. Beim am Leitbild der Naturwissenschaften orientierten Paradigma des Kritischen Rationalismus geht es so darum, mit standardisierten und schematisierten Verfahren kontrollierte und intersubjektiv überprüfbare Aussagen über die Wirklichkeit zu machen. Je mehr jedoch in die Kommunikation zwischen Forschenden und Forschungsgegenstand (z.B. politische Einstellungen von SozialarbeiterInnen) eingegriffen wird (z.B. durch standardisierte Fragebögen), desto geringer ist die Validität der Aussagen (Bohnsack, 1999).
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Im Unterschied dazu hat sich ein am Primat des Verstehens orientiertes Paradigma der rekonstruktiven Sozialforschung entwickelt. Sie geht zurück auf die Phänomenologie – der Wissenschaft von der geistigen Einsicht in Dinge und Erscheinungen, die uns gegeben sind – von Edmund Husserl. Er kritisiert den später vom kritischen Rationalismus vertretenen Anspruch, eine Allwissenschaft mit universeller Gültigkeit zu sein, dabei jedoch den Prozess der Erkenntnisgewinnung auszuklammern. Erkenntnis ist dabei immer ein subjektiver Prozess, der zu einem gewissen Grad objektivierbar gemacht wird, z.B. mit ausgefeilten Methoden. Insgesamt ist aber der Gegenstand der Forschung in den Sozialwissenschaften ein genuin anderer als in den Naturwissenschaften, wodurch eine strikte Orientierung an hypothesenprüfenden Verfahren nicht zulässig sei. Sozialwissenschaftliche Forschung hat es mit einer eigenen Sinn- und Relevanzstruktur zu tun, im Unterschied zur naturwissenschaftlichen Orientierung an allgemeingültigen Tatsachen und Fakten. Die soziale Welt zeichnet sich durch Strukturierungsleistungen aus, mit Hilfe der sich Menschen orientieren und miteinander in Beziehung treten können, d.h. „[…] die Beziehungen der Menschen zur Welt [werden] durch kollektiv erzeugte symbolische Sinnsysteme oder Wissensordnungen vermittelt“ (Keller, 2011, S. 7). In diesem Zusammenhang hat sich in den letzten Jahrzehnten eine auf den Begriffen Diskurs, Diskurstheorie und Diskursanalyse aufbauende Forschungsrichtung in den Sozialwissenschaften etabliert. Grundlage dafür waren die philosophischen Arbeiten von Michel Foucault, in denen er von Fragen der Wissensordnungen in Gesellschaften (Archäologie des Wissens, Foucault, 1973), über Fragen der Macht und Disziplin (Überwachen und Strafen, Foucault, 1994) bis hin zu Fragen zur Sorge um sich (Foucault, 1995) ein komplexes Programm zur Analyse der Moderne vorlegte, das die Transformation eines vormals heterodoxen Denkers zu einem der meist zitierten Autoren überhaupt widerspiegelt. So ist auch 31 Jahre nach Foucaults Tod das Interesse an seinen vielfältigen Schriften ungebrochen und wird entsprechend breit – und gerne auch kontrovers – in den Sozialwissenschaften und darüber hinaus rezipiert, was auf seine Selbstbeschreibung als „[…] ein Werkzeughändler, ein Rezeptaussteller, ein Richtungsanzeiger, ein Kartograph, ein Planzeichner, ein Waffenschmied“ (Foucault über sich selbst in einem Interview, Foucault, 1976, S. 129) zurückzuführen ist. Dabei spielen insbesondere die Arbeiten aus seiner ersten und zweiten Schaffensperiode, also die diskursanalytischen und genealogischen Ansätze, eine wichtige Rolle für eine am Verstehen und der Sinnrekonstruktion ausgerichteten Wissenschaft und des damit verbundenen interpretativen Paradigmas. In diesem Zusammenhang entwickelte sich ein Verständnis von Diskurs, das sich deutlich vom Alltagsverständnis – Diskurs als Form der Debatte zu bestimmten gesell-
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schaftlich relevanten Themen wie der Gentechnik bzw. Diskurs als erörternder Vortrag wie in den Diskursen von Rousseau zum Thema Gleichheit – unterscheidet. Es geht nun vielmehr um Diskurs als „[…] mehr oder weniger erfolgreiche Versuche [zu] verstehen, Bedeutungszuschreibungen und Sinn-Ordnungen zumindest auf Zeit zu stabilisieren und dadurch eine kollektiv verbindliche Wissensordnung in einem sozialen Ensemble zu institutionalisieren“ (Keller, 2011, S. 8). Diese Lesart begreift Diskurs nicht als Abbild und Reflexion individueller und kollektiver Zustände, Werte oder moralischer Ziele, sondern als Ort der Konstruktion gesellschaftlich geteilter Vorstellungen. Von Bedeutung sind, im Unterschied zur Diskursethik von Habermas, weniger die artikulierte Idealbedingungen für Argumentationsprozesse und die (Fein-)Analyse von Sprache und Zeichengebrauch, sondern „[…] die Analyse institutioneller Regulierungen von Aussagepraktiken und deren performative, wirklichkeitsonstituierende Macht“ (ebenda). Dieser hier kurz umrissene Diskursbegriff ist aus den folgenden Gründen besonders für die empirische Analyse von Open Education geeignet: • Open Education ist diskursiv, d.h. die pädagogischen Reformbestrebungen zur
Öffnung von Schule, Unterricht, Universität und zur globalen Distribution freier digitaler Bildungsressourcen sind kollektiv generierte Leitvorstellungen zur Zukunft der Bildung mit hoher Orientierungsfunktion für das Individuum. • Die verschiedenen Phasen von Open Education repräsentieren Veränderungen der Offenheits-Imperative und sind Kulminationspunkte gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. So kam es beispielsweise als Reaktion auf die uneinheitlichen empirischen Befunde zur Wirkungsweise des offenen Unterrichts in der ersten Phase zu einem konservativen „Backlash“, d.h. der Diskurs wandelte sich von einem liberal-progressiven Bildungsideal zu einem paternalistischdirektiven Verständnis von Bildung und Erziehung. Aktuell gibt der „Battle for Open“ (Weller, 2014) ein eindrucksvolles Zeugnis für die Macht des Diskurses, d.h. bestimmte Positionen gewinnen an Einfluss, während andere in den Hintergrund gedrängt werden; Diskurs ist somit in einen „[…] Zusammenhang von Kämpfen eingeschrieben“ (Foucault, 1976, S. 124). Insgesamt entstehen daraus kollektive Vorstellungen zum Zugang zu Bildung, zur Regulierung und Steuerung von Bildungsprozessen oder zur Rolle von Technologien, die das Sprechen, Denken und Handeln über Bildung formen. • Mit der explosionsartigen Zunahme der Wissensproduktion in hochindustrialisierten Gesellschaften steigt auch die öffentliche und medial-distribuierte Aufmerksamkeit zur Kontingenz dieses Wissens. Diskurse werden damit zu einflussreichen Arenen der Auseinandersetzung über Sinnzuschreibung und -sta-
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bilisierung. So lassen sich z.B. auch die Schlagworte „Digitale Agenda“ bzw. „Digitale Offensive“ als bewusste Einflussnahme in den Diskurs zur digitalen Bildung verstehen und nicht nur als reine Marketingkampagnen. Digitale Agenda steht für die Priorisierung der Digitalisierung als gesellschaftliche Herausforderung, die es zu lösen gilt und begründet damit eine Werteordnung in der digitalen Welt17. Mit der digitalen Offensive ist der (selbstauferlegte) Anspruch der Modernisierung der Lehre an der FernUniversität in Hagen verbunden und wird mit dem Anspruch auf personelle „Aufrüstung“ gekoppelt. • Die jüngste Transformationsstufe von Open Education – Massive Open Online Course – ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Bedeutung von Sprache und rhetorischen Figuren („Campus Tsunami“, „Come the Revolution), weshalb hier eine Diskursanalyse besonders fruchtbar erscheint (Deimann, 2015b). Eine diskurstheoretische Perspektive scheint somit geeignet, um über eine bildungstheoretische Analyse hinausgehend, „Dinge zum Sprechen zu bringen“. Dazu wird im Folgenden eine begriffliche Grundlegung vorgenommen, um daran anschließend exemplarisch aufzuzeigen, wie Open Education diskursanalytisch bearbeitet werden kann.
3.3 DISKURSBEGRIFF UND DISKURSTHEORIE Der Diskursbegriff hat in den Sozialwissenschaften eine beachtliche Qualität erreicht mit einem hohen Professionalisierungsgrad – so gibt es bereits eigene Studiengänge18, Publikationsorgane wie die „Zeitschrift für Diskursforschung 19“ und eine Reihe von Einführungswerken (Fegter u. a., 2015; Keller, 2011; Langer & Wrana, 2010; Ullrich, 2008). Gleichwohl sind sowohl Verwendung als auch Forschungspraxen höchst heterogen und können sich, wie beispielsweise in der Critical Discourse Analysis (CDA), auf rein mikro-linguistische Aspekte bezie-
17 Siehe dazu: http://www.digitale-agenda.de/Content/DE/_Anlagen/2014/08/2014-0820-digitale-agenda.pdf?__blob=publicationFile&v=6 18 Master-Studiengang Sozialwissenschaftliche Diskursforschung an der Universität Augsburg (siehe: http://www.uni-augsburg.de/einrichtungen/pruefungsamt/Modul handbuecher/phil_soz/Sozialwissenschaften/master_sozialwisschenschaftliche_ diskursforschung/MHB_MA_SoDiFo_SS_14_inkl_-Anhang-2.pdf) 19 http://www.beltz.de/fachmedien/erziehungs_und_sozialwissenschaften/zeitschriften/ zeitschrift_fuer_diskursforschung.html
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hen (Fairclough, 1995). Die Rekonstruktion der dadurch bedingten Ausdifferenzierung und Spezialisierung der theoretischen Fundierung, methodologischen Reflexion und empirischen Überprüfung würde den Rahmen dieser Schrift sprengen. Es soll vielmehr darum gehen, im Kontext der Open-EducationBewegung Diskurstheorie und -anaylse als Instrumente für die Analyse von Wissens- und Machteffekten einzuführen und exemplarisch anhand der diskursiven Formationen „Open Educational Resources“ und „Massive Open Online Courses“ zu diskutieren. Grundlegend für das hier vorgeschlagene Verständnis von Diskurs ist Michel Foucaults sogenanntes Methodenbuch „Archäologie des Wissens“, in dem er dafür plädiert, „[…] die Diskurse [nicht mehr] als Gesamtheiten von Zeichen (von bedeutungstragenden Elementen, die auf Inhalte oder Repräsentationen verweisen), sondern als Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen. Zwar bestehen diese Diskurse aus Zeichen, aber sie benutzen diese Zeichen für mehr als nur zur Bezeichnung der Sachen. Dieses mehr macht sie irreduzibel auf das Sprechen und die Sprache. Dieses mehr muß man ans Licht bringen und beschreiben“ (Foucault, 1973, S. 74, kursiv im Original). Es geht Foucault damit um das im Modus des Sprachgebrauchs – im Mittelpunkt des Diskurses steht die Aussage – produzierte Wissen, das sich wiederum in diskursiven Praktiken niederschlägt und das sich nicht mit den herkömmlichen Methoden erfassen lässt. Der Ort dieses Niederschlags ist das Archiv, als das, was in einer Epoche gesagt werden konnte, das System der Diskurse (ebenda, S. 187f.). Der Diskurs materialisiert gesellschaftliche Auseinandersetzungen, d.h. er legt fest, über welche Themen überhaupt gesprochen werden kann. Gleichwohl ist der Diskurs weder vollständig auf der Seite des Denkens als reines Ideensystem noch auf der Seite der Sprache verankert, sondern ein sich selbst hervorbringendes System: „Gerade die spezifische Ereignishaftigkeit des Diskurses, sein eigenes Hervortreten, läßt ihn nicht als Bindeglied zwischen Denken und Sprechen, nicht als Formulierungssystem vorgefaßter Meinungen wirken, sondern als dasjenige, was die sprachliche Formulierung in ihrer Inhaltlichkeit, und das Denken in seinen Ordnungsmechanismen zu allererst ermöglicht“ (Busse, 1987, S. 206). Somit bestimmten diskursive Formationen die Gegenstände und das semantische Feld, d.h. die Begriffe, die zur Beschreibung der Gegenstände benutzt werden (dürfen) sowie die Äußerungsmodilitäten und legen fest, wer zu welchen Themen sprechen darf. Träger des Diskurses ist damit nicht „[…] die majestätisch abgewickelte Manifestation eines denkenden, erkennenden Subjekts“ (Foucault, 1973, S. 82); es ist vielmehr „[…] ein Raum der Äußerlichkeiten, in dem sich ein Netz von
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unterschiedlichen Plätzen entfaltet“ (ebenda). Diskurse sind so auch nicht als Spiegelbild wissenschaftlicher Entwicklung zu verstehen, d.h. eine „[…] Weitläufigkeit einer in ihrem ganzen historischen Werden begriffenen Wissenschaft von ihrem fernen Ursprung bis zum Punkt des augenblicklich von ihr Erreichten zu besitzen“ (S. 183), sondern stellen einen Raum dar, „[…] der ausgedehnter ist als das Spiel der Einflüsse, das sich von einem Autor zum anderen auswirken konnte, oder als das Gebiet der expliziten Polemiken“ (ebenda). Für Foucault ist der Diskurs nach eigenen Regeln strukturiert, was er in „Die Ordnung des Diskurses“ wie folgt ausführt: „Ich setze voraus, daß in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen“ (Foucault, 2012, S. 10f.) Die Regulierungen und Prozeduren des Diskurses werden als „[…] Ergebnis und Grundlage menschlichen Handelns in einem sozio-historischen Prozess verstanden und in dieser kontingenten Gewordenheit de-konstruiert, indem auf die inhärenten Beschränkungen und Auschließungen des Diskurses aufmerksam gemacht wird“ (Bartel & Ullrich, 2008, S. 54). Foucault ging weiter davon aus, dass moderne Gesellschaften von einer „[…] gewissen Verehrung der in Diskursen produzierten Wahrheiten gekennzeichnet sind“ (Bublitz, Bührmann, Hanke, & Seier, 1999, S. 10), gleichzeitig konstatiert er einen Respekt vor dem Diskurs, der noch nie so groß wie in unserer Zivilisation gewesen sei und macht dafür „[…] Verbote, Schranken, Schwellen und Grenzen [, die] die Aufgabe haben, das große Wuchern des Diskurses zumindest teilweise zu bändigen“ (Foucault, 2012, S. 33) verantwortlich. Diskurse als geformte und formende Streuung von Aussagen lassen sich als diskursive Formation begreifen, die eigenen Regeln folgen: "In dem Fall, wo man in einer bestimmten Zahl von Aussagen ein ähnliches System der Streuung beschreiben könnte, in dem Fall, in dem man bei den Objekten, den Typen der Äußerung, den Begriffen, den thematischen Entscheidungen eine Regelmäßigkeit […] definieren könnte, wird man übereinstimmend sagen, daß man es mit einer diskursiven Formation zu tun hat" (Foucault, 1973, S. 58). In diskursiven Formationen lässt sich analysieren, wie sich in bestimmten historischen Epochen Denkstruktruturen ausbreiteten, die das zu sagen Mögliche beschränken oder steuern, z.B. zu den Themen „Überwachen und Strafen“ (Foucault, 1994) oder Sexualität (Foucault, 1991). Daran anschließend hat Foucault ein Denken entwickelt, mit dem er sich von der Vorstellung historischer Linearität, die von der Ideengeschichte hochgehalten wird, scharf abgrenzt und stattdessen ein „Denken der Diskontinuität“ (Fou-
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cault, 1973, S. 13) fordert bzw. eine „Geschichte der Bedingungen der Möglichkeit von Wissen und Theorie überhaupt“ (Sloterdijk, 1972, S. 164). Mittels der archäologischen Methoden lassen sich diskursive Formationen freilegen, die wiederum auf dem historischen Apriori beruhen, d.h. das, „[…] was in einer bestimmten Epoche […] die Bedingungen definiert, in denen man eine Rede über die Dinge halten kann, die als wahr anerkannt wird“ (Foucault, 1974, S. 204). Entscheidender Ort für das Aufspüren der Brüche und Diskontinuitäten ist das Archiv: „Mit diesem Ausdruck meine ich nicht die Summer aller Texte, die eine Kultur als Dokumente ihrer eigenen Vergangenheit oder als Zeugnis ihrer beibehaltenen Identität bewahrt hat; ich verstehe darunter auch nicht die Einrichtungen, die in einer gegebenen Gesellschaft gestatten, die Diskurse zu registrieren und zu konservieren, die man im Gedächtnis und zur freien Verfügung behalten will. Es ist vielmehr, es ist im Gegenteil das, was es bewirkt, daß so viele von so vielen Menschen seit Jahrtausenden gesagte Dinge nicht allein gemäß den Gesetzen des Denkens oder allein nach dem Komplex der Umstände aufgetaucht sind, daß sie nicht einfach auf der Ebene sprachlicher Performanzen die Signalisation dessen sind, was sich in der Ordnung des Geistes oder in der Ordnung der Dinge entwickeln konnte; sondern daß sie dank einem ganzen Spiel von Beziehungen erschienen sind, die die diskursive Ebene charakterisieren; daß sie, anstatt zufällig erscheinende und ein wenig planlos auf stumme Prozesse gepfropfte Gestalten zu sein, gemäß spezifischer Regelmäßigkeiten entstehen; kurz, daß man, wenn es gesagte Dinge gibt – und nur diese –, nicht die Dinge, die sich darin gesagt finden, oder die Menschen, die sie gesagt haben, sondern das System der Diskursivität und die Aussagemöglichkeiten und -unmöglichkeiten, die es ermöglicht, nach dem unmittelbaren Grund dafür befragen muß.“ (Foucault, 1973, S. 187)
Dieser Lesart folgend, lassen sich die verschiedenen Varianten von Open Education als „[…] historisch-situierte Problematisierungen des bis dahin geltenden Wahren, mit dem Effekt, erneut Wahrheiten zu produzieren“ (Bublitz u. a., 1999, S. 11) verstehen. So setzte sich beispielsweise die OER-Bewegung kritisch mit dem „Copyright Regime“, das u.a. von kommerziellen Bildungsverlagen forciert wird, auseinander und fordert ein Umdenken angesichts der neu hinzugekommenen Möglichkeit kostenneutraler Reproduzierbarkeit von Inhalten im Internet. Hinzu kommt das „pädagogische Argument“, wonach strikt urheberrechtlich geschützte Materialien die kreative Freiheit von Lernenden und Lehrenden massiv einschränken – das Teilen von Informationen und Ressourcen ist eine im pädagogischen Feld etablierte Kulturtechnik (Hug, 2014) und findet Ausdruck in Slogans wie „sharing is caring“ bzw. „education is sharing“ (Velet-
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sianos, 2013). Zudem ist Bildung auf freien Zugang zu Informationen angewiesen, weshalb die Einführung liberaler Lizenzen nach dem Beispiel der OpenSource-Software-Bewegung gefordert und schließlich in Gestalt der Creative Commons im Jahr 2001 in den USA auch vollzogen wurde (creativecommons, o.J.). Damit und mit der Entwicklung offener Software und offener Lernplattformen (Moodle, Olat) wurde eine Veränderung der Praktiken des Veröffentlichens initiiert und kollaborativ produzierte Materialien konnten leicht und unbeschränkt verbreitet werden (Tuomi, 2013). Der Diskurs konstituierte dadurch eine soziale Wirklichkeit in Form der OER-Bewegung (bestehend u.a. aus individuellen und kollektiven UnterstützerInnen, Publikationsorganen, Organisationen, technischer Infrastruktur) und ist eingebunden in ein komplexes Kräftediagramm aus bildungspolitischen, sozialen, ökonomischen, kulturellen und technologischen Einflussfaktoren. So kommt es beispielsweise im Zuge der Verbreitung von OER-Angeboten im Netz zu Gegenreaktionen kommerzieller Verlage, die im Dachverband für Bildungsmedien organisiert sind. Auf eine Anfrage des Ausschusses für Schule und Weiterbildung des nordrhein-westfälischen Landtages zur Anhörung des Antrages „Freie Lernmaterialien fördern!“ gab der Verband zu Protokoll: „Zunächst ist zu erwähnen, dass es keine allgemein gültige Definition von „open educational resources“ gibt20“. Damit werden die früheren Versuche zur Begriffsexplikationen der UNESCO, Cape Town bzw. Paris Declaration ignoriert, gleichzeitig arbeitet der Verband an einer semantischen bzw. diskursiven Verschiebung, dadurch dass er OER mit kostenlos angebotenen bzw. „freien“ Online-Lehrmaterialien gleichsetzt, die jedoch nicht den gängigen OER-Kriterien der 5R (Retain, Reuse, Revise, Remix, Redistribute) entsprechen. Mit einem gemeinsam mit der Universität Augsburg durchgeführten Forschungsprogramm 21 wird versucht, den Diskurs aktiv mitzugestalten, d.h. in eine für die klassischen Materialproduzenten weniger nachteilige Richtung, um damit das Signal zu senden, dass man nicht grundsätzlich gegen OER sei, das Engagement wird jedoch an ganz bestimmte, vom Verband selbst diktierte Bedingungen geknüpft. Auch priorisiert der Verband im Unterschied zu den klassischen Positivargumenten „OER fördert Demokratisierung und Chancengerechtigkeit in der Bildung“, in bewahrpädagogischer Art die Qualitätsfrage. In den „7 Thesen zur Diskussion über OERs“ (Verband Bildungsmedien, 2013) findet sich „Qualitätssicherung von OERs“ an erster Stelle:
20 Online einsehbar unter: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/ Dokument/MMST16-435.pdf?von=1&bis=0 21 http://www.bildungsmedien.de/presse/pressedownloads/forschungsprojekt-augsburg/
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„Es besteht ein gesellschaftlicher Konsens, dass die Bildungsmedien, die von Lehrkräften systematisch in der Schule genutzt werden, von höchstmöglicher Qualität sein sollen. Genehmigungs- und Prüfverfahren, wie sie für analoge und digitale Bildungsmedien üblich sind, müssen auch für OERs etabliert werden. Diese Verfahren müssen insbesondere sicherstellen, dass Lernmittel nicht gegen den Grundsatz des Indoktrinationsverbotes verstoßen.“
Das hier angesprochene Verbot ist ein wichtiges Element der Kontrolle, Selektion, Produktion und Organisation von Diskursen: „Man weiß, daß man nicht das Recht hat, alles zu sagen, daß man nicht bei jeder Gelegenheit von allem sprechen kann, daß schließlich nicht jeder beliebige über alles beliebige reden kann. Tabu des Gegenstandes, Ritual der Umstände, bevorzugtes oder ausschließliches Recht des sprechenden Subjekts – dies sind die drei Typen von Verboten, die sich überschneiden, verstärken oder ausgleichen und so einen komplexen Raster bilden, der sich ständig ändert.“ (Foucault, 2012, S. 11)
Gleichzeitig wird dabei auch deutlich, wie sich der vom Verband für Bildungsmedien zu regulierend versuchte Diskurs zu digitalen Bildungsmedien verschiebt und bislang Nicht-Sagbares (offen lizenzierte digitale Materialien) als Gegenstand politischer Auseinandersetzung etabliert. So startete im November 2012 eine Debatte zu OER initiiert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz im November 2012, an dem neben Hochschule und Politik auch die Bildungsverlage teilnahmen (Verband Bildungsmedien, 2012). Aus diesem Prozess entstammt das Papier „Bund-LänderStellungnahme zu ,Open Educational Resources‘ (OER) vom Januar 2015, das sich als „Wegweiser für die einschlägigen Bildungsbereiche“ versteht (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2015). Gleichzeitig reagiert die deutsche Bildungspolitik damit verhältnismäßig spät auf die „Innovationspotentiale und Herausforderungen“, die u.a. von der UNESCO und der OECD seit über zehn Jahren vorgegeben wurden: „Die verstärkte europäische und internationale Beschäftigung mit OER bildet den Hintergrund für die nachfolgend unter pädagogischen, organisatorisch-institutionellen, juristischen und wirtschaftlichen Aspekten diskutierten Ansatzpunkte zur Förderung der Potenziale von OER in Deutschland […]“ (S. 3). OER werden in der Stellungnahme stark pädagogisiert dargestellt, da u.a. argumentiert wird: „OER bieten in diesem Zusammenhang für Lehrende und Lernende gleichermaßen Vorteile, wobei sie erst durch einen angeleiteten und didaktisch sinnvollen Einsatz ihre ganze Wirkung entfalten“ (S. 4). Damit wird eine bestimmte Position – der Akteur „Lehrende“ als Kontroll-
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und Steuerungsinstanz des Lernens – priorisiert und alternative Möglichkeiten, z.B. der Buttom-up-Ansatz, ausgeblendet. Die sich hier andeutenden Konflikte zwischen liberalen und konservativen Distribuierungsprozessen werden durch ein dem Diskurs immanentes Kraftzentrum bedingt, das Foucault als Dispositiv bezeichnet. Damit gemeint ist eine „[…] heterogene Gesamtheit, bestehend aus Diskursen, Institutionen, architektonischen Einrichtungen, reglementierenden Entscheidungen, Gesetzen, administrativen Maßnahmen, wissenschaftlichen Aussagen, philosophischen, moralischen und philanthropischen Lehrsätzen, kurz Gesagtes ebenso wie Ungesagtes“ (Foucault, 1978, S. 118). Dispositive bestehen aus diskursiven und nichtdiskursiven Praktiken, welche der Regulierung sozialer Verhältnisse dienen und stehen für Foucaults Übergang von der Archäologie zur Genealogie, d.h. es geht um die „vertikale Machtdimension“, wie z.B. Erzieher/Zögling oder Experte/Laie (Link, 2012, S. 61). Agamben (2008, S. 9) fasst die Kernbestandteile des Dispositivs folgendermaßen zusammen: 1. „Es ist eine heterogene Gesamtheit, die potentiell alles Erdenkliche, sei es sprachlich oder nichtsprachlich, einschließt: Diskurse, Institutionen, Gebäude, Gesetze, polizeiliche Maßnahmen, philosophische Lehrsätze usw. Das Dispositiv selbst ist das Netz, das man zwischen diesen Elementen herstellen kann. 2. Das Dispositiv hat immer eine strategische Funktion und ist immer in ein Machtverhältnis eingeschrieben. 3. Als solches geht es aus einer Verschränkung von Macht- und Wissensverhältnissen hervor.“
Beispiele für die Untersuchung bildungswissenschaftlich relevanter Dispositive sind „Bildung in der frühen Kindheit“ (Lange, 2010) und „lebenslanges Lernen“ (Freitag, 2009). Für den Bereich der Medienbildung wurde jüngst die Rezeption des Dispositiv-Konzept gefordert, damit Voraussetzungen vorliegen, „[…] sowohl Medien als auch Bildung nicht als isolierbare Technologien oder Institutionen konzeptualisiert werden, sondern als Ensembles aus miteinander verflochtenen Bestandteilen, die im Hinblick auf eine spezifische strategische Funktion konstelliert sind“ (Othmer & Weich, 2015, S. 12). Ähnlich dazu lässt sich Open Education als ein Dispositiv mit bestimmten Wissensformationen, kulturellen Praktiken und Subjektivierungsweisen beschreiben: • Der Diskurs zu Open Educational Resources arbeitet ein Verständnis offener,
digitaler Ressourcen heraus, das kontinuierlich wächst (als Beispiel für den deutschen Diskurs Blees, Cohen, & Massar, 2013) und in den sich mittlerwei-
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le auch immer mehr politische Akteure einmischen, wie die gemeinsame Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz (2015), oder die Europäische Kommission (2014). • Die kulturellen Praktiken des Teilens in digitalen Netzen sind einerseits eine Wiederauflage von aus älteren Diskursen bekannten Motiven (Peter & Deimann, 2013), gleichzeitig werden sie weiterentwickelt im Hinblick auf Medialisierung, Digitalisierung, Individualisierung und Globalisierung (Hug, 2014). Mit der Unterscheidung zwischen „starken“ OER, die so lizensiert sind, dass sie Benutzung, Bearbeitung, Remix und Wiederverbreitung (5R) erlauben und „schwachen“ OER, die (kosten-)frei zugänglich sind, sonst aber keine Rechte zur Bearbeitung und Veränderung erlauben (Kerres & Heinen, 2015), zeichnet sich eine weitere Qualifizierung und Spezifizierung ab. • Der OER-Diskurs fordert nicht nur die stärkere Verbreitung liberal lizensierter Materialien und deren finanzielle Unterstützung, sondern formuliert auch eine bestimmte Vorstellung des „open learners“. So definiert z.B. das kollaborativ erstellte „Open Education Handbook“: „An open learner is an individual who embraces open technologies and approaches in their learning. An open learner models a type of learner model that encourages learner autonomy through selfawareness and self-regulation of the learning process22“. Noch fehlt es an empirischen Befunden, um derartige Konzeptualisierungen theoretisch fundieren zu können. Es bestehen interessante Anschlussmöglichkeiten an die weitaus breiter diskutierte Transformation des Individuums zum „unternehmerischen Selbst“ (Bröckling, 2007) so z.B. im Zusammenhang mit einer möglichen Katalysatorfunktion von OER als „Open Educational Practices“ (Mayrberger & Hofhues, 2013). Kennzeichnend für eine diskurstheoretisch orientierte, erziehungswissenschaftliche Forschung ist der Fokus auf die Außenperspektive, z.B. auf welche Weise über erziehungswissenschaftliche Begriffe und Konzepte gesprochen wird. In diesem Sinn identifiziert z.B. Ricken (2006) das Sprechen über Bildung als „[…] Generallösung für zunehmend mehr Probleme – von konkreten Arbeitsmarktschwierigkeiten über zivilgesellschaftliche Integrationsfragen bis schließlich hin zu Moral- und Gerechtigkeitsfragen“ (S. 16), um daran aufbauend nach der „Machtverwicklung der ,Idee der Bildung‘ selbst zu fragen“ (S. 25). Mittlerweile sind mehrere Überblicksdarstellungen erschienen, die als Gemeinsamkeit den Zusammenhang von Wissen, Machtverhältnissen und Subjektpositionen bzw. -formierungen thematisieren (Fegter u. a., 2015). Die diskurs-
22 http://booktype.okfn.org/open-education-handbook/what-is-an-open-learner/
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analytischen und -theoretischen Arbeiten nehmen ihren „[…] Ausgangspunkt von disziplinär etablierten Fragestellungen, entwickeln für diese aber neue Perspektiven und Bearbeitungsweisen und geben neue theoretische Impulse“ (Wrana, Ott, Jergus, Langer, & Koch, 2014, S. 224) Für eine diskurstheoretische Betrachtung der Open-Education-Bewegung ergeben sich dadurch folgende Anforderungen: 1. Selektion und Konsolidierung grundlagentheoretischer, disziplinärer Fragestellungen: Bislang ist Open Education kein eigenständiges Teilgebiet der Erziehungswissenschaft, daher sind in einem ersten Schritt grundlagentheoretische Rahmungen, dem Vorschlag aus Kapitel 2 folgend, auszuarbeiten. Diese lassen sich als humanistisches Bildungsideal reformulieren (2.2.3), das auf einer prinzipiellen Strukturäquivalenz aufbaut (2.2.2) und als eine „digitale Heterotopie“ verstanden wird (2.2.4). Im Hinblick auf die „Transformation von Bildungsprozessen (2.2.5) können Open Educational Practices wie die Massive Open Online Courses (MOOCs) vielfältige Anregungen bieten, die aktuell unter dem Globalziel „digitale Bildung“ diskutiert werden. 2. Der Bestand erziehungswissenschaftlicher (Kern-)Fragestellungen ist kritisch auf Open-Education-Forderungen (z.B. „Bildung für alle“) zu richten, um damit disziplinäre Selbstvergewisserungen (z.B. zum Bildungsbegriff) zu prüfen und ggfl. weiterzuentwickeln. Hieran schliesst eine poststrukturalistische Argumentationsfigur an (siehe dazu 2.2.6), die das klassische Bildungsverständnis – das Individuum wird durch pädagogische Interventionen zu einem autonomen, selbstbestimmten Subjekt geführt – radikal in Frage stellt. Es sind vielmehr gesellschaftliche Bedingungen und Zwänge, die das Subjekt23 „produzieren“, Autonomie und persönliche Freiheit sind dagegen eine Illusion bzw. ein widersprüchliches Konzept, da die Befreiung des Individuums (durch Bildung und angeleitet durch pädagogische Maßnahmen) impliziert, dass zuvor eine Menge an Unfreiheit auf den jungen Menschen verhängt wurde (Marshall, 1996). Hieraus lässt sich die These ableiten, dass der Prozess der Diskursivierung von Offenheit Denk- und Sagbares produktiv hervorbringt, so wurde z.B. mit den Open Educational Resources ein völlig neues Distributions- und Rezeptionsprinzip von Bildungsmaterialien hervorgebracht. In den folgenden Abschnitten wird die diskurstheoretische Betrachtung anhand für die Open-Education-Bewegung charakteristischer Formationen weiterge-
23 Subjekt ist hier gewissermaßen wortwörtlich zu verstehen, d.h. entsprechend der lateinischen Bedeutung von sub-icere als „darunter werfen“.
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führt. Zuvor soll in einem kurzen Einschub nach der generellen Bedeutung von Offenheit für die Wissensgesellschaft gefragt werden.
3.4 OFFENHEIT ALS EPISTEME DER WISSENSGESELLSCHAFT? Offenheit (Openness) und Wissensgesellschaft sind zwei komplexe, diskursiv hervorgebrachte Konzepte, die auf die historische Singularität unserer Zeit verweisen. Foucault beschreibt dies als episteme, als Grundordnung einer Zeit, dessen etymologische Herkunft im griechischen Begriff „epistamai“, was so viel wie „erkennen, wissen, verstehen“ bedeutet, liegt. Darauf aufbauend formuliert er episteme als Grundraster für die Wissensordnung einer Epoche: „Tatsächlich gibt es selbst für die naivste Erfahrung keine Ähnlichkeit, keine Trennung, die nicht aus einer präzisen Operation und der Anwendung eines im voraus bestehenden Kriteriums resultiert. Ein ‚System von Elementen‘, eine Definition der Segmente, bei denen die Ähnlichkeiten und Unterschiede erscheinen können, die Variationstypen, durch die diese Segmente berührt werden können, schließlich die Schwelle, oberhalb derer es einen Unterschied und unterhalb derer es Ähnlichkeit gibt, ist unerlässlich für die Errichtung der einfachsten Ordnung. Die Ordnung ist zugleich das, was sich in den Dingen als ihr inneres Gesetz, als ihr geheimes Netz ausgibt, nach dem sie sich in gewisser Weise alle betrachten, Sozio-episteme und Sozio-Kognition und das, was nur durch den Raster eines Blicks, einer Aufmerksamkeit, einer Sprache existiert. Und nur in den weißen Feldern dieses Rasters manifestiert es sich in einer Tiefe, als bereits vorhanden, als schweigend auf den Moment seiner Aussage Wartendes. Die fundamentalen Codes einer Kultur, die ihre Sprache, ihre Wahrnehmungsschemata, ihren Austausch, ihre Techniken, ihre Werte, die Hierarchie ihrer Praktiken beherrschen, fixieren gleich zu Anfang für jeden Menschen die empirischen Ordnungen, mit denen er zu tun haben und in denen er sich wiederfinden wird“ (Foucault, 1974, S. 22).
Episteme ist somit ein formaler Begriff, auf dessen „Schultern“ sich disparate und sich ausschließende Theorien entwickeln, und der die Wahrnehmung von Individuen und Gruppen strukturiert, d.h. sie wirkt als „sozial geteilte Wahrnehmungsstruktur (bzw. Sozio-episteme)“ (Diaz-Bone, 2013, S. 83). Am Beispiel der „legalen Abtreibung“ macht Weinert (1982) die Funktionsweise der episteme deutlich: Der Einsatz verfeinerter Technik wurde nur möglich durch eine geänderte kollektive Wahrnehmung der Frau als eigenständige Persönlichkeit, was über die bisherige Rolle als gebärendes Wesen hinausgeht. Foucault
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selbst untersuchte die den Unterscheidungen zwischen gesund und krank sowie Wahnsinn und Vernunft zugrundeliegenden Klassifikationsschemata. Dieser Forschungstradition folgend, soll nun die Frage untersucht werden, inwieweit die seit einiger Zeit feststellbare Öffnungsbewegung gesellschaftlicher Subsysteme auf einem neuen episteme aufruht. Aus bildungsphilosophischer Perspektive wird dann zu fragen sein, welche Subjektivierungsweisen sich in Open-Education-Formationen finden lassen. Ist die mit OER und MOOCs assoziierte und medial ausgerufene Befreiung ein humanistisch-altruistischer Akt oder die perfektionierte Form einer um sich greifenden Kontrollgesellschaft (Deleuze, 1993; Han, 2012)? In Anlehnung an die archäologische Methode sind es dabei offizielle Dokumente und Erklärungen, die im Hinblick auf das Offenheits-Episteme interpretiert werden. Die interpretative Analytik ist Ausdruck der methodologischen Herausforderungen, dass Diskurse nicht direkt zugänglich sind und somit auch nicht unmittelbar verstanden werden können. Hilfreich ist die „[…] Entwicklung einer theoriegeleiteten Reflexionsebene, die während des gesamten Forschungsprozesses das Vorgehen begleitet“ (Diaz-Bone, 1999, S. 127); im vorliegenden Fall wird das unten dargestellte Analyseraster aus der „Archäologie des Wissens“ als ein solcher Ansatz betrachtet. Die gegenstandstheoretische Darstellung im ersten Kapitel voraussetzend, geht es hier nicht um eine möglichst umfassende Nacherzählung, sondern vielmehr um eine Dekonstruktion der konstitutiven Bedingungen anhand historischer Ereignisse. Damit kann auch der vielfach geäußerten Heterogenität von Openness Rechnung getragen werden: „Openness is a concept that has come to characterize knowledge and communication systems, epistemologies, society and politics, institutions or organizations, and individual personalities. In essence, openness in all these dimensions refers to a kind of transparency which is the opposite of secrecy and most often this transparency is seen in terms of access to information especially within organization, institutions or societies. Certainly, this is part of the meaning of openness in relation to politics and societies—openness implies a form of open government which demands that citizens have access to official information and that reasonable grounds are advanced for withholding information from the public domain.“ (M. A. Peters & Britez, 2008, S. xvii)
Statt einer homogenisierenden Glättung des Gegenstandes Open Education im Hinblick auf idealisierte Leitthemen wie Demokratisierung der Bildung, richtet sich die Untersuchung auf den heterogenen und komplexen Entstehungsprozess einer diskursiven Praxis der Herstellung von Wahrheit und Bedeutung (Foucault,
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1973). Dabei kommt es in Folge von Iterationen und Wiederholungen zu einem „[…] rhizomatisch strukturierten Komplex von Äußerungsakten“ (Wrana & Langer, 2007), der Sprechen als soziales Tun, d.h. als konkrete gesellschaftliche Tätigkeit versteht. Foucault (1973, S. 48–103) schlägt für die empirische Analyse folgendes Raster vor: • Formation der Gegenstände: Nach welchen Regeln werden die Gegenstände
des Diskurses (hier: OER und MOOCs) gebildet? Welche Klassifikationen werden angewendet, z.B. im Hinblick auf die Open-Komponente im OERDiskurs? Welche wissenschaftlichen Disziplinen waren an der Herausbildung des Gegenstands beteiligt? • Formation der Äußerunsmodalitäten: Wer darf sprechen? Welche Sprecherpositionen werden im Diskurs zur Verfügung gestellt? Welche Formen der Äußerung sind möglich? Zusätzlich soll noch die Adressdatenperspektive einbezogen werden: Wer wird im Diskurs angesprochen? • Formation der Begriffe: Nach welchen Regeln werden Begriffe gebildet und wie werden diese in Beziehung zu anderen Begriffen gebracht? Welche „[…] Formen der Deduktion, der Ableitung, der Kohärenz, […] der Inkompatibilität, des Überkreuzens, der Substitution“ (S. 89) finden sich? • Formation der Strategien: Welche Relationen und Bezüge werden in Bezug auf die Wahl des Themas und von Theorien zur Lösung des „Problems“ bereitgestellt? Diese Dimensionen, so betont Foucault, sind nicht als streng abzuarbeitendes Analyseraster zu verwenden, sondern im Hinblick auf die jeweilige Fragestellung zu adaptieren. Da sowohl Open Educational Resources als auch Massive Open Online Course junge diskursive Formationen sind, lässt sich mit der archäologischen Methode die Entstehungsgeschichte beleuchten, als das erste Auftreten von Aussagen und deren Verfestigung in einem immer strafferen Netz aus Verweisen. Die methodische Herausforderung der Identifikation bzw. der Korpusbildung wird hier über die offiziell verfügbaren Berichte und bildungspolitischen Dokumente gelöst. Die unterschiedlichen Akteure, die sich an der „Geburt“ von OER beteiligen, verhalten sich je spezifisch zum „epistemischen Bruch“, d.h. der Auftaktbedingung für den Prozess der Diskursivierung. Ab sofort ändert sich das Denken über den intellektuellen Wert und die kapitalistischen Produktions- und Distributionsbedingungen von Bildungsressourcen. Was vormals gänzlich undenkbar erschien, wurde plötzlich auf mannigfaltige Weise gemacht: Die Verbreitung kostenloser und veränderbarer Materialien und das
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kostenlose Angebote von Online-Kursen auf Hochschulniveau. Dieses Verhalten auf das historisch neue Ereignis ist charakteristisch für die Herausbildung des Diskurses und unterscheidet sich von einer bloßen Nacherzählung der OERGeschichte. Stattdessen lässt sich mit der Rekonstruktion der Diskursivierung von OER das Aufeinandertreffen von Interessen und das Inbeziehungssetzen von Wissensstrukturen, die sich dann in bestimmten Regelmäßigkeiten niederschlagen, in den Blick nehmen. Die Abgrenzung des OER-Diskurses, als System von Regelmäßigkeiten, kann als eine Form von Actio und Reactio verstanden werden: Auf der einen Seite bewirken Akteure wie MIT, UNESCO und OECD die „Geburt“ von OER (und werden davon wieder beeinflusst), auf der anderen Seite wirkt OER auf klassische, „closed“ Bildungsanbieter wie kommerzielle Verlage ein (und wird von diesen wieder zurück beeinflusst).
3.5 DIE DISKURSIVE FORMATION DER OPEN EDUCATIONAL RESOURCES Nur sehr zögerlich setzte sich die OER-Bewegung mit ihren Konstitutionsbedingungen auseinander, waren doch viele Initiativen und Projekte auf praktische Aspekte (in aller Regel die Produktion und Distribution freier Inhalte) ausgerichtet, so dass eine nach innen gerichtete Reflexionsperspektive vernachlässigt wurde. Erstmals verwendet wurde der terminus technicus OER auf dem „Forum on the Impact of Open Courseware for Higher Education in Developing Countries“ der UNESCO vom 1. bis. 3 Juli 2002 (UNESCO, 2002). Im Protokoll des Abschlussberichts ist unter Anhang 6 festgehalten „At the conclusion of the Forum on the Impact of Open Courseware for Higher Education in Developing Countries, organized by UNESCO, the participants express their satisfaction and their wish to develop together a universal educational resource available for the whole of humanity, to be referred to henceforth as Open Educational Resources. Following the example of the World Heritage of Humanity, preserved by UNESCO, they hope that this open resource for the future mobilizes the whole of the worldwide community of educators.“ (UNESCO, 2002, S. 28)
Der Gegenstand Open Educational Resources wird hier als der gesamten Menschheit zur Verfügung stehende Bildungsressource eingeführt, d.h. es ist ein denkbar breiter, inklusivierender Bezugsrahmen, der aufgespannt wird. Gleichzeitig wird durch die Definition – „The open provision of educational resources,
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enabled by information and communication technologies, for consultation, use and adaptation by a community of users for non-commercial purposes“ (ebenda) – ein verbindlicher, performativer Verwendungszweck konstitutiert, was als „Formation der Strategien“ interpretiert werden kann. Eine weitere Qualifikation des Gegenstands, z.B. in Relation oder Abgrenzung zu verwandten Themen – so gilt beispielsweise der von Wiley begründete Begriff „Open Content“ als Vorläufer der OER-Bewegung (zum historischen Vorlauf von OER siehe Wiley & Gurrell, 2009) – findet nur mittelbar, mit dem Verweis auf das Konzept Weltkulturerbe, statt. Der Sprecher dieser Position ist mit der UNESCO ein – so könnte man denken – logischer Akteur, setzt dieser sich in der Bildungspolitik u.a. für das Aktionsprogramm „Bildung für alle“ (Education for All/EFA) ein (UNESCO, o.J.). Vertieft wurde die Auseinandersetzung im Dokument „Open Educational Resources. The Way forward“ (D’Antoni, 2008), das im Untertitel den aktuellen Status hervorhebt: „Deliberations of an international community of interest“ auf eine Form der Konsolidierung hinweist, was mit dem Begriff „Open Educational Resources movement“ als „[…] a movement that aims to increase access to knowledge and educational opportunities worldwide through sharing educational content“ (D’Antoni, 2008, S. 8) unterstrichen wird. Tatsächlich fand zwischen 2005 und 2007 eine vom International Institute for Educational Planning organisierte Diskussion zu OER, an der sich 600 Mitglieder aus über der Hälfte der 192 UNESCO-Mitgliedsstaaten beteiligten, statt. Die Ergebnisse weisen OER als „A culture of sharing“ aus und kreuzen sich mit dem ein Jahr zuvor veröffentlichen Bericht „Giving Knowledge for free“ (siehe unten, OECD, 2007). Gleichzeitig wird aus der als Umstand glücklicher Fügung verstandenen Entstehung von OER die moralische Verpflichtung zu bildungspolitischer Veränderung abgeleitet: „If knowledge is to be shared as OER, there must be change – in institutional policies and procedures, in teaching and learning“ (D’Antoni, 2008, S. 8). Ähnlich imperativ verlief der Diskussionsprozess, da es um eine Priorisierung von Aktivitäten ging, mit denen die OER-Bewegung voranzubringen ist. Auf den ersten drei Plätzen fanden sich „Awareness raising and promotion and communities and networking“ wieder, die dann zu Empfehlungen, u.a. zur Entwicklung einer konzertierten Strategie für „Awareness raising“, formuliert wurden. Mit dem Massachusetts Institut of Technology trat 2001 ein akademischer Akteur in den Diskursraum ein. Die Entstehungsgeschichte des als OpenCourseWare (OCW) bekannt gewordenen Projekts bezeichnet Abelson (2008, S. 165) als „cluster of strategic activities“, die schließlich dazu führten, dass:
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„M.I.T. plans on Wednesday [04.04.2001] to announce a 10-year initiative, apparently the biggest of its kind, that intends to create public Web sites for almost all of its 2,000 courses and to post materials like lecture notes, problem sets, syllabuses, exams, simulations, even video lectures. Professors’ participation will be voluntary, but the university is committing itself to post sites for all its courses, at a cost of up to $100 million.“ (Goldberg, 2001)
Die „public Web sites“ formieren den Gegenstand ähnlich breit und allgemein wie bei der UNESCO, gleichzeitig wird der Zufluss zum digitalen Raum präzisiert. Es sind die im akademischen Produktionsbetrieb standardmäßig anfallenden Ressourcen, die den Kern ausmachen. Eine (Selbst-)Verpflichtung zur Partizipation seitens des akademischen Personals ist nicht vorgesehen, sondern verbleibt bei der Institution MIT, das die Entscheidung zur Veröffentlichung freier Bildungsressourcen als Fortführung der Mission – in den Worten des damaligen Präsidenten Charles Vest: „Our central value is people and the human experience of faculty working with students in classrooms and laboratories, and students learning from each other, and the kind of intensive environment we create in our residential university.“ (zitiert in Goldberg, 2001) – sowie zum Aufbau des bereits erwähnten „public Web“, das Vest wie folgt begründet: „I don't think we are giving away the direct value, by any means, that we give to students […]. But I think we will help other institutions around the world“ (zitiert in Goldberg, 2001). Damit sollte eine globale Bewegung entstehen, die an den bisher eher selbst-referentiellen Distance-Education-Diskurs (für eine Übersicht siehe Holmberg, 1995) andockt und das dort angelegte reformpädagogische Motiv „Bildung für alle“ im Hinblick auf die Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien reformuliert: „The role of distance education is shifting. Traditionally distance education was limited in the number of people served because of production, reproduction, and distribution costs. Today, while it still costs the university time and money to produce a course, technology has made it such that reproduction costs are almost non-existent. This shift has significant implications, and allows distance educators to play an important role in the fulfillment of the promise of the right to universal education. At little or no cost, universities can make their content available to millions. This content has the potential to substantially improve the quality of life of learners around the world. New distance education technologies, such as OpenCourseWares, act as enablers to achieving the universal right to education. These technologies, and the associated changes in the cost of providing access to education, change distance education’s role from one of classroom alternative to one of social transformer.“ (Caswell u. a., 2008)
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Neben UNESCO und MIT beteiligte sich vor allem die Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) an der Herausbildung des frühen OER-Diskurses. Das Centre for Educational Research and Innovation (CERI) beschäftigte sich innerhalb eines Forschungsprojekts mit OER im Hinblick auf folgende Fragen (Hylen, 2006): • How to develop sustainable costs/benefits models for OER initiatives? • What are the intellectual property right issues linked to OER initiatives? • What are the incentives and barriers for universities and faculty staff to deliver
their material to OER initiatives? • How to improve access and usefulness for the users of OER initiatives?
Damit rahmt die OECD den Fokus auf ökonomische und juristische Aspekte, während pädagogische und didaktische Gesichtspunkte ausgeblendet bleiben und nimmt damit Einfluss auf die Formation des Gegenstandes. Weitergeführt und vertieft wird dieser Prozess im Abschlussbericht „Giving Knowledge for Free. The Emergence of Open Educational Resources“ (OECD, 2007), der sich in den ersten Kapiteln mit „Setting the Scene“, „Open Educational Resources – Conceptual Issues“ und „Who is involved – Mapping the Open Educational Resources Movement“ auseinandersetzt. Dabei geht es zunächst um die Begründung, warum OER ein wichtiges Thema für die „Wissensgesellschaft“ ist: „OER is not only a fascinating technological development and potentially a major educational tool. It accelerates the blurring of formal and informal learning, and of educational and broader cultural activities. It raises basic philosophical issues to do with the nature of ownership, with the validation of knowledge and with concepts such as altruism and collective goods. It reaches into issues of property and its distribution across the globe. It offers the prospect of a radically new approach to the sharing of knowledge, at a time when effective use of knowledge is seen more and more as the key to economic success, for both individuals and nations. How paradoxical this may turn out to be, and the form it will eventually take are entirely unforeseeable.“ (OECD, 2007, S. 9)
Durch die Kollektivsymbole Altruismus und „öffentliches Gut“ verweist der Bericht auf den Diskurs zum Thema „Wissensgesellschaft“, der seit den 1960er Jahren eine hohe Integrationskraft besitzt und bildungs-, wirtschafts- und sozialpolitische Auseinandersetzungen, sowohl national wie auch international, bestimmt (Höhne, 2008). Damit wird OER in einen breiteren Kontext – es sind vor allem die Aspekte Globalisierung, demographischer Wandel und neue Informations- und Kommunikationstechnologien – gesetzt, was die Bekanntheit und
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mediale Verbreitung fördern kann. OER wird als Antwort auf die Herausforderungen wissensbasierter, post-industrieller Gesellschaften (u.a. Internationalisierung und stärkerer Wettbewerb zwischen Hochschulen) positioniert: „OER initiatives might serve higher educational institutions as vehicles for outreach to non-traditional groups of students, widening participation in higher education, and provide learning opportunities for those unable to use more traditional offerings or who are not part of the traditional groups of higher education entrants. Such initiatives can bridge the gap between non-formal, informal and formal learning. At the same time OER can be used by professionals for in-service training and home study by older people, opening new lifelong learning strategies as a means of tackling the challenges of aging societies.“ (OECD, 2007, S. 19f.)
Neben der Begründung leistet das Dokument die Entwicklung einer Definition mit dem Versuch einer diskursverbindlichen Wirkung: „The definition of OER currently most often used is ,digitised materials offered freely and openly for educators, students and self-learners to use and reuse for teaching, learning and research‘. OER includes learning content, software tools to develop, use and distribute content, and implementation resources such as open licences“ (OECD, 2007, S. 10). Weiter ausgeführt auf den Seiten 30 und 31: • „Learning content: Full courses, courseware, content modules, learning ob-
jects, collections and journals. • Tools: Software to support the development, use, reuse and delivery of learning content, including searching and organisation of content, content and learning management systems, content development tools, and online learning communities • Implementation resources: Intellectual property licences to promote open publishing of materials, design principles of best practice and localise content.“ Diese Klassifikation wird als breit und vage bezeichnet, tatsächlich kreist sie den Kern von OER recht präzise ein: es geht um die (Wieder-)Verwendung von Lernmaterialien im digitalen Zeitalter, was durch liberale Lizenzmodelle erreicht wird. Gleichzeitig vergrößert sich damit der Wirkungs- und Anwendungskontext von OER, da nicht nur klassische pädagogische Ressourcen wie Kursmaterialien, sondern auch technische Spezifikationen inkludiert werden. OER stehen damit in Verbindung mit einem hegemonialen Anspruch der globalen Verbreitung – unterstützt durch eine komplexe sozio-technologische Infrastruktur –, der sich als humanistisches Ideal des uneigennützigen Teilen manifestiert:
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„[…] free sharing means broader and faster dissemination, with the result that more people are involved in problem solving, which in turn means rapid quality improvement and faster technical and scientific development; decentralised development increases quality, stability and security; and free sharing of software, scientific results and educational resources reinforces societal development and diminishes social inequality. From a more individual standpoint, open sharing is claimed to increase publicity, reputation and the pleasure of sharing with peers.“ (OECD, 2007, S. 58)
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich auch ein Kapitel mit „Sustainability Issues for Open Educational Resources Initiatives“, wobei es nicht nur um ökonomische Aspekte geht, sondern auch um „[…] technical maintenance, organisation, content models and scaling possibilities“ (OECD, 2007, S. 88). Charakteristisch für den gesamten Bericht ist die paradoxe Grundhaltung, die OER als uneingeschränkt positiv zu betrachtendes Projekt, ungeachtet fehlender empirischer Evidenz, wertet. Das wird deutlich in der Zusammenfassung, die versucht, eine distanzierte Beobachterposition einzunehmen, die Begründung fällt dann jedoch einseitig wertend aus: „Although the OER phenomenon is very recent, it is the subject of growing interest. No definite statistics are available, but it has expanded in terms of number of projects, number of people involved and number of resources available. It is a global development, although most resources are currently produced in developed countries. In spite of the lack of reliable figures, it can also be said that OER fosters international co-operation between institutions as well as peer-to-peer collaboration. OER initiatives, particularly those based in institutions, encourage transparency and can stimulate more quality control and competition to benefit individual learners as well as taxpayers generally. Furthermore, the movement seems to grow both top-down and bottom-up; new projects are started at institutional level and individual teachers and researchers use and produce OER on their own initiative. The OER concept strengthens traditional academic values of sharing and collaborative creation of knowledge. While this general description of OER is positive, it builds on scattered data and somewhat anecdotal evidence. This clearly demonstrates the need for further research on the OER movement in general, for more evaluations of individual projects as well as better user statistics to build a better knowledge base.“ (OECD, 2007, S. 118)
Daraus werden verschiedene Empfehlungen für politische AkteurInnen abgeleitet und für internationale und nationale Ebenen artikuliert. Aus diskurstheoretischer Sicht interessant ist hier die Ausblendung einer reflexiven Grundhaltung, die für einen Zwischenschritt als Sammlung von theoretischer und praktischer
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Erkenntnis zu den Vor- und Nachteilen von OER plädieren würde, anstelle des in diesem und anderen Berichten (z.B. Geser, 2007) geforderten „BlankoVorschusses“ und des politischen Aktivismus. Die im OER-Diskurs konstruierte Dynamik und der damit in Verbindung stehende Imperativ zur Kooperation und Kollaboration wurde 2007 mit der ersten globalen OER-Deklaration (Cape Town Open Education Declaration) fortgesetzt, die sich für eine Vergrößerung des Bezugsfelds auf der semantischen Ebene einsetzt: „However, open education is not limited to just open educational resources. It also draws upon open technologies that facilitate collaborative, flexible learning and the open sharing of teaching practices that empower educators to benefit from the best ideas of their colleagues. It may also grow to include new approaches to assessment, accreditation and collaborative learning. Understanding and embracing innovations like these is critical to the long term vision of this movement.“ (The Cape Town open education declaration, 2007)
Initiiert wurde die Erklärung vom Open Society Institute und der Shuttleworth Foundation, die im September 2007 zu einem Treffen in Kapstadt luden, „[…] to accelerate the international effort to promote open resources, technology and teaching practices in education“. Dass der Veranstaltungsort nach Südafrika gelegt wurde, ist von strategischer Bedeutung, da Entwicklungsländer als besonders OER-bedürftig angesehen werden (J. Daniel, Kanwar, & Uvalić-Trumbić, 2006). Inhaltlich knüpft der Text an die Argumentationslinie der instrumentalistischen Befreiungspädagogik an (siehe dazu Freire, 1996; Illich, 1971), die aus der Verfügbarkeit technologischer Infrastruktur zur kostengünstigen Speicherung von Daten die moralische Verpflichtung zum Teilen und zur Entwicklung und Implementierung neuer pädagogischer Konzepte ableitet: „We are on the cusp of a global revolution in teaching and learning. Educators worldwide are developing a vast pool of educational resources on the Internet, open and free for all to use. These educators are creating a world where each and every person on earth can access and contribute to the sum of all human knowledge. They are also planting the seeds of a new pedagogy where educators and learners create, shape and evolve knowledge together, deepening their skills and understanding as they go.“ (The Cape Town open education declaration, 2007)
Die Projektion der „new pedagogy“ ist Ausdruck eines tiefsitzenden Glaubens an die Macht von Technologie zur Befreiung von Bildungshürden im Kontext von Globalisierung und Ökonomisierung. Gleichzeitig wird Technologie instru-
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mentalisiert, d.h. als Mittel zur Fortführung bewährter kultureller Praktiken verwendet: „This emerging open education movement combines the established tradition of sharing good ideas with fellow educators and the collaborative, interactive culture of the Internet. It is built on the belief that everyone should have the freedom to use, customize, improve and redistribute educational resources without constraint. Educators, learners and others who share this belief are gathering together as part of a worldwide effort to make education both more accessible and more effective.“ (The Cape Town open education declaration, 2007)
Diese Idealvorstellung wird jedoch nur in einer konzertierten Aktion realisierbar und ist keineswegs eine sich selbsterfüllende Prophezeiung – das Phänomen, dass durch eigenes Verhalten das erwartete Verhalten einer anderen Person provoziert wird –, stattdessen muss das eigene Verhalten so geändert werden, dass sich dem andere Personen anschließen (genau darauf zielt die Aufforderung zur Unterzeichnung der Erklärung ab). Die Cape Town Erklärung positioniert sich somit als legitimierter Akteur, der befugt ist, Lösungsstrategien zu formulieren: 1. „Educators and learners: First, we encourage educators and learners to actively participate in the emerging open education movement. Participating includes: creating, using, adapting and improving open educational resources; embracing educational practices built around collaboration, discovery and the creation of knowledge; and inviting peers and colleagues to get involved. Creating and using open resources should be considered integral to education and should be supported and rewarded accordingly. 2. Open educational resources: Second, we call on educators, authors, publishers and institutions to release their resources openly. These open educational resources should be freely shared through open. 3. Licences which facilitate use, revision, translation, improvement and sharing by anyone. Resources should be published in formats that facilitate both use and editing, and that accommodate a diversity of technical platforms. Whenever possible, they should also be available in formats that are accessible to people with disabilities and people who do not yet have access to the Internet. 4. Open education policy: Third, governments, school boards, colleges and universities should make open education a high priority. Ideally, taxpayer-funded educational resources should be open educational resources. Accreditation and adoption processes should give preference to open educational resources. Educational resource repositories should actively include and highlight open educational resources within their collections.“ (The Cape Town open education declaration, 2007)
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Die Argumentationslinie folgt dem oben angesprochenen aktionistischen Imperativ und setzt Lehrende und Lernende ins Zentrum. Ohne das persönliche Engagement entstehen keine OER und es sollte somit als integraler Bestandteil pädagogischen Handelns verstanden werden – ein Motiv, das tatsächlich eine lange Tradition in der Pädagogik hat und tief in einen Diskurs eingebunden ist, den Tenorth (1994) als „[…] Plan, […] alle Heranwachsenden einer Generation und Gesellschaft einer formell geordneten, im Anspruch gleichen und seit dem späten 19. Jahrhundert auch faktisch verbindlichen Ausbildungsphase zu unterwerfen“ (S. 32) beschreibt. Eine Anbindung an diese Diskursumwelt durch Verweis des OER-Diskurses auf den Diskurs um pädagogische Teilhabe findet freilich nicht statt, weshalb Hug (2014) hier auch von „Geschichtsvergessenheit“ spricht. Die Frage, warum es der OER-Diskurs bislang nicht geschafft hat, sich strategisch an den Interdiskurs der Bildungsgerechtigkeit anzuschliessen, was Macht und Einfluss vergrößern würde, kann an dieser Stelle nur tentativ beantwortet werden. Als eine generelle These kann formuliert werden, dass der OER-Diskurs bislang noch nicht den Status einer „großen Erzählung“, als der im Sinne von Lyotard (1993) verstandenen ideologisch-politischen Konstruktion, auf denen die Grundwerte unserer Zivilisation beruhen, erreicht hat. Der Konnex zwischen der idealistisch-humanistischen Ebene – OER als Realisierung eines digitalen Humanismus wie er in Kapitel 2 beschrieben wurde – und der pragmatischen Ebene – Werkzeuge, Lizenzen, Methoden zu Erstellung und Verbreitung von OER – ist somit noch nicht so ausgeprägt wie z.B. bei der Umweltbewegung (Huber, 2013). Für die Diskursivierung von OER bedeutsam ist die Form der Veröffentlichung als Deklaration, d.h. als eine öffentliche Erklärung grundsätzlicher Art, weil dadurch die bis dato verstreut liegenden Positionen und Aussagen synthetisiert und medial wirksam aufbereitet werden. Es entsteht hier eine Form des „OER-Autors“, als „[…] dasjenige, was der beunruhigenden Sprache der Fiktion ihre Einheiten, ihren Zusammenhang, ihre Einfügung in das Wirkliche gibt“ (Foucault, 2012, S. 21). Generell sind politische Deklarationen ein Instrument der Willensbekundung und demonstrieren Durchsetzungsmacht zum Beispiel im Kontext supranationaler Herausforderungen. Mit der am 19. Juni 1999 verabschiedeten „Bologna Declaration24“ wurde der Weg zur einem einheitlichen europäischen Hochschulraum geebnet, mit weitreichenden bildungspolitischen Folgen, die aus diskursanalytischer Perspektive als „politische Logik der Konsenstechnokratie“ interpretiert wurden (Maeße, 2010).
24 http://www.magna-charta.org/resources/files/BOLOGNA_DECLARATION.pdf
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Nach der Publikationsform Berichterstattung – zu nennen sind hier die einflussreichen Berichte „Giving knowledge for free“ (OECD, 2007) und die „OLCOS Roadmap 2012“ (Geser, 2007) – ist die Erklärung der zweite Schritt der Diskursivierung und verfestigt die diskursive Formation. Nach der Cape Town Declaration folgten weitere, regionale Erklärungen, bis sich dann 2012 die Paris Declaration (UNESCO, 2012) als globaler Autor positioniert. Die Erklärung von Paris stellt zu Beginn einen expliziten Bezug zu wichtigen Vorläuferdiskursen her, wie z.B. das Recht auf Bildung, wie es in der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte am 10.12.1948 proklamiert wurde. Die Anknüpfung soll die danach aufgestellte Liste mit zehn Forderungen zusätzlich verstärken. An erster Stelle steht „Foster awareness and use of OER“ und dies wird wie folgt aufgeschlüsselt: „Promote and use OER to widen access to education at all levels, both formal and non-formal, in a perspective of lifelong learning, thus contributing to social inclusion, gender equity and special needs education. Improve both costefficiency and quality of teaching and learning outcomes through greater use of OER.“ (UNESCO, 2012). Diese Forderung reflektiert eine zehnjährige Entwicklungsgeschichte, die noch lange nicht an ihr Ende gekommen ist. Stattdessen geht es in einem für Declarations typischen Duktus um Aktionismus – erkennbar an den Schlagwörtern, mit denen die einzelnen Forderungen eingeleitet werden: „Foster, facilitate, reinforce, promote, support“ (UNESCO, 2012). Dass die Erklärung diesmal auf dem europäischen Kontinent lanciert wurde, hat symbolische Bedeutung – ohne dies jedoch explizit herauszustellen. Es geht dabei um den Diskursstrang der Instrumentalisierung von OER als Hebel zur Erhöhung der Beschäftigungsquote und allgemein der Wirtschaftskraft in Europa. Ein wichtiger Schritt hierfür ist die „Opening up Education Initiative“, die am 23.09.2013 von der Europäischen Kommission bekannt gemacht wurde (Europäische Kommission, 2014). Strategisch geht es um die „digitale Herausforderung“ für das Bildungssystem, was für Hochschulen bedeutet: „Auch die Hochschulbildung steht vor einer digitalen Herausforderung: Da die Zahl der Studierenden in der EU in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich beträchtlich steigen wird, müssen die Hochschulen ihre klassischen Lehrmethoden aktualisieren und eine Kombination aus Präsenzphasen und Online-Angeboten wie MOOC (Massive Open Online Courses – offene Online-Kurse mit sehr vielen Teilnehmern) vorsehen, die den Studierenden den Zugang zur Bildung jederzeit an jedem Ort und mit jedem Gerät ermöglichen. Viele Hochschulen sind jedoch für diesen Wandel nicht bereit.“ (Europäische Kommission, 2014)
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Nur mit einer Öffnung der Bildung ist diesen Herausforderungen gerecht zu werden und sie wird deshalb als konzertierte Aktion der EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend, Androulla Vassiliou und der für die Digitale Agenda zuständigen Kommissionsvizepräsidentin Neelie Kroes verantwortet. Ausgehend von der Feststellung, dass „EU education is failing to keep pace with the digital society and economy“ (Europäische Kommission, 2013) und flankiert durch empirische Studien, die von dem europäischen Dachverband der Hochschulen European University Association (EUA) und dem Verband Academic Cooperation Association (ACA) koordiniert wurden (European University Association, 2013), konstituiert die Initiative einen enormen Handlungsdruck und ruft zur Erstellung und Verbreitung von OER auf. OER werden dabei deutlich vom bisher dominanten „humanistischen Diskurs“ – OER als Manifestation des freien Internets und Teilen als die dazu äquivalente kulturelle Praktik – abgegrenzt und stattdessen eng an den Diskurs der Wissensgesellschaft angekoppelt: „Knowledge is open when it is provided through tools accessible to all citizens. OERs are important for stimulating innovative learning environments where content can be adapted by users according to their needs. Stimulating supply and demand for high-quality European OERs is essential for modernising education. Combined with traditional educational resources, OERs allow for blended forms of face-to-face and online learning. They also have the potential to reduce the costs of educational materials for students and their families as well as for public budgets when these cover the costs of educational material.“ (Europäische Kommission, 2013)
Für die diskursive Formation OER bedeutet das eine dritte Entwicklungsstufe, die als politisches Agenda-Setting bezeichnet werden kann. Der Akteur Europäische Kommission favorisiert prinzipiell eher „subsidäre und deliberative Politikmodelle“ (Angermüller & Maeße, 2014, S. 29f.) und setzt so auf einen abwägenden Prozess der öffentlichen Kommunikation und der Teilhabe von Bürgern, was durch die eigens für die Opening up Education Initiative eingerichtete Plattform25 deutlich wird. Hier ist Raum zum Austausch und zur Diskussion, unter anderem im Publikationsorgan „eLearning Papers 26“. Somit wird OER als Konzept und Idee weiter diversifiziert und stetig neu artikuliert bzw. reartikuliert:
25 http://www.openeducationeuropa.eu/de/initiative 26 http://www.openeducationeuropa.eu/de/elearning_papers
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„eLearning Papers eröffnet eine neue Dimension für den Austausch von Informationen über offene Bildung, OERs und neue Technologien in Europa und fördert Forschung. Dementsprechend enthalten die Artikel Ansichten in Bezug auf die aktuelle Situation und Trends verschiedener Gemeinschaften: Schulen, Universitäten, Unternehmen, Zivilgesellschaft und Institutionen. Durch diese Artikel fördert die Fachzeitschrift den Einsatz von freien Lern- und Lehrmaterialien und neuen Technologien für lebenslanges Lernen in Europa. Erscheinungsperioden, Sprachen und Dienstleistungen Ausgaben der eLearning Papers enthalten einen Leitartikel, sowie Artikel, Interviews und/oder Bewertungen und werden in der Regel vier oder fünfmal im Jahr veröffentlicht“ (eLearning Papers, o.J.)
Diese diskursive Kontingenz steht freilich im engen Korsett des Diskurses zur Wissensgesellschaft mit einer starken ökonomischen Ausrichtung. Charakteristisch dafür ist ein rationales Kosten-Nutzen-Kalkül, das die altruistischidealistischen Anteile von OER untergräbt: „,Opening up education‘ Proposes actions towards more open learning environments to deliver education of higher quality and efficacy and thus contributing to the Europe 2020 goals of boosting EU competitiveness and growth through better skilled workforce and more employment“ (Europäische Kommission, 2013). Dass diese neoliberale Strategie in Widerspruch zu anderen EU-Initiativen, wie z.B. „The European Network on Inclusive Education & Disability (incluD-ED)27“ stehen kann, darauf weisen de Waard und KollegInnen (2014) hin und fordern eine stärkere Berücksichtigung der sog. „vulnerable groups“ ein. Hier und in weiteren Arbeiten zeigen sich gegenläufige Bewegungen, die einen kritischen Blick auf den ökonomischen Imperativ der Europäischen Kommission werfen (Knox, 2013), während an anderer Stelle der produktive Beitrag der Initiative als ein „[…] way to overcome these barriers [lack of clear and uniform legal frameworks, Einfügung: MD] by creating synergies and joining efforts across Europe“ (Sabadie, Muñoz, Punie, Redecker, & Vuorikari, 2014) gelobt wird. Diese skizzenhafte Rekonstruktion der diskursiven Formation Open Educational Resources soll verdeutlichen, dass OER durch die verschiedenen Ebenen der Diskursivierung – Berichte einflussreicher Organisationen, medial wirksame Deklarationen und politische Aktionsprogramme – als eine differenzierte soziale Wirklichkeit konstruiert wird mit jeweils unterschiedlichen Machtwirkungen. So wirken die Berichte „Giving knowledge for free“ (OECD, 2007) als Katalysator verschiedener sozialer Bewegungen (z.B. Open Source Software) in den akademischen Bereich hinein und nehmen eine Scharnierfunktion zur Integration anderer relevanter Diskurse ein. Insbesondere die kulturelle Praktik des Teilens
27 http://www.includ-ed.eu/
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wirkt sinnstiftend für pädagogisch Arbeitende und reartikuliert damit ältere und oft vergessene bildungstheoretische Motive humanistischer Tradition. Deklarationen fungieren als Artikulationsplattformen nationalübergreifender Transformationsprozesse, die von strategisch bedeutsamen Orten (z.B. Kapstadt) ausgehen. Gleichzeitig konstituiert sich eine epidemische Dynamik, die als eine Art Mem, d.h. Einheit der kulturellen Vererbung und Determination (Dawkins, 1978), wirkt. OER gehen damit über die Ebene der Bedeutungserzeugung, wie es in den verschiedenen Berichten herausgearbeitet wurde, hinaus „auf die Straße“, d.h. sie werden als digitale Aktionsformen wie Petitionen transformiert. Dieser Aktionismus wirkt dann wiederum als produktive Machtform in die Arbeit politischer Entscheidungsträger hinein und bedingt umfangreiche Programme (z.B Opening up Education). In diesem Buttom-up Prozess entwickelt sich die Neuformulierung der Idee „Bildung für alle“ als komplexe Wechselwirkung von politischen, sozialen, pädagogischen und ökonomischen Faktoren. Auf jeder der hier beschriebenen Ebenen kommt es zu Aushandlungsprozessen zwischen menschlichen und nichtmenschlichen AkteurInnen, so etwa im Zusammenhang der Etablierung von verbindlichen OER-Definitionen oder -Standards. Die jeweils gängige Vorstellung der Idee und Reichweite von OER ist somit kontingent und abhängig von zukünftigen sozialen und technologischen Entwicklungen. Eine wichtige Rolle innerhalb der diskursiven Formation OER nehmen Kollektivsymbole wie das Konzept des kollektiven Gutes (Commons, Allmende) ein, da damit der Diskurs gesteuert und reglementiert wird. Indem OER sich in ihrer Grundlegung an den ökonomischen Diskurs der Ressource bzw. des (Wirschafts-)Guts anschließen, vergrößert und verstärkt sich ihr Einflussbereich. Damit wird auch der Konnex von Bildung und Ökonomie ermöglicht, d.h. das Sprechen in ökonomischen Begriffen über Bildung wird nicht nur gestattet, sondern ist explizit erwünscht. Das wird deutlich in zwei zentralen Argumentationsfiguren: (1) OER ist ein kollektives Gut mit einer enormen Bedeutung für die Prosperität der Wissensgesellschaft, so dass jeder einzelne aufgerufen ist, sich daran aktiv zu beteiligen. (2) OER hilft Kosten in der Bildung (z.B. für Lehrmittel) drastisch zu senken und ist damit besonders für sog. Entwicklungsländer interessant. Die Kollektivsymbole können als kognitive Tiefenstruktur der Gesellschaft verstanden werden, die ermöglichen „[…] dass Spezialdiskurse in populäre massenmediale Diskurse übersetzt werden und dort Machteffekte ausüben können“ (Diaz-Bone & Krell, 2009, S. 18). Aktuell wird mit dem OER-Diskurs die Botschaft transportiert, dass hier eine in der Menschheitsgeschichte einmalige Chance „vorliegt“, die nicht verpasst werden sollte. Gleichwohl ist diese Chance nicht ein Naturereignis; ganz im Ge-
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genteil, sie ist der Ausdruck einer techno-kulturellen Praxis und das (Zwischen-) Produkt von unzähligen Aushandlungsprozessen. Gleichzeitig ist mit OER ein an Individuen, Gruppen und politische Entscheidungsträger adressierter moralischer Imperativ verbunden, weiter an OER zu arbeiten, um mehr Menschen Zugang zu hochwertiger Bildung zu verschaffen. Je näher der OER-Diskurs an die Politik kommt, desto stärker wirkt der ökonomische Teildiskurs, der sich als profitorientiertes Management von Humankapital darstellt. Parallel dazu entwickelt sich ein Diskurs, der am „Mainstreaming“ von OER arbeitet und auf der jährlich stattfindenden internationalen OER-Konferenz im April 2015 zentrales Thema war (Guy, 2015). Dabei geht es angesichts der jüngsten Entwicklung – „There is no doubt that there a buzzing community interested in OER in the UK and beyond exists […]“ – um die Frage „[…] but is this still the same players who saw the potential of OER many moons ago, or have things moved on? Has OER moved into the mainstream and are Open Practitioners becoming the norm?“ Dieses grob skizzierte Spannungsverhältnis zwischen einer radikal offenen und stark ideologisierten Ausrichtung und einer kompromissbereiten, verwaschenen Umsetzung von OER wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die kommende Zeit bestimmen und sich auch in bildungspolitischen Entscheidungen niederschlagen.
3.6 DIE DISKURSIVE FORMATION DER MASSIVE OPEN ONLINE COURSES Im Unterschied zu OER deutlich kürzer ist die Dauer der Herausbildung einer diskursiven Formation für Massive Open Online Course, da der erste offene Online-Kurs im Jahr 2008 veranstaltet wurde. Wie in Kapitel 1.4 gezeigt wurde, gab es eine Reihe von Vorläufern, die unter dem Sammelbegriff Open Educational Practices (OEP) subsumiert wurden, sich jedoch nie als einheitliches und damit einflussnehmendes Konzept durchsetzen konnten. Aus diskurstheoretischer Sicht lässt sich dies als Fehlen diskurstragender Kategorien interpretieren, d.h. Semantiken oder Kollektivsymbole, die für die Stabilität eines Diskurses sorgen (Diaz-Bone, 1999). Was OER noch schaffte – die Initiierung und Kanalisierung einer Wertvorstellung (Teilen gehört konstitutiv zur Pädagogik) –, blieb bei OEP aus, da die verschiedenen pädagogischen Praktiken, die von nun an als „Open“ bezeichnet wurden, auf keiner tieferliegenden Wertvorstellung beruhten. Entsprechend breit ist so auch die Definition, wie sie z.B. von Conole (2010) vorgeschlagen wird: „Open Educational Practices (OEP) are the set of activities and support around the creation, use and repurposing of Open Educational Re-
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sources. It also includes the contextual settings within which these practices occur.“ Der OEP-Diskurs delegiert damit die Aufgabe zur Herausbildung diskurstragender Kategorien an den OER-Diskurs, was sich bislang als eine große Hürde darstellt. So sind auch nach dem Absinken des MOOC-Hypes wenig Bemühungen erkennbar, am OEP-Konzept zu arbeiten – eine Ausnahme ist die sogenannte Open Educational Resources University (OERu), die sich eher vage an dem OEP-Prinzip orientiert (Murphy, 2013). Es zeichnet sich eine defensive Ausrichtung des Diskurses ab, so schreiben z.B. Mayrberger und Hofhues (2013): „Denn lediglich die Verfügbarkeit von freien Materialien zum Lehren und Lernen lässt nicht auf ihre Qualität, ihren didaktischen Wert und tatsächliche Einsatzszenarien schließen. Angesichts dieses Status quo und mit Blick auf aktuelle Diskussionen im Kontext von (Hoch-)Schule und Open Educational Resources muss erneut […] hinterfragt werden, inwiefern die primäre Zugänglichkeit von Ressourcen oder deren massenhafte Produktion per se zu veränderten akademischen Handlungspraktiken von Lehrenden wie Lernenden führen. Unklar bleibt etwa, weshalb in der aktuellen Diskussion die Inhalte gegenüber anderen didaktischen Komponenten bei der Gestaltung von Lehr- und Lernumgebungen (über-)betont werden? Können Lehrende und Lernende überhaupt selbstverständlich mit frei zugänglichem Material umgehen, es kritisch auswählen, bewerten und für den eigenen Lehr-/Lernprozess sinnvoll verwenden?“ (S. 57)
Anstelle an einer Konkretisierung und theoretischen Fundierung des OEPKonzepts zu arbeiten, wird durch eine arbiträre Variation der MOOCKomponenten versucht, neue pädagogische Bedeutungsmöglichkeiten zu erzeugen (Granow, Dörich, & Steinert, 2014). OEP – so scheint es – knüpft nicht an einflussreiche Diskurse an, um die Kraft seiner Aussagen zu steigern. Zu denken ist beispielsweise an den geforderten Wandel in der pädagogischen Praxis, vom „Sage on the Stage“ zum „Guide on the Side“, der bereits Anfang der 1990er Jahre artikuliert wurde: „In this view of teaching and learning [i.e., sage on the stage], students are passive learners rather than active ones. Such a view is outdated and will not be effective for the twenty-first century, when individuals will be expected to think for themselves, pose and solve complex problems, and generally produce knowledge rather than reproduce it“ (King, 1993, S. 30)
Diese Forderung wurde verschiedentlich im Open-Practice-Diskurs wieder aufgenommen (z.B. im OLCOS Report, 2007), ohne dabei jedoch die Besonderheit
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der digitalen Transformation und der Öffnungsbewegungen in der Bildung herauszuarbeiten. Zu denken wäre hier an die Gefahren durch Cyberbullying oder Korrumpierung, d.h. Openness führt nicht zum Abbau von starren pädagogischen Hierarchien, sondern verstärkt sie zusätzlich (S. M. Morris & Stommel, 2014). Ein Anschlussdiskurs, ausgehend von den früheren Bestrebungen zum Wandel von Lehrpraktiken, konnte sich so nicht entwickeln. Das änderte sich 2008, als mit dem Kurs Connectivism and Connective Knowledge (CCK08) das MOOC-Konzept sich zu etablieren begann. Der CCK08 hatte das klare Ziel, ein neuartiges Lernkonzept (Konnektivismus) mit digitaler Praxis zu verknüpfen, und ging nicht von einem breiten OEP-Begriff aus, sondern konzentrierte sich allein auf den Konnektivismus (McAuley, Stewart, Siemens, & Cormier, 2010). Diese Verbindung von „Theorie“ – zur Kritik am Konnektivismus siehe Kapitel 1.4 – und Praxis stellte sich als fruchtbar herraus und so entstanden nicht nur weitere Kurse, sondern es bildete sich auch der diskursive Strang cMOOCs heraus. Ebben und Murphy (2014) konnten das in einer umfangreichen Literaturstudie bestätigen und identifizierten „development of Connectivism as a learning theory“ und „technological experimentation and innovation“ als die zwei wichtigsten Themen der cMOOC-Phase. Ein wichtiger Schritt der Fundierung des Diskurses waren die in frühen MOOCs propagierten Prinzipien Sammeln (Aggregate), Vermischen (Remix), Neuausrichtung des Inhalts (Repurpose) und Wiederzurückspeisen in das Netz (Feed Forward), die auch aus bildungstheoretischer Sicht bedeutsam sind, wie in Kapitel 2.2.5 herausgearbeitet wurde. Ähnlich der Definitionen von OER führen die MOOC-Prinzipien zu einer höheren Verbindlichkeit und legen eine kollektive Sprecherposition fest – ein MOOC ist nur dann ein MOOC, wenn die vier Prinzipien zugrunde gelegt werden. So wurde der cMOOC zum großen Antagonisten des xMOOCs in einem als „Battle for Open“ (Weller, 2014) bezeichneten Zusammenstoß zweier Diskurse. Der Entstehungsprozess des xMOOCs-Diskurs wurde ausführlich in Deimann (2015b) beschrieben und soll hier kurz zusammengefasst werden. Grundlage der Diskursanalyse war die Berichterstattung der New York Times in den Jahren 2012 und 2013 als vorläufiger Höhepunkt eines in der Geschichte der Bildungstechnologie einzigartigen medialen Hypes, wobei die Referenzgröße stets der sog. Gartner Hype Cycle war. Damit lag ein vermeintlich eingängiges Erklärungsmodell vor und viele KommentatorInnen waren sich einig, dass (x)MOOCs sehr schnell den „peak of inflated expectations“ erreichten (Borgwardt, 2014; Schulmeister, 2013a; Young, 2013a). Vor der eigentlichen Diskursanalyse stellt sich das von Diaz-Bone (1999) als erstes methodisches Problem bezeichnete Identifizieren von Strategien der Dis-
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kursabgrenzung. Die Besonderheit des Diskurses liegt darin, dass er nicht direkt beobachtet, sondern nur indirekt erschlossen und rekonstruiert werden kann. Als ein wichtiger Träger des Diskurses wurde die New York Times gewählt, die mit Titeln wie „The Campus Tsunami“ (Brooks, 2012), „Come the Revolution“ (T. Friedman, 2012) oder „The Year of the MOOC“ (Pappano, 2012) die Ausrichtung und den Aufbau der Diskursstruktur beeinflusste. Ein ähnliches Vorgehen wurde kürzlich auch von Kovanovic und KollegInnen (2015) sowie Bulfin, Pangrazio und Selwyn (2014) gewählt, allerdings ohne eine explizite diskurstheoretische Fundierung. Der Zeitraum wurde auf die Jahre 2012 bis 2013 gelegt, was zwar relativ knapp ist, dafür aber genau die Geburtsstunde umfasst, da der erste xMOOC, Introduction to Artificial Intelligence“ von Peter Novig und Sebastian Thrun im Herbst 2011 gestartet wurde. Durch ein feinkörniges Analyseraster – monatliche Berichterstattung der NYT – konnten signifikante Muster der Berichterstattung, d.h. die diskursiven Formationsbausteine, herausgearbeitet werden. Angenommen wurde, dass mit dieser frühen diskursiven Ordnung Machtwirkungen einhergehen, die sich zum Beispiel in bestimmten bildungspolitischen Entscheidungen niederschlagen. Als ein weiterer diskursiver Effekt zeigen sich Bedeutungsverschiebungen, wie etwa „Wahrheiten“ zu xMOOCs, die nicht von außen vorgegeben sind, sondern im Diskurs produziert werden (Jäger, 2001). Dies betrifft u.a. den zunehmenden Einfluss empirischer Studien auf die Wahrnehmung von MOOCs als wirkungsvolles Instrument zur Förderung der Chancengerechtigkeit. Wie im Kapitel 1.4 gezeigt wurde, ist der frühe xMOOC-Diskurs als Bildungsrevolution konstruiert und bezieht seine Überzeugungskraft durch entsprechend medial aufgeladene Berichte. Mit der Veröffentlichung von Zahlen, die eine sehr hohe Abbrecherquote aufweisen, bekam der MOOC-Revolutionsmythos erste Risse. Interessant sind die Reaktionen aus diskursanalytischer Sicht insofern, da hier deutlich wird, wie dominant der ökonomisch ausgerichtete Leistungsdiskurs – Kurse sind nur dann erfolgreich, wenn besonders viele Menschen einen Abschluss machen, daher folgt das didaktische Konzept auch diesem Leistungsprinzip – war. Trotz verschiedener Einwände, ob denn die Kritik an den hohen Dropout-Quoten in MOOCs überhaupt berechtigt sei (Rosen, 2012), überwog das Unbehagen und zog entsprechende bildungspolitische Entscheidungen nach sich, wie z.B. im Fall der Kooperation von Udacity und der San Jose State University (Rivard, 2013). Der Diskurs formte somit die Wahrnehmung von MOOCs als klassische Lehrveranstaltung, deren Offenheit nicht als Flexibilität für die Lernenden (z.B. freie Einteilung der zu bearbeitenden Inhalte, keine Abschlussorientierung), sondern als Abbau von Zugangsbeschränkungen (MOOCs sind offen für alle, unabhängig von sozialen, ökonomischen oder sonstigen Be-
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dingungen) verstanden wurde. Damit stehen xMOOCs im Kontrast zu cMOOCs, die als bildungstechnologisches Experiment im Web initiiert wurden und eine entsprechende Wahrnehmung konnte sich entwickeln, allerdings in einem vergleichsweise geringen Rahmen. Ein weiteres Resultat der Diskursanalyse von Deimann (2015) besteht darin, dass MOOCs als etwas vollkommen Neues medial konstruiert wurden und damit von der langen Geschichte der Bildungstechnologien, inklusive ihrer Fortschritte und Rückschläge als einer nicht-linearen Entwicklung (Lowyck, 2014), abgekoppelt wurden. Es ist vielmehr ein einmaliges Ereignis, das sich vor dem Hintergrund technologischer und sozialer Innovationen entfalten konnte. Tatsächlich gibt Technologie den Takt vor und Bildungskonzepte müssen sich dem anschließen (vgl. dazu auch T. Anderson & Dron, 2011), was zur Wahrnehmung eines genuin innovativen Bildungsexperiments führte. Die Ausblendung des bildungstechnologischen „Archivs“, also der historischen Entwicklungen im Bereich technologieunterstützenden Lehrens und Lernens, ist eine klassische diskurstheoretische Strategie (Foucault, 2012) und legt fest, was zu bestimmten Zeitpunkten innerhalb des Diskurses gesagt werden kann und was nicht. Die Durchsetzungskraft der „diskursiven Polizei“ (ebenda, S. 25) wurde jedoch alsbald aufgeweicht, indem sich ausgewiesene ExpertInnen wie Tony Bates (2012, 2014) oder Sir John Daniel (2012) in die Debatte einschalteten und eine „diskursive Brücke“ zwischen der älteren Fernstudienforschung und der aktuellen MOOC-Entwicklung gebaut wurde. Insgesamt dominiert allerdings noch der Revolutionsdiskurs, was sich an verschiedenen bildungspolitischen Initiativen, Berichten und Entscheidungen ablesen lässt, die an der Transformationswirkung von MOOCs ansetzen: • Opening Up Education Initiative der Europäischen Kommission (2013), die
sich deutlich in den „geschichtsvergessenen“ MOOC-Diskurs einordnet: „Thanks to Open Educational Resources (OER), and namely MOOCs, teachers and education institutions can now reach thousands of learners from all five continents simultaneously, showcasing that language is not always a barrier.“ (Kursivierung: MD) • Das HRK-Postitionspapier zu MOOCs im Kontext digitaler Lehre (Hochschulrektorenkonferenz, 2014b), in dem „[…] eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der digitalen Lehrformate“ befürwortet wird, wobei MOOCs als „besonderes Format“ betrachtet werden. • Das „Occasional Paper“ zu MOOCs der European University Association (EUA) (2014), das sich für eine europäische MOOC-Perspektive stark macht, dabei aber am xMOOC-Paradigma festmacht und so die Besonderheiten der
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akademischen Tradition europäischer Provenienz außen vor lässt (siehe dazu W. Clark, 2006) • Die Studie „Institutional MOOC strategies in Europe“ (Jansen & Schuwer, 2015) weist ebenso wie die EUA auf die Unterschiede zum US-amerikanischen Markt hin und plädiert für einen breiteres Verständnis von Openness: „Given the results of this report we feel that Europe must seize this moment to grab the opportunities offered by MOOCs. The open and online learning movement has great potential to educate the many in a flexible way that meets the needs of today’s learners for an increasingly complex world. It is for those reasons that the Porto Declaration on European MOOCs calls upon all to embrace the possibilities the open and online education movement offers the Knowledge Society and stresses the need for stronger collaboration in Europe, based in the principles of transparent cooperation, mutual benefit and collective incremental advantage. In acting like this, we should watch however to not isolate developments in Europe from the rest of the world, but to also seek for collaboration with both the US and other parts of the world. Only then, learners all over the world will profit optimal from these promising developments.“ (S. 33) Die Ende 2014 veröffentlichte Porto-Erklärung zu europäischen MOOCs (EADTU, 2014) lässt sich als Versuch interpretieren, die Hegemonie USamerikanischer MOOC-Anbieter mit einem angedeuteten Zusammenschluss von europäischen Hochschulen zu bekämpfen. Gleichwohl ist (noch) nicht erkennbar, dass die Hochschulen mit einer Stimme sprechen, es somit zu einem Gegendiskurs kommt, da die Verlockungen auf schnelle ökonomische und symbolische Kapitalgewinnung zu groß sind. Diese Entwicklung leitet über zu einer weiteren diskursiven Formationsbildung der jüngsten xMOOC-Debatten, des neoliberalen Framing (Deimann, 2015b). Im Unterschied zu OER und cMOOCs schafften xMOOCs sehr schnell Eingang in das kollektive Bewusstsein der Gesellschaft und sorgten mit Kollektivsymbolen wie dem „100,000 Classroom“ (Norvig, 2012) für eine ökonomische Ausrichtung. Es konnte sich dadurch auch keine „pädagogische Beharrungskraft“ gegen die kommerzielle Einverleibung aufbauen, da die ProtagonistInnen (Thrun, Koller, Ng) zwar aus dem Hochschulbildungsbereich kommen, sich jedoch in ihrem Habitus gegen das System Hochschule auflehnen – zu erinnern ist hier an Thruns berühmtes Geständnis, dass er nicht länger an der Stanford University unterrichten könne (Efrati, 2012, siehe auch die ausführliche Darstellung in Kapitel 1.4). Nur allzu leicht öffnete sich der xMOOC-Diskurs gegenüber ökonomischen Begehrlichkeiten, ist er doch quasi genuin damit verbunden. Nur kurze Zeit nach den ersten erfolgreichen Öffnungsversuchen von
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Seminaren an exklusiven Universitäten wie Harvard und Stanford wurden mit Venture Capital finanzierte Plattformen gegründet (Udacity, Coursera). Auf der anderen Seite bewirkten die frühen xMOOCs eine neuartige Möglichkeit über Massifizierung in der Bildung zu sprechen. Der seit den 1970er Jahren vollzogenen Entwicklung von Hochschulen als Massenbildungseinrichtungen lässt sich mit der Digitalisierung begegnen – so jedenfalls die Argumentation einer neoliberalen Bildungspolitik. Besonders prägnant formuliert vom gemeinnützigen Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in einer Reihe von Arbeitspapieren als These „Digitale Bildung bringt Massifizierung und Personalisierung“ (Dräger, Friedrich, & Müller-Eiselt, 2014, S. 4). Dabei wird ausgehend von einem entkernten Bildungsbegriff – Bildung als „Herstellung“ von Humankapital für die wissensbasierte Gesellschaft – die massenhafte Zunahme von Studierenden mit unterschiedlichen Hintergründen zugleich als größte Herausforderung wie auch als große Chance begriffen: „Mehr und vielfältigere Studierende bedeuten auch größere Kosten. Diesem wachsenden Finanzbedarf der Hochschulen steht die Überschuldung (und zukünftig die Schuldenbremse) vieler öffentlicher Haushalte entgegen. Dabei leiden – und diese ökonomische Besonderheit des Bildungssektors ist zentral zum Verständnis – die Hochschulen bis heute unter „Baumol’s cost disease“: Während in anderen Branchen Automatisierung und Massenproduktion zu höherer Produktivität und höheren Löhnen geführt haben, ist das in der Bildung nicht der Fall. Seit Jahrhunderten sitzt ein Lehrer mit 30 Schülern im Klassenzimmer und ein Professor mit 30 Studenten im Seminarraum. Die Produktivität steigt nicht (in den Schulen ist sie bei immer kleineren Klassen sogar massiv gesunken), aber die Löhne und Kosten sind analog zu anderen Branchen gestiegen.“(Ebenda, S. 6)
Hochschulen sind nun aufgefordert, „[…] gleichzeitig sowohl ihre Produktivität als auch die Individualisierung ihrer Angebote zu verbessern“ (ebenda, S. 6), um die mit überraschender Gewissheit vorgetragenen Potentiale der Digitalisierung auch tatsächlich einlösen zu können. MOOCs spielen in dieser Argumentationsfigur eine wichtige Rolle, da sie den Hochschulen „[…] die Reichweite der anstehenden Veränderungen vor Augen führen“ (ebenda, S. 7), d.h. MOOCs werden strategisch an die Ideologie der „Massifizierung und Personalisierung“ gekoppelt und andere konkurrierende Ansätze aus der langen Tradition des elektronisch unterstützten Lernens werden systematisch ausgeblendet. Paradoxerweise entkräftet das CHE die Aussagekraft, wenn es nur einen Satz später heißt: „MOOCs sind heute aber selten mehr als digitale Kopien einer klassischen Vorlesung, oft in Form von Videohäppchen mit Multiple Choice Tests und allenfalls lose in bestehende Curricula integriert. Die Möglichkeit, Lerninhalte und -wege
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individuell an Lernstil, -tempo und -ziel anzupassen, sofortiges Feedback zu geben oder systematisch Peer-Learning-Elemente einzubauen, nutzen MOOCs hingegen bislang kaum.“ (Ebenda, S. 7, fett im Original) Dass MOOCs in der Lage zur Personalisierung des Lernens sind, steht für die Autoren anscheinend zweifelsfrei fest und wird mit Analogieschlüssen aus der Medien- und Unterhaltungsbranche unterfüttert. Insgesamt wird hier eine radikal neoliberale Sprecherposition im MOOCDiskurs aufgemacht, die Bildung als Ware versteht, die mit neuen Distribuierungslogiken nicht nur neue Zielgruppen erschließen kann, sondern sich auch perfekt an die Bedürfnisse der „Net Generation“ anschmiegt. Bildungsphilosophische Traditionen spielen dabei keinerlei Rolle, auch wenn im Papier euphemistisch festgehalten wird: „Aber Vorsicht: Digitales Lernen ermöglicht bisher vornehmlich effizienteren Wissenserwerb, es ersetzt nicht die Persönlichkeitsbildung“ (ebenda, S. 8), so ist dies lediglich als Feigenblatt der digitalen Transformation zu verstehen, zu der es keine Alternative gibt. Bildung im idealistischen Sinne wird aus rhetorischen Gründen beibehalten und seiner selbst überantwortet, was als Hinwendung zum Lernenden verkauft wird, tatsächlich allerdings ins Leere läuft, da die Voraussetzungen für Bildungsprozesse im Zuge der Digitalisierung einfach wegrationalisiert werden. Insgesamt gestaltet sich die diskursive Formation der Massive Open Online Courses sehr vielschichtig, bedingt durch einige einflussstarke Diskursstränge: • Innovationsgestriebener, technikoptimistischer Reformstrang in der Hoch-
schulbildung: Ausgelöst durch die Experimente an US-Universitäten schwappte die MOOC-Welle auch nach Deutschland und wurde von bildungspolitischen AkteurInnen als Instrument der Reform von Hochschulbildung im Zuge der Digitalisierung aufgegriffen. Dabei spielen u.a. finanzielle, juristische und marketingspezifische Aspekte eine Rolle (Hochschulrektorenkonferenz, 2014a), was als Versuch, die Deutungshoheit im akademischen Lager aufrechtzuerhalten, gelesen werden kann. Auf der anderen Seite gibt es eine Art Alarmstimmung, dass mit MOOCs nun der letzte Baustein für die vollständige digitale Transformation der Universität vorhanden ist und das Leitbild der (analogen) Universität sehr bald nur noch als Relikt aus einer endlich überwundenen Vergangenheit zu betrachten ist. In diesem Feld tummeln sich radikale Positionen, die das Ende der traditionellen Universität ausrufen (Carey, 2015a) wie auch gemäßigtere Versuche der Wiederbelebung akademischer Werte, etwa im Fall des Zusammenschlusses von vier Liberal Arts Colleges auf der Plattform edX (Straumsheim, 2015b). Auch das Beispiel der Global Freshman Academy – eine an der Arizona State University im Sommer 2015
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gestartete MOOC-Initiative, die das komplette erste Studienjahr (Freshman) per MOOC anbietet (Straumsheim, 2015a), – fällt in diesen Strang. Damit wird gleichzeitig eine neue Entwicklungsstufe der MOOC-Evolution konstituiert, da MOOCs bislang eher als Einsteigerkurse oder als Form des Studium Generale, jedoch nicht als inhärenter Bestandteil des Kerncurriculums angeboten wurden. • Polit-ökonomischer Instrumentalisierungsstrang: Nachdem sich 2013 deutlich herausstellte, dass MOOCs als universalistisches „Beglückungsinstrument“ für eine unadressierbare Zielgruppe nicht funktioniert, kam es zum „Pivot“ von Udacity, untermalt mit der sich selbst kasteienden Bemerkung von Sebastian Thrun „We have a lousy product“ (Chafkin, 2013), hin zu betrieblicher Weiterbildung. Dieser strategischen Kursänderung schloss sich später mit Coursera ein weiterer wichtiger MOOC-Anbieter an. Beide scheiterten damit paradoxerweise an ihrem eigenen Erfolg, denn MOOCs sind ursprünglich entstanden als unbeschränkte und unregulierbare Bildungsveranstaltung, die quer zu allen bisher bekannten Regeln universitärer Bildung lag. Die damit ausgelöste Euphorie war eine logische Konsequenz des radikal offenen Settings, obschon die ProtagonistInnen dies stets bestritten haben. Die Teilnahme im MOOC war explizit freiwillig und ganz der persönlichen Motivation unterworfen, implizit allerdings gab es ganz andere Erwartungen. Das Engagement im MOOC wurde nämlich mit dem traditionellen Studierverhalten gleichgesetzt, d.h. MOOCs wurden im Sinne von Foucault (1994) durch die gesellschaftliche Wirklichkeit normalisiert und Abweichungen von der Norm (z.B. hohe Abbrecherraten) als schwerwiegendes Problem ausgemacht. Somit wurde das, was eigentlich intendiert wurde (individuell verschiedene Lernprozess im MOOC) zur Gefahr und führte zum oben genannten Kursschwenk der Anbieter. Diese suchten bereits seit längerer Zeit nach einem stabilen Geschäftsmodell zur Refinanzierung der durch Venture Capital unterstützten Investitionen. Mit der Hinwendung zur betrieblichen Weiterbildung konnte eine neue Zielgruppe erschlossen werden, die zahlungskräftig, motiviert und abschlussorientiert ist. Gleichzeitig konnte das ursprüngliche Motiv „Bildung für alle“ in einer semantischen Diskursverschiebung gerettet werden.
3.7 ZUSAMMENFASSUNG Der diskursanalytische Zugriff in diesem Kapitel fügt der gegenstands- und grundlagentheoretischen Rahmung eine alternative Lesart hinzu und komplementiert damit die Bearbeitung von Open Education als erziehungswissenschaft-
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lichen Gegenstand. Die hierfür forschungsleitende These geht von der Diskursivierung gesellschaftlicher Wirklichkeit insgesamt aus und besagt, dass soziale Fragen, wie z.B. der Bildung im digitalen Zeitalter, kontingent und damit ständig problematisch sind. Damit einher geht die Pluralisierung von Entwürfen zur Bearbeitung sozialer Herausforderungen, die allerdings unter einem gemeinsamen Dach gefasst werden können. Dies betrifft die fundamentale Einsicht in die transformative Kraft durch Öffnung von Zugängen und Produktions- und Distributionswegen. Mit Open Education entsteht dann eine gesellschaftliche Leitvorstellung, die in verschiedenen Differenzierungen und Ausprägungen regulierend auf das soziale Miteinander wirkt. Was sich in der frühen Open-Education-Phase in institutioneller Form, z.B. als Offene Schule, niederschlug, zeigte sich im Zusammenhang von OER als rechtsverbindlich wirkender Einschnitt in die bisher kommerziell ausgerichtete Produktion und Verbreitung von Bildungsmaterialien und konstituierte damit eine neue Realität. Mit dem Foucaultschen Diskursbegriff liegt ein fruchtbares und für den Gegenstand Open Education anschlussfähiges Analyseinstrument vor, das sich insbesondere (aber nicht nur) für die Untersuchung der MOOCs eignet. Was sich für die cMOOCs kaum abzeichnete, schlug bei den einige Jahre später dazu kommenden xMOOCs voll durch: MOOCs bilden eine diskursive Arena, in der vehement um Gestaltung, Sinn und Zukunft digitaler Bildung gestritten wurde. In dieser Arena laufen bislang eher getrennt voneinander Diskursstränge aufeinander und kollidierten in einigen Fällen mit großer Wucht. Vielleicht war es die eher simple Grundidee von MOOCs (abgefilmte Videos von hochkarätigen WissenschaftlerInnen werden ins Netz zur globalen Rezeption gestellt), die das Sprechen darüber zu einem einzigartigen medialen Ereignis machte. Dass diese Debatte jedoch kein Abbild der Wirklichkeit ist, sondern überhaupt erst den Gegenstand MOOC hervorbringt, wurde im Anschluss an Foucault herausgestellt. Folgt man seiner Theorie (Foucault, 1973, 2012), so lässt sich zunächst prinzipiell nach der grundlegenden Bedeutung von Offenheit für die Wissensgesellschaft fragen. Deutlich wurde in Bezug auf MOOCs dann auch, dass der Diskurs nach eigenen Regeln abläuft, die nicht von einzelnen Personen, Gruppen oder Institutionen diktiert werden können. Die Regeln legen fest, wie über Gegenstände und abstrakte Ideen gesprochen werden darf und wer sich wie dazu positioniert, d.h. Diskurs ist immer auch mit Macht verknüpft. Gleichwohl ist diese Macht nicht allein negativ repressiv, sondern auch positiv produktiv, wie etwa im Fall des Entstehens von OER. Denn die Entscheidung des MIT 2001, ab sofort nahezu das komplette Lehrportfolio kostenlos ins Netz zu stellen, war diametral entgegen der damals dominanten ökonomischen Logik, die auf Kommodifizierung der
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Inhalte abzielte. Der Fokus auf das altruistische Motiv des Teilens und der Kooperation eröffnete einen Gegendiskurs, der sich – dank des hohen symbolischen Kapitals des MIT – rasch etablieren konnte und den ökonomisch ausgerichteten Hauptdiskurs in den Hintergrund drängen konnte. Damit eröffnete sich ein neuer Raum und dieser bot neue Sprecherpositionen an, die dann von AkteurInnen wie der Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet 28 eingenommen wurden und die durch ihre Veröffentlichungspraxis neue Wege der Teilhabe schufen. Der Gegenstand OER ist somit ein diskursiv hergestelltes, nach bestimmten Regeln organisiertes Konzept, das sich im Spannungsfeld von konfligierenden Interessen befindet und dadurch kontingent ist. Sein Entstehen ist diskursanalytisch betrachtet keine zufällige, glückliche Fügung des Schicksals, sondern Ausdruck und Manifestation einer strategischen Konstellation von Kräften (technologische Infrastruktur, politischer Wille des MIT, sozialer Wandel hin zur Wiederanerkennung des allgemeinen Menschenrechts auf Bildung). Gleiches gilt für Open Education insgesamt: Es handelt sich dabei um das Produkt aus kulturellen und technologischen Sedimenten (z.B. Open Source Software), das in längeren Prozessen der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zur Frage nach der Gestaltung und Ausrichtung von Bildung entstanden ist und das sich nur rückblickend als Abfolge von verschiedenen Phasen rekonstruieren lässt.
28 http://wikis.zum.de/zum/Hauptseite
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In diesem abschließenden Kapitel soll geprüft werden, inwiefern die gegenstandstheoretisch ausgearbeiteten und bildungstheoretisch gerahmten Spielarten von Open Education Potentiale zur Weiterentwicklung von digitaler Hochschulbildung bieten. Dazu wird an das konzeptionelle Vorgehen aus dem vorangegangenen Kapitel angeschlossen, d.h. die Interaktion der Felder Open Education und Hochschulbildung wird auf der Diskursebene bearbeitet. Dazu ist in einem ersten, vorbereitenden Schritt notwendig, Hochschule im diskursiven Spannungsfeld von Tradition und Aufbruch, d.h. auf der Ebene der konkreten Erscheinung zu beschreiben (4.1). Drei Positionen wie im Diskurs argumentiert wird, lassen sich so identifizieren. Das betrifft zum ersten die selbstreferentielle Position der Hochschule, die sich als Sprechen über den inneren Kern – die Idee der Universität, ihre akademische Tradition, aber auch Gegenwartsperspektiven und zukünftigen Trends – in einer selbstreferentiellen Weise darstellt. Zum zweiten ist, kontrastierend zur ersten Position, das Sprechen über die Hochschule von einer Außenperspektive zu nennen, die ausgehend von globalen gesellschaftlichen Trends (Digitalisierung, Industrie 4.0 oder Internet of Things) eine Neuausrichtung der Hochschulbildung und Forschung fordert. Es ist eine quasi augenscheinlich valide Logik, mit der medial gehypte VordenkerInnen für die Integration von Praktiken, die mit dem sog. Web 2.0 bekannt geworden sind und die mittlerweile Politik, Wirtschaft und Kultur beeinflussen. Universitäten sind davon nicht ausgenommen, es ist vielmehr ihre Pflicht, sich den grundlegenden Transformationsprozessen anzupassen, um nicht den Anschluss – im Binnenverhältnis als nationaler und internationaler Wettbewerb zwischen Hochschulen wie auch im Außenverhältnis gegenüber anderen gesellschaftlichen Institutionen – zu verlieren. Als dritte Position schlägt das strategische Sprechen über die Hochschule gewissermaßen die Brücken zwischen der Innen- und Außenperspektive, da hier Hochschule nicht als beliebig formbare, geschichtslose, entpolitisierte
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Einrichtung gesehen wird, sondern als Institution, die sich bedingt durch die digitalen Umwälzungen neu erfinden muss. Nach dieser Einordnung auf der phänomenalen Ebene werden im nächsten Kapitel die zentralen Begriffe analysiert, um ein Verständnis davon zu entwickeln, was (offene) digitale Bildung überhaupt sein kann. Mit dem Konzept der Hybridität wird gezeigt, wie mit dem Verschmelzen der bislang unverbunden nebeneinander stehenden Konstrukte „Bildung“ und „Digitalisierung“ etwas Neues entsteht, das mehr ist als die Fortführung des bestehenden Denkens mit neuen Begriffen. So vertrat das „E-Learning“ stets eine Vorstellung von Lehren und Lernen, die der analogen Welt entstammt und diese durch elektronisch gestützte Instrumente zu unterstützen versucht, wofür symbolisch das LearningManagement-System steht. Mit der Digitalisierung setzt sich nun die Einsicht durch, dass sich auch die Art, wie Bildung organisiert und gelebt wird, ändern muss. Bislang gibt es erst wenige hybride Konzepte, die auf einer wechselseitigen Beeinflussung von Technik und Pädagogik/Didaktik gründen (Flipped Classroom, cMOOCs). Es ist somit das Ziel des dritten Abschnitts, eine vorläufige Architektur offener digitaler Hochschulbildung zu skizzieren.
4.1 DIE AUSGANGSLAGE: HOCHSCHULE IM DISKURSIVEN SPANNUNGSFELD VON TRADITION UND AUFBRUCH Es ist ein zentrales Charakteristikum der aktuellen hochschulpolitischen Debatten, dass einerseits am Begriff Universität bzw. Hochschule – die in einer Art semantischer Aufwertung den lange Zeit vorherrschenden Begriff Fachhochschule über Bord geworfen haben – festgehalten wird, andererseits die Notwendigkeit zur Reform, abgeleitet aus der Historie (Universität hat sich immer wieder neu erfunden), stets mitbetont wird (Havas, 2009). Gerade weil die Universität mit so einem hohen symbolischen Kapital ausgestattet ist und dazu in solch einem strategisch wichtigen Feld wie der Bildung angesiedelt ist, scheint sie als zentraler Motor für gesellschaftliche Innovation wie geschaffen (R. Smith, 2012). Andererseits lassen die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte und die damit einhergehenden grundlegenden Reformen der Universitätsstrukturen eine einheitsstiftende Idee immer problematischer werden (Ricken, 2014). Es lassen sich im aktuellen Diskurs drei Sprecherpositionen ausmachen: Erstens die Innenperspektive, die von Hochschulangehörigen (z.B. Lenzen, 2015) eingenommen wird, mit einer stark wertbesetzten Anbindung an den Berufsstand Akademiker und einem genuinen Forschungsinteresse („Was bedeutet die Umge-
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staltung der Universität für mich und wie kann ich daran aktiv mitwirken?“), zweitens die Außenperspektive, bei der Positionen für bzw. im Namen der Universität entwickelt und formuliert werden, ohne einen eigenen, wertbesetzten Bezug. Stattdessen wird politische und ökonomische Expertise in Anschlag gebracht, um damit den Forderungen nach Transformation bzw. disruptiver Innovation mehr Gewicht zu verleihen und um die Darstellung der Universität als „Business“ in einer ökonomischen Sprache zu rechtfertigen. Forschung ist hier mehr Auftragsforschung als an den eigenen Berufsstand gekoppelt und legitimiert sich in Form eines virulenten Krisendiskurs, der über das Moment der Disruption bzw. des Aufspaltens („unbundling“) vermittelt ist und sich über alle gesellschaftlichen Bereiche legt. Drittens lässt sich eine Perspektive des professionellen strategischen Sprechens über „digitale Bildung“ ausmachen, die auf nationaler Ebene insbesondere über das Hochschulforum Digitalisierung1 artikuliert wird. Diese unterscheidet sich insofern von den beiden anderen Positionen, da hier zwar aus der Universität heraus gesprochen wird, allerdings ohne einer ähnlich wie in der ersten Perspektive erkennbaren bildungstheoretischen Fundierung. Auf der anderen Seite ist der Professionalisierungsgrad, mit der Positionen vorgebracht werden – siehe dazu zum Beispiel das Papier „20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung“ (hochschulforum digitalisierung, 2015a) – der Außenperspektive ähnlich, folgt dabei jedoch nicht einer starren ökonomischen, auf Disruption und Kommodifizierung ausgerichteten Logik. Es kann daher als eigenständige Position verstanden werden, die versucht, die Interessen der Hochschule als Berufsstand wahrzunehmen und nach außen, d.h. gegenüber anderen gesellschaftlichen Akteuren, zu vertreten. Gleichwohl ist die Legitimation des Hochschulforums weniger demokratisch und steht nicht in der Tradition der Gruppenuniversität, die sich seit den späten 1960er entwickelte, sondern ist als Auftrag der (Bildungs-)Politik an die Hochschule, sich über die eigene Zukunft Gedanken zu machen, angelegt. Darüber hinaus lassen sich die mittlerweile von einzelnen Hochschulen vorgelegten Konzepte zur Digita-
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In der Selbstbeschreibung (online zugänglich unter http://www.hochschulforumdigita lisierung.de/%C3%BCber-uns/das-hochschulforum) findet sich die Kennzeichnung „Das Hochschulforum Digitalisierung bildet als unabhängige nationale Plattform den Rahmen, um über die vielfältigen Einflüsse der Digitalisierung auf die Hochschulen und insbesondere auf die Hochschullehre zu diskutieren.“ Es handelt sich dabei um ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Kooperationsprojekt mit den Partnern Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Inhaltlich wird in sechs Themengruppen unter Leitung von Mitgliedern des Top-Hochschulmanagements an Zukunftsszenarien gearbeitet.
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lisierung unter die strategische Sprecherposition subsumieren, wie z.B. die E-Learning-Strategie an der Universität Duisburg-Essen (Liebscher u. a., 2015). Die drei Perspektiven sind unterschiedlich empfänglich gegenüber den Ideen der Open Education Bewegung und so verband sich beispielsweise der xMOOCDiskurs als Ausdruck einer Westküstenmentalität („Silicon Valley Spirit“) mit einer konservativen Hochschuldidaktik, der es zudem erfolgreich schaffte, die historischen Wurzeln der Fernlehrtradition zu kappen (Deimann, Lipka, & Bastiaens, 2015). Stattdessen wird das Motiv der Weltverbesserung stark gemacht und durch konstante mediale Berichterstattung in den Mainstream getragen, wie etwa im Fall des „Accidental Power of MOOCs“ (Newton, 2015) als Reaktion auf den empirischen Befund, dass es hauptsächlich weiße, männliche und an Bildung Interessierte (z.B. Lehrerende) waren, die einen MOOC vollständig absolvierten. Auch Sebastian Thruns famose Feststellung „We have a lousy product“ (Chafkin, 2013) ist nur oberflächlich als Akt der Selbsterkenntnis – die Bildungsrevolution ist gescheitert – zu deuten, steckt doch vielmehr ein bewusster strategischer Richtungswechsel seines Unternehmens Udacity dahinter. Eine andere, radikalere Strategie ist im Zusammenhang des im Oktober 2015 erschienen Buchs „Die digitale Bildungsrevolution. Der radikale Wandel des Lernens und wie wir ihn gestalten können“ (Dräger & Müller-Eiselt, 2015) erkennbar, da hier konsequent alle negativen Entwicklungen im xMOOC-Diskurs ausgeblendet werden (zu dieser und weiterer Kritik siehe Deimann, 2015c), um ein Narrativ zu konstruieren, das in Sprache und Zielstellung sehr an den dystopischen Roman „The Circle“ (Eggers, 2013) erinnert und von Morozov (2013) als „Solutionism“ gekennzeichnet ist: „Recasting all complex situations either as neatly defined problems with definite, computable solutions or as transparent and selfevident processes that can be easily optimized – if only the right algorithms are in place! – this quest is likely to have unexpected consequences that could eventually cause more demage than the problems they seek to address“ (S. 5). Es lässt sich weiter argumentieren, dass der Solutionismus geschichtsblind ist, d.h. im Hier und Jetzt agiert und eine euphorisierende Wahrnehmung der Gestaltungsmöglichkeiten der Zukunft erzeugt, was von Rendueles (2015, S. 159) als „Cyberfetischismus“ bezeichnet wird: „Der Cyberfetischismus ist so attraktiv, weil er die Gegenwart als das Ergebnis eines unblutigen und erfolgreichen Bruchs mit der Vergangenheit versteht. Dieser Interpretation zufolge sind wir die glücklichen Erben einiger technologischer Innovationen mit wichtigen gesellschaftlichen und potenziell auch politischen Nebenprodukten“. Damit einher geht die Gefahr – darauf weist Barbrook (2007) in seiner genealogischen Analyse „Imaginary Futures“ deutlich hin – der Verantwortungs-
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abgabe, z.B. im Hinblick auf handlungsleitende ethisch-pädagogische Prinzipien an Maschinen. Die Vision, die Protagonisten wie Dräger und Müller-Eiselt (2015) skizzieren, strebt eine irreversible Vormachtstellung der Technik an – z.B. in Form von Learner Analytics, Predictive Profiling oder Recomender Systemen – und verabschiedet sich damit von persönlichen Vertrauensverhältnissen, die in pädagogischen Kontexten konstitutive Bedeutung haben (W. Clark, 2006). Die „Lehrer-Schüler-Beziehung“ wird aufgebrochen und in die Lücke treten (digitale) Technologien mit intermediierenden Funktionen. Diese Entwicklung wirft völlig neue Fragen auf, die zuvorderst aus einer bildungsphilosophischen Perspektive zu bearbeiten sind, bevor sich daraus praktisch-pädagogische Ansätze ableiten lassen (diese Diskussion wird geführt in Deimann, 2015c). Im Unterschied zu dieser stark ökonomisch ausgerichteten xMOOC-Debatte steht die alternative cMOOC Bewegung, die sich als deutlich progressivere Open-Education-Spielart versteht. Hier ist mittlerweile allerdings eine Resignation unter den ProtagonistInnen eingetreten: „How openness won and why it doesn’t feel like victory“ (Weller, 2014). Eine Anbindung an klassische Ideale der Hochschule – von der Neugründung unter Humboldt bis zur Reartikulierung als Ideal von „Einsamkeit und Freiheit“ (Schelsky, 1963) – als Stärkung und Legitimation scheint sich gegenwärtig gegenüber ökonomisch orientierten Narrativen nicht behaupten zu können. Die auf (Quell-)Offenheit von Materialien und sog. offenen digitalen Praxen (Open Educational Practices, OEP) basierenden Ansätze zeichnen sich durch eine Theoriearmut aus und vertrauen mehr der Kraft der Suggestion. So argumentiert beispielsweise die als Vordenkerin der HackingEducation-Bewegung bekannt gewordene Anya Kamenetz mit einem unterkomplexen Technikbegriff: „Technology upsets the traditional hierarchies and categories of education. It can put the learner at the center of the educational process. Increasingly this means students will decide what they want to learn; where, and with whom; and they will learn by doing. Functions that have long hung together, like research and teaching, learning and assessment, or content, skills, accreditation, and socialization, can be delivered separetly“ (Kamenetz, 2010, S. X).
Problematisch an dieser Argumentation ist, dass keine theoretisch begründete Perspektive entwickelt wird, die sich an zentralen Begründungsfiguren der Erziehungswissenschaft, z.B. Bildung, orientiert (für eine exemplarische Diskussion der bildungstheoretischen Fundierung siehe Deimann, 2014a). Damit kann es zu einer feindlichen Übernahme bzw. diskursiven Vereinnahmung kommen, bei der die technikoptimistische Position aus dem – systemtheoretisch gesprochen –
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Code der Bildung herausgelöst wurde und in den Code der Ökonomie integriert wird. Genau das passiert in dem Buch „Die digitale Bildungsrevolution“ (Dräger & Müller-Eiselt, 2015), da hier – wie weiter oben ausgeführt – mit einem radikalen Technikdeterminismus ein deutlich effizienteres und effektiveres Bildungssystem skizziert wird, das sich ganz selbstverständlich beim bildungstheoretisch aufgeladenen Erbe von Humboldt bedient, freilich ohne die anthropologischen Implikationen entsprechend zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund dieser dynamischen Entwicklungen wird im Folgenden mit Hilfe dreier distinktiver Sprecherpositionen eine differenzierte Bestandsaufnahme entwickelt, die als Vorbereitung für die daran anschließende philosophische Grundlegung von digitaler Bildung als Hybridität (Kapitel 4.2) sowie die tentative Architektur von offener digitaler Bildung (Kapitel 4.3) dient. Bei den Sprecherpositionen handelt es sich um: (1) die Innenperspektive, verstanden als institutionalisierte Bildungswissenschaft in ihrem eigenen, selbstreferentiellen akademischen Diskurs, (2) die Außenperspektive, die einen aus der neueren Managementlehre entstammenden Optimierungsdiskurs führt, der die einheitsstiftende Idee der Universität für historisch überholt betrachtet und an einer Aufspaltung in ökonomisch verwertbare Elemente („Assets“, z.B. Vorlesungsaufzeichnungen als MOOCs) arbeitet, sowie (3) das professionelle Sprechen über die Gestaltung der Digitalisierung an der Hochschule, die während der letzten Jahre durch bildungspolitische Initiativen die Einsicht beförderte, dass digitale Transformationen und fortwährende Öffnungsschübe strategische Reflektionen erforderlich machen. 4.1.1 Die Innenperspektive Die deutschsprachige Bildungswissenschaft hat sich über die Jahre nur sehr zögerlich mit dem Phänomen Open Education beschäftigt, was exemplarisch in dieser Arbeit ausgeführt wurde (z.B. die zum Teil harsche Kritik an den frühen schulpädagogischen Projekten in der Einleitung). Es scheint so, als ob dieses Thema erledigt bzw. irrelevant sei und so gibt es auch keine nennenswerten Beiträge zu neueren Open Education Varianten bzw. solche, die in reflexhafter Haltung positiv-optimistisch (Mayrberger & Hofhues, 2013) oder negativ-pessimistisch (Schulmeister, 2013a) argumentieren. Es ist daher die Grundthese dieser Arbeit, dass eine systematische Aufarbeitung von Open Education ausstehend ist und diese angesichts der global steigenden Bedeutung eine wichtige Herausforderung für die zeitgenössische Bildungswissenschaft ist. Importoptionen gäbe es beispielsweise bei der aktuell wieder aufgelebten Debatte zur Erneuerung der Hochschule, bei der es darum geht, die historischen
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Errungenschaften dieser akademischen Institution in den Vordergrund zu stellen und daraus einen Systemkern – analog dem Kernel aus der Welt der Betriebssysteme – abzuleiten. Es ist dabei allerdings eine glättende Homogenisierung (Foucault, 1976) festzustellen, d.h. divergente Entwicklungen der Universitätsgeschichte werden als Einheitserzählung „Die Erfindung der Universität durch Wilhelm von Humboldt“ codiert und umgedeutet. Darauf hat schon Habermas (1986) mit seiner Kritik am Mythos Humboldt aufmerksam gemacht und dagegen gewandt „[…] daß die organisationsförmige Realität, in der sich die funktional spezifizierten Teilsysteme einer hoch differenzierten Gesellschaft sedimentieren, auf ganz anderen Prämissen beruht“ (S. 704). An späterer Stelle radikalisiert Habermas seine These des Ende von Humboldts als einheitsstiftendes Moment der Hochschule: „Wenn aber der innere Zusammenhang der Universität nicht einmal mehr unter diesen Prämissen [d.h. den Universitätsreformen in den 1960er Jahren, die de facto zur Herausbildung der Massenuniversität führten] zu retten war, müssen wir uns dann nicht doch eingestehen, daß diese Institution auch ganz gut ohne jene liebgewordene Idee auskommt, die sie einmal von sich selbst gehabt hat?“ (S. 713, Einfügung: MD). Mittlerweile gibt es mehrere Forschungsbefunde, die von einer Konstruktionsleistung ohne realhistorische Entsprechung ausgehen: „Dieses Humboldtsche Universitätsideal sei zwar nur kurz im frühen 19. Jahrhundert an der Berliner Universität verwirklicht worden, so bislang der Tenor der Forschung, habe aber durch die Spannung zwischen Ideal und Realität fruchtbar gewirkt und dem Realtypus der deutschen Universität im 19. Jahrhundert den Stempel aufgedrückt“ (Paletschek, 2002, S. 184). Die Ausrichtung an Humboldt als Gründungsvater der modernen Universität ist dadurch bis heute ein prägendes Leitmotiv – und zwar für alle Sprecherpositionen (Innen-/, Außenperspektive und die Perspektive des strategischen Sprechens) –, schaffte er es doch wie kaum jemand vor ihm, einen eigenen Funktionsmechanismus, der durch den Wahrheitscode konstituiert ist, zu etablieren. Das Motto war nun Bildung durch eine nur der Wahrheit verpflichtete Wissenschaft an einer Universität, in der Forschende und Lernende gleichberechtigt in „Einsamkeit und Freiheit“ (Schelsky, 1963) arbeiteten. Gleichzeitig ist dieses schwergewichtige bildungsphilosophische Erbe eine erhebliche Bürde, da sich die Bedingungen zur Realisierung traditioneller Bildungsprinzipien radikal geändert haben. Aus der Humboldtschen Reformuniversität ist eine bürokratisch überregulierte, unterfinanzierte und politisch umkämpfte Massenhochschule, die weniger universal Gelehrte als ein akademisches Prekariat produziert, geworden. Es ist in diesem Zusammenhang zu einer „Interpenetration mit dem Code des Wirtschaftssystems“ (Lenzen, 2014b, S. 12) gekommen, d.h. der traditionelle Wahrheitscode (wahr/falsch), mit dem die Wissensproduktion organisiert wurde, wird durch den ökonomischen Code, ausge-
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drückt über Qualitätsmanagement und Evaluation sowie Kundenzufriedenheit, ergänzt und ausgehölt. Hier ist gut die in der jeweiligen Sprecherposition verwurzelte eigene Diskurslogik erkennbar, so wird im ökonomisch orientierten, mit neoliberalen Steuerungsmodellen arbeitenden und von außen an die Universität herangetragenen Diskurs argumentiert, dass ein explizites Qualitätsmanagement notwendig ist, um die Forschungs- und Lehrprozesse der Universität quantitativ und qualitativ auszeichnen zu können. Für den traditionellen akademischen Diskurs ist dies völlig unverständlich, da die Wissensproduktion per se auf Qualität ausgerichtet ist und durch einen eigenen Wahrheitscode auch sozial organisiert wird (z.B. Peer-Review-Verfahren). Charakteristisch für den innerperspektivischen Diskurs ist dadurch die Vulnerabilität des universitären Ideals, das sich ausgehend von einem idealisierten und überhöhten Gründungsmythos seit vielen Jahrhunderten politisch motivierten Angriffen ausgesetzt sieht. Diese haben seit den 1970er Jahren stark zugenommen und sind mittlerweile auch ökonomisch unterfüttert durch Steuerungsmodelle des New Public Management (auch als akademischer Kapitalismus bezeichnet; Münch, 2011). Generell hat sich das akademische Organisationsprinzip über sehr lange Zeit bewährt und gerade das deutsche Universitätsmodell gilt international als Erfolgsmodell, nach dem sich u.a. auch die USA orientierten. Dieser weltweite Siegeszug bekommt nun jedoch Risse. Als ursächlich für die vehementen Angriffe auf die Universität gilt, so Lenzen (Lenzen, 2014b, S. 49) in seiner programmatischen Schrift „Brauchen wir noch die Universität“, dass die Idee von Universität im inneren nur durch wenige Elemente getragen wird, die sich aus der Humboldtschen Bildungskonzeption ableiten. Damit wird die Frage nach einem neuen Leitbild von Universität oder, wie es Ricken, Koller und Keiner (2014) mit dem programmatischen Titel ihres Sammelbands formulieren, die „Idee der Universität – revisited“ aufgeworfen. Allerdings scheint die Logik der anhaltenden Transformation eher einer formellen Logik zu folgen als durch konzeptionelle Ideen gespeist zu sein. An mehreren Stellen wird die Hegemonie des ökonomischen Codes deutlich: Die BolognaReform ist angetreten, um Studieren effizienter, d.h. schneller und ressourcensparender zu machen, die Exzellenzinitiative verfolgt das Ziel, Forschung in einen leistungsorientierten Wettbewerb zu überführen, orientiert an managerialen Kriterien der Wirtschaft und das alles ist gerahmt von Bedingungen einer spätmodernen Wissensgesellschaft, die mit dem klassischen Bild der Universität nicht mehr viel gemeinsam hat. Gleichzeitig bedingt die inhaltsarme, funktionale Logik ein ständiges Rückbesinnen auf die vermeintlich überkommenen bildungstheoretischen Traditionslinien (Ricken, 2014). Solange es aber keine, auf die inhaltliche Seite, bezogene
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Alternativen gibt, laufen die Reformanstrengungen ins Leere. Mehr noch, dadurch dass die Suche nach einer neuen „Idee der Universität“ in ein Konkurrenzverhältnis zu den Anforderungen und Bedingungen der Gegenwart gesetzt wird, verbergen sich Ansatzpunkte zur Problembearbeitung. Somit kommt es zur paradoxen Situation, „[…] dass die klassischen Ideen der Universität, wie sie mit dem Namen Wilhelm von Humboldts verbunden werden […], auf der einen Seite als überholt abgetan und übergangen werden, auf der anderen Seite aber jederzeit – auch durchaus von den gleichen Protagonisten – bemüht werden (können oder gar müssen), wenn es um Positionierungen im gegenwärtigen Feld der Universität geht“ (ebenda, S. 13). Auch in der medialen Berichterstattung wird eine Diskussion zur Erneuerung von Hochschule, die einer platten Analogie folgend als „Hochschule 4.0“ bezeichnet wird, ausgetragen. So wird in einem Akt der Selbstbestätigung auf Humboldt verwiesen, um dem Eindruck der Totaldigitalisierung von Bildung entgegen zu wirken, die sich nur um die angemessene technische Ausstattung von Klassenzimmer und Vorlesungssaal dreht. Gleichzeitig wird das bildungsphilosophische Erbe wie selbstverständlich an den digitalen Transformationsprozess geknüpft und eine logische Anschlussfähigkeit suggeriert: „Wilhelm von Humboldt hätte wahrscheinlich an dieser Art der Digitalisierung Gefallen gefunden – er wollte schließlich Bildung für möglichst viele Menschen. Und es tut sich auch schon einiges. An vielen Hochschulen werden virtuelle Kurse aufgebaut, Studienanfänger mit Apps durch ihr Studium begleitet.“ (Weingartner, 2015)
Im nächsten Schritt erweist sich der bildungstheoretische Rucksack als zu schwer für die „digitale Reise“ und wird abgelegt, d.h. es findet keine substantielle bildungswissenschaftliche Diskussion, die über die bloße (biographische) Referenz zu Humboldt hinausgeht, statt. Vielmehr wird nun ein durch die rasante technologische Entwicklung evozierter Druck zu Veränderungen im Bildungssystem aufgebaut: „Es tut sich etwas. Und doch tut sich zu wenig, wenn man dies misst an der Vision der völligen Digitalisierung – und an den Möglichkeiten, die es schon heute gibt“ (Süddeutsche Zeitung vom 01.10.2015). Allerdings verkürzt sich die didaktische Bandbreite dann schnell auf die MOOCs, die den medialen Diskurs mit scheinbar unveränderter Intensität dominieren und damit die Rhetorik des „Harvard für alle“ (die ZEIT vom 21.03.2013) oder der „Globalisierung der Lehre“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13.03.2013) weiterführen. Ungeachtet der stärker werdenden Kritik am MOOCKonzept bleibt es eine stabile Referenzgröße, die zugleich auch Sicherheit gibt – es gibt ein erfolgreiches Konzept der digitalen Bildung – auch wenn viele Fra-
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gen offen bleiben. Das ambivalente Verhältnis der Hochschulen zu MOOCs in der medialen Debatte kommt im Beitrag „Trend mit Zweifeln“ der Süddeutschen Zeitung vom 12.04.2015 zum Ausdruck: „Eine Revolution für die Lehre an den Hochschulen? So sehen viele Experten sogenannte Moocs, Online-Kurse mit pädagogischer Begleitung. Die deutschen Uni-Chefs erkennen den Trend; aber sie wissen nicht so recht, was zu tun ist.“
Auch der kürzlich in mehreren Leitmedien losgetretene Appell nach mehr Datenschutz bezieht sich auf das MOOC-Format, so z.B. der Artikel „Der gläserne Student“, der am 2.12.2015 in der Süddeutschen Zeitung erschien. MOOCs sind die am deutlichst sicht- und wahrnehmbare Manifestation der digitalen Transformation im Bildungsbereich. Der sich mit dem Beginn der Verbreitung von MOOCs ausbreitende technologische Determinismus führt zu einem starken Aktionismus, der bereits in einer früheren E-Learning-Hochphase präsent war und sich damals auch ohne eine ausreichende empirische Befundlage, die den Nachweis über elektronisch gestützte Maßnahmen erbringt, als ein Imperativ verbreitete (Kitto & Higgins, 2003). Ähnliches ist in der aktuellen Debatte zu beobachten, wenn in den Massenmedien MOOCs als Lösung für viele Bildungsprobleme skizziert werden, deren Überzeugungskraft auch angesichts der hohen Abbrecherraten oder des Matthäus-Effekts nicht zu leiden scheint. Insgesamt lässt sich damit für die Innenperspektive das Bild einer suchenden Universität zeichnen, die sich ihres bildungsphilosophischen Erbes bewusst ist, es aber bislang nicht schafft, diese Bürde für eine Neuformulierung der Idee von Universität produktiv einzusetzen. Infolgedessen kommt es zu einer reaktiven Haltung gegenüber bildungstechnologischen Entwicklungen und einer erzwungenen Rezeption von Trends (z.B. MOOCs), ohne diese mit dem innerdisziplinären Instrumentarium (z.B. was ist der Bildungswert von MOOCs?) zu bearbeiten. 4.1.2 Die Außenperspektive Es ist das zentrale Motiv der Außenperspektive an der Auflösung der Bildungsinstitution Universität zu arbeiteten, was mit Begriffen wie „Disruption“ oder „Unbundling“ zum Ausdruck gebracht wird. Mit einer wachsenden literarischen Gattung, die einer neoliberalen Managementlehre verpflichtet ist, wird Digitalisierung als (radikal bzw. revolutionäres) umwälzendes Phänomen betrachtet, das zu neuen Produktions- und Konsumprozessen führt (exemplarisch dazu Staton, 2013). Dabei entstehen neue Wertschöpfungsketten, an denen innovative Akteure partizipieren wollen. Die Aufspaltung der gewachsenen und als überaltert
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bzw. aus der Zeit gefallenen Institution Hochschule führt zu neuen digitalen Angebotsformen, um das Geschäft mit Bildung, das vom Zugang zu akademischen Programmen und Kursen, der Betreuung durch professionell arbeitende Lehrende bis zur Zertifizierung von Leistungen in Form von Zeugnissen reicht, nicht länger der staatlichen Hand zu überlassen, sondern auf diejenigen mit den smartesten Konzepten und Businessmodellen zu erweitern. Mit einem augenscheinlich validen Analogieschluss argumentierten die Vertreter_innen, dass Universität ähnlich der Medienbranche umgebaut werden muss und den „Nutzer/die Nutzerin“ in den Mittelpunkt stellt, dabei völlig neue Bedürfnisse produziert und mit neuen, smarten Lösungen auch befriedigt: „It’s been interesting watching this unfold in music, books, newspapers, TV, but nothing has ever been as interesting to me as watching it happen in my own backyard. Higher education is now being disrupted; our MP3 is the massive open online course (or MOOC), and our Napster is Udacity, the education startup“ (Shirky, 2012).
Dabei wird es als historische Leistung betrachtet, dass z.B. der iTunes Store von Apple es seit 2003 geschafft hat, die CD aufzuspalten und so Kunden gezielt einzelne Lieder legal kaufen können. Die dadurch entstandenen enormen Umsatzeinbußen für die Plattenfirmen zeigen an, wie wirkmächtig der UnbundlingProzess ist. Ähnliches wird nun für die klassischen Anbieter von Fernsehprogrammen prognostiziert, da mit Streaming-Plattformen wie Netflix ein individuell gestaltbares, on-demand verfügbares Programm möglich ist (Craig, 2015). Clayton Christensen, Professor an der Harvard University, ist einer der Vorreiter der disruptiven Innovation und geht dabei soweit, eine neue DNA für die Universität zu fordern, deren Blaupause er in Unternehmen wie Toyota sieht, die erfolgreich den bis dahin marktbeherrschenden Konzern General Motor unter Druck gesetzt haben (C. Christensen & Eyring, 2011b). Christensen arbeitet selbst an einer (Elite-)Hochschule, ist jedoch in seiner Art der Argumentation klar der Außenperspektive zuordenbar. Ihm geht es darum, einen distanzierten Blick auf die Hochschule zu richten, und das sowohl räumlich als auch zeitlich differenziert. Die Forderung, die DNA zu ändern und sich damit den geänderten Anforderungen und Bedingungen einer digitalen Ökonomie anzupassen, betreffen den Kern der Universität, die Logik der Transformation gründet sich jedoch nicht auf bildungsphilosophische Positionen, sondern auf die (moderne) Managementlehre. So ist es für ihn erstaunlich, dass sich Universitäten über mehrere Jahrhunderte bewährt haben, ohne ihre Funktionsweise signifikant zu modifizieren – ein Umstand, den es in der Wirtschaft heute nicht mehr gibt bzw. geben kann, man denke an große Traditionsunternehmen wie z.B. AEG. Die wirtschaftliche Logik der Disruption wird,
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und das ist ein bekanntes Merkmal neoliberaler Argumentationen, als alternativlos dargestellt und folgt diesem Muster: Traditionelle Produkte und Dienstleistungen werden durch einfachere und vor allem preisgünstigere Anwendungen nach oben im Preissektor gedrängt. Zunächst verändert sich für die etablierten Anbieter nichts, die Kunden bleiben, es etabliert sich allerdings eine neue Käuferschicht. Im Laufe der Zeit werden die neuen Produkte besser und ziehen mehr Kunden an, worauf die Konkurrenz mit besseren und teueren Angeboten reagiert. Das läuft auf eine Verdrängung des traditionellen Anbieters hinaus, da die Entwicklungsmöglichkeiten nach oben qualitativ begrenzt sind (Deckeneffekt) bzw. zu teuer sind und damit die Einnahmequellen in Folge stagnierender bzw. rückgehender Nachfrage ausgetrocknet werden. Mit dem Aufkommen digitaler Bildungsangebote sieht Christensen die Vorboten für eine disruptive Innovation im Bildungsbereich (C. Christensen & Weise, 2014) und er macht das u.a. an einer Käuferschicht fest, die ihren Beruf wechseln will oder muss und für den Erwerb neuer Qualifikationen und Kompetenzen online Angebote in Anspruch nimmt. Online-Kurse wie z.B. MOOCs sind augenscheinlich sehr attraktiv, da sie zeit- und ortsunabhängiges Lernen ermöglichen und im Vergleich zu klassischen Weiterbildungsangeboten von Universitäten deutlich günstiger sind. MOOCs sind für Christensen und andere (z.B. Staton, 2013) daher ein Paradebeispiel für eine disruptive Innovation, dem auch der Schwanengesang, der durch die Abkehr von Udacity im Herbst 2013 ausgelöst wurde, nichts anhaben kann. Ganz im Gegenteil, es wird argumentiert, dass die Disruption gerade erst begonnen hat (C. Christensen & Weise, 2014). Dabei geht es um die Zerlegung bzw. Entflechtung („unbundling“) von akademischen Funktionen und Dienstleistungen – neben der Vermittlung von Inhalten und der (Weiter-)Entwicklung der eigenen Persönlichkeit geht es um die Einführung in die akademische Community und den Erwerb von sozialem Kapital, das sich später positiv auf die Berufsaussichten auswirkt – und deren digitale Umsetzung. Diese Denkart ist – darauf wurde oben bereits hingewiesen – als Solutionism (Morozov, 2013) bekannt geworden und ein dominanter Diskurs in der angloamerikanischen Bildungsdebatte. Als Katalysatoren für die Disruption gelten USEliteinstitutionen wie Harvard oder das MIT, da sie über die besten WissenschaftlerInnen der Welt verfügen, gepaart mit einem Willen zur Missionierung der gesamten Bevölkerung. Konsequent weitergedacht arbeiten diese Universitäten dadurch an ihrer eigenen Auflösung. Auf diese Art argumentiert Carey (2015a) in seinem Buch „The End of College“ und sieht eine neue Form der Hochschule, die sog. „University of Everywhere“, am Horizont erscheinen. Dies übrigens ungeachtet der konkreten Realisierung, denn darum geht es Carey gar nicht, sondern um die Entwicklung einer Cyberutopie, die den Anfängen des angelehnt ist:
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„The University of Everywhere will span the earth. The students will come from towns, cities, and countries in all cultures and societies, members of a growing global middle class who will transform the experience of higher education. The students will be educated in digital learning environments of unprecedented sophistiaction. The University of Everywhere will solve the basic problem that has bedeviled universites since they were first invented over a millenium ago: how to provide a persionalized, indvididual education to large numbers of people at a resaonable price. The intense tutorial education that has historically been the province of kings and princes will be available to anyone in the world“ (S. 5).
Das dahinter liegende Bildungsverständnis ist rein „angebotsorientiert“ und vernachlässigt die Personenseite, d.h. der Lerner wird sich selbst überlassen und es geht nur um den Vertriebsweg von gut verpackten Angeboten. Die aus biographischen Erlebnissen gespeiste Erzählung in „The End of College“ wird als allgemeines Rezept – es gilt, möglichst viele digitale Angebote zu schaffen – für die Lösung aktueller Bildungsprobleme verallgemeinert. Dabei verläuft die Argumentation einseitig, entlang der Diskurslinie „Cyberutopie“ und blendet offenkundig gewordene Leerstellen digitaler Bildungsangebote (z.B. wie kann didaktisch sinnvoll mit dem Matthäus-Effekt umgegangen werden?) konsequent aus (siehe dazu Deimann, 2015c). Neben den Inhalten, die als offene Online-Kurse weltweit verbreitet sind und dem (kosten-)freien Zugang zu qualitativ hochwertigen Bildungsangeboten, ist das Abschlusszertifikat ein wichtiger Kulminationspunkt der Disruptionsdebatte (Carey, 2015b). Was im traditionellen Modell noch funktionierte, da mit dem Hochschulzertifikat das kulturelle Kapital in symbolisches Kapital umgewandelt wurde und es dadurch einen privilegierten Platz in der Gesellschaft sicherstellte, gerät durch wirtschaftliche Stagnation und technologische Innovation ins Stocken. Ein Hochschulabschluss ist nicht länger eine Garantie für einen gut bezahlten Arbeitsplatz, zudem sind gerade in den USA die Studiengebühren derart über-inflationär gestiegen, dass die Investition in Bildung nicht mehr lohnenswert erscheint. Daraus ist ein veritabler Krisendiskurs entstanden, der in der Literatur u.a. als „Student Debt Bubble“ (Goodnight, Hingstman, & Green, 2015) oder als „Cost Disease“ (Bowen, 2013) bezeichnet wird und die zentrale argumentative Grundlage für die Thesen zur radikalen Erneuerung der Hochschule darstellt. Hier schlägt die ökonomische Logik der Aussenperspektive voll durch, geht es doch um die Erhöhung der Produktivität der Bildungsanstalt Hochschule. So definiert Bowen (2013) das Problem folgendermaßen: „In labor-intensive industries such as the performing arts and education, there is less opportunity than in other sectors to increase productivity by, for example, substituting capi-
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tal for labor. Yet markets dictate that, over time, wages for comparably qualified individuals have to increase at roughly the same rate in all industries. As a results, unit labor costs must be expected to rise faster in the performing arts and education than in the economy overall“ (S. 3f.).
Im Unterschied zu industriellen Produktionsweisen, die durch mehr Automation (Robotik, Industrie 4.0) zu mehr Produktivität führen, lösen in der Bildung Skaleneffekte Qualitätseinbußen aus, da das klassische Modell auf Interaktion und Betreuung in kleinen (Seminar) oder mittelgroßen (Vorlesung) Gruppen ausgelegt ist. Beides zusammen, der kostenfreie Zugang zu hochwertigen Bildungsinhalten und das Angebot zur Zertifizierung durch einen privaten Anbieter, schafft neue digitale Ausbildungsformate, die aktuell prototypisch im Silicon Valley zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um sog. Nano-Degrees, die u.a. von der MOOC-Plattform Udacity für die erfolgreiche Teilnahme verliehen werden und dadurch einen alternativen (Aus-)Bildungsgang für bestimmte Berufsbilder ermöglichen. So bietet Udacity u.a. ein Android-Developer-Nanodegree-Programm2 in enger Kooperation mit Google an, das den Lernenden die notwendigen Kompetenzen für die Entwicklung von Android-Applikationen vermittelt sowie ein verwertbares Zertifikat, das auf dem Arbeitsmarkt – so die Erwartung – entsprechend nachgefragt wird (Carey, 2015b). Mit flankierenden Maßnahmen, wie der Ankündigung von Udacity, die Hälfte der Studiengebühren (monatlich 200 US$) für den Fall eines Abschlusses innerhalb von zwölf Monaten zu subventionieren, wird die Nachfrage zusätzlich befeuert. In einem weiteren Projekt arbeitet Udacity mit dem amerikanischen Telekommunikationsanbieter AT&T zusammen und bietet Kurse in Datenanalyse oder iOS-Applikationen an für alle mit basalen Mathematikkenntnissen (Porter, 2014). Damit ist der ursprüngliche Anspruch der MOOCs, kostenfreie Bildung für alle zu schaffen, allerdings ohne Berücksichtigung der Verwertungsmöglichkeiten, z.B. in Form von beruflichem Aufstieg, zu einem Anspruch der kostengünstigen Ausbildung in aktuell stark nachgefragten, d.h. ökonomisch diktierten, Berufsfeldern geworden. Konsequenterweise wird dies von Sebastian Thrun als „It is like a university, built by industry“ bezeichnet (zitiert in Porter, 2014). Dem entgegnet, quasi reflexhaft, der Präsident der Wesleyan University mit dem Beitrag „Why ,NanoDegrees‘ Can Never Replace Liberal Arts Colleges“ (Roth, 2014), in dem er ein ganzheitliches Bildungsideal favorisiert und sich gegen die stark utilitaristische
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Das Programm hat eine Laufzeit von 6-12 Monaten, mit einem wöchentlichen Workload von 10 Stunden und ist als Selbststudium angelegt, siehe dazu: https://www. udacity.com/course/android-developer-nanodegree--nd801
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Ausrichtung der Nano-Degrees wendet. Allerdings mach Roth (2014) auch deutlich, dass Berufsorientierung per se kein Gegenpol des klassischen Universitätsstudiums sei, denn dies ist eine historisch belegte Tradition, da hierbei immer auch ein kritisches Denken mitvermittelt wurde, um eine reine Anpassung des Lerners an die Anforderungen der beruflichen Tätigkeit zu verhindern. Genau dies sei in den Nano-Degree-Kursen nicht der Fall. Auf der anderen Seite sind die normalen Collegeabschlüsse um ein vielfaches teurer als die Nano-Degrees (LeBar, 2015) – ein klassisches Argument der Außenperspektive, die jedoch einen blinden Fleck aufweist. Die preiswerten Nano-Degrees erlauben es Menschen, sich rasch beruflichen Veränderungen anzupassen, doch dazu ist ein bereits erworbenes kulturelles Kapital implizit vorausgesetzt, d.h. ein traditioneller Hochschulabschluss ist immer noch wichtig, um die Vorzüge der neuen Bildungswelt genießen zu können. Bislang bleiben die Nano-Degrees auf das Gebiet Informatik beschränkt und Udacity arbeitet intensiv an der Marktführerschaft, z.B. mit strategischen Partnerschaften mit Google und der Expansion nach Indien (Srivastava, 2015). Diese sichtbaren Angebote und Dienstleistungen tragen dazu bei, dass die Disruption der Bildung weiter mediale Aufmerksamkeit findet und mit Slogans wie der „Uber-ized Education“ (Bedrick & Burke, 2015) oder als „Amazon for education“, d.h. „[…] a platform that enables you to buy, choose and manage not your favorite music tracks or book and gift selections but your future? You would be in charge of managing what you learn, selecting the teacher, the teaching method, and cost“ (Wrubel, 2014) ausgeschmückt wird. 4.1.3 Die Position des professionellen Sprechens Als dritte und letzte Position, die im gegenwärtigen Diskurs über Hochschule artikuliert wird, versucht der strategische Sprecher die Herausforderungen der Digitalisierung systematisch zu bearbeiten. Was über viele Jahre Aufgabe von E-Learning-Einrichtungen und Rechenzentren war und als zeitlich begrenztes Innovationsprojekt behandelt wurde (Haug & Wedekind, 2009; Zawacki-Richter, 2005), wird nun Aufgabe von Hochschulleitungen: Wie lassen sich digitale Technologien nicht nur in der Lehre, sondern auch in der Forschung und im allgemeinen Hochschulmanagement wirkungsvoll einsetzen? (Arnold, Prey, & Wortmann, 2015) So werden digitale Medien an strategische Aufgaben wie der Umgang mit einer zunehmenden Diversität der Studierenden oder der Einführung von berufsbegleitenden Studiengängen geknüpft. Die bisherigen E-Learning-Strategien sind hierfür zu kurz gegriffen und so stehen Hochschulen aktuell vor der Frage, wie diese zu einer umfassenden Digitalisierungsstrategie umgebaut werden können (ebenda).
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Vor diesem Hintergrund startete im März 2014 das Hochschulforum Digitalisierung, als eine Initiative des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft, dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (hochschulforum digitalisierung, 2015b) mit dem Ziel, einen nationalen Dialog mit rund 70 ExpertInnen zu starten. Denn bislang fehlte ein „überregionaler nationaler Diskurs über die Digitalisierung mit all ihren Facetten, d.h. der Verschränkung von technologischer Entwicklung, pädagogischen Innovationen und strukturellstrategischen Aspekten“ (ebenda) und diese Lücke will das Hochschulforum schließen. Dazu werden drei Ziele formuliert: (1) Dialog – dazu wird eine Plattform eingerichtet, auf der sich alle, die in den Transformationsprozess der Digitalisierung involviert sind, beteiligen können und sollen, (2) Praxislösungen – in sechs Themengruppen (neue Geschäftsmodelle, Technologien & LLL, Internationalisierung & Marketingstrategien, Change Management & Organisationsentwicklung, Innovationen in Lern- und Prüfungsszenarien, Curriculum Design & Qualitätsentwicklung und Governance & Policies) sollen konkrete Beispiele erarbeitet und als Handlungsempfehlungen an die Bildungspolitik weitergegeben werden und (3) Entwicklungsstrategien – Diskussion über strategische Ansätze, mit denen sich Hochschulen zu Digitalisierung verhalten können. Diese Punkte sind diskursanalytisch als Dreischritt zur Eröffnung und Festigung eines Möglichkeitsraums zu verstehen (vgl. Jergus, 2014): Zunächst wird eine Plattform geschaffen und für einen möglichst breiten Dialog zur Verfügung gestellt, der jedoch durch die sechs Themengruppen präkonfiguiert ist, d.h. es finden strategische Verknüpfungen von Themen (z.B. Digitalisierung und Assessment) statt und diese autorisieren bzw. legitimieren damit ein bestimmtes Sprechen über Digitalisierung der Hochschule. Schließlich sollen Handlungsempfehlungen dafür sorgen, nicht länger beim Status Quo stehen zu bleiben, sondern die Konturen für zukünftige Digitalisierungsdiskurse skizzieren. Durch die Bündelung von AkteurInnen und Kanalisierung von Themen nimmt das Hochschulforum eine zentrale Position im strategischen Sprechen über Digitalisierung ein, die dazu genutzt wird, konstanten Handlungsdruck zu etablieren. So heißt es in der Selbstbeschreibung: „Hochschulen müssen sich zum Thema positionieren, eine eigene Rolle finden und entsprechende Schritte der Profilbildung einleiten“ (hochschulforum digitalisierung, 2015b). Dieser (Neu-)Findungsprozess wird mit verschiedenen Formaten und Maßnahmen systematisch begleitet, so z.B. mit den in regelmäßigen Abständen herausgegebenen Arbeitspapieren oder den „20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung“ (hochschulforum digitalisierung, 2015a), die zur Halbzeitkonferenz im September 2015 erschienen. Hier kondensieren die ExpertInnen aus den Themengruppen ihre vorläufigen Ergebnis-
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se und eröffnen damit einen durch implizite und explizite Spannungsverhältnisse charakterisierten Raum. Die Thesen werden eingeleitet durch einen appellativen Gestus, der „[…] bisher nicht dagewesene Chancen zur Weiterentwicklung der Lehre und der Hochschulen“ (ebenda) identifiziert, diese dann zur argumentativen Figur der „drängenden hochschulpolitischen Gestaltungsprozesse“ (ebenda) verdichtet und dadurch den Handlungsdruck weiter erhöht. Die 20 Thesen sind von einem Grundtenor des Aktionismus charakterisiert, der sich aus dem Imperativ der Digitalisierung ableitet und der Hochschule eine dezidiert passive Rolle zuweist. So „[…] fordert die Digitalisierung eine noch deutlichere Profilbildung der Hochschulen als bisher“ und eröffnet „[…] neue Möglichkeiten der Positionierung sowohl innerhalb der deutschen als auch insbesondere in der internationalen Hochschullandschaft“ (ebenda, These 1). Damit stehen Hochschulen viel stärker im Wettbewerb und müssen vor dem Hintergrund ihrer Stärken und Schwächen eine eigene Strategie entwickeln, denn „Die digitale Hochschule gibt es nicht“ (ebenda, These 1, kursiv im Original). Eine passende Strategie sieht das Hochschulforum in einer ganzheitlichen Kommunikations- und Markenbildungsstrategie (These 2) und begründet dies mit der steigenden Anzahl von MOOCs und OER, die es Lernenden erlauben, bereits vor dem eigentlichen Studium Einblick in den Lehrbetrieb zu bekommen. Auf den eigentlichen Bildungswert von MOOCs und OER wird dagegen nicht eingegangen, sondern dieser wird ausschließlich vor dem Hintergrund von Marketingaspekten betrachtet. Damit nimmt das Thesenpapier die Position des hier als Außenperspektive bezeichneten Diskurses ein und unterdrückt Sprecherpositionen, die Digitalisierung nicht passiv-defizitär – Hochschulen fehlt es an organisatorisch-strukturellen Innovationen (vgl. dazu These 7) –, sondern als Chance für eine Revitalisierung traditioneller Bildungspraktiken verstehen, wie z.B im Zusammenhang mit den Open Educational Practices (Mayrberger & Hofhues, 2013). Die Dominanz der Marketingsprache zeigt sich ebenfalls in den Thesen 3 (Rekrutierung neuer Zielgruppen) und 4 (Förderung der internationalen Studierendenmobilität) und begründet dies mit der Eigenschaft digitaler Medien, sich „[…] prinzipiell flexibler an die individuellen Bedürfnisse und Wünsche von Studierenden“ (hochschulforum digitalisierung, 2015a) anpassen zu können. Die technikdeterministische Sicht – digitale Medien führen zu einer Verbesserung der Lehre (These 9) – erfordert eine Anpassung auf Seiten des lehrenden Personals und so formuliert These 5: „Durch die Digitalisierung weiter Teile der Hochschulwelt werden die Hochschulangehörigen mit veränderten Rollen- und Anforderungsprofilen konfrontiert.“ Dazu erforderlich sind „[…] Beratungsangebote zu Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten von Lehrenden und Mitarbeitern sowie eines personellen Kompetenzaufbaus zur Gestaltung von digitalen Lehr-
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und Lernangeboten an Hochschulen“, wobei unerwähnt bleibt, nach welchen bildungstheoretischen bzw. didaktischen Leitlinien die Angebote entwickelt werden. Maßgeblich scheint die Vorstellung zu sein, dass der Lehrende nicht länger der „sage on the stage“ sein sollte, sondern sich zum „guide on the side“ wandelt und dabei eine „[…] begleitende und ermöglichende Funktion im individuellen Lernprozess der Studierenden“ einnimmt (These 5) und bisher konstitutive Aufgaben wie die Leistungsüberprüfung abgibt (Peer-Review). Auch Lernorte verändern sich und es kommt insbesondere durch die Virtualisierung zu einer Entgrenzung, so dass neue Lernformen die bisherige Lehre herausfordern. Wenn nun auf unzähligen Plattformen vielfältige Möglichkeiten zum Kompetenzerwerb entstehen, bedeutet das „[…] nicht das Ende der klassischen Hochschulbildung“ (These 6), allerdings einen dringlichen Entwicklungsbedarf von „qualitätsgesicherten Anerkennungsverfahren“ (ebenda). Die Hochschulen sollen also weiterhin die Kontrolle über Zertifizierung der Bildungsabschlüsse bewahren, agieren allerdings vor dem Hintergrund eines entleerten und geschichtsblinden Bildungsbegriffs. Denn Bildung ist als „Konstituens der Menschlichkeit“ (Ballauff, 1979, S. 135) prinzipiell unabgeschlossen und erfährt in der Moderne als lebenslanges bzw. lebensbegleitendes Lernen eine institutionalisierte Aufwertung (Schmidt-Lauff, 2012). Erst durch die politisch seit dem 18. Jahrhundert herbeigeführte Kopplung von Lernort und Lernaktivitäten kommt es zum künstlich verknappten Bildungsbegriff, mit dem in den „20 Thesen“ argumentiert wird. Deutlich wird auch die Kommodifizierung von Bildung, so heißt es z.B., dass „[…] Studieninteressierte und Studierende zukünftig verstärkt die formale Anerkennung von außerhochschulischen, non-formalen und informell erworbenen Kompetenzen fordern“ (These 6). Dadurch wird suggeriert, dass nur verwertbare Alternativen wahrgenommen werden und die intrinsische Motivation der Lernenden ignoriert, die in verschiedenen Open Education Formaten zu beobachten ist. So berichten Wang und Baker (2015) in ihrer Studie über MOOC-TeilnehmerInnen, die hauptsächlich am Format interessiert waren und der Gruppe der erfolgreichen TeilnehmerInnen gegenüberstanden. Mit dem Fokus auf „qualitätsgesicherten Anerkennungsverfahren“ als Wettbewerbsvorteil für Hochschulen besteht die Gefahr, dass intrinsische Motivation, die auf Exploration neuer digitaler Bildungsformate ausgerichtet ist, korrumpiert wird, dieser macht aber andererseits auch die strategische Ausrichtung deutlich. Insgesamt ist die Entwicklung von Digitalstrategien für Hochschulen nur als gemeinsame Aufgabe zu meistern (These 8: Kollaboration als Schlüssel zur erfolgreichen Digitalisierung der Hochschullehre), da es sich nicht um eine rein technische Innovation, sondern um didaktische, curriculare und organisationsstrukturelle Innovationen handelt (These 7). Hier findet sich ein eher schüchter-
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ner Verweis auf Open Education – es geht um das Nutzen offen lizensierter Materialien für die eigene Lehre, jedoch nicht um die aktive Partizipation in Form eines Teilens – im Gewand des personalisierten Lernens (These 9). Leitmotiv ist demnach nicht die Herstellung einer offenen Medienökologie (Kerres & Heinen, 2015) bzw. eines offenen digitalen Netzes, sondern einer lernerzentrierten, in der Verantwortung der Hochschule liegenden Plattform, da dies es besser erlaubt, sich an die Lebenswirklichkeit der Studierenden bzw. den veränderten beruflichen und wissenschaftlichen Anforderungen anzupassen. Auch ist es bei Hoheit über den digitalen Lernort möglich, Learning- und Academic-Analytics-Verfahren einzusetzen, die eine „intelligente Verzahnung von Hochschullehre und Hochschulmanagement“ herbeiführen sollen (These 10). Weiterhin lassen sich über eine zentrale Plattform digitale Lernaktiväten systematisch erfassen, wobei die Auswertung „Hochschulbildung transparenter und leichter vergleichbar“ macht und dadurch zu „einer Verbesserung von Lehrqualität und Studienbedingungen beitragen“ (ebenda). Hier schimmert eine instrumentalistische Technikauffassung durch, die in radikalerer Form u.a. von Dräger und Müller-Eiselt (2015) als digitale Bildungsrevolution propagiert wurde (siehe oben). Im Thesenpapier geht man einen Schritt zurück und bindet die Wirkungsmacht von Learning und Academic Analytics an die zentrale Voraussetzung „[…] dass die bestehenden und gegebenenfalls neu zu schaffenden Regelungen des Datenschutzes eingehalten werden, und dass nicht nur die Erhebung persönlicher Daten einvernehmlich und transparent geschieht, sondern dass auch der Einsatz von Learning Analytics auf dem Prinzip der Freiwilligkeit basiert und einen konkreten Mehrwert für Studierende und Lehrende bietet“ (These 10). Vor dem Hintergrund der in den USA stark zunehmenden Lobbyarbeit für personalisierte Lernangebote mit ausgefeilten Algorithmen (u.a. für passgenaue Empfehlungen der nächsten Lernschritte), wie z.B. in Form der jüngst auf den Markt gebrachten SmartBook Plattform (siehe dazu die detaillierte Einschätzung von Feldstein, 2015), ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis derartige Entwicklungen auch in Deutschland auf sich aufmerksam machen. Es zeichnet sich dadurch eine Konfliktlinie ab, die erheblichen Zündstoff birgt und den Kern der digitalen Bildung berührt. Einerseits bieten personalisierte digitale Lernangebote augenscheinlich überzeugende Möglichkeiten zur Vermessung und Verbesserung des Lernverhaltens, die in Zeiten der fortwährenden Bildungskrise (siehe oben) schwer wegzudiskutieren sind. Andererseits ist Technik, philosophisch gesprochen, auf Expansion ausgerichtet (Anders, 1986) und so ist auch der Einsatz von E-Learning eine stetige Wachstumsgeschichte. Allerdings nimmt mit dem Grad der Technisierung und Automatisierung von Bildung die Gestaltungsmacht des Menschen ab,
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was durch Bücher wie „Der technischen Zivilisation gewachsen bleiben“ (Hentig, 2002) leidvoll zum Ausdruck kommt, denn es steht sehr viel auf dem Spiel: „Es kann kein Einwand gegen die Neuen Medien erhoben werden, der sich nicht auch gegen andere grundlegende Merkmale dieser Zivilisation richtet; man kann sich keine Steigerung ihrer Wirksamkeit erhoffen, die nicht zugleich auch eine Steigerung der technischen Zivilisation ist – eine Steigerung hin zu ihrer Verabsolutierung. Wer dem Teil gewachsen zu sein behauptet, muß sich dem Ganzen gewachsen zeigen. Alle Vorbereitung auf die Informations- und Kommunikationstechniken, also auch die Medienkompetenz, verlangt eine Vorstellung davon, wie wir leben wollen – leben in der historisch gegebenen technischen Zivilisation.“ (S. 24)
Einwände wie diese finden sich auch heute noch – und nicht nur durch den selbsternannten „Krawall-Psychiater“ Manfred Spitzer. Auch klassisch bewahrpädagogische Haltungen finden sich, wie etwa bei Lemke und Leipner (2015) „Die Lüge der digitalen Bildung: Warum unsere Kinder das Lernen verlernen“, die ähnlich wie in der Debatte bei der Einführung des Kabelfernsehens ein pädagogisches Moratorium fordern. Aktuell stehen im Diskurs „digitale Bildung“ die Fronten antagonistisch gegenüber: Schwärmerische Tech-Optimisten, die mit digitalen Medien und Services ein neues Zeitalter heraufbeschwören, in dem Bildung – historisch und philosophisch entkernt – nun endlich den Status eines Grundrechts bekommt, den es zuvor nur politisch (z.B. durch Art. 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen) hatte. Auf der anderen Seite versuchen „besorgte DenkerInnen“ die drohende Hegemonie digitaler Medien durch mehr oder weniger schlüssige Argumente einzudämmen und treten für die Erhaltung vermeidlich veralteter Bildungstechnologien ein, wobei alte pädagogische Slogans („der Mensch muss im Mittelpunkt stehen“) und akademische Werte reartikuliert werden. Es ist dabei ein zentrales Charakteristikum der Debatte, dass mit einer binären Rhetorik gearbeitet wird – digitale Medien führen entweder zu einer vollständigen Revolution des Bildungssystems oder zu einer fortdauernden Krise mit degenerierten Hochschulen (Losh, 2014). Auf eine bemerkenswerte Weise fungiert das Hochschulforum Digitalisierung hier als Moderator. Das in den 20 Thesen artikulierte strategische Sprechen vermittelt zwischen alter und (schöner) neuer Bildungswelt, so beispielsweise in These 11, bei der es um eine Verknüpfung zwischen traditioneller Hochschulinfrastruktur und digitalen Lernformaten geht. Dadurch ist eine „vernetzte und kollaborative Wissenserstellung“ möglich, die durch eine dezentrierte Architektur unterstützt wird: „Seminarräume, die diesen Anforderungen entsprechen, sind beispielsweise nicht „nach vorne“ ausgerichtet, wo ein Redner spricht oder präsentiert, sondern mit
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Gruppenarbeitsplätzen ausgestattet, an denen mehrere Arbeitsgruppen gemeinsam lernen und arbeiten können“. Wie es zu solchen hybriden Arrangements wie dem Inverted Classroom kommen kann, thematisiert das Thesenpapier ebenfalls und tritt für komplexe Aushandlungsprozesse zwischen Hochschulleitung, Lehrenden und Studierenden ein (These 13). Aus diesem Prozess können strategische Positionierungen in Forschung, Lehre und Weiterbildung entstehen und der Hochschule Alleinstellungsmerkmale bieten (These 14). Somit wird kein klassischer Technikdeterminismus zugrundegelegt, der den Einsatz von Technik losgelöst von Reflexionsprozessen innerhalb der Hochschule fordert, sondern strategische Überlegungen, die darauf bauen, dass „[…] die Lehrenden sowie die Verwaltungsmitarbeiter diesen Prozess eigenständig und mit großem Engagement unterstützen“ (ebenda). Gleichzeitig macht das Forum deutlich, dass ohne „[…] nachhaltig adäquate institutionelle, personelle und finanzielle Ressourcen“ (These 15), keine „[…] Hebelwirkungen für lange vernachlässigte Erneuerungsprozesse der Hochschulen“ (ebenda) zu erwarten sind. Auch hier ist ein gereiftes Verständnis der Wirkungskraft von Technik erkennbar, da sich das Hochschulforum klar vom anfänglichen MOOC-Hype, der mit religiös konnotierten Metaphern einen moralisch aufgeladenen Diskurs konstruierte (siehe dazu ausführlich Kapitel 1.4, sowie Ogrizek, 2013), distanziert. Damit die Entwicklung nicht bei MOOCs stehen bleibt, werden in den restlichen Thesen (16-20) finanzielle und rechtliche Aspekte diskutiert. MOOCs sind in Deutschland unter anderem deshalb so populär geworden, da mit dem „MOOC Production Fellowship3“ ein externer finanzieller Anreiz (25.000 € pro Projekt) gesetzt wurde. Da nur zehn Projektideen ausgewählt wurden, es aber weit mehr Einreichungen gab, kam es zu internen Finanzierungen. Das generelle Problem dabei ist jedoch, dass keine Strukturen für nachhaltige, in Hochschulstrategien verankerte, Finanzierung etabliert wurde (These 16). Dabei können mit digitalen Lehr- und Lernangeboten neue Einnahmequellen erschlossen werden, insbesondere für die Weiterbildung, um so die klamme Grundfinanzierung zu entlasten (These 17). Mit dem Datenschutz (These 19) und dem Urheberrecht (These 20) werden zwei zentrale Herausforderungen der Neuregelung rechtlicher Rahmenbedingungen (These 18) identifiziert und anhand „kleiner“ Ansätze wie der Vergabe von ECTS-Punkten für offene Kurse gezeigt, wie ein Vorstoß gemacht werden kann. In Einklang mit der Mission des Hochschulforums appelliert das Thesenpapier an den Gesetzgeber und an Hochschulleitungen, den Vorsprung technolo-
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Siehe dazu https://moocfellowship.org/
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gischer Innovationen juristisch einzuholen und mit transparenten Maßnahmen mehr Klarheit bei Studierenden und Lehrenden zu schaffen. Das Hochschulforum Digitalisierung bekommt durch die Zusammensetzung von einflussreichen Akteuren eine Wirkungsmacht, die derzeit ihresgleichen sucht und Querschnittsfunktion für bildungspolitische Initiativen auf der Bundesebene hat. Mit Maßnahmen wie dem „Strategiewettbewerb Hochschulbildung und Digitalisierung“, mit dem acht Hochschulen über einen Zeitraum von zwei Jahren mit insgesamt 150.000 € (pro Hochschule) bei der Weiterentwicklung ihrer Digitalisierungsstrategie gefördert werden4, gestaltet das Forum den Diskurs des strategischen Sprechens aktiv mit. Dadurch werden Reaktionen und Positionierungen anderer Akteure provoziert, wie zum Beispiel in Form des Schwerpunkts „E-Learning Strategien für die Hochschullehre“ der Zeitschrift für Hochschulentwicklung (Seufert, Ebner, Kopp, & Schlass, 2015), die sich dem Aktionismus anschließt und den Call for Papers wie folgt begründet: „Mit anderen Worten, die Zeit des Experimentierens ist vorbei, es braucht eine klare strategische Ausrichtung und Positionierung der Hochschule mit einer entsprechenden Budgetierung, um den zukünftigen Ansprüchen gerecht zu werden. Denn eines scheint klar: Die Studierenden von morgen werden dies einfordern“ (S. 10). Auf der Ebene der Landespolitik scheint das Forum ebenfalls Initiativwirkung zu haben. So ging im Herbst 2015 in Nordrhein-Westfalen das Portal „Bildung 4.0“ online und verfolgt in einer Art Bürgerdialog das Ziel „[…] ein Leitbild für das ,Lernen im Digitalen Wandel‘ entlang der gesamten Bildungskette zu entwickeln“ (Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, 2015). Auf einem großen Bildungskongress im März 2016 sollen die Zwischenergebnisse diskutiert und dann später in konkrete Maßnahmen überführt werden. Somit ist die Digitalisierung der Bildung auf der Ebene der Symbolpolitik angekommen. Schließlich sei noch hingewiesen auf den Antrag der Fraktion der CDU im Landtag NRW „Die Chancen der Digitalisierung im Wissenschaftsbereich nutzen – digitales Lernen fördern statt ignorieren“ (Fraktion der CDU, 2015), der sich insbesondere für den Einsatz von MOOCs stark macht und damit die Chance bei der „[…] Weiterqualifizierung und bei der Reduzierung der immer heterogener werdenden Ausgangsniveaus der Studierenden“ (ebenda) verknüpft. Dazu fordert die CDU politische Rahmenbedingungen zur Vernetzung von Hochschulen zu schaffen und für einheitliche Standards bei IT-Systemen zu sorgen. Als Ausdruck der strategischen Bedeutung wird außerdem gefordert, die Digitalisierung im Landeshochschulentwicklungsplan zu verankern.
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Siehe dazu http://www.stifterverband.info/wissenschaft_und_hochschule/hochschulen _im_wettbewerb/hochschulbildung_und_digitalisierung/index.html
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4.1.4 Zusammenfassung der Sprecherpositionen Die Hochschule ist zu einem zentralen Kulminationspunkt der Digitalisierung im Bildungsbereich geworden. Dabei spielen Öffnungsimpulse der Open-Education-Bewegung, spürbar besonders durch die MOOCs, im geringeren Ausmaß auch durch OER, eine wichtige Rolle. Im Unterschied zu früheren Phasen bildungstechnologischer Innovationen (z.B. im Zusammenhang mit der BMBFFörderwelle „Neue Medien in der Bildung“) sind es nun vor allem missionarische Motive, die hinter der Entwicklung von digitalen Angeboten stehen. Es geht nicht mehr ausschließlich darum, die Lehre mit elektronisch-gestützten Instrumenten zu verbessern, sondern um die Rekrutierung neuer Zielgruppen bzw. um die Verbreitung der Inhalte an eine große, anonyme Masse. Diese Ausrichtung scheint zurzeit Reflexionen über alternative Motive zurückzudrängen; allerdings fehlt es an überblicksartigen, orientierenden Darstellungen. Um besser einschätzen zu können, inwieweit Open Education helfen kann, die Universität in das digitale Zeitalter zu führen, wurde eine Analyse distinktiver Sprecherpositionen im aktuellen Diskurs durchgeführt. Die drei identifizierten Perspektiven (innen, außen, strategisches Sprechen) adressieren jeweils spezifische Problemfelder und Herausforderungen mit unterschiedlicher OpenEducation-Rezeption: 1. Die Innenperspektive sieht in der Hochschule eine traditionsreiche Form institutionalisierter Bildung mit starken bildungsphilosophischen Einflüssen. Es entstand dadurch das wirkmächtige „Humboldt-Narrativ“ (Tenorth, 2013, S. 46), das als zu bewahrende, international anerkannte Errungenschaft stolz hergezeigt wird. Diese Form der Klassikerpflege verhindert jedoch, dass Humboldt als Ausgangspunkt für eine Revitalisierung verwendet wird. Diese Aufgabe wird stattdessen VertreterInnen der Außenperspektive überlassen, so wie z.B. Jörg Dräger (2015), der unverhohlen die Position eines Bildungstraditionalisten einnimmt, dabei eine radikal theorielose Digitalisierungspolitik betreibt. Um hierzu ein diskursives Gegengewicht zu entwickeln, sollten Hochschulpolitik und Bildungswissenschaft mehr als bisher versuchen, Open Education als gedanklichen Werkzeugkasten zu verstehen, der vielversprechende Ansätze zur Revitalisierung von Universität im digitalen Zeitalter bietet. 2. Aus der Außenperspektive betrachtet, steht die Hochschule hilflos einem konzertierten Angriff gegenüber, der endlich mit den überkommenen Traditionsbürden abschließen möchte und dafür an einer Aufspaltung in monetisierbare Versatzstücke arbeitet. Es ist der ökonomischen Logik geschuldet, dass mit Beispielen von erfolgreichen Disruptionsprojekten aus der Musikindustrie eine
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augenscheinlich sehr überzeugende Argumentation aufgebaut wird. Vor diesem Hintergrund kam es dann zu einer euphorisierten Rezeption der ersten xMOOCs, da diese als quasi natürliches Pendant zur Disruption in der Musikbranche verstanden wurden (C. M. Christensen & Weise, 2014; Shirky, 2012). Dagegen stießen die cMOOCs sowie andere ältere Open-Education-Formate auf Desinteresse, da damit nur ein geringes ökonomisches Potential verbunden wird. Allerdings hindert diese ahistorische Haltung – viele VertreterInnen der Außenperspektive missachten die reichhaltige Geschichte der Bildungstechnologie – nicht daran, Thesen und Forderungen aus der Philosophie der Open Education zu verwenden, was wiederum zu Irritationen auf der „anderen“ Seite führt (Weller, 2014). Mit einer semantischen Verschiebung entleert sich der xMOOC-Ansatz (vertreten maßgeblich durch Sebastian Thrun und Daphne Koller) der Implikationen, die sich aus der Umsetzung offener Bildung ergeben (z.B. angemessene Betreuung der Lernenden). Hier wäre eine Annäherung der beiden Diskurslinien wünschenswert, da dadurch gegenseitige Gewinne möglich sind (Deimann, Lipka, u. a., 2015). Die Außenperspektive könnte durch die Rezeption philosophischer Bildungsideale ihre Argumentationsfiguren ausgeglichener gestalten, d.h. weniger ökonomisch zugespitzt. Auf der anderen Seite kann die Innenperspektive einige Lehren zur Finanzierung von offenen Bildungsformaten ziehen, um damit die zum Teil ideologisierte Argumentation ökonomisch zu validieren. 3. Als Mediator zwischen Innen und Außen versucht die Position des strategischen Sprechens die Hochschule in einen aktiven Handlungsmodus zu bringen und reagiert damit auf die expressiven Forderungen der Außenperspektive, schnellstmöglich Maßnahmen für die Digitalisierung der Bildung zu entwickeln. Gleichzeitig versucht sie auf die Innenperspektive einzugehen, indem Befürchtungen des drohenden Verlusts akademischer Traditionen artikuliert werden. Die öffentlichkeitswirksamen Initiativen wie die Halbzeitkonferenz „The Digital Turn 2015“ des Hochschulforums Digitalisierung und das dort publizierte Thesenpapier stärken die strategische Ausrichtung und sorgen für Handlungsdruck auf Seiten der Hochschule. Auf der anderen Seite bleibt offen, inwieweit die Positionen des Forums, dessen Entstehung sich einer speziellen Allianz aus Bildungspolitik, Think Tank und hochschulpolitischer Interessenvertretung verdankt, auch nach Ende der Förderlaufzeit 2016 Einfluss auf den Diskurs nehmen können. Diese dreiteilige Aufspaltung des Redens über Digitalisierung von Bildung an der Hochschule soll zeigen, wie umkämpft das Terrain derzeit ist. Noch sind es vor allem extreme Positionen, die in den jeweiligen diskursiven Formationen
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Gehör finden – zu nennen sind hier die „Digitale Bildungsrevolution“ (Dräger & Müller-Eiselt, 2015) für die Außenperspektive oder die „Medienkatastrophe“ (Gapski, 2015) für die Innenperspektive, die ein düsteres Zukunftsbild entwerfen und die Medienpädagogik in die Pflicht nimmt, ihre Konzepte grundlegend zu überarbeiten und dabei insbesondere auf die informationstechnologischen Logiken der Algorithmen und Big Data einzugehen hat. Es ist zu erwarten, dass sich diese Positionen im Laufe der Festigung der diskursiven Formation relativieren, da neue SprecherInnen und Sprechakte in den Diskurs eintreten und entsprechend der Logik von Diskursen Selektions-, Organisations- und Kontrollprozesse in Gang gesetzt werden (Foucault, 2012). So sind bestimmte Dinge „undenkbar“, wie z.B. die radikale „MOOCisierung“ der Hochschule in der Innenperspektive. Die aktuell intensiv geführte MOOC-Debatte von SprecherInnen der Hochschulpolitik (siehe z.B. Hochschulrektorenkonferenz, 2014b) ist ein Beispiel für die Öffnung des Diskurses gegenüber der Außenperspektive mittels struktureller Kopplung und die Relativierung der Positionen. Das dynamische diskursive Geflecht bildet die Hintergrundfolie auf deren Grundlage Policies und pädagogische Maßnahmen diskutiert, entwickelt und umgesetzt werden und sollte daher stets mitbedacht werden. Auf einer tieferen Ebene angesiedelt sind die Positionen und Ansätze bildungstheoretischer und -philosophischer Natur, die in unterschiedlicher Weise für die Ableitung praktischer Maßnahmen herangezogen werden. Diese Ebene wird im folgenden Abschnitt bearbeitet und dabei wird die These entwickelt, dass offene digitale Bildung als Hybridität zu verstehen ist.
4.2 DIE INTEGRATION: OFFENE DIGITALE BILDUNG ALS HYBRIDITÄT Open Education, so die bisherige erkenntnisleitende These dieser Arbeit, geht mit einer steigenden Ubiquität (digital-)technologischer Applikationen und Dienstleistungen einher und korrespondiert damit mit den globalen gesellschaftlichen Trends der Mediatisierung und Virtualisierung. Dabei geht es im Kern um die „[…] Wechselverhältnisse zwischen dem Wandel von Medien und Kommunikation einerseits und dem Wandel von Kultur und Gesellschaft andererseits“ (Hepp, 2013, S. 29), was als lange anhaltender und in unterschiedlichen Schüben verlaufender Prozess beschrieben wird. Mit der Digitalisierung kommt ein weiterer Schub hinzu und führt mit der Versorgung von internetfähigen Geräten und der steigenden Vernetzung von Rechnern, Servern und sonstigen Geräten (Inter-
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net of Things) zur Transformation gesellschaftlicher Bereiche und damit auch der Bedingungen der Möglichkeiten für Bildung. Bildung und Pädagogik sind immer schon konstitutiv mit dem Einsatz von Technik verbunden – so spielen Lehrtechniken in der allgemeinen Didaktik oder (digitale) Technologien in der Mediendidaktik eine herausragende Rolle. Auch hat sich als Antwort auf die technologischen Innovationen der letzten hundert Jahre die (Sub-)Disziplin der Bildungstechnologie herausgebildet, die mit typischen Rezeptionsmustern auf die jeweils verfügbare Technik ansprang und diese zur Ausarbeitung von immer ausgefeilteren pädagogischen Modellen benutzte (Westera, 2012). Doch es sind nun nicht mehr länger diese einschlägig bekannten Ansätze aus der Medienpädagogik und Mediendidaktik, sondern die Pädagogik insgesamt wird durch die Digitalisierung grundlegend herausgefordert – so die These einer derzeit einflussreichen Diskurslinie (Maina & González, 2016). Damit berührt die Debatte das Kerngeschäft des professionellen Lehrens und Lernens und „smarte“ digitale Technologien wie Big Data und Predictive Analytics verändern die auf traditionellen Werten und Normen beruhenden Vertrauensbeziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden (Fenwick & Edwards, 2016) und lassen alte Befürchtungen der repressiven Kraft des Bildungssystems, wie sie in den 1970er Jahren von Illich (1971) und Freire (1996) wirkmächtig artikuliert wurden, in neuem, digitalem Licht erscheinen (Kitto & Higgins, 2003). Nachdem im vorangegangenen Abschnitt der digitale Transformationsprozess auf der Ebene der konkret-sichtbaren, handlungsrelevanten Hochschulentwicklung und der Bildungspolitik beleuchtet wurde, soll es an dieser Stelle um die darunterliegende Wissensformation gehen. In Anlehnung an Foucaults (1973) archäologische Methode zielt die Untersuchung auf die Identifizierung diskurs- und damit denkprägender Vorstellungen zur Rolle von Medien und Technik in der Bildung ab. In der Figur des episteme fasste Foucault die Vorstellung zusammen, dass jede Epoche auf einem bestimmten historischen Apriori ruht. Für die heutige Zeit lässt sich dies als medien-kultur-historisches Apriori weiterdenken: „ein epochenspezifisches Set von Bedingungen kognitiven, kommunikativen und sozialen Prozessierens – eine Art blinden Fleck des Denkens, Wissens, Erkennens“ (Meyer, 2011, S. 32). Die Freilegung dieses Apriori lässt sich als Problematisierung eines blinden Flecks – insbesondere die Vorstellungen von Technik – auffassen und ist die Grundlage für die Entwicklung neuer Modelle offener digitaler Bildung, die auf einem reflektierten Verständnis von Technik aufbauen. Der spätestens mit dem Auftreten der xMOOCs einsetzende, von den Medien befeuerte, Aktionismus hat die (Bildungs-)politik auf vielen Ebenen erfasst (für eine aktuelle Übersicht siehe Deimann, 2015a) und zeigt die
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Relevanz eines grundlegenden Verständigungsprozesses über Digitalisierung und Technisierung in der Bildung deutlich an. Beiträge zur philosophischen Grundlegung des gesellschaftlichen Verständnisses von Medien und Technik wurden bislang von Theoretikern wie McLuhan („The Medium is the Message“) oder Castells („Netzwerkgesellschaft“) vorgenommen, wohingegen eine substantielle bildungswissenschaftliche Aufarbeitung noch fehlt – eine Ausnahme stellen dabei die Arbeiten von Marotzki und Jörissen (z.B. Jörissen & Marotzki, 2009) dar, die jedoch den Themenbereich Open Education unberücksichtigt lassen. Die seit vielen Jahren laufende Debatte zum „no significant difference“-Phänomen – in empirischen Studien gibt es oft uneindeutige bzw. widersprüchliche Befunde im Zusammenhang mit dem Einsatz neuer Bildungstechnologien im Vergleich zu traditionellen Medien und dies unabhängig vom zugrundeliegenden pädagogischen Modell – zeigt ebenfalls an, dass hier Handlungsbedarf besteht (Hamilton & Friesen, 2013). Ein Ansatzpunkt ist die in der Medienpädagogik einsetzende Selbstvergewisserung, welche Rolle Medien und Technik für Bildung(sprozesse) überhaupt spielen (Fromme, Iske, & Marotzki, 2011; Iske, 2015). Darauf aufbauend lassen sich folgende Vorstellungen identifizieren: 1. Essentialistisches Technikverständnis: Technik hat den ontologischen Status einer von der Welt separierten Entität, die im pädagogischen Kontext mit bestimmten Eigenschaften „beschrieben“ wird (Hamilton & Friesen, 2013). Technik wird damit zum „Plug-and-Play“-Werkzeug zur Realisierung pädagogischer Modelle. Diese Sicht ist insofern problematisch, als dass medientechnische Umsetzung einer bestimmten pädagogischen Zielstellung (z.B. Demokratisierung von Bildung) prinzipiell nicht begründbar ist. Stattdessen lassen sich mit der gleichen Bildungstechnologie ganz unterschiedliche, oftmals sogar divergierende Maßnahmen realisieren. Sehr anschaulich ist das Dilemma dieses unreflektierten Technikverständnisses im Zusammenhang mit den MOOCs zu studieren. Zwar waren zu Beginn alle MOOC-Angebote emanzipatorischen, der Tradition der Aufklärung verpflichteten Idealen verpflichtet, doch kristallisierte sich rasch eine Aufspaltung heraus, bei der sich die xMOOCs nun einer ökonomischen Logik unterwarfen, die mit den ursprünglichen Zielen der cMOOCs konfligierten (Weller, 2014). 2. Instrumentelles Verständnis: Technik wird als „willfähige Dienerin“ der Pädagogik und Didaktik aufgefasst, die über keine eigene Stimme verfügt. Dies ist eine sehr weit verbreitete Sicht und begründet die Ausprägung der Medienpädagogik als experimentierfreudiges Feld der Mediennutzung (Cuban, 1986; Westera, 2012), getragen vom alles überragenden, nicht hinterfra-
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genswürdigem Ziel, Lehren und Lernen besser zu machen. Besonders deutlich vertreten ist das instrumentelle Verständnis in Diskussionen und Ansätzen zur Medienkompetenz, da es hier darum geht, Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu befähigen, selbstbestimmt, reflektiert und ethisch verantwortungsvoll mit Medien umzugehen. So heißt es beispielsweise im gerade veröffentlichten Strategiepapier der bayerischen Staatsregierung „Junge Menschen müssen befähigt werden, sich in einer digitalisierten Welt zurechtzufinden. Die souveräne Verwendung digitaler Werkzeuge ist für den Erfolg im Arbeitsleben ebenso unumgänglich wie für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe. Der kompetente Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) stellt heute neben Lesen, Schreiben und Rechnen eine vierte Kulturtechnik dar“ (Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, 2016, S. 6, fett im Original). Dabei wird quasi selbstverständlich davon ausgegangen, dass „[…] what technologies can do is identical to what instructors and students will do with them once the technologies are introduced“ (Hamilton & Friesen, 2013, S. 7, kursiv im Original). Sobald Technik in pädagogischen Szenarien eingesetzt ist, wird sie zur Bildungstechnologie, die nun bestimmte abstrakte pädagogische Prinzipien umzusetzen hat (zu sehen beispielsweise in LearningManagement-Systemen) und zum Transportmittel – Technik transportiert Inhalte zum Lernenden ist ein konstitutives Element in der Fernlehre (Waltz, 2006). Dabei wird die Komplexität und Kontingenz pädagogischer Prozesse völlig außer Acht gelassen ebenso wie die Pluralität der Verwendungsmöglichkeiten von Technik. So sind es dann auch oft soziale Merkmale wie geringe Kompetenz im Umgang mit Technik, die als Hauptgründe bei gescheiterten medienpädagogischen Projekten angegeben werden, wobei die Technik als solche nicht ausreichend berücksichtigt wird (Fenwick, 2015). 3. Integrales Verständnis: Technik und Medien werden in ihrer immanenten Strukturiertheit aufgefasst, die Kultur und Sozialität beeinflusst. Die von Marotzki und Jörissen (2010) ausgearbeitete Theorie der strukturalen Medienbildung ist m.E. einer der wenigen Versuche, Technik und Mensch als für Bildungs- und Subjektivierungsprozesse konstitutives Wechselwirkungsverhältnis zu begreifen und diese nicht gegeneinander auszuspielen. In der seit den 1980er Jahren etablierten Akteur-Netzwerk-Theorie wird an einer soziophilosophischen Grundlegung der Verflechtung von Mensch und Technik gearbeitet, die mittlerweile auch Eingang in die internationale Bildungswissenschaft findet (Fenwick & Edwards, 2010).
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Grundlegend für das integrierte Verständnis ist die explizite Zuweisung einer Rolle an sog. „non-human actants“ als „[…] actants that offer the possibility of holding society together as a durable whole“ (Latour, 1991, S. 103), um damit die weitverbreitete Dichotomie von Materialität und Sozialität zu überwinden. Anhand von Beispielen aus der prä-digitalisierten Zeit lassen sich die die Wirkungsweisen anschaulich verdeutlichen. Nach dieser prinzipiellen Herleitung ist eine Übertragung auf den Themenkomplex „digitale Bildung“ leichter. Die sich dynamisch entfaltende wechselseitige Beeinflussung von Technik und Sozialem illustriert Latour mit der Neuerung von Hotelschlüsseln. Nachdem Gäste sich immer wieder nicht an die schriftliche (auf Schildern im Hotel) geäußerte Bitte, den Zimmerschlüssel beim Verlassen des Hotels an der Rezeption abzugeben, gehalten hatten, führte das Hotel Schlüssel mit Metallgewichten ein. Die Bitte wurde dadurch aufgeladen mit technischer Unterstützung, d.h. Technik verändert die Position des Sprechers: Für den Hotelmanager sorgt die Einführung von Metallgewichten an den Zimmerschlüsseln für mehr Compliance bei den Gästen. Für die Hotelgäste ist die Beschwerung lästig und führt zu einer Veränderung der Wahrnehmung des Schlüssels (für sie ist der Schlüssel nun ein schwerer Gegenstand, den sie loswerden wollen). Ähnliches gilt für Innovationen insgesamt, d.h. hier finden ständig Transformationen von humanen und nicht-humanen Aktanten statt, die sich zu immer neu ausgehandelten Konfigurationen verbinden. Diese Sichtweise hilft das sog. Black Boxing zu verhindern, bei dem Technik als großes Mysterium betrachtet wird, das wie von Geisterhand Innovationen wie etwa die sehr erfolgreiche Einführung der Kodak Kamera bewirkt. Dem hält Latour (1991) entgegen, dass es zwei parallel laufende Entwicklungen waren, die zu diesem Ergebnis führten: Zum einen die Entstehung eines Massenmarktes von HobbyfotographInnen, die einen Bedarf nach einer leicht zu bedienenden Kamera hatten – die bis dahin zur Verfügung stehenden Möglichkeiten beinhalteten den Gang in ein Fotolabor und waren dementsprechend für viele Menschen zu aufwendig – sowie zum anderen die Einführung der Kodak Kamera, die sich nicht einen neuen Markt schaffen musste, sondern auf eine Vielzahl begeisterter HobbyfotographInnen traf. Latour (1991, S. 117) spricht daher von einer Ko-Produktion von Technologie und Sozialem, die keine ontologisch getrennter Entitäten darstellen, sondern „[…] more like phase of the same essential action“ (S. 129). Mit der Herausbildung einer auf dem Apriori der Digitalisierung beruhenden Gesellschaft nimmt die Bedeutung der theoretischen Perspektive des ANTAnsatzes weiter zu und stellt die (Bildungs-)Wissenschaft vor erhebliche Herausforderungen: „The challenge for sociology is not so much to deny the weight of technology, but rather to develop analytic categories that allow us to capture
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the complex imbrications of technology and society“ (Sassen, 2002, S. 365). Mit den bisherigen theoretisch-analytischen Werkzeugen lässt sich für Sassen (2002) die enge Verflechtung nicht adäquat bearbeiten. Tatsächlich ist, so wie oben gezeigt, in den mit Medien befassten erziehungswissenschaftlichen Teildisziplinen noch ein Denken präsupponiert, das entweder auf einem technologischen Essentialismus – Technologie als treibende Kraft, die materielle Bedingungen von Innovationen und Bildungspraktiken naturalisiert – oder einen technologischen Instrumentalismus – pädagogische Konzepte lassen sich außerhalb der Einflusssphäre von Technik entwickeln, um diese dann für pädagogische wertvolle Zwecke zu nutzen – aufbaut (Hamilton & Friesen, 2013). Hinzu kommt, dass viele analytische Konzepte aus einer vor-digitalen Zeit stammen – man denke hier nur an die Medienkompetenz – und ohne weitere Überlegungen extrapoliert werden. Damit geraten jedoch komplexere Lesarten des Einflusses digitaler Technologien, die u.a. die Materialität von Technologie betonen, aus dem Blick (Sassen, 2002). Eine solche Perspektive ist vor dem Hintergrund der anfangs skizzierten gegenwartssoziologischen Diagnosen von Mediatisierung, Virtualisierung und Digitalisierung dringend geboten, um die rasanten lebenspraktischen Entwicklungen angemessen theoretisch und philosophisch bearbeiten zu können. Entgegen dieser aktuell dominanten Sichtweisen im Diskurs zur „digitalen Bildung“, der in digitaler Technik ein wirksames Mittel zur Kostenreduzierung (MOOCs), zur Verbreitung des Zugangs zu Bildung (Open Educational Resources) und der Verbesserung pädagogischer Praxis (so wie beim Inverted Classroom) sieht (siehe dazu die vorangegangen Kapitel identifizierte Außenperspektive), wird an dieser Stelle ein differenziertes Verständnis entwickelt, das materiellen Bedingungen (z.B. der Ortsgebundenheit von Technik) mehr Bedeutung zuweist, um dadurch deren Effekte auf Bildungsprozesse untersuchen zu können. So sind digitale Bildungsangebote wie MOOCs immer auch in bestimmte soziopolitische Kontexte eingebunden und manifestieren sich daher auch als je unterschiedliche Ausprägungen der ideologisierten „Bildung für alle“-Forderung: Auf der einen Seite sind es die mit Venture Capital finanzierten xMOOCs, die auf geschlossenen Plattformen eine pädagogische Lehre verbreiten, die aufgrund der ökonomischen Logik – Investoren sind am Return on Investment interessiert – weit hinter den Möglichkeiten des Lehrens und Lernens im Web hinterherhinken und ein Subjekt zu konstituieren versuchen, das vor allem an der Sorge um sich selbst interessiert ist (vgl. Foucault, 1995). Demgegenüber stehen die cMOOCs, die auf ein dezentrales Netzwerk mit eher lose verbundenen menschlichen und nicht-humanen AkteurInnen setzen und dabei das Netz als offenen digitalen Kulturraum begreifen, das tief im digitalen Humanismus verwurzelt ist.
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Die Bedeutung der Ortsgebundenheit zeigt sich u.a. deutlich im Zusammenhang mit der in Deutschland emotional geführten Datenschutzdebatte. Spätestens mit der Beteiligung deutscher Hochschulen an kommerziellen MOOCs (z.B. die Technische Universität München und das US-amerikanische Unternehmen Coursera) werden Fragen zum Umgang mit der enormen Menge an Daten laut (Tagesschau.de, 2015). Für die Hochschulen ist die Partnerschaft jedoch attraktiv, da sie dadurch eine „gigantische Reichweite“ erhalten, was sie von einer kritischen Diskussion zu Datenschutzaspekten (u.a. behält sich Coursera den Verkauf von Nutzerdaten vor) offenbar abhält. Auch die zunehmende Abhängigkeit von leistungsstarker Hard- und Softwaretechnik z.B. für die Produktion, Distribution und Verwaltung von videobasierter Lehre (Vogt & Deimann, 2013, 2014) oder der Einsatz von Big Data, Recommender Systemen oder Predictive Learning Analytics, stellt einen bislang vernachlässigten Aspekt von Materialität dar. Dabei geht es nicht allein um die Kostenfrage, sondern insbesondere auch um die Frage nach den Affordanzen der (Bildungs-)Technologien. Die auf virtuellen Lernsystemen anfallenden Daten werden mitgeschnitten (getracked) und auf virtuellen Maschinen gespeichert. Am Ende sind die Daten dann allerdings auf physikalischen Computern abgelagert, die in einem bestimmten Serverpark stehen. Darüber hinaus ist in der Bildungstechnologie eine ganz bestimmte Wertvorstellung eingeschrieben, die den Lehr- und Lernprozess präfiguriert. So kam es in den xMOOCs insbesondere deshalb zum berühmt berüchtigten Matthäus-Effekt, da das Design und die Distribution hohe Ansprüche an das selbstbestimmte Lernen im digitalen Raum stellte und damit ganze Lernendengruppen systematisch benachteiligte. Der oben kurz eingeführten Argumentation von Saskia Sassen (2002) folgend, die sie später zusammen mit Robert Latham nochmals aufgriff – „[…] we want […] to capture the distinctiveness and variable weight of ,technology‘ and to develop analytic categories that allow us to examine the complex imbrications between the outcome of society that we call technology and the social, economic, political, and cultural dynamics through which relations and domains are constituted“ (Latham & Sassen, 2005, S. 1) – lassen sich zwei neue analytische Konzepte identifizieren, die dabei helfen, Bildungsprozesse im digitalen Zeitalter angemessen beschreiben und verstehen zu können. Das ist zum einen „digital formations“ (Latham & Sassen, 2005) als Schnittpunkt von Technik und Gesellschaft, die wiederum von „mediating cultures“ beeinflusst werden und die je nach Schnittpunkt höchst unterschiedlich aussehen können. Zum anderen handelt es sich dabei um „sociomateriality“, das den ontologisch exklusiven Status von Akteur und Objekt zu überwinden versucht und stattdessen die durch die Verschmelzung – auch als Assemblage in der Tradition von Deleuze und Guattari bezeichnet – von beiden
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entstehende Agency in den Blick nimmt (Orlikowski & Scott, 2008). Dabei sind Technik und Soziales untrennbar verbunden, d.h. es gibt keine abhängigen oder interdependenten Beziehungen, sondern nur performative Effekte. So wird etwa (analoges) Lernen im Klassenzimmer als Assemblage von Materialität (Tafel, Kreide, Schulbuch, Stühle, Tischen etc.) und Sozialem (LehrerIn, SchülerInnen, Sekretärin, Hausmeister etc.) hervorgebracht. Fällt eines der sozialen oder materialen Elemente weg, so fällt es schwer, noch von schulischem Lernen zu sprechen. Digitale Formationen eröffnen für die deutschsprachige Bildungswissenschaft ein wichtiges neues Forschungsfeld, das mit weit mehr analytischer Schärfe als die bisherigen Instrumente der Medienpädagogik arbeitet. In Anlehnung an Mollenhauer (1983) kann hier von „vergessenen Zusammenhängen“ gesprochen werden und zwar derart, „[…] daß jedes pädagogische Ereignis in irgendeiner Wiese an das gesellschaftliche System gebunden ist und einen, wenn auch verborgenen, politischen Gehalt hat“ (S. 19). Die Auseinandersetzung mit dem „Erbe der Sozialstruktur“ und der „kulturellen Überlieferung“ belastet für Mollenhauer die Bildung der nachwachsenden Generation und er appelliert an die Pädagogik, dass „[…] sie ihre eigenen Problemstellungen wieder stärker in unseren Kulturzusammenhang einfädelt“ (ebenda). Auf die heutige Zeit übertragen lässt sich daraus schlussfolgern, dass sich Pädagogik und Bildungswissenschaft weniger selbstreferentiell an ihren genuinen Gegenständen abarbeiten sollten, sondern mehr den Blick auf die Lebenswirklichkeit bildsamer Subjekte und gesellschaftlicher, zunehmend digitalisierte Zusammenhänge richten sollten. Dabei entstehen die Forschungsobjekte durch die Imbrikation von digitalen Technologien und sozialen (pädagogischen) Praktiken immer wieder neu, u.a. durch die Skaleneffekte (Latham & Sassen, 2005) und führen beispielsweise im Zusammenhang der MOOCs zu immer differenzierteren Ausprägungen wie Blended MOOC, problem-based MOOC oder dedicated MOOC (siehe dazu Deimann, Vogt, & Bastiaens, 2013). Auch überschreiten digitale Formationen oftmals nationale und kulturelle Grenzen und lassen so auch die Neuartigkeit dieses Phänomens erkennen, zu dem es weder empirische Befunde gibt noch eine adäquate Methodologie. Mit dem Eintritt von NGO und privaten Bildungsanbietern verändert sich die bildungspolitische Landschaft ebenfalls nachhaltig und wird bislang hauptsächlich mit dem Narrativ der Disruption bzw. des Unbundling betrachtet (Craig, 2015; Staton, 2013). Hilfreicher ist hier der Begriff der „sociodigitization“ als „[…] process whereby activities and their histories in a social domain are drawn up into digital codes, databases, images and text“ (Latham & Sassen, 2005, S. 3), der bestehende sozio-technologische Prozesse bestätigen kann – wie im Fall von digitalen Semesterapparaten, die nur die Form des Zugangs durch ständige Verfügbarkeit verändern, sonst aber an der Struktur Se-
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minar nichts ändern – oder transformative bzw. konstitutive Wirkung hat. So haben etwa cMOOCs eine neue Form des digitalen Lernens durch die besondere sozio-technologische Struktur (u.a. Vernetzung über Twitter und RSS-Feeds) erst hervorgebracht, die es im analogen Zeitalter nicht gab. Ein weiteres Beispiel für die konstitutive Wirkung digitaler Formationen ist die Entscheidung von Udacity im November 2013, ab sofort MOOCs im Rahmen von kostenpflichtigen Weiterbildungsprogrammen anzubieten. So kam es durch die Erkenntnis, dass mit kostenfreien Online-Kursen kein Geld zu verdienen ist, zur Entwicklung einer neuen technischen Lösung, den Nano-Degrees. Gleichsam ist bei der ubiquitären Verbreitung digitaler Technologien vor einer rein technologischen Lesart zu warnen, wie es beispielsweise im Lager der TechOptimisten der Fall ist (Dräger & Müller-Eiselt, 2015). Die dabei in Anschlag gebrachten Argumentationsmuster entstammen einer prä-digitalen Ära – was u.a. an der starken Referenz zu Humboldt deutlich wird – und weisen dadurch eine entscheidende Leerstelle auf. Sie können nämlich die komplexe und kontingente Verschmelzung von fortgeschrittenen Innovationen (Big Data, Predictive Learning Analytics) im Kontext von klassischen Bildungspraktiken nicht angemessen erklären (und das nicht, da es noch keine ausreichende empirische Befundlage gibt) und fallen eher in diffuse, euphorisierte Zukunftsphantasien zurück. Vielversprechender sind dagegen Ansätze, die den Dingen keinen rein instrumentellen Status zuweisen, sondern auch die tiefer eingeschriebenen soziopolitischen Bedeutungen aufdecken. So sind beispielsweise Lehrbücher nicht nur Wissenscontainer, sondern auch Manifestation bestimmter impliziter Werte, die sich einschränkend auf die Freiheit von Lehre auswirken können (Waltz, 2006). Je nach Stabilität bestimmter kultureller Überlieferungen und Wertvorstellungen ändern sich die Darstellungen in den Büchern. Mit dem Aufkommen digitaler Werke gerät das analoge Assemblage unter Druck, nicht zuletzt aufgrund verbesserter Produktions- und Distributionsbedingungen. Weiter gehen dann offene, kollaborativ erstellte Lehrbücher, z.B. auf Basis von OER-Materialien. Hier kann weit weniger von einem dominanten Narrativ, das für die Selektion der Inhalte verantwortlich ist, ausgegangen werden, sondern von einer polyvalenten Darstellungsweise, bei der verschiedene kulturelle und politische Perspektiven nebeneinander stehen können. Für Fenwick (2015) bieten sozio-materielle Methoden Möglichkeiten, „[…] to recognise and trace the multifarious struggles, negotiations and accomodations whose effects constitute the ,things‘ in education: students, teachers, learning activities and spaces, knowledge representations such as texts, pedagogy, curriculum content, and so forth“ (S. 84). Wissen ist so zum Beispiel mehr als die individuelle kognitive Repräsentation von mentalen Modellen, sondern die
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Partizipation in einem dynamischen Netz aus menschlichen und nichtmenschlichen Entitäten. Aufgabe der Forschung ist es dann, die heterogenen Verknüpfungen zwischen den Knotenpunkten zu identifizieren und im Hinblick auf ihre Stärke und Stabilität zu analysieren. Insofern ist es auch wenig sinnvoll, von „der digitalen Bildung“ zu sprechen, da auf diesem Abstraktionsniveau völlig unklar bleibt, welche sozio-materiellen bzw. digitale Formationen in Zusammenhang mit welcher Art von Bildungsprozessen stehen. Hilfreicher ist die Identifikation charakteristischer digitaler Formationen im Kontext von Angeboten wie MOOCs oder Inverted Classroom. Daran ist auch die Entwicklung entsprechender methodologischer Zugänge sowie die Ableitung neuer didaktischer Modelle geknüpft. Für die Medienpädagogik und die Bildungswissenschaft insgesamt bilden sich dadurch enorm reizvolle Herausforderungen heraus, die es weniger abwartend als bislang anzugehen gilt.
4.3 EINE TENTATIVE ARCHITEKTUR OFFENER HOCHSCHULBILDUNG Die Universität befindet sich seit mehreren Dekaden in einer eigentümlichen Lage: Einerseits sieht sie sich einem veritablen Krisendiskurs ausgesetzt, der um die Modernisierung mit Hilfe politischer Steuerungsinstrumente (z.B. Bologna-Reform) kreist, andererseits bleibt die Referenz zum Gründungsmythos Humboldts ungebrochen stark und das obwohl oftmals mit einem inhaltsleeren Bildungsbegriff gearbeitet wird (vgl. Ricken, 2014). Interessanterweise besteht über die verschiedenen Interessengruppen hinweg Einigkeit, dass die Universität sich (mehr oder weniger grundlegend) wandeln müsse, um ihrem Anspruch auch weiterhin gerecht zu werden. Die im Diskurs sichtbaren Sprecherpositionen zeigen dies deutlich an. Darüberhinaus sind es u.a. die folgenden Treiber, die eine Revision bzw. Revitalisierung der Idee von Universität anregen: • Es gibt mittlerweile ein beachtliches Spektrum an flexiblen, ortsunabhängigen,
digitalen Studienangeboten, mit der die klassische Studienstruktur herausgefordert wird. Vorreiter dieser Bewegung sind die USA, die neben MOOCs weitere alternative Programme (z.B. Kurse mit Nano-Degrees) auf den Markt gebracht haben. In Deutschland wird MOOCs mit deutlich mehr Skepsis begegnet, was jedoch nicht zu dem (vorschnellen) Eindruck führen sollte, das solche Formate hier keine Chance hätten (so setzt beispielsweise die FH Lübeck MOOCs im Rahmen berufsbegleitender Fernstudien ein). Vielmehr zeigen sich Verschiebungen hin zu flexiblen, individuellen Bildungsprogram-
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men. Ein Beispiel sind die sog. Kontaktstudien als „[…] längerfristig angelegte Weiterbildungsmöglichkeiten, die insbesondere auch Berufstätigen die Möglichkeit eröffnen, ihr einmal erworbenes Wissen auf den neuesten wissenschaftlichen Stand zu bringen oder sich mit den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaften vertraut zu machen“ (Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung Johannes Gutenberg Universität Mainz, 2012). Durch den demographischen Wandel wird die Normalbildungsbiographie aufgeweicht und es bilden sich neue, heterogene Studiengruppen heraus. Diversität wird zwangsläufig zum Leitmotiv bei der Erstellung neuer Angebote und Standardisierung wird damit immer schwieriger. Digitalisierung als „Mega-Trend“ erfasst alle gesellschaftlichen Bereiche und damit auch die (Hochschul-)Bildung und führt zu nachhaltigen Veränderungen der Art und Weise, wie Bildung geplant, konzipiert, vermittelt und evaluiert wird. Damit verbunden ist auch die anhaltend hohe Nachfrage nach bezahlbarer Bildung, die zu auf dem Arbeitsmarkt nachgefragten Abschlüssen führt, d.h. nach mehr Zugang zum Bildungssystem. Diese Art von Bildungsabschlüssen wird in der Literatur als „HARVARDs“ bezeichnet: Highly accessible (and rigorous), very affordable (and recognised) degrees (Sharrock, 2015, S. 600). Ein globaler Wettbewerb fordert Universitäten zu mehr Profilbildung und Internationalisierung, um damit mehr Sichtbarkeit auf einem enorm gestiegenen „Bildungsmarkt“ zu bekommen. Veränderte Mediennutzungsgewohnheiten, nicht nur der sog. Digital Natives, sondern über viele Alters- und Bevölkerungsgruppen hinweg, machen die Begründung für den Einsatz besimmter, konventioneller (medien-)didaktischer Formate schwierig, so dass Konzepte wie „Flipped bzw. Inverted Classroom“ als zeitgemäße Varianten für eine medienaffine Generation ausgerufen werden.
Angesichts dieser geänderten gesellschaftlichen Realitäten ist der Transformationsdruck enorm gestiegen, was zu Lasten gründlicher Reflexionen über die Art und Richtung der Veränderungen geht und zu einem reflexartigen Aktionismus führt – oft von Advokaten, die sich viel Profit davon versprechen. Mit der im folgenden vorgeschlagenen Architektur offener Bildung wird der Versuch gemacht, einen bislang vernachlässigten Treiber systematisch auszubuchstabieren: Open Education wird als eine neue Leitkategorie der Wandlung von (überkommener) Tradition zu einer offeneren Bildung entwickelt, die in Anlehnung an und als Ergänzung zum Wahrheitscode – die Universität hat zum Ziel, wahres Wissen zu produzieren, zu konservieren und zu verbreiten – als Offenheitscode bezeichnet wird. Dabei geht es um die (Selbst-)Verpflichtung der Universität, ihre Prozesse und Produkte entlang der Bildungskette von (I) Zugang, (II) Produk-
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tion und Distribution von Lehr-Materialien und didaktische Betreuung sowie (III) Qualifizierung/Zertifizierung so zu gestalten, dass bisherige Ausgrenzungsmechanismen (sozial, politisch, ökonomisch) überwunden werden (siehe dazu Deimann, 2014d). Zur Begründung des Offenheitscodes liegt ein umfangreicher bildungsphilosophischer Korpus vor – u.a. der im Rahmen dieser Schrift vorgelegte grundlagentheoretische Teil – und lässt sich zusammenfassend als Abfolge von vier philosophischen Leitfragen darstellen: 1. Wer darf lernen? Die Frage des Zugangs stellt sich durch gesellschaftliche Wandlungsprozesse, von der Industrie- zur „Wissensgesellschaft“, neu und wird aktuell insbesondere im Hinblick auf ökonomische Aspekte diskutiert. Es stellt sich jedoch auch die prinzipielle Frage, wie sich Zugang angesichts nahezu unerschöpflicher Bildungsmöglichkeiten im digitalen Netz so regulieren lässt, dass bisherige Bildungstraditionen nicht leichtfertig aufgegeben werden müssen. 2. Was soll gelernt werden? Mit der Konstitution einer sog. Wissensgesellschaft erhalten Bildungsressourcen strategische Bedeutung und die Festlegung des Bildungskanons von Studiengängen sowie von Aus- und Weiterbildungsprogrammen muss neu verhandelt werden. Die enorme Ausdifferenzierung an Bildungsprogrammen ist dafür ein Indikator. Als eine neue Form von Kollaboration kristallisiert sich das Kuratieren von Inhalten zu flexiblen Angebotsformen heraus. Manifestiert hat sich das Kuratieren u.a. in den konnektivistischen MOOCs, die als (loses) Netzwerk von Interessierten, ohne explizite Anbindung an eine akademische Institution, gemeinsam das Netz explorierten. 3. Wie wollen wir lernen? Die klassischen Vermittlungsformate Vorlesung und Seminar erscheinen im Licht der Logik des Internets (ständige Verfügbarkeit, ubiquitärer Zugang zu Inhalten und Dienstleistungen) als Relikte vergangener Epochen – sind gleichzeitig jedoch erstaunlich resistent, z.B. als digitalisierte Vorlesung (xMOOC). Bedingt durch die wachsende Heterogenität der Studierenden sind standardisierte, konfektionierte Methoden, die im Kern einem Modell der industrialisierten, fordistischen Lehre folgen (siehe dazu O. Peters, 2010), kaum noch zu rechtfertigen. An ihre Stelle treten individualisierte und personalisierte Lernarrangements, die von intelligenten Systemen vorgeschlagen werden. Aber auch jenseits dieser, je nach Lesart, utopischen oder dystopischen Visionen zeichnet sich ein Aufbrechen von Lernszenarien und Vermittlungsvarianten ab, was z.B. in der aktuellen Studie „Digitale Lernszenarien im Hochschulbereich“ (hochschulforum digitalisierung, 2016) aufgezeigt wird. 4. Wie soll überprüft werden, das was gelernt wurde? Durch die Öffnung des Zugangs und der Diversifizierung von Angebotsstrukturen muss auch der Aspekt
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der Zertifizierung von Lernleistungen neu diskutiert werden. So ist einerseits eine große Nachfrage nach digitalen Kursen zu konstatieren, die jedoch auf nicht-traditionelle Weise konsumiert werden (so sind MOOCs berühmt berüchtigt für die hohen Abbrecherraten, die jedoch auch Ausdruck von einer hohen Motivation zum Explorieren des Formats sind). Anderseits gibt es von Seiten der (klassischen) Bildungsanbieter das genuine Bedürfnis, Lernverhalten zu dokumentieren, zu evaluieren und zu zertifizieren. Die dabei verwendeten Methoden entstammen aus dem analogen Zeitalter, sind Ausdruck eines hegemonialen Verständnisses von Qualitätskontrolle (Universitäten als Gatekeeper) und kollidieren mit der Logik des digitalen Netzes: „Free online courses won’t revolutionize education until there is a parallel system of free or lowfee credentials, not controlled by traditional colleges, that leads to jobs“ (Carey, 2015b). Dabei geht es u.a. um die Möglichkeit, Lernleistungen in multimedialer und verteilter Weise darzustellen (z.B. als Badge), die den Raum des traditionellen Zertifizierens überschreitet. Mit den Nano-Degrees findet eine Neuausrichtung der Komponenten Ausbildung und Arbeitsmarkt statt, die bisher hauptsächlich von privaten Anbietern in Zusammenarbeit mit Hochschulen (z.B. Georgia Tech, Udacity und AT&T5) verfolgt wird. Auch zeigt die Initiative „Offene Hochschule“, dass das Thema Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung strategische Bedeutung bekommt (Hanft & Brinkmann, 2013). Hinter all dem steckt die Gefahr, dass ähnlich wie in den USA der Bedarf nach mehr nicht-traditioneller Bildung weiter zunimmt und zu einem fragmentierten Zertifizierungswesen führt, das „[…] out of sync with 21st century needs“ (Lumina Foundation, 2016, S. 2) ist. Aus diesen Leitfragen lässt sich die folgende tentative Architektur offener Hochschulbildung ableiten, wobei der Offenheitscode (OC) in den Ausprägungsstufen hoch, mittel und gering als Ordnungskriterium fungiert und zu verschiedenen Abstufungen führt. Die Matrix ist als Reaktion auf die aktuell kontroverse Debattenlage zu verstehen (siehe dazu Abschnitt 4.1 sowie die aktuelle Studie von Castaño Muñoz, Punie, Inamorato Dos Santos, Mitic, & Morais, 2016) und dient Hochschulleitungen zur Orientierung bei der Auswahl und Bestimmung bestimmter Offenheitsgrade in den zentralen Funktionsbereichen Zugang, Inhaltsvermittlung/Didaktik und Zertifizierung. Dazu werden neben den bislang bekannten Beispielen auch Maßnahmen (z.B. Policies zur Umsetzung von Offenheit), Konsequenzen (was bedeutet das für die Hochschule?) und aktuelle Herausforderungen beleuchtet.
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https://www.udacity.com/georgia-tech
Definition und Maßnahmen
Offenheitscode hoch
Anerkennung von nationalen und internationalen Zertifikaten durch ein etabliertes System oder einen anerkannten Bildungsanbieter, um damit Zugang zum Angebot (Einstieg zu Beginn oder im Verlauf eines Programms) zu gewähren.
Offen für alle, ohne Nachweis von Qualifikationen oder Berechtigungen.
Zugang
Open Curriculum als gemeinsames Aushandeln von Lehrinhalten
Open Educational Practices (OEP) als neu zu etablierende Kultur des Teilens, z.T. basierend auf OER, aber bislang kaum Anwendungsbeispiele und wenig konzeptionelle Arbeiten (Ehlers, 2011; Mayrberger & Hofhues, 2013)
Bildungsmaterialien werden unter einer freien Lizenz erstellt und als OER zurück in das Netz gespeist.
Produktion & Distribution Didaktik
Open Credentialing: Produkte und Prozesse sind offen und transportieren mehr Informationen als der klassische Universitätsabschluss. Lernende kontrollieren stärker als zuvor, was in das „digitale Zertifikat“ kommt. Übersicht: OpenCred Studie (Witthaus u. a., 2016)
Zertifizierung
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Zugang
Open Universities UK, NL Studium Generale (öffentliche Lehrveranstaltungen einer Hochschule) Akademiestudium der FernUniversität in Hagen cMOOCs ohne zentrale Plattform (z.B. #change11, #exif13)
Offenheitscode hoch
Beispiele Hamburg Open Online University (offizieler Projektstart: April 2015) TU Delft Wake Forest University, http://college.wfu.edu/academics/ open-curriculum/
Produktion & Distribution Didaktik
Class Rep Badge der Edinburgh University Student Association (http://grainnehamilton.com/2015/0 6/25/creating-a-culture-ofopenness-pilots-to-policy-toprosperity/) Scalable and open credentialing marketplace (SOCM): Kompetenzen werden dezentral nach einem verbindlichen System
Zertifizierung
Conclusio: Offene digitale Hochschulbildung
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Zugang
Offen für bestimmte Gruppen
Offenheitscode mittel
Definition und Maßnahmen
Öffnung klassischer didaktischer Formate (z.B. Vorlesung) Inverted Classroom (Handke & Sperl, 2012) Öffnung des Formats homogener Lerngruppen: Jahrgangsübergreifendes Lernen (Jenaer Modell) Öffnung des festen Curriculums durch Kuratieren von Ressourcen (z.T. OER) und mit Möglichkeit zum Kommentieren und Bearbeiten durch Lernende Flexible Studienstrukturen (Aufbrechen des starren Dualismus formales Lernen vs. informellen bzw. non-formellen Lernens)
Produktion & Distribution Didaktik
kurzfristige „learning contracts“ (Toffler, 1970): Vertragsnehmer sind Lernende der Hochschule, die damit Dienstleistungen von Drittanbietern in Anspruch nehmen können und diese dann garantiert angerechnet bekommen.
Zertifikate in Kooperation mit DrittAnbietern: Nano-Degree (Partnerschaft zwischen Hochschule und privatem Anbieter (https://www.udacity.com/nanodegree) Micro-Degree (http://micro.degree): Lässt sich aus Kombination verschiedener Bildungsprogrammen von unterschiedlichen Anbietern kombinieren
Zertifizierung
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| Open Education
Zugang
Offene Hochschule (BMBF): Beruflich Qualifizierte Kontaktstudium (nebenberufliches Studium, Weiterbildung) Offene Studieneingangphase: Global Freshman Academy (Partnerschaft zwischen der Arizona State University und der MOOC Plattform edX)
Offenheitscode mittel
Beispiele
Zertifizierung
Fernstudiengänge im Rahmen beE-Portfolio als Peer-Assessment, rufsbegleitender Weiterbildung z.B. in MOOCs (Suen, 2014) (Donau-Universität Krems) Online Studiengänge zur Weiterqualifikation (Master Educational Media an der Universität DuisburgEssen)
Produktion & Distribution Didaktik
Conclusio: Offene digitale Hochschulbildung
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Zugang
Offen für bestimmte Angebote anderer Anbieter
MOOCs auf kommerziellen (Coursera, Iversity) oder nichtkommerziellen (edX) Plattformen, oft ohne Möglichkeit auf formelle Anerkennung durch die Hochschule
Offenheitscode gering
Definition und Maßnahmen
Beispiele
Blended Learning in konventionellen Settings (Anreicherung, Ergänzung, Unterstützung)
Konventionelle (proprietäre) Lehrmaterialien, die daher auch nicht geteilt werden können. Geringe bis keine Nutzung von OER
Produktion & Distribution Didaktik
Zertifikatsstudium an der FernUniversität in Hagen
Zertifikate unterhalb des BAAbschlusses
Zertifizierung
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Conclusio: Offene digitale Hochschulbildung
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Beim hohen Offenheitscode ist die Hochschule mit der Maximalforderung, d.h. der größtmöglichen Offenheit, konfrontiert, was sich beim Zugang bereits seit Ende der 1960er Jahre, als die erste Open University im Vereinigten Königreich gegründet wurde – die genauen sozi-politischen Umstände darzustellen, würde den Rahmen hier sprengen; verwiesen –, etablieren konnte und einen internationalen Trend zur Expansion von Bildung, genauer der Demokratisierung von Bildung, reflektierte. Die Open University UK als „[…] revolutionary new educational institution“ (Moore & Kearsley, 1996, S. 26) fungierte danach als Vorbild und so wurden auf der ganzen Welt in den 1970er Jahren über zehn weitere offene Universitäten gegründet (R. Bell & Tight, 1993). Damit stieg die Reputation von und das Interesse an Distance Education deutlich an (u.a. auch, da die Open University die Abbrecherraten auf einem akzeptablen Niveau halten konnte), allerdings bleiben Open Universities mit ihrer radikal nicht-diskriminierenden Aufnahmepolitik eine Ausnahme unter den neu gegründeten Fernlehrinstitutionen (Garrison, 1985). Die 1974 gegründete FernUniversität in Hagen ist weniger offen, insofern dass eine formale Bildungszugangsberechtigung zum Studium vorgeschrieben war. Erst in jüngerer Zeit wird diese eher strenge Aufnahmepolitik gelockert (siehe unten „Aufstieg durch Bildung“). Mit der Hamburg Open Online University (HOOU) ist ein für Deutschland einmaliges Reformprojekt an den Start gegangen, bei der Zuschnitt und Ausrichtung jedoch nicht mit den klassischen Open Universities vergleichbar ist. Sie bietet mehr eine Plattform zum interdisziplinären und hochschulübergreifenden Bearbeiten von Projekten im Sinne der Idee offener Bildungspraktiken (OEP) als konventionelle Studiengänge (HOUU, 2016). Auch am MIT in den USA scheint ähnliches in Planung zu sein, wie erste Presseberichte vermuten lassen (Navarre, 2016). Als zentrales Gegengewicht zur Öffnung wirkt der Bologna-Prozess, der eine hohe Standardisierung von Studienangeboten im BA-und MA-Format bedingt, die in ihrer Ausgestaltung dem industrialisierten Fernlehrprozess der 1970er Jahre ähneln. Auch fehlen empirisch abgesicherte Befunde zu den pädagogischen Effeken von OEP (siehe dazu den aktuellen Bericht auf dem Open Education Research Hub6), so dass in Deutschland mittelfristig nicht von einer starken Zunahme offener Bildungspraktiken auszugehen ist. Im europäischen Ausland sieht dies zum Teil anders aus und so legen Institutionen wie die TU Delft ein hohes Tempo bei der Öffnung von Lehr-Lern-Praktiken vor. Die jüngeren Öffnungsbewegungen entsprechen daher einem mittleren Offenheitscode, so z.B. die erweiterten Zugangsberechtigungen für beruflich Qualifizierte in Deutschland (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2013)
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http://oerhub.net/collaboration-2/the-open-research-agenda-1/
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oder die neu geschaffenen Möglichkeiten zur Anerkennung von Lernleistungen. Damit öffnet sich die Hochschule gegenüber anderen Bildungsanbietern, in Teilen sogar privaten Dienstleistern wie kommerziellen und privatwirtschaftlichen MOOC-Plattformen und stellt sich einem globalen Wettberwerb. Teil-öffentliche Online-Kurse auf internationalen Plattformen haben als sog. „taster courses“ (Moules, 2016) strategische Bedeutung für Hochschulen erhalten und werden nicht ausschließlich als Bedrohung der Präsenzlehre bzw. der Existenz von Universitäten gesehen, sondern als wirkungsvolles Mittel zur Stärkung der eigenen Marke. Unklar ist zur Zeit noch, inwieweit diese mittlere Form von Offenheit sich katalysierend, stabilisierend oder gar als Auslöser für eine zukünftige Schließungsbewegung auswirkt. Wie im historischen Abriss der früheren OpenEducation-Bewegung gezeigt, ist ein konservativer „Backlash“ als Ausdruck von Beharrungskraft ein von verschiedenen Akteuren initiierter Schritt, der auch in Zukunft wieder gegangen werden könnte. Andererseits zeigt sich hier eine spannende Konfliktlinie zwischen einer politisch gewollten bzw. verordneten Offenheit, wie beispielsweise durch die EUInitiative „Opening up Education“ (Europäische Kommission, 2013) oder das BMBF-Programm „Offene Hochschule“ und der Bereitschaft von Hochschulen, sich der dadurch einhergehenden Diversifizierung der Studierendenschaft zu stellen. Die dabei zum Tragen kommende Resillienz wurde von Weller und Anderson (2013) am Beispiel der Open University UK und der Athabasca University analysiert und konnte die Bedeutung bestimmter, etablierter kultureller Praktiken (z.B. Open Publishing in Athabasca) als Katalysator und Treiber für die Entwicklung weiterer Offenheitsformen zeigen. Wichtig sind somit Instrumente, die helfen, die Katalysatorwirkung von Openness-Variationen zu unterstüzten bzw. die Widerstände zu bearbeiten. Beispielsweise wurde für die Anerkennung von Studienleistungen das Open Learning Recognition Traffic Light Model (Witthaus u. a., 2016) vorgeschlagen. Damit können u.a. offene Lernangebote wie MOOCs im Hinblick auf ihre Anrechenbarkeit gekennzeichnet werden und es dient Lernenden der Orientierung. Bildungsanbieter können dadurch auszeichnen, welche Elemente aus einem Kurs sie für die Zertifizierung öffnen, d.h. nicht-eingeschriebenen Lernenden die Möglichkeit eröffnen, Credit Points zu erwerben, die sich später bei anderen Institutionen anrechnen lassen. Generell ist die Öffnung der Anerkennungspraxis bislang deutlich weniger ausgeprägt im Vergleich zur Öffnung des Zugangs oder der Verwendung offener Bildungsressourcen (Muñoz, Punie, dos Santos, Mitic, & Morais, 2016). Hochschulen agieren somit zumeist noch im geschlossenen didaktischen bzw. instruktionalen Interaktions- und Kommunikationsraum mit
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voller Kontrolle über Anerkennung und Zertifizierung (Friesen & Murray, 2013). Im Bereich der Didaktik kommt der höchste Offenheitscode den sog. Open Educational Practices (OEP) nahe, einem bislang untertheoretisierten, pragmatischen Konzept, das sich auf die Erstellung und Verwendung von OER in formellen und informellen Bildungskontexten bezieht (Ehlers, 2011). Es geht aus von der Einsicht, dass offener Zugang (Open Access) zu freien Bildungsmaterialien (OER) keine notwendige Bedingung für die angestrebte Transformation des Bildungssystems ist und impliziert eine nicht begründete bzw. prinzipiell unbegründbare sequenzielle Logik: Während es in der ersten Phase darum ging, den Zugang zu Bildung zu vergrößern, so soll in der zweiten Phase die Qualität von Lernen und Lehren verbessert werden. Anhand der zunehmenden Verbreitung von OER weltweit wird der Schluss gezogen, dass nun die zweite Phase, die der OEP, bevorsteht: „logical structure by a course developer who has attached an open licence to them […]. We can deduce that, up to now, the main focus has been on building access to OER, building infrastructure, tools, and repositories. We can therefore conclude that the initial phase of OER, which has focused attention on the creation of and open access to OER, is transitioning to the second phase.“ (Ebenda, S. 3) Hier geht es u.a. darum, „[…] changing the traditional educational paradigm of many unknowledgeable students and a few knowledgeable teachers to a paradigm in which knowledge is co-created and facilitated through mutual interaction and reflection“ (ebenda, S. 4) und zeigt die Anfälligkeit für pädagogischen Pathos. Durch die enge Anbindung am OER-Konzept bürden sich die VerfechterInnen von OEP die Bürde auf, klare (Distinktions)Kriterien vorzulegen. Während OER durch die Referenz zu offenen Lizenzen vergleichsweise eindeutig definiert werden kann, ist OEP als Versuch einer näherungsweisen Lösung ausgelegt: „The diffusion of open educational practices can therefore vary considerably, and this has an effect on how open practices can be implemented.“ (Ebenda, S. 5) Mit den Schlagworten, „kollaboratives Lernen“, „lernerzentrierter Ansatz“ oder „Kultur des Teilens“ werden normative Ziele vorgegeben, die dann je nach konkreter Gegebenheit unterschiedlich ausgefüllt werden können. Auch scheinen Forderungen wie die des Rollenwechsels des Lehrenden zum „Facilitator“ mehr dem Zeitgeist als fundierter pädagogischer Reflexion zu entsprechen – daran ändern auch empirische Studien nichts (Prince Machado, Tenorio Sepúlveda, & Ramirez Montoya, 2016). Für Hochschulleitungen ist damit die Gefahr verbunden, einem grundsätzlich erstrebenswerten Ziel – das sich bildungsphilosophisch betrachtet durchaus in der Nähe von Humboldt befindet und als eine Form des digitalen Humanismus verstanden werden kann – zum Preis eines politischen Aktionismus und der se-
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mantischen Unschärfe zu opfern. Angeraten ist somit ein strategischer Reflektions- und Diskussionsprozess, der die normativen Implikationen von Offenheit genau in den Blick nimmt, sie entschlüsselt bzw. expliziert und sich dann auf bestimmte Open-Education-Formate einigt. Damit kann auch auf die bisherigen legitimatorischen Defizite reagiert werden, denn OEP wurde hauptsächlich von einem kleinen Zirkel an „Überzeugten“ propagiert, ohne eine breite Absicherung innerhalb der Zielgruppe, z.B. Lehrerinnen und Lehrern (vgl. Füller, 2016). Auch lassen sich damit die verführerischen Möglichkeiten digitaler Bildung thematisieren, die einer ökonomischen Kalkulation entspringen. So bietet beispielsweise das französische Unternehmen OpenClassrooms einen staatlich anerkannten Bachelor-Abschluss, der ausschließlich aus MOOCs besteht, an (Dillet, 2015). Die online-basierte Distribution von Inhalten und die digital vermittelte Betreuung (Video-Chat) sorgen für wesentlich preisgünstigere Angebote und lassen Hochschulen mehr Studierende aufnehmen. Das bedeutet mehr Einnahmen bei nicht proportional steigenden Kosten (so müssen keine neuen Gebäude für Lehre und Unterbringung gebaut werden). Was hierbei zu beobachten ist, ist eine Verwässerung der Open-Idee, indem z.B. Inhalte nicht unter einer freien Lizenz angeboten werden. Die bisherige Praxis, MOOCs in die Lehre zu integrieren, entspricht damit einem mittleren bis geringen Offenheits-Code. Auch bei der Zertifizierung von Lernleistungen ist die Bereitschaft, sich zu öffnen bei Hochschulen noch nicht sehr ausgeprägt. Das Leitbild der offenen Zertifizierung (Open Credentialing) existiert als Begriff zwar – eine Nennung geht bis auf das Jahr 1978 zurück (Greenman, 1978) –, jedoch ohne viele Anwendungsbeispiele, wie die Studie OpenCred von Witthaus und KollegInnen (2016) zeigt. Durch die jüngsten Entwicklungen von Mozilla im Bereich von Open Badges (Knight & Casilli, 2012) bekommt das Thema eine technische Dimension und entfacht dadurch neue Diskussionen (Jovanovic & Devedzic, 2015). Diese, sicherlich wichtigen infrastrukturellen Maßnahmen, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit der Akkreditierung und Zertifizierung der innere Kern dessen berührt wird, was Hochschule heute definiert. Gerade in den USA wird dies deutlich und führte zum Phänomen der „College Bubble“ (Carey, 2015a), d.h. Studierende aus allen Schichten nehmen enorm gestiegene Gebühren in Kauf, da sie sich vom Abschluss den entscheidenden Vorteil für beruflichen Erfolg versprechen. Das führt nicht nur zu einer massiven Verschuldung, sondern auch zu einer Entwertung des Collge Degree (Vedder & Denhart, 2014). Das starre Festhalten an der Hoheitskompetenz Zertifizierung/Akkreditierung ist für Hochschule mit der Gefahr verbunden, zunehmendem Druck von relevanten Bezugsgruppen aus ihrem Ökosystem ausgesetzt zu werden.
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Andererseits wird durch innovative und „smarte“ Ansätze Druck auf die Hochschulen ausgeübt, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Dies betrifft beispielsweise Versuche, die vielfältigen, dezentralen, zum Teil punktuellen Möglichkeiten das im Netz erworbene Wissen zu dokumentieren und von Hochschulen als gleichwertige Bildungsleistung anzuerkennen. Das USamerikansiche Start-up Degreed7 verfolgt die Mission „jailbreak the degree“ (Montgomery, 2016) und bietet dazu eine Plattform an, auf der kleinste „Lernhäppchen“ validiert werden können. Ziel ist es, ein „Digital Lifelong Diploma“ (ebenda) zu ermöglichen, das nicht länger auf der Zertifizierungskompetenz einer Institution beruht. In Anlehnung an das „jailbreaking“ des iPhones, um nicht nur auf Anwendungen (Apps) aus dem Apple-Store angewiesen zu sein, geht es Degreed um das Aufbrechen des starren Rahmens, in dem formelles Lernen stattfindet: Lernen findet nur angeleitet durch die Bildungsinstitution, d.h. organisierter Studiengänge, statt und wird durch den Abschluss entsprechend zertifiziert. Die Vision ist nun, alle (formellen, in- bzw. non-formelle Lernaktivitäten) dokumentier- und auf das „Digital Lifelong Diploma“ anrechenbar zu machen. Unterhalb der Ebene kompletter Studiengänge laufen aktuell Initiativen, MOOCs im Rahmen traditioneller Studiengänge als äquivalente Lernleistung anzuerkennen. Mit dem Nachweis eines „proctored exams“ kann der Studierende an der Heimatinstitution Kreditpunkte einlösen. Bislang sind es hauptsächlich Institutionen aus den USA, die diesen Weg gehen (TeachOnline, 2015). In Deutschland gibt es vereinzelt Initiativen, wie etwa an der Universität Osnabrück8, oder der „Mathe-MOOC“, angeboten auf der mooin-Plattform der FH Lübeck in Kooperation mit der FH Bielefeld. Insgesamt bietet sich noch kein einheitliches Bild, das auf bestimmten, koordinierten Ausprägungen des Offenheitscodes zurückgeht, sondern es sind individuelle, oft an Personen gebundene Initiativen, die einen Vorstoß wagen. Die bereits in Gang gesetzten Open-Varianten, z.B. c- und xMOOC, können sowohl konsolidierend – ein Beispiel ist die Gründung der MOOC-Platform mooin an der FH Lübeck, mit der ein Gegengewicht zum US-dominierten Markt gesetzt wurde – als auch katalysierend – so geht beispielsweise die Hamburg Open Online University über die Bereitsstellung und Förderung von OER hinaus und setzt auf offene Bildungspraktiken – wirken.
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https://degreed.com/ Die Universität ging dazu eine Kooperation mit der Plattform Iversity ein und vergab laut Pressemitteilung erstmalig in Deutschland ECTS-Punkte (siehe https://iversity. org/de/pages/moocs-for-credit).
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Mit der dargestellten Matrix einer tentativen Architektur offener digitaler Hochschulbildung wird die aktuelle Entwicklung abgebildet und bietet durch die gestufte Ausrichtung am Offenheitscode Hochschulleitungen Orientierungsmöglichkeit. Die in der Darstellung aufgeführten Ansätze und Projekte unterscheiden sich zum Teil erheblich im Hinblick auf ihren historischen und sozio-kulturellen Entwicklungsgrad. Daher ist eine simple Adaption von Open-Konzepten schlecht möglich, da damit auch eine Übernahme der normativen Implikationen einhergeht. Ratsam ist, diese impliziten Rahmungen herauszuschälen, zu explizieren und mit dem eigenen Wertegerüst abzugleichen. So sind tragfähige Modelle offener Hochschulbildung möglich, die nicht nur ein Commitment der Hochschulleitung haben, sondern auch abgestimmt mit der inneren Funktionsweise der Institution sind.
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Fazit / Ausblick
Mit der vorliegenden Arbeit war das Ziel verbunden, Open Education als Gegenstand zu konstituieren, als pädagogischen Phänomenbereich bildungstheotisch und -philosophisch zu rahmen und als zunehmend einflussreicheren Strang innerhalb aktueller bildungspolitischer Diskurse analytisch einzufangen. Dieses Vorhaben ist angesiedelt vor dem Hintergrund einer fehlenden systematischen Rezeption von Open Education in der deutschsprachigen Erziehungswissenschaft. Die verstreut vorliegenden Versuche der Beschäftigung mit OER, MOOCs und mit weiteren Spielarten wurden bislang nicht unter einem Dachbegriff diskutiert, sondern liegen als Artefakte vor, sodass die sich daraus ergebenden Impulse für die Weiterentwicklung bildungswissenschaftlicher Begriffe (Deimann, 2014a) vernachlässigt wurden. Dieser partikularisierenden Sichtweise wurde hier das Argument entgegengehalten, dass Open Education durch die hohe Dynamik und Entwicklungsgeschwindigkeit eine konzeptionell-theoretische Fundierung dringend benötigt, um die oftmals nur mitschwingenden normativen Implikationen einfangen zu können. Bedingt durch die beidseitigen strukturellen Defizite wurde das folgende Verfahren entwickelt: • Aufbereitung der verstreut vorliegenden Ansätze zu Open Education in einer
historisch rekonstruktiven gegenstandstheoretischen Rahmung (Kapitel 1). Die hierbei unterschiedenen Globalvarianten (a) Open Education als reformpädagogische Befreiungsbewegung, (b) Open Educational Resources als digitales Gemeingut und (c) Massive Open Online Courses als kostenfreie Massenkurse im Internet, bieten für die Erziehungswissenschaft wichtige Untersuchungsfelder, die paradigmatisch für die aktuellen Transformationsprozesse im Bereich der Digitalisierung von Bildung stehen. Erziehungswissenschaftliche Forschung kann ausgehend von der hier vorgeschlagenen Dreiteilung spezifische Ausprägungen in den Blick nehmen.
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| Open Education
• Grundlagentheoretische Rahmung der Open-Education-Varianten mit einem
multiperspektivischen Instrumentarium (Kapitel 2). Ausgehend von der erkenntnisleitenden These, dass Open Education als Manifestationen bedeutsamer Bildungsprozesse verstanden werden können, wurden in einem explorativen Durchgang zentrale Bildungstheorien als Erklärungsfolie bearbeitet. Damit wurde auch auf die notorische Untertheoretisierung von Open Education reagiert und mit dem – mittlerweile auch international rezipierten – Bildungsbegriff ein Anker gesetzt, der durch seine Offenheit eine hohe Affinität besitzt, aktuelle gesellschaftliche Wandlungsprozesse einzufangen. Die in offenen Bildungskonzepten konstitutiv gegebenen Anforderungen an den Lernenden zur Selbststeuerung und Orientierung sind ein wesentliches Element moderner Bildungstheorien und wurden entsprechend diskutiert. • Diskursanalytische Betrachtung als die ersten beiden Arbeitsschritte komplementierender Zugriff (Kapitel 3). Der sowohl in Open Education als auch in Bildungstheorien dominierende Fokus auf das Individuum wurde durch die Perspektive des gesellschaftlichen Sprechens als ein sich selbstorganisierender Prozess erweitert. Diese methodologische Grundsatzentscheidung wurde im Zusammenhang mit der stark emotional aufgeladenen Berichterstattung, insbesondere zu den MOOCs, begründet. Als Ergebnis liegt im ersten Kapitel eine systematische Abhandlung der drei zentralen Open Education Formationen vor, die den bisherigen, eher fragmentarisch vorliegenden Erkenntnisstand erweitert. Gerade im Bereich der jüngeren Ausprägungen OER und MOOCs gab es bislang keine bildungswissenschaftlich ausgerichteten Gegenstandsbeschreibungen. Die Rezeption aktueller (bis 2015) Entwicklungen versucht, diese Lücke zu schließen und eignet sich für weitere theoretische Reflexionen. Das zweite Kapitel bietet theoretische und philosophische Lesarten der zeithistorischen relevanten Ereignisse im Bereich Open Education. So lässt sich beispielsweise auf einer meta-theoretischen Ebene analysieren, inwieweit Bildung als disziplinübergreifende Klammer geeignet ist, Open Education zu beschreiben. Darüber hinaus eröffnet sich eine neue Debatte auf der historisch-funktionalen Ebene, da sich durch Open Education die Art und Weise, wie über Bildung gesprochen wird, verändert. So wird zum Beispiel durch offene kollaborative Lernprozesse wie sie etwa in konnektivistischen MOOCs zu beobachten sind, das Kollektiv gestärkt. Die konstitutiv an das Individuum gebundenen Bildungsprozesse werden dadurch eingebunden in ein Netzwerk von Gleichgesinnten. Die hierbei vollzogene gemeinsame Wissenproduktion, -archivierung und -dis-
Fazit / Ausblick
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tribution übersteigt bzw. überfordert die einzelne Person und kann daher als Wesensmerkmal transformativer Bildungsprozesse sensu Marotzki und Koller verstanden werden, die in zukünftiger theoretischer und empirischer Forschung auszuarbeiten sind. Mit einer Auswahl an bildungstheoretischen Figuren, die zentrale Strömungen repräsentieren, wurden unterschiedliche Reflexionshorizonte an den Gegenstand Open Education gelegt. So kann gezeigt werden, dass Open Education ein komplexes und facettenreiches Gebilde ist, je nachdem welche Fluchtlinie (z.B. Humanismus) gezogen wird. Für jede der großen bildungstheoretischen Familien (klassisch, struktural/transformativ, postmodern) bieten sich fruchtbare Anknüpfungspunkte: • Klassisch: Die durch Humboldt begründete Wechselwirkungsmetapher (Ich-
Welt) lässt sich durch Open-Education-Ansätze anschaulich beschreiben. So steht dem Individuum mit OER und MOOCs ein weitaus größerer Pool digitaler Weltrepräsentationen als zuvor zur Verfügung, aus dem er/sie sich frei und unbeschränkt bedienen kann. Mit dem Imperativ des Teilens wurde eine alte kulturelle Errungenschaft (Allmende) für das Leben in der digitalen Welt reaktiviert. Zudem sorgen digitale Werkzeuge wie Blogs oder soziale Netzwerke für eine Verbreitung der „Spuren“ menschlichen Handelns. Die hierbei zum Tragen kommenden Effekte im digitalen Netz (Austausch, nicht-opportunistische Kollaboration) können als eine Form des digitalen Humanismus bezeichnet werden. • Struktural: Während es bei der Rahmung anhand der klassischen Bildungstheorie noch hauptsächlich um „statische“ Elemente (Zugang zu und die Produktion von offenen Bildungsmaterialien im Netz) geht, behandeln MOOCs ein dynamisches/prozesshaftes Element des Bildungsprozesses. Das als Open Educational Practice (OEP) bezeichnete Konzept ist einerseits untertheoretisiert, andererseits durchaus als praktische Antwort auf die von Marotzki (1990) aufgestellten bildungstheoretischen Herausforderungen zu lesen. Es geht dabei insbesondere um die Bedingungen der Möglichkeit zur Orientierung in einer komplexen, kontingenten Welt. Alte Bildungskonzepte, die an eine bestimmte zeitliche Sequenzierung (schulische oder universitäre Ausbildung) gebunden waren, verlieren an Bedeutung und werden durch modulare, „disruptive“ Ansätze ersetzt. In einer exemplarischen Gegenüberstellung der Prinzipien strukturaler Bildungstheorie und des Lernens und Arbeitens in (c)MOOCs (siehe S. 119) wurde dies weiter ausgearbeitet. • Postmodern: Als skizzenhafter Exkurs wurde Open Education als Beispiel für das Ende der großen Erzählungen (Lyotard) interpretiert, da es weniger auf die
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typische Normal(bildungs-)biographie als auf das lebenslange Lernen fokussiert ist. Konsequent werden dadurch die mit dem Enstehen der sog. Wissensgesellschaft einhergehenden Veränderungen der gesellschaftlichen Grundlagen von Bildung weitergeführt. Das dritte Kapitel ergänzt die grundlagentheoretische Diskussion durch einen diskursanalytisch inspirierten Zugriff. Die hier vorgeschlagene Orientierung an den Arbeiten von Michel Foucault ist durch die damit verbundenen Möglichkeiten, implizite normative Annahmen kritisch gegenzulesen, begründet. Diskursanalyse geht es schließlich darum, das sichtbar zu machen, was das Reden über einen Gegenstand konstitutiv macht, nämlich die Wissens- und Machteffekte. Anhand der diskursiven Formationen OER und MOOCs wurde dem detailliert nachgegangen. Als empirische Basis wurden im Fall von Open Educational Resources wichtige Reports und Erklärungen, sowie für die MOOCs die mediale Berichterstattung der New York Times gewählt. So wurden zwei beispielhafte Versuche, soziale Wirklichkeit zu konstruieren, dargestellt, die mit je unterschiedlichen Machteffekten auf das Individuum und auf Organisationen einhergehen. Im abschließenden vierten Kapitel wurde der zuvor theoretisch und philosophisch ausgelegte Argumentationsfaden zurück auf einen konkreten Gegenstand, die Hochschule im diskursiven Spannungsfeld zwischen Tradition und Aufbruch, bezogen. Das vielschichtige Stimmengewirr wurde geordnet dargestellt als Innen-, Außenperspektive und der Position des strategischen Sprechens und konnte so die je eigene Diskursposition herausstellen. Dabei zeigen sich höchst unterschiedliche Verweise auf Open Education, die – wie im Beispiel der Innenperspektive – eher verkümmert artikuliert werden. Dagegen steht die strategischopportunistische Verwendung innerhalb der Außenperspektive, wobei es mehr um Zerschlagung als Erneuerung der Hochschule geht. Eine ausgleichende Rolle nimmt die Perspektive des strategischen Sprechens ein, die von einem reflektierten Verständnis der Idee von Universität daran geht, diese vor dem Hintergrund der Digitalisierung weiterzudenken. Mit der Übersichtsdarstellung der tentativen Architektur offener (digitaler) Hochschulbildung werden die vielschichtigen Entwicklungen verdichtet, entlang eines Codes von Offenheit in den Ausprägungen hoch, mittel und gering. Die Abstufungen gehen mit unterschliedlichen Werthaltungen zum Thema Öffnung bestimmter Handlungs- und Geschäftsfelder einher und sind oft von experimentellem Charakter (z.B. als Pilotprojekt) geprägt. Dieser Zustand wird sicherlich noch einige Jahre anhalten, bis eine Konsolidierung bestimmter Praktiken, wie etwa die Anerkennung von MOOCs und deren Anrechnung in Form von Credit
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Points, erreicht ist. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung dürfte dabei die Bereitschaft zur Kooperation, sowohl mit anderen Hochschulen als auch mit außeruniversitären Einrichtungen, sein. Aus den USA gibt es hierzu einige vorbildgebende Beispiele, wie etwa die Global Freshman Academy als Zusammenschluss der Arizona State University und der MOOC-Plattform edX. In einem kurzen, kursorischen Ausblick werden nun die jüngsten Entwicklungen zur Öffnung und Digitalisierung von Bildung mit der vorgeschlagenen tentativen Architektur abgeglichen und kritisch kommentiert. Prinzipiell ist die aktuell hohe Intensität an bildungs- und hochschulpolitischen Aktivitäten auf Landes- und Bundesebene begrüßenswert, versuchen sie doch den von der Bundesregierung 2013 mit der Digitalen Agenda gesetzten Schwerpunkt in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Auf der anderen Seite schlagen dabei auch die Besonderheiten politischer Regulierungen in einem förderalen System durch. So gibt es auf Landesebene sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten, mit denen die Digitalisierung bearbeitet wird. Ein Positivbeispiel ist dabei die Initiative „Lernen im digitalen Wandel: Bildung 4.0“1 in Nordrhein-Westfalen, die von November 2015 bis April 2016 als Bürgerdialog mit verschiedenen, zum Teil auch digitalen, partizipativen und kollaborativen Formaten ausgelegt war und die die in der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vom 29.01.2015 skizzierten Vorstellungen fortführt2. Ziel war es, ein Leitbild für digitale Bildung zu entwickeln, das für die Landesregierung strukturleitend ist und aus dem sich Maßnahmen für zukünftige Projekte ableiten. Ungeachtet der Frage, inwieweit ein Leitbild für digitale Kommunikations- und Kollaborationsprozesse in einem regional begrenzten Bereich Sinn macht – die Digitalisierung kennt keine räumlichen und zeitlichen Begrenzungen – fand hier ein intensiver Austausch zwischen Politik und der interessierten Öffentlichkeit statt. Andere Bundesländer sind noch in einem Anfangsstadium bzw. Findungsprozess, etwa Niedersachsen, wo es im April zu einer Anhörung zum Antrag der CDU-Fraktion „Digitale Lehre “ auflegen – Online-basierte Lehre an niedersächsischen Hochschulen stärken!“ kam3. Weniger offen im Vergleich zu „Bildung 4.0“ in NRW war dagegen die gerade vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Kultusministerkonferenz veranstaltete Tagung „Digitaler Wandel in der Bildung: Perspektiven für Deutschland“, obschon viele relevante „Stakeholder“ eingeladen
1
https://www.bildungviernull.nrw/landnrw/de/home
2
https://www.land.nrw/sites/default/files/asset/document/regierungserklaerung_mp_ kraft_vor_dem_landtag_29_01_2015.pdf
3
Siehe dazu https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/17-41 77.pdf
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waren. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass es bislang zu viele „Insellösungen“ im Bereich digitaler Bildung gab und es nun einer „strategischen Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“ bedarf. Interaktionsmöglichkeiten sind wenige vorhanden, die Politik gibt klar den Takt vor und setzt sich durch die hochgestecken Erwartungen selbst unter Druck. Dem Vorpreschen des strategischen Diskurses lässt sich durch eine stärkere Positionierung der Innenperspektive begegnen und kann für eine bildungstheoretische und -philosophische Absicherung der mit digitalen Bildung vertretenen Thesen sorgen. Gefordert sind hier nicht nur Entgegnungen der notorischen Inanspruchnahme von Humboldt durch VertreterInnen außerhalb der Bildungswissenschaft (exemplarisch Dräger & Müller-Eiselt, 2015) – damit ist nicht gesagt, dass Humboldt nur von FachexpertInnen verstanden werden kann, sondern es geht um die bewusste Instrumentalisierung bzw. Umcodierung für Zwecke, die den ursprünglichen Bildungsprinzipien widersprechen – sowie neue bildungstheoretische Denkmodelle, die der Komplexität von Digitalisierung, Virtualisierung und Mediatisierung Rechnung tragen. Die Bildungswissenschaft ist aufgerufen, sich jenseits der Theoriebildung mehr als bisher in öffentliche Debatten einzumischen und klar Position zu beziehen. Das beginnt bereits bei der von Politik und Wirtschaft unisono proklamierten herausragenden Bedeutung von (digitaler) Bildung, ohne jedoch entsprechend aufzuschlüsseln, mit welchem Bildungsbegriff gearbeitet wird. Im Sinne einer bildungswissenschaftlich informierten Debatte wäre hier Aufklärungsarbeit zu leisten und die unterschiedlichen Schattierungen des philosophischen Konstrukts Bildung einzuführen und nach Möglichkeiten der „digitalen Übersetzung“ zu suchen. So finden sich beispielsweise im Digitalmanifest4 Bezüge zum Thema Datenschutz und -souveränität, die eine hohe gesellschaftliche Relevanz haben und gewissermaßen leitmotivisch für die Diskussion zu digitaler Bildung in Deutschland stehen. Was dann aber fehlt im Manifest ist eine Reflexionsebene, die sich mit der produktiven Bearbeitung der neuen digitalen Herausforderungen beschäftigt, die weder dystopisch noch utopisch argumentiert, sondern vor dem Hintergrund bildungsphilosophischer Denkmodelle und -traditionen eine Neubestimmung der Möglichkeiten (und Grenzen) des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Bildung in der digitalen Welt vornehmen. Unter dem Stichwort des digitalen Humanismus findet sich ein Ansatzpunkt, der ebenfalls einer weiteren, und vor allem breiteren bildungstheoretischen Rezeption bedarf. Die anzunehmenden Auswirkungen der Digitalisierung sind zu weitreichend, als dass sich die Bildungswissenschaft hier länger zurückhalten kann:
4
http://www.spektrum.de/pdf/digital-manifest/1376682
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„Denn was entsteht aus der zunehmenden Digitalisierung der Menschen? Ist die zukünftige Summe der persönlichen Daten eines Menschen immer noch ein Haufen von Objekten? Oder wird daraus mehr, eine Art digitale Persönlichkeit, die sich vom Menschen nicht mehr bezugslos denken lässt? […] Ein radikales Umdenken ist daher notwendig. Und wenn die Digitalisierung des Menschen irreversibel ist, kann die einzige Lösung nur der rigorosen Humanisierung der Struktur und Kultur der digitalen Gesellschaft sein. Eine Art digitalhumanistische Wende, die den technischen Fortschritt streng dem Ziel der Pflege der Menschenwürde unterordnet5.“ Was hier und an anderer Stelle (z.B. Sassen, 2002) durchschimmert, ist die Forderung nach neuen Begriffen, mit denen die Komplexität und die Konsequenzen fortschreitender Digitalisierung semantisch eingefangen werden können. Mit dem im Kapitel vorgestellten Konzept der Hybridität liegt ein Ansatz vor, der von der empirischen und theoretischen Bildungswissenschaft systematisch weiter auszuarbeiten ist. Dabei geht es darum, die bisherige Aporie – Digitalisierung als Retter/Revolution oder als Abgesang der Bildung – nicht weiter fortzuschreiben, sondern zu überwinden und produktiv zu machen. Auch im Hinblick auf neue didaktische Konzepte zur digitalen Bildung ist die Bildungswissenschaft als klassische Stichwortgeberin betroffen. So taucht in vielen Verlautbarungen der Bildungspolitik immer wieder der Hinweis auf den „Primat der Didaktik“ auf, als Selbstvergewisserung zur Eindämmung der Technik: „Entscheidend ist dabei nicht, wie häufig oder wie lange die digitalen Technologien genutzt werden, sondern dass sie mit der bestehenden Didaktik klug verknüpft werden6“. Dieser Reflex – jede bildungstechnologische Innovation muss sich der Didaktik unterordnen – birgt jedoch die Gefahr, Didaktik zu verabsolutieren und dadurch Innovationen vorschnell als pädagogisch nicht wertvoll abzutun. Es braucht hier eine Offenheit und die fortgesetzte Bereitschaft, sich auf technologische Neuerungen einzulassen, da diese in zunehmenden Maße die Lebenswirklichkeit bestimmen. Aus theoretisch-konzeptioneller Sicht wurde dazu der „Offenheitscode“ eingeführt, als granular ansteigende Öffnungsgrade (niedrig, mittel, hoch), denen sich die Hochschule verpflichten kann. Dabei transportiert der Offenheitscode auch das geänderte Rollenverständnis von Hochschule als Einrichtung, die mehr Zugang und mehr Partizipationsmöglichkeiten bietet.
5 6
https://netzpolitik.org/2015/digitalhumanismus/ https://www.kmk.org/aktuelles/artikelansicht/auf-dem-weg-zum-digitalen-lernen-undlehren.html
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Im Hinblick auf die nächsten Schritte der Digitalisierung von Bildung ist es für Hochschulen wichtig, den politischen und ökonomischen Forderungen sowie technologischen Möglichkeiten in ihrem eigenen Code, d.h. dem Offenheitscode, zu begegnen. Eigen deshalb, da sich Offenheit erkenntnistheoretisch und wissenschaftshistorisch aus dem Bildungsbegriff sowie aus den kulturelltechnologischen Innovationen (Open Source, Open Access) herleiten lässt. Beide – Bildungsbegriff und offene Technologie – sind inhärent kompatibel mit der Konstitution der Hochschule, im Unterschied zu Parametern des ökonomischen Codes. Offene Bildung scheint zum vereinigenden Konsens geworden zu sein – „In fact, openness is now such a part of everyday life that it seems unworthy of comment“ (Weller, 2014, S.2) –, wird allerdings mit unterschiedlichen Zielen verknüpft: Die Politik verbindet damit in erster Linie mehr Chancengerechtigkeit und Teilhabe, während es die Wirtschaft zu Vertriebs- und Marketingoffensiven neuer smarter Lösungen nutzt. Diese Ziele stehen in einem latenten Spannungsverhältnis zueinander. Eine Auflösung erscheint angesichts der steigenden Bedeutung digitaler Bildung eher utopisch. Produktiver ist es, die unterschiedlichen Bedeutungsauslegungen offenzulegen und ihre bildungsphilosophischen Implikationen klar zu benennen. Weiterhin wäre es im Sinne einer Rückgewinnung der Deutungshoheit im Diskurs zu empfehlen, dass sich Hochschulen öffentlichkeitswirksam zum Offenheitscode bekennen und ihre jeweilige Position entlang der Achsen Zugang-Didaktik-Zertifizierung in den Ausprägungen hoch-mittelgering bestimmen. Damit könnte auch ein Zurückfallen in die ausgetretenen Pfade der Geschichtswiederholung – damit gemeint ist die seit über 20 Jahren zu beobachtende Tendenz der Wiederholung von hohen Erwartungen und dann einsetzender Enttäuschung im Kontext von mediengestützter Lehre – verhindert werden. Mit neuen Offenheitsstandards ist die Hoffnung verbunden, auch neue Standards in der digitalen Bildung zu erlangen, die allerdings weder durch verordneten Zwang (von Hochschulleitung und Politik) noch durch das reine Vertrauen auf die Selbsterkenntnis der beteiligten AkteurInnen zu schaffen sein wird.
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Bewegung und Gesundheit in der Kita Analysen und Konzepte für die Praxis 2016, 248 S., kart. 19,99 € (DE), 978-3-8376-3485-3 E-Book: 17,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3485-7
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Heidrun Allert, Michael Asmussen, Christoph Richter (Hg.)
Digitalität und Selbst Interdisziplinäre Perspektiven auf Subjektivierungs- und Bildungsprozesse 2017, 268 S., kart. 29,99 € (DE), 978-3-8376-3945-2 E-Book: 26,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3945-6
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