Neustrukturierung der Deutschen Bundespost: Ansätze für eine Controllingkonzeption unter Berücksichtigung der Instrumentalfunktion der DBP in der Sozialen Marktwirtschaft [1 ed.] 9783428470037, 9783428070039


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Neustrukturierung der Deutschen Bundespost: Ansätze für eine Controllingkonzeption unter Berücksichtigung der Instrumentalfunktion der DBP in der Sozialen Marktwirtschaft [1 ed.]
 9783428470037, 9783428070039

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DIETER REHFELD

Neustrukturierung der Deutschen Bundespost

Schriften zum Genossenschaftswesen und zur Öffentlichen Wirtschaft Herausgegeben von Prof. Dr. W. W. Engelhardt, Köln und Prof. Dr. Th. Thiemeyer, Bochum Band 28

Neustrukturierung der Deutschen Bundespost Ansätze für eine Controllingkonzeption unter Berücksichtigung der Instrumentalfunktion der DBP in der sozialen Marktwirtschaft

Von Dieter Rehfeld

Duncker & Humblot · Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Rehfeld, Dieter: Neustrukturierung der Deutschen Bundespost: Ansätze für eine Controllingkonzeption unter Berücksichtigung der Instrumentalfunktion der DBP in der sozialen Marktwirtschaft I von Dieter Rehfeld. - Berlin: Duncker und Humblot, 1990 (Schriften zum Genossenschaftswesen und zur Öffentlichen Wirtschaft; Bd. 28) ISBN 3-428-07003-8 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Satz: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-6925 ISBN 3-428-07003-8

lngrid, Lara-Theresa und meinen Eltern in Dankbarkeit gewidmet

Vorwort Im Vollzug der Wende zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik sind international Tendenzen zur Deregulierung des Telekommunikationsbereichs zu beobachten, denen sich auch die Bundesregierung angeschlossen hat. Die auf eine Deregulierung des Telekommunikationssektors zielende Postreform, die die Deutsche Bundespost in drei Unternehmen ( Postdienst, Postbank, Telekom ) neu strukturiert, ist Gegenstand der hier publizierten Arbeit von Dipl.Volkswirt Dieter Rehfeld. Da die Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost eine Einteilung der Post- und Fernmeldedienste in Monopol-, Pflicht- und freie Dienstleistungen vornimmt, wird zugleich die Frage nach der künftigen Reregulierung der Deutschen Bundespost und ihrer drei Unternehmensbereiche aufgeworfen, weil eine stärker marktorientierte Unternehmensführung die Gefahr einer Vernachlässigung von öffentlichen Infrastrukturaufgaben (Daseinsvorsorge) zugunsten lukrativer marktorientierter Dienstleistungsangebote mit sich bringt. Der Verfasser will daher der Frage nachgehen, wie sich der künftige Regulierungsprozeß zwischen der Regulierungsbehörde und den Postunternehmen gestaltet und wie diese Regulierung in die innere Organisation der Postunternehmen umgesetzt werden kann, so daß es im tatsächlichen Handeln der dezentral geführten Organisationseinheiten nicht zu einer Vernachlässigung der gesetzlich deklarierten Infrastrukturaufgaben kommt. Dabei erkennt der Verfasser richtig, daß die Möglichkeiten des Einsatzes öffentlicher Unternehmen als Instrumente staatlicher Wirtschaftspolitik durch eine volkswirtschaftliche Analyse nicht hinreichend erschlossen werden, sondern auch einer betriebswirtschaftliehen Analyse realer Betriebsprozesse bedürfen. Zur Klärung des ordnungstheoretischen und -politischen Rahmens seiner Studie untersucht der Verfasser zunächst die Behandlung öffentlicher Unternehmen in den neoklassisch geprägten Theoremen der Wohlfahrtsökonomik und der öffentlichen Güter und in der institutionalistischen Theorie der Gemeinwirtschaft. In ausführlich begründender Argumentation legt er seiner weiteren Untersuchung die theoretische Sicht der Gemeinwirtschaftslehre zugrunde und damit die Auffassung von der Instrumentalfunktion öffentlicher Unternehmen als eines liberalen Interventionsinstruments zur sozialen Steuerung der Marktwirtschaft. Die bisherige Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost wird als "Infrastrukturauftrag" sorgfältig interpretiert und an Merkmalen der Leistungspflichten, Tarifpflichten und Qualitätskriterien festgemacht. Anschließend wird die Neustrukturierung der Bundespost untersucht, die auf eine

8

Vorwort

Veränderung des institutionellen Sinnes zielt (mehr Wettbewerb und Infrastrukturauftrag). Daraus ergibt sich die Frage nach der Reregulierung der Deutschen Bundespost, die sowohl im Hinblick auf die "äußere Regulierung" zwischen Regulierungsbehörde und Unternehmen zur Konkretisierung des institutionellen Sinns zu untersuchen ist, wie im Hinblick auf die "innere Regulierung" zur Steuerung des Verhaltens der Beschäftigten der dezentralen Einheiten, insbes. ihrer Führungskräfte. Diese Notwendigkeit einer Reregulierung im Vollzug der Poststrukturreform wird anhand der Erfahrungen in den USA, Großbritannien und Japan verdeutlicht. Anschließend wird der Regulierungsralunen (äußere Regulierung) für die Deutsche Bundespost nach der Konzeption der Bundesregierung analysiert . Sodann behandelt der Verfasser den Aufbau eines Controlling-Instrumentariums in Form einer Dezentralen Leistungs- und Kostenrechnung (DELKOS) zum Zweck der inneren Regulierung der Unternehmen der Bundespost. In einem informativen Abschnitt über das Controlling öffentlicher Unternehmen wird gezeigt, daß sich ein angemessenes Controlling-Instrumentarium nicht auf die Planung und Kontrolle von Formalzielen beschränken kann, sondern auch Planung und Kontrolle von Sachzielen, d. h. einer inhaltlich bestimmten Leistungskonzeption, umfassen muß ( Qualitätscontrolling, Sozialcontrolling) und überdies durch ein "öffentliches Controlling" im Sinn einer gesellschaftlichen Öffnung der unternehmenspolitischen Kommunikationsverhältnisse er-. gänzt werden sollte. Das System DELKOS wird als Grenzplankostenrechnung dargestellt und im besonderen anhand der Planung der Personalkosten und der Proportionalisierung intervallfixer Kosten eingehend untersucht. Es folgt eine Kritik an der nur eingeschränkt sinnvollen Signalgebung von DELKOS als Führungsinformation für die dezentralen Unternehrnenseinheiten. Die im Rahmen des KostenControlling durchzuführenden Anpassungsmaßnahmen haben vielfach Auswirkungen auf Kunden und Beschäftigte, die vom Informationsinstrument nicht abgebildet werden. Die fehlende Abbildung der Dienstgüte und der Arbeitsbedingungen als Komponenten des institutionellen Sinns kann zu einer Fehlsteuerung in den Kostenstellen und Ämtern führen, wie an einer Reihe von Beispielen eindrücklich aufgewiesen wird. Die Dominanz des Formalcontrolling in der betriebswirtschaftliehen Betrachtung und im Führungssystem der Bundespost ist das Korollar zur ordnungspolitischen Hegemonie des Marktes gegenüber der interventionistischen Instrumentalfunktion öffentlicher Unternehmen und verweist auf Steuerungsdefizite der Sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik. Von diesen Steuerungsdefiziten ausgehend entwirft der Verfasser abschließend eine Controllingkonzeption, die der deklarierten Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost gerecht wird und neben dem Kostencontrolling ein Qualitätscontrolling und ein Sozialcontrolling umfaßt. Probleme der Indikatorenauswahl, der Quantifizierung und der Monetarisierung werden dabei

Vorwort

9

sachkundig diskutiert. Ein Abschnitt über ein "öffentliches Controlling" durch lnstitutionalisierung von Poststrukturräten auf gesamtstaatlicher und regionaler Ebene zur Konkretisierung und Fortschreibung der öffentlichen Aufgaben und zur Evaluierung von Zielerreichungsgraden beschließt dieses Kapitel. Dieter Rehfeld hat die komplexen und umstrittenen Probleme der Neustrukturierung eines großen öffentlichen Unternehmens mit anerkanntem öffentlichem Leistungsauftrag in eindrucksvoller Weise behandelt. Dabei ist ihm ein schwieriger Grenzgang zwischen der volkswirtschaftlichen und der betriebswirtschaftlichen Disziplin überzeugend gelungen. Im besonderen wird der Zusammenhang von öffentlichem Leistungsauftrag und adäquatem Ausbau einer Controllingkonzeption als Planungs-, Kontroll- und Führungsinstrument in instruktiver Weise dargelegt. Rehfelds Arbeit ist ein bedeutender Beitrag zur wissenschaftlichen Beratung der Politik. Sie klärt die theoretischen und die normativen Grundlagen wirtschafts- und unternehmenspolitischer Entscheidungen in einem wichtigen Bereich der Infrastrukturversorgung und kann von Politikern, Verbandsvertretern und den Leitungsorganen und Personalräten der Postunternehmen für die anstehenden Entscheidungsprozesse über Sinn und Organisation dieser Unternehmen fruchtbar gemacht werden. Siegfried Katterle

Inhaltsverzeichnis 15

I. Einleitung II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion 1. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

.......... ..

19

...............

19

a) Wohlfahrtstheorie

19

aa) Die normative Theorie öffentlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . .

20

ab) Die positive Theorie öffentlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

b) Gemeinwirtschaftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

ba) Gemeinwirtschaftslehre und öffentliche Unternehmen . . . . . . . . . . .

31

bb) Gemeinwirtschaftslehre in der Kritik

.. .............. .... ......

34

2. Die Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

a) Die gesetzlichen Normen ftir die Deutsche Bundespost

47

b) Infrastrukturauftrag der Deutschen Bundespost

50

ba) Die Leistungspflichten

54

bb) Die Tarifpflichten

55

bc) Infrastrukturauftrag und qualitative Anforderungen an die Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

3. Die Pläne zur Neustrukturierung der Deutschen Bundespost

63

a) Handlungsbedarf und Handlungsrahmen für eine Neustrukturierung der DBP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

b) Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

ba) Vorstellungen der Bundesregierung zur Deregulierung des Post- und Fernmeldewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

bb) Vorstellungen der Bundesregierung zum zukünftigen Organisationsmodell der Deutschen Bundespost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

c) Die ordnungspolitische Reform des Post- und Fernmeldewesens in der Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

12

Inhaltsverzeichnis

111. Die notwendige "Re-Regulierung" nach der Neuordnung der Deutschen Bundespost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

1. Instrumentalfunktion der DBP und die Notwendigkeit der Regulierung . . .

78

a) Regulierungen des Telekommunikationssektors in den USA, Japan und Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

b) Die Regulierung der Deutschen Bundespost nach der Postreform . . . . .

79

ba) Infrastrukturauflagen für Monopol- und Pflichtleistungen

80

bb) Preisregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

2. Innere und äußere Regulierung IV. Controlling als Teil der inneren Regulierung der DBP

87 .......... ..... ... ...

89

1. Aspekte zum Controlling öffentlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

2. Die Einflihrung einer dezentralen Leistungs- und Kostenrechnung (DELKOS) bei der Deutschen Bundespost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

a) Die bisherige Leistungs- und Kostenrechnung (LKR Bund) bei der DBP

95

b) DELKOS als ein System der Grenzplankostenrechnung

.............

98

ba) Rechnungsanforderungen, Rechnungszwecke und Rechnungsinhalte von DELKOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

bb) Aufbau der Kostenstellenrechnung

100

bc) Planung der Personalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bd) Kostenspaltung (prop/flx-Setzung) und das Problem des Anpassungsspielraums 109 be) Erfassung der Ist-Personalkosten

112

bt) Kennzahlen-Kontrollsystem und Betriebsvergleiche

114

3. DELKOS, Dezentralisierung und Leistungsanreize

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

4. Kritik an der eingeschränkten Signalgebung der dezentralen Leistungs- und Kostenrechnung im Rahmen der Führungsinformation . . . . . . . . . . . . . . . . 117 V. Ansätze ß1r eine Controllingkonzeption unter Berücksichtigung der Instrumentalfunktion der DBP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

1. Ergänzung um abgeleitete Indikatoren aus dem Infrastrukturauftrag der DBP (Qualitätscontrolling)

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Inhaltsverzeichnis

13

2. Ergänzung um Indikatoren zur Abbildung der Arbeitsbedingungen (Sozialcontrolling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Ein öffentliches Controlling für die Bundespost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Zusammenfassende Thesen

137

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Abkürzungsverzeichnis Archiv PF BFuP BMPT BPM DBP DBW DELKOS DPG EKÄ EPostVerfG FAG FTZ HdWW HWB KPR LKR LPERSTA OPDn PostVwG PTZ WIK WiSt WSI ZfB ZögU ZPERSTA

Archiv für das Post und Fernmeldewesen Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bundesminister für Post und Telekommunikation Bundespostministerium Deutsche Bundespost Die Betriebswirtschaft Dezentrale Leistungs- und Kostenrechnung Deutsche Postgewerkschaft Erfolgskontrolle der Ämter Entwurf-Postverfassungsgesetz Gesetz über Fernmeldeanlagen (Fernmeldeanlagengesetz) vom 17. März 1977 (BGBI. I S. 459, 573) Fernmeldetechnisches Zentralamt Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft Handwörterbuch der Betriebswirtschaft Kostenrechnungspraxis Leistungs- und Kostenrechnung Lokale Personalstundenstammdatei Oberpostdirektion(en) Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost (Postverwaltungsgesetz) vom 24. Juli 1953 (BGBI. I S. 676) Posttechnische Zentralamt Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost Wirtschaftswissenschaftliches Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut des Deutschen Gewerkschaftsbundes Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen Zentrale Personalstundenstammdatei

I. Einleitung Seit Anfang der achtziger Jahre steht die Wirtschaftspolitik in den meisten kapitalistischen Industriestaaten unter der Losung: Rückzug des Staates und Stärkung der Marktkräfte. Ob nun als "Reagonomics", "Thatcherismus" oder schlicht als "Wende" bezeichnet, immer sind Deregulierung und Privatisierung Schlüsselbegriffe einer wirtschaftspolitischen Programmatik, die vom Arbeitsmarkt über das Gesundheitswesen bis zum Versicherungssektor und Wertpapierhandel die "freien" Marktkräfte und Wettbewerbspotentiale von "staatlicher Bevormundung" befreien will, um neue Wachstumsschübe zu initiieren. 1 Die immer deutlicher werdenden globalen Umweltkatastrophen, die seit mehr als einem Jahrzehnt anhaltende Massenarbeitslosigkeit, die Ungleichgewichte im Welthandel, die sich verschärfenden nationalen wie internationalen Verteilungskonflikte zwischen Armen und Reichen und ein sich rasant entwickelnder Konzentrationsprozeß in allen Wirtschaftsbranchen lösen am Ende der achtziger Jahre erhebliche Zweifel bei vielen Menschen über die herrschende Wirtschaftspolitik in den kapitalistischen Industriestaaten aus. 2 Diese Wirtschaftspolitik, die die öffentliche Daseinsvorsorge reduzieren und das individualistische Gewinn- und Nutzenstreben ausbauen will, die in der monetaristischen Konterrevolution ihren Ausgangspunkt fand und als Angebotspolitik deklariert wird, verliert zunehmend an Glanz. Steuer-, Gesundheits-, Renten- und Postreform sind die vier zentralen Reformvorhaben der konservativ-liberalen Bundesregierung im Zuge ihrer Wendepolitik. Die Postreforrn, die auf eine Deregulierung des Telekommunikationssektors und Neustrukturierung der Deutschen Bundespost in drei Unternehmen - TELEKOM, POSTDIENST, POSTBANK- zielt, ist Gegenstand dieser Arbeit. Allgemein wird angenommen, daß der Telekommunikation im Wachstumsund Innovationsprozeß hoch entwickelter Volkswirtschaften eine Schlüsselrolle zukommt. 3 In allen kapitalistischen Industriestaaten werden mehr oder weniger 1 Vgl. R. Soltwedel: Supply-Side Policies Since 1982? The Lessons are Still to be Leamed, in: G. Fels u. G. M. von Furstenberg (Eds.): A Supply-Side Agenda for Germany -Sparks from the United States, Great Britain, European Integration, Heidelberg 1989, S. 71-100, ders. et al.: Deregulierungspotentiale in der Bundesrepublik, Kieler Studie No. 202, Tübingen 1986. 2 Siehe z. B. Stellungnahme des "Solidaritätskreises gegen Arbeitslosigkeit": Wir brauchen eine Ökonomie für das "ganze Haus", Gewerkschaftliche Monatshefte 2/ 89, S. 114-123. 3 Vgl. Sachverständigenrat Vorrang für die Wachstumspolitik, Jahresgutachten 1987/88, Bonn 1987, S. 196.

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I. Einleitung

umfangreiche ordnungspolitische Reformen in den Telekommunikationssektoren durchgeführt. In der Bundesrepublik wird die Neuordnung der Deutschen Bundespost seit dem Einsetzen einer hochrangigen Regierungskommission Fernmeldewesen im Jahr 1985 durch die Bundesregierung in Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit intensiv und konträr diskutiert. Diese Diskussion um die Bundespost als "Bürgerpost" hat in den Städten, Gemeinden und Bundesländern den Blick geschärft für die infrastrukturelle Bedeutung des Post- und Fernmeldewesens, so daß heute bis weit in die Regierungskoalition hinein einer reinen Wettbewerbslösung bei der Neuordnung der DBP eine Absage erteilt und die besondere Stellung der Deutschen Bundespost als öffentliches Unternehmen betont wird. 4 Die Bundesregierung reagiert auf diese Mehrheitsverhältnisse und versucht, auf eine Kurzformel gebracht, eine Kompatibilität zwischen einer Ausweitung des Wettbewerbs im Telekommunikationssektor und den Infrastrukturaufgaben der DBP in ihrem Gesetzentwurf zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost herzustellen. Dieser Versuch, der zu einer Einteilung des Post- und Fernmeldewesens in Monopol-, Pflicht- und freie Dienstleistungen führt, löst neue Fragen nach der zukünftigen Regulierung der Deutschen Bundespost und ihrer drei Unternehmensbereiche aus, denn es besteht aufgrund internationaler Erfahrungen - insbesondere in den USA und in Großbritannien - die Befürchtung, daß es in einer mehr wettbewerbsorientierten V nternehmensorganisation der DBP zu einer Vernachlässigung der Infrastrukturaufgaben kommt, zumal die zukünftige innere Organisation der drei V nternehmen auf eine Dezentralisierung, d. h. auf eine stärkere Selbständigkeit der Post- und Fernmeldeämter, gerichtet ist. In dieser Arbeit soll der Fragestellung nachgegangen werden, wie sich der zukünftige Regulierungsprozeß zwischen dem Bundesminister für Post und Telekommunikation (BMPT), der als Regulierungsbehörde fungieren wird, und den Postunternehmen gestaltet und wie diese Regulierung in die innere Organisation der Postunternehmen umgesetzt werden kann, so daß es im tatsächlichen Handeln der dezentralen Organisationseinheiten nicht zu einer Vernachlässigung der Infrastrukturaufgaben kommt. Die Infrastrukturaufgabe, die einen wesentlichen Bestandteil der Instrumentalfunktion öffentlicher V nternehmen im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft ausmacht, ist im allgemeinen Gegenstand der volkswirtschaftlichen Betrachtung öffentlicher Unternehmen. Will man die Möglichkeiten, Grenzen und Wirkungen öffentlicher Unternehmen als Instrumente staatlicher Wirtschaftspolitik erforschen, so reicht eine volkswirtschaftliche Betrachtung allein nicht aus, sondern sie bedarf der Ergänzung durch die Betrachtung der realen Betriebsprozesse. Andererseits birgt eine isolierte Betrachtung der Betriebspro4 Vgl. Statement des Obmanns der CDU jCSU im Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen J. Linsmeier: Netze sind Teil des öffentlichen Sektors, in: Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (Hrsg.): Postreform: Marktorientierung und öffentlicher Auftrag, Baden-Baden 1988, S. 64-67.

I. Einleitung

17

zesse ohne Berücksichtigung der besonderen Funktion öffentlicher Unternehmen als Instrumente staatlicher Wirtschaftspolitik die Gefahr in sich, daß es bei der Ableitung betriebswirtschaftlicher Gestaltungsempfehlungen für öffentliche Unternehmen zu Fehlern kommt, da ihre Spezifika nicht hinreichend berücksichtigt werden. Die Betrachtung der zukünftigen Regulierung der DBP, ihrer Wirkungen auf die dezentralen Einheiten und die Ableitung von Gestaltungsempfehlungen bedarf mithin des Grenzganges zwischen der volkswirtschaftlichen und der betriebswirtschaftliehen Disziplin. Auf einem Kolloquium zum Thema "Öffentliche Unternehmen und ökonomische Theorie" des Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft wurde die Frage aufgeworfen, "wie sich die volkswirtschaftliche Betrachtungsweise von öffentlichen Unternehmen ... .in Verbindung bringen läßt mit betriebswirtschaftliehen Theorieelementen, insbesondere der Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit öffentlicher Unternehmen durch Kennziffern aus dem betrieblichen Rechnungswesen zu messen und zu vergleichen." 5 Diesem Forschungsproblem- "volkswirtschaftliche Betrachtungsweise" öffentlicher Unternehmen in Verbindung mit dem "betrieblichen Rechnungswesen"- haben sich einige Wissenschaftler in aktuellen Beiträgen - in der Regel unter der Begrifflichkeit des "Controlling" und der "Effizienzmessung" für öffentliche Unternehmen - zugewandt. 6 Das Problem der Kompatibilität von "Wettbewerb" und "Infrastrukturaufgabe" bei der DBP, die Frage der zukünftigen Regulierung und die Suche nach Gestaltungsempfehlungen für die Vorgaben, Kontrollen und Steuerungen der dezentralen Einheiten können diesem allgemeinen Forschungsproblem untergeordnet werden. Im zweiten Abschnitt dieser Arbeit erfolgt zunächst im Sinne einer Klärung und Begründung des Theorierahmens für die weiteren Betrachtungen eine Darstellung und Diskussion der Grundzüge der Wohlfahrtstheorie und der Gemeinwirtschaftslehre. Die bisherige gesetzliche Normierung der DBP und die sich daraus ergebenden gemeinwirtschaftliehen Verpflichtungen werden anschließend dargestellt. Der Infrastrukturauftrag steht dabei im Vordergrund, und es werden die Zusammenhänge zwischen dem Infrastrukturauftrag und gewissen qualitativen Anforderungen an die Dienstleistungen hergeleitet. Der zweite Abschnitt schließt mit der Darstellung der Pläne der Bundesregierung zur Neustrukturierung der DBP.

5 Diskussionsbeitrag von H. G . Nutzinger zum Referat von P. Eichhorn: Anforderungen an eine für die Politikberatung geeignete Theorie öffentlicher Unternehmen, in: T. Thiemeyer (Hrsg.): ÖlTentliehe Unternehmen und ökonomische Theorie, Baden-Baden 1987, s. 228. 6 Vgl. D. Budäus: Controlling als Ansatz zur Operationalisierung der Instrumentalfunktion öfTentlicher Unternehmen, ZögU Band 7 f 1984, S. 143-162 und J. Weber: Ausgewählte Aspekte des Controlling in öffentlichen Institutionen, ZögU Band 6/ 1983, s. 438-461.

2 Rehfeld

18

I. Einleitung

Im dritten Abschnitt wird die Frage der zukünftigen Regulierung unter Berücksichtigung erster Regulierungsvorschläge und der vorliegenden Regulierungserfahrungen im Telekommunikationssektor in Großbritannien diskutiert, und es werden Anforderungen für die Umsetzung in die innere Struktur der DBP (innere Regulierung) abgeleitet. Im vierten Abschnitt werden zunächst die von einigen Forschern erarbeiteten Aspekte zu Controllingkonzepten für öffentliche Unternehmen skizziert; es folgt eine Darstellung der "Dezentralen Leistungs- und Kostenrechnung (DELKOS)", die u.a. als wesentliches Element für die Steuerung der dezentralen Einheiten der DBP entwickelt wurde. Nach einer Kritik, in der sich zeigen wird, daß für die Steuerung der dezentralen Einheiten das System DELKOS allein nicht ausreicht, werden im fünften Abschnitt Vorschläge für eine Ergänzung des Steuerungsinstrumentariums gemacht. Dabei wird zum einen begründet, daß das Kostencontrolling des Systems DELKOS um ein Qualitätsund Sozialcontrolling zu ergänzen ist, zum anderen wird der in der Literatur gemachte Vorschlag eines öffentlichen Controlling für öffentliche Unternehmen auf die DBP angewandt. Abschließend werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit thesenartig zusammengefaßt. Den Professoren Dr. Siegfried Katterle, Dr. Karl Inderfurth und Dr. Theo Thiemeyer danke ich für die kritischen Anmerkungen und wertvollen Hinweise zu einer ersten Fassung dieser Arbeit. Besonderen Dank schulde ich den Mitgliedern der Arbeitsgruppe DELKOS beim Hauptvorstand der Deutschen Postgewerkschaft für die interessanten und anregenden Diskussionen während der Tagungen der Arbeitsgruppe.

II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion 1. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie Wirtschaftswissenschaftler stimmen darin überein, daß es die ökonomische Theorie öffentlicher Unternehmen nicht gibt. 1 Zwei Grundansätze prägen das Spektrum der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur über öffentliche Unternehmen, die Wohlfahrtstheorie individualistischer Prägung und die Gemeinwirtschaftslehre, die in öffentlichen Unternehmen vornehmlich Instrumente der Wirtschaftspolitik sieht. Beide Ansätze werden nachfolgend in ihren Grundzügen beschrieben und diskutiert, um zu entscheiden, welcher Ansatz geeignet ist, den theoretischen Rahmen für die Beschreibung und Diskussion der Neuordnungsprozesse um die Deutsche Bundespost zu bilden. a) Wohlfahrtstheorie

Die wohlfahrtstheoretische Betrachtungsweise öffentlicher Unternehmen unterscheidet zwischen einer normativen und einer positiven ökonomischen Theorie öffentlicher Unternehmen.2 In der normativen Theorie werden Preisregeln für die öffentlichen Unternehmen hergeleitet. Die positive Theorie befaßt sich mit dem Ablauf des politischen Prozesses zwischen den Entscheidungsträgern (Regierung, Parlament, Interessengruppen, Management, Gewerkschaften etc.) und dessen Auswirkungen auf die öffentlichen Unternehmen. 3 1 Vgl. P. Eichhorn: Anforderung an eine für die Politikberatung geeignete Theorie öffentlicher Unternehmen, sowie die Diskussionsbeiträge zum Referat von Eichhorn, in: T. Thiemeyer (Hrsg.): Öffentliche Unternehmen und ökonomische Theorie, Kolloquium des Wissenschaftlichen Beirats für öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, 2. und 3. Oktober 1986 in der Universität Mannheim, Baden-Baden 1986, S. 215-230. 2 Vgl. zur Unterscheidung zwischen einer "normativen" und "positiven" Theorie John Neville Keynes: ".a positive science may be defined as a body of systematized knowledge concerning what is; a normative or regulative science as a body of systematized knowledge relating to criteria ofwhat ought tobe .. The object of a positive science is the establishment of uniformities, of a normative science the determination of ideals, of an art the formulation of precepts." J. N. Keynes: The Scope and Method of Political Economy, 4. Aufl. New York 1965, S. 34f.. 3 Vgl. C. B. Blankart Ökonomie der öffentlichen U ntemehmen, München 1980; ders.: Öffentliche Unternehmen aus der Sicht der Gemeinwirtschaftslehre und der Neuen Politischen Ökonomie, ZögU Band 6/1983, S.t8-29. D. Bös: Public Enterprise Economics, Amsterdam 1986; ders.: Public Sector Pricing, in: Handbook of Public Economics, vol I, edited by A. J. Auerbach and M. Feldstein, Amsterdam 1985, S. 130207.

2*

20

li. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

aa) Die normative Theorie öffentlicher Unternehmen

Grundlage der normativen Theorie ist das Pareto-Kriterium, nach dem ein Zustand einem anderen Zustand vorzuziehen ist, wenn zumindest für ein Individuum in der Gesellschaft ein höheres Nutzenniveau erreicht wird, ohne ein anderes zu benachteiligen. In der Wohlfahrtstheorie wurde gezeigt, daß bei vollkommener Konkurrenz (Preisnehmer) gewinnmaximierenderUnternehmen und nutzenmaximierender Konsumenten sich das Pareto-Optimum - es ist nicht mehr möglich, das Nutzenniveau irgendeines Mitglieds der Gesellschaft zu erhöhen, ohne gleichzeitig das Nutzenniveau eines anderen Individuums zu vermindern - automatisch erfüllt. 4 Für öffentliche Unternehmen wird unterstellt, daß eine "solche Tendenz u. a. wegen des fehlenden Gewinnanreizes und wegen der weitgehenden Absenz von Wettbewerb nicht zu erwarten" ist. 5 Den öffentlichen Unternehmen sind deshalb "Vorschriften" aufzuerlegen, damit sie sich so verhalten, "als ob sie unter Wettbewerbsbedingungen stünden. " 6 Zur Ableitung entsprechender "Vorschriften" wird vorausgesetzt, daß die öffentlichenUnternehmen die Wohlfahrt maximieren. "Public enterprises ought to maximize welfare. This Statement is the basis of a normative economic theory of public enterprises. ,Normative' means that the application of the respective pricing rules can be justified by some higher order value judgements as formally expressed by social welfare functions. As ,ought' implies ,can', normative pricing rules are empirically applicable". 7 Im Mittelpunkt der normativen Betrachtung öffentlicher Unternehmen steht die Grenzkostenpreisregel oder Varianten davon. 8 Neben der Grenzkostenpreisregel werden vor allem die Regel der Ramsey-Preise und SpitzlastpreiseKonzepte (Peak-Load-Pricing), außerdem noch die Preiskonzepte (FeldsteinPreise) betrachtet, die Verteilungsziele mit berücksichtigen. 9 Die Preisbildung

4 Vgl. zur Darstellung der Grundzüge der Wohlfahrtstheorie A. M. Feld man: Welfare economics, in: The new Palgrave a Dictionary of economics, London and Basingstoke 1987, S. 889-894. Eine umfassende Darstellung gibt E. Sohmen: Allokationstheorie und Wirtschaftspolitik, Tübingen 1976. 5 C. B. Blankart: Ökonomie .. ., a.a. O., S. 21. 6 C. B. Blankart Ökonomie . . ., a.a.O., S. 21 . 7 D. Bös: Public Enterprise ... , a. a. 0., S. 14. 8 Theo Thiemeyer bemerkt, daß die normative Theorie "nahezu ausschließlich der Darstellung und Verfeinerung des Grenzkostenprinzips und seiner Verteidigung.. gewidmet ist." T. Thiemeyer: Über Gegenstand und Inhalt einer "Ökonomie der öffentlichen Unternehmen", ZögU Band 4/1981, S. 494-509, hier S. 495 .. 9 Vgl. zur Grenzkostenpreisregel, C. B. Blankart Ökonomie ... , a.a.O. S. 21-29, D. Bös: Public Enterprise ... , S. 161-183, zu Ramsey-Preisen, C. B. Blankart: Ökonomie .. ., a.a.O., S. 44-47, D. Bös: Public Enterprise . .. , a.a.O., S. 187-201, zu den Spitzlastpreisen, C. B. Blankart: Ökonomie, a.a.O., S. 56-69, 0. Bös: Public Enterprise . . ., a.a.O., S. 261-274 und zu "Pricing with distributional aims", 0. Bös: Public Euterprise ... , a.a.O., S. 212-218.

l . Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

21

öffentlicher Unternehmen unter einer Rate-of-Return-Regulierung ist ebenfalls Gegenstand der normativen Theorie. 10 Die normative Theorie öffentlicher Unternehmen folgt dem wohlfahrtstheoretischen Ansatz und leitet in modellanalytischer Weise- Maximierung einer allgemeinen Wohlfahrtsfunktion unter bestimmten Nebenbedingungen (Lagrangeansatz) - Preisbildungsregeln ab. Die normative ökonomische Theorie beansprucht einen Realitätsbezug ("empirically applicable"); sie versteht sich als Maßstab, um reale Handlungen öffentlicher Unternehmen beurteilen zu können. 11 In der intensiven wissenschaftlichen Diskussion der Wohlfahrtstheorie wurden die vielfaltigen Probleme und Defizite dieses neoklassischen Ansatzes aufgezeigt. 12 Unter den üblichen Annahmen vollkommener Konkurrenz, der Nutzen- und Gewinnmaximierung von Konsumenten und Unternehmen unter Budget- bzw. Produktionsrestriktionen lautet" the First Fundamental Theorem of Welfare Economics: Assurne that all individuals and firms are selfish price takers. Then a competitive equilibrium is Pareto-Optimal." 13 Neben zahlreichen Einwänden, 14 u. a., daß unrealistischerweise vollständige Information vorausgesetzt wird, die realen Ökonomien nicht durch Gleichgewichte, sondern durch Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage gekennzeichnet sind, die Annahme vollkommener Konkurrenz die Realität der Existenz von Monopolen und Oligopolen auf vielen Märkten ignoriert, der dynamische Charakter von 10 Vgl. zur " Rate ofReturn Regulierung", D . Bös: Public Enterprise ... , a. a. 0 ., S. 204211 und mit Bezug zur Deutschen Bundespost A. Heuermann u. W. Neu: Ein Regulierungsrahmen für das Unternehmen Deutsche Bundespost Telekom, Bad Honnef 1988, S. 6-9, sowie Abschnitt III in dieser Arbeit. 11 Vgl. C. B. Blankart: Ökonomie ... , a. a. 0., S. 19. D . Bös testet seine modellanalytischen Überlegungen am Beispiel der "London-Regionai-Transport" auf Realitätsbezug. Vgl. D. Bös: Public Enterprise ... , a .a.O., S. 317-423. A. Buschleitetmit dem Konzeptder Grenzkostenpreisregel wohlfahrtsoptimale Gebühren für die Deutsche Bundespost ab. Vgl. A. Busch: Die Gebührenpolitik der Deutschen Bundespost im Telekommunikationssektor auf dem Prüfstand, Die Weltwirtschaft 1/86. 12 Vgl. H. Albert: Politische Ökonomie und rationale Politik. Vom wohlfahrtsökonomischen Formalismus zur poltischen Soziologie, in: H. Besters (Hrsg.): Theoretische und institutionelle Grundlagen der Wirtschaftspolitik, Berlin 1967, S. 59- 87; ders.: Grundprobleme rationaler Ordnungspolitik. Vom wohlfahrtsökonomischen Kalkül zur Analyse institutioneller Alternativen, in: H. Milde u. H. G. Monissen: Rationale Wirtschaftspolitik in komplexen Gesellschaften, Stuttgart 1985, S. 53-62. S. Katterle: Sozialwissenschaft u. Sozialethik, G öttingen 1972, S. 11 -46. E. Streissler: Kritik des neoklassichen Gleichgewichtsansatzes als Rechtfertigung marktwirtschaftlicher Ordnung, in E. Streissler u. C. Watrin: Zur Theorie marktwirtschaftlicher Ordnungen, Tübingen 1980, S. 38-69, T. Thiemeyer: Grenzkostenpreise bei öffentlichen Unternehmen, Köln/Opladen 1964, S. 21-70. 13 A. M. Feldman: Welfare . .. , a. a . 0., S. 890. 14 Vgl. zur detaillierten Kritik, H. Albert: Politische Ökonomie . .. , a. a. 0.; S. Katterle: Sozialwissenschaft . . ., a. a. 0., E. Streissler: Kritik des neoklassischen Gleichgewichtsansatzes ... , a. a. 0., T. Thiemeyer: Grenzkostenpreise., a. a. 0 ..

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II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

Ökonomien, der sich im Wachstum und in Änderungen von Wünschen und Technologien ausdrückt, nicht berücksichtigt und eine Neutralität der Arbeitsbedingungen unterstellt wird, sowie der Kritik, daß externe Effekte und die Existenz öffentlicher Güter ignoriert werden, ist "the most troubling aspect of the First Theorem ..its neglect of distribution." 15 Für verschiedene Verteilungen (Anfangsausstattungen) existieren unterschiedliche Pareto-Optima. "The First Theorem ignores basic distributional questions: How should unfair distribution of goods be made fair ?" 16 Auch das zweite grundlegende Theorem der Wohlfahrtstheorie: "Assume that all individuals and producers are selfish price takers. Then almost any Pareto optimal equilibrium can be achieved via the competitive mechanism, provided appropriate lump-sum taxes and transfers are imposed on individuals and firms" gibt keine befriedigende Antwort auf die Verteilungsfrage. Das zweite Theorem besagt, jeder Punkt auf der N utzenmöglichkeitsgrenze ist bei entsprechender Verteilung erreichbar, aber damit ist weder bestimmt, welcher Punkt als gesellschaftlich wünschenswertes "Wohlfahrtsmaximum" ausgezeichnet wird, noch ist klar, wann eine Zustandsveränderung von einem Punkt A nach B (Verteilungsveränderung) gesellschaftlich wünschenswert ist. Im Fortgang der Debatte um die Wohlfahrtstheorie wurden sogenannte Kompensationskriterien entwickelt, die im wesentlichen dazu dienen, eine Zustandsänderung der Ökonomie dann als wünschenswert auszuzeichnen, wenn die Gewinner, die ein höheres Nutzenniveau erreichen, die möglichen Verluste anderer Gesellschaftsmitglieder theoretisch kompensieren könnten. 17 Über diese Kompensationskriterien und andere Meßverfahren (Konsumentenrente)18 der "applied welfare economics" hat es eine ausführliche Debatte gegeben, in deren Verlauf auch immer wieder die Unmöglichkeit des interpersonellen Nutzenvergleichs betont wurde. 19 Die sich heute herausbildenA. M. Feldman: Welfare ... , a. a. 0., S. 890. A. M. Feldman: Welfare ... , a.a.O., S. 891. 17 Zur Darstellung der verschiedenen Kompensationskriterien, vgl. E. Sohmen: Allokationstheorie . . ., S. 307-335. 18 Vgl. zur Diskussion über die Probleme bei der Anwendung der Konsumentenrente als Wohlfahrtskriterium E. Sohmen: Allokationstheorie . . ., a. a. 0., S. 399fT. Es ist in der wissenschaftlichen Diskussion über die Messung des "sozialen Gesamtwerts" und der "sozialen Gesamtkosten" insbesondere deutlich geworden, daß die Bewertung nicht durch Marktpreise erfolgen kann, sondern eine gesellschaftliche politische Bewertung erforderlich ist, "denn dieser Begriff des gesellschaftlichen Wertes muß sich - unabhängig von der Bewertung des Marktes - auf die Gestaltung der Gesellschaft als Ganzes beziehen." Der Markt unterliegt dann selbst der politischen Bewertung. Dieses involviert auch, daß "die ,Leistung' von Einzelwirtschaften (im besonderen die Leistungen nicht kostendeckender gemeinwirtschaftlicher Unternehmen) unabhängig von Marktergebnissen zu bewerten ist" S. Katterle: Sozialwissenschaft . .. , a. a. 0 ., S. 25fT. 19 Neben dem nichtgelösten Problem der Homogenisierung von individuellen Werteskalen besteht das Problem des "interpersonellen Nutzenvergleichs". Die individuelle Bewertung von Gütern ist nicht gebunden an Eigentum und individuelle Verfügungsmacht, "da die Verfügung über Güter in einer Gesellschaft sich offensichtlich immer auch 15 16

1. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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de Erkenntnis dieser Debatte ist: "the tools of applied welfare economics are crucially important in practice, theory says they must be viewed with suspicion." 20 Die durch das zweite Theorem aufgeworfene Frage, "that many would view as essentially political: How should society choose the Paretooptimal allocation of goods that is to be reached via the modified competitive mechanism?" 21 führte zu den Versuchen, "soziale Wohlfahrtsfunktionen" als Entscheidungshilfen zu konstruieren bzw. Bedingungen für ihre Existenz anzugeben. 22 Zentrale Idee ist dabei, die individuellen Präferenzen über verschiedene alternativ mögliche Zustände einer Ökonomie in eine gesellschaftliche Präferenz zu transformieren. Dieser Transformationsprozeß muß nach Arrow unter bestimmten allgemeinen Bedingungen erfolgen. 23 Ein solches Aggregationsverfahren ist, wie von Arrow gezeigt, nicht möglich, es ist nicht "non-dictatorial". 24 Das dritte grundlegende Theorem der Wohlfahrtstheorie heißt deshalb: "There is no Arrow Social Welfare Function that satisfies the condition of universality, Pareto consistency, indepence, nondictatorship." 25 Allan M. Feldman resumiert, "since the Third Theorem was discovered, a whole Iiterature ofmodifications and variations has been spawned. But the depressing conclusion has remained more or less inescapable: there is no logically infallible way to aggregate the preferences of diverse individuals .... and this is a tragedy. We feel we know, like Adam Smith knew, which policies would increase the wealth of nations. But because of all our theoretic goblins, we can no Ionger prove it." 26 Die skizzierten logischen Schwierigkeiten und die kritisierten, für die modellanalytische Welt der Wohlfahrtstheorie sicher nur schwer vermeidbaren27, zahlreichen Abstraktionsprozesse lassen es ratsam erscheinen, der positiv oder negativ auf die Bedürfnisbefriedigung anderer Individuen auswirken kann." H. Albert: Politische Ökonomie .. ., a.a.O., S.67. 20 A. M. Feldman: Welfare .. ., a. a. 0., S. 892. 21 A. M. Feldman: Welfare ... , a. a. 0., S. 892. 22 Vgl. zur Darstellung und Diskussion "gesellschaftlicher Wohlfahrtsfunktionen" und des "Arrow-Paradoxon" E. Sohmen: Allokationstheorie . . ., Kapitel10 Wohlfahrtsfunktionen als Gesellschaftliche Entscheidungshilfen ?, a. a. 0 ., S.336- 385 und A. M. Feldman: Welfare ... , a.a.O. S.892ff. 23 Vgl. zu den "Arrow-Bedingungen" E. Sohmen: Allokationstheorie ... , S. 346ff. und A. M. Feldmann: Welfare . . ., a. a. 0 ., S. 893. 24 Vgl. E. Sohnen: Allokationstheorie ... , a.a.O., S. 350ff. und A. M. Feldmann: Welfare ... , a. a. 0 ., S. 894 . 25 A. M. Feldman: Welfare . .. , a. a. 0., S. 893. 26 A. M. Feldman: Welfare ... , a. a. 0., S. 894. 27 Vgl zum Modell-Denken in der Ökonomie, H. Albert: Modell-Denken und historische Wirklichkeit. Zur Frage des logischen Charakters der theoretischen Ökonomie, in: ders. (Hrsg.): Ökonomisches Denken und soziale Ordnung, Tübingen 1984, S. 3961. Hans Albert macht auf drei Defizite in der Modellwelt der Neoklassik aufmerksam. (Vgl. hier S. 57-61) Es besteht ein kognitives Defizit, das aus dem mangelnden Wissen

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li. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

Wohlfahrtstheorie skeptisch zu begegnen, wenn Antworten für praktische Fragen der Wirtschaftspolitik aus dem wohlfahrtstheoretischen Ansatz abgeleitet werden. Die Wohlfahrtstheorie erweist sich insbesondere dann als wenig hilfreich, wenn die Fragestellung über "rein ökonomische" Probleme hinausgeht. Die in der Wohlfahrtstheorie übliche Annahme einer Konstanz der nichtökonomischen Fakten steht im Widerspruch zum Wissen, "daß der Mensch eine Mehrzahl von Zielen verfolgt, die zueinander in Spannung stehen; er muß immer wieder entscheiden, welche Ziele er zugunsten anderer zurücksetzen will. " 28 Für eine empirische Analyse kann nicht vorausgesetzt werden, "daß eine Verbesserung der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen nur positive (jedenfalls keine negativen) Auswirkungen auf alle den Sinn des Lebens bestimmenden Zielsetzungen und Bindungen" hat. 29 Bezogen auf die Deutsche Bundespost sei z. B. darauf hingewiesen, daß die Einführung des Integrated Services Digital Network (ISDN) durch die DBP besonders hinsichtlich der sozialen Wirkung auf den einzelnen Menschen (Isolation) wie auch der gesellschaftlichen Wirkung (Überwachungsstaat) kritisch diskutiert wird. 30 Diese Aspekte werden im Rahmen einer wohlfahrtstheoretischen Analyse nicht berücksichtigt, dazu müßte die Konstanz der außerökonomischen Faktoren aufgegeben werden. In der normativen Theorie werden alle relevanten Ziele in den Konsumbereich verwiesen; Arbeitsbedingungen und soziale Beziehungen entziehen sich der moralischen Bewertung. 31 Siegfried Katterle kommt nach einer Untersuchung der Wohlfahrtstheorie unter der Fragestellung, "ob aus der paretianischen Definition einer ,gesellschaftlichen Wohlfahrtssteigerung' eine politisch praktikable Verhaltensweise abgeleitet werden kann, " 32 zu dem Ergebnis, "daß die Wohlfahrtsökonomik fundamentale empirische Probleme, die für die von ihr untersuchten Zusammenhänge relevant sind, willkürlich als ,nicht ökonomisch' aus der theoretischen Analyse ausschließt." Die Folge ist, daß "die Aussagen über das sozialökonomische Optimum (einen) rein definitorischen Charakter beinhalten" und nicht auf "tatsächliche Institutionen und über Erwartungen der Individuen resultiert und nur durch "ad hoc-Annahmen überbrückt werden konnte" (Annahme der rationalen Erwartungen), ein motivationales Defizit (die Annahme der Gewinnmaximierung ist nicht ohne weiteres mit der grundlegenden Verhaltenslehre in Verbindung zu bringen), und ein institutionelles Defizit, da die Neoklassik den rechtlichen Regelungen und anderen institutionellen Tatbeständen kaum Rechnung trägt. Albert sieht in der "Neuen Poltischen Ökonomie" das Bemühen der Neoklassik, das institutionelle Defizit zu überwinden. Für die Überwindung des kognitiven und motivationalen Defizits ist nach Albert die Einbeziehung von psychologischen Annahmen nötig, die dann auch der psychologischen Kritik zugänglich wären. 28 S. Katterle: Sozialwissenschaft . . ., a.a.O., S. 16. 29 S. Katterle: Sozialwissenschaft . .. , a. a. 0., S. 18. 30 Vgl. H. Kubicek: Mit integrierten Fernmeldenetzen auf den Weg in die "Post"industrielle Gesellschaft, DBW 47 (1987) 4, S. 451-470. 31 Vgl. S. Katterle: Sozialwissenschaft . . ., a.a.O., S. 18. 32 S. Katterle: Sozialwissenschaft . . ., a.a. O., S. 15.

I . Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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Verhaltensweisen bezogen werden können." Die Wohlfahrtstheorie hat "die Tendenz, politische Empfehlungen unmittelbar aus theoretischen Überlegungen - ohne Hinzunahme praktischer Prämissen - zu entwickeln. " 33 Die in der normativen Theorie entwickelten Grenzkosten preisregeln sind ein Beispiel für die Ableitung politischer Empfehlungen aus dem wohlfahrtstheoretischen Ansatz, ohne praktische Prämissen zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen und die damit verbundenen Probleme sind intensiv in der Literatur diskutiert worden. 34 Die Grenzkostenpreisregel führt zu einem Defizit für die öffentliche Unternehmung, wenn bei einer gegebenen Nachfrage die Durchschnittskosten über den Grenzkosten liegen. Möglich ist diese Situation bei jeder Art von Grenzkostenkurve (abhängig von der Lage der Nachfragekurve); bei sinkenden Grenzkosten (steigende Skalenerträge) tritt allerdings immer ein Defizit auf, da die (langfristige) Grenzkostenkurve unterhalb der (langfristigen) Durchschnittskostenkurve verläuft. Das Auftreten zunehmender Skalenerträge gehört zu den Fällen des "allokativen Marktversagens" und ist eng verbunden mit der Diskussion um die Eigenschaften eines natürlichen Monopols. 35 Kritiker der Grenzkostenpreisregeln wenden sich insbesondere gegen den Allgemeingültigkeitsanspruch. Sie gestehen den modellanalytisch abgeleiteten Kostenpreisregeln zu, "für bestimmte Fälle fruchtbare Orientierungshilfen zu leisten", als generelle Preisregeln werden sie jedoch abgelehnt. 36 Die Kritiker S. Katterle: Sozialwissenschaft . . ., a. a. 0., S. 22 f. Vgl. T. Thiemeyer: Grenzkostenpreise, a.a.O., S. 73 - 103; ders: Wirtschaftslehre öffentlicher Betriebe, Reinheck bei Harnburg 1975, S. 163-219. 35 Für Mehrproduktunternehmen wie die DBP reichen steigende Skalenerträge für den Nachweis eines natürlichen Monopols nicht aus. Hier ist Subadditivität der (volkswirtschaftlichen) Kostenkurve erforderlich. Die Frage, ob das Fernmeldewesen ein natürliches Monopol ist, wird in der Literatur intensiv und konträr diskutiert. Auch Versuche, durch empirische-statistische Untersuchungen Klarheit zu gewinnen, waren bisher nicht sehr befriedigend. Eine oft zitierte Studie (Anwendung auf AT&T in den USA) ist die von D. S. Evans u. J. J. Heckman: Multiproduct Cost Funktion Estimates and Natural Monopoly Test, in: D. S. Evans (ed.): Breaking up Bell, Amsterdam 1983. Evans u. Heckman kommen zum Ergebnis, die Fernebene im Fernmeldewesen der USA sei kein natürliches Monopol. Die Ergebnisse dieser Studie sind aktuell kritisiert worden. Vgl. A. Charnes u.a. : A Goal Programming/ Constrained Regression Review ofthe Bell System Breakup, Management Science Vol. 34 No.11988, S. 1-26 und die Erwiderung von Evans u. Heckman: Natural Monopoly and the Bell System: Response to Charnes, Copper and Sueyoshi. in der gleichen Ausgabe, S. 27-38. Die Debatte geht um das Problem, daß bei gleicher Datenbasis und gleicher funktionaler Form (Translog-Kostenfunktion) die Wahl der Schätzmethode (goal-programming versus regression estimates) über das Ergebnis entscheidet (Existenz oder Nichtexistenz eines natürlichen Monopols), was für eine Politikberatung natürlich nicht sehr hilfreich ist. Für die Bundesrepublik kommt A. Heuermann mit der Methode der" Erfahrungskurven (Lernkurve)" zu dem Ergebnis, daß für den Telefondienst firmenspezifische Kostendegressionseffekte nachweisbar sind und deshalb "die monopolistische Angebotsstruktur im Telefondienst quantitativ bedeutsame Kosteneinsparungen erwarten" läßt. A. Heuermann: Die Kostenerfahrungskurve des Telefondienstes, WIK Diskussionsbeitrag 41 , Bad Honnef 1988, S.29. 33

34

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Il. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

stellen der "aprioristischen (d. h. modellanalytischen) Preistheorie" eine "empirisch-kasuistische Preistheorie", die eine" Wirkungsanalyse bestimmter Tarifierungsverfahren" zur Überprüfung der Zieladäquanz der Preispolitik miteinschließt, gegenüber. 37 Die Wirkungsanalyse soll die Wirkungen der Preispolitik auf Angebot und Nachfrage untersuchen und die verwaltungstechnischen, verteilungspolitischen, organisationssoziologischen und politischen Konsequenzen aufzeigen. Die "empirisch-kasuistische Preispolitik" verfolgt somit einen vielschichtigen Zielkatalog. Vertreter des wohlfahrtstheoretischen Ansatzes sind hingegen der Meinung, daß "dem Wirtschaftlichkeitsziel in einer normativen Theorie öffentlicher Unternehmen eine vorrangige Bedeutung" zukommt. Andere "wirtschaftspolitische Ziele soll(en) dabei nicht vernachlässigt werden. Sie gehören ... aber eher in die positive Analyse. " 38 ab) Die positive Theorie öffentlicher Unternehmen

Die Grundlage der positiven Theorie öffentlicher Unternehmen ist die "Neue Politische Ökonomie" 39 . Die Neue Politische Ökonomie sucht nach Wegen, wie der aus dem Unmöglichkeitstheorem resultierenden Tragik für den neoklassischen Ansatz ausgewichen werden kann. Sie will der Kritik begegnen, daß die Wohlfahrtstheorie letztlich keine andere Möglichkeit hat, als zur Konstruktion der Wohlfahrtsfunktion auf einen "wohlwollenden Diktator", eine "technokratische Elite" oder auf die "kommunistische Fiktion" zurückzugreifen ..w 36 T. Thiemeyer: Die theoretische Basis der Kostenrechnungsmethoden als Hilfsmittel für die Preiserrnittlungen, Archiv für ölTentliehe und freigemeinnützige Unternehmen, Band 14 1985, S. 292-335, hier S. 297. 37 Vgl. T. Thiemeyer, Die theoretische Basis der Kostenrechnungsmethoden .. ., S. 297. 38 C. B. Blankart Ökonomie . .. , a. a. 0., S. 14. 39 Bei der "Neuen politischen Ökonomie" handelt es sich um eine "vielnamige" Analyseperspektive, und die "Sprachfigur der ,Neuen Politischen Ökonomie' (wird) nicht aUgemein anerkannt und akzeptiert." G. Himmelmann: Neue Politische Ökonomie als Theorie politischer Entscheidung über öffentliche Güter, in: K. Oettle (Hrsg.): Öffentliche Güter und öffentliche Unternehmen, Baden-Baden 1984, S. 137-157, hier S. 140. Ausgangspunkt der "Neuen politischen Ökonomie" war die Arbeit von Anthony Downs, Ökonomische Theorie der Demokratie, Tübingen 1968. Vgl. für einen Überblick B. S. Frey: Die ökonomische Theorie der Politik oder die neue politische Ökonomie: Eine Übersicht, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd. 126 (1970), S. 1-23, ders.: Politisch-ökonomische Modelle: Übersicht und Stand der Forschung, in: E. Helmstädter (Hrsg.): Neuere Entwicklungen in den Wirtschaftswissenschaften, Schriften des Vereins für Socialpolitik NF Band 98, Berlin 1978, S. 503-517. 40 "Schon vor der Entstehung der neuen Wohlfahrtsökonomik hatte Myrdal in seiner kritischen Untersuchung des ökonomischen Denkstils darauf hingewiesen, daß hinter den normativen Konsequenzen, die man in diesem Bereich zu ziehen gewohnt sei, die kommunistische Fiktion einer einheitlichen gesellschaftlichen Wirtschaftsführung und einer gemeinsamen sozialen Wertskala zu finden sei. H. Albert: Politische Ökonomie . .. ,

1. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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Die Neue Politische Ökonomie untersucht in ihren politischökonomischen Modellen die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen dem wirtschaftlichen und politischen Sektor. Dabei stehen die Regierung und die Parteien im Zentrum der Betrachtungen. Die Regierung will an der Macht bleiben, will wiedergewählt werden. Die Neue Politische Ökonomie unterstellt, daß die Zustimmung zur Politik der Regierung wesentlich von der Wirtschaftslage abhängig ist; die Regierung wird deshalb ihre wirtschaftspolitischen Instrumente zur Sicherung ihrer Wiederwahl einsetzen. 41 Ausgangspunkt der positiven Theorie öffentlicher Unternehmen ist, analog zur Neuen Politischen Ökonomie, der Wähler; dessen Wünsche werden im politischen Prozeß "aggregiert und konkretisiert, .. .wobei Regierung, Parlament, Interessengruppen und Verwaltung ihre eigenen Akzente setzen." Aus diesem Prozeß der Aggregierung, Konkretisierung und Akzentuierung "ergeben sich dann Anweisungen an die öffentlichen Unternehmen und schließlich der Output der öffentlichen Unternehmung." 42 Der modellanalytische Rahmen ergibt sich wie in der normativen Theorie aus dem MaximierungskalküL "Public enterprises maximize particular managerial or political objectives. Such objectives are the basis of a positive economic theory of public enterprises ,Positive' means that the respective objective functions are meant as an actual description of economic reality." 43 Zwischen dem öffentlichen Unternehmen, bzw. zwischen dem Vorstand des öffentlichen Unternehmens, und dem Träger besteht eine "Principal-Agent"- Beziehung, mit dem Träger als Principal und dem Vorstand als Agent. 44 Da die Beziehung zwischen dem Träger und dem Vorstand in vielen Fällen komplex ist, wird als Grundhypothese für die Modellanalyse angenommen, "that the board of the enterprise decides on public pricing, and that the government fixes adequate constraints. " 45 Über das "Principal-Agent"Verhältnis ist der Rahmen geschaffen, um die in der Neuen Politischen Ökonomie entwickelten "Logiken" anzuwenden. Gerhard Himmelmann stellt die folgenden vier "Logiken" heraus, die die methodologische Grundlage der Neuen Politischen Ökonomie bilden: "- die Logik des individuellen Nutzenstrebens aller Beteiligten -

die Logik des demokratischen Tauschhandeins im Modell der Stimmenmaximierung bei der Wahl

a. a. 0., S. 73. Vgl. zur technokratischen Elite den Abschnitt "Anwendung der Wohlfahrtsökonomik: Die Technokratie als Implikation des Ökonomismus" bei S. Katterle: Sozialwissenschaft .. ., S. 29ff. Vgl. auch M. J. M. Neumann: Homo Oeconomicus als Wirtschaftspolitiker. Variation eines bekannten Themas, in: H. Milde u.a. (Hrsg): Rationale Wirtschaftspolitik ... , a.a.O., S. 129-137. 41 Vgl. B. S. Frey: Neue Politische Ökonomie, in: Handwörterbuch der Mathematischen Wirtschaftswissenschaften, Wiesbaden 1979, S. 243-253, hier S. 244 f. 42 C. B. Blankart Öffentliche Unternehmen ... , a.a.O., S. 26. 43 D. Bös: Public Enterprise .. ., a. a. 0 ., S. 15. 44 Vgl. D. Bös: Public Enterprise .. ., a.a.O., S. 24. 45 D. Bös: Public Enterprise ... , a.a.O., S. 24.

28

II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

-

die Logik kollektiven Handeins (in Partei, Verbänden u.a.) und

-

die Logik des bürokratischen Handelns. " 46

Die Neue Politische Ökonomie erklärt Politik, Macht und Gesellschaft zum Gegenstand ihrer wissenschaftlichen Analysen, aber nicht durch "Integration unterschiedlicher Wissenschaftsbereiche", sondern durch "Anwendung neoklassischer Methoden und Sichtweisen auf die Politik. " 47 Die Entscheidung über die angemessene Ordnung des sozialen Lebens wird von der Neuen Politischen Ökonomie als ein im weiteren Sinne ökonomisches Problem aufgefaßt. 48 Die Entscheidungslogik der neoklassischen Theorie wird auf die politische Verhaltensanalyse angewandt. Basis für die Neue Politische Ökonomie ist das individuelle Nutzenstreben im Sinne der Maximierung des eigenen Nutzens. Eine zentrale Kritik an der Neuen Politischen Ökonomie wird gegenüber dieser Eigennutz- und Rationalitätsannahme formuliert. Dadurch, daß "Eigennutz" zum zentralen Begriff des rationalen Handeins wird, werden "alle anderen außer nutzenorientierten Verhaltensweisen als psychisch bedingt oder als ideologisch bzw. als traditional abgewehrt bzw. nicht zur Kenntnis genommen und damit in die Nähe eines irrationalen Verhaltens gedrängt." 4 9 Eine direkte Aggregation der individuellen Präferenzen ist unmöglich. Die früher übliche, auf Tinbergen zurückgehende, Unterstellung, die gesellschaftliche Wohlfahrtsfunktion sei die Präferenzfunktion des Politikers (Wirtschaftspolitikers) und diese enthalte ,kollektive' Präferenzen, die das Verantwortungsbewußtsein des Wirtschaftspolitikers für die Volkswirtschaft als Ganzes zum Ausdruck bringen, ist mit dem Vorwurf der diktatorischen und technokratischen Sichtweise konfrontiert. 50 Aus diesen Gründen wurde versucht ein anderes Aggregationsverfahren zu schaffen. Ein in der Neuen Politischen Ökonomie zentrales Aggregationsmodell ist der stimmenmaximierende Politiker. Die modellanalytische Einführung des stimmenmaximierenden Politikers erweitert im Fall des öffentlichen Unternehmens das Prinzipal-Agent-Verhältnis zum Wähler hin. Der nach Anweisung durch den Träger an die öffentliche Unternehmung erfolgte Output "beeinflußt in einer Rückkopplung die Einschätzung dieser Institutionen durch die Wähler und deren Stimmabgabe." 51 Gerhard Himmelmann beschreibt in seiner Kritik der Neuen Politischen Ökonomie verschiedene Paradoxa des Modells des stimmenmaximierenden Politikers bzw. der stimmenmaximierenden Parteien. Die stimmenmaximierenden Parteien, die in der Neuen Politischen Ökonomie als Unternehmen der Politiker betrachtet werden, nähern sich in ihren politischen Aussagen einander 46 47 48 49

50 51

G. Himmelmann: Neue Politische Ökonomie . . ., a.a.O., S. 141. G. Himmelmann: Neue Politische Ökonomie ... , a.a.O., S. 139. Vgl. H. Albert: Grundprobleme . . ., a. a.O., S. 53. G. Himmelmann: Neue Politische Ökonomie . .. , a. a.O., S. 151. Vgl. M. J. M. Neumann: Homo Oeconomicus . .. , a.a.O., S. 130. C. B. Blankart Öffentliche Unternehmen . . ., a.a.O., S. 26.

I. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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an, es besteht ein "Drang zur Mitte". Wenn die Parteien sich so verhielten, so würde der ,:rationale Wähler' (im Optimum der Konkurrenz) Parteien mit identischen Programmen vorfinden", er würde nicht zur Wahl gehen, da er seinen Nutzen durch Stimmabgabe nicht erhöhen könnte. Dies ist das "Paradoxon des Wählers". Diesem folgt das "Paradoxon der Parteien", diese haben im Optimum keine Mitglieder mehr, denn der Nutzen der Mitgliedschaft ist gleich Null. Völlige Stimmenthaltung, Partei- und Verbandsaustritte kennzeichnen dann das "Paradoxon der Demokratie". 52 In dem Modell der Stimmenmaximierung durch die Parteien bleibt kein Raum für die Entwicklung einer neuen, noch nicht mehrheitsfähigen Politikvorstellung. Die von der sozial-liberalen Koalition gegen massiven Widerstand eingeleitete Ostpolitik, die nun breite Zustimmung findet, ist ein Beispiel dafür, daß Politiker nicht allgemein "median"- oder "mitte"-orientiert handeln, sondern daß Diskussionsprozesse neue Politiken ermöglichen. Im Politikverständnis der Neuen Politischen Ökonomie fehlt der dynamische Charakter von Politik, deshalb ist es äußerst fraglich, ob der Anspruch der positiven Theorie öffentlicher Unternehmen, "an actual description of economic reality" zu ermöglichen, eingelöst werden kann. Ein "Kulminationspunkt" für die Neue Politische Ökonomie ist die Theorie der öffentlichen Güter. 53 Öffentliche Güter werden differenziert in "reine öffentliche Güter"- hier liegt "Nichtrivalität" und "Nichtausschließbarkeit" 54 vor- und solche, die durch eine politische Entscheidung zu öffentlichen Gütern gemacht werden. Diese öffentlichen Güter werden als meritorische Güter bezeichnet. 55 Die "Begünstigung" einiger Güter kann auch dadurch zum Ausdruck gebracht werden, daß der Leistungserstellungsprozeß dieser meritorischen Güter durch die öffentliche Hand erfolgt. Die Neue Politische Ökonomie befaßt sich "i.d. R. primär mit den meritorischen Gütern, da hier der politische Entscheidungsprozeß analysiert werden kann und nicht eine wie auch immer geartete ökonomische-wesenhafte Natur von Gütern unterstellt werden muß." 56 Aus der Argumentationsanlage der Neuen Politischen Ökonomie ergibt sich, daß sie "dem Staat und der öffentlichen Güterproduktion im Kern mißtraut. Gemäß dem Eigennutzaxiom erscheinen die Politiker, Partei- und Verbandsvertreter unter einem generalisierten Korruptionsverdacht." 57 So G. Himmelmann: Neue Politische Ökonomie . . ., a.a.O., S. 152. Vgl. G. Himmelmann: Neue Politische Ökonomie . . ., a.a.O., S. 148. 54 Vgl. R . A. Musgrave u.a.: Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis I, Tübingen 1984, S. 62f. 55 "Wir definieren deshalb meritorische Güter als Güter, deren Bereitstellung die Gesellschaft (unabhängig von den Präferenzen des individuellen Konsumenten) zu begünstigen, oder im Fall demeritorischer Güter zu benachteiligen sucht." A. Musgrave u.a.: Die öffentlichen Finanzen . . ., a.a.O., S. 100. 56 Vgl. G. Himmelmann: Neue Politische Ökonomie . . ., a.a.O., S. 148. 57 Vgl. G . Himmelmann: Neue Politische Ökonomie . . ., a.a.O., S. 148. 52

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30

II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

weist Charles Beat Blankart darauf hin, daß Parlament, Regierung, Interessengruppen, Management und Arbeitnehmer als Akteure bezüglich des öffentlichen Unternehmens sich "Renten aufKosten der Wähler" realisieren können. 58 Diese Rentenhöhe finde zwar eine Begrenzung in "dem Erfordernis.. , wiedergewählt zu werden bzw. eine Mehrheit im Parlament zu erlangen" 59 , aber er sieht als "empirische Evidenz" an, "daß die Regierung nicht gezwungen ist, sich jederzeit nach den Wählerwünschen zu richten. Stehen Wahlen nicht unmittelbar bevor, so kann sie damit rechnen, daß die Bürger unpopuläre Tariferhöhungen bis zum Ende der Legislaturperiode wieder vergessen." 60 Die skeptische Haltung gegenüber Politikern, Management und Arbeitnehmern einer öffentlichen Unternehmung und dem Gedächtnis und der Artikulationsfähigkeit der Wähler führt dazu, daß der privaten Produktion "meritorischer" Güter der Vorzug gegeben wird. Für Himmelmann scheint sich mit der Neuen Politischen Ökonomie ein neues theoretisches Fundament herauszubilden, "um in der bisektoralen Betrachtung von Ökonomie und Politik desto gesicherter für eine Privatisierung öffentlicher Leistungen, für eine Reprivatisierung gesellschaftlicher Risiken und für eine Individualisierung der kollektiven Daseinsvorsorge zu argumentieren. " 61 Die positive Theorie der öffentlichen Unternehmen stößt wie die normative Theorie auf Realitätsprobleme. Ziel der positiven Theorie ist es, mit Hilfe des Nutzenkalküls die Beziehungen Wähler-Träger-Vorstand zu schließen. Die von Himmelmann aufgezeigten Paradoxa zeigen die Schwierigkeiten. Die normative und positive Theorie öffentlicher Unternehmen erhebt den Anspruch des Realitätsbezugs, sie stößt damit aber auf Probleme, da sie "die Realisierbarkeit- das heißt: die Herstellbarkeit entsprechender institutioneller Arrangements - nicht behandelt und weil die möglichen Wirkungen einer solchen Realisierung nicht analysiert werden." 62 Hans Albert schlägt als Alternative vor, das Problem der Realisierbarkeit in den Vordergrund zu stellen und die "ordnungspolitische Fragestellung von vornherein auf die Analyse institutionell durchkomponierter möglicher Ordnungen einzustellen, deren Konsequenzen für die Lebenssituation der Mitglieder der betreffenden Gesellschaft zu eruieren wären. " 63 Durch komparative Analysen könnten dann prinzipiell realisierbare Alternativen miteinander verglichen werden. Für Albert läge der Akzent dann nicht auf der "Auszeichnung eines utopischen Zustandes", etwa einer Marktwirtschaft im Sinne des Ideals der vollkommenen Konkurrenz,

58

C. B. Blankart: Öffentliche Unternehmen .. ., a.a.O., S. 117f.

59

C. B. Blankart Öffentliche Unternehmen ... , a.a.O., S. 120.

60 61 62 63

C. B. Blankart Öffentliche Unternehmen .. ., a.a .O., S. 122. Vgl. G . Himmelmann: Neue Politische Ökonomie . . ., a.a.O., S. 150. H. Albert: Grundprobleme .. ., a.a.O., S. 58. H. Albert: Grundprobleme . .. , a.a.O., S. 59.

I. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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"sondern auf der Untersuchung der Bedingungen der Möglichkeiten einer im Sinne bestimmter Wertgesichtspunkte befriedigenden Ordnung. " 64 Eine Theorie öffentlicher Unternehmen auf der Basis der Wohlfahrtstheorie ist keine geeignete theoretische Grundlage, wenn die Frage der Realisierbarkeil im Vordergrund der Untersuchung steht. Die Betrachtung und Diskussion der Neuordnung der Deutschen Bundespost und die Suche nach einer adäquaten Controllingkonzeption sind im hohen Maße mit Fragen der Realisierbarkeit verbunden; die weitere Analyse kann deshalb nicht auf der Basis der wohlfahrtstheoretischen Kalküle erfolgen. Zu untersuchen ist nun, ob die "Gemeinwirtschaftslehre" eine theoretische Grundlage für die weitere Erörterung bieten kann. b) Gemeinwirtschaftslehre

ba) Gemeinwirtschaftslehre und öffentliche Unternehmen

Die Gemeinwirtschaftslehre versteht sich als "Theorie des Sektors der gemeinwirtschaftliehen Unternehmen in einer im Grundsatz privatwirtschaftlichen-erwerbswirtschaftlichen Ordnung (dualistische Gemeinwirtschaftskonzeption)". 1 Mit privatwirtschaftlicher-erwerbswirtschaftlicher Ordnung wird eine Wirtschaftsordnung bezeichnet, in der dieUnternehmen den Interessen der privaten Träger zu dienen haben und Gewinne erzielen sollen. 2 "Gemeinwirtschaft" kennzeichnet den Bereich in einer privatwirtschaftliehen-erwerbswirtschaftlichen Ordnung, in dem Unternehmen dem "öffentlichen Interesse" zu dienen haben. 3 Der Gegenbegriff zu "erwerbswirtschaftlich" ist "bedarfswirtschaftlich". Als bedarfswirtschaftliche Unternehmen werden Unternehmen bezeichnet, deren unmittelbares Ziel die Bedarfsdeckung ist. Bei einem erwerbswirtschaftlichen Unternehmen ist die Bedarfsdeckung nur Mittel zur Zielerreichung. 4 Für die Mehrzahl der öffentlichen Unternehmen gilt, daß sie sich in ihrem Angebot bedarfswirtschaftlich verhalten und die Widmung des Wirtschaftsergebnisses gemeinwirtschaftlich erfolgt. 5 Der Vorrang bedarfswirtschaftlicher Ziele wird als besonderes Kennzeichen öffentlicher-gemeinwirtschaftlicher Unternehmen angesehen. Nicht die Trägerschaft ist das Kriterium zur Auszeichnung öffentlicher-gemeinwirtschaftlicher Unternehmen, sondern H. Albert: Grundprobleme .. ., a.a.O., S. 60. T. Thiemeyer: Gemeinwirtschaft, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band 3, Göttingen 1981, S. 525-540, hier S. 526. 2 Vgl. T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre öffentlicher Betriebe, Reinheck bei Harnburg 1975, S. 30. Vgl. zum "erwerbswirtschaftlichen Prinzip" E. Gutenberg: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Band I Die Produktion, 21. Auflage Berlin 1975, S. 464ff. 3 Vgl. T. Thiemeyer: Gemeinwirtschaft ... , a.a.O., S. 525. 4 Vgl. T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre .. ., a.a.O., S. 30. 5 Vgl. T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre ... , a.a.O., S. 32. 64

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II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

die Zielkonzeption. So unterscheidet sich für Erich Gutenberg nur diejenige Gruppe der öffentlichen Betriebe von den privaten Betrieben, die "irgendwie gemeinwirtschaftliehen Gesichtspunkten, insbesondere bei ihrer Preis- und Tarifpolitik, Rechnung tragen, also dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip nicht unbedingt unterworfen sind. " 6 Für die Beschreibung der Zielvorstellung kann generell zwischen Formalziel und Sachziel einer Unternehmung unterschieden werden. DasSachziel bezieht sich "auf Art, Menge und Zeitpunkt der im Markt abzusetzenden Produkte", das Formalziel beinhaltet "die Wirtschaftlichkeit, insbesondere die Rentabilität." 7 Für öffentliche Unternehmen wird eine Sachzieldorninanz dann gesehen, wenn "eine Verbesserung der Bedarfsdeckung primär angestrebt wird". Rentabilitätsüberlegungen sind zwar auch dann vorhanden,"treten aber gegenüber dem Sachziel zurück." 8 Andere Autoren wählen zur Kennzeichnung des Doppelcharakters (Dualismus) der Zielkonzeption öffentlicher Unternehmen die Begriffe Leistungskonzeption und Gewinnkonzeption9 oder Finanzierungskonzeption. 10 Wie sich das Verhältnis zwischen Formalziel (Gewinn- oder Finanzierungskonzeption) und Sachziel (Leistungskonzeption) für eine bestimmte öffentliche Unternehmung gestaltet, kann nicht aus allgemeingültigen Aussagen abgeleitet werden, sondern es ist jeweils eine besondere Analyse der Unternehmenssituation unter Berücksichtigung der politischen und gesellschaftlichen Normen erforderlich. 11 Eine Identifikation zwischen Gemeinwirtschaft und Gewinnverzicht wird nicht mehr vorgenommen. In der modernen Gemeinwirtschaftslehre wird die Auffassung vertreten, daß Gemeinwirtschaftlichkeit und Gewinnstreben sich E. Gutenberg: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Band I ... , a. a. 0 ., S. 491. E. Kosiol: Einführung in die Betriebswirtschaft, Wiesbaden 1968, S. 261. 8 E. Kosiol: Einführung . . ., a. a . 0., S. 262. 9 Vgl. E. Witte u. J. Hauschildt: Die öffentliche Unternehmung im Interessenkonflikt, Berlin 1966, S. 81 ff. 10 Thiemeyer hält es für zutreffender von "Finanzierungskonzeption" zu sprechen, denn der Zwang zur eindeutigen Fixierung der Finanzierungskonzeption als Gewinnkonzeption, würde verhindern, daß "Zielfunktionen gemeinwirtschaftlicher Unternehmen ohne Rücksicht auf die spezifische Kostenstruktur des betreffenden Unternehmens entwickelt werden." T. Thiemeyer: Gemeinwirtschaftlichkeit ... , a.a.O., S. 205. 11 Edmund Heinen diskutiert die Änderungen im Zielsystem privater Unternehmen durch Umwelteinflüsse. "Vor allem die konjunkturelle Lage, die politische Situation und gesellschaftliche Normen sowie deren Änderungen haben zur Folge, daß die relative Bedeutung unternehmerischer Ziele variiert." E. Heinen: Änderungen des organisatorischen Zielsystems im Zeitablauf, in ders.: Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Augsburg 1976, S. 245-264, hier S. 245. Diese Zieländerungsprozesse gelten auch für öffentliche Unternehmen. Für die Deutsche Bundespost z. B. führt die zukünftige Einteilung in Monopol-, Pflicht- und freien Leistungen (Vgl. Abschnitt II Punkt 3) zum Problem der Zieldifferenzierung in Form von Formalzieldominanz (Gewinnkonzeption) im reinen Wettbewerbsbereich (freie Leistungen) und Sachzieldominanz (Leistungskonzeption) im Monopol- und Pflichbereich, da hier "Bedarfsdeckungsziele" im Vordergrund stehen. 6 7

1. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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nicht ausschließen, sondern daß es auf die Gewinnverwendung ankornmt. 12 Die Gemeinwirtschaftlichkeit schließt demnach auch die Mischkalkulation ein, das heißt die Gewinnerzielung auf Teilmärkten zur Subventionierung anderer Teilmärkte. Die Theorie der Gemeinwirtschaft beschäftigt sich "1. mit den Möglichkeiten (und Grenzen) des Einsatzes oder der Förderung bestimmter Unternehmenstypen zu wirtschaftspolitischen Zwecken (lnstrumentalfunktion gemeinwirtschaftlicher Betriebe). Dabei geht es um die Wirkungsanalyse der Betriebspolitik im gesellschaftlichen Umfeld (volkswirtschaflicher Aspekt). 2. mit den Besonderheiten und Konsequenzen, die sich aus dem Tätigwerden der Betriebe ,im öffentlichen Interesse' für die Betriebsprozesse ... ergeben (betriebswirtschaftlicher Aspekt)." 13

Die moderne Gemeinwirtschaftslehre sieht als einen Bezugspunkt ihrer theoretischen Entwicklung die Rezeption der angelsächsischen liberalen Klassik im deutschen Sprachraum im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. 14 Es ist das besondere Verdienst der deutschen Klassik, auf die Unentbehrlichkeit des Staates hingewiesen zu haben. 15 So werden zwar die Vorzüge eines privatwirtschaftliehen Wettbewerbssystems anerkannt, aber auf die Notwendigkeit staatlicher Tätigkeit zur Schaffung der Voraussetzungen für das privatwirtschaftliche-marktwirtschaftliche System und Korrektur marktwirtschaftlicher Fehlentwicklungen wiesen Vertreter der deutschen Klassik ausdrücklich hin. 16 Die auch die heutige Theorie der Gemeinwirtschaftslehre prägenden Grundlagen wurdenjedoch insbesondere im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts entwickelt. Diese "klassische Periode der Gemeinwirtschaft" (Thiemeyer) ist eng verbunden mit den Arbeiten von Albert Schäffle (1831-1903), Adolph Wagner (1835-1917) und Emil Sax (1845-1927). Insbesondere auf Adolph Wagner mit "seiner Auffassung, Gemeinwirtschaft als Voraussetzung und 12 13

Vgl. T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre ... , a .a .O., S. 31. T. Thiemeyer: Gemeinwirtschaft . .. , a. a. 0., S. 526.

14 T. Thiemeyer: Gemeinwirtschaft ... , a.a.O., S. 527. Vgl. zur historischen Einordnung der Frage Staatstätigkeit versus Marktwirtschaft auch die Darlegungen von Adam Smith zu den Aufgaben des Staates, siehe dazu Abschnitt li Punkt 2 b in dieser Arbeit. 15 Vgl. T. Thiemeyer: Öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen in der politischen und wirtschaftlichen Diskussion, in H . Brede u. A. von Loesch (Hrsg.): Die Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland, BadenBaden 1986, S. 77-97, hier S. 80. Der dogmengeschichtliche Überblick von Thiemeyer macht deutlich, daß, entgegen weit verbreiteter Meinung, das Eintreten für eine staatliche Wirtschaft im deutschen Raum nicht eine sozialistische Wurzel hat - die deutsche Sozialdemokratie stand staatswirtschaftlichen Maßnahmen bis zur Jahrhundertwende überwiegend ablehnend gegenüber - sondern daß die liberale Klassik für eine breite wirtschaftliche Tätigkeit des Staates in Verbindung mit dem Wettbewerbssystem plädierte. 16 Thiemeyer verweist hier vor allem aufFriedrich von Hermann und seine "Staatswirtschaftlichen Untersuchungen" (1832). Vgl. T. Thiemeyer: Öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen ... , a.a.O., S. 81.

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Konsequenz des gesellschaftlichen Fortschritts zu sehen," nimmt die "heutige Theorie der öffentlichen gemeinwirtschaftliehen Unternehmen ... als ihren theoretischen Stammvater" BezugY Die Dualismusthese der gemeinwirtschaftliehen Klassik, daß die Privatwirtschaft und der staatliche-gemeinwirtschaftliche Sektor nicht Gegensätze sind, sondern sich innerhalb der Wirtschaftsordnung als unentbehrliche Bestandteile einander ergänzen, wurde Mitte der zwanziger Jahre von Hans Ritschl wieder aufgegriffen. 18 Nachdem er das "Nebeneinandestehen und Ineinandergreifen von Gemeinwirtschaft und kapitalistischer Marktwirtschaft" untersucht hat, zieht Ritschl den Schluß, daß das moderne Wirtschaftsleben nur in der Form einer dualistischen Wirtschaftsordnung auftritt und "daß die Gesamtwirtschaft, solange sie rational und wirtschaftlich auf der einen Seite, sozial und gemeinwirtschaftlich auf der anderen Seite sein will, diesen Dualismus nicht zu entbehren vermag." t9 Die heutige Gemeinwirtschaftstheorie knüpft an die Dualismuskonzeption an und sieht in den öffentlichen Unternehmen Instrumente der Wirtschaftspolitik des Staates (lnstrumentalfunktion). 20 Öffentliche Unternehmen können als Instrumente der Raumordnungspolitik, Konjunkturpolitik, Strukturpolitik, Wettbewerbspolitik, Sozialpolitik, Fiskalpolitik, Wirtschaftsordnungspolitik, Verfassungspolitik und als Instrument der Gesellschaftsreform eingesetzt werden. 21 bb) Gemeinwirtschaftslehre in der Kritik

Gegen die Gemeinwirtschaftslehre werden insbesondere zu folgenden drei Punkten Einwände erhoben: a) Es wird bezweifelt, daß ein gemeinwirtschaftliches Zielsystem für öffentliche Unternehmen spezifizierbar und operationalisierbar ist. b) Es wird in Frage gestellt, daß öffentlicheUnternehmen die geeigneten Institutionen im Sinne der gemeinwirtschaftliehen Instrumentaltheorie sind. c) Weiter bestehen Bedenken, ob die in den öffentlichen Unternehmen Beschäftigten den gegebenen (gemeinwirtschaftlichen) Auflagen überhaupt nachkommen. 22 T. Thiemeyer: Öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen .. . , a. a. 0 ., S. 85. Vgl. ausführlich zu den Grundpositionen der klassischen Theorie der Gemeinwirtschaft, T. Thiemeyer: Öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen . . ., a. a. 0., S. 84f. Auch T. Thiemeyer: Gemeinwirtschaft ... , a.a.O., S. 527ff. 19 H. Ritschl: Gemeinwirtschaft und Kapitalistische Marktwirtschaft, Tübingen 1931, s. 141. 20 Vgl. G . Weisser: Die Rolle der "Gemeinwirtschaft" in der wirtschaftlichen Entwicklung, in ders. Beiträge zur Gesellschaftspolitik, Göttingen 1978, hrsg. von S. KaUerle u. a., S. 764-779. T. Thiemeyer: Öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen . . ., a.a.O., S. 88. 21 V gl. T. Thiemeyer: GemeinwirtschaftlichkeiL a. a . 0 ., S. 213-245 ders.: Wirtschaftslehre ... , a.a.O., S. 59ff. 17 18

1. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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Diese Einwände werde nachfolgend diskutiert. zu a): Wenn öffentliche Unternehmen als Instrumente der Wirtschaftspolitik eingesetzt werden sollen, so ist zuvor das Problem der Zielbestimmung für die öffentliche Unternehmung zu betrachten. Die Konkretisierung des "öffentlichen Interesses" ist zu diskutieren, denn ein Einwand gegen die Gemeinwirtschaftslehre lautet, daß sie "die Problematik der Zielfindung ausklammert und stattdessen die Instrumentalfunktion gemeinwirtschaftlicher Unternehmen ins Zentrum rückt. " 23 Auf die Problematik der Verwendung von Begriffen wie "öffentliches Interesse", "Gesellschaftsinteresse", "Gemeinwohl", "Gesamtinteresse" machte bereits Gerhard Weisser aufmerksam. Er wies darauf hin, daß eine solche Sprache "nicht vom Inhalt, sondern vom Träger" ausgeht: "man unterstellt eine ,Gesellschaft', die Interessen habe, und zwar Interessen, die notwendig einen bekannten bestimmten Inhalt haben." Es werde "nicht klar zwischen Trägern, Gegenständen und Inhalt von Interessen unterschieden und im besonderen nicht beachtet..., daß Träger von Interessen nur physische Personen sein können." 24 Auch Theo Thiemeyer hebt hervor, daß eine um Praxisnähe bemühte Wirtschaftslehre öffentlicher Betriebe der inhaltlichen Bestimmung des "öffentlichen Interesses" nicht ausweichen kann. Bei den meisten Versuchen, die Ziele öffentlicher Unternehmen zu konkretisieren, wurde, so Thiemeyer, "Zuflucht zu sog. Zweck- oder Zielkatalogen öffentlicher Unternehmen genommen". Solche Zielkataloge "sind notwendig selektiv" und, da sie einem "politischen und ordnungspolitischen Verständnis" verpflichtet sind, umstritten. 25 Als unbefriedigend wird auch der oft gemachte Verweis auf eine vorgegebene (herrschende) politische Meinung oder auf die Entscheidung des Parlaments zur Bestimmung der Ziele öffentlicher Unternehmen angesehen. 26 Die Konkretisierung des "öffentlichen Interesses" kann weder mit Hilfe einer "aggregierten" Wohlfahrtsfunktion noch in der Form eines dem Politiker unterstelltem Zielkatalogs für die öffentliche Unternehmung erfolgen. Ein adäquates Verständnis ist vielmehr, die Zielfindung und Zielauswahl für öffentliche Unternehmen als einen "dynamischen Prozeß gegenseitiger Beein11

Vgl. C. B. Blankart: Öffentliche Unternehmen, . . ., a. a. 0., S. 21.ff.

C. B. Blankart: Öffentliche Unternehmen ... , a. a. 0., S. 22 Blankart richtet hier die Kritik gegenüber der Wohlfahrtstheorie, daß sie das Problem der Zieltindung nicht oder nur über eine autoritäre Struktur lösen kann, gegen die Gemeinwirtschaftslehre. 24 G. Weisser: Einzelwirtschaftspolitik. Die gerneinwirtschaftlichen Unternehmen als Subjekte und Objekte der Politik, in: ders.: Beiträge ... , a.a.O., S.673-688, hier S. 682f. 25 T. Thiemeyer: Öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen als Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre und als wirtschaftspolitisches Instrument, in: P. Eichhorn (Hrsg.) Betriebswirtschaftliche Erkenntnisse für Regierung, Verwaltung und öffentliche Unternehmen, Baden-Baden 1985, S. 125-144, hier S. 131 f. 26 Vgl. T. Thiemeyer: Öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen als Erkenntnisobjekt ... , a. a. 0., S. 132. 23

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flussung von politischer Führung und aktiver Öffentlichkeit" zu betrachten. 27 In den Sechziger Jahren wurde in den USA mit der "National Goals Analysis" versucht, den Zielbildungsprozeß für die Wirtschaftspolitik mit einem interdiziplinären Ansatz zwischen Nationalökonomie und Politologie in größere, nicht nur "rein ökonomische" Zusammenhänge zu stellen. Die Grundlagen für diesen "Brückenschlag" legte Gerhard Colm. 28 "The theory based on individual preference schedules focuses on the identity of consumer and voter and the identity of one preference which includes his choices for market goods and his vote for public services." 29 Insofern ist die "National Goals Analysis" ein individualistisches Konzept, "in welchem die Individuen erstens durch ihre politischen und zweitens durch ihre ökonomischen Wahlhandlungen über die Allokation der Ressourcen bestimmen. " 30 Aber Colm erweitert diesen individualistischen Ansatz. Er schlägt vor, die Betrachtung auf "the relationship between the two subsystems, the market system and the political or budget system, from the specific aspect of their contribution to national goals" 31 zu lenken. In der Konzeption von Colm haben sowohl das Marktsystem wie auch das politische System einen Stellenwert zur Erreichung der nationalen Ziele. Die nationalen Ziele werden weder aus einer (logisch nicht konsistenten) "aggregierten" Wohlfahrtsfunktion abgeleitet noch autoritär vorgegeben, sondern sie entwickeln sich aus einem Prozeß der gegenseitigen Beeinflussung zwischen Politikern, wissenschaftlicher Beratung und aktiver Öffentlichkeit. 32 Beide Teilsysteme werden dahingehend analysiert, welchen Beitrag sie zur Erreichung der nationalen Ziele leisten. Wichtig im Colm'schen Vorschlag ist im Hinblick auf öffentliche Unternehmen, daß "die Staatswirtschaft in dieser Konzeption

27 S. Katterle: Wohlfahrtsökonomik und Theorie der Staatswirtschaft, in: Finanzarchiv N. F, Band 30 (1971), S. 14-26, hier S. 21. In diesem Beitragschließt Katterlean einen von Gerhard Colm entwickelten institutionalistischen Ansatz zur "Interpretation der nationalen Ziele" an. G. Colm: National Goals Analysis and Marginal Utility Economics, in: Finanzarchiv N. F, Band 24 (1965), S. 209-224. T. Thiemeyer verweist zur Frage der Zieltindung bei öffentlichen Unternehmen auf den Beitrag von Katterle, vgl. T. Thiemeyer: Über Gegenstand ... , a.a.O., S. 501. 28 E. Tuchtfeldt: Zielprobleme in der modernen Wirtschaftspolitik, in: E. Tuchtfeldt: Bausteine zur Theorie der Wirtschaftspolitik, Stuttgart 1983, S. 192-235, hier S. 204ff. 29 G. Colm: National Goals ... , a.a.O., S. 217. 30 E. Tuchtfeldt: Zielprobleme ... , a.a.O., S. 207. 3 1 G. Colm: National Goals ... , a. a.O., S. 217. 32 Eine Aufgabe der Wissenschaftler sieht Colm bei der Klärung und Artikulation von "aspiration goals". "They exist sometimes in articulated expressions of individuals or groups in leverage position, mostly as general, inarticulated ,notions'. Thesenotions are usually determined by tradition and emotions, sometimes by wisdom and intuition . . . A study ofthese more or less articulated aspirations makes it possible to construct alternative goals combinations which can then be related to resources which are available or are likeley to become available . .. I believe, science can and should help in articulation and clarification of goals without prescribing them." G. Colm, National Goals Analysis ... , a.a.O., S. 219f.

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nicht mehr ein Notbehelf der Politik und eine Verlegenheit der Theorie" ist, sondern daß "Möglichkeiten und Ergebnisse der Staatswirtschaft in gleicher Weise unter dem Gesichtspunkt der nationalen Ziele beurteilt (werden) wie die Möglichkeiten und Ergebnisse des Marktes. " 33 Der Vorschlag von Colm ist also offen für die Anerkennung und Notwendigkeit öffentlicher Unternehmen, zum anderen enthält er eine notwendig auf Demokratie gegründete Entscheidungskonzeption über die nationalen Ziele und die daraus ableitbaren Ziele für die öffentlichen Unternehmen. Die Konzeption von Colm ist vergleichbar mit dem "pragmatistischen Modell" von Habermas. 34 Im pragmatistischen Modell findet eine wechselseitige Kommunikation zwischen den von den Politikern "beauftragten" Wissenschaftlern, den durch die Wissenschaft "zu beratenden" politischen Instanzen und der politischen Öffentlichkeit statt. 35 Die Frage, die sich allerdings stellt, ist die nach der Organisation des "politischen Prozesses". Es ist zu überlegen, wie eine Institutionalisierung von Beratungskreisen oder Gremien erfolgen kann, in denen ein Klärungsprozeß über das "öffentliche Interesse" stattfindet. Ein von Katterle gemachter Vorschlag kann ein Ansatz für eine lnstitutionalisierung des Zielbildungsprozesses sein. Danach können öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen zur Schaffung einer informierten und aktiven Öffentlichkeit beitragen, "indem sie ihre unternehmenspolitischen Kommunikationsverhältnisse öffnen, Beteiligten und ,extern' Betroffenen Informationen zukonunen lassen, Anhörungen organisieren, die Artikulationsfähigkeit und Artikulationsbereitschaft der Konsumenten fördern und in symmetrisch strukturierten Kommunikationsverhältnissen einen Interessenausgleich mit den Betroffenen suchen. Zu diesem Zweck können reflexive Institutionen in die Unternehmensorganisation eingebaut werden (z. B. Umweltbeauftragte, Konsumentenbeauftragte), damit Restriktionen für die Wahrnehmung der relevanten Umwelt und für ihre Einbeziehung in die Unternehmerischen Entscheidungsprozesse abgebaut werden." 36 Im Hinblick auf die Deutsche Bundespost wurden ähnliche Ansätze aus dem Projekt "Optionen der Telekonununikation" im Rahmen des Programms "Mensch und Technik - Sozialverträgliche Technikgestaltung" heraus entwickelt. 37 In diesem Projekt wurden umfangreiche "Materialien für einen technologiepolitischen Bürgerdialog" erstellt. Die dort aufbereiteten Materialien zum ISDN könnten Grundlage sein für eine Diskussion zwischen Politik, S. Katterle: Wohlfahrtsökonomik ... , a. a. 0., S. 22. Vgl. J. Habennas: Verwissenschaftlichte Politik und öffentliche Meinung, in: Technik und Wissenschaft als "Ideologie", Frankfurt am Main 1969, S. 120-145. 35 Vgl. J. Habennas: Verwissenschaftlichte Politik .. ., a.a.O., S. 127fT. 36 S. Katterle: Ethische Aspekte des Verhaltens von Führungskräften öffentlicher und gemeinwirtschaftlicher Unternehmen, ZögU Band11 f 1988, S. 435-447, hier S. 446. 37 Vgl. Projekt Optek Optionen der Telekommunikationsinfrastruktur - Ein Projekt im Rahmen des Landesprogramms NRW "Mensch und Technik -Sozialverträgliche Technikgestaltung" Autoren: B. Mettler-Meibom, H . Kubicek u. a., Düsseldorf 1988. 33

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II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

Wissenschaft und politisch aktiver Öffentlichkeit. 38 Auch Sirnon Nora und Alain Mine haben in ihrer Untersuchung für den französischen Präsidenten Giscard d'Estaing über "Die Informatisierung der Gesellschaft" unter der Überschrift "Sozialisierung der Information" darauf hingewiesen, daß gerade bei einer umfassenden Informatisierung der Gesellschaft Mechanismen gefunden werden müssen, damit "soziale Gruppen ihre Wünsche und Aversionen artikulieren können ....es müssen Datenformen gefördert werden, auf deren Grundlage die Strategie des Zentrums und die Wünsche der Peripherie zu einer Übereinstimmung gelangen können: einer Übereinstimmung, durch die Gesellschaft und Staat sich nicht nur gegenseitig ertragen, sondern gegenseitig formen. " 39 Die neuen Informations- und Kommunikationstechniken erfordern neue Rechtsformen und Erschließungsformen im regionalen und kommunalen Bereich. Im Rahmen eines regionalpolitischen Handlungsbedarfs hält Klaus Fischer eine "Abklärung der kommunalen Beteiligungs- und Mungsrechte i. S. transparenter Aufstellungsverfahren und zeitgemäßer Beteiligungsformen" für erforderlich. 40 Diese Vorschläge nämlich "Öffnung der unternehmenspolitischen Kommunikationsverhältnisse", "Bürgerdialoge", "Datenformen" und "zeitgemäße Beteiligungsformen", werden für die Deutsche Bundespost später noch einmal aufgegriffen. 41 Der Zielfindungs- und Entscheidungsprozeß über das "öffentliche Interesse" kann also durchaus rational gestaltet werden. Eine Konzeption im Sinne von Colm und Habermas ist modellanalytisch weniger formal, sie hat aber den Vorzug, daß praktische Probleme integriert werden und Analysen über "rein ökonomische" Fragen hinausgehen können. Sie ist offen für einen Zielentscheidungsprozeß im Sinne einer komparativen Analyse verschiedener angenommener Wertgesichtspunkte und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, wie Albert sie als institutionelle Alternative gegenüber dem wohlfahrtsökonomischen Kalkül vorschlägt. zu b) Als Einwand gegen die Gemeinwirtschaftslehre wird außerdem vorgebracht, daß die "gemeinwirtschaftliche Instrumentaltheorie unbefriedigend (bleibt), weil es sehr fraglich ist, ob öffentlicheUnternehmen überhaupt die geeigneten Instrumente zur Verfolgung dieser Ziele darstellen. " 42 38 Vgl. auch H. Drüke: Ausbau der Fernmeldenetze und Neuordnung der Deutschen Bundespost, WSI-Mitteilungen Nr.5 1988, S. 262-270. Drüke fordert als konkrete lnitative einer sozialverträglichen Telekommunikationspolitik u. a. "offene und öffentliche Debatte um das ISDN-Ausbaukonzept." S. 269. 39 S. Nora u. A. Mine: Die Informatisierung der Gesellschaft, Frankfurt/Main 1979, s. 127. 40 K. Fischer: Die neuen Informations- und Kommunikationstechniken. Raumordnensehe Auswirkungen, raumplanensehe Konsequenzen und regionalpolitischer Handlungsbedarf, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Räumliche Wirkungen der Telematik, Hannover 1987, S. 177-215, hier S. 206. 41 Vgl. die Ausführungen im Abschnitt V. 42 C. B. Blankart Öffentliche Unternehmen . . . , a.a.O., S. 22.

1. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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Die Gerneinwirtschaftslehre sieht eine ihrer Aufgaben darin, Wirkungsanalysen der Betriebspolitik öffentlicher Unternehmen auf das gesellschaftliche Umfeld durchzuführen. In diesen Wirkungsanalysen sind dieMöglichkeiten und Grenzen öffentlicher Unternehmen als Instrumente der Wirtschaftspolitik herauszufinden. Insofern wird kein umfassender und allgemeingültiger Anspruch für die Instrumentalthese beansprucht, in dem Sinne, daß öffentliche Unternehmen immer die geeigneten Instrumente zur Verfolgung bestimmter Ziele sind. Auch wird von Vertretern der Gemeinwirtschaftslehre darauf hingewiesen, daß "nicht alle öffentlichen Unternehmen ... alle Ziele verfolgen können oder sollen" und "die Beschäftigung mit öffentlichen Unternehmen nicht dazu verleiten darf, sie als Instrumente zu überschätzen." 43 Die Gemeinwirtschaftslehre nimmt gegenüber der von ihr entwickelten Instrumentalthese somit eine kritisch - vorsichtige Haltung ein. Auch neuere Überlegungen zur Zukunft öffentlicher Unternehmen lassen diese kritische, vorsichtige Haltung erkennen. Nach einer Darstellung der Beschränkungen44 der Instrumentalthese kommt Gerhard Himmelmann zu dem Ergebnis, daß das Instrument der öffentlichen Unternehmung eingesetzt werden kann für die Bewältigung dauerhafter und abgrenzbarer Aufgaben, bei denen "die Vorteile der Problem- und Marktnähe und der Flexibilität des Handeins außerhalb von Bürokratie und Budgetbindung genutzt werden können." Es muß sich dabei um Aufgaben handeln, "die jenseits des reinen Verwaltungshandeins und diesseits von rein privatwirtschaftliehen Erwerbskalkülen wirtschaftlich und effektiv erfüllt werden" können. 45 Die öffentlichen Unternehmen haben in erster Linie eine güterwirtschaftliche Leistungsfunktion. Sie stellen Güter und Dienstleistungen bereit, die die private Erwerbswirtschaft nicht oder nur mit erheblichen negativen externen Effekten bereitstellt. Nach Himmelmann sind "öffentliche Unternehmen- auf Dauer oder allein- kaum geeignet, makropolitische Reformvorhaben umzusetzen oder makroökonomische Steuerungsfunktionen zu übernehmen. Ihre makropolitische und ihre makroökonomische Funktion liegt wesentlich darin, durch die Spezifik ihrer Aufgabenerfüllung Teil ,des gemischten Wirtschaftssystems' zu sein und damit zur Optimierung des Gesamtsystems beizutragen. " 46 Himmelmann wendet sich 43 T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre ... , a. a. 0., S. 59." .. ., daß sich über Ziele öffentlicher Unternehmen und Möglichkeiten und Grenzen der Zielverwirklichung nur im konkreten Falle fruchbare Feststellungen formulieren lassen." ders.: Gemeinwirtschaftlichkeit ... , a.a.O., S. 245f. 44 Eine wichtige Beschränkung ist der "hohe Grad der strukturellen Binnendifferenzierung der öffentlichen Wirtschaft", der sich aus dem Föderalismus, den unterschiedlichen Rechtsformen, den unterschiedlichen Marktformen (Monopol- und Wettbewerbssektoren), in denen dieUnternehmen tätig sind, und aus den unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen der öffentlichen Unternehmen ergibt. Vgl. G. Himmelmann: Steuerungsinstrument öffentliche Wirtschaft? Zur poltischökonomischen Theorie öffentlicher Unternehmen, ZögU Band9/1986, S. 395-407. 45 G. Himmelmann: Steuerungsinstrument . . ., a.a.O., S. 404. 46 G. Himmelmann: Steuerungsinstrument ... , a.a.O., S. 405.

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II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

auch gegen eine Betrachtung der öffentlichen Wirtschaft als "Gegensektor"; er sieht in der "öffentlichen Wirtschaft eher einen besonderen institutionellen Typus der Durchdringung und der ,Interdependenz' von Politik und Ökonomie. " 47 Die Frage, ob öffentliche Unternehmen geeignete Instrumente der Wirtschaftspolitik des Staates sind, ist eng verbunden mit ihrer Stellung im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft. 48 Die Aufgabenstellung öffentlicher Unternehmen in der sozialen Marktwirtschaft wird nach wie vor intensiv diskutiert. 49 Anknüpfungspunkt für die Begründung öffentlicher Unternehmen im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft ist die konzeptionelle Äußerung von Alfred Müller-Armack, daß die soziale Marktwirtschaft .,keine sich selbst überlassene liberale Marktwirtschaft, sondern eine bewußt gesteuerte, und zwar sozial gesteuerte Marktwirtschaft ist". 50 In seinem Plädoyer für eine "zweite Phase der sozialen Marktwirtschaft" weist Müller-Armack daraufhin, daß .,eine befriedigende Umweltgestaltung ...für den heutigen Menschen nicht nur von seinen Produktions- und Konsummöglichkeiten, auf die er selbst Einfluß hat", abhängt, "sondern entscheidend von den öffentlichen Leistungen, die ihm im Schul- und Bildungswesen, im Gesundheitswesen, im Straßen- und Wohnungsbau, im Sicherheitsdienst, in der allgemeinen Verwaltung und so weiter zur Verfügung gestellt werden." 51 Müller-Armack vermutet, daß für die meisten Menschen die "weitergehende Expansion der Konsumversorgung" uninteressant werde, "wenn nicht gleichzeitig aus öffentlichen Kräften, die dies allein vermögen, die Gesamtumweltform verbessert wird, in der sich unser öffentliches Leben vollzieht." 52 G. Himmelmann: Steuerungsinstrument ... , a.a.O., S. 406. Vgl. zum Überblick über die Konzeption der sozialen Marktwirtschaft, R. Blum: Marktwirtschaft, soziale, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften (HdWW), Band 5 (1980), S. 153-165. Vgl auch zur kritischen Würdigung der Konzeption von Müller-Armack und zur Begründung einer ordnungspolitischen Innovation der sozialen Marktwirtschaft, S. Katterle: Jenseits der sozialen Marktwirtschaft - Zurück in die Vergangenheit oder ordnungspolitische Innovation?, in: S. Katterle: Alternativen zur neoliberalen Wende: Wirtschaftspolitik in der sozialstaatliehen Demokratie, Bochum 1989, S. 32-42. 49 Vgl. W. Becker u.a.: Einordnung der öffentlichen Unternehmen in die gemischte Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland, in: H . Brede (Hrsg.): Privatisierung und die Zukunft der öffentlichen Wirtschaft, Baden-Baden 1988, S. 39-53, T. Thiemeyer: Öffentliche Unternehmen in der sozialen Marktwirtschaft heute, in: Schriftenreihe der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Nr.26. so A. Müller-Armack: Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft, in ders.: Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik, Freiburg 1966, S. 109, Vgl. W. Becker u.a.: Einordnung der öffentlichen Unternehmen in die gemischte Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland, in: H . Brede (Hrsg.): Privatisierung und die Zukunft ... , a.a. O., S. 39-53, hier S. 41. si A. Müller-Armack: Die zweite Phase der sozialen Marktwirtschaft, in: ders.: Genealogie der sozialen Marktwirtschaft, hrsg. E. Tuchtfeld u. a., Stuttgart 1974, S. 129145, hier S. 142. 47

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Öffentliche Unternehmen werden als ein liberales "Interventionsinstrument" zur "sozialen" Steuerung der Marktwirtschaft angesehen. 53 In seinen frühen Schriften bemerkt auch Müller-Armack, bezogen auf die Bankwirtschaft und in Abgrenzung zu einer Staatsintervention durch direkte gesetzgeberische Beeinflussung, daß für Staatsinterventionen sich "als wirkungsvoller der zweite Weg erwiesen (hat): der der Eigenbetätigung des Staates im Bankgewerbe." 54 WolfDieter Becker u. a. weisen darauf hin, "daß in der originären Literatur zur Entwicklung der Wettbewerbsordnung (Ordo) oder der sozialen Marktwirtschaft ablehnende Äußerungen zur Existenz öffentlicher Unternehmen so gut wie nicht zu finden sind .... Zurnindestens werden öffentliche Unternehmen für ,erträglich' gehalten, wenn nicht für selbstverständlich oder sogar für nützlich. " 55 • Für Helmut Cox besteht "zwischen öffentlicher Wirtschaft und sozialverpflichteter ,sozialer' Marktwirtschaft, als Gesamtordnung im Sinne Müller-Armacks verstanden, ..keine Antinomie. Öffentliche Unternehmen lassen sich in die soziale Marktwirtschaft nahezu widerspruchsfrei als funktionale Bestandteile einordnen" 56 Siegfried KaUerle zeigt, daß in der Theorie und Praxis der sozialen Marktwirtschaft der öffentliche Auftrag für gemeinwirtschaftliche und öffentliche Unternehmen nicht hinreichend geklärt ist. 57 Es läßt sich nachweisen, daß Müller-Armack "das Marktsystem der systematischen sozialen Intervention bedürftig ansah," er aber "in diesem Zusammenhang nicht auf die mögliche Instrumentalfunktion öffentlicher und gemeinwirtschaftlicher Unternehmen zur Entlastung volkswirtschaftspolitischer staatlicher Interventionen eingegangen" ist. 58 Auch bezogen auf seine Forderung nach Verbesserung der "Gesamtumweltform" finden sich "weder Überlegungen hinsichtlich der erforderlichen Institutionen zur Verständigung über diese neuen Ziele und die zu ihrer Umsetzung nötigen Lenkungsmaßnahmen .... , noch wird überlegt, ob das nötige Lenkungspotential auch durch Konkretisierung und Fortbildung der LeistungsA. Müller-Armack: Die zweite Phase ... , a.a.O., S. 143. Vgl. W. D. Becker u.a.: Einordnung ... , a.a.O., S. 42. 54 A. Müller-Armack: Aufgaben und Organisationsprobleme der öffentlichen Unternehmen im Gebiet der Bankwirtschaft, in: Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 176 2. Teil 1931, S. 389-435, hier S. 391 f. 55 V gl. W. D. Becker u. a.: Einordnung .. ., a. a. 0., S. 43. Becker u. a. verweisen hier auf Walter Eucken: Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Tübingen 1952, S. 271, J. Jessen: Wettbewerb als grundsätzliche historische-politische Frage, in: Der Wettbewerb, Schriften der Akademie für Deutsches Recht, Gruppe Wirtschaftswissenschaft, Berlin 1942, S. 14 und A. Müller-Armack, Aufgaben und Organisationsprobleme . . ., a.a.O., S. 389-435. 56 H. Cox: Ja zur Postreform, aber kein Abbau öffentlicher Leistungen, in: Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (Hrsg.) : Postreform: Marktorientierung und öffentlicher Auftrag, Baden-Baden 1988, S. 37-50. 57 Vgl. S. Katterle: Jenseits der sozialen Marktwirtschaft .. ., a. a. 0., ders.: Ethische Aspekte ... , a . a. 0. 58 S. Katterle: Ethische Aspekte . . ., a. a. 0., S. 437 f. 52

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li. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

konzeptionöffentlicher und gemeinwirtschaftlicher Unternehmen zu gewinnen wäre." 59 Katterle folgert, daß durch den "weitgehenden Verzicht auf einen institutionentheoretisch fundierten programmatischen Interventionismus ..in Stil und Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft die funktionale Eigenlogik des kapitalistischen Marktsystems dominant werden (muß)" 60 und andere Teilsysteme, also auch die öffentlichen Unternehmen, dieser Hegemonie untergeordnet werden. Die öffentlichen Unternehmen lassen sich deshalb nicht, wie Cox unterstellt, "nahezu widerspruchsfrei" in die soziale Marktwirtschaft einordnen, denn diese Feststellung impliziert die Annahme, daß in der sozialen Marktwirtschaft konzeptionelle Klarheit über die Funktionalität öffentlicher Unternehmen besteht. Vielmehr ist zur Vermeidung einer "Antinomie" zwischen öffentlichen Unternehmen und sozialer Marktwirtschaft offensichtlich eine "ordnungspolitische Innovation" (Katterle) erforderlich. Will man die öffentlichen (gemeinwirtschaftlichen) Unternehmen als "ein besonders geeignetes Mittel" einer am öffentlichen Interesse orientierten Wirtschaftspolitik, "das vielleicht am wenigsten ,dirigistisch"' 61 ist, erhalten und sie nicht der Hegemonie des kapitalistischen Marktes überlassen, so scheint es notwendig zu sein, eine "ReVitalisierung"62 der öffentlichen Unternehmen als Instrumente der Wirtschaftspolitik in der sozialen Marktwirtschaft vorzunehmen und eine "Regeneration" ihrer "Organisationskultur und Unternehmensethik" 63 durchzuführen. Die Zukunftsaufgaben öffentlicher Unternehmen werden eher in der Mesoökonomie64, insbesondere in der Strukturpolitik für spezifische Problembereiche, gesehen als in einer makroökonomischen lnstrumentalisierung. Die "Nähe vieler öffentlicher Unternehmen zu den technischen-ökologischen Zukunftsproblemen sollte sie sogar zu bevorzugten Instrumenten einer Politik der ökologischen Verträglichkeit, der technischen Innovation für die Zukunft und der strukturellen Modernisierung werden lassen". 65 Die so von Himmelmann S. Katterle: Ethische Aspekte . . ., a. a. 0., S. 438. S. Katterle: Ethische Aspekte . .. , a.a.O., S. 439. 61 G. Weisser: Die Rolle der "Gemeinwirtschaft" ... , a.a.O., S. 766. 62 Vgl. G. Himmelmann: Zukunft der öffentlichen Wirtschaft: Re-Vitalisierung eines oft verkannten Instruments der Meso-Ökonomie, in: H. Brede (Hrsg.): Privatisierung und die Zukunft ... , a. a. 0., S. 355-374. 63 S. Katterle: Ethische Aspekte . . ., a. a. 0., S. 442ff. 64 Vgl. G. Himmelmann: Zukunft der öffentlichen Wirtschaft .. ., a.a.O., hier S. 368. Der Begriff Mesoökonomie geht auf Hans-Rudolf Peters zurück. Die Mesoökonomie hat als Hauptansatzpunkte die Wirtschaftszweige, Gruppen und Regionen und will mit Hilfe strukturtheoretischer und strukturpolitischer Analysen "die sektoralen und regionalen Elemente der wirtschaftsstrukturellen Entwicklung und die gruppenmäßigen Aspekte der Gesellschaft" erfassen. H. R. Peters: Funktionen der Mesoökonomie, in: Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Göttingen 1977, S. 300-324. 65 G. Himmelmann: Zukunft der öffentlichen Wirtschaft ... , a.a.O., hier S. 368, Vgl. auch P. Eichhorn u. A. von Loesch: Die Zukunft der öffentlichen Unternehmen, in:H. Brede (Hrsg.): Privatisierung und die Zukunft, a. a. 0., S. 313-326, hier S. 323 f. 59

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beschriebenen Zukunftsaufgaben sind in der Tat eine "Re-Vitalisierung" der schon von der liberalen Klassik entwickelten Aufgabenstellung öffentlicher Unternehmen. Die Frage, ob öffentlicheUnternehmen geeignete Instrumente zur Erreichung wirtschaftspolitischer Ziele sind, kann also nicht in so einfacher Weise beantwortet werden, wie Blankart dies versucht, indem er für öffentliche Unternehmen behauptet, daß "ihre Wirkung nicht zielgerichtet (ist)" und sie "damit im allgemeinen dem Einsatz anderer speziell für diesen Zweck ausgestalteter Instrumente unterlegen" sind.66 Eine allgemeingültige Antwort zu geben, scheint unmöglich zu sein, vielmehr, ausgehend von der konkreten Aufgabenstellung für bestimmte öffentliche Unternehmen, ist durch Wirkungsanalysen und Wirkungsprognosen zu eruieren, welchen Beitrag öffentliche Unternehmen leisten können. zu c) Ein dritter Einwand bezieht sich auf die "Interessen der Akteure". Die Gemeinwirtschaftstheorie löse die Problematik einer möglichen Abweichung von der gemeinwirtschaftliehen Zielsetzung der Unternehmung durch das Management und anderer Gruppen durch die definitorische Einführung eines "guten Menschen". So gehe die Gemeinwirtschaftslehre in ihrer Modellwelt davon aus, "daß die Ziele der Beschäftigten mit den Zielen der Unternehmung zusammenfallen," dies sei eine zu hohe Anforderung und in einer freiheitlichen Gesellschaft kaum erfüll bar. 67 Das Verhalten der Manager, der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen in öffentlichen Unternehmen und die Suche nach angemessenen Kontrollmöglichkeiten hat in der Gemeinwirtschaftslehre einen besonderen Stellenwert. Dieser ergibt sich aus dem Anspruch der Gemeinwirtschaftstheorie, die Besonderheiten und Konsequenzen für die Betriebsprozesse zu untersuchen, die sich aus dem öffentlichen Auftrag ergeben. Dabei geht die Gemeinwirtschaftslehre nicht von der Konstruktion eines "guten Menschen" aus, sondern sie betrachtet sehr wohl die Konflikte, die sich zwischen dem Träger, dem öffentlichen Unternehmen (Management, Beschäftigte und ihre lnteressenvertretungen) und der Öffentlichkeit ergeben können. 68 "Der früher weit verbreite66 C. B. Blankart Öffentliche Unternehmen ... , a. a. 0 ., S. 22 Hervorhebung nicht beim Autor. 67 C. B. Blankart: Öffentliche Unternehmen . . ., a .a.O., S. 24. 68 Vgl. als grundlegende Studie zum Problem von Interessenkonflikten in öffentlichen Unternehmen, E. Witte u.a: Die öffentlichen Unternehmen im Interessenkonflikt ... , a.a.O. Auch P. Eichhorn, Identitätskrise öffentlicher ManagerS. 22-30. H . Lehmann, Managmentverhalten in öffentlichen und gerneinwirtschaftlichen Unternehmen- Zum Selbstverständnis des Managers eines öffentlichen Unternehmens, S. 54-79, beide Arbeiten in: Managmentverhalten in öffentlichen Unternehmen, ZögU Beiheft 6, 1984, und S. Katterle: Ethische Aspekte . .. , a. a. 0. Siehe auch: Schriftenreihe der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft: Kontrolle öffentlicher Unternehmen, Heft 20 Bd. 1 u. 2, Baden-Baden 1982.

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II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

te ungeprüfte Vertrauensvorschuß hinsichtlich der öffentlichen Unternehmen, der mit der bloßen formalen öffentlichen Trägerschaft das öffentliche Interesse gesichert sah, ist heute für uns nicht mehr akzeptabel", und, so Theo Thiemeyer weiter, "die Kontrolle öffentlicher Unternehmen ... .ist ein zentraler Bereich neuester Forschung. " 69 Das Problem der Abweichung einer öffentlichen Unternehmung von der gerneinwirtschaftlichen Zielsetzung läßt sich im Rahmen der von Gerhard Weisser entwickelten Kategorien des "institutionell aufgegebenen" und "subjektiv gemeinten" Sinns einer Unternehmung behandeln. Der institutionelle Sinn ist "der durch Recht, Satzung, Vertrag oder auf sonstige Weise eindeutig unabhängig vom Willen der jeweils in den Gebilden Tätigen festgelegte Sinn." Der subjektiv gemeinte Sinn beschreibt den Sinn der Unternehmung, "den die innerhalb eines wirtschaftlichen Gebildes Tätigen" durch ihr "Verhalten bei Ausübung der Funktionen ... tatsächlich geben." 70 Von besonderem Interesse sind sogenannte Transformationsprozesse (Konvergenzhypothese) bei öffentlichen Unternehmen. Darunter werden Prozesse der Anpassung öffentlicher Unternehmen an Verhaltensweisen privatwirtschaftlicher Unternehmen verstanden. 71 Diese Transformationsprozesse können einmal ausgelöst werden durch Änderung des institutionellen Sinns; dieser Zielwandlungsprozeß beruht dann z. B. auf Änderung der gesetzlichen Vorgaben. Der Transformationsprozeß kann aber auch dadurch stattfinden, daß sich der subjektiv gemeinte Sinn in Richtung privatwirtschaftlicher Verhaltensweisen entwickelt, daß also Träger und j oder Management ihre faktische Unternehmenspolitik an den Verhaltensweisen eines privatwirtschaftliehen Unternehmens ausrichten. Weisser hat solche Prozesse als "Sinnverdünnung" 72 bezeichnet, andere Bezeichnungen wären "Kommerzialisierung" 73 oder "Prozeß der Privatisierung" 74 öffentlicher Unternehmen. Dabei zielt die Privatisierung des Führungsprinzips öffentlicher Unternehmen auf "die innere Struktur von Verwaltung und staatlichen 69

S. 21.

T. Thiemeyer: Öffentliche Unternehmen in der sozialen Marktwirtschaft . . ., a. a. 0 .,

70 G. Weisser: Wirtschaft, in: Handbuch der Soziologie, Stuttgart 1956, S. 970-1097, hier S. 990. Vgl. auch T. Thiemeyer: Gemeinwirtschaft ... , a.a.O., S. 212ff. 71 Vgl. T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre ... , a. a. 0., S. 222, ders.: Gemeinwirtschaftlichkeit . . ., a. a. 0 ., S. 255 f. 72 G. Weisser: Wirtschaft, a. a. 0 ., S. 990. 73 Vgl. bezogen auf die Deutsche Bundespost: H. Landgraf u. a.: Kommerzialisierung der Deutschen Bundespost - Deregulierung, neue Kommunikationstechniken und veränderte gewerkschaftliche Handlungsbedingungen, WSI-Mitteilungen, 41. Jg. 11/1988, S.656-663. 74 Ygl. J. H . Mendner u. W. Sauerbom: Zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Privatisierung - Angriff auf den Sozialstaat, Frankfurt 1983. In der Studie von Mender u. Sauerborn werden die vielfältigen Varianten von Privatisierung dargestellt. Vgl. mit Bezug zur Deutschen Bundespost, Deutsche Post: Ein Begriff ist zu klären - Die Privatisierung trägt viele Masken, Nr. 3/1987, S. 8f.

l. Öffentliche Unternehmen in der ökonomischen Theorie

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Unternehmen ab. Sie besagt, daß bestimmte in der privaten Wirtschaft angewendete Fiihrungsgrundsätze, Lenkungsmethoden usw. auf den öffentlichen Bereich übertragen werden sollen." 75 Die öffentlichen Unternehmen sind soziale Gebilde "mit teils integrierenden, teils konfligierenden Strukturen, Prozessen und Beziehungen, Normen, Erwartungen und Sanktionen'" 76 , deshalb berühren Transformationsprozesse eines öffentlichen Unternehmens, ausgelöst durch Änderungen des "institutionellen Sinns" (Zielwandlung) oder des "subjektiven Sinns", neben den Interessen der Konsumenten immer auch die Interessen der in dem öffentlichen Unternehmen Beschäftigten. Die Diskussion der Einwände gegen die Gemeinwirtschaftslehre hat gezeigt: Die Frage der kollektiven Zieltindung kann durchaus rational gestaltet werden, die Instrumentalfunktion der öffentlichen Unternehmen ist von der konkreten Aufgabenstellung abhängig und durch Wirkungsanalysen iiberpriifbar, Fragen des Managements, der inneren Strukturen und der Kontrolle öffentlicher Unternehmen und die damit verbundenen Konflikte werden eingehend in der Gemeinwirtschaftslehre erforscht. Die Gemeinwirtschaftslehre kann somit als theoretische Grundlage für die weitere Untersuchung dienen. Dabei werden die von Weisser entwickelten Kategorien des "institutionellen Sinns" und des "subjektiv gemeinten Sinns" den Rahmen bilden, denn in der Neuordnung der Bundespost sind sowohl Veränderungen im "institutionellen Sinn" (Poststrukturgesetz) wie im "subjektiv gemeinten Sinn" (Übernahme privatwirtschaftHeher Methoden der Unternehmensführung) zu beobachten. Die Wirkungen dieser Änderungsprozesse auf die Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost und die sich daraus ergebenden Probleme für die Planung, Steuerung und Kontrolle der Deutschen Bundespost und ihrer Organisationseinheiten werden im folgendem näher untersucht. Diese Untersuchung erfolgt vor dem Hintergrund, daß das ordnungspolitische Leitbild in der Bundesrepublik die Soziale Marktwirtschaft ist und daß für eine "bewußt gesteuert, und zwar sozial gesteuerte Marktwirtschaft" öffentliche Unternehmen prinzipiell nützliche (liberale, wenig dirigistische) Instrumente sein könnten, daß dazu aber, neben einer Re-Vitalisierung ihrer Aufgabenstellung, eine Regeneration ihrer Organisationskultur und Unternehmensethik notwendig ist. Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen ist eine nähere Betrachtung der Instrumentalfunktion der DBP. Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen für die DBP und die ihr in 75 H. Tofaute: Gesellschaftliche und ökonomische Aspekte der Privatisierung unter besonderer Berücksichtigung gewerkschaftlicher Gesichtspunkte, WSI- Mitteilung, 29. Jg. 7/1976, S. 370-392. Kritisch dazu A. von Loesch .,Nicht selten (wird) unter Privatisierung bereits die Überführung öffentlicher Unternehmen in privatrechtliche Rechtsformen, sogar die bloße Angleichung öffentlichen Wirtschaftens an privatwirtschaftliche Betriebsführungsprinzipien verstanden. Wir halten diese Ausdehnung des Begriffs Privatisierung nicht für sinnvoll." A. von Loesch: Privatisierung öffentlicher Unternehmen, Baden-Baden 1987, S. 43. 76 T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre .. ., a.a.O., S. 224.

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II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

der politisch-historischen Entwicklung zugewiesenen, aber nicht ausdrücklich gesetzlich kodifizierten Aufgaben bilden dabei die Grundlagen.

2. Die Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost Verschiedene Forscher haben versucht, aus den gesetzlich kodifizierten und politisch zugewiesenen Aufgaben für die DBP ein betriebliches "Zielsystem" theoretisch abzuleiten. 1 Diese Versuche werden als nicht hinreichend angesehen, wenn es darum geht, Anforderungen an betriebswirtschaftliche Instrumente zu formulieren. 2 Von einigen Autoren wird generell bezweifelt, daß die Möglichkeit besteht, im Post- und Fernmeldewesen ein Zielsystem mit operationalen Einzelzielen zu entwerfen. Begründet wird dies mit einem "sozialpsychologischen Defizit". Da das Verhalten der DBP von "allen gesellschaftlichen Gruppen und der breiten Öffentlichkeit" kritisch begleitet und verfolgt wird, erwartet man, "daß konkrete Einzelziele auf Ablehnung stoßen, sobald ihre Verwirklichung nicht begünstigender Natur ist, weil massives Eigeninteresse im Spiel ist. " 3 Nun ist aber die Problematik der "Zielkonflikte" nicht ein spezifisches Problem der DBP, sondern "der Zielbildungsprozeß ist . .. stets ein ,Verhandlungsprozeß'. Die widerstrebenden Interessen der Beteiligten sind zu einem Ausgleich zu bringen." 4 Nach Kubicek ist es generell "wenig sinnvoll ... , direkt nach dem Ziel oder den Zielen von Unternehmen zu fragen. Wenn Konflikte eine entscheidende Rolle spielen, ist es vermutlich fruchtbarer, Zielsysteme als Konfliktlösungsversuche und/ oder Ergebnisse von Prozessen der Konflikthandhabung zu begreifen." 5 Dabei ist von Bedeutung, "nicht nur die Konfliktfelder und Ergebnisse zu betrachten, sondern auch die Prozesse, in denen diese Konflikte auftreten und gehandhabt werden. " 6 1 Vgl. H. Bott: Das Zielsystem der Deutschen Bundespost als Ausgangspunkt einer Postökonomie, in: J. Hesse u. H. Bott: Beiträge zu einer Betriebswirtschaftslehre der Deutschen Bundespost, Heidelberg 1983, S. 25-55. B. Kaluza u. K. Felscher: Betriebswirtschaftliche Aspekte der Zielkonzeption und der Erfolgsermittlung der Deutschen Bundespost, ZögU Band 6/1983, S. 49-73. G. Detjen: Das Zielsystem von Unternehmen des Post- und Fernmeldewesens, in: G . Detjen u. a.: Betriebswirtschaftslehre des Post- und Fernmeldewesens, Band 1, Gelsenkirchen-Buer 1984, S. 65-79. 2 So z. B. von Estorff im Hinblick auf die Anforderungen an das Instrumentarium des innerbetrieblichen Rechnungswesens. R. v. Estorff: Leistungs- und Kostenrechnung der Deutschen Bundespost: Kritische Analyse zur Reform, Göttingen 1988, S. 37. 3 G. Detjen: Das Zielsystem ... , a.a.O., S. 79. 4 E. Heinen: Die betriebswirtschaftliehen Ziele, in: ders.: Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftlehre, München 1976, S. 109-142, hier S. 109. 5 H. Kubicek: Unternehmensziele, Zielkonflikte und Zielbildungsprozesse, Kontroversen und offene Fragen in einem Kernbereich betriebswirtschaftlicher Theoriebildung, WiSt, 10 Jg., 1981, S. 458-466, hier S. 462. 6 H. Kubicek: Unternehmensziele . .. , a.a.O., S. 464.

2. Die Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost

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In diesem Sinne geht es im weiteren nicht darum, einen geordneten Zielkatalog für die DBP abzuleiten, sondern, ausgehend von den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und politisch zugewiesenen Aufgaben, werden "Konfliktfelder" für die Unternehmenspolitik der DBP im Zuge der Postreform beschrieben und "Handhabungsinstrumente" aufgezeigt, die helfen können, Konflikte im Kompromiß zu lösen. Für diesen eingeschränkten Anspruch reicht die allgemeine Unterscheidung zwischen Formalziel (Gewinn bzw. Finanzierungskonzeption) und Sachziel (Leistungskonzeption) einer öffentlichen Unternehmung aus. Die "Konfliktfelder" lassen sich mit Hilfe dieser beiden Kategorien dann hinreichend genau beschreiben, wenn beachtet wird, daß im Prozeß der Zielverfolgung im erheblichen Maße Interessen der Beschäftigten berührt werden und daß diese bei der Gestaltung von "Handhabungsinstrumenten" zu beachten sind. a) Die gesetzlichen Normen für die Deutsche Bundespost Das Grundgesetz regelt in einigen Bestimmungen ausdrücklich Fragen des Post- und Fernmeldewesens. 7 So steht nach Art. 73 Nr. 7 GG ausschließlich dem Bund die Gesetzgebungskompetenz über das Post- und Fernmeldewesen zu. Nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ist für die Bundespost die Verwaltungsform einer bundeseigenen Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau vorgeschrieben. Durch verfassungsrechtliche Grundsatzentscheidung ist das Post- und Fernmeldewesen zur staatlichen Leistungsaufgabe erklärt. 8 Dadurch ist der Gesetzgeber sowohl in der Durchführung einer klassischen (materiellen) Privatisierung9 der Bundespost als auch in der Wahl des Verwaltungstyps eingeschränkt. 10 Auch die Regierungskommission Fernmeldewesen stellte in ihrem Bericht fest, "daß einer Privatisierung verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind, die nur durch eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit verändert werden können." 11 Aus dem

7 Vgl. ausführlich H. Fangmann: Verfassungsgarantie der Bundespost, Bremen 1987; ders.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Telekommunikation, in: Recht der Datenverarbeitung, 4. Jg. 1988 Heft 2, S. 53-62. Auch E. Wiechert: Das Recht des Fernmeldewesens der Bundesrepublik Deutschland - Staatliche Aufgabe und private Betätigung im Fernmeldewesen nach dem geltenden Recht, in: Jahrbuch der Deutschen Bundespost, Bad Windsheim 1986, S.119-163, hier S. 128ff. 8 Vgl. E. Wiechert: Das Recht des Fernmeldewesen . . ., a.a.O., S. 123. 9 Vgl. zu den Privatisierungsformen J. H. Mendner u. W. Sauerborn: Zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen ... , a. a. 0., S. 38 f. und 86ff. Siehe auch H . Tofaute: Gesellschaftliche und ökonomische Aspekte ... , a. a. 0. 10 So wäre "eine mittelbare Bundesverwaltung in Gestalt einer Bundesanstalt oder eine bundesunmittelbare Körperschaft .für das Post und Fernmeldewesen nicht verfasssungskonform" H. Fangmann: Verfassungsgarantie . .. , a. a. 0 ., S. 12. 11 E. Witte (Vorsitz): Neuordnung der Telekommunikation. Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, Heidelberg 1987 . . ., S. 14. Allerdings bestehen neben der klassichen (materiellen) Privatisierung eine Vielzahl von Varianten in der Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf private Träger (z. B. Verleihung- Kabelservicegesellschaf-

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li. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

Art. 87 GG kann für die Bundespost gefolgert werden, "daß der Verwaltungstyp ,bundeseigene Verwaltung' .. unter dem Aspekt der politischen Steuerung durch die Regierung und den zuständigen Minister die ,strengste' Form der Anhindung an die Politik" bedeutet. 12 Der Art. 87 GG betont somit die Instrumentalfunktion der DBP. Der Gesetzgeber hat von dem in Art. 80 Abs. 2 GG möglichen Gesetzesvorbehalt Gebrauch gemacht 13 ; eine Zustimmung des Bundesrates bei Gebührenänderungen des Post- und Fernmeldewesens ist deshalb nicht erforderlich. Art. 10 GG garantiert das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis als Grundrecht für die Benutzer der Bundespostdienste. Fangmann weist daraufhin, daß durch die Grundrechte Post und Fernmeldegeheimnis zunächst nur die drei traditionellen Teilgewalten verpflichtet werden und daß eine "Privatisierung von öffentlich erbrachten Kommunikationsdienstleistungen ... die Aushöhlung oder Abschaffung des grundrechtlich garantierten Geheimnisschutzes (Post- und Fernmeldegeheimnis, Art. 10 GG) und des grundrechtliehen Datenschutzes (Grundrecht auf informationeHe Selbstbestimmung Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) der Kunden privater Anbieter von Kommunikationsdienstleistungen zur Folge (hätte)." 14 Da Private nicht wie die Bundespost unmittelbar grundrechtsverpflichtet sind, würde sich der Grundrechtsschutz auf strafrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Schutz reduzieren. 15 Die DBP ist zur Garantie des Post- und Fernmeldegeheimnisses verpflichtet, in dem Sinne also ein "Instrument" des Staates zur Garantie dieser Grundrechte. Aus Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) kann gefolgert werden, daß die Deutsche Bundespost (als staatliche Leistungsverwaltung) dafür Sorge tragen muß, "daß das Leistungsangebot postalischer Dienste auch sozial schwachen ten) oder auf privatrechtliche Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft (formale Privatisierung) z. B. in Form einer privatrechtliehen Tochtergesellschaft. 12 H. Fangmann: Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Kommunikationsdienstleistungen, in: Dokumentation der Fachtagung der Deutschen Postgewerkschaft; Kommunikationsversorgung der Zukunft - Lebensqualität für viele oder Profit für wenige ? 3/4.6.1987 in Bonn, S. 119-145, hier S.129. 13 Siehe § 14 Satz 2 Postverwaltungsgesetz (PostVerwG) vom 24 Juli 1953 " Die Benutzungsverordnung bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates.". 14 H. Fangmann: Die verfassungsrechtliche Bedeutung ... , a. a. 0 ., S. 143 ff. 15 Vgl. H. Fangmann: Die verfassungsrechtliche Bedeutung .. ., a. a. 0., S.143 ff. ders.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen .. ., a. a. 0., S. 61 f. Auch Joachim Schmidt problematisiert, allerdings mit anderer Intention, die Grundrechtsverpflichtung der DBP. Im Hinblick auf die Ausweitung des Wettbewerbsbereiches im Fernmeldewesen und der privatrechtliehen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zu den Kunden und um "Wettbewerbsverzerrungen" zu vermeiden, brauche die DBP auch im Datenschutz "dieselben Freiheiten wie private Unternehmen". J. Schmidt: Die Gewährleistungen des Datenschutzes bei der Teilnahme an Telekommunikationsdiensten, dargestellt unter besonderer Berücksichtigung der Telekommunikationsordnung, in: Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1988, S. 315-355, hier S. 355.

2. Die Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost

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Schichten der Bundesrepublik zuteil werden kann." Nach Fangmann können "substantielle Verschlechterung oder Ausgliederung von Dienstleistungen, auf die Rentner, Arbeitslose und andere soziale schwache Bevölkerungskreise in besonderem Maße angewiesen sind, oder Verteuerungen des Dienstleistungsangebots, die das Prinzip der wirtschaftlichen Leistungskraft besonders dieser Postbenutzer übermäßig strapazieren würden, ... unter bestimmten Voraussetzungen dem Sozialstaatsgebot zuwiderlaufen." 16 Fangmann leitet weiter aus dem Art. 109 Abs. 2 GG (Gebot des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts) und dem Art. 20 Abs. 1 GG eine arbeitsmarktpolitische Verantwortung der öffentlichen Hand und damit auch der Bundespost ab. 17 Der Instrumentalcharakter der Deutschen Bundespost ist auch einfachgesetzlich durch den Gesetzgeber hervorgehoben worden. So ist die Deutsche Bundespost durch das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft von 1967 (§ 1 StabG. und§ 13 StabG) in die Konjunkturpolitik eingebunden. Der Instrumentalcharakter wird besonders durch den § 2 (1) PostVwG deutlicht; danach ist der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen dafür verantwortlich, "daß die Deutsche Bundespost nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Verkehrs-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik verwaltet wird." Die Darstellung der grundgesetzliehen sowie der einfachgesetzlichen Normen des Postverwaltungs- und Stabiltätsgesetzes zeigt, daß der Gesetzgeber in der Deutschen Bundespost ein Instrument staatlicher Politik sieht. Eine Konkretisierung dieser gesetzlich normierten Instrumentalfunktion der DBP wird vor allem im "Infrastrukturauftrag" der Deutschen Bundespost gesehen. 18 Die D BP beeinflußt durch ihre Beschäftigungs-, Gebühren-, Investitions- und Beschaffungspolitik sowie durch die Einführung neuer Kommunikationstechniken auch die konjunkturelle und arbeitsmarktpolitische Situation in der Bundesrepublik. Eine explizite Darstellung und Diskussion der möglichen Instrumentalfunktion der DBP im Rahmen einer Konjunktur- und Beschäftigungspolitik erfolgt hier nicht, 19 sondern die weitere Betrachtung konzentriert sich auf den H. Fangmann: Verfassungsgarantie .. ., a.a.O., S. 16. Vgl. ausführlich H . Fangmann: Verfassungsgarantie . . ., a.a.O., S. 44ff. 18 Vgl. T. Thiemeyer: Wirtschaftslehre . .. , a.a.O., S. 70f. W. Hamm: Bereiche und Instrumente der Wirtschaftspolitik, in: H. Diederich u. a.: Die Deutsche Bundespost im Spannungsfeld der Wirtschaftspolitik, Beideiberg 1987, S. 31-65, hier S. 34f. E. Herrmann: Die Deutsche Bundespost, Baden-Baden 1986, S. 101 ff. 19 In dem Sammelband H. Dieterich u. a.: Die Deutsche Bundespost im Spannungsfeld der Wirtschaftspolitik, a. a. 0., werden verschiedene Aspekte des instrumentellen Einsatzes der DBP diskutiert. Vgl. H. Schmahl u. E. Wohlers: Gebührenpolitik und Konjunktur- und Wachstumspolitik, S. 301-315. Schmahl und Walter kommen zu dem Ergebnis, daß "die Gebührenpolitik kein geeignetes Mittel zur Stabilisierung des Preisniveaus ist", sondern "daß eine an betriebswirtschaftliehen Erfordernissen und am gesetzlichen Auftrag der Post orientierte Gebührenpolitik .. letztlich mehr zur Stabilität beiträgt". S. 313; dies.: Investitionspolitik 16 17

4 Rehfeld

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II. Die Deutsche Bundespost in der ordnungspolitischen Diskussion

"Infrastrukturauftrag". Die betriebliche Beschäftigungspolitik wird allerdings berührt, wenn die Konsequenzen der Neuordnung und die damit verbundenen Regulierungsfragen untersucht werden. Der "Infrastrukturauftrag", der bisher aus einzelgesetzlichen Normen (Postverwaltungsgesetz, Postgesetz und Fernmeldeanlagengesetz) abgeleitet wird, erhält im Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der DBP im§ 4 des Postverfassungsgesetz eine gesetzliche Normierung. Die Sicherung und Entwicklung "der notwendigen Infrastruktur im Sinne der öffentlichen Aufgabenstellung, insbesondere der Daseinsvorsorge", wird ausdrücklich als Leitungsgrundsatz für die Unternehmen der DBP ausgezeichnet. Gleichzeitig ist die Postreform auf eine umfassende Ausweitung des Wettbewerbs im Kommunikationssektor ausgerichtet; die sich daraus ergebenden Probleme werden später dargestellt und diskutiert. Zunächst soll der Infrastrukturauftrag der DBP näher betrachtet werden.

b) Infrastrukturauftrag der Deutschen Bundespost Nach einer umfassenden Begriffsbestimmung ist Infrastruktur "die Gesamtheit der materiellen, institutionellen und personellen Einrichtungen und Gegebenheiten, die der arbeitsteiligen Wirtschaft zur Verfügung stehen und dazu beitragen, daß gleiche Faktorentgelte für gleiche Faktorleistungen (vollständige Integration) bei zweckmäßiger Allokation der Ressourcen ... gezahlt werden. Mit Infrastruktur werden somit die wachstums-, integrations- und versorgungsnotwendigen Basisfunktionen einer Gesamtwirtschaft umschrieben." 20 Einrichtungen der Nachrichtenübermittlung (Kommunikationsnetze) werden im allgemeinen zur materiellen Infrastruktur gerechnet. 21 Dabei ist allerdings zu berückder DBP und Konjunktur- und Wachstumspolitik, S. 373-390. Schmahl u. Wohlers plädieren für eine "stetige Investitionspolitik" der DBP. Vgl. zu den Wirkungen der Beschaffungspolitik der DBP, H. Gröner: Beschaffungspolitik der DBP und Strukturpolitik, S. 359-372. Vgl. zur Beschäftigungspolitik H. Barling: Dienstleistungspolitik der DBP und Arbeitsmarktpolitik, S. 197-220, hier S. 213. H. Barling diskutiert die Beschäftigungseffekte durch Einführung neuer Kommunikationsdienste. Dabei ist eine Quantifizierung der Beschäftigungseffekte letztlich nicht möglich. Als Richtung sieht Barling, daß die durch neue Kommunikationsdienste "ermöglichten Rationalisierungen in der Dienstleistungsproduktion .. . die Auffangsfunktion des tertiären Sektors für freigesetzte Arbeitskräfte aus dem primären und sekundären Sektor mindern (werden)." Vgl. auch, W. Rittershofer: Die beschäftigungspolitische Bedeutung der Investitionsund Dienstleistungspolitik der Deutschen Bundespost unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten, WSI-Mitteilungen, 41. Jg., 6(88, S. 350-359. Rittershafers zentrale These lautet, "die Rationalisierungswirkungen bei den Anwendern sind größer als die möglichen Beschäftigungseffekte bei der DBP und den Herstellern." S. 355. 20 R. Jochimsen u. K. Gustafsson: Infrastruktur. Grundlage der marktwirtschaftliehen Entwicklung, in: U. E. Simonis (Hrsg.): Infrastruktur, Köln 1977, S. 38-53, hier S. 38. 21 Vgl. W. Hamm: Bereiche und Instrumente ... , a.a.O., S. 34. E. Herrmann: Die Deutsche Bundespost, a.a.O., S. 18 und S. 101. Vgl. zur Begriffsklärung von materieller,

2. Die Instrumentalfunktion der Deutschen Bundespost

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sichtigen, "daß isolierte Veränderungen einzelner AspeJ