Nominalisierungen und Argumentvererbung im Deutschen und Ungarischen [Reprint 2013 ed.] 9783110960914, 9783484304499

The study sets out to contribute to the ongoing discussion on the question whether or not the domain of morphology is a

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German Pages 223 [228] Year 2002

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Liste der Abkürzungen
Vorwort
0. Einleitung
1. Nominalisierungen und A-Vererbung
2. Die -er-Nomina des Deutschen
3. Die -ó/-ő-Nomina des Ungarischen
4. Vergleichende Aspekte
5. Zusammenfassung
6. Anhang
7. Literatur
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Nominalisierungen und Argumentvererbung im Deutschen und Ungarischen [Reprint 2013 ed.]
 9783110960914, 9783484304499

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Linguistische Arbeiten

449

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Hans Jürgen Heringer, Ingo Plag, Heinz Vater und Richard Wiese

Imre S zig e ti

Nominalisierungen und Argumentvererbung im Deutschen und Ungarischen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2002

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Szigeti, Imre: Nominalisierungen und Argumentvererbung im Deutschen und Ungarischen / Imre Szigeti. Tübingen : Niemeyer, 2002 (Linguistische Arbeiten ; 449) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-484-30449-9

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag G m b H , Tübingen 2002 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck G m b H , Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Nädele, Nehren

Inhaltsverzeichnis

Liste der Abkürzungen

vii

Vorwort

ix

0. Einleitung

1

1. Nominalisierungen und A-Vererbung 1.1 Der lexikalistische Ansatz 1.2 Der nicht-lexikalistische Ansatz 1.2.1 Rappaport& Levin (1992) 1.2.2 Fanselow (1988,1991) 1.3 Zum Projektionsproblem 1.4 Semanüsche Theorien der Theta-Rollen 1.4.1 Bierwisch (1983,1989) 1.4.2 Dowty (1991) 1.5 Ein konzeptueller Ansatz 1.6 Zur Veibklassifikation 1.7 Zu den Daten 1.8 Grundannahmen und Hypothesen 1.9 Zusammenfassung

7 8 12 12 16 19 21 21 23 25 29 39 41 44

2. Die -er-Nomina des Deutschen 2.1 Die Grundlagen 2.2 Bildungseinschränkungen für die -er-Derivation 2.3 Zwischenbilanz 2.4 Nomina Acti 2.4.1 Die Basen 2.4.2 Argumente 2.5 Nomina Patientis 2.6 Nomina Agentis 2.6.1 Die Basen 2.6.2 Argumente 2.7 Nomina Instrumenti 2.7.1 Die Basen 2.7.2 Argumente 2.8 Zusammenfassung

45 45 54 64 66 66 71 74 77 78 83 89 90 91 94

3. Die-ó/-o-Nomina des Ungarischen 3.1 Die Grundlagen 3.2 Bildungseinschränkungen für die -ó/-ó'-Derivation 3.3 Zwischenbilanz

97 97 104 116

vi

3.4

Nomina Agentis 3.4.1 Die Basen 3.4.2 Argumente 3.5 Nomina Instrumenti 3.5.1 Die Basen 3.5.2 Argumente 3.6 Nomina Actionis 3.6.1 Die Basen 3.6.2 Argumente 3.7 Lokative Lesarten 3.7.1 Zu den Basen 3.7.2 Argumente 3.8 Zusammenfassung

117 118 127 132 132 135 138 139 140 146 147 150 152

4. Vergleichende Aspekte 4.1 Klassenspezifische (Kl-K9) Aspekte 4.2 Sonstige Bemerkungen 4.3 Strukturelle Einordnung 4.4 Konzeptuelle Deutung 4.4.1 Grundlegendes 4.4.2 Modifizierung der KS der Basis

157 157 162 163 172 172 176

5. Zusammenfassung

181

6. Anhang 6.1 Fallstudien zu den Besonderheiten der ungarischen DP/NP 6.1.1 Szabolcsi (1992, 1994) 6.1.2 Laczkó (1987, 1995) 6.2 Die erstellten BEs, Generalisierungen und Tendenzen 6.3 Korpora 6.3.1 Deutsch 6.3.2 Ungarisch

183 183 183 187 193 198 198 203

7. Literatur

209

Liste der Abkürzungen

APA APO APT art. AS, Α-Struktur ASF ASN A-Vereibung BE BT CEN D° DP EN ERN FOPC KBE KC Komp. KS LF LFG LLF LMT MF MSK N° NA NAC NAG NI NLOC NMSK NP NPA ON PF PP präf. ProdP ProP

adjektivisches Partizip mit -andô/-endô im Ungarischen adjektivisches Partizip mit -o/-ö im Ungarischen adjektivisches Partizip mit -t/-tt im Ungarischen Artikel Argumentstruktur Argumentstruktur-Familien -ós/-ás-Nomina im Ungarischen Argumentvereibung Bildungseinschränkung -bar-Tesi Nomen mit komplexer Ereignisstruktur (engl.: complex event nominal) Kopf der DP Determinativphrase (funktionale Projektion) Ereignisnominalisierung (engl.: event nominalization) -er-Nomen im Deutschen First Order Projection Condition Konzeptuelle Basiseinschränkung Kategoriale Charakterisierung Komposition Konzeptuelle Struktur (eng.: conceptual structure (CS)) Logische Form Lexical-Functional Grammar Lexico-Logical Form Lexical Mapping Theory Morphologische Form Minimaler syntaktischer Kopf (auch: MSH) nominale Kopfkategorie Nomina Acti Nomina Actionis Nomina Agentis Nomina Instrumenti Nomina mit lokativer Lesart (Nomina Loci) Nicht-minimaler syntaktischer Kopf (auch: NMSH) Nominalphrase Nomina Patientis -ó/-ó'-Nomen im Ungarischen Phonologische Form Prä-/Postpositionalphrase Präfix Produktivitätsprinzip Projektionsprinzip

Vili ProjT RHR RN SEN SES SLH SorS Spec suff. TS Vo VAB VP WB ZES

Projektionstheorem Righthand Head Rule Resultatsnomina(lisierung) (engl.: result nouns) Nomen mit einfacher Ereignisstruktur (engl.: simple event nominal) Semantische Struktur (engl.: semantic structure) Starke Lexikalistische Hypothese Sortales System Spezifikator (engl.: specifier) Suffix Thematische Struktur (engl.: thematic structure (TS)) verbale Kopfkategorie Verb-Argument-Beziehung Verbalphrase Wortbildung Zwei-Ebenen-Semantik

Vorwort

Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer langjährigen Beschäftigung mit Nominalisierungen und ihrer Wirkung auf das Verhalten der Wortbildungsprodukte. Dass diese Albeit im Buchformat vorliegt, ist der Hilfe Vieler zu verdanken. An erster Stelle möchte ich Marga Reis (Tübingen) meinen herzlichen Dank aussprechen für Ansporn, Kritik und Förderung, die mir seit meinem ersten Studienaufenthalt in Tübingen (im WS 1991/92) von ihrer Seite entgegengekommen sind. Ohne ihre Unterstützung wäre dieses Buch in dieser Form nie entstanden. Tilman N. Höhle (Tübingen) fühle ich mich für seine kritischen Bemerkungen zu den Vorarbeiten dieses Buches in Dankbarkeit verbunden. Mein besonderer Dank gebührt Heinz Vater (Köln), der das vorgelegte Manuskript begutachtet, nützliche Hinweise zur Überarbeitung gegeben und seine Aufnahme in der Reihe 'Linguistische Arbeiten' vielfach unterstützt hat. Jörg Meibauer (Mainz) danke ich für Freundschaft, Anregung und Humor und für seine ständige Bereitschaft, mir in den kritischen Momenten des Lebens und der Linguistik mit Rat und Tat beizustehen. Ferenc Kiefer (Budapest) bin ich für seine unermüdliche Aufmerksamkeit, mit der er die Entstehung der Arbeit in jeder Hinsicht förderte und vorantrieb, dankbar. Für die großzügige Unterstützung meines Studienaufenthaltes am Deutschen Seminar der Universität Tübingen (April 1994 - Dez. 1996) bin ich der Soros Foundation, Budapest und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst, Bonn zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Die Arbeiten an der vorliegenden Form des Buches wurden Mitte 1999 abgeschlossen, nach diesem Zeitpunkt veröffentlichte Werke konnten daher hier nicht berücksichtigt werden. Zu einigen dieser Veröffentlichungen habe ich inzwischen in selbständigen Aufsätzen Stellung genommen. Aus erfreulichem Anlass widme ich dieses Buch meiner früheren akademischen Lehrerin Piroska Kocsány (Debrecen) zu ihrem 60. Geburtstag, der ich im Wesentlichen die Anregung verdanke, sich mit germanistischer und allgemeiner Linguistik zu beschäftigen.

Püiscsaba, im April 2001

Imre Szigeti

0. Einleitung

In dieser Aibeit geht es - generell gesagt - um die Beziehung zwischen der Argumentstruktur (im Folgenden: AS) deveibaler Nominalisierungen und der der ihnen zu Grunde liegenden Verben, wobei unterstellt wird, dass diese Beziehung das syntaktische und morphologische Verhalten der resultierenden Nomina beeinflusst. Eine alles umfassende (generelle) Antwort auf diese Frage kann jedoch hier nicht versucht werden, da die Untersuchung (der) verschiedener^) Sprachen (der Welt) im Hinblick auf diese Fragestellung noch aussteht. Womöglich kommt man aber einer Antwort näher, wenn man deverbale Nomina typologisch unterschiedlicher Sprachen näher unter die Lupe nimmt. Vor diesem Hintergrund beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf einen Vergleich Deutsch-Ungarisch. Als Untersuchungsgegenstand dienen solche Muster der Nominalisierung, deren Suffixe in der Wortbildung als gut untersucht gelten. So wurden im Deutschen Nominalisierungen, die mit den Suffixen -er bzw. -ung gebildet werden, in bezug auf ihre Rolle in der Wortbildung eingehend diskutiert. Ähnliches gilt für vergleichbare Nomina des Ungarischen: sowohl deverbale Nomina mit -ό/-δ (im Folgenden: ON) als Gegenstück zu den deutschen -er-Nomina (im Folgenden: ERN), als auch solche mit -ás/-és (ASN) als Entsprechungen zu den -wwg-Nomina (UNGN) gehören zu den meistuntersuchten Gegenständen der deverbalen Nomenbildung. Ich konzentriere mich jedoch aus folgenden Gründen auf einen Vergleich zwischen den ON des Ungarischen und den ERN des Deutschen: • Da das Suffix -o/-ö im Ungarischen sowohl zur Bildung von adjektivischen Partizipien (im Folgenden: APO) als auch zur Bildung von deveibalen Nomina dient, muss eine Analyse der ON auch die möglichen Gemeinsamkeiten mit den APO ausloten, und gleichzeitig versuchen, diesen gerecht zu werden. ON sind in dieser Hinsicht weitgehend vernachlässigt: sofern überhaupt über nominale Elemente mit -ό/-δ im Hinblick auf die Vererbung der Argumente der jeweiligen Basen Aussagen gemacht werden, sind zumeist nur APO berücksichtigt. Von daher ist eine detaillierte Untersuchung der ON angebracht. • In der einschlägigen Literatur herrscht die einhellige Auffassung, dass die adjektivischen Partizipien mit -o/-ö alle Argumente ihrer Basen übernehmen mit Ausnahme des externen Arguments, da dieses meistens den nominalen Kopf darstellt, vor dem APO auftreten. Im Ungarischen gibt es außerdem Adjektive, die eine homonyme Form mit APO aufweisen. Diese haben die Eigenschaft, dass bei ihnen keine Argumente der Basen stehen können. Das ist deshalb etwas kurios, weil beide - APO und Adjektive - gleichermaßen als [+V] charakterisiert werden können. Genauer gesagt weisen adjektivische Partizipien die Spezifizierung [+V; +N] auf. Sie verhalten sich aber im Falle der A-Vererbung wie Verben, obwohl Letztere nicht das Merkmal [+N] besitzen. Dies legt nahe, dass die Möglichkeit der Α-Realisierung mit Sicherheit nicht vom veibalen Charakter per se abhängt. Nimmt man nun eine Achse mit Adjektiven und APO als jeweiligen Endpunkten an, so sind ON als Zwischenglied auf dieser Achse zu verstehen.1 Sie bilden eine Art 'Übergang' von Adjektiven (die kein Argument der Basis projizieren) zu den APO (die alle Argumente der Basis übernehmen). Für dieses Zwischenglied sind dann besondere Eigenschaften der ARealisierung charakteristisch, die einzeln ausgelotet werden sollen. 1

Zur ausführlichen Diskussion dieser Idee vgl. Komlósy (1992: 386fF).

2 • In der Fachliteratur werden vorwiegend -««g-Nomina bzw. -asZ-es-Nomina diskutiert, wenn es sich um die Vererbung von Argumenten handelt.2 ERN bzw. ON wurden nur sporadisch untersucht (cf. Meibauer (1995) und Levin & Rappaport (1992) bzw. einige Randbemerkungen in Laczkó (1995)) und sind bisher nicht in ein umfangreiches (allgemeines) Bild über A-Vererbung eingefugt worden. Bei den ERN sind vier Lesarten zu unterscheiden: Nomen Acti (NA), Nomen Agentis (NAG), Nomen Instrumentalis (NI) und Nomen Patientis (NPA). Von diesen sind jedoch nur NAG und NI ausfuhrlich untersucht worden. Im Bereich der ungarischen ON gibt es ebenfalls vier Lesarten der Nomina: neben NAG und NI findet man Nomen Actionis (NAC) und Nomen Loci (NLOC). Ein ausführlicherer Vergleich unter diesem Gesichtspunkt könnte einen wichtigen Beitrag leisten und gleichzeitig fruchtbare theoretische Einsichten mit sich bringen. Bei näherer Untersuchung fallt auf, dass bei der Mehrheit der charakteristischen Daten in beiden Sprachen eine morphologische und eine syntaktische Position tangiert sind. So läßt sich z.B. unter der Annahme der A-Vererbung die Spezifizierer-Konstituente von Altertumsforscher, i.e. Altertum, auch außerhalb der Wortgrenze, also in der Syntax projizieren: der Forscher des Altertums? Ähnliches gilt beispielsweise für vergleichbare ungarische Beispiele wie könyvkiadö (Buchverleger) bzw. a könyv kiadója (der Verleger des Buches). Dadurch liegt eine Schnittstellenproblematik in Bezug auf Syntax vs. Morphologie vor. Will man die Beschaffenheit dieser Schnittstelle näher charakterisieren, muss zunächst folgende Frage gestellt werden: (0-1 ) Wie beeinflusst die zu Grunde liegende Α-Struktur der Basen das syntaktische und das morphologische (d.h. das die Komposition betreffende) Verhalten der resultierenden deverbalen Nomina?

Abgesehen davon, dass man auf diese Frage mit Sicherheit keine Antwort geben kann, die alle Sprachen, alle Argumente oder gar alle Suffixe berücksichtigt, läßt sich (0-1) unter dem Aspekt der A-Vererbung in weitere, speziellere Teilfragen aufspalten. So werden in der vorliegenden Arbeit ausschließlich Suffigierungsbeispiele, bei denen ein relationales (deverbales) Nomen entsteht und als Kopf fungiert, diskutiert.4 (Wenn auch im Folgenden allgemein von Suffigierung die Rede sein wird, sind stets Wortbildungsprozesse gemeint; d.h. Suffigierung, die syntak-

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Paradebeispiele hierfür sind Laczkó (1987, 1995) bzw. Komlósy (1992, 1994), die zwar wesentliche Einsichten über A-Vererbung bei ASN formulieren, die gleiche Frage jedoch bei den ON und den APO so gut wie ausklammern. (Hinter dem Ausdruck Ά-Vererbung' bzw. 'Argumentvererbung' verbirgt sich prätheoretisch die Vorstellung, dass die jeweiligen Argumente der den Nominalisierungen zu Grunde liegenden Verben an die resultierenden deverbalen Nomina weitergereicht, i. e. vererbt werden, so dass solche Nomina klar relational sind, und die geerbte AS auch projizieren können (müssen). Zur näheren Bestimmung komme ich weiter unten.) In Anlehnung an Roeper (1987) werde ich Erstkonstituenten von Komposita auch als Spezifizierer bezeichnen. Bereits hier wird der erste Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Ungarischen sichtbar. Im Ungarischen ist der morphologische Prozess der Suffigierung (Derivation) der einzige, der mit Wortartwechsel einhergeht. Im Deutschen ruft neben diesem auch die suffixlose Derivation einen Wortartwechsel hervor. In der vorliegenden Arbeit bleibt diese letztere WB-Art unberücksichtigt. Eine Umformulierung der Ausgangsfrage (cf. 0-2) in Bezug auf diese Tatsachen soll jedoch nicht heißen (auch nicht implizieren), dass dies ein durchgängiges Muster aller natürlichen Sprachen ist.

3 tische Agreement-Verhältnisse herstellt, i.e.S. Flexion, wird hier ausgeklammert.) Es ergibt sich also die Frage, wie das Verhältnis zwischen dem Suffix und der Basis, zu der es tritt, geartet ist: (0-2) Wie beeinflusst die Suffigierung die A-Vererbung? a. Was für ein Verhältnis besteht zwischen einem Derivationssuffix und der (seiner) Basis im Allgemeinen?

Es gehört auch zu den Grundannahmen dieser Arbeit, dass Affixe im Lexikon - im Sinne von Selkirk (1982) und nachfolgender Literatur - über eigene Lexikoneinträge verfügen. In einem Lexikoneintrag sind (mindestens) folgende Informationen über die jeweilige lexikalische Einheit spezifiziert: phonologische Merkmale, syntaktische Merkmale, Theta-Raster und semantische Information.5 Besonders wichtig sind in unserem Zusammenhang das Theta-Raster, weil dort die thematische Struktur (TS) des lexikalischen Elements repräsentiert ist, und die semantische Form, wo auf die zu Grunde liegende Konzeptuelle Struktur (i.F.: KS) Bezug genommen wird: in Anlehnung an Dowty (1991) wird geltend gemacht, dass beide eine unifizierte Menge bilden. Streng genommen bezieht sich also die Annahme der A-Vererbung darauf, dass (mindestens) TS des zu Grunde liegenden Verbs an das Derivat vererbt wird.6 In der semantischen Form (SF) bringt jedoch ein Suffix m.E. kein eigenes Konzept mit sich, sondern sie ist als eine 'Anweisung' zu verstehen, „das Konzept seiner Basis so zu modifizieren, dass das Derivat ein verändertes Konzept aufweist".7 Die SF des ungarischen -ó/-ó'-Suffixes beispielsweise enthält die möglichen Zielkonzepte, die durch die Suffigierung entstehen können, bzw. Informationen darüber, wie bei einer gegebenen TS der Basis die Argumente und die ihnen zu Grunde liegende Konzepte umstrukturiert werden, damit sie mit dem entstandenen Zielkonzept kompatibel sind. Ähnliches gilt - mit den nötigen Änderungen - für das -er-Suffix des Deutschen. Da nun alle Lexikoneinträge uniform aufgebaut sind, unabhängig davon, ob die lexikalische Einheit in morphologischer Hinsicht frei oder gebunden vorkommt, ist der generellen Frage in (0-2a) eine spezielle nachzustellen, die sich nur auf das Verhältnis der TS der beiden lexikalischen Elementen (der Basis und des Suffixes) bezieht: (0-2) b. Was fur eine Relation besteht zwischen der TS des Suffixes und der der Basis im besonderen?

Wenn jedoch angenommen wird, dass Argumente vererbt werden können, wobei die AS des Suffixes im Allgemeinen nie syntaktisch (oder morphologisch) sichtbar wird, bzw. dass die jeweilige AS die Schnittstelle zwischen SF und KS bildet, muss man konsequenterweise auch die Frage (0-3) stellen: (0-3) Was ist die eigentliche semantische Funktion der Wortbildungssuffixe (WB-Suffixe)?

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Zu unterschiedlichen Auffassungen darüber, was in einem Lexikoneintrag spezifiziert sein muß, vgl. Höhle (1978), Olsen (1986), Bierwisch (1983) und Bierwisch (1989). Ob es sich dabei um die unveränderte Übernahme der thematischen Struktur handelt oder nicht, wird weiter unten diskutiert. Als erste Evidenz sollte berücksichtigt werden, dass im Laufe der Suffigierung alle anderen Bestandteile der Charakterisierung eines lexikalischen Elements eine Änderung erfahren. So werden nur Teile der phonologischen Charakterisierung beibehalten; die syntaktischen Merkmale werden umspezifiziert und die semantische Interpretation erfolgt in der Interaktion mit dem jeweiligen Suffix. Das deutet an, dass auch das Theta-Raster nicht unverändert bleibt. Zitiert nach Meibauer (1995: 12).

4 Die Fragen von (0-1) bis (0-3) sind die wesentlichen Fragen dieser Arbeit. Die Methode, durch welche die Antwort auf diese Fragen gesucht wird, scheut nicht den Rückgriff auf traditionelle Analyseverfahren: Es werden zunächst relativ große Mengen von Daten deskriptiv untersucht, anhand deren Generalisierungen und Tendenzen festgestellt werden (können). In einem nächsten Schritt werden diese miteinander unter theoretischem Aspekt in Verbindung gebracht. Mit dieser Auffassung weiche ich absichtlich von der in der Literatur praktizierten Methode ab, wo man häufig einen anderen Weg der Analyse gewählt hat. Es wurden zunächst theoretische Annahmen gemacht, und die Daten in einem zweiten Schritt in Bezug auf diese Annahmen ausgewertet. Dabei wurden (und werden) nur gewisse 'Offenbarungen' wahrgenommen und diskutiert. Solche sind beispielsweise, (a) dass im Deutschen das -er-Suffix mit einer ThetaRolle eines Arguments der verbalen Basis korrespondiert (oder eines dieser Argumente sättigt);8 (b) dass Agens-Argumente nie in der Spec-Position von Komposita auftreten; (c) dass die thematischen Verhältnisse innerhalb eines Kompositums dem (syntaktischen) Projektionsprinzip (im Folgenden auch: ProP) entsprechend geregelt werden (wobei die Funktionsweise des ProP im morphologischen Bereich noch nie ernsthaft diskutiert wurde);9 und (d) dass die Unterscheidung zwischen Ereignis- und Resultatsnomina (EN vs. RN) ausreicht, die Besonderheiten der Α-Realisierung im nominalen Bereich in den Griff zu bekommen. Den Ideen (a), (b) und (d) werde ich in den einschlägigen Kapiteln detailliert nachgehen. Vor diesem Hintergrund mag im Übrigen nicht verwundern, dass die Ausbuchstabierung der Wirkung der einzelnen Suffixe auf die Vererbung von Argumenten noch aussteht: Allein schon (c) konterkariert eine der am weitesten akzeptierten Annahmen der Forschung der letzten Jahrzehnte, nämlich die sog. 'Starke Lexikalistische Hypothese' (SLH), die ich hier in Wieses (1996: 183) Formulierung wiedergebe: (0-4) Strong Lexicalist Hypothesis (SLH) Regularities for the WORD do not overlap with the regularities of the domain PHRASE. Ein Argument, das innerhalb einer morphologischen Einheit (Kompositum) realisiert ist, sollte demnach für die Syntax unsichtbar sein (i.e. es ist syntaktischen Operationen unzugänglich). Argumente sind jedoch typischerweise sichtbare Elemente der Syntax. Nun zeigen Fakten, die der Wortbildung und somit der Morphologie zugerechnet werden (man denke an Rektionskomposita wie z.B. Auftraggeber), dass die beiden Bereiche - Morphologie und Syntax - hier nicht so scharf getrennt werden können, wie man das gerne hätte. Insbesondere interagiert die Realisierung kompositumsinterner Konstituenten (Anliegen der Morphologie), die durch eine thematische Rolle der jeweiligen Basis gedeutet werden können, mit der syntaktischen Realisierung derselben Argumente. Kompositumsintern realisierte Argumente werden in der Syntax nicht mehr projiziert, und umgekehrt. Das ist ein Problem der gängigen Analysen, das unabhängig davon ist, ob es A-Vererbung in der Tat gibt oder nicht (oder: ob sie angenommen wird oder nicht). Diese Situation deutet an, dass die SLH womöglich zu stark ist. Sie muss aufgebrochen werden: Zwar geht einerseits die morphologische Ableitung der syntaktischen voran, sie muss aber andererseits für die Syntax auf jeden Fall zum Teil sichtbar sein, um (auch) die 8

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Diese Annahme ist im Übrigen erstaunlich weit verbreitet. Für die mit dem deutschen -er vergleichbaren Suffixe findet man sie im Englischen (Rappaport & Levin (1992)) und Ungarischen (Kiefer (1992a, b) genauso wie im Neugriechischen (Kakouriotis (1993), Di Sciullo & Ralli (1994)). Gegen diese Auffassung vgl. Szigeti (1996b, 1998). Die Probleme des Projektionsprinzips sind kein zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit. Sie wurden in Szigeti (1998) ausführlich diskutiert.

5 Projektion bereits kompositumsintern projizierter Konstituenten in der Syntax zu unterbinden.10 Den oben angeführten Fragen und den angeschnittenen Problemen, die sich damit verbinden, wird wie folgt nachgegangen. In Kapitel 1 schildere ich zunächst die wesentlichen Auffassungen, die sich spezifisch auf die A-Vererbung beziehen. In einem weiteren Schritt stelle ich den allgemeinlinguistischen Hintergrund der Untersuchungen vor. Diesem folgt die Darlegung der wesentlichen Annahmen und (Arbeits)Hypothesen der Arbeit. Im Anschluss wird in den Kapiteln 2 und 3 zunächst eine generelle Charakterisierung der hier relevanten deverbalen Nomina des Deutschen (ERN) und des Ungarischen (ON) gegeben, wobei insbesondere auf Derivationseinschränkungen Wert gelegt wird. Im zweiten Teil dieser Kapitel werden dann die einzelnen Lesarten der Derivate untersucht. In Kapitel 4 folgt aufgrund dieser Überlegungen ein Vergleich, indem die bis dahin erstellten Generalisierungen und Tendenzen mit den Ausgangsfragen (0-1) bis (0-3) in Verbindung gebracht und einige theoretische Aspekte und Folgen der Untersuchung diskutiert werden. Schließlich fasst Kapitel 5 die Ergebnisse der Untersuchungen zusammen, während der Anhang (Kap. 6) einerseits Fallstudien zu den Besonderheiten der ungarischen NP/DP, andererseits die erarbeiteten Bildungseinschränkungen, Generalisierungen und Tendenzen, sowie die Korpora der behandelten Daten enthält.

10

Stark ausgeprägt (und dementsprechend ausformuliert) ist dies bei Gallmann (1990), Lindauer (1995) und Stiebeis & Wunderlich (1994). Aber auch hiervon abgesehen wird diese Annahme stillschweigend in den meisten Arbeiten zum Thema gemacht.

1. Nominalisierungen und A-Vererbung

In der einschlägigen Literatur wird eine heftige Diskussion geführt, ob im Lexikon eine eigene Ebene der Wortsyntax anzusetzen ist (bzw. ob es überhaupt des eigenständigen Moduls der Morphologie bedarf - auch diese innerhalb des Lexikons). Die sog. 'schwache lexikalistische Hypothese' der siebziger Jahre (Paradebeispiel: Aronoff (1976)) hat diese Frage zwar bejaht, Wortbildung und Flexion jedoch derart getrennt, dass nur Erstere als morphologische Erscheinung zu werten ist, letztere hingegen einen Fall für die Syntax darstellt. Demgegenüber wird im Gefolge von Selkirk (1982) eine 'starke lexikalistische Hypothese' verteidigt (so auch das wohl einflussreichste Werk dieser Richtung: Di Sciullo & Williams (1987)), die sowohl Flexion als auch Wortbildung als in der Morphologie verankert betrachtet. Die meisten Arbeiten über das Deutsche - hier ist vor allem an eine Reihe von Arbeiten von Toman (Toman 1987, 1988) und Olsen (Olsen 1986, 1990, 1992) zu denken, Toman (1983) und Höhle (1982) allerdings ausgenommen - stehen nun auf der theoretischen Grundlage von Selkirk (1982). Auf die späteren Arbeiten übt auch Di Sciullo & Williams (1987) einen starken Einfluss aus. Diese Ansätze werde ich im Weiteren den lexikalistischen Ansatz nennen, weil sie von der Autonomie des Lexikons ausgehen. Einer ihrer wesentlichen Züge ist auch, dass sie mehr oder weniger mit der allgemeinen Theorie von Bierwisch (1989) über den Aufbau von Lexikoneinträgen im Einklang stehen, bzw. in der sog. Zwei-Ebenen-Semantik (ZES) leicht modelliert werden können. Ich werde jedoch im Folgenden Bierwischs Ansatz aus folgenden Gründen getrennt behandeln: • Die ZES ist keine spezielle Theorie für die A-Vererbung. Sie ist vielmehr eine generelle Theorie über den Aufbau von lexikalischen Elementen und von Konzepten, die diesen zugeordnet werden können (bzw. diesen zu Grunde liegen). Die Α-Vererbung selbst spielt in diesem Ansatz eine unwesentliche Rolle. • Die grundsätzliche Dichotomie der ZES ist die Unterscheidung zwischen Semantischer Struktur (SES) und Konzeptueller Struktur (KS). Das wird uns besonders wichtig sein, weil m.E. die Bezeichnung 'Wortsyntax' eine falsche Auflassung suggeriert, was die Vererbung von Argumenten angeht. Sie legt nämlich nahe, dass die Vererbung und vor allem die Realisierung der (ererbten) Argumente (oder: beides) syntaktisch verankert ist. Ich teile jedoch diese Auffassung nicht. Insbesondere sind meiner Auffassung nach die Einschränkungen hinsichtlich Α-Vererbung bzw. Α-Realisierung konzeptueller Natur und nicht etwa nur syntaktisch bestimmt, wie auch weiter unten begründet wird. In der anderen Richtung der Forschung zum Thema A-Vererbung wird argumentiert, dass man keine Wortstrukturregeln braucht (und somit auch keine Wortsyntax), weil auch dieser Bereich (ähnlich wie die ganze Morphologie) durch andere Prinzipien der Sprachkompetenz abgedeckt werden kann. Es scheiden sich jedoch die Geister, wie dies motiviert werden sollte. Fanselow (1988a, b, 1991) geht von einer semantischen Erklärung aus, während die meisten Forscher für syntaktische Lösungen plädieren. Rappaport & Levin (1992) (ebenso: Levin & Rappaport (1988)) gehen auch diesen zweiten Weg, indem sie versuchen, für Einschränkungen hin-

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sichtlich Α-Realisierung ein syntaktisch angelegtes Modell aufzubauen. Diese Erklärungsversuche nenne ich zusammenfassend den nicht-lexikalistischen Ansatz.1 In den folgenden Abschnitten werden zunächst diese beiden Ansätze ausfuhrlich diskutiert. Dann komme ich auf das Projektionsproblem und auf semantische Theorien der Theta-Rollen (Bierwisch (1983, 1989) und Dowty (1991)) zu sprechen. Anschließend werden einige Aspekte der Datenproblematik erörtert und eine auf der Veib-Argument-Beziehung basierende Verbklassifikation erarbeitet. Schließlich werden wesentliche Annahmen und Hypothesen der Untersuchungen formuliert.

1.1 Der lexikalistische Ansatz

Die Vertreter dieser Auflassung machen im Allgemeinen folgende Annahmen:2 • Affixe werden mit einem vollspezifizierten Lexikoneintrag im Lexikon verzeichnet. • Die lexikalische Komponente der Grammatik stellt u.a. folgende Wortstrukturregel für die Generierung von Wortstrukturen bereit: (1-1)

X^YX^

Demnach fungieren Suffixe als Köpfe und haben somit per definitionem die Eigenschaft, Kategorie und weitere morphosyntaktischen Eigenschaften der komplexen Wortbildung zu bestimmen.3 • Die Fähigkeit, verbale Argumente zu vererben, ist affixspezifisch.4 Geht man nun auf dieser Grundlage zu konkreten Suffixen, namentlich zum deutschen -erSuffix über, stößt man auf folgende weitere Annahme:5

1

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5

Es soll hier darauf hingewiesen werden, dass in der Literatur meistens nicht diese Abgrenzung der Ansätze vorzufinden ist. So spricht beispielsweise Meibauer (1995) vom thematische-Rollenbzw. Argumentvererbungs- und konzeptuellen Ansatz. Da jedoch die von mir vorgeschlagene Einteilung besser mit der grundsätzlicheren Frage nach Stellung und Status des Lexikons (oder der Morphologie) im Sprachsystem in Verbindung gebracht werden kann, halte ich die hier vorgeschlagene Trennung für berechtigt. Vgl. dazu Di Sciullo & Williams (1987: 22ff.) und Selkirk (1982: 18ff.) sowie Höhle (1982a: 77). Dies wurde in der X-bar-Theorie (für die Syntax) als Kopf-Vererbungsprinzip postuliert: „Die morphologischen Merkmale der Phrase werden immer am Kopf der Konstruktion realisiert." Vgl. Höhle (1982), sowie Grewendorf (1988: 40ff.). Diese Annahme bedeutet konsequenterweise auch, dass neben Suffixen auch die Präfixe als Köpfe fungieren (müssen), was weder im Ungarischen noch im Deutschen belegt werden kann. Aus diesem Grunde werde ich diese Frage hier nicht weiter verfolgen. Zu einigen Hinweisen vgl. Höhle (1982a: 105f.), Selkirk (1982: 58ff.) und Bierwisch (1989: 10). So etwa in Olsen ( 1986: 81 ).

9 • Das Suffix -er stellt eine Art Operation auf der AS seiner Basis dar, wobei die Semantik von -er die Übernahme des verbalen Subjekts verhindert. Dementsprechend heißt es in Olsen (1986) - etwa entgegen Selkirk (1982: 34), wo angenommen wird, dass Subjekt-Argumente nie vererbt werden - dass das -er-Suffix selbst das Agens-Argument sättige, so dass es wegen des Projektionsprinzips nicht mehr erscheinen könne.6Dies träfe im Übrigen auch auf das Argument 'Instrumental' zu. Gleichzeitig sei das der Grund, weshalb -er-Nominalisierungen nur diese beiden Lesarten aufweisen.7 Gegen dieses Konzept der Argumentvereibung hat Meibauer (1995) Einwände erhoben. Sein Hauptargument ist, dass die angesprochene Auffassung nur auf verbale Basen Bezug nimmt und auf diese Weise die Möglichkeit nominaler Basen (vor allem solche ohne eigene AS) ausschließt. Nominale Basen mit dem -er-Suffix gibt es aber in Hülle und Fülle. Diese können u.U. auch als Nomen Agentis verstanden werden, und es gibt auch eine Überlappung mit Nomina Instrumenti. Einige Beispiele sollen hier genügen. (1-2) a. Jazzer, Gewerkschafter, Metaller b. Frachter, Münzer, Laster c. Tübinger, Amerikaner, Pariser

Außerdem zeigen Beispiele wie in (l-2d) und (l-2e), dass - entgegen Olsen (1986) - bei -er-Nominalisierungen nicht nur die Lesarten Nomen Agentis bzw. Nomen Instrumenti möglich sind, sondern auch Nomen Acti (l-2d) bzw. Nomen Patientis (l-2e): (1-2) d. Jodler, Huster, Furzer e. Vorleger, Anhänger, Untersetzer

Folglich kann dieses Modell der konzeptuellen Vielfalt des -er-Suffixes nicht gerecht werden, es kann in der obigen Form also nicht aufrecht erhalten werden. Meibauers (1995) Beobachtungen können hier dadurch ergänzt werden, dass es auch Zusammenbildungen wie in (l-2f) und (l-2g) gibt (s. Höhle (1982a: 97)), die eine gewisse Überlappung mit NI und NAG aufweisen, welche ähnlich wie bei den denominalen -erDerivaten ist. Auch diese werden in den Ansätzen á la Olsen nicht beachtet:

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7

Die in Selkirk (1982: 34ff.) geltend gemachte Einschränkung, wonach „The SUBJ argument of a lexical item may not be satisfied in compound structure" ist mit Sicherheit nicht universal, obwohl sie eine sehr weit verbreitete Annahme darstellt. So spricht im Übrigen auch Lieber (1983: 258) davon, dass Subjekte als externe Argumente nie innerhalb eines Kompositums auftreten („[...]only internal arguments must be satisfied; the external argument or subject somehow has a different status, and it is never linked in a compound. [...]")· Im Deutschen gibt es Daten wie Obdachlosenunterkunft, Wasserbehälter, Kinderschreien sowie Luther-Übersetzung oder Künstlerwohnung, die gegen eine solche Auffassung sprechen. Ähnliches gilt weitaus häufiger im Ungarischen, s. weiter unten (vgl. aber auch Kiefer (in Vorb.)). Ich gehe in Anlehnung an Erben (1993: 122) davon aus, dass das -er-Suffix einheitlich ist (so auch Oh (1985)), da es sprachhistorisch aus lat. -arius hergeleitet wird. Dies widerspricht nicht der konzeptuellen Vielfalt der -er-Derivate, sofern die entsprechenden Eigenschaften im Lexikoneintrag von -er festgehalten werden: Das -er-Suffix ist polysem. Das könnte etwa im Lexikoneintrag eines Affixes Selkirk'scher Prägung (Selkirk (1982: 64)) durch die Spezifizierung der semantischen Funktionen (Punkt 3.3c) passieren. Für ausführliche Argumente für die Polysemie von -er vgl. Meibauer (1995: 21f.) und Dressier (1980: 1 lOff.).

10 (1-2) f. Beidhänder, Dickhäuter, Zweitklässler g. Viertakter, Dreimaster, Kureflügler

Den Versuch, der Argumentvererbung (wort)syntaktisch näher zu kommen, hat Toman (1987) gemacht. Er baut ebenfalls auf der Grundlage von (i-iv) ein Perkolationsmodell von Merkmalen auf, das folgende Eigenschaften hat.8 Das, was vererbt wird, ist nicht lexikalisches Material, sondern die Menge der Merkmale, die ein Argument im Lexikoneintrag eines Verbs, Adjektivs, usw. charakterisieren, speziell die Selektionsmerkmale und die thematischen Merkmale. [...] In diesem Sinne ergibt die A-Vererbung einen abgeleiteten Subkategorisierungsrahmen, d.h. die durch die Bestandteile eines komplexen Wortes determinierten Distributionseigenschaften.

Der Input der A-Vererbung ist also eine Phrasenstruktur und die Regel bewirkt eine Merkmalverschiebung an den Mutterknoten, oder genereller gesagt an eine Position, die für diese Merkmale nicht positiv spezifiziert wurde. Suffixe fungieren als morphologische Köpfe, können daher keine thematische Rollen vergeben. Toman (1987) spricht im weiteren Verlauf von einer gewissen 'Arbeitsteilung' zwischen der Hauptprojektionslinie und dem Komplementzweig einer Projektion. Zunächst findet die morphologische Perkolation auf der Hauptprojektionslinie statt, dann kann die A-Perkolation auf dem Komplementzweig einsetzen. Die Annahme der A-Perkolation nach der mophologischen Merkmalprojektion stellt einen wesentlichen Unterschied zum Modell von Lieber (1980, 1983) dar. Lieber (1983: 267ff.) geht bei den englischen -er-Nomina davon aus, dass Merkmale der einen Kategorie nicht zu einem Knoten perkolieren, der von einer anderen Kategorie dominiert wird, m.a.W. die thematischen Merkmale eines Veibs können nicht an einen nominalen Knoten vererbt werden.9 Daher leitet sie Komposita wie engl, truck-driver in Anlehnung an Roeper & Siegels (1978) First Sister Principle (FSP) so ab, dass zunächst das Basisverb (drive) sein Objekt (truck) inkorporiert und dann die komplexe Einheit durch das -er-Suffix nominalisiert wird. Dieser Ansatz übersieht jedoch, dass abgeleitete Nomina auch ohne Spezifizierer-Konstituente (vgl. driver) klar relational sind (vgl. the driver of the truck), weshalb die TS des Verbs an das Nomen muss vererbt werden können (und weshalb die Inkorporation auch nicht plausibel ist).

8 9

Vgl. ebd. S. 54ff. Lieber unterscheidet folgende vier Feature Percolation Conventions (s. auch Lieber (1983: 252ÍT.) (Hervorhebungen von mir/ ISz): „Convention I All features of a stem morpheme, including category features, percolate to the first nonbranching node dominating that morpheme. Convention II All features of an affix morpheme, including category features, percolate to the first branching node dominating that morpheme. Convention III If a branching node fails to obtain features by Convention Π, features from the next lowest labeled node automatically percolate up to the unlabeled branching node. Convention IV If two stems are sisters (i.e. they form a compound), features from the righthand stem percolate up to the branching node dominating the stems." Liebers (1980, 1983) System lässt im Übrigen massive Übergenerierung zu, die sie durch das sog. Argument-linking Principle einschränkt (ebd. S. 258), was in Verbindung mit den Perkolationskonventionen einen ähnlichen Effekt hat, wie die von Toman zitierte Idee. In Selkirk (1982: 76) wird wegen mehrerer aufeinander folgender Flexionsaffixe ein anderer Perkolationsbegriff formuliert: percolation (revised): a. If a head has a feature specification [aF¡] a * u, its mother node must be specified [aFi], and vice versa, b. If a nonhead has a feature specification [ßFj], and the head has the feature specification [uFj], then the mother node must have the feature specification [ßFj]."

11 Bei Toman sind die mit einem Verb assoziierten Argumente positionell definiert, und es existiert eine Disambiguierungsregel, die quasi die A-Vererbung steuert, indem auf Verbnähe Bezug genommen wird, d.h. die dem Vert) semantisch näher stehende NP (vgl. direktes vs. indirektes Objekt) hat bei der Vereibung Vorrang. Schließlich unterscheidet Toman (1987) bei der A-Vererbung zwischen starken (i.e. verbalen) und schwachen (i.e. nominalen) Relationen und stipuliert, dass nur Erstere vererbt werden können. Toman (1987) greift hier die Idee von Selkirk (1982) auf. Selkirk (1982: 36ff.) spricht von Subjekt- bzw. Nicht-Subjekt-Argumenten, was nahelegt, dass zwischen ihnen charakteristische Unterschiede bestehen. Allerdings kann m.E. unter der Annahme von Grimshaw (1990: 8), dass in der AS eines lexikalischen Elements nur die Hierarchieverhältnisse der Argumente präsent sind, der Bezug auf Veibnähe wegfallen, da diese Information dann als redundant erscheint. Dafür spricht auch, dass sich die NichtSubjekt Argumente gar nicht einheitlich verhalten: Bei transitiven Basen ist die Vereibung des direkten Objekts der Regelfall. Indirekte Objekte (Dativobjekte) können hingegen bei den -erDerivaten (und auch bei sonstigen) in der Tat nur marginal vererbt werden (wenn überhaupt) (s. auch Kap. 2). In Olsen (1992: 28) wird nun in Anlehnung an Bierwisch (1989) ein Perkolationsmodell aller grammatischen Merkmale, die in GF (Charakterisierung der grammatischen Merkmale) des Lexikoneintrags enthalten sind, vorgestellt.10 Da nach Bierwisch (1989) Affixe und ihre Komplemente sich durch funktionale Komposition semantisch verbinden, besteht im Prinzip immer die Möglichkeit der A-Vereibung, weil im Lexikoneintrag des Komplements auch dessen Θ-Raster spezifiziert ist. Die syntaktische Θ-Zuweisung wird hingegen in der Semantik durch funktionale Applikation erfasst.11 Wie bereits oben angedeutet, werden Subjekt-Argumente bei Selkirk (1982) grundsätzlich nicht vereibt. Auf die Projektion von Nicht-Subjekt-Argumenten bezieht sich die sog. First Order Projection Condition (FOPC), wobei unter First Order Projection (FOP) der nächsthöhere Mutterknoten verstanden wird, der den Kopf und sein internes Argument unmittelbar dominiert: The First Order Projection Condition (FOPC) All non-SUBJ arguments of a lexical category X¡ must be satisfied within the first order projection of X¡. The first order projection (FOP) of a category X¡" is the category X/" that immediately dominates X" in syntactic representation (i.e., in either S-syntactic or W-syntactic structure), (beide: Selkirk (1982: 3738))

Schließlich soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass in den morphosyntaktischen Arbeiten von Gallmann (1990) und Lindauer (1995: 38) ein eigenes Prinzip vorgeschlagen wird, welches auch die A-Vereibung regeln soll.

10

11

S. dazu Bierwisch (1989: 4): „GF consists of binary features specifying the syntactic category of E, further grammatical properties such as Gender, Number, Case, Person, etc. and morphological properties like inflection class, etc." Der Unterschied zwischen funktionaler Komposition und funktionaler Applikation kann dadurch festgehalten werden, dass beim Ersteren logisch gesehen eine Funktor-Funktor-Relation entsteht, während beim Letzteren eine Funktor-Argument-Relation vorhanden ist. (S. dazu weiter unten bei der Diskussion von Fanselows Ansatz.)

12 ( 1 -3 ) Vererbungsprinzip Die Teile einer Morphverbindung vererben ihre grammatischen Merkmale wenn immer möglich an die Morphverbindung als Ganzes.

Die grammatischen Merkmale unterteilen sich in Wortart-, Selektions- und morphosyntaktische Merkmale. Die thematischen Merkmale, die die Vererbung von AS steuern, gehören zu den syntaktischen Selektionsmerkmalen.12 Abgesehen nun von den terminologischen Verschiedenheiten, ist diese Idee mit der von Bierwisch (1989) identisch, wo das Θ-Raster formal (auch in Form von Merkmalen) an die entstehende Verbindung vererbt wird.

1.2 Der nicht-lexikalistische Ansatz

1.2.1 Rappaport & Levin (1992) In Grimshaw (1990: 49ff.) wird eine Unterscheidung zwischen complex event nomináis (dt. Nomen mit komplexer Ereignisstruktur, abgekürzt: CEN) und simple event nomináis (dt. Nomen mit einfacher Ereignisstruktur, abgekürzt: SEN) vorgenommen. CEN liegt eine komplexe, interne Ereignisstruktur zugrunde, während SEN keine solche aufweisen. Demzufolge unterscheiden sich diese Nomina auch im Hinblick auf ihre Α-Struktur. SEN haben streng genommen keine Argumente und auch keine AS (außer des nicht-thematischen Arguments R, das trotz fehlender AS bei SEN vorhanden sei). CEN haben hingegen (obligatorische) Argumente, die die Α-Struktur erfüllen (zusätzlich zur vorhandenen AS weisen sie auch das nichtthematische Argument Ev auf).13 Die Grundidee des Ansatzes von Rappaport & Levin (1992) besteht nun darin, diese Distinktion auch im Bereich der -er-Nomina zu motivieren, was tatsächlich ein Novum ist. Insbesondere sei das unterschiedliche Verhalten von NAG und NI hinsichtlich der A-Vereibung auf die Interpretation der Nominalisierungen als CEN oder als SEN (oder als EN oder GN) zurückzufuhren (der relevante semantische Unterschied bestehe also zwischen Ereignis- und Nicht-Ereignis-Interpretation und nicht etwa zwischen thematischen Rollen wie Agens oder 12

13

Die Selektionsmerkmale bestimmen die Anzahl der Einheiten, funktorielle Beziehung zwischen Selegiertem und Selektor (f-Selektion), Wortartmerkmale, c(ategoriale)-Selektion und m(orphologische)-Selektion sowie andere morphosyntaktische Merkmale (c-Selektion). Die Menge dieser Merkmale macht das Selektionsraster eines lexikalischen Elements aus, wobei im Sinne von Di Sciullo & Williams (1987) auch Affixe als vollspezifizierte Lexikoneinträge angesehen werden. Vgl. Lindauer (1995: 39f). CEN und SEN sind in der Literatur als Ereignisnomina (engl, event nominalization - EN) und Resultatsnomina (engl, result nominalization - RN) seit langem bekannt (vgl. Grimshaw (1986), Bierwisch (1989), etc.). Die Grundlage dieser Unterscheidung geht auf die Diskussion von Strawson (1950), Austin (1961) und Vendler (1967) über die Stellung von Ereignissen vs. Tatsachen zurück. Die Idee, jedem Ereignisprädikat ein zusätzliches Ereignisargument (s. Ev) zuzuweisen, stammt von Davidson (1967). Vendler (1967) zeigt detailliert, dass bei Nomina, die Ereignisse denotieren, das Vorkommen sonstiger Mitspieler weniger eingeschränkt ist, als bei jenen, die Tatsachen denotieren. Der andere sortale Bezug bewirkt anderes linguistisches Verhalten. Der Davidson-Vorschlag wird u.a. auch von Bierwisch (1989), Grimshaw (1990) und Rappaport & Levin (1992) übernommen (s. dazu auch weiter unten).

13 Instrumental). Dementsprechend wird geltend gemacht, dass nur -er-Nomina mit EreignisLesart die AS der Basis projizieren (ähnlich wie bei anderen Ereignisnomina). Mit dieser Sicht verbindet sich eine ausführliche Kritik an den sog. thematischen Ansätzen der A-Vererbung, die davon ausgehen, dass das Θ-Raster der jeweiligen Basis vereibt wird.14 Es wird argumentiert, dass der Bezug auf thematische Rollen bei der A-Vererbung nicht überzeugt, da es sowohl nicht-agentivische ENs mit vereibten Argumenten, als auch agentivische mit nicht-vererbter AS gibt. Die AS der Basis wird demzufolge nicht in der Form von thematischen Rollen vererbt, sondern in Form von hierarchischen Beziehungen, die die einzelnen Argumente zum zu Grunde liegenden verbalen Kopf haben.15 Um die Ereignis-Lesart zu sichern, wird in Anlehnung an Grimshaw (1990) eine zusätzliche 'event'-Position (Ev) in der AS angenommen, die quasi als Kopf der Argumentstruktur gehandelt wird.16,17 Dadurch wird selbst diese 'event'Position weiter vererbt, was die entsprechende Lesart auslöst. Und mehr noch: Der 'event'Position kommt, wie gewöhnlich, eine Schlüsselrolle zu, indem auch die Projektion der anderen Argumente von der Projektion dieser einen Position abhängt. Abgesehen davon, dass Ev als Argument gar nicht in die Argumenthierarchie eingeordnet wird (weshalb bei der schrittweisen Abarbeitung der AS Probleme auftreten können), gibt es m.E. erhebliche Schwierigkeiten bei der syntaktischen Analyse. Ich versuche dies anhand folgender (von Rappaport & Levin wohl vorausgesetzten) NP-Struktur festzuhalten:

14

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Dies wird vielfach angenommen, vgl. Olsen (1986, 1992), Bierwisch (1989), Selkirk (1982) etc. Vgl. hierzu aber Roeper (1987). Die Idee, dass in der AS eines lexikalischen Elements nur die Hierarchieverhältnisse der Argumente festgehalten werden, stammt von Grimshaw (1990). Diese werden aufgrund der relativen Prominenz ihrer thematischen Rollen geordnet. Sie schlägt folgende Prominenzrelationen vor (ebd. S. 8.): (i) (Agent (Experiencer (Goal/Source/Location (Theme)))) Diese Notation macht von der Unterscheidung zwischen internem und externem Argument Gebrauch. So ist das Argument, das mit der thematischen Rolle Theme korrespondiert, das inteme Argument des Kopfes, und als solches am wenigsten prominent. Das prominenteste Argument eines agentivischen Kopfes ist das /Igenf-Argument, welches das externe Argument darstellt. Wie man nun sieht, fehlen in der obigen Hierarchie mehrere Rollen. In (ii) biete ich deshalb eine modifizierte Version an, cf. (ii) (Ag (Ben (Exp/Goal (Inst (Pat/Th (Loc)))))) So wirft zum Beispiel Di Sciullo (1989: 61) die Idee auf, dass auch in der AS von lexikalischen Elementen die Kopf-Relation eine wichtige Rolle spielt. Sie identifiziert das externe Argument mit dem Kopf der AS. Auf S. 67 schreibt sie dann: J t would be possible to suppose that 'event' would be the external argument for verbal predicators. This would make the external argument of nouns and verbs very similar, to the extent that they would not be realized as NPs (sic!), but via functional categories: Determiner and Inflection respectively." Dies geht jedoch an der Tatsache vorbei, dass es Sprachen gibt, in deren nominalem Bereich Determinierer und Flexion simultan vorhanden sind. S. dazu weiter unten. Die 'event'-Position in der AS von lexikalischen Elementen wird aufgrund von Davidson (1967) in Grimshaw (1990: 63fF) als nicht-thematisches Argument zusätzlich zur Α-Struktur von Nomina mit komplexer Ereignisstruktur (engl, complex event nouns - CEN) eingeführt. Folgendes Beispiel soll hier genügen, cf. (i) [observe V,(x(y))] & [-ing N,(Ev)] —> [observing N,(Ev(x(y)))] (ebd. S. 66.)

14 NP

(M) event / modifiers

YP [open pos.] (referiert auf die 'event'-Pos. des Verbs) Vo indue

N° -er

Als Erklärung für die obige Struktur ist das folgende Zitat angebracht (Rappaport & Levin 1992: 143): Since in derived nomináis the open position of the Ν is specified as being identified with the event position of the base verb, the adverbial modifiers, which are sisters to N", can also be associated with this position by ©-identification and can be interpreted as modifiers of the event. [...] [...] The basic difference between -er nomináis and derived nomináis, as mentioned, is that the affix -er specifies that its open position is identified with (discharged by ©-identification to) the open position in Ñ, yielding an N restricted to refer to an entity corresponding to the external argument of the base verb. [...] Since (in -er-Nomina mit NI-Lesart, ISz.) there is no INFL in the nominal for the event position to be associated with, and the external argument position is identified with the open position of N", there remains no means for the event position to be 'passed up' for syntactic satisfaction beyond N1. Therefore, it must be satisfied within N* (d.h. die 'event'-Position ist lexikalisch gesättigt, und kann daher nicht projiziert werden, ISz.). [...] Returning to event derived nomináis [...] the lexically satisfied external argument is open for adjunct modification in derived nomináis (the exmination of the students by the professor), while the lexically satisfied event position is not open for modification by adverbial phrases [...]( *the inducer of protein growth with a new technique). Der signifikante Unterschied zwischen anderen abgeleiteten Nomina und -er-Bildungen ist nach dem obigen Zitat, dass bei letzteren das Fehlen von INFL die syntaktische Projektion von weiteren Argumenten unterbindet. Es gibt jedoch einige Schwierigkeiten mit dieser Argumentation: • Das obige Modell versagt ganz eindeutig bei einer Menge von Sprachen, die eine verhältnismäßig reiche Morphologie im nominalen Bereich haben, wie das Russische, das Neugriechische und das Ungarische.18 Szabolcsi (1994: 189) nimmt beispielsweise fiir die ungarische NP eine Struktur an, in der der nominale Kopf (N°) immer eine gemeinsame Projektion mit der Flexion (I o ) aufbaut, um Agreement hinsichtlich Person und Numerus zwischen dem Possessor und dem Kopfhomen zu sichern. Entgegen den Annahmen von Rappaport & Levin (1992) können hier die verschiedenen Projektionseigenschaften von EN und RN mit Sicherheit nicht auf die fehlende INFL zurückgeführt werden. Generell kann also keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Variation der Argumentrealisierung im nominalen Bereich mit dem Vorhandensein oder Fehlen von INFL zusammenhängt.19

18

19

Hierher gehören möglicherweise die meisten agglutinierenden Sprachen. Vgl. McCarthy & Prince (1994). Um dieses Problem zu vermeiden, könnte im Prinzip ein Parameter angenommen werden, der festlegen würde, dass in Sprachen wie dem Englischen die genannten Einschränkungen der AProjektion mit INFL zusammenhängen, während das in anderen (Ungarisch, Russisch, etc.) nicht der Fall ist. Man beachte, dass dadurch das Problem keinesfalls gelöst würde: es sind Erklärun-

15 • Im Ungarischen werden die Entsprechungen der -er-Bildungen mit den Suffixen -o/-ö gebildet, deren Wahl der Vokalharmonie unterliegt. Diese sind - wie bereits oben in anderem Zusammenhang angedeutet wurde - manchmal sogar dreifach homonym. Sie dienen in erster Linie dazu -ó/-ó'-Nomina und adjektivische Partizipien zu bilden. Daneben gibt es auch eine Reihe von Adjektiven, die ebenfalls mit -ό/-δ gebildet werden. Bei diesen -ó/-ó'-Bildungen entsteht für den Ansatz von Rappaport & Levin (1992) das Problem, dass sie nicht nur alle anderen Wortklassen angehören, sondern demzufolge auch andere Eigenschaften hinsichtlich Α-Projektion aufweisen. Selbst wenn man die -o/-ö- Adjektive als lexikalisierte Einheiten ausklammert, bleibt das Problem bei den APO und ON bestehen: beide weisen INFLMerkmale auf (welche sprachhistorisch gesehen sogar gleich sind). Geht man von den allgemeinlinguistischen Implikationen von Rappaport & Levin (1992) aus, sollte angenommen werden, dass dasselbe Suffix einmal opak für die 'event'-Relation (bei den APO) und einmal nicht-opak (oder nur u.U. opak) für dieselbe Relation (bei den ON) ist, was m.E. weder theoretisch noch intuitiv überzeugt. Geht man andererseits davon aus, dass Wortklassen mit bestimmten Arten von Konzepten korrespondieren, ist es naheliegend, die Einschränkungen für die A-Vereibung in der Konzeptuellen Struktur zu suchen (vgl. die Diskussion von Fanselows Ansatz unten). • Für das obige Modell dürfte es erhebliche Schwierigkeiten bedeuten, dass pränominale Genitive und Artikel in mehreren Sprachen komplementär verteilt sind, und dies nicht nur bei abgeleiteten Nomina. Gleichzeitig macht ihre Annahme, dass Elemente in pränominaler Position auf die Ereignisposition des Basisveibs (unter N) referieren können (s. Zitat oben), die Voraussage, dass ihr Beispiel coffee grinder gar nicht zwischen einer Agens- und Instrument-Lesart ambig sein sollte. Dies wird in der Tat dadurch unterstützt, dass es bei eindeutigen ENs auch pränominal realisierte Agens-Argumente gibt/geben kann, wie in ung. gyereksírás (Kinderschreien). Da jedoch u.U. sowohl Agens als auch Instrumental als externe Argumente gelten können (wenn man eine Agens-Instrumental Alternation hinsichtlich der Subjektposition annimmt), ließe sich die These von Rappaport & Levin (1992) nur dann aufrecht erhalten, wenn man die Eigenschaft des -er-Suffixes, dass es NI und NAG bildet, bereits im Lexikoneintrag von -er verankern würde. • Und mehr noch: Es gibt bei den -er-Nominalisierungen nicht nur die wohlbekannten Ambiguitäten zwischen Agens und Instrument, sondern auch die zwischen Nomina Agentis und Nomina Acti. Dies ist - wie im Folgenden deutlich werden soll - etwa im Deutschen der Fall. Wenn mit Erben (1993: 87) angenommen wird, dass Nomina Actionis die Thematisierung des Prädikats darstellen, dann wären Nomina Agentis nur ein Sonderfall der Bildung von Nomina Actionis, indem eine (meistens die einzige) Freistelle - nämlich die agentivische - des Prädikats besetzt wird. Wie jedoch dieser Unterschied in der Theorie von Rappaport & Levin (1992) zum Tragen kommen sollte, ist und bleibt unklar.20 • Ein weiteres Argument gegen die Auffassung, dass im Bereich der ERN das Argument Ev eine zentrale Rolle spielt, stellt der Fall der Satzkomplemente dar. Satzwertige Infinitive können z.B. bei EN ohne weiteres vererbt werden, wie das folgende Paar zeigt: Thomas hat Maria aufgefordert, Rom zu besuchen vs. Mutters Aufforderung Marias, Rom zu besuchen.

20

gen nötig (a) warum diese Parametrisierung zutreffen soll, bzw. (b) wie dann in Sprachen mit reicher Morphologie (Typ: Ungarisch) die Realisierung der Argumente auszusehen hat. Die entsprechenden ungarischen -ó/-ó'-Nomina haben noch verzwicktere Ambiguitäten, da es dort Beispiele gibt, die in der Tat Nomina Actionis sind (s. weiter unten).

16 Demgegenüber sind Satzkomplemente bei ERN generell untersagt· *Der Aufforderer Marias, Rom zu besuchen. Insofern ist also die Parallelität der ERN mit den EN empirisch unbegründet. Die ausführliche Diskussion zeigt eindeutig, dass sich die Idee von Rappaport & Levin (1992), auf die altbekannte Unterscheidung zwischen Ereignis- und Gegenstand-Lesart ein syntaktisches Modell für die Α-Realisierung der deverbalen -er-Nomina im Englischen aufzubauen, weder aus theoretischen noch aus empirischen Gründen bewährt. Das liegt m.E. daran, dass Ev nicht in gleichem Sinne als Argument anzusehen ist, wie etwa ein Agens-Argument, obwohl beide als extern gelten sollen. Ev oder R sind meiner Auffassung nach keine echten Argumente (Grimshaw nennt sie auch nicht-thematische Argumente, eine Quadratur des Kreises), vielmehr sind sie als Zuordnungsmerkmale zu verstehen, durch die der direkte Bezug zur Konzeptuellen Struktur (KS) gegeben ist. Ereignisse, Tatsachen, Gegenstände sind einfach Kategorien der KS, die auf verschiedene Sorten Bezug nehmen (s. dazu Vendlers (1967) Unterscheidung zwischen perfekten bzw. imperfekten Nominalisierungen); als solche können sie keiner syntaktischen Position direkt zugeordnet werden. Sie stellen keine Argumente dar, die in der Syntax gesättigt werden müssen.

1.2.2 Fanselow (1988,1991) Fanselow (1981,1985,1988a,b, 1991) vertritt im Allgemeinen einen strikt semantischen Standpunkt. Er argumentiert, dass eine autonome Theorie der Wortsyntax nicht notwendig ist, da einerseits einige ihrer Prinzipien bereits aus unabhängigen - d.h. angeborenen - Prinzipien folgen, die auch in der Wortbildung einschlägig sind, und andererseits kann der nicht durch diese Prinzipien betroffene Restteil vom Kind ohne weiteres erwoiben werden. Die Anzahl der Bedeutungstypen, die mit einer restriktiven Menge an Interpretationsregeln (in Fanselow (1991) auch Deutungsschablonen genannt) erklärt werden kann, ist relativ gering. Diese Regeln, die per Annahme einen Teil der Konzeptuellen Struktur (KS) darstellen, und als universal angesehen werden, sind die folgenden: (1-5) Deutungsschablonen (der Semantik):21 a. b. c. d.

21 22

23

24

(verallgemeinerte) Konjunktion22 Funktionalapplikation2 Erschließen einer stereotypen Relation Schließen einer Α-Stelle durch existentielle Quantifikation24

Vgl. Fanselow (1988a) S. 102. Vgl. hierzu auch Olsen (1992), S. 6. sowie S. 19ff. Diese Regel formuliert Fanselow (1991: 12) wie folgt: II: Deute [x Υ Ζ] als ex [f(Y)(x) & f(Z)(x)] Die entsprechende Regel sieht in Fanselow (1991: 15) so aus: 12: Deute [ x Υ Ζ] als f(Y)[f(Z)] oder als f(Z)[f(Y)] Bei Fanselow wird nicht weiter spezifiziert, welche Argumente bei dieser Operation betroffen sind/sein können. Meines Erachtens wäre das für abgeleitete Nomina angenommene Argument R bei Grimshaw (1990) auch ein entsprechender Kandidat (s. auch weiter oben). Ähnliche Annahmen werden - allerdings in anderem theoretischen Rahmen - auch in Saebo (1984) gemacht.

17 Fanselow (1991: 14-19) zählt - im Gegensatz zu Fanselow (1988) bzw. seinen früheren Arbeiten - im Sinne von Bierwisch (1989) auch Funktionalkomposition zu den semantischen Interpretationsregeln. Diese ist jedoch - geht man von einem modularen Konzept der Lexikonerweiterung aus - im Bereich der komplexen Wörter und in dem der Syntax unterschiedlich restringiert. In syntaktischen Strukturen ist sie auf Grund des Theta-Kriteriums und des Projektionsprinzips grundsätzlich nicht zulässig (prinzipienbasiert ausgeschlossen). Im Bereich der Wortsyntax entsteht das Problem, dass durch die Verknüpfungsfunktion der Funktionalkomposition dem abgeleiteten Wort eine bestimmte Menge an Α-Positionen zukommt, die aber auf der Oberfläche nicht immer realisiert sind. Fanselow geht daher davon aus, dass die Deutungsschablone der Funktionalkomposition in diesem Fall durch eine allgemeine Theorie der Α-Struktur eingeschränkt, bzw. geregelt wird (also nicht wie in der Syntax prinzipiell ausgeschlossen ist). Da nun keine der in (1-5) angegebenen Regeln der semantischen Interpretation - inklusive der Funktionalkomposition - eigens für den Bereich der komplexen Wörter motiviert werden kann, und folglich „der Algorithmus der Errechnung der Bedeutung komplexer Wörter [...] vom Algorithmus der Bedeutungserrechnung syntaktischer Phrasen" nicht unterscheidet - da beides gleichermaßen in der konzeptuellen Kompetenz verankert ist braucht man keine zusätzliche Regeln - etwa in Form von (1-1) - für die Wortsyntax. Diese Änderung im Vergleich zu Fanselow (1981, 1988) ändert jedoch nichts an der ursprünglichen Idee: Argumentsättigung und Argumentvererbung sollen semantisch unterschiedlich interpretierbar sein. Es muss auch bemerkt werden, dass Fanselows (1988) Idee bereits von Reis (1988) und Olsen (1992) in Frage gestellt wurde. Die folgenden vielzitierten Beispiele sind dabei einschlägig: (1-6) a. b. c. d.

Verbreiter von Falschmeldungen, Steller von Fangfragen, Verfasser des Briefs »Verbreiter, »Steller »Menschheitsunheilverkünder Verschrotter, Herausgeber

Wäre interne Argumentsättigung als Funktionalapplikation anzusehen (und externe als Erschließen einer stereotypen Relation plus Funktionalapplikation), sollten (l-6a) und (l-6d) falsch sein. Diese Daten zeigen nämlich, dass ein verbales Argument sowohl extern realisiert, als auch weggelassen werden kann. Andererseits sollte (l-6c) richtig sein, da dort alle Argumente des Veibs intern realisiert sind. Schließlich müsste der Kontrast zwischen (l-6a) und (16b) erklärt werden. In (l-6b) ist die Möglichkeit einer -er-Nominalisierung blockiert (und somit auch interne Α-Realisierung ausgeschlossen), eine externe Α-Projektion ist aber grammatisch, wie (1-óa) zeigt. Dies dürfte nicht passieren, wenn - wie Fanselow (1988a) annimmt - das zweite Argument (Thema/Patiens) durch existentielle Quantifikation bereits vor der Affigierung abgebunden worden wäre, um den selektionalen Eigenschaften von -er zu entsprechen.25 25

Das hier entstandene technische Problem wirft zwei Fragen auf. Erstens könnte angenommen werden, dass nicht das zweite Argument durch existentielle Quantifikation abgebunden wird (was ja quasi der Inkorporation gleichkommt, und wofür es nur sehr begrenzte Evidenz gibt), sondern das externe. Dann bleibt aber unerklärbar, warum -er-Derivate im unmarkierten Fall agentive Lesart aufweisen (-er könnte dann nicht die thematische Rolle Agens binden). Zweitens wäre anzunehmen, dass die Bindung durch existentielle Quantifikation erst nach der Affigierung erfolgt und das nicht-thematische Argument R betrifft (also ein externes Argument), das trotz fehlender AS bei Nomina vorhanden ist, um die Referenzialität des jeweiligen Nomens zu

18 Dieser berechtigten Kritik gegenüber räumt Fanselow (1991) ein, dass es A-Vererbung lediglich im Bereich der agentivischen -er-Bildungen (Nomina Agentis) gibt, bleibt aber bei seiner grundsätzlichen Meinung, dass eine eigene Theorie der Wortsyntax (trotzdem) nicht notwendig sei, weil (a) Fakten, die die A-Vererbung naheliegen (würden), bei Nomina Instrumenti nicht existierten (Nomina Acti und Patientis werden bei Fanselow nicht behandelt), insbesondere seien NI keiner faktischen Deutung zugänglich und es gebe bei ihnen auch keine kompositumsexterne Α-Realisierung; (b) gewisse Parallelitäten mit Nichtderivaten die Annahme der AVereibung widerlegten; und (c) systematische Verschiebungen des Α-Rahmens infolge der Derivation nicht feststellbar seien. So sehr man jedoch Fanselows Idee teilt, dass die hier wirkenden Einschränkungen konzeptueller Natur sind/sein sollen (da sie in der Konzeptuellen Kompetenz verankert sind), und so sehr auch sein ganzheitlicher Ansatz fasziniert und überzeugt, halte ich den in (a-c) angeführten Begründungskatalog für zweifelhaft. Erstens weist Meibauer (1995: 10) zu Recht daraufhin, dass NI u.U. sowohl faktische Lesart als auch kompositumsexterne Α-Realisierung aufweisen. Sucht man außerdem nach weiteren Parallelitäten zwischen NI und N A G (Nomina Agentis), sind das immer ganz konkrete Argumente, die bei den jeweiligen Bildungen nicht erscheinen dürfen: bei Nomina mit NILesart tritt kein Agens-Argument, und umgekehrt, bei solchen mit NAG-Lesart kein Instrument auf (s. ausführlich Kapp. 2.6 und 2.7 dazu). Dieses lässt sich mit Sicherheit nicht allein durch die Verneinung der A-Vererbung erklären. Unter diesem Aspekt sind auch die weiteren möglichen Lesarten der -er-Nomina, also Nomina Acti und Patientis, interessant, da bei Ersteren sogar Agens-Argumente vorkommen, Letztere hingegen kein Argument der Basis projizieren.26 Soweit ich sehe, stellen solche Fakten eindeutig nachweisbare Belege für die systematische Verschiebung des Argumentrahmens infolge der Derivation dar. (Auf diese Systematik weist m.E. bereits die Tatsache hin, dass die ursprünglich beim Veib obligatorischen Argumente infolge der Nominalisierung, mehr oder weniger, fakultativ auftreten.) Daraus schließe ich, dass - entgegen Fanselows Ideen - ein konzeptueller Ansatz (vertreten etwa durch die Idee der konzeptuellen Verschiebung von Bierwisch (1989)) auch mit (1-1) in Einklang gebracht werden kann.27

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sichern. Dieses durch existentielle Quantifikation zu interpretieren, scheint auf den ersten Blick einleuchtend zu sein. Dadurch handelt man sich jedoch das Problem ein, dass die Charakterisierung des -er-Suffixes als eine Funktion, die 1-stellige Verben in 1-stellige Nomen überführt (cf. Fanselow 1988b: 40), nicht aufrecht erhalten werden kann. Die einzige Behauptung, die zu greifen scheint, ist m.E., zu sagen, dass das -er-Suffix (semantisch) die Funktion hat, 1- oder mehrstellige Verben in 1- oder mehrstellige Nomen zu überführen. Zum Status des Arguments R vgl. Grimshaw (1990: 49ff). Davon abgesehen macht Fanselow (1991) eine Reihe interessanter Bemerkungen zu den -erNomina, die in Kap. 2.1 angesprochen werden. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Bildung nicht-konkatenativer Morpheme nach Olsen (1992) einen weiteren Beleg für die Nicht-Trivialität von (1-1) darstelle. Die in Marantz (1982) für nicht-konkatenative Morpheme vorgenommene Analyse wurde im Übrigen in der Nachfolgeliteratur von McCarthy & Prince (1986, 1994) dahingehend modifiziert und erweitert, dass nicht mehr angenommen wird, die Phoneme des Stamms werden bei der Reduplikation einzeln auf das leere CV-Skelett kopiert. Das, was kopiert wird, ist vielmehr die maximale Silbe. Das Essentielle der Marantz'schen Analyse bleibt also erhalten: Die Reduplikation ist eine Abbildung der segmentalen Schicht auf ein phonemisch leeres Affix. Vgl. hierzu Féry (1994: 9) und McCarthy & Prince (1986), insbesondere den Begriff'minimales Wort'. Ob sich jedoch aus diesen Überlegungen ein unmittelbares Argument für die Notwendigkeit von Regeln wie (1-1)

19 1.3 Zum Projektionsproblem

Wie aus der obigen Diskussion klar ersichtlich ist, zieht sich das Problem der Projektion, d.h. die Frage, welche ereibten Argumente wie projiziert werden, als roter Faden durch die Literatur über Argumentvererbung. Dies soll im Folgenden näher erläutert werden. Der syntaktische Status (Funktion) der einzelnen Argumente beim Veib kann durch diverse Kasusmarkierungen angedeutet werden. So tragen Subjekt-Argumente im unmarkierten Fall eine nominativische, direkte Objekte eine akkusativische, und indirekte eine dativische Kasusmarkierung. Wird das betroffene Veib nominalisiert, stehen dem deverbalen Nomen (bis auf die substantivierten Infinitive) grundsätzlich folgende Möglichkeiten der Α-Realisierung zur Verfügung: (a) wort- und kompositumsexterne Realisierung der übernommenen Argumente in Form von vorangestellten (sächsischer Genitiv) oder nachgestellten Genitivphrasen (Genitivattribute) oder nachgestellten Präpositionalphrasen (auch: periphrastische Vererbung im Sinne von Toman (1987: 86f.)); (b) wort- und kompositumsinterne Projektion der Argumente (unter Berücksichtigung des FOPC) und (c) die Kombination von (a) und (b). Bei den nach (b) und (c) entstandenen Kompositumkonstruktionen kann jedoch das Problem entstehen, dass nicht immer klar ist, auf welches Glied des Kompositums (auf den Kopf oder den Spezifizierer) sich das extern projizierte Glied bezieht. In Anlehnung an Fabricius-Hansen (1993: 204) sind aufgrund von Belegen folgende vier Typen zu unterscheiden:28 (1-7) a. eindeutiger Zweitgliedbezug des Attributs: Personenüberwachungen durch den Verfassungsschutz b. eindeutiger Erstgliedbezug des Attributs: lAngriffswahrscheinlichkeit durch die Sowjetunion c. Doppelbezug des Attributs: Begleitumstände des Umengangs d. Gesamtbezug des Attributs: das Attribut bezieht sich auf keinen Teil des Kompositums: 711*die Importpolitik der Bundesrepublik mit spaltbarem Material

Auffällig ist es nun, dass die Beispiele mit Erstgliedbezug in (l-7b) und mit Gesamtbezug in (17d) weit weniger akzeptabler sind, als die mit Zweitglied- und Doppelbezug in (l-7a) und (17c). Darüber hinaus gibt es aber auch Daten á la (l-7b), die vollständig grammatisch sind: (1-8) a. b. c. d.

die Wartezeit auf die Lieferung die Fahndungsaktion nach Hèini Müller der Verkäufer des Wagens die Briefschreiber an die 'Zeit'

Toman (1987: 99) vermutet hinter diesen Daten eine derartige semantische Generalisierung, dass gewisse Kopf-Typen - vor allem solche mit -Zeit, -Aktion, -Grad etc. - die Vererbung von Argumenten nicht blockieren. Affixe sind hingegen im Allgemeinen transparent. Wenn man jedoch Daten wie in (1-9) im Vergleich zu denen in (1-7) heranzieht, wird klar, wo die charakteristischen Unterschiede liegen.

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ergibt, ist zweifelhaft, da gerade nicht-konkatenative Morpheme die Eigenschaft haben, meistens wortintern aufzutreten, so dass die Peripherität des Kopfes schwierig zu definieren ist. Die in (1-7) angeführten Beispiele kommen in Fabricius-Hansen (1993) als dokumentierte Belege vor. Sie werden dort als eindeutig grammatisch ausgewiesen. Sie haben jedoch nach der Meinung mehrerer Muttersprachler nicht den gleichen Grad der Grammatikalität. Dies habe ich entsprechend markiert.

20 (1-9) a. b. c. d.

??ein Trinkglas des Weins 7?/*Verhandlungsziimner mit dem amerikanischen Außenminister *das Verkäuferchen des Wagens *der Schreiber an Max

In (l-9c) sind zwei Suffixe vorhanden: In diesem Fall ist jegliche Projektion des Erstglieds ausgeschlossen. Betrachtet man andererseits die (Kompositions)Daten von (1-7) bis (1-9), fallt auf, dass 'Eigenarten' der Projektion immer dann auftreten, wenn das Zweitglied ein nichtrelationales Nomen (einer bestimmten Art, s. Tomans Generalisierung) ist, das ein relationales Nomen als Erstglied hat: Argumente von Erstgliedern können in diesem Fall unter bestimmten Umständen projiziert werden. Ist jedoch das Zweitglied ein relationales Nomen mit eigener AS, liegt unabhängig vom Erstglied immer eine solche 'Grenze' vor, über die hinweg kein Argument des Erstglieds projiziert werden kann.29 Ist diese Beobachtung korrekt, spricht das für die folgende Annahme (Al).30 (Al) In einem Kompositum aus deverbalen Konstituenten (oder mit deverbalem Zweitglied), projiziert nur das Zweitglied (der Kopf) die AS seiner Basis. Unter diesem Aspekt liegen durch (l-8d) und (l-9d) interessante Daten vor, wenn für schreiben die folgende AS angenommen wird:31 (1-10) schreiben (x (y (z))) Agens Empfanger Thema

An Max ist in (l-9d) das Empfanger-Argument der Basis und das Thema-Argument fehlt. Im Gegensatz dazu ist in (l-8d) das Thema-Argument intern gesättigt (innerhalb der Wortgrenze) und das Empfänger-Argument liegt wortextern vor. Diese Verteilung der grammatischen Daten weist darauf hin, dass bei der Projektion der geerbten Argumente ihre verbalen Hierarchieverhältnisse berücksichtigt werden: Die Projektion der AS vollzieht sich vom internen Argument (Thema) zum externen (Agens) hin. Ist das Thema-Argument (meistens) intern projiziert, können andere Argumente extern projiziert werden (vgl. aber der Schreiber des Briefs an 'DIE ZEIT). Es können im Laufe der Projektion keine Argumente übersprungen werden. Man beachte, dass die Tatsache, dass es durchaus kompositumsintern projizierte Agens-Argumente (oder besser noch: externe Argumente) gibt, wobei das Thema gar nicht auftritt, diese Idee mit Sicherheit nicht in Zweifel zieht. Das liegt daran, dass diese kompositumsinternen externen Argumente meistens das einzige Argument ihrer Basen sind (Bsp.: ung. gyereksírás - Kinder-

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Diese Durchlässigkeit bestimmter Köpfe eines Kompositums wird in der Literatur unter dem Stichwort Transparenz oder auch Opazität behandelt. Eine weitere Diskussion kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Ich weise lediglich darauf hin, dass aufgrund von Gallmann (1990) in Lindauer (1995) eine prinzipielle Antwort auf diese Problematik versucht wird. Auf interessante Einzelheiten weist bereits Höhle (1982) hin. Das wäre im Übrigen ein weiteres Argument dafür, dass bei Komposita wie Rücktrittsankündigung zwischen syntaktisch minimalem (wie etwa Ankündigung) und syntaktisch maximalem Kopf (wie Rücktrittsankündigung) zu trennen ist, wie ich das in Szigeti (1998) zu zeigen versucht habe. Eine FOP-Kategorie á la Selkirk (1982) (vgl. die in 1.1 dazu gemachten Aussagen) wäre in diesem Sinne ein syntaktisch maximaler Kopf. Der Korrektheit halber muss hinzugefügt werden, dass das Empfanger-Argument beim Verb schreiben fakultativ ist.

21 schreien, dt. Wasserbehälter, Obdachlosenunterkunft, etc.), und meistens nicht als volitionales Agens zu werten sind. Das fasse ich in (A2) zusammen: (A2) Die Projektion der geerbten Argumente vollzieht sich vom internsten Argument zum externen (Agens) Argument hin, wobei für das interne Argument das FOPC gilt. Die Gültigkeit des FOPC trägt der Tatsache Rechnung, dass im unmarkierten Fall NichtSubjekt-Argumente der Basis als Spezifizierer des Kompositums auftreten (Näheres und zusätzliche Evidenz zu dieser Erörterung wird in Kap. 4 präsentiert).

1.4 Semantische Theorien der Theta-Rollen

1.4.1 Bierwisch (1983, 1989) Wie bereits Oben mehrmals angedeutet, dient Bierwischs Modell als häufiger Bezugspunkt des lexikalistischen Ansatzes. Da aus diesem Grunde in Olsen (1992: 26ff.) eine gute Zusammenfassung vorliegt, werde ich nur diejenigen Aspekte hervorheben, die in unserem Zusammenhang besonders wichtig sind (sein werden). Dieser Ansatz ist im Grunde genommen semantisch verankert. Bierwisch geht davon aus, dass die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks zweifach determiniert ist: einerseits durch das Konzeptuelle System (= konzeptuelle Kompetenz bei Fanselow (1991:2)) des sprachlichen Wissens als eine Art 'Repräsentationsort' der außergrammatischen Aspekte eines Lexems (alle idiosynkratischen Informationen in Bezug auf eine Lexikoneinheit einschließlich pragmatisches Wissen); andererseits durch das lexikalische System, die Semantische Struktur (SES) (= formale Kompetenz bei Fanselow (1991: lf.)).32 Letzteres ist als ein komputationales Modul der Grammatik vorzustellen, welches diejenigen Prinzipien und formalen Regeln enthält, die die „Form von Lexikoneinträgen bestimmen, und somit eine Menge potentieller Lexikoneinträge (PLE) definieren". Stamm und Affixe verbinden sich in dieser Art von Grammatik durch die Operation der funktionalen Komposition etwa nach dem folgenden Muster. Im Lexikoneintrag eines lexikalischen Elements sind vier Arten von Information erfasst: Phonologische Form (PF in Form von Merkmalen der einzelnen Phoneme - hier in schrägen Klammern), Grammatische Charakterisierung (GF in Form von binären Merkmalen), thematische Struktur (TS mit λ-Abstraktoren) und die semantische Form (SF, die in Form von λ-Konversion (in eckigen Klammern) substituiert wird), cf.

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Diese Formulierung ist nicht zufällig so gewählt. Daran erkennt man, dass Bierwischs Vorschlag eigentlich die modifizierte, formale Reformulierung der traditionellen Auffassungen über Polysemie eines lexikalischen Elementes darstellt. Bei ihm ist jedoch das sog. 'core meaning' dadurch gekennzeichnet, dass es so weit wie möglich unterspezifiziert ist (im Idealfall unspezifiziert). Zum Begriff der Polysemie auf neutraler Basis vgl. Schippan (1987: 170ff).

22 (1-11) a. /ung/;[+N,-V,+Fem], λχ [χ]

[+V-N] b. /ret/;[-N, +V] λy λχ λζ [ζ INST[x RESCUE y]] c. /ret-ung/; [-V, +Fem, +Ν]λγλχλζ [ζ INST [χ RESCUE y]]

In TS des Suffixes ist -ung in (1-1 la) auf eine verbale Hauptkategorie spezifiziert ([χ] hat die Spezifizierung [+V,-N]). Genau diese Merkmale erfüllt der verbale Stamm in (1-1 lb). Wenn sich also diese beiden Lexikoneinträge verbinden, werden die grammatischen Merkmale von GF (da das Suffix der Kopf ist) entlang der Kopflinie auf das Derivat projiziert. Die Interpretation einer solchen Wortstruktur ist wie folgt: Da die SF von -ung eine Proposition (logisch gesehen einen Funktor) fordert, wird die SF von rett in der SF von -ung substituiert. Da auch die TS von rett übernommen wird, ergibt sich die Vererbung der Argumente von selbst, d.h. aus der TS der jeweiligen Elemente, die an der WB beteiligt sind. Das übernommene Theta-Raster des verbalen Stammes wird dann in der SF des neuen WB-Produktes in umgekehrter Reihenfolge nach den Gesetzen der λ-Konversion abgearbeitet.33 Hinter diesem Konzept verbirgt sich die altbekannte Vorstellung, dass die einem lexikalischen Element zu Grunde liegende KS fiir die Grammatik nur durch dessen TS sichtbar ist, indem sie durch diskrete thematische Rollen grammatisch abgebildet wird (d.h. die Organisation der Grammatik legt fest, dass nur das sog. Θ-Raster lexikalischer Elemente fiir die Syntax zugänglich ist, nicht aber die denen zu Grunde hegenden Konzepte). Diskrete thematische Rollen sind jedoch nicht geeignet, als eindeutiges grammatisches Pendant der Konzepte zu dienen, da (i) eine semantische Rolle konzeptuell weiter aufspaltbar ist, so dass gleichzeitig mehrere Lesarten parallel existieren (das traditionelle Agens-Argument kann etwa je nach Spezifizierung als Benefizient, Experiences Eigenschaftsträger, Agens oder Actor aufgefasst werden, vgl. Das Buch hat mich 20 Mark gekostet)·, (ii) manche Mitspieler von Verben keine (wie bei den sog. unpersönlichen Verben), andere hingegen mehr als eine thematische Rolle zugewiesen bekommen können (das ist bei reziproken Verben oft der Fall, bzw. trifft generell für 'symmetrische' Verben zu wie in dem deutschen Satz: Hans ähnelt seinem Chef angedeutet); (iii) im nominalen Bereich Argumente weggelassen werden können; (iv) (auch) pragmatische Faktoren bei der Argumentrealisierung eine Rolle spielen,34 wie etwa die Unterscheidung zwischen faktischer und dispositioneller Lesart deveibaler Nomina eindringlich demonstriert (so können z.B. fehlende Α-Stellen pragmatisch geschlossen werden, etwa durch Implikaturen, oder durch Erstellen einer stereotypen Relation, wie Fanselow (1988a: 102) dies vornimmt).35 Man erkennt nun unschwer, dass diese Probleme in der Tatsache verankert sind, dass TS und KS divergieren, d.h. nur teilweise überlappen. Ein möglicher Ausweg bestünde also darin, anzunehmen, dass TS und KS eine Art unifizierte Menge bilden und die Syntax zu dieser gut definierbare Beziehungen aufnimmt. Diese Annahme kann anhand von Dowty (1991) näher gedeutet werden.

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Diese Abarbeitung der AS des neuen WB-Produktes liefert m.E. zusätzliche Evidenz fur die Korrektheit von (A2). In dem Beispiel Peters Essen mit der Gabel ist die Patiens-Lesart des sächsischen Genitivs nicht etwa aus strukturellen Gründen ausgeschlossen, sondern aus pragmatischen. Es gibt heutzutage wohl keinen Punkt der Erde, wo Menschen gegessen werden. Das ist aber mit Sicherheit kein grammatisches (sprachliches) Wissen. Drei der aufgezählten Probleme (i, ii, iv) werden in Dowty (1991: 553ÍT.) knapp diskutiert. Zur ausfuhrlichen Stellungnahme vgl. Jackendoff (1987: 380f.)

23 1.4.2 Dowty (1991) In dem einzigen Ansatz, wo ein expliziter Unterschied zwischen konzeptueller Struktur und semantischer Struktur gemacht wird (Bierwisch (1983, 1989), vertritt Bierwisch die Auffassung, dass A-Vererbung durch funktionale Komposition erfasst werden kann. Die syntaktische Weglaßbarkeit (bzw. syntaktische Realisierbarkeit) der Argumente sowie ihre möglichen Abfolgen beispielsweise im nominalen Bereich werden aber in diesem Ansatz nicht angesprochen. Der Ansatz von Dowty (1991) bietet hierzu wesentliche Anhaltspunkte. Dowty (1991) geht davon aus, dass die Theorie der diskreten thematischen Rollen an tatsächlichen syntaktischen Abfolgen bzw. an der Semantik bestimmter Konstruktionen vorbeigeht. Er schlägt nun vor, dass die vieldiskutierten thematischen Rollen eigentlich Zusammenfassungen von typischen Eigenschaften darstellen, welche im prototypischen Fall den Konzepten zu Grunde liegen (können). Eine Menge zutreffender Eigenschaften konstituiert eine sog. thematische Proto-Rolle. Diese werden dann direkt in syntaktische Funktionen (Subjekt, Objekt) überfuhrt.36 Unter der Annahme der konstitutiven Eigenschaften ist es ausreichend, statt der vielen unklar abgrenzbaren Rollen zwei Proto-Rollen anzunehmen: Proto-Agens-Rollen und ProtoPatiens-Rollen. Die Beziehung zwischen dieser - i.e.S. konzeptuellen - Struktur und der Syntax wird durch das folgende Prinzip der Argumentselektion (vgl. ebd. S. 576) geregelt:37 (1-12) Argument Selection Principle (ASP): In predicates with grammatical subject and object, the argument for which the predicate entails the greatest number of Proto-Agent properties will be lexicalized as the subject of the predicate; the argument having the greatest number of Proto-Patient entailments will be lexicalized as the direct object. Die thematischen Proto-Rollen lassen sich relativ einfach auf die herkömmliche Hierarchie der th4ematischen Rollen abbilden. Man nehme folgende Prioritätsliste (vgl. auch Fußn. 15): (1-13) (Ag (Ben (Exp/Goal (Inst (Pat/Th (Loc)))))) Agens, Experiencer und Instrumental sind Agens-Proto-Rollen, während Thema, Ziel, Patiens etc. Patiens-Proto-Rollen darstellen. Die jeweiligen Proto-Rollen haben folgende konstitutive Merkmale oder Eigenschaften:38

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Ich verweise darauf, dass es in der sog. Lexikalisch-Funktionalen Grammatik (LFG) ähnliche Vorstellungen gibt. Dort ist es die sog. Lexical-Mapping Theory, welche die Überführung der Argumente (charakterisiert durch thematische Rollen) in syntaktische Funktionen (vor allem Subjekt und Objekt) regelt. Näheres und Kritisches dazu s. in Laczkó (1995: 31ff.) bzw. in Kap. 5.1.2 dieses Buches. Der Vollständigkeit halber soll hier angemerkt sein, dass das Prinzip der Α-Selektion zwei Korollare hat. Das eine bezieht sich auf den Fall, wenn die gleiche Anzahl an Eigenschaften fur die Proto-Agens bzw. Proto-Patiens Rolle vorliegt. Das andere regelt die Lexikalisierung von syntaktischen Funktionen bei dreistelligen Prädikaten. Zusätzlich wird ein wesentliches Charakteristikum der Proto-Rollen festgehalten: sie klassifizieren Argumente weder vollständig oder unikal noch diskret. Vgl. ebd. S. 572f. Man beachte, dass die obigen Listen nicht vollständig sind, wie Dowty selbst einräumt.

24 (1-14) Contributing properties for the Agent Proto-Role a. volitional involvement in the event or state b. sentience (and/or perception) c. causing an event or change of state in another participant d. movement (relative to the position of another participant) (e. exists independently of the event named by the verb) (1-15) Contributing properties for the Patient Proto-Role a. undergoes change of state b. incremental theme c. causally affected by another participant d. stationary relative to movement of another participant (e. does not exist independently of the event, or not at all)

Der große Vorteil dieses Ansatzes besteht m.E. darin, dass er gleichzeitig restriktiver und liberaler ist als sein herkömmliches Pendant über die diskreten thematischen Rollen. Restriktiver, weil nur zwei wesentliche Proto-Rollen angenommen werden, und auch liberaler, weil durch die Verwendung der konstitutiven Merkmale die Notwendigkeit der Postulierung einer thematischen Hierarchie entfallt, eine willkommene Konsequenz, zumal dies in der Literatur erhebliche Schwierigkeiten zeitigt.39 In (1-16) stehen einige Beispiele dafür, wie die ursprünglich diskreten Θ-Rollen in Form von Merkmalkombinationen charakterisiert werden können: (1-16) (i) Agens: [+volition;+causation;+sentience;+movement] (ii) Experiencer: [-volition; -causation; +sentience; -movement] (iii) Instrument: [-volition; +causation; -sentience; +movement] (iv) Thema: [+change; +inc. theme; +depend. existence]

Man beachte, dass die Liste in (1-16) beliebig erweitert werden kann. Die Spezifizierungen in (1-16) sind allerdings nicht so zu verstehen, dass z.B. ein Agens oder ein Experiencer nur dann vollständig charakterisiert ist, wenn alle Merkmale den hier dargelegten Wert aufweisen. Auch hier gilt das Prinzip der maximalen Unterspezifizierung, d.h. in der Abhängigkeit vom Kontext der Anwendung kann sogar die entsprechende Belegung eines einzigen Merkmals eine diskrete Rolle hinreichend spezifizieren. Das ist beispielsweise beim Agens dann der Fall, wenn kontextuell nur das Vorhandensein des Merkmals [+causation] gerechtfertigt werden kann (und alle anderen Merkmale negativ oder unspezifiziert sind).40 In diesem Zusammenhang ist noch der Ansatz von Alberti (1997) zu beachten.41 Im Gegensatz zu Dowty (1991) verwendet Alberti (1997) weiterhin diskrete Theta-Rollen. Er unterscheidet jedoch bei der Charakterisierung der AS der vetbalen Prädikate zwischen absoluter und relativer Struktur.42 Unter Ersterer versteht er die hierarchische Anordnung der Argumentstellen morphologisch verwandter Verben auf einer Achse, während letztere all das 39 40

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Ein gutes Beispiel hierfür ist Bhatt (1990). Vgl. dazu kritisch Szigeti (1995: 48-55). Bei den diskreten Rollen wird öfters zwischen Agens und Actor unterschieden (s. auch weiter oben). Letztere beschreibt im Gegensatz zur Ersteren einen unwillkürlich Handelnden. Dieser Unterscheidung kann man in Dowty s (1991) System durch die unterschiedliche Wertsetzung des Merkmals [±volition] Rechnung tragen. Actor wäre demnach auf [-volition], Agens hingegen auf [+volition] spezifiziert. Vgl. Kiefer (1990-91). Alberti (1994) ist die Manuskript-Version von Alberti (1997). Im weiteren Verlauf betrachte ich Alberti (1997) als richtungsgebend. Vgl. ebd. S. 20ff.

25 umfasst, was mit der Sprecherperspektive zu tun hat (insbesondere liegt dadurch situative und/oder das Weltwissen betreffende Information vor).43 Offenbar geht also Alberti (1997) von einer homogenen Organisation der Grammatik im lexikalischen Bereich aus, obwohl er das in dieser Form nicht diskutiert: Ein lexikalisches Element lizenziert seine möglichen Argumente in jeder Hinsicht (thematisch, situativ etc.). Die TS eines lexikalischen Elements ist in diesem Sinne als ein Netzwerk von all jenen Informationen vorzustellen, die das Vorkommen der Argumente bestimmen können. Wie aber spezielle Sequenzen, bzw. bevorzugte Lesartsunterschiede entstehen, wird leider nicht in Detail herausgearbeitet. Laczkó (1998: 226f.) macht dazu die treffende Bemerkung, dass Albertis (1997) Ansatz keine thematische Theorie darstellt, da ihm das Wesentliche einer solchen Theorie fehlt, nämlich ein organisierendes Prinzip fur die Überführung der Argumente in syntaktische Funktionen, bzw. ein Prinzip, welches die relative Struktur in die absolute transformieren würde. Seine Regel, die er The Canonical Interpretation of the Relative Structure nennt, ersetzt diesen Mangel nicht. Fasst man jedoch Argumente im Sinne von Dowty (1991) als durch thematische ProtoRollen (oder wenn man will, durch ein Netzwerk von Konzepten) charakterisierbare Einheiten auf, wird klar sichtbar, dass beide Ansätze im Grunde genommen auf dasselbe hinauslaufen: Alberti (1997) will außersprachliche Aspekte in der relativen Struktur behandelt wissen, während diese in Dowty (1991) bereits durch die konstitutiven Merkmale der Proto-Rollen gegeben sein kann. Ich werde im Folgenden nicht von der extrem 'homogenistischen' Lexikonauffassung Alberti'scher Prägung Gebrauch machen. Ich bin dagegen der Ansicht, dass eine etwas 'geschwächte' Version von (0-4) an dem oben angedeuteten gemeinsamen Nenner von Dowty (1991) und Alberti (1995) nicht vorbeigeht und sogar mehr mit der relativen Autonomie der Morphologie und der Syntax im Einklang steht. Bislang wurde vor allem die formale Seite (SES) der thematischen Theorien angesprochen. Im nächsten Schritt wende ich mich der Beziehung der Nominalisierungen zu den Konzepten (bzw. zur KS) zu, indem ich meinen eigenen Ansatz vorstelle.

1.5 Ein konzeptueller Ansatz

Konzepte sind charakteristische Organisationseinheiten der konzeptuellen Kompetenz. Die in Bierwisch (1983, 1989) postulierte KS beschreibt also die interne Beziehung unter den Konzepten, ähnlich, wie die AS die Beziehungen unter den Argumenten erfasst. Einzelne Wortbedeutungen entstehen derart, dass die Konzepte als typische Organisationseinheiten den Wörtern zugewiesen werden, wodurch Wortbedeutungen selber zu 'Abdrücken' von konzeptuellen Strukturen werden, „in denen Wissen wortspezifisch organisiert und gespeichert ist" (Rickheit (1993:9)). So sind z.B. an der Bedeutung des Veibs schlafen mindestens zwei

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Die relative AS wird in Alberti ( 1995: 20) noch als avalaible argument bezeichnet, cf. ,4 will call a participant associated with a lexical item [...] an available argument of this item. I claim that in addition to its single 'normal' argument (x is a marriage), a nominal predicate has several available arguments to which it also assigns roles; and one of such roles is assigned to the possessor in a possessive construction (by a non-verbal noun)."

26 Konzepte beteiligt: TÄTIGKEIT und TÄTER (oder PERSON).44 Wird aus dem Veib schlafen das Derivat Schläfer gebildet, so haben wir grundsätzlich zwei Möglichkeiten, dieses Derivat konzeptuell zu deuten. Erstens könnte angenommen werden, dass dies genauso kompositionell erfolgt wie auf der Ebene der SES. Hierfür gibt es aber nur sehr begrenzte Evidenz. Höchstens im Falle von Diminutivsuffixen und Movierungssuffixen könnte im Deutschen eine solche Sichtweise gerechtfertigt sein, worauf Mötsch (1988:1 Iff.) aufmerksam gemacht hat.45 Ich gehe daher davon aus, dass die zweite Deutungsmöglichkeit, der sog. holistische Ansatz, adäquat ist: Ein Derivationssuffix trägt kein eigenes Konzept.46 Sofern konzeptuelle Verschiebung im Sinne von Bierwisch (1989) angenommen wird, bedeutet dies für unseren Fall, dass das ursprünglich mit dem Verb korrespondierende Konzept durch die 'Hinzufugung' von dt. -er oder ung. -o/-ö derart geändert wird, dass das Derivat ein anderes (verändertes) Konzept (oder: eine veränderte KS) aufweist. Ich formuliere in Anlehnung an Meibauer (1995) folgende Hypothese: (Hl) Das -er-Suffix und das -ó/-ó'-Suffix modifizieren die konzeptuelle Struktur ihrer Basis. Die 'Zielkonzepte' (die mit dem Derivat korrespondierenden Konzepte) sind im Bereich der deutschen -er-Nomina: TÄTER oder PERSON (NAG), GERÄT (NI), PRODUKT (NA) und OBJEKT (NPA); im Bereich der ungarischen -ó/-ó'-Nomina: TÄTER oder PERSON (NAG), GERÄT (NI), EREIGNIS (NAC) und ORT (NLOC). Das ungarische -ó/-ó'-Suffix und das deutsche -er-Suffix haben also gemeinsam, dass sie Nomina bilden können, denen das TÄTER/ PERSON- oder das GERÄT-Konzept zugrundeliegt. Das weist darauf hin, dass es im Lexikoneintrag der beiden Suffixe Gemeinsamkeiten gibt: es muss dort u.a. spezifiziert werden, dass beide zur Bildung von NI und NAG dienen. Darüber hinaus haben sie auch Unterschiede: Im Ungarischen sind noch NAC und NLOC möglich, im Deutschen hingegen NA und NPA. Nach (Hl) ist die Modifizierung der KS infolge der Derivation etwa beim Veib schlafen so vorzustellen, dass eine Verschiebung von TÄTIGKEIT plus TÄTER zum Konzept TÄTER/ PERSON (der/die die im Verb genannte Tätigkeit ausübt) stattfindet.47 Bereits an diesem Beispiel kann man die typische Konstellation erkennen: Das mit dem Basisverb korrespondierende Konzept kommt nur indirekt zum Tragen, die Bedeutung des Derivats korrespondiert mit einem Konzept, welches beim Verb ein Argument (oder genereller gesagt: eines der Argumente) identifiziert.48 Das ist m.E. ein Anzeichen dafür, dass die AS als eigentliche 44 45

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Namen von Konzepten werden im weiteren Verlauf durch Großschreibung gekennzeichnet. Konzeptuelle Ansätze werden in der Fachliteratur über das Ungarische völlig ausgeblendet, entsprechende Überlegungen wie bei Mötsch (1988) sind also nicht bekannt. Diese Aufassung wird etwa in Meibauer (1995) holistisch genannt, vgl. daher zu einer näheren Diskussion, ebd. S. 12f. Man beachte, dass die Redensart von den Zielkonzepten wie etwa PERSON weder heißen noch implizieren soll, dass etwa der Person-Begriff alleine zu den Bedeutungseigenschaften fuhrt, die beispielsweise Schläfer oder Erfinder haben. Ein Erfinder ist also ein χ derart, dass χ Dinge erfindet/ ein Ding erfunden hat. Da nun das Subjekt von erfind eine Person bezeichnet, ist χ eine Person. Diese Bezeichnungsrelation entsteht allerdings dadurch, dass das genannte Subjekt auf der Ebene der KS mit dem PERSON-Konzept korrespondiert, deshalb halte ich die zugegebenermaßen vereinfachende Redensart fur berechtigt. Die Hinzufilgung von TÄTER soll diesen Umstand verdeutlichen, indem es einen Bezug zur AS ermöglicht. Allerdings ist einzuräumen, dass auch ein Bezug zum Basiskonzept des Ausgangsverbs möglich ist, in diesem Fall entsteht ein Nomen, welches mit dem PRODUKT-Konzept korrespondiert. S. dazu insbes. die in Kap. 4.3 gemachten Bemerkungen.

27 Schnittstelle zwischen KS und SES fungiert. Argumente, als Teile der semantischen Charakterisierung einer lexikalischen Einheit á la Bierwisch (1989) (vgl. (1-11) oben), ermöglichen einen direkten Bezug auf die KS, während dies etwa bei Verben nur durch ihre ganze AS geschieht. Außerdem sind die mit den verbalen Argumenten korrespondierenden Konzepte gleicher Natur, wie bei den Derivaten. Hierfür spricht auch, dass Argumente eben durch ihren direkten Bezug zur KS zusätzliche konzeptuelle Information in den Lexikoneintrag einbringen können. Diese Auflassung vom Schnittstellencharakter der AS hat folgenden Vorteil: Die in (114) und (1-15) dargelegten Proto-Rollen-Merkmale können auch auf die Charakterisierung von (korrespondierenden) Konzepten übertragen werden. So ist beispielsweise ein Agens immer ein TÄTER (und auch umgekehrt) oder eine PERSON, m.a. W. die Proto-Rollen-Charakterisierung des Agens (s. l-16i) identifiziert notwendigerweise auch das TÄTER/Person-Konzept. Die empirische Grundlegung dieser Korrelation liegt auf der Hand: Ein Agens korrespondiert immer mit dem TÄTER/PERSON-Konzept. Im Gegensatz dazu hat etwa ein Experiencer veränderte Eigenschaften (s. l-16ii), die Täter-Eigenschaft ist dabei nicht ausgeprägt. Immerhin handelt es sich aber um eine Person. Daher verwende ich für solche Fälle folgende Bezeichnung: Täter/PERSON.49 Desweiteren identifiziert etwa (l-16iii) das Konzept GERÄT. Das folgt allein schon daraus, dass dies die einzige Agens-Proto-Rolle darstellt, welche nicht das TÄTER/PERSON-Konzept aufweisen kann. Sofern also Agens und Experiencer restlos identifiziert werden können, erfolgt auch im Falle von Instrumental notwendigerweise eine Identifizierung. Fragt man nach einer generellen Theorie der Konzeptzuweisung, muss man schnell konstatieren, dass die Etablierung einer solchen Theorie noch aussteht. An dieser Stelle kann das auch nicht nachgeholt werden. Als geeigneter Orientierungspunkt gilt die Unterscheidung zwischen Wortkonzept und Referenzkonzept. Referenzkonzepte (die man mit der Fanselow'sehen faktischen Lesart identifizieren kann) stellen die aktuelle, kontextabhängige Bedeutung eines Wortes dar (vgl. Meibauer 1995: 15). Nach Rickheit (1993: 160) können sie nicht frei zugewiesen werden; ihre Zuweisung kann durch folgende Faktoren beschränkt sein: (1-17) a. durch die Bedeutungsstruktur des entsprechenden Lexems (also durch das Wortkonzept, vgl. 1-11 oben) b. durch die Bedeutungsstruktur des relevanten Syntagmas (der relevanten Phrase) c. durch sprachunabhängiges Wissen über Merkmale des Referenten50

Demgegenüber versteht man unter Wortkonzept (dispositionelle Lesart bei Fanselow (1991)) das sprachlich determinierte Konzept eines Wortes (vgl. Meibauer 1995: 16). Wortkonzepte können i.A. frei zugewiesen werden, sie können daher primär sein. Sie weisen generell folgende Eigenschaften auf:

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Sofern im weiteren Verlauf wertneutral über das TÄTER/PERSON-Konzept gesprochen wird, bleibt die Großschreibung beider Teile stets erhalten. Rickheit (1993: 190) schließt sich hier einer Hypothese der sog. Naiven Semantik (vertreten durch Dahlgren (1988)) an: „Die Bedeutung von Wörtern, die sich auf Sorten beziehen, fallt mit dem Wissen über Merkmale des Referenten zusammen". Zur näheren Diskussion s. dort.

28 (1-18) a. Wortkonzepte enthalten Verweise ins Sortensystem,51 daher b. stellt ein Wortkonzept ein komplexes Bündel aus Restriktionen dar, das den Kontext eines Textworts gleichzeitig in syntaktischer und in sortaler Hinsicht einschränkt. c. Ein Wortkonzept enthält einen sortalen Verweis auf einen potentiellen Referenten der Phrase, in der das betreffende Wort vorkommen kann. d. Wortkonzepte müssen systematisch modifizierbar sein.

Sorten (oder: sortale Konzepte) stellen spezifische psychisch-reale Aspekte dar, unter denen Entitäten und/oder Situationen betrachtet werden können. Sie haben die Funktion, „allgemeine konzeptuelle Strukturierungsmöglichkeiten verfugbar zu machen, die weder sprachspezifisch noch referentspezifisch sind" (Rickheit (1993: 201f.). Es ist beim gegenwärtigen Stand der Forschung nicht eindeutig zu sagen, wie das in (l-18a-c) angesprochene sortale System (SorS) mit der KS korreliert. Meibauer (1995:16) geht von der Annahme aus, dass Sorten mit den Konzepten zusammenfallen können. Dies sagt voraus, dass KS und SorS eine nicht-leere Schnittmenge bilden. Die Eigenschaft der Sorten aber, weder sprach- noch referentspezifisch zu sein, widerspricht dieser Auffassung. Ich gehe daher mit Rickheit (1993: 204f.) einig, dass eher eine strikte Vererbungshierarchie der Kozeptualisierungen vorhanden ist, die durch mehrere Stufen von den globalen Kategorien (oder Sorten) über das Wortkonzept zum Referenzkonzept fuhrt, wobei jedes 'Element' einer höheren Stufe mit einschlägigen Eigenschaften der unmittelbar niedrigeren Stufe verträglich sein muss.52 Zur Idee der konzeptuellen Verschiebung ist noch folgende Bemerkung zu machen. In Anlehnung an Bierwisch (1989: 53) gehe ich davon aus, dass die sog. core meaning (Kernbedeutung) der Lexeme im Lexikoneintrag maximal unterspezifiziert ist. Das wird im Folgenden besonders wichtig sein, da u.U. die Nominalisierbarkeit bestimmter Verben davon abhängt/ abhängen kann. So sind beispielsweise Geher ein wohlgeformtes Nomen des Deutschen und lakó ('Wohner' im Sinne von Untermieter) ein wohlgeformtes Nomen des Ungarischen. Sowohl das Veib gehen als auch das Veib lakik (wohnen) können Lokativ-Argumente aufweisen. Meine These ist nun, dass sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (insbesondere die Bedingung (l-18c) für Wortkonzepte), Veiben mit ihrer Kernbedeutung nominalisert werden können. Das kann auch dazu führen, dass die Einführung eines (weiteren) Arguments (des Lokativ-Arguments im oben genannten Fall) die gleichen Bedingungen nicht mehr erfüllt, weshalb die Nominalisierung nicht möglich ist. Durch diese Überlegungen kann man beispielsweise die traditionelle These, dass Veiben mit Lokalergänzung nicht nominalisiert werden können, aufrecht erhalten. Aus dem Schnittstellen-Charakter von AS ergibt sich unmittelbar, dass die in (Hl) angesprochene Modifizierung der KS der Basis direkt auf die AS der Basis bzw. die den Argumenten zugeordneten Konzepte Bezug nimmt, indem (i) syntaktische Argumente zu semantischen umstrukturiert werden;53 (ii) eines der durch (l-18c) derterminierten Argumente selektiert wird und (iii) dieses durch das abgeleitete Wortkonzept instanzüert wird. In dem hier vertretenen Ansatz ist die oben angesprochene Bezugnahme auf die KS bereits im Falle der 51

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Zur Diskussion eines möglichen sortalen Systems für deutsche -er-Derivate s. Meibauer (1995: 14ff). Die Verifizierung eines solchen Aufbaus kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Zu weiteren Argumenten, bzw. der konkreten Ausbreitung dieser Idee s. Rickheit (1993: 206ff.). Unter semantischem Argument verstehe ich mit Lieber (1983: 257) Folgendes: „Semantic argument: Semantic arguments are phrases which are not obligatory or lexically specified. They include Locatives, Instrumentals, Manner phrases, Benefactives, Agentives, etc."

29 maximal unterspezifizierten Kernbedeutung (und der ihr zu Grunde liegenden KS) möglich. Das spielt eine erhebliche Rolle bei der Determinierung der Nominalisieibarkeit bestimmter Verben oder Veibklassen.

1.6 Zur Verbklassifikation

Es dürfte bislang klar geworden sein, dass die Beschaffenheit der Verb-Argument-Beziehung den Angelpunkt der vorliegenden Untersuchungen bildet. Veiben bilden aufgrund dieser Beziehung mehr oder weniger einheitliche Klassen. Die jeweilige Beschaffenheit solcher Veibklassen hat auch darauf Einfluss, wie/ob die Derivationsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Insbesondere wird uns interessieren, bei welcher Art von Verb-Argument-Beziehung keine ON und ERNs möglich sind. Es sind daher an diesem Punkt einige Bemerkungen zur Verbklassifikation angebracht. In Fabricius-Hansen (1991) werden diverse Kriterien der Verbklassifikation vorgestellt. Sie teilt diese in morphologische, syntaktische und semantische Kriterien ein. „Eine sprachtypologische morphologische Verbklassifikation erfolgt ganz allgemein nach den Kategorien, die jeweils am Verb ausgedrückt werden: Tempus; Modus; Satzmodus; Aspekt, Aktionsart, Diathese; Negation; Inferentialität; Kongruenz mit Subjekt, direktem Objekt, indirektem Objekt u. weiteres mehr." (ebd. S. 693.) (Die von mir vorgenommenen Hervorhebungen in der Liste beziehen sich darauf, dass die genannten Eigenschaften im Ungarischen - etwa im Gegensatz zum Deutschen - eine wichtige Rolle bei der Veibklassifikation spielen, was bei der Behandlung der Derivationsmöglichkeiten von ON sichtbar sein wird.) Syntaktisch basierte Verbklassifikationen berücksichtigen in der Regel die Distribution der Verben, bzw. ihre Kombinieibarkeit mit den zu ihnen gehörigen Ergänzungen. Schließlich beziehen sich semantische Klassifikationen auf den jeweiligen Bedeutungstyp (den logischen Typ) der VeibArgument (oder genereller: Prädikat-Argument) Beziehung.54 Grundlegende Bedeutung werden in unserem Zusammenhang die syntaktischen und semantischen Kriterien spielen, zumal diese beiden Aspekte bei der AS eine wesentliche Rolle spielen. Morphologische hingegen werden nur dort eine Bedeutung erlangen, wo sie eindeutig für Bildungseinschränkungen (und daher indirekt auch für A-Vererbung) verantwortlich gemacht werden können. Diese Auffassung hat unter folgenden Gesichtspunkten ihre Berechtigung: • Die wohl einflussreichsten Arbeiten auf diesem Feld sind Levin (1993), und Levin & Rappaport (1995). Ihre Forschungsmethode ist, die syntaktischen Abfolgemöglichkeiten mit entsprechenden semantischen Einschränkungen zu paaren, und somit ein klares Modell für die Schnittstelle zwischen Syntax und lexikalischer Semantik zu schaffen. Diese Methode

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Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass zwischen der syntaktischen Realisierung und dem jeweiligen semantischen Beziehungstyp des Ergänzungsrahmens zum Verbinhalt zwar ein enger Zusammenhang besteht. Dieser kann jedoch keine Eins-zu-eins-Beziehung sein, wie dies bereits die kurze Vorstellung der Nachteile der diskreten Theta-Rollen demonstriert (s. insbes. (i) und (ii) bei der Diskussion von Bierwischs Ansatz).

30 kann hier jedoch nicht einfach übernommen werden, weil (a) sie für unsere Fragestellung nicht unmittelbar relevant ist; (b) die dort praktizierte Schnittstellenbeschaffenheit keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Nominalisieibarkeit der Verben zulässt, bzw. aus ihr keine Schlüsse in Bezug auf das syntaktische (oder auch morphologische) Verhalten der geerbten Argumente gezogen werden können (insbesondere ist die SLH nicht gültig); (c) die so aufgestellten Klassen aufgrund des Englischen erarbeitet wurden, und eine Adoptierung auf das Deutsche oder vor allem auf das Ungarische in diesem Rahmen nicht erfolgen kann. • Hier wird eine Klassifikation angestrebt, die von den semantischen Klassifikationskriterien ausgeht, derart, dass die an sich semantische Relation der Verb-Argument-Beziehung (im Folgenden auch: VAB) als grundlegend verstanden wird. Wenn also von A-Vererbung die Rede sein wird, wird es sich in erster Linie um die Übernahme (oder Nicht-Übernahme) dieser zu Grunde liegenden VAB handeln, ob in modifizierter (bei überwiegender Mehrheit der Fälle) oder in unveränderter (in seltenen Fällen) Form. Dies heißt aber nicht, dass die Wichtigkeit der Syntax geleugnet wird. Hier ist jedenfalls zu beachten, dass diese Art der Klassifikation nicht die gleichen Ergebnisse erbringt, wie die von Levin (1993) und Levin & Rappaport (1995), zumal gewisse Klassen der Levin-Rappaport'schen Analyse, die dort als unterschiedlich herausgestellt werden, aus der puren thematischen Perspektive gesehen eine natürliche Klasse bilden. So sind beispielsweise in Levin (1993: 11 Iff.) zehn Klassen der „verbs of putting" zu finden, die thematisch gesehen doch eine natürliche Klasse sind (,jd. tut irgendwas irgendwohin"). Diese überlappt thematisch gesehen desweiteren mit den „verbs of sending" (5 weitere Unterklassen) und teilweise auch mit den „verbs of throwing" (2 weitere Unterklassen), so dass diese zusammen auch eine mögliche Klasse bilden. Zieht man demgegenüber das syntaktische Verhalten als Unterscheidungskriterium heran, müssen sie á la Levin (1993) als unterschiedliche Klassen angesehen werden. Dieses Szenario lehrt uns jedoch, dass sich durch die Einschränkung der Sichtweite auf die thematische Seite der VAB die Möglichkeit ergibt, die veibale Syntax - was bei den genannten Autoren groß geschrieben wird - bei der Erstellung der morphologischen Aspekte der A-Vererbung unberücksichtigt zu lassen.55 Es kann demgegenüber eine direkte Morphologie-(lexikalische) Semantik-Interaktion angenommen werden, und keine indirekte, wo morphologische Operationen von vornherein mit der Syntax konfrontiert sein müss(t)en, wie Levin (1993) und Levin & Rappaport (1995) dies annehmen. Diese direkte Interaktion zwischen Morphologie und Semantik steht klar im Einklang mit Bierwisch (1989) und Dowty (1991), wie das weiter oben erläutert wurde. (Man beachte insbesondere, dass z.B. im Lexikoneintrag á la Bierwisch keine möglichen Realisierungen der syntaktischen Form vorgeschrieben werden, so dass die Intervention der Syntax nicht als unbedingt notwendig erscheint.) • Es gibt darüber hinaus weitere Anzeichen dafür, dass bei der A-Vererbung auf Theta-Rollen (in Form der AS konkreter Basen) Bezug genommen wird. In Reis (1988: 59) werden u.a. folgende Beispiele hierfür zitiert: (1-19) a. der Lieferer des Hotels - Hotellieferer b. der Belieferer des Hotels - Hotelbelieferer

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Bei dieser Überlegung wird besonders sichtbar, dass es zwischen syntaktisch realisierter Form und zu Grunde liegender AS oder TS keine Eins-zu-eins-Entsprechung gibt, weil die gleiche thematische Rolle syntaktisch verschieden realisiert werden kann. Gleichzeitig zeigt diese Tatsache auch die Grenzen eines einfachen thematischen Ansatzes an (s. näher auch Kap. 1.4.2).

31 Unter der Annahme, dass die jeweiligen Ergänzungen bei den obigen Derivaten (im Sinne des FOPC) auf die internen Argumente der zu Grunde liegenden Basen Bezug nehmen, kann der Unterschied zwischen (l-19a) und (l-19b) problemlos erklärt werden. Dabei kommt es weniger auf die Kasusmarkierung des jeweiligen internen Arguments beim Verb an (diese werden bei Nomina im Standardfall alle zu Genitivphrasen), als auf die jeweilige thematische Rolle der Argumente. Und nun konkret zu den Daten: Beim Verb liefern ist das Ziel-Argument intern (hier: das Hotel), beim beliefern ist es hingegen das Thema. Dieselben Argumente kommen auch bei den entsprechenden Nominalisierungen vor (die Genitivphrase in (l-19a) ist das Ziel, wobei Thema unterdrückt wurde, in (l-19b) ist es umgekehrt), was klar demonstriert, dass thematische Information weitergeerbt wird, und nicht etwa diejenige syntaktische, wie die jeweils gegebene thematische Struktur auf der (syntaktischen) Oberfläche realisiert wird. (In Bezug auf die obigen Beispiele wird in Reis (1988) wohl die Annahme gemacht, dass das -erSuffix das externe - in diesem Fall: Agens - Argument sättigt. Diese und ähnliche Fragen sollen jedoch weiter unten interessieren.) Die gleiche Argumentation kann auch in vielen Fällen ohne große Schwierigkeiten nachvollzogen werden. Soweit ich sehe, trifft dies für alle Verben zu, bei denen ein Thema-Argument in Form einer NP mit einem Ziel-Argument der Form einer PP alterniert. Folgendes Beispiel soll dies illustrieren (denken vs. denken an): (1-20) ein Denker der falschen Schlüsse a. jd., der (gewöhnlich) falsche Schlüsse denkt b. *jd., der (gewöhnlich) an falsche Schlüsse denkt

Die angedeutete Lesartenverteilung in (l-20a-b) legt dieselben Schlüsse nahe, wie die Argumentation im Zusammenhang mit Reis (1988): Es wird bei der Α-Realisierung im nominalen Bereich eindeutig auf (ererbte) thematische Rollen Bezug genommen, und nicht (nur) auf syntaktische Relationen. Ein weiteres Beispiel fìir den Vorrang der Theta-Rollen liefern die Verben ohne Nominativ-Argument, wie mir graut/graust. Solche Verben können durch das -erSuffix nicht nominalisiert werden. Zieht man nun als Erklärung für diese Tatsache die syntaktische Eigenschaft der fehlenden Nominativmarkierung heran, hat man eine Deutung für eine an sich sehr begrenzte Klasse parat (die syntaktisch gesehen ohnehin einen Ausnahmestatus hat). Nimmt man hingegen an, dass die benannte Einschränkung unter Rekurs auf die thematische Eigenschaften des Verbs zu formulieren ist, d.h. dass das dativisch markierte Argument ein internes Argument darstellt (eine Annahme, die aus Kasusgründen sowieso gemacht werden muss, wegen inhärenter Kasusmarkierung), dann ergibt sich daraus, dass die angesprochene Einschränkung größere Reichweite hat: Aus Verben mit internem Experiencer-Argument sind keine ERN möglich. Dadurch kann die Generalisierung nicht nur eine Ausnahmeklasse erfassen (s. weiter unten), diese Erklärung ist also der kasusbasierten vorzuziehen. Auch die Unterscheidung zwischen inhärenter und struktureller Kasusmarkierung der verbalen Argumente bringt keine tiefere Einsicht in die Vererbbarkeit, wie bereits Toman (1987: 60) daraufhingewiesen hat.56 So hängt z.B. die Nicht-Vererbbarkeit von 56

Hoekstra (1986) benützt gerade die unterschiedliche Kasusmarkierung bei Verben und Nomina dafür, für den Vorrang der TS bei der A-Vererbung zu argumentieren - dito die Annahme, dass

32 Dativargumenten nicht davon ab, dass diese beim Verb inhärent kasusmarkiert werden (vgl. *die Hilfe dem Mann). Diese Tatsache tangiert eher die Eigenschaft der entstehenden NP, dass bei solchen kein Dativ erscheinen kann (bei -iar-Adjektiven ist hingegen der Dativ vererbbar, vgl. Dieser Wunsch ist dem Mandanten nicht verwehrbar). In diesem Sinne besteht zwischen Vererbbarkeit und Kasusmarkierung (der kategoriellen Seite der AS) nur eine mittelbare Beziehung. Andererseits bezieht sich Toman (1987: 63f.) in seiner 'Ergativ her!'-Regel auf die dem Verb semantisch näher stehenden NP, die bei der A-Vererbung Vorrang hat. Dieses ist in unserem System durch das FOPC gegeben.57 Außerdem lässt sich die Kategorie 'dem Verb semantisch näher stehend' sehr einfach durch die obigen Proto-Rollen Merkmale erfassen. Das deutet m.E. auf eine engere Beziehung zwischen Vererbbarkeit und TS hin, als das bei der kategoriellen Seite der AS der Fall ist. Reis (1988: 61) argumentiert in diesem Zusammenhang, dass während der A-Vererbung auch die kategorialen Realisierungseigenschaften der Argumente beibehalten werden. Soweit ich sehe, ist das bei Spezifikatorkonstituenten alles andere als trivial: Diese sind nicht unbedingt als Phrasen anzusehen. Sie können weder auf Kasus noch auf Numerus spezifiziert werden. Sie können jedoch mit einem Argument der Basis korrespondieren, sofern die ProtoRollen-Charakterisierung für sie nach wie vor zutrifft. • Ein unter veibklassifikatorischen Aspekten interessanter Ansatz liegt in Alberti (1997) vor. Er geht von Argumentstruktur-Familien (ASF) aus. ASF werden jedoch nicht etwa aufgrund von AS definiert, wie das zu erwarten wäre. Alberti macht hingegen die Annahme, dass Verben und verbale Ableitungen, bei denen der gleiche Stamm vorkommt, d.h. Wortfamilien auch eine ASF ausmachen. So gehören etwa die Α-Strukturen von Verben wie äs (dt. graben), el-as (dt. vergraben, begraben), ki-ás (dt. ausgraben), alá-ás (dt. untergraben) (bzw. ihre Kausativformen mit dem Suffix -at, -et/-tat, -tet im Sinne von dt. lassen) einer ASF an. Die Mitglieder einer solchen ASF sind auf die gleiche Art und Weise von Argumentselektionsprinzipien betroffen. Diese Idee zeitigt eine Reihe von wertvollen Ergebnissen, kann jedoch folgenden grundsätzlichen Einwänden nicht gerecht werden. (A) Es ist alles andere als ausgemacht, dass die Identität der Α-Strukturen und die Identität der StammMorpheme zusammenfallen. Eine solche Eins-zu-eins-Übereinstimmung kann es deshalb nicht geben, weil gewisse Affixbildungen die AS des Basisverbs ändern können, wie u.a. Komlósy (1992: 419ff.) darauf hingewiesen hat. (B) Es existieren Kreuzklassen, d.h. Klassen, deren Elmente die gleiche AS, aber nicht den gleichen Stamm aufweisen und umgekehrt (s. (ii) oben). (C) Laczkó (1998: 227ff.) argumentiert, dass die von Alberti (1997) vorgeschlagenen ASF die Fakten nicht vollständig und endlich abdecken: Manche der ASF sind viel zu umfangreich. Er schlägt vor, auf das Konzept der 'Subfamilien' zurückzugreifen.

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Letztere ihre Komplemente nicht strukturell kasusmarkieren können. Die Vergabe von strukturellem Kasus relativiert sich jedoch durch die seither entwickelten DP-Analyse, sofern unter diesem nicht nur der Akkusativ verstanden wird, sondern auch solche die strukturabhängig zugewiesen werden. Andererseits bleibt fraglich, wie die Hoekstra'sehen Vorstellungen, die auf der Grundlage von Chomsky (1970) und Jackendoff(1977) stehen, mit der SLH und der Theorie der Wortstruktur in Einklang gebracht werden können, daher können seine Ideen hier nicht weiter verfolgt werden. Allerdings weist Reis (1988: 66) daraufhin, dass Beispiele wie Dauerfahrer von Porsches bzw. Porschedauerfahrer vs. Schweizfahrer bzw. *Fahrer in die Schweiz Probleme fur das FOPC bereiten. Zur näheren Diskussion s. dort.

33 Es ist m.E. jedoch nicht eindeutig, ob AS-Subfamilien den Einwänden (A) und (B) Genüge tun würden, oder nicht. Die VAB selbst wird auf der Grundlage von Dowty (1991) wie folgt aufgefasst. Es ist eine generell akzeptierte Annahme der generativ geprägten Literatur, dass Verben ihren Mitspielern (Argumenten) eine thematische Rolle zuweisen. Diese Theta-Rollen-Zuweisung kann als ein Prozess verstanden werden, im Laufe dessen die oben angesprochenen konstitutiven Merkmale der sog. Proto-Rollen in Bezug auf die VAB abgestimmt werden, bzw. die Merkmalswerte gesetzt werden. Das heißt mit anderen Worten, dass die semantische Verbbedeutung all jene Informationen enthalten muss, die zur Setzung dieser Merkmalswerte erforderlich sind. Ein Veib kann also beispielsweise nur dann eine AgensErgänzung haben, wenn im Veibinhalt die entsprechende Information zur Festlegung dieser Ergänzung als Agens verankert ist. Das gilt mutatis mutandis auch für die anderen Ergänzungen des Verbs. Wenn im Folgenden etwa festgestellt wird, ein bestimmtes Veib habe z.B. eine Thema/Patiens-Ergänzung, so ist damit immer das Vorhandensein ähnlicher Merkmale wie in (1-16) gemeint (beim Thema/Patiens-Argument konkret (l-16iv) - Abweichungen werden extra angedeutet). Die in Bezug auf die A-Vererbung gemachte Annahme ist nun, dass diese bereits vorhandene Information auch während der Nominalisierung mindestens zum Teil - beibehalten wird. Da jedoch die Vorstellung der Proto-Rollen bzw. ihrer konstitutiven Merkmale eine direkte Verbindung zur KS ermöglicht - die Proto-RollenCharakterisierung kann direkt auf Konzepte bezogen werden - , ist es naheliegend, dass das, was bei den Nomina anders ist, als bei den Verben, auch mit der 'Verschiebung der konzeptuellen Akzente' zusammenhängt. • Zur nachstehenden Verbklassifikation schicke ich voraus, dass ich die traditionellen Termini transitives vs. intransitives Verb nicht als klassifikatorische Kriterien benutzen werde. Das liegt daran, dass diese Unterscheidung weder darüber Aufschluss geben kann, welcher Art die jeweiligen Ergänzungen des Verbs sein sollten, noch dazu verhelfen kann, Fakultativität oder Obligatorik dieser Ergänzungen vorauszusagen. Das hat in den traditionellen Grammatiken zu Behauptungen gefuhrt, wie sie z.B. in Heibig & Buscha (1986: 55) zu lesen sind: „Es gibt transitive Verben, die intransitiv verwendet werden [...], und intransitive Verben, die transitiv verwendet werden [...]." Es ist hier jedoch nicht der Ort, wo eine ausfuhrliche Diskussion dieser Positionen stattfinden kann. Man kann jedoch dem genannten Phänomen m.E. einfacher Rechnung tragen, wenn man zwischen echter Polysemie (die sich auch in der Steifigkeit manifestiert, sprich: gewisse transitive Verben weisen eine intransitive Variante auf und vica versa) und der fakultativen Realisierung der Argumente unterscheidet. Über fakultative ARealisierung spreche ich im Folgenden dann, wenn das Weglassen eines Arguments nicht mit der Änderung der Verbbedeutung einhergeht, wie z.B. im Falle von essen, lesen, oder schreiben. Polysem ist ein Verb (unter dem hier relevanten Aspekt der AVererbung), wenn die Streichung des Arguments eine andere Verbbedutung mit sich zieht, vgl. brennen vs. brennen auf etw., jd. verspricht sich vs. jd. verspricht sich etw. und denken vs. denken an (auch denken, dass), etc.58

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Zur Fakultativität der verbalen Argumente vgl. Eisenberg (1994: 8 0 f f ) , Heibig & Buscha (1986: 625ff.) und Duden (1984: 602ff.), zur Polysemie vgl. Schippan (1987: 164ff ).

34 Auf der Grundlage der obigen Erörterungen werden aus dem Blickwinkel der VAB und ihrer Wirkung auf die A-Vererbung folgende (Veib)Klassen unterschieden:59 (Kl) Argumentlose Verben Hierzu gehören die meisten (auf syntaktischer Grundlage) unpersönlich genannten Verben der deutschen traditionellen Grammatiken (bei Eisenberg (1994) auch Wetterverben genannt), wie regnen, gefrieren, etc.60 Diese sind nicht mit solchen zu verwechseln, bei denen neben der (syntaktisch) unpersönlichen Konstruktion (Bsp.: es grünt, es keimt, etc.) auch eine zweite mit einem referentiellen Ausdruck möglich ist (Die Wiesen grünen, Die Blumen blühen, etc.). In semantischer Hinsicht (also unter dem Aspekt der VAB) sind sie keine argumentlosen Veiben. Hierher sind Konstruktionen mit sog. Wachstumsveiben und Geräuschverben sowie mit Verben der körperlichen und seelischen Empfindung zu zählen. (1-21) a. b. c. d.

Die Wiesen grünen. Die Pappel keimt. Das Kind wächst. Der Obdachlose friert.

Für diese Bewertung spricht auch, dass solche Verben als Substantivierte Infinitive (SI) nominalisiert werden können, wobei ihr Argument auch projiziert werden kann. Zwei Beispiele sollen hier genügen:61 (1-22) a. b. c. d.

es grünt das Grünen der Wiese/der Weiden/der Tannenbäume es friert mich das Frieren der Obdachlosen/der Ochsen

Dasselbe gilt offenbar auch für Vorgangsverben (das Verblühen der Blume), bei denen eine Alternative mit es unmöglich ist (Hinweis von Marga Reis). (l-22c-d) illustrieren eine weitere Möglichkeit im Deutschen. Bei den Konstruktionen wie mich hungert, mich friert, etc. handelt es sich m.E. auch nicht um argumentlose Verben, da bei ihnen ein referentieller Ausdruck stehen kann. Für das Ungarische gilt, dass bei dieser letzteren Gruppe keine Alternation stattfindet; es tritt auch kein 'Platzhalter' in der Subjektposition auf. Vielmehr sind nur Beispiele á la (1-21) möglich. Bei Verben des Tagesablaufs sind hingegen nur 'echte' Impersonalia möglich (was im Ungarischen v. a. morphologisch am Verb ausgedrückt wird): esteledik (es dämmert), sôtétedik (es dunkelt), etc. (K2) Verben mit Agens/Experiencer-Argument (VA-Verbenj Hierher rechne ich alle Verben, die ein einziges, externes Argument aufweisen, welches die Subjektposition einnimmt. Diese werden oft nach einem gängigen syntaktischen Kriterium auch

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Anzumerken gilt, dass die hier vorliegende Klassifikation nicht als universal angenommen wird. Sie berücksichtigt vielmehr die Spezifik der VAB im Vergleich Deutsch-Ungarisch. Die Schwierigkeit einer universalen Theorie der VAB wird etwa dadurch sichtbar, dass manche Verben im Deutschen semantisch gesehen argumentlos auftreten, die aber im Ungarischen obligatorisch ein Argument aufweisen müssen. Zu syntaktischen vs. semantischen Abgrenzungskriterien vgl. auch Eisenberg (1994: 75fT.). Die Α-Projektion bei den substantivierten Infinitiven kann hier nicht weiter verfolgt werden.

35 als Unergativa (d.h. solche, bei denen das einzige Argument nicht nur die Subjektstelle im Satz einnimmt, sondern auch als externes Argument verstanden werden muss) genannt. Ich zähle auch solche Veiben zu dieser Gruppe, die 'einstellige Varianten' von mehrstelligen Veiben darstellen, wie z.B. das Veib waschen in Peter wäscht, oder denken in Klaus denkt gerne. Ihre 'mehrstelligen Varianten' werden an entsprechender Stelle angesprochen. Ich gehe auch davon aus, dass Experiencer auch als einziges externes Argument vorkommen kann, wie etwa bei dt. weinen (da dies keine willkürliche Handlung ist, werte ich das Subjekt als Experiencer), oder ung. megbetegszik (erkranken).62 Die hier involvierten diskreten Theta-Rollen haben nun folgende Proto-Rollen-Merkmale (Teile von (1-16) sind hier mit neuer Nummerierung wiederholt): (1-23) (i) Agens: [+volition;+causation;+sentience;+movement] (ii) Experiencer: [-volition; -causation; +sentience; -movement]

Die letzte Bemerkung zu dieser Gruppe betrifft die Reflexiva. Echte reflexive Veiben des Typs dt. sich schämen und ung. mosakodik (sich waschen) gehören auch zu dieser Gruppe, da sie als semantisch einstellig betrachtet werden. Es ist hier zu beachten, dass die ungarischen Reflexiva ohnehin nicht die im Deutschen semantisch motivierte Spaltungslinie zwischen echten und formal reflexiven Veiben aufweisen. Die reflexiven Veiben werden im Ungarischen zumeist mit dem Suffix -kodik/-kedik/-ködik (Bsp.: fésül-kodik (sich kämmen), mos-a-kodik (sich waschen), öltöz-ködik (sich anziehen), etc.) und -kozik/-kezik/-közik (Bsp.: borotvál-kozik (sich rasieren), törül-közik (sich abtrocknen), etc.) gebildet. Sie sind deveibal, ihre Basen sind immer transitiv. Durch die Reflexivierung der Basen erfolgt ein 'Generalveibot' der akkusativischen Ergänzungen: echte Reflexiva sind im Ungarischen einstellig. Präpositionalobjekte der veibalen Basen werden vor allem dann (mit einigen kleinen Modifizierungen, wie etwa Änderung der Präposition) übernommen, wenn Pseudoreflexiva (Bsp.: gondol-kodik (v.min) (denken, nachdenken über etw.), vära-kozik (v.mire) (lange warten auf etw.)) gebildet werden, die Objekte bleiben aber weitgehend fakultativ (s. die Bestimmung oben in Punkt (vi)), weshalb ich diese Veiben auch als einstellig betrachte. (K3) Verben mit einem internen Thema-Argument (Unakkusativej Unter Unakkusative werden gewöhnlich Veiben verstanden, die (mindestens) ein internes Argument aufweisen, das aber auf der syntaktischen Oberfläche nicht im Akkusativ erscheint.63 Im Deutschen treten sie oft dann auf, wenn das Präfix er- mit einer adjektivischen Basis kombiniert wird, wie erblinden, erstarken, erbleichen, erröten, etc. (vgl. aber auch: ertrinken). Ähnliches gilt fur das Ungarische, wenn die ebenfalls adjektivische Basis mit den (pseudoreflexivischen) Suffixen -odik/-edik/-ödik (Bsp.: okos-odik (klüger werden), nagyobbodik (größer werden), etc.) und -ul/-ül (Bsp.: but-ul (dumm werden), bék-ül (friedlich werden), etc.). Ein verlässliches Abgrenzungskriterium den VA-Veiben und den dort angesprochenen reflexiven Verben gegenüber ist die Theta-Rolle des einzigen Arguments der Unakkusativa 62

63

Dies widerspricht den in Grimshaw (1990: 41) aufgestellten Klassen, wo die Annahme gemacht wird, dass Experiencer bei Unergativa nicht als externes Argument vorkommt. Zu den Grimshaw'sehen Klassen wird weiter unten Stellung genommen. Die einschränkende Formulierung ist deshalb notwendig, weil sich unakkusativische Verben voneinander unterscheiden können, wie in Levin & Rappaport (1995: 287) bemerkt wird: manche von ihnen haben nur ein einziges internes Argument (Bsp.: dt. stinken), andere hingegen mehr als eins (Bsp.: dt. riechen nach).

36 (Thema), bzw. die wmfe-Umschreibung, wobei die adjektivische Basis oft als Teil des Prädikats auftritt (Der Fahrer erblindete - Der Fahrer wurde blind). Das Thema-Argument hat folgende Proto-Rollen-Merkmale: (1-24) Thema: [+change; +inc. theme; +depend. existence]

(K4) Verben der 'Gegenseitigkeit' (der Kollektivität) Die Unterscheidung dieser Klasse fußt nur scheinbar auf dem syntaktischen Kriterium des Vorhandenseins beider Argumente auf der Oberfläche. Das sind vor allem solche Veiben, deren semantische Struktur notorische Probleme für die traditionelle Chomsky'sche Analyse des Thematischen Kriteriums bereitete, wie das bereits bei Jackendoff (1975: 641) deutlich gemacht wurde. Das angesprochene Problem lässt sich leicht veranschaulichen. Wenn jemand jemanden heiratet, ist das Subjekt dieser Handlung, das Agens, gleichzeitig auch der Betroffene, also das Patiens und vice versa. Solche Veiben sind zum Beispiel dt. treffen, ung. találkozik (treffen, aber auch: sich treffen), ung. elválik (sich scheiden lassen) dt. zusammenkommen, etc. (an diesen Beispielen erkennt man auch, dass auch die reziproken Verben beider Sprachen hier vertreten sind). Interessant wird diese Gruppe dadurch, dass ihre Verben im Ungarischen im Gegensatz zu allen anderen -ó/-ó'-Nomina mit NAC-Lesart zulassen. Das ist im Deutschen beispielsweise nicht der Fall. Diese Möglichkeit überrascht vor allem deshalb, weil ERN und ihnen entsprechende ON - traditionell aufgefasst - in erster Linie dazu dienen, den Handelnden oder das Ergebnis der Handlung zu bezeichnen. Im Ungarischen kommen auch solche ON in der NAC-Lesart vor, welche notwendigerweise Subjekte im Plural haben, weshalb diese Gruppe die Verben der kollektiven Tätigkeit zusammenfasst. (K5) Verben mitAgens/Experiencer und Thema/Patiens (VAT-Verben) Diese Klasse macht womöglich den größten Anteil aller Veiben aus. Das Vorhandensein einer solchen Verbklasse ist soweit ich sehe, auch am wenigsten umstritten. Hier ist lediglich die Bemerkung angebracht, dass auch die transitiven Varianten der in (K2) angesprochenen agentivischen Veiben zu dieser Gruppe gehören. So rechne ich das transitive denken, waschen, lesen, usw. eindeutig zu dieser Gruppe. Auch die formal reflexiven Verben des Deutschen (z.B.: kämmen, rasieren, etc.) - da ich sie als semantisch zweistellig betrachte - sind Mitglieder dieser Gruppe. Die einschlägigen Verben haben also an einem Beispiel illustriert folgende AS: (1-25) schlagen (x (y)) Agens Thema/Patiens

(K6) Verben mit drei Argumenten: Agens/Exp., Thema/Pat. und Ziel/Zentrum (VATZ-Verben) Diese Klasse könnte ganz einfach aufgrund eines ihrer charakteristischen Verben auch die schicken-Klasse genannt werden. Die für diese Gruppe einschlägige AS wird in (1-26) illustriert: (1-26) schicken (x (y (z))) Agens Ziel Thema

Es gibt hierzu auch eine nicht allzu umfangreiche Untergruppe. Diese umfasst die Veiben, bei denen das Thema-Argument fehlt, d.h. sie haben nur ein Agens/Experiencer und ein Ziel-

37 Argument (VAZ-Verben). Man denke beispielsweise an Bedeutungsvarianten von transitiven Verben (oder agentivischen einstelligen Veiben) mit PP-Ergänzung wie denken an, nachdenken über, glauben an, zu Grunde gehen an, etc.64 Die AS solcher Verben wird in (1-27) angedeutet: (1-27) glauben (x Exp.

(y)) Ziel/Zentrum

Das öfters angesprochene Ziel-Argument (häufig auch Zentrum genannt) weist nun folgende Proto-Rollen-Merkmale auf: (1-28) Ziel/Zentrum: [ -change; -inc. theme; +affected; +rel. to the participant; ±indep. existence]

(K7) VA-bzw. VAT-Verben mit Lokativ-Argument Es gibt im Deutschen und im Ungarischen einige Veiben, die ein obligatorisches LokativArgument aufweisen (Diese Klasse ist alles in allem nicht sehr umfangreich). Paradebeispiele hierfür sind Veiben wie wohnen oder gehen. Die Mehrheit solcher Veiben ist, soweit ich sehe, in der Art zweistellig, dass das Lokativ-Argument das zweite Argument darstellt (wohnenGruppe - VA-Veiben). Es gibt neben den Verben mit obligatorischen Lokativ-Argumenten eine Vielzahl von solchen, bei denen der Lokativ fakultativ ist. Man denke etwa an Veiben wie vorbeigehen an (cf. Er ging wortlos vorbei), oder ankommen in (Thomas kam spät an), etc. Diese Klasse (sowohl mit den obligatorischen als auch mit den fakultativen Lokativ-Argumenten) deckt sich weitgehend mit der im Ungarischen. Der Lokativ hat nun folgende Proto-Rollen Charakterisierung (= Patiens Proto Rolle): ( 1 -29) Lokativ: [±change of state; -increm, theme; ±causally affected; +rel. to movement]

Die AS solcher Veiben wird in (1-30) illustriert: (1-30) wohnen (x (y)) Agens Lokativ

(K8) Verben mitAgens-Instrumental-Alternation Ich gehe im Folgenden in Anlehnung an Schlesinger (1989) davon aus, dass es eine Gruppe von Veiben gibt, bei denen in der Position des externen Arguments im Grunde genommen zwei Argumente alternieren: Agens und Instrumental (öffiien-Khssc).65 Beide Argumente weisen Agens-Proto-Rollen auf, sie unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Belegung bestimmter Merkmale, die sichern sollen, dass Instrumentale womöglich nie als belebt aufgefasst werden (vgl. Larson öffnet die Tür vs. Der Schlüssel öffnet die Tür) (dadurch wird das GERÄTKonzept auch eindeutig identifiziert): 64

65

Wenn ich im Folgenden den Terminus transitiv benutze, verstehe ich ihn nicht im traditionellen Sinn, sondern referiere damit auf die in (1-25) angegebene thematische Konstellation, unabhängig von der Syntax. Das wird in der Syntax häufig benutzt, um einschlägige Generalisierungen in Bezug auf die Subjektposition (wo normalerweise externe Argumente auftreten, also auch die beiden) zu formulieren. Dass in diesem Fall die syntaktische Sichtweise ihre Berechtigung hat, wird sich auch später in den Kapiteln 2 und 3 zeigen.

38 (1-31) a. Instrumental: [-volition; -sentience; +causation; ¿movement] b. Agens: [+volition; ±sentience; +causation; ±movement] In diesem Sinne erscheint die AS solcher Verben (wie unten am Beispiel von öffnen illustriert wird) etwas anders, als in der Grimshawischen Notation, cf. (1-32) öflhen(x (y)) Agens/Instrum. Thema Es wird weiter unten gezeigt, dass die syntaktischen Besonderheiten ähnlicher Verben (vgl. insbesondere, dass bei realisiertem Agens ein Instrumental als Adjunkt vorkommen kann, nicht aber umgekehrt) auch unter der Annahme von (1-32) adäquat erklärt werden können. (K9) Verben mitpropositionalem Argument Diese letzte Klasse enthält als Kern die traditionell 'Verben des Sagens' genannten Verben. Ich fasse sie jedoch etwas breiter auf, indem ich auch die propositionalen Varianten von transitiven (s. (K5)) bzw. agentivischen Veiben (s. (K2)) hierher zähle. Beispielsveiben sind u.a. finden dass, denken dass, zusehen dass, sagen dass, meinen dass, aufpassen dass, spüren dass, etc.66 Das bedeutet z.B. im Falle des Verbs finden, dass es nach der VAB zwei Varianten von finden gibt: die eine ist ein VAT-Veib (s. (K5)), die andere hat ein propositionales Argument (finden ist polysem). Die AS solcher Veiben sieht wie folgt aus: (1-33) zusehen (x (y)) Agens/Exp. Proposition Zu dieser Gruppe rechne ich auch solche Verben, die satzwertige Infinitive einbetten (Bsp.: dass Karl endlich zu schlafen wünscht) oder Accusativus cum Infinitivo (Acl) als Ergänzung haben können (VAT-Verben mit Satzkomplement) (Bsp.: Helga sieht ihren Mann rauchen/ ewig Linguist bleiben). Die Proto-Rollen-Charakterisierung des angesprochenen Arguments (Proposition) ist in (134) angegeben: (1-34) Proposition: [ -change; -inc. theme; -affected; +rel. to the participant; -indep. existence] Zu der obigen Klassifikation sollen noch folgende Bemerkungen gemacht werden: • Wie man unschwer erkennen kann, sind bei den obigen Klassen mehrere Veibgruppen der traditionellen Grammatik (s. etwa Mittelveiben, (modale) Hilfsverben, etc.) nicht extra vertreten. Das liegt eindeutig daran, dass dort die Abgrenzungskriterien gemischt sind, d.h. syntaktische, semantische und sonstige Kriterien werden nicht klar von einander getrennt. Meistens geben syntaktische Überlegungen den Ausschlag. Demgegenüber basiert die obige Aufstellung auf der semantischen VAB. Ich sehe noch nicht, wie man beispielsweise die angesprochenen traditionellen Verbgruppen (s. modale Hilfsverben, Mittelveiben) aufgrund der VAB einordnen sollte, deshalb werde ich, wenn nötig, diese Bezeichnungen beibehalten.67 Einige Einordnungsprobleme werde ich auch in Kap. 2 besprechen.

66 67

In diesem Punkt gehe ich mit Fanselow (1991: 20) einig, wo Verben wie glauben dass bzw. beweisen dass ebenfalls als Verben mit propositionalem Argument betrachtet werden. Die Brückenverben lassen sich hingegen einfach in die Klasse (K9) einordnen.

39 • Es konnten hier nicht alle in der Literatur bereits postulierten thematischen Rollen angesprochen werden P a s war ja auch nicht unser Ziel). Manche sind außerdem besonders umstritten. Jedenfalls bietet aber m.E. die Dowty'sche Charakterisierung eine prinzipielle Möglichkeit, die später aufkommenden Theta-Rollen ohne weiteres in das System einzuordnen. • Aus (ii) folgt auch, dass bei der Veibklassenaufstellung keine Exhaustivität zu erwarten ist, da die nicht-angesprochenen Theta-Rollen im Prinzip auch andere VAB eingehen können, als hier dargelegt wurde. Es wurde jedoch angestrebt, Überlappungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Das ist u.a. daran zu erkennen, dass traditionelle 'Verbvarianten' jeweils anderen Klassen angehören. • Es ist zu beachten, dass die obige Klassifizierung zwar auf den thematischen Aspekt der AS abhebt, was aber nicht heißen soll, dass die Rolle der kategorialen Charakterisierung (KC) von vornherein geleugnet wird. Bislang wurde in der Literatur der KC m.E. genug Aufmerksamkeit geschenkt, so dass die daraus resultierenden Prinzipien und mögliche Einschränkungen relativ eindeutig sind. Demgegenüber ist der hier vertretene konzeptuelle Ansatz ein Novum in der Forschung, weshalb es naheliegend ist, die bei der KC gewonnenen Einsichten in diesem Rahmen unter die Lupe zu nehmen, um herauszubekommen, wieweit sie konzeptuell mitdeterminiert sind. Erst die Stichhaltigkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse entscheidet letztendlich über den Erfolg oder Misserfolg eines konzeptbasierten Ansatzes.

1.7 Zu den Daten

In den vorangehenden Abschnitten wurden vor allem theoretische Fragen und Zusammenhänge der A-Vererbung angesprochen. Im Folgenden soll kurz zur Datenbasis Stellung genommen werden. Das untersuchte Datenmaterial des Deutschen stammt aus drei Quellen. Einerseits benutze ich die in der Literatur gängigen -er-Belege (nach Wellmann (1969, 1975), Fleischer/Barz (1992), Erben (1993) u.a.). Andererseits verwende ich Beispiele der aus einem Korpus der 'Frankfurter Rundschau' gewonnenen (dort morphosyntaktisch annotierten) und ca. 1200 -erNomina umfassenden Datenmenge, die mir an der Universität Tübingen zur Verfugung gestellt wurde. Drittens kommen die per Internet-Recherche eigens aus dem Mannheimer Korpus gewonnenen Belegstellen für -er-Nominalisierungen dazu. Die so verfugbaren Daten wurden durch eigene Belege ergänzt, die ich durch Sprecherbefragungen ermittelt habe. Sprecherurteile hielt ich aus folgenden Gründen für notwendig: (a) Es war ein Ziel der vorliegenden Untersuchungen, solche Regularitäten und Einschränkungen zu finden, die einerseits die Wohlgeformtheit der -er-Nomina vorhersagen (oder einschränken) können, die aber andererseits die falschen Daten ausschließen. Daher waren Sprecherbefragungen zur Sicherung der negativen Evidenz bei okkasionellen Bildungen notwendig, (b) Manche der in der Literatur verwendeten Belege waren in den angesprochenen Korpora nicht belegt. Außerdem erwies sich (c) bei einigen Daten, dass es Abstufungen der Grammatikalität gibt. Diese konnten via Korpusbelege nicht ausgelotet werden. Im Bereich der ungarischen Daten bin ich ähnlich vorgegangen. Hier stand zwar kein umfangreicher Korpus zur Verfugung, ich konnte mich aber auf eine Samm-

40 lung von neugebildeten ON stützen, die vom Institut für Sprachwissenschaft der Ungarischen Akademie der Wissenschaften zusammengestellt wurde und laufend erweitert wird. Auch hier waren Sprechelbefragungen aus den bereits genannten Gründen notwendig. Die einzelnen Lesarten von ON und ERN weisen verschiedene Grade der Produktivität auf. Es ist eine bekannte Erscheinung, dass sich einmal gebildete Wörter mit der Zeit aus diversen Gründen von ihren Basen entfernen können. Bei solchen kann die ursprünglich zur Bildung notwendige Motivation nicht mehr klar erkannt werden. Solche Elemente muss man als gegeben vorauszusetzen, bei deren Bildung die ursprüngliche WB-Regel, (etwa (1-1)), nicht immer wieder ausgeführt wird.68 Sie nehmen dann zunehmend idiosynkratische Eigenschaften auf (Altbildungen). Eine solche ist zum Beispiel im Bereich der ERN, dass lexikalisierte Elemente keine A-Vererbung zulassen, da bei ihnen der Bezug auf die ursprüngliche AS der Basis verblasst ist (s. Berufsbezeichnungen). Im Folgenden werden daher die produktiven Fälle betrachtet, d.h. es werden diejenigen Lesarten untersucht, die als Ergebnis eines produktiven WB-Prozesses entstanden sind, p i e den produktiven Fällen zu Grunde liegenden Regeln dienen dann zur Analyse bei den lexikalisierten Fällen.) In Anlehnung an Fleischer & Barz (1992: 57) gehe ich davon aus, dass die folgenden zwei Kriterien für die Produktivität der WB-Muster entscheidend sind: (i) So wenig spezifische (morphologische, semantische, etc.) Informationen über die UK, wie möglich; (ii) häufige Nutzung für okkasionelle Neubildungen.69 Toman (1987: 6) spricht - wesentlich motiviert von Aronoff (1976) - in diesem Zusammenhang über „semantische Kohärenz der mit einer Regel abgeleiteten Wörter". Das deutsche -er-Suffix ist in allen angesprochenen vier Lesarten produktiv: Es bildet NAG, NI, NA und NPA. Anders sieht es im Ungarischen aus. Das -ó/-ó'-Suffix ist in der NI- und in der NAG-Lesart hochproduktiv, als NAC und NLOC ist es eher unproduktiv. Eine wesentliche Eigenschaft der produktiven Fälle besteht unter dem Aspekt der AVereibung darin, dass bei ihnen die Theta-Struktur der Basis berücksichtigt wird/werden kann. Dieser Tatsache kann man Rechnung tragen, indem man die Produktivität mit der Rolle der TS durch folgendes Prinzip verbindet: (1-35) Produktivitätsprinzip (ProdP) Produktive Wortbildungsmuster im Bereich der deverbalen Nomina berücksichtigen die thematische Struktur des Basisverbs.

Es ist zu beachten, dass das ProdP nicht besagt, dass die produktiven Fälle deshalb produktiv sind, weil sie die TS der Basis berücksichtigen. Die Idee geht gerade umgekehrt: diejenigen WB-Muster, bei denen die zu Grunde liegende TS mitberücksichtigt wird, sind mit Sicherheit produktiv. Und viele andere auch... Bei diesen anderen spielen jedoch andere Produktivitätsaspekte, wie Analogie auch eine Rolle. Man denke etwa an Beispiele bei denen in der Spezifizierer-Position des Kompositums ein Adjunkt oder ein Adverb auftritt (vgl.: Neuankündigung, Zwei tersteher, etc.). Unter diesem Aspekt macht das ProdP nur die Aussage, dass beispielsweise das produktive Muster der -wng-Nominalisierung solche Nomina bildet, bei denen die TS der Basis mitberücksichtigt werden kann. Diese Eigenschaft behalten die entsprechenden Nomina meistens auch dann, wenn ihre Spezifizierer-Position durch ein Adjunkt bereits gefüllt ist. 68 69

Zu einer guten Zusammenfassung des Problems s. Olsen (1986: 14ff.). Zur ausführlichen Diskussion der gängigen Annahmen über Produktivität s. Mötsch (1988), Aronoff (1976) (insbes. Kap. 3), Kastovsky ( 1986) und Toman (1987: 6ff.).

41 Die unterschiedliche Akzeptabilität der Beispiele wird durch die literaturgängigen Zeichen '?' (recht gut, aber nicht vollständig grammatisch), '??' (fragwürdige Grammatikalität, marginal) und '*' (ungrammatisch) angedeutet. Das Zeichen '!' referiert auf eine mögliche, wohlgeformte Bildung (die es möglicherweise in dieser Form noch nicht gibt, die aber prinzipiell nicht ausgeschlossen ist).

1.8 Grundannahmen und Hypothesen

Wir sind nun an einen Punkt angelangt, wo die wesentlichen Annahmen dieser Arbeit formuliert werden können. Im Folgenden wird (im Gefolge von Selkirk (1982), Toman (1987) und Olsen (1992) etc. vgl. auch DiSciullo & Wilhams (1987) und im Sinne der SLH) davon ausgegangen, dass es im lexikalischen Bereich natürlicher Sprachen eine formale Regel wie in (l-36a) gibt, die sich für das Deutsche wie in (l-36b) darstellen lässt, cf.70 (1-36) a. X° + 2 ) -»X'X 2 (Parameter: X1 oder X2 ist Kopf)71 b. X°-»Y 0 X°

Dies scheint auf den ersten Blick eine recht triviale Aussage zu sein, doch das ist sie mit Sicherheit nicht. Das hat die obige Diskussion eindeutig gezeigt. Eine wesentliche Annahme wurde in Bezug auf (l-36b) bereits gemacht. (Al) sagt nichts anderes aus, als dass nur solche Elemente ihre Argumente projizieren können, die auch als Köpfe fungieren. Im weiteren Verlauf wird jedoch diese Aussage etwas relativiert, indem geltend gemacht wird, dass nur solche morphologische Köpfe ihre AS projizieren können, die gleichzeitig auch syntaktische Köpfe sind/sein können. Demzufolge wird auch die SLH etwas 'geschwächt', indem gezeigt wird, dass es lexikalische Elemente gibt, die sowohl gewissen syntaktischen als auch gewissen morphologischen Regeln zugänglich sind.72 M.E. haben Rektionskomposita typischerweise diese Eigenschaft. Sie sind morphologischen Regeln zugänglich, weil auf sie (morphologische und phonologische) Regeln des Wortes zutreffen (Bsp.: Einsatzleiter). Gleichzeitig kann auf sie 70

7.

72

Die Parametrisierung in (l-36a) ist nicht nur deshalb notwendig, weil es Sprachen gibt, wie beispielsweise einige romanische Sprachen, in denen die Köpfe von Komposita links stehen (Bsp.: fr. machine á laver, dt. Waschmaschine), sondern auch deswegen, weil die Positionierung des Kopfes sogar nach Wortarten variieren kann. Letzteres ist etwa in der albanischen Sprache der Fall, in der bestimmte Wortarten am Wortanfang dekliniert werden, um Objektkongruenz durch präklitische Pronomina zu sichern. Wenn man Köpfen generell die Eigenschaft zuschreibt, grammatische Kategorien des Wortbildungsproduktes zu bestimmen, dann folgt, dass bei diesen Wortarten (im Gegensatz zu den anderen) der Kopf links stehen muss. Dies wird im Übrigen auch durch unabhängige Beobachtungen aus dem Spracherwerb unterstützt (vgl. Olsen (1992: 1 8 ) )

·

Vgl. etwa Olsens (1992: 16) Regel, die ich unter (i) wiedergebe: (i) X —> Υ Ζ (Parameter: Y/Z ist der Kopf) Da jedoch der jeweilige Kopf den Gesamtcharakter des Wortbildungsproduktes widerspiegeln sollte, ziehe ich die Formulierung in (l-36a) der in (i) vor. Man beachte, dass die hochgestellten Zahlen auf keine Projektionsebenen im Sinne der X-bar Theorie referieren. Das trifft sogar sprachübergreifend zu, wie ich in Szigeti (1996b) zu zeigen versucht habe.

42 offenkundig die syntaktische Regel der Theta-Markierung angewendet werden, da eine kompositumsexteme Α-Realisierung das kompositumsinterne Vorkommen der Argumente der Basen berücksichtigt (cf. Einsatzleiter vs. der Leiter des Einsatzes). Die 'kleinste' Einheit, deren diesbezügliche Eigenschaften voll mitbetrachtet werden, ist bei diesem Beispiel Leiter. Sie ist sowohl morphologischer als auch syntaktischer Kopf: morphologisch, weil sie Kopf des Wortes Einsatzleiter ist, und syntaktisch, weil ihre TS in der Syntax berücksichtigt wird. Im Hinblick auf die Repräsentation der thematischen Rollen wurden bereits in Kap. 1.4.1 einige Einwände gegen diskrete Theta-Rollen geltend gemacht. Betrachtet man nun die dort angesprochenen Probleme (i-iv), fallt auf, dass sie für derivationell angelegte Modelle erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Dadurch bekommt eine Antwort auf die Ausgangsfragen (0-1)(0-3) einen zusätzlichen grammatiktheoretischen Aspekt. Ich gehe im Folgenden davon aus, dass nur eine repräsentationell angelegte Grammatik fähig ist, diese Fragen befriedigend zu beantworten, weil derivationelle Modelle generell nicht die Eigenschaft aufweisen, Konstituenten unterhalb der Wortgrenze auch nur zum Teil syntaktische Eigenschaften zuzuschreiben, was offensichtlich vonnöten wäre, wollte man den syntaktischen Besonderheiten der kompositumsinternen und -externen Projektion nahekommen. In diesem Sinne möchte ich mm die Richtung einer integrativen Lösung andeuten, wobei die Ergebnisse der bislang geführten Argumentation wie folgt systematisiert werden: (Al) Es gibt innerhalb des Lexikons ein relativ autonomes morphologisches Teilsystem (Selkirk (1982), Di Sciullo & Williams (1987) und Nachfolgeliteratur). Die Argumentvererbung lexikalischer Elemente wird hier durch funktionale Komposition erfasst (Bierwisch (1989).73 Nach einer Anwendung der Regel der funktionalen Komposition (im Bereich der Derivation) entsteht ein minimaler syntaktischer Kopf (im Sinne von Szigeti (1998: 88f.)).74 (A2) Die Argumentstruktur lexikalischer Elemente fungiert als Schnittstelle zwischen der SES und der KS und wird nicht in der Form von diskreten Θ-Rollen festgehalten, sondern in Form von sog. thematischen Proto-Rollen. Die Proto-Rollen Charakterisierung der Argumente kann auf die mit diesen korrespondierenden Konzepten (eindeutig) übertragen werden (Dowty (1991) und Alberti (1997)).

73

74

Der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass sich Bierwisch zwar den Anspruch stellt, eine Theorie für alle Affixe entwickelt zu haben, trotzdem schweigt er sich über Präfixe aus. Es dürfte äußerst schwierig sein, die Kompositionalität á la Bierwisch auch bei diesen aufrecht zu halten, weil man sich damit das Problem einhandelt, dass zusätzlich das Präfix-Stamm-SuffixVerhältnis etabliert werden muss. Es gibt auch Sprachen, wo Präfixe nicht die Kategorie des Gesamtwortes bestimmen, wie dies Suffixe tun. Das sollte jedoch der Fall sein, will man die Einheitlichkeit der Analyse wahren. Minimaler Syntaktischer Kopf (MSK) Ein minimaler syntaktischer Kopf ist entweder eine abgeschlossene morphologische Einheit mit bestimmten formalen Merkmalen (= Signifiant) sowie bestimmten grammatischen und/oder inhaltlichen Merkmalen (= Signifié), die die Position eines Phrasenkerns einnehmen kann [i. e. grammatisches Wort im Sinne von Gallmann (1990)], oder ein mit diesem formal identisches Morph einer Wortstruktur.

43 (A3) Innerhalb der konzeptuellen Struktur gibt es ein Subsystem der pragmatischen Konzepte (cf. etwa Präsuppositionen, etc.) wobei diese (auch) mit den thematischen Proto-Rollen direkt interagieren (können) (vgl. Dowty (1991: 562ff.)).75 (A4) Morphologie und Syntax bilden eine relativ enge Schnittstelle mit Janus-Gesicht im Bereich der Rektionskomposita. Dies bedeutet, dass hier sowohl gewisse morphologische (Beachtung der Wortgrenze) als auch syntaktische Prinzipien (Theta-Markierung) greifen.76 In Bezug auf die Argumentvereibung wurden folgende zwei Annahmen gemacht: (AVI) In einem Kompositum aus deveibalen Konstituenten (oder mit deveibalem Zweitglied), projiziert nur das Zweitglied (der Kopf) die AS seiner Basis. (AV2) Die Projektion der geerbten Argumente vollzieht sich vom internsten Argument zum externen (Agens) Argument hin, wobei für das interne Argument das FOPC gilt. Man beachte, dass (Al) eine Beziehung zwischen der Regel der funktionalen Komposition und der Entstehung syntaktisch relevanter Kategorien herstellt. Durch (A2) und (A3) lassen sich die obigen Probleme (i-iv) (s. Kap. 1.4.1) in den Griff bekommen. (A3) erscheint hierbei als eine zwingende und notwendige Annahme, zumal es Konstruktionen gibt, die nicht etwa aus grammatischen Gründen eine bestimmte Lesart nicht aufweisen, sondern aus rein pragmatischen. So heißt Peters Waschen mit Persil sicher nicht, dass Peter mit Persil gewaschen wird, obwohl pränominale Possessorphrasen normalerweise Thema sein können. Diese Lesart ist hier jedoch aus pragmatischen Gründen (Implikatur) ausgeschlossen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass die bereits skizzierten Vorstellungen keine radikale Trennung zwischen Morphologie, Syntax und Semantik vornehmen, sondern vielmehr davon ausgehen, dass es zwischen den einzelnen Gebieten gewisse Verflechtungen gibt (zwischen Morphologie und Syntax: (A4); Semantik und Morphologie (Al); Semantik und Pragmatik (A2) und (A3); Syntax und Semantik (A4) vs. (Al)), in diesem Sinne sind sie integrativ. (AVI) und (AV2) sind als konkrete Vorschläge innerhalb der Morphologie zu verstehen, deren Gültigkeit in Kap. 2 und 3 geprüft wird. Es hat sich im Laufe der Argumentation folgende Ausgangshypothese herauskristallisiert, durch welche eine prinzipielle Antwort auf die Frage (0-3) gegeben werden kann:77 (Hl) Das -er- Suffix und das -ó/-ó'-Suffix modifizieren die konzeptuelle Struktur ihrer Basis.

75

76 77

Dieses Subsystem ist sicher nicht so zu verstehen, dass es irgendwo innerhalb der konzeptuellen Struktur fest lokalisiert ist. Vielmehr machen die Verdrahtungen unter den einzelnen pragmatischen Konzepten dieses System aus. Zu Vorschlägen zur Beschaffenheit dieser Schnittstelle vgl. Olsen (1990) und Szigeti (1998). (Hl) wird in Anlehnung an Meibauer (1995) gemacht. In der Tat ist Meibauer nicht der Erste, der diese Hypothese benutzt. In den anderen Arbeiten (vgl. Rickheit (1993) und Fanselow (1988a,b, 1991)) wird jedoch (Hl) nur stillschweigend angenommen, nie jedoch explizit diskutiert.

44 In den folgenden Kapiteln wird den oben angerissenen Fragen - insbesondere jedoch (A1-A4) und (AV1-AV2) - auf der theoretischen Grundlage von (Hl) und mit Hilfe von Beispielen aus dem Bereich der deutschen deverbalen -er-Nominalisierungen und ihren ungarischen Entsprechungen nachgegangen.

1.9 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden gängige bzw. frühere Ansätze zur Argumentvererbung kritisch evaluiert. Es wurde gezeigt, dass sowohl lexikalistische als auch nicht-lexikalistische Ansätze zu kurz greifen. Erstere können der konzeptuellen Vielfalt der ERN nicht gerecht werden, da sie einerseits NA und NPA nicht erfassen und andererseits sonstige ERN mit nominaler Basis bzw. die sog. Zusammenbildungen nicht erklären können. (Außerdem bekommen sie Schwierigkeiten mit dem Projektionsprinzip und der Transparenz lexikalischer Elemente.) Bei Letzteren wird ein Alleingang der Semantik dadurch in Zweifel gezogen, dass eine kleine Menge an Interpretationsregeln erstens den Daten nicht gerecht wird, zweitens aus unabhängigen Gründen nicht überzeugt, da systematische Verschiebungen des Α-Rahmens eindeutig feststellbar sind (Fanselow (1988), (1991)). Ein syntaktischer Ansatz (Rappaport & Levin (1992)), der auf diskrete thematische Rollen, bzw. auf die unbegründeterweise entscheidende Rolle des EvArguments Bezug nimmt, macht hingegen falsche Vorausagen in Bezug auf andere Sprachen und/oder muss von einer stipulierten Α-Hierarchie ausgehen, die an der tatsächlichen Abfolgevariation vorbeigeht, und sich Probleme mit dem Thematischen Kriterium einhandelt. (Und keiner der so evaluierten Ansätze kann erklären, warum gewisse Ambiguitäten auftreten.) Vor diesem Hintergrund wurde in Anlehnung an Bierwisch (1989), Dowty (1991) und Rickheit (1993) ein konzeptueller Ansatz entwickelt, der sich folgender Hypothese bedient: (Hl) Das -er- Suffix und das -ó/-ó'-Suffix modifizieren die konzeptuelle Struktur ihrer Basis. Im Anschluss habe ich Argumente dafiir vorgebracht, welche Vorteile es hat, bei der AVereibung dem semantisch-konzeptuellen Aspekt der AS den Vorrang zu geben im Gegensatz zu den kategorialen Aspekten. Dies bildete die Grundlage der nachfolgenden Verbklassifikation: Ich habe insgesamt neun Veibklassen aufgestellt und kurz charakterisiert, je nachdem, wie die AS der jeweiligen Basis aussieht. Die betroffenen Theta-Rollen wurden auch á la Dowty (1991) charakterisiert. Abschließend habe ich die wesentlichen Annahmen (Al) - (A4) bzw. (AVI) - (AV2) und Hypothesen meiner Untersuchungen formuliert.

2. Die -er-Nomina des Deutschen

In den folgenden Abschnitten wende ich mich zunächst den deutschen deverbalen Nomina mit -er (ERN) zu. Nach einer kurzen Vorstellung und allgemeiner Charakterisierung der ERN gehe ich vor allem auf die Einschränkungen der angesprochenen Bildungen ein. Ich werde in erster Linie diejenigen, auf die Verbklassen (K1)-(K9) bezogenen Einschränkungen ansprechen, die aus der oben dargestellten Auffassung der VAB resultieren. Bei der Ausbuchstabierung dieser Einschränkungen werde ich jedoch - soweit nötig - auch auf syntaktisch (oder phonologisch) bestimmte Phänomene kurz eingehen. Anschließend unetrsuche ich das Verhalten der einzelnen Lesarten der ERN hinsichtlich der AVererbung.

2.1

Grundlegendes

In Fleischer & Barz (1992: 151 ff.) werden drei Lesarten der deverbalen -er-Nomina angeführt: Nomen Agentis (NAG) (handelnde Person - Gewinner, Schieber, etc.), Nomen Acti (NA) (Ergebnis der Handlung - Hopser, Aufsitzer, Schluchzer, etc.),1 Nomen Instrument! (NI) (Gerät, Mittel der Handlung - Entsafter, Kühler, etc.), wobei nicht nur Verben, sondern auch verbale Wortgruppen als Basis in Frage (Dachdecker. Filmemacher. etc.) kommen.2 Allerdings muss man konstatieren, dass NI und NAG auch mit nominaler Basis möglich sind. Man denke beispielsweise an Bildungen wie Politiker. Attentäter, Eisenbahner, oder Gewerkschafter als NAG, und an Dampfer, Frachter, oder Münzer als NI. Diese sind unter dem Aspekt der A-Vererbung deshalb interessant, weil sie eindringlich demonstrieren, dass die entstandene Lesart nicht unbedingt vom verbalen Inhalt abhängt: Die Basisnomina haben häufig keine Argumente, daher kann von Vererbung der zu Grunde liegenden AS keine Rede sein. Hier versagt also jedes Perkolationsmodell. Das Vorhandensein solcher Daten macht den wesentlichen Vorzug des konzeptuellen Ansatzes einmal mehr sichtbar: Möchte man eine kohärente Analyse für die Funktion des -er1

2

Unter dieser Bezeichnung verstehe ich sog. Nomina Acti - d.h. deverbative Zustandsbezeichnungen mit -er - und eigentliche Nomina Actionis zusammengefasst. Zum einen ist nämlich die Klasse der Nomina Actionis mit -er sehr klein, andererseits benehmen sie sich im Großen und Ganzen (zumindest in Sachen A-Vererbung) wie Nomina Acti (Die einschlägigen NAC sind meistens nur situativ als NAC zu werten, sonst sind sie NA.). Die Abgrenzungskriterien für die beiden Klassen sind allerdings in der Literatur notorisch unklar. Intuitiv gesprochen ist ein Seufzer, ein Ausrutscher oder ein Erbrechet· jedoch eher als ein (wenn er auch nur kurze Zeit 'vorliegt', d.h. wenn der Zeitbezug notwendig ist) Ergebnis (oder auch Prozess) demi als ein Zustand zu werten. Vgl. hierzu Fleischer/Barz (1990: 154), Erben (1993: 87) und Oh (1985: 136ff.). Ich fasse jedoch Nomina wie Dachdecker und Filmemacher nicht als Nominahsierungen von Wortgruppen auf, sondern ich gehe davon aus, dass in unserem System der Bezug auf verbale Wortgruppen als Basis wegen des FSP (und FOPC) schlichtweg überflüssig ist. Es wird das Verb und sein Objekt zusammen nominalisiert, s. dazu Kap. 4.

46 Suffixes und des -ó/-ó'-Suffixes (und der Suffixe im Allgemeinen) erstellen, muss (Hl) angenommen werden. Andererseits weisen denominale ERN auch darauf hin, dass die Stereotypen-Regel von Fanselow (1981) (s. auch Fanselow (1985: 293ff.)) besonders fruchtbar sein kann. In Wellmann (1975: 415ff.) wird eine vierte Lesart der -er-Nominalisierungen mit verbaler Basis unterschieden (so auch in Erben (1993: 121)): Nomen Patientis (NPA), also eine Objektnominalisierung, die mit dem Thema-Argument der Basis in Verbindung gebracht werden kann, wie z.B. Anhänger, Vorleger, Aufsetzer, Hingucker ('Kleid'), etc.3 Allerdings verweist schon Wellmann (1969, 1975) darauf, dass die Häufigkeit der jeweiligen Bildungen und dementsprechend ihre Produktivität recht unterschiedlich sind. Der syntaktisch relevanteste Teilbereich ist die Überlappung zwischen Nomina Agentis und Nomina Instrumenti (vgl. auch Panagl (1978)), beide machen nach Wellmanns (1975) Zählung dreiviertel aller Bildungen aus.4 Bei ihnen liegen häufig die gleichen Basisverben zu Grunde (Bsp.: Empfänger), was vor dem Hintergrund des in Kap. 1.6 Gesagten nicht überrascht. Diese Beobachtung unterstützt sogar die Berechtigung der aufgestellten Klasse (K8), d.h. bei diesen Verben liegt eine Agens-Instrumental Alternation in der Position des externen Arguments vor. Überlappungen gibt es noch zwischen Nomina Agentis und Patientis, diese gehen aber m.E. meistens auf Polysemie der Basis zurück (Bsp.: Anhänger) und sind nicht allzu häufig, da die Klasse der Nomina Patientis selbst ziemlich klein ist. Manche der Daten können dreifach ambig sein (Bsp.: Vorleger, als NAG, NA und NPA). Bei ERN mit nominaler Basis sind keine Ambiguitäten bekannt. Diese vier Klassen von Nominalisierungen korrespondieren im Übrigen mit den vier primären Konzepten PERSON (Nomen Agentis), GERÄT (Nomen Instrumenti), PRODUKT (Nomen Acti) und OBJEKT (Nomen Patientis), die bei Meibauer (1995: 16ff.) diskutiert werden.5 Dort wird geltend gemacht, dass der Unterschied zwischen den sog. primären Konzepten PERSON, GERÄT und PRODUKT einerseits und dem sekundären OBJEKT andererseits darin bestehe, dass Letzteres konventionalisiert sei, während Erstere ziemlich frei zugewiesen werden können. Ich möchte das am folgenden Beispiel erläutern: (2-1) Putzer a. ??etw., das geputzt wird (OBJEKT) b. !jd., der putzt (PERSON) c. etw., das putzt (GERÄT) d. (Ergebnis des Putzens (PRODUKT)

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Wie diese angesprochenen vier Lesarten im Einzelnen zustande kommen, wird in Kap. 4 ausführlich behandelt. Überlappende NI und NAG mit nominaler Basis (Vgl. Frachter, Kantianer, etc.) kommen in Kap. 2.6.1 zur Sprache. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es in der Reihe der ERN einige Lücken gibt. Eine dieser Lücken kann beispielsweise durch -/mg-Nomina gefüllt werden, sofern Letztere entweder als NAG (cf. Eindringling, Emporkömmling) oder als NPA (cf. Findling, Prüfling, Sträfling) auftreten können. Dies wird dadurch 'erleichtert', dass die Basisverben der NAG-Lesart häufig keine ERN zulassen (cf. *Emporkommer, *Eindringer), während die der NPA-Lesart zwar ERN aufweisen (cf. Finder, Prüfer), diese aber nie als NPA interpretiert werden können. Näheres dazu, s. Wellmann (1969: 342). Zu den einzelnen Konzepten vgl. auch Rickheit (1993: 187ff.).

47 Der Hauptunterschied bestehe also zwischen (2-la) und den anderen. Das angesprochene Kriterium ist jedoch m.E. problematisch aus folgendem Grund. Es ist sehr oft der Fall, dass ein Nomen in einer bestimmten Lesart konventionalisiert ist. Das deuten meiner Auffassung nach die bevorzugten Lesarten der Nomina an, denn neben aller Zweideutigkeit existieren mehr oder minder angestrebte Lesarten. So sind beispielsweise Pfeifenputzer, Granatwerfer und Spatzenschießer in erster Linie als GERÄT konventionalisiert, so dass ihr Gebrauch für Personen (d.h. ein Wechsel vom Konzept GERÄT zum Konzept PERSON) ebenfalls die Auflösung dieser konventionalisierten Bedeutung durch den Kontext bedarf, wie dies etwa beim Vorleger der Fall ist (Wechsel vom Konzept OBJEKT zum Konzept PRODUKT), den Meibauer (1995: 19) zitiert. Und mehr noch: Wenn man sich etwa die möglichen Lesarten von Vorleger zu Gemüte führt, ergibt sich im Vergleich zu (2-1) ein wichtiger Unterschied, aufgrund dessen zumindest ein Aspekt der Meibauer'schen Vermutung neuformuliert werden kann: (2-2) Vorleger a. etw., was vorgelegt wird (OBJEKT) b. !jd., der etw. vorlegt (PERSON) c. !/* etw., das etw. vorlegt (GERÄT) d. Ergebnis des Vorlegens (beim Fußballspiel) (PRODUKT)

Ein kleiner Vergleich zwischen (2-1) und (2-2) zeigt, dass Meibauers Hinweis eigentlich auch heißen sollte, dass (2-2c) korrekt, und (2-2a) falsch ist (dito die Vorstellung, dass die Grundkonzepte frei zugewiesen werden können), was nicht der Fall ist. Wichtiger ist es jedoch, dass im Falle einer Konventionalisierung als GERÄT (NI-Lesart) keine NPALesart (OBJEKT-Konzept) möglich ist, und umgekehrt, so wie es bei den ERN keine Ambiguität zwischen NI und NPA gibt. Prinzipiell wären bei den ERN in Bezug auf Ambiguität insgesamt sechs Fälle denkbar. Und zwar Ambiguität (a) zwischen der Thematisierung des Produktes der Handlung (NA) und der handelnden Person (NAG), wobei das Subjekt immer ein Agens ist; (b) zwischen der des Subjekts (NAG) und des Objekts der Handlung (Nomina Patientis - NPA); (c) zwischen der des Mittels der Handlung (NI) und des Handelnden (NAG); (d) zwischen der des Handlungsproduktes (NA) und des Objekts (NPA); (e) zwischen der des Handlungsproduktes (NA) und des Mittels der Handlung (NI) und schließlich (f) zwischen der des Handlungsmittels (NI) und des Objekts der Handlung (NPA). Tatsächlich tritt aber nicht jede dieser Ambiguitäten auf. Der Fall (f) ist von vornherein ausgeschlossen: In der NPALesart konventionalisierte ERN sind nie mit NI ambig, und umgekehrt. Dies mag daran liegen, dass die beiden korrespondierenden Konzepte gleicher N a t o sind (das GERÄTKonzept kann als Subkonzept des OBJEKT-Konzeptes verstanden werden). Die weiteren Korelationen sind wie folgt: In der NA-Lesart konventionalisierte Nomina sind meistens mit Nomina Agentis (seltener aber auch mit Nomina Patientis und NI), Nomina Agentis ihrerseits jedoch auch mit Nomina Instrumenti ambig. In der NAG-Lesart konventionalisierte Nomina sind mit NPA nie ambig. Dieses letzte Faktum ist mit Fall (b) identisch. Daher ergibt sich die Frage, was die beiden eindeutigen Fälle, (b) und (f) gemeinsam haben. NAG und NI haben die Eigenschaft, dass ihre korrespondierenden Konzepte (PERSON/TÄTER und GERÄT) bei den verbalen Basen solchen Argumenten zugewiesen werden, die die externe Position in der AS innehaben (können). Demgegenüber ist bei NPA das korrespondierende Konzept ein solches (OBJEKT), welches bei der

48 Basis der internen Position der AS zugeordnet wird. Vergleicht man nun NAG mit NPA und NI mit NPA, so kann der Fall nie auftreten, dass die Endkonzepte der ERN (NAG + NPA vs. NI + NPA) und die den entsprechenden verbalen Argumenten ihrer Position nach zugeordneten Konzepte konvergieren (oder gleicher Natur sind). Mit anderen Worten: Im Falle der NAG wird das korrespondierende Konzept beim Veib der externen Position zugewiesen, bei der NPA aber der internen. Dasselbe gilt fiir die Relation zwischen NI und NPA. Unter der Annahme von (Hl) formuliere ich daher als Ergebnis der vorangehenden Überlegungen die folgende konzeptuelle Basiseinschränkung (KBE): Konzeptuelle Basiseinschränkung (KBE): Ambiguität tritt im Bereich der ERN dann auf, wenn die mit den einzelnen Lesarten korrespondierenden Zielkonzepte bei den Basen solchen Argumenten zugeordnet werden, die (prinzipiell) die gleiche Position in der AS einnehmen können.

Die KBE verbindet die KS eines Lexems durch seine thematische Struktur mit der SES (und folglich auch mit der Syntax). Das ergibt sich aus dem oben erläuterten Schnittstellencharakter der TS (vgl. Kap. 1.5). Sie fuhrt zu richtigen Voraussagen hinsichtlich der Verteilung der Ambiguitäten. Sie sagt (neben den oben erläuterten Fällen (b) und (f)) richtig voraus, dass es zwischen NAG und NI signifikante Ambiguität gibt, da die Zielkonzepte PERSON/TÄTER und GERÄT bei den Basen solchen Argumenten zugewiesen werden, die die gleiche, externe Position in der AS der Basis einnehmen (können) (vgl. Agens-Instrumental-Alternation bei der Klasse (K8) in Kap. 1.6). Außerdem folgt aus der KBE ohne zusätzliche Annahmen, dass bei ERN aus nominalen Basen grundsätzlich keine Ambiguität auftritt, weil dort die Basen keine AS aufweisen und daher die in der obigen Fassung genannte Bedingung trivialerweise nicht erfüllt ist. Dasselbe gilt auch für die sog. Zusammenbildungen auf -er (vgl. weiter unten). Allerdings kommt NA eine besondere Stellung zu. Das den NA zu Grunde liegende Konzept (PRODUKT) kann niemals einem verbalen Argument zugewiesen werden, diese werden also durch die KBE in der jetzigen Form nicht erfasst. Tatsächlich tritt aber bei NA jede Art der Ambiguität auf (darauf verweisen auch die '!'-Zeichen in (2-2) oben). Als NA konventionalisierte Nomina können mit NAG, NI und NPA ambig sein, wobei die beiden letzteren Fälle sehr selten sind (s. Vorleger, Dämpfer) ·. Die signifikante Ambiguität besteht zwischen NA und NAG. Das überrascht vor dem Hintergrund nicht, dass eine Tätigkeit typischerweise durch ihr Ergebnis und ihren Ausfuhrer charakterisiert werden kann, wie die lange Diskussion um die Stellung der Ereignisnomina zeigt. Um dies auch zu erfassen, muss allerdings die obige Formulierung der KBE erweitert werden: Konzeptuelle Basiseinschränkung, erweitert (KBE):6 Ambiguität tritt im Bereich der ERN dann auf, wenn (a) die mit den einzelnen Lesarten korrespondierenden Zielkonzepte bei den Basen solchen Argumenten zugeordnet werden, die (prinzipiell) die gleiche Position in der AS einnehmen können, oder (b) während der Konzeptzuweisung die verbale Tätigkeit selektiert und instanziiert wird (s. Kap. 1.5 oben).

Die endgültige Fassung der KBE führt nun zu der vollständigen Erfassung der Ambiguitäten. Ich verweise zum Schluss darauf, dass sich die KBE im Sinne des ProdP auf die produktiven 6

Im weiteren Verlauf verstehe ich unter KBE immer diese, erweiterte Fassung.

49 Fälle bezieht. Das muss man deshalb betonen, weil (a) Lexikalisierung in einer bestimmten Lesart zu anderen Ambiguitäten führen kann, und (b) bei dieser häufig polyseme Basen betroffen sein können.7 Zum sog. Konzeptwechsel sei Folgendes gesagt. Durch den Konzeptwechsel wird das betroffene Wort an den passenden Kontext angeglichen. Er ist bei der faktischen Deutung (Lesart) der Nomina (oder: der Derivate) charakteristisch (vgl. Fanselow (1991: 23)). Dieser Konzeptwechsel scheint im Übrigen im nominalen Bereich weitaus häufiger und charakteristischer zu sein, als etwa im verbalen, was beispielsweise dadurch angedeutet wird, dass fehlende Argumente beim deverbalen Nomen aus dem Kontext zumeist ohne weiteres ergänzt werden können.8 Beim dispositionellen Gebrauch der WB-Produkte hat man von einer konventionalisierten Bedeutung ohne kontextuelle Abhilfe ('Vorerwähntheit', etc.) auszugehen. Ein zweiter wesentlicher Punkt der Forschung gilt der Frage, ob Argumente bei -erDerivaten vererbt werden können. Die wesentlichen Auffassungen zu dieser Frage wurden bereits bei der Diskussion des Fanselow'schen Ansatzes dargelegt. Einigkeit scheint darin zu bestehen, dass es bei den NAG A-Vererbung gibt (so auch Fanselow (1991: 21), im Gegensatz zu früheren Arbeiten). Die Geister scheiden sich jedoch in der Hinsicht, ob AVererbung eine generelle Eigenschaft im Bereich der deutschen deverbalen Nomina ist (so etwa Olsen (1992) und Reis (1988)), oder nicht. Man kann auch konstatieren, dass für NI gewisse Einschränkungen hinsichtlich der A-Vererbung gelten. Es scheint indes fragwürdig, ob bei NI A-Vererbung generell untersagt ist. Kompositumsinterne Projektion von Argumenten ist auch dort gut möglich (vgl. etwa Kilometerzähler, Stromstärkemesser, im Fall einer faktischen Deutung sogar: ein Messer der Stromstärke etc.), sofern die Rolle der Kontexte gebührend berücksichtigt wird. Die beiden weiteren Lesarten NA und NPA sind hingegen in Bezug auf A-Vererbimg noch nicht untersucht worden. M E. muss dies auch durchgeführt werden, um ein klareres Bild zu bekommen. Der dritte Forschungsschwerpunkt der Literatur betrifft die Frage, aus welchen Verben überhaupt -er-Nomina gebildet werden können. Es sollen daher kurz die Bereiche zusammengefasst werden, wo keine -er-Nominalisierungen möglich sind. Koch (1976: 71) gibt folgende Liste an:9 (i) Aus Basen mit unpersönlichem Subjekt: a. Es-Subjekt: regnen, schneien, donnern, reifen, tauen, etc. b. Subjekt der 3. Person: mißlingen, geschehen, geziemen, genügen, etc. c. Weitere Verben mit es-Subjekt: freuen, gruseln, bangen, frösteln, ekeln, grauen, etc. 7

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So könnte beispielsweise ein Aufkleber prizipiell auch eine Maschine (NI) sein. (Hinweis von M. Reis) Man beachte, dass diese Idee nicht mit Saebos (1984) Unterscheidung zwischen Définit- vs. Indefinitfakultativität identisch ist, weil Letztere fakultative Ergänzungen beim Verb betrifft. Indefinitfakultativität ist für effizierende Verben (Bsp.: schreiben, malen) charakteristisch, die leicht als Inkorporationsfälle betrachtet werden können. Der Einfluss der Inkorporation auf die A-Vererbung wird weiter unten angesprochen; ebenso die Bemerkung von Fabricius-Hansen ( 1991: 701 ), dass Definitfakultativität bei Infinitiv- und Satzobjekten der Normalfall ist. Zu dieser Zusammenfassung vgl. noch Oh (1985: 172-175) und Meibauer (1995: 3f ).

50 (ii) Aus Hilfs- und Modalverben: sollen, müssen, haben, sein, werden, etc. (iii) Aus obligatorisch reflexiven Verben:10 sich abmühen, befinden, aneignen, begeben, beeilen, etc. (iv) Aus Mittelverben: enthalten, bekommen, wiegen, betragen, kosten, etc. (v) Aus Verben mit folgenden obligatorischen Ergänzungen:11 a. Lokalergänzung: wohnen, stellen, gelangen, bleiben, etc. b. Präpositionalobjekt: neigen zu, verlangen nach, denken an, eintreten für, warten auf, halten fiir, etc. c. Satzkomplement: sagen, behaupten, erlauben, annehmen, beachten, etc. d. Dativobjekt: gleichkommen, zuvorkommen, folgen, gehören, etc. Auch in Fanselow (1991: 20fF.) werden zu einigen dieser Gruppen Aussagen gemacht. Er macht zunächst geltend, dass -er-Nomina nicht von Verben gebildet werden können, die ein Satzkomplement aufweisen (s. (vc), unter dem Aspekt der VAB habe ich Satzkomplemente als propositionale Argumente charakterisiert). Allerdings kann das Komplement in der Spezifïzierer-Position eines Kompositums auftreten, wobei es nicht als CP erscheinen darf: Ja-Sager, Lass-mal-Sager, Alleswisser, Schuldbekenner, Unheilverkünder, etc. Nach Marga Reis (p. M.) spräche das dafür, dass es bei solchen Verben nicht nur um das propositionale Argument per se geht, sondern auch um dessen Realisierung (daher wäre auch die KC des ererbten Arguments von ausschlaggebender Wirkung). Soweit ich sehe, ist dieser Schluss kein zwingender. Um ein klareres Bild zu bekommen, muss man allerdings weitere Aspekte berücksichtigen. Sofern dem ERN tatsächlich ein Verb mit propositionalem Argument zu Grunde liegt, sind die möglichen Spezifizierer immer mit der Theta-Rolle 'Proposition' verträglich: Ja in Ja-Sager oder alles in Alleswisser verweisen auf die im genannten Kontext relevante Proposition. Es ist also keineswegs der Fall, dass in der Spec-Position jede beliebige NP/DP vorkommen kann. Das übernommene Argument muss jedoch kategorial abgeändert werden, da aus naheliegenden Gründen in Komposita keine Sätze erscheinen. Bei -èar-Adjektiven ist das beispielsweise ohne weiteres möglich, was darauf hinweist, dass Vorkommensbeschränkungen von CP-Komplementen von der Beschaffenheit der Ziel-Phrase mit determiniert sind. Propositionale Argumente sind andererseits die einzigen die als Sätze oder als satzwertige Wortgruppen auftreten, von daher erübrigt sich jeder sonstiger Bezug: Die Theta-Rolle 'Proposition' identifiziert notwendigerweise Sätze oder satzwertige Infinitive. Ein anderes Argument fur die obige Auffassung ergibt sich daraus, wenn wir Verben wie beweisen, sagen, erlauben oder annehmen, die jeweils sowohl eine Variante mit einfachem Akkusativobjekt (Objekt-NP) als auch eine mit einem propositionalen Argument aufweisen, mit sonstigen Verben vergleichen. Als Vergleichsbasis dienen dazu die Bildungsmöglichkeiten von -bar-Adjektiven. Toman (1987: 66ff.) zeigt überzeugend, dass Adjektive auf -bar produktiv nur aus den transitiven Verben gebildet werden können (in 97% aller Fälle). Wenn wir nun die Möglichkeit der -Aar-Derivation und die der -er10

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Bei solchen Basen macht Oh (1985: 127f.) geltend, dass sie deshalb keine -er-Derivate bilden, weil ihr Subjekt wenig bis gar nicht agentivisch sei. Diese mangelnde Agentivität bewirke auch, dass keine Theta-Rollen-Zuweisung an das Subjekt erfolgen kann. Oh (1985: 136f.) verwendet bei Verben wie haben, glauben, verstehen, etc. ein anderes Kriterium. Aus diesen Verben ist die Bildung von Nomina Actionis/Acti deswegen untersagt, weil sie kein Präpositionalobjekt mit dem Merkmal [Zeit] subkategorisieren.

51 Ableitung gekoppelt betrachten, ergeben sich vier größere Klassen. In die Klasse (A) gehören diejenigen Verben, die sowohl -bar-Adjektive (i.F.: BA) wie auch ERN zulassen (vgl. erklären - erklärbar - Erklärer). Zur Klasse (D) rechne ich solche, die weder produktive BAs noch ERN erlauben (vgl. warten - *wartbar - *Warter). Die divergierenden Fälle sind hier besonders interessant: Klasse (B) enthält die transitiven Verben, die zwar BAs aber kein ERN zulassen (vgl. hemmen - hemmbar - *Hemmer), während Klasse (C) solche umfasst, aus denen kein BA, dafür aber ein ERN gebildet werden kann (vgl. (sich) verschwören - *verschwörbar - Verschwörer). Im Falle der Gruppen (A) und (B) kann man sicher gehen, dass die jeweiligen Basen transitiv sind. Die empirische Grundlage dieser Korrelation liegt auf der Hand: Die größte Anzahl der ERN wird aus transitiven Basen gebildet, daher sind diese mit den -¿»¿»--Adjektiven durchaus vergleichbar. 'Abweichende Fälle' wird es aber auch geben, da ERN bekanntlich eben nicht nur aus transitiven Basen gebildet werden können, vgl. (C) und (D). Der springende Punkt ist nun, dass sich Verben mit CP-Komplement genauso verhalten, wie 'normale' transitive Verben: Sie können nur den Gruppen (A) und (B) zugeordnet werden. Erstere umfasst die Verben mit Satzkomplement, die sowohl ein -¿»ar-Adjektiv, als auch ein ERN zulassen, wie beweisen (cf. ein beweisbares Theorem vs. Theorembeweiser, aber faktisch Beweiser des Theorems)), verkünden (cf. ein verkündbares Urteil vs. Urteilverkünder, faktisch: Verkünder des Urteils), fragen (s. fragbar - Frager), erklären, und einflüstern (s. einflüsterbar - Einflüsterer);12 die zweite hingegen solche, wo ein -bar-Adjektiv wohlgeformt ist, nicht aber ein ERN. Hierher gehören etwa folgende Verben (vgl. die Aufzählung in (vc) oben): sagen - sagbar - *Sager, erlauben - erlaubbar - *Erlauber, bzw. Verben wie wissen, und annehmen (vgl. \wissbar - *Wisser, annehmbar - *Annehmer).n Wie aus dieser kurzen Erörterung folgt, spielt in diesem Fall der kategoriale Status des Komplements keine Rolle bei der Determinierung eines gewissen WB-Musters. Daher gehe ich davon aus, dass dies eine generelle Eigenschaft der Verben ist. Fanselows zweite Bemerkung bezieht sich auf Verben mit PP-Komplement. Es wird argumentiert, dass -er-Nomina als Personenbezeichnungen - von einigen Ausnahmen abgesehen, bei denen das Ziel-Argument betroffen ist, vgl. Morgenlandfahrer, oder Fanselows Beispiel: Heimkehrer nach Katalonien vs. Amerikafahrer - generell nicht wohlgeformt seien. Da sie von vornherein ausgeschlossen sind, komme bei ihnen auch 'interne Α-Sättigung' nicht in Frage. Die Möglichkeit der Altbildung Fahrer im Sinne von Autofahrer (oder: Fahrzeugfahrer) zeigt m.E. demgegenüber, dass bei dieser nicht das präpositional ergänzte Verb fahren als Basis auftritt. Es wurde das typische Objekt (Auto, Fahrzeug) in das Verb inkorporiert, und erst dann erfolgte die Nominalisiening. Darauf deutet auch die Tatsache hin, dass (AVI) gegenüber die möglichen Spezifizierer beim Fahrer nichts mit der ursprünglichen AS des Verbs zu tun haben, vgl. Schnellfahrer, Unfallfahrer, Sonntagsfahrer, etc. Anders sieht es bei der okkasionellen Bildung aus dem präpositional ergänzten Verb fahren aus. Ein ERN Fahrer im Sinne von 'jd., der irgendwo hinfahrt' ist nicht wohlgeformt. Daher muss man annehmen, dass hier das Ziel-Argument 12

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Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass Frager auch in der NA-Lesart belegt ist: [...] manipulieren könne man das Ergebnis in der Tat, bescheinigte Klaus Hassler den Frager. (Mannheimer Morgen, 24. 04. 1985, S. 36.) Das Verb annehmen (cf. annehmbar, aber *Annehmer ) bildet hierbei eine einzige Ausnahme, da die -òar-Ableitung in einer speziellen Bedeutung lexikalisiert ist (also kein Ergebnis der produktiven Regel darstellt).

52 intern ist, und die Nominalisierung von Kopf und Komplement zusammen erfolgt (s. FSP und FOPC) ohne jedoch vorher Inkorporation einzugehen. Hier wird bei den wenigen möglichen Bildungen immerhin die AS des Basisverbs berücksichtigt, was im Sinne des ProdPs steht. Allerdings teilen die okkasionellen und die Altbildungen die Eigenschaft, dass bei ihnen keine exter-ne Α-Sättigung möglich ist: vgl. *der Fahrer am Sonntag vs. *der Fahrer nach Amerika. Bei den Verben, die eine DP selegieren, bemerkt Fanselow, dass die Derivate im Falle der NI generell keine externe Α-Realisierung aufweisen. Die Grundlage dieser Auffassung stellt die Tatsache dar, dass kompostumsinterne Α-Sättigung bei NI wesentlich häufiger ist als kompositumsexterne: Betonmischer, UKW-Empfänger, Gasanzünder, Dosenöffner, etc. Bereits Meibauer (1995: 10) hat jedoch daraufhingewiesen, dass in bestimmten Kontexten auch eine externe Α-Realisierung möglich ist (s. Mischer von Beton vs. Mischer von Granulat).14 Das ist zwar tatsächlich nicht immer möglich, kommt aber dann vor, wenn der Kontext eine faktische Lesart ermöglicht, wie das auch im bezogenen Korpus belegt ist. In (2-3) stehen dafür einige Beispiele. (2-3) a. Da die Verbreitung ballistischer Raketen als Träger chemischer Waffen [...] (Mannheimer Morgen, 03. 01. 1989) b. [...] auf dem ein Gleiskreuz für die Straßenbahn als Verteiler der Tramwagen sorgte [...] (ebd. 23.09. 1995) c. [...] rüsten [...] ihre Internetseiten als Verteiler für die elektronische Leseware auf. (ebd. 02. 09. 1998) d. Deshalb hat jede Kochstelle [...] einen eigenen Regler für die Gaszufuhr, (ebd. 30. 01. 1996) e. [...] bei denen der Zins als Regler der Investitionen und damit der Kreditnachfrage noch Durchschlagskraft besitzt. (Schriftenreihe d. Inst. f. Kapital..., S. 202-210) f. [...] ein [...] Kind, das den Schalter einer Herdplatte [...] auf volle Stärke drehte. (Mannheimer Morgen, 30. 10. 1989)

Zu dieser Faktenlage sind folgende Bemerkungen zu machen. In (2-3c) und in (2-3d) stehen Daten, die in der Literatur nicht als 'Ergebnisse' einer direkten A-Vererbung, sondern eher als Folgen einer periphrastischen Strategie Toman'scher Art angesehen werden. Das trifft hier m.E. aus folgendem Grund nicht zu. Die betroffenen PP-Konstituenten für die elektronische Leseware und für die Gaszufuhr können ohne Änderung der Grammatikalität durch DPs ersetzt werden: Verteiler der elektronischen Leseware und Regler der Gaszufuhr sind im genannten Kontext durchaus voll einfügbar. Dadurch entfallt aber die zusätzliche Motivation für die Annahme einer periphrastischen Vererbung. Ich gehe deshalb im weiteren Verlauf davon aus, dass in Fällen, wo eine PP (im genannten Kontext) ohne Änderung der Grammatikalität durch eine DP ersetzt werden kann, ebenfalls A-Vererbung vorliegt. Der Unterschied zwischen A-Vererbung bei NI und bei NAG besteht lediglich darin, dass NAG bereits als innere Disposition die Möglichkeit der A-Vererbung aufweisen, während NI dies nicht tun. Bei diesen kommt A-Vererbung erst durch den Kontext zum Vorschein, eine Eigenschaft, die alle Nomina mit faktischer Lesart kennzeichnet: Bei NAG wird faktische Lesart durch die Projektion der ererbten

14

Der Korrektheit halber muss man hinzufugen, dass nicht alle Sprecher die zitierten Beispiele gleich beurteilen. Mit entsprechendem Kontext erhöht sich jedoch immer der Grammatikalitätsgrad.

53 Argumente ausgelöst, bei NI macht erst die faktische Lesart das Vorkommen der Argumente möglich.15 Bei möglicher NP-Komplementation in der Ν AG-Lesart könne nach Fanselow (1991) und Meibauer (1995) weiterhin beobachtet werden: • Die Akzeptabilität der Derivation erhöhe sich in manchen Fällen durch die Erweiterung des Kopfnomens, vgl. *der Ersteher des Buches aber ?der Erstersteher des Buches. Diesem Paar gegenüber gibt es jedoch z.B. Ersteher der Wohnung, der Ersteher eines gut erhaltenen Fahrrades u.a. als wohlgeformte (und entsprechend belegte) NPs. In Gesetzestexten ist Ersteher ohne jegliche Ergänzung der Regelfall. Die Ungrammatikalität von der Ersteher des Buches hängt also mit Sicherheit nicht damit zusammen, dass man aus dem Basisverb erstehen kein ERN bilden kann, sondern eher mit der semantischen Beziehung zwischen dem Verb erstehen und seinem Objekt, in diesem Fall Buch. Ein Buch ist typischerweise kein Gegenstand, den jemand ersteht. Ist hingegen ein Rückschluss auf das erneute Verwerten von einem Buch möglich, dann erhöht sich in der Tat der Grammatikalitätsgrad, da dies mit dem semantischen Inhalt von erstehen gut vereinbar ist. • Die Resultate würden sich bei semantischer Variation verbessern: *Löser vs. *Löser des Problems vs. Hein Löser von Nationalitätenkonflikten vs. Konfliktloser. Vor dem Hintergrund von Belegen sieht jedoch das Bild etwas anders aus. Auf jeden Fall ist Löser in faktischer Lesart (als NI oder als NAG) wohlgeformt, nicht jedoch dispositionell. Innere Α-Projektion ist bei diesem Kopf der unmarkierte Fall (s. Rätsel-Löser, Problemloser, Kreuzworträtsel-Löser, Konfliktloser, etc.). Allerdings weisen sowohl Sprecherbefragungen wie auch Belege darauf hin, dass Löser des Problems nicht vollständig ungrammatisch ist, also kein Sternchen sondern ein Fragezeichen bekommen muss. In (2-4) sind zwei Kotexte für externe Projektion mit dem Kopf Löser angegeben: (2-4) a. [...] geht es um die Grundsatzfrage, ob der Staat der Löser aller unserer Probleme sein soll, [...] (Mannheimer Morgen, 18. 05. 1998) b. [...] das die dankbare Nachwelt dem Löser der sozialen Frage, [...] zu bauen sich verpflichtet fühlen wird. (Neue Rhein. Zeitung, 21/22. 01. 1849)

• Bei obligat transitiven Basen erfolge eine Lesarteinschränkung: Finder der Lösung! *des Weges. Dieses Paar legt jedoch nahe, dass die halbwegs idiomatisierte verbale Verbindung eine Lösung finden (die auch im übertragenem Sinne verwendet wird) mehr der Nominalisierung zugänglich ist, als sein Gegenstück einen Weg finden, wo eine okkasionelle Verbindung im konkreten Sinn vorliegt. Diese Sicht erscheint aufgrund des angesprochenen Korpus völlig unbegründet. Das Nomen Finder ist sowohl in faktischer als auch in dispositioneller Lesart wohlgeformt. Es kommt sowohl ohne projiziertem Argument als auch mit kompositumsexterner Projektion vor. Sogar interne Α-Projektion ist belegt, cf.:

15

Es muss darauf hingewiesen werden, dass bei NI der nominale Kopf häufig durch sonstige Genitivattribute erweitert ist, vgl. Zeiger des Tiefenmanometers, u.a., die jedoch nicht als Argumente verstanden werden können. Bei solchen Hegt einfache Possessivrelation vor.

54 (2-5)

a. b. c. d.

e. f. g.

Der ehrliche Finder hatte auf jeglichen Finderlohn verzichtet. (Mannheimer Morgen, 09. 03. 1989) [...] ob es beispielsweise Kartendieben oder Findern [...] gelingen könnte, [...] (ebd. 17. 02. 1989) Der Karten-Finder, Joschi P., [...] erzählt, [...] (ebd. 26. 05. 1989) Einen 37jährigen Arbeiter nahm die Polizei [...] fest, der sich [...] bei einer 23jährigen als Finder ihres Hundes gemeldet hatte. (Mannheimer Morgen, 23. 01. 1989) Ferner bitten die Ermittlungsbehörden den Finder des Personalausweises sich zu melden, (ebd. 22. 11. 1995) Zeugen der Tat oder Finder der gestohlenen Gegenstände werden gebeten, [...] (ebd. 16. 12. 1995) Staatsanwalt ermittelt gegen Finder der Bankunterlagen (ebd. 10. 01. 1996)

Die zitierten Belege sprechen m.E. eindeutig dafür, dass die vermeintlichen Lesarteneinschränkungen, zu denen ich oben kurz Stellung genommen habe, keineswegs generelle Eigenschaften im nominalen Bereich betreffen. Für diesen Schluss spricht auch, dass derartige Einschränkungen bei den sonstigen obligat transitiven Basen nicht ausgeprägt sind (vgl. Frager).

2.2

Bildungseinschränkungen für die -er-Derivation

Unter dem Aspekt der in Kap. 1.6 geltend gemachten Verbklassen-Aufstellung und der Evaluierung der Fanselow'schen Auffassungen sind zu den von Koch (1976) erstellten Bildungseinschränkungen (i-v) folgende Bemerkungen angebracht: Zur Gruppe (i): Man erkennt unschwer, dass das in (i) verwendete Kriterium ein durchweg syntaktisches ist, obwohl es auf den ersten Blick als semantisches anmutet: In den Unterpunkten zu (i) ist die Einschränkung im Zusammenhang mit der syntaktischen Kategorie des Subjekts formuliert. Dies fällt nur teilweise mit den hier geltend gemachten Überlegungen der VAB zusammen. Tatsächlich argumentlos sind in der obigen Aufstellung nur regnen, schneien und donnern. Alle anderen Verben gehören derjenigen Gruppe an, die es nur als eine Variante in der Position des Subjekts aufweisen. Sonst aber sind sie VA-Verben (mit syntaktischen Besonderheiten, die hier nicht weiter interessieren sollen). Verben wie reifen und tauen aus (ia) gehören auch in diese zweite Gruppe, weil bei ihnen auch sonstige Subjekte außer es möglich sind. Diese Eigenschaft teilen sie unter semantischem Aspekt der VAB mit den Verben von (ib). Bislang kann also folgende Bildungseinschränkung formuliert werden: (BEI) Aus Verben der Klasse (Kl) können keine ERN gebildet werden. Zur Gruppe mit möglichem e.s-Subjekt sei Folgendes gesagt. Manche von diesen Verben haben sogar zwei Argumente. Ein einschlägiges Beispiel ist in (2-6) zu finden: (2-6) Es freut mich, dass alle gut angekommen sind.

55

Man fragt sich nun, wie die AS des Verbs freuen wohl aussieht. Das Pronomen es ist mit Sicherheit kein Argument, aber es verweist auf ein Argument, nämlich auf den Nebensatz (dass alle gut angekommen sind). Dieses Argument (Theta-Rolle: Proposition) ist das eigentliche Subjekt des Satzes, was man u.a.daran erkennt, dass es die Position von es einnehmen kann, cf. (2-7) Dass alle gut angekommen sind, freut mich. Dadurch fallt aber das Verb freuen, bzw. auch andere Verben aus der Aufzählung in (ic) in die Klasse (K9), da sie ein propositionales Argument aufweisen. Ähnliches gilt für weitere zwei Verben aus (ib), d.h. für geziemen und genügen}6 Sie weisen aber auch ein anderes, internes Argument auf, das Experiencer, so dass die AS von freuen in meiner Auffassung etwa so aussieht: (2-8) freuen (x (y)) Proposition Experiencer Wenn nun aus solchen Verben keine ERN gebildet werden können, fragt man sich, in Bezug auf welches Argument von den beiden die einschlägige Beschränkung formuliert werden soll.17 Da bis jetzt keine eindeutigen Entscheidungskriterien in dieser Hinsicht vorliegen, formuliere ich hypothetisch beide Möglichkeiten. Diese werden weiter unten im Lichte der späteren Fakten überprüft. (BE2a) Aus Verben mit propositionalem externen Argument können keine ERN gebildet werden. (BE2b) Aus Verben mit internem Experiencer-Argument können keine ERN gebildet werden.18 Gleichzeitig zeigt diese Argumentation, dass die vermeintlichen Einschränkungen für die Bildung von ERN nicht nur auf syntaktischer Basis formuliert werden können. Dies heißt auch, dass das, was im Bereich der Syntax als ein Ausnahmefall gilt, sich im semantischen Bereich als Regelfall erweist, weshalb letztere Lösung der ersteren vorzuziehen ist. 16

17

18

Wenn ich von propositionalem Argument spreche, unterscheide ich nicht zwischen dessen Erscheinungsformen als aktueller Satz, d.h. eigentliche Sätze und/oder satzwertige Infinitive (wie bei genügen) sind fur mich gleichermaßen prepositional. Allerdings muss man bei genügen zwischen den Varianten es genügt (+ Proposition) bzw. dem eigentlichen Verb genügen, das ein Agens und ein Ziel-Argument aufweist, unterscheiden. Hinsichtlich von (2-7) und (2-8) könnte man allerdings einwenden, dass auch ein Satz Dein Erfolg freut mich wohlgeformt ist, was nahelegt, dass der c/ass-Satz im Vorfeld nur eine Variante eines 'normalen' Subjekts ist, so dass das Verb freuen als polysem anzusehen ist. Nur freuen in (2-7) hat dann die AS in (2-8). Die andere Variante hat folglich in der Position des externen Arguments ein Thema-Argument. Dadurch weist es aber Ähnlichkeiten mit den Unakkusativen auf, die ebenfalls besonderen Einschränkungen unterliegen, die unter dem Aspekt der VAB auf das Thema als externes Argument zurückgeführt werden können. Andererseits muss man auch bedenken, dass das unterschiedliche syntaktische Verhalten der beiden Subjekte hinsichtlich Theta-Markierung in der unterschiedlich gearteten VAB begründet sein kann. Eine Ausnahme zu dieser Generalisierung ist mir bekannt: Blüher (für Blühpflanzen).

56 Zur Gruppe (ii): Wenn man die Hilfs- und Modalverben unter die Lupe nimmt, kann Folgendes festgehalten werden. Die Hilfs- und Modalverben sind keine Verben, die über eine eigene AS verfügen. Dies bedeutet jedoch m.E. nicht, dass sie im gleichen Sinn argumentlose Verben sind, wie das bei Elementen von (Kl) der Fall ist. Für Elemente von (Kl) ist es nämlich charakteristisch, dass bei ihnen die herkömmliche Funktor-ArgumentBeziehung fehlt. Dies trifft zwar auch für die Hilfs- und Modalverben zu, diese bauen jedoch mit ihren Mitspielern eine andere Art der logischen Beziehungen auf: die FunktorFunktor-Beziehung. Verben der Klasse (Kl) haben nicht diese Eigenschaft. Dadurch liegt folgende Generalisierung vor: (BE3)

Aus Verben, die unter semantischem Aspekt eine Funktor-Funktor-Beziehung aufbauen, können keine ERN gebildet werden.

Man beachte jedoch, dass es einige Verben gibt, die logisch gesehen ebenfalls eine Funktor-Funktor-Beziehung aufbauen (können), trotzdem aber -er-Nomina zulassen, wie Macher (cf. Er machte mich lachen.) oder Hörer (cf. Ich hörte ihn schnarchen.) zu demonstrieren scheinen. Der Schein trügt aber eindeutig. Die ERN Macher oder Hörer werden aus den transitiven Varianten der Basisverben gebildet, also aus denen, die die herkömmliche Funktor-Argument-Beziehung mit ihren Komplementen aufweisen. Das beweist der oben angesprochene -bar-Test (BT). Da die Kategorie des Komplements in diesem Fall keine wesentliche Rolle spielt und sowohl Macher und Hörer wie auch machbar und hörbar wohlgeformt sind, liegt ihnen jeweils das transitive machen und hören zu Grunde. Zweitens sind Infinitivkomplemente beim entsprechenden -Aar-Adjektiv nicht möglich, nur wenn sie substantiviert sind, vgl. ein hörbares Schnarchen, nicht aber *sein schnarchen ist hörbar, woraus ebenfalls folgt, dass in diesen Fällen die transitive Verbvariante betroffen ist. Desweiteren fällt auf, dass die Funktor-Funktor-Beziehung zwischen den Hilfs- und Modalverben und den zu ihnen tretenden Vollverben mindestens eine besondere Eigenschaft aufweist: Es wird auch im verbalen Bereich immer nur die AS der Vollverben projiziert. Hieraus schließe ich, dass Hilfs- und Modalverben über keine eigene AS verfügen, weshalb (BE3) wie folgt modifiziert werden soll: (BE3mod) Aus Verben ohne eigene AS können keine ERN gebildet werden.19 (BE3mod) hat auf jeden Fall den Vorteil, dass sie auch die Verben von (Kl) umfasst. Es erübrigt sich also die in (BEI) aufgestellte Generalisierung. Es ist gleichzeitig zu bemerken, dass auch diese Argumentation die Wichtigkeit des thematischen Rahmens unterstreicht, indem (BE3mod) eine Beziehung zwischen der AS und der Nominalisierbarkeit eines Verbs herstellt.

19

Es gibt eine einzige mir bekannte Ausnahme zu (BE3„iod): Könner zu dem Verb können. Dies mag daran liegen, dass können neben der modalen Bedeutung eine stärker ausgebildete VollverbBedeutung aufweist (insofern also polysem ist), als die anderen modalen und Hilfsverben. Diese Polysemie gilt zwar auch für wollen, aus diesem Verb kann jedoch keine -er-Nomen gebildet werden, cf. *Woller. Dort ist (auch) eine andere Einschränkung sichtbar: wollen weist in der einen Bedeutung ein propositionales Argument auf. Aus solchen Verben sind keine ERN möglich, s. weiter unten.

57 Zur Gruppe (iii): Obligatorisch reflexive Verben habe ich oben als VA-Verben der Klasse (K2) charakterisiert. Dies bedeutet, dass zumindest aus einer Subklasse von (K2) keine ERN gebildet werden können. Das ist jedoch kein durchgängiges Muster der Verbklasse (K2), wie die einwandfreien Bildungen, Schreiber, Leser, Denker, Fahrer, etc. nahelegen.20 Die Verben von (K2) sind also nach der VAB zwar einheitlich, das geht aber nicht (immer) mit gleichen Eigenschaften hinsichtlich der Nominalisierbarkeit einher. Ich werde im Folgenden daher den Bezug auf den reflexiven Status beibehalten: (BE4) Aus reflexiven Basen der Klasse (K2) können keine ERN gebildet werden. Es sei hier noch darauf verwiesen, dass (BE4) in der Tat nicht auf alle, herkömmlich reflexiv genannten Basen ausgedehnt werden kann. Insbesondere gilt sie nicht gleich für beide Gruppen (also für obligatorische und formal reflexive Basen) der Reflexiva. Wie ich oben argumentiert habe, sind die traditionellen formalen Reflexiva eigentlich VATVerben, und sie gehören somit (K5) an. Aus solchen Verben können tatsächlich ERN gebildet werden. Dass diese Einstufung begründet ist, zeigt sich u.a.auch daran, dass die aus solchen Verben gebildeten ERN keinen Rückbezug auf reflexive Basen erlauben: (2-9)

Verteidiger a. 'jd., der jdn./etw. verteidigt' b. '*jd., der sich verteidigt'

(2-10) Rasierer a. '*jd., der sich/jdn. rasiert' b. Rasierapparat

Ich verweise darauf, dass zu (BE4) einige (auch scheinbare) Ausnahmen existieren. Solche Daten sind etwa Fühler aus sich fühlen oder Verschwörer aus sich verschwören. Wellmann (1975: 226) erwähnt noch angebliche Fälle wie Erbrecher aus sich erbrechen und Erbarmer aus sich erbarmen. Weder Erbarmer noch Erbrecher sind jedoch in dieser Wortform im Bezugskorpus vorhanden. Erbarmer ist einmal in Form von All-Erbarmer belegt, zu Erbrecher gibt es aber kein vergleichbares Beispiel. Nach Sprecherbefragungen sind Erbarmer und Erbrecher auch nicht einwandfrei grammatisch (beide haben die Wertung ?), weshalb sie vorsichtig ausgewertet werden sollen. Es gibt eine relativ neue Tendenz im Deutschen, auch aus reflexiven Basen (ausschließlich) NAG zu bilden. Einige dieser Daten, die im Folgenden diskutiert werden sollen, stehen in (211): (2-11) a. der Empörer, Herumtreiber, Selbstverpflichter, Versteller, Verschwörer, Bewerber b. sich empören über etw./jdn; sich (i.wo) herumtreiben; sich (selbst) zu etw. verpflichten; sich verstellen, sich verschwören, sich bewerben um etw.

20

Bei Verben wie schreiben, lesen oder denken, die die Inkorporation des typischen Objekts ins die verbale Handlung voraussetzen, sind entsprechende -bar-Ableitungen mehr oder minder eingeschränkt, vgl. einerseits die marginale Akzeptabilität von ?/??schreibbar, sowie die Tatsache, dass denkbar in einer selbständigen Bedeutung lexikalisiert ist. Zu lesbar gibt es in der gleichen Bedeutung die Parallelform leserlich, die ebenfalls auf eine gewisse Einschränkung hinweist.

58 Die Basen in (2-1 lb) sind auf den ersten Blick alle obligatorisch reflexiv. Die daraus resultierenden Bildungen sind jedoch - (BE4) entgegen - grammatisch. Es ist daher ein Vergleich mit den anderen Reflexiva angebracht. Koch (1976) zitiert u.a.folgende, obligatorisch reflexive Veiten: (2-12) sich abmühen, beeilen, begeben, befinden, aneignen

VA- oder VAT-Veitoen mit Lokativ-Argument bilden keine ERN, s. weiter unten. Dadurch wird vorausgesagt, dass aus sich begeben und aus sich befinden keine -er-Ableitungen möglich sind. Zwei weitere Veiben aus (2-12) und vier aus (2-1 lb) können ohne Ergänzung auftreten (s. (2-13a) und (2-13b)), alle anderen brauchen eine (obligatorische) Ergänzung (vgl. (2-13c)): (2-13) a. Fritz müht sich ab/ beeilt sich. b. Edgar empört sich/ treibt sich herum/ verpflichtet sich/ verstellt sich. c. *Peter verschwört sich/ *eignet sich an/ * bewirbt sich.

Man sieht, dass man aufgrund dieser Kreuzklassifizierung nicht zu der Grammatikalitätsverteilung im nominalen Bereich kommt. Sowohl die Veiben in (2-13a) als auch die in (213b) treten ohne Ergänzung auf, und trotzdem weisen sie andere Eigenschaften hinsichtlich der Nominalisierbarkeit durch das -er-Suffix auf. (2-13c) macht darauf aufmerksam, dass der gleiche Grad der Grammatikalität mit anderen Möglichkeiten der Nominalisierbarkeit einhergehen kann (vgl. Verschwörer, *Aneigner, Bewerber). Es bietet sich eine Lösung der Problematik an, wenn man bedenkt, dass all diejenigen Verben, die -er-nominalisert werden können, auch eine VAT-Variante aufweisen. Zwei Beispiele sollen hier genügen: (2-14) a. Das 1971 geschlossene Transitabkommen verpflichtet beide Vertragspartner [...] (MM, 05. 01. 1989) b. Das Verhalten des Vorstandsmitglieds Fritsche empörte die Belegschaft. (MM 25.11.1994)

Dies ist, soweit ich sehe, bei allen Neubildungen der Fall. Unter dieser Perspektive sind etwa Fälle wie Verschwörer und Bewerber als lexikalisiert anzusehen. Sofern man auchfìiraneignen eine transitive Basis annehmen kann, ist ein ERN möglich.21 Man muss also (BE4) wie folgt modifizieren: (BE4mod) Aus reflexiven VA-Verben ohne VAT-Variante können keine ERN gebildet werden. (BE4mod) ergibt sich aus dem Prinzip der maximalen Unterspezifizierung von Lexikoneinträgen (s. Bierwisch 1989). Reflexive VA-Verben mit VAT-Variante sind so festgehalten, dass sie auf die reflexive Eigenschaft hin unspezifiziert sind. Daher sind sie der -er-Nominalisierung zugänglich. Bei solchen ohne VAT-Variante muss allerdings die reflexive Eigenschaft spezifiziert sein (diese Klasse umfasst die obligatorischen Reflexiva).

21

In der Tat ist Aneigner im Mannheimer Korpus ein einziges Mal belegt, bei Karl Marx im folgenden Kontext: „[...] die ökonomische Unterwerfung des Arbeiters unter den Aneigner der Arbeitsmittel [...]". (Marx-Engels-Werke, Bd. 16. S. 520.) Man beachte, dass hier die Basis eindeutig als transitiv anzusehen ist.

59 Zur Gruppe (ιν): Mittelverben sind nach Heibig & Buscha (1986: 54) solche Verben, die zwar nach dem herkömmlichen Kriterium ein Akkusativobjekt aufweisen, dieses jedoch bei der Passivierung nicht als Subjekt fungieren kann. Einerseits gibt es zu Verben wie erhalten und bekommen eine passivähnliche Konstruktion, wo das ursprüngliche Akkusativobjekt nicht Subjekt sein kann, sondern es bleibt weiterhin ein Objekt. Schaut man sich andererseits den semantischen Aspekt der Passivierung näher an, wird klar, dass die Grundkonstellation der passivfähigen Verben ein agentivisches Subjekt neben einem patiensartigen Objekt ist. Dies trifft jedoch für die angesprochenen Verben nicht zu. Die in (iv) aufgezählten Verben sind unter weiterem thematischem Aspekt nicht unbedingt einheitlich. Das Subjekt von bekommen oder erhalten hat die Theta-Rolle Benefizient/ Empfanger, das Objekt weist die Patiens-Rolle auf. Etwas schwieriger ist es hingegen, die Theta-Rolle des Subjekts bei den Verben wie wiegen oder betragen zu bestimmen (Das Subjekt bei enthalten ist m.E. ein Lokativ). In Komlósy (1992: 325) werden solche Subjekte als 'Charakterisierte' beschrieben. Überlegt man sich jedoch vernünftig, was solche Subjekte typischerweise leisten, fallt auf, dass sie eigentlich nichts Anderes als Träger von Eigenschaften sind (Etwas hat die Eigenschaft, dass es soundsoviel wiegt, etc.). Diese Subjekt-Rolle werde ich also im Folgenden 'Eigenschaftsträger' nennen. Das typische interne Argument bei solchen Verben weist die Maß-Rolle auf. Dass aus solchen Verben kein Passiv gebildet werden kann, liegt auf der Hand: Das Subjekt ist in diesen Fällen nicht agentivisch. Schließlich sollte auch nicht vergessen werden, dass nur solche Verben ein Passiv zulassen, die eine prozessuale Lesart aufweisen, und Eigenschaften sind sich nicht prozessual aufzufassen. Aufgrund dieser kurzen Diskussion kann eine thematisch fundierte Bildungseinschränkung für die Mittelverben wie folgt formuliert werden: (BE5) Weisen die Verbsubjekte nicht die Agens- oder Experiencer-Rolle auf (dafür aber Benefizient oder Eigenschaftsträger, seltener Lokativ), kann aus den tangierten Verben kein ERN gebildet werden. Dies korrespondiert mit syntaktischen Einschränkungen der Passivierung. Man beachte, dass Konstruktionen wie der Empfänger der Unglücksnachrichtl des Geldes keine Gegenbeispiele zu dieser BE darstellen. Das Subjekt hat zwar die Benefizient-Rolle, das Verb kann jedoch ohne weiteres passiviert werden. Es ist auch kein Zufall, dass (BE5) in Bezug auf die Subjekt-Theta-Rolle formuliert wurde. Als einzige gemeinsame Eigenschaft der traditionell Mittelverben genannten Klasse erwies sich nämlich, dass die ThetaRolle des Subjekts nicht Agens oder Experiencer ist. Dies korreliert mit der Auffassung, dass bei den ERN, wie das auch später noch sichtbar sein wird, häufig der Status des Subjekts (sprich: Projizierbarkeit des Subjekts) ausschlaggebend ist. Zur Gruppe (v): Auch die fünfte Koch'sche Gruppe ist heterogen genug. Die entsprechenden thematisch begründeten (d.h. die auf die Klassen (K1-K9) bezogenen) Bildungseinschränkungen lassen sich bei den Verben mit obligatorischer Lokalergänzung, mit Satzkomplement und mit Dativobjekt relativ einfach formulieren, während dies für Verben mit obligatorischem Präpositionalobjekt nicht unbedingt zutrifft. Die einzelnen 'Klassen' sollen daher jetzt in der angegebenen Reihenfolge unter die Lupe genommen werden.

60 Zu den Verben mit obligatorischer Lokalergänzung. Diese Gruppe ist mehr oder weniger mit der Klasse (K7) identisch. Für diese gilt (BE6): (BE6) Aus VA- und VAT-Verben der Klasse (K7) können keine ERN gebildet werden. Man beachte in diesem Zusammenhang, dass etwa Geher oder Eckensteher (vgl. jedoch *Steher) wohlgeformte Nomina darstellen. Geht man aber mit Bierwisch (1989) vom Prinzip der maximalen Unterspezifizierung von Lexikoneinträgen aus, kann geltend gemacht werden, dass das Verb gehen in seiner Kernbedeutung nominalisiert wurde. Das wird dadurch ermöglicht, dass in der KS ein entsprechender sortaler Bezug gefunden werden kann: Ein Geher ist ein Sportler, der lange Strecken geht. Als okkasionelle Bildung ist sie nicht üblich. Letztere ist mit Geher nur dann möglich, wenn etwa eine Art Richtungsangabe innerhalb des Kompositums vorkommt, z.B. in Form eines Präfixes: Weggeher (ähnliche Beispiele sind noch Versender oder Absender, wobei Letzteres eher lexikalisiert ist; wiederum wäre das polysemantische senden im Falle von Sender in der einen Kernbedeutung nominalisiert und als solches lexikalisiert (Funkstation), als okkasionelle Bildung ist es eher marginal: ΊΠΊSender)22 Dies weist aber auch darauf hin, dass beim Verb gehen (genauso wie bei senden) kein Lokativ-Argument vorliegt, sondern eher ein Ziel. Somit ist nur Eckensteher als Ausnahme zu (BE6) zu werten. Da aber Steher kein wohlgeformtes Nomen darstellt (vgl. jedoch Herumsteher), ist die Hinzufìigung des Lokativ-Arguments notwendig. Dies steht im Einklang mit dem FSP und dem FOPC. Da Argumente typischerweise zusätzliche Konzepte einfuhren (s. weiter oben) kann Eckensteher mit einem Konzept verbunden werden, so dass es wohlgeformt ist (ein ähnliches Beispiel wäre Grenzgänger). Zu den Verben mit Satzkomplement. Die obligatorischen Satzkomplemente weisen in der Regel die Theta-Rolle 'Proposition' auf. Somit sind solche Verben in die Klasse (K9) einzuordnen, fur die (BE7) einschlägig ist: (BE7) Aus Verben mit propositionalem Argument (= Verben der Klasse (K9)) können keine ERN gebildet werden. Bereits bei der Erörterung zur Gruppe (i) wurde eine Einschränkung in Bezug auf Verben mit propositionalem Argument hypothetisch formuliert, s. (BE2a). Dort wurde im Zusammenhang mit dem Verb freuen geltend gemacht, dass es auch zur Klasse (K9) gehört. Demnach gliedert sich (K9) in zwei Untergruppen: In die sog. sagew-Klasse, wo das propositionale Argument intern ist, und in die sog. freuen-YAasse., wo das propositionale Argument extern ist. Dadurch können wir (BE2a) und (BE7) wie folgt zusammenfuhren: (BE7mod) Aus Verben mit propositionalem internen (= sagen-Klasse von (K9)), oder externen (= freuen-Klasse von (K9)) Argument können keine ERN gebildet werden.

22

Vergleichbare Beispiele wurden bereits in Fanselow (1991:21 f.) zitiert: Heimkehrer nach Kalifornien, Einwanderer in die USA und Amerikafahrer.

61 Daraus ergibt sich, dass die Generalisierung (BE2a) als Teil einer anderen BE größerer Reichweite aufgefasst werden muss, und in ihrer Ausgangsform nicht aufrecht erhalten werden soll. Dasselbe gilt nicht für (BE2b). Man könnte meinen, dass sofern Verben mit externen propositionalen Argumenten nur Experiencer als internes Argument aufweisen (können), und die Projizierbarkeit des Subjekts (s. Mittelverben) eine bestimmende Rolle spielt, die Generalisierung (BE2b) überflüssig ist. Dieser Schein würde jedoch an der Tatsache vorbeigehen, dass es auch Verben gibt, die nur ein einziges Experiencer-Argument aufweisen (vgl. mir graust, mir schwant, etc.): Für diese gilt (BE2b) nach wie vor. Daher muss (BE2b) als selbständige BE formuliert werden. Da nun (BE2a) in (BE7mod) eingegangen ist, wird (BE2b) im Folgenden als (BE2) verstanden (hier wiederholt): (BE2)

Aus Verben mit internem Experiencer-Argument können keine ERN gebildet werden.

Zu den Verben mit obligatorischem Dativobjekt. Thematisch gesehen ist diese Gruppe auch alles andere als einheitlich. Das syntaktisch im Dativ erscheinende Objekt kann diverse Theta-Rollen haben. Es kann, soweit ich sehe, folgende Theta-Rollen aufweisen: Es ist entweder Benefizient wie bei den Verben geben und schenken, oder Ziel wie bei schicken oder folgen. Es kann aber auch Eigenschaftsträger sein wie bei gleichkommen und zuschreiben, sogar eine Possessor-Rolle ist denkbar wie im Falle von gehören. Ich fasse die genannten thematischen Rollen unter 'Zentrum' zusammen. Sie sind demnach (K6) zuzuordnen. Folgende Bildungseinschränkung kann nun aufgestellt werden: (BE8) Aus VATZ- oder VAZ-Verben der Klasse (K6) können keine ERN gebildet werden. Bei diesen Verben entsteht die typische Konstellation, dass häufig zwei konkurrierende Argumente vorhanden sind, die zumindest partiell gleiche Eigenschaften aufweisen. Hier sind drei Gruppen zu unterscheiden. Bei Verben der ersten Gruppe sind Agens und Benefizient (also eine Subjekt- und eine Objektkonstituente) jeweils als Agens-ProtoRollen zu charakterisieren. Man denke an Verben wie bei geben und schenken (oder helfen und dienen sind auch hier vertreten). Bei Verben der zweiten Gruppe, wie z.B. gleichkommen, gehören und zuschreiben sind das syntaktische Subjekt und das Objekt als Patiens-Proto-Rollen zu verstehen. Schließlich umfasst die dritte Gruppe solche Verben, bei denen zwei Objekte vorkommen, wie im Falle von schicken und folgen, welche als Patiens-Proto-Rollen charakterisiert werden können. Konvergenz zwischen syntaktischer Funktion und thematischer Charakterisierung finden wir also nur bei der dritten Gruppe vor, sofern Konstituenten in der Objektfiinktion mit der typischen semantischen Rolle von Objekten (Patiens) korrespondieren. Bei diesen ergibt sich die Unterscheidung zwischen direktem und indirektem Objekt aus dem zweiten Korollar des ASP (Dowty (1991: 576)): Das Akkusativobjekt ist das direkte Objekt, da es mehr treffende Proto-Rollen-Merkmale ausweist, als sein Gegenstück. Aus solchen Verben können produktiv keine ERN gebildet werden; es sind auch keine Altbildungen bekannt. Bei der ersten Gruppe ist die Divergenz zwischen syntaktischer Funktion und thematischer Charakterisierung keine vollständige, weil Benefizient-Argumente u.U. die Subjekt-Position einnehmen können (vgl. Ihm wird geholfen oder Thomas hat das Haus geschenkt bekommen vs. Dem Staat wird gedient).

62 Auf den Vorrang der Agens-Rolle verweist die Tatsache (a), dass sofern es überhaupt in diesem Bereich Altbildungen gibt (das betrifft ausschließlich diese Gruppe), diese immer Nomina Agentis sind, wie Diener, Helfer, Geber, Stifter zeigen, sie stellen in diesem Fall Nominalisierungen der verbalen Kernbedeutung dar; bzw. die Tatsache (b), dass das Vorkommen der Benefizient-Konstituente eingeschränkter ist. Dadurch ergibt sich aufgrund des ASP (vgl. auch das erste Korollar des ASP, Dowty (1991: 576f.), dass Agens als Subjekt lexikalisiert wird und Benefizient als Objekt. Letztlich divergieren die Verben der zweiten Gruppe vollständig: Erstens ist es ungewöhnlich, dass ein Subjekt als Thema/ Patiens charakterisiert wird; zweitens kann die Wahl zwischen Subjekt und Objekt weder auf der Basis des ASP noch auf der seiner zwei Korollare vorhergesagt werden. Hier handelt es sich um idiosynkratische Information, die im entsprechenden Lexikoneintrag zu spezifizieren ist.23 Durch die Eigenschaft, ein Thema/Patiens-Argument in der Subjektposition zu haben, weisen diese Verben wesentliche Gemeinsamkeiten mit den Unakkusativen auf, so dass sie eigentlich (K3) zuzurechnen sind. Es gilt jedoch nach wie vor, dass sie keine ERN zulassen (s. auch weiter unten). Zu den Verben mit obligatorischem Präpositionalobjekt. In (vib) oben wird generalisiert, dass aus Verben mit obligatorischem Präpositionalobjekt keine -er-Nomina gebildet werden können. In der Tat ist zu beobachten, dass diese Gruppe recht heterogen ist, und dass es zu vielen Verben mit PP-Ergänzung eine andere Verbvariante mit einfachem Akkusativobjekt gibt (vgl. etw. denken vs. denken an etw., oder etw. bezweifeln vs. zweifeln an etw.). Die Verben mit PP-Ergänzung haben kein Akkusativobjekt, daher sind sie als VAZ-Verben zu werten. Auch als VAZ-Verben sind sie aber nicht einheitlich. Soweit ich sehe, gibt es die folgenden Charakteristika: Die betroffenen Verben können in zwei Gruppen aufgeteilt werden: Die eine werde ich die zweifeln-Klasse nennen, die andere bezeichne ich als die warfew-KIasse. Erstere lässt ERN als Altbildungen zu (Verben wie zweifeln an, schwärmen für, bewerben für Zweifler, Schwärmer, Bewerber), während aus Letzteren grundsätzlich keine ERN möglich sind (Verben wie warten auf, hoffen auf, verlangen nach, etc.). Die warten-Klasse fallt vollkommen unter die Wirkung von (BE8), da bei den Verben dieser Klasse zumeist das Zentrum-Argument betroffen ist, unabhängig von der syntaktischen Realisierung als PP-Objekt. Die zweifeln-Klasse ist auch nicht als Ausnahme zu (BE8) zu behandeln, obwohl auch bei diesen Verben das Zentrum-Argument vorliegt. Der Grund dafür ist, dass die hier vorhandenen ERN ausschließlich lexikalisierte Bildungen sind, und kein Ergebnis der produktiven Anwendung einer Wortstrukturregel wie (1-1) oder (1-36) darstellen. Man beachte, dass diese Aufstellung weiter verfeinert werden kann, wenn man auch die -zwg-Nomina als Vergleichsbasis heranzieht. Die warte«-Klasse teilt sich dann in zwei weiteren Subklassen: Bei der einen ist weder eine -««g-Nominalisierung noch eine -erNominalisierung möglich (warten auf, verlangen nach, sehnen nach, etc.), bei der anderen hingegen ist nur eine -«ng-Nominalisierung wohlgeformt (erinnern, hoffen, etc.). Ähnliches gilt - mutatis mutandis - für die zweifeln-Klasse. Bei der ersten Subklasse sind nur

23

Eine andere Methode wäre, ein drittes Korollar des ASP fur diese idiosynkratische Information anzunehmen. Welche Lösung gewählt werden sollte, kann an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden.

63 ERN möglich {zweifeln, schwärmen, etc.), die zweite lässt jedoch sowohl ERN als auch UNGN zu (bewerben, etc.). Es gibt neben den bereits angesprochenen Einschränkungen eine weitere Gruppe, bei denen -er-Nomina mehr oder weniger restringiert sind. Diese umfasst bestimmte Verben, die auf -ern ausgehen. In (2-15) sind einige Beispiele hierfür aufgezählt:24 (2-15) wiehern, speichern, hämmern, opfern, steuern, dauern, trauern, etc.

Klar ist aus dieser Liste unter thematischem Gesichtspunkt nur der Status von speichern·. es fällt unter die Wirkung von (BE5). Das zeigt schon an, dass die Verben in (2-15) thematisch gesehen alles andere als einheitlich sind: opfern, steuern, und trauern sind VAT-Verben, dauern fordert eine Adverbialergänzung, wiehern ist ein VA-Verb. Gleichzeitig fallt auf, dass alle Verben bis auf wiehern denominal sind. Es wäre jedoch faktisch nicht vertretbar, wollte man behaupten, dass aus denominalen Verbbasen generell keine ERN gebildet werden können. Es gibt nämlich Zauberer aus zaubern, Ruderer aus rudern und Ähnliches mehr. In Booij (1986) werden ähnliche Beispiele des Niederländischen diskutiert. Ich gehe mit ihm einig, dass hier eine phonologische Einschränkung vorliegt. Als Tendenz halte ich also fest: (Tl) Einschränkungen hinsichtlich der Nominalisierbarkeit eines Verbs durch das -erSuffix treten tendenziell (auch) dann auf, wenn der Auslaut des Basisverbs und der Suffix phonologisch übereinstimmen. Man beachte, dass (Tl) nicht den festgestellten Status von speichern konterkariert, da (BE5) ohne große Schwierigkeiten mit (Tl) vereinbar ist. Dass die genannte Einschränkung als Tendenz formuliert wurde, hat seinen Grund. Auf mögliche ERN wurde bereits oben hingewiesen. Manche Muttersprachler finden außerdem Bildungen wie Steuerer und Hämmerer signifikant nicht schlechter als Ruderer, was darauf hindeutet, dass hier eine relativ 'weiche' Einschränkung vorliegt. Auf weitere und nähere Diskussion dieser Gruppe komme ich in Kap. 2.4 zu sprechen. Die vorgeschlagenen BEs betreffen soweit die folgenden Verbklassen: (BEI) und (BE3mod) beziehen sich auf (Kl), (BE2), (BE4mod), und (BE5) auf (K2). (BE2a) wurde in (BE7mod) inkorporiert, beide machen über die Klasse (K9) Aussagen, während (BE6) Klasse (K7) und (BE8) Klasse (K6) betreffen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es bei den anderen Klassen keine Beschränkungen gibt. Es ist deshalb angebracht, die restlichen Klassen auch kurz unter dem Aspekt der möglichen Restriktionen zu diskutieren. Zur Verbklasse (K3): Klasse (K3) umfasst die Unakkusative, also Verben mit einer einzigen, internen Thema-Rolle. Wie bereits in Levin & Rappaport (1995: 287) darauf hingewiesen wurde, ist solch eine Bestimmung der Unakkusative unvollständig. Einer etwas breiteren Auffassung zufolge ist bei Unakkusativen auch ein zweites Argument möglich, entweder in Form einer PP oder einer NP im Dativ. Ich möchte jedoch an dieser Stelle auf eine detaillierte Diskussion dieser Vorstellungen verzichten, zumal Unakkusa24

Zu einer Analyse der Nominalisierungen aus solchen Verben vgl. Olsen (1992: llfT.) und dort genannte Literatur.

64 tive generell, d.h. von der Anzahl und kategorialer Charakterisierung der Argumente unabhängig nicht -er-nominalisiert werden können. In (2-16) sind einige Beispiele dafür aufgezählt: (2-16) verrohen -> * Verroher; erstarken *Erstarker; (sich) entfalten *Ergeher, gehören ->*Gehörer, etc.25

*Entfalter; ergehen

Somit liegt in Bezug auf die Unakkusative folgende Einschränkung vor: (BE9) Aus Unakkusativen der Klasse (K3) können keine ERN gebildet werden.26 Dazu sind lediglich zwei Bemerkungen zu machen. Erstens muss darauf verwiesen werden, dass (K3) auch die meisten in anderer Terminologie ergativ genannten Verben (vgl. sterben, fallen, verwaisen, explodieren, etc.) umfasst, so dass (BE9) auch für diese gilt. Zweitens verstehe ich - im Sinne der obigen Argumentation - alle VAZ-Verben als Unakkusative, welche ein Thema/Patiens-Argument in der Subjektposition aufweisen. (BE9) erfasst also auch diese Verben. Zur Verbklasse (K4): (2-17) zeigt anhand einiger Beispiele, dass aus Verben der kollektiven Tätigkeit, die unter thematischem Aspekt die besondere Eigenschaft aufweisen, dass bei ihnen das Agens gleichzeitig Patiens und das Patiens gleichzeitig Agens ist, ebenfalls keine ERN möglich sind. Das wird entsprechend in (BE 10) festgehalten. (2-17) (sich) treffen *Treffer, zusammenkommen rater; (sich) zanken *Zanker, etc.

*Zusammenkommer; heiraten -> •Hei-

(BE 10) Aus Verben der thematischen Gegenseitigkeit (Klasse (K4)) lassen sich keine ERN bilden.

2.3 Zwischenbilanz

In den vorangehenden Teilen dieses Kapitels wurden die ERN des Deutschen hinsichtlich möglicher Bildungseinschränkungen näher diskutiert. Als Grundlage wurde die sog. Konzeptuelle Basiseinschränkung (KBE) formuliert, die die auftretenden Ambiguitätetn vor dem Hintergrund von (Hl) erfasst:

25

26

Es ist zu bemerken, dass, sofern obligatorisch reflexive Verben als VA-Verben (oder: einstellig) gelten, einige von ihnen in der Abhängigkeit von der vorliegenden VAB auch als Unakkusative verstanden werden können (s. sich entfalten). Für diese erübrigt sich jedoch eine eigene BE, da sie durch (BE4) schon erfasst werden. Die einzigen mir bekannten Ausnahmen sind Riecher (NA) aus dem Basisverb riechen nach etw. und Stinker (NAG) aus stinken.

65 Konzeptuelle Basiseinschränkung (KBE): Ambiguität tritt im Bereich der ERN dann auf, wenn (a) die mit den einzelnen Lesarten korrespondierenden Zielkonzepte bei den Basen solchen Argumenten zugeordnet werden, die (prinzipiell) die gleiche Position in der AS einnehmen können, oder (b) während der Konzeptzuweisung die verbale Tätigkeit selektiert und instanziiert wird.

Als Ausgangspunkt für die konkrete Ausbuchstabierung der Bildungeinschränkungen wurde die in Koch (1976) geltend gemachte Aufteilung - ergänzt etwa durch die treffenden Bemerkungen von Fanselow (1991) - genommen. Diese wurde jedoch auf die auf thematischer Grundlage erarbeiteten Klassen (K1-K9) bezogen, wobei die Koch'schen Auffassungen wesentlich erweitert, zum Teil berichtigt und in einen breiteren Kontext eingebettet wurden. Ziel der Untersuchungen war, die möglichen Einschränkungen mit dem thematischen Rahmen des jeweiligen Verbs in Zusammenhang zu bringen, bzw. Syntax soweit wie möglich auszuklammern. Es hat sich erwiesen, dass folgende BEs bzw. folgende Tendenz bei der Bildung von ERN wirksam sind: (BEI)

Aus Verben der Klasse (Kl) können keine ERN gebildet werden. (= Teil von BE3mod)

(BE2a)

Aus Verben mit propositionalem externen Argument können keine ERN gebildet werden. (= Teil von BE7mod)

(BE2)

Aus Verben mit internem Experiencer-Argument können keine ERN gebildet werden. (= BE2b)

(BE3mod)

Aus Verben ohne eigene AS können keine ERN gebildet werden.

(BE4mod)

Aus reflexiven VA-Verben ohne VAT-Variante können keine ERN gebildet werden

(BE5)

Weisen die Verbsubjekte nicht die Agens- oder Experiencer-Rolle auf (dafür aber Benefizient oder Eigenschaftsträger, seltener Lokativ sind), kann aus den tangierten Verben kein ERN gebildet werden. Dies korrespondiert mit syntaktischen Einschränkungen der Passivierung.

(BE6)

Aus VA- und VAT-Verben der Klasse (K7) können keine ERN werden.

(BE7mod)

Aus Verben mit propositionalem internen (= sagew-Klasse von (K9)), oder externen (= freuen-YAassz von (K9)) Argument können keine ERN gebildet werden.

(BE8)

Aus VATZ- oder VAZ-Verben der Klasse (K6) können keine ERN gebildet werden.

gebildet

66 (BE9)

Aus Unakkusativen der Klasse (K3) können keine ERN gebildet werden.

(BE 10)

Aus Verben der thematischen Gegenseitigkeit (Klasse (K4)) lassen sich keine ERN bilden.

(Tl)

Einschränkungen hinsichtlich der Nominalisierbarkeit eines Verbs durch das er-Suffix treten tendenziell (auch) dann auf, wenn der Auslaut des Basisverbs und der Suffix phonologisch übereinstimmen.

Es ist notwendig hier zu bemerken, dass (BE2b) eigenständig als (BE2) beibehalten wurde, während (BE2a) in (BE7mod) eingegangen ist. Ähnlich verhält es sich mit (BEI): sie ist auch redundant, da (BE3mod) eine generellere Aussage macht ohne den Bezug auf Verbklassen, die auch den Bereich von (Kl) mit umfasst. Allerdings sind auch die Grenzen einer ausschließlichen thematischen Betrachtungsweise sichtbar geworden, da (1) Generalisierungen nicht nur ganze Klassen einheitlich betrafen, was insbesondere für (K2) galt, wo syntaktische Besonderheiten zu berücksichtigen waren; (2) Generalisierungen auch ohne den Bezug auf Verbklassen formuliert werden konnten, vgl. (BE3mod) und (Tl). Wie man unschwer sehen kann, betrafen die Einschränkungen - mehr oder weniger vollständig - alle Klassen bis auf (K5) und (K8). Die in diesem Bereich gültigen Einschränkungen werden bei der nachfolgenden Behandlung der einzelnen Lesarten der ERN im Detail dargestellt.

2.4 Nomina Acti

Im Falle von Nomina Acti bezeichnet das Wortbildungsprodukt das Ergebnis einer Handlung im weitesten Sinne. In der einschlägigen Literatur ist meistens von 'Prozessbezeichnung', 'menschlicher Äußerung' oder einfach 'Produkt' des verbalen Vorgangs die Rede. Da jedoch die meisten 'menschlichen Äußerungen' und Tätigkeiten in diesem Bereich nicht willkürlich sind, und nur kurze Zeit andauern, wobei eher das dabei entstandene Produkt im Vordergrund steht (selbstverständlich abgesehen von den ambigen Fällen, wie weiter unten behandelt wird), halte ich die traditionelle Bezeichnung, die auf das Produkt Bezug nimmt, für expressiver, da dadurch auch die Korrespondenz mit dem entsprechenden Konzept sichtbar gemacht wird.27

2.4.1 Die Basen Wie bereits oben angedeutet, sind die hier zu behandelnden Nomina Acti Ergebnisse von meistens kurzatmigen Handlungen oder Vorgängen. Ihre Basisverben lassen sich dementsprechend als dynamische, nicht-durative Verben einstufen.

27

Zu einer kurzen Behandlung von NA mit -er vgl. Erben (1993:95), s. auch Kap. 2.1 oben.

67 (A) VA-Verben (Klasse (K2')); Subjekt: Agens/Experiencer Die Basen der Nomina Acti gehören vorwiegend der Klasse (K2) an, wie etwa bei folgenden Bildungen, vgl. zu (2-18) die zu Grunde liegenden Veiten in (2-19): (2-18) a. Ausrutscher, Ausreißer, ?Erbrecher, Verbeuger, Abrutscher28 b. Huster, Jauchzer, Schnarcher, Ächzer, Nieser, Schluchzer, Seufzer, Rülpser, Zischer, Furzer Versprecher, Räusperer (2-19) a. ausrutschen, ausreißen, (sich) erbrechen, sich verbeugen, abrutschen b. husten, jauchzen, schnarchen, ächzen, niesen, schluchzen, seufzen, rülpsen, fuizen, zischen, sich versprechen, sich räuspem

Wie man sieht, umfassen die ERN in (2-18b) Produkte von Aktionen oder Handlungen die durch körperliche Reize ausgelöst werden. Auf die Produkt-Lesart verweist auch die Möglichkeit, dass man neben den zu Grunde hegenden Veiben wie in (2-19b) auch einen Ausdruck mit dem NA plus haben oder machen bilden kann, vgl. einen Huster haben, einen Versprecher machen, etc., die einen vergleichbaren Inhalt ausdrücken. Das Subjekt der verbalen Handlung ist dabei mehr betroffen, denn als Agens (bis auf Verbeuger, s. dazu weiter unten), weshalb ich davon ausgehen werde, dass das Subjekt dieser Veiben die (thematische) Rolle Experiencer hat. Entsprechendes gilt - mutatis mutandis - fiir (2-18a) und (2-19a). Im Sinne von (1-14) und (116) bedeutet dies folgende Meikmalkombination: [-volition; -causation; +sentience; -movement], Man sieht nun, dass es in dieser Hinsicht einen Unterschied gibt zwischen der (2-18a)Gruppe und der (2-19b)-Gruppe. Erstere sind mehr mit Bewegungen verbunden als Letztere, so dass es bei diesen als angebracht erscheint, den Merkmalswert [+movement] anzunehmen. Zum Status der Nomina lErbrecher (oder: Erbrecher) und Verbeuger sei Folgendes gesagt. Sie erscheinen hier nicht als Ausnahmen, obwohl ihre Basen reflexiv sind, da obligatorische Reflexiva der Klasse (K2) zugeordnet wurden. Im Falle von lErbrecher ist das zu Grunde liegende Verb nicht obligatorisch reflexiv, so dass eine -er-Bildung ohne weiteres möglich sein soll. Zweitens genügt die AS von erbrechen völlig der in (BE5) gemachten Bedingung: Das Subjekt von erbrechen weist die Theta-Rolle 'Experiencer' auf, und kann unter keinen Umständen als 'Patiens' interpretiert werden. Zu beachten ist auch, dass erbrechen auch nicht obligatorisch transitiv ist, wie die folgenden Beispiele zeigen: (2-20) a. Das Kind hat wieder erbrochen. b. Das Kind hat die Milch erbrochen. c. Das Baby hat sich erbrochen.

In (2-20a) steht das intransitive erbrechen, in (2-20b) das transitive und in (2-20c) das reflexive; alle drei Sätze sind wohlgeformt. Aufgrund der Daten in (2-20) kann man also nicht entscheiden, welche Variante dem Nomen lErbrecher eindeutig zu Grunde liegt. Die Antwort bekommt man aber eindeutig, wenn wir nach der Deutung des Nomens lErbrecher fragen. Diese möglichen Deutungen sind in (2-21) aufgezählt:

28

Das Nomen Abrutscher kommt nicht häufig vor, in den belegten Fällen (Korpus der Frankfurter Rundschau) kommt es aber immer als NA vor, wie etwa in dem Satz: [...] man verzeihe mir diesen Abrutscher ins Neu-Deutsche [...].

68 (2-21) ?Erbrecher a. 'dass jemand sich erbrochen hat' b. '?/??dass jemand erbrochen hat' c. "??/*dass jemand etwas erbrochen hat'

(2-2 la) zeugt eindeutig davon, dass für das NA lErbrecher die Basis sich erbrechen anzunehmen ist. Die intransitive Variante der Basis trägt möglicherweise dazu bei, dass lErbrecher in die obige Wortbildungsreihe passt. Etwas anders sieht es hingegen beim Nomen Verbeuger aus. Einerseits kann man hier nicht davon ausgehen, dass das Subjekt der Basis unwillkürlich handelt, d.h. dass es als Experiencer zu charakterisieren ist. Es ist vielmehr ein Agens, verfügt also über das Merkmal [+volition]. Andererseits kann aber Verbeuger, nie als eine Person interpretiert werden (kann also nie die Lesart Nomina Agentis haben), die die genannte Handlung ausführt, cf.29 (2-22) Verbeuger a. 'kurzes Verbeugen' b. '*jemand, der sich verbeugt'

Mit der angegebenen Lesart steht Verbeuger im Gegensatz zu solchen Bildungen, die eine traditionell reflexiv genannte Basis aufweisen, wie dies etwa bei Verschwörer der Fall ist. Letzteres ist immer als eine Person zu verstehen, nie als NA, obwohl beide Basisverben {sich erbrechen und sich verschwören) das Merkmal [+voütion] innehaben. Wenn jedoch die volle Spezifizierung der jeweiligen Theta-Rollen zur Verfügung steht, erkennt man auch den Unterschied: (2-23) a. Agens-Proto-Rolle von sich verbeugen: [+volition; -causation; -sentience; +movement] b. Agens-Proto-Rolle von sich verschwören·. [+volition; +causation; -sentience; -movement]

Unter der Annahme, dass durch die Nominalisierung die ursprüngliche konzeptuelle Struktur der Basis geändert wird (s. (Hl)), kann behauptet werden, dass in beiden Fällen jeweils andere Merkmale (Merkmalkombinationen) betroffen sind, so dass daraus andere Endkonzepte resultieren: Verbeuger - PRODUKT bzw. Verschwörer - PERSON. Anderenfalls macht aber (2-22) auf ein Problem aufmerksam, sofern es ambige Bildungen gibt, zwischen den Lesarten NA und Nomina Agentis. Bei diesen ist die KBE trivialerweise erfüllt, weil NA mit dem PRODUKT-Konzept, NAG hingegen mit dem PERSON/TÄTERKonzept korrespondieren. Zur Abgrenzung der Lesarten kann jedoch folgende Bedingung deskriptiven Charakters formuliert werden, die ich Partizip-I-Bedingung nenne, cf.30 (2-24) Partizip-I-Bedingung Wenn ein Wortbildungsprodukt (WB-Produkt) zwischen den Lesarten NA und NAG ambig ist, dann korrespondiert das Partizip I. der Basis mit der NAG-Lesart der ambigen Bildung.

29

30

Wie bereits oben angedeutet wurde, gehe ich davon aus, dass zwischen faktischer und dispositioneller Lesart der WB-Produkte unterschieden werden muss, um annähernd gleiche Bedingungen der Analyse zu schaffen. Für den faktischen Gebrauch ist m.E. immer ein (momentaner) Wechsel des Ausgangskonzepts charakteristisch. So kann man sich sicher einen Kontext vorstellen, in dem Verbeuger anaphorisch als Person gedeutet werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Verbeuger auch systematisch ambig sein soll. Auch die oben erwähnten verbalen Verbindungen mit NA plus Verb haben einen ähnlichen Effekt, vgl. einen Seufzer/Schluchzer/Furzer ausstoßen, einen Huster haben, etc.

69 Die Partizip-I-Bedingung kann durch folgende Daten veranschaulicht werden: (2-25) a. der Jodler-kurzes Jodeln/jd., der jodelt der Jodelnde - *kuizes Jodeln/jd., der jodelt b. der Nieser - kurzes Niesen/ jd., der niest der Niesende - *kurzes Niesen/ jd., der (öfter) niest c. der Lacher - kurzes Lachen/ jd., der lacht der Lachende - *kurzes Lachen/ jd., der lacht d. der Schnarcher - das Schnarchen/ jd., der schnarcht der Schnarchende- *das Schnarchen/ jd., der schnarcht Ahnliches gilt auch für folgende WB-Produkte aus VA-Veiten: Ausreißer, Furzer, Ausrutscher, Schlurfer, Rülpser, Hopser, Schmatzer, Köpfer, etc.31 Die andere Gruppe umfasst diejenigen Ableitungen, die nur die NA-Lesart aufweisen, so dass die obige Korrelation nicht auszumachen ist (hier greift also die Partizip-I-Bedingung nicht). Einige Vertreter stehen in (2-26), cf. (2-26) Triller, Jauchzer, Schluchzer, Seufzer, Abrutscher, Ächzer, Walzer, ?Erbrecher Diese weisen NAG-Varianten nur als Partizip I. der Basis auf, d.h. Nomina mit NAG- Lesart und gleicher Form wie in (2-26) sind nicht möglich, cf. (2-27) a. der Trillernde, Jauchzende, Schluchzende, Seufzende, Abrutschende, Ächzende b. *der Erbrechende, *der Verbeugende, *der Walzende Aus den Fakten (2-24) bis (2-27) ergibt sich eindeutig, dass obligatorisch reflexive Veiben keine WB-Produkte mit NAG-Lesart zulassen: sich verbeugen bildet ebenso kein Partizip I. mit NAG-Lesart, wie sich versprechen (da ein Versprecher immer nur NA sein kann).32 Die einzige Ausnahme ist Verschwörer aus dem Veib sich verschwören. Das nicht-obligatorisch reflexive erbrechen verhält sich in dieser Hinsicht genauso wie obligatorisch reflexive Basen generell: Es lässt weder ein Partizip I. als NAG zu, noch bildet es ERN mit NAG-Lesart. Daher betrachte ich Fälle wie lErbrecher und Verschwörer (vgl. auch Glimmer aus einem nicht-reflexiven Veib) als lexikalisiert, die nicht unter der Wirkung des ProdP stehen. Das sieht man auch klar an der Unmöglichkeit der Bildung des Partizip I. zum Veib walzen (bzw. NAG-Variante zum Walzer) ·. Die NA-Variante ist so weit lexikalisiert, dass ein Rückgriff auf die ursprüngliche Basis (die ja auch zu ihrer Zeit als landschaftliche Variante galt) mit der Bedeutung (Walzer) tanzen nicht mehr möglich ist.33 (B) VAT-Verben (Klasse (K5)); Subjekt: Agens/Experiencer; Objekt: Thema/Patiens NA können auch aus traditionell zweistellig genannten Basen gebildet werden. In (2-28) sind einige Beispiele dafür aufgezählt.

31

32

33

Ein Köpfer ist entweder ein Fußballspieler, der den Ball mit dem Kopf ins gegnerische Tor bringt, oder selbst das Ergebnis des Köpfens (aber auch jemand, der etwa im Schwimmbad einen Kopfsprung macht, Hinweis von M. Reis). Es ist hierbei anzumerken, dass nicht jeder Muttersprachler des Deutschen gleichermaßen die ambigen Lesarten 'kriegt'. Individuelle Unterschiede sind möglich, die jedoch m.E. die Systematik der Ambiguität nicht in Zweifel ziehen. Es sei denn, man leitet es aus dem Basisverb versprechen (Zusagen machen) ab, dann resultiert allerdings eine NAG, die aber nie als NA verstanden werden kann. Ähnliches gilt m.E. für die Basen von Fehler bzw. Dreher.

70 (2-28)

a. Anschnauzer, Anraunzer, Dämpfer, Treffer, Zieher (an einer Strumpfhose),34 Stupser, Frager, Anranzer (des Parteichefs), Abstauber, Ausputzer, Abräumer,... b. jd. schnauzt/raunzt jdn. an, jd./etw. dämpft etw/jdn., jd/etw. trifft jdn./etw., jd. zieht etw., jd. stupst jdn., jd.fragtjdn. Jd. ranzt jdn. an, jd. staubt etw. ab, jd. putzt etw. aus, jd. räumt etw. ab,...

Auffallend ist nun, dass die Nomina in (2-28a) bis auf Treffer und Zieher tendenziell ambig sind. Diese sind in der NA-Lesart lexikalisiert. Alle anderen Nomina - ähnlich wie es bei den WB-Produkten aus VA-Basen der Fall war - sind derart ambig, dass die aufgezählten Daten NA- bzw. NAG-Lesart aufweisen, wobei Ersteres auf das Produkt eines Ereignisses, Letzteres hingegen auf eine Person (Experiencer oder Agens der Handlung) referiert. Dabei ist Dämpfer das einzige Nomen unter denen mit NA-Lesart, das auch eine mögliche NI-Interpretation zulässt; mit anderen Worten kann Dämpfer nicht nur als eine Person (jd., der dämpft) oder als ein Gerät (etwas, das dämpft = Stoßdämpfer), sondern auch als Produkt (einen Dämpfer bekommen) interpretiert werden. Die WB-Muster zeigen folgende charakteristische Verteilung. Für NAG gibt es - wie bereits oben angedeutet - die Form mit Partizip I. der Basis (s. (2-29a) und die oben angesprochene Partizip I.-Bedingung), und fur NPA die Nominalisierung des Partizip II. (s. (2-29b)), diese Muster sind aber nicht unbedingt vollständig, cf. (2-29) a. der Anschnauzende, der Dämpfende, *der Treffende, der (Zurückziehende, der Stupsende b. der Angeschnauzte, der Gedämpfte, der Getroffene, der Zurückgezogene, der Gestupste

Es gibt jedoch keine konkurrierenden WB-Muster für Nomina Instrumenti. Somit werden ausschließlich Nomina Acti und Instrumenti ohne Parallelbildungen durch das Sufix -er gebildet. Die Muster der NAG- und NPA-Ableitungen sind bereits durch die angesprochenen Konkurrenzbildungen aufgelockert. Bislang könnte der Eindruck entstehen, dass NA aus allen möglichen Veiben gebildet werden können. Tatsächlich wäre solch eine Annahme falsch. Die Bildung von NA ist sehr stark eingeschränkt. Sie werden ausschließlich aus nicht-durativen, dynamischen Veiben der VAund VAT-Klasse gebildet. Die Aufzählung der Basen oben bezeugt das eindeutig. Ich fasse diese Einschränkung als (BEI 1) zusammen: (BE11) NA können nur aus nicht-durativen, dynamischen Veiben der VA- und VAT-Klasse gebildet werden.

34

Man nehme dazu etwa folgende Belegstelle: Im Hinblick auf die Z/'eAer-Anfalligkeit und die Waschempfmdlichkeit unterscheiden sich die getesteten Produkte daher kaum [...] (Mannheimer Morgen, 14. 03. 1998)

71 2.4.2 Argumente In diesem Unterkapitel soll der Frage nachgegangen werden, welche Argumente (welches Argument) der Basen beim Nomen mit NA-Kopf realisiert werden (wird). Es interessiert insbesondere, wie sich die ambigen Beispiele verhalten, wenn Argumente der Basis projiziert werden. Als Ausgangspunkt dient das nachstehende ambige Beispiel: (2-30) Schnarcher a. 'Ergebnis des Schnarchens (kurzes Schnarchen)' (NA) b. 'jemand, der schnarcht' (NAG)

Wie bereits oben angesprochen wurde, sind die meisten Basen von NA einstellige Verben (VAVeiben). Das entsprechende Subjekt-Argument kann ohne weiteres projiziert werden, cf. (2-31) a. Connys Schnarcher b. der Schnarcher Connys

Wenn nun die Ιηΐ6φΓ6ΐ3ΐίοη5πΐ0§1ϊο1&6Ϊί6η dieser Konstruktionen mit denen von (2-30) verglichen werden, zeigt sich, dass nur eine Interpretation á la (2-30a) möglich ist:35 (2-32) Connys Schnarcher a. 'kurzes Schnarchen, das Conny macht' b. ' "Conny, die schnarcht'

Ähnliches gilt für (2-3 lb). Offensichtlich steht das Subjekt-Argument bei der NAG-Lesart (230b) zur Projektion nicht mehr zur Verfügung. Diese Sachlage hat in der Literatur öfters zu der Annahme geführt, das Suffix -er sättige das Subjekt-Argument der Basis, so dass es wegen des Projektionsprinzips nicht mehr projiziert werden kann.36 Ich gehe jedoch mit Meibauer (1995) einig (vgl. oben), dass diese Argumentation nicht aufrecht erhalten werden kann.37 Er argumentiert, dass der A-Sätügungsansatz vor allem deshalb nicht überzeugt, weil (a) das -er-Suffix im Falle der NA mit keiner Theta-Rolle des Subjekts (oder des externen Arguments) verbunden werden kann, da sich die Derivation nur auf das Veib bezieht; (b) es NPA gibt, die dementsprechend mit dem internen Argument zusammenhängen (würden); (c) im Falle der denominalen -er-Derivate kein Zusammenhang zwischen der TS der Basis und der des Derivats besteht (s. ebd. S. 5). In unserem Fall ist Punkt (a) einschlägig (es gibt im Deutschen keine NA mit denominaler Basis), der eine Neuformulierung der Eiben'schen Idee darstellt, dass NA die Thematisierung des Prädikats darstellen (Diese Auffassung sagt eigentlich schon voraus, dass die Ausgangsargumente bei dieser Nominalisierungsart beibehalten werden können). Geht man zusätzlich von der Einheitlichkeit von -er aus, wobei die unterschiedlichen Lesarten der Deri35

36

37

Es ist zu beachten, dass dies keineswegs durch eine mögliche possessivische Interpretation widerlegt wird, vgl. Connys Schnarcher, die (auch) als Schnarcher (NA), der Conny gehört interpretiert werden kann. Zum einen ist die Possessivlesart nicht mit der agentivischen identisch, außerdem kann possessive Relation m.E. nicht als thematische Relation aufgefasst werden. Bestenfalls kann sie mit dieser zusammenfallen, muss aber nicht. Dies würde übrigens voraussetzen, dass die morphologische Ableitung für syntaktische Regeln zugänglich ist. Wunderlich (1986) argumentiert gegen diese Annahme, vgl. jedoch Stiebeis & Wunderlich (1994), wo die Sichtbarkeit der morphologischen Struktur fur die Syntax postuliert wird. Ebd. S. 3ff.

72 vate durch die unterschiedliche Modifizierung der KS der Basis durch das Suffix entstehen (d.h. das -er-Suffix hat kein einheitliches Zielkonzept, was in der SF des Lexikoneintrags festgehalten wird), muss der A-Sättigungsansatz in der Tat verworfen werden. Kehren wir zu den Daten zurück. Die Paraphrase in (2-32b) zeigt, dass die Eigenschaft des Schnarchens im Falle der NAG-Lesart attributiv aufzufassen ist, dies trifft für (2-32a) jedoch nicht zu. Formal kann dies wie folgt gedeutet werden. Die Unterscheidung zwischen attributiver (de dictó) und referentieller (de ré) Lesart wird auch bei Dowty (1991: 573) gemacht. Er führt diese als konstitutive Merkmale der Proto-Rollen an (vgl. (l-14e) bzw. (l-15e) oben). Man kann daher davon ausgehen, dass das Merkmal [±indep. of the event] eigentlich mit dem Merkmal [¿referentiell] (im Sinne der Logik) gleichgesetzt werden kann.38 Daraus ergibt sich, dass beide Lesartsmöglichkeiten mit verschiedenen Merkmalswerten einhergehen: [+indep. of the event] im Falle von (2-32a) und [-indep. of the event] bei (2-32b). Die attributive Lesart verhindert also die Projektion von Agens durch dieses letztere Merkmal (bzw. durch den negativen Wert des Merkmals). Einmal mehr gilt also, dass projektionale Eigenschaften von Nominalisierungen von gewissen Merkmalen abhängen. Diese Argumentation leuchtet beispielsweise bei deveibalen Berufsnamen auf -er noch mehr ein. Diese sind im Grunde genommen nie unabhängig vom Konzept des Basisveibs, cf. (2-33) a. Bäcker backen 'jd., der die Tätigkeit des Backens betreibt' b. Lehrer lehren 'jd., der die Tätigkeit des Lehrens betreibt'

Die möglichen Lesarten sind mit (2-32b) parallel, was nicht weiter verwundert, da solche Nomina ausschließlich als NAG in Frage kommen (sie weisen keine NA-Lesart auf). In den Daten von (2-34) ist die Basis ein transitives Veib, cf. (2-34) a. b. c. d.

Edgars Anschnauzer ?/??Kohls Anschnauzer seines Ministers 7?/*Peters Anschnauzer durch den Vater der Anschnauzer des Vaters

(2-34a) und (2-34d), wo das Subjekt-Argument projiziert wurde, sind zweifellos grammatisch. Dass tatsächlich das Subjekt-Argument projiziert wurde, erkennt man daran, dass keine Possessiv-Interpretation möglich ist, sondern nur eine Lesart á la (2-32a) erreichbar ist, unabhängig davon, ob dieses Argument vor oder hinter dem Kopf auftritt (s. (2-34a vs. d)). Mit projiziertem Objekt-Argument lässt die Grammatikalität der Beispiele nach. (2-34b) scheint noch im Vergleich zu (2-34c) akzeptabler zu sein. Dass jedoch generell davon ausgegangen werden kann, dass NA die Projektion von Subjekt-Argumenten zulassen, zeigen folgende Beispiele aus dem Bezugskorpus, cf.

38

Man beachte hier, dass die Annahme des binären Merkmals [¿referentiell] nicht identisch ist mit Grimshaws (1990) Idee, wo ein zusätzliches Argument R eingeführt wird für Nomina mit einfacher Ereignisstruktur. Es wird lediglich auf eine gewisse Eigenschaft von möglichen Argumenten referiert.

73 (2-35) a. Auch das Institut hat vom Abstecher des Chefs profitiert, [...] (Mannheimer Morgen, 02. 05. 1989) b. [...] bedrohlicher als ein Schießbefehl ist der gefürchtete Anranzer der schwarzweiß Uniformierten [...] (vgl. taz, 09. 03. 1990) c. [...] die durch Vilgrains Abstauber das 0:2 (29.) bejubelten [...] (Mannheimer Morgen, 26. 01. 1998) d. [...] hoffen auf einen weiteren Ausrutscher des Tabellenzweiten [...] (Mannheimer Morgen, 29. 03. 1989) e. [...] wenn die Anstalten auch noch den letzten Seufzer unseres Boris live [...] liefern (MM, 22. 07. 1989) f. [...]jaselbstderfiö//wereiner Kuhistmittlerweile verantwortlich für das Ozonloch (ebd. k. A.) (vgl. auch die ekelhaften Rülpser des Gouvemators, aber Meinungs-Rülpser) g. Dazu die ersten Triller der Nachtigallen [. ..] (MM, 14. 04.1998) h. Den einzigen Treffer der Borussen erzielte gestern abend Wegmann. (MM, 16. 11. 1989) i. [...] der viele Patzer seiner Mitspieler ausbügeln musste. (MM 09. 10.1995) j. Richtiges Timing der Lacher, kein Versprecher des Moderators, auch die Kameraführung stimmt. (MM 06. 01. 1996) k. Dem guten Riecher eines Polizeihundes verdankt eine Bewohnerin f...] (MM, 21.03. 1989) Die Projektion des zu Grunde liegenden Subjekt-Arguments dürfte also eindeutig sein. Auch die obige Aussage über die Projektion der Objektkonstituente kann relativiert werden, wenn folgende Daten berücksichtigt werden: (2-36) a. [...] bleibt nach einem Rückzieher ihres Preisboykotts gegen Kleinerzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien politisch weiter unter Druck. (MM, 26. 05. 1995) (vgl. auch Quellensteuer-Rückzieher) b. [...] sehen im Ergebnis der Europawahl einen klaren Dämpfer für Bundeskanzler Helmut Kohl [...] (MM, 20. 06. 1989) c. [. ..] revanchierten sich mit direkten Treffern auf syrische Batterien [...] (MM, 03. 04. 1989) d. [...] weil die Koreanerin [...] intensive Stimmungs-Tupfer setzt, [...] (MM, 17. 05.1999) e. [...] ist emAbstecher in die Quadratstadt stets fest eingeplant [...] (MM, 03. 01. 1989)(vgl. auch Berlin-Abstecher, US-Abstecher, etc.) f. [...] drückte ihrem Mann einen Schmatzer auf die Wange. (MM, 27. 10. 1998) (vgl. auch Schmatzer auf die goldene Hundert, Wangenstreichler, etc.) (2-36) und (2-34) zeigen zusammen, dass die Projektion des Objektarguments gegenüber der des Subjektarguments der markierte Fall ist. Sie ist aber prinzipiell nicht ausgeschlossen, wie die große Anzahl der Belege mit wortintern und periphrastisch realisiertem Objekt-Argument zeigt, vgl. auch (2-37):39 (2-37) a. Connys Rückzieher in Sachen Versprechungen/ ?ihrer Versprechungen b. Stefans Patzer vonwegen Wochenende/ am Wochenende/ ?/??des Wochenendes c. Edgars (Voll)TrefTer ins gegnerische Tor/*des gegnerischen Tors Der Kontrast mit (2-37) zeugt davon, dass im Falle der Projektion beider Argumente die Grammatikalität der Beispiele wesentlich abnimmt. Außer Subjekt- und Objekt-Argumente der Basen können auch sonstige Argumente vorhanden sein, cf.

39

Ich verweise darauf, dass die Verwendung des Audrucks 'periphrastische Vererbung' hier keine direkte A-Vererbung bedeutet, sie ist vielmehr als eine indirekte Strategie zu verstehen, die durch die Grammatik vorgegebenen Grenzen aufzulösen. Demgegenüber betrachte ich wortinterne Projektion als einen Sonderfall der direkten A-Vererbung, s. Kap. 1.8 dazu.

74 (2-38) a. [...] haben die Schweizer zu einem Zwei-Stunden-Abstecher eìngeiaden. (MM,20. 09.1989) b. [...] erwies sich eis Ausrutscher auf der Bananenschale [...] (MM, 04. 09. 1989) (vgl. auch Ausrutscher in den Gegenverkehr, Ausrutscher ins Bombastische, Ausrutscher nach oben, etc.) c. Ich verdiente [...] nicht ihre sachten Schluchzer bei sentimentalen Filmen [...] (MM, 02. 09. 1989) d. [...] vermieden sicher so manchen Seufzer aus mütterlicher Brust. (MM, 16. 04. 1989) (vgl. auch Seufzer aus dem Probenraum, Seufzer der Frustration, etc.) e. Einen Rückzieher in dieser Frage machte [...] Wissmann [...] nicht. (MM, 10.10.1994)

Zusammenfassend gehe ich davon aus, dass folgende Generalisierung festgehalten werden kann: (Gl) Bei NPs mit NA als Kopf können prinzipiell alle Argumente der Basis projiziert werden, wobei a. im unmarkierten Fall das Subjekt-Argument der Basis (Agens-Proto-Rolle od. Experiencer); b. im markierten Fall das Objekt-Argument projiziert wird, (hierbei spielt die periphrastische Vererbung eine ausschlaggebende Rolle), und c. es gilt, dass meistens nur eines der Argumente beim ERN erscheint. Bedingung (c) soll die abnehmende Grammatikalität bei mehreren projizierten Argumenten erfassen. Obwohl Erben (1993: 87) bei NA von der Thematisierung des Prädikats spricht, heißt das also nicht, dass ein NA nur dann vollständig ist, wenn all seine Argumente auch vorhegen. Das entstandene neue Konzept (PRODUKT) mag dies ohne weiteres einschränken. Das Konzept PRODUKT scheint die gleichzeitige Projektion der Argumente zu verhindern. Warum jedoch periphrastische Strategien ohne weiteres diese Blockierung auflösen, kann hier nur angedeutet werden. Es liegt nahe anzunehmen, dass diese periphrastische Auflösung ein neues Konzept zum nominalen Konzept hinzufügt, welches sich auf irgendeinen Aspekt (Zeit, Ort, Grad, Aktion - wie etwa bei Toman (1987) angenommen, s. 1.1. oben; gerade diese Kategorien sind nämlich bei den obigen Fällen (2-37) und (2-38) betroffen) des Ausgangskonzepts bezieht. Die Periphrase erfolgt meistens durch PPs oder Sätze.40 Das sind Kategorien, die unter dem Aspekt der Kasustheorie unabhängig sind, so dass sie am leichtesten hinzugefügt werden können.

2.5 Nomina Patientis

Es gibt eine ziemlich kleine Gruppe von -er-Nominalisierungen, die ausschließlich aus VATVerben ausschließlich Sachbezeichnungen bildet (Grundkonzept: OBJEKT). Man denke an Beispiele wie in (2-39a); die Basen stehen in (2-39b), cf.

40

Ob diese Annahmen dahingehend verschärft werden können, dass jede phrasale Kategorie notwendigerweise auch eigene, spezifische Konzepte aufbaut, soll hier offen gelassen werden.

75 (2-39) a. der Vorleger, Anhänger, Aufkleber, Überzieher, Einschreiber (Einschreibebrief), Abnäher, Untersetzer, Abstreifer, Aufsetzer,, Hingucker b. jd. legt etw. vor etw.; jd. hängt etw. an etw.; jd.klebt etw. auf etw.; jd. zieht etw. über etw.; jd. schreibt etw. ein; jd. näht etw. ab; jd. setzt etw. unter etw.; jd. streicht etw. ab; jd. setzt etw. auf; jd. guckt zu etw. hin

Die Basen sind überwiegend transitive Präfixveiben, jedenfalls aber VAT-Veiben, die einzigen mir bekannten Ausnahmen, wo keine Präfixverben tangiert sind, sind Binder (für Krawatte) und Füller. Dies mag auch daran liegen, dass binden bzw. umbinden auch synonymisch füreinander stehen können. Die jeweiligen Proto-Rollen (die korrespondierenden diskreten Θ-Rollen sind: Agens, Thema und Lokativ) können für alle Basen gleich wie folgt charakterisiert werden: (2-40) a. Agens-Proto-Rolle (i.e.Agens): [+volition; +causation; -sentience; +movement] b. Patiens-Proto-Rolle 1. (Thema): [+change of state; +increm. theme; +causally affected; +rel. to movement] c. Patiens-Proto-Rolle 2. (Lokativ): [+change of state; -increm, theme; +causally affected; +rel. to movement]

Nach dem zweiten Korollar von (1-12) gilt die Spezifizierung in (2-40b) für das direkte (Akkusativobjekt, (2-40c) dagegen für das Präpositionalobjekt.'" Konzediert man die mögliche Vererbung dieser Argumente, kann Folgendes festgestellt werden. Im vorangehenden Kapitel wurde bereits gezeigt, dass sich im Falle eines Lesartwechsels zwischen NAG und NA auch die projektionalen Eigenschaften ändern: Das Agens-Argument konnte nur bei NA projiziert werden, nicht aber bei NAG (vgl. (Gl)). Das war dort Teil der allgemeinen Projektionseigenschaften von NA. (Bei ambigen Nomina kam noch die disambiguierende Rolle der AProjektion hinzu.) Nomina Patientis korrespondieren nun (allein schon dem Namen nach) mit dem internen Argument der Basis (Thema/Patiens Argument), was nahelegt, das dieses Argument nicht mehr projiziert werden kann.42 Das trifft auch weitestgehend zu. Zu erwarten ist hingegen die Projektion von Agens und Lokativ. Agens kann aber keinesfalls projiziert werden, cf. (2-41) a. Connys Aufkleber, Übeizieher, Untersetzer b. der Aufkleber/Überzieher/Untersetzer Connys

In diesen Beispielen kann Conny nie als Agens bewertet werden. Insbesondere heißt z.B. Connys Untersetzer bzw. der Untersetzer Connys nicht, dass Conny den genannten Gegenstand unter einen anderen setzt. Hier besteht eine reine Possessivrelation, die nichts mit thematischen Eigenschaften zu tun hat.43 Anders verhält es sich hingegen mit dem Lokativ. Er wird bevorzugt innerhalb eines Kompositums projiziert, cf.

41

42

43

Das Korollar lautet (vgl. Dowty (1991: 576) bzw. Fußn. 37 in Kap. 1): „With a three-place predicate, the nonsubject argument having the greater number of entailed Proto-Patient properties will be lexicalized as the direct object and the nonsubject argument having fewer entailed Proto-Patient properties will be lexicalized as an oblique or prepositional object [...]." Die Zahl der belegten Fälle, in denen NPA ambig sind beläuft sich auf zwei. Einmal ist Vorleger zwischen NA- und NPA-Lesart, zweitens Anhänger zwischen NAG- und NPA-Lesart ambig. Das ist übrigens ein weiteres Argument dafür, dass die Possessivrelation nicht als thematische Relation verstanden werden sollte.

76 (2-42) a. der Bettvorleger, Türvorleger, Badvorleger, Toilettenvorleger b. der Taschenaufkleber, Türaufkleber, Reifenaufkleber, Kasettenaufkleber c. der Tassenuntersetzer, Flaschenuntersetzer

In Abhängigkeit vom entsprechenden Kontext können diese Argumente - ähnlich wie im Falle von NA, vgl. (Gl) oben - extern projiziert werden, wenn eine periphrastische Strategie verwendet wird. Zwei Beispiele sollen hier genügen: (2-43) a. (Fritz hat wieder mal abgewaschen: das Geschirr, die Bestecke bis zum letzten Tassenuntersetzer. ) Den Untersetzer für die Töpfe hat er jedoch eindeutig vergessen, b. (Edgar hat eine große Sammlung von den verschiedenen Aufklebern. Türaufkleber, Reifenaufkleber und Kasettenaufkleber sind jedoch sein Spezialgebiet.) Gerade gestern hat er für die Aufkleber fur die Kasetten neue Tüten kaufen müssen.

Es gibt jedoch einige Spezialfälle, wo auch das Lokativ-Argument nicht projiziert werden kann: (2^44) a. der Einsetzer (zusätzlich eingesetzter Bus) b. der Einschreiber (eingeschriebener Brief) c. der Binder (Krawatte)

Das hängt m.E. damit zusammen, dass die Basen dieser NPA das Lokativ-Argument inkorporiert haben, oder zumindestens über einen prototypischen Lokativ verfugen. Hier ist keine Projektion möglich. Diese Beobachtung fuhrt andererseits zu folgenden Überlegungen. Auf den ersten Blick würde man meinen, dass die Basen der NPA auch schon ohne Präfixe Lokativ als Argument aufweisen. Bei Verben wie hängen (An-hänger), legen (Vor-leger), oder setzen (Unter-setzer) wäre diese Annahme bestätigt. Anders hingegen bei Verben wie schreiben (Einschreiber), kleben (Auf-kleber), binden (Binder) oder ziehen (Über-zieher). Diese weisen per se keine Lokativ-Argumente auf. Diese Eigenschaft 'bekommen' sie erst durch die Präfigierung, indem sie sich mit Präfixen lokaler Bedeutung (Direktionalität) verbinden. Geht man nun davon aus, dass grammatische Regeln (hier: Präfigierung durch Präfixe direktionaler Bedetung) einheitliche Klassen einheitlich betreffen, ist anzunehmen, dass alle hier angesprochenen Veiben erst durch die Präfigierung die Eigenschaft erwerben, lokative Argumente übernehmen zu können. Dies kann man unter anderem auch daran erkennen, dass in Fällen, wo nur das einfache Veib nominalisiert wurde (cf. Schreiber und Kleber) kein Lokativ möglich ist (*ein Kleber an die Tür, *ein Schreiber in das Buch). Andererseits zeigen die Daten in (2-43), dass die fraglichen Argumente kompositumsextern nur periphrastisch vorkommen und nie in Form von Genitivattributen. Auch im Bezugskorpus gab es keine Belege für extern (sprich: in Form von Genitivattributen) projizierte Argumente, cf. ( 2 4 5 ) a. [...] vergessene Untersetzer für Kommunionskerzen wurden schnell noch erhascht [...] (MM, 20. 04. 1998) b. [...] nützen auch hübsche Aufkleber an der Eingangstür nichts [...] (MM, o.A.) c. Ein Hingucker auf dem Genfer Salon ist zweifelsohne der „Beetle" von VW. (MM, 12. 03. 1996)

Angesichts solcher Daten ist man gezwungen, davon auszugehen, dass hier keine A-Vererbung möglich ist. Dadurch entsteht ein Widerspruch in der Erklärung der Daten in (2-42) und (2-44). Sofern nämlich keine A-Vererbung angenommen werden kann, müssen die Beispiele in (2-42) anders gedeutet werden. Untersuchen wir daher näher die AS solcher Verben. Man beachte zunächst die allgemein angenommenen Hierarchiebeziehungen der Argumente (2-46a), welche in (2-46b) in Bezug auf das Verb außleben konkretisiert wird:

77 (246) a. (Ag (Ben (Exp/Goal (Inst (Pat/Th (Loc)))))) b. aufkleben (x (y (z))) Agens Thema Lokativ

Der Lokativ ist das internste Argument in dieser Hierarchie, vgl. (246b). Er bildet daher zusammen mit dem Veib eine FOP-Kategorie. Meine These ist nun, dass im Falle von NPA simultan zwei Möglichkeiten für die Nominalisierung bestehen: Es kann entweder das Veib allein (auflcleben - Aufkleber, untersetzen - Untersetzer, abnähen - Abnäher, etc.) oder das Veib plus sein internes Argument (als FOP-Kategorie) zusammen nominalisiert (TassenUntersetzer, Auto-Aufkleber, Bett-Vorleger, etc.) werden. Das halte ich in (G2) fest, vgl. (G2) Bei NPA wird entweder das Basisverb allein, oder seine nächste FOP-Kategorie (Veib + direktes Objekt, oder Veib + internes Argument) nominalisiert. Durch (G2) kann man auf die Notwendigkeit der A-Vereibung im Falle von NPA verzichten. Man kann jedoch auch weiterhin an der intuitiv richtigen Idee festhalten, dass die SpezifiziererKonstituente des Kompositums (vgl. Tassen-Untersetzer) ein Argument des Basisverbs darstellt, da sie ohne weiteres als solches reanalysiert werden kann. In Regeln ausgedrückt bedeutet dies, dass bei der Bildung von NPA sowohl (247a) als auch (247b) - als spezifische Ausprägungen von (1-1) oder (1-36) - möglich sind, cf. (247)

a.

[

b. [[

]verb + [ - e r ]Nomen - > [ [ ]Nomen

+ [ ]verb]FOP +

Jverb - e r ] N o m [ er

]ΝΟΠΙ

[[Nomen [verb

]] -er]>iom

Darüber hinaus bieten (G2) und (247) die Möglichkeit, weitere problematische Fälle bei NAG maßgebend zu deuten. Diese Deutungsschwierigkeiten werde ich im nachstehenden Kapitel ausführlich behandeln.

2.6 Nomina Agentis

Generell gesagt bezeichnet hier das Wortbildungsprodukt die Person, die die durch das Verb bezeichnete Tätigkeit ausübt, d.h. agiert, oder dadurch affiziert ist.44 Laut Wellmann (1975: 339) folgen zwei Drittel aller Ableitungen auf -er diesem Schema. Er nennt dies Subjektschema, da angenommen wird, dass das WB-Produkt das Subjekt benennt. Dies ist insofern richtig, als Subjekt als eine Funktion aufgefasst wird unabhängig von seiner semantischen Rolle. Das WBProdukt korrespondiert mit dem primären Konzept PERSON/TÄTER. Wie jedoch im Folgenden klar werden wird, kommt es im Sinne der KBE zu Ambiguitäten zwischen NAG und Nomina Instrument! (NI), und dadurch auch zu einer Wechselbeziehung zwischen den Konzepten PERSON/TÄTER und GERÄT, die im Folgenden näher untersucht wird.

44

So z.B. bei Fleischer/Barz (1992: 152). Erben (1993: 87ff.) spricht hierbei von der Thematisierung des Subjekts, was insofern problematisch ist, soweit die syntaktische Funktion Subjekt nicht mit dem Agens übereinstimmt.

78

2.6.1 Die Basen Als Ausgangspunkt nehme ich Bildungen aus traditionell einstellig genannten Basen (VAVeiben). (A) VA-Verben (Klasse (K2)); Subjekt: Agens/Experiencer Bereits oben in Kap. 2.2 wurde eine hier einschlägige Einschränkung formuliert. Sie bezog sich auf reflexive Basen der VA-Klasse, die auch eine VAT-Variante aufweisen. Die aus solchen Verben gebildete ERN sind immer NAG. Das gilt auch für viele sonstige ERN aus VA-Basen. In (2-48) stehen einige Daten dafiir: (248) Horcher, Beter, Wucherer, Gammler, Empörer, Herumtreiber, Herumsteher, Spötter, Kläffer,...

Hier sind neben den reflexiven Basen mit VAT-Variante auch sonstige einstellige Verben mit VAT-Variante vertreten. Bei diesen konkurriert in der NAG-Lesart - wie bereits oben im anderen Zusammenhang erörtert wurde - die Konversion des Partizip I, cf. (249) a. b. c. d. e. f.

der Denkende - der Denker der Schiebende - der Schieber der Stolpernde - der Stolperer der Stotternde - der Stotterer der Lesende - der Leser der Schreibende - der Schreiber

Der Unterschied kann dadurch festgehalten werden, dass die zweiten Glieder der jeweiligen Opposition hinsichtlich Simultaneität mit dem Kontext, in dem sie vorkommen, indifferent sind. Die Ersten sind demgegenüber als simultan im aktuellen Kontext zu verstehen. Hier wird mehr 'das Prozesshafte' betont in den Vordergrund gestellt, während dies bei den Varianten mit -er nicht festzustellen ist.45 Sofern es sich um verbale Basen mit NAG-Lesart handelt, sind einige Bemerkungen zur Klasse der (denominalen) verbalen Basen (s. 2.2. oben) angebracht, die -er im Auslaut aufweisen. Auf solche Verben bezog sich die Tendenz (Tl), die ich hier wiederhole: (Tl)

Einschränkungen hinsichtlich der Nominalisierbarkeit eines Verbs durch das -erSuffix treten tendenziell (auch) dann auf, wenn der Auslaut des Basisverbs und der Suffix phonologisch übereinstimmen.

Die in (2-15) erwähnten Verben weisen jedoch verschiedene Grade der Grammatikalität auf, wenn sie -er-nominalisiert werden. In (2-50a) und (2-50b) stehen einige Daten dafür. (2-50) a. *der Wieherer, *der Opferer, *der Trauerer b. ?der Jammerer, der Zauberer, der Zauderer, ?der Laberer, ?der Steuerer, ?der Hämmerer

45

Das zeigen u.a. die traditionellen Vorstellungen, dass Part. I.-Konstruktionen sich in der Regel auf den Zeitpunkt beziehen, der aus dem Tempus des Finitums hervorgeht (s. Duden 1988: 192). Testen könnte man dies etwa durch die Umschreibung 'an etw. tatig sein'. So ist ein Schreibender aktuell am Schreiben, während ein Schreiber diese Eigenschaft nicht unbedingt aktuell ausweist.

79 Die Beispiele in (2-50b) sind signifikant besser, als die in (2-50a). Allerdings sind die Basisverben der obigen ERN ebenfalls nicht als einheitlich anzusehen. Einige von ihnen sind denominale Veiben, vgl. (2-51): (2-51 ) Hader -> hadern; Steuer -> steuern; Hammer -> hämmern; Opfer Zauber zaubern

opfern; Trauer

trauern;

Die Basen der obigen Veiben (Hader, Steuer, etc.) werden in der Regel als Simplizia - aus denen Veiben gebildet wurden - angesehen und gelten nicht etwa als -er-Nominalisieningen.46 Wie man (2-51) entnehmen kann, gibt es kein Laber zu labern und Wieher zu wiehern. Das sind nämlich beide veibale Bildungen aus Veiben: labern kommt aus niederländisch labberen, und wiehern ist als Iterativbildung zum lautmalenden Verb wihen anzusehen. Die Nomina Jammerer und Zauderer weisen ebenfalls veibale Basen auf, sie passen also nicht in die Reihe von (2-51). Jammerer liegt das Veib jammern (cf. althochdeutsch: amaron, mittelhochdeutsch: [j]amerri) zu Grunde, während Zauderer zaudern (Iterativbildung zu mittelhochdeutsch zuwen) als Basis hat.47 An der quergreifenden Verteilung der Grammatikalität, d.h. daran, dass sowohl in (2-50a) als auch in (2-50b) ERN aufgezählt sind, deren Basen nicht einheitlich sind und trotzdem gleich grammatisch/ungrammatisch sind, erkennt man, dass diese Eigenschaft der Basen nicht der Grund für ihre Wohlgefoimtheit als ERN sein kann (es können daher nur Aussagen tendenziellen Charakters gemacht werden, wie dies im Übrigen von (Tl) richtig angedeutet wird).48 Will man nun eine thematisch fundierte Erklärung für die Unterschiede hinsichtlich der Grammatikalität der Daten in (2-50a) vs. (2-50b) liefern, sind folgende Überlegungen zu machen. Bei den Veiben zaudern, zaubern, jammern, opfern und trauern (s. auch labern) spielt das PRODUKT-Konzept eine wichtige Rolle: Jammer entsteht beispielsweise erst durch die Tätigkeit des Jammerns, also durch die im entsprechenden Verb ausgedrückte Handlung. Dies trifft m.E. auch für Zauber zu, er entsteht durch die Tätigkeit des Zauberns. Es ist trotzdem so, dass etwa Veiben wie zaubern, opfern und trauern aus Nomina entstanden sind (s. (2-51)). Thematisch gesprochen ist also das als Basis der Ableitung dienende Nomen als Resultat (Produkt) anzusehen. Etwas anders sieht es bei einer Reihe der denominalen Bildungen aus. Insbesondere sind die Basisnomina zu hämmern oder steuern Instrumente der veibalen Handlung, und nicht etwa Resultate. Im Sinne der Proto-Rollen-Charakterisierung ist 'Resultat' als Patiens-Proto-Rolle, 'Instrumental' hingegen als eindeutig agentivische Proto-Rolle einzustufen. Die in Kap. 1.6 festgestellte Agens/ Instrumental-Alternation hinsichtlich der Subjektposition bestimmter Veiben führt dazu, dass IHämmerer und ISteuerer sowohl NAG- als auch NI-Lesart aufweisen. Die anderen Nomina haben nur eine NAG-Lesart. Als Konklusion muss man jedoch zugeben, dass auch eine thematische Sicht die Fakten nicht hinreichend erklären kann. 46 47 48

Vgl. hierzu Erben (1993: 34f., 73f.). Zu diesen Etymologien vgl. Duden Herkunftswörterbuch S. 312, 824. Ich verweise darauf, dass unter der theoretischen Annahme, dass die semantische Funktion des deutschen -er-Suffixes in der Modifikation der konzeptuellen Struktur der Basis besteht, die SES des -er-Suffixes so zu spezifizieren ist, dass sie in unserem Fall einerseits mit Simplizia wie Opfer, Trauer, Steuer, Hammer, etc. nicht verbindbar ist, andererseits aber zu Basen wie Zauber und Zauder treten kann (auf weitere Überlegungen hinsichtlich der Stellung des -er-Suffixes komme ich weiter unten zu sprechen). Hier sei lediglich bemerkt, dass die letzten beiden Nomina mit den oben besprochenen verbalen Basen die Merkmale dynamisch und nicht-durativ teilen.

80 Es gibt außerdem eine andere Seite der Medaille. Es ist nämlich zu beobachten, dass Bildungen, zu denen es andere (mehr oder minder lexikalisierte) Varianten gibt, im Allgemeinen weniger akzeptabel sind mit -er, als solche, bei denen dies nicht der Fall ist, cf. (2-52) a. der Hammerschmied, der Steuermann, der Opferpriester, der Trauernde b. der Jammerlappen, der Labersack/ Laberfiitz

Der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass aus verbalen Basen (unabhängig davon, ob die angesprochenen verbalen Basen deveibal oder denominal sind) mit auslautenden -ern lediglich NAC möglich sind. Das geschieht durch ein besonderes WB-Muster, nämlich durch das Präfix ge-, wobei diese Bildungen bei Zauber bzw. Zauder schlecht bis marginal möglich sind (und eine pejorative Konnotation nach sich ziehen), und den -er-Ableitungen gegenüber nie ambig sind, cf. (2-53) a. das Gehader, das Gejammer(e), das Gelaber(e), das Gehämmer b. *das Getrauer, 71Πdas Gezauber, 7?/?das Gezauder, *das Gesteuer

Mit solchen Bildungen konkurriert u.U. die Ableitung auf -(er)ei, wobei jedoch kein komplementäres Verhalten charakteristisch ist, d.h. Ableitungen auf -(er)ei und solche mit ge- sind parallel möglich, vgl. (2-54a) mit (2-53a) bzw. (2-54b) mit (2-53b). (2-54) a. *die Haderei, *die Steuerei b. ?die Trauerei, die Zauberei, die Zauderei, ?die Jammerei, ?die Laberei, ?die Hämmerei

Es ist eine besondere Eigenschaft der wohlgeformten Daten in (2-54), dass sie im Gegensatz zu denen in (2-53) neben der NAC-Lesart auch eine NA-Interpretation zulassen. Diese Verhältnisse können jedoch hier nicht weiter verfolgt werden. (B) VAT-Verben (Klasse (K5)); Subjekt: Agens/Experiencer; Objekt: Thema/Patiens Kommt man von einstelligen Veiben zu mehrstelligen, fällt eine Gruppe auf, in der die WBProdukte ambig sind zwischen einer Lesart als NAG bzw. als NI, cf. (2-55) a. der Empfänger, Öffner, Schläger, Heber, Bohrer, Heizer, Verteiler,... b. jd./etw. empfangt jdn./etw.; jd./etw. öffnet etw.; jd./etw. schlägt jdn./etw.; jd./etw. hebt etw.; jd./etw. bohrt etw.; jd./etw. heizt etw.;jd./etw. verteilt etw,...

Intuitiv kann das zunächst dadurch klargemacht werden, dass bei der NAG-Lesait das Subjekt eine Person darstellt, während im Falle der NI-Lesart das Subjekt ein Gerät bezeichnet. Diese Korrespondenz überträgt sich dann auf das WB-Produkt. Die beiden Lesarten können durch folgende Merkmale auseinander gehalten werden: (2-56) a. Instrumental: [-volition; -sentience; +causation; ¿movement] b. Agens: [+volition; -sentience; +causation; ¿movement]

(2-56) zeigt, dass durch das Merkmal [± volition] Agens und Instrumental auseinander gehalten werden können - beide haben notwendigerweise verschiedene Merkmalswerte - , obwohl beide die Proto-Agens-Rolle aufweisen. Da schließlich ein Gerät nicht auf Konzepte der realen Welt reagieren kann, entfällt auch die Konkurrenzform mit dem Partizip I. Eindeutige NAG umfassen noch außer habituellen (und okkasionellen) Bildungen wie in (248) und (2-49) auch Berufsbezeichnungen, cf.

81 (2-57) der Lehrer, Gießer, Verkäufer, Schneider, Bäcker,...

Diese können nie als NI interpretiert werden. Anders verhält es sich hingegen bei NI. Sie können faktisch als NAG gewertet werden, cf. (2-58) der Entsafter, Anzünder, Abkratzer, Entkerner, Abstreifer, Verteiler,...

Solche Daten werden in erster Linie als NI verstanden. Werden sie kontextbedingt als NAG gedeutet (diese Möglichkeit ist von Haus aus gegeben, da die zu Grunde liegenden Veiben selber sowohl PERSON/TÄTER-Subjekte als auch GERÄT-Subjekte zulassen) vollzieht sich dann ein Wechsel vom Konzept GERÄT zum Konzept PERSON/TÄTER. Es wurde oben öfters darauf hingewiesen, dass das -er-Suffix nicht nur zu verbalen Basen treten kann, sondern auch zu nominalen. Vor dem Hintergrund, dass dies zu Überlappungen mit deverbalen NAG fuhrt, sind folgende Bemerkungen zu machen. Als Ausgangspunkt dienen folgende Beispiele: (2-59) a. Attentäter, Handballer, Fußballer, Handwerker, Kutscher, Kritiker, Jazzer, Alkoholiker, Zitater (jd., der immerzu in Zitaten redet),... b. Gewerkschafter, Metaller, Gesellschafter, Banker, Eisenbahner, ¡Mariner,... c. Tübinger, Sechziger, Edamer, Dickhäuter, Vierakter, Dreitausender, Paarhufer, Vierzeiler (Gedicht),49 Fünfer,... d. Dampfer, Frachter, Münzer, Bomber, Laster,...

Die Daten (2-59a-d) illustrieren die vier wesentlichen Typen denominaler -er-Derivate.50 In (259a) stehen NAG, bei denen die -er-Nominalisierung das affizierte Objekt der zu Grunde liegenden Handlung betrifft (dieser liegt also das Konzept TÄTIGKEIT zu Grunde): Ein Attentäter ist jemand, der ein Attentat verübt; ein Fußballer ist jemand, der Fußball spielt und ein Alkoholiker ist einer, der (viel) Alkohol verbraucht. Demgegenüber liegt den Basen der Bildungen in (2-59b) das Konzept INSTITUTION zu Grunde. Die Ableitungen drücken dann die Zugehörigkeit zur im Basiswort genannten Institution aus. In (2-59c) bezeichnen die -erNomina einen Eigenschaftsträger im weitesten Sinne, also eine PERSON (Tübinger, Sechziger) ein TIER (Dickhäuter, Paarhufer) oder ein OBJEKT (Vierzeiler, Dreitausender) mit einer gewissen Eigenschaft. Schließlich findet man in (2-59d) Nomina, denen das Konzept OBJEKT/GERÄT zu Grunde liegt. Sie sind alle NI. Diese haben charakteristischerweise die Eigenschaft, dass sie als Kürzungen von Komposita gedeutet werden können: Ein Dampfer ist ein Dampfschiff, ein Frachter ein Frachtschiff und ein Münzer ein Münzfernsprecher. Für diese stelle ich folgende Regel auf: (2-60)

[[spez.

] + [Kopf

]]Nomen

[spez.

[-er]]Nomen

Die gekürzten Formen entstehen dadurch, dass das -er-Suffix in der Kopfposition des Ausgangsnomens (eines Kompositums) substituiert wird: Das Nomen Dampfer ensteht z.B.

49

50

Zu einer Analyse von Dickhäuter und Vierakter sowie ähnlicher Beispiele als Zusammenbildungen vgl. Höhle (1982a: 96fT.), dazu kritisch Reis (1983: 118). Die Frage, wieweit die Erstglieder als Komposita anzusehen sind, kann hier nicht verfolgt werden. Zu den Zusammenbildungen wird in Kap. 4 kurz Stellung genommen. Es muss darauf hingewiesen werden, dass in den Standardwerken eine andere Aufteilung zu finden ist. So unterscheiden etwa Wellmann (1975: 150f.) und Fleischer & Barz (1992: 154ff.) fünf Gruppen, die ihrerseits diverse Untergruppen aufweisen.

82 dadurch, dass das -er-Suffix in der Kopfposition des Kompositums Dampfschiff, also in der Position von -schiff substituiert wird. Im Sinne von (Hl) modifiziert es dann die KS seines Spezifizierers. Sowohl das ursprüngliche Zweitglied als auch -er sind im Sinne des RHR morphologische Köpfe, was die Substitution erleichtern kann. Thematisch gesehen ist hier allerdings Folgendes zu beachten. Versucht man die genannten Objekte verbal zu beschreiben (Bsp.: 'ein Dampfschiff ist ein durch Dampf betriebenes Schiff), sind zwei Fälle zu unterscheiden. Entweder ist die nominale Basis als Veranlasser zu verstehen (Dampfer, Münzer), oder als Thema (Frachter, Bomber). Letztere sind dann mit den Daten in (2-59a) verwandt. Die Daten in (2-59a) und in (2-59d) sind auch in anderer Hinsicht einander ähnlich. Erstere korrespondieren mit dem PERSON/TÄTER-Konzept, Letztere mit dem GERÄT-Konzept. In dieser Eigenschaft überlappen sie mit NAG einerseits und NI andererseits, also mit solchen ERN deren zu Grunde hegenden Konzepte immer auf die externe Position der AS Bezug nehmen. Die zu Grunde liegenden verbalen Verbindungen der a-Beispiele bestehen aus dem Nomen, die als Basis der ERN dient, und aus einem charakteristischen Verb: Attentäter - ein Attentat verüben; Handballer, Fußballer, Jazzer - Handball/ Fußball/ Jazz spielen; Handwerker, Kutscher - Handwerk/ Kutsche betreiben, etc. Hierbei sind die fraglichen Nomina immer als interne Argumente des Verbs zu werten. Ähnliche Fälle wurden bereits bei den NPA diskutiert (s. die Regeln in (2-47) oben). Man kann daher folgende Regel konstruieren: (2-61) [[

]Nomen+[

]verb]FOP

[[Nomen

[-er

]]ΝΟΠΙ

In dieser Regel wird das -er-Suffix in der Position des Verbs substituiert. Nach der Substitution bestimmt es die grammatischen Kategorien des entstandenen Elementes. Das ist als eine sehr begrenzte Operation anzusehen, sofern die Regel nur auf eine sehr kleine Menge von Verben anwendbar ist. Diese sind typische 'Actor'-Verben, wie spielen, betreiben, ausüben oder trinken, was man auch in der Regel spezifizieren kann. Der springende Punkt ist etwa im Vergleich mit der Regel (2-60), dass man aufgrund der Kategorien die jeweils in der Kopfposition substituiert werden, folgende Korrelation festlegen kann. Wenn in der Position des morphologischen Kopfes ein Nomen substituiert wird, entsteht ein ERN mit NI-Lesart (und GERÄT als zu Grunde liegendem Konzept). Wird hingegen ein Verb durch das -er-Suffix substituiert, resultiert immer ein NAG (und PERSON/TÄTER als korrespondierendes Konzept). Ambige Fälle gibt es bei ERN mit nominaler Basis im Sinne der KBE nicht (s. Kap. 2.1 oben). Die sonst verbleibenden Fälle - also die Daten á la (2-59b) und (2-59c), sofern sie nicht als NAG oder NI interpretiert werden können - sind demgegenüber auf (1-1) oder (1-36) zurückzufuhren.51

51

Das ist im Übrigen nicht ganz trivial, da Zusammenbildungen wie Paarhufer oder Vierakter keine eindeutigen Instanzen von (1-1) oder (1-36) sind, zumal ihre Spezifizierer-Konstituente nicht einwandfrei bestimmbar ist. Zu einer ausführlichen Diskussion vgl. Leser (1990).

83 2.6.2 Argumente (A) VA-Verben Wie bereits weiter oben angedeutet wurde, lassen habituelle NAG sowie -er-Nomina aus 'pseudoreflexiven' Basen (vgl. (2-48) und (2-11) oben) keine A-Vereibung zu. Auch bei VAVeiben scheidet die Möglichkeit der A-Vereibung aus. (Sie war jedoch bei NA aus einstelligen Basen gut möglich.) Es ergibt sich daher die Frage, wie diese Verteilung der Fakten prinzipiell (durch Prinzipien gesteuert) gedeutet werden kann. In Kapitel 2.1 haben wir bereits ein Beispiel dafür gesehen, wie die KBE die Verteilung der einzelnen Lesarten der ERN regeln, indem sie einen Zusammenhang zwischen der KS und der SES durch die Bezugnahme auf die AS herstellt. Vor diesem Hintergrund stelle ich folgende Aibeitshypothese auf: Projektionstheorem (der KBE) (ProjT) (ProjT) Ausgangsargumente, denen das gleiche Konzept zu Grunde liegt wie das Zielkonzept der Nominalisierung, können generell nicht projiziert werden, sofern beide mit der gleichen Position in der AS verbunden werden.

Das (ProjT) besagt, dass die Gleichheit des zu Grunde hegenden Konzepts bei dem ERN und bei einem der Argumente der Basis zur Unmöglichkiet der Projektion dieses Argumentes führt. Das kann man daran erkennen, dass im Falle der Gleichheit der Konzepte beide mit der gleichen Position in der AS korrespondieren würden. Das soll - ähnlich wie bei der KBE wegen (Hl) - ausgeschlossen werden. Das (ProjT) erklärt die bereits von Meibauer (1995: 6) zitierten ungrammatischen Beispiele *Arzthemmer bzw. *Medizinhemmer, sofern Hemmer im Sinne der KBE ambig ist. Es macht die Voraussage, das bei NI weder Agens- noch Instrument-Argumente projiziert werden dürfen. Dasselbe soll nach dem (ProjT) auch für NAG gelten. Diese Voraussagen treffen auch weitgehend zu. Das (ProjT) erklärt auch die in (Gl) festgehaltene Generalisierung für die Α-Projektion. Bei NA können deshalb alle Argumente der Basis projiziert werden, weil das PRODUKT-Konzept nie einem Argument zugewiesen werden kann. (Man beachte auch, dass (ProjT) eine ähnliche Vorausssage für Ereignisnomina macht.) Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum sich der sog. thematische-Rollen-Ansatz und der pure Argumentvererbungs-Ansatz nicht bewährt haben: Sie haben die Wechselbeziehung zwischen thematischen Rollen und Konzepten nicht gebührend berücksichtigt. (ProjT) ist nämlich ein Korollar der konzeptuellen Hypothese (Hl), nach der die semantische Funktion des Suffixes in der Modifikation der konzeptuellen Struktur der Basis besteht, wobei die unterschiedlichen Lesarten durch die in der SF des Suffixes (bzw. in seiner SES) festgehaltenen unterschiedlichen Zielkonzepte entstehen. Aufgrund des (ProjT) können die Fakten der Α-Projektion wie folgt gedeutet werden. Dem einzigen Subjekt-Argument der aufgezählten VA-Basen liegt jeweils das Konzept PERSON/ TÄTER zu Grunde. Bei NAG ist das jedoch auch das Zielkonzept der Nominalisierung. Andere Argumente liegen bei diesen Basen nicht vor, so dass hier Α-Vererbung ausgeschlossen ist. In diesem Sinne sagt das (ProjT) korrekt voraus, dass bei -er-Nominalisierungen aus einstelligen Basen (VA-Verben) das Subjekt-Argument nie projiziert wird. (B) VAT-Verben Der Knackpunkt ist hier, genauso wie bei den NPA die Wechselbeziehung zwischen kompositumsinterner vs. kompositumsexterner Projektion. Hier ist die Datenlage allerdings verzwickter.

84 Ich gehe daher von den problematischen Fällen aus. Die Ungrammatikalität der folgenden Beispiele - aus obligatorisch transitiven Basen - wird häufig in der Literatur zitiert, cf.52 (2-62) *der Steller, 'Aufheber, *Beseitiger, *Verletzer, *Löser, *Hemmer

Mit projizierten Argumenten ergibt sich folgende Verteilung der Daten: (2-63) a. b. c. d. e.

Antragsteller - Steller des Antrags Alarmaufheber - Aufheber des Alarms Müllbeseitiger - Beseitiger des Mülls Grenzverletzer - * Verletzer der Grenze Konfliktloser - *Löser des Konflikts

Die -er-Bildung ist bei allen sechs Veiben blockiert, dadurch fällt auch die Möglichkeit weg, die Daten mit wortinternen Argumenten in (2-63) als 'echte' Komposita zu interpretieren. Teile eines Kompositums müssen nämlich im Normalfall auch frei vorkommen (können).53 Als Alternative bietet sich an, Daten wie Antragsteller, oder Konfliktloser in Anlehnung an Höhle (1982a: 96) als Zusammenbildungen, d.h. als Komposita, „die nicht wie gewöhnlich frei als Wort vorkommen, sondern nur als Bestandteil eines anderen Wortes", anzusehen. Dagegen spricht jedoch, dass (a) bei Zusammenbildungen (s. Fünfachser oder Dickhäuter) niemals externe Projektion vorkommt und (b) zwischen Teilen von nominaler Zusammenbildungen in der Regel keine thematische Beziehung auszumachen ist. Mit projizierten Argumenten ergaben sich jedoch bei den obigen Beispielen unterschiedliche Grade der Grammatikalität. Insbesondere überrascht, dass bei (2-63d-e) nach der obigen Bewertung keine wortexterne Projektion möglich ist. Wenn man davon ausgeht, dass ursprünglich kompositumsinterne Konstituenten im faktischen Gebrauch kompositumsextern realisiert werden können, dann mag die Ungrammatikalität der angesprochenen Beispiele damit zusammenhängen, dass der faktische Gebrauch blockiert wird. Dies ist im Übrigen bei einer Reihe von WB-Produkten der Fall, cf.54 (2-64) a. b. c. d.

Buchbinder - *Binder des Buches Filmvorführer - ?/7?Vorführer des Films Uhrmacher-*Macher der Uhr Stundengeber - * Geber der Stunden

Zwei Überlegungen sind noch in diesem Zusammenhang wichtig. Erstens ist die Bewertung der kompositumsexternen Konstruktionen in (2-63) keineswegs so eindeutig wie das häufig angenommen wird, es gibt Abstufungen der Grammatikalität, cf.

52

53

54

Die meisten Beispiele in (2-62) und (2-63) entstammen Olsen (1986: 81ff.) Auf diese wird dann in Fanselow (1988a: 40), Fanselow (1991: 23), Reis (1988: 57f.) und Meibauer (1995: 7) Bezug genommen. Dies wäre höchstens bei WB-Produkten auf -macher denkbar, da Macher u.U. auch selbständig auftritt wie in Fleischer/Barz (1992: 152) bemerkt wird. Man beachte, dass in Anlehnung an Wurzel (1988: 181) angenommen werden könnte, dass bei den hier zitierten Beispielen kein kommunikativer Anspruch auf kompositumsexteme Realisierung des Thema-Arguments besteht, was damit zusammenhängen könnte, dass die Kompositionsvariante mehr oder weniger lexikalisiert ist, so dass die ursprüngliche thematische Relation zwar noch besteht, kompositumsextern aber nicht mehr erschließbar ist. Ich will diese Annahmen hier jedoch nicht weiter verfolgen.

85 (2-65) a. b. c. d. e.

Steller des Antrags ?Auflieber des Smogalarms ?Beseitiger des Abfalls ??Verletzer der Grenze ?Löser des Problems

Zweitens gehen die kompositumsinternen Konstituenten (i.e. Prähead-Konstituenten) in (2-63) und (2-64) eine ziemlich spezielle Beziehung mit dem zu Grunde liegenden Veib ein. Ausdrücke wie einen Antrag stellen, die Grenze verletzen, ein Problem lösen, den Smogalarm auflieben, etc. legen auf jeden Fall eigene (übertragene) Sachverhalte nahe. Dies erkennt man auch daran, dass in gewissen Fällen Nominalisierung mit einem anderen (prototypischen) Objekt unmöglich ist, cf. (2-66) *der Buchsteller, *der Armverletzer, *der Verbotsaufheber55

Dies deutet darauf hin, dass bei den Daten wie in (2-63) bis (2-65) das Veib mit seinem speziellen Objekt nominalisiert wurde.56 Dies scheint hier sogar die einzige Möglichkeit zu sein, da sonst sowohl die einfache -er-Derivation des Veibs, als auch die mit einem prototypischen Objekt blockiert ist. Einen ähnlichen Fall haben wir bei den NPA diskutiert. Dort habe ich folgende Generalisierung aufgestellt: (G2) Bei NPA wird entweder das Basisveib allein, oder seine nächstgrößte FOP-Kategorie (Veib + direktes Objekt, oder Veit) + internes Argument) nominalisiert. (G2) formuliert eine simultane Möglichkeit der Nominalisierung der FOP-Kategorie und des Basisveibs. Nimmt man an, dass die Möglichkeit der FOP-Nominalisierung im Falle der NAG mit obligatorischer Wirkung gilt, dann folgt daraus, dass für die externe Projektion eigentlich eine Einschränkung wie (2-67) formuliert werden muss: (2-67) Kompositumsexterne Α-Projektion ist stets dann möglich, wenn das dem Kopf zu Grunde liegende Verb -er-nominalisiert werden kann.

Die Daten in (2-64) und (2-65) können nun auf dieser Grundlage gedeutet werden. Die Auswertung von (2-64) ist eindeutig. Anders hingegen (2-65). Sie sollten auf der Grundlage von (2-67) alle gleich ungrammatisch sein. Dafür sind sie allesamt nicht sehr gut, aber bei weitem nicht gleich ungrammatisch. Das liegt m.E. daran, dass kommunikative Bedürfnisse die Geltung von (2-67) aufbrechen können. Dies ist bei den obigen Beispielen aus der Beamtensprache in verschiedenem Grad der Fall, weswegen sie verschiedene Grade der Grammatikalität aufweisen. Diese Auflösung von (2-67) wird auch durch Analogie erleichtert, da es im Bereich der transitiven Basen externe Projektion eines Arguments gut möglich ist.

55

56

Das Beispiel *Buchsteller könnte man noch durch das FOPC von Selkirk (1982: 37f.) erklären, da Buch keine Schwesterkategorie von stellen darstellt. Gleichwohl bleiben die weiteren Daten erklärungsbedürftig. Auch Fleischer/Barz (1992: 152) thematisieren solche Beispiele als Nominalisierungen mit Wortgruppe als Basis.

86

Was die Realisierung von weiteren Argumenten in diesem Bereich betrifft, manifestiert sich diese in der Wechselbeziehung von (ProjT) und (2-67). Transitive Basen sind meistens zweistellige Veiben mit einem Agens-Argument, dem das Konzept PERSON/TÄTER zu Grunde liegt. Im Sinne von (ProjT) kann dieses nicht projiziert werden. Possessivphrasen sind hingegen gut möglich, cf. (2-68) a. der Buchbinder des Vaters b. Connys Appetithemmer c. Adams Antragsteller Die Possessorphrasen sind in diesem Fall von der AS des Basisveibs unabhängig. (2-67) soll auf der anderen Seite sichern, dass das einzige Argument kompositumsintem vorkommen muss, da das zu Grunde liegende Veib nicht -er-nominalisiert werden kann, wie auch (2-62) demonstriert. Beispiele wie (2-66) legen jedoch nahe, dass (2-67) eigentlich zu (2-67)' verschärft werden sollte, cf. (2-67)' Projektion von Argumenten ist stets dann möglich, wenn das dem Kopf zu Grunde liegende Verb (auch) selbständig -er- nominalisiert werden kann. Der Status von (2-67)' (und somit auch der von (2-67)) ist allerdings äußerst fragwürdig. Es formuliert eine Trivialität. Sie hat also in diesem Sinne keine erklärende Kraft. Auch wenn man annehmen würde, dass (2-67)' voraussagt, warum die kompositumsinteme Realisierung von Konstituenten bei den obigen Daten nicht das Ergebnis von Projektion sein kann, würde das noch nicht erklären, was in solchen Fällen passiert: Wäre die Nominalisierung von Haus aus unmöglich, gäbe es streng genommen keine Projektionsproblematik. Außerdem haben wir bereits eine Regel für die Α-Projektion gefunden (s. ProjT), deren Erklärungspotenz wesentlich einleuchtender ist als die von (2-67)'. Daher muss Letztere verworfen werden. Ich wähle also den anderen Weg: (G2) kann auf den Bereich der NAG zugeschnitten werden, cf. (G3) Ist im Bereich der NAG eine selbständige -er-Nominalisierung des zu Grunde liegenden Veibs für das korrespondierende Konzept nicht möglich, wird die nächstgrößte FOPKategorie (Veib + direktes Objekt, oder Veib + internes Argument) nominalisiert. (G3) liefert (in Verbindung mit dem (ProjT)) eine Erklärung für die Daten in (2-62), (2-63d-e), (2-64) und (2-66). Man beachte, dass für Α-Projektion keine zusätzliche Annahmen gemacht zu werden brauchen, da das (ProjT) nach wie vor gültig ist. (G3) hat im Vergleich zu (G2) einen wesentlichen Unterschied: Bei NPA waren sowohl die einfache -er-Nominalisierung des Basisveibs, als auch die Nominalisierung der nächsthöheren FOP-Kategorie parallel möglich. Hier trifft das nicht zu. Die Nominalisierung der FOP-Kategorie tritt nur dann auf, wenn sich zuerst die einfache Nominalisierung des Basisveibs als unmöglich erwiesen hat. Allerdings zeigt (2-65), dass (G3) in manchen Fällen keine Erklärung abgeben kann. Das liegt daran, dass sie den Ausnahmefall erfasst. Der Regelfall bleibt weiterhin die einfache -erNominalisierung des Basisverbs. Die Sprache tendiert mehr oder weniger stark dahin. Das bedeutet, dass (G3) durch 'normale' Nominalisierungsfâlle abgelöst werden kann. Besonders produktiv ist das durch (G3) erfasste Muster wenn die Veiben geben, nehmen und machen dem

nominalen Kopf zu Grunde liegen, cf.

87 (2-69) a. der Auftraggeber, Kreditgeber, Geldgeber, Stundengeber b. der Vorschußnehmer, Arbeitnehmer, Versicherungsnehmer c. der Angstmacher, Spaßmacher, Schuldenmacher, Plänemacher

Aus dem Übergangsstatus dieser Daten ergeben sich allerdings auch Besonderheiten der AProjektion. Aufgrund des (ProjT) und (G3) scheint die Bewertung der Daten in (2-69) eindeutig zu sein: Das Veib wurde mit seinem internen Argument (mit der nächsthöheren FOPKategorie) nominalisert, da selbständige -er-Nominalisierung der zu Grunde liegenden Verben nicht möglich ist. Die Projektion von Argumenten sollte nach (ProjT) auch ausgeschlossen sein. Das trifft jedoch nur für die Daten in (2-69b) zu. (Dies ergibt sich aus (ProjT) und (G3) wie bereits oben angesprochen wurde.) Bei Daten wie (2-69a) und (2-69c) ist die Projektion von weiteren Argumenten nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Grammatikalitätsurteile sind jedoch nicht immer gleich:57 (2-70) a. b. c. d. e. f.

der Kreditgeber an private Familien (Benefizient) der Kreditgeber der großen Firmen (Benefizient) 7?/*der Auftraggeber der Deutschen Bank (Benefizient) ?der Stundengeber der Erwachsenen (Benefizient) *der Angstmacher der kleinen Kinder (Experiencer) 7?/*der Spaßmacher der kleinen Kinder (Experiencer)

Auch im Bezugskorpus ist Geber in faktischer Lesart (mit wortintern und wortextern projiziertem Argument) öfters belegt (vgl. Milliarden-Geber, Gute-Laune-Geber, sogar Geber des Lebens (für Gott)). Macher ist hingegen ohne jegliches projiziertes Argument denkbar, mit projiziertem Argument ist es nicht belegt. Nehmer ist demgegenüber weder faktisch noch dispositionell ein wohlgeformtes Nomen. Die Datenverteilung in (2-70) zeigt im Übrigen, dass (2-67)' tatsächlich falsch ist: Projektion von Argumenten ist auch dann möglich, wenn im Sinne von (G3) das zu Grunde hegende Veib mit seinem (spezifischen) internen Argument nominalisiert wurde. Dies trifft für dreistellige Verben zu. Die Grammatikalität von (2-70b) vs. (2-70e), sowie die relative Wohlgeformtheit von (2-70d) sind überraschend, weil sie im Grunde genommen durch (BE8) ausgeschlossen sein sollten. Diese Fakten können jedoch durch folgende Beobachtung mit (BE8) in Einklang gebracht werden. Kreditgeber, Stundengeber \má Angstmacher sind aufgrund von (G3) wohlgeformte Nomina des Deutschen. Die extern projizierten Argumente sind hingegen ambig. Sie sind nicht nur als putative Argumente der jeweiligen morphologischen Köpfe denkbar, sondern vor allem als Possessiva. Dieser Zusammenfall trägt im Wesentlichen zur angesprochenen Verteilung der Grammatikalität bei. Eindeutige Ungrammatikalität liegt daher dann vor, wenn keine von den beiden Deutungsmöglichkeiten verwendet werden kann. Was die marginale Graminatikalität von (2-70c) und (2-70f) angeht, kann lediglich vor dem Hintergrund von (G3) Folgendes angedeutet werden. Argumente, die nur mit Verben zusammen nominalisiert werden können, tendieren dazu, in dieses Verb inkorporiert zu werden. So ist es bei Beispielen wie Brief schreiben oder Zeitung lesen. Wenn diese nominalisiert werden, können Argumente eher schlecht projiziert werden, cf. 57

Man beachte, dass es in diesem Fall auch mit der Toman'sehen Annahme der periphrastischen Vererbung zu eng wird. Periphrastisch geerbte Argumente (und Benefizient-Argumente sind nach Toman (1987: 81) solche) werden per Annahme nicht als Genitivphrasen realisiert, sondern eher als Präpositionalphrasen. Unter dieser Perspektive sind jedoch Beispiele wie (2-70b) und (2-70d) klare Gegenbeispiele.

88 (2-71) a. ??/*der Briefschreiber der Waisenkinder b. 7?/*der Briefschreiber an Max

Wenn diese Annahme korrekt ist, dann kann die Grammatikalität der Beispiele (2-70c) und (270f) damit zusammenhängen, dass in diesen Fällen die Inkorporation des internen Arguments stärker ist, d.h. mehr fortgeschritten ist als bei den übrigen Fällen in (2-70). Das ist eine natürliche Annahme, da interne Argumente dem Veib im Allgemeinen semantisch näher stehen, als externe, das signalisiert ja auch ihren Platz in der Α-Hierarchie. Bei dieser fortgeschrittenen Inkorporation wären aber auf jeden Fall pragmatische Faktoren von Belang.58 Was beispielsweise die Stellung von (2-70c) betrifft, könnte man annehmen, dass die Ungrammatikalität mit konventionellen Implikaturen zusammenhängt.59 Pragmatisch gesehen wirkt es zumindest kurios, dass jemand einer Institution einen Auftrag gibt, die als die mächtigste Bank Deutschlands gilt, und sie als Benefizient der Handlung auszeichnet (und nicht den Sprecher). Wenn nun konventionelle Implikaturen als spezifische (pragmatische) Konzepte aufgefasst werden, die bereits in der konzeptuellen Struktur vorhanden sind, dann kann die marginale Grammatikalität von (2-70c) auf die Interaktion von Konzepten zurückgeführt werden. Dies wäre dann ein Beispiel für die in der Einleitung gemachte Annahme (A3). Es sei hier noch ein Problem angesprochen. Beispiele wie (2-72) legen nahe, dass das (ProjT) nicht korrekt sein kann, cf. (2-72) a. der Kinderschlächter b. Menschenhändler

Das Problem ist, dass z.B. Schlächter mit dem Grundkonzept PERSON/TÄTER korrespondiert, so dass die Projektion einer weiteren Konstituente mit dem Konzept PERSON/TÄTER durch das (ProjT) ausgeschlossen zu sein scheint. Man beachte jedoch, dass ich die angesprochenen Konzepte nicht weiter spezifiziert habe. Mit Sicherheit ist Schlächter eine Unterkategorie des Konzepts PERSON/TÄTER, und dies auf jeden Fall anders als Kind. Für ihn ist die 'Täterschaft' im genannten Kontext primär, daher kann er als Person/TÄTER charakterisiert werden. Für Kind kommt die Täterschaft als primäres Charakteristikum gar nicht in Frage, es muss also als PERSON/Täter betrachtet werden.60 Entsprechende Überlegungen könnten auch für (2-72b) angenommen werden, so dass sie per se keine Gegenbeispiele zum (ProjT) darstellen. Außerdem beruht das (ProjT) (wie auch die KBE) auf der empirisch verifizierbaren Tatsache, dass es immer ganz bestimmte Konzepte sind, die den Argumenten in der AS eines lexikalischen Elements typischerweise zugeordnet werden. Im Falle der externen Position sind typischerweise PERSON/TÄTER- und GERÄT-Konzepte betroffen. Bei der internen Position typischerweise OBJEKT-Konzepte. Allerdings kommt dem PERSON-Konzept eine Schlüssel58

59 60

Es sei hier daraufhingewiesen, dass die Fälle, wo (G3) einschlägig ist, nahelegen, dass auch bei Beispielen wie Rücktrittsankündigung eher eine Kopf-Komplement Beziehung zu finden ist, denn eine Kopf-Kopf Beziehung. Diesen Hinweis verdanke ich Jörg Meibauer (m. M.). Der Entwurf übergreifender Konzeptsysteme steht noch aus. Daher sei hier eine kleine Spekulation noch erlaubt. Für Schlächter trifft auch das BERUF-Konzept zu, welches ein Subkonzept des PERSON-Konzepts ist, für Kind gilt dies jedoch nicht. Da sind möglicherweise andere Subkonzepte tangiert. Ein Kind ist eine PERSON in einem bestimmten ALTER. Sollte dies zutreffen, spräche das dafür, dass bei einer feinen Ausdifferenzierung und Unterteilung der Konzepte (ProjT) aufrecht erhalten werden könnte.

89 rolle zu: Es kann sowohl der externen als auch der internen Position in der AS zugewiesen werden; im konkreten Fall aber immer nur jeweils einer von ihnen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Kinder und Schlächter eindeutig. Sie korrespondieren mit jeweils anderen Positionen der AS. Das folgt eindeutig aus der oben gegebenen Formulierung des (ProjT). Bei den ambigen -er-Nominalisierungen (wie etwa Bohrer, Spieler, Drucker, Heber oder Verteiler s. (2-55) oben) in diesem Bereich ist der Fall ähnlich, wie im Falle von NA. Durch Projektion von Argumenten entstehen eindeutige Lesarten. Das ist illustriert in (2-73). (2-73)

(Gerät)

(Person)

a. b. c. d. e. f. g. h. i. j.

Gewichtheber Nasenbohrer Buchdrucker Kartenspieler Ehe-/Streikbrecher Hammerwerfer Autoknacker Flugblattverteiler Schuhputzer Rekordhalter

Wagenheber Betonbohrer Fahrscheindrucker Plattenspieler Eisbrecher Mienen/Granatwerfer Nussknacker Stromverteiler Pfeifenputzer Büstenhalter

2.7 N o m i n a Instrument!

Nomina Instrumenti (NI) können generell dadurch charakterisiert werden, dass sie Geräte bezeichnen, mit denen die im Verb ausgedrückte Tätigkeit ausgeübt werden kann. In diesem Sinne korrespondieren sie mit dem Grundkonzept GERÄT. Sie stellen das unbelebte Pendant zu Nomina Agentis dar. Erben (1993: 87) spricht bei NI über die Thematisierung einer Adveibialergänzung. Dies ist auf jeden Fall zu relativieren, sofern - wie bereits oben, bei den NAG gezeigt wurde - Agens und Instrument die Subjektposition besetzen können (Paradebeispiel: Der Schlüssel öffiiet die Tür). (Bei Dowty (1991) haben beide die Agens-Proto-Rolle.) NI können nur dann als Adveibialergänzung gewertet werden, wenn die Subjektposition bereits durch ein Agens besetzt ist (Paradebeispiel: Peter öffiiet die Tür mit einem Schlüssel)61

61

Man fragt sich allerdings, wie in so einem Satz Agens und Instrumental unter dem Aspekt ihrer Proto-Rollen-Eigenschaften auseinander gehalten werden können, wenn beide 'subjekthafte' Eigenschaften aufweisen. Die Unterscheidung fällt in den Wirkungsbereich des ASP (Argument Selection Principle). Das Agens weist demnach mehr prototypisch agentivische Eigenschaften auf als der Instrumental, so dass sie ohne weiteres unterschieden werden können.

90 2.7.1 Die Basen Laut Wellmann (1975: 436f.) müssen Bildungen die dem instrumentativen Paradigma folgen, zwei Bedingungen erfüllen: „das BV fordert eine Objektergänzung (z), es ist passivfáhig, und die determinierte Größe (v) wird [...] durch eine Sachbezeichnung bzw. das Sachpron. etwas verdeutlicht." Es gibt jedoch Daten, die diesen Überlegungen widersprechen. Sie werden aus einstelligen agentivischen Verben gebildet. (A) VA-Verben (Klasse (K2)); Subjekt: Agens/Experiencer (2-74) der Piepser, Summer, Lacher (Lachsack), Triller (Trillerpfeife), Blinker, Leuchter,... Insbesondere belegen die Beispiele in (2-74), dass NI auch aus einstelligen Basen gebildet werden können. Diese sind zwar nicht allzu häufig, prinzipiell ausgeschlossen sind sie jedoch nicht. In manchen Fällen werden sie blockiert, so z.B. *Pfeifer als NI wegen existierendem Pfeife oder Flöte. (B) VAT-Verben (Klasse (K5)); Subjekt: Agens/Experiencer; Objekt: Thema/Patiens Die überwiegende Mehrheit der Nomina Instrumenti hat transitive Verben als Basis. Dabei soll zwischen zwei Gruppen der WB-Produkte unterschieden werden. Die erste Gruppe enthält die Beispiele, die zwischen zwei Lesarten (NI und NAG) ambig sind (vgl. (2-55) oben), die zweite betrifft solche, die eindeutige NI-Lesart aufweisen. Letztere haben folgende Charakteristika. (2-75) der Drescher, Fertiger, Kocher, Kühler, Schalter, Ausklopfer, Abkratzer, Entsafter, Sortierer, Röster, Anlasser, Mixer, Regler, Stapler, Zünder,... Wenn man diese Daten mit denen in (2-55) vergleicht, fallt auf, dass das Thema-Argument der zu Grunde liegenden Verben in (2-75) weit mehr spezifisch ist, als in (2-55). So ist ein Drescher ein Gerät, das (typischerweise) Getreide drischt, ein Kocher eine Anlage, in der (typischerweise) Wasser aufgekocht wird, ein Kühler eine Einrichtung, die (typischerweise) den Motor kühlt, etc. Dieses prototypische Objekt (das mehr oder weniger in die Verbbedeutung inkorporiert ist) trägt dazu bei, dass die entsprechenden Nominalisierungen in der NI-Lesart usualisiert sind, so dass keine systematische Ambiguität aufkommt. P a s heißt aber nicht, dass die Beispiele in (2-75) faktisch nicht als NAG vorkommen können.)62 (C) Nominalisierung von (Verb + internes Argument) In (2-76) stehen Daten dafür, dass (G3) auf die NI ausgedehnt werden muss: (2-76) a. Feuerlöscher, Staubsauger, Hosenträger b. Signalgeber, Sockenhalter, Scheibenwischer Bei den ERN in (2-76) wurde die Regel (2-47b) angewendet (hier wiederholt). Das interne Argument hat die thematische Rolle Thema, cf. 62

Hier soll darauf hingewiesen werden, dass die technische Fachsprache ziemlich reich an -erBildungen ist. Viele der aus diesem Bereich stammenden Bildungen gehört mittlerweile zum zentralen Wortschatz des Deutschen, wie z.B. Schalter, Anlasser, Kühler, Mixer, Zünder, etc. Daneben gibt es eine große Menge fachspezifischer Ausdrücke wie Staubabsauger, Rohrkrümmer, Abfallauswerfer, etc.

91 (247b) [[

]Nomen + [

]verb]FOP + [

er

]Nom

[[Nomen [verb ] ] -er]Nom

Die endgültige Form von (G3) sieht also wie folgt aus: (G3) Ist im Bereich der NAG und der NI eine selbständige -er-Nominalisierung des zu Grunde liegenden Veibs für das korrespondierende Konzept nicht möglich, wird die nächstgrößte FOP-Kategorie (Verb + direktes Objekt, oder Verb + internes Argument) nominalisiert.

2.7.2

Argumente

Es ist von vornherein klar, dass bei Nomina, die die Nominalisierung einer FOP-Kategorie darstellen, kein weiteres Argument erscheinen darf. Das ergibt sich aus mehreren Einschränkungen gleichzeitig. Das Thema-Argument ist bereits innerhalb der FOP-Kategorie realisiert. Die Projektion des Subjekt-Arguments ist wegen des (ProjT) untersagt. Schließlich besagt (BE8), dass aus dreistelligen Verben kein ERN gebildet wird, daher kann kein anderes geerbtes Argument vorhanden sein, das projiziert werden sollte.03 (A) Agens vs. Instrumental Wie bereits weiter oben angedeutet wurde, gibt es hier drei Lesartmöglichkeiten. Das WBProdukt ist entweder NAG oder NI oder aber ambig zwischen den beiden Lesarten, wie sich das aus der KBE ergibt. Nun ist aufgrund von (ProjT) klar, dass im Falle von NAG kein Agens und im Falle von NI kein Instrumental projiziert werden kann. Will man jedoch die einzelnen Lesarten hinsichtlich der A-Vererbung auseinanderhalten, gibt es einige Besonderheiten. Man nehme folgende Daten, cf. (2-77) der Kocher Peters a. *Peter ist Agens b. Peter ist Possessor

Die Beispiele zeigen, dass auch im Falle von NI kein Agens projiziert wird. Aber auch das Umgekehrte gilt: Auch NAG haben kein Instrument projiziert, cf. (2-78) der Lehrer mit dem neuen Lehrmaterial a. *Person, die mit dem neuen Lehrmaterial untenichtet b. Person, die das neue Lehrmaterial geschrieben hat/ in der Hand hält (2-79) *der Spieler mit ungrammatischen Beispielen/ mit dem Ball

Diese Daten zeigen eindeutig, dass bei NAG der Instrumental ohne Zweifel als Adjunkt zu werten ist, und nicht mit dem entsprechenden Argument des Basisverbs identifiziert werden kann. Dies überrascht vor dem traditionellen Hintergrund nicht, da in einem Satz wie Peter öffnet die Tür mit einem Schlüssel der Instrumental mit einem Schlüssel eindeutig als Adjunkt

03

Man kommt auf das gleiche Ergebnis, wenn man von (AV2) ausgeht. Da wegen (BE8) keine dreistellige Basen -er-nominalisert werden können, käme nur das interne Argument für die Projektion in Frage. Die Projektionslinie in Richtung Subjekt-Argument wäre automatisch unterbrochen, da das indirekte Objekt-Argument nicht vorhanden wäre.

92 (Adveibialergänzung bei Wellmann (1975)) zu werten ist. Das ist beim Substantiv auch nur dann natürlich, wenn angenommen wird, dass die AS des Basisveibs vererbt wird. Beim Subjekt gilt Folgendes. Der relevante Bezugssatz ist Der Schlüssel öffnet die Tür. Hier erkennt man, dass das instrumentale Adjunkt in das Subjekt 'überführt' werden kann. Dies ist soweit ich sehe eine generelle Eigenschaft vom Instrumental, sofern das Subjekt unbelebt ist. Der Instrumental fungiert als 'Sachagens'. Es wurde oben folgende Charakterisierung für Agens und Instrumental erstellt (hier wiederholt): (2-56) a. Instrumental: [-volition; -sentience; +causation; ¿movement] b. Agens: [+volition; -sentience; +causation; ¿movement]

Nehmen wir noch an, dass beispielsweise das Verb öffnen folgende AS hat (eckige Klammern deuten Fakultativität an), cf. (2-80) öffnen (χ (y [(ζ)])) Agens Thema Instr.

Unter Beachtung des ASP (vgl. (1-12) oben) ergibt sich, dass im ersten Fall (x = belebt) das Agens als Subjekt fungiert, weil es mehr Eigenschaften der Agens Proto-Rolle erfüllt, als sein potentioneller Gegenspieler, der Instrumental (wenn es überhaupt vorhanden ist). Im zweiten Fall jedoch (x = nicht vorhanden) trifft dies für den Instrumental zu, so dass er ohne Weiteres als Subjekt auftreten kann. Bei diesen Überlegungen kommt aber das Problem auf, dass ein fakultatives internes Argument (der Instrumental) u.U. wie ein externes auftritt, was unter konzeptionellen Gesichtspunkten zumindest unschön ist. Das spricht dafür, dass (2-80) durch (2-81) ersetzt werden soll, cf. (2-81) öffnen (x (y)) Agens/Instr. Thema

Aufgrund von (2-81) wird auch klar, weshalb Instrumental und Agens beide die Subjektposition einnehmen können: diese wird meistens durch das externe Argument besetzt. (Die Kuriosität der Datenlage ergibt sich unter dieser Perspektive daraus, dass im Falle des agentivischen Subjekts zusätzlich als Adjunkt ein Instrumental auftreten kann. Dies sollte jedoch nicht mit dem externen Argument verwechselt werden.) Eine Repräsentation der AS von öffiten, wie sie in (2-81) dargestellt wird, ist auch für das (ProjT) zugänglicher, so dass es keine weitere Schierigkeiten bereitet, wenn diese aufjene Bezug nimmt. (B) Das Thema-Argument NI tendieren sehr stark zur kompositumsinternen Realisierung des Thema-Arguments:64 (2-82) a. Dosenöffner - der Öffner von Flaschen b. UKW-Empfänger - der Empfänger von Ultrakurzwellen c. ?der Schalter der Kronleuchter

Bei den eindeutigen Gerätebezeichnungen ist kompositumsexterne Projektion von Argumenten nur möglich, wenn diese nicht als Genitivphrasen realisiert werden (periphrastische Vererbung), vgl. (2-82a-c). Allerdings weisen sie dann meistens eine faktische Lesart auf. Die erstaunliche Wohlgeformtheit von (2-82c) stärkt die Annahme, die man aufgrund von Meibauer 64

Diese Auffassung findet sich bei Fanselow (1991: 22) und Meibauer (1995: 9,11 ).

93 (1995: 10) machen kann, dass das Veibot der kompositumsexternen Projektion nict unbedingt strukturell ausgeschlossen ist, sondern eher mit der Lexikalisierung der NI zusammenhängt. So wäre m.E. auch der Öffner der Flasche in bestimmten Kontexten wohlgeformt (wenn z.B. der Flaschenöffiier im Gegensatz zu anderen Öffnern unterschieden werden muss). Dies gilt nicht für WB-Produkte, die im Sinne von (G3) nominalisiert wurden. Sie erlauben keine externe Projektion des Thema-Arguments; die Gründe dafür wurden bereits oben dargelegt, cf. (2-83) a. b. c. d.

»der Spieler der Platten *der Putzer der Pfeifen »der Halter der Büsten »Bereiter des Warmwassers

Die externe Projektion von Thema-Argumenten in der Müschen Lesart von N1 ist auch im Mannheimer Korpus häufig belegt. Sofern man nun davon ausgeht, dass periphrastische Fälle keine A-Vereibung nahelegen, sind diese nicht als echte Vereibungsdaten zu verstehen (vgl. hierzu auch die Daten in (2-3) und die dort geführte Argumentation). (2-84) a. Denn der Dieselruß soll Träger von krebserregenden Substanzen sein. (MM, 14. 02. 1989) (vgl. auch: Träger chemischer Waffen) b. [,..]auf dem ein Gleiskreuz für die Straßenbahn als Verteiler der Tramwagen sorgte [...] (ebd. 23. 09. 1995) (vgl. auch: Verteilerfür Patientenkabel) c. [...] die biologischen Bekämpfer des Krebses [...] (ebd. o. A) d. [...] führende Position bei Reinigern für Geschirrspülmaschinen [...] ausbauen [...] (ebd. 06. 03. 1996) e. lagern [...] Hobel und Bohrer für die Materialproben aus den Wohnungen (ebd. 31. 07. 1995) f. [Vögel] wirkten damit als Zeiger von Landschaftstypen und Indikatoren für Landschaftsveränderungen. (ebd. 30. 09. 1985

Die A-Vererbung bei NI kann zusammenfassend so dargestellt werden: (G4) a. Bei NI wird das Thema-Argument immer wort- und kompositumsintern realisiert. b. Bei der wort- und kompositumsexternen Α-Realisierung ist die periphrastische Strategie der Regelfall. c. Externe Α-Realisierung als Genitivattribut ist der Ausnahmefall und geht mit Müschen Lesart einher. NI weisen vor dem Hintergrund eines konzeptuellen Ansatzes folgende Janus-Köpfigkeit auf. Mit NI korrespondiert gewöhnlich das Konzept GERÄT. Das kann in der AS (auch) der externen Position zugewiesen werden. In dieser Hinsicht sind NI Subjekt-ähnlich (es besteht also eine Ähnlichkeit in Bezug auf eine syntaktische Eigenschaft, die auch mit konzeptuellen Methoden erfasst werden kann). Diese Ähnlichkeit erscheint jedoch nicht bei der A-Vererbung. Das wäre nur dann der Fall, wenn NI ähnliche Eigenschaften hinsichtlich A-Vererbung aufweisen würden wie NAG. Geht man andererseits von einer feinkörnigen Vernetzung der Konzepte aus, dann kann man das GERÄT-Konzept als Subkonzept des OBJEKT-Konzeptes auffassen. Es besteht daher eine Ähnlichkeit der NI mit dem typischen Objektmuster der ERN, nämlich mit NPA. Diese Ähnlichkeit ist auch bei der A-Vererbung sichtbar: Weder bei NI noch bei NPA werden Argumente vererbt. Sogar die Bildungsweise ist bei ihnen ähnlich (vgl. (G2) bzw. (G3) und die Regeln in (2-47)).

94 2.8 Zusammenfassung

In dem zweiten Teil dieses Kapitels wurden die charakteristischen Lesarten der ERN in Bezug auf ihre Basen und die Projizieibarkeit der zu Grunde liegenden Argumenten untersucht. Im Folgenden sind die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst. Nomina Acti (NA). Nomina Acti können nicht aus Basen aller Art gebildet werden. Die einschlägige Einschränkung wurde als (BEI 1) festgelegt: (BEI 1) NA können nur aus nicht-durativen, dynamischen Verben der VA- und VAT-Klasse gebildet werden. Die WB-Produkte aus solchen Basen weisen mit allen sonstigen Lesarten Ambiguitäten auf. Die signifikante Ambiguität besteht jedoch zwische NA und NAG. Diese Verteilung der Ambiguitäten wurde mit Hilfe der KBE gedeutet. In Bezug auf die A-Vereibung wurde geltend gemacht, dass die Projektion von Argumenten immer eine eindeutige NA-Lesart auslöst. Durch Projektion werden Ambiguitäten abgebaut. Anschließend wurde argumentiert, dass bei NA grundsätzlich alle Argumente vererbt werden können, wobei (Gl) aufgestellt wurde: (Gl)

Bei NPs mit NA als Kopf können prinzipiell alle Argumente der Basis projiziert werden, wobei a. im unmarkierten Fall das Subjekt-Argument der Basis (Agens-Proto-Rolle od. Experiencer); b. im markierten Fall das Objekt-Argument projiziert wird, (hierbei spielt die periphrastische Vererbung eine ausschlaggebende Rolle), und c. es gilt, dass meistens nur eines der Argumente beim ERN erscheint.

Nomina Patientis. Die überwiegende Mehrheit der Basen war ein VAT-Verb, das gleichzeitig ein Präfixverb darstellt. Die hier angesprochenen Präfixverben weisen die Eigenschaft auf, dass durch die Präfigierung (Präfixe direktionaler Bedeutung) eine zusätzliche Α-Stelle beim Verb entsteht, welche vornehmlich kompositumsintern geschlossen werden kann. Bei NPA kann kein Argument extern (d.h. in Form von Genitivattributen) vorkommen, es wurde daher die Möglichkeit der A-Vererbung verworfen. Ich habe argumentiert, dass (G2) gültig ist: (G2)

Bei NPA wird entweder das Basisveib allein, oder seine nächstgrößte FOP-Kategorie (Veib + direktes Objekt, oder Verb + internes Argument) nominalisiert.

Anschließend wurden die simultanen Varianten der Regeln aufgestellt, die als spezifische Ausprägungen von (1-1) oder (1-36) - möglich sind, cf. (i) a. [ b. [[

]verb

+ [-er] N o m e n -»[[

] No m e n +

[

]verb]FOP +

] [

V



erb-er] ]ΝΟΠΙ

N

om

(=2-47a)

[[Nomen

[verb

]]

-6Γ|ΝΟΗ1

( - 2-47b)

95 Nomina Agentis. Als Einstieg habe ich gezeigt, dass NAG sowohl aus VA- als auch aus VATBasen gebildet werden können. Ich habe argumentiert, dass im Falle der Ambiguität Agens und Instrumental durch folgende Merkmale auseinander gehalten werden können: (i) a. Instrumental: [-volition; -sentience; +causation; ¿movement] b. Agens: [+volition; -sentience; +causation; ¿movement]

(= 2-56a-b)

Anschließend kam ich auf ERN mit nominaler Basis zu sprechen. Die mit den NAG und NI überlappenden Fälle habe ich im Grunde genommen als Ergebnisse von Substitutionsregeln (einer Art der Kürzung) charakterisiert, wobei folgende Regeln aufgestellt wurden: (Ü)

[[spez.

(iii) [[

] + [Kopf

]N omen + [

]]Nomen ] Verb] FOP

[spez

[-er]]Nomen (= 2-60)

[ [ N omen [ - e r ]]N om ( = 2 - 6 1 )

Bei der A-Vererbung wurde in Anlehnung an die KBE das folgende Projektionstheorem (ProjT) aufgestellt: Projektionstheorem (der KBE) (ProjT) (ProjT) Ausgangsargumente, denen das gleiche Konzept zu Grunde liegt wie das Zielkonzept der Nominalisierung, können generell nicht projiziert werden, sofern beide mit der gleichen Position in der AS verbunden werden.

Im Anschluss habe ich die Fruchtbarkeit des Theorems unter Beweis gestellt. Auch bei NAG ist eine (G2) ähnliche Generalisierung gültig: (G3)

Ist im Bereich der NAG eine selbständige -er-Nominalisierung des zu Grunde liegenden Veibs fìir das korrespondierende Konzept nicht möglich, wird die nächstgrößte FOPKategorie (Veib + direktes Objekt, oder Verb + internes Argument) nominalisiert.

Auch in diesem Fall konnte die Projektion von Argumenten in Verbindung mit dem (ProjT) erklärt werden. Nomina Instrumenti. Ich habe argumentiert, dass NI auch aus einstelligen, oder VA-Basen gebildet werden können, da sie potentiell nicht auszuschließen sind. Die überwiegende Mehrheit der NI folgt jedoch dem transitiven Muster. Im Sinne von (G3) - die auf NI ausgedehnt wurde - ist auch die Nominalisierung aus (Veit) + internes Argument) möglich, wobei die kompositumsinterne Konstituente die thematische Rolle Thema hat. Die kurze Diskussion der A-Vererbung bei NI hat gezeigt, dass (a) das Agens-Argument nicht vererbt werden kann, (b) das Thema-Argument überwiegend kompositumsintern projiziert wird, und (c) periphrastische Vererbung eine wesentliche Rolle spielt.

96 (G4) a. Bei NI wird das Thema-Argument immer wort- und kompositumsintern realisiert. b. Bei der wort- und kompositumsexternen Α-Realisierung ist die periphrastische Strategie der Regelfall. c. Externe Α-Realisierung als Genitivattribut ist der Ausnahmefall und geht mit faktischen Lesart einher. Es fallt nun aufgrund der obigen Erörterungen unschwer auf, dass diese Generalisierungen mit unterschiedlicher Gewichtung am Werk sind. Die mehr oder weniger zentrale Rolle kommt einerseits der KBE (bei der Verteilung der einzelnen Lesarten) und andererseits ihrem Projektionstheorem (ProjT) zu. Sie sind beide als Korollare der folgenden Hypothese zu verstehen: (Hl) Das -er-Suffix modifiziert die konzeptuelle Struktur der Basis. Das (ProjT) ist eine Einschränkung für das Vorkommen bestimmter Argumente. Sie stellt eine Beziehung zwischen der konzeptuellen Struktur und der Syntax her. Das passiert dadurch, dass es auf die TS Bezug nimmt. Da die TS als Schnittstelle zwischen KS und SES fungiert (dadurch, dass TS der Teil der SES ist, welche direkt mit KS korrespondiert), ist dort festgelegt, welche Argumentfunktion mit welcher syntaktischen Funktion typischerweise zu verbinden ist. Daraus folgt auch, dass sich jede Änderung der KS im Sinne von (Hl) auch in der TS des jeweiligen Elements niederschlägt: Aus Hl folgt also schlechthin, dass (ProjT) gültig ist. Das (ProjT) lässt Schlüsse darauf zu, wie die Modifikation der konzeptuellen Struktur geartet ist. In dieser Eigenschaft macht sie einige nicht-triviale Aussagen. Man sieht z.B. leicht ein, dass auch (Gl) eine Folge von (ProjT) ist, die sich daraus ergibt, dass NA mit dem Grundkonzept PRODUKT korrespondieren, während dieses Konzept nie irgendeinem Argument zugewiesen werden kann. Aus dem (ProjT) ergibt sich weiterhin, dass (a) bei Nomina Patientis kein Thema-Argument, (b) bei NAG kein Agens-Argument, und (c) bei NI kein Instrumental-Argument projiziert wird. Das (ProjT) 'liefert' weiterhin die alles andere als triviale Eischränkung, dass weder bei NI ein Subjekt, noch bei NAG ein Instrumental projiziert werden kann.

3. Die -ó/-ó'-Nomina des Ungarischen

In diesem Kapitel werden die ungarischen deverbalen -ó/-ó'-Nomina (ON) näher vorgestellt. Das Hauptaugenmerk gilt wie im Falle der ERN zwei Bereichen: Im ersten Teil des Kapitels gebe ich eine allgemeine, deskriptive Charakterisierung der ON, wobei auf die thematisch fiindierte Formulierung der gültigen Bildungseinschränkungen abgehoben wird.1 Der zweite Teil des Kapitels untersucht die einzelnen Lesarten der ON - ebenfalls thematisch fundiert - unter dem Aspekt ihrer Basen und ihrem ererbten A-Vererbungspotential. Diese Vorgehensweise erscheint mir deshalb als begründet, weil in der einschlägigen Literatur über das Ungarische das Problem der A- Vererbung bislang fast ausschließlich unter syntaktischem Aspekt diskutiert und untersucht wurde. Laczkó (1995) versucht zwar Teile von Morphverbindungen zu analysieren, sein Ansatz ist und bleibt aber syntaktisch motiviert, in dem elementar morphologische Fragen nicht diskutiert werden, da sie von der Fragestellung her auch irrelevant sind (s. ausführlicher Kap. 6.1.2 dazu). Ähnliches gilt auch für Komlósy (1992, 1994). In den folgenden Abschnitten werden jedoch ihre deskriptiven Beobachtungen gebührend mitberücksichtigt.

3.1 Die Grundlagen

In dem beinahe sechshundert Seiten starken Benczédy & Fábián & Rácz & Velcsovné (1988) (im Folgenden auch: BFRV) wird das Suffix -ό/'-ö auf einer halben Seite abgehandelt. Hier wird geltend gemacht, dass die 'Hauptrolle' des -ó/-ó'-Suffixes darin bestehe, Nomina zu bilden, die den Handelnden (Nomen Agentis, vor allem in Form von Berufsbezeichnungen) bzw. den Ort der Handlung (Nomen Loci) bezeichnen. Als 'Nebenrolle' sei noch die Bildung von Nomina möglich, die die Handlung selbst (Nomen Actionis) denotieren. Ähnlich wie im Deutschen, gibt es aber auch im Ungarischen eine vierte mögliche Lesart der ON, die als Nomen Instrumentalis (NI) charakterisiert werden kann. Auch diese werden hier wegen charakteristischer Überschneidungsphänomene mit

1

Da in dieser Arbeit nur indirekt über die DP-Analyse gesprochen wird, verweise ich auf den entsprechenden Teil des Anhangs (Kap. 6.1), wo zum einen ein Seitenblick auf die jüngste Analyse von Szabolcsi (1992, 1994) geworfen wird, zumal solch ein Einblick das Verständnis der ungarischen Beispiele und der Funktionsweise im nominalen Bereich des Ungarischen erheblich erleichtert. (Außerdem können vererbte Argumente die Spec-DP-Position ansteuern, so dass eine NP-Analyse schlichtweg nicht von einer DP-Analyse getrennt werden kann.) Allerdings wird dieser zum anderen ein lexikalistisch angelegter Ansatz gegenübergestellt (Laczkó (1987, 1995), welcher im Rahmen der Lexikalisch-Funktionalen Grammatik etabliert wurde. Diese Darstellung soll als Hilfe fungieren, um die Grenzen eines derivationellen Modells klar aufzeigen zu können. Auf dieser Basis könnte man im Übrigen weitere Argumente für ein repräsentationeil angelegtes Grammatikmodell finden, die aber hier nicht weiter verfolgt werden können.

98 den NAG ausführlich behandelt. Außerdem beschränkt sich das BFRV auf die Aufzählung der Bildungsarten und belegt sie mit einigen Beispielen (von A-Vererbung ist dort gar nicht die Rede). Schon allein aus diesem Grund lohnt es sich, einen näheren Blick auf diese Nomina zu werfen. Ich werde im Folgenden nicht über Haupt- und Nebenrollen des Suffixes sprechen, sondern ich gehe (ähnlich wie beim deutschen -er-Suffix) im weiteren Verlauf in Anlehnung an Komlósy (1992: 384, 395f.) davon aus, dass das -ó/-ó'-Suffix des Ungarischen einheitlich ist (s. jedoch BFRV (1988: 118)). Die möglichen Lesarten entstehen in der Interaktion mit der KS wie in (Hl) und der KBE festgehalten wurde. Im Einzelnen sind im Bereich der deverbalen -ó/-ó'-Nomina des Ungarischen folgende Schwierigkeiten (oder Besonderheiten im Vergleich zum Deutschen) zu beachten. Adjektivische Partizipien auf -o/-ö und die Lesarten. Diachronisch gesehen waren die heutigen -ó/-ó'-Nomina des Ungarischen in einer früheren Sprachstufe ganz normale Partizipien (s. hierzu BFRV (1988: 38) und Károly (1968: 302)), die aus dem zu Grunde liegenden Verb unter Beibehaltung von dessen Α-Struktur gebildet wurden.2 Im Laufe einer späteren Entwicklung haben sie eine einfache Umkategorisierung erfahren, und so entstanden die homonymen Nomina. Nehmen wir zur Erläuterung dieses Problems folgende Beispiele: (3-1) a. az olvas-ó gyerek art. les-ende Kind3 'das lesende Kind' b. a könyv-e-t olvas-ó gyerek art. Buch-acc les-ende Kind 'das Buch lesende Kind' c. az asztal alatt könyv-e-t olvas-ó gyerek art. Tisch unter Buch-acc les-ende Kind 'das unter dem Tisch Buch lesende Kind'

In (3-1) sind mehrere wichtige Eigenschaften von adjektivischen Partizipien mit -όί-ö (im Folgenden abgekürzt als: APO) illustriert. So können Argumente des Basisverbs vor dem APO erscheinen (und nur hier), wobei dieses auch die Kasuseigenschaften der Basis beibehält (3-lb). Das ist auch unabhängig von der Anzahl der Argumente, cf. (3-2) a barát-já-nak könyv-e-t ajándékoz-ó gyerek art. Freund-poss-dat Buch-acc schenk-ende Kind 'das seinem Freund Buch schenkende Kind'

2

3

Die Beibehaltung der Α-Struktur ohne jegliche Einschränkungen charakterisiert jedes Partizip mit - Ö / - Ö , was die eindeutige Vererbung der zu Grunde liegenden verbalen Α-Struktur nahelegt. Das ist ein klares Zeichen für die Verbnähe dieser Elemente. Im Ungarischen heißen sie dementsprechend melléknévi igenév - 'adjektivisches Verb-Nomen' (entspricht etwa dem Partizip I. im Deutschen), was anzeigt, dass sie ein 'Zwischending' zwischen Verb und Nomen darstellen und in adjektivischer Funktion vorkommen. Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass olvas den Wortstamm von lesen darstellt. Zu diesem Stamm treten dann die diversen Suffixe, u.a. auch -ni, welches den Infinitiv signalisiert (olvas-ni = les-en). Der Wortstamm eines Verbs stimmt meistens mit der 3/S-Form überein.

99 (3-lc) zeigt einen weiteren Fall: Alle Adjunkte müssen vor dem APO auftreten, im unmarkierten Fall sogar vor den richtigen Argumenten.4 Auf die Verbnähe von APO verweist auch die Beobachtung, dass bei ihnen genauso wie bei den ursprünglichen Basen auf die unmarkierte Abfolge 10 > DO Bezug genommen werden kann.5 Die umgekehrte Abfolge der Argumente von (3-2) ist markiert:6 (3-3) a könyv-e-t a "barát-já-nak ajándékoz-ó gyerek art. Buch-acc art. Freund-poss-dat schenk-ende Kind 'das das Buch seinem Freund schenkende Kind' Der Kopf der NP stellt in der überwiegenden Mehrheit der Fälle das externe Argument (Subjekt-Argument) der Basis der APO dar. Nur in den lexikalisierten Fällen kann der nominale Kopf mit dem internen Argument identisch sein, cf. (3-4) a. bete-v-ö falat hineintu-ende Bissen 'das tägliche Brot' b. elad-ó lány verkauf-ende Mädchen 'heiratsfähiges Mädchen' c. metél-ô hagyma schneid-ende Zwiebel 'Schnittlauch' Dementsprechend spricht Komlósy (1992: 388) davon, dass die Aufgabe (die syntaktische Fuktion) des -ó/-ó'-Suffixes (in erster Linie) darin besteht, den prädikativen Teil des Satzes zum Attribut des Subjekts umzuformen. Kommen wir nun zu den -ó/-ó'-Nomina. In (3-5) ist das mit dem APO in (3-1) homonyme Nomen angeführt mit seinen diversen Lesarten:7

4

5

6

7

Unter dieser Perspektive erscheint es als merkwürdig, dass Laczkó (1995) nichts über diverse Stellungsmöglichkeiten vor einem (deverbalen) nominalen Kopf sagt (s. weiter unten). Den Begriff der 'unmarkierten Abfolge' verstehe ich im Sinne von Lenerz (1977:27)(Vgl. jedoch auch Höhle 1982: 102,122): unmarkierte Abfolge: Wenn zwei Satzglieder A und Β sowohl in der Abfolge AB wie in der Abfolge BA auftreten können, und wenn BA nur unter bestimmten testbaren Bedingungen auftreten kann, denen AB nicht unterliegt, dann ist AB die 'unmarkierte Abfolge' und BA die 'markierte Abfolge'. Diese Adjektivierungsproblematik vor dem Kopf einer ungarischen NP wird in Laczkó (1995) ausführlich behandelt. Allerdings wird dort die Beziehung zwischen APO und mit ihnen homonymen Nomina hinsichtlich AS gar nicht angesprochen. Es wird auch nicht auf den von mir verwendeten Begriff der 'unmarkierten Abfolge' eingegangen, da Laczkó (1995) im Grunde genommen wohl davon ausgeht, dass die Abfolge der Argumente - ähnlich wie im verbalen Bereich - frei ist. Ferenc Kiefer (m. M.) bemerkt zu Daten wie (3-5a), dass sie nicht einwandfrei durch Adjektive modifiziert werden können, wie sonstige Nomina dies tun. In der Tat ist a gyors olvasó (der schnelle Leser) nicht vollständig grammatisch, während a gyorsati olvasó (der schnell Lesende) wohlgeformt ist. Einerseits ist aber Letzteres m.E. elliptisch (es fehlt dort der nominale Kopf), andererseits zeigt Ersteres, dass das Nomen sich schon vom Verb so weit entfernt hat, dass es nicht mehr hinsichtlich der ursprünglichen verbalen Modifizierer transparent ist. So kann a gyors olvasó (der schnelle Leser) auch wohlgeformt sein, wenn die Eigenschaft 'schnell' sich nicht auf das Lesen bezieht.

100 (3-5) az olvas-ó art. les-ende a. der Leser (NAG) b. der Lesesaal (NLOC) c. der Rosenkranz (NI)

Das eigentliche Novum in der Lesartenverteilung ist, dass auch ein Nomen mit lokativer Bedeutung (Nomen Loci, im Folgenden: NLOC) möglich ist. Die große Mehrheit der -ó/ó'-Nomina weist diese drei, oben angesprochene Lesarten auf: NAG, NI (vgl.: fúró (Bohrer), görgö (Rollkugel), szárító (Trockner), porlasztó (Vergaser), fogo (Zange), etc.) und NLOC. Diese Reihenfolge entspricht ungefähr auch der Reihenfolge ihrer Häufigkeit. Neben diesen existiert noch eine kleine Gruppe von Nomina Actionis (NAC) (also nicht: Nomina Acti, wie im Deutschen) auf -ó/ó. In (3-6) stehen einige Beispiele dafür: (3-6) a. találkoz-ó treff-ende 'das Treffen' b. köszönt-ö begrtlß-ende 'Begrüßung(srede)' c. vissza-vág-ó zurtlck-schlag-ende 'Rückspiel' (im Gegensatz zum Hinspiel)

Hier gibt es eine klare Überlappung mit den -ós/-és-Nomina, die hauptsächlich diese Lesart aufweisen, die in der Literatur noch nie eingehend diskutiert wurde. Auch im Bereich der ON gibt es Ambiguitäten, wie (3-5) zeigt. Allerdings sind dreifache Ambiguitäten eher selten. Zweifache Ambiguitäten sind hingegen der Normalfall, wobei folgende Tendenz sichtbar ist. Ambiguitäten gibt es am häufigsten zwischen NAG und NI (cf.: pontozó (Punktrichter - Ankörner), mázoló ('Streicher' - Streichgerät), vagó ('Schneider' - Gerät zum Schneiden), etc.). An zweiter Stelle folgen Zweideutigkeiten zwischen NAG und NLOC (cf.: irányító ('Einrichter' - Leitungsstelle) mosogató (Abwaschfrau - Abwaschraum), dohányzó (Raucher - Raucherabteil), etc.). Äußerst selten sind hingegen solche zwischen NAC und NI (cf.: ébresztô (Wecker - das Wecken), etc.) bzw. NI und NLOC (cf.: víztároló (Wasserbehälter)). Zwischen NAC und NLOC gibt es schließlich keine ambigen Fälle. Zu dieser Lesartenverteilung sind folgende Bemerkungen zu machen (die entsprechenden Argumente zu diesen Punkten werden in den einschlägigen Kapiteln präsentiert): • NAC mit -Ö/-Ö werden im Ungarischen nicht mehr produktiv gebildet, diese fallen also nicht unter das ProdP. Daraus ergeben sich auch Besonderheiten der Α-Realisierung, s. weiter unten. • Da die ON mit NAC-Lesart (Laczkó (in Vorb.) nennt sie Nomina für einfache Ereignisse) mit den ASN überlappen, ergibt sich die Frage, wie die beiden NAC 8

Allerdings muss hierzu bemerkt werden, dass diese Lesart soziolektal begrenzt zu sein scheint. In religiösen Schichten, oder in Gebieten, wo religiöse Gemeinschaften starken Einfluss haben, ist diese Bedeutung eher geläufig als anderswo.

101 auseinander gehalten werden können. Komlósy (1994: 121ff.) geht von zwei grundlegenden Schemata für partizipiale Adjektivphrasen aus: Diese nennt er aktivisches vs. passivisches Schema. APO gehören dem aktivischen Schema an. Da die -ó/-ó-Nomina durchweg aus APO entstanden sind - selbst wenn das -ó/-ó'-Suffix unter synchronem Aspekt als eigenes nomenbildendes Suffix angesehen wird - ist es vor diesem Hintergrund eine natürliche Annahme, dass die so entstandenen Nomina das aktivische Schema beibehalten haben. Dies trifft hingegen für -oV-ás-Nomina nicht zu. Sie sind nicht aus adjektivischen Partizipien entstanden, weshalb bei ihnen das 'normale' nominale Muster, welches starke Parallelitäten mit der Passivierung hat, einschlägig ist.9 Auf dieser Grundlage nenne ich die ON mit NACLesart aktivische NAC, fiir die -ós/-rá-Nomina hingegen verwende ich die Bezeichnung passivische NAC. Diese Unterscheidung wird in Kap. 3.6 und 3.7 wieder aufgegriffen. • NLOC - die ich als passivische ON einstufe - betrachte ich als Ergebnisse einer produktiven Kürzungsregel (vgl. olvasó-terem (Lese-saal) und die gekürzte Form olvasó dazu in de gleichen Bedeutung, s. (3-5b)). Kürzungsregeln (vgl. die Substitutionsregeln (2-60) und (261) oben) haben die charakteristische Eigenschaft, dass bei ihnen sowohl das Eingabe- als auch das Ausgabesegment der Regel (1-1) oder (1-36) entspricht. Konzeptuell gesprochen bekommt das Kompositum (das Eingabesegment) und das gekürzte Nomen (das Ausgabesegment) das gleiche Konzept ORT zugewiesen, so dass die Modifizierung im Sinne von (Hl) in diesem Fall nicht festzuhalten ist. NLOC werden aber erst nach der Kürzung als ON denkbar und kommen dann zur Ambiguität mit den anderen Lesarten. (Es ist jedenfalls charakteristisch, dass - außer NLOC - zu den ON mit den anderen Lesarten keine Parallelbildungen in Form von Komposita existieren.) • Aus diesen Gründen gehe ich davon aus, dass die erste Klausel der KBE auch im Bereich der ungarischen ON gültig ist, dass Ambiguität also dann möglich ist, wenn die mit den einzelnen Lesarten korrespondierenden Zielkonzepte bei den Basen solchen Argumenten zugeordnet werden, die (prinzipiell) die gleiche Position in der AS einnehmen können. Dies beschreibt die Ambiguität der ON zwischen NAG und NI korrekt. NAC und NLOC braucht sie nicht zu erfassen, weil Erstere nicht produktiv sind, Letztere hingegen keine Instanz für (Hl) darstellen. Die zweite Klausel der KBE erweist sich hingegen für das Ungarische als überflüssig, da es im Ungarischen keine ON mit NA-Lesart gibt, die Selektion der verbalen Tätigkeit also blockiert ist. Andere Partizipien. Es gibt im Ungarischen nicht nur adjektivische Partizipien mit -ό/-δ. Die Palette der Partizipien richtet sich nach dem Aspekt des zu Grunde liegenden Verbs (lat. actio verbi). Diese sind im Bereich der Partizipien drei: imperfectum, perfectum und instans actio.10 Die APO haben imperfectum actio. Partizipien mit perfectum actio werden mit dem Suffix -t/-tt gebildet (i.F.: APT - adjektivische Partizipien mit -t/-tt), solche mit instans actio mit dem Suffix -andoZ-endö (i.F.: APA). APT werden ausführlich in Laczkó (1995) behandelt. Für beide gilt jedoch, dass sie nur in einigen lexikalisierten Fällen nominalisiert werden können. In (3-7) und (3-8) stehen Beispiele für APT und APA. 9 10

Zu Komlósy (1994) vgl. kritisch Laczkó (1995: 194ff.). Das ist deshalb nicht trivial, weil in der Verbmorphoiogie des heutigen Ungarisch diese nicht in klarer Form vorhanden sind, wie das z.B. im Griechischen der Fall ist, d.h. ein Verb verfügt im Ungarischen nicht per se (i.e. durch mehrere Stämme) über entsprechende aspektuelle Bedeutungselemente. Zur Aspektualität, die in enger Verbindung zu den Aktionsarten steht, vgl. Kiefer (1992,1994).

102 (3-7)

a. az elmond-o-tt-ak art. erzähl-te-pl 'das Gesagte' b. a hall-o-tt-ak art. gehör-te-pl 'das Gehörte'

(3-8)

a. a házasul-andó-k art. zu heirat-ende-pl 'die Heiratswilligen' b. oszt-andó zu dividier-ende 'Dividend'

Nominalisierte APA haben generische Lesart und kommen meistens in Plural vor (sind Pluraliatantum). Eine mögliche Regel. Wenn wir nun zu den Nomina zurückkehren, lässt sich feststellen, dass die produktive Nomenbildung aus APO nie mit morphologischer Änderung einhergeht, so dass folgende Regel aufgestellt werden könnte: (3-9)

[

]pait-ó

[[

]pait-ó ]Nom

Es gibt jedoch diverse Argumente, die gegen eine solche Auffassung sprechen. Man findet mehrere APO vor, zu denen keine entsprechende -ó/-ó'-Nomina existieren (es wird also eine Homonymisierung angesteuert). Als Beispiele sollen (3-10) und (3-11) genügen: (3-10) a talál-ó art. find-ende/treff-ende a. b. c. d. e.

*der Findende (NAG) »Ort, wo man etw. findet (NLOC) »Objekt, was gefunden wird (NPA) * Gerät, mit dem man etw. findet (NI) »Vorgang des Findens (NAC)

(3-11) a talál-ó válasz/megoldás/ art. find-ende/treff-ende Antwort/Lösung 'die treffende Antwort/Lösung'

Andererseits sagt (3-9) nichts darüber aus, dass es einige APO gibt, die nur mit projizierten (internen) Argumenten wohlgeformt sind, weshalb die sich daraus resultierenden Nomina auch als 'phrasale Komposita' (vgl. Wiese (1996)) gewertet werden könnten. Die Nomina sind jedoch auch ohne projizierte Argumente wohlgeformt:11

11

Ein ähnliches Beispiel steht in (ia-b): (i) a. a vissza-vág-ó (NAC) art. zurück-schlag-ende 'Rückspiel' (im Gegensatz zum Hinspiel) b. a *(vereség-ért) vissza-vág-ó csapat art. Niederlage-fìlr zurück-schlag-ende Mannschaft 'die für die Niederlage zurückschlagende Mannschaft'

103 (3-12) a. a találkoz-ó (NAC) art. treff-ende 'das Treffen' b. a "(koztársasági elnök-kel) találkoz-ó focista art. Staatspräsident-mit sich treff-ende Fußballer 'der mit dem Staatspräsidenten sich treffende Fußballer'

Unter dieser Perspektive ist es auch unklar, wie die Regel (3-9) zusammengesetzte Nomina, bei denen das Erstglied ein Argument des Kopfes darstellt, herleiten soll. Dieses Muster ist im heutigen Sprachgebrauch äußerst produktiv: konkurrencia-figyelö (Konkurrenz-beobachter), kábítószer-élvezo (Drogen-genießer), cim-közvetitö (Adressen-vermittler), drog-teritö (Drogen-verteiler), család-védo (Familien-schützer), etc., wobei man nicht davon ausgehen kann, dass (3-9) auch die Komposition mit erfasst. Auf jeden Fall legen diese Daten zweierlei nahe. Es erscheint zunächst mal die Vermutung als berechtigt, dass es auch im Bereich der APO Einschränkungen hinsichtlich A-Vererbung gibt. Andererseits machen die obigen Daten klar, dass die Regel (3-9) nicht aufrecht erhalten werden kann, sofern es APO gibt, zu denen keine entsprechenden ON existieren. Diese sind m.E. im Bereich der einstelligen Verben besonders häufig. Hieraus ist zu schließen, dass sich der Prozess der -ó/-ó'-Nominalisierung nicht immer nach der Regel (3-9) vollzieht. Dies heißt jedoch meiner Meinung nach nicht notwendigerweise, dass unter synchronem Aspekt das Partizip-bildende -o/-ö nicht identisch ist mit dem Nomen-bildenden. Vielmehr sieht es so aus, dass eine Vielzahl der mit -o/-ö gebildeten WB-Produkte im Lexikon unmittelbar als Nomen erscheint, und nicht erst durch Partizipien, d.h. die Entwicklung vom Partizip bis hin zum Nomen wird nicht bei jeder Bildung durchgemacht.12 In diesem Fall hat die an sich produktive Regel der -ó/-ó'-Bildung repräsentierende Funktion.13 ON in Prähead-Position. Es muss hier noch ein verwandter Punkt angesprochen werden. Rekurriert man auf die Daten in (3-4), ist klar sichtbar, dass -ó/-ó'-Nomina auch in pränominaler Stellung auftreten können, nicht nur in der Kopf-Position von NPs. In diesem Fall ist der nominale Kopf ein Argument (meistens Patiens) des Basisverbs der pränominalen Konstituente. Somit stellt sich die Frage, welche Relation zwischen pränominalen -ó/-ó'-Konstituenten und denen in der Kopfposition besteht. Ich stimme in diesem Punkt mit Komlósy (1992: 390) überein, wenn er Folgendes überlegt. Erstens: Es ist im Falle der Modifizierung eines Kopfes durch ein APO äußerst selten, dass der Kopf nicht das Subjekt-Argument der APO darstellt. Zweitens: In Fällen wie (3-4) kann die präheadKonstituente die verschiedensten Umstände des verbalen Inhalts bezeichnen, wobei die (thematische) Rolle des Kopfes nicht die Bildbarkeit beeinflusst. Drei Beispiele sollen hier genügen, cf.

12 13

Vgl. dazu auch (BFRV: 136). Zu dieser repräsentierenden Funktion vgl. Selkirk (1982), Di Sciullo & Williams (1987), und speziell fürs Deutsche Olsen (1986).

104 (3-13) a. mos-ó-gép (NI) wasch-ende-Maschine 'Waschmaschine' b. mos-ó-konyha (NLOC) wasch-ende-Ktlche 'Waschküche' c. hál-ó-ing (NLOC??) übernacht-ende-Hemd 'Nachthemd'

Hieraus ist zu schließen, dass das -ó/-ó'-Sufíix in solchen Fällen zumindest unter synchronem Aspekt nicht als mit dem -ó/-ó'-Suffix der APO identisch anzusehen ist. Da wir oben vom Letzteren eingesehen haben, dass es mit dem Nomen-bildenden identisch ist, folgt auch ohne Weiteres, dass das -ó/-ó'-Suffix der pränominalen Fälle nicht identisch ist mit dem, welches Nomina bildet.14 Da ich in diesem Rahmen nicht zu allen hier angeschnittenen Fragen Stellung nehmen kann, werde ich auf -ó/-o-Konstituenten in prähead-Position nur so weit eingehen, sofern diese Argumente des ebenfalls mit dem -ό/ó'-Sufííx gebildeten Kopfes sind (und nicht etwa umgekehrt). Als Abgrenzungskriterium zwischen APO und selbständigen -ó/-ó'-Nomina sehe ich die Verwendbarkeit als Kopf einer Nominalphrase an. So sind -ó/-ó'-Nomina immer in Kopfposition einer NP denkbar, während dies für APO nicht zutrifft. Der Kopf der NP kann aber auch zusammengesetzt sein. So ist z.B. mondó (etw. Sager) kein wohlgeformtes Nomen, aber ein wohlgeformtes APO. Dieses APO wird jedoch zu einem wohlgeformten Nomen, wenn es zusammen mit einem Argument der verbalen Basis des Kopfnomens nominalisiert wird: jövendö-mondo (Wahrsager).

3.2 Bildungseinschränkungen für die -ó/-o-Derivation

Es wird immer wieder behauptet, dass das -ó/-ó'-Suffix mit wenigen Ausnahmen zu allen Basen treten kann (zumindest wird dies fur die APO immer wieder festgestellt). Zunächst sollen daher diese 'wenigen Ausnahmen' festgehalten werden, um ihre typische Eigenschaft - sofern sie eine haben - auszumachen. Verben mit unpersönlichen Subjekten haben keine -ó/-ó'-Nomina. Eine einzige Ausnahme ist hier für mich bekannt: esö - Regen, bzw. Komposita mit diesem Kopf, cf.

14

Allerdings sollte nicht verschwiegen sein, dass es auch ein Zeichen der Vereinheitlichung gibt. Das wird dadurch sichtbar, dass ähnlich wie in (3-5) Teile von solchen Verbindungen zu Substantiven werden können. So kann z.B. für hálószoba (Schlafzimmer) einfach háló im Sinne von Schlafzimmer stehen, oder im Falle von ünneplö ruha (festliche Kleidung) einfach ünneplö. Andere Beispiele sind etwa mosó aus dem Basisverb mos (waschen), welches den Abwaschlappen bedeutet und mosogató (Basisverb: mosogat - abwaschen) für Abwasch-Becken oder Geschirr-Spülmaschine (aber gleichzeitig auch für die Hilfskraft die in einer Küche den Abwasch macht). Diese Tendenz könnte m.E. so weit fuhren, dass eines Tages das -ó/-ó'-Suffix als einheitlich anzusehen ist.

105 (3-14) a. *a sotéted-ô art. dunkel-nde 'der Dunkelnde' b. *a havaz-ó art. schnei-ende 'der Schneier' c. *a hajnalod-ó art. dämmer-nde 'der Dämmerer' d. azes-ö (jég-es-ô, havas es-ö, etc.) art. fall-ende (Hagel-Regen, Schnee-Regen) 'der Regen' (Hagel, Schneeregen)

Mit Ausnahme von (3-14d) sind die genannten Beispiele auch als APO nur im methaphorischem Sinne brauchbar. In diesem Fall konkurrieren sie dann mit adjektivierten Formen durch das Suffix -z.15 Die hier als unpersönlich bezeichneten Verben des Ungarischen gehören genauso wie ihre deutschen Pendents zur Klasse (Kl), für die in letzter Konsequenz (BE3mod) geltend gemacht wurde. Die parallele Formulierung für das Ungarische sieht wie folgt aus: (BE 12) Aus Verben ohne eigene AS können im Ungarischen keine ON gebildet werden. Ähnlich wie im Deutschen deckt die Generalisierung auch die Modalverben des Ungarischen ab: Aus den wenigen modalen Verben können auch keine -ó/-ó'-Nomina gebildet werden. Letztere sind zweierlei. In die erste Gruppe gehören solche, die allesamt nur in 3/Sg. gebraucht werden: lehet (können), szabad (dürfen), kell (sollen, müssen).16 In die zweite Gruppe kommen solche, die alle drei Personen und beide Numeri aufweisen können: hagy (lassen) und tud (können, weil gelernt). Eine weitere Korrelation der beiden Gruppen ist dann, dass bei Verben der ersten Gruppe der nachstehende Infinitiv hinsichtlich Person und Numerus konjugiert werden kann (s. 3-15b), während ähnliche Beispiele mit Verben aus der zweiten Gruppe als weniger akzeptabel eingestuft werden sollen (s. 3-15a), cf.

15 16

Vgl. hierzu Kap. 6.1.2, bzw. Laczkó (1995). Man beachte hierbei, dass diese drei Verben syntaktisch alles andere als einheitlich sind. Es gibt zwar zum Verb szabad (dürfen) die verbale Vergangenheitsform szabadott (ungetähr: durfte) diese ist aber veraltet und wird fast nicht mehr gebraucht. Statt dessen werden Vergangenheitsformen (aber auch Konjunktivformen) mit der Präteritalfomi der Kopula gebildet, cf. (i) Nem volt szabad beszélni 'Es war nicht erlaubt, zu sprechen.' Ähnliches gilt auch für eine neuere Variante von kell, sofern es im Sinne des deutschen müssen gebraucht wird. Das Verb muszäj (entstanden unter dem Einfluss des Deutschen aus der Verbindung muss sein) weist dasselbe Verhalten auf wie szabad. Unter dieser Perspektive ist es alles andere als klar, ob diese überhaupt als selbständige Verben anzusehen sind, oder eher als eine Verbindung aus der (sowieso weglassbaren) Kopula und einem Modaladverb.

106 (3-15) a. ??/*Nem hagy-t-ak beszél-ned. nicht lassen-prät-3/Pl sprechen-2/Sg 'Sie ließen dich nicht sprechen' b. Nem volt szabad beszél-ned. nicht war firei(erlaubt) sprechen-2/Sg 'Es war dir nicht erlaubt zu sprechen'

Es muss noch erwähnt werden, dass aus dem Verb van (sein) zwar keine selbständiges -ö/ó'-Nomen gebildet werden kann, es gibt jedoch zahlreiche Belege mit vaiò ('seiend' - Part. Präsens der Kopula) als Kopf eines Kompositums.17 Der Bedeutung nach konkurrieren sie auch mit APAs (s. (3-8) oben), sofern das Erstglied des Kompositums ein Infinitiv darstellt, cf. (3-16) a. monda-ni-való sag-inf.-seiend 'das, was jd. zu sagen hat' b. talp-alá-való Fußsohlen-unter-seiend 'das, was unter die Sohlen gehört' - lebhafte (live) Musik zum Tanzen c. akasztófá-ra-való Galgen-auf-seiend 'jd., der auf den Galgen gehört' - Galgenvogel. d. silt-ni-való braten-inf. -seiend 'etw., was zu braten ist' - Pfiff18 e. alatt-való unter-seiend 'jd., der unter jn. gehört' - Untertan

Man sieht, dass in der prähead-Position Kategorien der verschiedensten Art vorkommen: Infinitiv, Präposition, flektierte Nomina, Präpositionalphrasen. Auch Adjektive und Adverbien sind denkbar wie die Beispiele feljebbvalö (Vorgesetzter) und ôrôkkévalô (das Verewigte) zeigen. Diese kategoriale Uneingeschränktheit der prähead-Position hängt klar damit zusammen, dass die Argumente der Kopula (van) nur einem einzigen Kriterium genügen müssen, nämlich sie müssen indefinit sein, wie in Szabolcsi (1992, 1994) bzw. in Szabolcsi & Laczkó (1992) argumentiert wird. Und APO behalten nachweislich die AS ihrer Basen bei. APO und ON: Eine Tendenz. Komlósy (1992: 389) macht geltend, dass der nominale Kopf der Phrase, in der auch ein APO auftritt, immer das Subjekt des Basisverbs dieses APO darstellt. Diese Bestimmung erweist sich im Bereich der APO als besonders fruchtbar, kann aber jedoch fur Nomina nicht ohne weiteres übernommen werden. Mit ähnlichen Beispielen wie in (3-10) - (3-12) geht jedoch eine gewisse Tendenz einhergeht: (T2)

17 18

Sind APO ohne Ergänzungen nicht einwandfrei grammatisch, ist auch die Akzeptabilität der daraus resultierenden Nomina eingeschränkt, es sei denn, eine NAC-Lesart ist zugänglich.

Auch die Futurform der Kopula lesz (werden) lässt kein ON zu. Dieses Nomen wird nur noch im übertragenem Sinne gebraucht in der Wendung: Nem sok siltnivalöja van - Er hat nicht viel auf den Kasten.

107 Die folgenden Beispiele demonstrieren (T2) eindeutig, (s. auch die a-Beispiele in (3-10) (3-12)): Die b-Beispiele in (3-17) und (3-18) zeigen im Gegensatz zu den a-Beispielen, dass die jeweiligen APO ohne projizierten Argumente nicht wohlgeformt sind cf. (3-17) a. a minden feladatát pontosan teljesit-ö fiú19 art. jede Aufgabe-sein-acc genau erfüll-ende Junge 'der all seine Aufgaben genau erfüllende Junge' b. 7?a teljesit-ö fiú art. erfüll-ende fiú 'der erfüllende Junge' (3-18) a. a nehéz munkától hamar elfárad-ó munkás art. schwer Arbeit-von schnell ermüd-ende Arbeiter 'der von der schweren Arbeit schnell ermüdende Arbeiter' b. ??az elfárad-ó munkás art. ermüd-ende Arbeiter 'der ermüdende Arbeiter' (3-19) »a teljesit-ö art. erfüll-ende a. b. c. d.

»das Erfüllen (NAC) »der Erfüller/Erfüllende (NAG) »Gerät, mit dem etwas erfüllt wird (NI) »Ort, wo etwas erfüllt wird (NLOC)

(3-20) *az elfárad-ó art. ermüd-ende a. b. c. d.

»das Ermüden (NAC) »der Ermüder/Ermüdende (NAG) »Gerät, das (einen) ermüdet (NI) »Ort, wo man ermüdet (NLOC)

Als eine Folge von dies sind auch die daraus ev. möglichen Nomina nicht wohlgeformt, s. (3-19) und (3-20): Keine der möglichen Lesarten der ON ist erreichbar. Ähnliche Basen gibt es im Ungarischen in Hülle und Fülle. Allerdings stehen teljesit (erfüllen, leisten) und elfárad (ermüden, müde werden) jeweils für andere Verbklassen. Ersteres ist ein VATVerb, während Letzteres zu den Unakkusativen gehört. VAT-Verben der teljesit-Gruppe sind noch beispielsweise: eléget (verbrennen), felkavar (aber auch: felkever) (aufwühlen), felemel (aufheben), megtud (erfahren), kiráz (ausschütten), (meg)borotväl (jn. rasieren), lemegy (hin/heruntergehen), felmegy (hin/heraufgehen), elolvas (zu Ende lesen), elver (jn.

19

Ferenc Kiefer (mündliche Mitteilung) weist mich jedoch im Zusammenhang mit den Daten in (317) bzw. (3-18) darauf hin, dass im Gegensatz zu (3-17b) a pontosan teljesitö ('der genau Erfüllende') und entgegen (3-18b) a hamar elfärado ('der schnell Ermüdende') wohlgeformte Nomina darstellen. Möglicherweise hätten die Nomina ohne Ergänzungen eine viel zu generelle Lesart, so dass ihr terminativer/telischer Charakter nicht zum Tragen käme, weshalb nähere Angaben notwendig sind. Das Adverb könnte solch eine minimale Angabe abgeben. Auf ähnlich überraschende Beispiele im Deutschen weist im Übrigen auch Fanselow (1991: 20) hin (s. *der Ersteher des Buches vs. Ider Erstersteher des Buches).

108 verprügeln), etc.20 Es fallt auf, dass Verben dieser Gruppe häufig präfigierte Verben sind, wo das Erstglied klar den Aspekt der verbalen Handlung zum Ausdruck bringt kann, auf jeden Fall aber Perfektivität signalisiert (die Handlung wurde ausgeführt). Wenn bei diesen Verben die Präfixe weggelassen werden, verbessert sich in manchen Fällen die Nominalisierbarkeit: kavaró ('Hansdampf - NAG), keverô(gép) (Mixer(Maschine) - NI, aber auch NAG im Sinne von kavaró), olvasó (Leser, NAG, NLOC und NI, s. (3-5)), emelö (Heber - NI) sind wohlgeformt.21 Demgegenüber sind *menö aus megy (gehen), *borotváló aus borotvál (jn. Rasieren) und *verö aus ver (schlagen) ungrammatisch. Es wäre jedoch verfehlt, anzunehmen, dass VAT-Verben mit dem Merkmal 'perfektiv' generell keine ON zulassen. Schließlich gibt es eine Reihe perfektiver Präfixverben, aus denen ON möglich sind: megszálló (Besatzer), felolvasó ('der Vorleser'), leolvasó ('Ableser'), felmentö ('Entlaster'), felmérô (Klausur), etc. Um die hier angesprochene Korrelation festzuhalten, modifiziere ich (T2) wie folgt zu (T2mod): (T2mod) Sind APO ohne Ergänzungen nicht einwandfrei grammatisch, ist auch die Akzeptabilität der daraus resultierenden Nomina eingeschränkt, es sei denn, eine NAC-Lesart ist zugänglich. Diese Einschränkung kann mit aspektuellen Eigenschaften des Basisverbs korrelieren. Unakkusative. Neben (fel)borul (umfallen, umkippen), felnevet (auflachen), elalszik (einschlafen), gibt es eine lange Reihe denominaler Verben, die keine -ó/-ó'-Nomina zulassen. Die häufigsten Suffixe solcher Verben sind: -odik/-edik/-ödik wie in okos-odik (klüger werden), (be)gyepes-edik (mit Gras bewachsen sein), (be)sôtét-edik (dunkel werden) oder (ki)tavasz-odik (Frühling werden), bzw. -ul/-ül wie in (el)but-ul (dumm werden), (ki)zöld-ül (grün werden) oder (meg)vak-ul (erblinden). Somit lässt sich ähnlich wie im Deutschen festhalten: (BE 13) Aus unakkusativischen Verben können im Ungarischen keine ON gebildet werden. APO können aus den Verben der obigen zwei Gruppen auch nicht ohne weiteres gebildet werden, was einmal mehr zeigt, dass (T2mod) die richtige Tendenz in Bezug auf -o/-öNomina und APO festhält. Das folgt andererseits auch klar aus unserem obigen Schluss, dass unter synchronem Aspekt die Funktion des -ó/-ó'-Sufíixes zwischen nominaler und

20

21

Es soll angemerkt werden, dass zu felmegy (hinaufgehen) bzw. lemegy (hintuntergehen) lexikalisierte Bildungen möglich sind, die sich schon von den ursprünglichen Basen entfernt haben: felmenö (Vorfahre), lemenö (Nachkomme). In der Jugendsprache gibt es auch die Bildung menö ('absolut in' sein, vgl. (i)) aus dem Basisverb megy (gehen), welche aber (noch) durchweg im adjektivischen Simie gebraucht wird, wobei auch die Tendenz zum Selbständigwerden sichtbar ist (vgl. (ii)). (i) Most ez a cucc a men-ö. jetzt dies art. Klamotten art. geh-ende 'Diese Klamotten sind jetzt der letzte Schrei/völlig geil' (ii) A nagy men-ö-k-nek más a vélemény-ü-k. art. groß geh-ende-pl-dat anders art. Meinung-poss-pl 'Die Großen (in diesem Bereich) haben eine andere Meinung'

109

verbaler Funktion eher divergiert als konvergiert. APO aus telischen Verben können auch nicht einheitlich gebildet werden, vgl. az elalvö gyerek (das 'einschlafende' Kind), a lemenö nap (die untergehende Sonne), aber *az elverö legény ('der verprügelnde Bursche'). Womöglich hängen die hier gültigen weiteren Enschränkungen auch mit der jeweiligen Aktionsart zusammen.22 Deverbale Verben. Aus mehreren deverbalen Verben lassen sich ebenfalls keine -ό/-δNomina bilden. Als APO sind sie auch nur dann gut möglich, wenn die Basen transitiv sind. Diese sind: Verben mit dem sog. '-hat/-het'Suffix, das die Möglichkeit der Handlung anzeigt. So heißt z.B. mos-hat: Er kann waschen (er hat die Möglichkeit, zu waschen). (3-21) a. *amos-hat-ó art. wasch-hat-ende 'das, was gewaschen werden kann', oder 'deij., der waschen kann' b. *a dolgoz-hat-ó art. arbeit-hat-ende 'deij., der arbeiten kann' (3-22) a. a mos-ó art. wasch-ende 'der Abwaschlappen' b. a dolgoz-ó art. arbeit-ende 'der Arbeiter'

Die hier einschlägige Generalisierung nimmt also auf morphologische Phänomene (Suffigierung durch -hat/-het) Bezug. Unter der Annahme von (Hl) kann man jedoch zeigen, dass auch eine thematisch fundierte Einschränkung formuliert werden kann. Besteht die Funktion eines WB-Suffixes in der Modifizierung der KS der Basis, so ist die Frage angebracht, wieweit sich die KS von etwa mos (er wäscht) von der von moshat (er kann/darf waschen) unterscheidet. Nimmt man die TS der betroffenen Verben näher unter die Lupe, ergibt sich Folgendes: Die Suffigierung durch -hatAhet resultiert nicht in Änderung der Theta-Rolle des internen Arguments: Es ist nach wie vor Thema/Patiens. Anders verhält es sich mit der Rolle des externen Arguments. Dies ändert sich infolge der Suffigierung von Agens auf Benefizient. Somit kann die adäquate BE unter Bezugnahme auf die TS formuliert werden.

22

Das ungarische Präfix el- führt beispielsweise nach Kiefer (1994: 423) (mindestens) folgende fünf Aktionsart-Bedeutungen (Aktionsart meanings) ein: Completion (Vervollständigung) wie bei olvas (lesen) - elolvas (zu Ende lesen); long duration (lange Dauer) wie bei álldogál (herumstehen) - elálldogál (eine Zeit lang herumstehen); wrong result (falsches Ergebnis) wie bei mér (messen) - elmér (falsch ausmessen); inception (Anfang) wie bei alszik (schlafen) - elalszik (einschlafen) und totality (Totalität) wie bei áraszt (fluten) - eläraszt (überfluten). APO scheinen nun ohne weitere Einschränkungen bei der Aktionsart 'Anfang' gut möglich zu sein, bei allen anderen gibt es Restriktionen. Meistens müssen in diesem zweiten Fall alle Argumente des Basisverbs vorliegen, s. *az elolvasó gyerek ('das zu Ende lesende Kind') vs. a könyvet elolvasó gyerek ('das das Buch zu Ende lesende Kind'). Leider ist hier nicht der Ort, wo die Wirkung der Aktionsarten auf die Nominalisierung vollständig ausdiskutiert werden kann.

110 (BE14a) Aus deverbalen Verben, deren Subjekte die Theta-Rolle 'Benefizient' aufweisen, können im Ungarischen keine ON gebildet werden. Kausativa. Suffigierte Verben im Sinne des deutschen Verbs lassen (bzw. der lassenKonstruktion generell in der Bedeutung machen bzw. ausführen lassen). Zur Illustration nehmen wir folgende Daten: (3-23) a. fest-et mal-lassen 'malen lassen' b. *a fest-et-ö art. mal-lassen-ende 'der Malenlasser' (3-24) a. ad-at-ik geb-lassen-3/Sg 'gegeben werden' b. *az ad-at-ó art. geb-lassen-ende 'der Gebenlasser'

Ein ganz spezielles Problem hierbei ist, dass sich die so gebildeten Verben nur durch ein anderes Konjugationsmuster von den passivierten Stämmen unterscheiden, die Suffixe sind also weitgehend homonym. Dieses Konjugationsmuster, - oder genauer gesagt, dieses Unterscheidungsmerkmal - geht aber durch die Nominalisierung verloren, so dass hier die eigentlichen Basen nicht mehr auseinander gehalten werden können. Man würde also denken, dass die Regel hier offensichtlich heißen soll: Aus suffigierten (deverbalen) Verben mit den Suffixen -at/-et, -tat/-tet (die Wahl zwischen ihnen ist rein phonologisch bedingt) können keine -ó/-ó'-Nomina gebildet werden. Das ist aber nicht ganz korrekt.23 Es muss auf jeden Fall hinzugefugt werden, dass die obige Regel nur die produktiven Fälle erfasst. Es gibt nämlich vor allem im Bereich von -tatZ-tet viele Ableitungen, bei denen das Suffix seine Bedeutung verloren hat. An solchen Verben kann man die fremde Veranlassung des Handelns (semantisch) nicht mehr erkennen, obwohl sie morphologisch ohne weiteres in diesem Sinne analysiert werden können. Aus solchen Verben können ohne weiteres - Kleber) und erst das so entstandene WB-Produkt präfigiert wird. Diese Idee hat jedoch folgenden Haken. Sofern man eigene Lexikoneinträge für Präfixe (und für Suffixe) annimmt, wo auch die Kategorie spezifiziert ist, zu der das besagte Präfix tritt, ist die Struktur (4-6a) trivialerweise erfüllt, so dass man die Annahme, Suffigierung (Nominalisierung) könnte der veibalen Präfigierung vorangehen, als Scheinproblem verwerfen muss. Für diese Struktur gilt weiterhin, dass im Falle nominaler Basen des Deutschen selbstverständlich keine Vo2Konstituente als Schwester zum Suffix auftritt, sondern eine N°-Kategorie. Das trifft für das Ungarische nicht zu, da das -o/-ö-Suffix nur zu veibalen Basen treten kann: ursprünglich anweisung' für die Α-Realisation in der posthead-Position zu geben (bei ihm: der Typ a megérkezés Budapestre (die Ankunft in Budapest)). Dabei spricht er bei der Möglichkeit der AProjektion hinter dem Kopf zwei mögliche Parallelen an, die zur Einbürgerung dieser Form geführt haben könnten: (a) die Schwierigkeiten bei der Adjektivierung solcher Konstituenten durch vaiò (darauf habe ich auch hingewiesen) und (b) die Stellung appositiver Elemente. Vgl. dazu auch Hámori (1954).

168

nominale Basen müssen daher vor der -ó/-ó'-Ableitung durch Suffixe 'veibalisiert' werden (s. Kap. 3.1 oben). Sofern nun im Deutschen nominale Basen der Ableitung betrachtet werden, muss man auf ein spezielles Problem für (4-6a) im Falle der sog. Zusammenbildungen hinweisen. Bei Zusammenbildungen wie etwa Dickhäuter, Sechsprozenter, Vierakter oder Fünfachser (vgl. auch die Ausführungen in 2.4.1 oben) ist es nämlich nicht ausgemacht, wie man die Basis der Derivation analysieren soll. So sprechen etwa Fleischer & Barz (1992: 47) statt Zusammenbildung von Komposition mit Wortgruppe als Basis im Gegensatz zu Komposita mit komplexer Basis wie Eisenbahner, Stahlwerker. Da man wohl davon ausgehen dürfte, dass eine Wortgruppe auch komplex ist, bleibt hier das Abgrenzungskriterium notorisch unklar. Es ist daher angebracht, Zusammenbildungen nach Höhle (1982: 96ff) zu analysieren, indem man die Erstglieder als Komposita auffasst, die nicht frei als Wort (jedenfalls nicht in ihrer referentiellen Bedeutung) vorkommen, sondern „nur als Bestandteil eines anderen Wortes". In dieser Eigenschaft ähneln sie den Präfixen und anderen inkorporierten Konstituenten (vgl. Roeper (1987: 273). Da aber solche Erstglieder (generell: Erstglieder von Zusammenbildungen) im Sinne des in Kap. 2 bei den nominalen Basen Gesagten in der Regel 'Eigenschaftsbeschreibungen' sind (ein Fünfachser ist ein Fahrzeug, das fünf Achsen hat, etc.), leuchtet es ein, dass Eigenschaften per se nicht referentiell sind. Die typische Wortart der Eigenschaften ist das Adjektiv. Ein kleiner Vergleich mit dem Ungarischen zeigt auch, dass diese Annahmen der weiteren Überprüfung wert wären (was an dieser Stelle nicht erfolgen kann). Die angesprochenen Zusammenbildungen des Deutschen korrespondieren im Ungarischen mit Adjektiven, die kontextabhängig (und mit einem definiten Artikel davor) als Nomen verwendet werden können. So könnte Dickhäuter als 'dickhäutige ' (vgl. der Dickhäutige) ins Ungarische übertragen werden. Die hier betroffenen Suffixe des Ungarischen -ú/-ü (-jú/-jü) (cf. elsöosztäly-ú (erstklass-ig), vastagbör-ü (dickhäut-ig), négyütem-ü (viertakt-ig), etc.) und -s (-os/-es/-ös) (cf. négyülés-es (viersitzig), egésznap-os (ganztägig), kétszob-ás ('zweizimmerig'), etc.) bilden ausschließlich Adjektive (das Muster ist im Ungarischen sehr produktiv). Auch im Ungarischen weisen die Basen die Eigenschaft auf, dass sie nicht in der Form frei auftreten. Allenfalls kann aber sowohl im Ungarischen als auch im Deutschen bereits die Struktur No1 in (4-6a) ein wohlgeformtes Nomen abgeben, welches in der Kopfposition einer Phrase stehen kann. Natürlich bezieht sich dieser Aufbau von No1 in (4-6a) nur auf den Fall, wenn es deverbal abgeleitet wird. Im Falle eines einfachen (nicht abgeleiteten) Nomens ist No1 nicht weiter aufzuspalten, d.h. es ist identisch mit diesem. No1 dient jedoch als (morphologischer) Kopf der Konstruktion, sofern N°2 gefüllt wird, d.h. wenn das Nomen Komposition eingeht, abgesehen davon, ob es sich dabei um Rektionskomposita handelt oder nicht. Die Besonderheit der Rektionskomposita mit abgeleitetem nominalen Kopf hegt darin, dass bei diesen zusätzlich die ererbte Α-Struktur (repräsentiert im Lexikoneintrag von Vo2) berücksichtigt wird. Es ist wiederum klar, dass, sofern im verbalen Bereich keine Präfigierung stattfindet, V o2 mit dem Ausgangsverbstamm identisch ist. Wenn nun ein Argument der zu Grunde liegenden Basis nicht kompsitumsintern projiziert wird (N°2 ist in diesem Fall nie gefüllt), erfolgt die Projektion außerhalb der Struktur N03, jedoch innerhalb der NP, wenn folgende DP-Struktur vorausgesetzt wird:10

10

Ich gehe im Folgenden davon aus, dass Kategorien der Barstufe eins in einer Grammatik generell untermotiviert sind. Vgl. hierzu Kayne (1995) und Brody (1995).

169

Stellt man sich unter N° in (4-6b) die Struktur von (4-6a) vor, wird klar, dass die Beziehung zwischen kompositumsinterner und kompositumsexterner Projektion die Relation zwischen N°2 und XP betrifft (also einer herkömmlichen Kopfkategorie und einer Phrase). Diese Relation kann man im Übrigen in mehreren Sprachen nachweisen, so dass sie möglicherweise universal (oder zumindest auch in typologisch unterschiedlichen Sprachen) gilt." Diese komplementäre Verteilung beider Projektionsfälle legt nahe, dass sie auch syntaktisch einem Prinzip unterliegen (sollten).12 Beide Fälle sind dann unter dieser Perspektive als Instanzen von A-Vererbung aufzufassen. Diese Idee ist nicht unumstritten. Exemplarisch verweise ich auf das in Rickheit (1993: 102) skizzierte Bild, das wohl die gängige Auffassung darstellt.13 Bei ihr heißt es nämlich: Wortinterne Konstituenten sollten nicht als Realisierungen von syntaktischen Argumenten betrachtet werden, sondern syntaktische Argumente und wortinterne Konstituenten sollten als zwei verschiedene sprachliche Realisierungen von zu Grunde liegenden semantischen Konzepten, möglicherweise von thematischen Relationen, aufgefasst werden.

Wie jedoch oben argumentiert wurde, können syntaktische Argumente - i.e.S. Mitspieler, die mit einer thematischen Rolle der Basis korrespondieren - nicht getrennt von wortinternen Konstituenten behandelt werden: sie bilden auf jeden Fall auch eine Schnittmenge. Betrachtet man jedoch syntaktische Argumente und wortinterne Konstituenten als zwei verschiedene Realisierungen von zu Grunde hegenden semantischen Konzepten, wie Rickheit (1993) dies fordert, kann gerade über diese Schnittmenge nichts gesagt werden. Es ist nicht Ziel dieser Arbeit, das Projektionsproblem zu lösen. Man beachte, dass durch (4-6a) auch den typologischen Unterschieden zwischen dem Deutschen und dem Ungarischen Rechnung getragen werden kann. Da das Ungarische typologisch gesehen zu den Sprachen gehört, die nominale Argumente vor dem Kopf realisieren, wird hier die Position N°2 zur kompositumsinterner Projektion stärker benutzt, sofern das entstandene Nomen nicht NAC-Lesart hat (das ist wiederum in der Spezifizierung des Suffixes enthalten). Im Gegensatz dazu neigt das Deutsche eher dazu, Argumente bei faktischer Lesart (auch) kompositumsextern zu projizieren. Das ist jedoch solange kein Problem für die Struktur (4-6a), sofern gesichert werden kann, dass N°2 (kompositumsintern) und XP (kompositumsextern) gleichermaßen mit den Projektionseigenschaften des Kopfes (N°i) im Einklang stehen. Das ist im Übrigen deshalb nicht ganz trivial, weil dabei eine Wortgrenze (N°3) überschritten wird. Auf jeden Fall lassen sich die charakteristischen Unterschiede zwischen den deutschen und imgarischen deveibalen Nomina (cf. hierzu (G10) und (Gli)) anhand von (4-6a) gut erfassen. Wenn man nun im Sinne der oben zitierten Rickheit'sehen Idee vorgehen würde, müsste

11

12 13

Ich habe in Szigeti (1999) ausführlich dafür argumentiert. Folgende Sprachen wurden dabei berücksichtigt: Englisch, Französisch, Deutsch, Ungarisch, Russisch und Griechisch. Das habe ich in Szigeti (1998) zu zeigen versucht. Für Einzelheiten verweise ich auf Fanselow (1991).

170 man sagen, dass es im Ungarischen so gut wie keine A-Vereibung gibt. Die bis hierher durchgeführte Untersuchung des Ungarischen spricht eindeutig dagegen. (iv) Ich verweise darauf, dass die verbalen Zusammensetzungen des Ungarischen (oder auch die des Deutschen) wie etwa vízbefollad(im Wasser ertrinken), újságot olvas (Zeitung lesen), hátat fordít (jdm. den Rücken kehren), fát vág (Holz fällen/hacken), etc. keine Gegenevidenz zu unserem Vorschlag darstellen.14 Sie sind auch nicht kanonische Fälle von Komposition. In den kanonischen Fällen gibt es keine möglichen Verben zu solchen Zusammensetzungen, wo die AS des zu Grunde hegenden Verbs projiziert wurde: (4-7) a. *konzerv-et nyit, *szív-et tipor, *zsir-t old Konservendose-acc öflhen, Herz-acc treten, Fett-acc lösen 'Dose öflhen, Heiz brechen, Fett lösen' b. egyetem-re jár, vérfilrdô-t rendez, pokol-ba küld Universität-auf gehen, Blutbad-acc veranstalten, Hölle-in schicken 'die Uni besuchen, Blutbad anrichten, zur Hölle schicken'

Aus diesem Grund kann von ihnen nicht auf die gleiche Ari und Weise Rechenschaft abgelegt werden. Daten wie in (4-7b) sind meiner Auffassung nach klare Fälle der Inkorporation und gehören voll in den morphologischen Bereich, und nicht etwa zur Morphosyntax wie die Projektionsfälle. Für inkorporierte Konstituenten ist die prähead-Position unter dem V°2-Knoten in (4-6a) erreichbar. (v) Die DP-Analyse soll hier zwar nicht weiter verfolgt werden, es ist jedoch auf Folgendes hinzuweisen. Die vorgeschlagene Strukturierung der DP/NP macht die Voraussage, dass sich die Projektion der zu Grunde liegenden Α-Struktur primär im Bereich der NP (unterhalb des NP-Knotens) vollzieht. In Fällen des pränominalen Genitive im Deutschen und links extrahierten Konstituenten im Ungarischen (cf. Kap. 6.1), wobei beide durch thematische Rollen der Basis identifiziert werden können, kann dies jedoch weiter beeinflusst werden. In diesem Fall ist die Relation zwischen XP und DET/YP in (4-6b) tangiert. Man sieht dadurch, dass bei der AProjektion der zu Grunde hegenden Basen mindestens drei verchiedene Positionen betroffen sind: N°2, XP und DET/YP. Diese bilden in gewissem Sinn eine 'Projektionskette'. (vi) Unter sprachvergleichendem Aspekt ist es interessant zu sehen, dass eine mit (4-8a) vergleichbare Konstruktion im Ungarischen nicht ambig ist. (4-8b) kann nur bedeuten, dass der frühere ungarische Ministerpräsident zwar zurücktritt (also Agens zu lemondás (Rücktritt) ist), dies jedoch nicht selber ankündigt, cf. (4-8) a. Kohls Rücktrittsankündigung b. Horn Gyula lemondásának (a) bejelentése H.Gy.-nom Rücktritt-poss-dat (Art.) Ankündigung-poss 'H.Gy-s Rücktrittsarkündigung'

14

Zu ähnlichen Beispielen vgl. Komlósy (1992: 510ff.) und Kiefer (1992a, 1993).

171 Auf der Suche nach dem Grund dieses Verhaltens ziehe ich gängige Vorschläge für den Aufbau der Nominalphrase heran. Bhatt (1990: 127) schlägt für deverbale Nomina des Deutschen folgende Struktur vor:15 (4-9)

Spec Kohlsi D°

NP

DP/PP/CP (Adj.)

DP/PP(ext. A.) ti

N° Ankündigung

DP/PP/CP (int. A.) seines Rücktritts

Wie die geklammerten Abkürzungen zeigen, baut diese Struktur auf die Argumentstruktur von Nomina auf. Das interne Argument (das Objekt des Nomens) ist rechtsadjazent zum Nomen, das externe Argument (das Subjekt der NP) nimmt die rechte Spec-Position der NP ein. Aus dieser Position kann es aus Kasusgründen in die SpecDP-Position bewegt werden. Elemente, die nicht vom nominalen Kopf abhängig sind oder aus einer der genannten Positionen postnominal umgestellt werden, steuern einheitlich eine an NP adjungierte Position an. Der funktionale Kopf D° trägt bei Bhatt (1990) nur Agreement-Merkmale und kann Teil einer Kette werden. Mit Szabolcsi & Laczkó (1992: 219f.) nehme ich für (4-8b) folgende (vereinfachte) Struktur an (DP3 und N+I2 nehmen ihre jeweiligen Basispositionen ein, wobei Spec2 ungefüllt bleibt; diese Position könnte höchstens von DP3 gefüllt werden, was ohne N+I2 eine ungrammatische Konstruktion hervorriefe): (4-10) Spec,

N+Ii r

Spec2

DP3 HornGyula

15

N+Ij lemondása

bejelentése

Zur ausführlichen Diskussion des Bhattschen Ansatzes vgl. Szigeti (1995a).

172 Die eingekreiste Konstituente wurde zusammen in die oberste SpecDP-Position bewegt (=Speci), was bewirkt, dass am Kopf (lemondása) die Dativmarkierung -nak erscheint. Aus einem Vergleich bezüglich der Subjektpositionen ergibt sich Folgendes. Das Subjekt im Deutschen kann sowohl in seiner Ausgangsposition, als auch in seiner Zielposition die Position des Kopfes c-kommandieren. Ebenso c-kommandiert es das Komplement dieses Kopfes. Da beide im obigen Fall deverbale Nomina sind, kann das Subjekt als Subjekt zu beiden verstanden werden. Ähnliches gilt sowohl für das Französische als auch fiir das Englische. Dies lässt sich dann im Falle des Deutschen auch auf kompositumsinterne Konstituenten leicht übertragen, abgesehen davon, ob für die Komposition eine Kopf-Kopf-Relation oder eine Kopf-Komplement-Relation angenommen wird, wobei sich wieder der Bezug auf den syntaktischen Kopf als ausschlaggebend erweist. Im Ungarischen hingegen kann das Subjekt niemals beide Köpfe ckommandieren (insbesondere nicht N+I2), weshalb eine ambige Lesart von vornherein ausgeschlossen ist.

4.4 Konzeptuelle Deutung

4.4.1 Grundlegendes Ich komme nun zur Diskussion der theoretischen Folgen des oben vorgestellten Vergleichs. Insbesondere soll hier die Frage weiter interessieren, wie man all die deskriptiven Tendenzen und Generalisierungen, die anhand der Daten erarbeitet wurden, zusammenhängend deuten kann. Unsere eingangs gemachte Fragestellung lautete wie folgt: (4-11) Wie beeinflusst die zu Grunde liegende Α-Struktur der Basen das syntaktische und das morphologische (d.h. das die Komposition betreffende) Verhalten der resultierenden deverbalen Nomina? Auf diese Frage kann man so generell mit Sicherheit keine befriedigende Antwort geben, da zu einer einhelligen Antwort diverse Aspekte der Syntax und der Morphologie deveibaler Nomina berücksichtigt werden müssen. Sie musste daher in folgende Teilftagen untergliedert werden: (4-12) Wie beeinflusst die Suffigierung die A-Vererbung? a. Was für ein Verhältnis besteht zwischen einem Derivationssuflix und der (seiner) Basis im allgemeinen? b. Was für eine Relation besteht zwischen der TS des Suffixes und der der Basis im Besonderen? (4-13) Was ist die eigentliche semantische Funktion der Wortbildungssuffixe (WB-Suffixe)? Der Gegenstandsbereich wurde allerdings weiter eingeschränkt: den oben gestellten Fragen wurde nur im Bereich des deutschen Suffixes -er bzw. seiner ungarischen Entsprechung -ó/-ó' nachgegangen. Die Methode war, aufgrund von empirischen Daten deskriptive Generalisierungen zu erstellen, die in einem zweiten Schritt theoretisch in Zusammenhang gebracht werden können, wobei diese Generalisierungen durch Bezugnahme auf die thematische Stmk-

173 tur des Basisveibs (oder der Basis im allgemeinen) formuliert wurden. Dadurch habe ich zusätzliche Evidenz dafür geliefert, dass wesentliche Einschränkungen der Nominalisieibarkeit durch das -er-Suffix einerseits und Α-Projektion bei den ERN andererseits die zu Grunde liegende Α-Struktur der Basis berücksichtigen. Die erstellten deskriptiven Generalisierungen lassen sich nun in folgende drei Gruppen einteilen: (4-14) a. Strukturbezogen (Was kann nominalisiert werden und was nicht?) b. Generelle Aussagen (Tangieren vor allem (4-13)) c. Machen verschiedene Aussagen über die A-Realisierung

Interessanterweise kann man in diesen drei Gruppen der Generalisierungen unschwer die drei bereits gestellten Fragen wiedereikennen ((4-12a,b) und (4-13)). Zur Gruppe (4-14a) gehören nun sämtliche BEs und GBEs. Struktuibezogene Aussagen machen außerdem die Tendenzen (T1-T3) sowie die Generalisierungen (G2), (G3), (G16) und auch (G17) (vgl.(4-12a)). Rückschlüsse auf die eigentliche semantische Funktion der WB-Suffixe kann man m.E. aus solchen Generalisierungen und/oder Tendenzen ziehen, bei denen die Suffigierung mit eindeutigen Lesarten einhergeht (im Kontrast etwa zu denen, bei denen ambige Lesarten entstehen). Somit besteht Gruppe (4-14b) aus den Folgenden: (T4), (T5), (T6) und (T7) sowie (GS^), ( G ^ , (G7), (G8), (G13) und (G16) ((G5) und (G7) sind in (GS^) eingegangen). Schließlich machen folgende Generalisierungen die Gruppe (4-14c) aus (vgl. (4-12b)): (Gl), das (ProjT), (G4), (G9-12), (G15) und (G18-19). Hierher wird auch (G14) gerechnet, welche jedoch spezielle Abfolgefragen betrifft. Zur Gruppe (4-14a). Ich bin in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass Morphologie ein eigenständiges Modul ist (s. weiter unten dazu). Entsprechend wurde fiir ein Regelformat für Wortstrukturregeln argumentiert, das die Form (1-1) oder eine Ausprägung von (1-36) hat. Im Laufe der Untersuchungen hat es sich jedoch ergeben, dass prinzipiell mehrere Nominalisierungsregeln denkbar sind, die aber alle das RHR berücksichtigen müssen. Die in den vorangehenden Kapiteln erstellten Nominalisierungsregeln sind in (4-15) aufgelistet. (4-15) a. [ ]verb + [ -er ]nomen ->[[ b.

[[

]Nomen + [

C. [[sp=L

]verb -er]Nom (= 2-47a)

]verb]FOP + [ ER ]ΝΟΠΙ

] + [Kopf ]]Nomen

d

[[

IN omen + [

E.

[[

]pait-ö + [Nom ]oit ]oit

]Verb]FOP ^

[spa

[[Nomen [verb ] ] -ER]NOM ( = 2 - 4 7 b )

[-er]] N omen ( = 2 - 6 0 )

[[N omen [ - e r ] ] N om ( = 2 - 6 1 ) [[

]pait-ó ]oit ( - 3 - 8 4 )

(4-15a) und (4-15b) unterscheiden sich nur darin, dass die jeweiligen Eingabesegmente der Regeln unterschiedlich sind. Es können also nicht immer und unbedingt nur Veiben -ernominalisiert werden (Dabei dürfte (4-15a) den Regelfall darstellen.). Im Sinne von (G4) sind verschiedene Eingabesegmente möglich. Diese Auffassung hat sich bei den NAG und den NI als nützlich erwiesen. Man konnte dadurch solche Fälle abdecken, bei denen eine -er-Nominalisierung des Verbs nicht möglich war, die aber mit anderen Konstituenten zusammen (mit dem internen Argument des Veibs) wohlgeformte ERN abgeben konnten (vgl. Fälle wie (2-63) und (2-65) sowie (2-76) oben). Im Sinne von (Hl) modifiziert dann das Suffix die KS der FOPKategorie, die als Spezifizierer erscheint. (4-15c) und (4-15d) sind Substitutionsregeln. Es wird die Kopfkategorie des Eingabesegments durch das -er-Suffix substituiert. Den Unterschied zwischen den beiden Regeln kann man weiter präzisieren: Im Eingabesegment von (4-15c) sind

174 sowohl die Spezifikatorkonstituente als auch der Kopf Nomina, während das in (4-15d) nur für den Spezifikator zutrifft. Durch die Unterschiedlichkeit der zu substituierenden Kategorien (Nomen in (4-15c) aber Veib in (4-15d)) können auch die unterschiedlichen Lesarten der WBProdukte vorausgesagt werden: Bei (4-15c) ist das NI und bei (4-15d) NAG. (Dass hier keine Ambiguität auftritt, wird von der (KBE) erfasst, für Projektionsblockierung jeglicher Art 'sorgt' das (ProjT)). Schließlich stellt (4-15e) eine Kürzungsregel dar. Es tilgt das nominale Zweitglied eines Kompositums und in Folge übernimmt das verbliebene Erstglied - das immer ein APO sein muss - die Lesart des Ausgangswortes. Diese kann immer als eine Instanz von (1-1) oder (1-36)reanalysiertwerden (ebenfalls wie die sonstigen Fälle in (4-15)). Zur Gruppe (4-14b). Im Sinne von (Hl) wurde zur Erfassung der Lesartenverteilung die (KBE) formuliert. Diese konnte die Mehrdeutigkeiten eindeutig und korrekt vorhersagen bzw. den Grund der Ambiguitäten sichtbar machen (dies sowohl im Deutschen als auch im Ungarischen). Unter dem Aspekt der A-Vererbung macht sie außerdem Prädiktionen, die wesentliche Eigenschaften im nominalen Bereich betreffen. So folgen aus der Interaktion der (KBE) mit den in (4-15) aufgezählten Regeln und den einzelnen GBEs (vgl. (GBE1 - GBE3n,od oben) Erklärungen (und wichtige Einschränkungen) für Möglichkeiten der kompositumsexternen Projektion. Dies manifestiert sich darin, dass ERN oder ON, die nach einer der Regeln in (4-15b-e) gebildet werden, keine Ambiguitäten mehr aufweisen. Daher braucht disambiguierende Projektion nicht stattzufinden (s. (G10) und (Gl 1) im Ungarischen). Außerdem kann bei solchen ERN die zweite Klausel der (KBE) nie zutreffen, daher können auch die bei NA einschlägigen Projektionsfälle nicht auftreten. Eine besonders wichtige Prädiktion der (KBE) ist, dass die nach (4-15b-d) gebildeten ERN diese Eigenschaft mir den denominalen ERN teilen. Da andererseits die in der (KBE) festgelegten Bedingungen bei denominalen ERN trivialerweise nicht erfüllt sind (da die Basen keine AS haben), können sie auch nicht ambig sein. Das folgt ohne zusätzliche Annahmen. Zur Gruppe (4-14c) Die Möglichkeiten der Α-Projektion wurden auf ein einziges Prinzip zurückgeführt, welches aus unserer Ausgangshypothese (Hl) folgt. Das Projektionstheorem (ProjT) hat sich in mehrfacher Hinsicht als richtungsgebend erwiesen: Es konnte alle Projektionsfälle bei ERN und ON erfassen die unter die Wirkung des Produktivitätsprinzips fallen. Im Bereich der nicht-produktiven Fälle (NAC im Ungarischen) waren allerdings zusätzliche Annahmen notwendig. Das war deshalb nicht problematisch, da diese zusätzlichen Annahmen minimal waren, die aus sonstigen Eigenschaften der ON (und des Ungarischen generell) ohnehin folgen. Sie waren also in diesem Sinne keine spezifischen Annahmen für lose Enden (vgl. G15 undT7). Regeln der Art von (4-15) haben auch Einfluss auf die Projektion von Argumenten im Sinne des (ProjT). Wird beispielsweise die Regel (4-15b) bei der Bildimg von ERN verwendet, kann kein weiteres Argument projiziert werden, da dreistellige Veiten ohnehin nicht -er-nominalisiert werden können, weshalb ein drittes Argument für die Projektion nicht zur Verfügung steht. Die Regel wurde für NAG und NI formuliert, und die Projektion von Agens oder Instrumental ist im Sinne des (ProjT) von vornherein ausgeschlossen (daher ergibt sich z.B. eine erste Klärung von (T4) im Ungarischen auch aus dem (ProjT), was besagt, dass diese Tendenz schlichtweg überflüssig ist.). Das fuhrt geraden Weges zur allgemeinen Generalisierung, die in der Literatur öfters hervorgehoben wird, dass kompositumsexterne Projektion nur dann vorkommt, wenn das WB-Produkt aus transitiver Basis gebildet wurde: Das folgt in

175 unserem System aus dem Zusammenspiel der WB-Regeln mit dem (ProjT), ist also prinzipiengesteuert. Allerdings verhalten sich Deutsch und Ungarisch in dieser Hinsicht unterschiedlich. Das Ungarische tendiert sehr stark zu kompositumsinternen Realisierung der Argumente, was im Deutschen nicht so ausgeprägt ist. Man muss der Korrektheit halber darauf hinweisen, dass es einige Generalisierungen gibt, die nicht durch die Interaktion von WB-Regeln, der (KBE) und dem (ProjT) erklärt werden können. Gute Beispiele dafür sind etwa (BE20) und (BE19), die nicht in die entsprechenden GBEs eingegangen sind. Zum Außau der Grammatik. Wie in der Einleitung zu dieser Arbeit festgelegt wurde, gehe ich auch davon aus - im Gefolge von Selkirk (1982), Di Sciullo & Williams (1987) und andere - , dass Morphologie eine (relativ) autonome Komponente der Grammatik ist, welche strukturelle Regeln zur Wortbildung bereitstellt. Ich referiere auf diese morphologische Komponente als Morphologische Form (MF), im Einklang mit Di Sciullos (1993) Vorschlag. Im Gegensatz zu diesem nehme ich jedoch an, dass MF eine echte Untermenge von Lexikalisch-Logischen-Form ist (MF 3 LLF). Die Grammatik hat dann folgenden Aufbau:16 (4-16)

LLF

SPELL-OUT

Conceptual-Intentional System (C-I)

PF

Aiticulatory-Perceptual System (A-P)

Es soll hier auch darauf verwiesen werden, dass die Stellung von MF selbst bei Di Sciullo nicht unbedingt klar ist. Im Gegensatz zu Di Sciullo (1993) wird nämlich in Di Sciullo (1996: 5f.) MF als die X°-Dimension von LF und PF betrachtet; sie bildet eine Schnittstelle zwischen X o Ausdrücken und dem C-I-System. Ich halte es jedoch fur problematisch, eine Schnittstelle zwischen einzelnen Ausdrücken einer bestimmten Projektionsstufe und einem vollständigen System anzunehmen. Letztendlich befe Di Sciullos Idee darauf hinaus, dass MF nur syntaktische Kopfkategorien umfasst. Dies würde aber nur eine Untermenge der tatsächlichen Fälle betreffen. Nimmt man die bereits zitierte Idee von Zwicky (1990) ernst, gibt es erhebliche Evidenz gegen eine solche Auffassung. Fasst man andererseits MF als eine echte Untermenge von LLF auf (MF 3 LLF), besteht tatsächlich keine Notwendigkeit, zwischen LF und MF eine weitere Distinktion in Form von verschiedenen Projektionsstufen zu postulieren (womöglich kann Morphologie und Syntax nicht so scharf getrennt werden). LLF (und also auch MF) kann direkt mit dem C-I-System interagieren.

16

Zu diesem Aufbau vgl. Brody (1995). Er nennt LLF eine unifizierte Repräsentationsebene, wo sowohl semantische Regeln der Interpretation als auch lexikalische Strukturen Eingang finden.

176 4.4.2 Modifizierung des KS der Basis In diesem Unteikapitel kehre ich zu den erstellten drei Arten der Generalisierungen zurück. Es werden nun die Lösungen im oben skizzierten Rahmen für die mit diesen zusammenhängenden Fragen eingehender diskutiert. Schließlich wird auf verbliebene lose Enden und sonstige Schwierigkeiten hingewiesen. Sofern nun die eigentlichen Ausgangsfragen, die in (4-12a-b) und in (4-13) wiederholt wurden, konzediert werden, gilt es Folgendes zu bedenken. Die drei Fragen sind so angelegt, dass zwischen ihnen ein Abhängigkeitsverhältnis ausgemacht werden kann. Insbesondere hängt die Antwort auf die Fragen (4-12a-b) von der Antwort auf (4-13) ab. Mit anderen Worten, kann auf die Fragen, wie die Relation zwischen einem Derivationssuffix und der Basis im Allgemeinen, und die zwischen der AS des Suffixes und der Basis im Besonderen geartet ist, erst dann sinvoll geantwortet werden, wenn zuvor eine mögliche Antwort auf (4-13) geliefert wurde. Dies hätte auch den Vorteil, dass man gleichzeitig auch eine Erklärung für die als (4-14b) zusammengefassten Generalisierungen hätte. In Bezug auf die in (4-13) gestellte Frage, was eigentlich die semantische Funktion der Wortbildungssuffixe ausmache, wurde eingangs die folgende Hypothese geltend gemacht: (Hl) Das -er- Suffix und das -d/-ö-Suffix modifizieren die konzeptuelle Struktur ihrer Basis. Es soll also gezeigt werden, welche Veränderungen etwa in der KS eines Verbs durch die Nominalisierung (in unserem Fall) durch das -er-Suffix (bzw. seine ungarische Entsprechung Ó/-0) eintreten. Das werde ich im Folgenden durch einige charakteristische Beispiele andeuten. In Anlehnung an Rickheit (1993: 138ffi) können nun für die zwei Varianten des Verbs öffnen {öffnen1 und öffnen2) etwa folgende Wortkonzepte angenommen werden: (4-17) öflnen1 syntakt. kategorie: Verb sort, index: x@AFFIZEREN Subkategorisierung: {(synt. position:NPnom, sort, index: y@GERÄT/NATURKRAFT kontext: {('actor' χ y)}) (synt. position: NPakk, sort, index: a@PHYS. OBJEKT kontext: {(äff. obj. χ a)} )} (4-18) öffiien2 syntakt. kategorie: Verb sort, index: x@AFFIZEEREN_2 Subkategorisierung: {(synt. position: NPnom, sort, index: y@MENSCH kontext: {(actor χ y)} ) (synt. position: NPakk, soit, index: a@PHYS. OBJEKT kontext: {(äff. obj. χ a)} )

177 (synt. position: PPmit, sort, index: b@GERÄT kontext: {(medium χ b)} )} Das Interessante an dem Beispiel mit öffnen ist, dass bei diesem Veib (wie auch bei anderen der Klasse (K8)) das GERÄT der Form einer PP mit dem Subjekt-Mitspieler positional alterniert. Bis auf diesen Unterschied sind die beiden Wortkonzepte identisch. Das heißt aber andererseits, dass man die beiden Wortkonzepte zusammenführen kann. Die möglichen Unterschiede könnten dann in Form einer logischen Implikation als semantische Bedingungen angegeben werden, cf. (4-19) öffnen syntakt. kategorie: Veib sort, index: x@AFFTZIEREN_2 Subkategorisierung: {(synt. position: NPnom, sort, index: y@MENSCH kontext: {(actor χ y)}) (synt. position: NPakk, soit, index: a@PHYS. OBJEKT kontext: {(äff. obj. xa)}) (synt. position: PPmit, o. NPnom sort, index: b@GERÄT kontext: {(medium xb)})} semant, beding.: {(y@GERÄT -> 0 PPmit)} Wenn nun dieses Verb nominalisiert wird, werden die sortalen Spezifikationen, die im Wortkonzept des Verbs mit den jeweiligen syntaktischen Argumenten verknüpft sind, als semantische Argumente (zum Begriff vgl. Lieber (1983: 257), bzw. Kap. 1.5 oben) der entstehenden Verbnominalisierung übernommen. Mit anderen Worten: Infolge der Suffigierung wird das WB-Produkt einem anderen Konzept zugeordnet (ein Wechsel von einem grundsätzlich verbalen Konzept wie AFFIZIEREN zu einem nominalen wie TÄTER). Da per Annahme Suffixe über eigene Lexikoneinträge verfügen, muss etwa in der SF des Lexikoneintrags für -er u.a. die Information enthalten sein, dass das -er-Suffix mehrere Zielkonzepte aufweist. Informell und ohne Formalismen sind hier folgende Arten von Informationen vorhanden: (4-20) a. Basis: [+V-N] oder [-V+N] b. Basis = [+V -N] (i) PRODUKT (Selektion der Tätigkeit) (ii) PERSON (Selektion von Agens/Actor) (iii) GERÄT (Selektion von Instrumental) (iv) OBJEKT (Selektion von affiziertem Objekt) c. Basis = [-V +N] -> (i) PERSON (Eigenschaftsträger/Täter) (ii) GERÄT/OBJEKT (Eigenschaftsträger/Instrumental) Wie man diese Informationen formal in einem Lexikoneintrag festhalten könnte, ist mir nicht klar. Jedenfalls weist aber (4-20a-c) auf die in (Hl) erwähnte Modifizierung hin, wobei die Entstehung eines bestimmten Zielkonzepts mit der sortalen Selektion bestimmter Argumente in Verbindung gebracht wird. Ich illustriere das exemplarisch in (4-21):

178 (4-21) Öffner 17 syntakt. kategorie: Nomen sort, index: x@PERSON/TÄTER ν GERÄT semant, argumente: {(y@PERSON/TÄTER ν GERÄT) (a@PHYS. OBJEKT) (b@PHYS. OBJEKT)} semant, beding. : {(actor χ y) ν (actor χ b) (thema χ a) (medium χ b)} {(actor χ b) -» (actor χ y) & (medium (χ b)) 0 }

Folgende Bemerkungen sind zu diesem Wortkonzept zu machen. Das Nomen Öffiier ist im Sinne der (KBE) ambig zwischen NAG und NI. Die einzelnen Lesarten entstehen wie folgt. Während der Wortbildung verbinden sich der Lexikoneintrag der Basis, in dem u.a. die Information in (4-19) vorhanden ist, und des Suffixes, der Informationen der Art von (4-20) enthält. Wird nun im Sinne (Hl) und aufgrund von (4-20) NPnom aus dem Subkategorisierungsrahmen selektiert und instanziiert, entsteht eine Lesart, der das entsprechende Konzept zugewiesen wird (PERSON/TÄTER). Wird demgegenüber PPmit selektiert und instanziiert, entsteht ein Nomen mit dem korrespondierenden GERÄTKonzept. Wenn nun die in (4-19) beschriebene semantische Bedingung erfüllt ist, fallen diese beiden Argumente beim Verb zusammen, daher muss der sortale Index des abgeleiteten Wortkonzeptes dies auch enthalten (vgl. (4-21)). Entsprechendes gilt - mutatis mutandis - fìir die anderen Lesarten: Die Selektion des sortalen Konzeptes der Tätigkeit würde eine NA-Lesart auslösen, wobei alle Argumente beibehalten würden. Im Falle von NPA würde der sortale Index des WB-Produkts mit dem des physischen Objektes beim Verb zusammenfallen, diese darf also von vornherein nicht projiziert werden. Die Projektion von Agens ist wegen (AV2) ausgeschlossen: Das interne Argument ist bei den Basen von NPA meistens der Lokativ, so dass das Projektionsverbot des ObjektArguments die Projektionslinie unterbrechen würde. Andererseits werden NPA nach der Regel (4-15a) und (4-15b) gebildet. Die Projektion ist also in diesem Sinne geregelt (s. oben). Im Falle der denominalen ERN erfolgt die Konzeptzuweisung mit Hilfe der Bezugnahme auf die Regeln (4-15c) und (4-15d). Allerdings muss dort die zu substituierende Kategorie mitberücksichtigt werden. Im Falle einer Spezifizierung dieser Kategorie auf [-V, +N], wird ein der nominalen Eigenschaft inheräntes Konzept instanziiert (GERÄT/OBJEKT). Ist sie hingegen als [+V, -N] charakterisiert, wird das PERSONKonzept etabliert. Man erkennt unschwer, dass die sortalen Spezifikationen PERSON/GERÄT Subkonzepte des TÄTER-Konzeptes sind. So ist die Information y@PERSON/GERÄT mehr oder weniger redundant. Deshalb ist bei den semantischen Bedingungen eine einschlägige Einschränkung formuliert. Das ist mithin der Grund, weshalb Argumente der ursprünglichen Basen, die mit diesen korrespondieren, tatsächlich nicht projiziert werden. Gleichwohl muss andererseits im Sinne von Bierwisch (1989) die Übernahme der zu Grunde liegenden Argumente angenommen werden: das folgt aus der Regel der funktio-nalen 17

Da beim Nomen öffiier nicht die Ambiguitât zwischen Ereignis- und Resultatslesart entsteht wie beim Rickheitschen Beispiel Auswaschung, gehe ich davon aus, dass ein implizites semantisches Argument mit dem zu Grunde liegenden Konzept AFFIZIEREN beim Nomen nicht vorhanden ist.

179 Komposition. Dies zeigt m.E., dass die notwendigen Einschränkungen auf der Ebene der KS zu formulieren sind, was zusätzlich für die Richtigkeit des aufgestellten (ProjT) spricht. Ich verweise darauf, dass die in den Wortkonzepten festgehaltenen semantischen Bedingungen unterschiedlich sein können. Sie können diverse indiosynkratische Informationen enthalten. Für die obligatorisch reflexiven Veiben muss beispielsweise eine semantische Bedingung wie folgt angenommen werden: (4-22) semant, beding.: {(actor χ y) = (thema χ y)}

Andererseits trifft für formal reflexive Verben diese Bedingung nicht zu. Da diese zumeist über VAT-Varianten verfügen, muss im Sinne der Unterspezifizierung von Lexikoneinträgen (4-22) wegfallen, oder mindestens die Unterschiedlichkeit von Thema und Actor festgelegt werden. Gleichzeitig besteht kein Zweifel darüber, dass im Falle der kompositumsinternen Projektion ein morphologisches Wort (aus zwei syntaktischen Wörtern) entsteht. Dafür sprechen eindeutig die hier charakteristischen Tonmuster: Das Wort Dosenöffner hat etwa eine einzige Akzentstelle.18 Somit treffen für den Bereich unterhalb des NP-Knotens und oberhalb des N°2-Knotens nachweislich sowohl syntaktische als auch morphologische Regeln oder Prinzipien zu, weshalb ich diesen Bereich mit dem morphosyntaktischen Bereich identifiziere. Entsprechend ist unterhalb von N°2 die Ebene der Morphologie anzusiedeln, während oberhalb von NP die Syntax umfasst.

18

Für ausführliche Diskussion vgl. Nespor & Ralli (1994).

5. Zusammenfassung

In den vorangehenden Abschnitten wurden vor dem Hintergrund eines konzeptuellen Ansatzes die Auswirkungen der Nominalisierung durch das -er-Suffix im Deutschen und das -ó/-ó'-Suffix im Ungarischen auf das Vererbungspotential der Derivate untersucht. Als Ausgangspunkt galt eine spezifische Ausprägung der folgenden konzeptuellen Hypothese (KH) (vgl. (Hl)): (KH) Die konzeptuelle Hypothese Konzepte werden Wörtern (einfachen wie komplexen) zugewiesen, wobei Suffixe (oder Affixe) kein eigenes Konzept mit sich bringen, sondern die Konzeptuelle Struktur (KS) ihrer Basis modifizieren. Ich habe dafür plädiert, dass die thematische Struktur als Schnittstelle zwischen der Konzeptuellen Struktur (KS) und der syntaktischen Struktur fungiert, die im Sinne der Dowty'schen Proto-Rollen-Merkmale (vgl. Dowty (1991)) charakterisiert werden kann. Aus dieser Auffassung ergab sich auch die Methode der Untersuchung: Vor dem Hintergund einer auf thematischer Grundlage erarbeiteten Verbklassifizierung wurden zunächst die Bildungseinschränkungen der -er- und der -ó/-ó'-Derivation zusammengetragen. Es konnte gezeigt werden, dass die wesentlichen Einschränkungen in beiden Sprachen durch die Bezugnahme auf die thematische Struktur der Ausgangsverben formuliert werden können, weshalb eine direkte Motivation durch die Syntax abgelehnt werden muss. Außerdem hat der konzeptuelle Ansatz den Vorteil, dass er durch die folgende konzeptuelle Basiseinschränkung auch die Ambiguitäten bei den ERN und ON richtig voraussagen kann, wobei ihre Gültigkeit durch das Produktivitätsprinzip eingeschränkt wird (das führt im Ungarischen dazu, dass die Selektion der verbalen Tätigkeit (s. Klausel b) blockiert ist): Konzeptuelle Basiseinschränkung (KBE): Ambiguität tritt im Bereich der ERN und ON dann auf, wenn (a) die mit den einzelnen Lesarten korrespondierenden Zielkonzepte bei den Basen solchen Argumenten zugeordnet werden, die (prinzipiell) die gleiche Position in der AS einnehmen können, oder (b) während der Konzeptzuweisung die verbale Tätigkeit selektiert und instanziiert wird. Was die Projektion der ererbten Argumente der Derivate angeht, habe ich gezeigt, dass sie durch das sog. Projektionstheorem der KBE geregelt werden kann: Projektionstheorem (der KBE) (ProjT): (ProjT) Ausgangsargumente, denen das gleiche Konzept zu Grunde hegt wie das Zielkonzept der Nominalisierung, können generell nicht projiziert werden, sofern beide mit der gleichen Position in der AS verbunden werden.

182

Nach diesen Untersuchungen habe ich eine strukturelle Einordnung der Fakten versucht. Es wurde geltend gemacht, dass die unterschiedlichen Ambiguitäten des Deutschen und des Ungarischen (insbesondere die Interpretierbarkeit des pränominalen Genitivs als Subjekt) in der Syntax auf die verschiedenen C-Kommando-Verhältnisse zurückzuführen sind. Anschließend wurde exemplarisch gezeigt, auf welche Art und Weise die KS der Basen durch die Hinzufugung eines Suffixes modifiziert wird. Die Vererbbarkeit der Argumente wurde auf die unterschiedlichen Zielkategorien der Selektion und der Instanziierung (s. Klausel b der KBE) zurückgeführt. Die Ergebnisse der Arbeit bieten eine spezifische Antwort auf die Frage, in welcher Relation Nominalisierungen (oder genereller: der morphologische Bereich) und Syntax stehen. Das wird durch folgendes Korollar der konzeptuellen Hypothese sichtbar: Korollar der konzeptuellen Hypothese (KKH)

Das Ergebnis der Modifizierung der KS durch die Suffixe erscheint in der Syntax nur als Niederschlag der veränderten Zuordnungsmöglichkeiten zwischen Argumenten und ihnen zugrundeliegenden Konzepten. (Das syntaktische Verhalten der abgeleiteten Wörter hat also nicht in der Syntax seinen Grund.)

6. Anhang

6.1 Fallstudien zu den Besonderheiten der ungarischen DP/NP

6.1.1 Szabolcsi (1992, 1994) Dieser Ansatz fußt auf den folgenden Beobachtungen im Bereich der ungarischen Nomina: (A) In der ungarischen Possessivphrase ist der Possessor (genereller: das Subjekt der eigentlichen NP) grammatisch relativ unmarkiert (immer im Nominativ), das Besitznomen stimmt mit diesem in Person und Numerus überein, cf. (6-1) a. a szomszéd feleség-e (mindig szebb) best. Art. Nachbar-nom Frau-sein 'die Frau des Nachbam'(ist immer schöner) b. Péter táská-ja Peter-nom Tasche-sein 'Peters Tasche'

Die Konstruktion mit dem nominativischen Possessor alterniert mit einer anderen, in der der Possessor dativisch markiert werden kann, cf. (6-2) a. a szomszéd-nak a feleség-e best. Art. Nachbar-dat best. Art. Frau-sein 'die Frau des Nachbarn' b. Péter-nek a táská-ja Peter-dat best. Art. Tasche-sein 'Peters Tasche'

(B) Der Possessor im Nominativ kann von seinem Besitznomen nicht getrennt werden, während der dativische diese Option zulässt, cf. (6-3) a. Lát-t-am Péter táská-já-t sehen-Sgl-Prät. Peter-nom Tasche-sein-acc 'Ich sah Peters Tasche' b. *Péter lát-t-am táská-já-t Peter-nom sehen-Sgl-Prät. Tasche-sein-acc 'Peter sah ich seine Tasche' c. Péter-nek lát-t-am a táská-já-t Peter-dat sehen-Sgl-Prät. best.Art. Tasche-sein-acc 'Ich sah Peters Tasche'

Diese Beobachtung ist insofern zu relativieren, als zwischen dem nominativisch markierten Possessor und seinem Besitznomen APs ohne weiteres vorkommen können. Dies trifft auch dann zu, wenn ein dativisch markierter Possessor vorliegt, cf.

184 (6-4) a. Lát-t-am Péter új táská-já-t sehen-Sgl-Prät. Peter-nom neu Tasche-sein-acc 'Ich sah Peters neue Tasche' b. Lát-t-am Péter-nek az új táská-já-t sehen-Sgl-Prät. Peter-dat best.Art. neu Tasche-sein-acc 'Ich sah dem Peter seine neue Tasche'

In dieser Eigenschaft sind die ungarischen Beispiele mit den deutschen Daten völlig parallel. (C) In einem ungarischen Satz kann (genauso wie im Deutschen und im Englischen) das Subjekt aus seinem Gliedsatz nur herausbewegt werden, wenn es die für Interrogativ- und Relativpronomina reservierte Position am Satzanfang passiert. (D) Jede NP hat ein Subjekt. Dieses steht im unmarkierten Fall in einer 'subjekthaften' Position, so dass es von INFL streng regiert wird.1 Durch diese Rektionsbeziehung wird der Subjektposition der Nominativ zugewiesen. Wenn das Subjekt dann durch die erwähnte Position am Satzanfang (Fluchtposition) bewegt wird, steuert es eine Operatorposition an, wo es das dativische Suffix -nak, -nek bekommt. (E) Die Artikel a, az, die zum Besitznomen gehören, können nur vor dem Possessor auftreten, nie aber dahinter. Für andere Determinantien (Possessivpronomina, Quantoren und Demonstrativpronomina) trifft dies nicht zu. Die Beispiele in (6-5a-f) demonstrieren das eindeutig (In (6-5a-b) ist das Personalpronomen der ersten Person Singular (eri) der Possessor, in denrestlichenBeispielen ist das Péter)·. (6-5) a. azénkalap-om best.Art. ich-nom Hut-mein 'mein Hut' b. *én a kalap-om ich-nom best.Art. Hut-mein c. a Péter kalap-ja best. Art Peter-nom Hut-sein 'Peters Hut' d. *Péter a kalap-ja Peter-nom best.Art. Hut-sein e. Péter minden kalap-ja Peter-nom alle Hut-sein 'Alle Hüte von Peter' f. Péter ezen kalap-ja Peter-nom dieser Hut-sein 'dieser Hut von Peter'

(F) Aufgrund von (C) und (D) ist die Parallelität der DP mit dem Satz, insbesondere mit dem Possessivsatz einleuchtend. Ein Possessivsatz wird im Ungarischen meistens mit Hilfe der

1

Eine zusätzliche Annahme hierzu ist, daß innerhalb der Nominalphrase die nominalen Flexionsmerkmale (keine syntaktischen Merkmale!) in Form einer Matching Projection (cf. Haider (1988)) mit der Phrase zusammen projiziert werden, so daß jede ungarische NP gleichzeitig auch eine IPnom ist. Diese IP ist keine syntaktische Phrase, da sie keine syntaktischen Merkmale projiziert nur morphologische.

185 Kopula van (sein) gebildet, indem das Subjekt des Satzes den Dativ aufweist (genauso bei der NP, wenn das Subjekt bewegt wird), cf. (6-6) Péter-nek van vagy tíz kalap-ja Peter-dat ist ca. zehn Hut-sein(Sg!) 'Peter hat ungefähr zehn Hüte'

Dieser Satz ist parallel mit der Konstruktion, wenn aus der NP a Péter tíz kalapja (die zehn Hüte von Peter) das Subjekt (Péter) heraus bewegt wird, und deshalb das Suffix -nak, -nek aufweist.2 Es muss jedoch angemerkt werden, dass in einem Possessivsatz der Possessor nie eine Konstituente mit seinem Besitznomen bildet, cf. (6-7) *Van Péter-nek tíz kalap-ja. ist Peter-dat zehn Hut-sein 'Peter hat zehn Hüte'

Da jedoch die Ergänzung des Verbs van (sein) immer indefinit sein muss (vgl. (6-6) und (6-8)), liegt die Annahme nahe, dass aus einem Possessivsatz mit indefinitem Argument das Subjekt obligatorisch bewegt werden muss. (6-8) *Péter-nek van a tíz kalap-ja Peter-dat ist best. Art. Hut-sein 'Peter hat die zehn Hüte'

Diese Bewegung bringt Ungrammatikalität mit sich, wenn die entsprechenden Argumente définit sind.3 Konkret sieht die Bewegung des Subjekts aus der NP heraus wie in (6-9), wobei die gängige Annahme gilt, dass Phrasen generell uniform aufgebaut sind, so dass die angesprochene Parallelität mit dem Satz auf der Hand hegt (das Beispiel zeigt die Ableitung des Satzes Mir gefällt Peters Hut) \ (6-9)

KOMP

a. b. c. Pétemek

Tetszik Tetszik tetszik

— Péternek —

NP

NP a Péter a — a —

N(M) kalapjakalapjakalapja

KOMP wird nach dem Muster der COMP-Posiüon im Satz benannt, und markiert die Position des dativischen Possessors. Die Herausbewegung des Possessors geschieht also im Ungarischen (in einer nicht-konfigurationellen Sprache) genauso, wie die Bewegung des Subjekts in den konfigurationeilen Sprachen.

2 3

Welches der beiden Suffixe jeweils gewählt wird, unterliegt der Vokalharmonie. Der Vollständigkeit halber soll angemerkt werden, daß nicht das Verb van (sein) das einzige ist, welches ein indefinites Argument fordert. Solche Verben sind noch beispielsweise akad (es gibt), tôrténik (passieren), érkezik (ankommen), kerit (etw. auftreiben), etc.

186

Da inbezug auf unsere Fragestellung die thematischen Rollen besonders wichtig sind, lohnt es sich mit Szabolcsis einschlägigen Ideen näher auseinanderzusetzen. Betrachten wir die folgenden Strukturen für (6- lb) und (6-2b) : (6-10) a. [c[ c a][r[c· Péter] [r[N-táská][,-ja]]] b. [c[komp Péterneki] [ c [c a] [r[c—i] [rfisrtáská] [rj a] ] ]

In diesen Strukturen wird C" von I regiert und bekommt den Nominativ zugewiesen, wie bereits angedeutet wurde. Das Nomen táska (Tasche) ist ein Prädikat mit einem Argument. Seine Leerstelle kann beispielsweise durch einen Quantor gebunden werden. Táskája (seine Tasche) ist hingegen ein Prädikat mit zwei Argumenten: Es bezeichnet Elemente die einerseits Taschen sind, andererseits aber in irgendeiner Relation zu Sg/3 stehen. Da das einstellige Nomen táska durch das Auftreten der Flexion in ein zweiwertigen Nomen überfuhrt wurde, schlägt Szabolcsi vor, dass das Subjekt der Nominalphrase seine thematische Rolle von der (nominalen) Inflexion zugewiesen bekommt (im Gegensatz zu den Satzsubjekten, die von der verbalen Flexion keine thematische Rolle bekommen). Folgende Kritikpunkte am Szabolcsi'schen Ansatz sollen noch angesprochen werden: • Es ist nicht von vornherein klar, wie das Modell von Szabolcsi (1992, 1994) funktioniert, genauer gesagt, was in diesem Modell die Bewegungen erzwingt. Alle thematischen- und Kasuserforderungen des minalen Subjekts (Péter in (6-10a) sind nämlich bereits in der Grundposition erfüllt. Wenn nun das D-strukturell kasusmarkierte Subjekt in eine A-Position bewegt wird, d.h. in eine Position, wo es einen anderen Kasus - den Dativ - zugewiesen bekommt, dann verstößt diese Bewegung gegen den Kasusfilter. Eine der Strukturen in (6lOa-b) sollte daher ungrammatisch sein. Beide sind aber völlig wohlgeformt. • Die Idee, dass das Flexionssuffix -ja thematische Rollen vergeben kann, ist m.E. theoretisch und empirisch unhaltbar. Das hieße nämlich, dass Flexionsmorpheme generell ein ThetaRaster haben, wofür es keine handfeste Evidenz gibt. In letzter Konsequenz sollten dann alle veibale und nominale Flexionsmorpheme thematische Rollen vergeben können. Eine weitere Schwierigkeit dieser Annahme ist schließlich die Abgrenzung den Derivationsaffixen gegenüber. • Abgeleitete Nomina bereiten besondere Probleme. Man denke an ähnliche Beispiele wie in (6-11): (6-11) akôvetjelent-és-e best.Art. Botschafter-nom meld-nom.suff.-sein 'die Meldung des Botschafters'

Unter der Annahme, dass das Possessiv-Suffix (Poss-SufBx) -e eine thematische Rolle POSS vergeben kann, sollten alle Ereignisnomina á la (6-11) ungrammatisch sein, da sonst das Subjekt der NP zwei thematische Rollen hätte, im Gegensatz zu den Forderungen des ThetaKriteriums. • Meiner Auffassung nach ist die Parallelität der Possessiv-Konstruktion in Fällen, wo das Matrixveib ebenfalls ein dativisch markiertes Benefizient-Argument aufweist, dubios. So sind die Beispiele mit dem Veib tetszik (gefallen) in (6-9b) und (6-9c) ambig, je nach dem ob

187 es Peter selbst ist, dem sein eigener Hut, oder ein Hut von jemand Anderem gefällt, oder ob es der Sprecher ist, dem Peters Hut gefallt. In (6-9a) ist nur der Sprecheibezug möglich. Das liegt daran, dass im Ungarischen das Subjekt frei weggelassen werden kann. Für solche Fälle sollten zusätzliche Regelungen gefunden werden, will man die obige Analyse weiter aufrecht erhalten. Resümierend kann festgehalten werden, dass die angesprochenen Probleme genereller Art sind. Das zweite und das dritte Problem haben mit dem morphologischen Bereich der Nomina zu tun, da sie Strukturen unterhalb des tiefsten NP-Knotens betreffen. Diese haben m.E. keine unmittelbare syntaktische Relevanz. Wenn sie dann in den morphologischen Bereich gehören, sind sie für syntaktische Operationen, wie thematische Markierung unzugänglich. In der Tat braucht man nicht unbedingt eine thematische Markierung des Subjekts. Konzediert man Beispiele wie (6-11), ist klar, dass die thematische Markierung nicht vom Possessivsuffix abhängt, sondern vom verbalen Stamm. Daher soll man trennen zwischen Fällen, wo eine thematische Markierung aus dem Theta-Raster des Stammes folgt, und denen, wo dies nicht vorgegeben ist (vgl. (611) vs. (6-10)). Das wird möglich, wenn man POSS nicht als thematische Rolle, sondern als Funktion auffasst, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Basis thematisch markiert werden kann. Dadurch entfällt die Notwendigkeit, der Subjektposition der NP auf jeden Fall eine ThetaRolle zuordnen zu müssen. Folgerichtig sollte man diese Positionen POSS-Position statt Subjektposition nennen. Allerdings entsteht dadurch ein anderes Problem. Wenn man davon ausgeht, dass der Bereich unter dem untersten NP-Knoten in (6-9) der Bereich der Morphologie ist, d.h. der nominale Kopf mit seinem POSS morphologisch eine NP bilden, handelt man sich ein typisches Schnittstellenproblem ein: Im Falle von (6-11) ist ein Argument der Basis bereits in der Morphologie projiziert, und kann deshalb syntaktisch nicht mehr projiziert werden. (Dasselbe Problem gibt es auch bei den deutschen Rektionskomposita.) Sind diese Annahmen korrekt, dann ist der oberste NP-Knoten in (6-9) mit dem DP-Knoten identisch. Das ist in der Tat seit Abney (1987) die gängige Analyse, und das wird auch in Szabolcsi (1994) übernommen. Dadurch ist aber klar, dass das vierte Problem oben mit unserem Schnittstellenproblem identisch ist. Bei Szabolcsi gibt es noch zusätzlich das Derivationsproblem, das oben im ersten Punkt angesprochen wurde. Diese letzten beiden Überlegungen lassen schon vermuten, dass eine mögliche Lösung nicht in Richtung derivationelles Modell geht, sondern eine mehr repräsentationale Struktur der Grammatik angestrebt werden muss, will man mit den angedeuteten Problemen retslos zu Rande kommen. Dieser Versuch wird in Laczkós Arbeiten unternommen.

6.1.2 Laczkó (1987,1995) Laczkós Arbeiten sind im theoretischen Rahmen der Lexikalisch-Funktionalen Grammatik (i. F.: LFG) entstanden. Insbesondere der Etablierung der sog. Lexical Mapping Theory (LMT) wird große Bedeutung beigemessen, da diese die Überführung der Argumente eines lexikalischen Elements in syntaktische Funktionen steuert. Laczkó betrachtet POSS als syntaktische Funktion und nicht als thematische Rolle. Er macht geltend, dass diese im Grunde genommen als semantisch unrestringiert anzusehen ist, eine Konklusion, die im GB-Rahmen viele Konfusionen zeitigt und sich doch im Grunde genommen als intuitiv richtig erweist. Im pränominalen Bereich unterscheidet er zwischen adjektivischen und adjektivierten Konstituenten. Unter

188

letzterem versteht Laczkó nominale Konstituenten, die durch verschiedene Wortbildungsmitteln (-/'-Suffix, Einfügung von vaiò etc.) zur adjektivischen Funktion kommen, im Gegensatz zu echten Adjektiven, die von Haus aus adjektivische Funktion aufweisen. Die erstmals in Szabolcsi (1990) beschriebenen va/o-Konstruktionen werden hier neu analysiert, indem vaiò als struktureller Kopf ausgewiesen wird, der mit dem funktionalen Kopf der durch ihn adjektivierten Konstituente kombiniert als Schwester zum eigentlichen nominalen Kopf auftritt (im Folgenden werde ich vaiò, welches das Partizip I. des Verbs van (sein) darstellt, mit der deutschen Entsprechung widergeben), cf. (6-12) János London-ba vaiò meg-érkez-és-e Janos London-in SEIEND präf-ankomm-nom. suff-sein ' Janos' Ankunft in London'

Die adjektivierte Konstituente in (6-12) ist London-ba vaiò. Der nominale Kopf heißt megérkez-és-e. Vaiò (das veibalen Charakter aufweist) ist nun der strukturelle Kopf, und das illative Suffix -ba der funktionale Kopf der adjektivierten Konstituente. Beide werden miteinander kombiniert, wodurch eine Kopf-Komplement-Beziehung entsteht, ein Komplex, welches eine erneute Kopf-Komplement-Beziehung mit dem nominalen Kopf (¡meg-érkez-és-e) eingeht. Eine solche Lösung wäre im GB-Rahmen kaum möglich, da dort Teile von morphologisch komplexen Wörtern gewöhnlich nicht mit syntaktischen Funktionen verbunden werden können (vgl. Wunderlich 1986). In LFG ist dies jedoch ohne weiteres möglich. Man beachte schließlich, dass diese Analyse alles andere als abwegig ist; sie kann unabhängig gestützt werden. Sowohl Verben wie Adjektive haben nämlich das Merkmal [+V]. Ein Kopf verbalen Charakters ist somit mit der adjektivischen Funktion der pränominalen Konstituente gut verträglich. Es soll noch bemerkt werden, dass sich Laczkó diese Lösung in der Syntax vorstellt. Neben den adjektivierten und adjektivischen pränominalen Konstituenten, begegnen im pränominalen Bereich auch unadjektivierten obliquen Argumente. Diese sind Elemente, die unverändert vom deveibalen Nomen übernommen werden: (6-13) János Budapest-re érkez-és-e Janos Budapest-in Ankunft-sein 'Janos' Ankunft in Budapest'

Laczkó plädiert hier für eine lexikalische Lösung. Demnach kommen unadjektivierte Konstituenten nur dort vor, wo die Bedeutung des pränominalen Nomens in die Verbbedeutung inkoiporiert wurde. Dies verbindet sich mit der Behandlung der unadjektivierten Elemente als reduzierte Argumente, da sie nie einen Artikel haben können und hinsichtlich dem Numerus neutral sind.4

4

Der Vollständigkeit halber muß darauf hingewiesen werden, daß Laczkó (1995) außer den angesprochenen Phänomenen noch eine neue Analyse der ungarischen Partizipialkonstruktionen umfaßt. Grundlage hierfür ist die oben schon erwähnte Lexical Mapping Theory, die eine von Laczkó modifizierte Version der gängigen Auffassung darstellt. Im Gegensatz zu diversen früheren Erklärungsversuchen stellt Laczkó heraus, daß es nur ein partizipiales Suffix -t/-tt gibt, welches das externe Argument seiner Basis unterdrückt, etwa á la Gnmshaw (1990). Die im Bereich der Partizipialkonstruktionen bestehende aspektuelle Variation führt er auf die primäre vs. sekundäre Kombination zweier Merkmale, Anteriorität (anteriority) bzw. Simultaneität (simultaneity), zurück. Da jedoch der Gegenstandsbereich dieser Arbeit diese Konstruktionen nicht abdeckt, können sie hier nicht weiter verfolgt werden.

189 Folgende Bemerkungen sind zu diesem System angebracht. • Wenn man die generative Syntaxliteratur liest, gewinnt man leicht den Eindruck, dass eigentlich alles im Bereich der Syntax nach dem Muster des Englischen läuft (laufen sollte). Evidenzen aus anderen (möglicherweise weniger untersuchten) Sprachen werden dann oft als Ausnahmen gehandelt. Um so erfreulicher ist es, dass Laczkó gerade den umgekehrten Weg einschlägt. Seine Argumentationen laufen dort, wo er nicht den Ansatz referiert, überwiegend so, dass er zunächst die Daten aus dem Ungarischen unter die Lupe nimmt. In einem zweiten Schritt wendet er dann die entsprechenden Überlegungen auf das Englische an. Diese Verfahrensweise hat besonders bei den adjektivierten und bei den unadjektivierten Konstituenten ihren Reiz, wo es darum geht, den adjektivischen Charakter der pränominalen Elemente gegenüber ihren nominalen Charakteristika abzusondern. Sie erweist sich jedoch im Bereich des Possessivums als weniger fruchtbar. Dies führt beispielsweise dazu, dass für ein simples Nomen wie hat (Hut) im Englischen zwei Lesarten angenommen werden müssen: Eine als einstelliges Prädikat ohne jegliche Ergänzungen, und eine als relationales Nomen (das Possessivsuffix verwandelt ein einfaches Nomen in ein zweistelliges Prädikat á la Szabolcsi (1992)), das eine Possessiv-Relation mit einem anderen Nomen einzugehen fähig ist. Dadurch entsteht folgender Widerspruch in der Argumentation. Einerseits kann der bereits dargelegte Prädikaten-Ansatz des Possessivsuffixes in Sprachen wie dem Englischen nie verifiziert werden: Es entstehen Probleme der Sichtbarkeit. Andererseits schreibt Laczkó schon auf der nächsten Seite (S. 55), dass „... it follows that the status of the Px (= possessive suffix; I.Sz.) in possessive constructions with event nouns is always that of an agreement marker...". Dies spricht aber eher fur den zweiten dargelegten Lösungsvorschlag (und somit gegen den Prädikaten-Ansatz, wofür Laczkó doch argumentieren will), wonach einfache Nomina im Ungarischen ohne jegliche morphologische Änderung in possessive Prädikate umgewandelt werden; das Possessivsuffix trägt dann in diesem Fall nur AgreementMerkmale. • Es ist aus den diversen Sprachen gut bekannt, dass Artikel und pränominale Possessorphrasen komplementäre Distribution aufweisen können. POSS ist nun bei Laczkó eine grammatische Funktion. Diese Idee ist zwar intuitiv einleuchtend und hilft gewisse Ungereimtheiten einer GB-Analyse - insbesondere diejenigen, wo POSS als thematische Rolle verstanden wird - zu vermeiden, lässt jedoch einige elementare Fragen offen. Man denke hierbei daran, ob auch das Vorkommen des Artikels als eine Funktion aufgefaßt wird/werden kann. Es bleibt deswegen auch unklar, wie dem syntaktischen Problem der gleichen Distribution in der LFG Rechnung getragen werden könnte, obwohl im Englischen ähnliche Fälle begegnen wie im Deutschen. Auf diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage, ob sich nicht gewisse Voraussagen hinsichtlich der Phänomenbereiche machen lassen, die ich oben als Schnittstellenproblem bezeichnet habe. Im Prinzip bietet sich eine adäquate Lösung an, da die LFG eine Theorie darstellt „...whose principles allow the 'sublexical' portions of morphologically complex words to be associated with syntactic functions and functional annotations" (S. 38). Unter dieser Perspektive bleibt dann nur noch zu fragen, wie der unrestringierte Charakter der kompositumsinternen Realisierung von Argumenten und Adjunkten innerhalb deutscher Nominalkomposita (vgl. oben) mit dem eher als restringiert anzusehenden Vorkommen solcher Elemente in den ungarischen Nominalkomposita (wo es viel mehr um eine spezielle Beziehung zwischen Verb und Nomen in der Basis geht, als es

190 im Deutschen der Fall ist) unter dem Bogen des Laczkóschen Inkorporationsansatzes in Einklang zu bringen wären. • Die sog. Lexical Mapping Theory im verbalen Bereich legt fest, wie die verbalen Argumente in syntaktische Funktionen wie Subjekt, Objekt etc. überfuhrt werden. Laczkó schlägt eine eigens modifizierte Version für den nominalen Bereich vor, in der den zugrundeliegenden verbalen Funktionen Subjekt und Objekt jeweils die POSS-Funktion entspricht. Dieses Modell sagt nun voraus, dass bei deveibalen Nomina die Unterscheidung Subjekt vs. Objekt als Funktionen durch die Nominalisierung verlorengeht bzw. jeweils in die Funktion POSS übergeht. Dies wird durch eine Matrix dargestellt, die aus den Merkmalen [± restricted] und [± objective] Gebrauch macht. Dabei wird die mit der Subjekt-Funktion der verbalen Basis korrespondierende POSS-Funktion durch die Merkmale [-r; -o], die mit der Objekt-Funktion korrespondierende hingegen durch das Merkmalpaar [-r; +o] charakterisiert. Der einzige Unterschied zwischen den zwei POSS-Funktionen besteht demnach darin, dass die eine auf [-0], die andere hingegen auf [+0] spezifiziert ist. Dieser Ansatz weist jedoch zwei Mangel auf. Zum einen kommen dort, wo eine mit der Subjekt-Funktion der Basis korrespondierende POSS-Funktion möglich ist, auch Elemente vor, die mit dem Objekt der Basis korrespondieren. Da angenommen wird, dass das oben erläuterte Modell universell gültig ist, zitiere ich diesmal deutsche Beispiele: (6-14) a. Caesars Eroberung (Caesar = Agens) b. Galliens Eroberung (Gallien = Thema) c. Napoleons Beschreibung

Dass jedoch in der Tat die subjektive Lesart die bevorzugte Lesart darstellt (cf. (6-14a) vs. (614c)), wohingegen die objektive Lesart als eingeschränkter erscheint, kommt bei Laczkó nicht zum Tragen, da beide Funktionen das Merkmal [-r] aufweisen. Zum anderen gibt es zwei- und mehrdeutige Beispiele, die es nicht geben dürfte, wären die von Laczkó vorgeschlagenen Regeln eindeutig, cf. (6-15) a. Napoleons Beschreibung eines Biographen b. Lafontaines Nominierungsangebot

Man beachte, dass dieses Problem im Ungarischen (in dieser Form) nicht entsteht, da die mit (6-15) korrespondierenden Phrasen eindeutig sind. Im Englischen haben wir jedoch ähnliche Ambiguitäten wie im Deutschen (s. weiter oben). • Ich finde Laczkós Analyse von PRO-Konstruktionen auf lexikalischer Grundlage wesent-lich einleuchtender, als die entsprechenden Überlegungen in Szabolcsi & Laczkó (1992: 212fF). Dort wird nämlich angenommen (wie bereits oben angesprochen), dass das Subjekt der NP, d.h. der Possessor im Falle einer Possessivphrase den Nominativ von dem AgreementMerkmal des nominalen Kopfes unter Rektion zugewiesen bekommt, genauso, wie ein Satzsubjekt den Nominativ von dem Agreement-Meikmal von Io bekömmt. Wenn nun PRO als Subjekt gewertet wird und eine satzähnliche Kasuszuweisung an das Subjekt angenommen wird, dann steht das im Widerspruch mit dem Status von PRO, und zwar wegen des PROTheorems:

191 (6-16) PRO-Theorem: PRO ist unregiert.

In diesem Fall wäre PRO sogar streng regiert, da koindiziert mit dem AGR-Merkmal von N°. Dieses Problem entsteht bei Laczkós Analyse erst gar nicht. Seine Lösung folgt elegant aus der postulierten LMT. • Wie bereits aus den obigen Erörterungen hervorgeht, kommt in der LFG syntaktischen Positionen eine geringe Rolle zu (zumindest werden in der c-strukturellen Repräsentation keine simultanen Stellungsvarianten angegeben). Auch Laczkó sagt nichts über die Stellungsvariation im nominalen Bereich. Er behandelt nur die Stellung der pränominalen Konstituenten. Man möchte jedoch gern mehr wissen über Minimalpaare wie in (6-17): (6-17) a. Edit pénz után-i rohangálás-a (napokat vett igénybe) Edit Geld nach-i Herumlaufen-poss-Sg3 'Edits dem-Geld-hinterher-Laufen' (hat mehrere Tage gedauert) b. Edit rohangálás-a a pénz után (napokat vett igénybe) Edit Herumlaufen-poss-Sg3 das Geld nach 'Edits dem-Geld-hinterher-Laufen '

Insbesondere wäre eine grundsätzlich repräsentationeil angelegte lexikalische Theorie gefragt, wenn es um die Wechselbeziehung zwischen den Bedeutungen (6-17a) vs. (6-17b) geht. Dies würde dann auch generelle sprachtheoretische Aussagen zulassen und sogar eine klare Stellungnahme ermöglichen, sofern es sich um derivationelle bzw. repräsentaüonelle Modelle handelt. Leider lässt Laczkó offen, wie das in der GB derivatìonell angegangene Problem mit (6-17) in der LFG gelöst werden kann. • Schließlich noch eine Bemerkung, was die sog. 'weichen' Daten in Laczkós Arbeiten betrifft. Auf S. 14 lf. bringt Laczkó (1995) folgende Daten: (6-18) a. ?*János váratlan Egyesült Államok-ba érkez-és-e János unerwartet Vereinigten Staaten-in Ankunft-sein ' János' unerwartete Ankunft in den Vereinigten Staaten' b. * * Jánosnak váratlan az Egyesült Államok-ba érkez-és-e János-dat unerwartet die Vereinigten Staaten-in Ankunft-sein 'János' unerwartete Ankunft in den Vereinigten Staaten' c. ?*Jánosnak a váratlan Egyesült Államok-ba érkez-és-e János-dat die unerwartete Vereinigten Staaten-in Ankunft-sein 'János' unerwartete Ankunft in den Vereinigten Staaten'

Laczkó argumentiert dann aufgrund der Tendenz dieser Daten für eine gewisse Struktur der NP, insbesondere dafür, dass der Artikel innerhalb einer komplexen NP immer zum Kopf der NP tritt. Eine kleine Umfrage bezüglich der obigen Daten zeigt jedoch gerade die umgekehrte Verteilung: (6-19) a. ?* János váratlan Egyesült Államok-ba érkez-és-e János unerwartet Vereinigten Staaten-in Ankunft-sein 'János' unerwartete Ankunft in den Vereinigten Staaten' b. ?Jánosnak váratlan az Egyesült Államok-ba érkez-és-e János-dat unerwartet die Vereinigten Staaten-in Ankunft-sein 'János' unerwartete Ankunft in den Vereinigten Staaten'

192 c. **Jánosnaka váratlan Egyesült Államok-ba érkez-és-e János-dat die unerwartete Vereinigten Staaten-in Ankunft-sein ' János' unerwartete Ankunft in den Vereinigten Staaten'

Dies könnte m.E. auch damit zusammenhängen, dass in bestimmten Stilschichten das Adjektiv váratlcm (unerwartet) und das Adverb väratlanul (unerwarteterweise) synonym gebraucht werden können. Interessanterweise ließe sich aber die Laczkó'sche Analyse trotzdem aufrecht erhalten, wenn die entsprechende DP-Analyse angenommen würde.

6.2 Die erstellten BEs, Generalisierungen und Tendenzen

Konzeptuelle Basiseinschränkung, (KBE): (KBE): Ambiguität tritt im Bereich der ERN dann auf, wenn (a) die mit den einzelnen Lesarten korrespondierenden Zielkonzepte bei den Basen solchen Argumenten zugeordnet werden, die (prinzipiell) die gleiche Position in der AS einnehmen können, oder (b) während der Konzeptzuweisung die veibale Tätigkeit selektiert und instanziiert wird.

Bildungseinschränkungen

(BEI)

Aus Verben der Klasse (Kl) können keine ERN gebildet werden. (= Teil von BE3mod)

(BE2a)

Aus Verben mit propositionalem externen Argument können keine ERN gebil-det werden. (= Teil von BE7mod)

(BE2)

Aus Verben mit internem Experiencer-Argument können keine ERN gebildet werden. (= BE2b)

(BE3mod)

Aus Verben ohne eigene AS können keine ERN gebildet werden.

(BE4raod)

Aus reflexiven VA-Verben ohne VAT-Variante können keine ERN gebildet werden

(BE5)

Weisen die Verbsubjekte nicht die Agens- oder Experiencer-Rolle auf (dafür aber Benefizient oder Eigenschaftsträger, seltener Lokativ sind), kann aus den tangierten Verben kein ERN gebildet werden. Dies korrespondiert mit syntaktischen Einschränkungen der Passivierung.

(BE6)

Aus VA- und VAT-Verben der Klasse (K7) können keine ERN gebildet werden.

(BE7mod)

Aus Verben mit propositionalem internen (= iage/i-Klasse von (K9)), oder externen (= /reuew-Klasse von (K9)) Argument können keine ERN gebildet werden.

(BE8)

Aus VATZ- oder VAZ-Verben der Klasse (K6) können keine ERN gebildet werden.

(BE9)

Aus Unakkusativen der Klasse (K3) können keine ERN gebildet werden.

194 (BE 10)

Aus Verben der thematischen Gegenseitigkeit (Klasse (K4)) lassen sich keine ERN bilden.

(BE11)

NA können nur aus nicht-durativen, dynamischen Veiten der VA- und VATKlasse gebildet werden.

(BE 12)

Aus Verben ohne eigene AS können im Ungarischen keine ON gebildet werden.

(BE13)

Aus unakkusativischen Verben können im Ungarischen keine ON gebildet werden.

(BE 14)

Aus deverbalen Verben, deren Subjekte die Theta-Rollen 'Benefizient' oder 'Veranlasser' aufweisen, können im Ungarischen keine ON gebildet werden.

(BE 15)

Weisen die Verbsubjekte nicht die Agens- oder Experiencer-Rolle auf (dafür aber Benefizient oder Eigenschaftsträger, seltener Lokativ), kann aus den tangierten Verben kein ON gebildet werden.

(BE 16)

Aus VA- und VAT-Verben der Klasse (K7) können im Ungarischen keine ON gebildet werden.

(BE17)

Weist eines der Verbargumente die Theta-Rolle 'Eigenschaftsträger' auf, kann aus diesem Verb kein ON gebildet werden.

(BE 18)

Aus Verben mit propositionalem internen (= wond-Klasse von (K9)), oder externen (= látszik-Klasse von (K9)) Argument können keine ON gebildet werden.

(BE 19)

Aus VAZ- und VATZ-Verben der Klasse (K6), die ein Dativobjekt aber kein Akkusativobjekt aufweisen (= tartozik-Gruppe), können im Ungarischen keine ON gebildet werden.

(BE20)

Aus VA-Verben der sog. -/^-Konjugation im Ungarischen können keine ON gebildet werden.

(GBEI)

Weisen die Verbsubjekte nicht die Agens- oder Experiencer-Rolle auf (dafür aber Thema/Patiens, Benefizient, Proposition, Veranlasser oder Eigenschaftsträger, seltener Lokativ), und/ oder gibt es kein Instrumental, das mit diesen alterniert, kann aus den tangierten Verben im Ungarischen kein ON, im Deutschen kein ERN gebildet werden. Dies kann im Deutschen mit syntaktischen Einschränkungen der Passivierung einhergehen.

(GBE2)

Weist das interne Argument der Basen die Theta-Rollen 'Proposition', 'Eigenschaftsträger' oder 'Experiencer' auf, sind aus den tangierten Verben im Deutschen keine ERN, im Ungarischen keine ON möglich.

195 (GBE2mod)

Weist das interne Argument der Basen die Theta-Rollen 'Proposition', 'Eigenschaftsträger', 'Benefizient' oder 'Experiencer' auf, sind aus den tangierten Verben im Deutschen keine ERN, im Ungarischen keine ON möglich.

(GBE3)

Weist ein VA- oder VAT-Verb zusätzlich das Lokativ-Argument auf, kann aus ihm im Ungarischen kein ON, im Deutschen kein ERN gebildet werden.

(GBE3mod)

Weist ein VA- oder VAT-Verb zusätzlich das Lokativ-Argument auf, kann aus ihm im Ungarischen kein ON, im Deutschen kein ERN gebildet werden. Dies gilt im Deutschen auch dann, wenn statt des Lokativs ein ZentrumArgument erscheint.

Tendenzen

(Tl)

Einschränkungen hinsichtlich der Nominalisierbarkeit eines Verbs durch das -er-Suffix treten tendenziell (auch) dann auf, wenn der Auslaut des Basisverbs und der Suffix phonologisch übereinstimmen.

(T2mod)

Sind APO ohne Ergänzungen nicht einwandfrei grammatisch, ist auch die Akzeptabilität der daraus resultierenden Nomina eingeschränkt, es sei denn, eine NAC-Lesart ist zugänglich. Diese Einschränkung kann mit aspektuellen Eigenschaften des Basisverbs korrelieren.

(T3)

ON aus denominalen verbalen Basen tendieren (stark) zu eindeutigen Lesarten. Die ambigen Fälle können auf verschiedene thematische Verhältnisse zurückgeführt werden.

(T4)

NI-Lesart von -ó/-ó'-Nomina in Konkurrenz mit NAG ist dann systematisch gut möglich, wenn sowohl Subjekt als auch (Akkusativobjekt der Basis [±belebt] sein können. Für NAG 'reicht' in der Regel ein belebtes Subjekt.

(T5)

WB-Produkte mit wortintern projizierten Konstituenten tendieren zur generellen (indefiniten) Lesart.

(T6)

Deverbale -ó/-ó'-Nomina tendieren dann stärker zu einem Lesartenwechsel von NI zum NLOC, wenn bereits ihre Basen Lokativ als Argument oder als Adjunkt aufweisen.

(T7)

Bei aktivischen NAC im Ungarischen tendieren Benefizient-Argumente stark dazu, vor dem Thema-Argument realisiert zu werden.

196 Generalisierungen (AVI)

In einem Kompositum aus deveibalen Konstituenten (oder mit deveibalem Zweitglied), projiziert nur das Zweitglied (der Kopf) die AS seiner Basis.

(AV2)

Die Projektion der geerbten Argumente vollzieht sich vom internsten Argument zum externen (Agens) Argument hin, wobei für das interne Argument das FOPC gilt.

(Gl)

Bei NPs mit NA als Kopf können prinzipiell alle Argumente der Basis projiziert werden, wobei a. im unmarkierten Fall das Subjekt-Argument der Basis (Agens-Proto-Rolle od. Experiencer); b. im markierten Fall das Objekt-Argument projiziert wird, (hierbei spielt die periphrastische Vereibung eine ausschlaggebende Rolle), und c. es gilt, dass meistens nur eines der Argumente beim ERN erscheint.

(G2)

Bei NPA wird entweder das Basisverb allein, oder seine nächstgrößte FOP-Kategorie (Verb + direktes Objekt, oder Veib + internes Argument) nominalisiert.

(G3)

Ist im Bereich der NAG eine selbständige -er-Nominalisierung des zu Grunde hegenden Verbs fur das korrespondierende Konzept nicht möglich, wird die nächstgrößte FOP-Kategorie (Verb + direktes Objekt, oder Verb + internes Argument) nominalisiert.

(G4)

a. Bei NI wird das Thema-Argument immer wort- und kompositumsintern realisiert. b. Bei der wort- und kompositumsexternen Α-Realisierung ist die periphrastische Strategie der Regelfall. c. Externe Α-Realisierung als Genitivattribut ist der Ausnahmefall und geht mit faktischen Lesart einher.

(G5mod)

(ON) aus VA-Veiben (mit und ohne VAT-Variante), sowie aus VAZ-Veiben mit PP-Ergänzung sind bis auf wenige Ausnahmen eindeutig (meistens NAG oder NLOC).

(G6mod)

-ó/-ó'-Nomina aus deveibalen verbalen Basen sind immer eindeutig.

(G7)

-ó/-ó'-Nomina aus VAZ-Veiben mit PP-Ergänzung weisen keine Ambiguität der Lesarten auf: Sie sind immer Nomina Agentis (NAG).

(G8)

Die aus Elementen der Klasse (K4) gebildeten ON sind immer eindeutig: sie sind in den produktiven Fällen Nomina Agentis, in den lexikalisierten Fällen Nomen Actionis.

(G9)

Bei den ungarischen -ó/-ó'-Nomina werden Argumente mit der thematischen Rolle 'Ziel' nicht vererbt.

197 (GIO)

Kompositumsinterne Projektion ist im Bereich der -ó/-ó'-Nomina des Ungarischen a. immer mit genereller Lesart des Kompositums veibunden; b. bei inkorporierten Konstituenten eingeschränkt, wobei erzwungene Projektion mit definiter Lesart einhergeht; c. bei disambiguierenden Argumenten obligatorisch.

(Gli)

Kompositumsexterne Projektion ist im Bereich der -ó/-ó'-Nomina des Ungarischen a. bei einstelligen Basen nicht möglich; b. mit definiter Lesart des projizierten Arguments und der ganzen NP veibunden; c. bei disambiguierenden Argumenten untersagt.

(G12mod) Bei M mit -ö/-ö kann Thema als externes Argument projiziert werden. Ist das Thema intern, kann es tendenziell nur kompositumsintern projiziert werden. (G13)

Eindeutige ON mit NAC-Lesart werden nur aus VA-Veiben der Klasse (K4) gebildet.

(G14)

In einer NP mit deveibalem Nomen als Kern können im Ungarischen nur die Objekte der Basis in der prähead- Position adjektiviert werden.

(G15)

Objekte mit dem korrespondierenden Grundkonzept PERSON können nur von passivischen NAC (oder genereller: passivischen Nomina) projiziert werden.

(G16)

Aus reflexivischen VA-Basen, die keine weiteren Argumente fordern, können keine NLOC gebildet werden.

(Gl7)

NLOC werden dann gebildet, wenn der Lokativ bei den jeweiligen Basen das Merkmal [-independent existence] aufweist.

(G18)

Bei passivischen -ó/-ó'-Nomina werden keine externen Argumente der Basis projiziert.

(G 19)

Bei NLOC kann das Thema/Patiens-Argument projiziert werden.

198 6.3 Korpora

6.3.1 Deutsch A Abfallauswerfer Abkratzer Abnäher Abräumer Abrutscher Abrutscher ins Neu-Deutsche Absender Abstauber Vilgrains Abstauber Abstecher Abstecher des Chefs, Abstecher in die Quadratstadt, Berlin-Abstecher, USAbstecher, Zwei-Stunden-Abstecher Abstreifer Ächzer Alarmaufheber ?Aufheber des Smogalarms Alkoholiker Alleswisser Altertumsforscher der Forscher des Altertums Amerikaner Amerikafahrer Aneigner Anhänger Anlasser annehmen annehmbar, * Annehmer Anranzer Anranzer der schwarzweiß Uniformierten Anraunzer Anschnauzer Antragsteller Steller des Antrags Anzünder Appetithemmer Attentäter Aufkleber

Taschenaufkleber, Türaufkleber, Kasettenaufkleber, Reifenaufkleber, Aufldeber an der Eingangstür Aufsetzer Aufsitzer Auftraggeber Ausklopfer Ausputzer Ausreißer Ausrutscher Ausrutscher des Tabellenzweiten, Ausrutscher auf der Bananenschale, Ausrutscher in den Gegenverkehr, Ausrutscher ins Bombastische, Ausrutscher nach oben Β Bäcker Banker Beidhänder Bekämpfer Bekämpfer des Krebses Beter Betonmischer Mischer von Beton Beuger beweisen ein beweisbares Theorem, Theorembeweiser Beweiser des Theorems Binder Blinker Bohrer Betonbohrer, Nasenbohrer, Bohrer für die Materialproben Bomber Brecher Eisbrecher, Ehe/Streikbrecher Briefschreiber an die 'Zeit' Buchbinder

199 Büstenhalter D Dachdecker Dampfer Dämpfer Dämpfer für Bundeskanzler Helmut Kohl Denker Denker der falschen Schlüsse Dickhäuter Dosenöffner der Öflher von Flaschen Dreher Dreimaster Dreitausender Drescher Drucker Fahrscheindrucker, Buchdrucker ?Duscher E Eckensteher Edamer Eindringling einflüstern einflüsterbar, Einflüsterer Einsatzleiter der Leiter des Einsatzes Einschreiber Einsetzer Einwanderer in die USA Eisenbahner Empfanger Empfänger der Unglücksnachricht Empfänger des Geldes, UKWEmpfänger, der Empfanger der Ultrakurzwellen Emporkömmling Empörer Entkerner Entsafter Erbarmer ?Erbarmer, All-Erbarmer Erbrecher

?Erbrecher Erfinder erklären erklärbar, Erklärer erlauben erlaubbar, *Erlauber Ersteher Ersteher der Wohnung, Ersteher eines gut erhaltenen Fahrrades, ?der Erstersteher des Buches F Fahrer Schnellfahrer, Unfallfahrer, Sonntagsfahrer Fertiger Feuerlöscher Filmemacher Filmvorführer Finder Finder der Bankunterlagen Finder der gestohlenen Gegenstände Finder des Personalausweises Finder ihres Hundes Findling Frachter Furzer Fußballer fragen tragbar, Frager Frager Fühler Füller Fünfer G Gasanzünder Gammler Geber Auftraggeber, Kreditgeber, Geldgeber, Stundengeber, MilliardenGeber, Gute-Laune-Geber, Geber des Lebens Geher Gesellschafter

200 Gewerkschafter Gewinner Gießer Glimmer Granatwerfer Grenzgänger Grenzverletzer ??Verletzer der Grenze H Haderer ?Hämmerer Handballer Handwerker Heber Wagenheber, Gewichtheber Heimkehrer nach Kalifornien Heizer hemmen hemmbar, *Hemmer Herumsteher Hingucker Hingucker auf dem Genfer Salon Hopser Hosenträger Herausgeber Herumsteher Herumtreiber Hopser Horcher Hotelbelieferer der Beieiferer des Hotels Hotellieferer der Lieferer des Hotels Hörer Huster J Ja-Sager Jauchzer Jazzer ?Jammerer Jodler

Κ Kantianer Karten-Finder Kartendieb- oder Finder Kilometerzähler Kläffer Knacker Nußknacker, Autoknacker Kocher Konfliktlöser ??ein Löser von Nationalitätenkonflikten Könner Köpfer Kritiker Kurzflügler Kutscher Kühler L ?Laberer Laß-mal-Sager Lacher Laster Lehrer Leser Leuchter Löser aller unserer Probleme Löser der sozialen Frage M Macher ¡Mariner Metaller Mixer Morgenlandfahrer Müllbeseitiger ?Beseitiger des Abfalls Münzer Ν Nieser

201 Ö Öffner Ρ Paarhufer Pariser Patzer Patzer seiner Mitspieler Pfeifenputzer Piepser Plänemacher Politiker Porschedauerfahrer Dauerfahrer von Porsches Problemloser ?Löser des Problems Prüfer Prüfling Putzer Pfeifenputzer, Schuhputzer R Rasierer Rätsel-Löser Räusperer Regler der Investitionen und der Kreditnachfrage Regler für die Gaszufuhr Regler der Gaszufuhr Reiniger Reiniger für Geschirrspülmaschinen Rekordhalter Riecher Riecher eines Polizeihundes Rohrkrümmer Röster Rückzieher Rückzieher ihres Preisboykotts, Quellensteuer-Rückzieher, Connys Rückzieher ?ihrer Versprechungen, Rückzieher in dieser Frage Rülpser Rülpser einer Kuh, die ekelhaften Rülpser des Gouvernators, Meinungs·

Rülpser S sagen sagbar, * Sager Schalter Schalter einer Herdplatte, ?der Schalter der Kronleuchter Scheibenwischer Schieber Schlächter Schläfer Schläger Schluchzer Schluchzer bei sentimentalen Filmen Schlurfer Schmatzer Schmatzer auf die Wange, Schmatzer auf die goldene Hundert Schnarcher Schneider Schreiber Schreiber des Briefs an 'DIE ZEIT Schuldbekenner Schuldenmacher Schweizfahrer •Fahrer in die Schweiz Sechziger Sender Seufzer Seufzer unseres Boris, Seufzer aus mütterlicher Brust, Seufzer aus dem Proberaum, Seufzer der Frustration Signalgeber Sockenhalter Sortierer Spaßmacher Spatzenschießer Spieler Plattenspieler, Kartenspieler Spötter Stapler Staubabsauger Staubsauger

202 Steller von Fangfragen ?Steuerer Stifter Stolperer Stotterer Sträfling Streichler Wangenstreichler Stromstärkemessel ein Messer der Stromstärke Stundengeber Stupser Summer Τ Treffer Treffer der Borussen, Treffer auf syrische Batterien Triller Triller der Nachtigallen Träger Träger chemischer Waffen, Träger von krebserregenden Substanzen Tupfer Stimmungs-Tupfer Tübinger U Uhrmacher UKW-Empfanger Unheilverkünder Untersetzer Tassenuntersetzer, Flaschenuntersetzer, Untersetzer für Kommunionskerzen Ü Überzieher V Veibeuger Verbreiter von Falschmeldungen Verfasser des Briefs Verkäufer des Wagens

verkünden ein verkündbares Urteil, Urteilverkünder Verkünder des Urteils Verschrotter verschwören •verschwörbar, Verschwörer Verschwörer Versender Versprecher Versprecher das Moderators Verteidiger Verteiler Stromverteiler, Flugblattverteiler, Verteiler der Tramwagen, Verteiler für die elektronische Leseware, Verteiler der elektronischen Leseware, Verteiler für Patientenkabel Vierakter Viertakter Vierzeiler Vorleger Bettvorleger, Türvorleger, Badvorleger, Toilettenvorleger Vorschußnehmer W Walzer warten *wartbar, *Warter Wasserbehälter Weggeher Werfer Mienen/Granatwerfer, Hammerwerfer wissen Iwissbar, *Wisser Wucherer Ζ Zauberer Zauderer Zeiger Zeiger des Tiefenmanometers, Zeiger von Landschaftstypen Zweitkläßler

Zieher Zischer Zitater Zünder

6.3.2 Ungarisch

A, Á a film vágója a levél feladója adó adócsaló •feleségcsaló ajándékozó ajánló akasztó akasztófáravaló alattvaló albérlô állattenyészto aitato almatároló aζ alma tárolója álmodozó ápoló áramszedo áruló átjáró átkelo atomhulladékfeldolgozó autóbontó autógyártó az ország megszállója áztató Β bajkeverö bedolgozó belépô bemutató benyíló bérlo berregö

beszámoló betevô falat betolakodó betonkeverö *a beton keveröje betörö *a szomszédba betörö birkózó bokszoló bontó borlepárló boroshordó ?/??borotválkozó borozó borivo borkabáttisztító bukkanó burkoló bünözö bünelkövetö bünüldözö C, CS cimközvetitö családvédo esalò csatlakozó csecsszopó csengö csirkefogó csiszoló csomagoló D dohányzó dolgozó

204 dögtemetö drogteritö dugóhúzó E, É ebédlô egérfogó ébreszto éhezô eladó eladó lány élelmiszer eladó éleszto ellenálló élôskôdô emelkedö (erdö)kerülö esküvö ?/??esküvés esô jégesô, havas esö, nyereményesô étekfogó etetö étkezô F fagyasztó falatozó fedo fékezô feladó feljáró feljebbvaló felmenö felmentö felolvasó fényképvágó *a fénykép vágója festö figyelö finomító flaszterkoptató fogadó fogó fogyasztó

folyami duzzasztó fonò forrasztó foszereplö furò fiitó fürdö fiirdôzô, fiistgázmosó fiistölö íuszári(sz)tó fütö G gombaszárító gondolkodó gondozó gorcsoldó gorgo gyalogló gyártó gyengélkedó gyermeknevelö a gyermek nevelöje gyözö *a pogányok felett gyözö H hajléktalanszálló haldokló harangozó határátkelo haló hátúszó hegesztö heverö hordozó hordó hosszútávfiitó ??/*húzódó hütö Ι,ί igazgató

205 imádó intézetigazgató az intézet igazgatója irányító író itató ivó J jármüazonosító játszó gyermekjátszó jelentkezö vizsgára/pályázatra jelentkezö jövendömondo Κ kábelcsatlakozó kábítószerélvezo kacsaúsztató kapaszkodó kaptató kaxdvívó kaszáló kasszaüíró kavaró kávézó kazán-fííto ?a kazán fütöje kenderáztató kenyértartó kényszerparkoló képviselô képzô kerengô kereskedö *a hagymával kereskedö hagyma/álom-kereskedo keresö keresztelö keverö keverô(gép), kezelö kiadó kibúvó

kifutó kilátó kincskeresô kolbászfustolo konkurrenciafigyelö kopogtató komiányzó kosarazó kosaras könyvelö köpködö köszöntö kôszôntés kötekedö kötö kôtény kukacbombázó L lakó lázadó legelö léhüto lejáró lelátó lemenö lemezfüró leolvasó leskelödö levelezô lottózó M marslakó táborlakó, csólakó, erdolakó, szigetlakó mázoló megálló busz-/ villamosmegálló megszálló mellúszó meno mesélô metélô hagyma mondanivaló

206 mosogató mosó motorhütö mulato Ν, NY naplopó nevelö nyilatkozó O, Ó oktató olvasó 0,0 okolvívó ?ölelkezö öltözö öntözö öntö orokkévaló osszefoglaló osszefoglalás Ρ padlásfeljáró pezsgö pihenö pincelejáró pontozó porlasztó pöffeszkedö R rabió rabvallató rajzoló regényíró a regény írója rendezö robbantó romboló

S selyemszövö ?/??a selyem szövöje segitö sikkasztó síncsiszoló *a sínek csiszolója sóhajtozó sorakozó sörözö sorivó sportolo sütnivaló SZ szálló szárító szavaló szerelö szereplö ?/??szeretkezö szervátülteto •átülteto szormetisztító szövö Τ tájékoztató tájképfestó a tájkép festöje takarodó ?/??takarodás találkozó tálalo talpalávaló támadó táppénzcsaló tárgyaló tároló távgyalogló temetö tenyésztô termékcsomagoló a termék csomagolója

207 tetöfedö tetokibúvó tévécsatlakozó a kábel csatlakozója, a csoporthoz csatlakozó tisztító tojó tökfedö törtetö törülközö tudakozó turkáló U,Ú újságolvasó uralkodó *az ösztönei/alattvaloi felett uralkodó úszó úsztató U,U ügyeskedö üldözö ünneplö ünneplö ruha ütközö üvegvágó üzletkötö ??/* az üzlet kötöje V vádló vágó vallato városlakó vedo vendégfogadó Tverekedö vetélkedô vetélkedés viccgyártó vigadó visszavágó vivó

víztároló vonalkódleolvasó vonatütközö a vonat ütközöje ?/??vonzódó Ζ, ZS

??/*zárkózó zsákfoltozó zuhanyzó

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