Neue Politische Ökonomie des internationalen Subventionsabbaus [1 ed.] 9783428485710, 9783428085712


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Neue Politische Ökonomie des internationalen Subventionsabbaus [1 ed.]
 9783428485710, 9783428085712

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DIANE BINGEL

Neue Politische Ökonomie des internationalen Subventionsabbaus

Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann t

Heft 465

Neue Politische Ökonomie des internationalen Subventionsabbaus

Von

Diane Bingel

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Bingel, Diane: Neue politische Ökonomie des internationalen Subventionsabbaus / von Diane Binge\. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Volkswirtschaftliche Schriften ; H. 465) Zug\.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08571-X NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 3-428-08571-X

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Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Meinen Eltern

Vorwort Dieses Buch hat der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Brsg. als Dissertation vorgelegen und stellt den Abschluß arbeitsamer, aber wunderschöner Studienjahre dar. Daß mir die Dissertation so viel Freude gemacht hat, liegt sicherlich nicht zuletzt an Herrn Professor Dr. Bernhard Külp, meinem Doktorvater: durch die akademische Freiheit, die er mir gewährte, konnte ich meine eigenen Gedanken voll entfalten. Für seine menschlich sehr nette und stets anregende Betreuung möchte ich mich an dieser Stelle bei ihm ganz herzlich bedanken. Ebenso gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Hans-Josef Brink, der freundlicherweise die Zweitkorrektur übernommen hat. Herrn Diplom-Volkswirt Klaus Köster danke ich für seine ständige Bereitschaft, sich auf - manchmal recht herausfordernde - Diskussionen einzulassen, von denen ich sehr viel gewinnen konnte. Ganz besonders bedanke ich mich aber bei meinen Eltern, die mich auf meinem Weg in jeder Hinsicht liebevoll unterstützt haben. Das Manuskript wurde im wesentlichen im Februar 1995 fertiggestellt. StuUgart, im September 1995

Diane Bingel

Inhaltsverzeichnis A. Problemstellung I.

Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 13

11. Begriffsabgrenzung ........................................ 15

Irr.

Rechtfertigungsansätze für Subventionen ........................ 17

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken .......................... 1. Allokation ............................................. 2. Distribution ............................................ 3. Stabilisierung ........................................... 4. Außerökonomische Einwände ................................

21 22 28 30 32

V. Fazit ................................................... 33

B. Fallstudie: Die Subventionspolitik für die Steinkohlebergbauindustrie in den Mitgliedsländern der EU I.

Der Steinkohleweltmarkt .................................... 34

11. Begründung für die Subventionierung des europäischen Steinkohlebergbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Irr.

Die institutionellen Rahmenbedingungen der EU im Hinblick auf ihre subventionspolitische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vertragsbasis ........................................ 2. Kommission ............................................ 3. Rat .................................................. 4. Europaparlament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Europäischer Gerichtshof ................................... 6. Sonstige Organe .........................................

44 45 47 48 50 51 52

IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU ................ 53 V. Fazit ................................................... 66

10

Inhaltsverzeichnis C. Politökonomische Analyse

I.

Internationale Organisationen im Lichte internationaler Subventionsabbaubemühungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Politologische Ansätze .................................. b) Wirtschaftswissenschaftliche Ansätze ........................ 2. Begriffsabgrenzungen ..................................... 3. Koordination des internationalen Subventionsabbaus als internationales öffentliches Gut ......................................... 4. Bereitstellung öffentlicher Güter durch Internationale Organisationen .... 5. Fazit .................................................

69 69 70 72 75 77 78 82

11. Nutzen-/Kostenanalyse der Akteure im internationalen Kooperationsproze~ der Subventionsabbaubemühungen .......................... 83 1. Regierungen und politische Opposition ......................... 85 2. Interessenverbände ....................................... 98 3. Bürokraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 116 4. Wähler .............................................. 128 5. Fazit ................................................ 134 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 137 Anhang ................................................... 1. Weltvorräte an Kohle ....................................... 2. Preisentwicklung ausgewählter Energieträger ...................... 3. Förderung von Steinkohle in der EU ............................ 4. Prirnärenergieverbrauch in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 5. Maßnahmen im Zusammenhang mit der laufenden Förderung ........... 6a) Maßnahmen, die nicht im Zusammenhang mit der laufenden Förderung stehen (1) ............................................... 6b) Maßnahmen, die nicht im Zusammenhang mit der laufenden Förderung stehen (II) ..............................................

142 142 143 144 144 145 146 146

Literaturverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 147 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 162

Abkürzungsverzeichnis BDI

Bundesverband der deutschen Industrie

BVEG

Bankenvereinigung der EG

COPA

Ausschuß der berufsständischen Landwirtschaftlichen Organisationen der EG

DUP DIW

Deutsches Institut für Wirtschafts forschung

EAG

Europäische Atomgemeinschaft

EAGFL

Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft

Directly Unproductive Profit-Seeking

EAGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft

ECU

European Currency Unit

EEA

Einheitliche Europäische Akte

EFRE

Europäischer Fonds für regionale Entwicklung

EFTA

European Free Trade Association

EG

Europäische Gemeinschaft

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EGB

Europäischer Gewerkschaftsbund

EGKS

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

EGKSV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl

EIB

Europäische Investitionsbank

ERP

European Recovery Program

ESF

Europäischer Sozialfonds

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EURATOM Europäische Atomgemeinschaft EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

GATT

General Agreement of Trade and Tariff

HWWA

Hamburger Weltwirtschaftsarchiv

HDSW

Handwörterbuch der Sozialwissenschaften

HDWW

Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften

12

Abkürzungsverzeichnis

IEA

Internationale Energieagentur

IEO

International Economic Organization

IGBE

Industriegewerkschaft Bergbau und Energie

IGO

International Governmental Organization

IMF

International Monetary Fund

INGO

International Nongovernmental Organization

10

Internationale Organisation

NGI

Neues Gemeinschaftsinstrument

NUT

Nomenclature des Unites Territoriales Statistiques

OECD

Organisation for Economic Cooperation and Development

RWI

Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

SKE UNICE

Steinkohleeinheit Union der Industrien der Europäischen Gemeinschaft

UNO

United Nations Organization

VGR

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung

WiST

Wirtschaftswissenschaftliches Studium

WISU

Das Wirtschaftsstudium

WSA

Wirtschafts- und Sozial ausschuß

A. Problemstellung I. Gang der Untersuchung Ausgehend von der Annahme, daß Subventionen in marktwirtschaftlicher Hinsicht einen Fremdkörper darstellen, der eine diskriminierende Wirkung auf nichtbegünstigte Unternehmen, Branchen und Regionen hat, stellt sich die Frage, warum sie überhaupt existieren bzw. nicht abgebaut werden. Da Subventionen weltweit in mehr oder weniger großem Umfang (je nach wirtschaftspolitischer Zielsetzung der einzelnen Länder) gewährt werden, somit eine erhebliche Belastung (je nach Volumen) der einzelnen Staatshaushalte darstellen, ergibt sich folgende Frage: Welche Faktoren stehen einem internationalen Subventionsabbau im Wege? Eine Betrachtung der Subventionen für den Steinkohlebergbau in den Mitgliedstaaten der EU soll einige Überlegungen zu diesem Problem verdeutlichen. Gerade der Steinkohlebergbau zeichnet sich neben verschiedenen anderen Wirtschaftssektoren durch jahrzehntelange staatliche Unterstützungsmaßnahmen aus, die im Prinzip auf eine Erhaltung alter Strukturen hinauslaufen. Die EU bemüht sich schon seit längerem, die Subventionen in den Mitgliedsländern der Union zu reduzieren. Die Ergebnisse der bisherigen Verhandlungen scheinen jedoch angesichts der gebotenen Dringlichkeit der Problemlösung von recht zweifelhaftem Erfolg zu sein. Schwerpunkt der Analyse ist die Erklärung der Ursachen für diese Entwicklungen, die sich in diesem Untersuchungszusammenhang auf die politischen Faktoren konzentrieren soll. Für die Betrachtungen auf nationaler Ebene liegen schon die verschiedensten Arbeiten vor. Hier soll eine Analyse im Rahmen der Internationalen Politischen Ökonomie vorgenommen werden. Dies impliziert eine Betrachtung von Internationalen Organisationen und den entsprechenden Akteuren, die sich mit den Problemen des internationalen Subventionsabbaus beschäftigen. Nach den notwendigen Begriffsdefinitionen in Teil A dieser Arbeit, die z.T. in der praktisch orientierten Fallstudie tiefergehend differenziert werden müssen, wird zunächst von einer allgemeinen Abhandlung über Subventionen ausgegangen. Da dieses Gebiet in der Literatur schon umfangreich behandelt worden ist, sollen sich diese Ausführungen nur auf die wesentlichen Aussagen beschränken und als Diskussionsgrundlage der politökonomischen Analyse dienen. Der Begründungszusammenhang für die Subventionsvergabe beinhaltet

14

A. Problemstellung

im wesentlichen allokations-, verteilungs-, struktur- und stabilisierungspolitische Argumente sowie einige außerökonomische Aspekte. Diesem Überblick folgt eine Gegenüberstellung der Einwände gegen Subventionsmaßnahmen. Dabei soll die vorherige Systematik beibehalten werden. Eine Zusammenfassung beendet die Einführung in die Problematik und stellt die Überleitung zur praktischen Anwendung dar: die EU im Prozeß der Subventionsabbaubemühungen für den europäischen Steinkohlebergbau. In Teil B dieser Arbeit wird zunächst ein kurzer Überblick über die Entwicklungen auf dem internationalen Steinkohlemarkt und über die Begründungen von Subventionen für die europäische Steinkohlebergbauindustrie gegeben. Die institutionellen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene beschreiben, welchen Zwängen die Gruppen von individuellen Akteuren ausgesetzt sind, und wie diese zustandekommen. Schließlich werden die Subventionspolitiken auf europäischer und nationaler Ebene, die dem Steinkohlebergbau zugute kommen, kritisch analysiert. In Teil C der Arbeit, der den Schwerpunkt der Untersuchung bildet, wird eine Problemanalyse der politischen Durchsetzbarkeit des internationalen Subventionsabbaus vorgenommen. Diverse Internationale Organisationen bemühen sich um einen Subventionsabbau in den verschiedensten Wirtschaftssektoren. Sie stellen den Ausgangspunkt der Analyse dar. Nach einer Einordnung des politökonomischen Ansatzes in die politologische und wirtschafts wissenschaftliche Literatur werden anhand des internationalen Subventionsabbaus die Schwierigkeiten bei der Bereitstellung eines internationalen öffentlichen Gutes durch eine Internationale Organisation dargestellt. Die Kritik an den Annahmen der traditionellen Theorie stellt unmittelbar den Übergang zum politökonomisehen Ansatz dar: Zunächst müssen die Gruppen individueller Akteure, die an dem Verhandlungsprozeß über die Subventionspolitiken innerhalb einer Internationalen Organisation beteiligt sind, differenziert werden. Namentlich ist hierbei an Politiker, Interessenverbände, Bürokraten und Wähler zu denken. Die Analyse soll für die jeweiligen Parteien in Form einer Nutzen-lKostenanalyse jeweils auf nationaler und internationaler Ebene erfolgen, d.h.: es muß untersucht werden, welche Motive die einzelnen Akteure dazu verleiten, sich in den Entscheidungsprozeß der Subventionsvergabe einzuschalten, sich dafür auf welche Art und Weise zu organisieren usw .. Neben der schwerpunktmäßig international ausgerichteten Betrachtung - wie lassen sich z.B. Interessenverbände (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Verbraucher) international überhaupt organisieren? Sind sie an Entscheidungsprozessen in Internationalen Organisationen, die sich um den Subventionsabbau bemühen, adäquat beteiligt? - müssen auch einige nationale Aspekte berücksichtigt werden, wie z.B. die Überlegung, welche Einflußkanäle den Akteuren auf nationaler Ebene zur Verfügung stehen. Welche Spielräume eröffnen sich auf internationaler Ebene beispielsweise den Politikern? Wie

H. Begriffsabgrenzung

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verändern sich die für den Subventionsvergabeprozeß relevanten Budgetrestriktionen durch diese Dimension? Sind Internationale Organisationen ein geeignetes Medium für multilaterale Kooperationen beim Subventionsabbau? Damit stellt sich aber auch die Frage nach der Effizienz von Internationalen Organisationen in diesem Zusammenhang.

n.

Begriffsabgrenzung

Zunächst muß der Begriff "Subvention", wie er im Laufe der Untersuchung verstanden werden soll, abgegrenzt werden. Weder in der Theorie noch in der Politik und Verwaltungspraxis gibt es eine allgemeingültige Definition von Subventionen. Schwierigkeiten zeigen sich schon angesichts der Vielfalt verwendeter Synonyme wie z.B. Beihilfen, Prämien, Unterstützungen, Vergütungen, etc., die den politisch negativ behafteten Begriff "Subvention" wohl nur vermeiden sollen. Aufgrund der Abgrenzungsprobleme wird die Findung einer operationalen, allgemeingültigen Diskussionsgrundlage für Subventionsabbaubemühungen erschwert'. Als Informationsquellen, die Auskunft über Entwicklung und Volumen von Subventionen geben, sind auf nationaler Ebene zum einen die Subventionsberichte der Bundesregierung, die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) des Statistischen Bundesamtes, zum anderen die an der Strukturberichterstattung beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute (lfW, HWWA, RWI, DIW, Ifo) zu berücksichtigen. Da die Institutionen unterschiedliche Abgrenzungskriterien für Subventionen verwenden, ergeben sich dementsprechend verschiedene Subventionsvolumina, sowohl hinsichtlich ihres qualitativen als auch quantitativen Umfangs. Die Verwendung eines bestimmten Subventionsbegriffes ist dabei abhängig vom jeweiligen Zweck der Analyse2• Zusätzlich erschwerend er-

1 Vergl. zum folgenden auch AlbrechtlThormälen, S. 18 ff. , 1985 wurde in der VGR ein Subventionsvolumen von DM 38 Mrd., im 11. Subventionsbericht von DM 72 Mrd. ermittelt, die Wirtschaftsforschungsinstitute kamen dagegen auf DM 118 Mrd.; so zählt das Statistische Bundesamt beispielsweise allein Zuschüsse an Unternehmen für den laufenden Produktionszweck zu den Subventionen, mithin z.B. keine Steuervergünstigungen oder Vermögensübertragungen (Investitionszuschüsse); im Subventionsbericht werden z.B. nur Subventionen des Bundes (gemäß StWG), nicht aber der Länder und Gemeinden oder der EG im Detail ausgewiesen; weiterhin werden hier Finanzhilfen und - im Gegensatz zur VGR- Steuervergünstigungen berücksichtigt; die an der Strukturberichterstattung beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute heben bei ihrer Definition hingegen vor allem auf die Strukturwirksamkeit von staatlichen Leistungen ab, was z.B. die Berücksichtigung von Unternehmen und privaten Haushalten als

16

A. Problemstellung

scheint dabei die Tatsache, daß z.B. in den Subventionsberichten der Bundesregierung jene Abgrenzungskriterien, nach denen die Untersuchungen vorgenommen werden, nur teilweise publiziert werden, oder aber im Zeitablauf Änderungen erfahren, wodurch die stringente Durchdringung und Beurteilung der Datenmaterialien erschwert wird'. Im Hinblick auf Teil B dieser Arbeit sei hier schon erwähnt, daß ein internationaler Vergleich von Subventionen problematisch ist. Abgesehen von derselben Definitionsproblematik, verfügen einige EG-Länder z.B. nur über unvollständige, geschätzte oder über gar keine Subventionsstatistiken4 •s• Da derartige Daten aber die essentielle Grundlage jeglicher Absprachen bilden, werden die Koordinationsbemühungen im internationalen Subventionsabbau neben politischen Restriktionen zusätzlich durch technische Probleme belastet. Die Aussagefahigkeit verschiedener Subventionsstatistiken soll hier aber nicht weiter diskutiert werden. In Anlehnung an Berthold können Subventionen grundsätzlich unter Zuhilfenahme folgender Kriterien definiert werden": a) nach dem Subventionsgeber (Bund, Länder, Gemeinden, Europäische Gemeinschaft, ERP-Fonds, Ausgleichsfonds, Kreditanstalt für Wiederaufbau, etc., ebenso wie die Privatwirtschaft, die durch staatliche Interventionen zur Aufbringung von Beihilfen gezwungen werden kann), b) nach Art der staatlichen Leistung (direkte Subventionen in Form von tatsächlichen Staatsausgaben, indirekte Subventionen, die sich durch staatliche Einnahmeverzichte ergeben (können)), c) nach dem Subventionsempfänger (private und öffentliche Unternehmen, pivate Haushalte, private Organisationen ohne Erwerbscharakter), d) nach der Subventionsgegenleistung (z.B. "unentgeltliche Gewährung" von Subventionen in Form verlorener Zuschüsse, "ohne marktmäßige" Gegenleistung wie z.B. zinsverbilligte Kredite, Auflagen, etc.), e) nach dem Subventionsdestinatar, d.h. dem beabsichtigten Nutznießer der Unterstützung (Unternehmen, private Haushalte), der aber nicht mit dem Subventionsempfänger übereinstimmen muß.

Subventionsempfänger impliziert; vergl. Statistisches Bundesamt; Zwölfter Subventionsbericht; FritzschelHummei u.a. • Vergl. hierzu die Ausführungen bei Färber. S. 325 ff. • Im folgenden wird je nach Zitatgrundlage der Begriff EG oder EU veIWendet. , Vergl. Thormälen, S. 245 f . • Vergl. Berthold, S. I7 ff.

IIl. Rechtfertigungsansätze für Subventionen

17

In der rechtswissenschaftlichen, wirtschaftspolitischen und finanzwissenschaftlichen Fachliteratur findet man verschiedene Definitionen, die - in Abhängigkeit vom jeweils verfolgten Untersuchungszweck - alle oder nur einige dieser Kriterien berücksichtigen. Dabei kommt es vielfach zu Überschneidungen aber auch Widersprüchen, die die Kategorisierung der verschiedenen Definitionsversuche erschweren7 • Im folgenden soll von einem "einfach" gefaßten Subventionsbegriff ausgegangen werden, der sich im Hinblick auf die Fallstudie an Unternehmen als Subventionsempfanger orientiert und den theoretischen Erörterungen genügend Spielraum läßt. Damit bietet sich Schmölders Definition an, derzufolge Subventionen "Geldzahlungen oder geldwerte Leistungen der öffentlichen Hand an Unternehmen [sind], von denen an Stelle einer marktwirtschaftlichen Gegenleistung in der Regel bestimmte Verhaltensweisen gefordert oder doch erwartet werden "8. Deren Zweck ist es, marktwirtschaftliche Allokations- und/oder Distributionsergebnisse nach politischen Zielen zu korrigieren.

llI. Rechtfertigungsansätze für Subventionen In den wichtigsten westlichen Industrieländern wird "freier Wettbewerb" als primäres Ordnungsprinzip der Wirtschaft propagiert. In diesem Kapitel wird dargestellt, mit welcher Begründung Subventionen, die ein Instrument des Staatsinterventionismus darstellen, dennoch verschiedenen Branchen und Unternehmen gewährt und akzeptiert werden. Grundsätzlich lassen sich die Rechtfertigungsgründe für Subventionen in ökonomische und außerökonomische Motive unterteilen. Die nun folgenden ökonomischen Gründe sollen in Anlehnung an Andel nach den musgraveschen Zielen der Finanzpolitik (Allokation, Verteilung, Stabilisierung) untersucht werden9 ; Für die allokationstheoretische Analyse wird dabei das Paretokriterium herangezogen. Ausgangspunkt für die Betrachtungen sind die Annahmen vollkommener Konkurrenz (u.a. unendliche Reaktionsgeschwindigkeiten, vollständige Information aller Wirtschaftssubjekte, atomistische Nachfrage- und Angebotsbedingungen), gegebener Faktorausstattung und Technologie und gewinn- bzw.

7 Einen guten Überblick über verschiedene Definitionsansätze bieten Gundlach, S. 2 ff. und von Bargen, S. 13 ff. I Vergl. Schmölders, S. 232. • Vergl. Andel, Interventionismus, S. 70 ff.

2 Bingc1

18

A. Problemstellung

nutzenmaximierenden Verhaltens von Unternehmen bzw. privaten Haushalten. Unter diesen Prämissen kann im Optimum in einer Volkswirtschaft kein Wirtschaftssubjekt besser gestellt werden, ohne da~ sich ein anderes dabei gleichzeitig schlechter stellen würde. Die Erfüllung dieser Bedingungen ist allerdings als realitätsfern einzustufen. Sofern Subventionen zur Beseitigung von Marktversagen bzw. allokativer Mängel eingesetzt werden sollten, Iie~e sich so ein permanenter Subventionsbedarf begründen lO • In der Realität sind verschiedene Formen des Marktversagens zu beobachten, wie z.B. die Herausbildung natürlicher Monopole, ruinöse Konkurrenz und die Existenz externer Effekte. Letztere seien hier beispielhaft zur Verdeutlichung allokationstheoretischer Argumente der Befürworter von Subventionen näher beschrieben. Externe Effekte liegen dann vor, wenn im volkswirtschaftlichen Produktions- oder Konsumproze~ private und gesellschaftliche Kosten bzw. Erträge voneinander abweichen. D.h. im Wirtschaftsproze~ werden die Empfanger externer Erträge nicht zur Begleichung selbiger herangezogen, die Träger externer Kosten für deren Nachteile hingegen nicht entschädigt. Dies führt zu Produktions- bzw. Konsummengen, die zwar einzelwirtschaftlich gewinn- bzw. nutzenmaximal sein mögen, dem gesamtwirtschaftlichen Optimum aber keineswegs Rechnung tragen. Die Allokation von Produktionsfaktoren wird dementsprechend nicht mehr optimal über den Preismechanismus gesteuert. Mithin wird das marktliche Allokationsergebnis im Hinblick auf seine Effizienz oder Akzeptanz in Frage gestellt. Subventionen könnten - so wird argumentiert - der Internalisierung externer Effekte dienen": Diejenigen Unternehmen, deren Produktion externe Ersparnisse verursachen, könnten in Höhe eben dieser entschädigt werden. Als Beispiel seien hier Subventionen im Forschungsbereich aufgeführt'2: Technologisches Wissen, das im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erzeugt wird, hat den Charakter eines öffentlichen Gutes. Es zeichnet sich durch "Nicht-Rivalität" im Konsum aus, die Ausschlie~ung von der Nutzung ist - in Abhängigkeit von der nationalen und internationalen Patentgesetzgebung zeitlich begrenzt. Unternehmen, die in verstärktem Ma~e Ressourcen im Forschungs- und Entwicklungsbereich einsetzen, erzeugen positive externe Effekte, sofern die neugewonnenen Informationen auch von anderen (in- und ausländischen) Produzenten genutzt werden. Durch Patentschutz mag das Unternehmen zumindest zeitweise alleinig für seine Leistung entlohnt werden. Jedoch wird dieser Vorteil nach Ablauf der Schutzfrist oder aber durch Produktimitation inund ausländischer Konkurrenten aufgezehrt. Die Erträge des neuen technischen Wissens kommen dem investierenden Unternehmen also nur unvollständig zu.

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11

12

Vergl. Hansmeyer/Ewringmann. S. 31. Detaillierte Ausführungen bei Gröbner, S. 30 ff. Vergl. Hartig, S. 12 ff.

III. Rechtfertigungsansätze für Subventionen

19

Es besteht die Gefahr, daß unter einzelwirtschaftlichen Kosten-/Nutzenüberlegungen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten unterlassen werden. Dies impliziert wiederum ein gesellschaftlich suboptimales Niveau an Forschung und Entwicklung. Subventionen könnten - so wird argumentiert - Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten anregen und würden die Wissensdiffusion nicht behindern, im Gegensatz zu Patenten, die die Nutzung neuer Technologien zunächst zeitlich beschränken. Problematisch erscheint jedoch die Bemessung der Erträge bzw. der externen Ersparnisse, die sich aus Innovationen ergeben und den Subventionszahlungen zugrunde gelegt werden müßten; andererseits ist es aber ebenso fragwürdig, ob eine Patentgesetzgebung innovative Unternehmen angemessen schützen kann, denn: nach Ablauf welcher Frist kann man von einer Internalisierung positiver externer Effekte sprechen? Ein weiteres Einsatzfeld für Subventionen stellen öffentliche und meritorische Güter dar: sofern der Staat die Produktion dieser Güter nicht selber übernehmen kann oder will, mögen Subventionen der Privatwirtschaft zumindest als Anreiz dienen. Unter einem solchen öffentlichen Gut könnte man sich z.B. die "Aufrechterhaltung eines bestimmten Industriezweiges" vorstellen, der durch die ausländische Konkurrenz besonders bedroht wird. Dabei können auch strategische (autarkiebezogene) oder regionalpolitische Gründe eine Rolle spielen\3. Subventionen werden häufig mit dem Argument gefordert, daß das Ausland seine heimische Industrie unterstütze und man dadurch einer künstlich verzerrten Wettbewerbs situation ausgesetzt sei. Zur Kompensation dieser Nachteile seien staatliche Hilfeleistungen geboten. Auch wenn man Subventionen eigentlich ablehne, so müsse man doch auf den Einsatz von Subventionen zurückgreifen, um dem internationalen Wettbewerb standhalten zu können. Das angeblich ruinöse Konkurrenzverhalten des Auslandes dient jedoch "meist lediglich als Dramatisierung des allgemeinen Wettbewerbsprozesses"l4. "Übersehen" wird dabei die Gefahr eines wechselseitigen Hochschaukelns der Subventionsvolumina zwischen In- und Ausland. Ein großer Teil von Subventionsprogrammen ist vor allem verteilungspolitisch motiviert, d.h. die Ergebnisse der primären Einkommensverteilung durch den marktwirtschaftlichen Koordinationsprozeß werden abgelehnt. Durch die Gewährung verschiedenster Unterstützungen wird eine gleichmäßigere regionale oder sektorale Einkommens- und/oder Vennögensverteilung angestrebt. Das paretianische Wohlfahrtskriterium scheint für verteilungspolitische Kriterien nicht operational zu sein, da interpersonelle Nutzenvergleiche nicht möglich

" Z.B. Schiffbau in den Küstenregionen, Kohlebergbau im Ruhrgebiet, etc. " Vergl. Pelers. S. 63.

2*

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A. Problemstellung

sind lS • Nach welchen Gesichtspunkten die Umverteilung letztendlich erfolgt, ist abhängig vom politischen Entscheidungsprozeß. Stabilisierungspolitische Bemühungen zielen grundsätzlich auf die Realisierung eines hohen Beschäftigungsstandes, Preisstabilität, wirtschaftlichen Wachstums und einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz ab: Strukturelle Wandlungsprozesse, ausgelöst durch nationale und internationale Nachfrage- und/oder Angebotsstrukturveränderungen, weltweite rezessive Phasen, etc. stellen Industrien vor Anpassungsprobleme. Um einerseits soziale Härten und die Gefahr der Freisetzung von Arbeitskräften, die als Folgeerscheinungen regional oder sektoral auftreten können und die damit einhergehenden verteilungspolitischen Probleme, zu vermeiden, andererseits betroffenen Unternehmen oder Branchen die Umstellung auf veränderte Rahmenbedingungen zu erleichtern, erfolgt eine Subventionierung der betreffenden Krisenbranchen in Form von Erhaltungsoder Anpassungshilfen im Rahmen der regionalen und sektoralen StruktUIpolitik. So gesehen steht die Strukturpolitik im Dienste der Stabilisierungspolitik. Unter diese Argumentation fallen ebenso zukunfts- bzw. wachstumsorientierte GestaItungsziele, die der interventionistische Staat im Hinblick auf die Entwicklungen bestimmter Sektoren verfolge 6 • Innovationen z.B., die durch staatliche Unterstützungen initiiert werden, könnten positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte via Strukturwandel bewirken. An dieser Stelle sei auf die Diskussion der Strategischen Handels- und Industriepolitik hingewiesen, die die Förderung vermuteter Schlüsselindustrien zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit anstrebt17 • Heimischen Unternehmen werden z.B. Subventionen gewährt, um neuen Wirtschaftszweigen zu monopolistischen Positionen zu verhelfen ("rent creation") oder die bisherige Position ausländischer Unternehmen abzuschwächen bzw. Monopolgewinne umzulenken ("rent shifting"Y s. Die Realisierung nationaler (potentieller) Monopolrenten erfolgt dabei zu Lasten des Auslands I9 •20 • Schließlich besteht noch die Möglichkeit, mit Subventionen im Sinne der Förderung des Exports oder der Unterstützung der Importindustrie auf eventuelle Zahlungsbilanzungleichgewichte einzuwirken. Außenwirtschaftspolitisch motivierte Subventionen zielen jedoch eher auf den Ausgleich von

" VergI. hierzu auch Gröbner, S. 70 ff. 16 Vergl. auch Berthold, S. 37 ff. " Eine Volkswirtschaft kann im ganzen niemals wettbewerbsunfähig werden; vergl. hierzu Willgerodt, S. 62. 11 Vergl. Siebert, Strategische Handelspolitik, S. 553. I' Vergl. ebenda. " Modelle strategischer Handelspolitik wurden u.a. von Brander und Spencer und von Krugman entwickelt, auf deren Implikationen hier aber nur hingewiesen sei; vergl. BranderiSpencer, S. 83 ff. und Krugman, S. 180 ff.

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken

21

bestehenden Wettbewerbsnachteilen ab und sind stark binnenwirtschaftlich orientiere' . Zur Klasse der außerökonomischen Ziele zählen z.B. Autarkiebestrebungen, die zu Subventionsgewährungen führen. Die Grundversorgung der heimischen Bevölkerung mit Gütern, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren soll auf ein gewisses Mindestniveau gebracht werden, um bei politischen, militärischen oder anderweitig krisen bedingten Importstörungen eine eigenständige Produktion zu gewährleisten. Das impliziert die Subventionierung von Produkten, die unter normalen Umständen auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig wären 22 • Jedoch sind die weltweiten ökonomischen Interdependenzen zu vielschichtig, als daß das Ziel der Autarkie tatsächlich in vollem Umfang erreichbar wäre. Ebenso fallen militärpolitische Argumente in die Kategorie außerökonomische Begründungen: so dienen z.B. subventionierte Forschungs- und Entwicklungsarbeiten innerhalb der Rüstungsindustrie der allgemeinen Sicherheitspolitik eines Staates. Hinzu kommt, daß eventuell positive spill-over-Effekte auf die zivile Industrie zu erwarten sind (z.B. Luft- und Raumfahrt). Letztlich sei noch auf die Möglichkeit von Prestigeobjekten hingewiesen, die Gegenstand staatlicher Unterstützungsmaßnahmen sein können. Darunter sind z.B. der Bau und die Entwicklung von Hochgeschwindigkeitszügen, Unterstützungen im Kulturbereich etc. zu subsumieren 23 • Die hier vorgenommene Kategorisierung der Subventionsargumente zielt lediglich auf eine schwerpunktrnäßige Betrachtung ab: sicherlich zeigt die Realität zahlreiche Überschneidungen, aber auch Widersprüche der einzelnen Subventionsziele und -wirkungen, worauf im folgenden eingegangen wird.

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken Grundsätzlich muß ein wirtschafts- bzw. finanzpolitisches Instrument danach beurteilt werden, ob und in welchem Maße es der Erreichung politisch vorgegebener Ziele dienlich ise4 • Wie bei den bisherigen Ausführungen deutlich wurde, finden Subventionen Verwendung zur Realisierung unterschiedlichster Zielvorgaben. Im Folgenden sollen die prägnantesten der in der Literatur

VergL von Bargen, S. 114. VergL SchrruJI, S. 53. " VergL ebenda, S. 54 ff. l< Zur Diskussion der Ziel- und Systemkonformität von Subventionen vergL auch Berthold, S. 121 ff. und die dort angegebene Literatur. 21

22

22

A. Problemstellung

geäußerten Bedenken gegenüber staatlichen Unterstützungsmaßnahmen näher untersucht werden. Die Analyse orientiert sich an der Systematik des vorherigen Kapitels. 1. Allokation

In Teil A Kap. III. wurde "Marktversagen" als auslösendes Moment für die Vergabe von Subventionen aufgeführt .. Das erste Problem liegt bereits in der Erkennung und Korrektur von "Marktversagen ", das in der Realität in vielfältiger Form existent ist. Es ist zu bezweifeln, daß die Träger von Subventionsentscheidungen dieser Aufgabe gerecht werden können25 • Ebenso dürfte die exakte Quantifizierung und Qualifizierung von Subventionswirkungen und -nebenwirkungen, mithin der sachgerechte Einsatz von Subventionen, auf Schwierigkeiten stoßen. Wollte man sämtliche allokativen Mängel beseitigen, bedürfte es eines weit geflicherten Subventionskataloges. Subventionen, die "ein selektives und diskretionäres Instrument"U darstellen, bewirken aber selber allokative Verzerrungen auf Güter- und Faktormärkten: Dadurch, daß sie Güter verbilligen, ändern sich Angebots- und Nachfragestrukturen. DaTÜberhinaus besteht die Gefahr konterkarierender Wirkungen verschiedener Subventionsprogramme. Es kann zu inter- und intrasektoralen Kumulations- oder Kompensationseffekten kommen77 • Dies wird durch die z. T. unzureichende Koordination einzelner Subventionsmaßnahmen verschiedener Gebietsköq>erschaften nur noch erleichtert2ll • Die Realisierung des einen Ziels (z.B. Förderung von Schlüsselindustrien) könnte zu Lasten eines anderen (z.B. Erhaltung regionaler Wirtschaftsstrukturen) gehen. Allokationspolitisch motivierte Subventionen, die vielleicht tatsächlich Marktmängel beseitigen (helfen), können trotzdem die gesellschaftliche Wohlfahrt mindern; dann nämlich, wenn die dadurch ausgelösten Einkommensumverteilungen zu extrem ausfallen 29 • Sofern das Verteilungsziel, dem in der Subventionsvergabepraxis wohl ein entscheidendes Gewicht zukommt, im Vordergrund steht, ist jedoch mit zunehmender (allokativer) Ineffizienz zu rechnen.

,., Vergl. Gerken U.Q., S. 19. " Vergl. auch Moli/ar, S. 118. 77 Vergl. hierzu z.B. die Studie von Löbbe, S. 36 ff., die unter diesem Aspekt verschiedene Instrumente des staatlichen Interventionismus einander gegenüberstellt. " Vergl. S/eininger, S. 43. " Vergl. hierzu die Ausführungen ebenda, S. 38 ff.

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken

23

Bei einer Effizienzanalyse von Subventionen müßten neben direkten Kosten ebenso deren Opportunitätskosten berücksichtigt werden. Darunter sind in diesem Zusammenhang diejenigen zusätzlichen Erträge zu verstehen, die eine Volkswirtschaft realisiert hätte, wenn die Produktionsfaktoren in ihre bestmögliche Verwendung gelangt und nicht durch Subventionierung oder als deren Folgewirkung umgelenkt worden wären. Sofern die Gesamtkosten die Gesamterträge übersteigen, entstehen volkswirtschaftliche Schäden (theoretisch kann jegliche allokative Ineffizienz gerechtfertigt werden, sofern die Realisierung anderer Ziele wie z.B. Versorgungssicherheit der Gesellschaft einen höheren Nutzen stiftet). Die Quantifizierung der potentiellen Totalproduktivität einer Volkswirtschaft stößt auf einige Probleme und kann nur Anhaltspunkte schaffen. Die Effizienz von Subventionsmaßnahmen könnte Z.B. nach der Entwicklung der Total- und Arbeitsproduktivität eines Sektors im Verhältnis zur gesamten Volkswirtschaft beurteilt werden JO • Wie bereits angesprochen, stehen die Entscheidungsträger des Subventionsvergabeprozesses vor einem Informationsproblem. Dies erstreckt sich auch auf die Beurteilung der Zukunftsträchtigkeit bestimmter Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten. Man kann aber davon ausgehen, daß die Unternehmen, die mit den Marktverhältnissen besser vertraut sind, auch eher in der Lage sind, selber die beste Lösung im Suchprozeß zu finden. Bei eventuellen Fehleinschätzungen werden sie - und nur sie - vom Wettbewerb sanktioniert. Das Risiko potentieller Ausfälle tragen sie alleine und nicht die Gesamtheit der Steuerzahler". Zudem werden unter dem Einfluß von Subventionen vielleicht Investitionen getätigt, die jedem betriebswirtschaftlichen Kalkül widersprechen: Ein Unternehmen erachtet ein Projekt als zu risikoreich, um es selber zu finanzieren. Mit welcher Begründung sollte die Investition erfolgverspreche!,der sein, wenn sie eine staatliche Unterstützung erfährt? Bei entsprechenden Ertragsaussichten sollten sich auch private Finanziers finden lassen32• Wenn Produktionen erst aufgrund staatlicher Unterstützungen vorgenommen werden, gelangen die Ressourcen lediglich in ihre second-best-Verwendungen". Da der Staat bzw. Steuerzahler das Risiko übernimmt, werden auf diese Weise Verluste sozialisiert, Gewinne aber privatisiert. Dadurch schwinden Risiko- und Leistungsbereitschaft der Unternehmen 34 • Versuche der Kostensenkung, auf die sie sich im Wettbewerb einstellen müßten, werden unterbleibenJs • Hieraus erwächst die Gefahr einer

" Dieser Vergleich liefen z.B. für die Subventionen in der Schiffbauindustrie in den sechziger und siebziger Jahren ein negatives Uneil; vergI. GUlowski u.a., S. 40. 1I Vergl. auch LaIZ, S. 34. 12 Vergl. ebenda, S. 36. " Vergl. ebenda, S. 37. " Vergl. DickerlmannlDiller, S. 541. " Vergl. Gerken u.a., S. 22 f.

A. Problemstellung

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"Eigendynamik im Subventionsbedarf', die den "eigentlichen Kern des Subventionsproblems" darstellt". Ferner steigt der volkswirtschaftliche Schaden beim Versagen einzelner Projekte mit deren Umfang: Größer angelegte Investitionen werden vom Staat häufiger gefördert, schon allein deswegen, weil Großunternehmen im Subventionsvergabeprozeß über größere politische Druckmittel (Arbeitsplätze) verfügen. Die Belastungen erweisen sich als noch höher, wenn man zum einen Kosten und Opportunitätskosten während der Subventionslaufzeit in Rechnung stellt, zum anderen die Folgekosten: Da das Unternehmen längerfristig am Markt vorbeigewirtschaftet hat, bedarf es weiterer Mittel zur Umstellung seiner Produktion. Durch die Förderung gleicher Techniken oder Branchen werden Unternehmen - unter kurzfristigem Gewinnkalkül - die Gefahr der Bildung von Überkapazitäten in eben diesen Bereichen übersehen, die irgendwann wieder abgebaut werden müssen, oder aber weitere staatliche Unterstützungen oder Regulierungsmaßnahmen implizieren J7 • An der Finanzierung von Subventionen werden jedoch auch diejenigen Konkurrenzunternehmen, die kosten günstiger produzieren, beteiligt. Rentabel arbeitende Betriebe werden bestraft. Erfolgsmanagement lohnt sich folglich nicht. Dies führt zu der Frage der Subventionsgerechtigkeit. Es ist zu bedenken, daß Subventionen nur dann sinnvoll sind, sofern Steuererhöhungen, die der Subventionsfinanzierung dienen und von denen alle Unternehmen mehr oder weniger betroffen sind, hinter den effektiv zufließenden Subventionen im Einzelfall zurückbleiben. Dem müssen aber rein rechnerisch entsprechend viele Nettobelastungen gegenüberstehen. Unter Berücksichtigung von Verwaltungskosten der Subventionsvergabe, ist von einer allgemeinen Zusatzlast auszugehen 3". Darüberhinaus werden die Entwicklungsmöglichkeiten von U.U. wettbewerbsfähigeren Unternehmen dadurch eingeschränkt, als daß der Staat oder die Verwaltung z.B. bei der Produktion öffentlicher Güter schon ganz bestimmte förderungswürdige Unternehmen vor Augen hat, oder sei es allein schon durch die Festlegung bestimmter Auswahlkriterien. Zudem sind potentielle Mitnahmeeffekte durch Unternehmen, die der staatlichen Unterstützung eigentlich gar nicht bedürfen, zu erwarten: die Investitionen wären nämlich auch ohne Subventionen getätigt worden. Auch hierbei kommt eine mangelhaft ausgestaltete Subventionstechnik zum Tragen 39 • Das Investi-

" " " "

Vergl. Vergl. Vergl. Vergl.

Beslers, S. 56. auch ebenda, S. 61. Willgerodl, S. 65. Sleininger, S. 42.

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken

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tionsvolumen wird in diesem Fall nicht größer, sondern für die Unternehmen lediglich günstiger zu finanzieren sein40 • Subventionen, die bei Unternehmen tatsächlich zur Erzielung von Erträgen beigetragen haben, dienen als Basis für höhere Lohn- und Gehaltsforderungen. Durch das höhere Einkommensniveau werden aber Neuansiedlungen von effizienteren Konkurrenz- aber auch anderen Unternehmen erschwert". Dies und die sinkende Bereitschaft der Arbeitnehmer, sich um andere Arbeits- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu bemühen, behindern strukturelle Anpassungsprozesse. Ferner werden sich Arbeitnehmer innerhalb einer Branche wegen besserer Einkommenserzielungsmöglichkeiten um einen Arbeitsplatz beim subventionierten Unternehmen bemühen. Dadurch geraten die eigentlich produktiveren Konkurrenzbetriebe unter verstärkten Wettbewerbsdruck'l2. Allerdings ist es fraglich, ob subventionierte Unternehmen in dem Maße an neuen Mitarbeitern interessiert sind. Zumindest aber wird durch ein künstlich erhöhtes Einkommensniveau Humankapital in die falsche Verwendung gelenkt. Auch dadurch werden veraltete Strukturen erhalten. Da ein Großteil staatlicher Unterstützungsmaßnahmen gesetzlich oder aufgrund anderer Bestimmungen von vornherein schon festgeschrieben ist, werden tendenziell Steuererhöhungen die Folge sein, verbunden mit abnehmender Leistungsbereitschaft (bei Subventionierten und Belasteten) und nicht voll ausgelasteten Kapazitäten43 • Eine weitere Art der Ressourcenverschwendung ist in der Verwendung von Humankapital im Subventionsvergabeprozeß zu sehen: Hier ist zum einen an das Führungspotential der Unternehmen zu denken, das sich um Subventionen bemüht, zum anderen an alle Arbeitskräfte, die sich mit der Subventionsvergabe beschäftigen (Bürokraten, Politiker), ebenso an die Beschäftigten in denjenigen Institutionen, die sich wiederum um den Subventionsabbau bemühen44 • Schließlich soll das Argument der "internationalen WeUbewerbsfähigkeit", mit dem Subventionen häufig begründet werden, diskutiert werden4s • Es werden hier nur Subventionen für importkonkurrierende Industrien betrachtet, was im Hinblick auf die praktische Fallstudie bezüglich des Steinkohlebergbaus in Teil B dieser Arbeit sinnvoll ist'6.

" Vergl. Besters, S. 60. 41 Vergl. auch Gerken u.a., S. 63. " Vergl. Latz, S. 46. " Vergl. auch ebenda, S. 38 f. .. Vergl. auch Gröbner, S. 92 ff. " Die folgenden Aussagen beziehen sich auf die Untersuchung von Hiemenz/Weiss . .. Zu den Betrachtungen von Subventionierungen der Exportindustrien vergl. ebenda, S. 7 ff.

26

A. Problemstellung

Subventionen haben aUokative Auswirkungen sowohl auf nationale als auch auf internationale Wirtschaftsstrukturen. Hiemenz und Weiss gehen zunächst von der Annahme aus, daß sich die Angebotsänderungen einer begünstigten Branche auf den Auslandsmärkten nicht in Preisänderungen niederschlagen47 , d.h., wenn ihre Produktion im Vergleich zu den anderen Ländern relativ klein ist". Durch die Subventionierung importkonkurrierender Branchen wird eine nicht reale Wettbewerbs fähigkeit erzeugt, d.h. sie basiert nicht auf Produktivitäts- oder Qualitätsvorsprüngen49 • Importe werden durch heimische Produkte verdrängt. Dies ist aber mit einem größeren Ressourceneinsatz verbunden als er für die Exportproduktion notwendig wäre, für die eine Einheit zusätzlicher Importe getauscht werden könnte. Eine Währungsabwertung, um die Handelsbilanz ins Gleichgewicht zu bringen, erhöht aber das inländische Preisniveau bei gleichbleibenden ausländischen Preisen. Der Folgeeffekt ist, daß die zur Verfügung stehende Gütermenge und das Realeinkommen sinken. Eine andere Betrachtung ergibt sich, wenn angenommen wird, daß Subventionen das Preisniveau im Ausland beeinflussen und Retorsionsmaßnahmen provozieren. Sofern importkonkurrierende Produkte subventioniert werden, sinkt die Nachfrage nach ausländischen Gütern, was deren Preisverfall zur Folge hafO. Verbilligung und Verminderung der Importe bewirken eine Aufwertung der heimischen Währung mit den entsprechenden nachteiligen Auswirkungen für die Exportindustrien. Für das In- und Ausland ändern sich die terms of trade für beide Gütergruppen, d.h. die Importsubstitutionsgüter werden billiger, die Exportgüter hingegen teurer. Letztlich bestimmt der Spezialisierungsgrad der einzelnen Länder, wie sich die Verbesserungen der terms of trade auswirken". Die Angebotsreduktion von Exportgütern aufgrund der Subvention von Importsubstitutionsbereichen eröffnen der jeweiligen ausländischen Branche die Möglichkeit, Strukturwandel zu betreiben und komparative Kostenvorteile auszunutzen. Sofern das Inland seine importkonkurriende Industrien subventioniert, gehen in den entsprechenden Sektoren in den ausländischen Industrieländern Produktion und Beschäftigung zurück. Wenn die Löhne ausreichend flexibel sind, können die frei gewordenen Arbeitskräfte in den Exportindustrien eingesetzt werden. Die Forderung nach Gegensubventionen dürfte in diesem Zusammenhang also kaum standhalten.

'" Vergl. ebenda, S. 3 . .. Die Steinkohleförderung in den EU-Ländern ist im Weltvergleich tatsächlich sehr gering; vergJ. Teil B Kap. l. dieser Arbeit. .. Vergl. HiemenzlWeiss. S. 3. " Vergl. ebenda. S. 4. " Vergl. ebenda. S. 5.

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken

27

Wenn man Industrie- und Schwellenländer mit komplementären Wirtschaftsstrukturen einander gegenüberstellt, kommt man zu folgender BetrachtungS2 : Die Schwellenländer importieren die relativ teurer gewordenen Exportgüter des subventionierenden Landes und exportieren ihre relativ billig gewordenen Güter. Eine Reduktion der inländisch verfügbaren Gütermenge und Preissteigerungen sind die Folge. Im Prinzip mü~te eine Abwertung der Währung erfolgen, um die Handelsbilanz auszugleichen. Auch hier kommt es zu einem Zwang der Ressourcenreallokation s3 . Wenn die Schwellenländer die Exportgüterindustrien subventionierten, so hätte dies einen weiteren Preisverfall in den Abnehmerländern zur Folge. Wenn die Importgüterindustrie unterstützt würde, so nähme das Volumen des internationalen Warenaustausches weiter ab, ebenso wie das Realeinkommen. Wenn man diesen Gedanken fortführt, so könnte der internationale Handel irgendwann ganz zum Erliegen kommen S4 • Die Koordination des internationalen Subventionsabbaus ist also notwendig, auf jeden Fall aber ist es sinnvoll, einseitig Subventionen abzubauen, als selber "weiter an der Subventionsschraube zu drehen"ss. Schlie~lich sollen in diesem Zusammenhang die Beschäftigungseffekte von Subventionen betrachtet werden, die vor allem die Gewerkschaften bei ihren Subventionsforderungen in den Vordergrund rücken. Im Importsubstitutionsbereich werden bei einem nicht durch Subventionen abgefederten Anpassungsdruck Arbeitskräfte freigesetzt, die dann in der Exportindustrie nachgefragt werden, wenn sich die Effektivlöhne, sofern sie die Tariflöhne übersteigen, nach unten anpassen können, mithin sinkende Lohnkosten zu einem verstärkten Arbeitskräfteeinsatz in der kapitalintensiven Exportindustrie führen könnten s6 . Wenn hingegen die Effektivlöhne mit den Tariflöhnen quasi identisch sind, sind Lohnabschläge kaum möglich. Durch Subventionen glaubt man, die Freisetzung von Arbeitskräften in importkonkurrierenden Industrien verhindern zu können. Jedoch stößt der Staat im Zeitablauf an budgetäre Grenzen. Veraltete oder unrentable Produktionsstrukturen werden aufrechterhalten und Wachstumsmöglichkeiten in anderen Branchen durch eine Fehlalloziierung von Ressourcen vereitelt. Auf diese Aspekte wird unten näher eingegangen.

" Auch dies ist im Hinblick auf die praktische Fallstudie interessant. da die Steinkohleförderländer der Welt z.T. Industrie- und z.T. Schwellenländer sind. " Vergl. HiemenzlWeiss. S. 6. ,. Vergl. ebenda. S. 7. " Vergl. ebenda. S. 18. " Vergl. ebenda. S. 9.

28

A. Problemstellung

2. Distribution Wie im vorherigen Kapitel bereits angedeutet, lassen sich Subventionsmaßnahmen, die eventuelle allokative Ineffizienzen bedingen, verteilungspolitisch rechtfertigen, solange die Gesamtkosten, die der Gesellschaft dadurch entstehen, nicht den Gesamtnutzen derartiger Maßnahmen übersteigen. Insofern müssen und können Subventionen selbstverständlich respektiert werden, solange sie durch einen gesellschaftlichen Grundkonsens abgesichert sind. Trotzdem bleibt es schwierig, das Paretokriterium der Beurteilungsgrundlage verteilungspolitischer Maßnahmen zugänglich zu machen. Die verteilungspolitische Motivation könnte damit begründet werden, das Kollektivgut "soziale Gerechtigkeit" (z.B. über die Nivellierung relativer Einkommensunterschiede) oder "sozialer Frieden" (Nivellierung absoluter Einkommensunterschiede) bereitzustellen s7 • An dessen Finanzierung werden im Prinzip aber alle Gesellschaftsmitglieder in mehr oder weniger großem Umfang beteiligt. Daraus ergeben sich eine Reihe von diskussionswÜfdigen Einwänden: Sobald nur eine bestimmte Gruppe für förderungswürdig erklärt wirds8 , stellt sich die Frage, inwieweit die Begünstigungen tatsächlich auch (nur) diesem Personenkreis zugute kommt. Neben den Arbeitnehmern der subventionierten Unternehmen werden auch deren Lieferanten, die aufgrund besserer Ertragslagen höhere Preise durchsetzen können, von staatlichen Unterstüzungen profitieren. Zudem ergibt sich für die Kapitalgeber ein Vorteil durch eine höhere Kapitalrendite und einen gestiegenen Unternehmenswert. Subventionen erhöhen nicht nur in diesem Sinne die Dispositionskraft Privater, sondern haben ebenso einen indirekten Einfuß über Mengen- und Preiseffekte auf private Einnahmen und individuelles Ausgabeverhaiten S9 derjenigen, die auf den ersten Blick vom Subventionsvergabeprozeß völlig ausgeschlossen zu sein scheinen. Trotzdem müssen Subventionen nicht zwingend die Weitergabe von Kostenvorteilen an Arbeitnehmer, Verbraucher vor- oder nachgelagerte Unternehmen sicherstellen. Der Erfolg der einzelnen Interessengruppen wird letztlich von deren Verhandlungsstärke abhängen. Zumindest ist zu überlegen, ob nicht andere Instrumente

" Vergl. Hartig, S. 17 f. SI Die Förderung aller Gruppen könnte man in dem Sinne nicht mehr unter Subvention subsumieren, sondern bedeutete lediglich eine allgemeine Erleichterung (z.B. Steuersenkungen, Zuschüsse, o.ä.). " Vergl. auch Dickertmann u.a., S. 481.

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken

29

z.B. der Arbeitsmarkt- oder Sozialpolitik verteilungspolitischen Belangen auf eine effizientere und sozial verträglichere Weise dienen 60 • Ein diskriminierender Effekt tritt effektiv zum einen für diejenigen ein, die für die Steuerzahlungen aufkommen müssen, ohne in irgendeiner Form Nutznießer staatlicher Unterstützungsmaßnahmen zu sein, zum anderen für diejenigen, die aufgrund spezifischer Subventionsprogramme weniger oder gar keine Mittel (mehr) zur Verfügung gestellt bekommen61 • Darüber hinaus ist zu bedenken, daß in zu unterstützenden Branchen komplementären Bereichen die ökonomische Aktivität tendenziell zunehmen wird. Durch den Umstand, daß Subventionen falsche Preissignale setzen, gelangen Produktionsfaktoren (auch außerhalb der direkt unterstützten Branchen) nur in suboptimale Verwendungen, was wiederum allokative Ineffizienzen impliziert. In substitutiven Branchen hingegen wird die ökonomische Aktivität aufgrund relativ verschlechterter Wettbewerbsbedingungen eher schrumpfen. Hier tritt also ein weiterer Diskriminierungseffekt zu Tage62 • Es entstehen soziale Konfliktgefahren durch die Förderung spezieller Branchen oder auch Regionen, denen durch die differenzierte Handhabung staatlicher Vergünstigungen ganz unterschiedliche Wertschöpfungsspielräume eingeräumt werden. Im vorherigen Kapitel wurde ausgeführt, daß Subventionen den Strukturwandel behindern, d.h. die Verwendung von Ressourcen in besseren Produktionsmöglichkeiten. Daraus leitet sich ein weiterer Tatbestand der Diskriminierung ab, denn zumindest einige Wirtschaftssubjekte können nicht ihren eigentlichen Fähigkeiten und Neigungen entsprechend eingesetzt bzw. (entsprechend hoch) entlohnt werden, da der Strukturwandel gebremst oder gänzlich verhindert wird, der sich bei freiem Wettbewerb ergeben und entsprechende Entwicklungs- und Verdienstmöglichkeiten für sie mit sich gebracht hätte. Schließlich muß die ungenügende Zielgenauigkeit von Subventionsmaßnahmen einkalkuliert werden, allein schon aufgrund zu unabgestimmter Subventionstechniken und mangelnder Regelgebundenheit: es besteht die Gefahr von "WiUkürlichkeiten" im Subventionsvergabeprozeß, die man streng genommen bereits in der Wahl der Vergabekriterien sehen könnte. Darüber hinaus ist die Güte der Subventionspublizität bezüglich Erstellung und Realisierung neuer Programme ebenfalls fragwürdig 6J • Der Nettoeffekt im Hinblick auf verteilungspolitische Vorgaben von Subventionen ist durch die Unübersichtlichkeit und Vielzahl von Programmen nur

" Vergl. hierzu z.B. Steininger, S. 220 ff. ., Vergl. Latz, S. 57 f. 62 Vergl. Dickertmann u.a., S. 482 f. " Vergl. Andel, Subventionen, S. 503.

30

A. Problemstellung

schwer bestimmbar. Die eigentlich als förderungswürdig anerkannten Gruppen werden z.B. im Zuge einer allgemeinen Steuererhebung selber an der Finanzierung ihrer eigenen Unterstützungen und an der anderer beteiligt. Wenn dies aber für die meisten Gruppen zutrifft (und davon ist in der Realität wohl auszugehen), wird die Effizienz von Unterstützungsmaßnahmen zur Zielerreichung ein weiteres Mal in Frage gestellt. Einen positiven Nettoeffekt erzielen nur diejenigen, deren zusätzliche Steuerlast hinter den positiven Subventionseffekten zurückbleibt. Inwiefern können verteilungspolitisch motivierte Subventionsmaßnahmen aber auf die Dauer beibehalten werden? Angesichts der zunehmend angespannten Haushaltslagen in den westlichen Industriestaaten wird der Bevölkerung diese Problematik recht drastisch vor Augen geführt. Trotz prinzipieller "Einsicht" einiger Gruppen, die am Verteilungskampf maßgeblich beteiligt sind, stoßen die verschiedensten Subventionsabbau- und sonstige Einsparprogramme auf vehementen Widerstand. So erklärte Gahlen 1980 im Rahmen einer Diskussion über Industrie- bzw. Anpassungspolitik: "Weil bei Strukturwandel der Wohlstands gewinn der Mehrh~it (zumindest kurzfristig) pro Kopf geringer ist als der Wohlstandsverlust der betroffenen Minderheit, kommt es zum Widerstand gegen den Strukturwandel"". Eine Fügung in die mittlerweile zunehmend stärker beschnittenen Möglichkeiten aufgrund der haushaltspolitischen Belastungsgrenzen scheint unausweichlich zu sein. 3. Stabilisierung

Inwiefern können nun Subventionen einen stabilisierungspolitischen Beitrag leisten? Durch die Zahlung von Erhaltungs- und Anpassungssubventionen könnte dem Ziel der Vollbeschäftigung Rechnung getragen werden. Da sie aber eher in schrumpfende als in wachsende Branchen fließen, ist allerdings mehr mit einer Arbeitsplatzsicherung als mit NeueinsteIlungen zu rechnen6~. Jedoch muß berücksichtigt werden, daß der notwendige Strukturwandel, wie oben bereits ausgeführt, ausbleibt, d.h. längerfristig müssen Arbeitsplätze in denjenigen Branchen, die trotz Subventionen nicht das Weltmarktniveau erreichen oder halten können, abgebaut werden. Durch die Belastung, die auch rentabler arbeitende Betriebe erfassen, können sich diese nicht gemäß ihrem Entwicklungspotential voll entfalten. Dies impliziert aber, daß u.U. zukunftsträchtige Beschäftigungsmöglichkeiten unausgeschöpft bleiben. Diese Argumentation trifft ebenso für diejenigen Branchen zu, die sich aufgrund einer verzerrten Allokation über-

.. Zitiert nach Schmidl, S. 71. " Vergl. von Bargen. S. 182.

IV. Einwände gegen Subventionspraktiken

31

haupt nicht erst bilden. So gesehen erscheint es fraglich, ob Subventionen mittel- bis langfristig tatsächlich mehr Arbeitsplätze sichern können, als dies im Zustand ohne Subventionen der Fall wäre. Darüber hinaus dürfen wechselkursinduzierte Beschäftigungseffekte, die erst durch Subventionierung ausgelöst werden, nicht vernachlässigt werden: z.B. werden durch Unterstützung der Importindustrie dort zunächst Arbeitsplätze gesichert. Durch die Aufwertungseffekte wird dies jedoch nur kurzfristige Erfolge haben, d.h. auf die Dauer wird der Importdruck so groß, daß entweder weiterhin subventioniert werden muß, oder aber die Unterstützungen abgebrochen werden müssen, was spätestens dann zum Arbeitsplatzabbau führen muß, sofern die frei gewordenen Arbeitskräfte nicht anderweitig absorbiert werden können. Abgesehen davon wird die Exportindustrie durch den Aufwertungsdruck der inländischen Währung stark belastet, d.h. auch hier sind Arbeitsplätze gefährdet. Schließlich braucht Strukturwandel, der für wirtschaftliches Wachstum notwendig ist, seine Zeit. Eine natürliche Fluktuation von Arbeitskräften muß also beibehalten und darf nicht durch Subventionierung ineffizienterer Produktionen verhindert werden". Preisstabilisierung wird z.B. durch das europäische Subventionssystem im Agrarsektor erreicht. Die Realisierung dieses Ziels geht jedoch auf Kosten anderer Vorgaben: Allein das Subventionsvolumen, durch das der Steuerzahler belastet wird, läßt Fragen nach der verteilungspolitischen Gerechtigkeit laut werden. Aufgrund des Folgewirkungskataloges scheint der Einsatz von Subventionen dieses Ausmaßes nicht mehr gerechtfertigt zu sein. Wachstumswirkungen sind unmittelbar mit Allokationseffekten verknüpft. Wachstumspolitische Zielsetzungen könnten durch die Förderung von Innovationen erreicht werden"'. Jedoch ist zu bedenken, daß Wachstum in den Zukunftsindustrien auch ohne Subventionen stattfinden würde, da die entsprechenden Branchen ohnehin auf Expansion ausgerichtet sind". Zudem sei nochmals darauf hingewiesen, daß der Staat tatsächliche Wachstumsbranchen nur schwerlich erkennen kann. Selbst wenn bestimmte Branchen gefördert werden, so müßten sich die jeweiligen Unternehmen trotzdem nach einer gewissen Frist selber tragen können. Die dafür notwendige Motivation dürfte aber aufgrund der zunehmenden "Subventionsmentalität", und des damit einhergehenden sinkenden Wettbewerbsdrucks und nachlassender Innovationsbereitschaft immer geringer werden. Da der Steuerungsmechanismus des Wettbewerbs außer Kraft gesetzt wird, steigt der Anteil von Industrien mit unterdurchschnittlicher Pro-

.. Vergl. Soltwedel u.a., S. 113. In Vergl. Dickerrmann u.a., S. 482 . .. Vergl. von Bargen, S. 170 ff.

32

A. Problemstellung

duktivität. Dadurch wird der Strukturwandel nur künstlich aufgeschoben und endet letztlich in einem um so größeren Strukturbruch. Weiterhin sinkt das Pro-Kopf-Einkommen durch die beschriebenen Fehlallokationen. Veraltete Strukturen werden durch Subventionen aufrechterhalten, wodurch das Wirtschaftswachstum verzögert bzw. verringert wird. Die sich daraus ergebende Belastung - die Anpassung an das Weltniveau und die Entwicklung effizienterer Produktionsmöglichkeiten gestalten sich zunehmend schwieriger - wird der nachfolgenden Generation auferlegt. Andere (produktivere) Branchen entwickeln sich eben wegen des ungünstigen Klimas (Steueroder Zinslast, die sich durch die Aufbringung der Subventionsmittel ergeben) erst gar nicht oder nur sehr zögerlich. In subventionierten Bereichen wird eher im Rahmen alter Produktionsmöglichkeiten gewirtschaftet als auf einem höheren Niveau·9 • 4. Außerökonomische Einwände

Zur These der Versorgungssicherheit läßt sich anführen, daß aufgrund der relativen Rohstoffknappheit eines jeden Landes eine völlige Autarkie gegenüber dem Ausland nie zu erreichen sein wird. Es erscheint sinnvoller, die Bezugsquellen von Vor- und Fertigprodukten zu diversifizieren, oder aber auf eine eventuelle (zumindest partielle) Lagerhaltung für Krisenzeiten auszuweichen. Außerdem: Wie kann der Staat entscheiden, welche Industrien unentbehrlich sind bzw. unterstützt werden müssen? Durch die vielschichtigen Interdependenzen der einzelnen Branchen käme es ohnehin im Fall eines Versorgungsausfalls bei der einen zu Produktionsschwierigkeiten in der anderen 70 • Unter Berücksichtigung aller Opportunitätskosten scheint es immer noch billiger zu sein, eigene Subventionen abzubauen und in Krisenzeiten die gewünschten Produkte im Ausland zu kaufen, auch wenn sie zum entsprechenden Zeitpunkt eventuell überteuert sein sollten. Die übrigen außerökonomischen Subventionsbegründungen (z.B. Prestigeobjekte, militärische Sicherheitsaspekte, etc.) sind einer ökonomischen Betrachtungsweise leider nur sehr schwer zugänglich7l •

.. Vergl. Soltwedel u.a., S. 113 ff. " Vergl. Schmal, S. 53 f. 71 Vergl. von Bargen, S. 180.

v.

v.

Fazit

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Fazit

Eine endgültige Bewertung des Einsatzes von Subventionen ist grundsätzlich nicht möglich, da der Fall "was wäre gewesen, wenn" hypothetischer Natur bleiben muß. Trotzdem läßt sich folgendes festhalten: Subventionen haben grundsätzlich dann ihre Berechtigung, solange sie auf einem gesellschaftlichen Konsens beruhen. D.h., daß jegliche Ineffizienzen allokativer oder anderer Art in Kauf genommen werden können, solange der steuerzahlende Bürger damit einverstanden ist. Es ist allerdings zu bezweifeln, daß er sich des Ausmaßes der Negativeffekte in umfassender Weise bewußt ist. Hierauf wird in Teil C dieser Arbeit näher einzugehen sein. Die Begründungen der Subventionsvergabe können einer rein ökonomischen Betrachtung kaum standhalten: Zu groß und unübersichtlich sind die Folgewirkungen. Die Kritik zielt vornehmlich darauf ab, daß der Staat vor einem zu gewaltigen Informationsproblem steht, als daß er dem ökonomisch sinnvollsten Zustand auch nur annähernd gerecht werden könnte. Subventionen bewirken selber allokative Ineffizienzen, verhindern den Beschäftigungsrückgang nur kurz- bis mittelfristig, wirken vielfach diskriminierend und verzögern den Strukturwandel, zulasten des Wirtschaftswachstums. Diese Überlegungen scheinen in der Literatur weitestgehend anerkannt zu sein. Es stellt sich die Frage, warum dem in der politischen Praxis nicht Folge geleistet wird. Beispielhaft wird in der folgenden praktischen Fallstudie die Subventionspolitik für die Steinkohlebergbauindustrie in den EU-Ländern dargestellt.

3 Bingel

B. Fallstudie: Die Subventionspolitik für die Steinkohlebergbauindustrie in den Mitgliedsländern der EU Ausgangspunkt für die folgende Analyse ist die Betrachtung des Steinkohleweltmarktes und die Einordnung der Steinkohleförderung in den Mitgliedsländern der EU, die u.a. von den Faktoren wie z.B. der Struktur des europäischen Energieverbrauchs und den geologischen bzw. technischen Restriktionen abhängig ist. Daran anschließend wird ein BegTÜndungskatalog für die Subventionierung des europäischen Steinkohlebergbaus erörtert, der primär auf energie-, arbeits- und regionalpolitische Argumente zurückgreift. Die institutionellen Rahmenbedingungen schließlich bilden den Hintergrund für die kritische Diskussion der konkreten Subventionspolitiken und zwar auf EU-Ebene ebenso wie auf der nationalen Ebene.

J. Der Steinkohleweltmarkt Zunächst soll der Weltmarkt für Steinkohle dargestellt werden. Nacheinander werden Angebot und Nachfrage und die jeweiligen entscheidenden Einflußfaktoren aufgezeigt. Die geringen Weltmarkt- bzw. Importkohlepreise und deren voraussichtliche zukünftige Entwicklung werden gegen die durchschnittlichen Preise der europäischen Steinkohle abgegrenzt. Daraus und in Abhängigkeit von diversen wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen, die in Teil B Kap. 11. bearbeitet werden, ergibt sich der Handlungsbedarf i.S. subventionspolitischer Maßnahmen. Grob zu unterscheiden sind Kokskohle für die Stahlerzeugung und Kesselkohle für Kraftwerke und industrielle Großfeuerungsanlagen (speziell bei der Zementherstellung). Dadurch daß die Kohle vielfältige "anwendungsrelevante Produkteigenschaften" aufweist, kann man i.d.S. nicht von einem homogenen Weltmarkt sprechen. Die Teilmärkte der unterschiedlichen qualitativen Kohlearten unterliegen dementsprechend den Schwankungen der anwendungsbezogenen Industrien'. Die Anwendungsmöglichkeiten der Steinkohle werden grundsätzlich (auch im Vergleich zu anderen Energieträgern) durch folgende Eigenschaften bestimmt:

1

VergJ. Kretschmer, S. 486 f.

1. Der Steinkohleweltmarkt

35

Der feste Aggregatzustand der Steinkohle erschwert ihre Gewinnung, den Transport und die energetische Umwandlung. Der hohe Kohlenstoffgehalt im Vergleich zu anderen Energieträgern ist von erheblicher Relevanz bei der umweltpolitischen Diskussion des Abbaus von CO 2-Emissionen. Ein weiteres Argument in der umweltpolitischen Auseinandersetzung ist der hohe Anteil an schwer abtrennbaren Fremdstoffen (wie z.B. Schwefel) mit den entsprechenden ökologischen Folgewirkungen2• Die Handhabungsmöglichkeiten von Steinkohle sind mit Ausnahme ihrer traditionellen Anwendungsbereiche (Strom- und WäTmeerzeugung, Grundstoff- und Stahlindustrie) als schwieriger einzustufen, als die von flüssigen und gasförmigen Energieträgern. Auch die Gewinnung von flüssigen und gasförmigen Energieträgern selbst aus kostengünstiger Kohle dürfte so schnell wirtschaftlich nicht möglich werden 3• Die Kohlereserven werden von verschiedenen Institutionen in unterschiedlicher Weise berechnet; diese kommen dementsprechend in Abhängigkeit von individuellen Basisannahmen und Berechnungsmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen'. Prinzipiell zu unterscheiden sind vorhandene Steinkohlereserven und wirtschaftlich abbaubare Steinkohlereserven. Mit dem Fortschritt der technischen Entwicklung müssen die wirtschaftlich abbaubaren Reserven im Zeitablauf anders eingeschätzt werdens. Heute ergibt sich für die Weltvorräte der Steinkohle folgendes Bild: Den größten Anteil von den Vorräten haben Nordamerika mit 26,8% (210,4 Mrd. t SKE) und die ehemalige UDSSR mit 21,1 % (165,9 Mrd. t SKE) aufzuweisen, gefolgt von der Volksrepublik China mit 12,0% (94,6 Mrd. t SKE) und Australien 8% (63,0 Mrd. t SKE). Die Vorräte in Westeuropa machen nur einen relativ geringen Anteil von 6,3% (49,9 Mrd. t SKE) aus 6• Im Vergleich dazu verteilen sich die Vorräte anderer Energieträger weltweit wie folgt auf: Die Erdölvorräte beispielsweise lagern vor allem im Nahen Osten (128,9 Mrd. t SKE) gefolgt von Mittel- und Südamerika (25,5 Mrd. t SKE). Die Erdgasvorräte sind vornehmlich im Nahen Osten (53,8 Mrd. t SKE) und in der ehemaligen UDSSR (66,3 Mrd. t SKEY zu finden.

, Vergl. ebenda, S. 486. , Vergl. Horn, S. 59 . • Vergl. ebenda, S. 55 ff.; bei den dort angegebenen Studien schwanken die berechneten Werte für die Stein- und Braunkohlevorräte zusammen immerhin zwischen 896 Mrd. TOE und 550 Mrd. TOE. , Allerdings muß die Qualität der Kohlevorräte (Dicke, Verlauf der flöze) bei fortschreitender Automatisierung steigen; vergl. ebenda, S. 58. • Vergl. Anhang 1. , Vergl. Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus.

3*

36

B. Fallstudie zur Subventionspolitik

Ein Vergleich der Weltvorräte an den Energieträgern Kohle, Erdöl und Erdgas zeigt, daß die Kohlevorräte mit 786,4 Mrd. t SKE (68%) um ein Vielfaches höher sind als die Erdölvorräte mit 195,5 Mrd. t SKE (17%) und Erdgasvorräte mit 170,3 Mrd. t SKE (14,8%)8. Die gesamte Weltsteinkohleförderung macht 1993 3,5 Mrd. t aus, wobei der Welthandel mit 11 % oder 0,37 Mrd. t recht gering ausfällt9 • Die größten Exporteure sind dabei Australien mit 133 Mio t und Nordamerika mit 95 Mio t, gefolgt von Südafrika mit 53 Mio t lO • Die größten Importregionen sind der Pazifische Raum mit 200 Mio t (den Schwerpunkt bildet Japan) und die EU mit 114 Mio t". Schließlich muß die Entwicklung der Preise für Importkohle aufgezeigt werden, aus der sich die Preisdifferenz zur Kohle der Mitgliedsländer der EU bzw. der Handlungsbedarf für die Subventionierung in der EU ableiten läßt. Beispielhaft sei hier die Kraftwerkskohle aufgeführt: Importierte Kraftwerkskohle war zwischen 1974 und 1990 generell billiger als stark schwefelhaltige Heizöle. Durch Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen und verbesserte Abbautechnologien sind ihre Preise ständig real zurückgegangen". Wegen geologischer Gegebenheiten (tiefliegende Zechen, schmale Flözen) in der EG sind die Investitionskosten für den Abbau von Kohle wesentlich höher als auf anderen Märkten. So sind die Investitionskosten in Asfordby in Großbritannien dreimal höher als auf dem Weltmarkt. Die Kostennachteile können dadurch ausgeglichen werden, daß die Kohleförderung nahe an den Verbrauchsindustrien bzw. in dem Fall an den Kraftwerken liegt, mithin durch eine günstige Lage der Reserven und eine gute Infrastruktur. Ein Preisvergleich verschiedener Energieträger zeigt folgende Datenentwicklung: Die Preise für z.B. inländische deutsche Industriekohle sind von 195 DM/t SKE im Jahr 1980 auf 289 DM/t SKE im Jahr 1993 gestiegen. Im Vergleich dazu ist im selben Zeitraum der Preis von importiertem Rohöl von 313 DM/t SKE auf 145 DM/t SKE, von importiertem Erdgas von 181 DM/t SKE auf 129 DM/t SKE und von Kraftwerkskohle aus Drittländern von 110 DM/t SKE auf 72 DM/t SKE gesunken (alle drei Energieträger hatten ein relativ hohes Preisniveau bzw. einen Preisanstieg zu Beginn der 80iger Jahre aufzuweisen)\3,14 .

• Verg!. ebenda. , Verg!. ebenda, S. 7. I' Verg!. Statistik der Kohlenwirtschaft e.V., S. 88. 11 Verg!. ebenda. 12 Verg!. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft. Binnenmarkt, S. 20 f. 13 Verg!. Anhang 2.

I. Der Steinkohleweltmarkt

37

Die Steinkohleförderung in der EU zeigt folgende Entwicklung: Insgesamt wurden in der EU im Jahre 1989 noch 208,771 Mio t gefördert im Jahre 1993 nur noch 158,552 Mio t. Die beiden größten Förderländer waren die Bundesrepublik, die ihre Förderung im gleichen Zeitraum von 77,451 Mio tauf 64,174 Mio t reduzierte und Großbritannien diese von 98,286 Mio auf 67,511 Mio t reduzierte. Belgien und Irland, die 1989 noch förderten, haben 1992 die Produktion eingestellt. Frankreich und Spanien haben ebenfalls ihre Steinkohleförderung reduziert l5 • Der Rückgang der Förderung ging mit einem entsprechenden Abbau von Arbeitsplätzen einher". Der Binnenhandel in der EU verringerte sich in diesem Zeitraum von 9 Mio tauf 3 Mio t17 • Das Angebot von Steinkohle ist von folgenden Faktoren abhängig: Angesprochen wurde schon der technische Standard, der es überhaupt erst möglich macht, Kohlevorkommnisse wirtschaftlich abzubauen und selber bestimmten Entwicklungsschüben ausgesetzt ist. Relevant ist auch die geographische Lage der Vorkommen. Sie ist bezüglich der Nähe zu den Absatzmärkten wichtig, letztlich sind eine gute Infrastruktur, Hafennähe und ausreichende Hafenkapazitäten für den wirtschaftlichen Export entscheidende Faktoren. Ein weiterer wichtiger Bestimmungsfaktor für das Steinkohleangebot ist das Angebot an anderen Energieträgern und deren relative Preisentwicklungen wie oben bereits beschrieben wurde. Während der beiden Ölkrisen in den siebziger Jahren und während des Golfkrieges 1990/91 konnte die Steinkohle z.B. durchaus an Attraktivität gewinnen. Das Angebot wird darüberhinaus auch von einer Reihe politischer Rahmenbedingungen beeinflußt. Die Kohlenexporte eines Landes sind u.a. davon abhängig, wie es selber den Einsatz von Kohle im Rahmen seines Energiekonzeptes behandelt oder aber - wie früher in Südafrika- von staatlichen Reglementierungen, die z.B. den Export von Steinkohle sehr stark einschränken, die aber von einem internationalen Wirtschaftsboykott begleitet waren 1S • Kolumbien und Venezuela beispielsweise verfügen zwar durchaus über Steinkohlevorkommnisse, jedoch ist die notwendige Infrastruktur schlecht ausgebaut bzw. wäre nur sehr kapitalintensiv zu installieren. Politische Instabilitäten schrecken in- und ausländische Investoren ab". Ähnliche Argumente lassen sich für das Gebiet

" Der Preis von Importkohle entwickelt sich auch in Abhängigkeit vom Dollarkurs und von Seefrachtraten. die derzeit günstige Tendenzen aufzeigen. " Vergl. Anhang 3. " EU-weit wurden die Arbeitsplätze für Beschäftigte unter Tage in dem selben Zeitraum von 345000 auf 121400 im Jahr 1993 reduziert; vergl. Statistik der Kohlenwirtschaft e.V., S. 75. 17 Vergl. ebenda, S. 88. " Vergl. Kretschmer, S. 490. 19 Vergl. ebenda, S. 493.

B. Fallstudie zur Subventionspolitik

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der ehemaligen Sowjetunion anführen, wo enorme Kohlereserven vorhanden sind. Nur ein geringer Teil der Vorräte ist unter wirtschaftlichen Vorgaben für den Export erschließbar, wobei politische Unwägbarkeiten diese Probleme zusätzlich erschweren. Umweltpolitische Argumente und ihre Durchsetzung beeinflussen ebenfalls in einem nicht unerheblichen Maße das Angebot an Steinkohle. Ab 1995 tritt z.B. in den USA der "Clean Air Act" in Kraft, woraufhin die USA verstärkt ihre eigene schwefelarme Kesselkohle einsetzen werden. D.h. die Exportneigung in bezug auf diese spezielle Kohle wird tendenziell vermutlich abnehmen, wobei aber nicht mit einer weltweiten Krise auf diesem speziellen Markt gerechnet werden muß20. Der Weltkohlehandel ist durch eine polypolistische Marktstruktur (i.Ggs. zur oligopolistischen Struktur des Erdöl- und Erdgasmarktes) geprägt, was mit einer gewissen Versorgungsflexibilität einhergeht. Die Preise von Importkohle konnten über die Jahre - wie oben angesprochen- günstiger bleiben als die von Erdöl. Folgende Einflüsse auf die künftige Preisentwicklung im internationalen Steinkohlehandel müssen berücksichtigt werden 21 : Eine intensive Konkurrenz beschert einen verstärkten Druck zur Produktivitätssteigerung. Die tägliche Ausbringung pro Arbeiter steigt international. Im überseeischen Bergbau wird dieser Trend anhalten, da hier verstärkt modeme Anlagen eingesetzt werden. Drittländer werden beim weltweiten Steinkohleangebot zusätzlich an Bedeutung gewinnen. Die europäische Steinkohle gerät auf diese Weise verstärkt unter Preisdruck. Künftige Preissteigerungen könnte es geben, weil notwendige Investitionen bislang unterlassen wurden bzw. in einigen Förderländern auch gar nicht nötig waren aufgrund bisher günstiger Förderbedingungen. Für die Nachfrage nach Steinkohle ergeben sich folgende Aspekte: Zu unterscheiden sind, wie eingangs erwähnt, die Nachfrage nach Kesselkohle (für Kraftwerke, industrielle Großfeuerungsanlagen und hier vor allem die Betonindustrie) und nach Kokskohle (für die Stahlerzeugung). In Abhängigkeit von deren wirtschaftlichen Entwicklung und Rahmenbedingungen inklusive deren Mantelindustrien fällt dann auch die Nachfrage aus. In der EG ist die Strombranche der wichtigste Abnehmer von Kohle. Die gesamte Stromerzeugung stammt zu 38% aus Kohle22 • Der Stromverbrauch wird aber voraussichtlich in

" Vergl. ebenda, S. 492. Vergl. Winke/mann. S. 155 f. 22 Vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Binnenmarkt, 21

S. 11.

II. Begründung für die Subventionierung

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diesem Jahrzehnt stärker wachsen als der Kohleverbrauch, weil z.B. verstärkt andere Energien eingesetzt werden23 • In der EU ging der Anteil des Energieträgers Steinkohle am Primärenergieverbrauch von 17,8% (1989) auf 14,4% (1993) zurück. Im Vergleich dazu blieb der Anteil von z.B. Mineralöl in diesem Zeitraum etwa konstant bei 44% und der Erdgasanteil konnte von 18,3% auf 20,5% steigen. Der Importanteil von Energieträgern insgesamt blieb bei 48,9% (1989) und 48,6% (1993) fast konstant, 1992 betrug er knapp über 50%". Die unterschiedliche Struktur des Primärenergieverbrauches in den EG-Mitgliedsländern hängt von deren Ressourcen, (umwelt-)politischen Vorstellungen und ähnlichem mehr ab2!l. Man geht davon aus, daß die Steinkohleförderung in der EG von 184 Mio t 1992 auf 115 Mio t im Jahre 2000 zurückgehen wird, der Verbrauch hingegen im selben Zeitraum von 314 auf 368 Mio t steigen wird, d.h., daß ca. 69 % des Verbrauchs durch Importe abgedeckt werden müßten im Vergleich zu 45 % im Jahr 1992"'. Die Kohlenachfrage sowie ihre Subventionierung in den Mitgliedsländern der EU wird neben wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen stark von energie-, umwelt-, regional-, sektor- und arbeitsmarktpolitischen Bestimmungen beeinflußt, die im folgenden erörtert werden.

ll. Begründung für die Subventionierung des europäischen Steinkohle bergbaus Wie gezeigt wurde, besteht eine erhebliche Preisdifferenz zwischen den einzelnen Energieträgern und insbesondere zwischen Importkohle und Kohle, die in den Mitgliedsländern der EU gefördert wird. An diesem Punkt stellt sich die Frage, warum in der EU überhaupt noch Steinkohle gefördert und aus welchen Erwägungen heraus subventioniert wird. Die entscheidende Begründung liefern die Konzeptionen der jeweiligen nationalen und der europäischen Energiepolitik. Regional-, sektoral- und arbeitsmarktpolitische Überlegungen ergeben sich entweder automatisch aus der angestrebten Energiepolitik, oder werden von vornherein als solche bedacht und mit energiepolitischen Gründen gefestigt.

" Vergl. ebenda, S. 12. " Vergl. Anhang 4. II Vergl. hierzu näher bei Klodt u.a., S. 137 ff. ,. Vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Panorama, S. 1-14.

40

B. Fallstudie zur Subventionspolitik

Die Energiepolitik der EU stellt den Ausgangspunkt der Betrachtungen zur Subventionspolitik für den Steinkohlebergbau in der EU dar. Dafür ist es notwendig, einige grundsätzliche Überlegungen als Erklärungshintergrund zu beschreiben, bevor auf den speziellen Sektor Steinkohlebergbau näher eingegangen wird. Energiepolitische Ziele, die eine sichere und kostengünstige Energieversorgung der Wirtschaft implizieren, können als Mittel zur Erreichung gesamtwirtschaftlicher und -politischer Ziele betrachtet werden Z7 • Dies gilt für einzelne Volkswirtschaften, die in Abhängigkeit von Energieressourcen, ordnungspolitischen Gegebenheiten und anderen Faktoren unterschiedliche Vorstellungen haben, ebenso wie für die EU, die ebenfalls einen energiepolitischen Rahmen durch ihre Statuten abgrenzt. Den vertragsmäßigen Ursprung hat die Energiepolitik der EU im EGKSV und im EuratomV. Soweit Wettbewerbsbestimmungen, Handelshemmnisse und staatliche Beihilfen betroffen sind, ist hier auch der EWGVaufzuführen 28 • Der Montanvertrag war die Basis für die Zugriffsrechte der Mitgliedsländer auf den zu seiner Entstehungszeit in den fünfziger Jahren entscheidenden Energieträger Steinkohle. Im Laufe der sechziger Jahre wurde die Steinkohle vom billegeren und leichter zu handhabenden Öl verdrängt (die Versorgungssicherheit stand zunächst nicht so sehr im Vordergrund). Die beiden Ölkrisen in den siebziger Jahren zwangen jedoch zu einer engeren internationalen Abstimmung der Energiepolitik. Es folgte die Gründung der IEA (Internationale Energieagentur), die sich die Planung einer störungsfreien Mineralölversorgung zum Ziel gesetzt hat, sowie der Ansatz einer gemeinschaftlichen Energiepolitik in der EG. Die Strategie um faßte die Erarbeitung gemeinsam abgestimmter energiepolitischer Ziele für ca. 10 Jahre, finanzielle Unterstützung für einzelne Bereiche mit Darlehen und Subventionen und die Ausarbeitung gemeinsamer Standpunkte zu besonderen energiepolitischen Fragestellungen. Die letzte Zielbestimmung durch den Europäischen Rat erfolgte 1986 (Horizont bis 1995). Die wesentlichen Punkte betreffen den innergemeinschaftlichen Energiemarkt, die Versorgungssicherheit, die Energiepreisgestaltung, Energieund Umweltfragen, regionale Komponenten und die Technologieförderung als intersektoralen Zielkatalog. Bei den sektoralen Aspekten, die nur Richtwerte (ohne Sanktionsmechanismen) angeben, geht es um die Verbesserung der Energieausnutzung, die Substitution von Mineralöl durch andere Energieträger, ange-

v Vergl. zum folgenden auch Hillebrand u.a., S. 25 ff. ,.. Seit Inkrafttreten der Maastrichter Verträge 1992 spricht man von dem EGV, die Artikel des EWGV wurden mit einigen Abwandlungen weitestgehend übernommen; vergl. auch Weindl, S. 12; im folgenden wird die jeweilige Bezeichnung in Abhängigkeit von der Zitat grundlage verwendet.

II. Begründung für die Subventionierung

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botsseitig um die Diversifizierung der Bezugsquellen, die Verstärkung des Nuklearprogramms, und - für den Gang der folgenden Untersuchung entscheidend - die Umstrukturierung des Kohlebergbaus. Diese Kataloge wurden in verschiedenen Schriften der EG aufgenommen 29 • Neu ist vor allem die wettbewerbliche Ausrichtung der EG bei der (internationalen) Energieversorgung, z.B. durch den Abbau von Marktzutrittsbarrieren. Es bestehen aber potentielle Zielkonflikte, so kann das Ziel der Versorgungssicherheit mit dem der Umweltverträglichkeit kollidieren gerade im Falle von heimischen Energieträgern, die relativ hohe Kohlendioxydemissionen verursachen, wie z.B. die SteinkohleJO • Das Ziel der Versorgungssicherheit steht im Mittelpunkt der Energiepolitik der einzelnen Mitgliedsländer und auch der EG. Es ist gleichzeitig das Argument schlechthin in der Diskussion um die Begründung der Subventionierung des Steinkohlebergbaus. Grundsätzlich besteht ein Konsens zwischen den Mitgliedsländern über die gemeinsame Energiepolitik, die nationale Umsetzung aber ist unterschiedlich (möglich), da die jeweiligen nationalen Ausgangslagen divergieren und die Energiewirtschaft sowie die vor- und nachgelagerten Sektoren der einzelnen Mitgliedsländer unterschiedlich stark im Umfang und Volumen von potentiellen energiepolitischen Maßnahmen betroffen wären. Diesbezügliche Einflußfaktoren sind - je nach Ausrichtung - die Verfügbarkeit eigener Ressourcen, der Abhängigkeitsgrad von Energieträgerimporten, die regionale Struktur der Einfuhr, die Kosten alternativer Energiesicherungsstrategien und ähnliches mehr'. Im Rahmen der EG sollen die Effizienz der Steinkohleförderung erhöht und die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Wie im vorherigen Kapitel dargelegt wurde, ist das Steinkohleangebot aus Drittländern sehr groß, dementsprechend auch der Preisdruck auf die Kohle in den Mitgliedsländern der EG. Das Europäische Parlament und sein Ausschuß für Energie, Forschung und Technologie haben sich für eine auf heimischen Energieträgern basierende Energieversorgung stark gemacht und "insbesondere eine Förderung der Kohle zur Sicherung der Energieversorgung der Gemeinschaft gefordert"32. Die Kommission setzt sich dafür ein, andere Subventionsregelungen als bisher vorzunehmen, um Diskriminierungen durch Beihilfen zu vermindern. Die Beihilfen

" In das Weißbuch von 1985. in die Verabschiedung der Einheitlichen Akte und schließlich in das Kommissionsprogramm zur Realisierung eines Binnenmarktes für Energie; vergl. Hil/ebrand

u.a., S. 27.

" Vergl. ebenda, S. 28. " Vergl. ebenda, S. 42. 12 Vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Binnenmarkt,

S.3.

42

B. Fallstudie zur Subventionspolitik

sollen abgebaut werden im Zusammenhang mit Umstrukturierungs-, Modernisierungs- und Rationalisierungsplänen. Dabei sind soziale und regionale Folgen zu berücksichtigen (daraus ergab sich beispielsweise das Gemeinschaftsprogramm RECHAR zur Umstellung der Kohlereviere von 1990 bis 1993)33. Folgende Risiken in bezug auf die Ausrichtung auf Importkohle werden als Begründung für eine Subventionierung der heimischen Steinkohle hervorgebrachf6: Politische Entwicklungen könnten kurzfristige Marktschwankungen auslösen. Falls die Erdölmärkte ins Schwanken gerieten, würden die Kohleexportländer ihre eigene Energieversorgung auf Kohle umstellen und dementsprechend weniger exportieren. Zudem könnte es zu kriegerischen Auseinandersetzungen auf den Weltmeeren kommen, die den Handel blockieren könnten. Derzeit werde ein Raubbau im Steinkohlebergbau betrieben aufgrund geringerer Energiepreise, und zwar unter den Grenzkosten. Investitionen werden derzeit nicht getätigt, müßten aber irgend wann nachgeholt werden und implizierten Preissteigerungen. Regional- und arbeitsmarktpolitische Argumente stützten zusätzlich das versorgungspolitische3~. Das versorgungs- bzw. sicherheitspolitische Argument taucht in einer Vielzahl von Begründungsvarianten auf. So wurde bei der Preisgestaltung der Steinkohle in der Gemeinschaft nach Ansicht von British Coal die Wettbewerbspolitik in den Vordergrund gerückf6. British Coal fordert "langfristige Verträge für Gemeinschaftskohle zu den richtigen Bedingungen", ein "Referenzpreisband'037, die Förderung von langfristigen Verträgen für Gemeinschaftskohle mit Stromversorgungsunternehmen zu Preisen, die an die Untergrenze der Referenzpreismarge gekoppelt sind. Durch langfristige Verträge käme es zu Preisstabilität und Versorgungssicherheit und zur Vermeidung von Zechenstillegungen, die bei Bedarf (etwa einem Versorgungsnotstand) nur sehr schwer wieder rückgängig zu machen wären. Die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (lGBE) argumentiert, daß die alten Industrieländer die Entwicklungsmöglichkeiten von Entwicklungsländern nicht beschränken und deren Kohle nicht verbrauchen solle3•. Und weiter: "Solange es keine echte gemein-

33 Vergl. ebenda, S. 9 f. " Vergi. Jakob, S. 285. " Vergi. ebenda, S. 286. " Vergl. zum folgenden Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Binnenmarkt, S. 17 ff. n Mit einer Untergrenze (strategischer Marktwert; langfristig haltbarer Preis für Weltkraftwerkskohle und zusätzliche Marktprämie) und einer Obergrenze (Maximum an Kosten, die wegen Versorgungssichemeit und anderer Ziele in Kauf genommen würden). " Vergi. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Binnenmarkt,

S.27.

II. Begründung für die Subventionierung

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schaftliehe Energiepolitik gibt, gilt das Primat der nationalen Energiepolitik"J9. Die EG-Kommission hat keine energiepolitischen Kompetenzen, sondern bedient sich bei Versuchen der Einflußnahme des Beihilfe- und Wettbewerbsrechts. Es ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen der Verbesserung der WeUbewerbsfähigkeit der europäischen Kohle und der Versorgungssicherheit. Wenn aus umweltpolitischen Gründen der Abbau von Kohle reduziert werden solle (Bergschäden, Halden), so müsse man bedenken, daß damit Probleme in das Ausland verlagert würden, sofern eine Kompensation über Importkohle erfolge, da in anderen Bergbauländern bei weitem nicht so hohe Umweltschutzbedingungen bestünden. Darüberhinaus gäbe es auch bei der Gewinnung anderer Energieträger Umweltprobleme. Die regionalpolitische Bedeutung einer Kohlevorrangpolitik ist nicht von der Hand zu weisen angesichts der Konzentration von Steinkohlevorkommnissen auf einige wenige Gebiete. "Kohlepolitik wird damit auch zur Regionalpolitik beziehungsweise regionalen Strukturpolitik,,40, vor allem, wenn es vor Ort kaum industrie wirtschaftliche Alternativen gibt. In Bezug auf die Subventionen, die die EU dem Steinkohlebergbausektor (direkt oder indirekt) zukommen läßt, ist vor allem auf deren regionalen und arbeitsmarktpolitischen Charakter hinzuweisen. Man müßte den Nettoeffekt der Subventionierung berechnen können, indem man die Kosten einer Subventionierung mit den Kosten der Arbeitslosigkeit sowie den Steuerausfällen bei geringerer Förderung vergleicht". Solche Vergleiche sind jedoch aufgrund kurzfristiger und statischer Betrachtungen schwierig; so können sich z.B. intersektorale Verflechtungsstrukturen im Zeitablauf ändern. Darüberhinaus muß mit Vergangenheitswerten gearbeitet werden. Auf die Dauer können sich die Kosten der Kohleschutzpolitik ändern, wenn sich die Voraussetzungen ändern wie z.B. die Weltmarktpreise, Wechselkursschwankungen u.ä.42 • Folgekosten, z.B. erhöhte Stromkosten, müssen auch in die Betrachtung einbezogen werden. Sie können für nachgelagerte Industrien anfallen und negative Beschäftigungseffekte oder Wettbewerbsnachteile gegenüber der ausländischen Konkurrenz auslösen. Außerdem kann durch Subventionsmaßnahmen die Entwicklung von potentiellen Alternativindustrien behindert werden (die Aufhaldung von Gestein, die bei der Kohleförderung anfällt, blok-

" Vergl. zum folgenden ebenda, S. 30 ff. " Vergl. Klemmer, S. 183 . .. Vergl. zum folgenden eben da. S. 183 ff. " Die Importpreise könnten z.B. weiter absacken, wodurch das Finanzierungsvolumen des Staates bei bestimmten Garantieverpflichtungen gegenüber den Abnehmerindustrien steigt.

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

kiert z.B anderweitig nutzbare Gewerbeflächen)43. Weiterhin kann die Nettozahlerposition des Steinkohlebergbaus, die sich aus einem Steuereinnahmevorteil des Staates ergibt, kritisiert werden, weil so theoretisch jede sektorale Subventionspolitik begründet werden könnte. Langfristig käme es aber auf diese Weise zu einer Verkrustung alter Strukturen. Letztlich kann man wenn überhaupt nur sicherheitspolitische Argumente ins Feld führen. Die konkreten subventionspolitischen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedsländer und der EU werden in Teil B Kap. IV. ausgeführt. Da eine Abkehr von der Subventionierung der Steinkohle mit regionalen und sozialen Konflikten verbunden ist, hat die EG im sozialpolitischen Bereich die Bestimmungen des Montanvertrages zur Unterstützung des Sektors Steinkohlebergbau genutzt. Auch über den Regionalfonds bestehen gewisse Möglichkeiten, sofern es sich um Maßnahmen handelt, die von Gemeinschaftsinteresse sind44 • Zunächst müssen aber im Hinblick auf den sich daraus ergebenden politökonomischen Kontext auf internationaler Ebene die Entscheidungsträger der unterschiedlichen Subventionspolitiken klassifiziert werden.

III. Die institutionellen Rahmenbedingungen der EU im Hinblick auf ihre subventionspolitische Bedeutung Die drei Gemeinschaften EGKS (gegründet 1951), EWG (gegründet 1957) und EURATOM (gegründet 1957) sind rechtlich selbständige Gemeinschaften und bilden zusammen die EG bzw. seit Inkrafttreten der Verträge von Maastricht 1991 die EU4'. Aus dem Blickwinkel der subventionspolitischen Problematik kommen folgende vertragsmäßige Organe zum tragen: Die Kommission, der Ministerrat, der Europäische Rat, das Europäische Parlament, der Europäische Gerichtshof sowie einige Zusatzorgane. Das Europäische Parlament und der Europäische Gerichtshof waren von Beginn an für alle drei europäischen Gemeinschaften zuständig. Der Ministerrat und die Kommission wurden 1967 für die einzelnen Gemeinschaften durch den Fusionsvertrag zusammengelegt. Der Europäische Rat wurde erst 1974 gegründet und 1986 vertraglich aufgenommen.

" Die Kosten der Kohlevorrangpolitik sind noch höher, wenn man ihre Opportunitätskosten berücksichtigt. Bestimmte Zahlungen an andere Sektoren oder für den Aufbau einer notwendigen Infrastruktur in Gebieten wie z.B. Ost-Deutschland bleiben aus und verzögern einen Anpassungsproze[3, werden mithin also ineffizient eingesetzt; vergl. auch Fa/t/hauser, S. 186 . .. Vergl. Mosar, S. 40. •, Der EGKSV läuft im Jahre 2002 aus. Seine Aufgaben müssen dann von anderen Institutionen erledigt werden, was auf gewisse Abstimmungsprobleme stößt; vergl. hierzu Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Zukunft des EGKS-Vertrages.

1II. Die institutionellen Rahmenbedingungen

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Durch die Darstellung der verschiedenen Institutionen kommt die Bedeutung der einzelnen Gruppen von Entscheidungsträgem, die in Teil C der Arbeit genauer behandelt werden, und deren Einflußnahmemöglichkeiten auf den Prozeß der Subventionspolitik zum Ausdruck. Neben diesen Organen müssen auch die Institutionen i.S.v. rechtlichen Regelungen, die die europäische Subventionspolitik betreffen, betrachtet werden46.". Dies wird als Basis allem weiteren vorangestellt". 1. Die Vertrags basis

Für die Steinkohlebergbauindustrie ist grundsätzlich das Vertrags werk der EGKS relevant9 • Zunächst soll der EGKSV kurz in die anderen Gemeinschaftsverträge eingeordnet werden. Der EWGV, der EGKSV und der EAGV sind drei selbständige, nebeneinander tretende Verträge. Nach Art. 232 EWGV darf dieser nicht die Bestimmungen der anderen Verträge beeinträchtigen hinsichtlich bestimmter Komponenten. Es gibt aber enge organisatorische Beziehungen durch den bereits erwähnten Fusionsvertrag, Z.B. durch die einheitlichen Organe. In Abhängigkeit davon, auf welche Politikbereiche sich deren Tätigkeit bezieht, ist einer der drei Verträge anzuwenden. Die Fusionsverträge regeln teilweise die Zusammensetzung der Organe. Die Organe handeln je nach Tätigkeitsbereich als Organe der EGKS, der EURATOM und der EWG. Der EWGV hat einen weiten Einfluß und bezieht sich in der Regel auch auf die Materien der anderen Gemeinschaften. Nur wenn der EGKSV und der EURATOMV bestimmte Gebiete abschließend regeln, tritt der EWGV zurück"'. Bei den einzelnen Verträgen kann auch auf eine Auslegung anderer Verträge zurückgegangen werden, sofern bestimmte Aspekte dort besser geregelt sind. Jedoch sind Analogieschlüsse sehr vorsichtig zu behandeln, dann nämlich, wenn die in Frage kommenden Verträge nicht von identischen Normen ausgehen~l. Dies sei hier aber nur grundsätzlich .. Vergl. auch die Definition von "Institution" in Teil C Kap. 1.2. dieser Arbeit. Zu verschiedenen Denkschulen, die die institutionelle Struktur der EG betreffen vergl. auch Ebers, S. 357 f . .. Es sei darauf hingewiesen, daß gesetzliche Regelungen einem gewissen Wandel unterliegen, der den Aktualitätsgrad der Ausführungen beeinträchtigen ka/Ul. Allein durch den Beitritt zur EU von Finnland, Schweden und Österreich ergeben sieb Änderungen z.B. in der Zusammensetzung von Gremien, bei den Abstimmungsmodi etc.; für die genaueren Einzelheiten sei hier auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen . •, Die anderen Verträge wie z.B. der EGV sind insoweit relevant, als daß hier beispielsweise die Vorschriften zur Wettbewerbspolitik bzw. Beihilfenaufsicht geregelt sind. Auf diese Punkte wird in Teil B Kap. IV. näher eingegangen. " Vergl. Bleckmann, S. 13 und auch die dort angegebenen Beispiele. '1 Vergl. ebenda, S. 14. 47

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

vorweg erwähnt, da die noch darzustellenden Subventionspolitiken von unterschiedlichen Vertragsregelungen betroffen sind. Die Subventionspolitik innerhalb der EU kann entweder über nationale Regelungen erfolgen, die von der Kommission kontrolliert werden, oder aber über Regelungen auf der Gemeinschaftsebene, d.h. die EU betreibt selber eine aktive Subventionspolitik. Staatliche Beihilfen im Rahmen der Steinkohlebergbauindustrie sind nach Art. 4 EGKSV grundsätzlich verboten. Jedoch gibt es im EGKSV eine Reihe von Ausnahmen, die über das ganze Vertrags werk verstreut sind und Beihilfen der EG oder der Mitgliedstaaten an Kohleunternehmen gestatten, wenn die Kommission die Gewährung überwacht'l. Dementsprechend besteht also kein absolutes Beihilfenverbot nach dem EGKSV. Manchmal sind gesonderte Genehmigungen seitens der EG notwendigS3 • Hier ergeben sich dann auch Schwierigkeiten wie z.B. bei der Vereinbarkeit des sog. Jahrhundertvertrages der deutschen Kohlewirtschaft mit dem Art. 4 des EGKSVSoI • Nach Art. 3 lit. f EWGV verpflichten sich die Mitgliedstaaten ein System aufzubauen, "das den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützt". Trotzdem sind auch nach dem EWGV Beihilfen erlaubt, die einer Aufsicht seitens der Kommission unterliegen. Die Wettbewerbspolitik ist in den Art. 84-94 kodifiziert, die Beihilferegelungen in den Art. 92 fes, ebenso wie einige Ausnahmeregelungen. Nach Art. 92 Abs. 1 EWGV Z.B. sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. In Abs.2 und 3 werden diejenigen Beihilfen aufgeführt, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind oder aber als vereinbar angesehen werden können S6 • Der Begriff Beihilfe ist im EWGV nicht definiert. Er umfaßt nicht nur positive finanzielle Zuwendungen, sondern auch Zuwendungen anderer Art und Maßnahmen zur Minderung der Belastungen von Unternehmens,. Nach Art. 93 Abs. 3 EWGV muß die Kommission zumindest von geplanten Beihilfen unterrichtet werden, die sie

" Vergl. ebenda, S. 607. " Vergl. ebenda, S. 811. " Der "Kohlepfennig" ist im Dezember 1994 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. " Vergl. Klodt u.a., S. 76. " Genauer bei Bleckmann, S. 600. " Vergl. ebenda, S. 601.

III. Die institutionellen Rahmenbedingungen

47

im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu überprüfen hat". Die regionalpolitische Komponente der europäischen Subventionspolitik findet ihren Niederschlag in Art. 130 EWGV. Auch die diesbezüglichen Beihilferegelungen werden in Art. 92 und 93 EWGV behandelt. Beispielhaft soUen hier Subventionen für den deutschen Steinkohlebergbau zur Verstromung betrachtet werden. Nach Gemeinschaftsrecht steht "nicht die Rechtsform der Subventionierung im Vordergrund, sondern deren Höhe und Auswirkungen auf gemeinsame Märkte und Handel zwischen den Mitgliedstaaten"~'. Subventionsempfänger kann sowohl die deutsche Energiewirtschaft als auch der deutsche Bergbau sein, wobei davon auszugehen ist, daß der Begünstigte letztlich der Bergbau ist. Subventionen, die dem Bergbau zufließen, werden primär nach dem EGKSV beurteilt, diejenigen an die Energiewirtschaft aUein nach dem EWGV. So kann die Bundesregierung versuchen, gewährte Subventionen dem Energiesektor als zentralem Träger der Daseinsvorsorge zuzuschreiben, auf den der EWGV anzuwenden wäre und die positiven Auswirkungen auf den Steinkohlebergbau als "Reflex" der Energiesicherungspolitik darzustellen. Dies hat den Vorteil, bestimmte Regelungen des Kartell- und Beihilfeverbotes umgehen zu können. Für die direkte Subentionierung des Steinkohlebergbaus gilt der EGKSV, der eigentlich - wie beschrieben - ein Subventionsverbot nach Art. 4 EGKSV vorsieht. Die Kohlesubventionswirkung wird aber seitens der EU-Kommission nach dem EGKSV beurteilt60 • Auch wenn die Steinkohlesubventionen nach dem EWGV zu beurteilen wären, so müßten die Regelungen des EGKSV berücksichtigt werden. Der EWGV hat zwar eine subsidiäre Geltung gegenüber dem EGKSV, jedoch müssen seine Normen nicht grundsätzlich zusätzlich angewendet werden, d.h. der Art. 92 Abs. 2, 3 EWGV ist gegenüber dem strikten Verbot aller Beihilfen nach Art. 4 EGKSV nicht als vorrangig einzustufen. "Entscheidend kommt es also darauf an, wie die Beihilfenregelungen des EGKSV beschaffen und ob sie für Kohle als abschließende anzusehen sind, welche dann einer Ergänzung durch subsidiäres EWG-Recht nicht zugänglich erscheinen". 2. Kommission

Die Kommission ist bei der EGKS nach Art. 14 EGKSV zentrales Entscheidungsorgan, bei den anderen Gemeinschaften ein Zentralorgan, jedoch ohne Entscheidungsbefugnisse61 •

" VergJ. ebenda, S. 603. " VergJ. zum folgenden Leisrwr, Verstromung, S. 377 . .. Vergl. zum folgenden ebenda, S. 382. 61 VergJ. zumfolgenden auch Weindl, S. 33 f.

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

Sie bestand bislang aus 17 nicht weisungsgebundenen Mitgliedern, die von den Regierungen im Einvernehmen für 4 Jahre ernannt werden (die einzelnen Länder entsenden unterschiedlich viele Kommissare). Die seit 1995 neu beigetretenen Länder Österreich, Finnland und Schweden entsenden je ein Mitglied. Die nationalen Regierungen ernennen den Präsidenten und die sechs Vize-Präsidenten. Die Kommissare verfügen insgesamt über einen Apparat von 22 Generaldirektionen mit ca. 12000 Beamten. Jedes Kommissionsmitglied hat ein oder mehrere Ressorts unter sich (wie Ministerien) und eine Gruppe von Beamten als "Hilfsgremium" bzw. sog. Kabinett. Zusätzlich gibt es 1000 ständige oder nichtständige Ausschüsse, die insbesondere beratende Funktionen haben und sich in Abhängigkeit vom Sachgebiet aus europäischen und nationalen Beamten, privaten Sachverständigen und Interessengruppenvertretern zusammensetzen können'2. Die Kommission stellt die Exekutivgewalt der Gemeinschaft dar mit dem Initiativrecht, dem Rat Vorschläge und Entwürfe über Gemeinsschaftsregelungen vorzulegen. Sie besitzt das Vorschlagsmonopol'3. Ferner ist sie im Rahmen ihrer Kontrollaufgaben für die Überwachung der Einhaltung des primären und sekundären Gemeinschaftsrechtes verantwortlich und in Teilbereichen für die Ausführungen von Bestimmungen der EG-Verträge. So hat sie dann auch die unmittelbare Aufsichtsbefugnis bezüglich der Beihilfengewährung der Mitgliedstaaten, auf die im nächsten Kapitel eingegangen wird". Ihre Exekutivaufgabe liegt in der Verwaltung der EG-Haushalte und der verschiedenen ihr angegliederten Fonds. Nach dem Vorschlagsverfahren des EGV kann der Rat ohne den Vorschlag der Kommission keine Rechtsakte erlassen; er hat aber die Möglichkeit, die Kommission dazu verbindlich aufzufordern". 3. Rat

Zu unterscheiden sind der Ministerrat und der Europäische Rat. Der Ministerrat stellt nach Art. 145, 148, 149 EWGV (unverändert übernommen im EGV) das zentrale Entscheidungs- und Rechtsetzungsorgan der EG dar. Innerhalb der Montanunion entscheidet allerdings die Kommission, der Rat fungiert hier nur als Zustimmungsorgan bei wichtigen Entscheidungen". Seine Mitglieder - von jedem Mitgliedsstaat eines - sind gleichzeitig Regierungsmit-

" " ... " ..

Vergl. Vergl. Vergl. VergI. Vergl.

Ebers. S. 359. ebenda . auch Weindl. S. 35. auch ebenda. S. 36. auch ebenda. S. 28.

III. Die institutionellen Rahmenbedingungen

49

glieder (Minister, Staatssekretäre) auf nationaler Ebene und auch auf EG-Ebene6'. Unterstützung erfährt der Ministerrat vom Ausschuß der Ständigen Vertreter, der sich aus Beamten der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Der Ministerrat koordiniert die nationalen Wirtschaftspolitiken und ist Vermittler bei Streitigkeiten zwischen der EG und den Mitgliedstaaten. Darüberhinaus entscheidet er über die Kontrolle der Kommission und nötigenfalls deren Enthebung. Er ist verantwortlich (mit dem Parlament) für den Haushaltsplan. Die nationalen Exekutiven werden zur Legislativen auf der europäischen Ebene. Dies erweist sich als problematisch, da das Gemeinschaftsrecht Vorrang vor nationalem Recht bzw. der nationalen Legislative hat68 • Das Prinzip der Gewaltenteilung wird somit aufgeweicht. In Abhängigkeit von den Vorschriften der EG-Verträge sind für bestimmte Entscheidungen die einfache, qualifizierte oder einstimmige Entscheidung notwendig' 9 • Der sog. Luxemburger Komprorniß ermöglicht es den einzelnen Mitgliedsländern bei sehr wichtigen Fragen, Einstimmigkeit zu verlangen. Faktisch werden viele Fragen einstimmig gelöst. Durch die Erweiterung der EU um die drei neuen Mitgliedsländer am 1.1.1995 wächst die Gesamtzahl der Stimmen von 76 auf 87, von denen in Zukunft 26 Stimmen für eine Sperrminorität und 62 Stimmen für eine qualifizierte Mehrheit notwendig sein werden. Neben der Legislativbefugnis können die Minister folgende Kompetenzen geltend machen: Die Ernennung der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses, des Rechnungshofes und die Festsetzung von Gehältern und Vergütungen. Soweit sie im Gremium, d.h. als Vertreter der Regierungen tagen, schließt sich die Kompetenz zur Ernennung der Kommissionsmitglieder und der EuGH-Richter an'o. Diskussionen im Ministerrat finden unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Die nationalen Parlamente haben keine Mitsprache- oder Entscheidungsmöglichkeiten. Informations- und Kontrollkosten steigen für den Wähler sehr stark, so daß potentielle Sanktionsmöglichkeiten schwinden. Es besteht natürlich die Möglichkeit, über die (parteiliche) Zusammensetzung des nationalen Parlamentes zu entscheiden. Jedoch stellt die Regierung( -skoalition) wiederum die

" Vergl. zum folgenden auch Wille, S. 253 ff. .. Vergi. auch die Ausführungen bei Weindl, S. 84 ff . .. Durch die Einheitliche Europäische Akte 1986 wurde vielfach das Einstimmigkeitsprinzip durch das Prinzip der qualifizierten Mehrheit ersetzt. Die Mehrzahl der Entscheidungen wird mit qualifizierter Mehrheit erfa~t inklusive einer Gewichtung der Stimmen; vergl. Witte. S. 256 f. 70 Vergl. ebenda, S. 256.

4 Bingel

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

Minister bzw. die zuständigen Ressortvertreter, die dann auf der europäischen Ebene agieren. Es kann auf folgenden Wegen zu Kompetenzverlagerungen von der nationalen auf die europäische Ebene kommen'): Sofern die Regierungsvertreter in einer Regierungskonferenz zusammentreten, können sie Änderungen der Gemeinschaftsverträge beSChließen, die national ratifiziert werden müssen (in der BRD reicht eine einfache Mehrheit im Bundestag). "Geeignete Vorschriften" können auch ohne formelle Vertragsänderungen erlassen werden, sofern bestimmte gemeinsame Ziele erreicht werden sollen. Auch in der konkurrierenden Gesetzgebung kann der Rat alleine über Kompetenzverlagerungen entscheiden. Dadurch sinken die Restriktionen für nationale Regierungen, die sich national im Parlament u.U. ergeben hätten. Der Wettbewerb zwischen den Regierungen nimmt ab, Abwanderung und Widerspruch verteuern sich. Im Rahmen des Europäischen Rates treffen sich die Regierungschefs der Mitgliedstaaten und der Kommissionspräsident zu zwei bis drei Tagungen im Jahr. Es liegt allerdings keine vertragliche Festlegung bezüglich seiner Aufgaben vor. Ihm zur Seite steht der Ausschuß der Ständigen Vertretern. 4. Europaparlament

Seit 1979 wählt die Bevölkerung die Abgeordneten des Europaparlamentes direkt für 5 Jahre7l • Insgesamt wird es durch 626 Abgeordnete vertreten, das sind 59 Abgeordnete mehr als vor der Erweiterung am 1.1.1995. Seit den Maastrichter Verträgen von 1991 sind die Befugnisse des Europaparlamentes ausgeweitet worden": In diversen Gebieten besteht ein Recht zur Anhörung, was sich teilweise auch auf staatliche Beihilfen (nach Art. 94 EGV) und die Wettbewerbspolitik erstreckt. In der Realität gibt die Kommission ihre Vorschläge meist gleichzeitig an Rat und Parlament, das Parlament kann dem Rat nur seine Empfehlung aussprechen. Es besteht eine gewisse Kontrollbefugnis gegenüber der Kommission, die sich in dem Recht auf Anfragen und Publikationspflicht beantworteter Fragen und die Erörterung des Gesamtberichtes über die Tätigkeit der drei Gemeinschaften zeigt". Ferner werden in Zusammenarbeit mit dem Europäischem Rechnungshof die Ausführungen des Haushaltsplanes der Gemeinschaften kontrolliert und die Kommission entlastet. Es besteht die Möglichkeit, die Kommission durch ein Mißtrauensvotum zum

" Vergl. ebenda, S. 258 f. Vergl. auch Weindl, S. 31. " Die einzelnen Mitgliedsländer haben W1terschiedliche Wahlsysteme. 7. Vergl. auch Weindl, S. 40 f. " Der Bericht wird von der Kommission jährlich vorgelegt. 12

III. Die institutionellen Rahmenbedingungen

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Rücktritt zu zwingen und ein Zustimmungsrecht bei der Benennung der Kommissionsmitglieder. Ferner besteht eine Kontrollbefugnis gegenüber dem Rat'\ d.h. der Rat hat (seit Maastricht) die Pflicht, das Parlament u.a. über Maßnahmen und Ergebnisse der Wirtschaftspolitik zu unterrichten. Im Europaparlament wird auch über den Beitritt und die Assoziierung neuer Staaten entschieden. Seit 1975 beschließt es zusammen mit dem Ministerrat den EG-Haushalt. Entscheidungsbefugnisse hat das Parlament im gesondert geregelten Haushaltsverfahren, wo es über nichtobligatorische Ausgaben mitentscheiden darf, die aber nicht mehr als 15% des Haushalts ausmachen". Das Parlament wird an der Rechtsetzung beteiligt in Form des Anhörungsverfahrens, des Kooperationsverfahrens und des Mitentscheidungsverfahrens7l • Das Parlament muß Z.B. bei Entscheidungen im Bereich des Struktur- und Kohäsionsfonds zustimmen. Das Europaparlament kann auf bestimmten Gebieten Gesetzesvorschläge endgültig ablehnen. Es hat kein Mitspracherecht bei der Einsetzung des gesetzgebenden Organs und kann kein Recht setzen, was im eklatanten Widerspruch zum Prinzip der parlamentarischen Demokratie steht. S. Europäischer Gerichtshof

Die nationalen Regierungen bestimmten bislang 13 Richter für 6 Jahre einvernehmlich". Entscheidungen fallen im Plenum oder in den sechs Kammern. Der EuGH ist das judikative Element in der Gemeinschaft". Er ist zuständig bei Klagen aufgrund von Verstößen eines Mitgliedstaates gegen Vertragsverpflichtungen und kann deswegen von der Kommission angerufen werden'!. Umgekehrt kann auch ein Mitgliedstaat bei Differenzen mit den EG-Organen den Gerichtshof anrufen, ebenso wie bei unrechtmäßigem Handeln des Rates und der Kommission bei der Verletzung wesentlicher Formvorschriften des EGV oder von Normen oder des Mißbrauches des eigenen Ermessens. Gegen Empfehlungen und Stellungnahmen kann allerdings nicht vorgegangen werden. Darüber hinaus kann geklagt werden bei vertragswidrigem Untätigsein von Organen der EG, d.h. wenn sie es z.B. vertragswidrig unterlassen, einen Be-

" Vergl. auch Weindl, S. 42. ." Vergl. auch zum folgenden Wirre, S. 259 f. 11 Vergl. auch Weindl, S. 43. " Vergl. auch ebenda, S. 45 f . .. Vergl. zum folgenden auch ebenda, S. 46 ff. 11 Auch das Europaparlament ist seit "Maastricht" klageberechtigl.

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

schluß zu fassen. Die Rechtsauslegung erfolgt dabei nach Gemeinschaftsrecht, wodurch sich für den EuGH hier gewisse Spielräume eröffnen82 • Der EuGH ist im Prinzip der "Integrationsfaktor erster Ordnung"l3. 6. Sonstige Organe 1) Wirtschafts- und Sozialausschuß Für EG und EAG besteht ein gemeinsamer WSA, der aber nicht die Aufgaben des Beratenden Ausschusses der EGKS wahrnimmt84 • Seine Aufgaben liegen in der Unterstützung des Rates und der Kommission bei der Entscheidungsfindung durch unverbindliche Stellungnahmen, die aber im Amtsblatt der EG veröffentlicht werden. Die Ausschüsse setzen sich in Abhängigkeit von ihrer Aufgabe aus 189 Vertretern zusammen (Arbeitgeber, -nehmer, verschiedene Interessen). Diese werden von Verbänden vorgeschlagen und vom Rat nach Anhörung der Kommission ernannt. 2) Rechnungshof Er stellt ein unabhängiges Organ dar. Er überprüft die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltseinnahmen und -ausgaben und die Wirtschaftlichkeit der EG. Seine Jahresberichte werden im Amtsblatt der EG veröffentlicht. Er ist die Grundlage für das Parlament zur Entlastung der Kommission". 3) Ausschuß der Regionen Dieser wurde nach den Verträgen von Maastricht eingerichtet. Der Regionalausschuß hat eine beratende Funktion. Er besteht aus 189 Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften'". In bestimmten Fällen wird er vom Rat oder von der Kommission angehört. Er kann auch von sich aus eine Stellungnahme abgeben. Dadurch ist eine direkte Beteiligung für die Bundesländer ennöglicht worden. Regionalinteressen sollen frühzeitiger und wirksamer berücksichtigt werden. Entscheidungsrechte sind ihm noch keine eingeräumt worden, was im Hinblick auf föderale Strukturen aber sicherlich förderlich wäre.

!2

" .. " ..

Vergl. Vergl. Vergl. Vergl. Vergl.

Witte, S. 262. auch Weindl, S. auch eben da, S. auch ebenda, S. auch ebenda, S.

49. 50. 52 . 51.

IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU

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IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU Prinzipiell ist die Subventionierung des europäischen Steinkohlebergbaus unter den Begriff europäische Strukturpolitik zu subsumieren. Grundsätzlich ist es für die Fragestellung dieser Arbeit sinnvoll, die Strukturpolitik in sektorspezifische und regionalspezifische Maßnahmen zu untergliedern, auch wenn der BeglÜndungskatalog für Subventionen wie in Teil B Kapitel 11. beschrieben wesentlich differenzierter aufgefaßt werden kann 87 •88 • Wettbewerbspolitische Maßnahmen z.B in Form einer Beihilfenaufsicht können sowohl im Rahmen der sektoralen als auch der regionalen Strukturpolitik zum Tragen kommen 89 • Im Rahmen der europäischen Strukturpolitik, die einen sehr stark regionalpolitischen Charakter hat, verteilt die EU z.B über verschiedene Fonds und sonstige Instrumente selber Mittel. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten gewinnt sie durch die Beihilfenaufsicht im Rahmen wettbewerbspolitischer Erwägungen, die sich sowohl auf regional- als auch auf sektorspezifisch motivierte Maßnahmen bezieht90 • Die Kommission steht also vor dem grundsätzlichen Dilemma, einerseits über die eigene Mittelvergabe selber gestaltend auf bestimmte regionale und sektorale Strukturen einzuwirken, andererseits aber nationale Subventionen zu beaufsichtigen und tendenziell eher zu reduzieren 91 • Zunächst soll die regionalpolitische Komponente der europäischen Strukturpolitik aufgearbeitet werden. Die Entwicklung von regionalen Wirtschaftsstrukturen wird in starkem Maße durch staatliche Maßnahmen beeinflußt. Häufig konzentrieren sich bestimmte Wirtschaftszweige regional, so auch unter Anpassungsdruck geratene Industrien wie der Steinkohlebergbau.

" Vergl. auch Krieger u.a., S. 109 f. Wenn man die europäische Strukturpolitik als instrumentales Ziel auffaßt, so muß bedacht werden, daß sie i.Pr. keinen Eigenwert hat und nicht um ihrer selbst willen angestrebt wird und häufig unspezifisch ist, d.h. sie kann nicht eindeutig einem einzelnen übergeordneten wirtschaftlichen Grundziel zugerechnet werden; vergl. auch KülplBerthold u.a., S. I I. .. "Die Wettbewerbspolitik gilt als die effizienteste Fonn der sektoralen Strukturpolitik", so Rahmeyer, S. 134. " Diese Grobsystematik soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch eine Reihe anderer Politiken (Energie-, Umwelt-, Forschungs- und Entwicklungs-, Industriepolitik, etc.) in die Überlegungen der entscheidungsrelevanten Organe der EU miteinbezogen werden müssen, was zu entsprechenden Abstimmungsproblemen führt . • 1 Der EU-Beitritt der drei neuen Länder am 1.1.1995 wird in bezug auf die europäische Steinkohlepolitik kaum spektakuläre Änderungen hervorrufen: Finnland und Schweden importieren ihre verwendete Steinkohle, Österreich baut vorwiegend Braunkohle und subbituminöse Kohle ab, es gibt also in allein drei Ländern keine Subventionen für den Steinkohlebergbau; vergl. IEA, S. 126, S. 264 und S. 78. n

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

Die Regionalpolitik der EG soll primär wirtschaftliche Ungleichgewichte in der EG abmildern oder beheben'l.9l. Ihre Instrumente sind die Strukturfonds (EFRE, ESF, EAGFL) und sonstige Instrumente wie die EIB, die EGKS und die NGI sowie die Beihilfenaufsicht. Die Schwerpunkte der regional ausgerichteten Strukturpolitik lassen sich am besten anhand des ZielkataIoges des europäischen Strukturfonds erklären, der im Jahr 1988 reformiert wurde und am 1.1.1989 in Kraft getreten ist94 •9l • Die auf diesem grundlegenden Plan basierenden Änderungen und Ergänzungen für den Zeitrnum von 1994 bis 1997 werden daran anschließend ausgeführt. Die europäischen Strukturfonds haben prinzipiell den folgenden Zielkatalog mit unterschiedlichem InstrumentenkataIog zum Inhalt (für den Steinkohlebergbau indes sind nicht alle Ziele relevant, der Vollständigkeit halber sollen aber alle diesbezüglichen Punkte angesprochen werden)": - Ziel 1: Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand. Die Interventionen erfolgen durch den EFRE, den ESF, den EAGFL - Abteilung Ausrichtung, die EIB und die EGKS. - Ziel 2: Umstellung der Regionen, Grenzregionen oder Teilregionen, die von rückläufiger industrieller Entwicklung schwer betroffen sind. Die Interventionen erfolgen durch den EFRE, den ESF, die EIB und die EGKS. - Ziel 3: Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Die Interventionen erfolgen durch den ESF, die EIB und die EGKS.

" Die europäische Regionalpolitik ist im Prinzip ein Produkt des "bargaining process" im Rahmen der gemeinschaftlichen EntscheidWlgsfindWlg. Sie dient häufig als VerhandlWlgsmasse zum Erreichen anderer Ziele, d.h. regionalpolitische UnterstütZWlgen werden denjenigen Mitgliedstaaten als Entschädigung für etwaige Nachteile aufgrund anderer EntscheidWlgen angeboten. Dies ist vor allem bei der Erweiterung der Gemeinschaft von Bedeutung; so forderte Großbritannien z.B. 1973 die EinrichtWlg des EFRE, wn eine Nettobeitragszahlerposition zu vermeiden und innenpolitische Widerstände gegen einen Beitritt zur damaligen Gemeinschaft abfedern zu können; vergl. Waniek, Bestandsaufnahme. S. 26 ff. f) Zu den Zielen der EG-Regionalpolitik vergl. ebenda, S. 14 ff. .. Zur Entwicklung der Strukturfonds bis zu diesem ZeitpWlkt vergl. die Darstellung bei Franzmeyer Uß., S. 15 ff. " Die Reform geht auf die EEA von 1986 zurück, die insgesamt drei Hauptgrundsätze beinhaltet: Die Konzentration auf fünf vorrangige Ziele, die anzustrebende Partnerschaft zwischen Kommission, Mitgliedstaaten Wld deren nachgeordneten Körperschaften Wld Behörden Wld die Kohärenz der Mitgliedstaaten; vergl. Laaser u.a., S. 67 . .. Vergl. die Übersicht bei Klodt u.a .• S. 61.

IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU

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- Ziel 4: Erleichterung der Eingliederung der Jugendlichen in das ElWerbsleben. Die Interventionen erfolgen durch den ESF, die EIß und die EGKS. - Ziel 5: Anpassung der Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Vennarktungsstrukturen in Land- und Forstwirtschaft und Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums. Die Interventionen erfolgen durch den EAGFL - Abteilung Ausrichtung, den EFRE, die ESF und die EIB. Zur Einteilung der verschiedenen Zielregionen sind bestimmte Beurteilungskriterien wie z.B. Arbeitslosenrate, Pro-Kopf-Einkommen etc. notwendig, auf deren genaue Ausgestaltung hier aber nicht näher eingegangen werden soW'. Mit den Strukturfonds werden übelWiegend regionale Ziele verfolgt, d.h. ein Großteil der Fondsmittel kann der Regionalpolitik zugeordnet werden. Für die europäischen Strukturfonds zeigt sich folgende Ausgabenentwicklung bis einschließlich 199298 : Die Summe des EG-Haushaltes belief sich auf 62407,3 Mill. ECU insgesamt (ohne den EGKS Verwaltungshaushalt und ohne den Europäischen Entwicklungsfonds), wovon knapp zwei Drittel an die Strukturfonds gehen (schwerpunktmäßig an den EAGFL). Seit 1975 ergeben sich allerdings anteilige Verschiebungen zulasten des EAGFL und zugunsten des ESF und des EFRE. Die Kredite, die von der EIB und der EGKS vergeben werden, sind dabei noch nicht miteinbezogen. Der krisen behaftete Steinkohlebergbau, der aus geologischen Gründen eine regionale Konzentration erfährt, fällt besonders unter die Regionen der Zielgruppe 2, ebenso wie bestimmte neben- und nachgelagerte Industrien (Stahlindustrie, Maschinenbau, etc.)99. Im Rahmen der Regionalpolitik geht es also nicht nur um Probleme in regional rückständigen Gebieten, sondern auch um Anpassungsprobleme in Regionen mit veralteten und einseitig ausgerichteten Wirtschaftsstrukturen. Innerhalb der EU trifft das vor allem die hochentwickelten Länder, und hier u.a. auch den Kohlebergbau'oo. Beispielhaft sei hier angeführt, wieviele EG-Mittel innerhalb der Bundesrepublik in die Ziel-2-Gebiete geflossen sind und zwar im Zeitraum von 1989-1993'01: Insgesamt

., Vergl. hierzu näher die Ausführungen bei Tondi, S. 135 ff.; die Kommission erhebt selber Daten zum Pro-Kopf-Einkommen, Arbeitslosenrate etc. und entwickelt dann regionale Gebietseinheiten, nach denen die Mitgliedsländer aufgeteilt werden, die sog. NUTS I-m . .. Vergl. Franzmeyer u.a., S. 27 . .. So war das Energieversorgungsargument in früheren Zeiten ein entscheidender Standortfaktor für die Industrieansiedlung, als man noch auf den Energieträger Kohle angewiesen war; durch neue Energieträger und Möglichkeiten des Energietransportes hat die Bedeutung der Kohle und ihr Standort allerdings abgenommen; vergl. auch Graf/Sauer, S. 61 f. 10' Vergl. Franzmeyer u.a., S. 1I f. 10' Zu den Gebieten gehören Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Berlin (West); vergl. ebenda, S. 60.

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

wurden 541,4 Mill ECU vergeben. Die größten Zuwendungen erhielten Nordrhein-Westfalen (mit 304,7 Mill. ECU) und Berlin-West (120,6 Mil!. ECU). Das Saarland erhielt mit 36,4 Mil!. ECU immerhin mehr als Niedersachsen und Rheinland -Pfalz zusammen 102,103. Die geplante EG-Regionalpolitik für den Zeitraum von 1994 bis 1999 soll folgende Gestalt annehmen lO4 : Die Verpflichtungsermächtigungen sehen in diesem Zeitraum einen Betrag von insgesamt 141,4 Mrd. ECU vor, der von 20,1 Mrd. ECU im Jahr 1994 auf 27,4 Mrd. ECU im Jahr 1999 gesteigert werden soll. Dabei sollen knapp 68% an Ziel-I-Regionen vergeben werden lO5 • Neben der originären Anwendung der Strukturfonds gab und gibt es auch sog. Gemeinschaftsinitiativen, die eine flexible Anwendung der Strukturfonds außerhalb der Bestimmungen für Förderkonzepte erlauben. Es wird zwei zusätzliche Fonds geben, nämlich den Kohäsionsfonds, der für diesen Zeitraum einen Umfang von insgesamt 13,8 Mrd. ECU ausmachen soll und für grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur und Umweltschutzmaßnahmen, die sich auch auf den Sektor des Steinkohlebergbaus auswirken können, vorgesehen ist. Darüberhinaus wird ein Fischereifonds eingerichtet. Von besonderer Wichtigkeit für die Steinkohleindustrie ist der Umstand, daß die Ziel-2-Definition weiter gefaßt wird, die jetzt auch Industriestädte mit problem behafteten Industriebranchen und Altlasten beinhaltet. Die alten Ziele 3 und 4 werden zusammengefaßt. Ein neues Ziel 4 soll Arbeitskräfte an Technologie- und Produktionsinnovationen anpassen. Eine weitere Neuerung ist darin zu erkennen, daß das Prinzip der Additionalität aufgeweicht wird. Danach werden die Erhöhung von EG-Strukturmitteln für ein Mitgliedsland angehoben, wenn die nationalen Mittel um den sei ben Betrag gesteigert werden, so daß also immer ein Anreiz zu einer nationalen Strukturpolitik bestehen bleibt. In Zukunft jedoch ist es für eine Mittelausweitung seitens der EG ausreichend, wenn die bisherigen nationalen Strukturausgaben beibehalten werden, und in Ausnahmefällen ist selbst dies nicht mehr nötig.

102 Es kann keineswegs eine direkte Zuordnung von Teilen dieser Mittel an die Steinkohlebergbauindustrie vorgenommen werden, jedoch ist letztere in der BRD in Nordrhein-Westfalen und im Saarland angesiedelt, die einen beträchtlichen Anteil der Mittel erhalten haben. Die Vermutung, daß auch der Steinkohlebergbauindustrie Mittel zufließen liegt nahe, zum al insbesondere das Saarland durch diesen Sektor besonders stark geprägt ist. 10' Zu den Ziel-2-Problemindikatoren vergl. Franzmeyer u.a., S. 61. ". Vergl. zum folgenden näher Waniek, Regionalpolitik, S. 44 ff. '" Auch in dem Zeitabschnitt von 1989 bis 1993 lag die Konzentration auf der Ziel-I-Ebene: für die Ziel-I-Regionen wurde der größte Anteil der Strukturfondsmittel vergeben, nämlich zwischen 62,2% und 63.5 % der Mittel; vergl. ebenda. S. 44, Tabelle I.

IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU

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Die europäischen Strukturfonds bzw. sonstigen Instrumente sollen nur knapp umrissen werden'06·'oo: Der EFRE soll durch Beteiligung an der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der rückständigen sowie an der Umstellung der Industriegebiete mit rückläufiger Entwicklung zum Ausgleich der Ungleichgewichte in der Gemeinschaft beitragen und der Umverteilung von den reichen zu den armen Ländern dienen (eigentlich nur in stark benachteiligten Gebieten). Mittel sollten nur dort eingesetzt werden, wo die Mitgliedsländer selber Regionalbeihilfen einsetzen. Der Mitteleinsatz des EFRE ist von 4646,1 Mill. ECU im Jahr 1989 auf 6586,3 Mill. ECU im Jahr 1991 gestiegen'OI. Der Europäische Sozialfonds wurde geschaffen, um Arbeitnehmern und Unternehmern bei der Anpassung an sich wandelnde wirtschaftliche Bedingungen zu helfen. Im Zeitablauf hat er eine Wandlung zum beschäftigungspolitischen Instrument erfahren. Dieser Fonds ist für den Sektor des Steinkohlebergbaus besonders relevant, dient er doch durch erhebliche Miuelaufwendungen der sozialen Abfederung der Revierarbeiter. Ein weiteres wichtiges Instrument, das auch für die Steinkohle relevant ist, stellt die EIB dar. Die Finanzierung erfolgt durch Mittelaufnahme auf den internationalen Kapitalmärkten, die neben der Bürgschaftstätigkeit in Form von zinsverbilligten Darlehen für Investitionen im Produktionssektor, Infrastrukturinvestitionen, für Investitionen mit gemeinsamen Interessen für verschiedene Mitgliedstaaten und ähnliches mehr vergeben werden. Das Darlehensvolumen stieg für die Jahre von 1987 bis 1993 von 7450,3 Mio ECU auf 17724,2 Mio ECU'09. Die EGKS schließlich, die für die Steinkohlebergbauindustrie von erheblicher Relevanz ist, hat eigentlich sektorale Aufgaben, aber wegen der regionalen Konzentration der Montanunternehmen ist sie stark regionalpolitisch wirksam. Auch die EGKS wurde in die fünf vorrangigen Ziele der EEA eingebunden. Für sie sind die Ziel-2-Regionen am wichtigsten" o.,". Die EGKS-Darlehen zeich-

Vergl. hierzu ausführlich Waniek, Bestandsaufnahme, S. 39 ff. Es sei an dieser Stelle betont, da~ mit den folgenden Instrumenten nicht ausschlie~lich regionale Ziele verfolgt werden, auch wenn sie in unterschiedlichem Ausma~ einen gro~en Anteil daran haben. 10' Vergl. Franzmeyer u.a., S. 28. 10. Vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Anleihe- und Darlehenstätigkeit, S. 8.; 1993 gingen 3132,4 Mio ECU an den Energiesektor, davon 30% an heimische Energieträger, 20,2% an die Einfuhrdiversifizierung und 49,6% an die Rationelle Energienutzung; vergl. ebenda S. 21. 110 Vergl. auch Waniek. Bestandsaufnahme, S. 95 ff., wo genauer aufgeführt wird, für welche Investitionen Finanzerleichterungen gewährt werden. 100

107

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

neten 1993 ein Volumen von 918,3 Mio ECU aus, was einer Reduktion um knapp 38,2% von 1992 entspricht aufgrund rezessiver Entwicklungen in den Mitgliedstaaten ll2 • Im Finanzbericht der EGKS von 1992 sind folgende Darlehen aufgezeichnet: Insgesamt vergab die EGKS 1486,2 Mio ECUII3 • Die Umstellungsdarlehen schwankten zwischen 1988 und 1992 zwischen 451,7 Mio ECU und 462,2 Mio ECU mit einem Rekordvolumen von 859,5 Mio ECU im Jahr 1991. Die Zahlungen an den Kohlenbergbau wurden im selben Zeitraum von 43,4 Mio ECU auf 13,8 Mio ECU zurückgefahren, ebenfalls mit einem Hoch von 75,8 Mio ECU im Jahr 1991. Die Darlehen für Sozialwohnungen wurden von 21 Mio ECU auf 13 Mio ECU zurückgeschraubt. Die sonstigen Darlehen sind von 37,1 Mio ECU auf eklatante 831,8 Mio ECU angestiegen ll•• Il '. Darüberhinaus übernimmt die EGKS noch eine Reihe "Sonstiger Aufgaben" wie z.B. die Anpassungsbeihilfen, Forschungsbeihilfen im sozialen Bereich und im Kohlesektor" 6 • Bei der Anwendung der NGI werden Darlehen in Zusammenarbeit mit der EIB bereitgestellt. die primär dem Aufbau der Infrastruktur. aber auch der Entwicklung neuer Energiequellen und der Förderung von Klein- und Mittelbetrieben dienen sollen'l7. Auf den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft - Abteilung Ausrichtung soll hier nicht weiter eingegangen werden. Die Vergabe von Mitteln erfolgt nach dem Drei-Phasen-Konzeptll8 • Mit der Reform des Strukturfonds 1988 gingen fünf Durchführungsverordnungen einher: Zwei horizontale Verordnungen, die die Bestimmungen für die einzelnen Fonds und deren Koordinierung auch mit der EIB festlegen und drei spezifische Verordnungen. Politökonomisch interessant sind die Interventionsverfahren der drei Struk.turfonds: Auf nationaler Ebene werden Entwicklungspläne für die Kommission ausgearbeitet. Auf der europäischen Aktionsebene entwickeln die

111 Zur Entwicklung der Finanzvolumina und Aufteilung auf den Stahl- und Kohlesektor und die jeweiligen spezifischen Bereiche vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, EGKS Finanzbericht 1992, S. 16. m Vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Anleihe- und Darlehenstätigkeit, S. 8 f. 113 Eine Entwicklung für die verschiedenen Sektoren wird im Finanzbericht der EGKS von 1992 wiedergeben; vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, EGKS Finanzbericht 1992, S. 16. "4 Zur Mittelherkunft der EGKS-Darlehen vergl. ebenda, S. 17 ff. I" Zur Anleihetätigkeit der EGKS vergl. ebenda, S. 28 ff. 116 Vergl. ebenda, S. 33 ff. m Zur Entwicklung der NGI vergl. die Ausführungen bei Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Anleihe- und Darlehenstätigkeit, S. 25 ff. 111 Vergl. Hilligweg, S. 15 f.

IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU

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Mitgliedstaaten mit der EG-Kommission sog. Gemeinschaftliche Förderkonzepte, die Entwicklungskonzepte, Schwerpunkte, Zeitbezug, etc. bestimmter Programme beinhalten. Auf nationaler und europäischer Aktionsebene erfolgt die Abwicklung von Programmen und Projekten in Verantwortung der jeweiligen Mitgliedsländer unter finanzieller Beteiligung der jeweiligen Strukturfonds. Dies impliziert eine erhebliche Aufblähung des zuständigen Planungs- und Entscheidungsapparates. Der diskretionäre Spielraum für die einzelnen Verantwortlichen steigt, mithin auch die Möglichkeit, den finanzielle Rahmen bei der Subventionsvergabe auszuschöpfen sogar "begIiindet" auszuweiten. Die Entscheidungsvorgänge verlängern sich und eine adäquate Effizienzkontrolle vorgenommener Subventionsmaßnahmen erscheint kaum möglich zu sein.

u.v.

Die Regionen gewinnen durch eine verstärkte Einbindung in den Entwicklungs- und Durchführungsprozeß von Programmen, insofern kann man von einer gewissen Dezentralisierung sprechen im Rahmen des viel diskutierten Subsidiaritätsprinzips. Jedoch wird dadurch der Entscheidungsapparat aufgebläht, was die Einflußnahmemöglichkeiten von Interessengruppen verstärktll9 • Es kann zu einigen Konfliktfeldem in den Verfahren der Strukturfonds kommen: Die wichtigsten Akteure in dem beschriebenen Prozeß sind Verwaltungsbeamte auf regionaler, mitgliedstaatlicher und EG-Ebene, Fachreferenten der EIB, Mitglieder der Ausschüsse und Arbeitgeber- und -nehmerverbände, außerdem Kommunen und Gemeinden'X1. Man könnte die Position der Kommission in den Koordinierungsverfahren stärken, wodurch aber das angestrebte Partnerschaftsprinzip zwischen Kommission und Mitgliedstaaten sowie das Subsidiaritätsprinzip in Gefahr gerieten. Zudem würden (bei einer ausgeweiteten Kompetenzzuweisung an die Kommission) die potentiellen Konflikte auf den Rat und die Gemeinschaftsgipfel vorverlagert'2'.122. Nach dem jetzigen Verfahren können Spannungen zwischen der Kommission und einzelnen Mitgliedstaaten in bezug auf bestimmte Politiken entstehen, sowie Verteilungskämpfe zwischen den Mitgliedstaaten und auch innerhalb der Staaten zwischen den

'" So setzt sich beispielsweise auch die ACOM, die eine Vereinigung der Gebietskörperschaften in den Bergbaugebieten der EG darstellt, für eine Reihe von Maßnahmen ein; vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Binnenmarkt, S. 114 ff. '" Beispielsweise wurden in Nordrhein-Westfalen regionale Entwicklungskonferenzen eingerichtet, an denen die örtlichen Gebietskörperschaften, Sozialpartner und Umweltverbände teilnehmen. Dadurch erhofft man sich eine effizientere Problemlösung aber auch eine erhöhte regionale Selbstverantwortung. Jedoch sind die Landesregierungen nicht an die Empfehlungen gebunden; vergl. Franzmeyer u.a., S. 69. '" Vergl. ebenda, S. 48 f. '" In den Verordnungstexten des drei stufigen Verfahrens sind bereits latente Widersprüche und teilweise Unklarheiten enthalten, die gegebenenfalls zwischen den unterschiedlichen Akteursebenen Streitigkeiten aufkommen lassen; vergl. ebenda, S. 54.

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

Regionen usw. Die Verwaltungsabläufe und die Eindeutigkeit bezüglich der Kontrollaufgaben sind noch nicht ausgereift 123 • Hinzu kommt, daß die Fonds von verschiedenen Generaldirektionen verwaltet werden. Die Koordination zwischen den Fonds wird schwierig. So kommt es vor, daß Interventionen von verschiedenen Fonds in derselben Region teilweise isoliert voneinander stattfinden l24 • Eine Zusammenlegung der Fonds und eine einheitliche Verwaltung scheint angebracht zu sein. Konflikte innerhalb von Abstimmungsprozessen ergeben sich auch daraus, daß die nationalen Regionalpolitiken mit der gemeinschaftlichen Regional- bzw. Kohäsionspolitik sowie mit den anderen Gemeinschaftspolitiken wie z.B. der Wettbewerbspolitik gekoppelt werden müssen. "In einigen Ländern wird der Verdacht genährt, eine Interessengemeinschaft innerhalb der EG-Kommission, bestehend aus den Generaldirektionen für Regionalpolitik einerseits, für gewerbliche Wirtschaft andererseits, wolle hier über die industriepolitischen Schranken des Maastrichter Unionsvertrages hinaus sektorale Strukturpolitik betreiben mit erheblichem Konfliktpotential im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten unterschiedlicher strategischer Ausrichtung sowie innerhalb der EG-Kommission zwischen verschiedenen Generaldirektionen"I2S. Allerdings wurden von der Kommission auch einige sektorale Hilfen untersagt, die früher unter regionalpolitischen Aspekten erlaubt worden waren. Die Kommission selber steht vor einem gewaltigen Informationsproblem, da sie die differierenden regionalen Probleme nicht exakt erfassen kann und auf die Kooperationsbereitschaft nachgelagerter Institutionen angewiesen ist. Mithin sinken die Kontrollmöglichkeiten tendenziell, was zu Effizienzverlusten führen kann. Nationale Regierungen haben ein Interesse an der Beibehaltung des bestehenden Systems der EG-Regionalförderung 126 • Der EG-Haushalt finanziert sich großteils aus Zöllen und Mehrwertsteuern, sodaß die Subventionen über die Regionalfonds hauptsächlich die Konsumenten tragen, die dieser Umstände im Zweifelsfall nicht gewahr werden. Die Regierungen profitieren, da zusätzlich zu den nationalen Subventionen, die zwar durch die Wettbewerbspolitik bzw. Beihilfenaufsicht begrenzt werden sollen, Mittel von europäischer Ebene gewährt werden und die nationale Budgetrestriktion lockern (entweder durch zusätzliche Mittel oder durch den Ersatz der eigenen Mittel, wenn denn diese durch die Beihilfenaufsicht beschränkt werden). Außerdem möchten wirtschaftsstarke

123

Vergl. ebenda, S. 52.

1" Vergl. Waniek, Regionalpolitik, S. 46. 125 Vergl. Franzmeyer u.a., S. 53 f. 1" Vergl. auch Hilligweg, S. 218 ff.

IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU

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Nationen, da sie einen hohen Anteil an der Finanzierung des EG-Haushaltes haben, möglichst viele Mittel "zurückerhalten", was vor allem dadurch geschieht, daß die Förderkriterien möglichst weit ausgelegt werden oder aber auch die Kriterien an die Zielregionen ausgeweitet werden, wie oben beschrieben. Auch die Bürokraten sind an einer Beibehaltung der bisherigen Politik und bisheriger Strukturen interessiert'77 : Wenn Organisationsverfahren gestrafft würden, wäre ein Teil des Personals überflüssig. Zudem würde die Mittelvergabe für Subventionen vielleicht reduziert, da es weniger Ansprechpartner für die Interessengruppen gibt. Beides mindert den Eigennutz (Macht, Ansehen) der Beamten. Durch eine straffere Konzeption würden sie sich selber teilweise überflüssig machen. Auch nationale Beamte auf den unterschiedlichsten Ebenen im Rahmen der Planungs- und Entscheidungsprozedur haben Nutzenzuwächse, da ihre Macht als Schaltstelle zwischen EG- und Nationalbehörden wächst. Die Interessenverbände haben im Rahmen des Drei-Phasen-Konzeptes sowohl auf der nationalen Ebene Einflußnahmemöglichkeiten, als auch auf europäischer Ebene, wo sie eine beratende Funktion in verschiedenen Ausschüssen, im WSA etc. übernehmen. Auch sie profitieren von der Aufblähung des Verwaltungs- und Entscheidungsapparates, allein schon durch die Zunahme von potentiellen Ansprechpartnern. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß die Mitglieder des WSA vom Ministerrat ernannt werden, d.h. letzterer bestimmt darüber, wer den Rat und die Kommission beraten soll. Ein weiteres Element in der Regionalpolitik stellt die Beihilfenaufsicht im Rahmen der europäischen Wettbewerbspolitik dar, d.h.: Diejenigen Beihilfen der Mitgliedstaaten, die regionalpolitisch begründet werden, müssen von der Kommission überprüft und genehmigt werden. Auf diese spezielle Fragestellung wird hier aber nicht weiter eingegangen, die Beihilfenaufsicht der Kommission wird bei der jetzt folgenden Diskussion der sektoralen Strukturpolitik ausführlich behandelt'28 • Den zweiten Pfeiler der relevanten Subventionspolitik stellt die sektorale Strukturpolitik dar, d.h. hierunter fallen diejenigen Komponenten, die der EGKS zuzuordnen sind (mit stark regionalen Auswirkungen) und den einzelnen jeweiligen Mitgliedstaaten 129 • Die EGKS soll gemäß Art. 4 EGKSV einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl schaffen ohne Behinderungen des innerge-

'" Vergl. ebenda, S. 233 ff. Zur Beihilfenaufsicht i.R. der Regionalpolitik auf europäischer Ebene vergi. sehr ausführlich Waniek, Bestandsaufnahme, S. 97 ff. m Der Versuch, regionale und sektorale Politiken auf der europäischen Ebene aufeinander abzustimmen, erweist sich als außerordentlich schwierig, was häufig in der regionalen Auswirkung sektoraler Maßnahmen zum Ausdruck kommt; vergl. hierzu ebenda, S. 136 ff. 121

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B. Fallstudie zur Subventionspolitik

meinschaftlichen Wettbewerbs durch staatliche Handelshemmnisse oder Subventionen oder durch wettbewerbsbeschränkendes Verhalten der Unternehmen. Die Organe der EG sollen für Markttransparenz sorgen und den Unternehmen Finanzierungsmittel für ihre Investitionen zur Verfügung stellen nach Art. 5 EGKSV. Die EG hat ihre Befugnisse nach dem EGKSV allerdings nicht voll ausgenutzt l30 • Erst seit 1989 greift sie über die Beihilfenaufsicht verstärkt in die Subventionspolitik der einzelnen Länder ein. Die Nationen betreiben eine eigene Subventionspolitik, die (genau wie bei den regionalpolitischen Beihilfen) der Beihilfenaufsicht der Kommission unterliegt. Die gemeinschaftliche Wettbewerbspolitik, die inzwischen um die Fusionskontrolle erweitert worden ist und hier als Instrument der europäischen Strukturpolitik aufgefaßt wird, soll "den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen" schützen (Art. 3 lit. f EWGVt'. Im folgenden wird die Beihilfenaufsicht konkretisiert. Primär sollen durch sie Finanzhilfen und Steuervergünstigungen der EG-Mitgliedsländer begrenzt werden. Dies impliziert für die Kommission aber die Möglichkeit, eigene Vorstellungen in nationale Subventionssysteme einzubringen, neben der Möglichkeit, eigene Beträge im Rahmen verschiedener Politiken (wie z.B. der Regional-, Forschungspolitik, etc.) beizusteuern. Grundsätzlich sind staatliche Beihilfen untersagt bei Gefahr der Wettbewerbsverfälschung oder der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten. Laut EWGV sind aber Ausnahmen vom Verbot regionaler, sektoraler und allgemeiner Subventionen zulässig. Die Subventionserlaubnis erstreckt sich auf den EWGV und den EGKSV für den Bereich der Steinkohlesubventionen. Die Kommission überprüft ständig die Beihilferegelungen in den Mitgliedstaaten. Sie kann Änderungen der Subventionssysteme fordern und zwar nach dem repressiven oder präventiven Verfahren, d.h. wenn bestehende Regelungen zu WeUbewerbsverzerrungen im innergemeinschaftlichen Handel führen bzw. die Kommission muß von beabsichtigten Neueinführungen oder Änderungen bestehender Systeme unterrichtet werden 132• Nach Art. 92 EWGV hat die Kommission recht große Beurteilungsspielräume, allerdings hat sie detaillierte Grundsätze und Richtlinien für die Gewährung sektoraler und allgemeiner Beihilfen erlassen.

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S.59. '31

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Schwe!punktmäßig hat sich die EGKS auf den Stahlbereich konzentriert; vergl. Laaser u.a., Vergi. Klodt u.a., S. 166. Vergl. ebenda, S. 167.

IV. Subventionen für den Steinkohlebergbau in der EU

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Die kohlefördernden Mitgliedsländer der EU sind verpflichtet, der Kommission zu berichten, wieviele Subventionen sie im Jahr gezahlt habenm. Zu unterscheiden sind Maßnahmen im Zusammenhang mit der laufenden Förderung und Maßnahmen, die nicht im Zusammenhang mit der laufenden Förderung stehen und die nicht beendet werden, auch nicht bei der Beendigung der Kohleförderung'~. Bei der laufenden Förderung sind direkte Maßnahmen Gede, finanzielle Beihilfe, die den Steinkohleunternehmen unmittelbar gewährt werden) und indirekte Maßnahmen Gede Maßnahme, die indirekt den Steinkohlezechen zugute kommt) zu unterscheiden. Zu den Maßnahmen, die nicht mit der laufenden Förderung zusammenhängen, zählen vor allem Sozialleistungen und Maßnahmen bezüglich der Altlasten. Die Subventionszahlungen machten in den einzelnen Mitgliedsländern der EU in den letzten Jahren folgendes Volumen aus 13S : Die Gesamtkosten im Zusammenhang mit der laufenden Förderung beliefen sich 1990 auf 5322,7 Mio ECU, im Jahr 1991 auf 5401,1 Mio ECU und im Jahr 1992 auf 5194,6 Mio ECU. Die Förderkosten pro Tonne stiegen in diesem Zeitraum von 26,61 ECU auf 28,14 ECU. Bei den direkten Beihilfen (Beihilfen zur Deckung von Betriebsverlusten, Absatzbeihilfen, Investitionsbeihilfen, Beihilfen für das unter Tage arbeitende Personal) liegt die Bundesrepublik mit weitem Abstand vom (1992 mit 2031,0 Mio ECU, gefolgt von Spanien mit 446,0 Mio ECU). Nochmehr zahlte sie 1992 für indirekte Beihilfen, nämlich 2466,7 Mio ECU, gefolgt von Spanien mit 17,3 Mio ECU'36. Bei den finanziellen Maßnahmen, die nicht im Zusammenhang mit der laufenden Produktion stehen, ergibt sich folgendes Bild: 1990 betrug der Gesamtumfang in der Gemeinschaft 7797,3 Mio ECU, 1991 dagegen 7810,4 Mio ECU und im Jahr 1992 betrug er 8343,9 Mio ECU nur für den Bereich der Sozialrnaßnahmen. Für die Abdeckung von Altlasten wurden in den jeweiligen Jahren 1097,5 Mio ECU, 1312,6 Mio ECU bzw. 1145,0 Mio ECU bereitge-

'3) Vergl. zum folgenden Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Maßnahmen im Jahre 1991, und ders., Maßnahmen im Jahre 1992. '34 Vergl. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Maßnahmen im Jahre 1991, S. 8. m Vergl. Anhang 5. '" Im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die nicht im Zusammenhang mit der laufenden Förderung stehen, ist zu bemerken, daß GroßbritaMien über ein integriertes Sozialsystem verfügt, mithin keine Daten angibt. Die Angaben die in Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Maßnahmen im Jahre 1991, auf S. 32 gemacht werden, beziehen sich nur auf den besonderen Pensionsfonds der Bergarbeiter, der neben dem allgemeinen Sozialversicherungssystem besteht.

B. Fallstudie zur Subventionspolitik

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stelltm. Die mit Abstand größten Zahlungen nahmen dabei die Bundesrepublik und Frankreich vorn8 • Der Vergleich zu den Maßnahmen in früheren Jahren wird dadurch erschwert, als daß hier andere Kriterien für Maßnahmen und die Veröffentlichung angesetzt wurden 139 • Die Kommission selber bedauert, daß die Daten oft unzureichend transparent sind und von den Mitgliedsländern unterschiedlich präsentiert werden''':>. Ein genauer analytischer Vergleich der Zahlen erscheint unmöglich zu sein. Wie obigen Ausführungen zu entnehmen ist, kann man durchaus gewisse Beharrungstendenzen bei der Subventionsvergabe feststellen, in Teilbereichen sogar eine Ausweitung der Volumina. Vor diesem Hintergrund ergibt sich folgender Ausblick auf geplante künftige Entwicklungen im Beihilfensystem der europäischen Steinkohlebergbauindustrie: Im Dezember 1993 verabschiedete der Ministerrat der Europäischen Union die neue Gemeinschaftsregelung für staatliche Beihilfen zugunsten des Steinkohlebergbaus nach Artikel 95 Abs. 1 EGKSV. Genehmigungskriterien sind neben der Kostensenkung des Bergbaus die Degressivität der Hilfen in anbetracht der Tatsache, daß die heimische Steinkohle der Versorgungssicherheit dient'4I. Die EG erlaubt in ungefähr Fünfjahresabständen Subventionierungen der nationalen Regierungen an den europäischen Steinkohlebergbau'42. Es soll ein Rationalisierungsdruck dadurch ausgeübt werden, daß die durchschnittlichen Produktionskosten in der EG als Maßstab genommen werden (220 DM pro Tonne SKE auf Basis von 1992), um sich dem Preisniveau der Weltmarktkohle anzunähern. Einen direkten Wettbewerb würde die europäische Steinkohle nicht überstehen. Da langfristige Entwicklungen auf dem Weltmarkt nicht genau abzuschätzen sind, ist das Ziel der

Vergl. ebenda, S. 32 und ders., Maßnahmen im Jahre 1992, S. 32. Vergl. Anhang 6a) und 6b). '" Vergl. hierzu beispielsweise die Ausführungen für das Jahr 1985 in: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Memorandum; so beliefen sich 1984 die Beihilfen für die laufende Förderung auf insgesamt 5431,4 Mio ECU für die Länder BR Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Belgien, wobei Großbritannien mit 3783,1 Mio ECU weit vorne lag. Die Beihilfen, die nicht im Zusammenhang mit der laufenden Förderung stehen, waren folgendermaßen verteilt: Im Rahmen der Sozialrnaßnahmen lagen sie 1983 für die genannten Länder insgesamt bei 5596,7 Mio ECU, im Jahr 1984 dagegen bei 5482,3 Mio ECU. Die größten Anteile hatte jeweils die BR Deutschland mit 3053,7 bzw. 2953,6 Mio ECU. Die Mittel zur Abdeckung der Altlasten beliefen sich in den beiden Jahren auf 832,9 Mio ECU bzw. 891,7 Mio ECU; vergl. ebenda, S. 37 f. 1