Mitteilungen der Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen. Band 9 Deutsche und sowjetische Gesellschaften im ersten Nachkriegsjahrzehnt: Traumata und Hoffnungen 9783110637946, 9783110633764

This 9th bilingual volume of the Joint Research Committee on the Contemporary History of German-Russian Relations docume

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German Pages 578 Year 2020

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Jürgen Zarusky 28.4.1958-4.3.2019
Kolloquium „Deutsche und sowjetische Gesellschaften im ersten Nachkriegsjahrzehnt. Traumata und Hoffnungen“
Der schwere Weg nach Hause: Die Resozialisierung der „Ostarbeiter“ nach ihrer Rückkehr in die UdSSR 1945-1955
Zur Situation der jüdischen DPs
Flucht, Verschleppung und Vertreibung von Deutschen 1944-1948
Die Stimmung in der deutschen Bevölkerung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1946-1949
Zur sozioökonomischen Situation in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)/ DDR 1945 bis 1950
Zwischen Hunger und Hoffnung. Ernährung und Alltag in (West-)Deutschland von der „Rationengesellschaft“ zum„Wirtschaftswunder“
Von der Waffe an die Wiege: Sowjetische Familien- und Geschlechterpolitik im Kontext des „Großen Vaterländischen Krieges“.
Vergangenheitsbewältigung: Der Wandel der Geschlechterrollen in der UdSSR im Nachkriegsjahrzehnt
Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik
Nachwuchsworkshop „Neue Perspektiven auf die deutsch-russische Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts im globalen Kontext“
Vorwort der Organisatoren
Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte
Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er-Jahre
Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung im Russischen Kaiserreich 1870-1914
Deutschbaltische Offiziere in der zaristischen Armee 1914-1918: Zwischen Imperium und Nation
Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk als Problem der Koalitionsstrategie der Mittelmächte
Politischer Mythos im Kulturtransfer: Politische Dostoevskij-Rezeption bei Arthur Moeller van den Bruck
Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld
Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers
Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit 1945-1961
Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt
West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“. Die Stasi, der KGB und die jüdisch-sowjetische Community in West-Berlin in den 1970erund 1980er-Jahren
Die Autoren dieses Bandes
Kontakte
Front Matter 2
Содержание
Предисловие
Юрген Царуский 28.4.1958 – 4.3.2019
Коллоквиум „Общество в Германии и Советском Союзе в первое послевоенное десятилетие: травмы и надежды“
Трудная дорога домой: ресоциализация «восточных рабочих» после их возвращения в СССР (1945–1955 гг.)
К вопросу о положении евреев из числа перемещенных лиц
Бегство, насильственное перемещение и изгнание немцев (1944–1948 гг.)
Общественные настроения немецкого населения в советской зоне оккупации Германии в 1946–1949 гг.
К вопросу о социально-экономической ситуации в советской зоне оккупации Германии и ГДР (1945–1950 гг.)
Между голодом и надеждой. Питание и повседневность в (Западной) Германии: от «общества пайков» к «экономическому чуду»
От винтовки к колыбели: cоветская политика в сфере семьи и гендера в контексте Великой Отечественной войны
Переосмысливая прошлое: изменение гендерных ролей в послевоенное десятилетие в СССР
Мягкое отцовство и демократия в молодой Федеративной Республике Германия
Семинар для молодых ученых «Новый взгляд на соприкосновение и взаимодействие германской и российской истории XIX–XX вв. в глобальном контексте»
Предисловие организаторов
Германо-российская история и глобальная история
Михаил Ростовцев и его научные связи с немецкими учеными (конец XIX в. – 1920-e годы)
Культурный трансфер и потребительская культура через призму рекламы в Российской империи: 1870–1914 гг
Балтийские немцы-офицеры русской императорской армии, 1914–1918 гг.: между империей и нацией
Имплементация Брестских договоров как проблема коалиционной стратегии Центральных держав
Политический миф в контексте культурного трансфера: Артур Мёллер ван ден Брук и его политическая рецепция произведений Ф.М. Достоевского
Советские «дети войны»: к вопросу об одном поле исторического исследования
Трофейное кино в Советском Союзе: специфика культурного трансфера
Визуальный оккупационный режим в послевоенной Восточной Германии (1945–1961 гг.)
Образ Советского Союза федеральных канцлеров Аденауэра и Брандта
Западный Берлин как «тайный фаворит для евреев-эмигрантов»: Штази, КГБ и еврейско-советская община Западного Берлина в 1970‑е – 1980‑е годы
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Mitteilungen der Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen. Band 9 Deutsche und sowjetische Gesellschaften im ersten Nachkriegsjahrzehnt: Traumata und Hoffnungen
 9783110637946, 9783110633764

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Mitteilungen der Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen

Deutsche und sowjetische Gesellschaften im ersten Nachkriegsjahrzehnt Traumata und Hoffnungen

Herausgegeben im Auftrag der Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen von Andreas Wirsching und Aleksandr Čubar’jan

Das Projekt wurde unterstützt durch die Gemeinsame Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen und gefördert aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).

Für die inhaltlichen Aussagen der namentlich gezeichneten Beiträge tragen die jeweiligen Autoren die Verantwortung. Redaktion in Deutschland: Jürgen Zarusky†, Verena Brunel, Yuliya von Saal, Galina Veldanova in Russland: Viktor I ščenko, Natalia Timofeeva Die elektronische Ausgabe dieser Publikation erscheint seit April 2023 open access.

ISBN ---- e-ISBN (PDF) 978-3-11-063794-6 DOI https://doi.org/10.1515/9783110637946 Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziellKeine Bearbeitung 4.0 International Lizenz. Weitere Informationen finden Sie unter https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/ Die Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz gelten nur für Originalmaterial. Die Wiederverwendung von Material aus anderen Quellen (gekennzeichnet mit Quellenangabe) wie z.B. Schaubilder, Abbildungen, Fotos und Textauszüge erfordert ggf. weitere Nutzungsgenehmigungen durch den jeweiligen Rechteinhaber. Library of Congress Control Number:  Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. ©2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: le-tex publishing services GmbH, Leipzig Druck und Bindung CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Inhaltsverzeichnis Andreas Wirsching, Aleksandr Čubar’jan Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Jürgen Zarusky .. – .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Kolloquium „Deutsche und sowjetische Gesellschaften im ersten Nachkriegsjahrzehnt. Traumata und Hoffnungen“ Bonn, . Juli  Natalia Timofeeva Der schwere Weg nach Hause: Die Resozialisierung der „Ostarbeiter“ nach ihrer Rückkehr in die UdSSR – . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Angelika Königseder Zur Situation der jüdischen DPs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Stefan Troebst Flucht, Verschleppung und Vertreibung von Deutschen – . . . . . . . . . . .



Vasilij Christoforov Die Stimmung in der deutschen Bevölkerung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands – . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Andreas Malycha Zur sozioökonomischen Situation in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)/ DDR  bis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Thomas Schlemmer Zwischen Hunger und Hoffnung. Ernährung und Alltag in (West-)Deutschland von der „Rationengesellschaft“ zum „Wirtschaftswunder“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Beate Fieseler Von der Waffe an die Wiege: Sowjetische Familien- und Geschlechterpolitik im Kontext des „Großen Vaterländischen Krieges“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Nina Vaškau Vergangenheitsbewältigung: Der Wandel der Geschlechterrollen in der UdSSR im Nachkriegsjahrzehnt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



VI

Inhaltsverzeichnis

Till van Rahden Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik . . . . . . . . . . . .



Nachwuchsworkshop „Neue Perspektiven auf die deutsch-russische Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte des . und . Jahrhunderts im globalen Kontext“ Heidelberg, . Oktober – . November  Vorwort der Organisatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Andreas Hilger Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Nadezda Fichtner Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten Ende des . Jahrhunderts bis in die er-Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Lilija Wedel Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung im Russischen Kaiserreich – . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Igor’ Barinov Deutschbaltische Offiziere in der zaristischen Armee –: Zwischen Imperium und Nation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Leontij Lannik Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk als Problem der Koalitionsstrategie der Mittelmächte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Nataliya Kopcha Politischer Mythos im Kulturtransfer: Politische Dostoevskij-Rezeption bei Arthur Moeller van den Bruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Yuliya von Saal Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld . . . . . . . .



Kristina Tanis Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers . . . . . . . . . . .



Alexey Tikhomirov Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –



Aleksei Sorokin Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt . . . . . . . . . . . . . .



Inhaltsverzeichnis

VII

Alexander Friedman West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“. Die Stasi, der KGB und die jüdisch-sowjetische Community in West-Berlin in den erund er-Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Die Autoren dieses Bandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



Vorwort Der vorliegende neunte Band der „Mitteilungen“ der Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen dokumentiert das Kolloquium zum Thema „Deutsche und sowjetische Gesellschaften im ersten Nachkriegsjahrzehnt. Traumata und Hoffnungen“, das im Rahmen der Jahrestagung der Kommission im Jahr  in Bonn stattgefunden hat. Nach dem bewährtem Arbeitsprinzip der Kommission wurde ein historisches Thema gewählt, das für unsere beiden Länder von hoher Aktualität ist und daher nicht nur die Historiker beider Seiten beschäftigt, sondern zugleich auch Vergleichsperspektiven eröffnet, die dem besseren wechselseitigen Verständnis dienen können und sollten. Die materiellen Nöte in den Nachkriegsjahren, die freiwilligen und erzwungenen Migrationsbewegungen, die Lage ehemaliger NS-Verfolgter wie jüdischer DPs und „Ostarbeiter“, aber auch die Infragestellung herkömmlicher Geschlechterordnungen infolge der Kriegsereignisse werden von deutschen und russischen Historikerinnen und Historikern facettenreich in den Blick genommen. Daneben findet auch ein neues Arbeitsformat der Kommission in diesem Band seinen Niederschlag. Erstmals hat sie im Herbst  einen Nachwuchsworkshop durchgeführt, der von den Kommissionsmitgliedern Prof. Tanja Penter (Heidelberg) und Prof. Alexander Vatlin (Moskau) organisiert wurde. Junge Historiker aus beiden Ländern diskutierten an der Universität Heidelberg über „Neue Perspektiven auf die deutsch-russische Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte des . und . Jahrhunderts im globalen Kontext“. Eine Auswahl der Beiträge findet sich im zweiten Teil des vorliegenden Bandes. Die Nachwuchstagung und die daraus hervorgegangene vorliegende Publikation zeigen, dass die intellektuelle Auseinandersetzung mit der deutsch-russischen Beziehungsgeschichte keineswegs nur die Sache älterer Generationen ist, sondern vielmehr ein auch für junge Historiker bedeutsames und attraktives Forschungsfeld darstellt. Anfang  wurden die Gemeinsame deutsch-russische Kommission und die Redaktion der „Mitteilungen“ von einem schweren Verlust getroffen. Nach kurzer, schwerer Krankheit verstarb am . März  der langjährige Redakteur und Impulsgeber der „Mitteilungen“ und der Kommission, Dr. Jürgen Zarusky, der auch diesen Band anfänglich begleitet hat. Seine Aufgaben zur Unterstützung der seit  tätigen Redakteurin Verena Brunel wurden von Dr. Yuliya von Saal übernommen. Auf russischer Seite gehören der Redaktion Dr. Viktor Iščenko und Dr. Natalia Timofeeva an. Die Kommission dankt den auf deutscher und russischer Seite beteiligten Ministerien für ihre nachhaltige Unterstützung, namentlich dem Außenministerium der Russischen Föderation und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Prof. Dr. Andreas Wirsching (Deutscher Co-Vorsitzender)

https://doi.org/./-

Prof. Dr. Aleksandr Čubar’jan (Akademiemitglied, russischer Co-Vorsitzender)

Jürgen Zarusky .. – .. Jürgen Zarusky, fast drei Jahrzehnte wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte und seit  Chefredakteur der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, wurde durch eine heimtückische Krankheit mitten aus einem Leben voller Arbeit, neuer Pläne und intensiver Kommunikation gerissen. Einen großen Teil seiner Kraft und Zeit widmete er Russland, seinen Freunden und Kollegen dort, wo ihm eine Art zweiter Heimat zugewachsen war. Schon in seiner Studienzeit engagierte sich Jürgen bei Amnesty International und etablierte engen Briefkontakt mit politischen Häftlingen in der Sowjetunion. Er lernte Russisch und beherrschte es bald fließend. Er reiste viel und gerne zuerst in die Sowjetunion und dann nach Russland, entwickelte sich zu einem der besten Kenner des Landes und hatte dort unzählige wissenschaftliche und persönliche Freunde. Dabei beschäftigte er sich nicht nur als Historiker mit der Geschichte des Landes, sondern er besaß stets ein leidenschaftliches Interesse und Verständnis für die russische Kultur, ihre Bräuche und Literatur. An der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Dialogs mit Russland zweifelte er zu keinem Zeitpunkt. Die Arbeit der Gemeinsamen Deutsch-Russischen Historikerkommission, der er angehörte, war für Jürgen Zarusky eine Herzensangelegenheit. Deren „Mitteilungen“ baute er systematisch zu einem Organ des historiografischen Wissenstransfers zwischen beiden Ländern auf. Sich nie zu schade, selbst Hand anzulegen, übersetzte er zahlreiche Beiträge der russischen Kollegen und Freunde und investierte viel Zeit und Kraft in die Redaktionsarbeit der „Mitteilungen“. Wissenschaftliche Aspekte und zwischenmenschliche Kontakte gingen dabei Hand in Hand; entsprechend umfangreich war sein Netzwerk von Kollegen und Freunden in Russland, aber auch in den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Die Mitglieder der Gemeinsamen Deutsch-Russischen Historikerkommission sowie seine vielen weiteren Kollegen und Freunde in beiden Ländern schätzten Jürgen für seine Prinzipientreue und Herzensgüte und seine Bereitschaft, immer und jederzeit behilflich zu sein. Jürgen ist in der Blüte seiner Schaffenskraft von uns gegangen – viele seiner Vorhaben und Pläne konnte er nicht mehr verwirklichen. Sein vorzeitiger Tod bedeutet einen unersetzlichen Verlust für die Arbeit der Kommission und für die Zusammenarbeit zwischen russischen und deutschen Historikerinnen und Historikern. Wir empfinden große Traurigkeit und werden Jürgen Zarusky stets ein bleibendes Angedenken bewahren. Andreas Wirsching

https://doi.org/./-

Kolloquium „Deutsche und sowjetische Gesellschaften im ersten Nachkriegsjahrzehnt. Traumata und Hoffnungen“ Bonn, . Juli 

Natalia Timofeeva Der schwere Weg nach Hause: Die Resozialisierung der „Ostarbeiter“ nach ihrer Rückkehr in die UdSSR – Im heutigen Deutschland gibt es eine ganze Forschungsrichtung, die sich mit der Geschichte der ausländischen Zwangsarbeit im „Dritten Reich“ befasst. Einen wichtigen Platz nehmen dabei die grundlegenden Arbeiten deutscher Historiker zum Schicksal der „Ostarbeiter“ und sowjetischen Kriegsgefangenen ein. Die russische Gesellschaft bedarf einer Auseinandersetzung mit der Problematik der Zwangsarbeit, von der einige Millionen Sowjetbürger betroffen waren. Dabei sollten sich die Historiker vor allem der Erforschung von Fragen zuwenden, vor denen die ausländische Wissenschaft aufgrund von Sprachbarrieren oder mangels Quellenzugang Halt gemacht hat. Zugleich würde ein Blick der russischen Forscher auf die Arbeiten ihrer deutschen Kollegen die einheimische Geschichtswissenschaft in dieser Frage zweifellos bereichern, wobei Forschungsimpulse gesetzt und neue Aspekte dieser Thematik in das Blickfeld der Wissenschaftler rücken würden. In Russland ist sie nach wie vor nur fragmentarisch untersucht. Nachdem sie lange Zeit „Figuren des Verschweigens“ geblieben waren, sind die „Ostarbeiter“ im Grunde genommen aus der Sphäre der wissenschaftlichen Erkenntnisse, aber auch aus dem öffentlichen und privaten kulturellen Gedächtnis verdrängt worden. Zur Verteidigung der russischen Geschichtswissenschaft dürfen allerdings die Arbeiten von Pavel Poljan sowie die  erschienene fundamentale Monografie von Viktor Zemskov, in der er einige wichtige Fragen zur Repatriierung sowjetischer Bürger in den Jahren  bis  detailliert beleuchtet, nicht unerwähnt bleiben. Bis heute bleibt das schwierige Thema der Resozialisierung der nach Deutschland verschleppten So





Siehe z. B. Ulrich Herbert: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. Berlin/Bonn ; Christian Streit: Keine Kameraden. Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen –. Bonn ; Nicolas Apostolopoulos, Cord Pagenstecher (Hrsg.): Erinnern an Zwangsarbeit. Zeitzeugen-Interviews in der digitalen Welt. Berlin . Siehe: E. L. Dančenko: Zabytye žertvy vojny: „vostočnye rabočie“ v sovremennoj rossijskoj pamjati. In: Natal’ja P. Timofeeva (sost., otv. red.): «Svoj – drugoj – čužoj»: paradoksy vzaimovosprijatija russkich i nemcev v kontekste istorii XX v. Materialy konferencii. Voronež , S. –. Siehe: Pavel M. Poljan: Žertvy dvuch diktatur. Žizn’, trud, uniženija i smert’ sovetskich voennoplennych i ostarbajterov na čužbine i na rodine. Moskva ; Victor N. Zemskov: Vozvraščenie sovetskich peremeščennych lic v SSSR, – gg. Moskva . Die Monografie zeugt allerdings davon, dass die zahlreichen Arbeiten deutscher Forscher über die Zwangsarbeit von

https://doi.org/./-

Der schwere Weg nach Hause



wjetbürger nach deren Rückkehr in die Heimat außerhalb des Blickfelds der Forschung. Der vorliegende Aufsatz ist ein Versuch der Formulierung und Interpretation dieses Themas, basierend auf Material aus russischen Archiven sowie einem beträchtlichen Bestand an narrativ-biografischen Interviews, die sowohl von Mitarbeitern des Regionalzentrums für Oral History in Voronež geführt wurden, als auch im Online-Archiv „Zwangsarbeit –. Erinnerungen und Geschichte“ abrufbar sind. Die Rückführung von Sowjetbürgern in die Heimat nach Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgte auf der Grundlage der Vereinbarungen von Jalta (..) und Halle (..), laut denen alle Bürger der Sowjetunion, unabhängig von ihren eigenen Wünschen, der Repatriierung in die UdSSR unterlagen. Der Großteil der Sowjetbürger, die bis zur Befreiung überlebt hatten, wollte jedoch – trotz der für viele unerwarteten feindseligen Haltung der sowjetischen Soldaten bei der ersten Begegnung – zurück nach Hause. Vladimir Naumov erinnert sich: Wir sahen schon russische Soldaten, fühlten uns schon fast zu Hause, schrien „Hurra!“, und plötzlich sahen wir, wie unsere Soldaten uns zur Antwort schweigend mit den Fäusten drohten . . . Dann gab es Verhöre, Kontrollen, Filtration und erst danach – die Rückkehr in die Heimat.

Die Flucht von Repatrianten aus Lagern, in denen sie vor ihrer Verschickung in die Heimat untergebracht waren, war keine Seltenheit. Die geringschätzige Haltung der Soldaten, die





 



Sowjetbürgern im nationalsozialistischen Deutschland sich praktisch vollständig außerhalb des Blickfelds des Autors befanden. Erstmals wurde dieses Thema  von der von mir betreuten Doktorandin am Lehrstuhl für Ausländische Geschichte der Staatlichen Pädagogischen Universität Voroneż, E. V. Rjažskich, in einem Vortrag auf der Konferenz „Ustnaja istorija v sovremennych social’no-gumanitarnych issledovanijach: teorija i praktika“ (Oral History in den modernen Sozial- und Geisteswissenschaften: Theorie und Praxis) präsentiert. Diese Konferenz wurde von der Nationalen W. N. KarasinUniversität Charkiv veranstaltet. Das Regionalzentrum für Oral History, aktuelle Bezeichnung – „Oral History Zentrum für Forschung und Lehre“, ist in die Strukturen des Instituts für Hochtechnologie Voronež (VIVT) eingebettet. Es handelt sich um Interviews, die im Rahmen des internationalen Projekts „Biografische Dokumentation der Sklaven- und Zwangsarbeit in NS-Deutschland“ geführt wurden. URL: https://www.zwangsarbeit-archiv.de/ru W. I. Naumov: Vspominaja perežitoe. In: Natal’ja P. Timofeeva (sost., nauč. red.): „Detstvo u menja bylo. . . “ Obraz koncentracionnogo lagerja v vospominanijach byvšich nesoveršennoletnich uznikov. Voronež , S. . „Personen, die von den Armeeeinheiten kommen, beschweren sich darüber, dass man ihnen in den Einheiten keine Zeit zum Packen gelassen hat und dass sofort aufgesessen und ins Lager gefahren werden muss, wodurch die Menschen ihre Sachen bei den Einheiten lassen. Auf derartige Vorkommnisse stößt man leider sehr häufig.“ Der Politoffizier des Lagers , Oberstleutnant Prjadichin, an den stellvertretenden Leiter der Verwaltung für Repatriierung und Suche von Staatsbürgern der Vereinten Nationen bei der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland, Garde-Oberst Pisarenko, . Aug. . Staatsarchiv der Russischen Föderation (künftig GARF), f. P-, op. , d. , l. .



Natalia Timofeeva

kümmerlichen Rationen , das niedrige Arbeitsentgelt für Heimkehrer und, schließlich die Unterbringung und Arbeit unter haftähnlichen Bedingungen – all das rief Assoziationen mit der jüngsten Vergangenheit hervor und führte zu Enttäuschung und Depression bis hin zum Selbstmord. Noch schwieriger war die Lage der Frauen. Von den Vertretern der Repatriierungsabteilungen der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland initiierte Überprüfungen offenbarten Beischlaf von Heimkehrerinnen mit Offizieren, die ihre dienstliche Stellung missbrauchten. Den meisten Repatrianten blieb jedoch die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihren Angehörigen, die in einem geregelten Strom Briefe mit dem Appell nach Deutschland schickten, in die Heimat zurückzukehren. Kaum jemand von ihnen konnte sich jedoch vorstellen, was sie in dem vom Krieg gezeichneten Land erwarten würde. Der Wunsch, ihre Angehörigen nach langer, unfreiwilliger Trennung wiederzusehen, führte zu einer Idealisierung der sowjetischen Vorkriegsrealität und zu einer entsprechenden Erwartungshaltung. Die Hoffnung auf Rückkehr, die den Menschen geholfen hatte, in der Unfreiheit zu überleben, wurde von einem unbegründeten Vertrauen in die Zukunft nach der Rückkehr abgelöst. 





  



„[. . . ] die Großküche für Heimkehrer ist in einem der Räume des Gefängnisses eingerichtet. Es gibt Fälle, in denen der Leiter der Kantine ohne Erlaubnis des Kommandanten und ohne Abstimmung mit dem Verpflegungsoffizier den Speiseplan ändert, was den Diebstahl von Lebensmitteln ermöglicht.“ Schriftlicher Bericht des Chefinstrukteurs der Abteilung für Politische Aufklärung bei der Verwaltung für Repatriierungsangelegenheiten der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (GSBT), Major Loginov, an den Leiter der Abteilung für Politische Aufklärung bei der Verwaltung für Repatriierungsangelegenheiten der GSBT in Deutschland, Garde-Oberst Pisarenko, vom . Aug. . Ebd., l. . „Zahlungen werden willkürlich vorgenommen. Es gibt keine feste Besoldungsordnung, wem wie viel auszuzahlen ist.“ Meldung von Oberst I. S. Volkov an den Leiter der Verwaltung für Repatriierungsangelegenheiten der GSBT, Generalleutnant Veršinin. Februar . Ebd., d. , l. . Das Lager Nr.  (Stadt Brandenburg) zum Beispiel „war mit einigen Reihen Stacheldraht umzäunt und stand unter verstärkter Bewachung“. Siehe: Verwaltung des Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten. Generalleutnant Golubev an den Militäroberstaatsanwalt der Streitkräfte der UdSSR, Generalleutnant Afanas’ev, . Juli . Ebd., d. , l. . Ebd., d. , l. . Siehe z. B. Protokoll vom . Juni . GARF, f. , op. , d. , l.  f. So beseitigte ein kurzer Brief, den V. V. Ukrainskaja von ihrer Mutter erhielt, ihre Zweifel und trug zu ihrer Entscheidung bei, in die Sowjetunion zurückzukehren. Ihre Mutter schrieb: „Liebe Tochter, komm heim. Ich lebe, Tolik lebt. Wir wohnen in einem anderen Haus . . . “ Interview mit V. V. Ukrainskaja. Archiv des Oral History Zentrums für Forschung und Lehre des Instituts für Hochtechnologie Voronež (VIVT), f. „Biografičeskaja dokumentacija rabskogo i prinuditel’nogo truda v nacistskoj Germanii“ (Biografische Dokumentation der Sklaven- und Zwangsarbeit in NS-Deutschland). Ein Soldat, der den Weg bis nach Deutschland zurückgelegt hatte und V. V. Ukrainskaja dazu überreden wollte, ihn zu heiraten und mit ihm nach Kasachstan zu gehen, versuchte es mit folgenden Argumenten: „Du weißt nicht, was du dort vorfindest. In Russland ist alles zerstört, . . . Hunger, Kälte, Armut. Das kannst du dir nicht vorstellen.“ Ebd.

Der schwere Weg nach Hause



Nicht alle konnten gleich nach Hause zurückkehren. Ein erheblicher Teil der ehemaligen „Ostarbeiter“ wurde zur Arbeit in Armeeeinheiten herangezogen. Allein in der Beschaffungsabteilung der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland waren . Menschen beschäftigt. In einem Protokoll vom . Juni , das auf Grundlage der Ergebnisse einer Überprüfung erstellt wurde, die vom Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten, Generaloberst Filipp Golikov, veranlasst wurde, wird betont: Die Stimmung der sowjetischen Bürger ist im Wesentlichen gut; es gibt dankbare Äußerungen über die für sie geschaffenen vorteilhaften Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dessen ungeachtet hat die überwiegende Mehrheit der Sowjetbürger einen vordringlichen Wunsch – den Wunsch, unverzüglich nach Hause, in die Heimat, zu fahren, da alle der Repatriierung unterliegenden Sowjetbürger entgegen ihrem Willen zur Arbeit eingesetzt wurden. Es gibt niemanden, der aus freien Stücken den Wunsch geäußert hätte, in den genannten Viehzuchtbetrieben der Armee zu arbeiten.

In den Jahren  und  wurden gemäß einer Verordnung des Staatskomitees für Verteidigung und des Rates der Volkskommissare der UdSSR junge Repatrianten in Arbeitsbataillone in die sowjetische Industrie und zum Wiederaufbau der zerstörten Städte entsandt. Der Mobilisationscharakter der sowjetischen Wirtschaft blieb auch nach dem Ende des Krieges erhalten. Nach Meinung von Viktor Zemskov, der detaillierte Forschungen zu den Arbeitsbataillonen vorgelegt hat, wurden bis zum . Januar  . Personen dort eingeschrieben. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren so hart, dass von  Personen, die in einem der Bertriebe von „Glavgaztopprom“ arbeiteten, „innerhalb von zwei Monaten  die Flucht ergriffen“ Die Menschen sahen sich auch ob ihrer völlig entrechteten Lage zu drastischen Schritten veranlasst. Einem Schreiben von Heim   

Protokoll vom . Juni . GARF, f. , op. , d. , l. . Ebd., l. . Zemskov, Vozvraščenie sovetskich peremeščennych lic v SSSR, S. . Zu Repatrianten in Arbeitsbataillonen siehe S. –. Eingabe von Repatrianten, die dem Eisenbahnministerium zur Verfügung gestellt worden waren und auf dem Bahnhof Pererva auf der Bahnstrecke Moskau-Kursk arbeiteten, vom . Juli . GARF, f. P-, op. , d. , l. . Siehe auch die Erinnerungen der ehemaligen „Ostarbeiterin“ V. V. Ukrainskaja, die zum Wiederaufbau der Stadt Novorossijsk geschickt worden war: „Die Stadt lag in einer Senke, zwei Zementfabriken waren zerstört. Die ganze Stadt war kaputt, wir hatten Februar. Es war kalt, der Wind war fürchterlich. Wir fingen also an, bauten wieder auf. Sie haben uns Baracken ohne Türen und Fenster gegeben – nur mit Brettern verschlagen. Es gab dort irgendwelche Männer, Kriegsgefangene anscheinend, die hatten die Fenster verschlagen. Und da standen diese Betten, solche Holzpritschen, zweistöckig. Sucht euch einen Platz. Ohne Umziehen, ohne Schuhwechsel, gleich zur Arbeit, wir gingen zur Arbeit. Es gab einen Laib Brot und fertig. Verstehen Sie? Einen Laib Brot für zwei Tage, nichts Warmes (kurze Pause), ich weiß nicht mehr, kann mich nicht mehr erinnern. . . . Wir gingen in die Fabrik, dort waren Öfen. Die Männer haben die Öfen gesetzt und wir – wir haben die Hilfsarbeiten gemacht. Und wissen Sie, als ich diesen Horror sah, Kinder – sie waren halbtot. . . . Fürchterlicher Hunger. Sie lagen einfach da. Sie haben unter den Rampen Getreide gesammelt, ich habe das schon erzählt. Hunger. Nichts zu Beißen. Verstehen Sie, die Leute gingen weg. Ich hab mir gedacht, ich hau ab.“ Interview mit V. V. Ukrainskaja.



Natalia Timofeeva

kehrern an den stellvertretenden Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten ist zu entnehmen, dass sie im Juni  noch immer nicht über Dokumente verfügten, die ihre Identität bestätigten und aufgrund ihres fehlenden Militärausweises nicht wussten, ob sie in der Wehrkartei erfasst waren. Aus einer Erklärung des Personalleiters geht hervor, dass diese Arbeiter nicht das Recht hatten, einer Gewerkschaft beizutreten. Sie wurden ohne Berücksichtigung ihrer Qualifikation eingesetzt, bekamen Überstunden nicht bezahlt, keinen kurzfristigen Urlaub zu Erholungszwecken und keine Ausgleichszahlungen genehmigt. Die Situation wurde durch die feindselige und verächtliche Haltung der lokalen Bevölkerung – einschließlich der Vorgesetzten – verschärft. Die Repatrianten schrieben: „Man weist uns eine Arbeit zu, bei der es nicht [möglich, N. T.] erscheint, genug für das eigene Existenzminimum zu verdienen – von anderen Dingen ganz zu schweigen. Wir werden erniedrigt und beleidigt, als Abtrünnige und Verräter bezeichnet, was uns tief in der Seele trifft.“ Die Absender des Schreibens baten den Bevollmächtigten für Repatriierungsangelegenheiten darum, „die obigen Unverschämtheiten“ zu unterbinden und ihnen „bei der Erlangung der vollen Rechte als Bürger der UdSSR“ behilflich zu sein. Der Apparat des Bevollmächtigten bemühte sich, die akuten Probleme zu lösen und schrieb Briefe an die Vertreter des Direktoriums und an die Fachministerien. Sie sollten darauf hinweisen, dass alle Fragen bezüglich der Repatrianten „wie: materielle Versorgung, Verschaffung von Arbeit im erlernten Beruf, Entlassung, Genehmigung von Urlaub usw. von der Betriebsverwaltung oder deren übergeordneten Instanzen auf der Grundlage der geltenden Gesetze für die gesamte Belegschaft geregelt werden“. Die Effektivität derartiger Schreiben war allem Anschein nach nicht besonders hoch. Dies zeigt sich am Beispiel des Schreibens eines Repatrianten aus einem Arbeitsbataillon in Baschkirien, der unter anderem die Beantwortung folgender Fragen forderte: a) Unsere Presse schrieb, dass am .., dem Tag des Sieges, der Jubel so groß war, dass völlig fremde Menschen auf Straßen und Plätzen einander umarmten und küssten. Warum ist uns und unseren Familien dieses Glück bis jetzt nicht vergönnt? b) Warum werden wir für die schwersten Tätigkeiten herangezogen und bekommen keine Arbeit, die unserer Ausbildung entspricht, wo es unter uns doch Leute mit Hochschulbildung gibt, darunter Pädagogen, Agronomen und überhaupt zuverlässiges Personal? Wenn es eine Regierungsentscheidung gibt, uns nur in der Produktion einzusetzen, wo steht sie geschrieben und warum wird sie uns nicht bekannt gegeben? c) Warum haben wir noch immer keine Ausweispapiere, ohne die wir nicht einmal die Möglichkeit haben, unseren Urlaub zu Hause im Kreise unserer Familien zu verbringen? d) Warum gibt es auf den Dokumenten, die den Repatriierten an anderen Orten ausgestellt wurden, einen Stempel mit dem Vermerk „Gültig nur in der Stadt soundso“? Dieses Dokument nimmt einem doch das Recht, den Ort, wohin man gebracht wurde, zu verlassen?  



Eingabe an den stellvertretenden Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten vom . Juni . GARF, f. , op. , d. , l. . Schreiben des Assistenten des Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten, Generalmajor Basilov, vom . Apr. . Ebd., d. , l. . Schreiben von B. I. Balaban an den Leiter der Unterbringungsabteilung bei der Verwaltung des Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten, Oberst Nikulin, vom . Mai . GARF, f. , op. , d. , l.  –  ob.

Der schwere Weg nach Hause



Bis  kehrten mehr als , Millionen Sowjetbürger in die UdSSR zurück. Die meisten von ihnen kamen in vom Krieg zerstörte Städte und Dörfer. Die Führung des Landes erließ einige wichtige Verordnungen: Bereits im Sommer  wurden „Repatrianten, die während des Vaterländischen Krieges in der Roten Armee dienten und zur Arbeit in der Industrie in Arbeitsbataillone entsandt wurden sowie ehemaligen Kriegsgefangenen der Mannschafts-, Unteroffiziers- und Offiziersgrade“, die an ihren ständigen Wohnsitz abkommandiert wurden, Vergünstigungen zuerkannt, wie sie im Gesetz „Über die Demobilisierung der älteren Jahrgänge des Personalbestands der aktiven Armee“ vorgesehen waren, das am . Juni  vom Obersten Sowjet der UdSSR verabschiedet worden war. Zu diesen Vergünstigungen zählten „Transfer und Verpflegung bis zum ständigen Wohnsitz auf Kosten des Staates“ [laut Originaldokument, N. T.], Erhalt eines Arbeitsplatzes innerhalb eines Monats ab dem Tag der Heimkehr, Unterstützung für in ländliche Gegenden Zurückgekehrte beim Erhalt eines Arbeitsplatzes und bei der Einrichtung eines Hausstands, Zuweisungen aus dem Holzschlagkontingent für den Einschlag von Bauholz für Heimkehrer in zeitweilig besetzte Gebiete, sowie die Vergabe von Darlehen an Bedürftige für Bau und Sanierung von Wohngebäuden in Höhe von . bis . Rubel und einer Laufzeit von  bis  Jahren». Bei der Zuweisung einer Arbeit sollten alle Repatrianten nur in ihrem erlernten Beruf eingesetzt werden. Invaliden hatten einen Anspruch darauf, aus einem Betrieb oder einer Institution auszuscheiden, um nach Hause umzuziehen, wenn sie aus irgendeinem Grund eine Arbeit nicht an ihrem ständigen Wohnsitz erhalten hatten. Die Gesamtzahl der Berufsjahre der ehemaligen „Ostarbeiter“ blieb erhalten. Gemäß Verordnung Nr. - des Ministerrats der UdSSR wurden kinderreichen und alleinstehenden Müttern staatliche Beihilfen ab dem Tag ihrer Ankunft in der UdSSR bewilligt und ausgezahlt. In der Weisung des Generalstaatsanwalts der UdSSR Grigorij Safonov an die Staatsanwälte der Republiken, Regionen und Gebiete vom .. wurde nicht nur die Rechtsgleichheit der in die Heimat Zurückgekehrten mit den anderen Bürgern der Sowjetunion betont, sondern auch pauschale Misstrauensbekundungen gegenüber den Repatriierten sowie „unbegründete Arbeitsentlassungen von ehemaligen Kriegsgefangenen und zwangsverschleppten Sowjetbürgern“ verurteilt. Die Situation änderte sich jedoch nur langsam. Die Wirklichkeit der Heimkehrer wich erheblich vom festgelegten Rechtsmodell ab, das beispielsweise in der Radiopropaganda und in speziellen Sendungen für ehemalige, noch im Ausland befindliche Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion eine gewisse Rolle spielte. Die rechtlose Lage der Rückkehrer in die Heimat führte die Repatrianten   

 



Zemskov, Vozvraščenie sovetskich peremeščennych lic v SSSR, S. . GARF, f. , op. , d. , l. . Invalide Repatrianten hatten hier den gleichen Anspruch wie Kriegsinvaliden des Vaterländischen Krieges. Siehe Verordnung Nr.  vom . Okt.  des Rats der Volkskommissare der UdSSR. URL: www.lawrussia.ru/texts/legal_/docax.htm Poljan, Žertvy dvuch diktatur, S. . Kopie der Direktive Nr. /c des Generalstaatsanwalts der UdSSR, Gen. Safonov, „Über den Schutz der gesetzlichen Rechte repatriierter Sowjetbürger“ vom . Mai . GARF, f. P-, op. , d. , l. . Die Arbeitsbataillone wurden  offiziell aufgelöst.



Natalia Timofeeva

zu dem Schluss, dass es in der UdSSR geheime Verordnungen gab, die ihre Rechte einschränkten. Die Probleme, die die Heimkehrer auf sich allein gestellt lösen mussten, sprengten bei Weitem den Rahmen der offiziellen Dokumente und Beziehungen. Das Interviewmaterial legt akute Probleme im Resozialisierungsprozess der ehemaligen „Ostarbeiter“ offen. Dazu zählten die Wiederaufnahme früherer und das Knüpfen neuer sozialer Kontakte, die Partnersuche zur Familiengründung, aber auch die Arbeitsbeschaffung und Erlangung einer entsprechenden Ausbildung. Einen zentralen Platz nahm auch die Wiederherstellung der Gesundheit ein. Der Erfolg der Resozialisierung hing einerseits von Staat und Gesellschaft, andererseits aber auch von den persönlichen Eigenschaften der Repatrianten sowie von ihren kommunikativen und kognitiven Fähigkeiten ab. Die Einstellung in der Gesellschaft gegenüber den aus Deutschland Zurückgekehrten war keineswegs eindeutig. Auf dem Land begegnete man den Repatrianten in aller Regel mit Wohlwollen. Man half ihnen, ihren verlorenen Hausstand wiederherzustellen und bot ihnen Obdach an, sofern dies notwendig war. Die Menschen im Dorf, die die Besatzungszeit miterlebt hatten, wussten sehr genau, wie die Verschleppungen abgelaufen waren. Man erinnerte sich an das eigene Dasein in Unfreiheit und die Zwangsarbeit für den Feind. Darüber hinaus genossen Personen, die sich in den Kriegsjahren auf besetztem Gebiet aufgehalten hatten, auch nicht gerade das Vertrauen der sowjetischen Nachkriegsführung. Bei Antritt einer Arbeit musste jeder einen Fragebogen ausfüllen, in dem unter anderem auch die Frage beantwortet werden musste, ob sich die Person selbst oder ein Familienmitglied unter der Besatzung befunden hatte. Diese vergleichbare Lage erleichterte den Heimkehrern die Kommunikation mit ihren Mitmenschen im Dorf. Die Städter empfingen die aus Deutschland zurückgekehrten Landsleute häufig anders. Für V. Ukrainskaja war die neue Adresse ihrer Mutter eine große Überraschung: Ich dachte mir, warum nicht diese Adresse . . . Ich kam heim nach Schachty und suchte dort meine Mutter, aber meine Mutter war nicht da. Wo ist denn meine Mutter? Und eine Nachbarin sagte zu mir: „Man hat deine Mutter aus der Wohnung geworfen.“ Ich sagte: „Was heißt, aus der Wohnung geworfen?“ „Du warst doch in Deutschland. Deine Mutter hat man aus der Wohnung geworfen, weil du in Deutschland warst.“ Und ich sagte: „Was kann ich denn dafür, dass Krieg war?“ „Weil ihr für die Deutschen gearbeitet habt.“

Viele ehemalige „Ostarbeiterinnen“ erinnern sich mit Bitterkeit, wie ihnen bei jedem Zerwürfnis mit den Nachbarn von der Gegenseite das Argument des Beischlafs mit den deut-





Schreiben von B. I. Balaban an den Leiter der Unterbringungsabteilung bei der Verwaltung des Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten, Oberst Nikulin, vom . Mai . GARF, f. , op. , d. , l. . Interview mit V. V. Ukrainskaja. Der ehemalige Kriegsgefangene S. M. Žučkov beantragte die Rückgabe der Wohnfläche, der ihm im Dorf Brynkovo, Gebiet Moskau, aus dem gleichen Grund weggenommen worden war. Siehe Schreiben des Assistenten des Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten, Oberst Kiselev, an den Staatsanwalt der Stadt Moskau. GARF, f. , f. , d. , l. .

Der schwere Weg nach Hause



schen Feinden in den Jahren der Zwangsarbeit in Deutschland entgegengehalten wurde. Frauen, die eine Ehe eingingen, benutzten die Gelegenheit, ihren Namen zu ändern und sich von ihrer eigenen Biografie zu distanzieren, besonders dann, wenn ihre Verheiratung mit einem Wohnortwechsel verbunden war. Männer, die oft übereilt eine Familie gründeten, zogen es vor, nicht über ihr erlittenes Trauma zu sprechen und blieben in ihrer Ehe einsam. Umso mehr wurden die Erfahrungen der Eltern vor den Kindern verborgen. Dieses Schweigen führte zu einem Bruch der intergenerationalen Bindungen und Kälte in den familiären Beziehungen. Es ist anzumerken, dass viele Frauen nach der Zwangsarbeit in Deutschland mit einer Störung ihrer Fortpflanzungsfähigkeit – ihre Kinder kamen tot oder lebensunfähig zur Welt, aber auch mit Unfruchtbarkeit konfrontiert waren. Durch die schwere körperliche Arbeit in der UdSSR nach der Repatriierung verschärfte sich die Situation. Meistens suchten Repatrianten Arbeit über Bekannte, wobei sie ihre Vergangenheit verschwiegen und praktisch jede Arbeit annahmen. Es sind jedoch auch Fälle bekannt, in denen sich jemand hilfesuchend an den Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten wandte. A. Solovov aus der Kosakensiedlung Timoševsk in der Region Krasnodar, legte beispielsweise Beschwerde ein, weil er nicht nur keiner pädagogischen Tätigkeit nachgehen durfte, sondern auch aus dem Komsomol ausgeschlossen worden war. Hier sollen die Bemühungen des Apparats des Bevollmächtigten bei der Lösung der Probleme von Heimkehrern, deren Lebenslage es häufig nicht zuließ, Zeit zu verlieren, nicht unerwähnt bleiben. Viele waren in ihrer Familie der Alleinverdiener, halfen ihren jüngeren Geschwistern „auf die Beine“ und übernahmen die Pflege ihrer kranken Eltern. Die überstandene Besatzung wirkte sich auf die Gesundheit der nahen Verwandten aus, die eigenen Gesundheitsprobleme der Repatrianten traten in den Hintergrund. Die ehemaligen „Ostarbeiter“ kamen aus verschiedenen Bildungsschichten und hatten unterschiedlichen Zugang zu Bildung. Wer keine Unterstützung durch die Familie erhielt, schloss im besten Fall die Grundschule ab, was vor allem auf Frauen zutraf. Ein Teil der Respondenten verfügte über eine mittlere technische Ausbildung. Es gab allerdings auch



 

 



Näheres siehe Interview mit A. F. Zolotoreva. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/de/ interviews/za; siehe auch Interview mit L. T. Grišaeva. URL: https://archiv.zwangsarbeitarchiv.de/de/interviews/za Interview mit L. T. Grišaeva. Interview mit V. V. Ukrainskaja. Siehe auch Interview mit der ehemaligen Gefangenen des Konzentrationslagers Auschwitz Ol’ga Kuprijanovna Lisačuk. In: Natal’ja P Timofeeva (sost., otv. red.): Lagernyj opyt russkich i nemcev – vozmožnosti i predely sovmestnych vospominanij. Voronež , S. –. Interview mit L. T. Grišaeva. Der Assistent des Bevollmächtigten des Ministerrats der UdSSR für Repatriierungsangelegenheiten, Oberst Kiselev, an die Personalverwaltung des Ministeriums für Bildung der RSFSR. GARF, f. , op. , d. , l. . Siehe Interview mit E. I. Kudinova. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/de/interviews/ za



Natalia Timofeeva

solche, die trotz Zwangsarbeit in Deutschland einen Hochschulabschluss erlangen konnten. Noch lange nach ihrer Rückkehr in die Heimat standen die ehemaligen „Ostarbeiter“ unter der Beobachtung der sowjetischen Organe für innere Angelegenheiten. Einbis zweimal im Monat mussten sie bei den entsprechenden Stellen erscheinen. Obwohl viele der Respondenten von Anwerbungsversuchen als Informant/in berichteten, wurde der Kontakt mit den Organen für innere Angelegenheiten von ihnen nur sehr ungern bestätigt. Dennoch gab es derartige Eingeständnisse. Die Eskalation des Kalten Krieges und der beginnende Kampf gegen den Kosmopolitismus schürten Argwohn und Misstrauen in der Gesellschaft, was zur Stigmatisierung der Repatrianten beitrug. Verwandte und Bekannte weigerten sich, mit den ehemaligen Zwangsarbeitern zu korrespondieren, wenn sich diese noch jenseits der sowjetischen Staatsgrenzen befanden. Die Angst der Sowjetbürger, es könnten ihnen „Verbindungen mit dem Ausland“ zur Last gelegt werden, führte bisweilen zum Abreißen sozialer Kontakte und zur Isolation der Repatriierten, die nicht einmal in ihren eigenen Familien Hilfe oder Mitgefühl suchten. Auch bewirkte das gemeinsam Erlebte nicht den Zusammenschluss derjenigen, die noch kurze Zeit zuvor Zwangsarbeiter gewesen waren. Im Gegenteil, sie vermieden geflissentlich den Kontakt zu ihren Leidensgenossen und erkannten sie bei Zufallsbegegnungen demonstrativ nicht wieder. Das Interviewmaterial liefert allerdings den Beweis dafür, dass die ehemaligen „Ostarbeiter“ die gemeinsamen Erfahrungen in der Unfreiheit nicht vergessen haben. Bei der ersten Gelegenheit, beginnend in den er-Jahren, machten einige von ihnen ihre Schicksalsgefährten ausfindig und hielten den Kontakt zu ihnen bis zum Lebensende der Mitglieder dieser Mikrogesellschaft aufrecht. Die Resozialisierung der ehemaligen Zwangsarbeiter nach ihrer Repatriierung in die UdSSR ging mit einem unfreiwilligen Konformismus und der schmerzhaften Verdrängung der traumatischen Erinnerungen an die Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Deutschland einher. Das Interviewmaterial offenbart bei vielen von ihnen eine mit den Besonderheiten des Resozialisierungsprozesses verbundene dissoziative Spaltung, das heißt, eine psychische Schutzreaktion – das Bestreben, den seelischen Schmerz zugunsten des Überlebens zu betäuben und die eigene Funktionalität zu bewahren. In Anbetracht der Vielzahl und Heterogenität der vom Krieg betroffenen Gruppen von Sowjetbürgern kann von Dissoziation als Komponente der kulturellen Norm eines Teils der sowjetischen Nachkriegsgesellschaft ausgegangen werden. Umso mehr, als das Leben in der Sowjetunion der Nachkriegszeit nicht gerade einfach war.









Siehe Interview mit Ju. I. Choržempa. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/de/ interviews/za. Siehe auch Naumov, Vspominaja perežitoe, S. . Siehe Interview mit M. D. Selezneva. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/de/interviews/ za Entwurf eines Beschlusses des ZK des Komsomol vom . Feb. . Russisches Staatsarchiv für sozialpolitische Geschichte (RGASPI), f. , op. , d. , l. . Siehe Interview mit E. I. Kudinova.

Angelika Königseder Zur Situation der jüdischen DPs Bei der Befreiung Deutschlands stießen die alliierten Streitkräfte im Jahr  auf bis zu zehn Millionen sogenannter Displaced Persons (DPs). Der offiziellen Definition zufolge handelte es sich dabei um alle „Zivilisten außerhalb der Grenzen ihrer Heimatstaaten“, die infolge des Zweiten Weltkriegs aus ihrer Heimat durch Kriegseinwirkungen und deren Folgen vertrieben, geflohen oder verschleppt worden waren. In der Praxis fielen darunter ehemalige Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und befreite Konzentrationslagerhäftlinge, nicht jedoch deutsche Flüchtlinge und Vertriebene. Auch die befreiten deutschen, österreichischen und ungarischen Juden als Angehörige der ehemaligen Feindstaaten wurden anfänglich nicht als DPs anerkannt. Unter den Millionen von DPs befanden sich zwischen . und . jüdische Überlebende, eine verhältnismäßig kleine Gruppe, die aber besonderer Fürsorge bedurfte. Die meisten von ihnen konnten wegen ihres schlechten Gesundheitszustands nicht in ihre Heimatländer repatriiert werden. Besonders schwierig gestaltete sich die Situation für die Juden osteuropäischer Herkunft. Aufgrund der politischen Veränderungen in dieser Region wollten und konnten viele nicht mehr nach Hause zurückkehren. Einige von ihnen brachen zwar auf der Suche nach überlebenden Familienangehörigen in Richtung Osteuropa auf, da diese Suche jedoch in den meisten Fällen ergebnislos verlief, kehrten sie nach Deutschland und Österreich zurück. Dort richteten die westlichen Besatzungsmächte – vor allem die USA – Unterbringungsmöglichkeiten für Displaced Persons ein, sogenannte DP-Camps. Sie bestanden aus ehemaligen Kasernen, Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeitslagern, Industriearbeitersiedlungen, Zeltkolonien, Hotels, Sanatorien, Schulen und Ähnlichem. Die Lager Landsberg am Lech, Feldafing, Belsen-Hohne oder Eschwege etwa waren ehemalige deutsche Kasernen. Für Lampertheim, Zeilsheim und Berlin-Mariendorf wurden Wohnhäuser beschlagnahmt und die deutschen Bewohner evakuiert. In Stuttgart „West“ zogen die DPs in Appartementhäuser in der Reinsburgstraße, das Lager in Stuttgart-Degerloch war ein auf einer Anhöhe gelegenes ehemaliges Sanatorium. Das Karwendelhotel in Mittenwald/ Garmisch diente als DP-Lager, das Hotel Elisabeth in Feldafing am Starnberger See als jüdisches DP-Krankenhaus. In St. Ottilien (bei Landsberg) wurde ein Kloster zum DPLager umfunktioniert. Föhrenwald war eines dieser mehr als  jüdischen DP-Lager, die nach dem Krieg in Deutschland eingerichtet wurden, und gehörte zu den größten und bekanntesten. Entstanden war diese Arbeitersiedlung  für die Arbeiter der Deutschen Sprengchemie 

Wolfgang Jacobmeyer: Vom Zwangsarbeiter zum Heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland –. Göttingen , S.  f.

https://doi.org/./-



Angelika Königseder

GmbH und der Dynamit Aktien-Gesellschaft. Die kleinen Reihenhäuschen boten verhältnismäßig gute äußere Bedingungen, die auch ein gewisses Maß an Privatsphäre zuließen, und erforderten keine Umbaumaßnahmen. Dennoch war es für die entwurzelten jüdischen Überlebenden des nationalsozialistischen Völkermords ein regelrechter Schock, nach der Befreiung wiederum in der Atmosphäre eines Lagers einer völlig ungewissen Zukunft entgegenzusehen. Jacob Biber beschreibt seine ersten Erfahrungen im DP-Lager Föhrenwald: Ich hatte gedacht, dass dieser Ort hier eine schnelle Durchgangsstation für uns sein würde, eine Möglichkeit, um uns Energie und Lebenskraft wiederzubringen, aber das Wort „Lager“ ließ mein Herz wieder angstvoll schlagen. [. . . ] In Föhrenwald wurde unsere Gruppe von der Küche zu den uns zugewiesenen Quartieren geleitet. Überlebende jeden Alters mit zerrissenen Kleidern oder KZ-Anzügen liefen an uns vorüber. [. . . ] Andere Überlebende, die vor uns angekommen waren, luden uns in ihre überfüllten Quartiere ein. [. . . ] Die erste Nacht haben wir viel Information über die Todeslager ausgetauscht, und wir haben auch erfahren, dass noch niemand aus dem Lager Föhrenwald verlegt worden war. Unser Aufenthalt würde nicht morgen enden, vielleicht auch nicht nächste Woche oder nächsten Monat, etwas, was wir nicht erwartet hatten. [. . . ] Wir waren sehr müde nach diesem langen, heißen und anstrengenden Tag und Abend. [. . . ] Für uns war der Schlaf aber kein Aufatmen, sondern ein Wiedererleben der Tragödie in unseren Alpträumen. Sobald ich einschlief, quälten mich die grausamen Geschichten der dürren Konzentrationslagerüberlebenden. [. . . ] Ich konnte Nacht für Nacht nicht schlafen. [. . . ] Die Atmosphäre des Eingesperrt-Seins bewirkte ein ständiges Wiedererleben der Szenen aus unserer fürchterlichen Vergangenheit.

Seit dem Spätsommer  kamen Juden aus Osteuropa, vorwiegend aus Polen, in die DP-Lager in Deutschland und Österreich. Die Ursachen für diese Flucht lagen in den unzumutbaren Bedingungen, die die jüdischen Überlebenden im Nachkriegspolen vorfanden. Wenige Monate nach der Befreiung lebten noch etwa . von ehemals , Millionen Juden in Polen. . waren als Soldaten mit der polnischen Armee aus der Sowjetunion zurückgekehrt; die restlichen . setzten sich aus KZ-Überlebenden, aus ehemaligen Partisanen und aus Juden, die versteckt im Untergrund überlebt hatten, zusammen. Außerdem waren einige Juden nach Polen zurückgekehrt, die in anderen Ländern befreit worden waren und hofften, in Polen ihre Familienangehörigen wiederzufinden. Meist handelte es sich um die einzigen Überlebenden von ehemals großen Familienverbänden, die auf der verzweifelten Suche nach ihren Verwandten und ihrem Hab und Gut waren. Das Land aber glich einem riesigen jüdischen Friedhof; die einstmals bedeutenden jüdischen Gemeinden waren ausgelöscht, Synagogen und Grabstätten verwüstet. Die Rückkehr war ein regelrechter Schock, der fatale Auswirkungen auf den psychischen Regenerierungsprozess der Befreiten hatte. Viele hatte lange Zeit der Glaube am Leben erhalten, dass die Welt sie nach ihrer Befreiung mit offenen Armen aufnehmen und ver-







Vgl. dazu Holger Köhn: Die Lage der Lager. Displaced Persons-Lager in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands. Essen , S.  ff. Jacob Biber: Risen from the Ashes. A Story of the Jewish Displaced Persons in the Aftermath of World War II. Being a Sequel to Survivors. San Bernardino , S.  ff. Yehuda Bauer: Flight and Rescue: Brichah. New York , S. .

Zur Situation der jüdischen DPs

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suchen würde, das erlittene Unrecht wiedergutzumachen. Stattdessen erfuhren sie eine erneute und völlig unerwartete Demütigung. Simon Schochet aus dem DP-Lager Feldafing bei München schildert in seinen Erinnerungen die Rückkehr seines Freundes Avraham in seine  Kilometer südlich von Warschau gelegene Geburtsstadt. Er hatte gehofft, Überlebende aus seiner großen Familie zu finden, außerdem fühlte er sich seiner Heimatstadt sehr verbunden, weil seine Familie dort seit Generationen angesehen gelebt hatte. Die Bewohner erkannten ihn bei seiner Rückkehr sofort. Er konnte kaum seine Frage nach dem Verbleib seiner Familienangehörigen beenden, als sie ganz erstaunt riefen: „Avraham, du lebst noch?“ Von seiner Familie hatte niemand etwas gehört, blitzschnell aber machte das Gerücht die Runde, er sei gekommen, um den Familienbesitz wieder zu übernehmen. Je länger er Nachforschungen über seine Familie anstellte, desto feindlicher verhielten sich die ehemaligen Nachbarn. Einer bemerkte ironisch, er sei der Meinung gewesen, Hitler hätte alle Juden umgebracht; ein anderer empfahl ihm, die Stadt zu verlassen, da seine Sicherheit nicht garantiert werden könnte. Avraham kam dieser Aufforderung nach. Zu der ergebnislosen Suche nach Familienangehörigen kam die Weigerung vieler Polen, den Juden ihr Eigentum zurückzugeben. Damit waren sie jeglicher Möglichkeit eines wirtschaftlichen Neubeginns beraubt. Wolf Laper zum Beispiel war in Wieliczka bei Krakau geboren und hatte den Krieg versteckt in den Wäldern überlebt. Als er im März  versuchte, seinen Wäschereibetrieb zurückzuerhalten, beschied man ihm, dass die Prüfung seiner Identität Jahre dauern würde. Kurze Zeit später gab ihm die polnische Untergrundarmee Armija Krajowa  Stunden Zeit, das Land zu verlassen. Die örtliche Polizei gewährte ihm keinen Schutz. Es sei sein eigenes Risiko, ob er bleibe oder nicht. Am . November  verließ Wolf Laper Krakau in Richtung Berlin. Als größtes Problem aber stellte sich der wiederauflebende Antisemitismus im Nachkriegspolen heraus, vor dem die Regierung die jüdische Bevölkerung nicht schützen konnte. Die von der Sowjetunion unterstützte kommunistisch-sozialistische Regierung besaß wenig Rückhalt in der Bevölkerung und konnte dem gewalttätigen Treiben der im Untergrund agierenden Armia Krajowa und Narodowe Sily Zbrojne kaum Einhalt gebieten. Beide Organisationen waren antisemitisch ausgerichtet und warben um Unterstützung mit der Behauptung, die neue polnische Regierung sei eine jüdisch-bolschewistische Verschwörung gegen das polnische Volk. Tatsächlich waren Juden im Vergleich zu ihrer Bevölkerungszahl überproportional in der Regierung vertreten. Mit Jakub Berman und Hilary Minc als Innen- bzw. Wirtschaftsminister amtierten zwei Juden in hohen Positionen. Dass sich beide als überzeugte Kommunisten längst vom Judentum entfernt hatten und auch kaum für ihre Glaubensbrüder eintraten, spielte für die antisemitische Propaganda keine Rolle: Das ungeliebte neue Regime wurde mit den Juden gleichgesetzt.

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Simon Schochet: Feldafing. Vancouver , S.  f. Captain Mautner to Colonel Hohenthal. Report on the Jewish Situation in Poland,  Jan. , S. , . Office of Military Government for Germany, US (OMGUS) /–/. Yehuda Bauer: Out of the Ashes. The Impact of American Jews on Post-Holocaust European Jewry. Oxford , S.  f.



Angelika Königseder

Seit dem Rückzug der deutschen Wehrmacht kam es in zahlreichen polnischen Städten zu pogromartigen Ausschreitungen. Im Juli  etwa bewarfen Kinder in Krakau Synagogenbesucher mit Steinen. Als ein polnisch-jüdischer Soldat den Kindern Einhalt gebieten wollte, schrien diese lautstark und behaupteten, die Juden wollten sie töten. Daraufhin rottete sich eine Menschenmenge vor der Synagoge zusammen, stürmte sie und setzte sie in Brand. Zehn Juden wurden dabei getötet und  schwer verletzt. Über die schlechten wirtschaftlichen Bedingungen, die unsichere politische Situation und die antisemitischen Ausschreitungen waren die polnischen Juden, die nach dem deutschen Überfall auf Polen im September  und knapp zwei Jahre später auf die Sowjetunion Zuflucht in der Sowjetunion gesucht hatten, nicht informiert. Schätzungen zufolge entkamen etwa . polnische Juden der nationalsozialistischen Verfolgung durch ihre Flucht in die Sowjetunion. Nach dem . September  waren ungefähr . Juden aus dem deutsch besetzten Teil Polens in den sowjetischen geflohen. Zunächst unterschieden die Sowjets in den annektierten polnischen Gebieten nicht zwischen Einheimischen und Flüchtlingen. Im Frühjahr  allerdings begannen sie, Letztere zu „sowjetisieren“: Sie sollten ihre polnische Staatsbürgerschaft ablegen und sowjetische Pässe bekommen. Viele polnische Juden lehnten dies ab und galten nun als politisch unzuverlässig. Die sowjetischen Machthaber deportierten sie in abgeschiedene Gegenden im russischen Hinterland. Besonders „gefährliche Elemente“ wurden sogar inhaftiert und in Arbeitslager nach Sibirien verschleppt. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juni  waren allerdings die Juden am stärksten bedroht, die im sowjetisch besetzten Teil Polens geblieben waren. Viele versuchten nun, der deutschen Wehrmacht in Richtung Osten zu entkommen, sodass die Zahl der jüdischen Flüchtlinge in der Sowjetunion etwa eine halbe Million erreichte. Einige Männer im wehrfähigen Alter dienten in der Roten Armee. Viele der polnischjüdischen Flüchtlinge starben an den Entbehrungen, an Krankheiten, Unterernährung und infolge der harten Arbeits- und Lebensbedingungen im sowjetischen Exil. Seit Sommer  verhandelten die polnische und die sowjetische Regierung über deren Repatriierung. In der Folge kehrten ungefähr . polnische Juden seit Februar  in ihre Heimat zurück. Sie hofften, dort ihre Familien und ihren Besitz wiederzufinden. Es erwartete sie jedoch eine ganz andere Realität. Den meisten wurde erst jetzt klar, dass ihnen das sowjetische Exil das Leben gerettet hatte. Aber auch sie begegneten in der alten Heimat der Friedhofsstimmung, den Schwierigkeiten, ihr Eigentum zurückzuerhalten und dem vehementen Antisemitismus, der einen Neuanfang für jüdische Polen nahezu unmöglich machte. Ihre Reaktion auf die desolaten Bedingungen in Polen und die Pogrome war eine abermalige Flucht – in die jüdischen DP-Lager in Österreich und in Deutschland. Diese 



 

Headquarters OSS Austria. Situation of Jews in Poland,  Sept. . OMGUS POLAD /–/. Markus Nesselrodt: „I bled like you, brother, although I was a thousand miles away“: postwar Yiddish sources on the experiences of Polish Jews in Soviet exile during World War II. In: East European Jewish Affairs  (), S. –, hier S. . Abraham S. Hyman: The Undefeated. Jerusalem , S.  f. Jacques Vernant: The Refugee in the Post-War World. London , S. .

Zur Situation der jüdischen DPs



Fluchtbewegung erreichte im Sommer  nach dem Pogrom in Kielce, bei dem  Juden ermordet wurden, ihren Höhepunkt. Im  Kilometer südlich von Warschau gelegenen Kielce war durch das Wiederaufleben des jahrhundertealten Ritualmordvorwurfs ein Massaker ausgelöst worden, das man nach der Erfahrung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft nicht mehr für möglich gehalten hatte. Die polnischen Juden reagierten sofort. Zehntausende Juden verließen nach ihrer Befreiung ihre Heimat und nahmen die Strapazen und Unsicherheiten einer Flucht in ein vom Krieg zerstörtes Land, das zudem der Verursacher des Völkermords an den europäischen Juden war, in Kauf. Gelenkt wurde dieser Flüchtlingsstrom von der jüdischen Fluchthilfeorganisation Brichah. Bis August  bemühte sich die Brichah, alle Flüchtlinge nach Italien zu leiten, weil von den dortigen Häfen die besten Chancen für eine Weiterfahrt nach Palästina bestanden. Als sich die italienischen Behörden aber durch die wachsende Zahl von Flüchtlingen überfordert fühlten und gleichzeitig von Großbritannien, das als Mandatsmacht die Einreise von Juden nach Palästina verhindern wollte, unter Druck gesetzt wurden, schoben sie dem bis dahin großzügig gehandhabten Grenzübertritt einen Riegel vor. So kam es zu der paradoxen Situation, dass Deutschland und Österreich seit Sommer  Ziel der jüdischen Flüchtlinge wurden. . Juden verließen Polen zwischen Juli  und Ende September  mit der organisierten Brichah. Im Wesentlichen operierte die Organisation auf zwei Hauptflüchtlingsrouten: zum einen über Nachod, Bratislava, Wien, Linz oder Salzburg in die amerikanische Besatzungszone im südlichen Deutschland oder über Stettin in den amerikanischen Sektor Berlins. Die Mehrzahl wählte die erstgenannte Route. Dennoch erreichten bereits bis November  etwa . Juden aus Polen Berlin, von August bis November , also nach dem Pogrom von Kielce, flüchteten gar . Juden in die Stadt. Berlin bot sich wegen seiner geografischen Nähe zu Polen, aber auch wegen des gewaltigen Flüchtlingsstroms von vertriebenen Deutschen, der keine genauen Kontrollen an der Grenze zuließ, als Ziel an. Neben dem Lager Mariendorf-Bialik Center in Berlin richtete die amerikanische Militärregierung nach anfänglichem Zögern, weil sie befürchtete, durch einen zu liberalen Umgang mit den jüdischen Flüchtlingen die Attraktivität ihres Besatzungsgebietes noch weiter zu steigern, von Juni bis November  in Deutschland  neue Auffanglager ein, in denen . Flüchtlinge beherbergt werden konnten. Von wenigen grenznahen Durchgangslagern wie etwa Cham, Landshut oder Ainring bei Freilassing abgesehen, die ihren Charakter als Durchgangslager behielten und im Laufe des Jahres  aufgelöst   

  



Dazu grundlegend: Bauer, Flight and Rescue. Ebd., S. . Zu Berlin vgl. Angelika Königseder: Flucht nach Berlin. Jüdische Displaced Persons, –. Berlin . Bauer, Flight and Rescue, S. . Bauer, Out of the Ashes, S. . Eli Rock, Henry S. Levy: Quarterly Report, Berlin Office, A.J.D.C.,  March  –  June , S.  f. YIVO Institute for Jewish Research, DP Camps Germany (DPG), f. . Summary Report on Infiltree Movement of Jews to U.S. Zone of Occupation in Germany from June  to November , . YIVO, DPG, f. .



Angelika Königseder

wurden, entwickelten sich die DP-Lager zu kleinen, eigenständig verwalteten Gemeinwesen. Warum in der amerikanischen Besatzungszone? Die Briten, in deren Besatzungszone mit Belsen-Hohne beim ehemaligen KZ Bergen-Belsen mit bis zu . Bewohnern zwar das größte DP-Lager überhaupt existierte, weigerten sich – vor dem Hintergrund ihres Palästinamandats und, damit verbunden, der Furcht vor arabischen Reaktionen –, die spezifischen Probleme der überlebenden Juden überhaupt anzuerkennen. Sie werteten die Berichte über die antisemitischen Ausschreitungen in Polen als zionistische Propaganda und betrachteten die flüchtenden Juden als polnische Staatsbürger, die notfalls mit Gewalt in ihre Heimat zurückgebracht werden sollten. Frankreich spielte nur eine Nebenrolle in der jüdischen DP-Geschichte. Zwar gab es in der französischen Besatzungszone einige kleinere DP-Lager; Frankreich war aber weder politisch noch finanziell in der Lage, nennenswert Einfluss zu nehmen. Die Sowjetunion argumentierte, dass die Juden Polen lediglich aus ökonomischen Gründen verließen und beabsichtigte nicht, deren spezifische Schwierigkeiten, die aus der nationalsozialistischen Verfolgung resultierten, anzuerkennen. So strömten die polnischen Juden in die amerikanische Besatzungszone und in den amerikanischen Besatzungssektor von Berlin, wo sich seit Sommer  eine liberale Aufnahmepolitik durchgesetzt hatte, die zusehends auf die besondere Situation der Holocaustüberlebenden zu reagieren bereit war. Nicht nur in ihrer weitgehenden Distanz zur deutschen Umwelt, sondern auch hinsichtlich der innerjüdischen Struktur unterschieden sich die DP-Lager gänzlich von dem deutschen assimilierten Judentum vor . Die ostjüdischen Zuwanderer prägten das jüdische Nachkriegsleben in Deutschland. Sie gestalteten die DP-Lager – weitgehend losgelöst von der deutschen Gesellschaft – zu kulturellen Zentren mit einem regen religiösen Leben und hielten die jüdischen Traditionen aufrecht. Jüdische Hilfsorganisationen aus den USA, Großbritannien und Palästina unterstützten die Überlebenden nicht nur mit finanziellen Zuwendungen, medizinischer Hilfe und Lebensmitteln, sondern bemühten sich auch um die psychische Betreuung der traumatisierten Menschen. Ein Verbleiben in Deutschland und der Wiederaufbau der jüdischen Gemeinden waren im Gegensatz zu den Absichten einiger deutscher Juden zu keinem Zeitpunkt Bestandteil der Zukunftspläne der jüdischen DPs. Allerdings hatten die Entwicklungen in Palästina und die restriktiven Einwanderungsbestimmungen der anderen potenziellen Emigrationsländer für die meisten DPs einen mehrjährigen Aufenthalt in den Lagern zur Folge. Erst die Gründung des jüdischen Staates im Mai  und der israelische Sieg im Unabhängigkeitskrieg /, aber auch die Lockerung der amerikanischen Einwanderungsgesetze  bzw.  eröffneten den jüdischen Überlebenden Auswanderungsmöglichkeiten. Obwohl diese Verzögerungen bei den Emigrationsbemühungen und die Lageratmosphäre auf die Überlebenden der Shoah demoralisierend wirkten, entwickelten sich die DP-Lager zu Zentren regen jüdischen Lebens, die den Charakter der ehemaligen Stetl in Polen mit eigener Verwaltung, Schulen, Kursen für die Berufsausbildung, Presse und religiösen sowie kulturellen Initiativen besaßen. Für die psychische Regeneration der Überlebenden waren gerade Letztere von Bedeutung. Sie wurden von den Kulturämtern in den Lagern, die im Zuge der Selbstverwaltung entstanden, koordiniert. Die meisten kultu-

Zur Situation der jüdischen DPs



rellen Aktivitäten gingen von den Überlebenden selbst aus; von den Hilfsorganisationen erhielten sie lediglich materielle Unterstützung. Bereits Anfang Juli  begann Samy Feder, ein professioneller polnisch-jüdischer Schauspieler, im DP-Lager Belsen-Hohne in der britischen Besatzungszone mit dem Aufbau seines „Kazet-Theaters“. Auf einer improvisierten Bühne fand unter seiner Regie am . September  die erste Aufführung statt, die aus drei kleineren Stücken mit satirischen Elementen bestand. Viele Jahre später erinnerte er sich an die Reaktion der begeisterten Zuschauer: Nie wieder habe ich vor einem solch dankbaren Publikum gespielt. Sie klatschten in die Hände, lachten und schrien. Als wir zum Abschluss das berühmte Lied „Think not you travel to despair again“ anstimmten, sprangen die tausend Menschen im Saal hoch und sangen mit. Die Vorstellung wurde mit der Hatikwa [der späteren israelischen Nationalhymne] beendet. Niemals wieder wurde die Hatikwa mit solchem Enthusiasmus gesungen wie an diesem ersten Abend.

In den folgenden Wochen gab das „Kazet-Theater“ noch zehn weitere Aufführungen dieses ersten Programms. Gleichzeitig begann Samy Feder mit der Vorbereitung von Scholem Alejchems Stück „Der verhexte Schneider“. Neben der Darstellung von Ghetto- und Konzentrationslagererfahrungen erfreuten sich die jiddischen Klassiker bei allen DP-Theatergruppen und ihren Zuschauern großer Beliebtheit. Die Föhrenwalder Theatertruppe „Bamidbar“ (= in der Wüste) spielte zum Beispiel Anfang  Scholem Alejchems „Tewje der Milchmann“. Einen relativ großen Bekanntheitsgrad erreichte die Theatergruppe „Baderech“ (= auf dem Weg) aus dem Lager Berlin-Schlachtensee, deren Vorstellungen „Di Farsztojsene“ nach Viktor Hugos Roman Les Misérables und „Der eingebildete Kranke“ von Molière auch in den Berliner Tageszeitungen besprochen wurden. Anlässlich des einjährigen Jubiläums von „Baderech“ zog ein Mitglied des Ensembles Bilanz über die Ziele und Erfolge des Theaters: Es geht uns immer wieder darum, die Schatten von gestern zu überwinden. In Satire und Schauspiel, mit Ernst und Gelächter, haben wir den Kampf mit unserem Schicksal aufgenommen. Wir haben auf der Bühne Gestalten lebendig werden lassen, die keine Masken trugen, sondern unsere eigenen Gesichter. Wir haben uns bemüht, unseren Freunden im Lager über das Vakuum hinwegzuhelfen, das zwischen der furchtbaren Vergangenheit und der hoffnungsvollen, für viele aber noch ungeklärten Zukunft liegt. Wir brauchen künstlerische Selbstbetätigung, wir haben das Recht auf Individualismus: Jahre hindurch sollten wir als Masse sterben; nun ist die Zeit gekommen, da wir als Volk leben wollen! Unser kleines Theater am Rande Berlins, der Durchgangsstation auf dem Wege zu einem neuen Leben, ist der erste Schritt dazu.

Gleichzeitig mit Spielbeginn des „Kazet-Theaters“ erschien in Belsen die erste jüdische Zeitung im Nachkriegsdeutschland, „Unzer Sztyme“. Die beste und bekannteste Lagerzei 

Samy Feder: The Yiddish Theatre of Belsen. In: Irgun Sheerit Hapleita Me’haezor Habriti (Hrsg.): Belsen. Tel Aviv , S.  f. Der Weg. Zeitschrift für Fragen des Judentums  (), . Sept.



Angelika Königseder

tung wurde seit . Oktober  im DP-Camp Landsberg publiziert, die jiddischsprachige „Landsberger Lager Cajtung“. Gründer, Herausgeber und Chefredakteur war der aus Kowno stammende Jurist Dr. Samuel Gringauz. Ab Herbst  nannte sie sich „Jidisze Caytung“ und trug damit ihrem überregionalen Anspruch Rechnung. In ihrer Glanzzeit erreichte die Zeitung eine Auflage von . Stück. In nahezu allen DP-Lagern erschien mindestens eine Zeitung. Die meisten dieser Publikationen waren typische Lagerzeitungen, die schwerpunktmäßig über Ereignisse und Veranstaltungen im Lager berichteten, Erinnerungen von Bewohnern und Listen mit vermissten Angehörigen veröffentlichten. Berichtet wurde auch über die Geschehnisse in Palästina. Trotz der beeindruckenden kulturellen, religiösen und bildungspolitischen Initiativen verloren die jüdischen DPs nie ihr Hauptziel aus den Augen: die schnellstmögliche Auswanderung aus dem Land, das die Ermordung ihrer Angehörigen und die Zerstörung ihrer Heimat zu verantworten hatte. Fast alle betrachteten Deutschland nur als eine Durchgangsstation, als Sprungbrett auf dem Weg in die neue Heimat. Immerhin gelang es etwa . Juden, aus Deutschland und Österreich bis zur Staatsgründung Israels im Mai  auf illegalen Wegen nach Palästina zu gelangen. Für viele endete dieser Versuch in Internierungslagern auf Zypern. Die Ereignisse um das Schiff „Exodus “, dessen Passagiere als Einzige wieder nach Deutschland zurückgeschickt wurden und deren Schicksal Vorlage für Leon Uris‘ Roman Exodus war, machten diese Flucht berühmt. Breite Übereinstimmung herrschte deshalb in der politischen Einstellung fast aller jüdischen DPs: der Begeisterung für den Zionismus. Differenzen bestanden nur in zionistischen Detailfragen; die Grundüberzeugung, dass die Errichtung eines jüdischen Staates die einzige Antwort auf den Völkermord sein konnte, teilten fast alle, auch jene, die nicht nach Palästina auswandern wollten oder konnten. Zudem lebten in den DP-Lagern hauptsächlich Juden aus Osteuropa, wo der Zionismus schon vor dem Krieg sehr viel mehr Einfluss besessen hatte als bei den assimilierten mittel- und westeuropäischen Juden, die in diesem häufig eine Bedrohung ihrer eben erreichten gesellschaftlichen Emanzipation sahen. Für den Wunsch einiger deutscher Juden, nach dem Krieg in der alten Heimat ein neues Leben aufzubauen, hatten die Ostjuden kein Verständnis. Sie reagierten mit Bitterkeit und Unverständnis darauf, dass die Welt ihnen nach der Katastrophe, die dem jüdischen Volk widerfahren war, einen eigenen Staat verweigerte und sie in Lagern einer ungewissen Zukunft entgegensahen. Eine große Auswanderungsbewegung setzte folglich nach der israelischen Staatsgründung im Mai  und der im Januar  erlassenen Aufhebung jeglicher Einwanderungssperren ein. Gleichzeitig hatten die USA, die ebenfalls ein begehrtes Emigrationsziel darstellten, ihre Einwanderungsgesetze liberalisiert. Bis Ende  konnten dann die meisten DP-Lager aufgelöst werden, weil alle DPs, die auswandern wollten und auch physisch dazu in der Lage waren, Deutschland verlassen oder sich den wiedergegründeten jüdischen Gemeinden angeschlossen hatten. Die Zurückgebliebenen wurden in Süddeutschland in den Lagern Föhrenwald, Landsberg am Lech, Feldafing am Starnberger See, Lechfeld bei Augsburg und Gabersee bei Wasserburg konzentriert.  kamen alle

Zur Situation der jüdischen DPs



in das letzte noch bestehende DP-Camp, nach Föhrenwald. Dieses jüdische DP-Lager bei Wolfratshausen südlich von München schloss seine Tore erst im Februar  – knapp zwölf Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft. Dies bedeutete für viele seiner Bewohner weitere zwölf Jahre Leben im Lager, das neben den negativen Assoziationen an die Konzentrationslager Privatsphäre vermissen ließ. Vor allem aber mussten die Betroffenen zwölf Jahre auf deutschem Boden leben, mussten zusehen, wie sich das Land, das die jüdische Tragödie verursacht hatte, prosperierend entwickelte und wieder Aufnahme in den Kreis der zivilisierten Nationen fand, während sie selbst hart um einen Neuanfang kämpfen mussten.



Vgl. Angelika Königseder: Razzia im DP-Lager Föhrenwald. Zur Situation jüdischer Displaced Persons. In: Wolfgang Benz, Brigitte Mihok (Hrsg.): „Juden unerwünscht“. Anfeindungen und Ausschreitungen nach dem Holocaust. Berlin , S. –.

Stefan Troebst Flucht, Verschleppung und Vertreibung von Deutschen – Hitlers Aggression gegen die Tschechoslowakei –, der Krieg des nationalsozialistischen Deutschland und der stalinistischen Sowjetunion gegen Polen , die anschließende Aufteilung des polnischen Territoriums und anderer Teile Nord-, Ostmittelund Südosteuropas unter den beiden diktatorischen Regimen samt Besatzungsterror, der deutsche Überfall auf die UdSSR sowie der lange deutsch-sowjetische Krieg der Jahre – und der in Berlin-Wannsee beschlossene Holocaust haben nicht nur Millionen von Menschenleben gekostet, sondern überdies ein gigantisches zwangsmigratorisches Geschehen ausgelöst. Die innersowjetischen Deportationen in der Endphase des Krieges, die Massenflucht deutscher Zivilbevölkerung vor der Roten Armee aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches, die Verschleppung von Deutschen aus Ostmittel- und Südosteuropa in die UdSSR kurz vor Kriegsende sowie die Beschlüsse der Siegermächte nach Kriegsende bezüglich des „Transfers“ der Deutschen aus den vormals deutschen Gebieten östlich von Oder und Neiße, aus der Tschechoslowakei und aus Ungarn, potenzierten diese Zwangsmigrationsprozesse noch und verlängerten sie zu einer ganzen Dekade. Hinzu kamen zahlenmäßig kleinere Fluchtbewegungen wie diejenige von Esten nach Schweden  und von Polen aus Bosnien nach Niederschlesien , Binnenzwangsumsiedlungen wie diejenige von Ukrainern in Polen im Zuge der „Akcja ‚Wisła‘“  oder die politische Emigration von Makedoniern, Griechen und anderen im Gefolge des Griechischen Bürgerkriegs der Jahre – nach Jugoslawien und in den sowjetischen Machtbereich. Zeitgenössischen bundesdeutschen Quellen zufolge kamen zwischen  und  insgesamt .. Flüchtlinge und Vertriebene im Inneren des Deutschen Reiches bzw. ab der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am . Mai  in den Besatzungszonen Deutschlands an, darunter fast sieben Millionen aus den jetzt zum kommu



Zum aktuellen Forschungsstand vgl. Michael Schwartz: Ethnische „Säuberungen“ in der Moderne. Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im . und . Jahrhundert. München ; Stefan Troebst, Michael Wildt (Hrsg.): Zwangsmigration im Europa der Moderne. Nationale Ursachen und transnationale Wirkungen. Leipzig  [= Comparativ. Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung  (), H. ]. Vgl. die einschlägigen Lemmata in Detlef Brandes, Holm Sundhaussen, Stefan Troebst (Hrsg.): Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des . Jahrhunderts. Wien/Köln/Weimar .

https://doi.org/./-

Flucht, Verschleppung und Vertreibung von Deutschen –

Die Abbildung ist nur in der gedruckten Ausgabe verfügbar.





Stefan Troebst

Tabelle : Herkunft und Zahl der deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen () Deutsche Ostgebiete Ostpreußen/Westpreußen Pommern Brandenburg Niederschlesien Oberschlesien

.. .. .. . .. .

Freie Stadt Danzig Polen Tschechoslowakei Baltische Staaten Sowjetunion Ungarn Rumänien Jugoslawien Österreich Übriges Europa Übersee

. . .. . . . . . . . .

Gesamt dazu: Vertriebene ohne Heimatverlust

.. .

Insgesamt

..

Quelle: Gerhard Reichling: Die deutschen Vertriebenen in Zahlen. Teil I: Umsiedler, Verschleppte, Vertriebene, Aussiedler –. Bonn , S.  (Tab. ), S.  (Tab. ).

nistischen Volkspolen gehörenden vormaligen deutschen Ostgebieten Westpreußen, südliches Ostpreußen, Ober- und Niederschlesien, Hinterpommern und Ostbrandenburg sowie geschätzte drei Millionen aus der in ihrer demokratischen Vorkriegsordnung wiederhergestellten Tschechoslowakei. .. euphemistisch so genannte „Umsiedler“ gelangten in die Sowjetisch Besetzte Zone Deutschlands (SBZ) und .. als „Heimatvertriebene“ Rubrizierte in die drei westlichen Zonen (Stand ), hier vor allem in die britische und in die US-amerikanische. Eine Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Zwangsausgesiedelten fällt dabei vor allem für die Zeit nach Kriegsende schwer – staatlich und nicht-staatlich induzierte Fluchtverursachung galt damals nicht als völkerrechtliches Delikt – und wurde in der Regel weder von den Besatzungsbehörden noch von deutschen Verwaltungen vorgenommen. Mit Blick auf die Vertreibung von Deutschen aus dem westverschobenen Polen und der rekonstruierten Tschechoslowakei lassen sich zwei unterschiedliche Phasen mit unter-



Grundlegend dazu R. M. Douglas: „Ordnungsgemäße Überführung“. Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. München ; Mathias Beer: Flucht und Vertreibung der Deutschen. Voraussetzungen, Verlauf, Folgen. München ; Matthew Frank: Expelling the

Flucht, Verschleppung und Vertreibung von Deutschen –



schiedlicher Methodik unterscheiden: Zum einen die „wilden Vertreibungen“ vom Frühjahr und Sommer , durchgeführt von Armee, Miliz, Freiwilligenverbänden und Zivilisten, und zum anderen ab Oktober  die auf der Potsdamer Konferenz am . August beschlossene systematische Zwangsaussiedlung auf „ordnungsgemäße und humane“ Weise (Art. XIII des Potsdamer Protokolls). Aus den „wiedergewonnenen Gebieten“ sowie dem Inneren Polens wurden bis  ca. vier Millionen Menschen dergestalt zwangsausgesiedelt. Ca. , Millionen von ihnen wurden  im Zuge der auf einem polnischbritischen Abkommen basierenden Operation „Swallow“ aus Danzig, Westpreußen und Niederschlesien über zwei Eisenbahnstrecken und eine Seeroute in die britische Besatzungszone transportiert. Neueren Schätzungen zufolge sind auf dem Territorium Nachkriegs-Polens bei Ausschreitungen gegen die deutsche Zivilbevölkerung, in polnischen Zwangsarbeits- und Internierungslagern, bei den „wilden“ Vertreibungen sowie im Zuge der Massenzwangsaussiedlung bis  ca. . Deutsche ums Leben gekommen. Aus Ungarn wurden gemäß dem Potsdamer Protokoll  und  rund . Deutsche in die US-amerikanische Besatzungszone Deutschlands und . in die SBZ zwangsausgesiedelt. In Rumänien und Jugoslawien kam es zwar zu Internierungen zahlreicher Deutscher, auch zu Racheaktionen, aber nicht zu systematischen Zwangsumsiedlungen. Vom Potsdamer Abkommen nicht erfasst wurde das  der UdSSR, hier der RFSFR, angeschlossene nördliche Ostpreußen sowie das der Litauischen SSR zugeschlagene Memelland. Ca. . Deutsche aus dem jetzt als Kaliningrader Gebiet figurierenden sowjetischen Teil Ostpreußens wurden – in die SBZ umgesiedelt. . Deutsche aus der Litauischen SSR konnten  in die DDR übersiedeln, – dann weitere . in die Bundesrepublik. Die Verschleppung von Deutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion ging auf bereits Ende  gefasste Beschlüsse des Rates der Volkskommissare der UdSSR bzw. auf Befehle des NKVD zurück und betraf geschätzte . Personen. Als erste wurden im Winter / ca. . so genannte Volksdeutsche aus Jugoslawien in die Ukrainische SSR deportiert. . von ihnen sind in der Internierung umgekommen, die anderen wurden  repatriiert. Im Januar  wurden . Deutsche aus Rumänien zur Zwangsarbeit in sowjetische Kohlebergwerke und Metallurgiekombinate deportiert. Die Mortalitätsrate betrug  %. Bis  konnten drei Viertel der Überlebenden nach Siebenbürgen und in das Banat zurückkehren, ein weiteres Viertel ging in die SBZ. Ebenfalls im Januar  wurden ca. . Deutsche aus Ungarn in die Sowjetunion deportiert, hier vor allem in die Moldauische SSR. Von Februar bis April  wurden ca. . Deutsche aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße von sowjetischen Behörden in-



Germans. British Opinion and Post- Population Transfer in Context. Oxford ; Wolfgang Benz (Hrsg.): Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen. Frankfurt a. M. . Siehe auch Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Hrsg.): Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Bearb. v. Theodor Schieder.  Bde. Bonn –. Zu den im Folgenden genannten Zahlenangaben siehe Brandes, Sundhaussen, Troebst (Hrsg), Lexikon der Vertreibungen. Vgl. dazu auch das Karten-Text-Bild-Faksimile-Werk von Witold Sienkiewicz, Grzegorz Hryciuk (Hrsg.): Zwangsumsiedlung, Flucht und Vertreibung –. Atlas zur Geschichte Ostmitteleuropas. Bonn .

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Stefan Troebst

haftiert und zur Zwangsarbeit in die UdSSR deportiert. Ca. . von ihnen wurden bis  in die vier Besatzungszonen Deutschlands entlassen. Lebensumstände, administrative Rahmenbedingungen und Aufnahmepraktiken der vier Besatzungsverwaltungen waren höchst unterschiedlich. Besonders restriktiv war die Politik der französischen Militärregierung in ihrer Zone (Rheinland-Pfalz, Baden, Württemberg-Hohenzollern, Saarland, bayerischer Landkreis Lindau), wo sich die Direction des Personnes Déplacées et Réfugiés bis zum November  weitgehend erfolgreich gegen jegliche Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen sperrte. Erst danach gelangten mehrere zehntausend nach Dänemark geflüchtete Ostpreußen in die französische Besatzungszone. Zwar fand  eine Öffnung statt, doch mit  % war hier der Anteil von Flüchtlingen und Vertriebenen im gesamtdeutschen Vergleich sehr niedrig. Ganz anders die Verhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone (Thüringen, SachsenAnhalt, Sachsen, Brandenburg, sowjetischer Sektor von Berlin, Mecklenburg-Vorpommern), in der dieser Anteil  bei , % lag – mit Mecklenburg-Vorpommern mit , % als Spitzenreiter. Auf Druck der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland wurde ab  eine „einmalige Umsiedlerunterstützung“ gezahlt.  erließ die DDR dann im Zuge der westdeutschen Lastenausgleichsdebatte ein „Gesetz zur weiteren Verbesserung der Lage der ehemaligen Umsiedler“, das zahlreiche sozial- und integrationspolitische Maßnahmen beinhaltete, aber bereits  auslief. Die britische Besatzungszone (Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein) wies Ende  mit über drei Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen eine Quote von , % auf – mit dem Spitzenwert von , % in Schleswig-Holstein (Oktober ). Mittels fünf Umsiedlungsprogrammen wurden in der Folgezeit mehrere hunderttausend Personen von dort und aus Niedersachsen nach Nordrhein-Westfalen transferiert, wo die Arbeitsmarktsituation deutlich günstiger war. Von den , Millionen in der US-amerikanischen Zone (Bayern, Württemberg-Baden und Hessen) lebte das Gros mit , Millionen in Bayern – darunter über eine Million Deutsche aus der Tschechoslowakei, so genannte Sudetendeutsche, und ca. eine halbe Million Schlesier. Für Besatzungsbehörden wie deutsche Verwaltungen, ab  dann für die DDR und die Bundesrepublik, stellte der Zustrom von über zwölf Millionen Menschen in ein teilweise kriegszerstörtes Land, in dem jetzt zudem temporär bis zu zehn Millionen Displaced Persons lebten und in das zusätzlich mehrere Millionen von Kriegsgefangenen zurückströmten, eine gewaltige Aufgabe dar. Arbeitsplätze, Wohnraum und Lebensmittel waren knapp, medizinische Versorgung und Schulunterricht nur partiell gewährleistet. Hinzu kamen soziale Friktionen, vor allem in ländlichen Gebieten, welche die Mehrzahl der Flüchtlinge und Vertriebenen aufzunehmen hatten, desgleichen konfessionell bedingte Spannungen. Dass die Integration dennoch binnen weniger Jahrzehnte gelingen sollte, war Ende der vierziger Jahre – vor dem Lastenausgleich und dem „Wirtschaftswunder“ im westlichen deutschen Halbstaat und vor der Umsiedlergesetzgebung in der östlichen Hälfte – nicht absehbar. Während Flucht, Verschleppung und Vertreibung der Deutschen in der DDR tabuisiert wurden, bestimmte dieses Thema die Politik der Bundesrepublik bis weit in die 

Vgl. dazu den Beitrag „Zur Situation der jüdischen DPs“ von Angelika Königseder im vorliegenden Band, S. –.

Flucht, Verschleppung und Vertreibung von Deutschen –

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er-Jahre hinein in prägender, da politisch polarisierender Weise. Im wiedervereinigten Deutschland ist es dann zeitversetzt im deutsch-polnischen sowie im deutsch-tschechischen Kontext kontrovers neu aufgeflammt – mit Wirkungen bis heute. Die UdSSR unter Stalin ist dabei als maßgeblicher Akteur im Geschichtsbild der heutigen Deutschen nicht präsent, auch nicht in der staatlichen Geschichtspolitik der Bundesrepublik, ja selbst kaum in deren zivilgesellschaftlicher Erinnerungskultur. Zum einen wird die Massenflucht von Deutschen vor der als „asiatisch“ perzipierten Roten Armee samt der anschließenden sowjetischen Besatzung mit Beschlagnahmung, Plünderung, Internierung, Zwangsarbeit und Vergewaltigung zwar negativ, aber als primär militärisch bedingtes Geschehen erinnert – als in gewisser Weise nachvollziehbare Rache für den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg gegen die UdSSR, für Besatzungsterror, Verschleppung zur Zwangsarbeit ins „Dritte Reich“ und für millionenfache Tötung durch Verhungern von sowjetischen Kriegsgefangenen. Und zum anderen spielen Berichte von Vertriebenen über den Schutz, den die temporäre sowjetische Militärverwaltung den verbliebenen Deutschen vor Übergriffen polnischer Staatsorgane und Zivilisten etwa in Niederschlesien gewährte, eine positive Rolle. Dies erklärt zum Teil, warum in der Sicht von Gesellschaft, Politik und Medien der Bundesrepublik das Thema „Flucht und Vertreibung“ mit Blick auf die  Nachfolgestaaten der implodierten UdSSR kein Konfliktpotential darstellt. Dies gilt selbst für die Russländische Föderation, die in Deutschland de facto als einziger legitimierte Rechtsnachfolger der Sowjetunion perzipiert wird, und es gilt ungeachtet des Schicksals der Deutschen im nördliche Ostpreußen und im Memelland. Aus heutiger deutscher Sicht sind die eigentlichen „Vertreiber“ Polen und Tschechen, kaum Ungarn und Slowaken, schon gar nicht Weißrussen, Kasachen, Ukrainer und selbst Russen. Entsprechend gehört die Vertreibung von Deutschen aus der Osthälfte Europas in der zweiten Hälfte der er-Jahre nicht zu den aktuellen Konfliktthemen zwischen der Bundesrepublik und der Russländischen Föderation. Das Ausbleiben eines deutsch-russländischen Historiker- und Politikerstreits über das Thema Flucht, Verschleppung und Vertreibung nach deutsch-polnischem und deutsch-tschechischem Muster belegt, dass im russländisch-deutschen Verhältnis ein diesbezüglicher „Abgleich nationaler Gedächtnisse“ (Dan Diner), geschweige ein dialogisches Erinnern an eine konfliktträchtige, aber überwundene Vergangenheit (noch?) nicht möglich ist. Dergleichen ist mit Blick auf die postsowjetisch-heroisierende Geschichtspolitik Russlands und die postheroisch-selbstkritische der Bundesrepublik wohl solange nicht zu erwarten, wie der . Juni  und der . Mai  den . August sowie den . und der . September  massiv überschatten. 

Entsprechend wurde in dem von der Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen  vorgelegten Sammelwerk das Thema nur kurz gestreift. Vgl. Alexei Filitow, Hermann Wentker: Die Konferenz von Potsdam . In: Helmut Altrichter, Wiktor Ischtschenko, Horst Möller, Alexander Tschubarjan (Hrsg.): Deutschland – Russland. Stationen gemeinsamer Geschichte, Orte der Erinnerung. Bd. : Das . Jahrhundert. Bonn , S. –, hier S.  f. Deutlich expliziter bezüglich Verschleppung und Vertreibung von Polen durch sowjetische Stellen zwischen  und  ist das  erschienen Sammelwerk der Polnisch-russländischen Gruppe für schwierige Fragen zu bilateralen Konfliktthemen im Zeitraum –: Adam D. Rotfeld, Anatolij W. Torkunow (red.): Białe plamy, czarne plamy. Sprawy trudne w relacjach polsko-rosyjskich –. Warszawa .

Vasilij Christoforov Die Stimmung in der deutschen Bevölkerung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands – Eines der zentralen Probleme der Nachkriegsregulierung, an deren Lösung die Partner der Anti-Hitler-Koalition arbeiteten, war das Schicksal Deutschlands. Die Potsdamer Konferenz, die vom . Juli bis zum . August  stattfand, legte die Schwerpunkte der Deutschlandpolitik, die neue Grenze sowie die Höhe und die Quellen der Reparationszahlungen fest. Die Sowjetunion, die USA, Großbritannien und Frankreich machten sich an die Neuordnung Deutschlands, hatten aber anfangs abweichende Vorstellungen von der politischen und wirtschaftlichen Umgestaltung des Landes. Daher war auch die Ausrichtung des Wiederaufbaus in der östlichen und westlichen Besatzungszone unterschiedlich. Die Niederlage im Zweiten Weltkrieg hatte Deutschland an den Rand des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruchs gebracht. Die riesigen Verluste an Menschenleben, die zerstörte Industrie und Infrastruktur sowie das zerstörte Energieversorgungssystem, die nicht mehr funktionierenden Finanzströme und die Herrschaft des „Schwarzmarktes“ wirkten sich nachteilig auf die Stimmung in der Bevölkerung aus. Unter den Deutschen gab es Verbitterung, Angst vor der Ungewissheit und eine fehlende Bereitschaft, sich am innenpolitischen Leben des Landes zu beteiligen. Eine große Rolle bei der Bildung des Massenbewusstseins der Menschen spielte die nationalsozialistische Propaganda des „Dritten Reiches“, die die Nation dazu aufgerufen hatte, sich gegen die drohende Gefahr der anrückenden Roten Armee zusammenzuschließen. Die Bürger wurden über die Zukunftsaussichten unter einem Sowjetregime aufgeklärt: massenweise und grausame Ausrottung des deutschen Volkes oder Verschickung nach Sibirien. Der Berliner Albert Winkau erzählte im Bekanntenkreis: „Die Nazi-Rädelsführer sagten uns, dass bei der Ankunft der Roten Armee  % der deutschen Bevölkerung unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zur nationalsozialistischen Partei erschossen würde, der Rest würde nach Sibirien gebracht. Jetzt sehen wir das genaue Gegenteil. Mit der Ankunft der Roten Armee konnte sich die deutsche Bevölkerung von der Verlogenheit der Nazipropaganda überzeugen. Die Führung der Roten Armee hat schnell für Ordnung in der Stadt gesorgt.“ 

Central’nyj archiv Federal’noj služby bezopasnosti Rossii (künftig: CA FSB Rossii), f. , op. , d. , l. .

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Der Untergang der einstigen Großmacht wurde von vielen Deutschen als persönliche Tragödie empfunden. Daher stieg die Zahl der Selbstmorde sowie der Versuche, die Heimat zu verlassen und aus den Städten in die Wälder umzusiedeln, abrupt an. Die Menschen sahen keine Perspektiven für das Fortbestehen des Staates und keine Möglichkeit, zum Wohle des Landes und der Familien zu arbeiten. Es darf auch nicht vergessen werden, dass bei vielen Einwohnern Deutschlands nahe Verwandte – Söhne, Ehemänner, Brüder – im Kampf mit der Roten Armee umgekommen und in Massengräbern in der UdSSR bestattet worden waren. In dieser Situation rief die Ankunft der sowjetischen Truppen in Deutschland bei der lokalen Bevölkerung panische Angst, latente Feindseligkeit und ein Gefühl der Resignation hervor. Es gab keine Informationen über die Zukunft bestimmter Gebiete und der dort lebenden Bevölkerung sowie über die Möglichkeit, lebenswichtige Fragen zu entscheiden. In den Städten breiteten sich Hunger, Krankheiten und Kriminalität aus. Die Arbeit der von der Führung der Roten Armee in Ostdeutschland eingerichteten Kommandanturen erhöhte das Vertrauen der Deutschen in die Militärbehörden. Aber aus durchaus verständlichen Gründen blieben die Stimmung in der Bevölkerung nach wie vor misstrauisch und abwartend, obwohl schon bei Kriegsende vielen deutschen Bürgern klar wurde, dass die Rote Armee nicht vorhatte, die friedliche Bevölkerung zu vernichten, sondern im Gegenteil bestrebt war, eine strenge Ordnung für den Aufbau des alltäglichen Lebens im Land zu errichten. Die Deutschen selbst unterstützten die sowjetischen Vertreter bei der Suche nach NSVerbrechern, der Eröffnung unterschiedlichster Betriebe, Vorratslager, Metzgereien und Bäckereien. Allerdings verlief der Aufbau der zivilen Verwaltungsbehörden schwierig, und die politische Aktivität der Massen blieb praktisch minimal. Die Organe der sowjetischen militärischen Spionageabwehr berichteten: „Es gehen weiterhin Unterlagen ein, die von einer grundlegenden Änderung der Meinung und der Beziehungen der meisten Einwohner Berlins gegenüber der Roten Armee und der Sowjetunion zeugen.“ Es wurden überaus viele positive Äußerungen von Deutschen über die sowjetischen Besatzungsbehörden zitiert: „Es ist unser Glück, dass wir auf einem von den Russen besetzten Gebiet leben. Wir werden jetzt sehr gut versorgt, viel besser als unter Hitler. Alles wird schnell in Ordnung gebracht. Das Verhalten der Russen kann durchaus als vorbildlich gelten.“ Am . Juni  erschien die Anordnung des Rates der Volkskommissare der UdSSR über die Errichtung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). Einen Monat später wurden die sowjetischen Militäradministrationen der Länder und Provinzen für die Verwaltung der Gebiete und die Ausübung der Kontrolle über die Arbeit der örtlichen Selbstverwaltungsbehörden errichtet. Am . Juni  wurde aus den drei in Deutschland befindlichen Fronten der Roten Armee die Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland geschaffen.

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Nikita V. Petrov (otv. red.): SVAG i nemeckie organy samoupravlenija. –. Moskva , S. . CA FSB Rossii, f. . op. . d. , l. .

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Die sowjetischen Nachrichtendienste waren schon seit Beginn des Jahres  in Deutschland breit vertreten: Gemeint sind die Organe der militärischen Spionageabwehr, die mit den Einheiten und Verbänden der Roten Armee vorrückten und in den von den Hitlertruppen befreiten Gebieten ungeheure Arbeit leisteten, operative Gruppen des NKGB der UdSSR im Schienen- und Wasserverkehr, Mitarbeiter der Auslandsaufklärung, Innere Truppen sowie Truppen zum Schutz des Hinterlandes der Roten Armee. Im Januar  wurden bei allen Fronten Bevollmächtigte des NKVD installiert, im Juni Operative Sektoren des NKVD in Ländern und Provinzen organisiert. Die Verwaltung Spionageabwehr „Smerš“ der . Belorussischen Front wurde in Verwaltung Spionageabwehr „Smerš“ bei der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland umbenannt. Einen Monat später wurden bei den Organen der Sowjetischen Militäradministration in allen Ländern und Provinzen „Smerš“-Spionageabwehrabteilungen errichtet. Die Mitarbeiter der sowjetischen Sicherheitsorgane in Deutschland und die SMAD hatten keinerlei Erfahrung in Verwaltungs- und Wirtschaftsangelegenheiten, deshalb bestand ihre wichtige Aufgabe darin, deutsche Verwaltungsorgane einzurichten und ihre Arbeit in die Wege zu leiten. Geeignete Personen für das Amt des Bürgermeisters, Polizeichefs und dessen Stellvertreters, Staatsanwalts oder Richters, aber auch des Ortsvorstehers zu finden, gestaltete sich schwierig, zeigte die deutsche Bevölkerung doch keinerlei Interesse daran, sich an der Verwaltung zu beteiligen. Dennoch gelang es, das Problem der personellen Besetzung der Verwaltungsorgane im östlichen Teil Deutschlands binnen kurzer Zeit zu lösen, woran die Mitarbeiter von NKGB, NKVD und „Smerš“ einen nicht unbedeutenden Anteil hatten. Nicht weniger wichtig war es, in der deutschen Bevölkerung ein positives Bild der UdSSR und der sowjetischen Militärpräsenz im Land aufzubauen. „Ich bin begeistert von der Sorgfalt und der Fürsorge, die die Russen zeigen, um ein gegenseitiges Verständnis und eine zukünftige Freundschaft mit dem deutschen Volk zu erreichen“, sagte der Potsdamer Arbeiter Mark Schuhmann. „Alles, was über das Fehlen persönlicher Freiheit unter sowjetischer Besatzung gesagt wird, entspricht nicht der Wahrheit. In der gesamten Verwaltung gibt es eine klare Linie: Jeder Nazi wird gründlich überprüft. Hier wird niemand für das, was er sagt, schikaniert. Es gibt keine alten nationalsozialistischen Tendenzen. Hier in Leipzig geben die sowjetischen Behörden politische Broschüren heraus. Die gut ausgewählten und illustrierten Bücher informieren die Deutschen über das Leben in der UdSSR.“ Ende Mai  berichtete der Leiter der Verwaltung Spionageabwehr „Smerš“ der . Belorussischen Front dem stellvertretenden Volkskommissar des Inneren der UdSSR über die Normalisierung der Arbeit von Polizei, Gerichtswesen und Staatsanwaltschaft in Berlin. Aufgrund der Neueröffnung von Geschäften, Restaurants und Cafés wie auch durch die Organisation des Straßenhandels hatte die Handels- und Industriepolizei, die die Registrierung aller Verkaufsstellen durchführte, ein großes Arbeitspensum zu erledigen. Die Kriminalpolizei nahm Ermittlungen zu Fällen von Raub, Diebstahl, Betrug und Selbstmord auf. Es liefen aktive Fahndungen nach Personen an, die sich als Polizisten 

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ausgegeben und bei der Bevölkerung illegal Güter beschlagnahmt sowie Lebensmittelvorräte und Materialdepots konfisziert hatten. Die Aktivitäten dieser falschen Polizisten lösten ernsthafte Besorgnis sowohl bei den russischen Militärs als auch bei der deutschen Zivilbevölkerung aus. Es häuften sich Vergeltungsmaßnahmen der Bevölkerung an vormaligen NS-Rädelsführern. Beispielsweise wurde eine Polizeipatrouille am . Mai Zeuge, wie eine Gruppe von Leuten einen Mann an einem Pfahl erhängten und ein Schild mit der Aufschrift „Das ist ein ‚Werwolf‘“ an seinem Körper anbrachte. Die Patrouille versuchte, in die Situation einzugreifen, doch die schwer bewaffneten Täter wiesen sich als Polizisten aus und befahlen der Patrouille unter Androhung von Waffengewalt, sich zu entfernen. Der Erhängte erwies sich als NSDAP-Mitglied, Eigentümer eines Geschäfts und ehemaliger Ortsgruppenleiter, der unter den Bewohnern seines Viertels eine aktive NS-Propaganda betrieben hatte. Die sowjetischen Organe der Spionageabwehr berichteten, man habe „interessantes Informationsmaterial über die Reaktion der deutschen Bevölkerung auf die Einrichtung von Polizei- und Gerichtsorganen“ erhalten. „Diesem Material zufolge ist die Mehrzahl der Aussagen positiv. Die Schaffung eines Gerichtswesens und einer Staatsanwaltschaft, wie auch von Polizeiorganen, wird seitens der Bevölkerung als Bestätigung dafür gesehen, dass die öffentliche Ordnung in Berlin wieder vollständig hergestellt wurde.“ Zeitgleich berichtete die Spionageabwehr über den Fortgang der Schaffung von Organen der örtlichen Selbstverwaltung. Im Dokument heißt es, dass „in großen Ortschaften und Städten Mitte Mai  eine Zivilverwaltung organisiert wurde. Man setzte Bürgermeister, Polizeichefs, Richter, Staatsanwälte und andere ein. Für die Berufung in diese Ämter wurden Antifaschisten, ehemalige Kommunisten oder Mitglieder der sozialdemokratischen Partei sowie parteilose Arbeiter und Intellektuelle (Juristen, Ärzte u. ä.) ausgewählt.“ Mit dem Einzug der Roten Armee in Brandenburg errichtete man umgehend einen Verwaltungsapparat – einen Magistrat mit  Abteilungen – und ernannte deren Leiter. Gleichzeitig wurden Mängel bei der Arbeit der örtlichen Selbstverwaltung festgestellt, die weitgehend auf die Berufung von ehemaligen NS-Aktivisten in leitende Ämter zurückzuführen waren. So blieb beispielsweise in der Stadt Wildau der frühere Bürgermeister, der die Politik der NS-Regierung aktiv unterstützt hatte, im Amt. Um die sowjetische Besatzungsmacht in Verruf zu bringen, stoppte er die Ausgabe von Lebensmitteln an die Bevölkerung, was in der Stadt eine deutlich antisowjetische Stimmung erzeugte. Nachdem die Situation geklärt werde konnte, wurden den Bewohnern die Gründe für die verspätete Verteilung der Lebensmittel erklärt.



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˙ ‚vervol’fovec‘“. „Werwolf“ war eine  gebildete nationalsozialistische Sabotage- und Ter„Eto rororganisation. CA FSB Rossii, f. , op. , d. , l.  f. Ebd., l. . Ebd., l. . Ebd., l. .

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Die Reorganisation der sowjetischen Staatssicherheit im Mai  wirkte sich deutlich auf die Tätigkeit der in Deutschland stationierten Geheimdienste aus. Die gesamte operativ-tschekistische und ermittlungstechnische Arbeit in der sowjetischen Besatzungszone ging zusammen mit dem Agenten- und Informantennetz, den Ausarbeitungen, dem Personal, den Untersuchungshaftzellen und internen Gefängnissen, dem Vermögen, den Gebäuden und den Sachwerten vom Innenministerium (MVD) der UdSSR an das Ministerium für Staatssicherheit (MGB) der UdSSR über. Eine wichtige Aufgabe der Organe des MGB in Deutschland blieb weiterhin das Sammeln von Informationen über die Stimmung in der Bevölkerung hinsichtlich der Ereignisse auf nationaler und internationaler Ebene. Aus verschiedenen Analysedokumenten zu dieser Frage, die von den Mitarbeitern des MGB in verschiedenen Gebieten zusammengestellt wurden, lässt sich schließen, dass sich ein Großteil der deutschen Bevölkerung der sowjetischen Besatzungsmacht und Militäradministration gegenüber loyal verhielt oder ihre Vorhaben unterstützte. Am . Juli  sprachen Fahrgäste in einer Straßenbahn in Erfurt über den Abzug von Einheiten der Roten Armee aus Thüringen. Einer der Gesprächsteilnehmer sagte: „Wir sollten den Russen nicht böse sein, denn haben sie überall in Deutschland keine schlechte Ordnung eingeführt; das merkt man besonders in Erfurt. Die Amerikaner kümmern sich dagegen nicht darum, Ordnung in ihrer Besatzungszone zu machen, wo Willkür und Übergriffe von Militärbehörden gegen die deutsche Bevölkerung an der Tagesordnung sind. Außerdem bekommen wir von den Russen weitaus mehr Lebensmittel als die Bevölkerung in den westlichen Besatzungszonen. Ich denke, wenn die Russen ganz Deutschland besetzt hätten, wäre das Leben der deutschen Bevölkerung besser.“ Emil Wagner aus Hausenstein sagte zu seinen Arbeitskollegen: „Die Deutschen waren die abscheulichsten Geschöpfe unter allen Völkern der Welt. Wenn in einer Zeitung oder im Radio von den Deutschen die Rede ist, kann man leicht erraten, dass es um unsere Verbrechen auf dem Gebiet anderer Länder geht, die früher von der deutschen Armee besetzt waren. Vor allem gegenüber den Russen haben wir Schuld auf uns geladen, und es ist bezeichnend, dass sich die Russen uns gegenüber nicht so schlimm verhalten.“ Das Schwierigste in Deutschland unmittelbar nach Kriegsende war die Versorgung mit Lebensmitteln. Dieses Problem wurde von den sowjetischen Besatzungsbehörden zuallererst in Angriff genommen. Der nächste Schritt war eine Bodenreform, in deren Ergebnis die Beschlagnahme von Großgrundbesitz und die eine Landzuteilung verkündet wurden. Im Hinblick auf das Ausmaß der durch den Krieg verursachten Schäden war ein Wiederaufbau des Agrarsektors im Land verständlicherweise nicht von heute auf morgen möglich. Mit der äußerst tatkräftigen Hilfe der sowjetischen Behörden konnten die wichtigsten Probleme der deutschen Bauern jedoch gelöst werden: Die Bauern erhielten Land, Vieh, Ausrüstung und Gebäude, bauten neue Häuser und bekamen die Möglichkeit, ihre Felder gegen geringes Entgelt mithilfe von Maschinen zu bestellen.

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Nikita V. Petrov, Jan Fojtcik [Foitzik] (sost.): Apparat NKVD-MGB v Germanii. –. Moskva , S. . CA FSB Rossii, f. , op. , d. , l. . Ebd., l. .

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Alle Maßnahmen der SMAD wurden in der deutschen Bevölkerung erörtert. Das Stimmungsbild der Deutschen wurde festgehalten und von den Organen des MGB einer gründlichen Analyse unterzogen, die Informationsdokumente über die Reaktion der Bürger des Landes auf verschiedene Ereignisse verfassten. Otto Rettling aus Teicha war überzeugt: „In unserer Zone wurde die Bodenreform vollständig durchgeführt und das Land von Großgrundbesitzern und führenden Nazis beschlagnahmt. Große Anwesen wurden aufgeteilt und jeder, der wollte, konnte Neubauer werden und bekam etwa  bis  Morgen Land zugeteilt. Das Land wird an alle kostenlos als ihr Eigentum laut Urkunde übertragen. Beschlagnahmte Betriebe werden von den Arbeitern geführt, und die Arbeiter der anderen Betriebe werden von Betriebsräten gelenkt, die zum Wohle des Volkes arbeiten und nicht um des Profits willen.“ Ein Einwohner aus Halle namens Hagen bekräftigte: „Hauptsache ist, dass die Bausteine für die Zukunft richtig gelegt sind, und darin besteht der Unterschied zwischen der Ostzone und den Westzonen. Wir machen alles bereit für den Aufbau einer sozialistischen Planwirtschaft, während dort kapitalistische Kreise das Sagen haben. Sie erkämpfen sich ihre verlorenen Positionen zurück. Das Wichtigste, was in unserem neuen Staatsgebäude durchgeführt wird, ist die Bodenreform, die alle Feudaljunker vertrieben hat. Die Großkapitalisten und Großbankiers wurden enteignet, und das verschafft uns eine Vormachtstellung gegenüber dem Kleinbürgertum. Es wurde auch eine Schulreform durchgeführt, durch die die geistige Erziehung der heranwachsenden Generation in unserer Hand liegt. Anhand dieser Maßnahmen wird die Entwicklung in der Ostzone deutlich sichtbar. Mir gefällt dieses Leben besser als irgendwo im Ausland, wo die Nazi-Schergen ihre Macht über die unterdrückten Völker zeigen, und es wäre ein Wahnsinn, wenn sie siegen würden.“ Auch im sozialen Sektor machten sich Änderungen bemerkbar. Marianne Greuner aus Sachsen vertrat folgende Ansicht: „Ich bin doch froh, dass ich im Osten bin. In sozialen Angelegenheiten sind wir weit voraus. Umsiedler gelten bei uns nicht als Menschen zweiter Klasse. Die Reaktion kann bei uns nicht so wild ins Kraut schießen wie andernorts. Dieser Fortschritt wurde durch das neue Regime erreicht und macht sich bezahlt.“ Die wirtschaftliche und soziale Umgestaltung ging Hand in Hand mit dem Parteiaufbau und war eng mit Entnazifizierung und Demokratisierung verbunden. Im Jahr  waren in den ostdeutschen Ländern offiziell vier Parteien aktiv. Im April  kam es auf einem Vereinigungsparteitag der Kommunisten und der Sozialdemokraten zur Bildung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. „Die russische Militärverwaltung hilft uns, wo sie nur kann“, sagte Robert Fischer aus Lübben, „und arbeitet auch mit unserer Partei zusammen [. . . ]. Es gab den Zusammenschluss der Kommunistischen und der Sozialdemokratischen Partei zu einer großen Einheitspartei (SED). Das war meiner Ansicht nach der einzig richtige Weg. Nur eine

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starke, einige Partei ist in der Lage, einen aussichtsreichen Kampf gegen die erwachende Reaktion zu beginnen.“ Die Tätigkeit der sowjetischen Strukturen auf deutschem Gebiet war einerseits darauf ausgerichtet, den deutschen Bürgern ein besseres Leben zu ermöglichen, andererseits umfasste sie aber auch die Beschlagnahme von Industrieanlagen, Gebrauchsgütern, Transportmitteln und Rohstoffen als Reparationen. Nicht alle Deutschen waren bereit, sich mit dieser Sachlage abzufinden. Die Organe des MGB in Deutschland untersuchten eine Reihe von Sabotageakten gegen die Demontage von Industriebetrieben. So wurde im Carl-Zeiss-Werk in Jena eine Gruppe von Ingenieuren und Technikern festgenommen, die teure Apparaturen, Instrumente und Geräte vom Firmengelände schaffen wollten. Bei den Ermittlungen sagte einer der Beschuldigten: „Ich wusste, dass die Ausrüstung des Zeiss-Werks früher oder später in die Sowjetunion gebracht würde. Deswegen habe ich ab dem Sommer  mit Ingenieur Schuch verabredet, besonders wichtige Geräte aus dem Werk zu entwenden. Zuvor habe ich mit jedem aus der Gruppe gesprochen und ihnen deutlich gemacht, dass wir die wichtigsten Apparate zur Materialprüfung unbedingt dabehalten müssen und den sowjetischen Behörden keine Möglichkeit geben dürfen, sie zu demontieren.“ Jeder Fall von Sabotage oder Vereitelung von Reparationslieferungen seitens der Leitung oder der Mitarbeiter eines Unternehmens wurde eingehend geprüft. Die Ergebnisse der Überprüfungen durch die SMAD wurden dem Bevollmächtigten des MGB in Deutschland berichtet, wobei an den Untersuchungen bisweilen Mitarbeiter der Staatssicherheitsorgane direkt beteiligt waren. Beispielsweise ging im Dezember  im Operativen Sektor der SMA für das Land Mecklenburg-Vorpommern über den Militärstaatsanwalt der Befehl des Leiters der SMA-Landesverwaltung ein, dass die Führung des Schiffbauunternehmens „Thomsen & Co.“ wegen Vereitelung von Reparationsarbeiten und antisowjetischen Aussagen zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen sei. Nach eingehender Untersuchung fand die Leitung des Operativen Sektors keine Hinweise auf Sabotage in der Tätigkeit der Firmenmitarbeiter, stellte jedoch Unstimmigkeiten bei den Aktivitäten von „Thomsen & Co.“ mit Zulieferfirmen, der Verwaltung für Reparationsleistungen an die SMAD, aber auch technische Störungen der Arbeit fest. Der Tausch von drei Sack Zement durch die Firmenleitung gegen zusätzliche Nahrungsmittel für die Arbeiter konnte nicht als Sabotageakt gewertet werden, und es wurden auch keine antisowjetischen Aussagen festgestellt. Katastrophen wurden gründlich untersucht. So wurde der Unfall eines Getreidezuges am Bahnhof Geschwitz am . Dezember  zuerst für einen Sabotageakt gehalten. Die Untersuchung deckte allerdings eine fahrlässige Ausübung der Dienstpflichten seitens der Eisenbahnverwaltung auf, die einen Zug mit schadhaften Bremsen und einem unerfahrenen Lokführer auf den Weg geschickt hatten, was den Tod von vier Personen zur Folge hatte.

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Am . Januar  weigerten sich mehr als  Mitarbeiter des Stralsunder Sägewerks „Wichert & Nachfolger“ zur Arbeit zu gehen. Nach Klärung der Situation stellten die sowjetischen Verwaltungsorgane fest, dass der Grund für die Haltung der Arbeiter in der prekären materiellen Situation bestand: Die Landwirtschaftsabteilung Stralsund hatte ihre Lebensmittelkarten völlig ungerechtfertigt von Kategorie  auf  (die niedrigste) herabgestuft; zum Arbeitsplatz mussten sie unvollständig bekleidet eine Strecke von  km zurücklegen, es mangelte an Werkzeug, und die versprochenen Weihnachtsrationen hatte der Vorabeiter für sich abgezweigt. Letzten Endes wurde der Firmenleiter Hans Unruh zum für den Streik Hauptverantwortlichen erklärt, der sich nicht für die tatsächliche Situation der Arbeiter interessiert und keine normalen Arbeits- und Lebensbedingungen für die Menschen geschaffen hatte. Wie aus MGB-Dokumenten hervorgeht, betrafen negative Äußerungen der Bevölkerung über die Arbeit der sowjetischen Militäradministration hauptsächlich Maßnahmen zur Demontage von Betrieben, unzureichende Verpflegungsnormen sowie Probleme bei der Belieferung mit Fleisch und landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Meist wurde über einen Mangel an Nahrungsmitteln geklagt, vor allem in den Städten. Nach Angaben der sowjetischen Nachrichtendienste beanstandete ein großer Teil der Bevölkerung der Länder die Versorgung mit Industriegütern und Lebensmitteln. Alfons Nastull aus Halle klagte: „Das nächste Jahr wird uns keine Verbesserung bei den Lebensmitteln bringen. Ich fürchte, dass unsere Bauern nicht in der Lage sein werden, das Getreideaufkommen zu erreichen, welches stark erhöht wurde. Die Bevölkerung ist unzufrieden mit den Maßnahmen, die von den russischen Besatzungsbehörden durchgeführt wurden, weil sie unser Getreide nach Frankreich schicken, in Anbetracht dessen, dass die Amerikaner die französische Bevölkerung nicht mit Lebensmitteln versorgen.“ Hilda Müller aus Meißen sagte: „In der russischen Zone gibt es Fisch anstelle von Fleisch und Eiern, in der amerikanischen Zone ist das nicht er Fall, denn alle Waren, die der Zuteilung unterliegen, werden auch ausgegeben, und Fisch gibt es so viel, dass die Bevölkerung ihn nicht einmal einlöst. Bei uns sind an alldem die sowjetischen Besatzungsbehörden schuld. Die Russen beschlagnahmen alle Lebensmittel und bringen dem deutschen Volk nicht die geringste Erleichterung.“ Einen merklichen Einfluss auf die Stimmung in der deutschen Bevölkerung hatten nicht nur die realen Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch eine Reihe weiterer Faktoren. Erstens wurden von Personen aus dem englischen und amerikanischen Sektor Gerüchte über einen unausweichlichen militärischen Konflikt zwischen Großbritannien, den USA und der UdSSR verbreitet. Zweitens gab es Hassreden gegen die internationalen Friedenskonferenzen von Menschen, die über keinerlei Informationen verfügten, sondern nur darauf aus waren, sowjetischen Politikern die Schuld für jegliches Unglück des deutschen Volkes zuzuschieben. Drittens versuchten einige Personen, das Volk wegen des Lebensmittelmangels, der ausstehenden Lieferung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie

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der Herstellung von Material, das teilweise als Reparationsleistung an die Sowjetunion ging, aufzuhetzen. Es wurde zum offenen Kampf gegen das Besatzungsregime aufgerufen und über die angeblich unzumutbaren Steuern sowie über die Verschickung von Jugendlichen an einen unbekannten Ort getuschelt; gleichzeitig gab es Loblieder auf das Leben im englischen und amerikanischen Besatzungssektor. Um die Politiker der UdSSR in Deutschland zu diskreditieren, wurden zudem aus dem amerikanischen und englischen Sektor stammende antisowjetische Flugblätter verteilt. Infolgedessen stützte sich die Meinung der Deutschen über die Situation im Land und das Vorgehen der sowjetischen Besatzungsbehörden nicht immer auf zuverlässige Fakten, sondern ging häufig auf Gerüchte und offene westliche Propaganda zurück. Im Juni  wurde ein Deutscher namens Brauntusche mit einem Brief seiner Mutter beim Leiter der Operativen Gruppe des NKVD für den . Berliner Bezirk vorstellig, in dem es hieß: „Mir ist zu Ohren gekommen, dass in naher Zukunft, etwa in einer Woche, alle jungen Männer der Stadt Berlin nach Russland gebracht werden. Ich habe zwei Söhne im Alter von  und  Jahren. Ich habe keinen Mann und all meine Hoffnung liegt nun auf meinem älteren Sohn. Mein Sohn war nie Mitglied in irgendeiner Partei. Ich bitte Sie, mir zu helfen, damit mein Sohn bei mir bleiben kann. Man sagt, das Gerücht, dass die Jugendlichen nach Russland gebracht werden, kommt von Ihnen.“ Eine Überprüfung des im Brief dargestellten Sachverhalts ergab, dass keiner der Vertreter der sowjetischen Behörden über diese Angelegenheit mit der örtlichen Bevölkerung gesprochen hatte, da es überhaupt keine Pläne gab, deutsche Jugendliche nach Russland zu bringen. Die sowjetischen Besatzungsbehörden mussten Aufklärungsarbeit unter den Berlinern durchführen, damit sich diese unbegründeten Ängste nicht in ganz Deutschland verbreiteten. Allerdings hielten sich verschiedenste panische Gerüchte in der deutschen Bevölkerung noch lange. Einen erheblichen Einfluss auf die Stimmung der Berliner hatte auch die Presse der Alliierten. Auf der Titelseite der „Allgemeinen Zeitung“ vom . September  wurde unter der großen Überschrift „Amerikanischer Weizen für Deutschland“ ein Bericht der Wirtschaftsabteilung der amerikanischen Armee abgedruckt. In dem Artikel hieß es, dass im Laufe eines Monats  Tonnen Weizen nach Europa importiert und von den englischen, amerikanischen und französischen Behörden an die Zivilbevölkerung der entsprechenden Zonen verteilt würden. Nach dem Einmarsch der Alliierten in die Besatzungszonen Berlins gingen in diesen Zonen schnell Gerüchte über Vergünstigungen und eine Verbesserung der materiellen Situation der Bevölkerung in der amerikanischen und englischen Zone um. In Gesprächen wurden haltlose Anschuldigungen gegen die Rote Armee erhoben, die angeblich das deutsche Volk vernichten wolle, indem sie ihm Lebensmittel und Gebrauchsgüter wegnehmen würde. Diese Informationen wurden auch von den amerikanischen und englischen Militärs selbst verbreitet. So wurde der Mediziner Professor Walter in einem Berliner Café Zeuge eines Gesprächs zwischen zwei Militärangehörigen der britischen Armee und einer Gruppe deutscher Frauen: „Die Engländer sprachen lautstark über die fehlende Kultur 

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der Russen und über Fälle, in denen russische Militärbehörden angeblich Lieferungen von Butter und anderen Lebensmitteln beschlagnahmt hätten, die von den britischen Militärbehörden an die hungernde Bevölkerung Berlins geschickt worden seien.“ Ende August  fand in der britischen Zone Berlins die erste öffentliche Kundgebung der Christlich Demokratischen Union statt. Der Vorsitzende des Bezirkskomitees der Partei, Even, übte harsche Kritik an den sowjetischen Behörden der benachbarten Zone, an den Kommunisten und an der Roten Armee, wobei er offenbar vergaß, dass die sowjetischen Soldaten unter Einsatz ihres Lebens drei Monate zuvor ganz Europa den Frieden gebracht hatten. Es ist vollkommen klar, dass die Aussagen antisowjetisch eingestellter Politiker und Militärangehöriger augenblicklich zu den Einwohnern Ostberlins und der gesamten sowjetischen Besatzungszone durchdrangen und einen „entsprechenden Einfluss auf die Stimmung der Zivilbevölkerung“ ausübten, wie die „Smerš“-Organe anmerkten. Allerdings gab es neben den positiven Informationen aus den Westzonen ebenso viele negative Nachrichten, die in der Regel in Briefen von Verwandten und Bekannten, die in der britischen oder amerikanischen Zone lebten, enthalten waren. Somit empfanden bei Weitem nicht alle Bewohner der Ostzone das Leben im Westen als unbeschwert und fortschrittlich. Von derartigen Gemütslagen berichteten die Organe der sowjetischen Staatssicherheit auch an die Führung des Landes. So hieß es in einem Brief der stellvertretenden Oberbürgermeisterin Louise Schroeder: „Hilferuf der Bevölkerung des Bezirks Reinickendorf! Seit Beginn der französischen Besatzung werden Räume und Wohnungen beschlagnahmt. Dadurch verlieren Tausende Deutsche ihre Wohnung und ihr Mobiliar. Das Wort ‚Humanität‘, das von den Franzosen so gerne wiederholt wird, ist zu etwas geworden, das nur dem Namen nach besteht und von den Deutschen als hohle Phrase betrachtet wird. Das erzeugt lediglich Hass und eine neue Welle des Nationalsozialismus.“ Zweifelsohne gab es einige objektive Faktoren, die das Missfallen der örtlichen Bevölkerung hervorriefen. In erster Linie waren dies rechtswidrige Handlungen von Angehörigen der Roten Armee. Dabei wurde, wie aus Archivdokumenten hervorgeht, jeder derartige Fall von den Strukturen der Gegenspionage und der Militärkommandantur untersucht. Die Organe des MGB in Deutschland reagierten operativ auf alle schriftlichen Beschwerden der deutschen Bevölkerung, und die Schuldigen wurden bestraft. Die Befehle mit den Verkündungen der Urteile des Militärtribunals für Verbrechen von Angehörigen der Roten Armee wurden in der Regel an das gesamte SMAD-Personal weitergegeben. So zum Beispiel im Prozess gegen den Soldaten Savčenko, der eine deutsche Familie ausgeraubt und ermordet hatte und für sein Verbrechen zum Tod durch Erschießen verurteilt wurde; oder im Prozess gegen den Sergeanten Kulik und des Obersergeanten Šmargun, die an Diebstählen beteiligt gewesen waren und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurden; und weitere Fälle.

   

CA FSB Rossii, f. , op. , d. , l. . Ebd., l. . CA FSB Rossii, f. -os, op. , d. , l. . CA FSB Rossii, f. , op. , d. , l.  f.

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Mit dem Befehl des Obersten Chefs der SMAD vom Juli  wurde der Kampf gegen Kriminalität, außergewöhnliche Vorkommnisse und unmoralische Erscheinungen in den Einheiten, Einrichtungen und Militärkommandanturen der SMAD verschärft. Oftmals versuchten die deutschen Behörden, die auf dem Gebiet ihrer Verwaltungseinheiten entstandenen Probleme den Russen anzulasten und lieferten der örtlichen Bevölkerung damit einen Grund für feindselige Äußerungen gegen die sowjetische Besatzungsmacht. Spontane Kundgebungen der deutschen Bevölkerung blieben seitens der sowjetischen Geheimdienste nicht unbemerkt. Die Gründe für derartige Ereignisse wurden genau untersucht, Zeugen befragt und die daraus gezogenen Schlüsse sowohl den Organen der SMAD als auch den deutschen Behörden mitgeteilt. So kam es  im Landkreis Pirna im Bezirk Dresden in der Bevölkerung heftiger Unmut aufgrund der schlechten Organisation der Lebensmittelversorgung auf. In einigen Betrieben ergingen Protestresolutionen, die an die Gewerkschaften weitergeleitet wurden. Hauptsächlich ging es in den Beschwerden um den Nichterhalt von Fetten und Kartoffeln. Vertreter der Firmen „Krause“ und „Hemm“ sowie des Kohlenbergwerks aus dem Bezirk Zwickau, Fabrikarbeiter und Hausfrauen wandten sich an den Minister für Versorgung des Landes Sachsen und an den Landrat. Auf den Versammlungen der Arbeitskollektive wurden unbegründete Vorwürfe gegen die Russen erhoben, die angeblich alle Lebensmittel aus dem östlichen Teil Deutschlands mitnahmen. Die Lage verschärfte sich, und die Mitarbeiter der Kreisabteilung des MGB wurden aktiv. Es konnte ermittelt werden, dass die Kartoffeln gemäß den festgelegten Normen in vollem Umfang an die Bevölkerung ausgegeben worden waren. Jedoch hatte das Kreiskomitee der SED einen Fehler begangen und den Bürgern einen zusätzlichen Zentner Kartoffeln pro Person versprochen, ohne über die entsprechenden Möglichkeiten zu verfügen. Nachdem sie von den Parteiführern derartige Zusicherungen erhalten hatten, wollten die Bürger um jeden Preis das bekommen, was ihnen zustehe. Schwieriger erwies sich die Situation in Bezug auf die fehlende Butter. Die von der sächsischen Regierung zur Ausgabe vorgesehenen Fette waren für die angekommenen Umsiedler aufgebraucht worden. Das Kreiskomitee der SED wie auch der Landrat reagierten nicht auf die zahlreichen Beschwerden der Kreisbevölkerung, unternahmen keinen Versuch, sich untereinander abzusprechen, um dieses Problem zu lösen und ließen die Situation dadurch außer Kontrolle geraten. Eine Intervention der MGB-Abteilung veranlasste die Behörden und Parteistrukturen in Sachsen dazu, verschiedene Möglichkeiten auszuloten und Lebensmittelversorgung der Bevölkerung in geregelte Bahnen zu lenken. Behindert wurde die normale wirtschaftliche Entwicklung des Landes durch Korruption und Gesetzesverstöße vonseiten der örtlichen Beamten. Die Organe des MGB in Deutschland schrieben: „Ein erheblicher Teil der deutschen Bevölkerung ist mit der bei den Institutionen der deutschen Selbstverwaltung herrschenden Situation unzufrieden, vor allem dort, wo es Amtsmissbrauch, Sabotage und Vorherrschaft des feindlichen Elements gibt.“ Beispielsweise wurde festgestellt, dass von der Polizei der Stadt Chemnitz

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alle auf dem Schwarzmarkt konfiszierten Wertgegenstände und Sachen, die der Bewertung und Überstellung an deutsche Geschäfte zum Verkauf an die Bevölkerung unterlagen, zwischen den Polizisten und dem Bürgermeister aufgeteilt wurden. Die Deutschen beschwerten sich: „Ebenso schlecht benehmen sich die Parteiführer der SED: Sie haben sich Autos gekauft, gute Wohnungen bezogen und fahren mit ihren Sekretärinnen durch die Stadt, während die Bevölkerung wegen Benzinmangels keine Lebensmittel geliefert bekommt. Die Arbeiter sagen, dass unsere Führer völlig vergessen haben, dass auch sie einmal Arbeiter waren und genauso weitemachen, wie früher die Nazis.“ Die Organe des MGB in Deutschland merkten an, dass es „zudem spezifische Fakten gibt, die nur für einzelne Länder oder den sowjetischen Sektor Berlins charakteristisch sind“. Als Beispiel wurde eine Statistik zu „negativen Reaktionen“ in Thüringen angeführt. Die sowjetischen Organe hielten die historische Vergangenheit Thüringens für den Grund der Unzufriedenheit seiner Bevölkerung. So habe die nationalsozialistische Partei auf dem Gebiet Thüringens  rund . Mitglieder gezählt;  % des Führungspersonals im Staatsapparat, der Lehrer und Ärzte habe aus Nationalsozialisten bestanden, von . Jugendlichen seien . in der „Hitlerjugend“ gewesen, die in Thüringen entstanden sei. Nach Ansicht der sowjetischen Behörden, „hinterließen die ausschließlich breit angelegte, jahrelange faschistische Propaganda und die massenhaften Eintritte der Bevölkerung in die NSDAP in den Köpfen der Deutschen eine tiefe Spur der faschistischen Ideologie, zu deren endgültiger Eliminierung vonseiten der neuen demokratischen Kräfte enorme Anstrengungen unternommen werden müssen.“ Die internationale Lage sowie die wirtschaftliche Entwicklung befanden sich im Zentrum der Aufmerksamkeit der deutschen Bevölkerung. Die deutschen Bürger diskutierten lebhaft über die Tätigkeit und die Entscheidungen des Rats der Außenminister, eines Organs, das  auf Beschluss der Potsdamer Konferenz eingerichtet worden war und aus den Außenministern der UdSSR, der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Chinas bestand. Die Deutschen hatten die Abkühlung der Beziehungen zwischen den Alliierten bereits während der ersten Außenministerkonferenz in London (. September bis . Oktober ) wahrgenommen. Die zweite Konferenz, die vom . April bis zum . Mai  in Paris stattfand, wurde zu einer Arena der scharfen und intensiven diplomatischen Auseinandersetzungen unter dem ökonomischen und politischen Druck der USA und Englands auf die Länder Osteuropas. Aus dem Operativen Sektor für Berlin sowie anderen Sektoren wurde berichtet, dass die Auftritte von Molotov und Vyšinkij in unterschiedlichen Kreisen diskutiert wurden: unter Arbeitern, Intellektuellen und Studenten. „Der Großteil der demokratischen Schichten der deutschen Bevölkerung“, schrieben die MGB-Organe, „glaubt an einen positiven Ausgang“, obwohl es auch negative Einschätzungen gab, die die Londoner Beratungen sowie die darauf folgenden Konferenzen für einen Betrug am

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deutschen Volk, für eine Farce und den Ausdruck des Strebens der UdSSR hielten, sich deutsche Gebiete einzuverleiben. Die Organe des MGB in Deutschland zitierten die deutsche Bevölkerung im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Rats der Außenminister häufig und übermittelten Auszüge solcher Unterhaltungen an die Zentrale. Die aussagekräftigsten Äußerungen sind in den allgemeinen Analysedokumenten der . Verwaltung des MGB der UdSSR für die sowjetische Führung enthalten: „Amerika hat von allen Staaten das geringste Interesse an einem geeinten Deutschland“, sagte Günther Wittker, Student an der medizinischen Fakultät der Berliner Universität. „Die Forderung Russlands, nicht alle kleinen Staaten an der Prüfung des Entwurfs für einen Friedensvertrag mit Deutschland mitwirken zu lassen, halte ich für richtig, da die unter amerikanischem Einfluss stehenden kleinen Staaten einer Annahme der sowjetischen Vorschläge im Wege stehen würden. Von allen Delegationen nimmt die sowjetische am ehesten die Interessen des deutschen Volkes wahr. Es ist traurig, dass wir Deutschen nicht unsere Meinung äußern dürfen, um irgendeinen Einfluss auf die Londoner Konferenz auszuüben.“ Der Chefredakteur der Zeitung „Der Kurier“, Paul Bourdin, sah keine Perspektive für die Tätigkeit des Rats der Außenminister: „Die Leute irren sich, wenn sie denken, dass die Konferenz in London entweder zu einer Katastrophe oder zur Einheit Deutschlands führen kann. Die Konferenz wird weder zum einen noch zum anderen führen, sondern zu einem faulen Kompromiss. Wenn sie theoretisch denken, dass es ohne Katastrophe oder Krieg unmöglich weitergehen kann, findet die Realität trotzdem den notwendigen Ausweg.“ Doch am häufigsten wurden in allen Schichten der deutschen Gesellschaft die Aussichten auf eine Vereinigung Deutschlands diskutiert, die den Deutschen mit jeder neuen Sitzung des Rats der Außenminister fern und unerreichbar zu erscheinen begann. „Es ist furchtbar, wenn man hört oder liest, dass Deutschland geteilt werden soll“, sagte der Arzt Dr. Schleif aus Halle-Dölau voller Entrüstung, „und dass sich Gruppen und Grüppchen bilden, die nur ihren eigenen Profit im Sinn haben und nicht an das Gemeinwohl denken. Nur die Einheit kann uns stark machen. Die Einheit kann nur dann erreicht werden, wenn jeder einzelne so handelt, als ob das Schicksal des Volkes auf seinen Schultern liege.“ „Inzwischen wird immer klarer, dass Deutschland wirtschaftlich und politisch in einen Ost- und einen Westteil geteilt wird. Wenn mit beiden Teilen Deutschlands jeweils ein separater Frieden geschlossen wird, werden die Zonengrenzen nicht nur nicht hinfällig, sondern wesentlich gefestigt und in echte Staatsgrenzen übergehen, die jede Möglichkeit der freien Bewegung der deutschen Bürger von einem Teil des Landes in den anderen ausschließen. Um die Gunst der deutschen Bevölkerung in Westdeutschland zu gewinnen, wird Amerika Westdeutschland aus ökonomischen und politischen Motiven verschiedene wirtschaftliche Privilegien gewähren: Kredite, Versorgung mit Konsumgütern und Lebensmitteln. Dadurch verstärkt Amerika die reaktionären Kräfte, was die Verbreitung unserer sozialistischen Ideen in der deutschen Bevölkerung Westdeutschlands erschwert oder

  

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unmöglich macht. Das ist eine große Gefahr für uns.“ (Äußerung des Thüringer Regierungsmitglieds Böhme). Man kann nicht eindeutig sagen, dass die Umgestaltungen im Deutschland der Nachkriegszeit erfolgreich oder erfolglos waren, genauso wenig, wie man behaupten kann, die deutsche Bevölkerung hätte die sowjetischen Behörden voll unterstützt oder ihr absolutes Misstrauen entgegengebracht. Jeder Deutsche hatte – ausgehend von seinen Bedürfnissen, seinem Wohlstand, seinen politischen Neigungen und anderen Faktoren – seine eigene Sicht der Dinge. Dies wird auch durch das Datenmaterial der Organe des MGB der UdSSR über die Stimmung in den verschiedenen Schichten der deutschen Bevölkerung bestätigt. Jedoch lässt sich auf Grundlage dieser Dokumente der Schluss ziehen, dass ein Großteil der deutschen Bürger die Bemühungen der einzelnen sowjetischen Verwaltungen, das Leben im Land zu normalisieren, unterstützte und nicht darauf aus war, die Schuld für die Schwierigkeiten – Lebensmittelmangel, Wohnungsprobleme, materielle Unterversorgung – der sowjetischen Besatzungsmacht zuzuschieben. Viel häufiger sahen die Deutschen den Erfolg in ihrer Arbeitsproduktivität und in der persönlichen Verantwortung jedes Einzelnen für den zukünftigen Staat. Günter Fischer aus Schwerin schrieb seiner Mutter nach Österreich: „Im Schnitt dauert mein Arbeitstag  Stunden. Aber wir wissen, wofür wir arbeiten und daher werden wir, wenn es sein muss, auch noch mehr arbeiten. Gegen alle, die denken, dass sie unseren friedlichen, gesunden Wiederaufbau zunichtemachen können, bringen wir die elementare Kraft unserer Arbeit in Stellung. Und ich bin fest überzeugt, dass all diese Störenfriede sich an ihr die Köpfe einrennen werden. Mit Stolz können wir auf die Erfolge blicken, die wir seit Kriegsende in allen Lebensbereichen errungen haben, ohne irgendwelche Schulden zu machen oder in eine wie auch immer geartete Abhängigkeit von einer fremden Macht zu geraten. Zwar hat uns die Sowjetunion tausend Traktoren und einige hundert Lastwagen zur Verfügung gestellt, damit sich unsere Wirtschaft wieder erholen kann. Aber die Zahlungsbedingungen dafür sind absolut reell und ehrlich.“ Ein Einwohner der Stadt Auerbach schrieb an seine in New York lebenden Verwandten: „Insgesamt ist die Lage in unserer Zone nicht so, wie man bei euch schreibt. Ich will dir berichten, wie sich die Russen bei uns benehmen. Wir begegnen ihnen recht selten und in Auerbach gibt es sehr wenige. Glaubt mir, wir haben noch nicht das Geringste davon gespürt, dass wir unter Besatzung leben. Trotz aller Entbehrungen, die wir derzeit ertragen müssen, wollen wir keine nationalsozialistische Regierung mehr. Bei uns herrscht wieder volle Freiheit, genau wie vor dem Krieg. Bestimmten Kreisen gefällt das natürlich nicht. Wir glauben und wissen auch genau, dass die Russen uns helfen werden. Aber wir sind noch nicht so weit, alle Schädlinge unserer Wirtschaft zu vernichten. Dennoch gehen die Dinge gut voran und wir hoffen, dass unsere Leiden bald ein Ende haben werden.“ Im August  erstellten die MGB-Organe in Deutschland einen detaillierten und ausführlichen Bericht über die politische Stimmung der Bevölkerung in der SBZ Deutschlands. Als Grundlage dienten Aussagen von Bürgern über verschiedene Ereignisse im In-

  

CA FSB Rossii, f. -os, op. , d. , l. . CA FSB Rossii, f. , op. , d. , l.  f. CA FSB Rossii, f. , op. , d. , l. .

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und Ausland. Die wesentliche Schlussfolgerung aus diesem Dokument war die wachsende Autorität der Sowjetunion bei der deutschen Arbeiter- und Bauernklasse. Als Beispiele für die „positiven Veränderungen“ im Bewusstsein der Arbeiter und Bauern und ihrer „neuen Beziehung zur Arbeit“ wurden folgende Fakten genannt. „Die Arbeiter in einigen Industriebetrieben der Zone erfüllen in Rekordzeit die industriellen Aufgaben, bleiben bisweilen Tag und Nacht im Betrieb, ohne Bezahlung – für den Fonds des Zweijahrplans – und setzen an den Wochenenden Industrieausrüstungen instand.“ Seitens der Bauern wurde „eine systematische Ausführung der landwirtschaftlichen Lieferungen und ein bedeutender Rückgang von Fällen offenen antisowjetischen Auftretens und feindseliger antidemokratischer Äußerungen“ verzeichnet. Verglichen mit den Jahren  und  verbesserte sich die Stimmung in allen Schichten der deutschen Bevölkerung im Hinblick auf die materielle Situation. Die MGB-Organe schrieben: „Während die Unzufriedenheit mit der Lebensmittelversorgung in den Jahren  und  in einigen Fällen die Grenze passiver Reaktionen überschritt und in Hungerdemonstrationen mündete ( und  in den Städten Schönebeck, Arnstadt, Rudolstadt, Kranichfeld, Schkeuditz u. a.), gibt es solche Sachverhalte  schon nicht mehr, und die Beschwerden über schlechte Ernährung gingen merklich zurück.“ Am . Oktober  wurde die Deutsche Demokratische Republik gegründet. Die Teilung des Landes, die schon die letzte Pariser Konferenz des Rats der Außenminister nicht mehr hatte verhindern können, hatte nun ihren Abschluss gefunden. Grundlegende Veränderungen im Leben der Deutschen fanden erst Jahrzehnte später statt – Ende der er-/Anfang der er-Jahre – dem Zeitpunkt, seitdem die Trennung Deutschlands der Vergangenheit angehört. Jedoch bekam der wiedervereinte Staat in vollem Umfang den Einfluss des Erbes zu spüren, das nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden war, als die Siegermächte das Land in zwei entgegengesetzte Lager geteilt hatten. Wichtig für die Aufarbeitung der Geschichte Deutschlands in den Nachkriegsjahren ist heute eine Analyse aller Aspekte der Politik der Besatzungsmächte, wofür eine Untersuchung der Stimmung in allen Schichten der deutschen Gesellschaft im entsprechenden Zeitraum eine unabdingbare Voraussetzung ist.

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Andreas Malycha Zur sozioökonomischen Situation in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)/DDR  bis   Die wirtschaftliche Ausgangslage Bereits seit dem Ausgang des . Jahrhunderts hatte sich auf dem späteren Territorium der sowjetisch besetzten Zone ein starkes Nord-Süd-Gefälle herausgebildet, das bis in die er-Jahre des . Jahrhunderts fortwirkte. Während der nördliche Teil (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern) vorwiegend agrarisch geprägt war, gehörte der südliche Teil (Sachsen, Thüringen und Teile Sachsen-Anhalts) während und unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu den industriell stark entwickelten Teilen Deutschlands. Hier waren insbesondere die neuen Industriebranchen (Maschinenbau, Fahrzeugbau, Chemische Industrie, Elektroindustrie, Feinmechanik/Optik) konzentriert. Im Unterschied zur metallverarbeitenden Industrie (Werkzeugmaschinenbau, Fahrzeugindustrie) sowie zur Leichtindustrie (Textilindustrie, Konsumgüterindustrie, Feinmechanik/ Optik) war die Schwerindustrie nur schwach entwickelt. Die Kriegszerstörungen in der Industrie waren in der SBZ bis zum Kriegsende relativ gering und betrugen etwa  % des  vorhandenen Industriepotentials. Die ostdeutschen Industriestandorte waren allerdings stark von innerdeutschen Zulieferungen, vor allem aus dem Westteil Deutschlands abhängig. Nachdem die Roh- und Grundstofflieferungen aus den westlichen Industrierevieren aufgrund unterbrochener Verkehrswege ausgeblieben waren und die Industrieanlagen nur notdürftig repariert werden konnten, kam das Wirtschaftsleben in den von der weiterverarbeitenden Industrie geprägten Wirtschaftszentren in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin nur schwer wieder in Gang. Besonders nachteilig wirkte sich nun die historisch gewachsene Arbeitsteilung aus: Die Industriestandorte in Sachsen und Thüringen waren bis  von Rohstoffen (Steinkohle, Eisenerz, Stahl) aus dem Westen bzw. Osten abhängig. Die vergleichsweise günstige Ausgangslage veränderte sich allerding aufgrund von Demontagen industrieller und infrastruktureller Anlagen rasch. Durch umfangreiche De-



 

Vgl. Werner Matschke: Die industrielle Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) von  bis . Berlin . Vgl. André Steiner: Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR. München , S. . Vgl. ebd., S. .

https://doi.org/./-

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montagen von etwa . Betrieben reduzierte sich das  vorhandene industrielle Anlagevermögen bis  um fast ein Drittel. Unter Berücksichtigung der Kriegsschäden und der Abschreibungen sanken die industriellen Kapazitäten in der SBZ bis  auf die Hälfte des Stands von . Die letzten Demontagen von Industrieanlagen wurden im Frühjahr  durchgeführt. In den Westzonen dagegen übertraf der Bestand des Anlagevermögens  den Stand von  um rd.  %. Als weitere Belastung kamen in der SBZ die enormen Reparationsleistungen hinzu, welche  die Hälfte des Bruttosozialprodukts der SBZ ausmachten. Damit musste das von der Sowjetunion besetzte Gebiet zur Wiedergutmachung der vom Deutschen Reich im Krieg verursachten Schäden unvergleichlich mehr beitragen als die Westzonen. Unter diesen Voraussetzungen erreichte die Industrieproduktion der SBZ Ende  immerhin  % des Standes von . Nach Stagnation und allmählichem Anstieg erreichten im Oktober  die Produktionszahlen etwa zu zwei Drittel den Vorkriegsstand. In den westlichen Besatzungszonen hingegen übertraf die Industrieproduktion im Laufe der ersten Nachkriegsjahre bis  bereits den Vorkriegsstand. Schon bald nach Kriegsende griff die Besatzungsmacht in den Wirtschaftskreislauf ein. Begonnen wurde mit der Verstaatlichung der Banken und Sparkassen im Juli . Im Oktober  stellte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Weichen für eine Staatswirtschaft. Durch entsprechende Befehle verfügte sie die Beschlagnahme des Eigentums des deutschen Staates, der NSDAP und ihrer Amtsleiter sowie der Wehrmacht. Die Enteignung betraf ebenfalls große Betriebe der Schwer- und metallverarbeitenden Industrie, die nach einem Volksentscheid in Sachsen (. Juni ) in Staatseigentum überführt wurden. Offiziell galten sie als „Volkseigentum“, faktisch unterstanden sie deutschen oder sowjetischen Verwaltungsorganen. Zahlreiche Großbetriebe, die insgesamt mehr als ein Viertel der gesamten Industriekapazität der SBZ ausmachten, gingen direkt als Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) in sowjetisches Eigentum über. Eigentümerin der rund  Betriebe der Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) war die „Verwaltung des sowjetischen Vermögens in Deutschland“ als Teil der „Hauptverwaltung 



  

 



Vgl. Jochen Laufer: Von den Demontagen zur Währungsreform – Besatzungspolitik und Sowjetisierung Ostdeutschlands –. In: Michael Lemke (Hrsg.): Sowjetisierung und Eigenständigkeit in der SBZ/DDR (–). Köln u. a. , S. . Vgl. Rainer Karlsch: Allein bezahlt? Die Reparationsleistungen der SBZ/DDR –. Berlin , S. . Vgl. ebd. Vgl. ebd., S. . Vgl. Wolfgang Zank: Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland –. Probleme des Wiederaufbaus in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. München , S. ; Albrecht Ritschl: Aufstieg und Niedergang der Wirtschaft der DDR. Ein Zahlenbild –. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte , H. , S. . Vgl. Zank, Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland –, S. . Vgl. den Befehl Nr.  des Obersten Chefs der SMAD vom . Okt. . In: Horst Möller, Alexandr O. Tschubarjan (Hrsg.): SMAD-Handbuch. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland –. München , S. . Vgl. Rainer Karlsch, Johannes Bähr: Die Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) in der SBZ/DDR. In: Karl Lauschke, Thomas Welskopp (Hrsg.): Mikropolitik in Unternehmen. Ar-

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des sowjetischen Vermögens im Ausland“ beim Ministerrat der UdSSR. Bis  wurden die SAG-Betriebe sukzessive der ostdeutschen Wirtschaftsverwaltung übergeben. Nicht nur in Sachsen, auch in den anderen Ländern der SBZ gelangten bis Frühjahr  rund . Unternehmen wichtiger Wirtschaftszweige in Staatsbesitz. Ihr Anteil an der Industrieproduktion betrug zu diesem Zeitpunkt etwa  %. Die administrativen Eingriffe in die Wirtschaft führten bis zum Ende der er-Jahre zu einem gravierenden Wandel der Eigentumsordnung, der sich dann auch in den er-Jahren fortsetzte. Die Enteignung der beschlagnahmten Betriebe verstärkte die Unsicherheit unter privaten Unternehmern, Gewerbetreibenden und Selbstständigen, die in großer Zahl in die Westzonen abwanderten. Die Abwanderung musste negative Auswirkungen auf den gesamten Versorgungsbereich haben, da der Anteil des privaten Kapitals in der Leicht- und Lebensmittelindustrie überdurchschnittlich hoch war. Er lag im Jahre  noch bei , % (Leichtindustrie) bzw. , % (Nahrungs- und Genussmittelindustrie). Der Anteil der privaten Wirtschaft am Nationaleinkommen der DDR lag selbst  noch bei , %, da sich zu diesem Zeitpunkt das Handwerk noch zu  %, die Landwirtschaft (gemessen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche) noch zu , % und der Einzelhandelsumsatz zu , % in Privathand befanden. Anteil des staatlichen und privaten Sektors an der Produktion der Industriebetriebe im Jahr  (industrielle Bruttoproduktion) Industrieller Sektor

Staatlich

Privat

Grundstoffindustrie Metall verarbeitende Industrie Leichtindustrie Lebensmittelindustrie Industrie insgesamt

, , , , ,

, , , , ,

Die Staatsbetriebe bildeten die industrielle Basis für eine neue Wirtschaftsordnung nach dem Modell der Planwirtschaft in der Sowjetunion. Der „Zweijahrplan der Volkswirtschaft“ für die Jahre / markierte deutlich sichtbar den Übergang von der noch durch die Kriegswirtschaft geprägten dezentralen Bewirtschaftung zur zentralen Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild. SED und SMAD versuchten mit diesem „Zweijahrplan“ als neue Form eines Wirtschaftstyps aber nicht nur die Wirtschaft zentral zu len-



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beitsbeziehungen und Machtstrukturen in industriellen Großbetrieben des . Jahrhunderts. Essen , S. –. Vgl. Jan Foitzik: Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) –. Struktur und Funktion, Berlin , S. –. Vgl. Jörg Roesler: Die Herausbildung und Festigung der sozialistischen Planwirtschaft in der Industrie der DDR in den Jahren – [Habilitationsschrift, Humboldt-Universität zu Berlin]. Berlin , S. . Vgl. ebd., S. . Vgl. ebd., S. .

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ken, sondern zugleich die Defizite in der Wirtschaftsstruktur, die durch die zerrissenen traditionellen Wirtschaftsverflechtungen entstanden waren, durch den Aufbau eigener industrieller Kapazitäten auszugleichen.

 Institutionen einer zentralen Wirtschaftsverwaltung Mit den Dienststellen der SMAD in Berlin-Karlshorst und der ihnen zunächst als beratende Organe zugeordneten deutschen Zentralverwaltungen entstanden im Sommer  in der SBZ erste Institutionen einer zentralisierten Wirtschaftsverwaltung. Die / gegründeten  Zentralverwaltungen existierten zunächst als voneinander unabhängige Geschäftsbereiche ohne gemeinsame Leitung. Sie nahmen Koordinationsaufgaben wahr und sollten SMAD-Befehle sowohl vorbereiten als auch umsetzen. Um eine einigermaßen koordinierte industrielle Produktion und damit die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, war eine überregionale Wirtschaftslenkung notwendig. Nicht zuletzt entsprach es den Interessen sowjetischer Besatzungspolitik, zonale wirtschaftslenkende Institutionen zu schaffen, um die sowjetischen Reparationsansprüche aus der laufenden Industrieproduktion in der SBZ befriedigen zu können. Die Ansätze im übergreifenden zonalen Rahmen scheiterten bis zum Frühjahr  allerdings an den wirtschaftspolitischen Eigeninteressen der Sowjetischen Militäradministrationen der Länder (SMA) als auch an den im Vergleich zu späteren Jahren starken Gesetzgebungskompetenzen der Länderregierungen. Die Wirtschaftsministerien der Lan-

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Vgl. Bernd Niedbalski: Deutsche Zentralverwaltungen und Deutsche Wirtschaftskommission (DWK). Ansätze zur zentralen Wirtschaftsplanung in der SBZ –. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –; Wolfgang Zank: Wirtschaftliche Zentralverwaltungen und Deutsche Wirtschaftskommission (DWK). In: Martin Broszat, Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands –. München , S. –; Jan Foitzik (Hrsg.): Sowjetische Kommandanturen und deutsche Verwaltung in der SBZ und frühen DDR. Berlin/München . Zentralverwaltungen existierten für: Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Verkehrswesen, Postund Fernmeldewesen, Brennstoff und Energie, Handel und Versorgung, Finanzen, Arbeit und Sozialfürsorge, Gesundheitswesen, Volksbildung, Justiz, Statistik, Inneres, Interzonen- und Außenhandel. Vgl. Rainer Karlsch: Umfang und Struktur der Reparationsentnahmen aus der SBZ/DDR –. Stand und Probleme der Forschung. In: Christoph Buchheim (Hrsg.): Wirtschaftliche Folgelasten des Krieges in der SBZ/DDR. Baden-Baden , S. –; Jochen Laufer: Politik und Bilanz der sowjetischen Demontagen in der SBZ/DDR –. In: Ders., Rainer Karlsch (Hrsg.): Sowjetische Demontagen in Deutschland –. Hintergründe, Ziele und Wirkungen. Berlin , S. –; Jan Foitzik (Hrsg.): Sowjetische Interessenpolitik in Deutschland –. München , S. –. Die Ansätze zur zentralen Wirtschaftsverwaltung in der SBZ – sind in der Literatur bereits vielfach beschrieben worden: Wolfgang Zank: Wirtschaftsplanung und Bewirtschaftung in der Sowjetischen Besatzungszone – Besonderheiten und Parallelen und Vergleich zum westlichen Besatzungsgebiet –. In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschich-

Zur sozioökonomischen Situation in der SBZ/DDR  bis 

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desregierungen ignorierten – in der Regel mit Wissen und Rückendeckung der SMA – nicht selten Anordnungen der Deutschen Zentralverwaltung für Industrie, insbesondere die zentralen Vorgaben zu den erstmals aufgestellten Quartalsplänen für das Jahr , die Produktionskennziffern und Rohstoffzuteilungen in der Industrie im staatlichen Sektor fixierten. Hinzu kamen unkoordinierte Demontagen, willkürliche Eingriffe verschiedener sowjetischer Besatzungsorgane in die Wirtschaft und eigenmächtige Beschlagnahmungen untergeordneter sowjetischer Dienststellen, die eine Wirtschaftslenkung bestenfalls im regionalen Rahmen zuließen. Indem die Wirtschaftsverwaltung der SMAD Preiskontrolle und Güterbewirtschaftung anordnete, lässt sich eine gewisse Kontinuität zur Praxis der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft nachzeichnen. Jedoch wurden die zentralen Institutionen der nationalsozialistischen Wirtschaftslenkung (Reichwirtschaftsministerium, Reichswirtschaftskammer mit den untergliederten Reichsgruppen) aufgelöst und ein bedeutender Teil der Industriebetriebe fiel in die Verfügung der Länder, sodass für die Fortführung der NS-Kriegswirtschaft zunächst keine zonenübergreifend wirkenden Instrumente zur Verfügung standen. Auch die regionalen Wirtschaftsverbände wurden im ersten Quartal des Jahres  aufgelöst und deren Vermögen zugunsten der Länder und Provinzen beschlagnahmt. Insofern konnten die im Sommer  entstandenen sowjetischen und deutschen Wirtschaftsverwaltungen nicht direkt an die zwangswirtschaftlichen Lenkungsinstrumente der NS-Kriegswirtschaft anknüpfen.

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te  (), S. –; Klaus Holzwarth: Die Anfänge der zentralen Wirtschaftsplanung in der SBZ. In: Buchheim (Hrsg.), Wirtschaftliche Folgelasten des Krieges in der SBZ/DDR, S. –; André Steiner: „[. . . ] Der Gefahr von Krisen zu begegnen.“ Die Etablierung der Planwirtschaft in der SBZ/DDR. Ablauf und Erwartungen. In: Jürgen Elvert, Friederike Krüger (Hrsg.): Deutschland –. Von der Zweistaatlichkeit zur Einheit. Stuttgart , S. –. Vgl. André Steiner: Zwischen Länderpartikularismus und Zentralismus. Zur Wirtschaftslenkung in der SBZ bis zur Bildung der Deutschen Wirtschaftskommission im Juni . In: Aus Politik und Zeitgeschichte , H. /, S. –. Vgl. Friederike Sattler, Demontagen und Reparationsentnahmen als Problem der beginnenden Wirtschaftsplanung in der SZB. Das Beispiel der Provinz Brandenburg (–). In: Karlsch, Laufer (Hrsg.), Sowjetische Demontagen in Deutschland –, S. –; Rainer Karlsch: Rekonstruktion und Strukturwandel in der sächsischen Industrie von  bis Anfang der sechziger Jahre. In: Werner Bramke, Ulrich Heß (Hrsg.): Wirtschaft und Gesellschaft in Sachsen im . Jahrhundert. Leipzig , S. –. Vgl. Jürgen Schneider: Von der nationalsozialistischen Kriegswirtschaftsordnung zur sozialistischen Zentralplanung in der SBZ/DDR. In: Ders., Wolfgang Harbrecht (Hrsg.): Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik in Deutschland (–). Stuttgart , S. –. Vgl. Rüdiger Schmidt: Vom „autoritären Korporatismus“ zur Planökonomie: Der gewerbliche Mittelstand in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. In: Dierk Hoffmann, Hermann Wentker (Hrsg.): Das letzte Jahr der SBZ. Politische Weichenstellungen und Kontinuitäten im Prozess der Gründung der DDR. München , S. . Darauf verweist zu Recht André Steiner: Die Deutsche Wirtschaftskommission zwischen realwirtschaftlichen Zwängen und machpolitischen Ambitionen. In: Detlev Brunner, Werner Müller,

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Andreas Malycha

Mit seinem Befehl Nr.  vom . Juni  gestattete der Oberste Chef der SMAD, Vasilij D. Sokolovskij, die Bildung der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK), in die nunmehr die Zentralverwaltungen für Industrie, Verkehr, Brennstoffe und Energie, Landwirtschaft sowie Handel und Versorgung einbezogen wurden. Die DWK-Gründung folgte deutschlandpolitischen Kalkülen der Sowjetunion, denn sie erfolgte erst, nachdem es auf der Moskauer Konferenz der Außenminister (. März bis . April ) nicht zu einer Einigung über die Bildung gesamtdeutscher Zentralverwaltungen gekommen und am . Mai  der Wirtschaftsrat der Bizone geschaffen worden war. Die Wirtschaftskommission sollte der SMAD „die zonalen Produktions- und Verteilungspläne“ sowie die „Entwürfe der Anweisungen über prinzipielle Wirtschaftsfragen der Zone“ zur Bestätigung vorlegen. Die DWK und die mit ihr zusammengeschlossenen Zentralverwaltungen hatten wie bisher lediglich koordinierende Funktionen, denn nach wie vor waren die Landesregierungen für die Aufstellung und Durchführung der Produktions- (Wirtschafts-) und Verteilungspläne zuständig. Ihre Kompetenzen verblieben im Rahmen derer, über die die bislang unabhängig operierenden Zentralverwaltungen verfügten. Die zentrale Aufgabe der DWK bestand darin, die zuvor beklagten Diskrepanzen zwischen Produktion, Bedarf und Verteilung in den Plänen und die Differenzen zwischen den Ländern untereinander sowie zwischen zonalen Verwaltungsinstanzen und Länderregierungen zu beseitigen. Die Wirtschaftskommission setzte sich zusammen aus den Präsidenten der genannten Zentralverwaltungen sowie dem Vorsitzenden des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) und dem Vorsitzenden der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB). Die DWK unterstand formell dem Stellvertreter des Obersten Chefs der SMAD für Wirtschaftsfragen, Konstantin I. Koval’. Die unmittelbare Aufsicht wurde dem Leiter der Planökonomischen Verwaltung (Abteilung) der SMAD übertragen. Die konstituierende Sitzung der DWK fand am . Juni  statt und fixierte ihr Tätigkeitsfeld auf die Erledigung eng begrenzter ökonomisch-organisatorischer Aufgaben, beispielsweise der Kohleversorgung. Als mit der Proklamation Nr.  der amerikanischen Militärregierung sowie der gleichlautenden Verordnung Nr.  der britischen Militärregierung vom . Februar  die Kompetenzen des Frankfurter Wirtschaftsrates erweitert wurden, waren deutschlandpolitische Rücksichtnahmen aus sowjetischer Sicht nun nicht mehr erforderlich, um die zentrale Wirtschaftsverwaltung auszubauen. Mit dem Befehl Nr.  vom . Februar 

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Andreas Röpcke (Hrsg.): Land – Zentrale – Besatzungsmacht. Landesverwaltung und Landesregierung in der Sowjetischen Besatzungszone. Frankfurt a. M. , S. . Vgl. Norman M. Naimark: Die Russen in Deutschland. Die sowjetische Besatzungszone  bis . Berlin , S. –; Foitzik (Hrsg.), Sowjetische Interessenpolitik in Deutschland, S. . Befehl Nr.  des Obersten Chefs der SMAD – des Oberbefehlshabers der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland vom . Juni . Bundesarchiv Berlin (künftig: BAB), DC /. Vgl. Steiner, Die Deutsche Wirtschaftskommission zwischen realwirtschaftlichen Zwängen und machpolitischen Ambitionen, S. . Vgl. Zank, Wirtschaftliche Zentralverwaltungen und Deutsche Wirtschaftskommission (DWK), S. .

Zur sozioökonomischen Situation in der SBZ/DDR  bis 

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ordnete die SMAD eine Reorganisation der DWK an. Der Wirtschaftskommission wurde nun das Recht eingeräumt, „Verfügungen und Instruktionen, die für alle deutschen Organe auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone in Einklang mit der von der Sowjetischen Militärverwaltung festgesetzten Ordnung verbindlich sind, zu beschließen und zu erlassen, sowie deren Durchführung zu prüfen“. Das Plenum der reorganisierten DWK trat auf der konstituierenden Sitzung (. Vollsitzung der DWK) am . März  zusammen. Die wirtschaftlichen Zentralverwaltungen wurden als Hauptverwaltungen vollständig in die DWK integriert und waren an die Beschlüsse des Plenums der DWK bzw. ihres Sekretariats gebunden. Die bisherigen Präsidenten der Zentralverwaltungen wurden in der Regel als Leiter von Hauptverwaltungen übernommen. Die DWK stellte nunmehr eine hierarchisch strukturierte und von der SED dominierte Verwaltungsbehörde dar, an deren Spitze ein Sekretariat als ständiges Leitungsorgan stand. Als ordnungspolitisches Instrument konnte die DWK jedoch nur begrenzt wirksam werden. Willkürakte zonaler und regionaler sowjetischer Besatzungsbehörden untergruben nach wie vor die Autorität der zentralen Verwaltungsbehörde. Der DWK fehlte noch die fachliche Kompetenz, um eine effektive Wirtschaftsverwaltung organisieren zu können. Zwar wurde die Industrieverwaltung auf weitere Bereiche wie die Investitionen, die Finanzen, den Warenumsatz und die Arbeitskräfte ausgedehnt und andere Sektoren wie die Land- und Forstwirtschaft in die zentrale Verwaltung mit einbezogen, doch agierte die DWK bis Oktober  nicht als effektive Behörde einer zentralisierten Wirtschaftslenkung. Zudem wuchsen mit der institutionellen Neuordnung und personellen Ausweitung seit dem Frühjahr  die internen Spannungen, wenn es darum ging, Ressourcen für die einzelnen Fachbereiche aufzuteilen. Ferner machten sich jetzt verstärkt Abstimmungsprobleme und Kompetenzstreitigkeiten bemerkbar, die für die Verwaltungsbürokratie der DDR in den folgenden Jahrzehnten typisch werden sollten. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt traten systembedingte Mängel der bestehenden Wirtschaftsverwaltung zutage, die deutlich machten, wie schwierig es werden würde, die Wirtschaft zentral zu organisieren und zu lenken.

 Die Ausgangslage in der Agrarwirtschaft Die Versorgungslage in der SBZ wurde vor allem durch Kriegsfolgen in der Agrarwirtschaft beeinflusst. Durch die Zerstörung zahlreicher Bauernhöfe in den letzten Kriegswochen fielen sie für die Produktion von Agrargütern aus. Generell fehlten landwirtschaftliche Geräte und Maschinen. Etwa  % aller landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte waren durch den Krieg zerstört worden oder unbrauchbar. Die Düngung der Böden 

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Befehl Nr.  des Obersten Chefs der SMAD über die Zusammensetzung und Vollmachten der DWK vom . Feb. . In: Zentralverordnungsblatt Nr.  (. Mai ), S. . Vgl. das Protokoll der . Vollsitzung der DWK am . März . BAB, DC /. Vgl. Steiner, Die Deutsche Wirtschaftskommission zwischen realwirtschaftlichen Zwängen und machpolitischen Ambitionen, S. . Vgl. Arnd Bauerkämper: Ländliche Gesellschaft in der kommunistischen Diktatur. Zwangsmodernisierung und Tradition in Brandenburg –. Köln , S. .

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mit Stickstoff und Phosphor erreichte nach dem Krieg einen absoluten Tiefstand. Zudem war die Gesamtzahl der Viehbestände in der künftigen SBZ in den beiden letzten Kriegsjahren deutlich gesunken.  betrug der Rückgang bei Pferden  %, bei Rindern  % und bei Schweinen  %. Saatgut und Futtermittel waren äußerst knapp, so dass im Sommer  die landwirtschaftliche Produktion fast vollständig zum Erliegen kam. Die Agrarkrise wurde zudem durch die sowjetische Reparationspolitik weiter verschärft. Soldaten der sowjetischen Besatzungsmacht transportierten Maschinen, aber auch Nutzund Zugtiere ab. Entscheidenden Einfluss auf die Versorgungslage in der SBZ hatte auch die wenige Monate nach Kriegsende begonnene Bodenreform, die zu den zentralen sozioökonomischen Umwälzungen zählte. Durch die im Herbst  begonnene Bodenreform wurden rund . Eigentümer mit einem Besitz von über  ha entschädigungslos enteignet. Aus dem daraus gebildeten Bodenfonds erhielten ca. . Personen , Millionen ha Land, darunter Landarbeiter, Kleinbauern und Vertriebene. Mit der Bodenreform wurde die ökonomische Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe und damit die Agrarwirtschaft in der SBZ radikal und nachhaltig verändert. Bis Anfang  wechselte rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche der SBZ den Besitzer. Die Betriebsgröße der neuen Wirtschaften lag zwischen  und  ha und war damit so klein bemessen, dass sie wirtschaftlich nicht rentabel waren und oft nur zur Selbstversorgung reichten. Die unzureichende Ausstattung mit Maschinen und der niedrige Viehbestand erhöhten den wirtschaftlichen Druck auf diese landwirtschaftlichen Betriebe. Deshalb waren Ende der er-Jahre zahlreiche Bauern gezwungen, ihre Höfe aufzugeben. Da die Erträge durch die Einzelbewirtschaftung nicht die erhofften Größenordnungen erreichten, führte die Bodenreform insgesamt nicht zur Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion und damit auch nicht zur Milderung der Ernährungskrise. Die Ernten von Getreide, Kartoffeln und Feldfrüchten hatten auch noch  den Vorkriegsstand nicht wieder erreicht. Bei der Erfassung landwirtschaftlicher Produkte gab es in der SBZ gestaffelte Pflichtabgaben, die die Bodenqualität sowie die wirtschaftliche und soziale Lage der Bauern berücksichtigten. Landwirte, die ihr Ablieferungssoll nicht vollständig erfüllten, wurden zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt. Die Differenz zwischen Ernteumsatz und Abgabesoll – die sogenannten Freien Spitzen – blieben den Bauern zur freien Verfügung, entweder zur Selbstversorgung oder zum Handel auf „freien Märkten“. Dieses Erfassungssystem sollte materielle Anreize zur Produktionssteigerung bieten und eine Antwort auf den illegalen Schwarzmarkt sein. Der Erfolg der „freien Märkte“ war jedoch begrenzt, denn die Bauern tauschten ihre Produkte weiterhin auf dem Schwarzmarkt, wo sie höhere Preise verlangen 

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Vgl. Theresia Bauer: Blockpartei und Agrarrevolution von oben. Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands –. München , S. . Vgl. Karlsch, Umfang und Struktur der Reparationsentnahmen aus der SBZ/DDR –, S. . Vgl. Günter Trittel: Bodenreform. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Deutschland unter alliierter Besatzung –/. Ein Handbuch. Berlin , S. . Vgl. Bauerkämper, Ländliche Gesellschaft in der kommunistischen Diktatur, S.  Vgl. Bauer, Blockpartei und Agrarrevolution von oben, S. . Vgl. Zank, Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland –, S. .

Zur sozioökonomischen Situation in der SBZ/DDR  bis 

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konnten. Die Schwarzmarktpreise für Konsumgüter betrugen / das Zehnfache des Preisniveaus von . Auf illegalen Schwarzmärkten in den Großstädten kostete Mitte  ein Zentner Kartoffeln etwa  Reichsmark (RM), ein Brot bis zu  RM und ein Pfund Butter oder Fett sogar  RM. Das hierzu benötigte Geld zu beschaffen, erwies sich als außerordentlich schwierig, denn in der sowjetischen Zone bestand ein allgemeiner Lohn- und Preisstopp. Die offiziellen Preise waren amtlich auf dem Niveau von  eingefroren und die Bankkonten gesperrt worden. Die Sperrung der Bankkonten erfolgte in der Absicht, die umlaufende Geldmenge zu begrenzen und den Schwarzmarkt einzudämmen. Die Schließung der Banken traf insbesondere die Inhaber kleiner Konten und damit Angestellte und Arbeiter. Das Monatseinkommen aus geregelter Arbeit betrug ca.  RM, das monatliche Einkommen der Rentner überstieg selten  RM. Florierende Schwarzmärkte und „Hamsterfahrten“ der Städter aufs Land haben sich in die Erinnerung der Zeitgenossen besonders stark eingeprägt. Aus den Erfahrungsberichten über das „Hamstern“ werden die krassen Versorgungsgegensätze zwischen Stadt und Land besonders deutlich, denn auf dem Land trafen die hungerleidenden Städter auf die weitaus besser versorgte Landbevölkerung. Die Anziehungskraft der Schwarzmärkte blieb auch dann noch groß, nachdem im Juni  in Ost-Berlin der erste Laden der staatlichen Handelsorganisation (HO) eröffnet wurde. In den „HO-Läden“ konnte man Lebensmittel und bislang nicht zugängliche Konsumgüter ohne Bezugsscheine oder Karten zu festgesetzten Preisen erwerben, die unterhalb der auf dem Schwarzmarkt bezahlten lagen. Aufgrund des niedrigen Durchschnittseinkommens der Arbeiter und Angestellten hatte allerding nur ein kleiner Teil der Bevölkerung Zugang zu den in den „HO-Läden“ zum Kauf angebotenen Waren.

 Die Ernährungskrise Der damalige Präsident des sächsischen Landesarbeitsamtes, Fritz Selbmann, erinnert sich: „Die letzten Ersparnisse wurden aufgegessen, noch vorhandene Textilien, Bettwäsche und Teppiche vor allem, wurden aufs Dorf gebracht und gegen Lebensmittel eingetauscht, die im Rucksack in die Stadt geschleppt wurden. Überhaupt beherrschte der Schwarzhandel weite Teile des Wirtschaftslebens.“ Hunger, Schwarzmarkt, Hamsterfahrten und Wohnungsnot waren für die Zeitgenossen allgegenwärtig und haben im geteilten Deutschland die kollektive Erinnerung an die Zeit nach dem Krieg maßgeblich geprägt.

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  

Vgl. Rainer Gries: Die Rationen-Gesellschaft. Versorgungskampf und Vergleichsmentalität: Leipzig, München und Köln nach dem Kriege. Münster , S. . Vgl. Christoph Kleßmann: Arbeiter im „Arbeiterstaat“ DDR. Deutsche Traditionen, sowjetisches Modell, westdeutsches Magnetfeld ( bis ). Bonn , S. . Vgl. Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. . Zit. nach: Ebd., S. . Vgl. Lutz Niethammer, Alexander v. Plato (Hrsg.): „Wir kriegen jetzt andere Zeiten“. Auf der Suche nach der Erfahrung des Volkes in nachfaschistischen Ländern. Berlin .

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Die Versorgung mit Nahrungsmitteln unterschied sich in den vier Besatzungszonen je nach Wirtschaftsstruktur und institutionellen Voraussetzungen erheblich. Dabei geben die amtlichen Statistiken mit ihren Angaben bezüglich der durchschnittlich zur Verfügung stehenden Kalorienmenge nur einen groben und sehr undifferenzierten Überblick. Demzufolge war die Ernährungslage Mitte  in der amerikanischen Zone mit rund . Kalorien pro Person und pro Tag am besten, gefolgt von der sowjetischen mit . und der britischen mit . Kalorien. Schlusslicht bildete die französische Besatzungszone mit etwa  Kalorien. Das tatsächliche Ausmaß der Unterversorgung wird deutlich, wenn man in Rechnung stellt, dass der ermittelte Grundbedarf zwischen . und . Kalorien liegt. In seiner vergleichenden Studie über die Versorgungslage in den drei Großstädten München, Köln und Leipzig nach dem Krieg wies Rainer Gries nach, dass es insbesondere die Leipziger und Kölner Bevölkerung war, die die schlimmsten Versorgungserfahrungen nach dem Krieg machen musste. Die Mehrheit der dortigen Bevölkerung war auf die Normalverbraucherkarte um  Kalorien pro Tag angewiesen, die in zeitgenössischen Berichten als „Friedhofsration“ bezeichnet wurde. Schon ältere Studien haben gezeigt, dass in allen vier Zonen die Frauen zur denjenigen Gruppen gehörten, die am meisten unter Hunger und Unterernährung litten. Generell muss in der SBZ von beträchtlichen sozialen Ungleichheiten ausgegangen werden. Zu den Verlierern im sozial abgestuften Versorgungssystem gehörten vor allem jene Bevölkerungsgruppen, die nicht erwerbstätig waren. Die Lebensmittelversorgung wurde zunächst durch Landes- und Kommunalverwaltungen organisiert. Die Versorgungsämter teilten Lebensmittel an Groß- und Kleinhandel zu, stuften die Verbraucher ein und verteilten die Lebensmittelkarten. Bis Ende Oktober  galt das von den Nationalsozialisten eingeführte Rationierungssystem. Am . November  traten einheitliche Versorgungssätze für die SBZ in Kraft. Das über Lebensmittelkarten mit monatlicher Geltungsdauer organisierte Rationierungssystem war nach regionalen und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten ausdifferenziert. In den Städten lagen die Rationen höher als in den ländlichen Gebieten. Die auf den Wohnort bezogene

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 

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Vgl. Martin Broszat, Klaus-Dietmar Henke, Hans Woller (Hrsg.): Von Stalingrad zur Währungsreform. Zur Sozialgeschichte des Umbruchs in Deutschland. München , S. XXVIII (Einleitung). Vgl. Christoph Kleßmann: Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte –. Bonn , S.  f. Vgl. Udo Wengst: Rahmenbedingungen; Sozialpolitische Denk- und Handlungsfelder. In: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und Bundesarchiv (Hrsg.): Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit . Bd. : Udo Wengst (Hrsg.): –. Die Zeit der Besatzungszonen. Sozialpolitik zwischen Kriegsende und der Gründung zweier deutscher Staaten. BadenBaden . Vgl. Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. . Vgl. Thomas Scholze: Zur Ernährungssituation der Berliner nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein Beitrag zur Erforschung des Großstadtalltags (–). In: Jahrbuch für Geschichte  (), S. –. Vgl. Kleßmann, Arbeiter im „Arbeiterstaat“ DDR, S. .

Zur sozioökonomischen Situation in der SBZ/DDR  bis 

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Abstufung der Rationssätze wurde damit begründet, dass in den Großstädten wesentlich schlechtere Lebensbedingungen herrschten als auf dem Lande. Von ausschlaggebender Bedeutung waren die hierarchisch abgestuften Versorgungsgruppen, in die die Bevölkerung eingeteilt wurde. Bevorzugt behandelt wurden die Schwerst- und Schwerarbeiter (Gruppe I und II), gefolgt von den Arbeitern (III) und Angestellten (IV). Das Schlusslicht bildeten Kinder (V) sowie Hausfrauen und Rentner (VI). Für Unmut sorgte die bevorzugte Zuteilung für bestimmte Berufsgruppen, insbesondere für höhere Verwaltungsangestellte sowie Spitzenfunktionäre der Parteien. Auch Wissenschaftler, Lehrer, Ärzte sowie „namhafte Persönlichkeiten der Kunst und Literatur“ kamen in den Genuss der für Arbeiter festgesetzten Rationen. Das in der SBZ im November  eingeführte System feingliedriger Abstufung und Bevorzugung weist starke Gemeinsamkeiten mit dem Rationierungs- und Zuteilungssystem in der Sowjetunion während des Krieges auf. In beiden Systemen wurde die Staffelung der Lebensmittelrationen nach Maßgabe der gesellschaftlichen Bedeutung des Einzelnen vorgenommen. So entwickelten sich Quantität und Qualität der Lebensmittelzuteilung zu gesellschaftlichen Statussymbolen. Der unterschiedliche Zugang zu Nahrungsmitteln verschärfte bestehende und produzierte neue soziale Ungleichheiten. Dieses Kartensystem wurde Ende  abgeschafft und durch eine sogenannte Grundkarte ersetzt, die dem Niveau der vorherigen Kategorie IV entsprach und die durch fünf Zusatzkarten ergänzt wurde (analog zu den bisherigen Kartengruppen). Fast die Hälfte der ausgegebenen Karten entfielen in der SBZ / auf die Gruppe IV. Das Rationierungssystem benachteiligte Frauen, da deren Mehrfachbelastung in Familie und Beruf nicht berücksichtigt wurde. Die festgelegten Verpflegungssätze konnten allerdings selten garantiert werden, da sowohl die Zulieferung als auch die Verteilung mangelhaft waren. Da die zuständigen Verwaltungsorgane nicht in der Lage waren, eine hinreichende Versorgung sicherzustellen, konnten sie keine Autorität aufbauen. Permanente Unterversorgung prägte nach dem Krieg die Alltagserfahrung der städtischen Bevölkerung. In den Großstädten wie Dresden, Berlin und Leipzig entstand ein Klima aus Rationenkampf, Versorgungspanik und Überlebensangst, besonders im harten Winter /. Das Hauptproblem der Ernährungsverwaltung war der Mangel an Kartoffeln, Fett und Fleischprodukten. Monatelanges Ausbleiben der Kartoffelrationen sowie andauernde Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Fleisch- und Molkereiprodukten wirkten sich auf die politische Stimmung in den Städten aus. Auch nach ihrer Erhöhung Anfang Dezember  lagen die Rationssätze für Fleisch und Fett – selbst mit Zusatzversorgung für privilegierte Belegschaftsmitglieder staatlicher Betriebe – noch unterhalb des Notwendigen. Die niedrigen Versorgungssätze, aber auch die Ungleichbehandlung bei der Kartenzuteilung zwang viele dazu, zusätzliche Nahrungsquellen zu erschließen. Auf dem Lande, aber auch in den Städten wurden neue Anbauflächen geschaffen. Die Zahl der Selbst-

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Vgl. Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. . Vgl. Michael Schwartz: Vertriebene und „Umsiedlerpolitik“. Integrationskonflikte in den deutschen Nachkriegs-Gesellschaften und die Assimilationsstrategien in der SBZ/DDR –. München , S. .

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versorger stieg. Eine Reaktion auf die grassierende Lebensmittelknappheit war auch die Gründung der Organisation „Volkssolidarität“, die zusammen mit der Kommunalverwaltung Schulspeisungen durchführte und sogenannte Volksküchen betrieb. In den größeren Betrieben stellten Werksküchen ab Herbst  die Versorgung der Beschäftigten sicher. Außerdem erfolgte über die Betriebe noch vor der Gründung der DDR die Sonderzuteilung von Lebensmitteln und Bekleidung. Die Versorgung der übrigen Bevölkerung wurde dagegen auf einem niedrigen Niveau gehalten. So wurden sogenannte Hamsterfahrten zur Lebensnotwendigkeit für die städtische Bevölkerung. Damalige Schilderungen der Hamsterfahrten veranschaulichen die großen Strapazen, die Städter, insbesondere Frauen, auf sich nahmen, um die Versorgung der Familie ein wenig aufzubessern. So liest sich eine Reportage in der „Leipziger Volkszeitung“ über das legale „Stoppeln“ und „Ährenlesen“ im südöstlichen Umland von Leipzig vom Sommer  wie folgt: Der kleine Wolfgang von gegenüber bringt die Nachricht: heute wird oberhalb Wachau an der Landstraße nach Güldengossa das große Weizenfeld eingefahren [. . . ]. Da heißt es laufen bei  Grad in der Sonne. Den Rucksack um, eine Flasche mit Kaffee drin, die alten Tennisschuhe an den Füßen, das Kopftuch weit ins Gesicht gezogen, so saust man los. [. . . ] Wenn man Glück hat, dann kann man fünf Pfund Korn von einmal Ährenlesen heimbringen. Fünf Pfund Korn! Das wird im Winter die Kleinen daheim eine ganze Reihe von Tagen sattmachen können, wenn es nichts anderes gibt. Und man läuft wieder und wieder, läuft vergeblich und mit Erfolg, bei Hitze und Wind – und ein Stück Brot und ein wenig Suppe für die Kinder. Frauen aller sozialen Schichten sind draußen, fahren und laufen stundenweit, unterernährt und übermüdet, eine Tagesarbeit noch vor sich, wenn sie am späten Nachmittag erschöpft heimkommen. Und ist auch die noch getan, während die Kinder längst schlafen, dann legen sie den schmerzenden Kopf auf die Hände, denken an den Mann, der vielleicht noch in Gefangenschaft ist, sorgen sich um die Ernährung ihrer Lieben im kommenden Winter und können sich nur das eine zum Trost sagen: sie haben getan was sie konnten.

Die Lebensmittelversorgung wurde stark durch die Zerstörung der Transportwege beeinträchtigt. Ende  konnte das Teilstück Leipzig – Berlin der Autobahn von Berlin nach München dem Verkehr übergeben werden. Die Deutsche Reichsbahn litt unter den infolge von Kriegshandlungen zerstörten Strecken und Brücken sowie aufgrund demontierter Schienenwege. Akuter Mangel an Waggons und Lokomotiven zwang zu Einschränkungen beim Güterverkehr. So lösten die im Spätherbst  und  anfallenden Kartoffeltransporte regelrechte Transportkrisen aus. Die sowjetische Führung ließ ab  Nahrungsmittel und Konsumgüter in die SBZ liefern, um die gravierenden Versorgungsengpässe zu überwinden. Bezogen auf den Gesamtbedarf fielen diese Lieferungen allerdings kaum ins Gewicht. Die sowjetischen Lebensmittel wurden zunächst nicht in das kommunale Verteilungssystem eingespeist, sondern als einmalige Sonderzuteilung verteilt. So erhielt jeder Einwohner Leipzigs im Sommer  eine einmalige Zuweisung von  Gramm Gerstenmehl oder Graupen. Eine größere Rolle spielten dann sowjetische Lieferungen bei der Erhöhung der Lebensmit 

Zit. nach: Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. . Vgl. ebd., S. .

Zur sozioökonomischen Situation in der SBZ/DDR  bis 

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telrationen zum . Januar . Stalin bewilligte Hilfslieferungen in die DDR, darunter . Tonnen Brotgetreide und . Tonnen Fett. Für die ostdeutsche Bevölkerung blieb die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln auch nach der Gründung der DDR unzureichend. Um begehrte Güter zu erhalten, waren große Teile der Bevölkerung auch nach der Staatsgründung auf Tauschgeschäfte, illegale Märkte und Hamsterfahrten angewiesen.

 Wohnungsnot Die sozioökonomische Situation in der SBZ war ferner durch eine gravierende Wohnungsnot geprägt. Durch die starken Kriegszerstörungen gingen in den fünf Ländern der SBZ rd. . Wohnungen verloren oder konnten nicht mehr genutzt werden. Gemessen am Wohnungsbestand im Mai  wurden durch Kriegseinwirkungen rd.  % der ehemals vorhandenen , Millionen Wohnungen zerstört. Allerdings existierten große regionale Unterschiede. Im sowjetischen Sektor von Berlin hatten alliierte Luftangriffe fast jede zweite Wohnung vernichtet. In Dresden waren rd.  % und in Dessau  % des Wohnungsbestandes vernichtet worden. Das Wohnungsgesetz des Alliierten Kontrollrates vom März  verfügte die Zwangsbewirtschaftung des gesamten Wohnraums. Seit  zeichnete sich infolge der zunehmenden Westabwanderung eine relative Abmilderung der Wohnungsnot ab. Durch die Abwanderung in den Westen und Umverteilung von Wohnraum sank die Zahl derjenigen, die in Notunterkünften wie Kellern, Bunkern, Garagen, Behelfsheimen, Baracken, Lauben oder Ställen leben mussten. Waren noch im September  rd. , Millionen Menschen in diesen Notquartieren untergebracht, so waren es Ende  .. Allerdings sank zugleich mit der Umverteilung von Wohnraum durch lokale Wohnungsämter auch die für jeden Einwohner zur Verfügung stehende Wohnfläche. Durch den anhaltenden Zustrom von Vertriebenen verschlimmerte sich die Wohnungsnot bis zum Ende der er-Jahre weiter, zumal in den ersten Nachkriegsjahren nur wenige Wohnungen neu gebaut wurden.

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   

Vgl. Dietrich Staritz: Die SED, Stalin und die Gründung der DDR. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B / (..), S. –. Vgl. Günther Schulz, Hannsjörg B. Buck: Wohnungspolitik. In: Wengst (Hrsg.), –, S. . Vgl. ebd., S. . Vgl. Kleßmann, Arbeiter im „Arbeiterstaat“ DDR, S. . Vgl. Schulz, Buck, Wohnungspolitik, S. . Vgl. Oskar Schwarzer: Der Lebensstandard in der SBZ/DDR –. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte , H. , S. .

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Andreas Malycha

 Versorgungskrise und Bevölkerungszuwachs Die Versorgungs- und Ernährungskrise wurde durch die Bevölkerungsbewegungen in der Folge von Aussiedlung und Vertreibung der Deutschen aus den Gebieten östlich der Oder und Neiße und aus dem Sudetengebiet verschärft. Da die SBZ ein Durchgangsgebiet für die Bevölkerungsbewegungen in die Westzonen wurde, ergaben sich weitere gravierende humanitäre Schwierigkeiten. Aufgrund der geographischen Lage mussten bereits bis Ende  , Millionen Menschen aufgenommen und notdürftig versorgt werden. Ende Oktober  hatte die SBZ insgesamt , Millionen Flüchtlinge und Vertriebene zu versorgen, im Frühjahr  waren es , Millionen. Bis Anfang  stieg die Gesamtbevölkerungszahl auf über  Millionen an.  wurden in diesem Raum , Millionen Einwohner gezählt. Die SBZ war in den ersten Nachkriegsjahren somit ein Zuwanderungsland. Außerdem waren weite Teile der SBZ durch die heftigen Kämpfe unmittelbar vor Kriegsende von kriegsbedingten Zerstörungen besonders stark betroffen. Die soziale Infrastruktur war völlig zusammengebrochen. Vor allem in den östlichen Gebieten der SBZ, insbesondere in der Provinz Brandenburg und hier vor allem in den Städten an der Oder fehlten jegliche Lebensmittelvorräte, es gab keine intakte Wasserversorgung, keine medizinische Versorgung sowie kaum Unterkünfte und Transportmittel. Der Zuwandereranteil auf dem Land war – relativ zur Wohnbevölkerung – fast doppelt so hoch wie in den Städten. Das hing mit der katastrophalen Lage in den ausgebombten Großstädten und der vergleichsweise besseren Versorgungslage in den ländlichen Regionen zusammen. Das dünn besiedelte Mecklenburg war mit Abstand am stärksten betroffen: Fast die Hälfte der dortigen Bevölkerung (, %) waren Vertriebene aus den früheren deutschen Ostgebieten und aus der ČSR. Es folgten Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit einer Quote zwischen , und , %. Im bereits zuvor stark besiedelten Sachsen machten die Zuwanderer dagegen nur , % aus. Letztlich konkurrierten die Vertriebenen, aber auch die Evakuierten mit der alteingesessenen Bevölkerung um die knappen Güter (Nahrung, Kleidung, Wohnraum, Arbeit). Für das Phänomen der Zuwanderung fällt ins Gewicht, dass nicht nur die Besitzumwälzungen in Wirtschaft und Landwirtschaft, sondern eben auch die demographischen Verschiebungen tiefgreifende Umbrüche in der ostdeutschen Gesellschaft in Gang setzten. Insbesondere brachen die Zuwanderungen und die damit zusammenhängende „Durchmischung“ der ländlichen Gesellschaft tradierte soziale, aber auch konfessionelle Strukturen auf, die weitreichende Mentalitätsveränderungen einleiteten. Für die sowjetische Zone bzw. die DDR bleibt folgendes festzuhalten: Zwar hatte man in der SBZ bereits  große Umstrukturierungen im Versorgungssystem vorgenommen. 

 

Vgl. die Zahlen bei: Dierk Hoffmann, Michael Schwartz: Gesellschaftliche Strukturen und Sozialpolitische Handlungsfelder. In: Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit . Bd. : Dierk Hoffmann, Michael Schwartz (Hrsg.): –. Deutsche Demokratische Republik. Im Zeichen des Aufbaus des Sozialismus. Baden-Baden , S. . Vgl. Zank, Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland –, S. . Vgl. die Angaben bei: Dierk Hoffmann: Lebensstandard und Konsumpolitik. In: Ders. (Hrsg.): Die zentrale Wirtschaftsverwaltung in der SBZ/DDR. Akteure, Strukturen, Verwaltungspraxis. München , S. .

Zur sozioökonomischen Situation in der SBZ/DDR  bis 

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So wurden die Institutionen des Reichsnährstandes hier konsequent aufgelöst und die Bereiche Erfassung und Verteilung wieder entflochten. Das neue System der Versorgung richtete sich jedoch nicht nach dem Bedarf der Verbraucher, sondern nach arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten und der gesellschaftlichen Bedeutung des Einzelnen. Da die zuständigen Verwaltungsorgane auch über Jahrzehnte nicht in der Lage waren, eine hinreichende Versorgung sicherzustellen, konnten die  entstandenen Strukturen der Mangelgesellschaft überdauern, was konkret hieß: „Schlangestehen, Kompensationsgeschäfte, Hochpreismärkte, minderwertige Produkte, kurz: die Versorgungsmängel beherrschten für vierzig Jahre den Alltag nicht nur in der Messestadt.“ So prägten vielschichtige Formen der Beschaffungsmentalität das Verhaltensmuster großer Teile der Bevölkerung bis hin zum Herbst . Prägend für das Denken und Handeln war auch der permanente innerdeutsche Wettstreit. Im Gegensatz zur Bundesrepublik, wo seit dem . Januar  wieder Brot und Nährmittel im freien Verkauf standen (nur für Zucker mussten jetzt noch Marken abgegeben werden), erfolgte in der DDR die vollständige Aufhebung des aus der NS-Kriegswirtschaft übernommenen Rationierungssystems erst . Zwar hatte die SED dann versprochen, den Pro-Kopf-Verbrauch der Bundesrepublik bei allen wichtigen Lebensmitteln und Konsumgütern bis  auch in der DDR zu erreichen und sogar zu übertreffen. Doch gingen die innerdeutschen Versorgungsvergleiche bis zuletzt zugunsten der Bundesrepublik aus. So wäre es spannend auch weiter danach zu fragen, welche Lebenserfahrungen, Verhaltensmuster sowie Welt- und Selbstbilder die Ostdeutschen in das vereinigte Deutschland seit  mitnahmen.

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Zit. nach: Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. .

Thomas Schlemmer Zwischen Hunger und Hoffnung. Ernährung und Alltag in (West-)Deutschland von der „Rationengesellschaft“ zum „Wirtschaftswunder“  Mami, was ist das? Oder: „Schokoladentag“ Anfang  konnten es viele Berliner Kinder nicht erwarten, dass die Schule begann – zumindest jeden fünften Tag nicht. Was lockte an diesen Tagen auch Schülerinnen und Schüler in die Klassenzimmer, die ansonsten nur wenig mit Deutsch und Mathematik anzufangen wussten? Warum ließen sich sogar diejenigen blicken, die großzügig Auszeiten vom Unterricht nahmen und als allseits bekannte Schwänzer galten? Die Antwort war rechteckig, in dickes Papier gehüllt und wog ganze  Gramm: Schokoladentäfelchen, die die Kinder als Teil der Schulspeisung erhielten, eine lange entbehrte Köstlichkeit, die viele Erst- und Zweitklässler zuvor nur aus den Erzählungen ihrer Eltern kannten. Der „Schokoladentag“ war der süße Höhepunkt einer ansonsten kargen Woche, und das Lehrpersonal musste zusehen, dass die Kinder auch etwas von der Kostbarkeit abbekamen und dass sie nicht von den Familien als willkommene Handelsware auf dem Schwarzmarkt betrachtet wurde. Die Schulspeisungen, die es nach  überall in Deutschland gab, waren ein Instrument, um den nahezu allgegenwärtigen Mangel und den nagenden Hunger zu bekämpfen, der vor allem die schwächsten Glieder der „Zusammenbruchsgesellschaft“ traf: Kinder, Alte, Kranke und Invaliden. Daher verwundert es nicht, dass alle  Schülerinnen einer siebten Volksschulklasse in Nürnberg auf die Frage, was sie sich am meisten wünschen würden, nur eine Antwort kannten: „Ich wünsche mir mehr zu essen.“ Eine Schülerin schrieb in ihrem Aufsatz: „Ich wünsche mir einen Kuchen, aber das kann meine Mutter nicht machen, denn wir haben ja nicht einmal Brot.“







Vgl. Alexander Häusser, Gordian Maugg: Hungerwinter. Deutschlands humanitäre Katastrophe /. Berlin , S.  f. – In dankbarer Erinnerung an meine Großmütter Rosa Albert und Anna Kaindl, die Krieg und Besatzungszeit als junge Frauen mit kleinen Kindern erlebten; ihr Verhältnis zu Lebensmitteln war immer besonders. Christoph Kleßmann: Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte –. Bonn , S. . Nürnberger Nachrichten v. . Aug. , zit. nach Wolfgang Protzner: Vom Hungerwinter bis zum Beginn der „Freßwelle“. In: Ders. (Hrsg.): Vom Hungerwinter zum kulinarischen Schlaraffenland. Aspekte einer Kulturgeschichte des Essens in der Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden , S. –, hier S. .

https://doi.org/./-

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Hunger war also eine Zentralerfahrung der Nachkriegszeit, und obwohl das Thema „zeitlos“ ist, „ohne deshalb geschichtslos zu sein“, dauerte es bis in die er-Jahre, bis sich die (west-)deutsche Geschichtswissenschaft dieses Themas angenommen hat. Voraussetzung dafür war so etwas wie ein doppelter Perspektivenwechsel, der sowohl eine Hinwendung zu Problemen der Alltags- und Erfahrungsgeschichte als auch die Entdeckung der Vor- und Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland als Forschungsfeld mit sich brachte. Das Resultat waren zahlreiche Regional- und Lokalstudien zu allen drei westlichen Besatzungszonen sowie einige problemorientierte Gesamtdarstellungen, von denen die Arbeiten Paul Erkers und Günter Trittels wohl die gelungensten sind. In den er-Jahren wurde es dagegen wieder still um die Geschichte der ersten Nachkriegsjahre, was vor allem eine Folge der zahlreichen Publikationen war, die inzwischen dazu existierten, aber auch daran lag, dass nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten und der Auflösung der Sowjetunion neue Themen und neue Quellen die Aufmerksamkeit der Historikerinnen und Historiker auf sich zogen. Erst in letzter Zeit hat die kriegsbedingte Hungerkrise samt ihren Folgen wieder verstärkt Beachtung gefunden, wobei sich neue Akzente feststellen lassen: eine Einbettung der deutschen in die europäische Geschichte sowie eine Verflüssigung der Zäsur des Jahres  durch übergreifende Fragestellungen. Das Thema Hunger ist also wie die Besatzungszeit allgemein für Westdeutschland vergleichsweise gut erforscht, auch wenn es hier und da noch weiße Flecken gibt und noch stärker nach Regionen, sozialen Gruppen und Generationen differenziert werden könnte. Dieser Aufsatz erhebt nicht den Anspruch, einen Beitrag zur Beseitigung dieser Desiderate zu leisten. Es geht im Folgenden vielmehr darum, einen zusammenfassenden Überblick zu geben, die Ernährungsfrage in die politische und die Alltagsgeschichte Westdeutschlands zwischen Totalem Krieg, bedingungsloser Kapitulation und „Wirtschaftswunder“ einzuordnen und nach erfahrungsgeschichtlichen Folgen der vielleicht größten Hungerkrise seit dem Beginn der Industrialisierung zu fragen. Dies soll in drei Kapiteln geschehen. Das erste skizziert den nachhaltigen Mangel an Lebensmitteln aller Art als Folge des Zweiten Weltkriegs, genauer: als Folge des Totalen Kriegs nationalsozialistischer Prägung; das zweite zeichnet den prekären Neubeginn bis zur Währungsreform im Juni  nach, die – wie im dritten Kapitel zu zeigen sein wird – eine Voraussetzung dafür

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Vorwort zu: Ulrich-Christian Pallach (Hrsg.): Hunger. Quellen zu einem Alltagsproblem seit dem Dreißigjährigen Krieg. Mit einem Ausblick in die Dritte Welt. München , S. –, hier S. . Vgl. z. B. Karl-Heinz Rothenberger: Die Hungerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Ernährungsund Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz –. Boppard a. R. ; Gabriele Stüber: Der Kampf gegen den Hunger –. Die Ernährungslage in der britischen Zone Deutschlands, insbesondere in Schleswig-Holstein und Hamburg. Neumünster . Vgl. Paul Erker: Ernährungskrise und Nachkriegsgesellschaft. Bauern und Arbeiterschaft in Bayern –. Stuttgart ; Günter J. Trittel: Hunger und Politik. Die Ernährungskrise in der Bizone (–). Frankfurt a. M./New York . Vgl. etwa Alice Weinreb: Modern Hungers. Food and Power in Twentieth-Century Germany. New York ; Heather Merle Benbow, Heather R. Perry (Hrsg.): Food, Culture and Identity in Germany’s Century of War. Cham .

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Thomas Schlemmer

war, dass der „Traum vom Sattwerden“ schon Anfang der er-Jahre für immer mehr Westdeutsche Realität wurde.

 Der Preis des Totalen Kriegs „Wir haben im Krieg nicht gehungert, nach’m Krieg haben wir gehungert.“ Überraschende Aussagen dieser Art hört und liest man häufiger, wenn Männer und Frauen der Kriegsgeneration auf ihre Kindheit zurückblicken. Überraschend deshalb, weil sie auf den ersten Blick paradox sind, gelten Krieg und Hunger doch gemeinhin als zwei Seiten derselben Medaille. Dies hatte sich noch im Ersten Weltkrieg bewahrheitet, als sich der „Kohlrübenwinter“ / tief ins kollektive Gedächtnis der deutschen Gesellschaft einbrannte. Hunger und Unterernährung kosteten zwischen  und  etwa . Menschen das Leben, und es war nicht zuletzt die Versorgungskrise, die das Deutsche Reich schließlich dazu zwang, die Waffen zu strecken. Das Trauma des Zusammenbruchs war insbesondere den Nationalsozialisten eine Lehre, die der Ernährungsfrage bei ihrer Politik der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung nach  besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden ließen. Oder wie es Herbert Backe, einer der wichtigsten Architekten der deutschen Kriegsernährungswirtschaft Anfang  formulierte: „Die Ernährungswirtschaft im Kriege darf sich nur im Ausmaß und nicht im Grundsatz vom Frieden unterscheiden. Weil der Nationalsozialismus das erkannt hat, sind die Grundlagen für eine Kriegsernährungswirtschaft bereits vor dem Kriege geschaffen worden [. . . ]. Da wir von Anfang an unsere Ernährungswirtschaft darauf abgestellt haben, in einer kriegerischen Auseinandersetzung das Volk im wesentlichen aus der deutschen Scholle zu ernähren, sind alle Maßnahmen seit  praktisch als Maßnahmen für den totalen Krieg anzusehen.“ Der Totale Krieg, wie er spätestens seit der Sportpalastrede von Joseph Goebbels nach dem Untergang der . Armee in Stalingrad in aller Munde war, lief letztlich auf eine rücksichtslose Mobilisierung aller Ressourcen hinaus, um die Rüstungsproduktion zu erhöhen und die Kampfkraft der Wehrmacht zu steigern. Das deutsche „Rüstungs-

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Michael Wildt: Der Traum vom Sattwerden. Hunger und Protest, Schwarzmarkt und Selbsthilfe. Hamburg . Zit. nach Michael Wildt: Am Beginn der „Konsumgesellschaft“. Mangelerfahrung, Lebenshaltung, Wohlstandshoffnung in Westdeutschland in den fünfziger Jahren. Hamburg , S. . Vgl. Gustavo Corni: Hunger. In: Gerhard Hirschfeld u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Paderborn u. a. , S. –. Vgl. dazu Arnulf Huegel: Kriegsernährungswirtschaft Deutschlands während des Ersten und Zweiten Weltkrieges im Vergleich. Konstanz . Archiv des Instituts für Zeitgeschichte (künftig: IfZ-Archiv), MA /, Bl. – (hier Bl. ), NG-: Rede von Staatssekretär Herbert Backe auf der Tagung der Reichs- und Gauleiter in Posen am . Feb. . Vgl. Thomas Schlemmer: Radicalizzazione e guerra totale. Il Reich tedesco nell’anno decisivo del . In: Monica Fioravanzo, Carlo Fumian (Hrsg.): . Strategie militari, collaborazionismi, Resistenze. Roma , S. –.

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wunder“ war freilich nicht umsonst zu haben, und man könnte sogar sagen, dass das viel zitierte Schlagwort „Kanonen statt Butter“ für die zweite Kriegshälfte wörtlich zu nehmen ist. Während die deutsche Industrie bis weit in das Jahr  hinein immer mehr gepanzerte Gefechtsfahrzeuge, Geschütze, Kampfflugzeuge und Munition herstellte, sank die Produktion von landwirtschaftlichen Maschinen und Gerätschaften aller Art sowie von Kunstdünger in einem bedrohlichen Ausmaß. Hatte die nationalsozialistische Agrarpolitik bis  auf eine Intensivierung der Landwirtschaft durch verstärkte Mechanisierung und Chemisierung gesetzt, so war insbesondere seit / ein fortschreitender Prozess der Entmodernisierung zu beobachten, der die Erzeugung, Verarbeitung und Verteilung von Lebensmitteln schließlich vor so große Herausforderungen stellte, dass die Versorgung der Bevölkerung in den letzten Kriegsmonaten weitgehend zusammenbrach. Trotzdem kam der Hunger erstaunlich spät nach Deutschland; noch im Januar  bezogen die sogenannten Normalverbraucher Lebensmittelrationen mit einem Nennwert von . Kalorien. Dies war nur durch den Einsatz zahlloser Fremd- und Zwangsarbeiter in der deutschen Landwirtschaft und durch die Ausplünderung der besetzten Territorien möglich. Dort hungerten und verhungerten die Menschen, damit die deutschen „Volksgenossen“ zu essen hatten. Anfang  betrug der Kalorienwert einer Normalverbraucherration in Italien ., und in Frankreich ., um nur zwei Beispiele zu nennen. Diese Politik entsprach ganz der Maxime, die Adolf Hitler und Hermann Göring schon  ausgegeben hatten: „[W]enn gehungert wird, dann hungert nicht der Deutsche, sondern [es hungern] andere, wenn gehungert werden muß.“ An erster Stelle hungerten in ganz Europa die Juden, und es ist festzuhalten, dass es nicht zuletzt die schwierige Versorgungslage war, die / zu den Katalysatoren des Holocaust gehörte. Es war den Verantwortlichen bewusst, dass sie einen höchst gefährlichen Wechsel auf die Zukunft unterschrieben hatten. Herbert Backe, der es wissen musste, erklärte nicht 

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Rolf-Dieter Müller: Albert Speer und die Rüstungspolitik im Totalen Krieg. In: Ders., Bernhard Kroener, Hans Umbreit: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. /: Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen –/. Stuttgart , S. –, hier S. . Vgl. Joachim Lehmann: Agrarpolitik und Landwirtschaft in Deutschland –. In: Bernd Martin, Alan S. Milward (Hrsg.): Agriculture and Food Supply in the Second World War = Landwirtschaft und Versorgung im Zweiten Weltkrieg. Ostfildern , S. –. Vgl. Hans-Erich Volkmann: Landwirtschaft und Ernährung in Hitlers Europa –. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen  (), S. –; die Angaben zu den Kalorienwerten S. . Vgl. Tatjana Tönsmeyer: Hungerökonomien. Vom Umgang mit der Mangelversorgung im besetzten Europa des Zweiten Weltkriegs. In: Historische Zeitschrift  (), S. –. Stenographischer Bericht über die Besprechung des Reichsmarschalls Göring mit den Reichskommissaren für die besetzten Gebiete und den Militärbefehlshabern über die Ernährungslage am . Aug. . Abgedruckt in: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. . November  – . Oktober . Bd. . Nürnberg , S. –, hier S. . Vgl. Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. München , S. –.

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umsonst: „Sicherlich werden die großen Sorgen auf dem Ernährungsgebiet solange der Krieg anhält auch noch einige Jahre später nicht aufhören. Der Krieg ist nun einmal der große Zehrer aller Werte und lebt aus der Substanz, seine Auswirkungen sind nicht von heute auf morgen wieder auszugleichen, insbesondere in einer Zeit, in der die Produktionsmittel in immer knapperem Ausmaß zur Verfügung stehen.“ Und der Staatssekretär fügte hinzu: Diesen Krieg werde gewinnen, „wer das letzte Bataillon stellt“. Dies zu ermöglichen, sei aber „die entscheidende Aufgabe der totalen Kriegführung auf dem Ernährungsgebiet“. Mit diesen Zeilen waren die Alternativen klar umrissen: Sieg auf Kosten der unterlegenen Gegner oder eine im besten Fall ungewisse, im schlimmsten Fall katastrophische Zukunft. Der Raubbau an der Natur, der Verzicht auf jedwede Nachhaltigkeit, die Zerstörungen aus der Luft und durch die Kämpfe am Boden, die rücksichtslose Kriegführung der Wehrmacht, die auch auf dem Territorium des Deutschen Reichs vor allem der militärischen Notwendigkeit Rechnung trug, und die nationalsozialistische Überzeugung, das deutsche Volk habe ohnehin keine Lebensberechtigung mehr, wenn es den Krieg verliere, trugen entscheidend dazu bei, dass die einstigen selbsternannten Herrscher Europas nach der bedingungslosen Kapitulation vor dem Nichts standen und heute nicht wussten, was sie morgen essen sollten.

 Die „schlechte Zeit“ / bis  Die Nachwirkungen des Totalen Kriegs nationalsozialistischer Provenienz und der „Befreiung durch Zerstörung“ zeigten sich nicht zuletzt in den Ernteerträgen der Jahre  und . In der britischen und der amerikanischen Besatzungszone betrugen  die Ernteausfälle bei Getreide verglichen mit den letzten Vorkriegsjahren  %, bei Kartoffeln  % und bei Zuckerrüben  %; in der französischen Besatzungszone sah es mit Ernteausfällen von  % bei Getreide,  % bei Kartoffeln und  % bei Zuckerrüben noch düsterer aus. Schlechte Ernten und fehlende Nahrungsmittel waren jedoch beileibe kein deutsches Phänomen, sondern Teil einer vor allem kriegsbedingten globalen Ernährungskrise. „Fast überall auf der Welt herrschte Hunger, in den befreiten Ländern wie in den besiegten“, stellte Ian Buruma in seiner Geschichte des Jahres  lapidar fest. In Deutschland hatte man jedoch auch damit fertig zu werden, dass die Gebiete östlich von Oder und Neiße – gut ein Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche –   

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IfZ-Archiv, MA /, Bl. , . Vgl. Joachim Lehmann: Probleme der Versorgung der deutschen Landwirtschaft mit Landmaschinen und Geräten im zweiten Weltkrieg. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte /, S. –. Vgl. Bastiaan Willems: Nachbeben des Totalen Kriegs. Der Rückzug der Wehrmacht durch Ostpreußen und seine Folgen. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –. So treffend Christoph Kleßmann: Befreiung durch Zerstörung. Das Jahr  in der deutschen Geschichte. Hannover . Vgl. Gustav W. Harmssen: Reparationen, Sozialprodukt, Lebensstandard. Versuch einer Wirtschaftsbilanz. Anl. : Landwirtschaft und Ernährung. Bremen , S. ; Angaben zu den im Folgenden erwähnten Verlusten an landwirtschaftlicher Nutzfläche ebd., S.  f. Ian Buruma: ’. Die Welt am Wendepunkt. München , S. .

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dauerhaft verloren waren und dass etwa  Millionen Flüchtlinge und Vertriebene eine neue Heimat im massiv zerstörten, verkleinerten und geteilten Nachkriegsdeutschland finden mussten. Mit anderen Worten: die Bevölkerungszahl wuchs, während zugleich die Ernährungsbasis schrumpfte. Nach der bedingungslosen Kapitulation übernahmen die Alliierten die oberste Regierungsgewalt in Deutschland, wobei jede Besatzungsmacht für ihre Zone – und damit auch für deren Versorgung – verantwortlich war. Mochten die Ausgangsbedingungen und Zielsetzungen auch divergieren, so bestand doch Einigkeit darüber, dass der Lebensstandard der besiegten Deutschen keinesfalls über dem der lange besetzten und ausgebeuteten Nachbarländer liegen sollte. „Sie werden nichts unternehmen, was geeignet wäre, den Mindestlebensstandard in Deutschland auf einem höheren Niveau zu erhalten als in irgendeinem benachbarten Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen“, hieß es folgerichtig in einer grundlegenden Direktive der Joint Chiefs of Staff für den Oberbefehlshaber der amerikanischen Besatzungstruppen. Die Festsetzung der Rationen war daher zur keiner Zeit nur Ausdruck ökonomischer Notwendigkeiten, sondern hatte immer auch eine politische Komponente. Ursprünglich rechneten die Verantwortlichen in Großbritannien und den USA mit einer täglichen Durchschnittsration von rund . Kalorien für den Normalverbraucher. Tatsächlich lag der nominelle Kalorienwert einer Normalverbraucherration / zumeist mehr oder weniger deutlich darunter. In der amerikanischen Besatzungszone oszillierten die Werte zwischen  Kalorien in der . Zuteilungsperiode (. September bis . Oktober ) und . Kalorien in der . Zuteilungsperiode (. März bis . März ), in der britischen zwischen . Kalorien in der . Zuteilungsperiode (. April bis . April ) und . Kalorien in der . Zuteilungsperiode (. November bis . Dezember ). Doch inwieweit diese Sätze tatsächlich erreicht werden konnten, hing stark von den örtlichen Gegebenheiten ab. In Recklinghausen, einer Bergarbeiterstadt im Ruhrgebiet, gelangten Anfang April  nur Lebensmittel zur Ausgabe, die durchschnittlich  Kalorien pro Tag entsprachen. Das war nicht einmal die Hälfte der angestrebten Zielgröße von . Kalorien, die sich aus  Gramm Kartoffeln,  Gramm Brot, sieben Gramm Fett,  Gramm Fleisch,  Gramm Eiweiß,  Gramm Zucker und vier Gramm Käse zusammensetzen sollten. Der bürokratische Apparat, der den Mangel zu verwalten und die Lebensmittelversorgung zu organisieren hatte, stammte aus der NS-Zeit. Um die Erfassung der landwirt

 

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Direktive JCS  v. . Apr. . Abgedruckt in: Hans-Jörg Ruhl (Hrsg.): Neubeginn und Restauration. Dokumente zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland –. München , S. –, hier S. . Vgl. Trittel, Hunger und Politik, S. . Vgl. Hans Schlange-Schöningen (Hrsg.): Im Schatten des Hungers. Dokumentarisches zur Ernährungspolitik und Ernährungswirtschaft in den Jahren –. Hamburg/Berlin , S.  f. Vgl. Auszug aus dem Sozialbericht der Stadt Recklinghausen über die Versorgungslage, . Abgedruckt in: Hans-Jörg Ruhl (Hrsg.): Frauen in der Nachkriegszeit –. München , S.  f. Vgl. Kleßmann, Doppelte Staatsgründung, S. .

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schaftlichen Erzeugnisse und die Verteilung der Lebensmittel kümmerten sich die Ernährungsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten, die von den Landesernährungsämtern beziehungsweise den zuständigen Ministerien in den Ländern der Westzonen kontrolliert wurden. In der britischen Besatzungszone gab es mit dem Zentralamt für Ernährung und Landwirtschaft schon früh eine koordinierende Zentralinstanz, die nach dem Zusammenschluss des amerikanischen und britischen Besatzungsgebiets zur Bizone in der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Hans Schlange-Schöningen als Direktor aufgehen sollte. Die Kombination aus Zwangsbewirtschaftung und Nachfrageüberhang führte hauptsächlich in den Städten dazu, dass allen Kontrollen und Strafandrohungen zum Trotz ein Schwarzer Markt entstand. Hier ließ sich alles kaufen oder tauschen, was offiziell gar nicht oder nur in viel zu geringen Mengen zu bekommen war. Der Schwarzmarkt wurde so etwas wie der emblematische Erinnerungsort der Hungerjahre, geheimnisumwittert und begleitet vom Duft amerikanischer Zigaretten, die in einer Zeit der galoppierenden Geldentwertung zu einer Art Ersatzwährung avancierten. Wer auf dem Schwarzmarkt nicht reüssieren konnte, dem blieb oft nichts anderes übrig, als auf Hamsterfahrt zu gehen und bei den Bauern in der näheren oder weiteren Umgebung Lebensmittel zu erstehen. Wer konnte, tauschte Schmuck oder Textilien gegen Butter, Mehl, Kartoffeln und Fleisch, wer nichts zum Tauschen hatte, musste betteln – oder stehlen. „Kartoffelklau und Obstdiebstähle“ waren an der Tagesordnung, und man „kann geradezu von Raubzonen sprechen, die sich in konzentrischen Kreisen rings um die Städte legten“. In den ersten Nachkriegsjahren dürfte es nur wenige Deutsche gegeben haben, die keinen Mangel litten, gab es doch von allen Gütern des täglichen Bedarfs zu wenig. Auch Hunger war kaum jemandem fremd, doch nicht alle hungerten. Diese Unterscheidung eröffnet den Blick für das breite Spektrum zwischen unangenehmen und bedrohlichen Lebenslagen sowie für die Einsicht, dass Hunger und Not mitnichten alle Menschen gleich machten, zumal die Versorgung mit Nahrungsmitteln eine abhängige Variable politischer Entscheidungen und Prioritätensetzungen war. Welche tödlichen Konsequenzen eine solche Politik haben konnte, hatten nicht zuletzt die Nationalsozialisten mit ihrer Lebens-

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Zu den Ernährungsämtern vgl. Rainer Gries: Die Rationen-Gesellschaft. Versorgungskampf und Vergleichsmentalität: Leipzig, München und Köln nach dem Kriege. Münster , S. –, –. Dem Buchtitel von Rainer Gries ist der Untertitel dieses Beitrags entliehen. Vgl. Günter J. Trittel: Hans Schlange-Schöningen. Ein vergessener Politiker der „Ersten Stunde“. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –. Vgl. Willi Boelcke: Der Schwarzmarkt –. Vom Überleben nach dem Kriege. Braunschweig ; exemplarisch Margot Fuchs: „Zucker, wer hat? Öl, wer kauft?“ Ernährungslage und Schwarzmarkt in München –. In: Friedrich Prinz (Hrsg.): Trümmerzeit in München. Kultur und Gesellschaft einer deutschen Großstadt im Aufbruch –. München , S. –; Lilly Maier: Der Schwarzmarkt in der Möhlstraße und die Münchner Polizei. Eine Untersuchung im Spiegel der Akten der Polizeidirektion München. In: Münchner Beiträge zur jüdischen Geschichte und Kultur /, S. –. Paul Erker: Hunger und sozialer Konflikt in der Nachkriegszeit. In: Manfred Gailus, Heinrich Volkmann (Hrsg.): Der Kampf um das tägliche Brot. Nahrungsmangel, Versorgungspolitik und Protest –. Opladen , S. –, hier S. .

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mittelzuteilung nach rassischen Kriterien und Nützlichkeitserwägungen unter Beweis gestellt. Ob eine Familie einigermaßen ausreichend zu essen hatte oder buchstäblich am Hungertuch nagte, hing also von einer ganzen Reihe von strukturellen und kontingenten Faktoren ab, angefangen von Wohnort, Herkunft und Beruf über Alter, Geschlecht, Besitz und persönliche Netzwerke bis hin zu besonderen Kenntnissen und Fertigkeiten, die im Umgang mit Angehörigen der Besatzungsmacht oder auf dem Schwarzen Markt von Vorteil waren. Wenn Hunger eine Zentralerfahrung der Nachkriegszeit gewesen ist, so wies sie zahlreiche Facetten und Schattierungen auf. Allgemein gesprochen, traf es die Städte härter als die Dörfer mit ihren vergleichsweise guten Möglichkeiten zur Selbst- oder Zusatzversorgung; die Flüchtlinge und Vertriebenen, die oft nur wenig mehr hatten retten können als das nackte Leben, litten stärker als die Alteingesessenen, die zumeist nicht völlig mittellos waren und sich zudem auf gewachsene soziale oder familiale Beziehungen verlassen konnten; Alte, Kinder und Kriegsversehrte mit ihren spezifischen Bedürfnissen und Handicaps waren anfälliger als junge und gesunde Männer und Frauen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen konnten; Frauen sahen sich vor größere Herausforderungen gestellt als Männer, die sich vielfach noch in Kriegsgefangenschaft befanden. Einkaufen, Kochen, Vorratshaltung, aber auch die Pflege des Gemüsegartens zählten zum Kernbestand weiblicher Tätigkeit und weiblicher Rollenmuster. Daran änderte sich auch in den Hungerjahren nichts, wohl aber an den Rahmenbedingungen, die zu täglichem Schlangestehen vor leeren Geschäften, beschwerlichen Hamsterfahrten und halblegalen Tauschgeschäften zwangen. Zwischen  und , so könnte man auch sagen, verschmolzen unter den spezifischen Bedingungen von Totalem Krieg und Besatzungsherrschaft die Rollen von Hausfrau und Familienernährer zumindest teilweise miteinander – mit signifikanten Folgen, die weit über den familialen Mikrokosmos hinausgingen. Zudem waren die Frauen jeden Tag zur Improvisation am Herd gezwungen, wo sie so ziemlich alles verarbeiteten, was einigermaßen genießbar war. Um daraus Öl zu pressen, wurden Bucheckern gesammelt, Pilze und Beeren sowieso. Aus gerösteten und gemahlenen Eicheln ließ sich so etwas wie Ersatzkaffee brauen, Raucher ohne Tabak griffen zu getrockneten Ahorn-, Brombeer-, Eichen- und Kirschblättern; Löwenzahn, Sauerampfer und andere Wildkräuter ersetzten Salat und Gemüse; wer konnte, zog Kleintiere wie Kaninchen, Tauben und Hühner im Garten oder unter dem Dach, um Eier und ab und zu etwas Fleisch essen zu können; Privilegierte hielten eine Ziege oder mästeten ein Schwein. Zuweilen mussten durch den Fleischwolf gedrehte Schnecken als Hackfleischersatz her

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Vgl. das eindrucksvolle Schaubild „Racial Feeding“ bei Alice Weinreb: Matters of Taste: The Politics of Food in Divided Germany, –. In: Bulletin of the German Historical Institute  (), S. –, hier S. . Vgl. das Fallbeispiel bei Paul Erker: Solidarität und Selbsthilfe. Die Arbeiterschaft in der Ernährungskrise. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Neuanfang in Bayern –. Politik und Gesellschaft in der Nachkriegszeit. München , S. –. Vgl. Ute Frevert: Frauen-Geschichte. Zwischen bürgerlicher Verbesserung und neuer Weiblichkeit. Frankfurt a. M. , S. –; exemplarisch Marita Krauss: „. . . es geschahen Dinge, die Wunder ersetzten.“ Die Frau im Münchner Trümmeralltag. In: Prinz (Hrsg.), Trümmerzeit in München, S. –.

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halten – oder man setzte auf die Kraft der Imagination und servierte falsche Bratwürste aus Weißkraut, Kartoffeln und geriebenem Brot. Alles in allem fehlte es an Eiweiß, Fett, Kohlehydraten und vielen Vitaminen, während eine einseitige, kalorienarme, stark pflanzenlastige Kost die Mahlzeiten dominierte. Von erheblicher Bedeutung war die Einstufung durch die Bewirtschaftungs- und Versorgungsbürokratie, denn vor dem Ernährungsamt waren nicht alle Menschen gleich. „Versorgungsberechtigte“ erhielten pro Zuteilungsperiode – in der Regel vier Wochen – Lebensmittelkarten, und wie sich diese zusammensetzten, hing vor allem vom Lebensalter, von der beruflichen Tätigkeit und von spezifischen Lebenslagen wie Schwangerschaft oder Krankheit ab. Wer das . Lebensjahr vollendet hatte, galt in der amerikanischen Besatzungszone als „Normalverbraucher“, Zulagen – und hier zeigt sich das hierarchisierende Element der Versorgungspolitik besonders deutlich – erhielten beispielsweise Schwer- und Schwerstarbeiter, Schwangere oder stillende Mütter. Diesen Zulagen konnte eine entscheidende Bedeutung für das Wohlergehen ganzer Familien zukommen, gingen sie doch zumeist im gemeinsamen Warenkorb auf. Wo sie fehlten, fielen insbesondere dringend benötigte höherwertige Lebensmittel wie Milchprodukte oder Fleisch weg. Eine Lebensmittelkarte ohne Zulagen hieß im Volksmund nicht umsonst „Friedhofskarte“. Ob die Rationen, die nominell zur Verfügung standen, auch ausgegeben werden konnten, stand freilich auf einem anderen Blatt. Die Konjunkturen der Ernährungswirtschaft waren in der besonderen Situation der Nachkriegszeit erheblich abhängiger vom Lauf der Jahreszeiten, von den natürlichen Notwendigkeiten des Pflanzenbaus und von den klimatischen Bedingungen, als man das seit dem Durchbruch der industriellen Moderne gewohnt war. Heimische Missernten ließen sich nicht durch Zukäufe auf den Märkten der Welt ausgleichen, technische Hilfsmittel zum Ausgleich widriger Bedingungen fehlten weitgehend, und selbst das, was man trotz allem produzierte, konnte nicht ohne weiteres sicher gelagert, verlässlich über weitere Strecken transportiert und schließlich einigermaßen gerecht verteilt werden. Die dafür nötige Infrastruktur – vor allem Brücken, Eisenbahnknotenpunkte und Wasserstraßen – war durch kriegsbedingte Zerstörungen ganz oder teilweise paralysiert. Zudem fehlte es an einsatzbereiten Lokomotiven, Eisenbahnwagons und Lastkraftwagen, die nicht zuletzt deshalb stillstanden, weil es keine Kohle, kein Benzin und keine Ersatzteile gab. Wenn dann auch noch widrige Witterungsbedingungen wie lange Hitzeperioden im Sommer oder anhaltender, strenger Frost im Winter

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Vgl. das Kaleidoskop bei Karin Sommer: „Überleben im Chaos.“ Frauen in der Trümmerzeit –. In: Sybille Krafft (Koord.): Frauenleben in Bayern. Von der Jahrhundertwende bis zur Trümmerzeit. München , S. –; Wildt, Traum vom Sattwerden, S. –, mit Kochrezepten etwa für Schmalz-Ersatz, Kaffee-Ersatz oder falsche Bratwurst. Vgl. Fuchs, „Zucker, wer hat? Öl, wer kauft?“, S. . Vgl. Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. , mit Bezug auf die Kategorie „sonstige Bevölkerung“ in der Sowjetischen Besatzungszone, zu der unter anderem Hausfrauen und ehemalige Nationalsozialisten gehörten. Zur Transportkrise, die sich im Winter / zu einer regelrechten „Lähmungskrise“ auswuchs, vgl. Werner Abelshauser: Die Rekonstruktion der westdeutschen Wirtschaft und die Rolle der Besatzungspolitik. In: Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.): Marshallplan und westdeutscher Wiederaufstieg. Positionen – Kontroversen. Stuttgart , S. –, hier S. .

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dazukamen und Flüsse wie der Rhein nicht mehr passierbar waren, konnte sich die ohnehin angespannte Situation in bestimmten Landesteilen ebenso rasch wie drastisch verschärfen. „Der Hunger ist für Bayern zu einem Transportproblem geworden“, stellte die „Süddeutsche Zeitung“ im März  lakonisch fest, als es kaum möglich war, . Tonnen amerikanischen Importgetreides von Bremen in den Freistaat zu verfrachten, wo insbesondere in den großen Städten das Brot gefährlich knapp zu werden begann. Dass sich die Verhältnisse gerade im März zuspitzten, war kein Zufall, sondern folgte dem landwirtschaftlichen Zyklus von Säen und Ernten. Einigermaßen günstig gestaltete sich die Versorgungslage in der Regel im Herbst, dann hing es von der Höhe des Ertrags ab, wie lange die Vorräte reichten. Wichtig war es vor allem, über den Winter zu kommen, um eine Koinzidenz von Hunger und Kälte zu vermeiden, die sich als lebensbedrohlich erweisen konnte. Im Mai/Juni, bevor die Frühkartoffeln eingebracht und verteilt wurden, tat sich dann in der Regel eine Lücke zwischen der alten und der neuen Ernte auf, die sich nur mit Mühe überbrücken ließ und die ohnehin kargen Rationen bedrohte. In den ersten Monaten nach Kriegsende kamen die Menschen in den drei Westzonen vergleichsweise glimpflich davon, da sie noch auf Verpflegungsbestände der Wehrmacht zurückgreifen konnten. Kritischer wurde es schon im Winter und Frühsommer , wenngleich es Ende /Anfang  noch schlimmer kommen sollte. In diesem berüchtigten „Hungerwinter“ kamen drei Faktoren zusammen: die Folgen einer schlechten Ernte, eine lang anhaltende, extreme Kälte und – damit zusammenhängend – der weitgehende Zusammenbruch des Transportwesens. So fehlten Lebensmittel und Brennmaterialien gleichermaßen – mit den entsprechenden Folgen für diejenigen, deren Konstitution der doppelten Bedrohung nicht gewachsen war. Wie viele Opfer der „Hungerwinter“ forderte, ist schwer zu sagen. Die Sterblichkeitsziffern in einem noch stark agrarisch geprägten Land wie Rheinland-Pfalz in der französischen Besatzungszone sprechen jedoch eine eindeutige Sprache: Kamen  noch , Sterbefälle auf . Einwohner, so waren es  immerhin ,. Doch hinter diesen globalen Zahlen verschwindet die eigentliche Dramatik der Ereignisse, denn die Sterblichkeitsziffer stieg von , im November  auf , im Februar , um bis April wieder fast auf den Durchschnittswert abzusinken. Anfang  spitzte sich die Situation dann vor allem wegen der Missernte im Jahr zuvor noch einmal zu und führte zu bislang ungekannten Massenprotesten; zwischen Anfang Januar und Anfang Februar  „streikten und demonstrierten“ in der britischen und amerikanischen Besatzungszone „vermutlich zwischen vier und fünf Millionen Menschen“, die sich so „gegen die unerträglichen Lebensbedingun-

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Zit. nach Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. . Vgl. Karl-Heinz Rothenberger: Die Hungerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg am Beispiel von Rheinland-Pfalz. In: Kurt Düwell, Michael Matheus (Hrsg.): Kriegsende und Neubeginn. Westdeutschland und Luxemburg zwischen  und . Stuttgart , S. –, hier S. –. Vgl. ebd., S. , . Bei Häusser, Maugg, Hungerwinter, S. , heißt es: „Der Winter / war eine humanitäre Katastrophe. Historiker schätzen, dass allein in Deutschland mehrere hunderttausend Menschen an den Folgen von Hunger und Kälte starben. Genaue Zahlen gibt es nicht.“

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gen“ zur Wehr setzen. Die Streiks und „Hungerunruhen“, die sich durch das Frühjahr  zogen, waren freilich nicht nur Akte der Verzweiflung, sondern auch ein Ausdruck der Hoffnung, dass sich die Ernährungskrise durch politisches Handeln zumindest eindämmen, wenn nicht sogar überwinden ließ. Damit führten Hunger und Mangelwirtschaft aber weniger zu Apathie als zu politischer Mobilisierung im Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Tatsächlich war die Talsohle bereits durchschritten, und als die Wogen des Protests im Mai  noch einmal hoch schlugen, zeigten sich bereits erste Silberstreifen am Horizont – zuerst bei den politischen Perspektiven, dann auch auf dem Sektor von Ernährung und Versorgung. Wie tief sich die Hungerkrise jedoch in das kollektive Gedächtnis der Westdeutschen eingebrannt hatte, lässt eine Umfrage aus dem Jahr  erkennen. Auf die Frage, wann es ihnen am schlechtesten gegangen sei, nannten nur zwei Prozent die ersten Jahre der nationalsozialistischen Diktatur zwischen  bis  und lediglich acht Prozent die Kriegsjahre zwischen  und  mit all ihren Schrecken. Als die wirklich schlechte Zeit galten  % der Westdeutschen die Nachkriegsjahre zwischen  und . Der Hunger, den man nach  in (West-)Deutschland praktisch überall antreffen konnte, war ein reales Phänomen; er war aber auch ein politisches Argument, und es hing nicht zuletzt von diskursiven Konstellationen und öffentlichen Aushandlungsprozessen ab, wie er wahrgenommen wurde und welche Konsequenzen sich daraus ergaben. Unmittelbar nach Kriegsende hatten die Vertreter der siegreichen Besatzungsmächte vielfach keinen Sinn für die Sorgen der Deutschen, zu deutlich stand ihnen noch vor Augen, was sie in den befreiten Ländern Europas oder in deutschen Konzentrationslagern gesehen hatten. Verglichen mit dem Hunger und der Not dort, schien es denen, die Krieg und Terror zu verantworten hatten, sogar noch einigermaßen gut zu gehen. Entsprechend harsch fielen die Reaktionen über die Klagen der „wohlgenährten“ oder sogar „fetten“ Deutschen zuweilen aus. Dass sich insbesondere die Briten und Amerikaner rasch eines anderen besannen, hatte vor allem drei Gründe: Erstens lösten sich die frühen Vergeltungsimpulse rasch im vom problemlösenden Pragmatismus geprägten Besatzungsalltag auf, zweitens wuchsen die Befürchtungen, das Projekt demokratischer Neubeginn könne Schaden nehmen, wenn die Besatzungsmächte und die neuen politischen Kräfte für die Hungerkrise verantwortlich

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Günter J. Trittel: Hungerkrise und kollektiver Protest in Westdeutschland (–). In: Gailus, Volkmann (Hrsg.), Der Kampf um das tägliche Brot, S. –, hier S. . Erker, Ernährungskrise und Nachkriegsgesellschaft, S. ; zum Gesamtzusammenhang am Beispiel Bayerns vgl. ebd., S. –. Erker (ebd., S. ) argumentierte überzeugend gegen Trittel (Hunger und Politik, S. –, ), Streiks und Proteste hätten wenig „von Radikalisierung, Apathie oder demokratiefeindlichen Haltungen in der Bevölkerung gezeigt.“ Vgl. Maximilian Lanzinner: Zwischen Sternenbanner und Bundesadler. Bayern im Wiederaufbau, –. Regensburg , S. . Vgl. hierzu und zum Folgenden Alice Weinreb: „For the Hungry Have no Past nor do They Belong to a Political Party.“ Debates over German Hunger after World War II. In: Central European History  (), S. –; zur „fetten und wohlgenährten“ deutschen Landbevölkerung vgl. ebd., S.  f.

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gemacht wurden, und drittens spielten den Besiegten die zunehmenden Spannungen in der ehemaligen Anti-Hitler-Koalition in die Karten. Mit den Konflikten zwischen Ost und West wuchs aber bei den Besatzungsbehörden in den Westzonen die Furcht, Hunger und Mangelernährung könnten die Menschen anfällig machen für kommunistische Parolen und sie schließlich in die Arme der Sowjetunion treiben. In diesem Sinne schrieb kein Geringerer als der stellvertretende Militärgouverneur der US-Zone, Generalleutnant Lucius D. Clay, bereits Ende März , als in seinem Verantwortungsbereich die Kürzung der Rationen drohte: „We have insisted on democratic processes in the U.S. zone and have maintained a strict neutrality between political parties. As a result the Communist Party has made little inroad. However, there is no choice between becoming a Communist on  calories and a believer in democracy on  calories. It is my sincere belief that our proposed ration allowance in Germany will not only defeat our objectives in middle Europe but will pave the road to a Communist Germany.“ Im heraufziehenden Kalten Krieg gewannen die deutschen Beschwerden und Hilferufe also eine neue Qualität, und sie lösten nicht mehr Ablehnung oder reflexhafte Verweise auf die Verantwortung Deutschlands für die europaweiten Versorgungsprobleme aus, sondern internationale Hilfsbereitschaft und Solidarität. Der Strom von Care-Paketen seit August , die schon  wachsenden Getreideimporte, die nicht zuletzt einer Rekordernte in den USA zu verdanken waren, und die Luftbrücke nach Berlin, in der / im Zeichen des Kalten Kriegs Hunger, Hilfsbereitschaft und Bündnispolitik zu einem neuen Narrativ der freien Welt verschmolzen, waren das greif- und sichtbarste Ergebnis dieser Entwicklung. Man könnte auch sagen, dass sich die (West-)Deutschen spätestens  ihres steigenden Werts bewusst wurden und die Hungerkrise im Ringen um die politische Zukunft zu instrumentalisieren verstanden. Doch die Debatten und Diskurse über den Nachkriegshunger hatten auch eine bemerkenswerte vergangenheitspolitische Facette: Die Flucht 

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Entsprechend Besorgnis erregend waren Schmierereien wie „Lieber satt und Nazischwein als Demokrat und hungrig sein“; zit. nach Erker, Ernährungskrise und Nachkriegsgesellschaft, S. , Anm. . Jean Edward Smith (Hrsg.): The Papers of General Lucius D. Clay. Germany –. Bd. . Bloomington/London , S.  f., hier S. : Lucius D. Clay an Oliver P. Echols und Howard C. Petersen, . März . Vgl. Philipp Baur: From Victim to Partner. CARE and the Portrayal of Postwar Germany. In: Ders., Katharina Gerund (Hrsg.): Die amerikanische Reeducation-Politik nach . Interdisziplinäre Perspektiven auf „America’s Germany“. Bielefeld , S. –; Heike Wieters: Hungerbekämpfung und Konsumgesellschaft. Das CARE-Paket im Kontext von Massenkonsum und New Charity-Konzepten in der Nachkriegszeit. In: Angela Müller, Felix Rauh (Hrsg.): Wahrnehmung und mediale Inszenierung von Hunger im . Jahrhundert. Basel , S. –. Wurden von Juli bis Dezember  noch . t Weizen in die britische und amerikanische Besatzungszone importiert, waren es  schon .. t und  allein im ersten Halbjahr . t; vgl. Schlange-Schöningen (Hrsg.), Im Schatten des Hungers, S.  f. Zur Bedeutung der Ernte , die mit  Mio. t bei Weizen um sechs Mio. t über der von  lag, für die Exportmöglichkeiten der USA vgl. Rothenberger, Hungerjahre, S. . Vgl. Corine Defrance, Bettina Greiner, Ulrich Pfeil ( Hrsg.): Die Berliner Luftbrücke. Erinnerungsort des Kalten Krieges. Berlin .

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in die Opferrolle erleichterte es, unbequeme Fragen nach Verantwortung und Schuld zu verdrängen, und – im Gegenteil – selbst anzuklagen und Schuld zuzuweisen, wobei nicht selten Versatzstücke nationalsozialistischer Propaganda und antisemitische Stereotype zu hören waren. Die Delegierten einer Betriebsrätekonferenz in Düsseldorf scheuten sich im Januar  nicht einmal, das, „was das deutsche Volk seit Jahren erdulden muss“, als „ein Verbrechen wider die Menschlichkeit“ zu brandmarken. Die viktimisierende Nabelschau und das wohltuende Bad in „Selbstmitleid“, die Mentalität des Aufrechnens, das Wegsehen und Relativieren – der Hungerdiskurs enthielt all diese Elemente und schuf zwischen  und  Loyalitäten zwischen belasteten Nationalsozialisten, Mitläufern und eigentlich (regime-)kritischen Geistern. Diese mentale Grundströmung durchzog die gesamten er- Jahre, auch wenn sie nicht den Blick für die „Grenzen der Integration“ ehemaliger Nationalsozialisten in die westdeutsche Gesellschaft und die normative Abkehr von der Ideologie Hitlers verstellen darf.

 Von der Währungsreform  zur „Fresswelle“ – und darüber hinaus Obwohl sich die Lage in den Wintermonaten noch einmal zuspitzte, ging  als das Jahr in die Geschichte ein, in dem der Hunger in Westdeutschland überwunden werden konnte. Dafür waren drei Voraussetzungen entscheidend: verbesserte und sichere Importmöglichkeiten, eine Steigerung der Agrarproduktion in den drei Westzonen sowie eine Neuordnung der Marktbeziehungen, um einen stabilen Rahmen für Landwirte, Verbraucher und nicht zuletzt für die staatlichen Kontrollbehörden zu schaffen. Tatsächlich wuchsen die Importe erheblich; allein die Einfuhr von Weizen ins Vereinigte Wirtschaftsgebiet steigerte sich zwischen Juli und Dezember  auf .. Tonnen nach . Tonnen im Halbjahr zuvor. Auch die Erträge im späteren Bundesgebiet trugen das Ihre zum Ende des Hungers bei. Hatte man  nur .. Tonnen Weizen erzeugen können, so waren es  schon .. Tonnen und  .. Tonnen; damit näherte sich die westdeutsche Landwirtschaft schon fast wieder den Durchschnittswerten der letzten Vorkriegsjahre. Dementsprechend erhöhten sich die Rationen der nach wie vor bewirtschafteten Lebensmittel: Hatten im zur Bizone vereinigten amerikanischen und britischen Besatzungsgebiet im Juni  noch . Kalorien ausgegeben werden können, so waren es im Mai  schon . Kalorien, wobei die Verbraucher auch mehr Brot, Fett und Fleisch zugeteilt erhielten. „Die Entspannung der Versorgungssituation war für den über

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Vgl. Weinreb, „For the Hungry Have no Past nor do They Belong to a Political Party“, S. –; Buruma, ’, S. –, und das Fallbeispiel von Maier, Der Schwarzmarkt in der Möhlstraße und die Münchner Polizei, S. –. Zit. nach Trittel, Hungerkrise und kollektiver Protest in Westdeutschland (–). S. . Buruma, ’, S. . Vgl. Thomas Schlemmer: Grenzen der Integration. Die CSU und der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit – der Fall Dr. Max Frauendorfer. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –. Vgl. Schlange-Schöningen (Hrsg.), Im Schatten des Hungers, S. ; die folgenden Zahlen ebd., S. .

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wiegenden Teil der Bevölkerung so spürbar“, dass schon im Juli  in der britischen Zone nur noch drei Prozent der Befragten „any worry about food“ äußerten. Für die Neuordnung der Marktbeziehungen war die Sanierung der deutschen Währung zentral, hatte die Reichsmark doch kaum mehr den Wert des Papiers, auf das die Banknoten gedruckt waren. Die Tage der Wahrheit kamen in den Westzonen am . und . Juni ; für Löhne, Renten, Pensionen, Pachten und Mieten galt ein Kurs von Eins zu Eins, für Schulden eine Relation von Eins zu Zehn; bei Bargeld und Sparguthaben wurden aus  Reichsmark , D-Mark. Für den Übergang gab es ein sogenanntes Kopfgeld von  D-Mark, von denen  sofort ausgezahlt wurden, um den dringendsten Bedarf zu decken. Obwohl die Währungsreform einen tiefen Einschnitt markierte und einige soziale Härten mit sich brachte, hat sie sich nicht deswegen in die kollektive Erinnerung der Westdeutschen eingebrannt. Vielmehr blieb das Bild plötzlich wieder voller Schaufenster im Gedächtnis haften. Wo es bisher oft nicht einmal das Nötigste zu kaufen gegeben hatte, waren nun plötzlich wieder Lebensmittel und Waren erhältlich, die man lange nicht gesehen hatte. Zeitzeugen erinnern sich bis heute mit leuchtenden Augen daran, was sie für ihr „Kopfgeld“ erstanden haben und unter welchen Umständen das geschah. Ein damals -Jähriger gab zu Protokoll: „Wenn ich daran denke schüttelt es mich heute noch. Von meinem ‚Kopfgeld‘ kaufte ich mir ein Viertelpfund Butter – und aß es ratzfatz auf. Einfach so, ohne Brot. Damals schmeckte es köstlich.“ Die vollen Schaufenster gingen jedoch nicht nur auf die Währungsreform zurück, sondern auch auf das fast gleichzeitig in Kraft getretene „Gesetz über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik“, das der Wirtschaftsrat der britischen und amerikanischen Besatzungszone verabschiedet hatte. Das sogenannte Leitsätzegesetz ermöglichte es dem Direktor der Verwaltung für Wirtschaft, die Preis- und Bewirtschaftungsvorschriften für zahlreiche Konsumgüter aufzuheben und somit die Mechanismen von Angebot und Nachfrage zumindest teilweise wieder in Kraft zu setzen. Ludwig Erhards „kühne, aber begrenzte Liberalisierung des westdeutschen Binnenmarkts“ zeitigte „dramatische Ergebnisse, so dramatisch, dass Uneingeweihte sie für ein Wunder hielten“. Tatsächlich gelang  „der entscheidende Durchbruch in der Versorgung“, als mit dem . Januar „wieder Brot und Nährmittel im freien Verkauf“ erhältlich waren und nur

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Vgl. Trittel, Hunger und Politik, S.  f. Vgl. Werner Abelshauser: Deutsche Wirtschaftsgeschichte. Von  bis zur Gegenwart. Bonn , S. –. Süddeutsche Zeitung v. ./. Juni : „Es war wie ein Wunder. . Juni  – in Deutschland beginnt eine neue Zeitrechnung. In Amerika ist Geld für das besiegte Volk gedruckt und über den Atlantik gebracht worden. Pro Kopf wurden  D-Mark in kleinen Scheinen ausbezahlt. Und siehe da: Plötzlich sind die Läden voll. Es gibt Brot und Butter, auch Schuhe und andere Dinge. Der Tag an dem die D-Mark kam – Zeitzeugen erinnern sich.“ Das Gesetz über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform v. . Juni  ist zusammen mit der dazugehörigen Anlage abgedruckt in: Ruhl (Hrsg.), Neubeginn und Restauration, S. –. Alfred C. Mierzejewski: Ludwig Erhard. Der Wegbereiter der Sozialen Marktwirtschaft. Biografie. München , S. .

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noch für Zucker Marken benötigt wurden. Von einem „Wirtschaftswunder“ konnte freilich noch keine Rede sein, die Währungsreform und die neue Vielfalt in den Schaufenstern der Geschäfte waren vielmehr so etwas wie eine Verheißung – auf eine bessere Zukunft und ein besseres Leben. Dabei waren die Ansprüche noch gering und zielten zumeist auf Güter des täglichen Bedarfs, die man in den Jahren von Krieg und Besatzung lange hatte entbehren müssen: Bohnenkaffee statt Malzkaffee, Apfelsinen statt Äpfel, Butter statt Margarine, Nylonstrümpfe statt Strickwaren oder sogar ein neuer Anzug oder ein neues Kleid. Michael Wildt hat von einem „kleinen Wohlstand“ gesprochen, der sich Mitte der er-Jahre habe beobachten lassen und der den Übergang zur Konsum- und Wohlstandsgesellschaft markiert habe. Dieser Übergang erfolgte in Wellen, von denen die „Kalorien-Aufholjagd“ der „Fresswelle“ und die darauf folgende „Edelfresswelle“ mit nicht alltäglichen Lebensmitteln als Objekten der Begierde die ersten und vielleicht die bekanntesten sind. Doch was kam in den deutschen Familien auf den Tisch? Was wurde in den Küchen gekocht und gebrutzelt? Vor allem drei Trends lassen sich ausmachen: Erstens stieg der Verbrauch hochwertiger Lebensmittel wie Fleisch, Milchprodukte, Eier oder Zitrusfrüchte, während der Verbrauch traditioneller Nährmittel zurückging. Anfang der er-Jahre kochte man – das heißt: kochten die Hausfrauen – allerdings noch fast ausschließlich nach überlieferten Rezepten, die sich je nach Region stark voneinander unterscheiden konnten. Aus einem Wochenspeiseplan, den die auflagenstarke Zeitschrift „Die kluge Hausfrau“ im Sommer  vorschlug, sprach diese Bodenständigkeit ebenso wie die Bescheidenheit der Einkaufsmöglichkeiten, die kurz nach Gründung der Bundesrepublik noch spürbar war; die durchschnittlichen Konsumenten, so könnte man auch sagen, machten keine großen Sprünge, aber sie kamen ohne Hunger durch den Alltag. Am Montag standen Blumenkohlsuppe und Buchweizengrütze auf dem Speisezettel, am Dienstag gefüllter Wirsing mit Salzkartoffeln und Kirschsuppe mit Milchgrieß, am Mittwoch Pilzfrikadellen mit Béchamelkartoffeln und grüner Salat, am Donnerstag Bohnen und Wurzeln mit Schinkenspeck und Kartoffelmus, am Freitag gedünstete Makrelen in Kapernsoße mit Salzkartoffeln und gezuckerte Beeren, am Samstag saure Sülze mit Kartoffelschnee sowie rote Grütze mit Milch, und am Sonntag schließlich Brühe in Tassen, Nieren- und Herzragout im Reisrand, Gemüse sowie ein Nachtisch aus Aprikosen. In den folgenden Jahren wurden die Rezeptvorschläge abwechslungsreicher und saisonunabhängiger, sie sahen höherwertige Zutaten vor und spielten mit der Phantasie und dem Fernweh des meist weiblichen Publikums, wenn nach Mailänder oder Neapoletanischer Art oder sogar französisch gekocht werden sollte, wobei die Rezeptvorschläge nur wenig mit authentischer italienischer oder französischer Küche zu tun hatten.

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So Gries, Die Rationen-Gesellschaft, S. . Wildt, Am Beginn der „Konsumgesellschaft“, S. . Roman Rossfeld : Ernährung im Wandel: Lebensmittelproduktion und -konsum zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. In: Heinz-Gerhard Haupt, Claudius Torp (Hrsg.): Die Konsumgesellschaft in Deutschland –. Ein Handbuch. Frankfurt a. M./New York , S. –, hier S.  f. Vgl. hierzu und zum Folgenden Wildt, Am Beginn der „Konsumgesellschaft“, S. , –.

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Zweitens traten Supermärkte und Fertigprodukte Zug um Zug ihren Siegeslauf an: vom Fisch zum Fischstäbchen, vom Rindfleisch zum Brühwürfel oder vom Kuchen zu Backmischungen von „Doktor Oetker“, um nur drei Beispiele zu nennen. Hinter diesen neuen Produkten stand eine tiefgreifende Veränderung der Herstellung von Lebensmitteln; Rohstoffe wurden auf einem immer größeren Markt eingekauft, industriell verarbeitet und tendenziell europa- oder sogar weltweit gehandelt. Saisonale oder klimatische Bedingungen, die bislang dem Konsum bestimmter Lebensmittel Grenzen gesetzt hatten, verloren zunehmend an Bedeutung; die Welt wurde gleichsam zum „Garten des Verbrauchers“. Mit der industriellen Massenproduktion von Nahrungsmitteln standardisierten sich Geschmack und Konsumgewohnheiten, und auch die soziale Praxis des Einkaufens wandelte sich grundlegend. Nach anfänglicher Skepsis begannen sich nämlich – nach amerikanischem Vorbild – Ende der er-Jahre in der Bundesrepublik Selbstbedienungsläden und Supermärkte durchzusetzen – zunächst zögerlich, dann aber mit einer geradezu unwiderstehlichen Dynamik. Betrug der Umsatzanteil der Selbstbedienungsläden  nur ganze , %, so explodierte er bis  förmlich auf  %. Es ist nicht übertrieben, wenn man für diese Jahre von einer „Revolution des Konsums“ und vor allem von einer „Revolution im Lebensmitteleinzelhandel“ spricht. Mit dem Charakter der Geschäfte änderte sich vielfach auch der Charakter der angebotenen Waren. Abgepackte Lebensmittel in Standardgrößen, Konserven und später auch Tiefkühlkost sowie Fertiggerichte aller Art kamen in die Regale. Dabei galten verarbeitete und bereits ganz oder teilweise zubereitete Lebensmittel als modern und fortschrittlich, während der Einkauf im Tante Emma-Laden oder gar auf dem Wochenmarkt gänzlich aus der Mode kam – mit den entsprechenden Folgen für den Lebensmitteleinzelhandel insgesamt, für die wohnortnahe Infrastruktur sowie für die sozialen Kontakte in der Nachbarschaft. Der tägliche Einkauf diente damit immer weniger dem Austausch von Neuigkeiten und der Pflege von Bekanntschaften, sondern entwickelte sich zunehmend zu einem ebenso individuellen wie anonymen Akt. Drittens internationalisierte sich die westdeutsche Küche zusehends und fand seit  allmählich „Anschluss an die Küchen der Welt“. Verantwortlich dafür waren vor allem vier Faktoren: die steigende Kaufkraft der Arbeitnehmerhaushalte, die schon im Laufe der er-Jahre immer weniger für Ernährung ausgeben mussten und so mehr Spielraum

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Vgl. Michael Wildt: Abschied von der „Freßwelle“ oder: die Pluralisierung des Geschmacks. In: Alois Wierlacher, Gerhard Neumann, Hans-Jürgen Teuteberg (Hrsg.): Kulturthema Essen. Ansichten und Problemfelder. Berlin , S. –. Vgl. Wolfgang König: Kleine Geschichte der Konsumgesellschaft. Konsum als Lebensform der Moderne. Stuttgart , S. –; das folgende Zitat ebd., S. . Vgl. Christian Kleinschmidt: Konsumgesellschaft. Göttingen , S. . Lydia Langer: Revolution im Einzelhandel. Die Einführung der Selbstbedienung in Lebensmittelgeschäften der Bundesrepublik Deutschland (–). Köln u. a. . Wildt, Am Beginn der „Konsumgesellschaft“, S. . Die Aufwendungen eines Arbeitnehmerhaushalts in der Bundesrepublik für Lebensmittel sanken von , %  auf , %  und  % ; vgl. Sabine Haustein: Vom Mangel zum Massenkonsum. Deutschland, Frankreich und Großbritannien im Vergleich –. Frankfurt a. M./New York , S. . Zu den Folgen insbesondere für die Lebenshaltung von Arbeiter-

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für den Konsum ausgefallenerer Lebensmittel hatten; die Internationalisierung der Agrarproduktion und des Handels mit Agrarprodukten; der beginnende Massentourismus, der die Deutschen zunächst insbesondere mit der italienischen Küche in Kontakt brachte, sowie die Arbeitsmigration, denn mit den sogenannten Gastarbeitern kamen auch ihre Ernährungsgewohnheiten und Nationalgerichte. Seit den er-Jahren entstanden in der Republik immer wieder neue kulinarische Moden, die aber nicht nur Köstlichkeiten aus immer entlegeneren Teilen der Welt nach Westdeutschland brachten, sondern auch mehr oder weniger tiefe Spuren in der Alltagsküche hinterließen. Von Hunger sprach in diesen Jahren des „Wirtschaftswunders“ niemand mehr; der „Traum vom Sattwerden“ (Michael Wildt) war für fast alle Westdeutschen wahr geworden.

 Lange Schatten Mit dem Weg von der Mangel- in die Überflussgesellschaft begannen sich auch die semantischen Vorzeichen der Rede vom Essen zu verändern, und es hielten neue Begriffe Einzug, die den Diskurs über gute Ernährung mit dem Diskurs über Gesundheit, Lebensführung und Modernität verbanden. Karrieren von Begriffen wie Vitamine, schlanke Linie, Übergewicht, Rohkost oder leichte Küche verweisen auf diese Entwicklung und stellten neben den Vorzügen auch die Risiken des Schlaraffenlands heraus, zu dem sich die Bundesrepublik des „Wirtschaftswunders“ verglichen mit den ersten Nachkriegsjahren entwickelt hatte. Viele Zeitgenossen taten sich freilich schwer damit, gesundheitsfördernden Ratschlägen zu folgen und den Hunger der Nachkriegszeit hinter sich zu lassen. Manche blieben Zeit ihres Lebens „Schnellesser“, weil sie die Furcht nicht ablegen konnten, zu kurz zu kommen, andere hatten dauerhaft das Gefühl für das rechte Maß verloren. „Ich wusste nie, wann ich satt bin“, erinnerte sich ein Zeitzeuge. „Ich wollte immer nur essen, essen, essen.“ Doch die Leere blieb und konnte bisweilen zu einer Art allgemeinem Lebenshunger mutieren, der sich nur schwer stillen ließ. Die Hungererfahrung schrieb sich jedoch nicht nur in Erinnerung und Psyche ein, sondern auch in die Körper der Men-

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haushalten vgl. Josef Mooser: Arbeiterleben in Deutschland –. Klassenlagen, Kultur und Politik. Frankfurt a. M. , S. –. Vgl. Patrick Bernhard : Italien auf dem Teller. Zur Geschichte der italienischen Küche und Gastronomie in Deutschland –. In: Gustavo Corni, Christof Dipper (Hrsg.): Italiener in Deutschland im . und . Jahrhundert. Kontakte, Wahrnehmungen, Einflüsse. Berlin , S. –. Vgl. dazu im Überblick Ulrich Herbert: Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge. München . Vgl. Maren Möhring: Fremdes Essen. Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland. München . Vgl. Wildt, Am Beginn der „Konsumgesellschaft“, S. –; Weinreb, Modern Hungers, S. –. Vgl. Häusser, Maugg, Hungerwinter, S. ,  (Zitat). Vgl. Sabine Bode: Die vergessene Generation. Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen. Stuttgart. , S. .

Zwischen Hunger und Hoffnung



schen. Chronische Krankheiten als Folge des Hungers und damit ein erhöhtes Risiko, vor der Zeit zu sterben, waren ebenso ein Symptom dafür wie „eine verringerte Fertilität von Männern und Frauen“, mit der wiederum dauerhafte Einschnitte in Biografien und Familienstrukturen verbunden sein konnten. Die langen Schatten der Ernährungskrise reichten also weit über das Essen an sich hinaus und berührten ebenso den Umgang mit Lebensmitteln wie das Einkaufen, die Vorratshaltung, die Eigenproduktion – und letztlich auch Zukunftsperspektiven und Zukunftsvertrauen. Das Spektrum möglicher Verhaltensweisen war breit und reichte vom sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln aller Art, extremer Sparsamkeit und Vorsicht bis zu Wegwerfmentalität, Verschwendung und Übermut. Für ein Oral History-Projekt sprach eine Studentin mit ihren Großmüttern über die schwierige Nachkriegszeit und glaubte, bei beiden „Spuren des Hungerns“ zu erkennen. „‚Die eine prasst gern, die andere ist eher sparsam und dankbar.‘ [Oma] Marianne fühlt sich treffend beschrieben und bestätigt: ‚Ich würde fast behaupten, dass ich bei jedem Großeinkauf in einem Supermarkt Lobe-den-Herrn-Gefühle hab, ohne Ironie. Dass das wieder möglich ist, in einer Welt, die ja völlig zerstört war, das sitzt ganz tief in uns.‘“ Dazu passen die Befunde von Michael Prinz über die Beharrungskraft der Subsistenzwirtschaft noch im zweiten Nachkriegsjahrzehnt. „Zu Beginn der er Jahre erklärten immerhin noch vier von zehn Haushalten, Boden zu bewirtschaften.“ Kleingärten, Kleintierhaltung, eigenes Obst und Gemüse vermittelten ein Gefühl der Sicherheit im prekären Frieden des Kalten Kriegs. Diese Residuen der alten Zeit verwiesen jedoch zugleich auf die profunde Verunsicherung, die manche Leidtragende der Hungerkrise nur zögerlich, andere nie oder nie vollständig ablegen konnten. Man könnte auch sagen, dass das „Wirtschaftswunder“ schon fast zu Ende war, als die letzten Zauderer der schönen, neuen Konsumwelt zu trauen begannen. Allerdings war dies nur die eine Seite der Medaille. Wichtiger und wirkungsmächtiger war eine „positive Korrelation zwischen Demokratie und Konsumgesellschaft“, denn es spricht vieles dafür, dass es nach den Jahren des Mangels der „entfaltete Massenkonsum“ war, der „eine entscheidend wichtige materielle und kulturelle Voraussetzung“ für die demokratische Stabilität der Bundesrepublik bildete.



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Tönsmeyer, Hungerökonomien, S. – (Zitat S. ); Beispiele finden sich bei Häusser, Maugg, Hungerwinter, S. –, und Bode, Vergessene Generation, S. –; zum Folgenden vgl. ebd., S.  f. Vgl. Michael Prinz: Der Sozialstaat hinter dem Haus. Wirtschaftliche Zukunftserwartungen, Selbstversorgung und regionale Vorbilder: Westfalen und Südwestdeutschland –. Paderborn u. a. , S. –, Zitat S. . Andreas Wirsching: Politische Generationen, Konsumgesellschaft, Sozialpolitik. Zur Erfahrung von Demokratie und Diktatur in Zwischenkriegszeit und Nachkriegszeit. In: Anselm DoeringManteuffel (Hrsg.): Strukturmerkmale der deutschen Geschichte des . Jahrhunderts. München , S. –, hier S.  f.

Beate Fieseler Von der Waffe an die Wiege: Sowjetische Familien- und Geschlechterpolitik im Kontext des „Großen Vaterländischen Krieges“ Der Krieg führte in den meisten beteiligten Staaten zu dramatischen Veränderungen im Leben der Bevölkerung. Der gesellschaftliche Ausnahmezustand löste die vorherige Normalität ab. Doch reichten die Auswirkungen des Krieges, den die sowjetische Bevölkerung jahrelang auf eigenem Territorium erdulden musste, weiter und tiefer als irgendwo sonst. Nach dem deutschen Überfall im Juni  wurden nicht nur Männer in ständig steigender Zahl an die Front einberufen, sondern auch die weibliche Bevölkerung bekam die Folgen des Krieges viel stärker und unmittelbarer als in anderen Ländern zu spüren. Sowjetische Frauen fanden sich unter den „klassischen Kriegsopfern“, weil unzählige von ihnen den Vater, Ehemann oder Kinder durch Kriegseinwirkungen verloren hatten. Gleichzeitig wurden sie selbst millionenfach als Arbeitskräfte für die Kriegswirtschaft mobilisiert oder nahmen als Angehörige der Roten Armee unmittelbar am Kriegsgeschehen teil. Die meisten Soldatinnen arbeiteten im Sanitätswesen oder im technischen Bereich, viele gehörten als Köchinnen und Wäscherinnen zu den rückwärtigen Diensten. Aber eine Minderheit übte auch kombattante Funktionen aus. Bereits an Hand dieser wenigen Informationen lässt sich ablesen, dass die populäre Propagandaformel „Männer an die Front – Frauen an die Heimatfront“ die Realität nicht ganz zutreffend abbildete. Anders als diese nach Geschlecht differenzierende Normsetzung vermuten lässt, verschwammen traditionelle Geschlechtergrenzen während des Krieges durchaus und die für die Stalin-Ära typische gegensätzliche Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit verlor mitunter völlig an Bedeutung. Im Folgenden wird gefragt, ob diese Veränderungen über das Kriegsende hinaus wirksam blieben und nachhaltige Veränderungen in den Geschlechterbeziehungen nach sich zogen. Dabei soll zum einen nachgezeichnet werden, wie die sowjetische Familien- und Geschlechterpolitik auf







Roger D. Markwick: „The Motherland Calls“: Soviet Women in the Great Patriotic War, –. In: Melanie Ilič (ed.): The Palgrave Handbook of Women and Gender in TwentiethCentury Russia and the Soviet Union. London , S. –. Beate Fieseler: Patriotinnen, Heldinnen, Huren? Frauen in der Roten Armee –. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht  (), S. –; Roger D. Markwick, Euridice Charon Cardona: Soviet Women on the Frontline in the Second World War. New York ; Julija N. Ivanova: Chrabrejšie iz prekrasnych. Ženščiny Rossii v vojnach. Moskva , S. –. Markwick, „The Motherland Calls“, S. –.

https://doi.org/./-

Von der Waffe an die Wiege

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den Krieg und seine Folgen reagierte. Zum anderen geht es um die Reaktionen der Bevölkerung auf die Maßnahmen der politischen Führung, insbesondere auf die Familienrechtsreform vom Sommer .

 Ausgangslage: Sowjetfrau = emanzipiert? Die Frauenemanzipation nahm unter den proklamierten Zielen der Kommunistischen Partei seit der Oktoberrevolution  einen prominenten Platz ein. Nur der Sozialismus, so hieß es, könne die russische Frau von ihrer traditionellen Rückständigkeit, ihrem Analphabetismus und ihrer Religiosität befreien und sie auf den Weg des Fortschritts führen. Dieses Ziel hielt die Sowjetunion Mitte der er-Jahre für erreicht und erklärte die „Frauenfrage“ für gelöst. Der Gleichstellungsgrundsatz in der sowjetischen Verfassung von  (Art. ) garantierte nicht nur die formale rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern, sondern gleiche Möglichkeiten für beide Geschlechter in allen Lebensbereichen. Damit schien die Emanzipation der weiblichen Bevölkerungsmehrheit in der Sowjetunion viel früher als in anderen Ländern Wirklichkeit geworden zu sein. Die „neue Sowjetfrau“ avancierte fortan zu einem der wichtigsten Modernitäts- und Leistungsfähigkeitssymbole, mit denen das Regime seine Politik nach innen legitimierte und sich auch im internationalen Vergleich Anerkennung zu verschaffen versuchte. Niemand verkörperte die in der Sowjetunion realisierte Geschlechtergleichheit besser als die zahlreichen Arbeits-, Flieger- und Sportheldinnen. Ihre Erfolge waren ein zentrales Thema der offiziellen zeitgenössischen Propaganda. Viele Frauen, vor allem die jüngeren, städtischen, empfanden die radikale Transformation, die die sowjetische Gesellschaft im Zuge der forcierten Industrialisierung durchmachen musste, unbestreitbar als Fortschritt. Deshalb finden sich in den Lebenserinnerungen dieser Gruppe auch häufig positive Reminiszenzen an die er-Jahre. Sie beschreiben diese Dekade als eine Epoche der Aufbruchsstimmung und des Enthusiasmus, als Phase immens expandierender Möglichkeiten in Bildung und Beruf, die es Frauen erlaubte,





 

Rudolf Schlesinger (ed.): The Family in the U.S.S.R. Documents and Readings. London , S. –; Becky L. Glass, Margaret K. Stolee: Family Law in Soviet Russia, –. In: Journal of Marriage and the Family  (), S. ; Lauren Kaminsky: Utopian Visions of Family Life in the Stalin-Era Soviet Union. In: Central European History  (), S. –. Roger Markwick: Women, War and „Totalitarianism“: the Soviet and Nazi Experiences Compared. In: Jost Dülffer, Robert Frank (eds.): Peace, War and Gender from Antiquity to the Present: Cross-Cultural Perspectives. Essen , S. ; Evgenij F. Krinko, Irina G. Tažidinova, Tatjana P. Chlynina: Častnaja žizn’ sovetskogo čeloveka v uslovijach voennogo vremeni: prostranstvo, granicy i mechanizmy realizacii (–). Rostov n/D. , S. . Jurij S. Kukuškin, Oleg I. Čistjakov: Očerk istorii Sovetskoj Konstitucii. Moskva , S.  f. Choi Chatterjee: Soviet Heroines and the Language of Modernity, –. In: Melanie Ilič (ed.): Women in the Stalin Era. Basingstoke , S. –.



Beate Fieseler

Männern ebenbürtig zu sein oder sie sogar zu übertrumpfen. Frauen waren stolz darauf, dass ihnen die Sowjetmacht die Möglichkeit eröffnete, in Bereiche vorzudringen, die in der Vergangenheit nur Männern vorbehalten gewesen waren: beispielsweise technische Berufe, paramilitärisches Training etc. Manche träumten sogar von einer militärischen Karriere. Trotz aller Fortschrittlichkeitsrhetorik wies die Frauen- und Geschlechterpolitik der Sowjetunion in den er-Jahren allerdings weniger konsistente als ambivalente Züge auf und wurde dabei der Stalin‘schen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik deutlich untergeordnet, besaß aus sich selbst heraus also keine gestalterische Kraft mehr. Neuerdings galt insbesondere die kontinuierliche Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit als Beweis für die vollständige Befreiung der Sowjetfrauen, ja als Indikator für ihre Emanzipation, und wurde propagandistisch groß herausgestellt. Im Jahr , dem Jahr der offiziell verkündeten vollendeten Frauenemanzipation, fand im Bereich des Familienrechts eine Rückkehr zu traditionellen Familien- und Weiblichkeitsvorstellungen statt. Die Ehescheidung wurde erschwert und verteuert, die bis dahin legale Abtreibung verboten (gegen den erklärten Willen vieler Frauen) und die gesamte Reproduktionsarbeit wieder in die Familien, und damit auf die Schultern von Frauen verlagert, da es dem Staat an Investitionsmitteln für den Auf- und Ausbau des zuvor in Aussicht gestellten Netzes von Kinderkrippen, Kantinen, Wäschereien usw. fehlte. Das Frauenbild der er-Jahre war also äußerst zwiespältig. Gewiss, es sprach unterschiedliche Bevölkerungsgruppen an: gebildete städtische Frauen ebenso wie erst rudimentär alphabetisierte Bäuerinnen. Aber es barg auch die Gefahr in sich, dass sich die matte, konservative Rückseite der vorne verführerisch glänzenden Emanzipationsmedaille eines Tages vollständig durchsetzen würde. Die Propaganda begleitete die konservative Wende mit „Weiblichkeitskampagnen“ und griff in visuellen Darstellungen auf eher traditionelle Motive zurück. Dabei finden wir die Sowjetfrau zum einen als Konsumentin, etwa von Kosmetikprodukten, und zum











Vgl. etwa: Sheila Fitzpatrick, Yuri Slezkine (eds.): In the Shadow of Revolution. Life Stories of Russian Women from  to the Second World War. Princeton ; Barbara Alpern Engel, Anastasia Posadskaya-Vanderbeck (eds.): A Revolution of Their Own. Voices of Women in Soviet History. Boulder . Anna Krylova: Stalinist Identity from the Viewpoint of Gender: Rearing a Generation of Professionally Violent Women-Fighters in s Stalinist Russia. In: Gender and History  (), S. –. Susanne Conze: Weder Emanzipation noch Tradition. Stalinistische Frauenpolitik in den vierziger Jahren. In: Stefan Plaggenborg (Hrsg.): Stalinismus. Neue Forschungen und Konzepte. Berlin , S. . Barbara Evans Clements: A History of Women in Russia. From Earliest Times to the Present. Bloomington , S. –, –; Barbara Alpern Engel: Women in Russia, –. New York , S.  f.; Natalia Pushkareva: Women in Russian History. From the Tenth to the Twentieth Century. Armonk , S. ; Richard Stites: The Women’s Liberation Movement in Russia. Feminism, Nihilism, and Bolshevism, –. Princeton , S. . Glass, Stolee, Family Law in Soviet Russia, S. ; Wendy Z. Goldman: Women, the State and Revolution. Soviet Family Policy and Social Life, –. New York , S. –.

Von der Waffe an die Wiege



anderen (und weitaus häufiger) als glückliche Mutter. Auf Grund des eklatanten Arbeitskräftemangels gehörte ein schnelles Bevölkerungswachstum zu den erklärten Zielen der politischen Führung. Auf typischen, massenhaft verbreiteten Plakaten der er-Jahre, wirken die dargestellten Frauen kaum noch wie Erwerbstätige, sondern wie hauptberufliche Mütter/Hausfrauen, die sich den ganzen Tag ausschließlich um die Familie und die Kinder kümmern. Tatsächlich aber stieg im Zuge der Stalin‘schen Industrialisierungspolitik der Frauenanteil an der Erwerbsbevölkerung binnen weniger Jahre rasant an und machte  bereits , % aus. Ein Dasein als Hausfrau und Mutter wurde, anders als die Propaganda vorgaukelte, zum Minderheitenphänomen. Nach Kriegsbeginn nahm die Bedeutung weiblicher Erwerbsarbeit noch einmal dramatisch zu. So waren im Jahr  bereits  % aller Beschäftigten Frauen. Schließlich hatte vor allem im zweiten Kriegsjahr die staatliche Propaganda (Plakate, Frauenzeitschriften) Frauen aufgefordert, alle Männer, die an die Front gegangen waren, als Arbeitskräfte an der Heimatfront zu ersetzen. Unterstrichen wurde die Aufforderung durch den Erlass zur allgemeinen Arbeitspflicht von Februar/September , der alle Frauen im Alter von / bis / Jahren zur Arbeit in der Kriegswirtschaft mobilisierte. Mit diesem Einsatz könnten sie, so die Propaganda, ihr glückliches Leben in der Sowjetunion und das ihrer Kinder, besonders wirksam verteidigen. Die populärsten Kriegsplakate zeigten Frauen in erster Linie als Mütter und damit einerseits als verletzliche Opfer der deutschen Aggression oder andererseits, allegorisch überhöht, als „Mutter Heimat“. Tatsächlich aber mussten, solange der Krieg nicht gewonnen war, Mutterschaft und Familienaufgaben als faktische und alltägliche Aufgabe der Frauen vorübergehend in den Hintergrund treten. Stattdessen räumte die an Frauen adressierte Propaganda jetzt der Produktionsarbeit die höchste Priorität ein, um den ersehnten Sieg, und damit den staatlichen Schutz für Familie und Kinder, möglichst schnell (wieder) zu erlangen. Dadurch, dass sie als Substitut der an der Front befindlichen männlichen Arbeitskräfte die Kriegswirtschaft an der Heimatfront konsequent in Gang hielten, so lautete die Botschaft der Frauenzeitschriften in den ersten Kriegsjahren, könnten die sowjetischen Frauen die Interessen ihrer Familien und Kinder am besten verteidigen.



  

   

Siehe etwa die Beispiele aus den er-Jahren in Aleksandr Snopkov, Pavel Snopkov, Aleksandr Škljaruk: Reklama v plakate. Russkij torgovo-promyšlennyj plakat za  let. Moskva , S.  f.; Maria Lafont: Soviet Posters. The Sergo Grigorian Collection. München , S.  f. Conze, Weder Emanzipation noch Tradition, S. . Ebd. Naša Pobeda. Plakaty Velikoj Otečestvennoj vojny – godov. Moskva , S. ; Plakat na fronte i v tylu. Moskva , S. . K. U. Černenko, M. S. Smirtjukov (sost.): Rešenija partii i pravitel’stva po chozjajstvennym voprosam. T. . Moskva , S. . Naša Pobeda, S. –. Rodina-Mat’ zovet! Plakaty Velikoj Otečestvennoj vojny. Moskva , S. . Conze, Weder Emanzipation noch Tradition, S. .



Beate Fieseler

 Sowjetische Männer und Frauen während des Krieges: verschwimmende Geschlechtergrenzen Tatsächlich „ersetzten“ Frauen die einberufenen Männer sowohl in der Industrie als auch und vor allem in der Landwirtschaft. Hier wie dort leisteten sie Schwerstarbeit; physisch extrem herausfordernde Tätigkeiten, etwa im Bergbau, waren keine Seltenheit. Frauenarbeitsschutzgesetze fanden in der Industrie während der Kriegsjahre kaum noch Anwendung. In der Landwirtschaft mussten Frauen sich nach der Rekrutierung der meisten Männer im arbeitsfähigen Alter und der Konfiskation von Maschinen und Zugtieren für den Armeebedarf häufig selbst vor den Pflug spannen, um die Frühjahrsaussaat vorzubereiten. Auch das anfangs erwähnte Beispiel der Roten Armee macht deutlich, wie während des Krieges Geschlechtergrenzen verschwammen und Frauen in Bereiche vordrangen, die zuvor ausschließlich Männern vorbehalten gewesen waren. Im Jahr  gab es ca. . weibliche Armeeangehörige. Damit machten Frauen in diesem Jahr rund  % der Gesamtstärke der sowjetischen Streitkräfte aus. Die Zahlenangaben schwanken zwar, aber neuere Schätzungen sprechen von rund  Million Frauen, die in Uniform am Krieg teilnahmen, was einem durchschnittlichen Armeeanteil von ca.  % entspricht. Nur in der Sowjetunion beteiligten sich Frauen auch als Kombattantinnen am Zweiten Weltkrieg, insbesondere als Kampfpilotinnen, Scharfschützinnen („Flintenweiber“) und Panzerfahrerinnen. Vor dem Krieg hatten sie noch nicht die Möglichkeit, eine reguläre militärische Ausbildung zu absolvieren und Militärakademien zu besuchen, doch jetzt gab es Spezialausbildungen für Frauen, die sie auf den bewaffneten Kampf vorbereiteten. Manche Frauen scheinen diese Herausforderung regelrecht gesucht zu haben. Überhaupt war die Grenze zwischen Sanitätsdienst, manchen Hilfsdiensten und kämpfender Truppe im sowjetischen Kriegsalltag nicht starr, sondern fließend. Zwar bezeichnete die Kriegspropaganda die Krankenschwestern als Helferinnen und Freundinnen der Soldaten, doch verrichteten sie ihre Arbeit nicht in einem geschützten Bereich, sondern häufig direkt auf dem Schlachtfeld, wo es Verwundete zu bergen und notdürftig zu versorgen galt. Sie arbeiteten also unmittelbar an der Front und gerieten dabei selbst in Lebensgefahr. Das Wegschleppen der Verwundeten vom Schlachtfeld samt ihrer Waffen gehörte zu den Aufgaben der Krankenschwestern. Mitunter mussten die Sanitäterinnen selbst zur Waffe greifen, um unter feindlichem Feuer Verletzte zu bergen und sich selbst und die Soldaten dabei zu verteidigen. Überall leisteten Frauen an der Front Schwerarbeit, 

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

  

Susanne Conze: Sowjetische Industriearbeiterinnen in den vierziger Jahren. Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf die Erwerbstätigkeit von Frauen in der UdSSR, –. Stuttgart , S. . Svetlana Andreeva u. a. (Hrsg.): Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst. Katalog zur Dauerausstellung. Berlin , S. . Reina Pennington: Women. In: David R. Stone (ed.): The Soviet Union at War, –. Barnsley , S.  f.; Fieseler, Patriotinnen, Heldinnen, Huren?, S. . Fieseler, Patriotinnen, Heldinnen, Huren?, S. . Ebd., S. –. Ebd., S.  f.

Von der Waffe an die Wiege



selbst in quasi „zivil“ anmutenden Bereichen wie dem Sanitätswesen oder der Fliegerei. Das haben vor allem die Interviews, die die belorussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch/Svetlana Aleksievič in den er-Jahren mit Kriegsteilnehmerinnen geführt hat, erstmals einer breiteren Öffentlichkeit eindrücklich vor Augen geführt.

 Krieg als Motor sozialen Fortschritts? Auch nach dem Ende des Krieges blieb der Frauenanteil an der gesamten sowjetischen Volkswirtschaft hoch – eine Verdrängung von Frauen fand also nicht statt und wäre unter Einkommensgesichtspunkten auch gar nicht möglich gewesen. Familien brauchten den Verdienst beider Partner, um über die Runden zu kommen; alleinstehende Frauen waren erst recht darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das Nachkriegsniveau () der Frauenarbeit lag mit  % immer noch deutlich über dem Stand von . Gleichwohl lassen sich diese Zahlen kaum als Beleg dafür nehmen, dass der Krieg die Emanzipation der sowjetischen Frauen ein gutes Stück vorangebracht habe. Im Gegenteil, im Hinblick auf die durchschnittlichen Arbeitsbedingungen, aber auch die Qualifikationsmöglichkeiten von Arbeiterinnen und Bäuerinnen sind keine Fortschritte gegenüber der Vorkriegszeit erkennbar. Bemerkenswerte Aufstiege oder das Erreichen von Führungspositionen im Management oder der Administration ergaben sich für Frauen nur höchst selten. Vor allem brachte die Kriegsleistung den Frauen keinen Zugewinn an politischem Einfluss, die politische Führungsriege blieb ein reiner Männerbund. Was die Frauen in der Roten Armee angeht, so wurden sie nach Kriegsende schnell aus der Armee demobilisiert und hatten keinerlei Aussicht auf zukünftige militärische Laufbahnen. Obwohl der Masseneinsatz weiblicher Soldaten damals im internationalen Vergleich eine Neuheit war, schlachtete die sowjetische Propaganda die massenhafte weibliche Kriegsteilnahme nicht etwa als „Errungenschaft“ oder Emanzipationsbeleg aus, sondern neigte eher dazu, sie schweigend zu übergehen. Jedenfalls gibt es kaum Kriegsplakate, die Frauen als Kombattantinnen zeigen. Stattdessen wurden die Krankenschwestern und Ärztinnen nachträglich „feminisiert“ und ihr Kriegseinsatz grotesk verharmlost, geradezu banalisiert, um ihm jede Anmutung von Kampfbeteiligung und Gefährdung zu nehmen. In der Folge fanden die weiblichen Armeeangehörigen auch keinen Platz im sowjetischen Gedächtnis an den Zweiten Weltkrieg. Ein Plakat aus dem Jahr , gestaltet von Nina Nikolaevna Vatolina, das unter dem Titel „Ruhm der heldenhaften Sowjetfrau!“ erschien, interpretiert den Beitrag sowjetischer Frauen zum Sieg auf völlig traditionelle Weise: „Im Zentrum steht eine fürsorglich-zärtliche Mutter mit ihrem Kind im Arm, die    

Swetlana Alexijewitsch: Der Krieg hat kein weibliches Gesicht. Berlin . Conze, Weder Emanzipation noch Tradition, S. . Fieseler, Patriotinnen, Heldinnen, Huren?, S. . Eine digitale Version des Plakats ist zu finden bei: University of Southern California Libraries. Siehe auch das Plakat von Nina Vatolina „Ruhm der Heldenmutter“ (). In: Peter Jahn (Hrsg.): Triumph und Trauma. Sowjetische und postsowjetische Erinnerung an den Krieg, –. Berlin , S. .



Beate Fieseler

von einer fröhlichen Arbeiterin und Bäuerin und einer schützenswerten älteren Soldatenmutter umrahmt wird“. Einzig die Sanitäterin (links am unteren Bildrand zu sehen) nahm laut Aussage dieses Plakats unmittelbar am Krieg teil. Das hier propagierte Frauenbild gehört in den Kontext einer Erinnerungskultur, die sich bereits während des Krieges herauszubilden begann und allein den männlichen Soldaten Dank für den Sieg abstattet. Grenzüberschreitungen, wie sie während des Krieges stattgefunden hatten, als Frauen in männlich konnotierte Räume (etwa das Militär) vordrangen und im zivilen Bereich ebenfalls zuvor von Männern ausgeübte Aufgaben und Funktionen erfüllten, führten über das Kriegsende hinaus nicht zu flexibleren Geschlechterrollen. Im Gegenteil, insbesondere die Rotarmistinnen bekamen nach Kriegsende bitter zu spüren, dass die scheinbar natürliche Ordnung der Geschlechter durch ihre Kriegsteilnahme in Frage gestellt worden war. Nach Meinung vieler Zeitgenossen verdienten Frauen, die den Krieg an der Front verbracht hatten, keine Anerkennung, man begegnete ihnen vielmehr mit Misstrauen. Während die Propaganda nicht müde wurde, die Frauen zu loben, die an der Heimatfront einsam, aber treu auf die Rückkehr ihrer Männer gewartet hatten, begegnete die öffentliche Meinung den Soldatinnen häufig mit Geringschätzung, ja Verachtung. Der Volksmund nannte die Medaille „Für Verdienste im Kampf“ (za boevye zaslugi) abschätzig „Für Verdienste beim Sex“ (za polovye zaslugi), wenn sie von Frauen getragen wurde. Anders als die männlichen Veteranen wurden sie nicht ebenso selbstverständlich als Siegerinnen oder Heldinnen angesehen. Vielmehr machte man sie allein für die kriegsbedingten moralischen Verwerfungen verantwortlich und verfolgte sie noch jahrelang mit üblen Verdächtigungen. Unter dem Druck solch massiver Anfeindungen hielten viele Frauen ihre Kriegsteilnahme sogar vor ihren Ehemännern, Kindern und Enkeln geheim und verzichteten auf die kleinen Vergünstigungen, die ihnen bei als Kriegsteilnehmerinnen bei Verwundung und/oder Krankheit zugestanden hätten. Insbesondere die schwer versehrten Veteraninnen hätten besonderer Unterstützung bedurft, waren aber meist auf sich allein gestellt oder die Hilfe ihrer Familie angewiesen. 

 





Carmen Scheide: Bild und Gedächtnis. Identitätskonstruktionen sowjetischer Fliegerinnen als Angehörige der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg. In: Beate Fieseler, Jörg Ganzenmüller (Hrsg.): Kriegsbilder. Mediale Repräsentationen des „Großen Vaterländischen Krieges“. Essen , S. . Siehe z. B. Plakat von Viktor Klimašin „Ruhm dem Kämpfer-Sieger!“ In: Naša Pobeda, S.  Gabriel Temkin: My Just War. The Memoir of a Jewish Red Army Soldier in World War II. Novato , S. ; Vera Ivanovna Malakhova: Four Years as a Frontline Physician. In: Engel, Posadskaya-Vanderbeck (eds.), A Revolution of Their Own, S. ; Beate Fieseler: Rotarmistinnen im Zweiten Weltkrieg. Motivationen, Einsatzbereiche und Erfahrungen von Frauen an der Front. In: Klaus Latzel, Franka Maubach, Silke Satjukow (Hrsg.): Soldatinnen. Gewalt und Geschlecht im Krieg vom Mittelalter bis heute. Paderborn , S.  f.; Markwick, Cardona, Soviet Women on the Frontline in the Second World War, S. –. Oleg Budnickij: Mužčiny i ženščiny v Krasnoj Armii (–). In: Cahiers du Monde russe  (), S. –; Mie Nakachi: A Postwar Sexual Liberation? The Gendered Experience of the Soviet Union’s Great Patriotic War. In: Ebd., S. –; Brandon M. Schechter: „Girls“ and „Women“. Love, Sex, Duty and Sexual Harassment in the Ranks of the Red Army –. In: The Journal of Power Institutions in Post-Soviet Societies  (), S. –. Sovetskaja žizn’. –. Moskva , S. –.

Von der Waffe an die Wiege

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Der Krieg war eine Ausnahmesituation gewesen, der besondere Regelungen nötig und möglich gemacht hatte (etwa die Mobilisierung von Hunderttausenden Frauen an die Front). Doch sollten sich mit der Rückkehr zum Frieden (der im Allgemeinen mit „Normalität“ konnotiert wird), auch die Geschlechterverhältnisse wieder ins Traditionelle wandeln. Selbst die vielbeschworene Solidarität der einstigen „Frontfamilie“ erwies sich nun als brüchig, wie folgende Erinnerung einer Kriegsteilnehmerin verdeutlicht: Wir haben einiges durchgemacht, wir Frontmädchen. Auch nach dem Krieg; nach dem Krieg hatten wir noch einen Krieg. Und der war auch schlimm. Die Männer ließen uns irgendwie im Stich. Sie beschützten uns nicht. An der Front war das anders.

Im zivilen Leben gewannen traditionelle Vorstellungen von Geschlechterrollen rasch wieder an Bedeutung. Die hergebrachte, quasi „natürliche“ Ordnung der Geschlechter wurde nicht zuletzt mit Hilfe staatlicher Propaganda (Plakate, Zeitschriften, Literatur) wiederhergestellt. Soldatinnen – bewaffnete zumal – passten schlecht in dieses konservative Gesellschaftsbild. Staatsoberhaupt Michail Kalinin, der die Kriegsteilnahme von Frauen zu Beginn seiner Rede vor Veteraninnen im Jahr  als letzten Akt der Frauenemanzipation in der Sowjetunion beschworen hatte, schärfte den demobilisierten Soldatinnen im weiteren Verlauf derselben Ansprache ein, sich ihrer militärischen Leistungen nicht zu rühmen, sondern diese lieber schweigend zu übergehen. Anscheinend befolgten nicht wenige Veteraninnen seinen Rat: Wir waren stumm wie die Fische. Erzählten niemandem, dass wir an der Front gewesen waren. . . . aber die erste Zeit verkrochen wir uns. Wir trugen nicht einmal unsere Auszeichnungen. Die Männer ja, aber die Frauen nicht. Die Männer waren die Sieger, waren Helden und Bräutigame, der Krieg gehörte ihnen, wir aber wurden mit ganz anderen Augen angesehen. Ich sage Ihnen, man hat uns den Sieg gestohlen. . . . Sie haben den Sieg nicht mit uns geteilt. Das war bitter . . . 

Die offizielle sowjetische Propaganda begann aber nicht erst nach dem siegreichen Ende des Krieges, sondern bereits im Jahr , also nach der Kriegswende, mit der Verklärung traditioneller Geschlechterrollen. Das konservativ-spießige Frauenbild, das jetzt in Wort und Bild verbreitet wurde, machte der Bevölkerung klar, dass die vorübergehende Mobilisierung von Frauen für den Kriegsdienst und für den Arbeitseinsatz an der Heimatfront zu keinem Zeitpunkt Ausdruck einer konsequenten Fortführung des Emanzipationsgedankens gewesen war, sondern allein der Abwendung einer existenziellen Bedrohung gedient hatte. Deshalb brachte der Sieg der weiblichen Bevölkerungsmehrheit auch keinen Zu

 



Alexijewitsch, Der Krieg hat kein weibliches Gesicht, S.  (Tamara Stepanovna Umnjagina, Garde-Unteroffizier, Sanitätsinstrukteurin). Michail I. Kalinin: On Communist Education. Selected Speeches and Articles. Moscow , S. . Alexijewitsch, Der Krieg hat kein weibliches Gesicht, S.  (Valentina Pawlowna Tschudajewa, Flak-Geschützführerin). Lisa A. Kirschenbaum: „Our City, Our Hearths, Our Families“: Local Loyalties and Private Life in Soviet World War II Propaganda. In: Slavic Review  (), S. –.



Beate Fieseler

wachs an Karrieremöglichkeiten, gesellschaftlicher oder politischer Teilhabe. Schon bald nach seinem Ende wurde der Krieg zu einer rein männlichen Leistung und Erfahrung umgedeutet und die traditionelle Geschlechterordnung wieder rekonstruiert. Insgesamt wandelten sich unter den restaurativen Bedingungen der Nachkriegszeit die Geschlechterbeziehungen nicht zum Vorteil von Frauen, neue Karrieremöglichkeiten eröffneten sich kaum, ihr gesellschaftlicher Status erfuhr keine Aufwertung. Eher war das Gegenteil der Fall und Frauen mussten manche Positionen, die sie in der Ausnahmesituation des Krieges hatten einnehmen können, zugunsten männlicher Veteranen wieder räumen. Damit war die herkömmliche Hierarchie der Geschlechter wiederhergestellt, noch bevor der Krieg zu Ende gegangen war. Kaum war die Gefahr einer Kriegsniederlage der Sowjetunion gebannt, wies der Staat den Frauen wieder die gewohnten, mehrfach belastenden Aufgaben zu. Neben der Beteiligung am Wiederaufbau des Landes sollten sie sich nun vorrangig um Haushalt und Familie und insbesondere um ihre versehrt oder traumatisiert zurückkehrenden Männer kümmern, deren Reintegration ins zivile Leben angesichts mangelnder staatlicher Unterstützung schwer zu bewältigen war. Doch ihre Hauptaufgabe bestand darin, die enormen kriegsbedingten Verluste ausgleichen und möglichst viele Kinder zu gebären. Im Mittelpunkt der staatlichen Propaganda stand daher die zahlreiche Mutterschaft, die den Frauen das höchste Glück zu verheißen schien. Doch was genau bedeutete die staatliche Aufforderung an alle Frauen im gebärfähigen Alter, möglichst viele Kinder zu bekommen und großzuziehen? Die meisten Frauen mussten aus ökonomischen Gründen einer Erwerbstätigkeit nachgehen; viele waren alleinstehend, hatten Jahre kolossaler Anstrengungen, unsäglicher Leiden und Entbehrungen hinter sich, doch vor ihnen lag erneut ein Leben voller Not und Elend. Der Staat gönnte ihnen weder eine Ruhepause noch das ersehnte Angebot an Konsumgütern. Die Wohn- und Lebensverhältnisse blieben armselig. Damit hielt das sowjetische Nachkriegsleben für die Bevölkerung keine baldige Rückkehr zur „Normalität“ bereit, sondern stürzte sie, insbesondere die Frauen, die ja für die Familie zu sorgen hatten, für die nächsten Jahre in einen erneuten Kampf ums Überleben – so hoch war der Preis für den Sieg und den unverzüglichen Wiederaufbau des Landes unter stalinistischen Vorzeichen. Die politische Führung hielt es unter dem politisch-ökonomischen Druck, den der neue Weltmachtstatus ihr aufbürdete, nicht für nötig, den Nachkriegserwartungen und -bedürfnissen der Bevölkerung entgegenzukommen,





Anna Krylova: „Healers of Wounded Souls“: The Crisis of Private Life in Soviet Literature, –. In: The Journal of Modern History  (), S. –; Beate Fieseler: Arme Sieger. Die Invaliden des Großen Vaterländischen Krieges. In: Manfred Sapper, Volker Weichsel (Hrsg.): Kluften der Erinnerung. Rußland und Deutschland  Jahre nach dem Krieg. Berlin , S. – [= Osteuropa –/]; Beate Fizeler: „Niščie pobediteli“: invalidy Velikoj Otečestvennoj vojny v Sovetskom Sojuze. In: Neprikosnovennyj Zapas , . –, S. –. Sheila Fitzpatrick: Postwar Soviet Society: The „Return to Normalcy“, –. In: Susan J. Linz (ed.): The Impact of World War II on the Soviet Union. Totowa , S. –.

Von der Waffe an die Wiege



sondern setzte im ersten Nachkriegsfünfjahrplan weiterhin auf den zügigen Wiederaufbau der Schwerindustrie, zu Lasten des Konsumgütersektors.

 Demografisches Ungleichgewicht und pro-natalistische Familienpolitik Die Sowjetunion hatte, wie man heute weiß, rund  Millionen Kriegstote zu beklagen, drei Viertel dieser Verluste entfielen auf Männer. Die Spezifik der Bevölkerungsverluste führte zu einem langjährigen demografischen Ungleichgewicht. Während es schon im Jahr  einen Frauenüberschuss von rund  Millionen gegeben hatte (, Mio. Frauen – , Mio. Männer), betrug dieser im Jahr  fast  Millionen (, Mio. Frauen – , Mio. Männer). Besonders ausgeprägt war die ungleiche Verteilung in der Alterskohorte der  – -Jährigen (, Mio. Frauen –  Mio. Männer) sowie auf dem Land, wo auf  Frauen mancherorts nur  Männer kamen. „Es waren die Frauen der Jahrgänge  – , auf deren Schultern die Hauptlast des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg lag. Zu berücksichtigen ist dabei, daß der Männeranteil in den am meisten vom Krieg betroffenen Republiken besonders gering war.“ Der Krieg hatte zahllose Frauen zu Witwen gemacht, Ehepartner wurden durch Evakuierung, Arbeitsmobilisierung oder andere kriegsbedingte Migrationsdynamiken für immer auseinandergerissen, Ehen waren zerrüttet, und viele junge, noch unverheiratete Frauen hatten angesichts des Männermangels kaum eine Chance, einen Ehemann zu finden und eine Familie zu gründen. Da in den Kriegsjahren die Geburtenrate spürbar gesunken war, zugleich aber die Zahl illegaler Abtreibungen deutlich zugenommen hatte, stand das Land vor der Frage, ob und wie sich angesichts dieser ungünstigen Verhältnisse die kriegsbedingten Bevölkerungsverluste überhaupt ausgleichen lassen würden. Denn die politische Führung hielt die Erhöhung der Geburtenrate für eine der wichtigsten Voraussetzungen für den raschen wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau der Gesellschaft.











Bernd Bonwetsch: Sowjetunion – Triumph im Elend. In: Ulrich Herbert, Axel Schildt (Hrsg.): Kriegsende in Europa. Vom Beginn des deutschen Machtzerfalls bis zur Stabilisierung der Nachkriegsordnung –. Essen , S. –, –. Nikolaus Katzer: Die belagerte Festung. Wiederaufbau, Nachkriegsgesellschaft und innerer Kalter Krieg in der Sowjetunion,  bis . In: Osteuropa  (), S. ; Mie Nakachi: N. S. Khrushchev and the  Soviet Family Law: Politics, Reproduction, and Language. In: East European Politics and Societies  (), S. . Thomas M. Bohn: Bevölkerung und Sozialstruktur. In: Stefan Plaggenborg (Hrsg.): Handbuch der Geschichte Russlands. Bd. /. Stuttgart , S. . Mie Nakachi: Population, Politics and Reproduction: Late Stalinism and its Legacy. In: Juliane Fürst (ed.): Late Stalinist Russia. Society between Reconstruction and Reinvention. New York , S.  f.,  f.; Mie Nakachi: „Abortion is Killing us“. Women’s Medicine and the Dilemmas for Postwar Doctors in the Soviet Union, –. In: Frances L. Bernstein, Christopher Burton, Dan Healey (eds.): Soviet Medicine. Culture, Practice, and Science. DeKalb , S. ; Conze, Weder Emanzipation noch Tradition, S. . Nakachi, N. S. Khrushchev and the  Soviet Family Law, S. .



Beate Fieseler

Bereits am . Juli  trat ein neues Familiengesetz in Kraft, aus dem sich gut ablesen lässt, welche Anforderungen der sowjetische Staat jetzt, da der Sieg in greifbare Nähe gerückt war, in bevölkerungspolitischer Hinsicht an die vom Krieg gezeichneten Menschen stellte. Besonders starker Druck wurde auf alle Frauen im gebärfähigen Alter ausgeübt, unabhängig davon, ob sie verheiratet waren oder nicht. Ein klarer Appell erging auch an die Reproduktionswilligkeit aller Männer, unabhängig von ihrem Familienstand. Zum einen förderte der Staat die Mutterschaft, insbesondere die zahlreiche Mutterschaft, durch Auszeichnungen und materielle Anreize. Kinderreiche Mütter erhielten Orden und Medaillen, aber auch materielle Gratifikationen. Zum anderen wurden diejenigen, die nur zwei, eines oder gar keine Kinder hatten, steuerlich erheblich stärker belastet als vor dem Krieg. Diese pro-natalistische Politik erfasste letztlich alle Sowjetbürger: Die einen erhielten eine finanzielle Unterstützung vom Staat, die anderen sollten diese Anreize durch ihre Steuern finanzieren, wurden also zur Kasse gebeten, um die Geburtenrate zu erhöhen. Außerdem, und das war ein völliges Novum, wollte das Familiengesetz von  einerseits die Gebärfreudigkeit unverheirateter Frauen und andererseits die außerfamiliäre Reproduktionswilligkeit von (bereits verheirateten) Männern stimulieren. Alleinstehende Mütter sollten die Alimente für ihre Kinder nicht mehr von deren Vätern fordern (was sich in der Vergangenheit oft als schwer realisierbar erwiesen hatte), sondern ab sofort kam „Vater Staat“ für die unehelich geborenen Kinder auf und leistete alleinerziehenden Müttern finanzielle Unterstützung. Männer waren von jeder Verantwortung und Verpflichtung für den außerehelich geborenen Nachwuchs befreit, denn ihr Name tauchte in den Geburtsregistern gar nicht auf. So wurde jetzt wieder zwischen ehelichen und unehelichen Kindern unterschieden, wobei letztere „vaterlos“ waren und damit einen minderen Status gegenüber Kindern aus registrierten (also vor dem Standesamt geschlossenen) Ehen einnahmen, da sie ihren biologischen Vätern gegenüber nicht erbberechtigt waren. Männer konnten sich nach dem Gesetz von  bedenkenlos und gleichzeitig ehelich und unehelich fortpflanzen, ohne persönliche, finanzielle oder gesellschaftliche Nachteile fürchten zu müssen. Ob die gesellschaftliche Akzeptanz alleinstehender Mütter genauso selbstverständlich war wie die Wertschätzung verheirateter Mütter steht auf einem anderen Blatt. Durch staatliche Kampagnen gefördert wurde ihr Ansehen jedenfalls nicht und die Belastung alleinstehender, erwerbstätiger Frauen durch Kinder dürfte wesentlich größer gewesen sein als die verheirateter Frauen, die immerhin Unterstützung von Seiten ihrer Familie erhielten. Anders als Männer konnten sich Frauen, die nicht verheiratet, aber schwanger waren, ihrer Verantwortung für das entstehende Kind nicht entziehen – jedenfalls nicht auf legalem Wege. Denn die Abtreibung, die bekanntlich seit  in der Sowjetunion verboten war (mit Ausnahme der medizinischen Indikation), blieb es auch unter dem Familiengesetz von : „The production of ‚single mothers‘, and the reproduction of ‚bastards‘

 



Nakachi, Population, Politics and Reproduction, S.  f. Lauren Kaminsky: Utopian Visions of Family Life in the Stalin-Era Soviet Union. In: Central European History  (), S.  f.; Nakachi, A Postwar Sexual Liberation?, S. . Nakachi, A Postwar Sexual Liberation?, S. .

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were both growth industries in the post-war Soviet Union“. Für die Dekade von  bis  hat die sowjetische Bevölkerungsstatistik rund , Millionen uneheliche Geburten erfasst. Da aber die Abtreibungszahlen trotz Verbots ebenfalls rasant anstiegen, wurde die ärztliche Kontrolle über Schwangerschaften verschärft und illegale Schwangerschaftsabbrüche mit empfindlichen Strafen belegt. Propagandistisch und juristisch versuchte der Staat, die steigende Rate illegaler Abtreibungen zu bekämpfen, doch wenn sich empathische Ärzte fanden, konnten Frauen mitunter auf einen legalen Schwangerschaftsabbruch hoffen. Ansonsten halfen sich Frauen (insbesondere, wenn sie über medizinische Kenntnisse verfügten) gegenseitig oder sie waren sie auf die kostspieligen, aber oft tödlich endenden Dienste „schwarzer Tanten“ angewiesen, die in Hinterzimmern Abtreibungen unter unhygienischen Bedingungen vornahmen. Strapaziert durch den Mangel an Wohnraum und gesundheitliche Probleme, täglich konfrontiert mit Armut und Hunger, griffen insbesondere junge ledige Arbeiterinnen, aber auch verheiratete Frauen, die bereits Kinder hatten, zum Mittel der Abtreibung. Ein (weiteres) Kind zu dieser Zeit hätte sie in absolute Hoffnungslosigkeit gestürzt. Gegen diese existenzielle Not, den verzweifelten Kampf ums Überleben, war die staatliche Propaganda – waren alle Ermutigungen und Zwänge – letztlich machtlos. Trotz Strafandrohung widersetzten sich Frauen der staatlichen Anforderung, möglichst viele Kinder zu bekommen, und die Quote illegaler Abtreibungen stieg ständig an. Als im Jahr  in der RSFSR als weltweit erstem Staat die Abtreibung legalisiert wurde, war die unvorstellbare Knappheit nach Krieg, Revolution und Bürgerkrieg, die Frauen zu illegalen Schwangerschaftsabbrüchen trieb, die sie mit schweren gesundheitlichen Folgen, ja häufig sogar mit dem Leben bezahlten, Grund für diesen Schritt gewesen. Im Spätstalinismus hingegen konnte von einem solchen staatlichen Entgegenkommen trotz des Elends, in dem viele Frauen auch jetzt wieder leben mussten, keine Rede mehr sein. Der staatliche Wille, die Geburtenrate um jeden Preis zu steigern, war stärker als die Sorge   



 





Nakachi, Population, Politics and Reproduction, S. . Nakachi, N. S. Khrushchev and the  Soviet Family Law, S. . Ebd., S. –; Nakachi, „Abortion is Killing us“, S. –; Mie Nakachi: What Was Obshchestvennost’ in the Time of Stalin? The Case of the Post-war Soviet Medical Profession. In: Yasuhiro Matsui (ed.): Obshchestvennost’ and Civic Agency in Late Imperial and Soviet Russia. Interface between State and Society. Basingstoke , S. –; Greta Bucher: „Free, and Worth Every Kopeck“. Soviet Medicine and Women in Postwar Russia. In: William B. Husband (ed.): The Human Tradition in Modern Russia. Wilmington , S.  f.; Greta Bucher: Women, the Bureaucracy and Daily Life in Postwar Moscow, –. New York , S. –. Nakachi, „Abortion is Killing us“, S. , ; vgl. auch Ljudmila Ulitzkaja: Reise in den siebenten Himmel. Berlin . Bucher, Women, the Bureaucracy and Daily Life in Postwar Moscow, S.  f. Natalija Lebina: Sovetskaja povsednevnost’: normy i anomalii. Ot voennogo kommunizma k bol’šomu stilju. Moskva , S. . Lebina, Sovetskaja povsednevnost’: normy i anomalii, S. ; Nakachi, „Abortion is Killing Us“, S. . Goldman, Women, the State and Revolution, S. –; Susan Gross Solomon: The Demographic Argument in Soviet Debates over the Legalization of Abortion in the ’s. In: Cahiers du Monde russe et soviétique  (), S. –.



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um das Wohlergehen derjenigen, die Kinder zur Welt bringen und aufziehen sollten. Erst zwei Jahre nach Stalins Tod, im Jahr , wurden Schwangerschaftsabbrüche erneut legalisiert. Damit erkannte die politische Führung schließlich die Unwirksamkeit des Verbots an und beseitigte endlich einen der wichtigsten Eckpfeiler der erzwungenen geburtenfördernden Bevölkerungspolitik, die die unmittelbaren Nachkriegsjahre geprägt hatte. An der Erschwerung der Scheidung und dem System der alleinerziehenden Mutterschaft – weitere wichtige Elemente zur Steigerung der Geburtenrate – hielt die sowjetische Führung jedoch bis  fest. Erst dann wurde das Familienrecht erneut reformiert und die Scheidung vereinfacht. Neben der starken, ja dominierenden bevölkerungspolitischen Komponente, die die Familienrechtsreform von  auszeichnete, war die Aufwertung der Familie ihr anderer bestimmender Aspekt. Nur noch die registrierte Ehe galt fortan als rechtlich verbindlich – folglich sollte die Familie als Institution gestärkt werden: „Damit setzte sich eine Linie in der Ehe- und Familienpolitik fort, die bereits mit einer ersten Erschwerung der Ehescheidung im Jahre  begonnen hatte.“ Während damals nur Gebühren fällig geworden waren, entschieden nun Gerichte über Scheidungsanträge, was legale Trennungen erschwerte und erheblich verteuerte. Insgesamt maß der Staat der Familie eine wichtige Funktion bei der Stabilisierung der Gesellschaft zu, denn es mangelte in der Sowjetunion nicht an sozialen Problemen, die der Krieg hervorgebracht oder zumindest verschärft hatte: z. B. Kinderverwahrlosung und -verwaisung, Invalidität, Obdachlosigkeit, Kriegstraumata, Alkoholismus, Kriminalität, extreme Dynamik und Mobilität (Demobilisierung, Deportation, Reevakuierung, Repatriierung). All das sorgte für gesellschaftlichen Sprengstoff, der dem zügigen Wiederaufbau im Wege stand. Eine Heilung dieser vielfältigen Probleme, für die er selbst nur ansatzweise aufkam, versprach sich der Staat von stabilen Familienstrukturen und wertete die Familie als „Keimzelle“ der sowjetischen Gesellschaft deutlich auf. Sie wurde zum Mittelpunkt der Nachkriegshoffnungen stilisiert, zum Ort, wo alle Sehnsüchte Erfüllung fänden und den heimkehrenden Kriegsopfern Trost gespendet würde. Es verstand sich von selbst, dass vor allem die Mütter für die Realisierung dieses Glücks zuständig sein sollten. Männer sollten es passiv empfangen und genießen. Doch waren die Kriegsjahre von solcher Trostlosigkeit und solchen übermenschlichen Anstrengungen geprägt gewesen, dass die Kriegserfahrung sich an der Front wie an der Heimatfront, also auf Frauen wie auf Männer gleichermaßen traumatisch ausgewirkt haben musste. Alle Menschen, so schien es, litten nach dem Krieg unter Alpträumen. Das setzte die Fortführung bereits bestehender familiärer Beziehungen nach Kriegsende einer

 

  

Nakachi, N. S. Khrushchev and the  Soviet Family Law, S. . Nakachi, N. S. Khrushchev and the  Soviet Family Law, S. ; David M. Heer: Abortion, Contraception, and Population Policy in the Soviet Union. In: Soviet Studies  (), S. –; Stefan Plaggenborg: Lebensverhältnisse und Alltagsprobleme. In: Ders. (Hrsg.): Handbuch der Geschichte Russlands, S. . Conze, Weder Emanzipation noch Tradition, S. . Krylova, „Healers of Wounded Souls“, S. –. Conze, Weder Emanzipation noch Tradition, S. .

Von der Waffe an die Wiege

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harten Belastungsprobe aus. Die zeitgenössische Literatur spiegelt das sehr gut wieder. Mithin fand das propagierte „Familienglück“ in der Realität nur selten eine Entsprechung. Sheila Fitzpatrick hat die Atmosphäre mit dem Begriff des „Geschlechterkriegs“ –eines sehr feindseligen zumal – treffend beschrieben. Frauen denunzierten ihre untreuen Männer bei der Partei und deren Kontrollkommission oder dem Komsomol, beschwerten sich über „verantwortungsloses Verhalten“ ihrer Partner und verlangten Unterstützung gegen männliche Scheidungsabsichten (die in der Tat viel häufiger vorgetragen wurden als weibliche). Tatsächlich mussten sich viele Männer vor Parteiinstanzen rechtfertigen und trugen nicht selten einen offiziellen Tadel davon. Doch half das den Frauen längst nicht immer, das Eheproblem in ihrem Sinn zu lösen. Die Vielzahl von Briefen aus der Feder von Frauen spiegelt deren Verzweiflung wider, in der sie sich ausgerechnet an den paternalistischen Staat wandten, der ihnen Schutz und Stabilität gewähren sollte. Zugleich kämpften Frauen aber auch mittels Eingaben und Leserbriefen (etwa an die „Literaturnaja Gazeta“) und schließlich im Jahr  auf einer Allunionsfrauenkonferenz des Zentralkomitees, für Erleichterungen in ihrem Alltag und gegen das Übermaß an staatlichen Zumutungen.

 Rückkehr zur „Normalität“: eine Frage des Geschlechts? Doch bevor das Wohnungsbauprogramm und die gesteigerte Produktion von Konsumgütern im Tauwetter der er/er-Jahre gewisse Erleichterungen für die Bevölkerung schufen, brachten die Nachkriegsjahre vielen Frauen, insbesondere den Müttern, schlimmeres Elend als je zuvor. Es fehlte an Kinderkleidung, Windeln, Babynahrung, Kinderwagen, Fläschchen usw. Die Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen überstieg das Angebot bei Weitem, doch Antikonzeptiva wurden nach wie vor nur in geringer Menge und schlechter Qualität produziert. Zwar hörte die Propaganda nicht auf, den Ruhm der Mutterschaft zu glorifizieren, doch ließen Väterchen Stalin und „Vater Staat“ die Frauen und Mütter einfach im Stich. In den er-Jahren – einer Zeit also, die wahrlich nicht frei von harten Entbehrungen war – hatten sich insbesondere junge Frauen voller Enthusiasmus über die vielen neuen Chancen und Möglichkeiten geäußert. Ganz anders hingegen nahmen Zeitgenossinnen die er-Jahre wahr. Dies gilt weniger für die Kriegsjahre mit ihren Opfern und 



  



Krylova, „Healers of Wounded Souls“, S. –; Sheila Fitzpatrick: Tear off the Masks! Identity and Imposture in Twentieth-Century Russia. Princeton , S. . Fitzpatrick, Tear off the Masks!, S. ; vgl. auch Lebina, Sovetskaja povsednevnost’: normy i anomalii, S. . Fitzpatrick, Tear off the Masks!, S. , . Ebd., S. . Kaminsky, Utopian Visions of Family Life in the Stalin-Era Soviet Union, S. –; Nakachi, N. S. Khrushchev and the  Soviet Family Law, S. –; Beate Fieseler: Aufbruch der Frauen im Spätstalinismus? Hintergrund, Verlauf und Ergebnisse der ZK-Frauenkonferenz von . In: Brigitte Studer, Heiko Haumann (Hrsg.): Stalinistische Subjekte. Individuum und System in der Sowjetunion und der Komintern –. Zürich , S. –. Lebina, Sovetskaja povsednevnost’: normy i anomalii, S. .

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Verlusten, sondern eher für die Zeit nach , als die ersehnte Rückkehr zur Normalität ausblieb. Daher lagerte sich insbesondere die zweite Hälfte des Jahrzehnts in den Erinnerungen von Frauen als Phase brüchiger sozialer Beziehungen, lähmender Freudlosigkeit, unendlicher Not und ständig wachsender staatlicher Anforderungen ab, vor allem aber als Zeit enttäuschter Hoffnungen. Viele fühlten sich vom Staat im Stich gelassen, als nach dem Sieg anstelle der erwarteten Gratifikation für die Kriegsleistung die Hierarchie der Geschlechter auf traditionelle Weise wiederhergestellt und Frauen zu Gunsten von Männern in marginalen Positionen verharren mussten, obwohl sie mehr als die Hälfte der Erwerbsbevölkerung stellten. Insgesamt bürdete der sowjetische Staat der weiblichen Bevölkerungsmehrheit weitaus mehr Verantwortung für die Bewältigung des schweren Kriegserbes auf, als er selbst je zu übernehmen bereit war. So wurden auch in der Sowjetunion viele Kriegsfolgen privatisiert und vor allem durch Frauen aufgefangen.

Nina Vaškau Vergangenheitsbewältigung: Der Wandel der Geschlechterrollen in der UdSSR im Nachkriegsjahrzehnt Aus der Vielfalt der Probleme des Nachkriegsjahrzehnts in der Sowjetunion sollen hier die folgenden genderspezifischen Veränderungen herausgegriffen werden: Die durch die Verluste an Menschen im Großen Vaterländischen Krieg veränderte Alters- und Geschlechtszusammensetzung der Bevölkerung beeinflusste die demografische Entwicklung. Vergleicht man die Ergebnisse der Volkszählungen der Jahre  und , fällt ein Rückgang der Zahl verheirateter Frauen in allen Altersgruppen ins Auge. Ein besonders großes Missverhältnis gibt es bei Frauen, die während des Krieges  bis  Jahre alt waren und deren Jugend in die harten Jahre des Kriegs fiel. Diese Kategorie setzte sich aus Witwen sowie Frauen zusammen, die nach dem Krieg keine Möglichkeit hatten, zu heiraten. Frauen gehörten zum Zeitpunkt der Eheschließung jüngeren Jahrgängen an, und es war eine merkliche Senkung des Heiratsalters zu verzeichnen. Vor dem Hintergrund eines katastrophalen Männermangels versuchten die Frauen, sich ein Privatleben aufzubauen. Sogar eine schwere Invalidität des Partners konnte sie nicht davon abhalten. Im Jahr  verzeichnete man einen Anstieg der Eheschließungen (, Ehen pro . Einwohner), der schon im Folgejahr von einem Rückgang abgelöst wurde:  gab es , Eheschließungen pro . Einwohner;  waren es , (Daten für die RSFSR). Frauen, die vor dem Krieg keine Ehe eingegangen waren, aber auch Witwen hatten nun kaum eine Chance, eine Familie zu gründen – es wuchs eine neue Generation heran. Gleichzeitig stieg die Heiratsaktivität der Männer, sowohl bei Erstals auch bei Zweitehen. Der Rückgang der Heiratshäufigkeit innerhalb der Bevölkerung der RSFSR (nach einem kurzzeitigen Anstieg) war durch die Disparität der Geschlechter in der Nachkriegszeit bedingt. Dies machte sich durch eine Abnahme der Zahl der verheirateten Frauen bemerkbar. Anhand der Daten der Volkszählung des Jahres  verzeichneten die Demografen – verglichen mit  – einen zahlenmäßigen Rückgang der verheirateten Frauen in praktisch allen Altersgruppen. Die Geburtenrate erhöhte sich, aber auch dieser Anstieg war nur von kurzer Dauer. Das größte Wachstum gab es in den Jahren  (, Geburten pro . Einwohner) und  (, Geburten). Danach gingen die Zahlen zurück. Gleichzeitig wurde eine erhöhte Anzahl von Abtreibungen festgehalten. Ungeachtet einer Haftstrafe für den Arzt 

Jurij Poljakov, Valentina Žiromskaja, Natal’ja Aralovec: „Demografičeskoe e˙cho“ vojny. In: Skepsis. URL: http://scepsis.net/library/id_.html

https://doi.org/./-

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Nina Vaškau

(Art.  StGB der RSFSR ) und der Androhung der öffentlichen Bekanntmachung stieg die Zahl der illegalen Abtreibungen in den Nachkriegsjahren an.  wurden  % mehr Abtreibungen registriert als noch , und  % mehr Abtreibungen als .  stieg die Zahl der wegen der Durchführung von Abtreibungen Verurteilten um  % im Vergleich zu  an, wegen Selbstabtreibung – um  %. Laut Umfrageergebnissen war das meistgenannte Motiv für einen Schwangerschaftsabbruch das Fehlen eines Ehemanns oder die Tatsache, dass der Mann bereits eine andere Familie hatte ( %). Auf dem zweiten Platz fanden sich schlechte Wohnverhältnisse ( %) und schlechte materielle Bedingungen ( %). Das  eingeführte Abtreibungsverbot wurde erst  aufgehoben. Zugleich lag es im staatlichen Interesse, die demografische Situation zu verbessern. Angesichts einer Wirtschaftskrise und des zerrütteten Finanzsystems verabschiedete das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR am . Juli  den Erlass „Über die Erhöhung der staatlichen Hilfe für schwangere Frauen, kinderreiche und alleinstehende Mütter, den verstärkten Schutz von Mutterschaft und Kindheit, die Einführung des Ehrentitels ‚Heldenmutter‘ und des Ordens ‚Mutterruhm‘ sowie der ‚Mutterschaftsmedaille‘“. Der Staat sicherte kinderreichen Müttern und Alleinerziehenden folgende Formen der sozialen Unterstützung zu: Auszahlung von Beihilfen, Bereitstellung von Wohnraum, Organisation von gesellschaftlicher Hilfe und Verleihung von Auszeichnungen. Eine Maßnahme der gesellschaftlichen Anerkennung und Stimulierung der Geburtenrate war die Überreichung folgender Auszeichnungen: der „Mutterschaftsmedaille“ (. Klasse für die Geburt und Erziehung von  Kindern, . Klasse für  Kinder) sowie des Ordens „Mutterruhm“ in drei Klassen (. Klasse für  Kinder, . Klasse für  Kinder, . Klasse für  Kinder). Die höchste Auszeichnung war der Titel „Heldenmutter“, der an Frauen verliehen wurde, die  Kinder geboren und großgezogen hatten. So wurden etwa allein im Gebiet Stalingrad im Zeitraum von  bis  insgesamt . Orden „Mutterruhm“ und „Mutterschaftsmedaillen“ sowie  Orden „Heldenmutter“ verliehen. In dem Erlass wurde explizit betont, dass eine Frau auch für die Erziehung von Kindern ausgezeichnet werde, die keine Eltern mehr hatten. Die Lage der Kriegskinder war äußerst schwierig. Sie wuchsen oft ohne Familie auf. Ersetzt wurde diese durch die Straße und den Hof, die ihre eigenen Gesetze hatten, aber auch durch das Waisenhaus und die Schule. Der Vater wurde zu einer Idealgestalt, auf die man in der Familie vergeblich wartete . Mütter zogen ihre Kinder mit dem Bild des Heldenvaters groß, der sich über der den Erfolg des Sohnes in der Schule oder beim Erlernen eines Berufs gefreut hätte. Dies entsprach der Linie des Staates. Kinder, die Bombenangriffe, 

 



In Artikel  des Strafgesetzbuchs der RSFSR wurde die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arztes oder einer anderen, eine Abtreibung vornehmenden Person festgelegt. Davon ausgenommen waren Fälle, in denen eine medizinische Notwendigkeit gegeben war. Laut Artikel  b wurde auch die Frau selbst bestraft – bei Erstverstoß mit einer öffentlichen Rüge, bei Wiederholung mit einer recht empfindlichen Geldstrafe. Elena Zubkova: V kruge bližnem. In: Rodina . Nr. , S. . Fljura A. Taktaševa: Gosudarstvennaja politika v otnošenii ženščin v SSSR v  – načale -ych gg. (po materialam Stalingradskoj oblasti). Avtoref. dis. kand. ist. nauk. Astrachan’ , S. . Das ist das Motiv der kurzen Erzählung „Portret otca“ von Anatolij Pristavkin ().

Der Wandel der Geschlechterrollen in der UdSSR

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den Tod der Eltern oder Obdachlosigkeit erleben mussten, sich in den besetzten Gebieten befunden hatten, zur Zwangsarbeit verschleppt worden waren oder ein Konzentrationslager hinter sich gebracht hatten, trugen bleibende psychische Traumata davon und büßten ihre Gesundheit ein. Sie mussten sozialisiert, ausgebildet und an ein Leben im Frieden herangeführt werden. Dazu brauchte man finanzielle Mittel, eine materielle Grundlage und geschultes Personal. Der Staat beschloss ein Beschäftigungsprogramm für Jugendliche im Rahmen eines Netzwerks von Betriebsberufsschulen (BBS) und eröffnete Suvorov- und Nachimov-Schulen. So konnten Waisenkinder mit Kleidung, Schuhwerk, Nahrung und Bildung versorgt und gleichzeitig der Mangel an Arbeitskräften in den Industriebetrieben behoben werden. Die katastrophale Wohnungssituation in den befreiten Gebieten verlangte nach Bauberufen – Fachschulen bildeten Maurer, Zimmerleute, Installateure, Verputzer und andere Bauhandfachleute aus. In den Nachkriegsjahren eröffnete man Betriebsberufsschulen sowie Handwerks- und Eisenbahnfachschulen. In den Jahren  und  wurden in der UdSSR . Lehranstalten im System der staatlichen Arbeitskraftreserven geschaffen, wodurch sich die Zahl der Auszubildenden auf .. belief. Eine Besonderheit des Lehrlingsbestands in der Nachkriegszeit war der deutliche (bis zu  %ige) Anteil von Kindern aus Kinderheimen. Insofern spielte das System der Arbeitskraftreserven eine wichtige und positive Rolle bei ihrer Sozialisierung. Die Neuordnung des Systems der staatlichen Arbeitskraftreserven war durch die Schaffung spezieller Handwerksfachschulen gekennzeichnet, wobei nicht nur der Bedarf an Fachkräften, sondern auch die Geschlechtszugehörigkeit berücksichtigt wurde. Dabei wurden im Rahmen eines Experiments Jungen und Mädchen getrennt unterrichtet, was jedoch keine große Verbreitung fand. So gab es zum Beispiel im Jahr  in der Unteren Wolgaregion nur sieben derartige Fachschulen: je zwei in den Gebieten Astrachan’ und Stalingrad und drei im Gebiet Saratov. Zudem nahmen viele Schulen und Einrichtungen keine Mädchen zur Ausbildung an, da es in vielen Wohnheimen keine Möglichkeit gab, sie getrennt von den Jungen unterzubringen. Die Hinwendung der Jugendlichen zur beruflichen Ausbildung hatte mehrere Ursachen: Es gab keine Prüfungen, was den Zugang zu einer Ausbildung erleichterte; der Staat übernahm alle Kosten für die Auszubildenden; sie erhielten eine Wohnmöglichkeit – was in den befreiten Gebieten des Landes das größte Problem war – und wurden in einem Beruf ausgebildet, der in den Städten gebraucht wurde. Dadurch bot sich ihnen die reelle Chance, ihre Dörfer zu verlassen, in denen  und  Hunger herrschte. Diese „Welle“ drückte sich in Zahlen folgendermaßen aus: Der Anteil der Jungen und Mädchen vom Land am System der staatlichen Arbeitskraftreserven betrug von  bis  , %, im Jahr  – , %. Der Staat bildete die benötigten Facharbeiter auf seine Kosten aus und räumte ihnen Chancengleichheit ein, was im Bewusstsein der Nachkriegsgeneration mit sozialer Gerechtigkeit assoziiert wurde.





Nadežda V. Kuznecova: Razvitie sistemy gosudarstvennych trudovych rezervov v Nižnem Povolž’e v poslevoennye gody (–) In: Vestnik Volgogr. gos. un-ta. Ser. , Ist. . Nr.  (), S. . Trud v SSSR. In: Statistika. Moskva , S. .

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Nina Vaškau

Während die Gesellschaft in den Zeiten des Krieges für den Sieg an der Front und im Hinterland eine stärkere Bindung entwickelt hatte, spaltete sie sich nun in Gruppen auf, deren Beziehungen zueinander keineswegs eindeutig waren. Die Gesellschaft zerfiel zwar nicht, wurde aber in Schichten zerlegt. Der politische und ökonomische Aufbau blieb dabei unverändert. Die Arbeit wurde zur Gewohnheit, Verpflichtung und Pflicht – eine Einstellung, die sich in den Jahren des Krieges herausbildete und in der Nachkriegszeit bestehen blieb. Diese Eigenschaften bildeten die wichtigsten moralischen Werte dieser Generation. Die Frontkämpfer rückten an die Spitze der Führungsstrukturen. Sie hatten Verantwortung auf sich genommen und die westliche Welt gesehen, waren als Sieger heimgekehrt und erhoben nun Anspruch auf die Führungsrollen, wobei sich ihnen vielfältige Karrieremöglichkeiten boten. Die wichtigsten Arbeitskräfte in Industrie und Landwirtschaft bleiben weiterhin die Frauen. Die Besonderheiten des weiblichen Organismus und die Vereinbarung von Arbeit in der Produktion und Mutterschaft erforderten spezielle Bedingungen für die Arbeit von Frauen. Allerdings wurde mit dem schnellen Wiederaufbau der Industrie in der Nachkriegs-UdSSR die Grenze zwischen weiblicher und männlicher Arbeit verwischt, wodurch in Unternehmen und auf Baustellen eine Vielzahl Arbeitsrechtsverletzungen in Bezug auf Frauen festgestellt wurde. Die schwere manuelle Arbeit, die niedrige Bezahlung auf dem Land, die Erziehung der Kinder, die Arbeit in der eigenen Nebenwirtschaft und in der Kolchose, aber auch die Beibehaltung der traditionellen bäuerlichen Kultur ließen nicht zu, dass Frauen in hohe Positionen gelangten, die eine Qualifikation erforderten und gebührend bezahlt wurden. Aus diesen Gründen machten Frauen mehr als  % derjenigen Kolchosarbeiter aus, die das obligatorische Minimum an Arbeitseinheiten nicht erfüllen konnten. Die Senkung der Einzelhandelspreise in der Nachkriegszeit und die Erhöhung der Löhne der Arbeiter und Angestellten trugen dazu bei, dass sich Anfang der erJahre ihre materielle Situation landesweit im Vergleich zum Jahr  etwas verbesserte (laut Angaben von Nadeżda Kuznecova), wobei die Realeinkommen der Bauern allerdings niedriger blieben als vor dem Krieg. Die Schere zwischen den Stadt- und den Landbewohnern ging insgesamt weiter auseinander, was zu einer steigenden Abwanderung der Landbevölkerung in die Stadt führte, darunter auch von jungen Mädchen. Als Folge des Krieges entstanden Bevölkerungsgruppen mit vermindertem sozialem Status: Invaliden, Obdachlose, Repatriierte, ehemalige Kriegsgefangene oder Bewohner von besetzten Gebieten, die sich am Rande der staatlichen Aufmerksamkeit befanden. Die ältere Generation erinnert sich noch an die Kriegsversehrten, die in den Vorortzügen bettelten. Es handelte sich um Frontsoldaten, die vom Volksmund mit beleidigenden Ausdrücken bedacht wurden: „Krücken“ (ohne Beine oder mit nur einem Bein), „Stummel“ (mit amputierten Armen), „Schubkarren“ (ohne Beine auf einem Rollgestell) oder „Gebratene“ (mit Verbrennungen, in der Regel Panzersoldaten). Im Gedächtnis von Kin



Taktaševa, Gosudarstvennaja politika v otnošenii ženščin v SSSR v  – načale -ych gg., S. . ˙ Eduard Kočergin: Angelova kukla. Sankt-Peterburg , S. . Erinnerungen daran sind auch bei den Kindern von Stalingrad erhalten, s. Erinnerungen N. V. Orudneva im Buch: M. A. Ryblova (red.): Deti i vojna. Stalingradskaja bitva i žizn’ v voennom Stalingrade v vospominanijach žitelej goroda. Volgograd , S. .

Der Wandel der Geschlechterrollen in der UdSSR

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dern, die sich in den besetzten Gebieten aufgehalten hatten, blieben ungerechte Behandlung und Verdächtigungen in der Schule, danach am Arbeitsplatz und im Familienkreis, haften. Für Frauen und junge Mädchen verschlossen solche Erlebnisse in der eigenen Biografie den Weg zu weiblichem Glück und Selbstverwirklichung. Der Staat nutzte das psychologische Bedürfnis nach einem besseren Leben und hatte dafür – in einer überwiegend weiblichen Gesellschaft – folgende Mittel in seinem Arsenal: Preissenkungen, die als Errungenschaft präsentiert, tatsächlich aber nur über Steuererhöhungen und Anleihen ausgeglichen wurde; bescheidene kulturelle Vergnügungen; eine Musikkapelle im Stadtpark; ein mit großer Freude entgegengenommener Bezugsschein für einen knappen Massenbedarfsartikel; eine vom Betrieb organisierte Fahrt mit dem Motorschiff. Am Arbeitsplatz bemühten sich die Menschen nach einem freien Tag, möglichst schnell zu einem Leben in Frieden überzugehen und arbeiteten in der Produktion mit der für sie typischen Begeisterung und Hingabe. Zugleich mangelte es akut an Wohnraum, Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs. Der Film „Frauen“ (Ženščiny, ) zeigt auf wunderbare Weise die Quintessenz der Generation des ersten Nachkriegsjahrzehnts. Sein Regisseur, Pavel Ljubimov, schuf drei einprägsame, für jeden erkennbare Frauenfiguren: Witwen, Frauen, die sich gegen eine Geburt entscheiden und junge Mädchen, die ein außereheliches Kind zur Welt bringen. Der Film erzählt von einfachen Arbeiterinnen, die die Lasten des Krieges schulterten und davon träumten, „sich einen Wintermantel anzuschaffen“. Während des Krieges kam es in der Sowjetunion also zu einer schnellen und drastischen Änderung der Geschlechterrollen in der Familie und im Betrieb. In den darauffolgenden Jahrzehnten verfestigte sich dieses Modell, demonstrierte seine „Effektivität“ für den Staat und kam noch mehrmals in Phasen des Umbruchs in der Geschichte zum Einsatz.



Ryblova (red.), Deti i vojna.

Till van Rahden Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik  Vergessene Helden Für die Geschichte der Väterlichkeit im Nachkriegsdeutschland ist die Szene emblematisch. In seinem Film „A Foreign Affair“ von  blickte der jüdische Emigrant und amerikanische Regisseur Billy Wilder auf das mühsame Geschäft der demokratischen Umerziehung. Zusammen mit seinem Sohn Gerhard muss Herr Maier vor John Pringle erscheinen, einem amerikanischen Captain, dessen Aufgabe es ist, den Deutschen den Nationalsozialismus auszutreiben. „I really don’t think it’s a good idea“, wendet sich Pringle an den Vater, „that your son should draw swastikas all over the neighbourhood”. Daraufhin entspinnt sich der folgende Dialog: Maier: „Gerhard. Gib die Kreide her“, während er seinem Sohn auf den Arm schlägt: „I will break his arm.“ Pringle: „Herr Maier, we’ve dissolved the Gestapo.“ Maier: „No food, Bürschchen. I will lock him into a dark room.“ Pringle: „Why not just shove him in a gas chamber?“ Maier: „Yes, Herr Kapitän.“ Pringle: ‚Listen, Pap, we’ve done away with concentration camps. Now you just take him round to a GYA, one of our German youth clubs. Some baseball and a little less heel-clicking is what he needs. Here’s the address. Ask for Sergeant Breen.“ Maier: „Yes, Herr Kapitän.“ Und schlägt die Hacken zusammen. Pringle: „Ah, ah. . . “ Maier: „I mean, thank you Herr Kapitän.“ Pringle: „Auf Wiedersehen.“ Maier: „Come Bürschchen.“

Mit seinem Sohn verlässt Maier das Büro der amerikanischen Besatzungsbehörde. Als er sich umdreht und den Rücken der Kamera zuwendet, sieht der Zuschauer, dass Gerhard ihm ein Hakenkreuz auf den Rücken gezeichnet hat.



A Foreign Affair (Reg. Billy Wilder, USA, ), :–:; siehe David Bathrick: Billy Wilder’s Cold War Berlin. In: New German Critique  (), H. , S. –. Für die finanzielle Unterstützung bzw. ein anregendes Arbeitsumfeld danke ich der Alexander von Humboldt-Stiftung, der Fritz-Thyssen-Stiftung, dem Canada Research Chair Program, dem Institut für die

https://doi.org/./-

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik

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Die Komödie, die Billy Wilder im zerstörten Berlin drehte, spiegelte in der städtischen Trümmerlandschaft die moralische Verwüstung der politischen Kultur. Vor allem Emigranten sorgten sich um den langen Schatten, den der katastrophische Nationalismus der NS-Zeit zu werfen drohte. An den ehemaligen DDP-Politiker Erich Koch-Weser schrieb Thomas Mann im März , Deutschland sei „heute ein verwildertes, sturmgehärtetes, durchaus abenteuerliches, revolutionäres, an alle Schrecken kriegerischen Geschichtemachens gewöhntes Land“, um dessen demokratische Zukunft ihm bange sei. Vor diesem Hintergrund begriff Wilder die nationalsozialistischen Schmierereien des Sohnes als harmlos. Als Gefahr galt ihm dagegen das Nachleben des Nationalsozialismus in dem Erziehungsstil des Vaters. Der Weg aus der Gewaltgeschichte von Vernichtungskrieg und Völkermord heraus führte über die Umwertung der Figur des Vaters und ein Misstrauen gegenüber der väterlichen Autorität. Die Frage, welche Form der väterlichen Autorität im Schatten des Nationalsozialismus noch möglich und wünschenswert sei, begleitete die Geschichte der Bundesrepublik bis in die späten er-Jahre. Aus dem strengen Herrn Vater wurde nur langsam ein liebevoller Papa. Noch das Idealbild einer geglückten Männlichkeit enthält Spuren des Wissens, wie fragwürdig, fragil und widersprüchlich Männlichkeitsideale in der Nachkriegszeit waren. Und das gilt besonders für den größten männlichen Helden der frühen Bundesrepublik: den Vati.

 Väterliche Autorität und die Suche nach Demokratie im Schatten der Gewalt Zu den heißen Eisen des Jahres  zählten für die katholische Monatsschrift „Der Männer-Seelsorger“ nicht nur die Themen „NSDAP – nicht gefragt“ oder „Juden – unerwünscht“, sondern auch die „Halbschwachen Väter“. Die dritte Formulierung bezog sich auf das bekannte Bild vom halbstarken Jugendlichen. Zugleich verwies sie auf eine der Obsessionen der frühen Bundesrepublik, nämlich die Frage, welche Form der Autorität nach der Katastrophe des Nationalsozialismus und des Vernichtungskriegs noch möglich und wünschenswert sei. Zum einen fand in der Debatte über die „vaterlose





Wissenschaften vom Menschen, Wien, dem Morphomata-Kolleg, Köln, und dem Forschungskolleg Humanwissenschaften, Bad Homburg. Thomas Mann an Erich Koch-Weser, . März . Bundesarchiv Koblenz, NL Erich KochWeser /. Abgedruckt in Frankfurter Allgemeine Zeitung v. . Febr. : „Wir vom Bundesarchiv“. Allgemein: Michael Geyer: „There is a Land Where Everything is Pure: Its Name is Land of Death.“ Some Observations on Catastrophic Nationalism. In: Greg Eghigian, Matthew Paul Berg (Hrsg.): Sacrifice and National Belonging in Twentieth-Century Germany. College Station , S. –. Alois Stiefvater: Der interessante Vortrag. In: Der Männer-Seelsorger  (), S. f; Wilhelm Bitter (Hrsg.): Vorträge über das Vaterproblem in Psychotherapie, Religion und Gesellschaft. . Arbeitstagung der Gemeinschaft „Arzt und Seelsorger“. Stuttgart ; Paul Wilhelm Wenger: Vaterlose Gesellschaft. In: Rheinischer Merkur v. . Aug. , S. f; Alexander Mitscherlich: Der unsichtbare Vater. Ein Problem für Psychoanalyse und Soziologie. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (KZfSS)  (), S. –.

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Till van Rahden

Gesellschaft“ auch die Sorge über eine in Bewegung geratene Ordnung der Geschlechter ihren Ausdruck. Zum anderen war die Sehnsucht nach neuen Formen der Vaterschaft ein aufschlussreicher Aspekt der westdeutschen Suche nach Demokratie in den er- und er-Jahren. Über der Erfolgsgeschichte der westeuropäischen Nachkriegsdemokratien darf nicht in Vergessenheit geraten, dass das Wohl einer Demokratie nicht allein von institutionellen und ökonomischen Rahmenbedingungen abhängt, sondern auch davon, ob sich eine demokratische Lebensform entwickeln kann, die auch in Zeiten der Krise die Legitimität der demokratischen Ordnung sichert. Damit soll die Einsicht Alexis de Tocquevilles aufgegriffen werden, dass Demokratie ebenso von kulturellen und sozialen Praktiken abhängig ist wie von der Regierungskunst der Elite. Gerade wenn man die deutsche Nachkriegsgeschichte als eine Epoche nach dem „Zivilisationsbruch“ begreift, stellt sich die Frage, wie sich im Schatten der Gewalt eine demokratische Gesellschaft herausbilden konnte. Gängige Deutungen der Bundesrepublik suchen die Liberalisierung des politischen Gemeinwesens vor allem als ein Nebenprodukt des Wirtschaftswunders und der Westbindung zu erklären. Dagegen soll hier der Blick primär darauf gerichtet werden, wie sich die Nachkriegsdeutschen auf die Suche nach einer demokratischen Lebensform machten. Vor diesem Hintergrund erweist es sich für die Geschichte der Bundesrepublik als aufschlussreich, dass das Ideal des patriarchalen Vaters seit den er-Jahren zunehmend als fragwürdig galt. Gut eine Dekade vor  begannen Frauen und Männer, neue Formen der sanften Männlichkeit zu entwickeln, die sie auf die Formel der „demokratischen Vaterschaft“ brachten. Damit meinten die Zeitgenossen eine sanftere und gefühlsbetonte Form der Männlichkeit, die sie als Voraussetzung einer demokratischen Gesellschaft verstanden. In der Rede über den „demokratischen Vater“ suchten die Westdeutschen nach einem Lebensgefühl, das es ihnen erlaubte, die Bundesrepublik nicht nur als Schicksal, sondern als Chance zu begreifen, mit der „Demokratie als Lebensform“ zu experimentieren. Um diese These auszuführen, sollen vor allem zwei Fragen verfolgt werden: Wie definierten die Westdeutschen in den ersten beiden Nachkriegsdekaden die Rolle des Vaters in der Familie und welche politische Bedeutung maßen sie der Frage der väterlichen Autorität bei? Die folgenden Antworten auf diese Fragen stützen sich dabei vor allem auf Publikationen und Autoren im Umfeld der katholischen und protestantischen Kirche. Gerade eine Analyse des konservativeren, mit den Unionsparteien verbundenen Spektrums der Öffentlichkeit bietet einen Hinweis darauf, wie umfassend sich das vorherrschende Ideal der väterlichen Autorität in den er- und frühen er-Jahren veränderte. Dass die Nachkriegszeit auch eine Epoche der „Rechristianisierung“ war, schlug sich in der Bedeutung der konfessionellen Publizistik nieder. Die Reichweite dieser religiösen Semantik gilt es ernst zu nehmen, wenn man verstehen will, wie die Westdeutschen nach 



Ulrich Herbert (Hrsg.): Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung –. Göttingen ; Konrad Jarausch: Die Umkehr. Deutsche Wandlungen –. Stuttgart ; anregend hierzu jetzt Martin Conway: Western Europe’s Democratic Age. –. Princeton . Heinrich Ostermann, SJ: Wandlungen in der Männerseelsorge. In: Der Männer-Seelsorger  (), S. –, hier S. .

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik

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der Gewalterfahrung der er- und er-Jahre begannen, nach einer demokratischen Ordnung zu suchen und dabei auch tradierte Familien- und Männlichkeitsideale auf den Prüfstand stellten. Entscheidend dabei ist, dass sich seit den er-Jahren nicht nur sozialdemokratische und linksliberale Fürsprecher der „vaterlosen Gesellschaft“ gegen eine patriarchalische Geschlechterordnung aussprachen. Vielmehr fanden sich jetzt immer mehr Kritiker des Patriarchats in kirchlichen Laienorganisationen, einem Milieu, das sich in der Weimarer Republik für die patriarchalische Familie ausgesprochen hatte. Kirchennahe Publikationen wie „Frau und Mutter: Monatsschrift für die katholische Frau in Familie und Beruf“ oder das von der katholischen Hauptarbeitsstelle für Männerseelsorge herausgegebene Magazin „Mann in der Zeit“ erreichten Auflagen von etwa einer halben Million Exemplaren und fanden eine mit Zeitschriften wie dem „Spiegel“, dem „Stern“ oder „Quick“ vergleichbare Verbreitung. Besonders weit reichte der Einfluss der Kirchen in den öffentlichen Debatten über die Bedeutung der Familie und die Rolle des Vaters sowie in der Familienpolitik des Bundes und der Länder. Daher gilt im Folgenden das Interesse den katholischen, protestantischen oder ökumenischen Familienverbänden und mit den Kirchen verbundenen Familienexperten, seien es Theologen, Psychologen oder Kinderärzte. Die Kritik am patriarchalischen Familienideal und die damit einhergehende Suche nach neuen Formen der väterlichen Autorität steht in engem Zusammenhang mit der zunächst im In- und Ausland kaum für möglich gehaltenen Renaissance einer demokratischen Kultur in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Das demokratische Bewusstsein im Anschluss an die Katastrophe des Nationalsozialismus und des genozidalen Vernichtungskriegs war zunächst schwach. Bereits die Demoskopie bestätigte, wie skeptisch die westdeutsche Öffentlichkeit der Idee der Demokratie anfänglich gegenüberstand. Auf die Frage „Welcher große Deutsche hat Ihrer Ansicht nach am meisten für Deutschland geleistet?“ antworteten noch  zehn Prozent der Bundesbürger mit Adolf Hitler, weitere vierzehn Prozent entschieden sich für Kaiser und Könige, fünfunddreißig Prozent für Otto von Bismarck, während nur sechs Prozent der Befragten „demokratische und liberale Politiker“ nannten. Die Westdeutschen der ersten beiden Nachkriegsdekaden mussten,







Rebecca Heinemann: Familie zwischen Tradition und Emanzipation. Katholische und sozialdemokratische Familienkonzeptionen in der Weimarer Republik. München ; Klaus Theweleit: Männerphantasien.  Bde. Frankfurt a. M. /; Werner Schubert: Die Stellung der Frau im Familienrecht und in den familienrechtlichen Reformprojekten der Weimarer Republik. In: Ute Gerhard (Hrsg.): Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. München , S. –; Heidi Rosenbaum: Proletarische Familien. Arbeiterfamilien und Arbeiterväter im frühen . Jahrhundert zwischen traditioneller, sozialdemokratischer und kleinbürgerlicher Orientierung. Frankfurt a. M. . Institut für Publizistik an der Freien Universität Berlin (Hrsg.): Die deutsche Presse . Zeitungen und Zeitschriften. Berlin . Zit. nach: Dirk van Laak: Der widerspenstigen Deutschen Zivilisierung. Zur politischen Kultur einer unpolitischen Gesellschaft. In: Eckart Conze, Gabriele Metzler (Hrsg.):  Jahre Bundesrepublik Deutschland. Daten und Diskussionen. Stuttgart , S. .

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Till van Rahden

wie Theodor Heuss früh formulierte, „bei dem Wort Demokratie ganz vorn anfangen im Buchstabieren“ . Die Frage, ob, und wenn ja, wie Autorität und Demokratie zu vereinen seien, spielte eine wichtige Rolle in der politischen Kultur der frühen Bundesrepublik, und die Figur des Vaters avancierte zu einem zentralen Symbol in dieser Debatte. Es erscheint zunächst naheliegend, die westdeutsche Fixierung auf die Frage der Autorität als einen Hinweis auf ein Demokratiedefizit und obrigkeitsstaatliche Traditionen zu verstehen, die erst im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen der späten er- und frühen er-Jahre, also mit „“, überwunden worden seien. Einer solchen Lesart entgeht jedoch, dass sich die Vorstellung dessen, was Autorität sei und wie diese sich begründe, zwischen den frühen er- und den späten er-Jahren verschob. Hatte sich Autorität um  noch häufig an einem Modell von Befehl und Gehorsam orientiert und durch den Verweis auf Tradition legitimiert, betonten seit Mitte der er-Jahre immer mehr Zeitgenossen, dass eine demokratische Gesellschaft eine neue Auffassung von Autorität voraussetze, die sich in einem Vertrauensverhältnis zwischen sozial Gleichen legitimiere. So warnte das „Evangelische Soziallexikon“, das  in einer grundlegend neubearbeiteten Auflage erschien, davor, Autorität mit Macht zu verwechseln. „Autorität lebt von dem Vertrauen, das ihr entgegengebracht werden kann.“ Dieses Vertrauen solle „nicht blind geschenkt werden“, sondern setze die „kritische Wachsamkeit“ voraus, auf die „echte Autorität angewiesen“ sei. Daher sei eine solche Form der Autorität mit dem „Gedanken der Partnerschaft“ durchaus vereinbar: „Partnerschaft ist echte Voraussetzung jeder Autorität, nicht etwa nur deren (dialektische) Ergänzung.“ Partnerschaft wiederum gründe in der „Gleichheit“ und „Mündigkeit der Partner“ und sei daher mit einer „patriarchalisch-autoritären Ordnung“ unvereinbar. Ein Verständnis von Autorität, das eine demokratische Lebensform stärkte, statt sie zu bedrohen, bedeutete einen Bruch mit Definitionen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit. In diesen dominierte der obrigkeitsstaatliche Untertanengeist, der für körperliche Gewalt gerade gegenüber kleinen Kindern plädiert. Kröners „Wörterbuch der Pädagogik“ definierte  Autorität als „das Ansehen von Personen oder unpersönlichen Wertträgern“. Sie sei



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Theodor Heuss: Um Deutschlands Zukunft, . März . In: Ders.: Aufzeichnungen –. Aus dem Nachlaß hrsg. v. Eberhard Pikart. Tübingen , S. –, hier S. ; vgl. auch Karl Markus Michel: Muster ohne Wert. Westdeutschland . In: Ders.: Die sprachlose Intelligenz. Frankfurt a. M. , S. –, hier S. . Cornelius Adalbert von Heyl: Autorität. In: Friedrich Karrenberg (Hrsg.): Evangelisches Soziallexikon. . Aufl. Stuttgart , Sp.  ff.; Heinz-Dietrich Wendland : Partnerschaft, in evangelischer Sicht. In: Ebd., Sp.  f. Allgemein: Magnum  (): Autorität; Theodor Eschenburg: Über Autorität. Frankfurt a. M. ; Waldemar Molinski: Autorität. In: Karl Rahner u. a. (Hrsg.): Sacramentum Mundi. Theologisches Lexikon für die Praxis. Bd. . Freiburg , Sp. –; Jens Kertscher: „Autorität“. Kontinuitäten und Diskontinuitäten im Umgang mit einem belasteten Begriff. In: Carsten Dutt (Hrsg.): Herausforderungen der Begriffsgeschichte. Heidelberg , S. –; Oliver Kohns u. a. (Hrsg.): Autorität. Krise, Konstruktion und Konjunktur. Paderborn .

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik

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als unentbehrlicher Grundsatz der Erziehung und Menschenführung von umso größerem Wert, je mehr sie auf freiwilliger innerer Anerkennung durch den anderen beruht [. . . ]. In der Wirklichkeit geht es jedoch ohne wirksame Unterstützung der Autorität durch äußere Symbole und Zwangsmittel [. . . ] häufig nicht ab. Besonders in der Erziehung kleinerer Kinder können äußere Hilfsmittel vollends nicht entbehrt werden.

Mit diesem Bedeutungswandel von Autorität ging eine bisher kaum untersuchte Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik einher. Dieser Einschnitt zeichnet sich vor allem dann ab, wenn man in Rechnung stellt, dass viele nicht erst in den Jahren der revolutionären Erlösungsphantasien der späten er-Jahren, sondern bereits in der Ära Adenauer überzeugt waren, dass der private Raum Anfang und Ende eines demokratischen Gemeinwesens sei. Zwar ist bis heute die Vorstellung verbreitet, die Neue Linke habe sich „“ vom „Obrigkeitsstaat“ Adenauers verabschiedet, nachdem sie erkannt habe, dass die „Befreiung von einer als noch nachlebend wahrgenommenen Vergangenheit“ die „Veränderung der Verhaltens- und Handlungsdispositionen des Individuums und der Institutionenstruktur der Gesellschaft“ voraussetze. Doch dieser Argumentation entgeht, dass bereits in der Zeit des motorisierten Biedermeier ähnliche Ideen gängige Münze waren. Adolf Schüle etwa betonte , eine Demokratie „auf dem politischen Feld ist nur möglich, wenn sich die Menschen, die in ihr leben, auch in ihren privaten Beziehungen demokratisch verhalten“. Andernfalls sei ein demokratisches Gemeinwesen „zum Sterben verurteilt“. Laut dem Hauptgeschäftsführer der Mannheimer Industrie- und Handelskammer konnte die Suche nach Demokratie nur dann gelingen, wenn man sich vor Augen führe, dass diese Herrschaftsform sich nicht in einem Regierungssystem erschöpfe, sondern auch eine Frage „der persönlichen Lebensführung [. . . ] sei“. Genau das sei auch „der Sinn des bekannten englischen Wortes: democracy begins at home“. Zwar ließen sich „diese Dinge nicht im einzelnen oder vollständig beschreiben“. Doch wer einmal „die Luft einer wirklichen bis in die letzten Verästelungen des privaten Lebens herabreichenden Demokratie geatmet hat, der wird verstehen können, was gemeint ist“. Ein ähnliches Verständnis der Demokratie als Lebensentwurf entfaltete  Carlo Schmid. Der Mannheimer Abgeordnete und Vizepräsident des Bundestages verstand die Demokratie als „die Chance, den Staat zu vermenschlichen“. Laut Schmid setze ein „demokratischer Staat“ „eine Gesellschaft voraus, die ihm angemessen ist“. „Wenn ich mir selber vereinfachend vorstellen will, was Demokratie eigentlich ist, so finde ich darin in erster Linie ein Ja zur Mitmenschlichkeit, [. . . ] die sich des eigenen Wertes bewußt ist und die deswegen auch dem anderen den Wert einräumt, den er für sich beanspruchen kann [. . . ].“ Das sei vor allem in den Kommunen greifbar. Bund und Länder seien in dem, was

 

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Autorität. In: Wilhelm Hehlmann (Hrsg.): Wörterbuch der Pädagogik. . Aufl. Stuttgart , S. . Ingrid Gilcher-Holtey: Die er Bewegung. Deutschland, Westeuropa, USA. München , S. . Adolf Schüle: Demokratie als politische Form und als Lebensform. In: Rechtsprobleme in Staat und Kirche. Festschrift für Rudolf Smend zum . Geburtstag. Göttingen , S. –, hier S. , ,  f.

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Till van Rahden

sie tun und anordnen, „abstrakter“. Die Stadt dagegen „umfaßt den Menschen als das auf den ‚anderen‘ bezogene Wesen, das er von Grund aus, von Natur aus ist. Sie ist etwas Mütterliches, im Gegensatz zum Vater Staat. Sie hegt viel mehr, als daß sie anordnet. Sie ist der Ort des Miteinander-Gehens und nicht des In-Reih-und Glied-Stehens.“ Schüle und Schmid sahen damit wie viele andere den Grund des Politischen nicht in der Feindschaft oder der Konkurrenz, auch nicht im gemeinen Wohl, sondern im privaten Raum. Daher wird auch verständlich, warum die Abkehr vom „Patriarchat“ und die von Carlo Schmid beschworene Suche nach einer „mütterlichen“ Politik für den politischen Neuanfang in der frühen Bundesrepublik eine so hohe Bedeutung besaß. Theodor Heuss etwa erinnerte  die Deutschen daran, wie sehr sich selbst „Piefke aus Moabit“ bis vor kurzem noch als „Herrenmensch und Held“ habe fühlen können. Die Nationalsozialisten hätten kein Gespür dafür gehabt, „daß auch das Sanfte Stärke und Größe sein kann“. Nach dem katastrophischen Ende des Nationalsozialismus wirkten überkommene Ideale der Männlichkeit und der Vaterschaft befremdlich. Der Weg in die Demokratie sei nur gangbar, wenn sich die Nachkriegsdeutschen einen neuen Politikstil aneigneten, den sie als weiblich oder mütterlich begriffen. Bereits in den er-Jahren begannen kirchennahe Familienexperten zu argumentieren, dass ein hierarchisch-autoritärer Begriff des Vaters und eine militaristische Vorstellung von Männlichkeit mit dem Ideal der demokratischen Lebensform unvereinbar seien. Die Suche nach neuen Formen der Vaterschaft galt als eine zentrale Herausforderung in einer Gesellschaft, die sich mit den Folgen des Nationalsozialismus und des Militarismus beschäftigen musste. Auch wenn diese Lesarten des Dritten Reichs heute als fragwürdig und fremd erscheinen, verdeutlichen sie doch, wie intensiv die Öffentlichkeit in der frühen Bundesrepublik die Frage nach den Ursachen von Gewaltherrschaft und Völkermord diskutierte. Den „Mut zur Erziehung“ könnten die Väter nicht gewinnen, indem sie sich auf eine „lediglich formale Autorität“ beriefen, betonte etwa der Detmolder Pfarrer Heinrich Bödeker in der evangelischen Monatsschrift „Kirche und Mann“ im September . Alle Klagen über die „‚Jugend von heute‘“ und alle Sehnsucht „nach ‚der guten alten Zeit‘“ dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Väter der jungen Republik „die Erben einer bösen Vergangenheit“ seien, die sie „noch selbst mitgestaltet haben“. Der Weg zu

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Carlo Schmid : Die Demokratie als Lebensform. In: Mannheimer Hefte , H. , S. –, hier S.  f. Das Schreckbild des soldatischen „In-Reih-und Glied-Stehens“ prägte die westdeutsche Suche nach neuen Umgangs- und Erziehungsformen. In dem wiederholt aufgelegten Erfahrungsbericht des dreifachen Familienvaters, katholischen Publizisten und ehemaligen Wehrmachtssoldaten Peter Paul Pauquet, etwa heißt es: „‚Ich musste in meinem Leben so viel marschieren‘, seufze ich, ‚daß ich meine Kinder niemals in Reihen aufstellen werde.‘“ Siehe: Ders.: Geplänkel mit meinem Sohn. Ein Buch für grosse Leute, die kleine Kinder ernst nehmen. . Aufl. Freiburg , S.  f. Heuss, Um Deutschlands Zukunft, S.  (Zit.), . Siehe etwa Friedrich Langenfaß : Dürfen wir die Vergangenheit totschweigen? Der Antisemitismus und seine Früchte. In: Zeitwende  (), S. –; Ders.: Der Eichmann-Prozeß und Wir. In: Zeitwende  (), S. –; Jungenwacht. Ein Blatt evangelischer Jugend  (), H. : Antisemitismus und Judentum; Jungenwacht  (), H. /: Der Nationalsozialismus.

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik

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einer zeitgemäßen Form der väterlichen Autorität und einer Erziehung „für eine sinnvolle Zukunft“ bleibe verschlossen, „wenn man seine persönliche oder seines Volkes Vergangenheit mit allerlei Lügen und Ausflüchten [. . . ] zu verbrämen sucht“. Vielmehr setze der Mut zur Erziehung den „Mut zur Wahrheit“ voraus: „Zur Wahrheit in allen Dingen – auch gegenüber der Vergangenheit.“ Ähnliche Überlegungen zirkulierten auch in der katholischen Publizistik. Im Januar  erschien im „Männer-Seelsorger“ etwa der Artikel „Demokratie beginnt in der Familie“. Väter sollten keinesfalls „nach einseitigem Führerprinzip selbstherrlich entscheiden“. In einer Zeit, in der die Westdeutschen nicht mehr in einer „patriarchalischen Gesellschaftsordnung“, sondern in einer Demokratie lebten, sei die „patriarchalische Familie [. . . ] nicht mehr zeitgemäß“. Stattdessen solle in „der modernen Familie“ etwas „vom Geist der guten Demokratie“ zu spüren sein. Der „Mann in der Zeit“ riet im November  den Vätern, ihre Söhne und Töchter nicht „eiskalt-militärisch“ zu behandeln. Eine zeitgemäße Form der väterlichen Autorität sei nicht dadurch zu gewinnen, dass man seine Kinder „strammstehen“ lasse oder sie im „Kasernenhofton“ herumkommandiere. Zwar sei eine gewisse Distanz zwischen Vätern und ihren Kindern ratsam, damit diese zu ihm als einem „Überlegenen“ aufschauten, „dem man sich willig unterordnet, weil man im Grunde nicht anders kann“. Doch dürfe die „Ehrfurcht“ vor dem Vater nicht die Folge eines gleichsam militärischen Gehorsams, sondern Ausdruck „wahrer Achtung und Liebe“ sein. Im selben Jahr warnte Karl Borgmann, der Herausgeber der Zeitschrift „Caritas“ und eine Schlüsselfigur der katholischen Laienbewegung, dass zu viele Christen weiterhin einem Familienideal anhingen, das „noch allzusehr vergangenen Staatsformen zugewendet ist, in denen der Bürger von oben regiert wurde und fast zur politischen Untätigkeit verurteilt war“. Kinder müssten, so der Familienexperte im Januarheft von „Frau und Mutter“, von frühauf lernen, „die Freiheit [zu] erfahren und [zu] gebrauchen“. Daher dürfe die Familie sich keinesfalls am Ideal der „absoluten Monarchie“ oder gar der „Diktatur“ orientieren. Wer einer patriarchalischen Erziehung das Wort rede, habe nicht verstanden, dass die für die Verbrechen des Nationalsozialismus Verantwortlichen meist aus „‚geordneten‘“ Verhältnissen und nicht von den Rändern der Gesellschaft stammten. Väter, die „autoritär [. . . ] und mit handgreiflichen Mitteln“ erzögen, seien die Geburtshelfer der nationalsozialistischen Diktatur gewesen. Wer Kinder „immer wieder ungerecht“ behandele, müsse damit rechnen, dass diese „als Erwachsene selbst zu Unterdrückern“ würden, mahnte Borgmann: „Manche Henker aus den KZ stammten nachweislich aus sogenannten ‚geordneten Familien‘“.  

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Heinrich Bödeker: Kein Mut zur Erziehung? In: Kirche und Mann  (), H. , S.  f., hier S. . R. Sailer: Demokratie beginnt in der Familie. In: Der Männer-Seelsorger  (), H. , S. –, hier S. ; vgl. auch Walter Hemsing: Wenn aus Kindern „Leute“ werden. „Der Herr Sohn“, das „Fräulein Tochter“. In: Elternhaus, Schule und Gemeinde  (), H. , S.  f. Ehrfurcht vor dem Vater. Mein Sohn sagt „Otto“ zu mir. In: Mann in der Zeit. Zeitung für Stadt und Land  (), H.  [unpaginiert]. Karl Borgmann: Völker werden aus Kinderstuben. Um die rechte Ordnung in der Familie. In: Frau und Mutter. Monatsschrift für die katholische Frau in Familie und Beruf  (), H. , S.  f.

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Till van Rahden

 Sanfte Väterlichkeit statt militarisierter Männlichkeit Zum Vorbild von Millionen westdeutscher Männer und Frauen wurden beschädigte, aber liebevolle Männer, die die Leinwand in den er-Jahren bevölkerten. Manchmal tollpatschig, manchmal unbeholfen, bewährten sie sich in der Rolle des sanften Vaters. Manche Filme wie „Wir Wunderkinder“ () mit Hans-Jörg Felmy als Urbild des demokratischen Vaters waren beim Publikum ebenso beliebt wie bei der nationalen und internationalen Filmkritik. Meist handelte es sich aber um rührselige Schmonzetten wie „Vater sein dagegen sehr“ () und „Wenn der Vater mit dem Sohne“ () mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle oder „Vater, Mutter und neun Kinder“ () mit Heinz Erhard. In diesen am Massengeschmack orientierten Filmen dominierte das neue Leitbild des sanften Vaters. Als Projektionsfläche für die sanfte Väterlichkeit eignete sich niemand besser als Heinz Rühmann. Seit  war er einer der größten Stars des deutschen Kinos und wurde im Laufe der dreißiger Jahre einer der Lieblingsschauspieler Hitlers, der sich von seiner jüdischen Frau scheiden ließ, um seinen Erfolg im nationalsozialistischen Deutschland nicht zu gefährden. In „Wenn der Vater mit dem Sohne“ wünscht sich der Sohn, der Vater möge mit ihm noch einmal „auf den Rummel“ gehen. Auf die Frage, was der Sohn sonst gerne hätte, entfaltet sich der folgende Dialog. Sohn: „und dass es ganz lustig wird, ist das nicht etwas zu viel?“ Vater: „Nein, nein, das geht gerade noch. Mal sehen. Aber jetzt musst du schlafen.“ Sohn: „Papi, einen Moment noch!“ Vater: „Was willst Du denn noch?“ Sohn: „Ich will dich bloß noch etwas liebhaben, weil du so lieb bist.“ Vater: „So, glaubst du, dass ich das bin, ja?“ Sohn: „Ja, oh ja. Ich weiß gar nicht, wie der liebe Gott ohne dich so lange Zeit auskommen kann.“

Diese neuen Leitbilder der familialen Männlichkeit und der sanften väterlichen Autorität, die zentral für die Suche nach Demokratie in der frühen Bundesrepublik waren, fanden bald auch Eingang in die Beratungsliteratur über Fragen der Kindererziehung, die sich zunehmend direkt an Väter richtete. Sicherlich bieten diese Texte keine Hinweise darauf, wie oft Väter tatsächlich den Kinderwagen schoben, die Windeln wechselten oder ihre Kinder herzten. Doch angesichts ihrer meist hohen Auflage und der Tatsache, dass sie sich als Ware an dem Geschmack des Publikums orientieren mussten, lassen sie sich als Seismographen der Sehnsüchte nach einer „idealen Familie“ begreifen, das heißt als eine

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Vgl. Fritz Göttler: Westdeutscher Nachkriegsfilm. Land der Väter. In: Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler (Hrsg.): Geschichte des deutschen Films. Stuttgart u. a. , S. –. Wenn der Vater mit dem Sohne (Reg. Hans Quest, BRD, ), :–:. Markus Höffer-Mehlmer: Elternratgeber. Zur Geschichte eines Genres. Baltmannsweiler , S. –; Miriam Gebhardt: Die Angst vor dem kindlichen Tyrannen. Eine Geschichte der Erziehung im . Jahrhundert. München .

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik



spezifische Form der imaginären Familienwirklichkeit, die kaum weniger „real“ war als der Familienalltag. Die Broschüre „Ohne Vater geht es nicht“, die katholische Männer in den Bistümern Münster und Essen  während der Fastenerziehungswoche erhielten, ermahnte die Leser nicht nur, weniger Zeit bei der Arbeit, in der Kneipe oder im Fußballstadion zu verbringen. Darüber hinaus erhielten sie den Rat, bereits die Geburt des Kindes mitzuerleben, um eine „innige Beziehung” zum Kleinkind zu „entwickeln“. Väter sollten zudem auf „abendliche Strafgerichte“ verzichten. Wer glaube, mit Strafen und Schlägen erziehen zu können, werde „bald das Vertrauen seines Kindes verlieren“. Kurz darauf, im Mai , lobte die Zeitschrift „Zwischen Dom und Zechen“, eine Beilage zur Monatsschrift „Mann in der Zeit“, das Buch „Gute Väter – frohe Kinder“ als „eine schöne Sammlung von Skizzen über die Vaterwelt“. Im Mittelpunkt des Buchs stand eine Fotoreportage über einen „Männer Säuglingspflege-Kurs“, den der Samariterverein Zürich-Hard veranstaltet hatte. Es sei wichtig, kommentierte der Herausgeber, dass die Väter lernten, wie „sie an einem freien Samstag oder Sonntag den Haushalt ohne größere Katastrophen durchbringen“ können, „wenn die Frau ihre Besuchspflichten bei den Verwandten erfüllen will“. Viele Abbildungen freilich beeindrucken mehr als eine gekonnte Inszenierung von bürgerlicher Respektabilität, denn als Ikonographie sanfter Väterlichkeit. Manche Fotografien wecken zudem Zweifel, inwieweit selbst fortschrittliche katholische Männer bereit waren, sich im Familienalltag an der Sorge um die Säuglinge zu beteiligen: Zwei der vier Männer etwa, die das Wechseln einer Windel übten, hatten einen Mundschutz angelegt. Dass diese Ikonographie sanfter Väterlichkeit vor dem Hintergrund der Bildästhetik des frühen . Jahrhunderts eher Anlass zum Schmunzeln gibt, darf nicht den Blick darauf verstellen, welch hohe politische Bedeutung Familienexperten in den er- und frühen er-Jahren den Bildwirklichkeiten der neuen väterlichen Autorität zuwiesen. Vor allem im Genre der „Lichtbildreihe“, das damals zum pädagogischen Leitmedium aufstieg, finden sich Hinweise darauf, wie sehr den Autoren daran lag, die politische Botschaft des neuen Vaterbilds festzuschreiben. Wer die von Rudolf Rüberg  für die Erwachsenen-

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John R. Gillis: Mythos Familie. Auf der Suche nach der eigenen Lebensform. Weinheim u. a. , S. ; Paul Ginsborg: Family Politics. Domestic Life, Devastation and Survival, –. New Haven ; Roger Chartier: Die Welt als Repräsentation. In: Matthias Middell, Steffen Sammler (Hrsg.): Alles Gewordene hat Geschichte. Die Schule der Annales in ihren Texten –. Leipzig , S. –, hier S. . Hansmartin Lochner, Robert Svoboda (Hrsg.): Ohne Vater geht es nicht. O. O. [Hamm] , S. . „Gewiß“, fuhr der Ratgeber fort, „Strafen müssen sein, aber Schläge sind nur bei wirklich schwerwiegenden Übeltaten angebracht“ (ebd.). Die Broschüre hatte am . Dez.  das Imprimatur des Bistums Paderborn erhalten. Der wiederkehrende Vater. In: Zwischen Dom und Zechen. Beilage zum „Mann in der Zeit“. Mai , Nr. . Karl P. Lukaschek (Hrsg.): Gute Väter – frohe Kinder. O. O. [Münster] o. J. [], S. –, hier S. . Außerhalb des katholischen Milieus lassen sich schon Mitte der er-Jahre Hinweise auf die wachsende Popularität des wickelnden Vaters als Ikone der sanften Männlichkeit finden. Siehe: Werdende Väter wickeln Puppen. In: Constanze  () H. , S.  f.

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Till van Rahden

Wickelnder Vater mit Mundschutz Karl P. Lukaschek (Hrsg.), Gute Väter – frohe Kinder, o. O. [Münster/Westf.] o. J. [], S. 

und Jugendbildung sowie den Schulunterricht zusammengestellte Bildserie „Vater – oder Familienfunktionär?“ zeigte, griff auf einen Begleittext zurück, mit dem der katholische Familienexperte die Deutung der gut  Dias mit je etwa halbseitigen Erläuterungen zu

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik



Exerzierende Soldaten Rudolf Rüberg: Vater – oder Familien-Funktionär. Hrsg. v. Heinz Budde. München .  Schwarzweiß-Dias

beeinflussen suchte. Wie viele seiner Zeitgenossen ging Rüberg davon aus, dass die „Frage nach dem Vater“ zu den „brennenden Fragen“ der Gegenwart geworden sei. Da einerseits das „Vaterbild des Patriarchalismus“ überholt, andererseits kein „neues Vaterbild“ in Sicht sei, hoffte er, „Konturen sichtbar“ machen zu können, „die vielleicht zu einem solchen Bild gehören“. Die Bilder arrangierte Rüberg thematisch: Auf den Abschnitt „Die abwesenden Väter“ folgte das Kapitel „Vater – Außenseiter der Familie“, dann „Kleines Rad im komplizierten Weltgetriebe“, „Keine richtigen Männer mehr?“ und der Abschnitt „Angst vor der Verantwortung“. Diese Krisendiagnose kulminierte in der Bildersequenz „Fehlende väterliche Autorität“ mit einer Fotografie exerzierender Soldaten als Auftakt, die Rüberg als „Bild : (Kasernenhofdrill)“ identifizierte.  Jahre nach der Apokalypse eines katastrophischen Militarismus diente diese Inszenierung soldatischer Männlichkeit laut Rübergs Begleittext als Warnung, dass man Autorität „keineswegs“ mit dem „Recht des Stärkeren oder einer Befehlsgewalt“ verwechseln dürfe, „die den ihr unterworfenen Menschen zu allen, auch zu entwürdigenden Handlungen zwingen kann“. Dieser Hinweis sei umso dringlicher, als in der jüngeren Vergangenheit „viele Menschen mit einer mißbrauchten, also einer falschen Autorität böse Erfahrungen gemacht“ hätten.

 

Rudolf Rüberg: Vater oder Familienfunktionär? Lichtbildreihe zum Thema „Ehe und Familie“. München , S. . Ebd., S. .

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Das buchstäbliche Gegenbild zum „Kasernenhofdrill“ stand im Mittelpunkt der nächsten Bildersequenz „Wiedergeburt des Vaters?“, in der Rüberg Wege aus der Krise der väterlichen Autorität weisen wollte. Mit „Bild : (Vater mit Kinderwagen)“ erfährt die Lichtbildreihe ihre entscheidende Wende, die Rüberg unter Rückgriff auf die Semantik der demokratischen Vaterschaft im Begleitheft kommentierte: Wer ganz genau und lange genug hinsieht, entdeckt etwas Neues an den Vätern, vornehmlich an den jungen Vätern – einen Zug, der nicht besser sein könnte, mag er sich auch noch spärlich zeigen. Früher galt einmal die Regel, dass der Vater zwar seine Kinder lieben solle, es ihnen aber keineswegs zeigen dürfe. Da scheint etwas anders zu werden. Man entdeckt es

Vater mit zwei Kindern und Kinderwagen Rudolf Rüberg: Vater – oder Familien-Funktionär. Hrsg. v. Heinz Budde. München .  Schwarzweiß-Dias

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik



vor allem sonntags vormittags: Väter, die mit ihren Kindern in einen Park, in den Tiergarten, auf einen Spielplatz gehen. Vielleicht sind sie etwas unbeholfen, aber sie scheuen sich nicht, den Kleinen notfalls die Nase zu putzen, sie nach einem Sturz zu trösten und mit ihnen auf dem kleinen Karussell zu fahren. Manchmal sieht man sie sogar einen Sportwagen oder gar die große, hochrädrige ‚Prinzenkalesche mit Paradekissen’ – ohne mannesrückende Deckung der Mütter – durch die Anlagen schieben.// Da tut sich etwas! [. . . ] Damit gewinnt das Verhältnis des Vaters zu seinen Kindern neue Grundlagen: Liebe und Vertrauen statt bloßer Macht und Furcht. Das aber, die Liebe des Vaters und das Vertrauen des Kindes, sind Grundvoraussetzungen für die Erziehung. Und eben das wurde als Kern eines neuen Autoritätsverständnisses bezeichnet.

Diese familiale Errettung der Männlichkeit in den er-Jahren ging einher mit der Wiedergeburt des Ideals des spielenden Vaters, das von etwa  bis  im Mittelpunkt von bürgerlichen Vorstellungen der gelungenen Vaterschaft gestanden hatte. Die erste Ausgabe der Monatsschrift „Unsere Welt“, eine konfessionsübergreifende Publikation des Deutschen Familienverbands, vom November  etwa lobte einen Wettbewerb um die schönste Fotografie aus, die den „Vater als Spielgefährte[n]“ zeigte. Die preisgekrönten

Kissenschlacht Vater als Spielgefährte. In: Unsere Welt  (), H. , S.   



Ebd., S. . Stephen M. Frank: Life with Father. Parenthood and Masculinity in the Nineteenth-Century American North. Baltimore ; Rebekka Habermas: Frauen und Männer des Bürgertums. Eine Familiengeschichte (–). Göttingen ; John Tosh: A Man’s Place. Masculinity and the Middle-Class Home in Victorian England. New Haven . Unser Photo-Wettbewerb. Vater als Spielgefährte. In: Unsere Welt  (), H. , S. .

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Till van Rahden

Bilder waren ebenso widersprüchlich wie die Fotografien des Zürcher „Männer Säuglingspflege-Kurses“. Die Insignien bürgerlicher Respektabilität, wie der Anzug, das weiße Hemd und die dunkle Krawatte waren ebenso wichtig wie Inszenierung von emotionaler Nähe und sanfter Männlichkeit. Bemerkenswerterweise erhielt die Siegprämie jedoch das Bild Helmut Hübers aus Stuttgart, der sich darüber zu amüsieren schien, dass er seinen fünf Kindern in einer Kissenschlacht unterlegen war. Sicherlich blieb – zum Verdruss der christlich-liberalen Bundesregierung – ein solcher Kinderreichtum selbst während der geburtenstarken Jahrgänge in den er-Jahren selten. Aber es war doch typisch für ein neues Ideal des sanften Vaters, dass die Zeitschrift des Deutschen Familienverbands die männliche Leserschaft ermunterte, sich ihrer Mannhaftigkeit in einer Kissenschlacht mit ihren Kindern, statt in einem Vernichtungskrieg zu versichern.

 Demokratische Vaterschaft und sanfte Männlichkeit in der liberalen Republik Es wäre zweifellos leicht, die Grenzen des Leitbilds der „demokratischen Vaterschaft“ in der frühen Bundesrepublik aufzuzeigen. Unter den genannten Familienexperten gingen alle davon aus, ausschließlich ein verheirateter und heterosexueller Mann könne ein guter Vater sein. Einig war man sich auch darüber, dass ein Vater bestenfalls eine Teilzeitrolle bei der Sorge um und der Pflege von Babys und Kleinkindern übernehmen solle, da primär Mütter für die Kindererziehung und den Haushalt zuständig seien. Selbst jene, die sich dafür einsetzten, dass auch Mütter das Recht hätten, einem Beruf nachzugehen, betonten, für den Unterhalt der Familie sei zunächst der Vater verantwortlich. In jedem Fall wären wir schlecht beraten, den Anspruch der Familienexperten, dass sie sich für Formen der väterlichen Autorität jenseits des Patriarchats einsetzten, mit einem Plädoyer für die umfassende Gleichberechtigung von Mann und Frau zu verwechseln. Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, dass sogar konservative Stimmen in den erund frühen er-Jahren für neue Formen der väterlichen Autorität plädierten, statt für eine Restauration des Vaters als Familienpatriarchen einzutreten. Aber auch wenn dieses neue Leitbild einer sanfteren und liebevolleren Vaterschaft Teil einer patriarchalischen Geschlechterordnung blieb, war diese weniger hierarchisch als christliche Versionen des Patriarchats in der Zwischenkriegszeit. Momente eines Patriarchats mit menschlichem Antlitz mischten sich mit einem emphatischen Begriff der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Katholische und protestantische Experten warben für eine neue gefühlsbetonte Form der väterlichen Autorität, die sich vor allem auf das Vertrauen der Kinder stützte, 



Vater als Spielgefährte. In: Unsere Welt  (), H. , S. . Die anderen Bilder erschienen in einer späteren Ausgabe: Vater spielt mit! In: Unsere Welt  (), H. , S.  f. Sonya Michel: American Women and the Discourse of the Democratic Family in World War II. In: Margaret R. Higonnet u. a. (Hrsg.): Behind the Lines. Gender and the Two World Wars. New Haven , S. –. Typisch für die Grenzen der gängigen pro-emanzipatorischen Argumente: Walter Dirks: Soll er ihr Herr sein? Die Gleichberechtigung der Frau und die Reform des Familienrechts. In: Frankfurter Hefte  (), S. –, insbes. S. .

Sanfte Vaterschaft und Demokratie in der frühen Bundesrepublik

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und ein neues Leitbild der Familie, in dem Väter eine aktive Rolle bei der Erziehung nicht nur von Jugendlichen, sondern auch von Babys und Kleinkindern spielen sollten. Damit soll nicht behauptet werden, dass Karl Borgmann oder andere linke Katholiken, die einen Familienbegriff ablehnten, den sie als patriarchalisch verwarfen, typisch für christliche Milieus in der frühen Bundesrepublik waren. Trotz ihrer Randständigkeit lösten die Fürsprecher einer neuen Väterlichkeit jedoch seit Mitte der er-Jahre auch unter der Mehrheit der Katholiken eine wachsende Unruhe aus, die mit dem Bedeutungszuwachs von Laien im Umfeld der katholischen und protestantischen Kirche einherging. Zweifellos stießen solche Versuche, patriarchalische Strukturen in Frage zu stellen und ein egalitäreres Geschlechterverhältnis zu verwirklichen, angesichts der fortdauernden wirtschaftlichen Diskriminierung von Frauen und der maternalistischen Sozialpolitik an ihre Grenzen. Darüber darf aber nicht aus dem Blick geraten, dass die Vordenker der sanften Väterlichkeit seit etwa  Forderungen erhoben, die eine nachfolgende Generation der Feministinnen seit Ende der er-Jahre aufgreifen konnte. Blickt man allein auf die Versuche der CDU-geführten Bundesregierung und der katholischen Bischöfe, über das Familien- und Eherecht das Ideal einer naturrechtlich begründeten Hierarchie der Geschlechter als Rechtsnorm festzuschreiben, übersieht man die religiöse und politische Dynamik der westdeutschen Diskussion über die Frage der väterlichen Autorität. Das Leitbild der „demokratischen Familie“ gehört in jenen Zusammenhang, den man als den Aufstieg der Demokratie als Lebensform begreifen könnte. Zu denken ist hier auch an ähnliche moralgeschichtliche Veränderungen: Die Haltung gegenüber der vor- und außerehelichen Sexualität liberalisierte sich ebenso wie die Einstellung gegenüber berufstätigen und alleinerziehenden Müttern. Auch der Traum der neuen Väterlichkeit war Teil einer Vision einer egalitäreren Geschlechterordnung, in der Frauen und Männer Familie und Beruf miteinander vereinbaren können sollten. Damit war die Sehnsucht nach einer sanfteren und liebevolleren Vaterschaft ein zentraler Ort, an dem sich die junge Bundesrepublik darüber verständigte, wie das Verhältnis von Autorität und Demokratie zu bestimmen sei. Aus der hohlen Phrase Demokratie, die, wie zahlreiche Kenner der politischen Kultur der unmittelbaren Nachkriegszeit geklagt hatten, dazu diente, die moralischen Abgründe der Nachkriegsjahre zu verdecken, wurde in den er-Jahren ein mit Inhalt und Leben gefüllter Leitbegriff der politischen Sprache. Zugleich trug die Rede von neuen Formen der väterlichen Autorität entscheidend dazu bei, dass die Bundesbürger sich vom Nationalsozialismus und Militarismus und dem damit verbundenen militaristischen Männlichkeitsideal verabschiedeten und dass sie den Weg in eine demokratische Gesellschaft fanden. 

Hartmann Tyrell: Die Familienrhetorik des Zweiten Vatikanums und die gegenwärtige Deinstitutionalisierung von Ehe und Familie. In: Franz-Xaver Kaufmann, Arnold Zingerle (Hrsg.): Vaticanum II und Modernisierung. Historische, theologische und soziologische Perspektiven. Paderborn u. a. , S. –; Kimba Allie Tichenor: Religious Crisis and Civic Transformation. How Conflicts over Gender and Sexuality Changed the West German Catholic Church. Waltham ; James Chappel: Catholic Modern. The Challenge of Totalitarianism and the Remaking of the Church, Cambridge ; Lukas Rölli-Allkemper: Familie im Wiederaufbau. Katholizismus und bürgerliches Familienideal in der Bundesrepublik Deutschland –. Paderborn u. a. .

Nachwuchsworkshop „Neue Perspektiven auf die deutsch-russische Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte des . und . Jahrhunderts im globalen Kontext“ Heidelberg, . Oktober – . November 

Vorwort der Organisatoren Die Mitglieder der Deutsch-Russischen Geschichtskommission (DRGK) haben sich  einhellig dafür ausgesprochen, der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu widmen und ein regelmäßiges Forum für den wissenschaftlichen Austausch unter der jüngeren Generation russischer und deutscher Historiker bereitzustellen. Dabei sollen nicht nur neue Impulse für das allgemeine Forschungsinteresse an Fragestellungen und Perspektiven einer deutsch-russischen Beziehungsgeschichte gesetzt werden, sondern es soll auf diese Weise auch ein Netzwerk unter der jüngeren Wissenschaftlergeneration aufgebaut werden. Auf dieser Grundlage konnte vom . Oktober bis . November  der erste Nachwuchsworkshop der DRGK für  junge Historikerinnen und Historiker ( Frauen und  Männer) aus verschiedenen Regionen und Universitäten Russlands und Deutschlands in Heidelberg stattfinden, der von uns in Kooperation organisiert wurde. Die russischen Gäste nahmen dabei amüsiert zur Kenntnis, dass Heidelberg schon einmal in der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts zu einem geistigen Zentrum für russische Wissenschaftler und Schriftsteller geworden war, unter ihnen der Chemiker Mendeleev, der Schriftsteller Turgenev, die Komponisten Borodin, Rimskij-Korsakov und Skrjabin, der Dichter Mandelstam, der Philosoph Berdjaev und die Mathematikerin Kovalevskaja, die die Stadt in ihren Erinnerungen verklärend mit dem „verlorenen Paradies“ verglich. Veranstaltungsort war das Internationale Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg (IWH). Unser großer Dank geht an die Kommissionsmitglieder Jörg Morré (Deutsch-Russisches Museum Karlshorst) und Nikolaus Katzer (DHI Moskau) sowie an Andreas Hilger (DHI Moskau), die an dem gesamten Workshop teilnahmen und den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für Fragen und intensive Diskussionen zur Verfügung standen. Die Ausschreibung des Workshops war im April  über die Mitglieder der DRGK sowie über die Verteiler des DHI Moskau, H-Soz-Kult, den Verband der Osteuropahistorikerinnen und -historiker e. V. (VOH) und die JOE-Liste (Junge Osteuropa Experten) erfolgt und hat eine entsprechend breite Wahrnehmung erzielen können. Die Auswahl von jeweils  Teilnehmerinnen und Teilnehmern erfolgte im Juli  durch die beiden Organisatoren nach den Kriterien der wissenschaftlichen Qualität und inhaltlichen Passgenauigkeit. Aufgrund der beschränkten Teilnehmerzahl konnten leider nicht alle Bewerbungen berücksichtigt werden. In insgesamt neun Panels diskutierten die  Doktoranden und  Postdocs ihre aktuellen Forschungsprojekte zu Themen der „Deutsch-russischen Beziehungs- und Verflechtungsgeschichte des . und . Jahrhunderts im globalen Kontext“. Neben den jeweiligen Fragestellungen einer deutsch-russischen Beziehungsgeschichte standen dabei immer auch neuere methodische Ansätze sowie die Frage nach den Anknüpfungspunkten zwischen Globalgeschichte und einer Geschichte Osteuropas im Fokus der Diskussion. Eine Auswahl der zehn besten Beiträge der Tagung findet sich in dem vorliegenden Band der „Mitteilungen“. Wir danken der Redaktion für diese Publikationsmöglichkeit und die redaktionelle Begleitung. Die Beiträge zeigen nicht zuletzt das breite Spektrum https://doi.org/./-

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Vorwort der Organisatoren

unterschiedlicher methodischer Ansätze auf, mit denen sich die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heute den Fragestellungen einer deutsch-russischen Beziehungsund Verflechtungsgeschichte annähern. Uns hat es sehr viel Freude bereitet über drei Tage mit den jungen Historikerinnen und Historikern in einen intensiven Dialog und auch in kontroverse Diskussionen einzutreten und ihre sehr unterschiedlichen Perspektiven auf die Geschichte kennenzulernen. Wir hoffen sehr, dass dem Wunsch der Teilnehmenden nach einer Fortsetzung dieses Nachwuchsworkshop-Formats entsprochen werden kann. Wir sind der Ansicht, dass die Nachwuchsförderung zukünftig als wichtiges Element in die Kernaufgaben der Kommission eingeschlossen werden muss. Es wäre zudem zu diskutieren, inwieweit und über welche Instrumente die jüngere Generation von Historikerinnen und Historikern auch insgesamt noch stärker als bisher in die Kommissionsarbeit einbezogen werden könnte, denn auch diesen Wunsch trugen die Teilnehmenden des Workshops an uns heran. Tanja Penter und Alexander Vatlin

Andreas Hilger Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte In den letzten Jahren und Jahrzehnten lassen sich in der Geschichtswissenschaft eine gewisse Flexibilisierung und ein größerer Mut zur Pluralisierung feststellen. Ihre Teildisziplinen sind heute in aller Regel vom Anspruch her und in ihrem Selbstbild weniger dazu geneigt, sich in Grabenkämpfen um die wahre Lehre, um grundsätzliche Deutungshoheit und/oder um den allein richtigen Zugang aufzureiben. Gerade neuere Richtungen wie die Globalgeschichte und Transnationale Geschichte, aber auch gründlich erneuerte Felder wie die Internationale Geschichte präsentieren sich weniger dogmatisch und erscheinen offener dafür, über Grenzen hinweg zu agieren. Das Bewusstsein, dass sich der entsprechende Austausch lohnt und dass der Blick über den Tellerrand die eigenen Perspektiven gewinnbringend erweitern kann, ist in meinen Augen ein Charakteristikum gerade der Felder der Geschichtswissenschaft, um die es auf diesem Workshop geht. Ob dieses Bewusstsein weltweit in allen Wissenschaftslandschaften vorherrscht, das kann hier erst einmal dahingestellt bleiben. Die Übersetzung aus der entsprechenden Theorie in eine Praxis mit relevantem Erkenntnisgewinn ist notwendig, damit neue Etiketten nicht nur Moden bleiben. Sie hängt auch vom Beharrungsvermögen alter, strukturell und institutionell verankerter Denkschulen und -traditionen einerseits und an Durchsetzungs- und Überzeugungskraft ihrer Herausforderer bzw. Erneuerer ab. Stellungskämpfe in der deutschen Geschichtswissenschaft der er und er-Jahre, wie sie unter anderem Andreas Hillgruber, Klaus Hildebrand oder Hans-Ulrich Wehler ausfochten, können hier als ein Beispiel derartiger früherer Prozesse dienen. Dagegen führte im Jahr  ein Vorschlag, unter anderem die Globalgeschichte doch wieder einer breit gefassten „Internationalen Geschichte“ zuzuschlagen, in Deutschland oder anderswo zu keiner auch nur ansatzweise ähnlich hitzigen Auseinandersetzung. Die genannten Teildisziplinen – Global-, Transnationale und Internationale Geschichte – weisen tatsächlich Überlappungen auf, was theoretische Überlegungen, Impulse, Fra-





Der Text ist im Vergleich zum Vortrag um einige Passagen gekürzt. Die Literaturhinweise hier bieten nur Belegstellen für konkrete Zitate sowie – keineswegs erschöpfende – Beispieltitel für verschiedene Zusammenhänge. Hierzu Jost Dülffer, Wilfried Loth: Einleitung. In: Dies. (Hrsg.): Dimensionen internationaler Geschichte. München , S. –, hier S. ; Barbara Haider-Wilson: Humpty Dumpty, die Geschichtswissenschaft und der Pluralismus: Einlassung auf die historische Subdisziplin „Internationale Geschichte“. In: Dies., William D. Godsey, Wolfgang Mueller (Hrsg.): Internationale Geschichte in Theorie und Praxis. Wien , –, hier S. .

https://doi.org/./-

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Andreas Hilger

gen und Methoden anbelangt. Damit geht einher, dass ihre Arbeits- und Selbstdefinitionen nicht eindeutig sind, mitunter ausfransen, manchmal extensiv auslegbar sind. Die Felder stellen zugleich die drei Rahmungen dar, in denen deutsch-russische Kontakte und Verbindungen in ihrer Gesamtheit üblicherweise erfasst werden (während z. B. Wissenschafts- und Migrationsgeschichte nur einzelne Aspekte in den Blick nehmen). Ansätze der Weltsystemanalyse (mit Russland an der Halbperipherie) oder zivilisationsgeschichtliche Beschreibungen bis hin zum vermeintlichen sogenannten „clash of civilizations“ lassen sich in meinen Augen, wenn man sie nutzen will, unter diese Großbegriffe subsumieren.

Globalgeschichte Pluralismus der Forschungen und Überlappungen der Ansätze – das sind im Prinzip die zwei Grundmotive, die Überlegungen über den Nutzen der Herangehensweisen der Globalgeschichte für oder ihren entsprechenden Einfluss auf Forschungen zur deutsch-russischen Geschichte begleiten. Es kann aus meiner Sicht nicht darum gehen, einen festgefügten Themen- oder Methodenkatalog aus der Globalgeschichte in Arbeiten zur deutschrussischen und deutsch-sowjetischen Beziehungsgeschichte zu überführen. Mehr noch: Globalhistoriker und -historikerinnen würden sich wohl auch hüten, derartige Kataloge zusammenzustellen. Sinnvoll ist vielmehr, sich im Instrumentarium sowie im Bücherschrank der Globalhistoriker und Globalhistorikerinnen umzuschauen, um festzustellen, was daraus für das eigene Interesse an der deutsch-russisch/sowjetischen Beziehungsgeschichte anregend und nützlich sein könnte; dabei wird man auch entscheiden müssen, wie weit globalgeschichtliche Ansätze, Fragen und Anregungen für eigene Perspektiven auf die Zeit vor dem . Jahrhundert sinnvoll genutzt werden können. Globalgeschichte sei „in“, so hat es schon vor einiger Zeit Andreas Eckert, Spezialist für die Geschichte Afrikas, bemerkt. Es ist kein Zufall, dass in Deutschland u. a. Eckert, der beileibe kein klassischer deutscher Nationalhistoriker ist, die „Globalgeschichte“ als neues Feld mit vorangetrieben und entwickelt hat. Denn ein wichtiger Antriebsimpuls der Globalgeschichte war und ist die Überwindung des Eurozentrismus in der Geschichtswissenschaft. „Eurozentrismus“ bezieht sich dabei im Kern auf den ganzen atlantischen Raum, ohne sich viel um Diskussionen über die Zugehörigkeit Russlands zu Europa zu scheren. Unabhängig von diesem Spezialproblem stellt Globalgeschichte nachdrücklich Tendenzen der sogenannten „westlichen“ Wissenschaftstradition und -betriebe in Frage, die europäi





 

Vgl. als einen Zugriff Hans-Heinrich Nolte: Weltgeschichte des . Jahrhunderts. Wien u. a. . Hier sei nur auf einige Einführungen mit weiterführenden Angaben verwiesen: Roland Wenzlhuemer: Globalgeschichte schreiben. Eine Einführung in sechs Episoden. Konstanz ; Sebastian Conrad : What is Global History? Princeton . Andreas Eckert: Globalgeschichte und Zeitgeschichte. In: Aus Politik und Zeitgeschichte  (), Nr. –, S. –, hier S. . Vgl. Sebastian Conrad, Andreas Eckert, Ulrike Freitag (Hrsg.): Globalgeschichte. Theorien, Ansätze, Themen. Frankfurt a. M. . Vgl. Sebastian Conrad, Shalini Randeria, Regina Römhild (Hrsg.): . Aufl. Frankfurt a. M. .

Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte

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sche bzw. transatlantische Prozesse und Entwicklungen in der Geschichte als Norm betrachteten. Damit wurden andere, „nicht-europäische“ Entwicklungen und Phänomene quasi als Abweichung von dieser Norm und damit als per se erklärungsbedürftig und gar fehlerhaft betrachtet. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass auch international verschiedene Vorreiter der Globalgeschichte Spezialisten für nicht-europäische Regionen sind: Christopher Bayly für Indien, ein Globalhistoriker vor allem des . Jahrhunderts; Akira Iriye für Ostasien, der sich schwerpunktmäßig um das . Jahrhundert kümmert. Die Osteuropageschichte in Deutschland und die Geschichtsschreibung in Russland, das ist mein Eindruck, scheinen in diesen Entwicklungen und Debatten eher eine Beobachterrolle einzunehmen. Der zweite Markenkern, auf den sich Globalhistoriker und -innen verständigen können, ist, dass ihr Fach besonderes Gespür für Verbindungen, Verflechtungen und Wechselbeziehungen zeigt. Es „sollte der Globalgeschichte im Kern darum gehen“, so formuliert es ein aktuelles Lehrbuch, „wie durch das Handeln von Menschen globale Verbindungen entstehen und wie diese wiederum auf das Denken, Fühlen und Handeln von Menschen zurückwirken“. Das Zitat macht deutlich, dass beide Zielsetzungen – Überwindung des Eurozentrismus und Fokussierung auf Verflechtungen und ihre Akteure – unauflösbar mit einem dritten Merkmal verbunden sind: der gedanklichen Überwindung von Nationalstaat und Nation als grundlegende analytische Kategorie und als dominante Ausgangs-, Bezugsund Orientierungsgrößen. Tatsächlich wirkten relevante Verbindungen und Verflechtungen grenzüberschreitend und beinhalteten Transferleistungen in alle Richtungen und aller Art – Güter, Menschen, Weltbilder usw. Derartige Transfers und Kontakte konnten daher auch auf allen Seiten sowie bei allen Beteiligten ihre spezifischen Wirkungen entfalten. Sie ließen in komplexen Wechselwirkungen nicht nur die jeweiligen Adressaten, sondern auch die Absender nicht unberührt und unverändert. Synchrone Verflechtungen beeinflussten damit ebenfalls diachrone Entwicklungen und sind in entsprechenden Analysen mitzudenken – die wiederum nicht deterministisch angelegt, sondern ergebnisoffen sein müssen. Dem grenzüberschreitenden Zugriff liegt die Feststellung zugrunde, dass sich die Menschen sowohl unter global wirksamen bzw. spürbaren Rahmenbedingungen als auch in Strukturen von Globalisierungsprozessen bewegen, die sich zunehmend zu verfestigen schienen. Die viel zitierte Kompression von Raum und Zeit schlug sich in neuen Dimensionen der Mobilität von Waren, Menschen, Texten, Bildern usw. nieder. Traditionelle Grenzen und insbesondere die überkommenen nationalen Grenzen verloren an Bedeutung, was Kontrolle, Lenkung, Steuerung, Überwachung, Motivierung und Begrenzung der Mobilität anbelangte. Historische Akteure selbst agierten in Raumbezügen jenseits der Nation und jenseits des Nationalstaats. Sie gingen soziale Beziehungen über diese nationalen (und überregionalen) Grenzen hinweg ein. Sie deuteten ihre – multiplen – Lebenswelten in multiplen Kontexten, die weit über den der Nation hinausgingen. Die Globalgeschichte schaut nicht nur besonders aufmerksam auf Verbindungen, die über etablierte nationale Grenzen hinweggingen, diese durchbrachen, auflösten oder 

Wenzlhuemer, Globalgeschichte schreiben, S. .

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Andreas Hilger

schlicht ignorierten. Generell werden vermeintlich „natürliche“ Handlungseinheiten und Räume hinterfragt und aufgebrochen, traditionelle Hierarchien von, im übertragenen Sinne, Metropolen und Peripherien problematisiert und multiperspektivisch zerlegt. Damit sind die Bezugspunkte internationaler, globaler Prozesse und Orientierungspunkte neu zu definieren und zu verorten. Handlungs- und Geschichtsräume werden neu vermessen, in ihrer Konstitution und Wandelbarkeit sowie in ihren Wechselbezügen erfasst. Grenzen lassen sich hierbei als Grenzräume, Übergangs- und Kontaktzonen analysieren. Es geht der Globalgeschichte in aller Regel nicht darum, Quer- und Wechselbeziehungen, deren Dauerhaftigkeit und Wirksamkeit um jeden Preis nachzuweisen. Sie stellt aber die berechtigte Forderung, für potentielle Verbindungen und Verflechtungen mitsamt ihren Konsequenzen sensibel zu sein und im eigenen Zugriff derartige Zusammenhänge und Relationen abzuprüfen. Auf diese Weise wird insgesamt der traditionelle Fokus, werden die traditionellen Untersuchungsgegenstände und Objekte der historischen Analyse erweitert. Hierfür erweist sich im Übrigen der historische Vergleich, der Transfer- und Adaptionsleistungen mitdenkt, als ein recht beliebtes Instrument. Unter diesen Prämissen stellen neben Fallstudien übergreifende Synthesen ein wichtiges Ausdrucks- und Darstellungsmittel globalhistorisch informierter Forschungen dar. Sie zielen in letzter Konsequenz für einen ausgewählten Zeitraum auf eine globale Betrachtung, die regionale Entwicklungen nicht aufaddiert oder nacheinander abhandelt, sondern zur Analyse gemeinsamer Charakteristika, Problemstellungen und Herausforderungen der gegebenen Periode Interaktionen, Wechselwirkungen und Wechselbezügen nachgeht. So thematisieren Gesamtdarstellungen des . Jahrhunderts beispielsweise Prozesse von Bevölkerungsentwicklung und Landwirtschaft; von Industrialisierung und Urbanisierung; die Entwicklung medizinischer Kenntnisse und von Heilungschancen; imperiale Expansion und Kolonialismus; die Entstehung des Nationalismus, aber auch die Zunahme Internationaler Organisationen; die Ausbreitung normativer Vorstellungen, wie sie etwa in grenzüberschreitenden Anti-Sklaverei-Bewegungen zum Ausdruck kam; die Verdichtung revolutionärer Bewegungen und Ereignisse; die Modernisierung von Verwaltung und Bürokratie; den Ausbau von Verkehrs- und Kommunikationsnetzen; die Ausweitung von Handels- und Finanzströmen; die Verwissenschaftlichung von Gesellschaften; religiöse Bewegungen; das Aufkommen des Rassismus. Für das . Jahrhundert richten Autorinnen und Autoren den Blick auf neue Signaturen: auf Diktatur- und Demokratiebildungen und den sogenannten Untergang des Liberalismus; auf das wachsende Umweltbewusstsein; auf neue Dimensionen von Technologie einschließlich der Kommunikations- und Rüstungstechnologie und ihren Folgen; auf neue Ausmaße von Kriegen und staatlichen Verbrechen, aber auch auf die Zunahme von humanitären Nichtregierungsorganisationen; auf Dekolonisierung sowie den neuen Stellenwert von Menschenrechtsdebatten und Entwicklungsdiskursen, zugleich auf Migration und Fluchtbewegungen; auf neue wirtschaftliche Dynamiken und Zusammenhänge – letztlich steht hier die ganze Ambivalenz der Doppelprozesse von Globalisierung und Fragmentierung zur Debatte.



Vgl. z. B. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des . Jahrhunderts. . Aufl. München ; Christopher A. Bayly: Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalge-

Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte



Derlei Merkmale ragen z. T. in das noch junge . Jahrhundert hinein, ergänzt durch Fragen nach u. a. neuen Kriegsformen und entsprechenden Aufgaben der Vereinten Nationen; den globalen Kräften von Terror; nach nationalen oder nationalistischen sowie autokratischen Rückbesinnungen; nach Ressourcenkämpfen und dramatischen Zuspitzungen von Umweltproblemen; Bevölkerungswachstum; Bildungsdiskrepanzen; der wirtschaftlichen Aufsplitterung der Welt usw. usw. Zumindest vom Anspruch her bewahren sich derartige globale Diagnosen ihren Sinn für unterschiedliche Ausprägungen allgemeiner Phänomene, für Zufälligkeiten, bei denen parallele Entwicklungen eben keine Interaktionen und Wechselbeziehungen aufzeigen, für die Möglichkeit von Rückwärtsbewegungen sowie für die geografische Unvollständigkeit: „Where  didn’t happen“, lautet etwa der Titel einer Fallstudie zu Kolumbien in einem Sammelband, der eigentlich der globalen Relevanz des Jahres über die deutschsowjetischen Beziehungen und über Europa hinaus nachgehen will. In Kolumbien jedoch – und sicherlich nicht nur dort – entzogen sich die Akteure aus innenpolitischen und binnengesellschaftlichen Gründen und Konstellationen heraus den vermeintlichen internationalen Trends in Richtung Demokratisierung und Friedensschaffung. Sie konnten sich ihnen mangels Interesse, Unterstützung bzw. Druck durch die internationale Gemeinschaft auch entziehen. Globale Markierungen und Kontextualisierungen dienen so auch dazu, gegenläufige Entwicklungen schärfer zu fassen. Die Globalgeschichte ist sich der Vielfalt von Einzel- und Sonderentwicklungen, Entflechtungen oder des Beharrungsvermögens von Grenzen bewusst. Ihr Blick auf geteilte Geschichten und historische Verflechtungen und Interaktionen differenziert das Gesamtbild jedoch auf. Sie macht die Veränderbarkeit, Wandlungsfähigkeit und Verformbarkeit nicht nur von Handlungsmotiven, sondern von Handlungseinheiten sichtbarer. Sie werden von den historischen Akteuren quasi ständig neu definiert, konfiguriert, orientiert, ausgerichtet, zusammengesetzt – oder eben bestätigt und wiederbenutzt. Die Auseinandersetzung mit – vermeintlich – globalen Zäsuren verweist schließlich auf die Problematik gemeinsamer und geteilter Erfahrungen und Erinnerungen zurück. Ihr Wert für aktuelle Integrationsbemühungen oder laufende Konflikte heute wird nahezu täglich in den verschiedenen Medien vor Augen geführt. Dabei reiben sich bis heute erinnerungskulturelle Gemeinschaftsunternehmungen immer noch an nationalen Grenzen; auch dieser Befund ist ein Ergebnis globalgeschichtlich arbeitender Untersuchungen. Diese zeigen zugleich, wie engagiert nationale Geschichtsbilder globale Wirksamkeit suchen, um nach innen und außen zusätzliche Legitimation zu erreichen. Dabei können sie über den Umweg globaler Gedenkrituale andere nationale Geschichtsinterpretationen herausfordern. Dieser Mechanismus ließe sich beispielhaft anhand des . August untersuchen. Das Europäische Parlament machte  diesen Tag, an dem  der sogenannte Hitler-Stalin-Pakt unterzeichnet wurde, zum „Europäischen Tag des Gedenkens an die

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schichte –. Frankfurt a. M. ; Ders: Remaking the modern world –. Global connections and comparisons. Hoboken ; Edgar Wolfrum: Welt im Zwiespalt. Eine andere Geschichte des . Jahrhunderts. Stuttgart . Heidrun Zinecker: Where  Didn’t Happen: The Case of Colombia. In: Ulf Engel, Frank Hadler, Matthias Middell (Hrsg.):  in a Global Perspective. Leipzig , S. –.

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Andreas Hilger

Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus“. Es wird sich noch zeigen müssen, wie das deutsche Gedenken an sowjetische Opfer des Nationalsozialismus mit einer solchen Mehrfachwidmung umgeht, ob es sie aufnimmt, verarbeitet – oder ignoriert. Ebenso ist offen, wie sehr sich heutige russische Geschichtsdiskurse ändern werden, wenn es etwa um eine Gesamtbewertung der Deutschlandpolitik des Stalinismus  bis  und bis  geht. Zugleich machen die erwähnten neuen Medien und Kommunikationstechnologien ein Signum der jüngsten Epoche aus. Ihre Bedeutung reicht weit über neue Herausforderungen für Quellenrecherchen, -verwaltung und -kritik hinaus. Sie stellen vielmehr Diskussionen um geschichtliches Verständnis, Erinnerungskulturen und Geschichtspolitik in einer globalen Welt auf neue Grundlagen. Digitale Foren, Archive und Sammlungen eröffnen Optionen, in Produktion und Verbreitung von Erinnerung Hierarchien einzureißen und die Teilhabechancen zu erhöhen. Zugleich können sie internationale Ungleichheiten bei Forschungsmöglichkeiten zementieren oder Wege zur reinen Ökonomisierung und zur bewussten Manipulation gesellschaftlicher und individueller Erinnerungsprozesse ebnen.

Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte Um sich abschließend ihrer Bedeutung für die deutsch-russische Beziehungsgeschichte anzunähern, erscheint mir noch ein kurzer Blick darauf sinnvoll, inwieweit Globalgeschichte global betrieben wird: Das heißt grenzüberschreitend vernetzt, mit wachem Blick für wandelbare Geschichtsregionen und grenzüberschreitende Kontakte, mit Hinterfragung vermeintlicher Entitäten und mit global offener Ausdehnung? Hinsichtlich der Forschungen zur Geschichtsregion Osteuropa einschließlich Russlands wurde noch vor Kurzem konstatiert, dass dieser Raum „bislang keine besonders prominente Rolle in der Globalgeschichte spielt und sogar geradezu marginalisiert wird. Osteuropa ist weder ein Kontinent, noch wird es üblicherweise mit einer der großen Zivilisationen gleichgesetzt oder zu den Weltregionen gezählt. [. . . ]. Der Fokus globalgeschichtlicher Aufmerksamkeit liegt bisher auf dem Verhältnis zwischen Europa und Asien, wobei damit meist Westeuropa und Ostasien gemeint sind.“ (In dieser Bestandsaufnahme ist das globalgeschichtliche Interesse an Nord- und Südamerika sowie Afrika zu ergänzen.) Dazu kommt, soweit ich sehe, eine gewisse Passivität auch der russischen Gesamthistoriografie gegenüber globalgeschichtlichen Ansätzen. Dies liegt vielleicht auch darin begründet, dass eines der Anliegen der Globalgeschichte, die Überwindung des Eurozentrismus, sich mit den ewigen Debatten um die europäische Zugehörigkeit und Identität Russlands überschneidet. Möglicherweise hat die russische Historiografie und ihr Staat 

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Vgl. zu den Komplexen u. a. Claus Leggewie: Der Kampf um die europäische Erinnerung. Ein Schlachtfeld wird besichtigt. München ; Erik Meyer (Hrsg.): Erinnerungskultur .. Kommemorative Kommunikation in digitalen Medien. Frankfurt a. M. u. a. . Martin Aust: Russland und die Sowjetunion in der Globalgeschichte. In: Ders. (Hrsg.): Globalisierung imperial und sozialistisch. Russland und die Sowjetunion in der Globalgeschichte –. Frankfurt a. M. u. a. , S. –, hier S. .

Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte

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im eigenen Verständnis noch vor, spätestens mit  mit dem Eurozentrismus gebrochen und sieht sich als Vertreter einer wirklich multipolaren Welt und Geschichtswissenschaft avant la lettre. Schließlich mögen sich hier wirtschaftliche Bedingungen von wissenschaftlicher Forschung spiegeln – sicherlich sind sogenannte „westliche“ Institutionen und Forscher und Forscherinnen (auch) in der Globalgeschichte weitaus stärker präsent und wahrnehmbar, als weniger finanzstarke und stabile Regionen weltweit. Bemerkenswerterweise konnte etwa eine Studie über den sogenannten „globalen Moment“ am Ende des Ersten Weltkriegs Aufmerksamkeit erregen, die sich ausschließlich auf Woodrow Wilsons  Punkte bezog. Aber dies sind nur Spekulationen, allenfalls Bausteine einer Erklärung. Unabhängig liegen in der Osteuropageschichte tatsächlich viele Arbeiten vor, die auch für die Globalgeschichte insgesamt von Interesse sind, dort aber nicht immer intensiv rezipiert werden – und die sich ihrerseits mitunter nicht wirklich als Beitrag zur Globalgeschichte verstehen. Die Osteuropaforschung hat dieser in meinen Augen sehr viel zu bieten. In der Geschichte der Oktoberrevolution von  lässt sich offenkundig die langfristige globale Wirkungskraft thematisieren, aber auch direkte internationale Folgen und Vorbedingungen sowie Wechselbeziehungen zwischen revolutionären Netzwerken und Ideologien. Dazu kommen im Ganzen beispielsweise Studien zur russischen Expansion Richtung Zentralasien, generell Arbeiten zu russischen Grenzräumen, zum Imperienvergleich sowie zum Kalten Krieg in den Sinn. Zu denken ist an Fallstudien über die russische Diaspora, über russisch-sowjetische Zugänge zum Völkerrecht, über wissenschaftliche Kontakte, über Dissidenz, über Terror, über Expeditionen und literaturgeschichtliche Querverbindungen über den gesamten Globus. Forschungsprojekte zur Umweltpolitik in der UdSSR und danach, zu landwirtschaftlichen Entwicklungen oder zur Katastrophe von Černobyl‘ reihen sich hier gleichfalls ein. Schließlich bieten auch Forschungen über die Kriege des . und des . Jahrhunderts, von Napoleon über den Krimkrieg bis hin zum Afghanistankrieg, eigenen Denkstoff über globale Wechselwirkungen und Rahmungen. Anknüpfungspunkte aus einer globalgeschichtlich fragenden deutschen Geschichte sind im Übrigen ebenfalls vielfältig: Diskussionen um Rückwirkungen der deutschen Kolonialgeschichte auf deutsche Gesellschaft und Politik sowie mögliche Kontinuitätslinien bis in den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion hinein sind hier nur ein Beispiel.

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

Erez Manela: The Wilsonian moment. Self-Determination and the International Origins of Anticolonial Nationalism. Oxford . Vgl. u. a. das Projekt „East Side Story of Ecological Globalization“, URL: https://ecoglobreg. hypotheses.org; Jörn Leonhard, Ulrike von Hirschhausen (Hrsg.): Empires und Nationalstaaten im . Jahrhundert. . Aufl. Göttingen ; Silvio Pons (Hrsg.): The Cambridge History of Communism.  Bde. Cambridge ; Johannes Baur: Die russische Kolonie in München –. Deutsch-russische Beziehungen im . Jahrhundert. Wiesbaden ; Matthew Evangelista: Unarmed Forces. The Transnational Movement to End the Cold War. Ithaca ; Andreas Jasper: Zweierlei Weltkriege? Kriegserfahrungen deutscher Soldaten in Ost und West  – . Paderborn u. a. ; E. I. Beljakova: „Russkij“ Amadu i brazil’skaja literatura v Rossii. Moskva ; Oscar Sanchez-Sibony: Red Globalization. The Political Economy of the Soviet Cold War from Stalin to Khrushchev. Cambridge ; Robert Gerwarth, Stephan Malinowski: Der Holocaust als „kolonialer Genozid“? Europäische Kolonialgewalt und nationalsozialistischer Vernichtungs-



Andreas Hilger

Abschließend nur noch einige wenige, allgemeine Überlegungen darüber, inwiefern die Forschung zu deutsch-russisch/sowjetischen Beziehungen zusätzlich von den Anregungen und Resultaten der Globalgeschichte gewinnen kann. Eine jede bilaterale Beziehungsgeschichte profitiert grundsätzlich davon, wenn sie in ihrem komplexen Zusammenspiel mit weiteren Kontakten beschrieben, wenn vermeintliche nationale Handlungseinheiten – und Motivationen – hinterfragt, die Handlungsdimensionen insgesamt aufgefächert werden. „Alle Geschichte neigt dazu, Weltgeschichte zu sein. Soziologische Theorien der Weltgesellschaft sagen uns, die Welt sei die ‚Umwelt aller Umwelten‘, der letzte mögliche Kontext allen historischen Geschehens und seiner Darstellung“, leitet Jürgen Osterhammel seine große Geschichte des . Jahrhunderts mit einigem Recht ein. Alle lokalen, nationalen und regionalen Geschichten müssen in vielerlei Hinsicht Globalgeschichten sein, sekundiert Bayly in seiner Gesamtaufnahme. Natürlich gilt auch hier der Mut zur Lücke. Bilaterale Beziehungsgeschichte muss nicht alle Winkel der Welt auf Wechselbeziehungen und Einflussfaktoren hin absuchen. Sie sollte aber immer über den Stellenwert der bilateralen Beziehungsmuster, ihre Abhängigkeit von oder Verknüpfung mit weitergehenden multilateralen Verbindungen und Prozessen reflektieren und somit eine angemessene Verortung leisten. Damit sollte sie mit Blick auf die Akteure bilateraler Beziehungen die mögliche Wirkungsmächtigkeit eines globalen Handlungs- und Bezugsrahmens jenseits dieser direkten und unmittelbaren Partnerbzw. Gegnerschaft mitdenken. Zugleich hat sie die Handlungseinheiten einer bilateralen Beziehungsgeschichte in ihrer Konstitution zu hinterfragen und gegebenenfalls aufzufächern und zu erweitern. Die Forschungslandschaft zu den russisch/sowjetisch-deutschen Beziehungen zeigt, wie bereits erwähnt, dass Themen und Fragen die Anliegen der Globalgeschichte zumindest implizit widerspiegeln, aufgreifen und in Angriff nehmen, indem sie multiplen Verflechtungen und Wechselwirkungen nachspüren, traditionelle Handlungseinheiten und Bezugsräume hinterfragen und Anbindungen an oder Einbettungen in globale Entwicklungen reflektieren. Ich denke hier – wieder ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit oder gar nur Repräsentativität – an Studien zum sogenannten russischen Berlin; an Geschichten grenzüberschreitender Unternehmen; an die Emigrationsgeschichte; an die Geschichte der Kriegsgefangenschaft; an Arbeiten über die Oberste Heeresleitung und Lenin, über die Ostpolitik und über den Helsinki-Prozess; an Analysen der Beziehungen in der Ära Napoleon, mit ihren komplexen Vielfachebenen und -strängen in der deutschen Staatenwelt, mit ihren Mehrfachvermittlungen und -widerspiegelungen revolutionärer Ideen und Organisationsformen von Paris  bis Petersburg , mit ihren schrägen dynastischen Frontstellungen durch den Deutschen Bund hindurch; an die Wandlungen gegenseitiger Perzeptionen im Rahmen gesamteuropäischer Prozesse im . und . Jahrhundert; an Fragen

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krieg. In: Geschichte und Gesellschaft  (), S. –; Irina Schulmeister-André: Internationale Strafgerichtsbarkeit unter sowjetischem Einfluss. Der Beitrag der UdSSR zum Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess. Berlin ; Yuliya v. Saal: KSZE-Prozess und Perestroika in der Sowjetunion. Demokratisierung, Werteumbruch und Auflösung –. München . Osterhammel, Die Verwandlung der Welt.; Bayly, Die Geburt der Modernen Welt; Ders, Remaking the Modern World –. Wolfrum, Welt im Zwiespalt.

Deutsch-russische Geschichte und Globalgeschichte



von Modernisierung, Industrialisierung, wirtschaftlich-technischer Zusammenarbeit und Konkurrenz nach ; und schließlich natürlich an Arbeiten über das Beziehungsdreieck DDR-BRD-UdSSR im Umfeld von . Probleme der russisch-deutschen Beziehungen im Spannungsfeld von Entwicklungen der EU, der NATO und der GUS setzen diese potentiellen Forschungsfelder fort. Es bleibt zu hoffen, dass derlei Themen der deutschrussischen Beziehungsgeschichte mit ihren absehbaren Gewinnen aus Anregungen der Globalgeschichte ihre Bearbeiter und Bearbeiterinnen finden.

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Vgl. neben einzelnen Titeln in Anm.  auch z. B. Franziska Schedewie: Die Bühne Europas: Russische Diplomatie und Deutschlandpolitik in Weimar, –. Heidelberg ; Peter Danylow, Ulrich S. Soénius (Hrsg.): Otto Wolff. Ein Unternehmen zwischen Wirtschaft und Politik. München ; Adomeit Hannes: Imperial Overstretch: Germany in Soviet Policy from Stalin to Gorbachev. An Analysis Based on New Archival Evidence, Memoirs, and Interviews. . Aufl. Baden-Baden ; Lew Kopelew (Hrsg.): West-östliche Spiegelungen. Russen und Russland aus deutscher Sicht und Deutsche und Deutschland aus russischer Sicht von den Anfängen bis zum . Jahrhundert. Wuppertaler Projekt zur Erforschung der Geschichte deutschrussischer Fremdenbilder. München –; West-östliche Spiegelungen. Neue Folge. München –.

Nadezda Fichtner Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten Ende des . Jahrhunderts bis in die er-Jahre Michail Rostovtzeff (–) gilt als einer der bedeutendsten Althistoriker des . Jahrhunderts. Großen internationalen Erfolg erlangte er während seiner Exilzeit in den USA. Seine monumentalen Werke zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der römischen Kaiserzeit und des Hellenismus, „The Social and Economic History of the Roman Empire“ () und „The Social and Economic History of the Hellenistic World“ (), prägten ganze Generationen von Historikern und sicherten dem emigrierten Russen eine herausragende Stellung innerhalb der Altertumswissenschaften. Rostovtzeffs einzigartige Karriere begann Ende des . Jahrhunderts im Zarenreich. Als Professor an der hauptstädtischen Universität, Mitglied der Kadetten-Partei und bekannter Vertreter des öffentlichen Lebens in St. Petersburg, gehörte der Althistoriker zur Elite der russischen intelligencija. Rostovtzeffs Bekanntheit war in erster Linie durch seine wissenschaftliche Leistung begründet. Seine akribischen Untersuchungen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Antike sowie zur Archäologie des Schwarzmeergebietes sicherten ihm bald Anerkennung in wissenschaftlichen Kreisen:  habilitierte er sich erfolgreich, fünf Jahre später erhielt er eine ordentliche Professur an der Universität St. Petersburg und  wurde er schließlich zum ordentlichen Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Als Schlüsselfigur der sozialwirtschaftlichen Richtung der russischen Althistorie war Rostovtzeff in die berühmte Diskussion bezüglich der Einordnung der antiken Wirtschaft in die allgemeine Wirtschaftsgeschichte involviert. Er vertrat, ähnlich wie einer der Hauptakteure der Kontroverse, Eduard Meyer, eine modernistische Auffassung von der Entwicklung der Wirtschaft in der Antike. Aber bevor der russische Wissenschaftler mit Meyer Bekanntschaft schloss, hatte er zahlreiche bedeutsame Erfahrungen im Kontakt mit anderen Vertretern der deutschen Wissenschaft gemacht.

 

Vgl. M. Rostovtzeff : The Social and Economic History of the Roman Empire. Oxford ; ders.: The Social and Economic History of the Hellenistic World.  Bde. Oxford . Vgl. dazu ausführlich Moses I. Finley: The Ancient Economy. Berkeley ; ders. (ed.): The Bücher-Meyer Controversy. New York ; Helmuth Schneider: Die Bücher-Meyer Kontroverse. In: William M. Calder III, Alexander Demandt (Hrsg.): Eduard Meyer. Leben und Leistung eines Universalhistorikers. Leiden u. a. , S. –; Martina Tschirner: Moses I. Finley. Studien zu Leben, Werk und Rezeption. Marburg , S. –, –.

https://doi.org/./-

Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten



Die Untersuchung der Beziehungen zwischen Rostovtzeff und deutschen Altertumsforschern am Ende des . Jahrhunderts und bis in die er-Jahre hinein erlaubt es, die Entwicklung der russisch-deutschen Wissenschaftskontakte im Laufe dreier Jahrzehnte zu verfolgen. An diesem Beispiel wird die Transformation des wissenschaftlichen Austausches im Kontext der wichtigsten politischen Umbrüche dieser Zeit ersichtlich. Im Falle von Michail Rostovtzeff lässt sich folgende Entwicklung feststellen: Die Traditionen des Zarenreiches im Allgemeinen und der Familie des Althistorikers im Besonderen sowie seine ersten persönlichen Treffen mit deutschen Forschern begründeten Rostovtzeffs intensive wissenschaftliche Kontakte am Beginn seiner akademischen Karriere. Dank Rostovtzeffs wissenschaftlicher Leistung entwickelte sich die Schüler-Lehrer-Beziehung zwischen ihm und den deutschen Gelehrten im Laufe der Zeit zu einer Beziehung auf Augenhöhe, was auch eine positive Auswirkung auf die Stellung der russischen Wissenschaft im internationalen Vergleich hatte. Einer engeren wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland wurde durch den Ersten Weltkrieg jedoch ein Ende gesetzt. Die darauffolgenden politischen Ereignisse in ganz Europa rückten die internationale Zusammenarbeit der Wissenschaftler zunächst in den Hintergrund. Erst in der Zwischenkriegszeit wurde es möglich, die abgebrochenen Kontakte allmählich wiederaufzunehmen. Die untersuchte Zeitspanne wird im folgenden Überblick in drei Abschnitte unterteilt. Sie spiegeln die wichtigsten Etappen von Rostovtzeffs Beziehungen zu deutschen Wissenschaftlern wider und erlauben außerdem eine bessere Ausdifferenzierung der oben angedeuteten Entwicklung.

 Die er-Jahre bis  Rostovtzeff wuchs in der Familie eines klassischen Philologen auf, der in der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts führende Positionen im Bildungswesen des Zarenreiches bekleidete. Während seines Dienstes im Kiewer Lehrbezirk unternahm Ivan Rostovtzeff mehrere Auslandsreisen, um schulische Einrichtungen in Deutschland näher kennenzulernen. Der Vater des Althistorikers war ein Befürworter einer stärkeren Annäherung an das preußische Bildungssystem, u. a. auch des klassischen Gymnasiums. Daher war die Kinder- und Jugendwelt Michail Rostovtzeffs durch Mehrsprachigkeit geprägt: Neben Altgriechisch und Latein war die Beherrschung der deutschen Sprache in dieser Familie eine Selbstverständlichkeit. Seine Mutter unterrichtete sogar Deutsch in einem Gymnasium in Orenburg. Nachdem Michail Rostovtzeff – ebenso wie sein Großvater und sein Vater – das klassische Gymnasium besucht hatte, begann er  ein Studium der Altertumswissenschaften zunächst in Kiew, wechselte aber zwei Jahre später nach St. Petersburg. Die hauptstädtische Hochschule war ein wichtiges Wissenschaftszentrum des Landes. Dabei war der Einfluss der deutschen Wissenschaft für die Entwicklung der dortigen historischen Schule unverkennbar. Die russischen Altertumswissenschaften werden in ihren Anfängen sogar als ein „Nebenzweig der deutschen klassischen Philologie“ betrachtet. Das Aus-



˙ Eduard D. Frolov: Tradicii klassizisma i peterburgskoe antikovedenie. In: Problemy istorii, filosofii i kul’tury . Nr. , S. .

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Nadezda Fichtner

bleiben einheimischer Wissenschaftler zwang die russische Regierung, Gelehrte aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland, einzuladen. Aus diesem Grund waren die ersten Mitglieder der  gegründeten Akademie der Wissenschaften St. Petersburg und die ersten Altertumswissenschaftler Russlands ausschließlich Ausländer. Da die Universitäten Westeuropas als Vorbild für russische Hochschuleinrichtungen dienten, waren Aufenthalte russischer Nachwuchswissenschaftler im Ausland seit den er-Jahren weit verbreitet. Die ersten beiden Auslandsreisen Rostovtzeffs im Jahr  und von  bis  waren für die Laufbahn des Althistorikers sehr bedeutend. Das Hauptziel seines Auslandsaufenthalts von  war Pompeji. Während weniger Monate kamen die ersten Kontakte Michail Rostovtzeffs mit deutschen Gelehrten, u. a. mit August Mau, Walther Amelung und Christian Hülsen, zustande. Im Laufe seiner zweiten Auslandsreise zwischen  und  konnte der russische Historiker seine wissenschaftliche Kompetenz erheblich vertiefen und seine Bekanntschaft mit führenden Gelehrten Westeuropas erweitern und intensivieren. In Italien arbeitete Rostovtzeff eng mit den Mitarbeitern des Deutschen Archäologischen Institutes zusammen. Seit  erschienen seine Beiträge regelmäßig in den „Mitteilungen“ des Institutes, zu dessen korrespondierendem Mitglied der Russe bereits  ernannt wurde. Die wissenschaftlichen Erfolge im Ausland sowie seine Kontakte mit internationalen Gelehrten wirkten sich unmittelbar auf Rostovtzeffs Wissenschaftskarriere in seinem Heimatland aus.  wurde er aufgrund seiner Doktorarbeit über die Staatspacht in der römischen Kaiserzeit zum Privatdozenten und nach seiner Habilitation zum Thema der Bleitesserae  zum außerordentlichen Professor für Alte Geschichte und Klassische Philologie berufen. Beschäftigt man sich mit Rostovtzeffs Bibliografie zwischen  und , so bleibt kein Zweifel, dass Deutsch für ihn die am häufigsten verwendete Fremdsprache war. Dies setzte die perfekte Beherrschung der deutschen Sprache voraus und unterstreicht die Stellung der deutschen Geschichtswissenschaft und die Möglichkeiten, die sie den Historikern jener Zeit bot. Der russische Althistoriker, dem dieses sicherlich bewusst war, maß dem wissenschaftlichen Austausch mit seinen deutschen Kollegen große Bedeutung bei. Mittels formeller und informeller Wissenschaftskommunikation machte er sowohl seine eigenen Untersuchungen als auch die Fortschritte der russischen Altertumsforschung weltweit bekannt.







Vgl. M. Rostowzew: Anabolicum. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts (Römische Abteilung) . Nr. , S. –; ders.: ΄Αποστολιον. In: Ebd. . Nr. , S. –; ders.: Das Patrimonium und die Ratio Thesaurorum. In: Ebd. . Nr. , S. –. Vgl. M. I. Rostovcev: Istorija gosudarstvennogo otkupa v Rimskoj imperii (ot Avgusta do Diokletiana). Sankt-Peterburg ; ders.: Rimskie svincovye tessery. Sankt-Peterburg . Rostovtzeff schrieb in der Zeit zwischen  und  doppelt so viel Aufsätze auf Deutsch als in italienischer, französischer und englischer Sprache zusammen. Vgl. C. Bradford Welles: Bibliography – M. Rostovtzeff. In: Historia . Bd. , S. –; James F. Gilliam: Addenda to the Bibliography of M. I. Rostovtzeff. In: Ebd. . Bd. , S. –; Jean Andreau: Introduction, chronologie, bibliographie. In: M. Rostovtseff : Histoire économique et sociale de l’Empire romain. Paris , S. I–LXXXIV, –; auch in: M. Rostovtseff : Histoire économique et sociale du monde hellénistique. Paris , S. I–XXIX, –.

Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten



So belegt Rostovtzeffs reger und vertraulicher Briefwechsel vor  seine intensive Zusammenarbeit mit deutschen Wissenschaftlern, die er bereits während seiner Studienreisen Ende des . Jahrhunderts kennenlernte. Dank dieses Austauschs kam es u. a. zur Veröffentlichung der großen Werke des Althistorikers, die zunächst in seiner Muttersprache erschienen. Rostovtzeff schickte die russischen Originale an seine deutschen Kollegen, die aufgrund der Unkenntnis des Russischen nach Erhalt der Bücher unter „Tantalusqualen“ litten. Angeregt durch die Themen, das begleitende Bildmaterial und nicht zuletzt durch das wissenschaftliche Ansehen des Autors, ermöglichten sie das Erscheinen einer deutschen Übersetzung, damit die Forschung des russischen Althistorikers nicht „für weitere Kreise verloren“ gehe. Dies war der Fall mit Rostovtzeffs Doktorarbeit und Habilitationsschrift sowie mit seiner  auf Russisch veröffentlichten Untersuchung über die hellenistisch-römische Architekturlandschaft. All diese Werke erschienen nach jeweils zwei bis drei Jahren in renommierten deutschen Fachzeitschriften. Darüber hinaus legte Rostovtzeff großen Wert auf persönliche Kontakte zwischen den Fachleuten, wofür internationale Wissenschaftstreffen eine gute Gelegenheit boten. Er nahm zwischen  und  an sechs internationalen Kongressen teil. Die allmähliche Annäherung zwischen den in der Altertumsforschung führenden Deutschen und den Russen führte schließlich zur Wahl St. Petersburgs als Ort für den nächsten Kongress sowie zur Entscheidung, auf internationalen Historikertreffen Russisch als zusätzliche Sprache einzuführen. Eine große Rolle bei den deutschen Wissenschaftlern spielten dabei Rostovtzeffs wissenschaftliche Autorität sowie seine zahlreichen Aktivitäten. Schließlich zählte der russische Althistoriker zu den Hauptorganisatoren des für  geplanten Historikerkongresses in der russischen Hauptstadt. Es war sicherlich kein Zufall, dass der Vorschlag, Rostovtzeffs Muttersprache zur fünften Kongresssprache zu machen, von Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff (–) kam, der zusammen mit Eduard Meyer (–) kurz vor Kriegsausbruch zu den engsten deutschen Kollegen des russischen Historikers zählte. Im Jahr  wurde Michail Rostovtzeff zum korrespondierenden Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften ernannt, was als der Höhepunkt seiner internationalen Wissenschaftskarriere bis  gelten darf. Im Wahlvorschlag für Michail Rostovtzeff postulierte selbst Eduard Meyer die führende Stellung Rostovtzeffs „unter den Gelehrten Russlands, welche in den beiden letzten Jahrzehnten die Altertumswissenschaft durch thatkräftige Arbeit, streng wissenschaftliche Arbeit energisch weiter gefördert haben“ . Dabei sei Rostovtzeff „nicht nur in Russland, sondern mindestens in gleichem Masse an   



G. Wissowa an M. Rostovtzeff, . Dez. . Russisches Staatliches Historisches Archiv (RGIA), f. , d. . W. Amelung an M. Rostovtzeff, . Jan. . Ebd., f. , d. . Vgl. M. Rostowzew: Geschichte der Staatspacht in der römischen Kaiserzeit bis Diokletian. Leipzig  (= Philologus, Ergänzungsbd. ); ders.: Römische Bleitesserae. Ein Beitrag zur Sozialund Wirtschaftsgeschichte der römischen Kaiserzeit. Leipzig  (= Klio, Beiheft III); ders.: Die Hellenistisch-roemische Architekturlandschaft. Rom  (= Roemische Mitteilungen, –). Der Wahlvorschlag vom . Apr.  ist abgedruckt in: Christa Kirsten (Hrsg.): Die Altertumswissenschaften an der Berliner Akademie. Wahlvorschläge zur Aufnahme von Mitglied von F. A. Wolf bis zu G. Rodenwaldt, –. Berlin , S. – (Dok. ).

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Nadezda Fichtner

deutschen Universitäten, und in ununterbrochener engster Fühlung mit der deutschen Wissenschaft“ vorgebildet gewesen. Im Sommer  reiste Rostovtzeff nach Berlin für die feierliche Überreichung des Mitgliedsdiploms. Das war aber nicht das einzige Anliegen seiner Reise. Es ging um ein internationales Projekt, in dem Rostovtzeff eine Gruppe russischer Autoren vertreten sollte. Seinen letzten Aufenthalt in Deutschland beschrieb Rostovtzeff wie folgt: I see myself in Berlin in the summer of , on the eve of the great war. I came to Germany after some months of hard work in Petersburg to see some of my German friends and to discuss with them the project of an economic history of the world. Quietly we went over all the features of the proposed work, and after discussion signed a contract with the publishers. To my great surprise I found in the contract an odd clause, “this contract to be suspended in the case of war for the duration of the war.“ Surprised at the clause I looked at my colleagues and got the answer, “don’t you worry; it is a clause which is regular in all contracts now signed in Germany.“ It sounded alarming, but still more alarming was the fact that when I left the meeting I found the streets covered with white sheets of printed paper, as if it were a snowy winter day. It was the Serbia ultimatum. The same evening in a big restaurant of Berlin I saw the German officers in high uniform, drinking champagne, shouting and singing Wacht am Rhein and Deutschland, Deutschland über alles.

 Der Erste Weltkrieg Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs stellte nicht nur aufgrund seiner innenpolitischen Auswirkung in Russland eine wichtige Zäsur in Rostovtzeffs Leben dar. Die engen und freundschaftlichen Beziehungen zu deutschen Wissenschaftlern und die Bemühungen des Althistorikers um Anerkennung der russischen Altertumswissenschaften durch die internationalen Wissenschaftskreise verliehen seinem Kriegsengagement einen zusätzlichen persönlichen Bezug. Der Althistoriker, der im Krieg eine patriotische Position vertrat, nahm an den Auseinandersetzungen zwischen den Intellektuellen der kriegführenden Länder, die als „Krieg der Geister“ bekannt wurden, aktiven Anteil. Sein Engagement äußerte sich sowohl in der Unterzeichnung der kollektiven Stellungnahmen der russischen Wissenschaftler als auch im Verfassen von Artikeln, in denen er den aktuellen Krieg aus historischer Perspektive analysierte und die Kriegsaktivitäten bzw. -äußerungen seiner deutschen Kollegen bewertete.







Christa Kirsten (Hrsg.): Die Altertumswissenschaften an der Berliner Akademie. Wahlvorschläge zur Aufnahme von Mitglied von F. A. Wolf bis zu G. Rodenwaldt, –. Berlin , S. – (Dok. ). M. Rostovtzeff : Adventures of a College Professor. Duke University Archives, David M. Rubenstein Rare Book and Manuscript Library. er Jahre. Bl. –. Vgl. Hermann Kellermann: Der Krieg der Geister. Eine Auslese deutscher und ausländischer Stimmen zum Weltkriege . Dresden .

Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten



Anfang Oktober  protestierten die deutschen Schriftsteller und Gelehrten mit ihrem Appell „An die Kulturwelt!“ gegen die Vorwürfe der Kriegsschuld Deutschlands. Unter den  prominenten Unterzeichnern befanden sich Rostovtzeffs Freunde Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff und Eduard Meyer. Vor allem die Passagen über Russland, die dessen Zugehörigkeit zur europäischen Zivilisation bestritten, wurden in der russischen intellektuellen Welt als äußerst beleidigend empfunden. Daraufhin wurde in der Moskauer liberalen Zeitung „Russkie vedomosti“ eine Mitteilung an die „Heimat und an die ganze Welt“ veröffentlicht, die u. a. von Maksim Gor’kij, Ivan Bunin und auch von M. Rostovtzeff unterzeichnet war. Hier wurden die Kriegsverbrechen Deutschlands bekräftigt und die Unterstützung des deutschen Militarismus seitens der Wissenschaftler bedauert. In seinen historischen Arbeiten aus dem Jahr  unternahm der Althistoriker einen Versuch, mittels der antiken Evolutionsprozesse die gegenwärtige Situation zu begreifen. In der aufschlussreichen Schrift „National- und Weltstaat“ unterstrich er die Bedeutung des Ersten Weltkriegs als epochales Ereignis und unterzog die einzelnen Phasen des weltweiten historischen Evolutionsprozesses einer gründlichen Analyse. Sein Ziel war es, herauszufinden, welches Staatsmodell künftig dominieren würde. Im gegenwärtigen Kampf sah er die direkten Erben des antiken Geistes – Italien, England und Frankreich – in ihrem Kampf gegen Deutschland als Träger der Ideale eines Weltstaates. Der Autor kam zu dem Schluss, dass es in der Zukunft keinen Platz für einen Weltstaat oder für die Herrschaft einer einzelnen Nation geben werde. Gleichzeitig warnte Rostovtzeff davor, allzu simple Parallelen zwischen der Antike und der Gegenwart zu ziehen, um die eigene Position im aktuellen Krieg zu rechtfertigen und dessen möglichen Ausgang zu prophezeien. Anfang  setzte sich Rostovtzeff mit der Kriegspublizistik seiner deutschen Kollegen Eduard Meyer und Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff kritisch auseinander. Neben der persönlichen Bekanntschaft war sicherlich die Rolle, welche die beiden Berliner Professoren in der deutschen Kriegspropaganda spielten, auschlaggebend für Rostovtzeffs Reaktion. Denn sowohl Meyer als auch von Wilamowitz-Moellendorff zählten als Initiatoren zahlreicher politischer Aktionen zu den markantesten Akteuren in dem sich verschärfenden Krieg der internationalen Gelehrten. In der kadettischen Zeitung „Reč“ erschienen kurz nacheinander Rostovtzeffs scharfe Rezensionen von Eduard Meyers Buch „England“ und von v. Moellendorffs dreibändigen „Reden aus der Kriegszeit“. In diesen sehr emotionalen Artikeln hob er zunächst die wissenschaftliche Autorität der beiden deutschen Gelehrten hervor und 

 



Vgl. u. a. Jürgen von Ungern-Sternberg, Wolfgang von Ungern-Sternberg: Der Aufruf „An die Kulturwelt!“ Das Manifest der  und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Frankfurt a. M. . Ot pisatelej, chudožnikov i artistov. In: Russkie vedomosti v. . Sept. , S. . Vgl. Rostovtzeff M. Nacional’noe i mirovoe gosudarstvo. Moskva , auch in: Russkaja mysl’ , Nr. , S. –. Vgl. Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff : Reden aus der Kriegszeit. Berlin ; Eduard Meyer: England. Seine staatliche und politische Entwicklung und der Krieg gegen Deutschland. Stuttgart/Berlin ; M. Rostovcev: Istorik drevnosti ob Anglii i velikoj vojne. In: Reč’ v. . Jan. , S. ; ders.: Iz germanskoj voennoj literatury. In: Ebd., . Feb. , S.  f.

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schilderte seine damit verbundenen Erwartungen einer objektiven, historisch fundierten Analyse des Krieges. Das Buch Meyers über England war in Rostovtzeffs Augen ein durchschnittliches chauvinistisches Pamphlet, das für ihn zum Beweis der Militarisierung des Intellektes in Deutschland im Allgemeinen und der Unterwerfung dieses deutschen Wissenschaftlers unter die politische Staatspropaganda im Besonderen wurde. Zum gleichen Ergebnis kam Rostovtzeff nach seiner Auseinandersetzung mit den Kriegsreden von Wilamowitz-Moellendorffs. In beiden Fällen bedauerte er mit Erbitterung die Aberkennung von Russlands Zugehörigkeit zur europäischen Kulturwelt durch die deutschen Gelehrten. Er war überzeugt, dass Deutschlands Sieg zum unaufhaltsamen Niedergang Europas führen würde. Der Sieg der Alliierten zusammen mit Russland sollte im Gegenteil einen Fortschritt in Richtung der neuen slawischen und romanischen Renaissance sichern. Der Krieg führte zum Zusammenbruch des globalen Wissenschaftssystems, das sich über mehrere Jahrzehnte gebildet hatte. Da Deutschland traditionell ein wissenschaftliches Bezugsland Russlands gewesen war, sollte die russische Wissenschaft einer großen Umstrukturierung unterzogen werden. Rostovtzeff erkannte zwar die führende wissenschaftliche Position Deutschlands vor , glaubte jedoch, dass eine vollständige Wiederherstellung der einstigen internationalen Beziehungen unmöglich sein würde. Aus diesem Grund schlug er eine wissenschaftliche Allianz mit den verbündeten Staaten vor, die zu Beginn der Friedenszeit der wissenschaftlichen Hegemonie der Deutschen gegenübergestellt werden sollte. Der russische Althistoriker beteiligte sich an Initiativen zur Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Alliierten, z. B. an den Sitzungen der Englisch-Russischen Gesellschaft sowie an der Tätigkeit des Französischen Instituts in Petrograd. Für ihn war vor allem wichtig, dass Russland in der weltweiten wissenschaftlichen Nachkriegsordnung eine angemessene Position einnehmen würde.

 Nach  Im Laufe des Revolutionsjahres  wurde Rostovtzeffs volle Aufmerksamkeit auf die politische Krise im eigenen Land gelenkt. Die wachsende bolschewistische Gefahr zwang den Althistoriker, sich in den Reihen der Kadetten-Partei stärker zu engagieren und machte ihn schließlich zu einem aktiven Kämpfer gegen den Bolschewismus. Nach dem Oktoberstreich und dem anschließenden achtmonatigen (Über-)Leben unter der Herrschaft der Bolschewiki fasste er den Entschluss, Russland zu verlassen. Es folgten Jahre des Umherirrens in Europa (–), welche durch Rostovtzeffs intensive antibolschewistische Tätigkeit sowie durch die Suche nach einer angemessenen wissenschaftlichen Stelle gekennzeichnet waren. Seine Verbitterung über die Kriegsbeteiligung der deutschen Kollegen sowie über die Rolle Deutschlands bei dem Erfolg der bolschewistischen Propaganda war ausschlaggebend dafür, dass der aus seinem Heimatland vertriebene Wissenschaftler Deutschland nie als einen neuen Wohn- und Arbeitsort in Betracht zog. Er ging zunächst nach England und schließlich in die USA. Nach dem Erhalt einer Professur an der University of Wisconsin  begann der russische Wissenschaftler, sich ein neues Leben im amerikanischen Exil aufzubauen und widmete sich mit neuen Kräften seiner wissenschaftlichen Tätigkeit.

Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten



Bald darauf kam es zur Wiederherstellung der wissenschaftlichen Beziehungen des Althistorikers mit seinen früheren Freunden aus Deutschland. Die wiederaufgenommenen Kontakte in Form von Sendungen wissenschaftlicher Literatur und gegenseitigen Besuchen sind durch den erhaltenen Briefwechsel Rostovtzeffs mit deutschen Wissenschaftlern belegt. Ein Brief des Professors für Klassische Philologie an der Universität Halle, Otto Kern (–), an Rostovtzeff vom Mai  liefert ein gutes Beispiel für den wissenschaftlichen Austausch zwischen den deutschen Gelehrten und ihrem exilrussischen Kollegen nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Den deutschen Philologen hatte der russische Althistoriker höchstwahrscheinlich bereits Ende des ./Anfang des . Jahrhunderts kennengelernt. Nun wurde die unterbrochene Kommunikation mithilfe ihres alten Freundes, des Althistorikers und Papyrologen Ulrich Wilcken (–), wiederaufgenommen. In seinem Brief bedankt sich Kern bei Rostovtzeff für die Zusendung einer wissenschaftlichen Abhandlung und bittet um die Fortsetzung des Briefwechsels. Das Wiedersehen mit den Mitarbeitern des Deutschen Archäologischen Institutes in Rom erfolgte während Rostovtzeffs Italienbesuchs im Sommer . Seine Eindrücke von dieser Reise und von seinen „hiesigen Freunde[n], besonders Deutschen“ wurden im gleichen Jahr in einer russischen Emigrantenzeitung veröffentlicht.  schrieb der Althistoriker außerdem zwei Rezensionen zu Arbeiten deutscher und österreichischer Kollegen in der englischsprachigen Publikation „The Journal of Roman Studies“. Im Jahr  erschien Rostovtzeffs fundamentale Untersuchung „The Social and Economic History of the Roman Empire”. In der Einleitung sprach der Autor einer Reihe von internationalen Gelehrten seinen Dank aus. Die lange Liste beinhaltete auch Wissenschaftler aus Deutschland und sollte als Beweis dienen, „how little the disasters of war and revolution have impaired the international solidarity of scholars“ . Nach der Lektüre einiger Kapitel der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der römischen Kaiserzeit war Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, einer der Erzfeinde Rostovtzeffs im „Krieg der Geister“, „von dem Werke ganz überwältigt“ und schickte dem Autor einen begeisterten Brief, in dem er die wissenschaftliche Leistung des russischen Historikers mit der seines Schwiegervaters Theodor Mommsen verglich. Seitdem korrespondierten die

   

  

Vgl. u. a. Gerald Kreucher (Hrsg.): Rostovtzeffs Briefwechsel mit deutschsprachigen Altertumswissenschaftlern. Wiesbaden . Vgl. Brief O. Kerns an M. Rostovtzeff, . Mai . In: Ebd., S. . M. Rostovcev: Mističeskij Rim. In: Zveno . Nr. , S. , zit. nach Grigorij M. Bongard-Levin (red.): Parfjanskij vystrel. Moskva , S. . Vgl. M. Rostovtzeff : Die Kunst des Altertums. Von Anton Springer. . Aufl., bearb. v. Paul Wolters. Leipzig . In: The Journal of Roman Studies . Vol. , S. –; ders.: Die römischen Grabsteine von Noricum und Pannonien von Arnold Schober. Wien . In: Ebd., S. –. Vgl. Anm. . Rostovtzeff, The Social and Economic History of the Roman Empire, S. XV. Brief U. von Wilamowitz-Moellendorffs an M. Rostovtzeff, . Juni . In: William M. Calder III : The later Letters of Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff to Michael I. Rostovzev. In: Philologus . Bd. , S. .



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beiden Gelehrten regelmäßig miteinander – und der deutsche Altphilologe wusste dies zu schätzen: Ich habe Ihnen so viel zu danken und lege auf unsere Beziehungen, die nun schon über  Jahre alt sind, den grössten Wert. Als ich Sie in Rom kennenlernte, habe ich richtig empfunden, daß Sie zu etwas Grossem berufen waren.

Ende der er-Jahre begann der russische Althistoriker, auch nach Deutschland zu reisen. So sprach er von einer „große[n] Ehre und eine[r] große[n] Freude“, als er am . Juli  bei der Sitzung der archäologischen Gesellschaft in Berlin zugegen und im Haus von Ulrich Wilcken zu Gast war. Ein Jahr später traf er während seiner Deutschlandreise erneut einige seiner alten Freunde, u. a. besuchte Rostovtzeff mit seiner Frau den deutschen Philologen Friedrich Münzer (–), den dieser Besuch äußerst bewegte: [. . . ] Es ist wirklich an mir, Dir zu danken; denn du hast die Initiative zu diesem Wiedersehen ergriffen, ebenso wie Du nach der Unterbrechung aller alten Verbindungen während der Kriegszeit durch Deine wertvolle Zusendung den Anfang zur Wiederherstellung gemacht hast.

Dennoch wurden manche Verbindungen infolge des Ersten Weltkrieges für immer abgebrochen. So kam im Falle von Eduard Meyer keine Versöhnung zustande. Der abgerissene Kontakt zwischen ihm und Rostovtzeff wurde auch nach Kriegsende nicht wieder aufgenommen. Das hing nicht nur mit der extremen politischen Position Eduard Meyers im Krieg selbst zusammen, sondern sicherlich auch mit seinem Verhältnis zu Rostovtzeffs Heimat in der Nachkriegszeit. Meyers Sowjetbesuche ( und ) und seine Äußerungen über die „gewaltige Bedeutung“ von Lenins Persönlichkeit, der seit Bismarck „vielleicht der einzige“ sei, der „den Namen eines Staatsmannes in vollem Sinne des Wortes verdient“ habe, machten eine Versöhnung der beiden unmöglich. Das Ansehen des russischen Althistorikers war im Deutschland der Nachkriegszeit derart hoch, dass Gerüchte über eine mögliche Professur in Berlin weltweit im Umlauf waren. In Russland hieß es: „Eduard Meyer vererbte Rostovtzeff, dem Vernehmen nach seinen Lehrstuhl, die deutschen Wissenschaftler weigerten sich jedoch, den streitbaren Feind des Pangermanismus zu akzeptieren“ . Der amerikanische Papyrologe W. L. Westermann (–) schrieb Rostovtzeff in einem Brief von , dass er gehört habe,

       

Ebd., S. . Rostovtzeffs Vortrag am . Juli . In: Archäologischer Anzeiger , Nr. , Spl. . Vgl. U. Wilcken an M. Rostovtzeff, . Aug. . In: Kreucher (Hrsg.), Rostovtzeffs Briefwechsel mit deutschsprachigen Altertumswissenschaftlern, S.  f. Brief F. Münzers an M. Rostovtzeff, . Juni . In: Ebd., S. . Eduard Meyer: Das neue Rußland. Eindrücke von der Jubiläumsfeier der Russischen Akademie der Wissenschaften. In: Deutsche Rundschau , Nr. , S. . Ebd. Ebd. Nikolaj Anziferov: Iz dum o bylom. Vospominanija. Moskva , S. .

Michail Rostovtzeffs Wissenschaftsbeziehungen zu deutschen Gelehrten

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dem Althistoriker sei eine Professur in Berlin angeboten worden. Ein Jahr später fragte Ulrich Wilcken Rostovtzeff vertraulich, ob er sich vorstellen könne, seine „Stelle, die alte Professur von Mommsen und Hirschfeld“ anzutreten. Rostovtzeffs Meinung zu diesem Vorschlag bleibt – ebenso wie die Hintergründe dieser Geschichte – weiterhin im Dunkeln. Gewiss ist, dass Rostovtzeff in der Zwischenkriegszeit mit seiner Initiative für eine Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Beziehungen mit dem ehemaligen Gegner ein Zeichen des wissenschaftlichen Zusammenhalts ungeachtet politischer Ressentiments setzte. Da der emigrierte Russe die Errungenschaften sowohl der vorrevolutionären russischen Wissenschaft als auch der gesamteuropäischen Althistorie verkörperte, wurde er zu einem wichtigen Bestandteil beim Wiederaufbau des globalen Wissenschaftssystems. Dies war in gewisser Hinsicht logisch und sicherlich erst dann möglich, als Rostovtzeff sich durch die Emigration eine bestimmte Sicherheit und Stabilität verschafft hatte. Denn er musste im Unterschied zu einigen seiner in der Sowjetrepublik verbliebenen Freunde und Kollegen weder um sein Leben fürchten noch seine wissenschaftlichen Untersuchungen durch die Kriegsfolgen – wie deutsche Wissenschaftler unter der Last der Reparationszahlungen – einschränken. Im Gegenteil: Der russische Althistoriker erlebte dank der günstigen Forschungsmöglichkeiten in den USA einen beachtenswerten Durchbruch. Als  sein letztes großes Werk „The Social and Economic History of the Hellenistic World“ erschien, war das wissenschaftliche Ansehen des -Jährigen weltweit enorm. In all diesen Jahren wusste Rostovtzeff den wissenschaftlichen Austausch, nicht zuletzt mit den Deutschen, zu schätzen und pflegte ihn weiterhin sorgfältig.





Brief W. Westermanns an M. Rostovtzeff, . Febr. . In: Grigorij M. Bongard-Levin (red.): Skifskij roman. Moskva , S. . Brief U. Wilckens an M. Rostovtzeff, . Nov. . In: Kreucher (Hrsg.), Rostovtzeffs Briefwechsel mit deutschsprachigen Altertumswissenschaftlern, S. .

Lilija Wedel Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung im Russischen Kaiserreich – Dieser Artikel untersucht erstmals die Werbung als Quelle für die Rekonstruktion und Erforschung des Kulturtransfers im Kontext der russisch-westeuropäischen Beziehungen zwischen  und . Gleichzeitig wird am Beispiel der Werbung die Konsumkultur in der russischen Gesellschaft in diesem Zeitraum behandelt. Wir halten fest, dass sich russische Publizisten, Journalisten, Ökonomen und Künstler im Russischen Reich bereits Ende des ./Anfang des . Jahrhunderts mit der Bedeutung der Werbung für die Konsumkultur wie auch mit der Geschichte der Werbung und ihren Instrumenten beschäftigten. In den letzten beiden Jahrzehnten begannen sich russische Ökonomen, Historiker, Journalisten und Kunsthistoriker sowie ausländische Historiker erneut für die Werbung im zaristischen und sowjetischen Russland zu interessieren.





Siehe z. B. Nikolaj Pliskij: Reklama. Ee značenie, proischoždenie i istorija. Sankt-Peterburg ; A. Ass: Rossija v kartinkach. Odessa ; Aleksej Verigin: Russkaja reklama. Sankt-Peterburg . Unter den neueren russischsprachigen Arbeiten sind die Monografien zu erwähnen, die vor allem ˙ von Kunsthistorikern vorgelegt wurden: Eleonora M. Glinternik: Reklama v Rossii XVIII – pervoj poloviny XX veka. Opyt illjustrirovannych očerkov. Sankt-Peterburg ; Olga O. Savel’eva: Živaja istorija rossijskoj reklamy. Moskva ; Aleksej Sazikov, Tat’jana Vinogradova: Naružnaja reklama Moskvy. Istorija, tipologija, dokumenty. Moskva ; Irina Zolotinkina, Ekaterina Klimova: Reklamnyj plakat v Rossii. –-e. Sankt-Peterburg . Mit der Geschichte der Werbung in der Hauptstadt beschäftigte sich Natal’ja Karas’. Siehe Natal’ja Karas’ : Uvlekatel’nyj mir moskovskoj reklamy XIX – načala XX veka. Moskva . Zu den ausländischen Experten siehe Lutz Häfner: Medienpräsenz. Reklame im ausgehenden Zarenreich. In: Jörg Gebhard, Rainer Lindner, Bianka Pietrow-Ennker (Hrsg.): Unternehmer im Russischen Reich. Sozialprofil, Symbolwelten, Integrationsstrategien im . und frühen . Jahrhundert. Osnabrück , S. –; Marjorie Hilton: Selling to the Masses. Retailing in Russia, –. Pittsburgh ; Catriona Kelly: Creating a Consumer: Advertising and Commercialization. In: Dies., David Shepherd (eds.): Russian Cultural Studies. An introduction. Oxford , S.  f. Sally West: I shop in Moscow. Advertising and the Creation of Consumer Culture in Late Tsarist Russia. DeKalb . Dies.: Smokescreens. Tobacco Manufacturers’ Projections of Class and Gender in Late Imperial Russian Advertising. In: Matthew P. Romaniello, Tricia Starks (eds.): Tobacco in Russian History and Culture. From the Seventeenth Century to the Present. New York/London , S. –; Sally West: The Material Promised Land. Advertising’s Modern Agenda in Late Imperial Russia. In: Russian Review  (), Nr. , S. –.

https://doi.org/./-

Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung –



Angesichts des offensichtlichen Einflusses der Werbung auf die Konsumkultur wie auch der Rolle der Werbung für die Globalisierung der Konsumkultur und für den Kulturtransfer in der modernen Welt ist es angebracht, diese Phänomene am Beispiel der Werbung in ihrer historischen Entwicklung auf überregionaler Ebene, in diesem Fall in verschiedenen Regionen des Russischen Reiches, zu untersuchen. Diese Perspektive erfordert wiederum eine Analyse an der Schnittstelle mehrerer Disziplinen – sowohl für eine umfassendere Beschreibung der russischen Wirtschaftsgeschichte und der Geschichte der russisch-westeuropäischen Beziehungen, als auch in der Perspektive der weiteren Erforschung auf transnationaler Ebene – und führt damit zu einem besseren Verständnis der aktuellen, mit der Werbung verbundenen Probleme und Prozesse.

Kurzer Überblick über die Werbewirtschaft ab Mitte des . Jahrhunderts (russische Tendenzen) Hinsichtlich der historischen Entwicklung der Werbung ist hervorzuheben, dass diese seit Mitte der er-Jahre zu einem der wichtigsten Werkzeuge der staatlichen und unternehmerischen Politik der Konsumkultur wurde. Im Russischen Reich war der Beginn dieser Erscheinung sowohl durch die aufkommenden Veränderungen in Staat und Gesellschaft aufgrund der Reformen der er-Jahre (vor allem infolge der Bauernreformen des Jahres ) sowie durch den unternehmerischen Boom vor dem Hintergrund der wachsenden Industrialisierung und die Entwicklung der Infrastruktur der Massenmedien als auch durch die unmittelbaren Veränderungen in der russischen Werbewirtschaft gekennzeichnet. So erfuhr der Begriff der Werbung in ihrer heutigen Bedeutung in den er-Jahren eine weite Verbreitung. In den nachfolgenden Jahrzehnten entwickelte sich im Russischen Kaiserreich wie auch in den Staaten Westeuropas eine moderne Wirtschaftswerbung als Produkt der Industrialisierung mit ihrer Massenproduk-







Dieses Thema ist an der Nahtstelle mehrerer (Unter-)Disziplinen, wie der Wirtschaftsgeschichte und der Geschichte der Außenpolitik, der materiellen Kultur (Material culture) und der visuellen Kultur (Visual culture) sowie der Kulturologie und der Geschichte der Mentalitäten zu untersuchen. Ein solcher interdisziplinärer Ansatz ist nicht nur auf methodologischer Ebene, sondern auch im Sinne der Möglichkeit einer Formulierung eines Katalogs von Fragen vielversprechend, deren Beantwortung es ermöglichen wird, die Geschichte der Konsumkultur aufzuzeigen; die wesentlichen Methoden hierbei sind die Vergleichsanalyse der Werbung in verschiedenen Regionen des Russischen Reiches und die Analyse des Kultur-, Wissens- und Ideentransfers durch das Prisma der Werbung. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung waren die von der Regierung beschlossenen „Provisorischen Bestimmungen über die Presse“ (), die den Aufbau eines privaten Zeitungsgeschäfts ermöglichten. Sergej F. Galanin: Rossijskaja reklama vo vtoroj polovine XIX veka i ee pravovye osnovy. In: Problemy sovremennoj e˙konomii , Nr.  (). URL: http://www.m-economy.ru/art.php? nArtId=



Lilija Wedel

tion. Dabei veränderte sich das Wesen der Werbung im Vergleich zur vorindustriellen Reklame. Seit den er-Jahren war die Werbung auf hohe Wettbewerbsfähigkeit, neue Formen der Information und höhere Gewinne ausgerichtet. Laut der aktuellen Forschung entstand die Werbung als Kultur in den Jahrzehnten zwischen  und . Anfang des . Jahrhunderts begann sie, um die heutige Sprache zu gebrauchen, auch politische Fragestellungen und soziale Themen in die Gesellschaft zu übertragen. Dabei behielt die Werbung ihre ursprünglichen Funktionen bei – die ökonomische und die auf klärende. Bis zur Gründung von Werbeagenturen Ende der er-Jahre des . Jahrhunderts und der Entwicklung neuer Formen (z. B. Plakate) gab es Werbung vor allem gedruckt in Zeitungen und Zeitschriften. Die verschiedenen Ausprägungen und Techniken der Werbung demonstrieren ein unterschiedliches Verständnis der zur Stimulierung der Nachfrage nach den beworbenen Produkten erforderlichen Instrumente und eine gewisse Psychologie der Hersteller und Werbekunden bezüglich der Zielgruppen. Einige Zeit später, , stellte der russische Autor Nikolaj Pliskij in seiner Arbeit „Reklama. Ee značenie, proischoždenie i istorija“ („Reklame: Bedeutung, Ursprung und Geschichte“) fest, dass









Vgl.: Peter Borscheid : Am Anfang war das Wort. Die Wirtschaftswerbung beginnt mit der Zeitungsannonce. In: Ders., Clemens Wischermann (Hrsg.): Bilderwelt des Alltags. Werbung in der Konsumgesellschaft des . und . Jahrhunderts. Festschrift für H. J. Teuteberg. Stuttgart , S. –, hier S.  (= Studien zur Geschichte des Alltags, Bd. ). Siehe auch Viktorija V. Učenova: Reklama v istorii čelovečestva. In: Nauka i žizn’ , Nr. , S. –. Man geht davon aus, dass die erste Werbeagentur in Russland  durch die Brüder Ludwig und Ernst Metzel gegründet wurde. Ihre Mitarbeiter formulierten Slogans, übersetzten Informationen über ausländische Waren und Dienstleistungen ins Russische und arbeiteten an der Gestaltung von Werbetexten und -bildern. Farbplakate als neue Form der Werbung setzten sich Anfang des . Jahrhunderts durch. Einige Hersteller und Unternehmer sowie Besitzer von Läden, Restaurants und Schenken, Handelshäusern und Apotheken nutzten die Dienstleistungen freier Künstler. Marina S. Očkovskaja: Reklama v carskoj Rossii vo vtoroj polovine XIX – načale XX vv.: poisk nacional’noj specifiki. In: Reklama. Teorija i praktika , Nr. , S. –, hier S. . Wie die Kulturologen Klaus Vašik und Nina Baburina in ihrer Untersuchung der Kunst des russischen Plakats zeigten, übernahmen einige russische Werbedesigner auf ihren Reisen bestimmte ausländische Werbetechniken; manchmal beauftragten russische Unternehmer ausländische Künstler mit der Gestaltung von Werbung. Klaus Vašik, Nina Baburina: Iskusstvo russkogo plakata XX veka. Real’nost’ utopii. Moskva . Es ist auch festzustellen, dass Werbung mit Bildern nicht ohne Grund zu bevorzugen war. Eine solche Werbung konnte schnell Emotionen, Assoziationen, Neugier und Phantasie wecken. Vgl. Susanne Stark: Stilwandel von Zeitschriften und Zeitschriftenwerbung. Heidelberg , S.  f. Siehe auch Dirk Reinhardt: Vom Intelligenzblatt zum Satellitenfernsehen. Stufen der Werbung als Stufen der Gesellschaft. In: Borscheid, Wischermann (Hrsg.), Bilderwelt des Alltags, S. . Handelshäuser, Warenlager und Firmen platzierten ihre Werbung sehr kreativ und im großen Stil (z. B. an den Fassaden ihrer Häuser, in Schaufenstern, an öffentlichen Litfaßsäulen und auf ihren Produkten selbst). Wie moderne Ökonomen anmerken, zeigt eine bestimmte Werbung anschaulich, dass das kommerzielle Verständnis der Psychologie potenzieller Abnehmer nicht zuletzt mit dem Verständnis ihrer ästhetischen Besonderheiten und traditionellen Vorlieben zusammenhängt. Siehe z. B. Očkovskaja, Reklama v carskoj Rossii vo vtoroj polovine XIX – načale XX vv., S. , .

Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung –



die Auftraggeber und Gestalter durchaus eine Vorstellung davon hatten, wer welche Waren kaufen würde. Hierbei ist festzustellen, dass zur Bestimmung der realen Kaufkraft und der Nachfrage bei der Bevölkerung unter anderem Löhne und Preise für verschiedene Produkte und Dienstleistungen einander gegenübergestellt werden müssen. Parallel dazu müssen die Preise für importierte und lokal hergestellte Waren zum Vergleich herangezogen werden. Die Werbung im Russischen Kaiserreich im letzten Drittel des . Jahrhunderts und zu Beginn des . Jahrhunderts zeigte neben lokalen Produkten ein breites Sortiment an ausländischen Produkten und Dienstleistungen. Belegt wird diese Tatsache vor allem durch einen regen Warenverkehr auf transnationaler Ebene. Wie bekannt, kam die vorherrschende Rolle in der Außenhandelspartnerschaft mit dem Russischen Kaiserreich im ausgehenden . Jahrhundert Deutschland zu, das England verdrängt hatte. Das Jahr  veränderte jedoch die Situation und stellte auch für die Werbewirtschaft eine Zäsur dar. Der Beginn des Ersten Weltkriegs, die Kriegs- und ersten Nachkriegsjahre übten einen unmittelbaren Einfluss auf die Wirtschafts- und Kulturbeziehungen auf internationaler Ebene aus. Bekanntlich fanden vor allem Waren und Dienstleistungen deutscher Unternehmer und Hersteller auf dem Gebiet des Russischen Kaiserreiches keine Verbreitung mehr. Unter deutscher Werbung wird die Reklame für Waren und Dienstleistungen sowohl für deutsche Importwaren als auch für Produkte von im Russischen Kaiserreich ansässigen Herstellern und Unternehmern deutscher Abstammung verstanden. Hierbei ist es, wie die russische Historikerin Ol’ga Erochina in einem Artikel über deutsches Kapital in der russischen Wirtschaft Ende des ./Anfang des . Jahrhunderts treffend schreibt, „nicht immer möglich, eine klare Grenze zwischen einer in Russland tätigen deutschen Firma und einem auf lokalem Boden entstandenen Unternehmen, dessen Gründer eine Person deutscher Abstammung war, zu ziehen.“

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

Vasilij Dudarev: Die deutsche Außenpolitik am Vorabend des ersten Weltkrieges. In: Aleksandr Čubar’jan, Horst Möller (Hrsg.). Der Erste Weltkrieg. Deutschland und Russland im europäischen Kontext. Mitteilungen der Gemeinsamen Kommission für die Erforschung der jüngeren Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen. Berlin/Boston , S. –, hier S. . Zu antideutschen Einstellungen im Bereich der Nachkriegswirtschaft siehe z. B. Vladimir Buldakov: Der Erste Weltkrieg und die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Wiedergeburt Russlands. Der Preis der Illusionen. In: Ebd., S. –, hier S. . Siehe auch die kurze Liste der interessantesten Untersuchungen über die Beziehungen zu den Deutschen und zur deutschen Kultur in der russischen Gesellschaft in den Kriegs- und Nachkriegsjahren im Artikel von Evgenij Sergeev: Die Wahrnehmung Deutschlands und der Deutschen in Russland –. In: Ebd., S.  (Fn. ),  (Fn. ). Ol’ga V. Erochina: Germanskij kapital v rossijskoj e˙konomike v konce XIX – načale XX veka. In: Vestnik čeljabinskogo gosudarstvennogo universiteta . Nr.  ().Vyp. , S. –, hier S. .

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Lilija Wedel

Die Rolle der Werbung im Kulturtransfer und die Transformation in der Konsumkultur durch Transfer An dieser Stelle interessiert sich die Autorin dafür, in welchem Maße über die Werbung neben dem materiellen Transfer ein Kulturtransfer in das Russische Kaiserreich und auf dem Gebiet des Reiches selbst erfolgte, zum Beispiel von den zentralen russischen Gouvernements in den Kaukasus und nach Zentralasien. Mit anderen Worten, welchen Sinngehalt transportierte die Werbung neben dem materiellen Wert der beworbenen Produkte und Dienstleistungen? In welchem Maße beeinflusste der Transfer über die Werbung das Phänomen des Konsums in verschiedenen Regionen? Und welche Rolle spielten hierbei neben dem Preis zusätzliche Faktoren wie Sitten und Gebräuche in der örtlichen Ernährungs-, Hygiene- oder Unterhaltungskultur? Zunächst aber wollen wir die Begriffe materieller und kultureller Transfer  sowie Konsumkultur im Kontext dieser Analyse klären. Transfer wird hier als Übertragung und Anpassung materieller und kultureller Werte am Beispiel der Werbung und über die Werbung verstanden. Unter dem Ausdruck Kultur des Konsums oder Konsumkultur wird die Rezeption der beworbenen Waren und Neuheiten durch die Konsumenten verstanden, mit anderen Worten, das Phänomen des Verhaltens des homo economicus im Hinblick auf die angebotenen Produkte einer materiellen bzw. kulturellen Aktivität. Seinerzeit beschrieb der deutsche Soziologe Jürgen Habermas die Konsumkultur als einen Widerspruch in sich: „Konsumkultur bezeichnet die Einheit von zwei unverträglichen Elementen; unverträglich unter anderem deshalb, weil Kultur kritisch ist und Konsum nicht“. Diese Argumentation ist allerdings nur teilweise gerechtfertigt, da es letztlich dem potenziellen Konsumenten überlassen bleibt, ob er das beworbene Produkt kritisch betrachtet und für sich entscheidet, ob es für ihn diesen oder jenen Wert hat.

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



Zu den traditionellen Definitionen und Methoden des Kulturtansfers siehe vor allem Michel Espagne: Der theoretische Stand der Kulturtransferforschung. In: Wolfgang Schmale (Hrsg.): Kulturtransfer. Kulturelle Praxis im . Jahrhundert. Innsbruck u. a., S. –; Wolfgang Schmale: Kulturtransfer. In: Europäische Geschichte Online. URL: http://ieg-ego.eu/de/threads/theorienund-methoden/kulturtransfer/wolfgang-schmale-kulturtransfer; Matthias Middell: Kulturtransfer, Transferts culturels. In: Docupedia-Zeitgeschichte. ... URL: http://docupedia.de/ zg/Kulturtransfer?oldid=. Siehe auch die letzten Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des Kulturtransfers im Kontext der russisch-deutschen Beziehungen im Sammelband Sonja Erhardt u. a. (Hrsg.): Transfer und Transformation. Theorie und Praxis deutsch-russischer Kulturtransferforschung. Paderborn u. a. . Sowohl für technische Innovationen auf dem Gebiet der Industrie und Wissenschaft als auch für Produkte der Literatur und Kunst. Gleichzeitig kann Werbung als solche als Produkt des Kulturtransfers aufgefasst werden. Zit. nach Ulrich Wyrwa: Consumption, Konsum, Konsumgesellschaft. Ein Beitrag zur Begriffsgeschichte. In: Hannes Siegrist u. a. (Hrsg.): Europäische Konsumgeschichte. Zur Gesellschaftsund Kulturgeschichte des Konsums (. bis . Jahrhundert). Frankfurt a. M. , S. –, hier S. .

Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung –



Es ist völlig klar, dass vor allem Werbebilder (Plakate, Anschläge, Aushänge, Verpackungen und Postkarten) und Texte (Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften) deutlich machten, welches Verständnis Werbekunden und Unternehmer von den materiellen und kulturellen Bedürfnissen und Interessen der Bevölkerung hatten. In diesem Kontext ist Konsumkultur aus der Interessenperspektive von Herstellern, Werbeagenturen und Staat in Bezug auf den jeweiligen Ansatz zur Verbreitung von Informationen über verschiedene Produkte zu betrachten. In diesem Zusammenhang wurde dem Faktor der Kritik an der potenziellen Konsumkultur definitiv Rechnung getragen. Betrachten wir konkrete Beispiele von Werbung: Die untersuchten Werbetexte und Werbebilder lassen ernstzunehmende und naive , einfache und originelle Vorstellungen von einer vorteilhaften Präsentation seitens der Unternehmer, Werbekunden und Werbegestalter erkennen. Schon auf den ersten Blick treten gewisse Werbetechniken zutage, die auf die Interessen der Wirtschaft ausgerichtet waren, und zwar die Namen der Hersteller, aber auch Handelsmarken und Warenzeichen. Sie sollten, genau wie heute, einen Wiedererkennungseffekt und Begeisterung für die Neuheiten hervorrufen. So galten zum Beispiel die Darstellung des Doppeladlers mit dem russischen Wappen und der Stempel der Lieferanten des Zarenhofs als Zeichen für die hohe Qualität einiger Produkte. Eine für den untersuchten Zeitraum typische Form der Werbung stellten in großer Zahl gedruckte Texte in Zeitungen und Zeitschriften dar. In den Werbetexten waren gewöhnlich Produktinformationen, Darstellungen des Produkts selbst und Informationen über seine Herkunft enthalten. Nicht selten waren Hersteller oder Verkäufer bemüht, damit ihr Produkt als besonders attraktiv darzustellen. Mit anderen Worten, Informationen über die geografische Herkunft konnten einen Hinweis auf die Qualität bedeuten – etwas, was uns als moderne Marketingstrategie bekannt ist. Aber nicht immer entsprachen die Verheißungen des Werbetextes der Wahrheit. Anders gesagt, Informationen in der Werbung konnten unrichtig sein, und zwar sowohl im Hinblick auf das Herstellerland als auch auf die Produktzusammensetzung. Eine solche Werbung schadete vor allem den Interessen der Verbraucher, aber in gewisser Weise auch denen der Hersteller von Qualitätsprodukten, die auf internationalen Messen auch mit offiziellen Staatspreisen ausgezeichnet wurden, wie dies bei dem Parfümerieunternehmen von Ferdinand Mühlhens, der Scho-





 

Zur Entwicklung des Zeitungswesens in Russland siehe z. B. Boris I. Esin: Russkaja gazeta i gazetnoe delo v Rossii. Moskva . Ebenfalls wertvolle Informationen über die Konsumpolitik im Reich enthalten Rechtsvorschriften (z. B. Paragraphen in Bezug auf Zensur und Vorschriften für Handelshäuser und Werbeagenturen) und die Unterlagen der Werbeagenturen und Handelshäuser (Ideenkonzepte, Korrespondenz von Inhabern und Vermittlern). Vgl. Stefanie Wolter: Die Vermarktung des Fremden. Exotismus und die Anfänge des Massenkonsums. Frankfurt a. M. , S. . Siehe z. B. Mitteilung in den Turkestanskie vedomosti (Taškent) vom . Jan. , S. ; Kommersant vom . Jan. , S. . Der Faktor der Manipulation und des Betrugs in der Werbung wurde von den Zeitgenossen in der Publizistik, in Periodika und in wissenschaftlichen Texten ˙ lebhaft diskutiert. Siehe z. B. Verigin, Russkaja reklama; N. V. Sokolov: Ekonomičeskie voprosy i žurnal’noe delo. Sankt-Peterburg ; Ajzenštejn K.A. Kak reklamirovat’ c uspechom. SanktPeterburg .



Lilija Wedel

koladenfabrik „Einem“ oder der Süßwarenfabrik „A. I. Abrikosov und Söhne“ der Fall war. Relevanter für diese Analyse ist, dass auf vielen Werbebildern die Propagierung nicht nur der vorgestellten Ware, sondern auch eines bestimmten, mit ihr verbundenen Lebensstils deutlich sichtbar ist. In diesem Sinne kann man die Werbung als Begleiter des Kulturtransfers betrachten, da mit dem beworbenen Produkt auch die Konsumkultur dieses Produkts übertragen wurde. Zum Beispiel demonstrierte die in Russland  von dem preußischen Untertan Ferdinand Theodor von Einem (–) und seinem Geschäftspartner, dem deutschen Unternehmer Julius Heuss (–) eröffnete, bereits erwähnte Süßwarenfabrik „Einem“ in einigen ihrer Werbebilder die spezielle Eleganz der westeuropäischen Kultur bei der Präsentation von Speisen und Getränken.

Darstellung mit Kaffeedose, Moskau, 

Mit der Anspielung auf die aristokratischen Status der beworbenen Ware, genauer gesagt, mit dem Aufruf zu einem exklusiven Lebensstil, operierten auch die Besitzer der „M. Ivanov und N. Gol’dberg AG“, die sich mit der Nudelherstellung befassten.

   

Kommersant vom . Jan. , S. . URL: http://muzey-reklami.com.ua/abrikosov Siehe z. B.URL: http://www.mknp.ru/all-about-coffee/facts/facts-_.html Siehe Werbung für Nudeln „Znatnye“, URL: https://www.pinterest.de/pin/ /

Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung –



Werbung für Nudeln „Znatnye“, vor 

Man kann behaupten, dass die schön und imposant präsentierten Produkte, für die auf den Bildern mitunter stilvoll gekleidete Damen und Herren warben, den Vertretern der höchsten sozialen Schichten zum Konsum angeboten wurden. Eine solche Werbung wies eindeutig auf die soziale Überlegenheit und das Prestige des potenziellen Konsumenten hin und differenzierte damit die Konsumkultur in sozialer Hinsicht. Gleichzeitig konnten der ästhetische Hintergrund der beworbenen Ware und ihr möglicher Erwerb und Konsum durch Vertreter des nichtadligen Standes in gewissem Maße eine neue soziokulturelle Identität und Mentalität dieser Konsumenten hervorbringen. 



Vgl. Bernward Selter: Der „satte“ Verbraucher. Idole des Ernährungsverhaltens zwischen Hunger und Überfluss –. In: Borscheid, Wischermann (Hrsg.), Bilderwelt des Alltags, S. . Vgl. Lynn Abrams: Freizeit, Konsum und Identität deutscher und britischer Arbeiter vor dem Ersten Weltkrieg. In: Siegrist u. a. (Hrsg.), Europäische Konsumgeschichte, S. ; vgl. Rainer



Lilija Wedel

Unbekannter Künstler, Sankt Petersburg, 

Am Beispiel der Werbung können wir auch darauf schließen, was die Hersteller und potenziellen Konsumenten über Gesundheit, Hygiene, Schönheit, Ästhetik und Mode dachten. Hierbei ergibt sich die Frage, ob die Werbung und durch sie der materielle und kulturelle Transfer je nach Region genderorientiert war. In Turkestan werden wir kaum Werbung für Tabletten zum Erhalt einer üppigen weiblichen Brust finden; gleichzeitig sehen wir in der Zeitung „Turkestanskie vedomosti“ vom März  eine Reklame für ein Mittel gegen Schuppen und Haarausfall. Anhand der Werbung im europäischen Teil des Russischen Kaiserreiches wird wiederum offensichtlich, dass sich die Hersteller des weiblichen Konsumentenpotenzials bewusst wurden.

 

Beck: Luxus oder Decencies? Zur Konsumgeschichte der Frühneuzeit als Beginn der Moderne. In: Reinhold Reith, Torsten Meyer (Hrsg.): Luxus und Konsum. Eine historische Annäherung. Münster , S. –, hier S. . Manche Werbung enthielt eine mit gewissen Idealen und Symbolen der Epoche verbundene Semantik, wie die Werbung für Tabakerzeugnisse zeigte. Siehe z. B. die Werbung für die Papirossy „Belyj general“, wie der russische General M. D. Skobelev (–) genannt wurde, der als Eroberer von Turkestan und Befreier von Bulgarien bekannt war. Es ist offensichtlich, dass die Darstellung des General Skobelev der beworbenen Ware ein besonderes Prestige verleihen sollte. Diese Werbung kann man mit der bekannten Werbung für „Marlboro“-Zigaretten vergleichen. Der „Belyj general“ auf dem Bild symbolisierte Kraft und Tapferkeit, genauso wie der Cowboy in der Marlboro-Werbung Mut ausstrahlte. Vgl. Očkovskaja, Reklama v carskoj Rossii vo vtoroj polovine XIX – načale XX vv., S. . URL: https://diletant.media/articles// Turkestanskie vedomosti vom . März , S. .

Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung –

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Werbung für „Wunderpillen“ in der Zeitschrift „Ogonëk“, Nr. , 

Damit fand mit der Werbung für neuartige Mittel auf dem Gebiet der Kosmetik aus Importproduktion ein Transfer von Ideen und neuen Ansichten über Schönheit und Mode statt. Wenn im europäischen Teil des Reiches diese Ideen und Produkte mit Interesse oder mit Kritik hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Versprechungen des absoluten Erfolgs bei der Anwendung aufgenommen wurden, so konnten diese Ideen im asiatischen Teil des Reiches vor allem auf Kritik aufgrund anderer Vorstellungen von weiblicher Schönheit stoßen. Darüber hinaus muss der Vorbehalt gemacht werden, dass noch Anfang des . Jahrhunderts das Bildungsniveau (vor allem die Fähigkeit, zu lesen und zu schreiben) bei den Frauen im Osten des Russischen Reiches äußerst gering war und die einheimischen Frauen kaum mit Werbung in Berührung kamen. Dabei war Werbung in Turkestan vorwiegend in den lokalen Zeitungen zu finden. Die ersten Zeitungen in dieser Region (zum Beispiel die „Turkestanskie vedomosti“) wurden ab  gedruckt. Sie informierten über technische Innovationen und propagierten deren Vorteile für wirtschaftliche Aktivitäten und das tägliche Leben. Solche Produkte waren unter anderen die Nähmaschine und Geräte zur besseren Bewässerung der Felder – das Hauptproblem der örtlichen Wirtschaft, die voll und ganz von den geophysikalischen und klimatischen Verhältnissen abhing –, aber auch Ölmühlen und ähnliche Pressmaschinen zur Erleichterung und Erhöhung der Effizienz der Arbeit mit Baumwolle, einer der wichtigsten natürlichen Ressourcen in der Region. Diese Werbeprodukte gestatten uns von einer geografischen und kulturellen Optimierung und Rationalisierung der Konsumkultur in der Region zu



Fotokopie der Werbung erstellt von L. Mileev. URL: http://www.foto-list.ru/about.html

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Lilija Wedel

sprechen. Offen bleibt die Frage, ob die Werbung durch die lokale Politik reguliert wurde. Interessant ist auch der Punkt, auf welche Weise die Unternehmer von einer möglichen Nachfrage nach Waren in entfernten Regionen erfuhren. Meldeten die örtlichen Beamten den Bedarf der Bevölkerung an die übergeordneten Behörden im Zentrum oder erfuhren die Unternehmer von einer möglichen Nachfrage über Marketingagenten, Handelspartner oder Reisende? Aufschlussreich ist indessen die Reaktion der örtlichen asiatischen Bevölkerung auf die Angebote der westlichen Hersteller. Der usbekische Forscher Aleksandr Džumaev bezeichnet unter Verweis auf die Lebenserinnerungen eines usbekischen Schriftstellers des . Jahrhunderts die Wahrnehmung einiger westlicher Innovationen durch die Einheimischen als Kulturschock. So nannten die Einheimischen das Fahrrad „šajtan arba“, was übersetzt „Automobil des Teufels“ bedeutet; der Phonograph Thomas Edisons von , ein Prototyp des Grammophons, galt als Hexenprodukt. Von einer bestimmten Distanz der einheimischen Bevölkerung Mittelasiens zur westlichen Kultur, die mit der Eingliederung in das Russische Reich aufkam, schrieben mit offensichtlicher Enttäuschung und einer gewissen Kritik die „Turkestanskie vedomosti“ Ende des . Jahrhunderts. Es hieß, dass „die dortige Bevölkerung nach wie vor streng isoliert ist und einer Aufklärungstätigkeit [. . . ] nicht entgegen kommt.“ Trotz deutlicher Skepsis des Großteils der turkestanischen Bevölkerung erwarben dennoch einige Einwohner – im Wesentlichen Vertreter der einheimischen Elite – westliche Innovationsprodukte. Man kann vermuten, dass die Werbung die Konsumkultur in bestimmten sozialen Kreisen veränderte und in einem gewissen Sinn europäisierte. Folglich konnten gewisse tägliche Praktiken durch Kauf, Konsum und Verwendung von Importwaren Veränderungen unterworfen sein. So finden wir auf den Seiten turkestanischer Periodika des Jahres  Werbung für Tafelwein, der in Läden und Restaurants in Taškent und Aschabad , in Merv und Samarkand angeboten wurde. Die sich zum Islam bekennenden einheimischen Bewohner kauften wohl kaum Wein, aber die alteingesessene Elite (Offiziere und Unternehmer), die eng mit russischen Offizieren und Beamten, aber auch mit Vertretern von Literatur, Kunst und Wissenschaft zusammenarbeiteten und kommunizierten, konnten durchaus die für die westliche Kultur typischen Getränke zur Bewirtung erwerben. Es ist bekannt, dass von der einheimischen Bevölkerung der oben genannten Städte ein berauschendes Getränk namens Buza hergestellt wurde.  berichtete die Zeitung „Turkestanskija vedomosti“, dass Buza von der einheimischen Bevölkerung Wein und Wodka





  

Cp.: Šachnoza Holikulova: Reklama na stranicach periodičeskoj pečati Turkestana v konce XIX – načale XX veka) na primere „Turkiston vilojatining gazeti.“ In: Molodoj učenyj , Nr. , S. –. Alexander Djumaev: Russian and European “miracles“ and innovations as perceived by the “Central Asian Man“: cultural shock, adaptation, appropriation. In: Shahin Mustafayev et al. (eds.): Cultural Transfers in Central Asia: before, during and after the Silk Road. Paris/Samarkand , S. –. Turkestanskie vedomosti vom . Jan. , S. . Später Ašchabad/Ašgabat. Turkestanskie vedomosti vom . Jan. , S. .

Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung –



vorgezogen würde. Doch führten im Zuge einer chemischen Analyse in diesem Getränk festgestellte Schadstoffe bald zu seinem Verbot. Die Adaption eines Getränks wie Bier, zum Beispiel im Kaukasus, lässt die Werbetafel „Cholodnyj pivo“ vermuten, die von dem georgischen Künstler Niko Pirosmani (–) in Tiflis (Tbilisi)  gemalt wurde. Interessant ist hier vor allem die Überschrift. Bekanntlich machten die meisten Kaukasier jener Zeit Fehler bei der Aussprache der Endungen im Russischen und verwechselten die Endungen des Neutrums mit denjenigen des Maskulinums. Anstelle von „cholodnyj pivo“ hätte es heißen müssen „cholodnoe pivo“. Möglicherweise wollte der Künstler mit dem amüsanten Titel der Werbung das Lokalkolorit der regionalen Bevölkerung verleihen und die Gäste auf diese Weise über die sprachlichen Besonderheiten der Kaukasier aufklären.

Aushang „Cholodnyj pivo“, Niko Pirosmani, Tiflis 

Es ist festzuhalten, dass Tiflis wie auch Baku als größte Städte der Kaukasus- und Transkaukasus-Region sich am Übergang vom . zum . Jahrhundert wirtschaftlich und kulturell dynamisch entwickelten. In Tiflis gab es eine Oper und ein Schauspielhaus, in Baku wurden Fabriken und Werke gegründet und ausgebaut. Die Vertreter der örtlichen Kaufmanns- und Unternehmerelite nutzten nicht zuletzt ausländische Innovationen und Technologien für ihre geschäftliche Tätigkeit (zum Beispiel in der erdölfördernden und erdölverarbeitenden Industrie, im Textilbereich und in der Chemieindustrie); Vertreter des Mittelstandes und des Kleingewerbes sowie Besitzer von kleineren Läden und Re 



Turkestanskie vedomosti vom . März , S. . Bekanntlich ist und bleibt das Lieblingsgetränk vieler kaukasischer Völker, die sich zum Christentum bekennen, der Wein. URL: http://allpainters.ru/pirosmani-niko/-xolodnyj-pivo-vyveska-niko-pirosmani.html

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Lilija Wedel

staurants waren bestrebt, ihr Sortiment mit Importprodukten anzureichern, die mitunter einen Lebensstil aus einer anderen Kultur symbolisierten, zum Beispiel in Bezug auf Mode oder Ernährungskultur. So treffen wir in der Zeitung „Kavkaz“ vom Januar  auf eine Werbung für Havannazigarren im Laden zweier gewisser Händler namens Čajgeštov und Tamazov in Tiflis; dieselbe Zeitung informiert darüber, dass im englischen Laden in Tiflis unter anderem englischer Käse und Konfektionskleidung nach europäischer Mode eingetroffen seien, aber auch über den Bilderverkauf im Geschäft des Italieners Bucavazzi. Durch den Erwerb dieser Waren konnte die einheimische Bevölkerung – wenn auch nur teilweise – ihren Lebensstil, ihren Alltag und ihre Gewohnheiten ändern. Darüber hinaus finden wir in der Zeitung «Kaukasische Post», der einzigen Zeitung im Kaukasus in deutscher Sprache, Werbung für deutsche und französische Küche in Tiflis und für deutsche Restaurants in Baku. Zweifellos besuchten diese Einrichtungen vor allem in der Region lebende und arbeitende (Russland) Deutsche sowie ausländische Gäste und begüterte Vertreter der russischen Gesellschaft während ihres Aufenthalts in den kaukasischen und transkaukasischen Städten. Wurden diese Restaurants auch von der einheimischen Elite aufgesucht? Diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen. Es ist bekannt, dass beispielsweise ab dem Ende des . Jahrhunderts Großunternehmer und Mäzene aserbaidschanischer Herkunft die Adaptierung russischer und westeuropäischer kultureller Werte in den Bereichen Theater, Musik, Oper und Architektur förderten, was nicht zuletzt durch die Werbung kommuniziert wurde. Während die Werbung im Kaukasus und in Turkestan über neue Waren, Mode, technische Innovationen und kulturelle Veränderungen informierte, trugen die Unternehmer und Fabrikanten aus den zentralen und südlichen russischen Gouvernements durch ihre Werbung – zum Beispiel durch die Werbung für Süßwaren – Informationen über die Kultur der kaukasischen Völker und die Geografie des Kaukasus in den westlichen Teil des Reiches. Diese Art von ethnografischer Semantik verbarg sich in den Namen und abgebildeten Nationaltrachten , in den Bergen und der Vegetation als charakteristische Merkmale der regionalen Natur und Topografie. Beliebt neben der reinen Wirtschaftswerbung war auch die Kulturwerbung. Meldungen in Zeitungen und Zeitschriften bewarben Buchneuheiten und Kinovorstellungen , Plakate informierten über Konzerte sowie über Ballett- und Theatervorstellungen. Auf diese Weise begleitete die Werbung den Kulturtransfer auf den Gebieten der Literatur, Kunst, Musik und Theater und trug zur Bildung und Unterhaltung der Bevölkerung bei, und das nicht nur in den zentralen Gouvernements, sondern auch in den entlegenen Re  



 

Kavkaz vom . Jan. , S.  f. Kaukasische Post (Tiflis) vom ./. Jan. , S. , ; Kaukasische Post vom ./. Jan. , S. . Siehe z. B. den der Kultur Aserbaidschans gewidmeten Abschnitt. URL: http://files.preslib.az/ projects/azerbaijan/rus/gl.pdf . S.  Vgl. Očkovskaja, Reklama v carskoj Rossii vo vtoroj polovine XIX – načale XX vv., S.  f., . Dieselbe Technik und die Bildungs- und Aufklärungsbotschaft stellt der Autor in den Werbedarstellungen der Firma „Singer“ fest. Im Kaukasus z. B. Kaukasische Post vom ./. Jan. , S. . Siehe z. B.URL: http://www.gctm.ru/collection/otdel-afish-i-programm/

Kulturtransfer und Konsumkultur durch das Prisma der Werbung –

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Verpackung der „Nuazet“-Schokolade aus der Fabrik der Gebrüder I. und A. Miller, Saratov, –

gionen des Reiches. So finden wir zum Beispiel in einem turkestanischen Periodikum aus der ersten Dekade des . Jahrhunderts Informationen über die Möglichkeit, kunstvoll illustrierte Werke von Ivan Krylov und Evgenij Baratynskij zu erwerben, aber auch ein „prächtiges Album mit Aquarellen zu ausgewählten Gedichten von N. A. Nekrasov“ als kostenlose Beilage für Abonnenten der Wochenzeitschrift für Literatur und Kunst „Sever“. Die kaukasischen Zeitungen enthielten auch Werbung für Produkte lokaler, regionaler und ausländischer Kulturaktivitäten. Resümiert man den kurzen Überblick über die Werbung in der russischen Gesellschaft, so kann der Schluss gezogen werden, dass nicht zuletzt über die Werbung ein Transfer lokaler und ausländischer materieller und kultureller Werte stattgefunden hat. Die Werbung übertrug nicht nur Neuheiten der Technik, Kunst und Mode, sondern auch einen gewissen Lebensstil. Gleichzeitig half die Werbung, die Kultur anderer Völker und ethnischer Gruppen zu adaptieren. So konnte man sich zum Beispiel unter anderem über die Werbung mit der materiellen und geistigen Kultur der im Reich zahlreich siedelnden Deutschen bekannt machen. Die Russlanddeutschen ihrerseits warben in ihren Zeitungen für Produkte und Dienstleistungen russischer und ausländischer Unternehmer und beteiligten sich unmittelbar am transnationalen und überregionalen materiellen und kulturellen Transfer.

 



URL: http://wiki.oldsaratov.ru/wiki/Шоколадная_фабpика_бpатьев_Mиллеp Turkestanskije vedomosti vom . Jan. , S. ; Turkestanskaja žizn’ (Taškent) vom . Aug. , S. . Siehe z. B. Kaukasische Post vom ./. Jan. , S. .

Igor’ Barinov Deutschbaltische Offiziere in der zaristischen Armee –: Zwischen Imperium und Nation Als Russland in den Ersten Weltkrieg eintrat, hatte es mit einer ganzen Reihe von ungelösten innenpolitischen Problemen zu kämpfen. Allen voran waren dies die Beziehungen der Nationalitäten untereinander sowie der Dialog von Machtzentrum und Peripherie innerhalb des Zarenreiches. Die rasante Modernisierung im letzten Viertel des . Jahrhunderts und am Anfang des . Jahrhunderts, wie auch das Aufkommen der Nationalbewegungen brachten die althergebrachten Prinzipien der Loyalität gegenüber der Obrigkeit ins Wanken, während der kräftezehrende Krieg die ohnehin vorhandenen Gegensätze nochmals aufs Äußerste verschärfte. Im Hinblick auf die Ostseeregion entbrannte ein Konflikt um die Identität der Deutschbalten. Die Zugehörigkeit zu ihrem Stand, die als Grundlage der Gesellschaftsstruktur der baltischen Gouvernements nach der Eingliederung ins Russische Reich beibehalten wurde, bestimmte lange Zeit ihren Alltag und das Verhältnis zum Zentrum des Zarenreichs. Und so war es der Landadel, die Ritterschaften, die bis Anfang des . Jahrhunderts als tragende Säule der Ostseeregion bestehen blieben. Ergänzt wurde der Adel von wirtschaftlich aktiven und gebildeten Abkömmlingen aus anderen, nichtadligen Ständen. Hierbei diente als gemeinsames Merkmal ihre deutsche Herkunft, im Gegensatz zur großen Masse der Landbevölkerung, die im Großen und Ganzen aus Esten und Letten bestand. In der ungeschriebenen Hierarchie des Zarenreichs hatten deutsche Lutheraner lange Zeit Führungspositionen inne und galten als Grundpfeiler und Mittler der zaristischen Politik im Baltikum. Gleichzeitig war diese Loyalität durchaus widersprüchlicher Natur. In der Tat hatten Deutschbalten über einen langen Zeitraum einen angesehenen Platz unter den höheren russischen Amtsträgern und zählten zu denjenigen, die unmittelbaren Einfluss auf staatliche Beschlüsse nahmen. Zudem ging das Interesse eines bedeutenden (und vor allen Dingen des wirtschaftlich aktiven) Teils der baltischen Eliten nicht über die Binnengrenzen der Ostseeregion, bisweilen nicht einmal über die der eigenen Provinz hinaus. Die Traditionen der lokalen Selbstverwaltung und das tiefsitzende Standesbewusstsein der 



Dieser Artikel basiert auf Material des  durch ein Forschungsstipendium des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung unterstützten Projekts „Deutschbaltische Offiziere im russisch-kaiserlichen Heer –: Zwischen zwei Identitäten“. Siehe dazu Andreas Kappeler: Mazepincy, Malorossy, Chochly: ukraincy v e˙tničeskoj ierarchii Rossijskoj imperii. In: Aleksej I. Miller, Volodimir F. Reprincev, Boris N. Florja (otv. red.): Rossija – Ukraina: istorija vzaimootnošenij. Moskva , S. –.

https://doi.org/./-

Deutschbaltische Offiziere in der zaristischen Armee –

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Deutschbalten schon zu Zeiten von Katharina II. gerieten in heftigen Widerspruch mit den Ideen eines absoluten Staates und des Aufbaus einer unifizierten zaristischen Bürokratie. Die Versuche aus Petersburg, die lokale Ordnung auf dem einen oder anderen Weg zu reformieren (beispielsweise der Versuch, Russisch als Verkehrs- und Handelssprache zu etablieren) stießen nicht selten auf passiven Widerstand. Aufgrund der Tatsache, dass das Hauptaugenmerk der Regierung auf die Polenfrage und das Schicksal der „von Polen zurückerhaltenen Ländereien“ gerichtet war, blieben die baltischen Angelegenheiten lange im Hintergrund. Die zaristischen Behörden waren aus mehreren, sowohl innen- als auch außenpolitischen Gründen gezwungen, ihre Aufmerksamkeit der Ostseeregion zu widmen. Im Fall der Außenpolitik sind in erster Linie die Folgen der sozialwirtschaftlichen Dominanz der Deutschen zu nennen, vor allem die Abschaffung der Leibeigenschaft im Baltikum, die – wie auch ein halbes Jahrhundert später in Russland – umgesetzt wurde, ohne den Bauern Land zuzuweisen. Das befeuerte die nationalistische und sozialrevolutionäre Stimmung in der nichtdeutschen Bevölkerung im Baltikum. In beiden Fällen bedeutete dies für die Regierenden einerseits eine Destabilisierung der Ostseeregion, während es andererseits zeigte, dass die Deutschen ihrer traditionellen Rolle als gesellschaftliche Mediatoren nicht mehr gewachsen waren. Nicht weniger Befürchtungen rief das erstarkende Preußen und die darauffolgende Einigung Deutschlands () hervor, das, wie die russische Regierung glaubte, zu einem alternativen politischen und geistigen Gravitationszentrum für die Deutschbalten werden könnte.

Die Deutschbalten und die Regierungspolitik in der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts Lange Zeit (mindestens bis zur Mitte des . Jahrhunderts) war die Frage nach der eigenen nationalen Zugehörigkeit für die Deutschbalten kein Thema. Das aus früheren Zeiten stammende ständische Gesellschaftsmodell wurde ergänzt durch einen ausgeprägten regionalen (bzw. lokalen) Patriotismus. Selbst Ende des . Jahrhunderts waren in der Ostseeregion nach wie vor die im Alltag gesprochene Sprache (die nicht zwingend die Muttersprache sein musste) und die Konfession diejenigen Faktoren, die die nationale Zugehörigkeit bestimmten. Die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit der Einwohner





Guzel’ V. Ibneeva: Ekaterina II i Ostzejskij kraj v  g. In: Alsu N. Biktaševa, Elena A. Višlenkova (sost.): Uroki Vul’fsona. Kasan’ , S. . Valerian Tornius: Die Baltischen Provinzen. Leipzig u. a. , S. ; Hans Vorst: Baltische Bilder. Leipzig , S. f; Inge Auerbach: Alexander v. Meyendorff und das Nationalitätenproblem im Baltikum. In: Uwe Liszkowski (Hrsg.): Russland und Deutschland. Stuttgart , S. ; ˙ Annelore Engel’-Braunšmidt: Pribaltijskie nemcy o sebe i o drugich. In: L. Kiseleva, T. Stepaniščeva (red.): Studia Russica Helsingiensia et Tartuensia XII. Mifologija kul’turnogo prostranstva. Tartu , S. –.



Igor’ Barinov

der baltischen Gouvernements stellte sich auch in der ersten allgemeinen Volkszählung () nicht. Die bereits erwähnte ständische Ausrichtung beinhaltete neben der erklärten Loyalität gegenüber der Romanov-Dynastie auch deutlich isolationistische Beweggründe. Nach Ansicht der baltischen Adligen galten die Verdienste der Deutschen bei der Entwicklung des Landes als Garanten für die Unerschütterlichkeit der inneren Ordnung in der Ostseeregion. In der Vorstellung der lokalen adligen Eliten gewährleistete ihre Funktion als Kulturträger der deutschen Bevölkerung eine Sonderstellung und eine autonome Gesellschaftsstruktur. Es war eben jener Isolationismus, der – neben den Besonderheiten des deutschen Kulturparadigmas (wie etwa die unterschiedliche Vorstellung vom Wesen und der Natur des Russischen Imperiums) – bei den Deutschbalten zu einem etwas verzerrten Bild vom russischen Staat führte. Aus ihrer Sicht war das Russische Imperium eher ein Gebilde des dynastischen Föderalismus. Im Grunde war „Russland“ für sie das Großfürstentum Moskau aus den Zeiten Ivans des Schrecklichen und als solches Bestandteil einer Föderation zusammen mit Sibirien und dem Kaukasus. Hierin liegt der Ursprung der gegenseitigen Missverständnisse zwischen den örtlichen baltischen Eliten und der Zentralregierung in Sankt Petersburg, die – ausgehend von ihrer eigenen Logik – die Ostseeregion als integralen Bestandteil des Imperiums betrachtete. Das Problem der baltischen verwaltungsrechtlichen und kulturellen Autonomie rückte in der Zeit nach den Reformen in den Vordergrund. Kennzeichnend für diese Periode war bekanntlich nicht nur die allgemeine Modernisierung des Imperiums, sondern auch ein zunehmender gesellschaftlicher Diskurs über das Verhältnis zwischen dem imperialen und dem russischen Nationalen. Zar Alexander, wie übrigens auch seinem Vater Nikolaus I, ging es vordringlich um die Stabilität des Staates – das schwierige Unterfangen der Modernisierung der ständischen und wirtschaftlichen Beziehungen in der Ostseeregion sollte ohne einen radikalen Bruch der lokalen Ordnung begonnen werden. Andererseits gab es für die Regierung auch andere Beweggründe, z. B. die Verhinderung einer gesellschaftlichen Explosion vor dem Hintergrund der zunehmend schwierigen sozioökonomischen Lage und der wachsenden Nationalitätenprobleme in der Region. Daher waren die anfänglichen Maßnahmen zur Eingliederung der lokalen Gemeinden in das Leben im Zarenreich (gemeinhin als Russifizierung bezeichnet) in sich widersprüchlich und erwiesen sich nicht immer als produktiv. Man kann aber auch nicht sagen, dass die Regierung unverzüglich damit begann, im Baltikum eine „russische Linie“ zu etablieren. Gesellschaftliche Stimmungen und Regierungspolitik liefen nebeneinander und waren bei Weitem nicht immer miteinander vereinbar. Auf symbolischer Ebene lässt sich dies anhand von zwei, in Sankt Petersburg an

 



Tomas Kar’jachjarm: Ostzejcy i baltijcy: e˙kskurs v terminologiju. In: Tat’jana N. Džakson et al. (sost.): Rossija i Pribaltijskij region v XIX–XX vv. Problemy vzaimootnošenij v menjajuščemsja mire. Moskva , S.  f. Auerbach, Alexander v. Meyendorff und das Nationalitätenproblem im Baltikum, S. . Natl’ja S. Andreeva: Pribaltijskie nemcy i pravitel’stvennaja politika v načale XX veka. SanktPeterburg , S. . ˙ po metodologii istoričeskogo issledoAleksej I. Miller: Imperija Romanovych i nacionalizm. Esse vanija. Moskva , S.  ff.

Deutschbaltische Offiziere in der zaristischen Armee –

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onym publizierten Streitschriften aus dem Jahr  zurückverfolgen. In einer davon, die unter dem Impressum der slawophil ausgerichteten Zeitschrift „Mirskoj vestnik“ erschien, hieß es, dass die baltischen Gouvernements schon immer „gewaltsam von den Deutschen kolonialisierter, urrussischer Grund und Boden“ gewesen seien und Russland „nie aufgehört hat, die abgetrennten Gebiete als sein Eigentum zu betrachten“. In der zweiten hingegen, gedruckt in der Druckerei der Dritten Abteilung der Kanzlei Seiner Kaiserlichen Majestät, wurde darauf hingewiesen, dass es aufgrund der Aktivitäten „von Russen, die den Randvölkern feindlich gesinnt sind“, zu „einer gefährlichen Erregung der politischen Leidenschaften“ komme. Den Bewohnern der Ostseegebiete wurde vorgeschlagen, Mittler der westeuropäische Kultur für Russland zu sein und „richtige Informationen über Russland im Westen“ zu verbreiten, da der Staat längst nicht mehr auf ihre „notorische Gefolgschaft“ angewiesen sei, sondern auf ein reales Engagement im Leben und Treiben des Landes. Die allmähliche Reformierung der alten baltischen Ordnung und die stärkere Bindung der Ostseeregion an das übrige Land wurden von den einheimischen Deutschen unterschiedlich aufgenommen. Während ein Teil der Adligen diesen Veränderungen negativ gegenüberstand, wurden sie vom Bürgertum eher begrüßt. Das Zarenreich wurde nun mit erheblichen Karrierechancen und finanziellen Möglichkeiten assoziiert. Das alles begünstigte die allmähliche Schaffung einer neuen, zaristisch-deutschen Identität. Dabei integrierte sich der Deutschbalte tief in das allgemein-zaristische/russischsprachige Umfeld, wohingegen sein „Baltentum“ in die Privatsphäre zurückgedrängt wurde. Die erwähnten Prozesse wirkten sich auch auf die Abkömmlinge der alteingesessenen Bevölkerung des Baltikums positiv aus: Die liberalen Reformen ebneten ihnen den Weg in die höheren Lehranstalten, in die große Geschäftswelt und in die Kunstgalerien, das heißt in Bereiche, die zuvor als ausschließlich deutsch galten. Es ist anzumerken, dass Standesbewusstsein und Lokalpatriotismus beim deutschen Adel stärker ausgeprägt waren als etwa bei der polnischen Szlachta. Konnten die zaristischen Behörden die Situation hinsichtlich der ukrainischen und belorussischen Gebiete noch ausgehend von der Idee der „Dreieinigkeit des russischen Volkes“ auslegen, so gab es im Baltikum – neben der russischen – mindestens noch drei unterschiedlich ausgerichtete Interessengruppen: Deutsche, Esten und Letten. Bei der „polnischen Frage“ wiederum ging es von Anfang an um die historisch-kulturelle Zugehörigkeit verwandter slawischer Völker. In der Ostseeregion hingegen musste das deutschbaltische Standesbewusstsein und der erstarkende Nationalismus der Esten und Letten in eine Wechselbeziehung gebracht und zusammengehalten werden. Die Ansätze, die in den westlichen Grenzgebieten zur Anwendung kamen (insbesondere die Versuche der Belorussen, ein vom demjenigen der Polen abweichendes historisches Gedächtnis an das Großfürstentum Litauen zu artikulieren), hätten in den baltischen Gouvernements beim besten Willen keinen Erfolg gehabt. In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass jene Maßnahmen, die wir im Rah-

 

˙ Pribaltijskij kraj. Istoričeskij očerk i opisanie gubernij Estljandskoj, Lifljandskoj i Kurljandskoj. Sankt-. Peterburg , S. f, . Političeskoe prizvanie Ostzejskogo kraja. Sankt-Peterburg , S. , –.

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men der allgemeinen Russifizierungspolitik bedingt untersuchen können, von vornherein stärker und gezielter waren als im Fall der Nordwestregion.

Ostseedeutsche, Balten, Deutsche: Identitätskonflikte im Baltikum Seit der Eingliederung Estlands und Livlands ins Russische Reich wurden sowohl im gesellschaftlichen Diskurs als auch auf bürokratischer Ebene jene Katoikonyme zur Bezeich˙ nung der örtlichen Deutschen verwendet, die diese auch selbst benutzten (Estljandec, Livljandec). Wann genau der Begriff „Ostzeec“, der auf den deutschen Namen für die Ostsee zurückgeht, in die russische Sprache Einzug hielt, ist nicht bekannt. Jedenfalls zeichnete er sich durch Unbestimmtheit aus: So war es z. B. nicht klar, ob damit nun alle Bewohner der Ostseeregion, nur die Deutschen oder nur die deutschen Adligen gemeint waren. Hatte die Bezeichnung dabei zunächst einen rein geographischen Bezug, so erhielt sie später eine spürbare politische Konnotation. In der russischen staatsnahen Publizistik begann man, die Bezeichnungen „Ostzeec“ und „ostzejskij“ für die negative Charakterisierung gerade der deutschbaltischen Gemeinschaft zu verwenden. Wie bereits erwähnt, reflektierten die dort ansässigen Deutschen lange nicht über ihre ethnische Herkunft. Die baltischen Autoren schätzen die Rolle und den Platz der Ethnizität für die Entstehung einer deutschbaltischen Identität unterschiedlich ein. Nach Ansicht von Valerian Tornius konnten sie nicht als Volk bezeichnet werden, sondern vielmehr als kleine herrschende Schicht, die den Adel, die Intelligenzija und in den Großstädten die Kaufmannschaft stellte. Hellmuth Weiß hingegen meint, dass es im Zuge der Verstärkung der Russifizierung und der politischen Aspirationen der alteingesessenen Einwohner der Region nicht um die Bewahrung einer ständischen, sondern einer ethnischen Komponente gegangen sei, falls sich die zuvor verstreuten deutschen Stände nach dem Kriterium der Nationalität zusammenschließen sollten. Hans Vorst verwies auf die Gleichberechtigung des ethnischen und kulturellen Aspekts bei der Entstehung der deutschbaltischen Gemeinschaft. Vorst merkt an, dass die lokalen Deutschen, um sich von dem sie umgebenden ethnischen Mosaik abzuheben, auf gemeinsame Merkmale wie ethnische Herkunft, Muttersprache und den „gesamten Charakter der Geistesbildung“ zurückgreifen konnten. Alle diese Elemente wurden in dem Begriff „Deutschtum“ verkörpert, einem besonderen kulturideologischen Komplex, der die Vertreter verschiedener Stände auf der Grundlage ihrer „Schicksalsgemeinschaft“ vereinen und von der nichtdeutschen Bevölkerung abgrenzen sollte. Wichtig ist, dass die Vorbehalte der Deutschbalten im Grunde genommen nicht gegen die Russen als ethnokulturelle Gruppe gerichtet waren. Der Verweis des estnischen Historikers Toomas Karjahärm darauf, dass die Ideologie des „Baltentums“ seit jeher einen ge-

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Kar’jachjarm, Ostzejcy i baltijcy, S. . Tornius, Die baltischen Provinzen, S.  f. Hellmuth Weiß : Baltische Selbstbehauptung im . Jahrhundert. In: Ders., Max H. Boehm (Hrsg.): Wir Balten. München , S.  f. Vorst, Baltische Bilder, S. –. Vgl. Kar’jachjarm, Ostzejcy i baltijcy, S. .

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wissen Teil Russophobie beinhaltete, greift daher zu kurz. Viel eher kann man in diesem Fall von einer speziellen Form der Bürokratophobie sprechen, konnten die Deutschbalten doch nicht verstehen, weshalb die oberste Verwaltung einer multiethnischen Föderation – und eine solche war für sie das Russische Imperium – dem einen Föderationssubjekt die Sitten und Verhältnisse des anderen aufzwingt. Die Russenfeindlichkeit war ein Attribut einer dünnen Schicht konservativer politischer Publizisten baltischer Abstammung, die schon in den Jahren des Krieges zwischen Russland und Deutschland in Erscheinung trat. Unter den Deutschbalten gab es auch keine Staatsphobie, da es in ihrem Bewusstsein neben der „Scholle“ immer auch das „Vaterland“ gab, womit nicht etwa das deutsche Kaiserreich, sondern das Zarenreich gemeint war. Gerade angesichts der Experimente der Zentralgewalt zur Nationalisierung des Reiches, die zuweilen äußerst drastisch und brachial waren, vollzog sich im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung des Baltikums eine Trennung von Staat und Dynastie: Von nun an wurde der Staat nur noch mit der Person des regierenden Monarchen assoziiert. Diese Mitte des . Jahrhunderts noch undenkbare Vorstellung war in den er-Jahren in der Ostseeregion bereits allgemein verbreitet. Die Vertreter der herrschenden Bürokratie (vor allem Beamte und orthodoxe Geistliche) spielten ihrerseits die Rolle des „bedeutsamen Fremden“ bei der Entstehung einer neuen Identität – derjenigen des Balten („baltiec“, „pribalt“), die bald schon alle alten Arten der Selbstidentifikation verdrängte. Davon ausgehend entstand das neue integrierende Narrativ der „baltischen Heimat“. Als echter Balte galt nur, wer sich tatsächlich für die Belange der Region interessierte und sich aktiv in das Gemeinschaftsleben einbrachte. In der Ostseeregion Geborene, die lange Zeit in Russland gelebt hatten, galten – unabhängig von ihrer Tätigkeit – als bereits „verrusst“. Die enorme Verstärkung der „großrussischen“ Komponente in der Regierungspolitik hatte für die Ostseeregion ambivalente Folgen. So rief sie eine Zunahme konservativer Tendenzen unter den Deutschbalten hervor. Jeder Einmischungsversuch in die internen Angelegenheiten der Balten seitens der Zentralbehörden wurde als Angriff auf die örtliche deutsche Gemeinde aufgefasst. Unter derartigen Bedingungen entstand und verbreitete sich ein mythologisiertes Narrativ der Kontinuität der russischen antideutschen Politik, das seinen beredten Ausdruck in der Revolution von – fand. Im konservativen Umfeld wurde die Möglichkeit einer Vereinigung mit anderen, in Russland lebenden Deutschen diskutiert (insbesondere eine Stärkung der baltischen Gemeinschaft durch eine Zuwanderung deutscher Siedler aus der Wolgaregion). Daneben fühlten sich die Deutschen in der Ostseeregion verstärkt zu Deutschland hingezogen, was zu einem Ausdruck der politischen Zugehörigkeit und zugleich einer Form des sozialen Protests wurde. Somit entstand in der Ostseeregion vor Beginn des Ersten Weltkriegs eine äußerst komplizierte Situation. Obwohl die deutschbaltische Gemeinschaft versuchte, als Stand aufzutreten, handelte sie faktisch bereits als nationale Minderheit. Dabei prallten der Nationa 



Kar’jachjarm, Ostzejcy i baltijcy, S. . Vgl. Auerbach, Alexander v. Meyendorff und das Nationalitätenproblem im Baltikum, S.  und Reinhard Wittram: Baltische Geschichte. Die Ostseelande Livland, Estland, Kurland –. Darmstadt , S. . Näheres siehe Andreeva, Pribaltijskie nemcy i pravitel’stvennaja politika v načale XX veka, S. , –,  f.

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lismus der lokalen Deutschen auf den Nationalismus von Esten und Letten aufeinander, weswegen die Regierung sich davor hütete, Partei zu ergreifen und die früheren Prinzipien der Loyalität vollständig aufzugeben, um die Lage in der Region nicht zu destabilisieren. Wie die Praxis zeigte, tendierten die Vertreter der alteingesessenen Bevölkerung hier eher zu einer instrumentellen Russifizierung, die ihnen Privilegien gegenüber den Deutschen hätte verschaffen können. Im Fall der Letzteren konnten die Behörden generell mit wenig rechnen. Der beginnende Krieg gegen Deutschland, so schien es, sollte nun diesen gordischen Knoten durchschlagen. Die Deutschbalten waren praktisch vor die Wahl gestellt: Entweder präsentierten sie sich als Deutsche (was Verhaftung und Internierung in entlegenen Gegenden des Landes bedeutete) oder sie erklärten ihre Loyalität nicht nur der Person des Monarchen, sondern auch der Staatspolitik gegenüber, um sich dann in die Gesellschaft des zaristischen Russland zu integrieren.

Baltische Offiziere zwischen Imperium und Nation Bei dem Versuch, die „Ostzejcy“ an ein D in der neuen Situation anzupassen, stießen die Behörden schnell auf dieselben Probleme wie schon zuvor die Deutschen selbst. Der Grat zwischen der Zugehörigkeit zur deutschen Geistestradition und dem politischen „Deutschtum“ war bei den Deutschbalten bisweilen sehr schmal. Die Neigung zum deutschen oder russischen Kulturraum hing von vielen Faktoren ab (Herkunft, Besonderheiten der Sozialisierung und Bildung, wirtschaftliche Verbindungen) und war immer individuell. Alle Deutschbalten vor diesem Hintergrund in „Unsere“ und „Fremde“ einzuteilen, war per Definition ein unmögliches Unterfangen. Unter den gegebenen Umständen musste die russische Regierung den wahrscheinlich einzig möglichen Schritt machen: die Existenz der „Deutschbalten“ offiziell anzuerkennen und zu versuchen, ihre nationalen Besonderheiten mit den alten Prinzipien der Kommunikation zwischen ihnen und dem zaristischen Machtzentrum zusammenzubringen, wobei die Behörden, so paradox es klingen mag, für sie genau diejenige Selbstbezeichnung verwendeten, die aus einer Protestwelle gegen die zaristischen Unifizierungsbestrebungen heraus entstanden war. Dadurch wurde ihr auch jenseits der Grenzen der Ostseeregion Legitimität verliehen. Die Nationalisierung der zaristischen Gemeinschaften als Antwort auf die Herausforderungen der Kriegszeit war nicht nur ein Prüfstein für diese selbst, sondern auch für die zaristische Bürokratie. Angesichts der traditionellen Kategorisierung der Untertanen nach ständisch-konfessionellen Merkmalen mussten dringend neue Loyalitätskriterien erfunden und implementiert werden. So entstand der Begriff „Nationalität“ in der Bedeutung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe (in der Folge wurde dieser Terminus neben anderen sozialen Erfindungen der ausklingenden Zarenzeit von der Sowjetmacht übernommen). Es ist bezeichnend, dass die nationale Zugehörigkeit von Hand in personenbezogene Formulare eingetragen werden musste, da die existierenden Vordrucke eine solche Angabe nicht vorsahen. Für das Verständnis der entstandenen Situation sollten zwei wichtige Aspekte hervorgehoben werden. Zum einen war die zaristische Verwaltung nicht dagegen, die Deutschbalten als eine ethnische Minderheit anzusehen. Während des Krieges hatten die Deutschbal-

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ten selbst versucht, sich als Nation zu imaginieren. Laut den Erinnerungen des Zeitzeugen Baron Eduard von Rosenberg strebten die Balten, im Gegensatz zu den russischen Untertanen eigentlich deutscher Abstammung nicht danach, „begeisterte Russen“ zu werden und stellten ihnen ihre „nationale Gesinnungstreue“ entgegen. Zudem gelang es den russischen Bürokraten bis Kriegsende nicht so recht, einen einheitlichen Modus zu erarbeiten, nach dem die Vertreter der hastig konstruierten Nation ihre Zuverlässigkeit hätten beweisen und festigen können. A der zunehmend schlechteren Lage an der Front und der anschwellenden antideutschen Hysterie in der Gesellschaft horchten die Mitarbeiter der Wehrämter bei jedem Nachnamen auf, der deutsch aussah oder deutsch klang. So musste beispielsweise der Junker Andrej Fol’kman unterschreiben, dass weder er noch seine Verwandten „zu den deutschen Siedlern gehörten oder gehören“, obwohl er zuvor beim Ausfüllen eines Fragebogens angegeben hatte, dass er „von Nationalität“ Russe und „von Konfession“ orthodox sei. Und obwohl aus dem Fragebogen von Pavel Strunke seine lettische Herkunft hervorging, wurde der Junker dennoch dazu vergattert, mit seiner Unterschrift zu bestätigen, dass er kein Deutscher sei. Ein ähnliches Verfahren musste „umgekehrt“ auch die Deutschbalten betreffen. Sich der deutschbaltischen Gemeinschaft zuzurechnen, war jedes Mal von zahlreichen Formalitäten begleitet. Dabei erfassten die Wehrbeamten den Kern der damaligen Umwälzungen offensichtlich nicht so ganz und handelten weiterhin nach den alten, ständischen Paradigmen. All diese Prozesse lassen sich anhand der Dokumente anhand der Personalakten von Offizieren baltischer Abstammung nachverfolgen. In diesen Unterlagen finden sich viele interessante Fälle hinsichtlich der Verflechtung neuer und alter Legitimitätsprinzipien. Soweit es sich beurteilen lässt, herrschte gegenüber den „einfachen“ Balten – Angehörigen der abgabepflichtigen Stände – eine formalistischere Einstellung. So sollte Teodor Genrich Taube, der Sohn des Pastors der Kirchengemeinde von St. Martin in Riga bei seinem Eintritt in die Fähnrichschule im Juni  eine schriftliche Erklärung darüber abgeben, dass weder er noch seine nächsten Verwandten deutsche Kolonisten seien, sowie eine Bescheinigung vorlegen, dass er mindestens in zweiter Generation russischer Untertan sei. Es ist symptomatisch, dass diese Bescheinigung in den meisten Fällen eine Bestätigung der Ständeorganisation des Wohnortes war. Die in der deutschbaltischen Gemeinschaft traditionell so wichtigen ständischen Unterschiede konnten nun eine unerwartete Rolle spielen. Angesichts der Bürokratiemaschinerie innerhalb des Heeres wurden die im Dialog mit den Behörden zuvor äußerst widerspenstigen Vertreter der lokalen Aristokratie zusätzlich verdächtigt, prodeutsche Sympathien zu hegen. Beispielhaft in diesem Zusammenhang ist der Fall Ul’richs von Bremen, der einer der angesehensten Familien Estlands entstammte. Als von Bremen bereits in die Fähnrichschule aufgenommen worden war, wurde von ihm der Nachweis verlangt, dass er nicht einfach nur zum „alteingesessenen Adel“ gehöre, sondern darüber hinaus seit seiner Ge-

   

Eduard v. Rosenberg: Für Deutschtum und Fortschritt in Lettland. Erinnerungen und Betrachtungen. Riga , S. . Russisches militärhistorisches Staatsarchiv (RGVIA), f. , op. , p/s -, l. , . RGVIA, f. , op. , p/s -, l. . RGVIA, f. , op. , p/s -, l. , .

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burt russischer Untertan sei und dass auch seine Eltern „als russische Untertanen geboren und nie aus der russischen Staatsangehörigkeit entlassen wurden“. Um sich abzusichern, fügte man in der Kanzlei des Adelsmarschalls des Gouvernements (wieder ein ständisches Organ!) hinzu, dass alle Vorfahren des jungen Ul’rich in männlicher Linie ebenfalls „seit dem Zeitpunkt der Eingliederung Estlands russische Untertanen waren.“ Nichtsdestoweniger hielt die Empfängerseite nicht einmal das für ausreichend und ließ von Bremen eine standardisierte Erklärung ausfüllen, dass seine nächsten Verwandten keine deutschen Kolonisten seien. Auffällig ist hier eine Verschärfung der Formulierung: Nun sollte der Unterzeichner darüber hinaus angeben, dass seine Familie niemals Kontakte zu Deutschen nichtrussischer Abstammung unterhalten habe . Erneut symptomatisch ist auch, dass das Dokument über die „baltische Nationalität“ von Bremens von derselben Kanzlei ausgestellt wurde, die schon seine adelige Herkunft bestätigt hatte. Diese Situation zeigt, dass die zaristischen Behörden eine Art Mischung zweier Varianten von Loyalität zur Anwendung brachten, da sie weder den alten ständischen Prinzipien gänzlich entsagen, noch endgültig zu neuen, nationalen Grundsätzen übergehen konnten. Dabei war das Russische Imperium – trotz der erwähnten bürokratischen Prozeduren – im Prinzip dazu bereit, seinen Offizieren deutschbaltischer Herkunft Vertrauen entgegenzubringen, während außerhalb dieses Rahmens der Status eines Balten in Frage gestellt werden konnte. So wurde bereits unter der Provisorischen Regierung Baron Wal’ter von Štakel’berg, der zuvor drei Jahre in der Leibgarde des Keksgol’m-Regiments gedient hatte, nicht von den Soldaten zum Offizier gewählt, „nicht etwa wegen irgendwelcher Fehltritte, sondern allein aufgrund des Nachnamens“. Dagegen war für Baron Konstantin Pilar von Pil’chau der Nachname kein Hindernis, vor der Revolution eine Sotnja, eine Hundertschaft Kosaken zu befehligen. Spiegelbildlich war auch die Lage der deutschbaltischen Gemeinschaft. Für diejenigen, bei denen in den Formularen „von Nationalität Deutschbalte“ stand, war die Idee der Zugehörigkeit zum Russischen Imperium nach wie vor stärker als die Blutsverwandtschaft mit den Deutschen auf der anderen Seite der Front. In dem Bestreben, das Natürliche ihrer Wahl und die Treue zu ihrem Eid zu betonen, nannte ein baltischer Autor seine Landsleute „Morituri“ („die Todgeweihten“, eine Anspielung auf die Gladiatoren) und stellte sie den Slawen gegenüber – Wehrpflichtigen der Österreichisch-Ungarischen Armee, die seiner Ansicht nach Mussösterreicher waren und in der Schlacht direkt zur russischen Seite überliefen. Solch ein romantischer Nimbus widersprach jedoch nicht den realen Zahlen: Im Schnitt liefen nur  % der deutschbaltischen Offiziere zum Gegner über.

      

RGVIA, f. , op. , p/s -, l. . Ebd., l. . Ebd., l. . RGVIA, f. , op. , d. , l. . RGVIA, f. , op. , p/s -, l. – ob. Rosenberg, Für Deutschtum und Fortschritt in Lettland, S. . Ebd., S. .

Deutschbaltische Offiziere in der zaristischen Armee –

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Es sollte angemerkt werden, dass deutschbaltische Offiziere und zaristische Behörden trotz der gegenseitigen Vorwürfe angesichts des harten Kampfes gegen den äußeren Feind Wege des Zusammenwirkens suchten und fanden. In gewisser Hinsicht lässt sich davon sprechen, dass die deutschbaltischen Offiziere ohne das zaristische Imperium keine Zukunft für sich sahen. So stand bei den Deutschbalten im Gegensatz zu anderen nationalen Gemeinschaften des alten Russland das Imperiale nicht im Widerspruch zum Nationalen. Das Zarenreich an sich hatte für die Deutschbalten keinen ausschließlich repressiven Charakter, anders als beispielsweise für die Polen, die von einem polnischen Nationalstaat träumten. Bereits nach dem Zerfall des Russischen Imperiums versuchten die baltischen Stände, im Deutschen Reich diejenige Macht zu finden, die ihnen ihre alten Rechte zugestehen könnte. Die Idee einer „großbaltischen Nation“ unter Beteiligung von Esten und Letten wurde dagegen mit Befremden aufgenommen. Soweit ersichtlich, wurzelte das Hauptproblem hierbei eher im schmerzlichen Verzicht auf das ständische Element der eigenen Identität. Noch in den letzten Jahren des Russischen Imperiums war die merklich zurückgehende Bedeutung der ständischen Komponente im Bereich der staatlichen Loyalität sowie der Kommunikation verschiedener Gruppen untereinander einer der Hauptgründe für die Spaltung und innere Desorientierung der deutschbaltischen Gemeinschaft. Nicht zufällig schrieb der aus dem Baltikum stammende Publizist Max Boehm bereits im Jahr , als die deutschen Truppen ihren Angriff auf die die baltischen Gouvernements gerade erst begonnen hatten, prophetisch vom „Ende“ der Deutschbalten, die sich früher oder später in den gesamtdeutschen Raum eingliedern müssten. Es ist keineswegs sicher, ob die Deutschbalten im Falle eines Fortbestands des alten Russland ihren „zaristischen Nationalismus“ verwirklichen und dabei die Eigenschaften einer eigenständigen, elitären Gruppe weiterhin bewahren hätten können. Mit dem Aufkommen der Nationalstaaten im Baltikum wäre die Umsetzung solcher Ambitionen ganz und gar unmöglich geworden.



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Arved v. Taube: Von Brest-Litovsk bis Libau. Die baltisch-deutsche Führungsschicht und die Mächte in den Jahren /. In: Jürgen v. Hehn u. a. (Hrsg.):Von den baltischen Provinzen zu den baltischen Staaten. Marburg , S. –. Max H. Boehm: Die Krisis des deutschbaltischen Menschen. Berlin , S. .

Leontij Lannik Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk als Problem der Koalitionsstrategie der Mittelmächte Das vielfach beschriebene Auf und Ab der Verhandlungen in Brest-Litovsk, der enorme Umfang der veröffentlichten Dokumente und die bereits klassisch gewordene Resonanz darauf in allen Teilnehmerstaaten rufen oftmals das logische, aber irrige Gefühl hervor, das Schwierigste für alle Delegationen sei es gewesen, zu zumindest irgendeinem konkreten Ergebnis zu kommen. Allerdings ergeben sich bei der konsequenten Untersuchung des weiteren Schicksals der erzielten Vereinbarungen und im Rahmen einer Analyse ihrer Grundzüge immer neue Fragen, die an der Priorität insbesondere des Verhandlungsprozesses bei der Erforschung des gesamten Systems von Brest zweifeln lassen. Selbst wenn nur die Ereignisse vor dem Abend des . März  in den Blick genommen werden, muss die wichtigste Besonderheit dieses Systems konstatiert werden: die Ambivalenz seiner Grundlage, d. h. der beiden Verträge von Brest-Litovsk (vom . Februar und . März), wobei die Anfangzeit der Implementierung des ersten von beiden gleichzeitig der Weg zum Abschluss des umfangreicheren, zweiten war. Dabei bedeutete die eigentliche Unterzeichnung des Letzteren keineswegs die Beendigung der beginnenden brachialen Implementierungsphase, sondern verlängerte diese im Gegenteil um mindestens zweieinhalb bis drei Monate. Die Umsetzung der Bedingungen des Friedens von Brest-Litovsk, der von der Ukrainischen Volksrepublik (UNR) und den Mittelmächten in dem Augenblick geschlossen wurde, als sich das Hoheitsgebiet der ersteren rasant bis auf eine quantité négligeable verringert hatte, begann am . Februar  während des Tages, als die Truppen des Deutschen Reiches auf der gesamten Länge des von ihnen gehaltenen Abschnitts der Ostfront zum Angriff übergingen. Aber schon dieser erste, durchschlagend erfolgreiche Akt der Implementierung stand in krassem Widerspruch zu dem wesentlichsten Kriterium des mit der Ukraine geschlossenen Friedens von Brest-Litovsk. Denn dieser war ein Separatfrieden, geschlossen von einem der gegnerischen Staaten mit der Koalition der Mittelmächte. Von allen vier Ländern nahm nach dem Hilferuf der Regierung der UNR nur eines die militärischen Handlungen gegen Sowjetrussland wieder 



Siehe det. Leontij V. Lannik: Die Struktur des Brester Systems: Potential, Beteiligte, Grundbedingungen und Entwicklungsprobleme. In: Victor Dönninghaus, Dmytro Myeshkov (Hrsg.): Krieg und Frieden. Folgen der Russischen Revolution im östlichen Europa. Lüneburg , S. – [= Nordost-Archiv  ()]. Bis heute nahezu die einzige Monografie über den „ersten“ Vertrag von Brest-Litovsk: Irina V. Michutina: Ukrainskij Brestskij mir. Put’ vychoda Rossii iz Pervoj mirovoj vojny i anatomija konflikta meždu Sovnarkomom RSFSR i pravitel’stvom Ukrainskoj Central’noj Rady. Moskva .

https://doi.org/./-

Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk

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auf – Deutschland. Eine solche Implementierung pervertierte von den allerersten Tagen an das mit so viel Mühe ausgearbeitete Modell eines gesamtkoalitionären Abkommens. Die kaleidoskopartige Geschwindigkeit der militärischen Ereignisse in der Zeit zwischen den beiden Verträgen von Brest-Litovsk, das Einverständnis Österreich-Ungarns zur Beteiligung an der Intervention in der Ukraine (. Februar) und der Beginn der Invasion seiner Ostarmee (. Februar) milderten den Eindruck, die Aktionen des Vierbunds seien nicht abgestimmt, glichen das Fehlen einer koalitionären Handlungsstretegie jedoch keineswegs aus. Die weitere Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk, die von deren hastigen Überarbeitung begleitet war, stieß mehrfach auf dieses schwierige Problem, das sich bei der entscheidenden Kampagne von  für die Mittelmächte als fatal erwies. Als die Bündnispartner Deutschlands einer nach dem anderen aus dem Großen Krieg ausschieden, war der beste Beweis dafür erbracht, dass eine noch so umfangreiche militärtechnische Zusammenarbeit sowie auf höchstem Niveau eingesetzte militärische Ressourcen eine wirklich eingespielte, konsequente und alle Lebensbereiche erfassende Koordination der Anstrengeungen von Ländern, die einen totalen Krieg führen, nicht ersetzen kann. Der äußerst starke politische Akzent bei der Vorbereitung der Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk (die Fiktion von der Selbstbestimmung der Völker, die Hilfeersuchen der geknechteten lokalen „Parlamente“ und Regierungen usw.), die klar ausgeprägten nationalistischen Motive und die nationalistische Phraseologie mussten sich darauf auswirken, wie diese Ereignisse nicht nur von den Zeitgenossen, sondern auch von den Historikern interpretiert wurden. Die schon während der Verhandlungen begonnene zweischneidige Verwendung von Losungen und Prinzipien, die beide Seiten nicht einzuhalten gedachten, hatte Folgen sowohl für den Verlauf der Ereignisse als auch für die Entwicklung des historischen Gedächtnisses und insbesondere für eine – die nationalen Mythen „über die Entstehung des Staates“ bedienende – Geschichtsschreibung. In Letzterer wurde einigen Aspekten Priorität eingeräumt, die in der Regel keinerlei Beziehung zu den Gegebenheiten der militärstrategischen Lage während des Großen Krieges Anfang  hatten. Gerade deshalb lagen die wichtigsten Faktoren, die die Handlungen aller Seiten bestimmten – also das Problem der Aktionen der Koalition sowie der Wendungen bei ihrer Abstimmung und Umsetzung – außerhalb des Fokus der meisten Forscher, obgleich für die Organisatoren des Einmarschs in die riesigen Weiten des ehemaligen Russischen Reiches eben dieses nahezu zur Hauptursache der Schwierigkeiten wurde, insbesondere vor dem Hintergrund des anfänglich eklatant schwachen Widerstands der gegnerischen Truppen. Noch komplexer wird die Aufgabe der Analyse der Koalitionsstrategie, berücksichtigt man den Aspekt der – ebenfalls durchaus koalitionären und auch als solche betrachteten – Interaktion mit den in einer Allianz mit den Mittelmächten stehenden Truppen der UNR sowie mit den gegen die Bolschewiki kämpfenden polnischen Korps in der Ukraine, mit den estnischen und finnischen Truppen usw. Allerdings muss hierfür zunächst die Art und Weise des Zusammenswirkens, zumindest der offiziellen Mitglieder



Allerdings gibt es eine recht umfangreiche polnische Literatur zu diesem Thema, sowie Arbeiten zur Geschichte der Intervention von . Siehe Mieczysław Wrzosek: Polski czyn zbrojny podczas pierwszej wojny swiatowej, –. Warszawa ; Włodzimierz Mędrzecki: Niemiecka interwencja militarna na Ukrainie w  roku. Warszawa .

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Leontij Lannik

des Vierbunds, geklärt werden. Erst vor Kurzem wurde der Versuch unternommen, den Platz Russlands in der Koalitionsstrategie sowohl der Entente als auch der Mittelmächte zu untersuchen; allerdings gibt es auch in dieser Arbeit separate Kapitel über die Kalküle Deutschlands, Österreich-Ungarns und der Türkei, sodass es dem Leser überlassen bleibt, sich ein einheitliches Bild von den Ereignisse zu machen. Man muss feststellen, dass die Koalitionsstrategie der Mittelmächte insgesamt, wie auch generell die Struktur dieser spezifischen und selbst im Jahr  nur mit Mühe zustande gekommenen Allianz noch nicht vollständig erforscht ist. Dies fällt vor dem Hintergrund der Studien zur Geschichte des Dreibunds und der Probleme dieser Allianz in der Vorkriegszeit noch mehr ins Auge, d. h., es fehlt eine Fortsetzung der bereits durchgeführten umfangreichen Forschungsarbeit. Natürlich gibt es einige qualitativ hochwertige Arbeiten über die beiderseitigen Beziehungen, die militärische Kooperation in ihrem Rahmen oder über bestimmte Probleme der Zusammenarbeit innerhalb der Koalition an den verschiedenen Fronten. Ein wichtiger, jedoch nicht erschöpfender Beitrag zur Untersuchung der Intervention der Mittelmächte (und nicht nur darüber) sind auch die Arbeiten, die einzelnen Regionen oder Ländern gewidmet sind. Während der Ansatz bezüglich des Vorgehens der Interventionstruppen  in Finnland, im Baltikum oder in Weißrussland bis zu einem gewissen Grad ledigleich vom Standpunkt eines der Länder des Vierbunds gewählt werden kann, so ist dies im Hinblick auf die Ukraine oder die Aktionen rund um die Einnahme von Baku absolut inkorrekt. Man kann zum Beispiel feststellen, dass  









Irina N. Novikova (red.): Rossija v strategii Pervoj mirovoj vojny. V  kn. Kn. : Rossija v strategii Central’nych Deržav. Sankt-Peterburg . Eine dieser sehr wenigen Arbeiten über die Kampagne , die allerdings im Wesentlichen der Westfront gewidmet ist: Martin Müller: Vernichtungsgedanke und Koalitionskriegführung. Das deutsche Reich und Österreich-Ungarn in der Offensive –. Eine Clausewitz-Studie. Graz . Siehe Holger Afflerbach: Der Dreibund. Europäische Großmacht- und Allianzpolitik vor dem Ersten Weltkrieg. Köln; Wien . Bis heute bleibt die Arbeit eines Generalstabsoffiziers aus dem Jahr  (!) unersetzlich: Carl Mühlmann: Das deutsch-türkische Waffenbündnis im Weltkriege. Leipzig . Die folgenden Arbeiten können als lediglich teilweise Ergänzungen dazu betrachtet werden. Vgl. z. B. Ulrich Trumpener: Germany and the Ottoman Empire, –. Princeton ; Marian Kent: The Great Powers and the end of the Ottoman Empire. London u. a. . Bezüglich der noch komplizierteren militärischen Zusammenarbeit der Mittelmächte an den Balkanfronten bleibt eine  herausgegebene Arbeit, wiederum von Mühlmann, ebenso aktuell: Carl Mühlmann: Oberste Heeresleitung und Balkan im Weltkrieg –. Berlin . Besonders betrifft dies Transkaukasien: Werner Zürrer: Kaukasien –. Der Kampf der Großmächte um die Landbrücke zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. Düsseldorf ; Wolfdieter Bihl: Die Kaukasus-Politik der Mittelmächte. Teil II: Die Zeit der versuchten kaukasischen Staatlichkeit (–). Wien/Köln/ Weimar . Siehe z. B. Hans-Erich Volkmann: Die deutsche Baltikumpolitik zwischen Brest-Litowsk und Compiegne. Köln/Wien ; Marianne Bienhold : Die Entstehung des litauischen Staates in den Jahren – im Spiegel deutscher Akten. Bochum . Es bleibt lediglich zu hoffen, dass es irgendwann eine Arbeit zu dem recht delikaten Aspekt des Verhältnisses von ÖsterreichUngarn zur Entstehung des Litauischen Staates unter Berücksichtigung des Einflusses der Habsburger Monarchie in der katholischen Welt geben wird.

Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk

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bis heute anstelle einer einheitlichen Koalitionsversion eine separate „deutsche“ und eine „österreichisch-ungarische“ Version des Vorgehens der Mittelmächte in der Ukraine existiert. Wobei Letztere im vergangenen Jahrzehnt eine gewisse Entwicklung erfuhr, vor allem durch die Untersuchung des Phänomens der Besatzungsregime in den Jahren des Großen Krieges. Im Hinblick auf den deutschen Verantwortungsbereich konzentrierten sich die Untersuchungen auf das Phänomen des „Quasi-Staates Ober Ost“. Die militärische Seite des Problems bleibt jedoch auf die Ebene der „Geschichtsschreibung des Generalstabs“ fixiert, also derjenigen militärhistorischen Arbeiten, die bereits in den erund er-Jahren erschienen. Darin sind nicht wenige Passagen den gegenseitigen Vorwürfen der Verbündeten gewidmet. Allerdings sind ihre Aufzählung und kontroverse Diskussion noch keine Darstellung der Koalitionsstrategie. In den aktuellen deutschsprachigen Untersuchungen werden immer seltener die überaus interessante Zwischenkriegspublizistik, die Memoiren über diese Ereignisse, die Geschichten der Regimenter und andere Quellen verwendet, denen die Glaubwürdigkeit verwehrt wird – und bei Weitem nicht immer begründet. Es gibt außerdem zwei separate Dokumentenbestände über die Intervention, die u. a. von der sowjetischen Geschichtsschreibung in Umlauf gebracht wurden. Der bis heute aktuelle Sammelband „Krach germanskoj okkupacii na Ukraine“ (Das Scheitern der deutschen Invasion in der Ukraine) basiert – entgegen seinem Titel – hauptsächlich auf österreichischen Dokumenten, ebenso wie das umfangreiche Projekt über unterschiedlichste Lebensbereiche in der besetzten Ukraine, das in dem vierbändigen Sammelband von Theophil Hornykiewicz seinen Ausdruck fand. Die deutschen Quellen wurden entweder schon Ende  vernichtet oder rechtzeitig evakuiert, gingen dann jedoch im Zuge der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg noch vor ihrer Bearbeitung durch das Reichsarchiv unter, das das Thema der Kampagne von  im Osten lediglich oberflächlich streifte (in Bd.  und  seiner Version des Großen Krieges und in einer speziellen Arbeit über den Abzug der deutschen Truppen, bzw. der Version des österreichisch-ungarischen

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Siehe Peter Lieb: Aufstandsbekämpfung im strategischen Dilemma. Die deutsche Besatzung in der Ukraine . In: Wolfram Dornik, Stefan Karner (Hrsg.): Die Besatzung der Ukraine . Historischer Kontext – Forschungsstan – wirtschaftliche und soziale Folgen. Graz , S. –; Wolfram Dornik u. a. (Hrsg.): Die Ukraine zwischen Selbstbestimmung und Fremdherrschaft –. Graz ; Martin Schmitz: „Als ob die Welt aus den Fugen ginge“. Kriegserfahrungen österreichisch-ungarischer Offiziere –. Paderborn , S. –. Die bekannteste dieser Arbeiten: Vejas G. Liulevicius: War Land on the Eastern Front. Culture, National Identity and German Occupation in World War I. Cambridge . Siehe z. B. Anton Pitreich: Der österreichisch-ungarische Bundesgenosse im Sperrfeuer. Klagenfurt . Die deutsche Okkupation der Ukraine. Geheimdokumente. Strasbourg . (Im Original ˙ M. Gor’kij, I. Minc, R. Ejdeman (red): Krach germanskoj okkupacii na Ukraine (po dokumentam okkupantov). Moskva . Siehe Theophil Hornykiewicz (Hrsg.): Ereignisse in der Ukraine –. Deren Bedeutung und historische Hintergründe.  Bde. Philadelphia –. Leontij V. Lannik (nauč. red., per.): Opisanie poslevoennych boev germanskich vojsk i frajkorov. Vyvod vojsk s Vostoka. Moskva .

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Generalstabs in Bd. ). Nicht eingerechnet sind einzelne Episoden und erhalten gebliebenen Bestandsverzeichnisse. Die Auswertung und Veröffentlichung der in Deutschland erhalten gebliebenen Quellen zur Intervention zieht sich bis zum heutigen Tag hin und konzentriert sich häufig lediglich auf markante Ereignisse , oder aber ist – nach den großen Leistungen sowohl der west- als auch der ostdeutschen Historiografie in den er und er-Jahren – ganz eingestellt worden. Einige auf Unterlagen lokaler Archive basierende Untersuchungen, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion durchgeführt wurden, sind ebenfalls ziemlich weit von Fragen der Militärgeschichte und noch weiter vom Thema der Zusammenarbeit innerhalb der Koalition entfernt, obgleich sie wertvolle Schlussfolgerungen und Einschätzungen für eine Neubewertung auch in dieser Hinsicht enthalten. Die Einführung von Quellen aus russischen Archiven in die deutsche Forschungslandschaft, die in den er-Jahren Fahrt aufgenommen hatte, ist allmählich zum Stillstand gekommen. Eine bulgarische Geschichtsschreibung zu Brest-Litovsk hat sich aus verständlichen Gründen nicht herausgebildet, obgleich es einige Arbeiten zu dem außerordentlich schwierigen und direkt mit dem Abschluss der Verträge vom . Februar und . März verbundenen Problem der Implementierung des Friedens von Bukarest vom . Mai  gibt (Dobrudscha-Frage u. a.). Für die türkische Historiografie sind andere Abkommen im Rahmen des Systems von Brest-Litovsk viel wichtiger, die das Schicksal von Transkaukasien betrafen (vor allem der Friedensvertrag von Batumi vom . Juni ), aber 

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In einer Reihe von Arbeiten von Offizieren des Generalstabs zu einzelnen Operationen des Großen Krieges konnte nur eine Arbeit über die Besatzung des Baltikums erscheinen: Hugo Kaupisch: Die Befreiung von Livland und Estland (. Febr. bis . März). Oldenburg . Zum Beispiel auf die präzendenzlos grausame Zerschlagung der Ejsker Landetruppen im Juni : Reinhard Nachtigal: Krasnyj Desant. Das Gefecht an der Mius-Bucht. Ein unbeachtetes Kapitel der deutschen Besetzung Südrusslands . In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas  (), S. –. Als deren Grundlage kann man die Arbeiten von W. Baumgart, die Veröffentlichungen über den Frieden von Brest-Litovsk, die schon in den er-Jahren zusammengsestellt wurden sowie ein gemeinsames Projekt von Wissenschaftlern aus der DDR und der UdSSR zu den deutsch-sowjetischen Beziehungen nennen. Darüber hinaus wurden seltene Archivunterlagen auf Basis der in Potsdam verbliebenen Quellen auch im Buch verwendet. Siehe Winfried Baumgart: Deutsche Ostpolitik . Von Brest-Litowsk bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Wien/München ; Ders., Konrad Repgen: Brest-Litovsk. Göttingen ; Winfried Baumgart (Hrsg.):Von Brest-Litowsk zur deutschen Novemberrevolution. Göttingen ; Der Friede von Brest-Litowsk. Ein unveröffentlichter Band aus dem Werk des Untersuchungsausschusses der Deutschen Verfassunggebenden Nationalversammlung und des Deutschen Reichstages. Bearb. v. Werner Hahlweg. Düsseldorf ; Sovetsko-germanskie otnošenija ot Oktjabr’skoj revoljucii do zaključenija Rapall’skogo dogovora. V  t. Moskva –; Militarismus gegen Sowjetmacht  bis . Das Fiasko der ersten antisowjetischen Aggression des deutschen Militarismus. Berlin . Siehe z. B. zu Odessa Tanja Penter: Odessa . Revolution an der Peripherie. Köln/Weimar/ Wien . Siehe z. B. Dietmar Wulff : Joffe und die russische Aussenpolitik. Unveröffentlichte Dokumente. In: Berliner Jahrbuch für osteuropäische Geschichte. Elitenwandel und Modernisierung in Osteuropa , Nr. –.

Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk

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auch das Problem des Interessenkonflikts mit Deutschland, aber nur innerhalb dieser Region. Die Ursprünge dieser Vergessenheit reichen bereits einhundert Jahren zurück, als die ersten, von ehemaligen führenden Politikern aus diesen Ländern in der Emigration in Deutschland geschriebenen Memoiren auf Deutsch erschienen. In der sowjetischen Historiografie war es nicht üblich, die Unterschiede in der Politik der Interventionsmächte zu betonen, da dies die Version des Feldzugs der „vereinigten Kräfte des Weltimperialismus gegen den ersten proletarischen Staat“ ins Wanken gebracht sowie auch dazu gezwungen hätte, sich differenzierter zum Phänomen der Internationalisten unter den Kriegsgefangenen zu verhalten. In der UdSSR wurde zwar die Geschichte der revolutionären Bewegung und des Bürgerkriegs erforscht, nicht jedoch die der anhaltenden Konfrontation – auch wenn man sich formell im Friedenszustand befand – mit den Mittelmächten an der Ostfront des Großen Krieges. Nicht weniger interessant ist freilich auch das Thema der Rückführung der Internationalisten in ihre Heimat im Jahr , die eine direkte Folge der Verträge von Brest-Litovsk war, ebenso wie die Frage nach der Rolle, die die Soldaten und Offiziere, die sich im revolutionären Russland aufgehalten hatten, bei den Versuchen spielten, die Revolution zu exportieren, sowie nach der Reaktion der österreich-ungarischen und deutschen Behörden auf diese Folge des „Friedens“ mit Russland und der Intervention. Dennoch fand bisher keine entsprechende Integration der erzielten Ergebnisse in die Forschungen zum Thema der Aktivitäten der Mittelmächte im Rahmen der Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk statt. Mit dem Untergang der UdSSR ging die Tendenz zur Fragmentierung in der sowjetischen Historiografie in einen Zerfall in nationale Forschungszentren über, die folglich noch weniger dazu bereit waren, sich mit überregionalen Problemen auseinanderzusetzen. Die postsowjetische Historiografie Russlands schreibt viele Traditionen fort, wobei insbesondere die Intervention und der Bürgerkrieg fast immer als untrennbar verbunden betrachtet werden. Dabei wird jedoch auf die anders geartete Logik hinter den Aktionen der Interventionsmächte „vergessen“, die sich von den Interessen der Militärkampagne von  und nicht vom Auf und Ab des politischen Chaos im Russischen Reich leiten ließen. „Begünstigt“ wird dies durch die riesigen Lücken im Quellen- und Literaturkorpus, der in der russischsprachigen Geschichtsschreibung in Umlauf gebracht wurde. Dieselben Lücken bleiben auch im wissenschaftlichen Diskurs in der Ukraine bestehen, was bei der insgesamt enormen Aufmerksamkeit der Historiker dieses Landes für die heroisierte 

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Die wichtigste Untersuchung bleibt folgende Arbeit: Hannes Leidinger, Verena Moritz: Gefangenschaft, Revolution, Heimkehr. Die Bedeutung der Kriegsgefangenenproblematik für die Geschichte des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa –. Wien/Köln/Weimar . So berichtet die auf der Vielzahl neuer Quellen beruhende Arbeit von Aleksandr Pučenkov von der Intervention im Rahmen des Bürgerkriegs; allerdings bleiben die Mittelmächte in einer solchen Version offensichtlich zweitrangige Akteure auf den von ihnen besetzten Gebieten. Siehe Aleksandr S. Pučenkov: Ukraina i Krym v  – načale  g. Očerki političeskoj istorii. SanktPeterburg . Dies ist besonders augenfällig am Beispiel der österreichisch-ungarischen Erinnerungsliteratur, aus der auf Russisch nur die Memoiren des Grafen Ottokar Czernin und des Geheimdienstchefs Maximilian Ronge publiziert wurden. Die Memoiren des ehemaligen eigentlichen Oberkommandierenden der österreichisch-ungarischen Armee in den Jahren –, Arthur Arz von Straußenburg, Ausgabe , sind bis heute nicht übersetzt. Siehe Ottokar Černin: V dni mirovoj

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Zeit der „Befreiungsbemühungen“ von – und insbesondere für den ukrainischen Staat und die Streitkräfte sowohl des Hetman als auch seiner Gegner besonders ins Auge fällt. Angesichts dieser historiografischen Situation ist es umso wichtiger hervorzuheben, dass an der Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk und daran, ihre Bestimmungen bzw. deren Fehlen, einem „Praxistest“ zu unterziehen, alle vier Mitglieder des Blocks der Mittelmächte beteiligt waren, davon drei Imperien auf aktive Weise. Auch die Rolle Bulgariens war bei Weitem nicht die eines Beobachters, denn sie lief auf den Versuch hinaus, die Erstarkung Österreich-Ungarns und der Türkei in den Regionen außerhalb des Balkans durch gesteigerte Ansprüche in der Dobrudscha und/oder Thrakien zu kompensieren. Somit erwies sich Bulgarien als Schnittstelle für eine ganze Reihe von in Bezug auf das Gleichgewicht und den Zusammenhalt der Koalition heiklen Diskussionen und konnte daher mit der Nichteinhaltung von Vereinbarungen drohen, die ohne Berücksichtigung seiner Interessen zustande gekommen waren. Die Tatsache, dass der Zusammenbruch der Mittelmächte in der Folgezeit gerade von der Saloniki-Front her begann, zeigt, dass die Position Bulgariens von kritischer Bedeutung für das allgemeine Gleichgewicht der Kräfte im Vierbund war. Das Fehlen einer Koalitionsstrategie beschleunigte den Zusammenbruch der gemeinsamen Anstrengungen auch auf dem Balkan. Aufgrund der nicht vorhandenen Koalitionsstrategie, die gleich von Beginn des Verhandlungsprozesses an zu gegenseitigem Misstrauen der Mittelmächte führte, brachte der Prozess der Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk eine Verschärfung der bilateralen Beziehungen zwischen dem Hegemonen der Allianz und seinen beiden wichtigsten Partnern mit sich, wobei der deutsch-türkische Konflikt im Frühjahr/Herbst  in noch nie dagewesenem Ausmaß eskalierte. Die in den Zeiten des Großen Krieges aufgestauten gegenseitigen Irritationen und Vorbehalte trafen auf einen außerordentlich

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vojny. Memuary ministra inostrannych del Avstro-Vengrii. Sankt-Peterburg ; Maks Ronge: Razvedka i kontrrazvedka. Sankt-Peterburg . Siehe Jaroslav Ju. Tynčenko: Oficers’kyj korpus Armiji Ukrajins’koji Narodnoji Respubliky (–). U  kn. Kyjiv –. Für eine einprägsame Beschreibung des plötzlichen Zusammenbruchs der Gesamtfront und der darauffolgenden Anabasis der deutschen Truppen siehe Ferdinand v. Notz: Deutsche Anabasis . Ein Rückzug aus dem bulgarischen Zusammenbruche in Mazedonien. Berlin . So skizzierte der Chef der deutschen Diplomatie Richard von Kühlmann, nachdem er vom Kaiser Ende November  die Weisung erhalten hatte, auf eine deutsch-russische Annäherung hinzuarbeiten, sogleich einige Vorschläge und warnte davor, dass „Österreich-Ungarn mit Misstrauen und Missbilligung auf eine solche Annäherung reagieren wird. Ich würde den übermäßigen Eifer des Grafen Czernin, zu einer Einigung mit den Russen zu kommen, als Wunsch bewerten, uns zuvor zu kommen und Deutschland und Russland daran zu hindern, enge Beziehungen aufzubauen, die für die Donaumonarchie nicht wünschenswert sein könnten. Wir haben es nicht nötig, nach der Gunst der Russen streben. Wir sind stark genug, um ruhig abzuwarten; unsere Lage gibt uns viel mehr Möglichkeiten als Österreich-Ungarn, um Russland alles anzubieten, was es zum Wiederaufbau braucht. [. . . ] Ich beurteile die Entwicklung der Lage im Osten positiv. [. . . ] jetzt ist es wichtig, eine gewisse Zurückhaltung in unseren Beziehungen mit der österreichisch-ungarischen Regierung in allen Angelegenheiten zu wahren, auch in der polnischen Frage.“ Zit. nach: Jurij G. Fel’štinskij (sost.): Germanija i revoljucija v Rossii. –. Moskva , S.  f. (Rückübersetzung aus dem Russischen).

Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk

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schlechten Informationsstand über die tatsächliche Situation der Armeen und der Wirtschaft der Partner im Vierbund, der durch wechselseitige Desinformation sowie durch den ständigen Konflikt zwischen den Militärs und den Diplomaten innerhalb der einzelnen Mächte hervorgerufen worden war. All dies führte regelmäßig zu Missverständnissen und unerwarteten Situationen. So wollten deutsche Militärs und Diplomaten der katastrophalen sozialwirtschaftlichen Lage der Doppelmonarchie Ende  in keiner Weise Rechnung tragen, die nicht einmal durch die Niederringung Italiens bei Caporetto verbessert wurde. Daher sah man auch keine Grundlage für die weitreichenden Pläne des Grafen Ottokar Czernin, den Bolschewiken im Verlauf der Verhandlungen entgegen zu kommen. Aufgrund der Wichtigkeit der Umsetzung und Ergänzung der Verträge von BrestLitovsk stellte sich die Frage der Bildung einer stabilen Koalition der vier Mächte und des Abschlusses konkreter Vereinbarungen über die gegenseitigen Pflichten sowie die Aufteilung der Einflussbereiche mit besonderer Dringlichkeit. Die Anstrengungen in dieser Richtung führten lediglich zu Teilergebnissen sowie zu einer Reihe von Einzelkompromissen (zum Beispiel zu dem deutsch-österreichischen Abkommen vom . März über die Aufteilung der Ukraine in Besatzungszonen sowie zu einigen deutsch-türkischen Kompromissen hinsichtlich Transkaukasiens, die mit dem Geheimprotokoll vom . September ihren erfolgreichen Abschluss fanden), wofür nicht wenig Kraft und Zeit aufgewendet wurde, obgleich das Ergebnis jedes Mal keine der Seiten zufriedenstellte und als Notbehelf betrachtet wurde. Die logische Folge war eine Belebung der Anstrengungen ÖsterreichUngarns und der Türkei zur Koordinierung ihrer Aktionen, denn beide Mächte waren bestrebt, sich der weiteren Fomulierung eines totalen deutschen Diktats zu entziehen, ihre Linie in den besetzten Gebieten fortzusetzen und sich eigene Satelliten zuzulegen (zum Beispiel, den nationalistischen Flügel der Central’na Rada bzw. die Islamische Armee in Aserbaidschan). Dies musste eine scharfe negative Reaktion der militärpolitischen Führung des Deutschen Reiches hervorrufen, die der Meinung war, dass die einzige Chance der Mittelmächte auf den Sieg die rigorose Unterordnung der gemeinsamen Anstrengungen unter den alleinigen Willen des deutschen Hauptquartiers unter Erich Ludendorff sei. Das ging hin bis zur Drohung mit dem Bruch des Bündnisses, das durch persönliche Konflikte (und nicht nur zwischen Vertretern verschiedener Staaten, sondern auch innerhalb der Eliten) belastet war und sogar bis zur Beteiligung an Militärarktionen gegeneinander unter dem Deckmantel lokaler Gruppierungen (anti-Hetman Aktionen österreichisch-ungarischer Emissäre, Feuergefechte der georgischen Armee unter Führung deutscher Instruktoren mit türkischen Truppen, sogar Beteiligung deutscher Offiziere an Kämpfen mit den Türken auf Seiten der Armenier, und der Konflikt um den Marsch 

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Siehe z. B. Ottokar Landwehr v. Pragenau: Hunger. Die Erschöpfungsjahre der Mittelmächte /. Zürich . Siehe det. Alexander Will: Der Gegenspieler im Hintergrund: Josef Pomiankowski und die antideutsche Orientpolitik Österreich-Ungarns –. In: Wilfried Loth, Marc Hanisch (Hrsg.): Erster Weltkrieg und Dschihad. Die Deutschen und die Revolutionierung des Orients. München , S. –. Siehe z. B. Baumgart, Deutsche Ostpolitik , S. . Ein kursorischer Überblick über die nicht einfache Frage der Position Deutschlands in der Armenienfrage: Bihl, Die Kaukasus-Politik der Mittelmächte, S. –.

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auf Baku). Es kam zu erbitterten Auseinandersetzungen um Rohstoffquellen sowie um die Lieferung von Rohmaterial und lebenswichtigen Nahrungsgütern, zu Erpressung und Bestechung von Randstaaten des Russischen Reiches mit materiellen Ressourcen und der möglichen Heimkehr von Kriegsgefangenen und Andeutungen einer bewaffneten Unterstützung territorialer Ansprüche (zum Beispiel der Ukraine auf die Krim). Freilich wurden die pausenlosen Zusammenstöße zu einem erheblichen Teil nicht nur durch das Ringen um die Koordinierung der Aktionen der Koalitionsmitglieder hervorgerufen, sondern auch durch die vielen Lücken in den Verträgen von Brest-Litovsk, die durch die Tendenz zur ständigen Aufspaltung und Komplizierung des Kräftesystems auf dem Gebiet des ehemaligen Russischen Reiches nur noch vergrößert wurden. Eine Vereinfachung des Systems von Brest-Litovsk durch Zerschlagung unerwünschter und nicht lebensfähiger Kräfte war vor allem für seine Hauptakteure von Vorteil (also für Deutschland und Sowjetrussland), was den Hoffnungen ihrer Verbündeten häufig direkt zuwiderlief. Jeder maßgebliche Teilnehmer des Prozesses von Brest-Litovsk hätte gerne ein System nur ihm loyal verbundener Satelliten aufgebaut, um die Koalition durch neu geschaffene, lokale Streitkräfte zu erweitern. Deutschland und Sowjetrussland wollten dieses Privileg jedoch ausschließlich sich selbst vorbehalten. Das Deutsche Reich knüpfte gewisse Hoffnungen an die Entstehung und die Zusammenarbeit mit den Armeen Finnlands, Georgiens, des Königreichs Litauen und – in der ferneren Zukunft – auch des ukrainischen Hetmanats. Allerdings wollte es im Fall der Umsetzung der österreichisch-polnischen Lösung keine Umgestaltung des polnischen Heeres zulassen, stand allen Streitkräften in der Ukraine argwöhnisch gegenüber, die sich auf ehemalige Untertanen Österreich-Ungarns aus Galizien stützten und ließ ein mögliches Protektorat der Habsburgermonarchie über Armenien nur äußerst ungern zu. Sehr besorgt waren die Architekten der deutschen Ostpolitik auch über die pantürkischen Projekte der Türkei und ihre aktive Expansion nicht nur in Transkaukasien, sondern auch in Nordpersien und in Dagestan. Es ist bezeichnend, dass Deutschland während der Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk keineswegs gewillt war, selbständige Aktionen der formal ihm gleichberechtigten verbündeten Staaten aus dem Bereich der Randstaaten zu gestatten. Daher setzte es sich nach dem Mai  tatkräftig für die Beendigung der aktiven Phase des sowjetischfinnischen Krieges ein. Besonders aufschlussreich ist jedoch das Beispiel seines größten „postrussischen“ Verbündeten, der Ukraine. Bei allen Bemühungen der ukrainischen Geschichtsschreibung, den Beitrag der Truppen der UNR zum Verlauf der Frühjahrskampagne  im Osten hervorzuheben, konnte von ihrer Vomachtstellung oder Eigenständigkeit bei der Implementierung beider Verträge von Brest-Litovsk keine Rede sein. Ihr Aktionsradius und die Details der Zusammenarbeit wurden ihnen von den deutschen Militärs relativ rigoros vorgeschrieben und Versuche, den Rahmen der Vereinbarungen zu verlassen, unterbunden (zum Beispiel wurden nach dem Ultimatum vom ./. April die Truppen der UNR von der Krim vertrieben und die Eskalation einer ganzen Reihe von sowjetisch-ukrainischen Zwischenfällen an der Demarkationslinie in der Zeit von Mai bis September  gestoppt). Hätte man der Hetman-Armee erlaubt, zumindest genau so eigenständig zu handeln, wie zum Beispiel der osmanischen, so wäre ein umfassender Krieg zwischen Kiew und Moskau nicht zu vermeiden gewesen. Dies hätte für den Ukrainischen Staat fatale Folgen gehabt, da die auf dem Papier vorhandenen acht Armeekorps in Wirklichkeit nicht formiert worden waren. Eine viel wichtigere Rolle spielte dieser Staat

Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk

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als Plattform für die von Deutschland in mittelfristiger Perspektive unterstützten antibolschewistischen Projekte prodeutscher Ausrichtung (Süd- und Astrachanarmee) sowie als Transitland für Waffen und Rohstoffe im Rahmen von für beide Seiten vorteilhaften Kontakte mit den Gebieten an Don und Kuban’. Besonders diese Funktion erwies sich für die deutsche Politik im Osten als optimal. Der Versuch, im Juli/August  auch Sowjetrussland auf die gleiche Lage – nämlich auf die eines seiner Eigenschaft als außenpolitisches Subjekt beraubten Satelliten – zu reduzieren, war daher keineswegs zufällig. Nach der Ermordung des Grafen Wilhelm von Mirbach sah sich die bolschewistische Führung massivem Druck seitens der deutschen Diplomaten Kurt Riezler und Karl Helfferich ausgesetzt, die versucht hatten, den Einmarsch deutscher Truppen in Moskau zu erreichen und danach einen Kurs verfolgten, der den Abbruch der diplomatischen Beziehungen und den Abzug der deutschen Mission aus der Hauptstadt des Sowjetlandes zum Ziel hatte. Nichtsdestoweniger überzeugte die Niederschlagung der Aufstände der linken und rechten Sozialrevolutionäre in Moskau und einigen Städten des Wolgagebiets durch die Rote Arbeiter- und Bauernarmee ohne direkte Beteiligung deutscher Truppen (obwohl die sozialrevolutionäre Propaganda das Gegenteil behauptete) sowohl Berlin als auch einige Opponenten der Bolschewiki innerhalb Russlands von deren Eigenständigkeit als Faktor bei der Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk. Es besteht kein Zweifel, dass das bolschewistische Regime, wäre es auf die demütigenden Forderungen eingegangen, auf einer Welle antideutscher Stimmungen gestürzt worden wäre. So blieb Sowjetrussland im Unterschied zum ukrainischen Hetmanat Vertragspartner Deutschlands und kein Satellit. Auch wenn es dafür kurze Zeit später einen hohen Preis bezahlen musste – im wahrsten Sinne des Wortes. Darüber hinaus gab es auch nach dieser Krise eine nicht unbedeutende Wahrscheinlichkeit, dass es eine direkte militärische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der RSFSR im gemeinsamen Kampf gegen die Entente geben könnte, zum Beispiel im russischen Norden. Der neue deutsche Chefdiplomat (seit . Juli ) Paul von Hintze konnte mit einiger Mühe seine Linie mit dem Ziel der Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Bolschewiki durchsetzen, was zur Unterzeichnung des Zusatzvertrags vom . August führte, der bei der Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk einen wichtigen Meilenstein darstellte. Die sich hinziehende Abstimmungsphase wurde schließlich mit einem überaus umstrittenen und ziemlich plumpen Kompromiss abgeschlossen, der einen schweren Schlag für die mit solcher Mühe aufrechterhaltene Fiktion vom Koalitionscharakter der Umsetzung der Verträge vom . Februar und . März bedeutete. Der Zusatzvertrag wurde als Ergänzung zum Vertrag der fünf Länder geschlossen; an seiner Erstellung und Unter

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Siehe det. Karl Helfferich: Der Weltkrieg.  Bde. Bd. : Vom Eingreifen Amerikas bis zum Zusammenbruch. Berlin , S.  ff.; Kurt Riezler: Tagebücher, Aufsätze, Dokumente. Hrsg. v. Karl D. Erdmann. Göttingen , S. –, –. Siehe Aleksandr N. Čistikov: Sovetsko-germanskie otnošeniâ letom  g. v issledovanijach V. Baumgarta i Ch. Cherviga (k istorii operacii „Šljussel’štajn“). In: V. A. Šiškin (red.): Gosudarstvennye instituty i obščestvennye otnošenija v Rossii XVIII–XIX vv. v zarubežnoj istoriografii. Sankt-Peterburg , S. –. Siehe det. Johannes Hürter (Hrsg.): Paul von Hintze: Marineoffizier, Diplomat, Staatssekretär. Dokumente einer Karriere zwischen Militär und Politik, –. München .

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zeichnung waren jedoch nur zwei von ihnen beteiligt. Das Deutsche Reich zog seine offiziellen Verbündeten ganz einfach nicht zur neuen, schwierigen Diskussionrunde über das Schicksal der Gebiete des ehemaligen Russischen Reiches hinzu und nahm sich das Recht heraus, Entscheidungen ohne Rücksicht auf ihre Sicht der Dinge zu treffen. Der Wille der Hauptakteure zur Überarbeitung des Systems von Brest-Litovsk in Richtung auf dessen Beherrschbarkeit – und damit Vereinfachung – behielt die Oberhand über diplomatische Konventionen und Risiken. Somit wurde der Zusatzvertrag den Verbündeten beider Seiten einfach diktiert (zum Beispiel den baltischen Kommunisten, darunter dem ideologischen Teil einer solchen Stütze des Rats der Volkskommissare wie den Lettischen Schützen, die sich nun mit dem Verzicht Sowjetrusslands auf irgendwelche Rechte auf die ehemaligen Ostseegouvernements zufrieden geben mussten). Verständlicherweise waren die sogar eines formalen Einflusses auf die Ausarbeitung der Bedingungen beraubten Staaten des Vierbunds empört über eine derartige Behandlung. Zu diesem Zeitpunkt gestaltete sich jedoch die Lage an den Fronten – und noch mehr im Hinterland – der gegen die Entente kämpfenden Länder so, dass es zu einer einigermaßen ernst zu nehmenden Fronde nur im Osmanischen Reich kam. Anstelle einer Koalitionsstrategie stellte Deutschland mit Zustimmung Sowjetrusslands seinen Verbündeten und Satelliten anheim, einige verbliebene lokale Probleme im Rahmen bilateraler Vereinbarungen zu lösen (sowjetisch-ukrainische, sowjetisch-finnische, deutsch-türkische, usw.). Wenn Deutschland überhaupt beabsichtigte, Konzessionen zu machen, so nur in Form von Almosen und im Zuge von Konsultationen im Rahmen bereits übernommener Verpflichtungen (wie dies zum Beispiel im Verlauf des Septemberbesuchs Talât Paschas in Berlin aufgrund des heftigen Widerstands der Pforte gegen die Bedingungen des Zusatzvertrages der Fall war). Ein weiterer Anreiz dazu, dass alle Juniorpartner im System von Brest-Litovsk den Zusatzvertrag als gegeben, als eine Art „Brest-Litovsk-“ hinnahmen und sich in den Implementierungsprozess der bereits geänderten Bedingungen einbrachten, war die außerordentlich schnelle Veröffentlichung und Ratifizierung des Vertrags durch beide Signatare (was angesichts der sowohl für Deutschland als auch für Sowjetrussland beispiellos kritischen Lage Ende August/Anfang September  besonders bezeichnend ist). Eine vollumfängliche Koalitionskrise der Mittelmächte konnte – auch wegen der deutlichen Anzeichen für ein für sie katastrophales Ende der Kampagne von  – nicht mehr zum Ausbruch kommen. In der Woche vom . bis zum . September  fanden kritische Ereignisse statt: Nach dem Aufstand in Sofia, der auf die Truppen der Salonikifront überschwappte, verloren für Bulgarien alle Fragen – außer dem verzweifelten Versuch, mit Hilfe deutscher Truppen eine Revolution im Lande zu verhindern – absolut an Aktualität; Österreich-Ungarn wandte sich mit einem Friedensangebot an die Entente, das ebenso wenig wie der Zusatzvertrag mit den Partnern abgestimmt war, einschließlich eines Separatfriedens, was schon an sich das Ende des Vierbunds bedeutete. Türkische und aserbaidschanische Truppen nahmen Baku ein. Dies führte zu einer scharfen Reaktion nicht nur Sowjetrusslands (das sogar den Bruch des Friedensvertrags von Brest-Litovsk mit dem Osmanischen Reich erklärte), sondern auch Deutschlands, das den Verbündeten beschuldigte, den Zusammenbruch der Front in Palästina und Syrien zugunsten einer überflüssigen Expansion in Transkaukasien zugelassen zu haben. Durch die Balkankrise sah man sich gezwungen, mit dem Abzug einer in Georgien für den Angriff auf Baku

Die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk

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konzentrierten zwanzigtausendköpfigen deutschen Heeresgruppe zu beginnen. Das am . September in Berlin unterzeichnete deutsch-türkische Protokoll über die weiteren Aktionen in Transkaukasien war ein Pyrrhussieg für Hintze. An der Westfront setzte sich der schleppende Rückzug der deutschen Truppen fort, der – nach einigen Offensivoperationen von März bis Juli – immer weniger nach einem vorübergehenden Übergang zur Verteidigung aussah. In Deutschland gelang es, die Anerkennung der Niederlage bis zum . September hinauszuzögern, als der Zusammenbruch der Außenfronten und die Unfähigkeit, die Front in Frankreich zu stabilisieren von Erich Ludendorf persönlich vor der politischen Führung des Reiches zugegeben wurde. Trotzdem begann die Implementierung des „überarbeiteten“ Vertrags von Brest-Litovsk wenigstes dort, wo nicht die Zustimmung der Verbündeten erforderlich war: Im Austausch für erste Goldlieferungen wurde ein Abkommen über die Modalitäten zur Bereinigung eines Teils der besetzten weißrussischen Gebiete unterzeichnet und die Verhandlungen zu den Problemen bei der Ostsee-Schifffahrt und zur künftigen Grenzziehung in Lettgallen sowie über Kohlelieferungen nach Petrograd wieder aufgenommen. Aber selbst Ende September  blieb die Implementierung der Verträge von Brest-Litovsk, genauer gesagt, die Trägheit und die Folgen dieses Prozesses, ein Problem nicht nur für Deutschland, sondern auch für seine Verbündeten. Bulgarien fand keinen Weg, den von einer Meuterei erfassten Kreuzer „Nadežda“ aus Sevastopol’ zurückholen; türkische Truppen drangen nach Dagestan in dem Bestreben ein, die Expansion selbst vor dem Hintergrund des Verlusts der meisten seiner von Arabern besiedelten Besitzungen fortsetzen; die österreichisch-ungarische Besatzungsarmee in der Ukraine bedurfte einer vorbereiteten und schnellen Evakuierung, zu der sie aufgrund der Zersetzung der Truppen und des Chaos im Verwaltungsapparat des sich auflösenden Reiches kaum fähig war. Das Ausscheiden eines Landes nach dem anderen aus dem Vierbund, die Aufhebung aller Verträge des Systems von Brest-Litovsk nach den Bestimmungen des Waffenstillstands von Compiègne und anderer Waffenstillstände sowie die feierliche Annullierung des Vertrags von Brest-Litovsk durch Sowjetrussland am . November bedeuteten das Ende des Implementierungsprozesses der Verträge von Brest-Litovsk, allerdings konnten sie nicht von heute auf morgen die Folgen und die Trägheit dieses Prozesses beseitigen, in den Deutschland besonders stark involviert war. Eine abgestimmte Koalitionsstrategie im Osten konnte es selbst unter den scheinbar optimalen Bedingungen des von ihm diktierten Friedens nicht umsetzen. Die Implementierung der Verträge erforderte eine wesentlich größere Koordination der Aktionen als nur das einfache Diktat der Bedingungen. Durch die schnell schwindenden militärischen Ressourcen im Osten sah man sich gezwungen, kaisertreue Verbündete und neu zu schaffende Streitkräfte der Satelliten hinzuzuziehen, um das System von Brest-Litovsk auszugestalten. Die Grundvoraussetzung dafür war allerdings das Interesse der am Prozess von Brest-Litovsk Beteiligten am Aufbau langfristiger Strukturen einer solchen Ordnung in Osteuropa, das bei allen Akteuren außer Deutschland nicht vorhanden war, unter anderem wegen der fehlenden deutschen Bereitschaft, auf die Ambitionen bzw. Nöte der Partner, geschweige denn der Vertragspartner, mit ernsthaften Zugeständnissen zu antworten. Anstatt die begrenzten Ressourcen der Mächte des 

Siehe det. Bihl W. Die Kaukasus-Politik der Mittelmächte. S. –, –.

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Leontij Lannik

Vierbunds zur Schaffung einer Hegemonie in den riesigen Weiten des ehemaligen Russischen Reiches effektiv zu nutzen, war das deutsche Hauptquartier gezwungen, die Ausgaben und Risiken für die Aufrechterhaltung des erforderlichen Gleichgewichts der Kräfte zu übernehmen. Dies kostete Deutschland enorme Anstrengungen an der immer noch nicht liquidierten Ostfront des Großen Krieges und führte zum Scheitern der Versuche, möglichst viele Truppen für die entscheidende Kampagne im Westen zusammenzuziehen und zur militärischen Niederlage am . November auf einem Kriegsschauplatz nach dem anderen, außer demjenigen im Osten.

Nataliya Kopcha Politischer Mythos im Kulturtransfer: Politische Dostoevskij-Rezeption bei Arthur Moeller van den Bruck Um  wurde der russische Schriftsteller Fedor Dostoevskij in Deutschland neu adaptiert und stark rezipiert, aber nicht aus kulturkritischer oder ästhetisch-literarischer, sondern aus politischer Perspektive. Dieser Prozess wurde von Arthur Moeller van den Bruck angestoßen, der als Ideologe der sogenannten „Konservativen Revolution“ und Autor seines Hauptwerks „Das Dritte Reich“ bekannt ist. Zwischen  und  erschien die erste deutsche Gesamtausgabe der Werke Dostoevskijs, deren erster Band bereits eine große Wirkung auf deutsche Intellektuelle wie Thomas Mann, Otto Julius Bierbaum, Hermann Bahr und Stefan Zweig ausgeübt hatte. Der Herausgeber war der junge deutsche Publizist Arthur Moeller van den Bruck, der die Idee dieses Großprojekts einem neuen Verlag vorgeschlagen hatte. Der angehende Verleger Reinhard Piper betrachtete Moeller als einen aussichtsreichen, bereits auf dem Buchmarkt etablierten Autor, der die Werke Dostoevskijs mit eigenen Einleitungen herausgeben könne. Die national und konservativ orientierten Einleitungen stießen bei den intellektuellen Kreisen in Deutschland auf großes Interesse. Mit dieser Dostoevskij-Gesamtausgabe wurde ein neuer politischer Rezeptionsmodus etabliert, in dem der Schriftsteller zum Gewährsmann der neuen deutschen Rechten wurde. Moeller projizierte sein eigenes politisches Denken auf Dostoevskij, ohne sich um sprachliche oder gedankliche Genauigkeit zu kümmern. Er transformierte dostoevskisches Denken ohne sprachliche und literaturwissenschaftliche Kenntnisse, um es für seine eigene, neokonservativ ausgerichtete Konzeption nutzbar zu machen. In einem Brief kritisiert Less Kaerrick, die Dostoevskij-Übersetzerin, Moeller dafür, dass er sich in seinen Einleitungen selbst als „Schöpfer“ positioniere. Diese Selbstpositionierung Moellers weist darauf hin, dass er einen politischen Mythos konstruieren wollte, der als anregender Impuls zu einer neuen deutschen Geschichtsschreibung dienen sollte. Im Folgenden wird versucht, den politischen Mythos als relevante Forschungsperspektive für die Analyse der politischen Dostoevskij-Rezeption bei Moeller van den Bruck darzustellen. Zu Beginn des . Jahrhunderts kam es sowohl in Europa als auch in Russland zu einem grundlegenden Wandel in der Kulturpolitik. Allerdings galten in Russland bereits im . Jahrhundert die Probleme des Glaubens, der nationalen Bestimmung, des historischen

  

Armin Mohler: Die konservative Revolution in Deutschland, –. Darmstadt . Arthur Moeller van den Bruck: Das Dritte Reich. . Aufl. Berlin . Fjodor M. Dostojewski: Sämtliche Werke.  Bde. München/Leipzig –.

https://doi.org/./-

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Nataliya Kopcha

Messianismus und der staatlichen Ideologie als sehr relevant. Diesen wurden die aus dem Westen übernommenen sozialistischen und liberalen Konstruktionen entgegengesetzt. In der Wissenschaft und der Kulturkritik war man auf der Suche nach neuen Vorgehensweisen, um sich mit den oben genannten Fragen aus einer konservativen Perspektive zu beschäftigen. Russische Geschichtsschreiber wie Konstantin Leont’ev, Nikolaj Danilevskij und Lev Tichomirov fokussierten sich in ihren Arbeiten auf das nationale Interesse, die politische und kulturelle Sendung Russlands und dessen Weltführung in der Zukunft. In ihren Untersuchungen wurde die Dynamik der politischen Mythologie angesprochen, die in ihrer Geschichtlichkeit mit der staatlichen Ideologie verbunden war. Ihre Methode war neu, weil es weniger um historische Tatsachen ging, als vielmehr um Mythologeme als bewegende Kraft der Geschichtsbestimmung Russlands. Derartige methodologische Verfahren hatten keine rationalistische Basis und konnten daher nicht als wissenschaftlich gelten. Die neu entdeckte persönlich-gestaltliche Form sollte als Gegengewicht zur unpersönlich-begrifflichen Tradition dienen. Die in der deutschen Romantik entstandene Remythologisierung erfuhr in Russland in der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts eine Renaissance und erlebte um die Jahrhundertwende in beiden Kulturen ihre Blütezeit. Dies soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden: Bei der Untersuchung des programmatischen Werks des russischen Publizisten und Geschichtsschreibers Nikolaj Danilevskij „Rossija i Evropa“ („Russland und Europa“, ) stellte Nikolaj Šestov fest, dass der Autor als Konservativer drei politische Mythologeme des gesellschaftspolitischen Bewusstseins des . Jahrhunderts proklamierte: die geschichtliche Entwicklung Russlands laut der Ideologie des „Dritten Roms“; das russische Volk als Messias und Träger dieser Bewegung sowie die besondere Beschaffenheit des Volksgeists als Quelle der Bewegung. Bei der Zusammenführung der drei politischen Mythologeme stützte sich Danilevskij auf das Prinzip der ausreichenden Information und führte den Begriff „kulturhistorischer Typ“ ein. Sein System kann nicht als wissenschaftlich bezeichnet werden, da als Grundlage nicht historische oder politische Gegebenheiten dienten, sondern das im Bewusstsein seiner Zeitgenossen existierende Stereotyp der Wahrnehmung dieser Tatsachen. Dabei dominierte die Vorstellung, dass die europäisch-asiatische Geschichte einen Prozess der Konfrontation zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem westeuropäischen Katholizismus darstellte. Dieses Stereotyp wurde nicht nur von den Westlern und Slawophilen, sondern auch von der offiziellen Ideologie unterstützt. Die im politischen Massenbewusstsein verankerte Behauptung wird bei Danilevskij zur historischen Tatsache, die keinerlei Zweifel unterliegt. Seine aus dem ursprünglichen Stereotyp abgeleitete Konsequenz: Russland ist auf dem Weg zu kommender Größe, weil das Gute das Böse besiegen muss. Danilevsij entwickelt seine Theorie weiter und kommt zu dem Schluss, dass das Gute im russischen Volk nicht der Religion entstammt, sondern der Natur. Bei einem solchen Verfahren, so Šestov, brauche man keine Argumentation, es gehe um die apriorische Wirklichkeit. Was Deutschland betrifft, so wirkte sich die Krise der kulturellen und politischen Prozesse prägend auf die Weltanschauung vor allem von Philosophen, Kulturkritikern, Literaten, Publizisten und Politikern aus. Die Unmöglichkeit, das rational aufgebaute Weltbild 

Vgl. Nikolaj Šestov: Političeskij mif teper’ i prežde. Moskva , S.  f.

Politischer Mythos im Kulturtransfer



in den Blick zu nehmen, löste ein Bedürfnis nach neuen Äußerungsformen aus, in denen einige Elemente des Wissens durch Metaphern und soziale Mythen ersetzt wurden. Derartige Formen konnten die Rolle der bereits verlorenen gegangenen Religion übernehmen. In dieser Zeit kommt eine weitere Form des gesellschaftlichen Bewusstseins zum Tragen – das Sakrale. Dieses wurde zur Antwort auf das universelle Bedürfnis, das sich aus den Unsicherheiten und der Unvorhersehbarkeit der menschlichen Existenz ergibt. Zur sakralen Dimension gehören Mythen, Magie und Religion. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie a priori keiner Überprüfung unterliegen. Man darf sie nicht in Zweifel ziehen, da sie an den Glauben appellieren und sich auf den Glauben stützen. Ihre Stärke besteht nicht in der Argumentation selbst, sondern in der Autorität desjenigen, der sie vorbringt. Da Gott tot sei und soziokulturelle Probleme durch Magie nicht erklärt werden könnten, bleibt der Mythos als ein Phänomen, das sich an den sozialpolitischen Kontext anpassen kann. So wurde die rationale Wahrnehmung in den er-Jahren durch Mythologie ersetzt. Besonders ausgeprägt zeigte sich dies in der Kulturphilosophie und in der Geschichtsschreibung, die sich mit der politischen Lage auseinandersetzten. Als Folge entstanden die sogenannten politischen Mythen. Geht es in Bezug auf einen politischen Mythos nicht um universelle Kulturphänomene, verknüpft man ihn in der Forschung normalerweise mit dem nationalen Bewusstsein. Seine Wurzeln werden in den nationalen Mythen gesucht. Es gibt umfangreiche Forschungsliteratur, die sich mit der Theorie des politischen Mythos und seiner nationalen Verwirklichung beschäftigt. So interpretiert zum Beispiel Andreas Dörner in seinem Buch „Politischer Mythos und symbolische Politik“ den Hermannmythos. Doch was wäre, wenn nicht ein Element der nationalen Kultur, sondern ein fremdes Objekt den Impuls zur Entstehung eines nationalen Mythos geben würde? Das Problem und dessen Relevanz bestehen also darin, dass bei der Untersuchung der politischen Mythenbildung die Frage nach dem Verhältnis zwischen politischem Mythos und Kulturtransfer nicht gestellt wird. Analysiert wird lediglich der jeweilige historische, soziale und ideologische Kontext, während der Kulturraum selbst und die dynamischen Prozesse, aufgrund derer ein oder auch mehrere aus einem anderen Kulturraum kommende politische Mythen entstehen, bisher noch nicht thematisiert werden. Darüber hinaus gibt es in der Forschungsliteratur eine Meinungspolyfonie zur Frage, was genau unter dem Begriff „politischer Mythos“ zu verstehen sei. Das liegt an dessen Doppeldeutigkeit. Auf dieses Problem weist auch der englische Politologe Christopher Flood hin: The relative lack of theoretical work on political myth is especially striking when it is compared with the enormous body of material devoted to the general theory of myth (which I will call the theory of sacred myth to avoid confusion) or to the theory of ideology, both of which are intimately related to the theory of political myth. [. . . ] scholars who have concerned themselves with political myth have tended to locate their work either in relation to the theory of sacred myth, with perhaps a few brief remarks on the concept of ideology, or, more rarely, in relation to the theory of ideology, with perhaps some cursory allusions to the theory of sacred myth. 



Andreas Dörner: Politischer Mythos und symbolische Politik. Sinnstiftung durch symbolische Formen am Beispiel des Hermannsmythos. Opladen . Christopher Flood : Political Myth. A Theoretical Introduction. New York/London , S.  f.



Nataliya Kopcha

Dementsprechend steht kein methodisches Verfahren zur Verfügung, ganz zu schweigen von der Möglichkeit des Transfers von einem Kulturraum zum anderen. Im Folgenden soll am Beispiel der politischen Dostoevskij-Rezeption in Deutschland gezeigt werden, wie ein Objekt aus einer fremden Kultur dazu beitragen kann, dass es in der aufnehmenden Kultur zu einer nationalen Identifikation kommt. Es soll erläutert werden, wie auf der Basis des Fremden ein neuer politischer Mythos geschaffen wird. Unter dem Begriff „politischer Mythos“ ist ein statisches Gebilde zu verstehen, das eine mythologische Natur besitzt, jedoch nicht mit Religion oder transzendenten Kategorien verbunden wird. Durch dieses Kulturphänomen werden reale Ereignisse wahrgenommen, beschrieben und erklärt. Es ist ein Instrument, mithilfe dessen verwirrende Ereignisse oder Situationen erklärt und das Konzept der kollektiven Zukunft strukturiert werden kann. Dörner beschreibt den politischen Mythos als „eine spezifische semiotische Gattung, die auf die Bearbeitung bestimmter Probleme von politischer Kommunikation spezialisiert ist. Politische Mythen sind narrative Symbolgebilde mit einem kollektiven, auf das grundlegende Ordnungsproblem sozialer Verbände bezogenen Wirkungspotenzial.“ Dem Wirkungspotenzial kommt in Dörners These zentrale Bedeutung zu. Er verweist auf die wichtigsten sozialen Funktionen politischer Mythen, die eine kollektive Identität schaffen, so dass auf die Mitglieder einer Gesellschaft eingewirkt werden und deren Mobilisierung erfolgen kann. Wahrnehmung und produktive Rezeption durch das Publikum sind Ergebnisse eines funktionierenden Mythos. Dörner nennt die Schwerpunkte, die die Mythenbildung bestimmen: Erstens kann ein politischer Mythos niemals aus dem Nichts entstehen. Er benötigt stets eine aktuelle Grundlage, aber auch Ereignisse oder Personen. Zweitens muss eine Mythenbildung „an vorhandene semantische Traditionen, an Strukturen des Imaginären einer Gesellschaft“ anknüpfen. Drittens gibt es emotionale und ästhetische Erwartungshorizonte, die festlegen, was in die öffentliche kommunikative Bilanz Eingang findet und was nicht. Wechselt man in den Kontext des Kulturtransfers über, so kann gesagt werden, dass dieser Punkt an die Notwendigkeit „entgegenkommender Strömungen“ erinnert, die Erwartungshorizonte bestimmen und die weitere, erneuerte Verkörperung eines Objekts bewirken. Auch beim nächsten Punkt findet gewissermaßen ein Kulturtransfer statt, da es um verschiedene kulturelle Ebenen und Medien geht, die Vermittlung und Popularisierung ermöglichen, damit ein Mythos wirksam werden kann. Zuletzt unterstreicht Dörner das Bedeutungspotenzial, das eine Variable innerhalb der kommunikativen Machtverhältnisse darstellt. Wie zu beobachten ist, betont Dörner die Relevanz des politischen Mythos für den kommunikativen „Haushalt“ einer Gesellschaft. Die genannten Schwerpunkte ermöglichen es, den auf Vermittlung und Einwirkung ausgerichteten politischen Mythos mit dem Kulturtransfer zu verknüpfen, was durch die weitere Analyse illustriert wird. Soviel zu den äußeren Merkmalen des politischen Mythos. Es wird jedoch auch über dessen innere Struktur zu sprechen sein. Neben konstruktiven Merkmalen wie Narrativität und Bildlichkeit verfügt der politische Mythos laut Dörner über eine „Tiefenstruktur“.

  

Dörner, Politischer Mythos und symbolische Politik, S. . Ebd., S. . Aleksandr N. Veselovskij: Istoričeskaja po˙etika. Moskva , S. .

Politischer Mythos im Kulturtransfer



Er geht davon aus, dass diese Tiefenstruktur aus Aktanten und deren Handlungsrelationen besteht. In diesem Zusammenhang erwähnt er den russischen Literaturwissenschaftler Vladimir Propp, der in seinem Hauptwerk „Morfologija skazki“ (), [„Morphologie des Märchens“, deutsche Erstausgabe ], die unveränderliche Handlungsstruktur aller Zaubermärchen nachweist. Seit den Sechzigerjahren haben vor allem französische Narratologen untersucht, ob sich ein solches Schema auf alle Erzähltexte übertragen lässt. Da jeder Mythos vor allem eine narrative Erzählung ist, soll das von Propp entwickelte Modell in Bezug auf politische Mythen und Kulturtransfer präzisiert werden. In einem weiteren Schritt wird untersucht, ob das Modell auch auf die politische Dostoevskij-Rezeption angewendet werden kann. Bei Propp geht es um eine feste aktantielle Tiefenstruktur, die sich aus den Handlungsträgern und deren jeweiliger Funktion ergibt: Held, Gegenspieler, falscher Held, Schenker, Helfer und Sender. Dabei ist es wichtig, dass die verschiedenen Aktanten bzw. deren Funktionen in einer einzigen Figur zusammenfallen, aber auch auf mehrere Figuren aufgeteilt sein können. Zu diesem Figurenmodell kann noch ein „Trickster“ hinzugefügt werden, den es auch bei Dörner gibt. Er charakterisiert den politischen Mythos durch eine „Trickster-Struktur“, in der die Trickster nicht nur ambivalente Aktanten sind, die den Widerspruch personifizieren und das Disparate zusammenbringen, sondern auch das Medium zur Vermittlung des politischen Mythos. Was die russische Forschung betrifft, so kann hier der Aufsatz „Politische Mythen“ von Lev Mutovkin erwähnt werden. Er unterscheidet insgesamt neun Arten von politischen Mythen, von denen drei für die vorliegende Untersuchung relevant sind. Der erste ist der „Mythos vom goldenen Zeitalter“, der dazu aufruft, zu den Anfängen zurückzukehren und eine „helle“ Zukunft proklamiert. Der zweite Mythos ist der „Mythos vom Helden-Erlöser“, dem Charisma zugeschrieben wird und der die Prophetengabe besitzen muss. Der „Mythos von der Einheit“ basiert auf dem Gegensatz „Freunde“ und „Feinde“, „Eigene“ und „Fremde“ aber auch „Wir“ und „Sie“. „Sie“ sind die Hauptursache allen Unglücks und versuchen, uns „unsere“ Werte wegzunehmen, deshalb liegt die Erlösung in der Einheit und in der Konfrontation mit „ihnen“. Diese Art Mythen sind mit dem Kulturtransfer in Bezug auf die Dostoevskij-Rezeption gut kompatibel, weil sie Kategorien wie den „Aufruf zum Nationalen“, wie „Eigene“ und „Fremde“ oder das „Objekt als Held“ zum Gegenstand haben. Eine der Eigenschaften des politischen Mythos ist laut Mutovkin der „Polymorphismus“: Dieselbe Ansammlung von Symbolen kann in unterschiedlichen Mythen vorhanden sein während dasselbe Thema in einem Mythos unterschiedliche Ausprägungen haben kann. Dadurch wird Variabilität gewährleistet. Zusammenfassend kann der politische Mythos als funktionales Mittel definiert werden, das in einer politisch instabilen Situation das Weltbild durch sein Wirkungspotenzial ordnet und Menschen mit unterschiedlichen emotionalen und ästhetischen Erwartungs-

  

Dörner, Politischer Mythos und symbolische Politik, S. . Lev Mutovkin: Političeskie mify v processe manipuljacii soznaniem. URL: http://kak.znate.ru/ ~docs/index-.html Vgl. ebd., S. .



Nataliya Kopcha

horizonten mobilisiert. Im Gegensatz zum klassischen Mythos dienen aktuelle Ereignisse oder Personen als Grundlange für die Mythenbildung. Auf seiner Narrativität basierend, bietet der politische Mythos eine kommunikative Erzählung, die eine bestimmte Struktur voraussetzt. Diese Struktur versucht, die Aktanten und ihre Handlungsrelationen so zuzuordnen, dass der Mythos ein Bedeutungspotenzial mit der Ausrichtung auf seine Vermittlung und weitere Popularisierung durch die Medien bekommt. Der Stoff des politischen Mythos konzentriert sich vor allem auf die Suche nach dem Nationalen. Das einfachste Schema kann folgendermaßen zusammengefasst werden: Es gibt zwei einander feindlich gegenüber stehende Kollektivaktanten, wobei einer von ihnen von einem Helden mit Hilfe irgendwelcher Mittel erlöst werden muss, damit das gesuchte Objekt („Einheit“, „Goldenes Zeitalter“) weiter etabliert wird. Die kulturelle und soziopolitische Situation in Deutschland um die Jahrhundertwende kann unter dem Begriff „Kulturpessimismus“ subsumiert werden. Man wollte sich dem Liberalismus verweigern, der durch den Materialismus, den Parlamentarismus und die Bourgeoise gekennzeichnet war. Um sich von Uneinigkeit, Idealismus und Gefühllosigkeit zu befreien, suchte man nach neuen Erklärungsmustern, neuen geistig-ideellen Werten, nach dem „starken Mann“ , dem Nationalen, nach einer Alternative und nach nationaler Identität. Alle politischen Phänomene wurden einzig und allein auf den Gegensatz zwischen Deutschland und dessen Feinden reduziert. Aufbauend auf dem oben beschriebenen Schema kann man behaupten, dass Deutschland und der Westen Gegenspieler waren. Deutschland strebte nach seiner verlorenen nationalen Bestimmung. Dabei wurde ein Erlöser, ein Held gesucht, der in das goldene Zeitalter führen konnte. In dieser unstabilen Situation bildet sich das erneuerte Dostoevskij-Bild heraus. Aber warum Dostoevskij? Um diese Frage zu beantworten, sollen drei Strömungen in der Dostoevskij-Rezeption unterschieden werden: eine außenpolitische, eine innenpolitische und eine vorpolitische (metaphysische). Dostoevskij als Träger der russischen Volksidee entsprach dem außenpolitischen Programm Deutschlands, das gegen den Westen und auf die Gewinnung neuer Kolonien ausgerichtet war. Auf der einen Seite festigte Deutschland seine Position in Europa, wo Großbritannien und Frankreich die führende Rolle einnahmen. Daher wurden beide Staaten als Hindernis auf dem Weg zur Verwirklichung der deutschen Ambitionen wahrgenommen. Auf der anderen Seite legte Deutschland seit den er-Jahren seinen Schwerpunkt auf die Weltpolitik, um neue Gebiete zu erobern. In Dostoevskij sah man einen Verfechter dieser Politik, die von ihm vor allem in seinen publizistischen Abhandlungen erläutert wurde. Erstens konnte Dostoevskij als kategorischer Gegner des manipulierenden Westens, bzw. des Liberalismus bezeichnet werden, zweitens sprach er sich dafür aus, dass Konstantinopel zu Russland gehören müsse , was als Expansionspolitik interpretiert werden konnte. Die Ideen Dostoevskijs und Deutschlands harmonierten auch innenpolitisch. Sein Ruf nach dem Nationalen, nach Volk und Boden wurde mit der deutschen Suche nach Identität verknüpft. Dostoevskij war „počvennik“ – er stellte eine unauflösliche Verbindung





Fritz Stern: Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland. Bern u. a. , S. . Vgl. Fjodor M. Dostojewski: Tagebuch eines Schriftstellers. Bd. IV, S. . München .

Politischer Mythos im Kulturtransfer

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zwischen Volk und Boden her, die seiner Meinung nach zur Entdeckung des Nationalen und zur Verbrüderung der Menschheit führen würde. Dostoevskij betrachtete das Volk vorpolitisch, was eine entscheidende Rolle in der deutschen Rezeption spielte. Für ihn bedeutete das russische Volk eine metaphysische, geistige Kraft, die alle Völker vereinigen könne. Darin sah er die historische Mission des russischen Volkes, die in Bezug auf den „Volks“-Begriff in Deutschland zwiespältig dargestellt wurde. In erster Linie war man von der dostoevskischen Grundvorstellung begeistert, dass jedes Volk seine eigene historische Mission habe, die in den Tiefen des nationalen Geists verborgen sei. Aus dieser Sicht war die Konzeption Dostoevskijs ein Musterbeispiel für die Etablierung der Idee „des deutschen Volkes“. Was Moeller van den Bruck als Akteur in diesem Zusammenhang angeht, so schreibt er seine Einleitungen zu der Dostoevskij-Gesamtausgabe nicht als Kulturkritiker und nicht als Historiker, sondern als Vordenker einer Bestätigungsgemeinschaft, die wegen der innen- und außenpolitischen Ereignisse in Deutschland in der Zeit vor dem Krieg vorbereitet und nach dem Krieg etabliert wurde. Es geht ihm nicht um eine Reflexion über die historische Stimmigkeit, sondern um die Formulierung eingängiger Narrative, die der Selbstvergewisserung einer ideologischen Zustimmungsgemeinschaft dienen können. Zur Vermittlung dieser besonderen Ausrichtung wird ein sinnstiftendes Narrativ mit politischmythologischem Charakter eingefordert. Dieses Ursprungsnarrativ ermöglicht es, den inneren Aufbau eines Volkes und eines Volkscharakters herauszuarbeiten und die vermeintliche historische Mission eines Volkes oder einer Nation zu erläutern. Dies nutzt Moeller für die Etablierung seines Denkens auf der politischen Ebene. Durch diese politisch-mythische Instanz wird Dostoevskij von ihm gleichsam transformiert. Hauptobjekte des politischen Mythos sind vor allem Vergangenheit und Zukunft, wobei die Vergangenheit auf die Gegenwart projiziert wird. So könne diese kontrolliert werden. Durch die Vergangenheit kann auch die Zukunft verändert werden. Die Zukunft im politischen Mythos ist doppeldeutig: Einerseits ist sie die wirkliche, zeitliche Zukunft, die Glück und Größe verspricht. Andererseits ist sie die verlorene Vergangenheit, die „goldene Zeit“ einer Nation. Somit ist das Modell des zeitlichen Kontinuums im politischen Mythos nur durch gewisse Ereignisse beschränkt, die symbolischen Wert haben. Es wird eine wahre Idee verwendet, die das Weltbild in einem besonders angenehmen Licht erscheinen lässt. Und diese Idee bildet sich durch die Rückkehr zum Nationalen als Zukunftsvision heraus. Das ist eine der Zielvorstellungen jener Zeit. In der Geschichte gibt es immer einen Anfangspunkt, der die Grundlage für die Entstehung eines politischen Mythos bildet. Wenn wir die Konservative Revolution durch das Prisma dieses Zeitmodells betrachten, dann sehen wir, dass die konservativ-revolutionäre Bewegung durch die Vergangenheit nach der großen Zukunft suchte: Die deutschen Jungkonservativen wollten die Gegenwart als Ergebnis der unmittelbaren Vergangenheit zerstören, um die verlorene „goldene“ Vergangenheit zu begreifen und dadurch eine neue und „große“ Zukunft zu schaffen. Es ist jedoch fraglich, ob der Ausgangspunkt dieser Vergangenheit wirklich in der deutschen nationalen Geschichte zu finden ist. So schreibt Moeller van den Bruck in seinen Arbeiten zum Beispiel nie über Karl den Großen, erwähnt jedoch die Fürsten und die wichtigsten Ereignisse aus der russischen Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Man kann hier durchaus behaupten, dass es nicht immer um eine eigene nationale



Nataliya Kopcha

Geschichte und eigene nationale Helden gehen muss, um einen nationalen politischen Mythos zu konstruieren. Die Einleitungen zu den Werken Dostoevskijs und die weiteren, Dostoevskij gewidmeten Aufsätze bilden einen vielschichtigen politischen Mythos heraus, in dem der russische Schriftsteller als Aktant unterschiedliche Handlungsfunktionen in sich trägt. Dazu haben die innen- und außenpolitischen Ereignisse in Deutschland beigetragen. Vor dem Ersten Weltkrieg tritt Dostoevskij in den Texten Moellers als Held und Erlöser Deutschlands auf, der zusammen mit dem russischen Volk die Zukunft propagiert, aber das Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist noch nicht gefunden. Während des Krieges wird Dostoevskij durch die Sprache weiter politisiert und in dieser Zeit der Kriegsbegeisterung entsteht der deutsche politische Mythos. Nach der Niederlage Deutschlands wird Dostoevskijs Rolle zwar reduziert, aber der deutsche politische Mythos findet seine endgültige Bestätigung. Die Gegenwart soll zerstört werden, damit eine idealistische Vergangenheit wiedergefunden werden kann. Das gesuchte Objekt ist die goldene Zeit der Nation, die im Hauptwerk Moellers „Das Dritte Reich“ proklamiert wurde. Das Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist die Konservative Revolution  erschien der erste Band der Dostoevskij-Gesamtausgabe – der Roman „Die Dämonen“. Das Sujet sollte dem deutschen Publikum die Ursachen der ersten Russischen Revolution erklären. Damit begann die Integration Dostoevskijs in den deutschen Sprachraum. Aber nicht der Roman selbst, sondern Moellers Einleitung dazu ist von besonderem Interesse. Die erste Einleitung mit der Überschrift „Bemerkungen über Dostojewski“ , um die es im Folgenden gehen soll, stellt keineswegs eine einfache, rezeptive Dostoevskij-Appropriation, sondern einen mehrschichtigen, dynamischen Deutungsprozess dar. Moeller geht von der ästhetischen Mythisierung Dostoevskijs und des russischen Volkes aus und fokussiert sich zum Ende hin auf das Politische bei Dostoevskij. Im Text können drei miteinander verknüpfte Schwerpunkte unterschieden werden: das russische Volk als Mythos, Dostoevskij als Schöpfer der besonderen russischen Mythologie und der Roman „Die Dämonen“ als russisches Epos. In dieser Einleitung kommt zum ersten Mal die Formulierung „ein junges Volk“ vor, die später als eines der Hauptkonzepte Moellers bekannt wird. Er führt darin aus, was unter diesem Begriff zur verstehen sei: „Nicht das Alter, sondern die Glut, die Unausgebranntheit der Seele entscheidet über die Jugend der Völker. [. . . ] Ein noch heute junges Volk aber, wie das russische, ist nach wie vor der Erde und dem Chaos nahe.“ Aus Moellers Beschreibung der Eigenschaften des russischen Volkes lassen sich die Merkmale des Mythos herauslesen. So wird die „Jugend“ des russischen Volkes als Mystik bezeichnet, in der die „Zukunft und Bestimmung“ des Volkes liegt. Das russische Volk wird als „Glaubenskünder“ charakterisiert, nur eine slawische Mutter könne „aus der östlichen Welt noch einmal Buddha oder Jesus gebären“. Alles, was im Slawentum geistig geschaffen worden sei, liege „auf dem Wege von seiner latenten Volksmystik zu einer bereits geoffen-





Arthur Moeller van den Bruck: Bemerkungen über Dostojewski. In: Fjodor M. Dostojewski: Die Dämonen. Sämtliche Werke. Abt. , Bd. . München/Leipzig , S. VII–XV. Ebd.

Politischer Mythos im Kulturtransfer

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barten Weltreligion“. Es gibt also eine Mystifizierung, einen Erlöser und eine Sendung. Das ist zwar noch kein politischer Mythos, aber er wird durch Dostoevskij weiter politisch konnotiert. Dostoevskij wird von Moeller als alleiniger Schöpfer der neuen Weltanschauung dargestellt, der das Ursprüngliche Russlands erkannt und es mit der Wirklichkeit verbunden habe. Moeller analysiert die kulturelle Situation Russlands in Vergangenheit und Gegenwart und kommt zu dem Schluss, dass nur Dostoevskij imstande war, das russische, bzw. slawische Volkstum zu begreifen und den „mystischen Untergrund“ des Nationalcharakters offenzulegen. Dostoevskij habe Russland eine Mythologie gegeben, aber nicht im archaischen Sinn, sondern „eine moderne, eine naturalistische, eine psychologische“ Mythologie. Moeller verwendet hier den hybridisierten Begriff „Wirklichkeitsmythologie“. Sie betrifft nicht nur Russland, sondern die ganze Welt: Wenn die Mystik für Russland von Bedeutung ist, ist die Wirklichkeit wichtig für die Welt. Diese Säkularisierung des Mythologie-Begriffs und die Zwienatur Dostoevskijs (Naturalist und Mystiker) machen das „Fremde“ verständlich und adaptierbar. Einerseits ist Dostoevskij ein Träger des Volkmythos, da er ein Teil des russischen Volkes ist, andererseits ist er ein Helfer für die westliche Kultur im Sinn des politischen Mythos. Wenn Dostoevskij sich zwischen mystischer Mythologie und naturalistischer Wirklichkeit befindet, balanciert Moeller selbst zwischen philosophischer Ästhetik und mythischer Politik, als er am Ende der Einleitung zur eigentlichen Interpretation des Romans kommt. Er definiert die „Dämonen“ als „Revolutionsepos“. Hier wird die Vereinigung des Wirklichen (Revolution) und des Neoarchaischen (nationales Epos) dargestellt. Die Politik ist für Moeller ein Bestandteil auf dem Weg zur Allmenschenliebe. Er stellt fest: „Das politische und soziale Gebiet ist gewissermaßen das mittlere und vermittelnde, das der russische Ideologe auf seinem Wege zum religiösen und theokratischen trifft.“ Moeller schreibt über den „politischen Utopismus, der sich steigern kann bis zur politischen Mystik“. Hier ist die Tendenz zum politischen Mythos klar erkennbar. Der Mythos vom jungen russischen Volk wandelt sich bei Moeller in die Fokussierung auf die politisch geprägten Sonderaspekte bei Dostoevskij. In den abschließenden Sätzen zählt er die Aspekte auf, die Dostoevskij zum Schreiben von Romanen geführt hätten: So seien „seine politischen Anschauungen reif und fest geworden“ in einem „ganz bestimmten russischen Nationalismus und slavischen Rassebewußtsein“. Diese Konzentration auf die Sonderaspekte weist auf Moellers Interessen hin, führt zu einer Neuinterpretation Dostoevskijs und wird später zur Basis des politischen Mythos.  verfasst Moeller seine Einleitung „Bemerkungen über sibirische Möglichkeiten“. Das Hauptthema ist die Zukunft Sibirien, wo sich ein neues Volk herausbildet. Für uns ist von Bedeutung, dass Dostoevskij für Moeller zum Ausgangspunkt dieser

   

Moeller van den Bruck: Bemerkungen über Dostojewski, S. VII–XV. Ebd., S. X. Ebd. Arthur Moeller van den Bruck: Bemerkungen über sibirische Möglichkeiten. In: Dostojewski, Die Dämonen, S. VII–XX.

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Nataliya Kopcha

Idee wurde. Sibirien wird hier als ein Ort „des Lebens und der Zukunft“ mit seiner eigenen Landschaft interpretiert, wo früher oder später eine „politische Loslösung und Verselbständigung“ erfolgen werde. Schließlich werde „Russen und Sibiren nur noch dasjenige verbinden, was überhaupt unzerstörbar im Völkerleben ist: das Rassenhafte, das gemeinsam Slawische.“ Von den Figuren aus Dostoevskijs „Aus einem Totenhaus“ ausgehend, vertritt Moeller die These, dass nur die stärkeren, tätigeren Persönlichkeiten aus allen sozialen Schichten freiwillig nach Sibirien kommen, während die „gefügigeren“ und „untätigeren“ in Russland bleiben würden. Er orientiert sich an der Rassentheorie, wenn er über die „Gesetze der Auslese und die größere Erhaltung der stärkeren Rasse“ spricht. Sibirien sei die beste Landschaft dafür. In der Hinsicht, dass die Sibirer „ja doch das allerbegabteste, allerstärkste Volk in unserem ganzen russischen Volke “ seien, stimmt Moeller Dostoevskij zu. Allerdings möchte er die dostoevskische Verzweiflung, die im Titel des Werks zum Ausdruck kommt, widerlegen, da er in Sibirien die Zukunft des „jungen“, freien und schöpferischen Volkes mit eigenen, bereits herausgebildeten Eigenschaften sieht. Der letzte Teil der Einleitung ist Dostoevskij gewidmet. Moeller ist der Meinung, dass der russische Schriftsteller eine panslawistische Sichtweise einnehmen würde und in Bezug auf die Bevölkerung Sibiriens von „Russen“ spreche, obwohl „man in allem Sibirischen überall auf frische seelische Neuwerte “ stoße. Für Moeller ist Dostoevskij ein „Prophet“, der „ein erstes anthropologisches und psychologisches Dokument für Sibirien“ geschaffen habe, aber noch „kein sibirisches Programmbuch“ – Moeller van den Bruck scheint sich selbst für diese Rolle vorzusehen. Nun ist Moeller selbst der Schöpfer des neuen Mythos vom sibirischen Volk. Unter dem „neuen“ Volk versteht er die Verknüpfung des „Besten“ Russlands und Sibiriens: Aus Russland werden der von Dostoevskij deklarierte Psychologismus und die Religion genommen, Sibirien werde „aus der Pionierhaftigkeit seiner Bevölkerung heraus“ immer Leben, Werk, Arbeit und „eine vielleicht sogar sehr bedeutende Kultur“ zu geben haben. In dieser Einleitung geht es nicht um Politisches, jedoch ist es wichtig, wie sich die Position Moellers entwickelt. In der Einleitung zum Roman „Der Idiot“ () gewinnt der Mythos vom sibirischen Volk eine neue Bedeutung. Moeller schreibt, dass für das „leidende“ Russentum das Christliche, sowie Geduld und Demut charakteristisch seien; das „tätige“ Russentum schaffe „die eigentlich russischen Werte“ und sei als „Germanisch-Sibirisches“ Russentum bezeichnet worden. Daraus entwickelt Moeller seine Perspektive: Hatte er früher         

Moeller van den Bruck, Bemerkungen über sibirische Möglichkeiten, S. XII. Ebd., S. X. Ebd., S. XII. Zit. ebd., S. XII. Ebd., S. XV. Ebd. Ebd. Ebd., S. XIV. Arthur Moeller van den Bruck: Bemerkungen über russische Mystik. In: Fjodor M. Dostojewski: Der Idiot. Sämtliche Werke. Abt. , Bd. . München/Leipzig , S. XVII.

Politischer Mythos im Kulturtransfer

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in Sibirien „eine große slawische Zukunft“ gesehen, so orientiert er sich nun an den „sibirischen Möglichkeiten“, an der germanischen Zukunft, die jedoch von ihm mit der russischen Religiosität verbunden wird. Obwohl Moeller van den Bruck in dieser Einleitung mehr über Dostoevskij selbst schreibt als in früheren Einleitungen und ihn auch zitiert, spielt der russische Schriftsteller darin keine allzu bedeutende Rolle. Er ist nur Objekt, während sich Moeller als Schöpfer des Mythos fest etabliert. Von Dostoevskij übernimmt er das Hauptthema des russischen Volkes und die Betonung von dessen Sendung in der Weltgeschichte. Dostojevskijs Grundgedanken werden von Moeller abgewandelt. In der Hinwendung Moellers zu Sibirien und in seinem Versuch, diesen Ort den Germanen bzw. den Deutschen anzupassen, ist das Interesse des frühen . Jahrhunderts am Osten zu erkennen. Dort stand man in dieser Zeit dem westlichen Rationalismus ablehnend gegenüber. Für Moeller wurde Russland stark vom Westen beeinflusst, jedoch entdeckte er dort auch etwas Neues und noch Unbekanntes. So instrumentalisiert Moeller dieses kulturphilosophische Interesse und stellt es in einen geopolitischen Kontext. Moeller tritt in diesem Text als Schöpfer eines Mythos in den Vordergrund, während Dostoevskij an Bedeutung verliert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Moeller in den untersuchten Einleitungen zu den Werken Dostoevskijs seine eigene Theorie über das „junge Volk“ herausarbeitet. Von der mystischen Dimension kommt er zum Rassegedanken, vom jungen Russentum zum neuen „germanisch-sibirischen“ Volk. Dostoevskijs Idee von der erlösenden Kraft des russischen Volkes wurde von Moeller instrumentalisiert und transformiert, so dass sie seiner deutschen Konzeption entsprechen konnte. Er charakterisiert die von Dostoevskij betonte Rolle der Religion als Bestandteil Russlands und behauptet, dass sie auch für das neue sibirische Volk von Bedeutung wäre. Daraus ergibt sich, dass eine neue mystische Religion und ein junges Volk die Grundlage für ein neues Reich bilden können. Es geht nicht mehr um eine Mission im christlichen Sinn, sondern um die zukünftige geopolitische Lage, um den deutsch-russischen Kampf gegen den Westen. Was Dostoevskij betrifft, so kann er als Trickster bezeichnet werden, da bei ihm keine konsequente Entwicklung zu beobachten ist. Er ist der Schöpfer eines Mythos, ein Prophet und ein Vermittler. Aber es soll betont werden, dass er immer aus der politischen Perspektive betrachtet wird. Moeller van den Bruck hingegen durchläuft eine Entwicklung:  noch ein Rezipient Dostoevskijs, wurde er nach dem Ersten Weltkrieg zum selbstbestimmten und unabhängigen Schöpfer des Mythos vom Dritten Reich. Das Dritte Reich war für Moeller van den Bruck ein Ziel, das durch eine nationale Revolution erreicht werden könne. Unter dieser Revolution ist die Konservative Revolution zu verstehen, deren Voraussetzungen Moeller bei Dostoevskij gefunden hat.

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Moeller van den Bruck, Bemerkungen über sibirische Möglichkeiten, S. XV.

Yuliya von Saal Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld Nach der Jahrtausendwende wurden „Kriegskinder“ als „letzte Zeugen“ von der öffentlichen Erinnerung geradezu „entdeckt“ und rückten in das Zentrum der wissenschaftlichen und medialen Aufmerksamkeit. Vor allem in Deutschland wurden zahlreiche autobiografische Texte publiziert, begleitet von der literarischen und filmischen Verarbeitung des Themas. Eine ähnliche Konjunktur ist in den Ländern Osteuropas, insbesondere in Russland und in Belarus zu beobachten. Auch dort ist in den letzten Jahren eine Vielzahl an Veröffentlichungen erschienen. Noch mehr als im westlichen Europa und in Deutschland handelt es sich dabei vor allem um Zeitzeugenberichte. Trotz des Interesses am Thema „Kriegskinder“ weist die Forschung sowohl in Deutschland als auch in Russland bzw. in Belarus Desiderate und Schieflagen auf. Der gegenwärtige „Kriegskinderdiskurs“ wird weitgehend national- und europazentriert und mit einem auf den Trauma-Begriff reduzierten Referenz- und Erfahrungsrahmen geführt. In Deutschland dominiert eine Erzählung, in der eine ganze Generation als eine passive und homogene Opfermasse des Krieges erscheint. Sowjetische „Kriegskinder“ kommen darin kaum vor. Die Begrifflichkeit „Kriegskinder“ verkommt dabei zu einer allgemeinen reflexiven „Verarbeitungskategorie“. Eine ähnliche Aneignung des Begriffs ist in der russischen und belarussischen Historiografie zu beobachten, wobei dort ein sakrales Opferbild der Kriegskinder überwiegt. Darüber hinaus existiert eine abstrakte Vorstellung von einer „Kriegskindheit“, die es auch in der Sowjetunion singulär nicht gab. Die Erfahrungen der Kinder waren abhängig von Zeit, Raum und anderen, die Erfahrungen überlagernden Faktoren sehr unterschied 



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Swetlana Alexijewitsch: Die letzten Zeugen. Kinder im Zweiten Weltkrieg. Bonn . Michael Heinlein: Die Erfindung der Erinnerung. Deutsche Kriegskindheiten im Gedächtnis der Gegenwart. Bielefeld ; Lu Seegers, Jürgen Reulecke (Hrsg.): Die „Generation der Kriegskinder“. Historische Hintergründe und Deutungen. Gießen ; Norbert Frei:  und Wir. Das Dritte Reich im Bewusstsein der Deutschen. München , S. . Ausnahmen sind das Buch von Nicholas Stargardt: „Maikäfer flieg!” Hitlers Krieg und die Kinder. München  und Francesca Weil, André Postert, Alfons Kenkmann (Hrsg.): Kindheiten im Zweiten Weltkrieg. Halle ; vgl. auch Lynn H. Nicholas: Cruel World. The Children of Europe in the Nazi Web. New York . Weil, Postert, Kenkmann (Hrsg.), Kindheiten im Zweiten Weltkrieg, S. . Lu Seegers nennt auf Westeuropa bezogen etwa die soziale Schichtzugehörigkeit, Bildungsstand, Konfession, politische Orientierung, die Zuweisung rassischer Zugehörigkeit und persönliche

https://doi.org/./-

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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lich und lassen sich, nur auf Grund einer generationellen Vergemeinschaftung, nicht auf einen Nenner bringen. Auch kann nicht von einer verwandten Wahrnehmung des Krieges gesprochen werden. Eine weitere Konsequenz der ausgebliebenen wissenschaftlichen Reflexion ist das Füllen des entstandenen Vakuums durch die Zeitzeugen. „Kriegskinder“ sind in den letzten zwanzig Jahren aus dem Schatten der konformen sowjetischen Mastererzählung herausgekommen und haben ihre bisher passive Haltung gegen den Anspruch auf die aktive Mitwirkung bei der Kanonisierung ihrer Geschichte getauscht. Sie ringen immer noch um eine Anerkennung, teils in Konkurrenz zueinander, im öffentlichen, im rechtlichen und medialen Raum. Ihre in hohem Maße emotional aufgeladene Geschichtsdeutung wurde teilweise vom kommunikativen ins kulturelle Gedächtnis übernommen. In Fällen, wo diese Deutung von der staatlichen Ebene beansprucht wird, erweist sich eine seriöse historische Auseinandersetzung mit den Kriegskindheiten als besonders schwierig. In der Folge werden dabei nicht nur bestimmte kinderspezifische Erfahrungen des Krieges marginalisiert, sondern auch die Pluralität der Kriegskindheiten eingeebnet. Als Beispiel sei die Mitgliedschaft der Jugendlichen im profaschistischen „Weißruthenischen Jugendwerk“ genannt. Auch die strukturellen Bedingungen der Kindheiten geraten dabei vollends aus dem Blick. An dieser Stelle setzt der vorliegende Beitrag an, der die Vorüberlegungen zu einem geplanten größeren Projekt über sowjetische Kriegskindheiten im Großen Vaterländischen Krieg darstellt und dabei den Blick auf die Minderjährigen im besetzten Belarus richtet. Die Arbeit folgt der Prämisse, dass, obwohl Kriegskinder per se eine besonders verletzliche Gruppe der Gesellschaft darstellen, sie dennoch nicht auf eine passive Opferrolle zu reduzieren sind. Kinder sind auch Akteure und sie partizipieren am Kriegsgeschehen, jedoch anders als Erwachsene und je nach den gegebenen strukturalen Bedingungen. Sie wurden umso mehr gezwungen als Subjekte aufzutreten, je radikaler der Krieg die Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung und die klassischen Institutionen der Kindheit, wie Familie oder Schule, zerstörte und somit auch die generationalen Fürsorgebeziehungen und Ordnungen verschob oder gar die Grenzen zwischen Kind und Erwachsenem aufhob. Dort, wo die bisher geltenden und ordnenden Strukturen und sozialen Zusammenhänge brutal zerstört wurden, werden auch Kinder aufgefordert, bewusst oder unbewusst selbstständig und eigenverantwortlich zu agieren, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen, wie dies auf dem sowjetischen Kriegsschauplatz und insbesondere in dessen







Charakteristika. Lu Seegers: „Vati blieb im Krieg“. Vaterlosigkeit als generationelle Erfahrung im . Jahrhundert – Deutschland und Polen. Göttingen , S.  ff. Vgl. z. B. Arkadij Škuran, Anatolij Rožkov (sost.): Deti Belarusi v vojne – gg. Prestuplenija vermachta: akcija „Seno“,  g. Minsk . Ein beredtes Beispiel ist die Erinnerung an die sogenannten „Kinderlager“ in Belarus, die im Zuge der HEU-Aktion im Frühjahr/Sommer  von der Wehrmacht entlang der Frontlinien im Südosten von Belarus eingerichtet wurden. Ausführlich siehe Yuliya v. Saal: „Bandenkinder“: Kinderlager im Spiegel der Quellen und Erinnerungen der Überlebenden im besetzten Belarus. In: Weil, Postert, Kenkmann (Hrsg.), Kindheiten im Zweiten Weltkrieg, S. –. Hans-Heino Ewers, Jana Mikota, Jürgen Reulecke, Jürgen Zinnecker (Hrsg.): Erinnerungen an Kriegskindheiten. Erfahrungsräume, Erinnerungskultur und Geschichtspolitik unter sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive. Weinheim/München , hier S. .

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Yuliya von Saal

westlichen Gebieten der Fall war. Belarus mit einem hohen Anteil an Minderjährigen und seiner topografischen Lage von  bis  als der „Korridor“ des Krieges steht paradigmatisch für eine solche Zerstörung und für die vielen Erfahrungen sowie unterschiedlichen „Kriegskindheiten“. Eine Erschließung von Kriegskindheiten hat methodisch eine erweiterte Erfahrungsgeschichte des Zweiten Weltkrieges zur Folge und muss einem akteurszentrierten Ansatz folgen, der einige Herausforderungen mit sich bringt. Die größte Schwierigkeit besteht darin, dass Kinder eher „stumme Zeugen“ ihrer Lebenswelten sind, die nur wenige gegenwartsbezogene Zeugnisse hinterlassen haben. Ihre Kriegserfahrungen müssen mit sozialwissenschaftlichen Methoden erst erschlossen werden. Es liegt jedoch in der Natur des Begriffs „Erfahrung“, dass diese nie objektiv und repräsentativ sein kann und dass „Erfahrungsräume“ im strengen Sinne einen selektiven Konstruktcharakter aufweisen. Die mündlich oder schriftlich erinnerten Ereignisse stellen eine „konstruierte Erfahrungssynthese“ dar, da sie indirekt, bewusst und unbewusst umgearbeitet, mit kollektiven Erzählungen und individuellen Entwürfen eng verwoben und aufgeschichtet sind. Gleichwohl weiß man aus Kognitions- und neurowissenschaftlichen Untersuchungen, dass bei Kindern die emotionale Wahrnehmung und das sensorische Gedächtnis über das kognitive dominieren und dass Kinder nach dem dritten Lebensjahr sehr gut und zuverlässig bestimmte Ereignisse abrufen können. Gerade traumatische Erfahrungen unterliegen weniger einer Transformation. In diesem Fall kann die „Gegenwart [. . . ] ihre Funktion als hermeneutischer Fokus, unter dem die Vergangenheit wahrgenommen und strukturiert wird“ , nur sehr begrenzt ausüben. Bei der praktischen Arbeit mit den Quellen lässt sich die Verflechtung von „erlebten“ und „erzählten“ Geschichten dennoch nicht immer auf-



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Wenn im Folgenden von Belarus die Rede sein wird, dann ist damit sowohl das unter Zivilverwaltung stehende westliche Generalkommissariat Weißruthenien als auch die östliche, unter Militärverwaltung befindliche Hälfte der BSSR gemeint. Diese Sicht ist der angestrebten komparatistischen Vorgehensweise geschuldet, die eine systematische Differenzierung von Kindeserfahrungen in Zeit und Raum ermöglicht. Zum Begriff „Erfahrung“ und seiner Operationalisierung siehe Reinhart Koselleck: „Erfahrungsraum“ und „Erwartungshorizont“ – zwei historische Kategorien. In: Ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt a. M. ; Nikolaus Buschmann, Horst Carl (Hrsg.): Die Erfahrung des Krieges. Erfahrungsgeschichtliche Perspektiven von der Französischen Revolution bis zum Zweiten Weltkrieg. Paderborn ; Koselleck, Vergangene Zukunft, S. ; Ulrike Jureit: Authentische und konstruierte Erinnerung. Methodische Überlegungen zu biographischen Sinnkonstruktionen. In: Werkstatt Geschichte  (), S. –; dies.: Erfahrungsaufschichtung: Die diskursive Lagerung autobiographischer Erinnerungen. In: Magnus Brechtken (Hrsg.): Life Writing and Political Memoir – Lebenszeugnisse und Politische Memoiren. Göttingen , S. –. Werner Bohleber: Zum Problem der Veridikalität von Erinnerungen. In: BIOS. Zeitschrift für Biographieforschung, Oral History und Lebensverlaufsanalysen  (), Sonderheft, S. –, hier S. ; V. Boleber: Vospominanija i istorizacija: transformacija individual’noj i kollektivnoj travmy i ee mežpokolenčeskaja peredača. In: Žurnal Praktičeskoj Psichologii i Psichoanaliza , Nr. ; Marina Potemkina: Otraženie vojny v pamjati e˙vakuirovannych detej. In: A.Jü. Rožkov (red.): Vtoraja mirovaja vojna v detskich „ramkach pamjati“. Krasnodar , S. –.

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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lösen, sodass von der „erzählten“ Geschichte nicht automatisch auf die „erlebte“ geschlossen werden kann. Der Prozess der „Erfahrungssynthese“ entzieht sich somit einer unmittelbaren Auswertung. Dieser Widerspruch lässt sich auch in diesem Forschungsvorhaben nicht gänzlich beseitigen, die methodische „Unschärfe“ kann aber durch die Kombination verschiedener Methoden und vor allem durch die Verwendung von verschiedenen Quellengattungen reduziert werden. Entsprechend plural fällt daher die methodische Vorgehensweise und disparat die Quellenbasis aus, die einer umfassenden Auswertung bedarf. Als schwierig erweisen sich ferner die Eingrenzung und die Definition des „Kindseins“, die im Folgenden thematisiert werden sollen. Nach einer kurzen Zusammenfassung der Forschung werden hier der methodische Ansatz und die damit zusammenhängenden Herausforderungen diskutiert. Vor diesem Hintergrund wird anschließend die Umsetzung des Forschungsvorhabens spezifiziert. Ein empirischer Teil zu Spezifika, Ambivalenz und den politischen sowie sozialen Bedingungen von „Kindheiten“ unter deutscher Besatzung schließt diesen Aufsatz ab.

Asymmetrien der historischen Auseinandersetzung mit „Kriegskindern“ Trotz der vielfältigen Erforschung des deutsch-sowjetischen Krieges und der „Entdeckung“ von Kriegskindern im Allgemeinen, steht eine historisch reflektierte Zusammenführung beider Forschungsstränge noch aus. Zwar sind in den letzten zwei Jahrzehnten einige fundamentale Untersuchungen entstanden, welche die einheimische Bevölkerung der Sowjetunion während des Zweiten Weltkrieges stärker in den Blick nehmen, doch kommen darin Kinder als Gruppe nur am Rande und aus dem Blickwinkel der deutschen Täter-Forschung als passive Opfer vor. In der deutschen Historiografie thematisierten lediglich die Studien von Bernhard Chiari und Christian Gerlach den Umgang der Deutschen mit sowjetischen Kindern in je einem Kapitel ihrer Arbeiten zur deutschen Besatzungs- und Vernichtungspolitik in Belarus explizit. Chiari beschreibt die katastrophale Situation der Kinder, das nur rudimentär erhaltene Schulwesen unter deutscher Zivilverwaltung und die nationalsozialistische Indoktrinierung der Jugend. Gerlach zeigt vor allem das wachsende politische und wirtschaftliche Interesse der Besatzer an den Kindern und Jugendlichen. Als eigenständige Akteure analysierte Johannes-Dieter Stei-

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Jureit, Authentische und konstruierte Erinnerung; Harald Welzer: Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung. München , S.  ff. Tanja Penter: Kohle für Stalin und Hitler. Arbeiten und Leben im Donbass  bis . Essen ; Alexander Brakel: Unter Rotem Stern und Hakenkreuz. Baranowicze  bis . Das westliche Weißrussland unter sowjetischer und deutscher Besatzung. Paderborn ; Dieter Pohl: Die Herrschaft der Wehrmacht. Deutsche Militärbesatzung und einheimische Bevölkerung in der Sowjetunion –. Frankfurt a. M. ; Karel C. Berkhoff : Harvest of Despair. Life and Death in Ukraine under Nazi Rule. Cambridge ; Bernhard Chiari: Alltag hinter der Front. Besatzung, Kollaboration und Widerstand in Weißrußland, –. Düsseldorf ; Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland  bis . Hamburg .

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Yuliya von Saal

nert sowjetische Kinder und ihre Erfahrungen als Zwangsarbeiter. Dabei hat Steinert die enge Verflechtung zwischen Heinrich Himmlers Germanisierungsplänen und dem Zwangsarbeitereinsatz herausgearbeitet und die zunehmende Brutalisierung der deutschen Rekrutierungspolitik gegenüber Kindern in der Endphase des Krieges aufgezeigt. Dass die zentralen NS-Stellen relativ früh unterschiedliche und mit dem Kriegsverlauf wachsende Interessen für Kinder und Jugendliche auf dem Gebiet der Sowjetunion entwickelten, haben auch andere Studien zum deutsch-sowjetischen Krieg gezeigt. Während die deutschsprachige Forschung Kinder nur am Rande und meist aus der Perspektive der Täter thematisierte, fragten angelsächsische Historiker nach Erwartungen des sowjetischen Staates an Kinder und nach deren Erfahrungen im Kontext des Stalinismus. Die amerikanische Wissenschaftlerin Julie deGraffenried hat sehr überzeugend dargelegt, wie der sowjetische Mythos der „glücklichen“, jedoch passiven „Kindheit“ Ende der er-Jahre (Happy Childhood/„cчаcтливое детcтво“ ) mit dem Ausbruch des Krieges durch das Paradigma der militarisierten Sacrificing Childhood abgelöst wurde, das von allen Kindern Aufopferungsbereitschaft einforderte und Millionen von ihnen für die Bedürfnisse des Krieges erfolgreich mobilisierte. Die Kriegserfahrungen der Minderjährigen im sowjetischen Russland, die deGraffenried an diversen Beispielen festmacht, waren daher durch diese Erwartungshaltung stark vorbestimmt. Auf die Wirkung des Mythos der Sacrificing Childhood führt Lisa Kirschenbaum gar die Resilienz sowjetischer Kriegskinder zurück. Diese habe ihnen geholfen, ihren eigenen traumatisierenden Kriegserfahrungen einen Sinn zu geben. Das Bild des Kindes (sowohl als Opfer als auch als Held) spielte außerdem eine signifikante Rolle in der Kriegspropaganda der Sowjetunion. Wie ihre britische Kollegin Olga Kucherenko hat auch DeGraffenried darüber hinaus den inhärenten Widerspruch der spätstalinistischen Konstruktion der Kindheit  

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Johannes-Dieter Steinert: Deportation und Zwangsarbeit. Polnische und sowjetische Kinder im nationalsozialistischen Deutschland und im besetzten Osteuropa –. Essen . Alexander Pesetsky: Kinder im Fokus von Politik und Propaganda in der Zwischenkriegszeit und im Krieg. In: Alexander Friedman, Rainer Hudemann (Hrsg.): Diskriminiert – vernichtet – vergessen. Behinderte in der Sowjetunion unter nationalsozialistischer Besatzung und im Ostblock –. Stuttgart , S. –; Regine Mühlhäuser: Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion –. Hamburg . Mühlhäuser thematisiert das Interesse der NS-Stellen für die Kinder der Wehrmachtssoldaten; Saal v., „Bandenkinder“: Kinderlager im Spiegel der Quellen und Erinnerungen der Überlebenden im besetzten Belarus. Grundlegend zur russischen bzw. sowjetischen Kindheit: Catriona Kelly: Children’s World. Growing Up in Russia, –. New Haven ; Elizabeth White: A Modern History of Russian Childhood. From the Late Imperial Period to the Collapse of the Soviet Union. London . Julie K. deGraffenried : Sacrificing Childhood. Children and the Soviet State in the Great Patriotic War. Lawrence . Lisa A. Kirschenbaum: The Meaning of Resilience: Soviet Children in World War II. Journal of Interdisciplinary History  (), Nr. , S. –; vgl. auch Marina Gulina, Filipp Gulin: Travma voennogo detstva. Blokada, e˙vakuacija, okkupacija. Istoriko-psichologičeskoe issledovanie. Sankt-Peterburg . Kelly, Children’s World, S.  ff.; Olga Voronina: Sons and Daughters of the Regiment: The Representation of the WWII Child Hero in the Soviet Media and Children’s Literature of the

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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herausgearbeitet: Einerseits bemühte sich der Staat vor allem ab  um die Wiedergewinnung der totalen Kontrolle und somit um die Rückkehr zum propagierten Modell der „glücklichen Kindheit“, andererseits widersprach der vor allem nach dem Krieg wiederaufgebaute Mythos des fürsorglichen Staates der sozialistischen Realität. Kucherenko argumentiert überzeugend, dass neben dem Krieg auch der Stalinismus für die Verwahrlosung und Kriminalisierung von Millionen von Kindern ursächlich war. Mit dem Modell der „opferbereiten Kindheit“ korrespondiert die sowjetische Kriegsgeschichtsschreibung, welche Kriegskinder, in der Regel die jungen Pioniere (im Alter zwischen  und ), im glorifizierenden Narrativ des selbstlosen Kampfes gegen die Besatzer zwar sakralisierte, die tragischen, trivial-alltäglichen und insgesamt wenig heldenhaften Erfahrungen hingegen verschwieg oder tabuisierte. Erst mit dem Ende der Sowjetunion und mit der Entstehung neuer postsowjetischer nationaler Geschichtsnarrative wurden Risse im monolithischen sowjetischen Masternarrativ sichtbar. Zeugnissammlungen und kleinere Studien zeichnen heute ein differenzierteres und bedrückendes Bild der „Kriegskinder“: Es vermittelt die chaotischen Evakuierungen von Kindern, die katastrophale Lage der Kriegswaisen in den umkämpften russischen Gebieten, die Zusammenarbeit

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s. In: Filoteknos , Vol. , S. –; Marina Balina: Writing Usable Futures: Narratives of war Childhood. In: Ebd., S. –. Olga Kucherenko: Soviet Street Children and the Second World War. Welfare and Social Control under Stalin. London u. a. ; dies.: Without a Family: Public Order, Social Welfare and Street Children in the Wartime Soviet Union. In: Australian Journal of Politics and History  (), Nr. , S. –. Die einschlägige und vor allem für Kinder bestimmte Literatur ist zahlreich. Stellvertretend seien zwei Klassiker genannt: Der  veröffentlichte Sammelband „Nikoli ne zabudzem“ mit Zeugnissen belarussischer Kriegskinder, der von der Redaktion der Zeitung „Bjarozka“ bereits  initiiert worden war, sowie die  publizierte Erzählung des Kriegskorrespondenten Valentin Kataev „Syn polka“. Der Sammelband wurde für den Druck zusammen mit dem belarussischen Kinderbuchautor Janka Mavr und Jakub Kolas akribisch vorbereitet. Es wurden insgesamt etwa  Zeugnisse gesammelt; die Redaktion definierte jedoch den heldenhaften Erzählmodus vor und legte damit fest, welche Erfahrungen lesens- und veröffentlichungswert seien. Der Holocaust und das Schicksal jüdischer Kinder findet dort z. B. keinerlei Erwähnung. Das Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt, -mal wiederaufgelegt und millionenfach verkauft. Ein weithin bekanntes Werk ist die Erzählung „Syn polka“. Sie handelt von der Aufnahme eines verwaisten Jungen in ein Artillerie-Regiment und seiner Adoption als „Sohn des Regiments“, was eine weit verbreitete Erfahrung für viele sowjetische Kinder und Jugendliche während des Krieges darstellte. Zum martyrologischen Bild des Kriegskindes in der Kinderliteratur siehe die Arbeiten von Svetlana Leontjeva, u. a.: Svetlana Leontjeva: Pioner – vsem primer. In: Otečestvennye zapiski . Nr. , S. –; dies.: Literatura pionerskoj organizacii: ideologija i po˙etika. URL: http://www.ruthenia.ru/folklore/leontieva.pdf Marina N. Potemkina: Magnitogorsk: „So sterben, dass die Heimat stolz sein kann!“ (Kriegskindheit in der Evakuierung). In: Bulletin des Deutschen Historischen Instituts Moskau , Nr. , S. –; Rebecca Manley: To the Tashkent Station. Evacuation and Survival in the Soviet Union at War. Ithaca . Evgenij Krinko, Tat’jana Chlynina, Ilona Jurčuk: Na grani vyživanija: detskie doma Kubani v – gody. In: Elena Jarskaja-Smirnova, Pavel Romanov: Sovetskaja social’naja politika. Sce-

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Yuliya von Saal

der Kinder mit den Besatzern und den in der Sowjetunion lange heruntergespielten Holocaust . Dabei wird auch die kinderspezifische Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg zunehmend zum Forschungsgegenstand. Besonders hervorzuheben sind die anthropologischen Studien der russischen Historiker Marina Ryblova und Evgenij Krinko, die Kriegskindheiten der Stalingrader Kinder erstmals systematisch, quellenkritisch und als ein soziales Phänomen dekonstruieren. Doch trotz dieser auf den ersten Blick vielfältigen Forschungsbeiträge bleibt das Thema der „Kriegskinder“ auch in den vom Krieg betroffenen Ländern wenig systematisch untersucht. Generell wird die postsowjetische Forschungslandschaft durch eine starke Segmentierung nach Einzelaspekten und Regionen (mit einem Akzent auf Stalingrad und Südrussland) sowie die oben erwähnte Präferenz des Oral History-Ansatzes charakterisiert. Hinzu kommt die Ausrichtung der Geschichtswissenschaft auf die Einheit des Nationalstaates – eine Perspektive, die die Täterseite und deren Quellen zumeist ausschließt. Differenzierte Fragen nach Verflechtungen, nach sozialen Konstrukten der „Kriegskindheiten“ und nach den Handlungsfähigkeiten der Kinder jenseits des Modus des „heroischen Opfers“, des sacrificiums, versus den des „Verräters“ werden so kaum zugelassen. Die Erfahrungsräume der Kinder im Krieg und somit ihre Kindheiten waren jedoch je nach geografischem Raum, Zeit, Alter und Geschlecht sehr unterschiedlich und gerade im besetzten Gebiet – anders als hinter der Front – sehr spezifisch. Die Beschäftigung mit dem Themenkomplex „Sowjetische Kriegskindheiten“ muss daher komparatistisch und in Relation sowohl zur Programmatik der deutschen Besatzung als auch zu dem von deGraffenried herausgearbeiteten sowjetischen Modell der Sacrificing Childhood erfolgen, wobei Kinder als handelnde Subjekte der Geschichte zu betrachten sind.

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ny i dejstvujuščie lica, –. Moskva , S. –; Boris Kovalev: Povsednevnaja žizn’ naselenija Rossii v period nacistskoj okkupacii. Moskva , S. –. Svjatoslav Kulinok: Deti – diversanty nemeckich specslužb. In: Belaruskaja dumka , Nr. . K. I. Kozak: Vojna i deti. – gg. In: Marija Žukova: Vojna pričinjaet mne bol’. Minsk ; Leonid Smilovickij: Katastrofa evreev v Belorussii, – gg. Tel’-Aviv . Rožkov (red.), Vtoraja mirovaja vojna v detskich „ramkach pamjati“; Oxane Leingang: Sowjetische Kindheit im Zweiten Weltkrieg. Generationsentwürfe im Kontext nationaler Erinnerungskultur. Heidelberg . Maria Ryblova, Evgenij Krynko u. a. (Hrsg.): Detstvo i vojna. Kul’tura povsednevnosti, mechanizmy adaptacii i praktiki vyživanija detej v uslovijach Velikoj Otečestvennoj vojny (Na materialach Stalingradskoj bitvy). Volgograd ; Marina Ryblova: „Territorija detstva“ v prostranstve Velikoj Otečestvennoj Vojny. Einige Studien sind auf der Homepage der Autorin abrufbar. URL: http://ryblova.ru/stati/territoriya-detstva-v-prostranstve-velikoj-otechestvennojvojny-na-materialah-stalingradskoj-bitvy Stellvertretend hierfür ist die Arbeit Veronika Bezdel’ : Dzeci na akupavanaj t˙erytoryi Belarusi (–). Vicebsk .

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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Heuristische Ansätze der historischen Kindheitsforschung: Kinder als soziale Akteure Die historische Forschung profitiert immer noch zu wenig von den Erkenntnissen der sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen, wie z. B. der Psychoanalyse, den Erziehungswissenschaften und vor allem den Childhood Studies . Diese verbindet eine konstruktivistische Perspektive auf die Gesellschaft und der agency-Ansatz, der Kinder als soziale Akteure versteht und ihre Lebensrealitäten als eigenständiges Forschungssubjekt betrachtet. Kinder werden als Personen mit eigenen Fähigkeiten, Ressourcen und Bewältigungspotentialen akzeptiert. Es geht jedoch nicht einfach nur um das Credo, den Kindern einen sich selbst genügenden Subjektstatus zuzuschreiben oder sie mit einer vorsozialen Eigenschaft auszustatten. Ihre agency ist nicht individuell substantialistisch zu begreifen, sie ist nicht nur so for granted da. Sie ist aber auch genauso wenig auf die psychischen und sozialen Fähigkeiten, rationale Entscheidungen zu treffen, zu reduzieren, wie „Kindheit“ als ein Lebensabschnitt auf die rein biologische Tatsache. Vielmehr wird die agency der Kinder relational und als Ergebnis sozialer Beziehungen und Geflechte als soziales Phänomen und immer auch auf „Kindheit“ als soziale Konstruktion bezogen gesehen. Unter diesen 

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Vgl. den Aufsatz von Claudia Moisel, in dem sie bei der Beschäftigung mit dem Themenfeld „Kriegskinder“ für eine historisierende Rezeption psychologischen, psychiatrischen oder psychoanalytischen Expertenwissens plädiert: Claudia Moisel: Geschichte und Psychoanalyse. Zur Genese von Bindungstheorie von John Bowlby. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –. Childhood Studies oder die „Neue Soziologie der Kindheit“ stellt – in Abgrenzung zu der von ihr kritisierten früheren soziologischen Beschäftigung mit Kindern – einen interdisziplinären Forschungszweig dar, der Kinder als soziale Akteure betrachtet und sich mit „Kindheit“ als einer sozialen Tatsache beschäftigt. Etabliert im angelsächsischen und nordeuropäischen Raum in den späten er-Jahren, integriert er solche Wissenschaftsdisziplinen wie Erziehungswissenschaft, Sozialpädagogik, Anthropologie, Soziologie und Literaturwissenschaft. Hierfür wie für das Folgende siehe grundlegende und überblicksweise Darstellungen von: Allison James, Alan Prout: Constructing and Reconstructing Childhood. Contemporary Issues in the Sociological Study of Childhood. London/Washington, D.C. ; Michael-Sebastian Honig: Entwurf einer Theorie der Kindheit. Frankfurt a. M. ; ders.: Ordnungen der Kindheit. Problemstellungen und Perspektiven der Kindheitsforschung. Weinheim/München ; Herbert Schweizer: Soziologie der Kindheit. Verletzlicher Eigen-Sinn. Wiesbaden ; Doris Bühler-Niederberger: Lebensphase Kindheit. Theoretische Ansätze, Akteure und Handlungsräume. Weinheim/München ; Florian Eßer: Kinderwelten – Gegenwelten? Pädagogische Impulse aus der Neuen Kindheitsforschung. Baltmannsweiler ; Christin Sager: Die „Geschichte der Kindheit“. In: Zeitschrift für pädagogische Historiographie  (), S. –; Allison James: Socialising Children. New York . Einen sehr gelungenen Einstieg in die Kindheitsgeschichte im Allgemeinen bietet das neue Buch Martina Winkler: Kindheitsgeschichte. Eine Einführung. Göttingen . Vgl. Tanja Betz, Florian Eßer: Kinder als Akteure – Forschungsbezogene Implikationen des erfolgreichen Agency-Konzepts. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung , H. , S. –. Zur relationalen Perspektive siehe Florian Eßer: Agency Revisited. Relationale Perspektiven auf Kindheit und die Handlungsfähigkeit von Kindern. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation  (), H. , S. –.

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Prämissen ist agency nicht von „Kindheit“ als einer kulturell konstruierten Kategorie und einem „Moment generationaler Ordnung“ zu lösen. Als „ein sozial hergestellter Raum innerhalb einer Gesellschaft“ definiert, wird „Kindheit“ als Voraussetzung und zugleich Resultat von kindlichen Handlungen verstanden und analysiert. Anders gewendet, Kinder konstituieren sich und ihre agency unter den Bedingungen von „Kindheit“, welche ihre Handlungsfähigkeit definiert, und bringen gleichwohl die „Kindheit“ unter den jeweils gegebenen historischen und gesellschaftlichen Bedingungen immer wieder neu hervor. Beides – agency und „Kindheit“ – ist somit nie a-historisch statisch, sondern in Strukturen der Gegenwartsgesellschaft eingebettet und als solche in den jeweiligen historischen Kontexten verortend zu analysieren. „Kindheit“ wird dabei oft als Synonym für „Strukturen“ verwendet und impliziert sowohl Regeln und Praktiken der konkreten Institutionen der Kindheit (Familie, Kindergarten, Schule) als auch generationelle und andere soziale Ordnungen sowie Machtbeziehungen. Damit ist ein weiterer, wichtiger kindheitstheoretischer Leitbegriff genannt: die generationale Ordnung (oft als Konzept bezeichnet) oder generationing  . Er bringt die gesellschaftliche Konstruierbarkeit der Unterscheidung der Gesellschaftsmitglieder nach deren Alter zum Ausdruck. Die Abgrenzung zum Erwachsensein ist demnach nicht allein biologisch natürlich, sondern wird in sozialen Praktiken, Handlungen und Diskursen, im Prozess des generationalen Ordnens, erst hervorgebracht. Es ist somit eine Frage der Empirie, wer als „Kind“ definiert wird und welche agency Kindern gesellschaftlich zugestanden wird. Das geschilderte reziproke Verhältnis von Kindern als Akteuren und ihrer Kindheit ist an das duale Modell von Anthony Giddens Strukturierungstheorie angelehnt, bei der Handeln durch Strukturen sowohl ermöglicht bzw. begrenzt oder erzwungen wird; die Strukturen aber umgekehrt erst im Prozess des Handelns produziert werden. Diese Kernaussage von Giddens’ Theorie hat die Kindheitsforschung lange inspiriert und den konzeptionellen Rahmen geliefert, in dessen Grenzen sich weiterführende theoretische und analytische Perspektiven auf das Kind als Akteur und Kindheit als soziales Phänomen entfalten konnten. Trotz der Omnipräsenz der agency in aktuellen Kindheitsdis-

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Betz, Eßer, Kinder als Akteure, S. . Johannes Kopp, Anja Steinbach (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie. Wiesbaden , S. . Leena Alanen: Kindheit als generationales Konzept. In: Heinz Hengst, Helga Zeiher (Hrsg.): Kindheit soziologisch. Wiesbaden , S. –; Bühler-Niederberger, Lebensphase Kindheit. Anthony Giddens: Die Konstitution der Gesellschaft. Grundzüge einer Theorie der Strukturierung. Frankfurt a. M. ; eine für die Sozialgeschichte anwendungsorientierte Auseinandersetzung mit dem Ansatz liefert das Sonderheft  von Geschichte und Gesellschaft aus dem Jahr . Siehe hier insbesondere: Andreas Suter, Manfred Hettling: Struktur und Ereignis – Wege zu einer Sozialgeschichte des Ereignisses. In: Dies. (Hrsg.): Struktur und Ereignis. Göttingen , S. – (= Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft. Sonderheft ) und Thomas Welskopp: Die Dualität von Struktur und Handeln. Anthony Giddens’ Strukturierungstheorie als „praxeologischer“ Ansatz in der Geschichtswissenschaft. In: Ebd., S. –. Repräsentativ sind die Debatten, die in den einschlägigen Zeitschriften geführt werden. Dazu zählen etwa Global Studies of Childhood; Children and Society; Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation; Diskurs Kindheits- und Jugendforschung.

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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kursen und ungeachtet der vielen theoretischen Überlegungen und Debatten, handelt es sich dabei mitnichten um Theorien, sondern um flexible heuristische Annahmen, die ein ordnendes analytisches Gerüst auch für Historiker bieten können. Für die historische Auseinandersetzung mit „Kriegskindheiten“ ergibt sich folgender programmatischer Rahmen: Es ist zwischen zwei analytisch miteinander verknüpften und ineinandergreifenden Dimensionen bzw. Frageebenen zu differenzieren, die methodisch nach einer „doppelten Hermeneutik“ verlangen. . Die strukturelle Ebene und die Frage nach Voraussetzungen von „Kindheit“ und agency von Kindern – soziale Beziehungen und politischen Bedingungen, unter denen Kinder handeln. . Die handlungsorientierte Ebene mit der Mikroperspektive und der Frage nach Interaktionen, Handlungs- und Erfahrungsräumen von Kriegskindern und somit ihrer agency. Im Folgenden wird kurz auf die erste Ebene eingegangen. Vorher ist jedoch auf die konzeptionell wichtige Offenheit des Begriffs „Kind“ und seiner agency im Großen Vaterländischen Krieg hinzuweisen.

Die Definition „Kind“ im Krieg Die Aufgabe der Historiker/innen besteht keineswegs darin, die agency der Kinder nachzuweisen oder sie zu „messen“. Die Herausforderung liegt vielmehr darin, Kinder als handelnde Subjekte sowie ihre Erfahrungen differenziert zu historisieren und sich dabei nicht in a-historischen Fallstricken zu verfangen. Das Letztgenannte meint vor allem die Definition „Kind“ und die normative Besetzung der Kategorie „Kindheit“. Wer also sind „Kinder“, wenn von Kriegskindheiten die Rede ist? Da „Kindheit“ eine sozial konstruierte Kategorie ist, fällt die Definition „Kind“ abhängig von historischer Perspektive und äußeren Kriterien unterschiedlich aus, was von Anfang an die Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes problematisch macht. Das vorliegende Forschungsprojekt folgt einer praktikablen Lösung und hat als Kern der Kriegskindergeneration und somit als „Kriegskinder“ einen weiten Kreis von bewusst handelnden Personen zwischen vier und  Jahren im Blick, also vor allem die Jahrgänge zwischen  und . Die untere Grenze erklärt sich zum einen aus den kognitiven und psychischen Fähigkeiten eines Kindes zum bewussten, Folgen generierenden Handeln. Zum anderen ist sie auf die methodischen Zwänge des Forschungsvorhabens zurückzuführen: Werden Kinder und ihre Lebenswelten in den Blick genommen, so gilt es deren Kriegserfahrungen mit sozialwissenschaftlichen Methoden zu erschließen, was wiederum das Vorhandensein von bestimmten kinderspezifischen Quellengattungen und die kognitiven Fähigkeit der Kinder zur bewussten Reflexion bzw. zur Produktion dieser Quellen – seien es Schriftstücke oder spätere Selbstzeugnisse – voraussetzt. Die „Obergrenze“ hat vor allem mit der formalen Praxis der Sowjetunion zu tun, Personen unter  Jahren als Kinder aufzufassen. Sie spiegelt sich in den amtlichen Statistiken wider.

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Auch wenn eine solche schematische Eingrenzung des „Kindseins“ und damit die Einheitlichkeit der Definition „Kind“ sehr umstritten ist und nicht dem Stand der heutigen Forschung (Childhood Studies) entspricht, muss sie im vorliegenden Projektvorhaben funktional vorgenommen werden. Umso mehr soll man sich eines breiten Spektrums an kindlichen Lebensformen und

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Das Projekt geht ergebnisoffen vor und fragt nach „generationellen Ordnungen“ und „Zumutbarkeitskriterien“ des Kindseins, die in dem jeweiligen Raum und Zeit herrschten. Dass diese unter deutscher Besatzung anders ausfallen als etwa im sowjetischen Hinterland, ist naheliegend. Verwaiste Kinder mussten in den besetzten Gebieten öfters schon mit sechs und sieben Jahren die „Erziehung“ ihrer kleineren Geschwister übernehmen; sie führten in der Regel das Leben von „Erwachsenen“. Bereits dreijährige Kinder in den Ghettos wussten während der Pogrome mucksmäuschenstill stundenlang in den Verstecken auszuharren; sehr kleine jüdische Kinder entwickelten erstaunlich bewusste Verhaltensmuster, um der planmäßigen Tötung zu entgehen. Vladimir Trachtenberg, der drei Jahre alt war, als der Krieg begann und er mit seiner Mutter ins Minsker Ghetto kam, wusste zum Beispiel, wie man sich tot stellt, wie man sich zu jeder Nacht- und Tageszeit blitzschnell selbstständig anzieht und wo man sich tagsüber versteckt. Mit fünf Jahren, als er im Herbst  dem Ghetto entkam, sei er aus der damaligen Perspektive bereits ein „erwachsener Mann“ gewesen. Die generationelle Ordnung wurde aber vor allem durch die Verordnungen der Besatzer und deren Praktiken, wie etwa die Erfassung von Arbeitskräften, bestimmt. Laut Befehl des Generalkommissars für Weißruthenien, Wilhelm Kube, vom September  wurde die männliche Bevölkerung ab  Jahren und die weibliche ab  Jahren zum Arbeitseinsatz verpflichtet. In den / festgelegten „Rationshöchstsätzen“ für die Zivilbevölkerung war das . Lebensjahr die Grenze zwischen „Kindern“ und Erwachsenen, welche bei der Zuteilung der Lebensmittel den Ausschlag gab. Im Kriegsverlauf wurde die Altersabgrenzung zwischen Kind und Erwachsenem sowohl durch deutsche Verordnungen als auch durch die Besatzungspraxis sukzessive herabgesetzt. Nach den Regularien des  gegründeten „Weißruthenischen Jugendwerks“ war man mit  Jahren (!) bereits „jugendlich“ und konnte Mitglied der profaschistischen Jugendbewegung werden. Ab  wurden -jährige Kinder als „Arbeitskräfte“ nach Deutschland gebracht. An diesen Beispielen sieht man, dass die Abgrenzung zwischen Kindern und Erwachsenen und somit die Vorstellung von Kindheit je nach Zeit und Ort variabel waren und im Fall des jüdischen Ghettos gar pervertierten. Die generationelle Ordnung als strukturaler Teil von Kriegskindheit muss daher ergebnisoffen erst rekonstruiert werden. Die strukturalen Bedingungen der „Kindheiten“ unter deutscher Besatzung und somit die Frage nach

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Definitionen in der Kindheitsforschung und Soziologie bewusst bleiben. Zum soziologischen Blick auf Kinder siehe: Herbert Schweizer: Soziologie der Kindheit. Verletzlicher Eigen-Sinn. Wiesbaden . Interview mit der Autorin am . September  in Minsk. Nationalarchiv der Republik Belarus (künftig: NARB), f. , op. , d. , l.  f.; Amtsblatt des Generalkommissars für Weißruthenien, Nr. , vom . Okt. . Der Kommandierende General der Sicherungstruppen und Befehlshaber im Heeresgebiet Mitte. Abt. VII, Verwaltungsanordnungen Nr. , . Sept. . NARB, f. , op. , d. , l. f; Steinert, Deportation und Zwangsarbeit, S. . Ustav. NARB, f. , op. , d. ; Ljavon Jur˙evič: Vyrvanyja bačyny. Da gistoryi Sajuzu Belaruskae Moladzi, Minsk ; Anelja Katkovič, V˙eranika Katkovič-Klentak: Uspaminy. Belastok , S. ; Chiari, Alltag hinter der Front, hier vor allem S. –. Steinert, Deportation und Zwangsarbeit.

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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der Handlungsfähigkeit der Kinder im Krieg kann indes mit den Verfahren der Sozialgeschichte ermittelt werden, wobei unter „Strukturen“ im Sinne von Giddens „Aussagen und Befunde von langsam sich verändernden Regelmäßigkeiten und Mustern im Bereich der Politik, der Wirtschaft, der sozialen Schichtung und der Kultur“ verstanden werden, „die aufgrund der herkömmlichen sozialwissenschaftlichen Methoden [. . . ] wissenschaftlich konstruiert werden und gleichsam von außen betrachtet als Handlungsbedingungen aufgefasst werden können“. Im konkreten Fall sind damit sowohl nationalsozialistische Regeln und rassenbiologisch definierte Machtverhältnisse und Praktiken gegenüber Kindern als auch das daraus resultierende institutionelle Gefüge als Elemente der „Kindheit“ gemeint. Zentral ist hier die Frage, wie sich die „Kriegskindheiten“ unter den neuen Bedingungen des Krieges bzw. der Besatzung konstituieren und was sie auszeichnet. Diese Fragestellung impliziert eine Vielzahl weiterer Fragen, wie zum Beispiel: Kann überhaupt von einer bestimmten Programmatik der deutschen Besatzung im Hinblick auf die Kinder gesprochen werden und wie veränderte sich diese im Verlauf des Krieges? Welche Zielsetzungen verfolgte die einheimische Kollaboration und über welche Spielräume verfügte diese überhaupt? Welche direkten Folgen hatte die von Anfang der Besatzung an vorgenommene Selektion und Hierarchisierung der einheimischen Bevölkerung nach rassenbiologischen Kriterien für Kinder? Welche Institutionen der „Kindheit“ wurden zerstört, welche blieben erhalten oder sind neu entstanden? Welche Modelle der „Kindheit“ wurden zu welchem Zeitpunkt von den NS-Stellen, von der weißruthenischen Zivilverwaltung und vom sowjetischen Untergrund propagiert? Welche Form von agency wurde Kindern jeweils zugestanden? Schließlich ist zu fragen, welche paradigmatischen Elemente der Kindheit, welche Institutionen und soziale Systeme neu hervorgebracht und mit welchen Handlungsressourcen Kinder dadurch ausgestattet oder, umgekehrt, eingeschränkt wurden. All diese Fragen verlangen nach einer umfassenden systematischen Quellenanalyse. An dieser Stelle soll aus Platzgründen nur die Frage nach Programmatik der Besatzer im Hinblick auf die Kinder im Vordergrund stehen.

Programmatik der NS-Besatzung in Bezug auf Kinder Mit dem Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion am . Juni  wurde Belarus innerhalb von rund zwei Monaten vollständig erobert und blieb für die nächsten drei Jahre besetzt. Während der westliche Teil des Landes verwaltungsmäßig zerstückelt und als Generalkommissariat Weißruthenien (GW) unter der überwiegend von Einheimischen getragenen Zivilverwaltung dem Reichskommissariat Ostland mit Alfred Rosenberg als Leiter übergeben wurde, blieb der östliche Teil Weißrusslands während des gesamten Krieges unter Militärverwaltung. Nach offiziellen Angaben vom Mai  wurden in den

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Definition nach Suter, Hettling (Hrsg.), Struktur und Ereignis, S. . Unter deutscher Zivilverwaltung lebten ca. , Mill. Menschen auf einer Fläche von rund . km . Mehr zur administrativen Aufteilung des besetzten Landes: Chiari, Alltag hinter der Front, S. –; Gerlach, Kalkulierte Morde, S. –; Pohl, Die Herrschaft der Wehrmacht. S.  ff.

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ersten Tagen des Krieges unter dem Bombenhagel der deutschen Luftwaffe . Kinder aus der damaligen Belorussischen Sozialistischen Sowjetrepublik (BSSR), vor allem aus den größeren Städten der östlichen Gebiete (Orša, Vitebsk, Mogilev, Polock), ins sowjetische Hinterland evakuiert. Darunter befanden sich die Schützlinge von  Kinderheimen,  Kindergärten,  Pionierlagern (Sommererholungslagern), drei Sonderschulen und drei Kindererholungsheimen. Unter die nationalsozialistische Besatzungsherrschaft gerieten somit circa drei Millionen Kinder und Jugendliche. Im Konzept des deutschen Blitzkrieges waren sie auf den ersten Blick nicht vorgesehen. Wie ein Angehöriger der Heeresgruppe Mitte in seinem Kriegstagebuch  notierte, wurden Kinder lange „als außerhalb des Kriegsgeschehens stehend“ betrachtet. Doch derartige Aussagen erweisen sich als unzutreffend, wenn man sich die ersten Anordnungen und das Vorgehen der relativ schnell errichteten Zivilverwaltung im Generalkommissariat anschaut (ganz anders dagegen im Heeresgebiet Mitte, das als Provisorium lange über keine konkreten politischen Richtlinien für die Behandlung der Bevölkerung verfügte). Die Programmatik gegenüber der minderjährigen Bevölkerung veränderte sich zwar im Kriegsverlauf; von Anfang an war sie jedoch durch die nationalsozialistischen verbrecherischen Befehle und Anordnungen, die auf einen Vernichtungskrieg mit rücksichtsloser Ausbeutung gerichtet waren, auf der einen Seite, und durch die deutschen Besiedlungspläne für Weißrussland und die rassenbiologische Hierarchisierung der Bevölkerung, auf der anderen Seite, bestimmt. Dieser Rahmen war nicht ohne Widerspruch, da die politische und rassische Einstufung der Weißrussen (mit „ostbaltischem Rasseneinschlag“ ) positiver als etwa der russischen Bevölkerung ausfiel und die Besiedlungspläne vage blieben, bis sie ganz aufgegeben wurden, während die rücksichtlose Versorgung der

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Spravka narkoma prosvečšenija BSSR E. I. Uralovoj v SNK BSSR „O položenii e˙vakuirovannych detskich učreždenij i detej iz BSSR v tylovye rajony strany“, Mai . NARB, f. , op. , d. . Die Zentrale Evakuierungskommission der SNK BSSR, die laut offiziellen Angaben insgesamt ca. , Mill. Einwohner aus der Belorussischen Republik evakuiert haben soll, wurde am . Juni  unter dem Vorsitzenden I. S. Bylinskij eingerichtet. Vgl. Očerki istorii Kommunističeskoj partii Belorussii. V  t. T. . Minsk , S. . Diese Zahl wird heu˙ te als zu hoch kritisiert und um das Dreifache weniger geschätzt. Vgl.: Emanuil Ioffe: Evakuacija: tragedija ili podvig? URL: http://minsk-old-new.com/minsk--ru.htm; Oleg Lickevič: Ljudskie poteri Belarusi v vojne. In: Belaruskaja dumka , Nr. , S. –; Ju. A. Poljakov, V. B. Žiromskaja (red.): Naselenie Rossii v XX veke. Istoričeskie očerki. V  t. T. : ˙ –. Moskva , S. . Vgl. auch G. I. Aleksandrova, V. N. Aleksandrov: Evakuacija detskogo naselenija sovetskogo gosudarstva v gody Velikoj Otečestvennoj vojny (–). URL: http://www.rusnauka.com/_NNM_/Istoria/.doc.htm; Kozak, Vojna i deti, S.  f. Vgl. Chiari, Alltag hinter der Front, S. –. So der Eintrag von Lt. Wolfgang Weller am . Mai , AOK Führungsabteilung. Kriegstagebuch Nr. . Berichtszeit . Jan. – . Juli . Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg (künftig: BA-MA), RH -/, Bl. . Hierfür wie für das Folgende siehe ausführlich Gerlach, Kalkulierte Morde, Kap. . Ebd.; zit. nach „Stellungnahme und Gedanken zum Generalplan Ost des Reichsführers-SS“ vom . Apr.  von Erhard Wetzel, Jurist und Experte im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete. Hier heißt es unter anderem: „Man muß davon ausgehen, daß es sich bei den Weißruthenen um das harmloseste und daher für uns ungefährlichste aller Völker im Ostraum handelt.“

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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Heeresgruppe Mitte mit der Duldung einer abhängigen einheimischen Zivilverwaltung einherging, die von einem unabhängigen Nationalstaat Weißruthenien träumte. Paradigmatisch für den Planungswirrwarr standen zudem die verschiedenen Versionen des „Generalplans Ost“, die in den Jahren  und  im Planungsamt des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums und im Reichssicherheitshauptamt entstanden, jedoch keinen in sich geschlossenen „Generalplan“ darstellten, sowie die für den NS-Appparat charakteristische Polykratie und Konkurrenz der Dienststellen. Belarussische Kinder wurden Opfer brutaler und zugleich widersprüchlicher deutscher Vernichtungspolitik, doch als eine soziale Gruppe waren sie keinem planmäßigen Tötungsprogramm ausgesetzt. Ein solches war allein für jüdische Kinder vorgesehen. Bereits ab August  wurden sie systematisch mit Frauen und arbeitsunfähigen Männern ermordet oder in die Ghettos eingepfercht; nach jüdischen Kindern – und nur nach ihnen – wurden regelmäßig Kinderheime im GK abgesucht. Die Erfassung und Hierarchisierung der Kinder nach rassenbiologischen Kriterien, nach arbeitsfähigen und schulpflichtigen „Kindern“, und die Separierung der jüdischen Kinder von den restlichen erfolgten unmittelbar nach dem deutschen Einmarsch. Bereits im August  erging ein Befehl des Gebietskommissars von Minsk an alle Rajonleiter, laut dem alle obdachlosen Kinder namentlich zu registrieren, mit Nahrung und Bekleidung zu versorgen und medizinisch zu untersuchen seien. Unter diesen Kindern wurde dann zwischen volksdeutschen, jüdischen und anderen unterschieden. Für die Umsetzung dieser und anderer Maßnahmen war die in  Gebieten organisierte einheimische Verwaltung zuständig, nachdem am . September  die Zivilverwaltung im GK Weißruthenien mit Wilhelm Kube als Generalkommissar und Sitz in Minsk errichtet worden war. Innerhalb der Politikabtei-

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Angesichts der Partisanenbewegung erwies sich diese Aussage als großer Irrtum. Siehe das Dokument in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –, hier Zitate S.  und . Gerlach, Kalkulierte Morde, Kap. ; siehe auch den Aufsatz von Jury Grybouski über die deutscherseits geduldete Tätigkeit des Belarussischen Komitees im Generalgouvernement –, dessen Aktivitäten darauf gerichtet war, mittels Kollaboration mit den Deutschen die Interessen der belarussischen Bevölkerung zu vertreten, sowie materielle Hilfe zu leisten und das Nationalbewusstsein der Belarussen zu fördern. Ju. Grybouski: Belaruski kamit˙et u General-gubernatorstve (– gg,). In: Arche , Nr. , S. –. Darin spiegelt sich die für das nationalsozialistische Deutschland typische Polykratie wider. Siehe ebd.; Ariane Leendertz: Generalplan Ost, Juni . URL: http://www.dokumente.de/ index.html?c=dokument_de&dokument=_gpo&object=abstract&st=&l=de Bert Hoppe u. a. (Hrsg.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland –. Bd. : Sowjetunion mit annektierten Gebieten I. Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien. München  und Bd. : Sowjetunion mit annektierten Gebieten II. Berlin ; Chiari, Alltag hinter der Front, S. –; Gerlach, Kalkulierte Morde, S. –. Gebietskommissar Minsk vom . Aug.  an alle Rajonleiter des Minsker Gebiets. Gosudarstvennyj archiv Minskoj oblasti (künftig: GAMO), f. , op. , d. , l. ; in diesem Sinne auch der Befehl Nr.  vom . Aug.  von der Bezirksverwaltung, hier S. . Vgl. Bestimmung zur Erstellung der Listen vom . Dez.  sowie die vorläufige Schulordnung. GAMO, f. , op. , d. , l.  und Amtsblatt des Generalkommissariats für Weißruthenien, Nr.  vom . Okt. . Ebd., S.  f.

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lung im GK war eine „Kulturabteilung“ für alle Angelegenheiten, die Kinder betrafen, zuständig und das am . Oktober eingerichtete „Inspektorat für Schulwesen“ hatte die Organisation der Schulbildung im Sinne der nationalsozialistischen Erziehung und die Kontrollfunktion über alle Kindereinrichtungen inne. Für die Fürsorge von Flüchtlingen und verwahrlosten Kindern war das am . Oktober  gegründete „Weißruthenische Selbsthilfewerk“ zuständig, das über Rajon- und Gemeindevertretungen verfügte und eine Art Ersatzregierung und Nachfolger staatlicher Bürokratie für die Zivilbevölkerung darstellte. Allein dieser relativ zügige Ausbau der Verwaltung und die unmittelbar darauf folgende Erfassung von Kindern zeigen, dass die Besatzer von Beginn an die Minderjährigen als eigene soziale Gruppe durchaus im Blick hatten. Die erste Aufgabe bestand darin, diese nach rassenbiologischen Kriterien zu erfassen. Während jüdische Kinder separiert, in Ghettos gesteckt oder getötet wurden, waren Kinder der Volksdeutschen als „lebenswert“ privilegiert zu behandeln. So wurde in einem Runderlass des Generalkommissars vom . Oktober  die „sofortige“ Errichtung von deutschen Volksschulen „bevorzugt“ in „geeigneten Schulgebäuden“ angeordnet. Zwischen diesen zwei Polen befand sich in der Mitte die große Masse der belarussischen Kinder. Auch sie wurden Opfer von Gewalt: Im Zuge von Vergeltungsmaßnahmen vor allem gegen die Partisanen, als „unnötige Esser“, als „unproduktiver Ballast“ oder einfach als „Nebenprodukt von Verwaltungsarbeit“ wurden sie massenweise ermordet. Die Tötung war jedoch kein Selbstzweck. Dieser bestand während des gesamten Krieges konstant in der Ausbeutung der Kinder – als Arbeitskraft oder als eine „blutlich wertvolle“ und eindeutschungsfähige Masse, wobei im Kriegsverlauf zu diesen Hauptzielen noch weitere Interessen hinzukamen. Insgesamt lassen sich grob drei Phasen im Umgang mit belarussischen Kindern unterscheiden. Die erste Phase von Kriegsbeginn bis in die Mitte des Jahres  war von der allgemeinen Erfassung und „Siebung“ der Kinder nach „blutlich Wertvollen und Nichtwertvollen“, wie sie Heinrich Himmler in seiner Denkschrift über die Behandlung der „Fremdvölkischen“ im Osten bereits im Mai  vorgegeben hatte, sowie durch erste Anwerbungen von Jugendlichen als Arbeitskräfte für das Reich bestimmt.

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NARB, f. , op. , d. , l. . Mehr zur Funktion des Selbsthilfewerks bei Chiari, Alltag hinter der Front, S.  ff.; Leonid Rein: The Kings and the Pawns. Collaboration in Byelorussia during World War II. New York , S.  ff. Vgl. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. . Der Generalkommissar für Weißruthenien: Runderlass vom . Okt. . NARB, f. , op. , d. . In die gleiche Richtung gehen auch spätere Anordnungen: Verwaltungsanordnungen Nr. . Der Kommandierende General der Sicherungstruppen und Befehlshaber im Heeresgebiet Mitte, . Apr. . NARB, f. , op. , d. , l. –; Der Gebietskommissar Minsk Abt. II An den Herrn Rayon-Bürgermeister in Minsk betreffend Erfassung der Volksdeutschen, Mai . GAMO, f. , op. , d. , l. . Vgl. Chiari, Alltag hinter der Front, Kap. VI. Heinrich Himmler in seiner Denkschrift über die Behandlung der Fremdvölkischen im Osten. Abgedruckt in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –. Ebd.

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld

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Obwohl ursprünglich für polnische Kinder entworfen, wurde das Germanisierungsprogramm auch auf die sowjetischen Gebiete übertragen. Himmler beauftragte den „Lebensborn“-Geschäftsführer Guntram Pflaum noch im August  damit, die „blutlich guten und unvermischten volksdeutschen“ Kinder zur Germanisierung zu erfassen. Das erste Kinderheim im GK Weißruthenien, wo allerdings nicht nur volksdeutsche, sondern auch „rassisch gute“ sowjetische bzw. belarussische Kinder zur Adoption in Deutschland vorbereitet wurden, war in Bobrujsk eingerichtet worden. Wie viele Kinder davon betroffen waren, ist weitgehend unbekannt und wird wahrscheinlich nie mehr zu ermitteln sein. Nach dem ersten Besatzungsjahr kamen neben volksdeutschen und belarussischen Kindern als weitere „eindeutschungsfähige“ Gruppe die Kinder von Wehrmachtssoldaten hinzu, deren Zahl man im Herbst  auf , Million schätzte. Diese Größenordnung erwies sich zwar als übertrieben, löste aber innerhalb der deutschen Behörden bemerkenswerte Betriebsamkeit aus. Ein zweiter Maßnahmenkatalog war darauf gerichtet, Kinder und Jugendliche möglichst früh als Arbeitskraft vor Ort zu nutzen oder sie nach Deutschland zu deportieren. Dabei gerieten auch die zahlreichen Kinderheime und Schulen im Gebiet des GK in den Blick der Besatzer, die gezielt nach Kindern im arbeitsfähigen Alter, aber auch nach versteckten jüdischen Kindern durchsucht wurden. In einer Anweisung an die Leiter von Kindereinrichtungen vom September  hieß es: „Die Erziehungsarbeit mit Kindern ab acht Jahren soll ausschließlich darin bestehen, diese ans Arbeiten zu gewöhnen.“ 

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

Vgl. Heinrich Himmlers Rede im Feldhauptquartier „Hegewald“ bei Schitomir auf der SSPFTagung in Russland-Süd am . Sept. . Bundesarchiv Berlin (BA), NS /. Die Anzahl dieser Heime und der zwangsgermanisierten sowjetischen Kinder ist weitgehend unbekannt. Isabel Heinemann schätzt die Zahl der Kinder aus der gesamten Sowjetunion auf ca. ., aus Belarus und der Ukraine auf „einige Tausend“. Isabel Heinemann: „Rasse, Siedlung, deutsches Blut“. Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas. Göttingen , S.  ff.; vgl. auch Gerlach, Kalkulierte Morde, S. ; Rede des Reichsführers-SS am . Sept.  in Hegewald bei Žitomir. Mehr dazu Gerlach, Kalkulierte Morde, S. ff; Regine Mühlhäuser: Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion –. Hamburg , S. . Davon zeugen nicht nur die zum Teil überlieferten Anweisungen, sondern auch die Aussagen ˙ Sokolovsvon Kindern, die während des Krieges in den Kinderheimen waren. Vgl. Klimentij E. ˙ Sokolovskij: Detskij dom v tylu vraga. Minsk , S.  f.; bereits  wurden kij, Vladimir E. „Kommissionen“ gebildet, um die Nationalitäten der Kinder festzulegen, während alle jüdischen Kinder in die Ghettos zu bringen waren; an die Leiter von Kindereinrichtungen erging im Juni  ein expliziter Befehl, Namenlisten von Kindern der Jahrgänge  bis  der Arbeitsagentur vorzulegen. GAMO, f. , op. , d. , S. ; vgl. auch den Befehl des Gebietskommissariats Minsk vom . April , alle jüdischen Kinder aus den Waisenhäusern in das Krankenhaus des Ghettos Minsk abzuschieben. Hoppe u. a. (Hrsg.), Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland –, Bd. , S.  (Dok. ). An alle Leiter von Kinderhäusern, Kindergärten und Krippen. GAMO, f. , op. , d. , S. ; in die gleiche Richtung geht der Befehl des Minsker Gebiets-Bürgermeisters vom September . GAMO, f. , op. , d. , l. .



Yuliya von Saal

Der Minsker Stadtkommissar Wilhelm Janetzke berichtete dem Generalkommissar Wilhelm Kube im Februar  über die Kinderhäuser im Minsker Gebiet und darüber, dass  Kinder aus einer „Kinderarbeitskolonie“ (Kinderhaus „Kozarava“) bereits nach Deutschland deportiert worden seien und dass aktuell daran gearbeitet werde, die Zahl der arbeitsfähigen Kinder zu erhöhen. Die Aufstockung der Arbeitskräfte für das Reich erfolgte indes über die sukzessive Herabsetzung des Arbeitsalters der Kinder sowie durch gewaltsame Erfassung von potentiell „Arbeitsfähigen“. Mit der Ende  einsetzenden Partisanenbewegung und im Zuge der darauf folgenden deutschen „Befriedungsaktionen“ sowie Liquidierungen von Ghettos wurden Kinder massenweise festgesetzt, in die speziell für sie eingerichteten „Bandenlager“, teilweise auf polnischem Gebiet, deportiert oder ermordet. Damit begann die zweite Phase (zweite Hälfte /Anfang ), in der Kinder neben ökonomischen, auch aus politischen Motiven immer mehr in den Fokus der NSStellen rückten, wovon u. a. auch die zunehmende propagandistische Berichterstattung der Besatzungspresse zeugt . Denn mit Vergeltungsaktionen wuchs auch die Zahl der verwaisten Kinder und damit die Sorge der Besatzer um die eigene Sicherheit. Das Verhältnis zu den einheimischen Kindern war durch eine zunehmende Brutalisierung gekennzeichnet; zeitgleich tauchte bei einzelnen NS-Stellen immer wieder der Hinweis auf die Sinnlosigkeit der Tötung von Kindern auf. Der Gedanke der Gewinnung eines Teils der Jugendlichen für faschistische Ideen wurde mit Wilhelm Kubes Aufruf zur „Erfassung und Formung der weißruthenischen jungen Generation“ vom . Juli  sogar zum Programm. Im Reichministerium für die besetzten Ostgebiete wurde eine Jugendabteilung unter HJ-Hauptbannführer Siegfried Nickel eingerichtet, die zunächst nur der Jugendarbeit für Volksdeutsche dienen sollte. Noch am . Juli wurde die Organisation „Deutsche  

 







NARB, f. , op. , d. , l. . Zu den Maßnahmen siehe Steinert, Deportation und Zwangsarbeit; Gerlach, Kalkulierte Morde. Es gibt keine genauen Angaben über die Zahl der zur Zwangsarbeit verschleppten Kinder. Die belarussischen Angaben beziehen sich auf die Zahl der im November  aus Deutschland zurückgekehrten Kinder unter  Jahren, die laut SNK BSSR . betrug. Kozak, Vojna i deti, S. . Die meisten Ghettos auf belarussischem Gebiet wurden im Jahr  liquidiert. Das größte und erst im Herbst  liquidierte Ghetto befand sich in Minsk. Vgl. die Berichte der täglich erscheinenden deutschsprachigen „Minsker Zeitung“. Konkrete Beispiele: . Juni ; . Juni ; . Juli ; . Juli . Die Heeresgruppen Nord und Mitte beklagten zu Beginn des Jahres , tausende „Bandenkinder“ nicht unterbringen zu können. Als Reaktion darauf wurde innerhalb der SS-Stellen die perfide Idee entwickelt, Kinder in gesonderten Lagern zu erfassen, um sie dort einer rassischen Auslese im Rahmen des Germanisierungsprogramms zu unterziehen und als Arbeitskräfte für SS-Betriebe zu nutzen. Anordnungen und Anregungen betr. Bandenkinderunterbringung in: Institut für Zeitgeschichte, MA /, Bl. –. Siehe z. B. den Zusatzbefehl zum Unternehmen „Hermann“ im Juli , laut dem Kinder nicht mehr zu töten, sondern als Arbeitskräfte zu erfassen und in Kinderauffanglager zu bringen seien. Siehe Bogdan Musial: Sowjetische Partisanen –. Mythos und Wirklichkeit. Paderborn , hier S.  ff. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. .

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld



Jugend Weißruthenien“ gebildet. Diese erst einmal auf die Volksdeutschen zielenden Maßnahmen wurden bald mit einigen Zugeständnissen an die weißruthenische Nationalbewegung ergänzt, für die Kinder und Jugendliche als potenzielle Träger der künftigen weißruthenischen Staatlichkeit ein gewisses Nationalkapital darstellten. Dieses im Sinne des Weißruthenentums zu erhalten und Kinder und Jugendliche propagandistisch zu erziehen, war der Hauptanspruch ihrer Vertreter, der allerdings an vielen Realitäten des Krieges scheiterte. Dennoch wurde das GK Weißruthenien zur ersten sowjetischen Region, in der nach den reichsdeutschen HJ-Prinzipien im Sommer  das „Weißruthenische Jugendwerk“ aufgebaut wurde und wo die einheimische Selbstverwaltung eine relativ eigenständige nationale Schul- und Kulturpolitik organisieren konnte. Diese Maßnahmen trugen Früchte allerdings nur in jenen Gebieten des besetzten Belarus, wo sie nicht von Partisanen gestört wurden und nicht oder nur kaum vom sowjetischen Modell der „opferbereiten Kindheit“/Sacrificing Childhood konterkariert wurden. Dies war vor allem in den westlichen Abschnitten der BSSR gegeben, in denen die Tätigkeit des sowjetischen Untergrunds und der Partisanen und somit der „Zugriff“ auf die Kinder begrenzt blieben, während umgekehrt im Osten (mittlere Abschnitte bei Minsk, südöstlich bei Rogačev oder das im Nordosten des Landes gelegene Gebiet um Vitebsk) der sowjetische Wiederstand deutlich besser organisiert war. In manchen Gegenden und vor allem in der Hauptstadt Minsk waren Kinder und Jugendliche somit zwei offensiv propagandistischen und teils mit Gewalt eingeforderten Verhaltenserwartungen ausgesetzt: einerseits den Erwartungen der Vertreter des militaristisch-profaschistischen Modells der „weißruthenischen Kindheit“ und andererseits dem ebenso militarisierten Bild des aufopferungswilligen, gegen die Besatzer kämpfenden sowjetischen Kindes. Je nach Region und Besatzungszeit hatten diese strukturalen Unterschiede einschneidende Folgen für das Schicksal der betroffenen Kinder, für ihre Handlungsräume, Erfahrungen und Lebensläufe – auch nach dem Krieg. Der Aufbau des „Weißruthenischen Jugendwerks“ markierte die dritte und letzte Phase, die mit der Befreiung des gesamten belarussischen Gebiets Ende Juli  zu Ende ging. Ungeachtet der stärkeren Belegung des Landes mit deutschen Truppen und der Zentralisierung der Machtstrukturen zugunsten der SS, begann die deutsche Herrschaft

 

 



Minsker Zeitung vom . Juli , S. . Vgl. Jur˙evič, Vyrvanyja bačyny; Katkovič, Katkovič-Klentak, Uspaminy; Chiari, Alltag hinter der Front, hier vor allem S. –. Ebd.; Minsker Zeitung vom . Okt. , S. . Paradigmatisch ist die Lage im Gebiet Baranoviči, wo der Mobilisierungsgrad des Weißruthenischen Jugendwerks im Verhältnis zur Komsomol-Organisation laut Alexander Brakel „durchaus beachtlich“ war. Brakel, Unter Rotem Stern und Hakenkreuz, S. ; zu Partisanen in Baranoviči und im Allgemeinen siehe Bogdan Musial: Sowjetische Partisanen in Weißrussland. Innenansichten aus dem Gebiet Baranoviči. Eine Dokumentation. München ; ders.: Sowjetische Partisanen –. Die Erwartungshaltungen an die Kinder und Jugendlichen beider Modelle waren vergleichbar, wenngleich unter verschiedenen ideologischen Vorzeichen. Die wohl größte Gemeinsamkeit war die Aufforderung zum aktiven Kampf gegen Faschismus bzw. Bolschewismus, die in den jeweiligen Medien – Zeitungen und Flugblättern – offensiv kommuniziert wurde.



Yuliya von Saal

über Belarus als Folge des fortgesetzten Befreiungsmarsches der Roten Armee zu bröckeln. Die Rückzugsbewegungen im Bereich der Heeresgruppe Mitte folgten dabei dem schon im Anti-Partisanenkampf erprobten Grundsatz der Schaffung „toter Zonen“, d. h. der Entvölkerung aufgegebener Gebiete und Mitführung der arbeitsfähigen Zivilbevölkerung, einschließlich der Kinder. In dieser Zeit wurden die wohl größten Kriegsverbrechen an Kindern in dem von der Wehrmacht verwalteten östlichen Teil des Landes begangen. Neben den Deportationen im Raum Ozariči im März  steht dafür die unter der Abkürzung HEU (Heimatlos, Elternlos und Unterkunftslos) bekannte Kinderraubaktion vom Frühjahr/Sommer des gleichen Jahres, die eine Erfassung aller „Jugendlichen im Alter von – Jahren“ für den Arbeitseinsatz vor allem im Reich vorsah. Im Zuge dieser Aktion wurden von der Wehrmacht zwischen . und . Kinder bereits ab acht Jahren entlang der ganzen Frontlinie im Südosten des Landes massenweise ihren Familien entrissen und in sogenannten Kinderdörfern südöstlich von Minsk zusammengefasst. Ein Teil dieser Kinder wurde zur Zwangsarbeit ins Reich transportiert. Die gleich zu Beginn der Besatzung einsetzende Erfassung und Hierarchisierung der Kinder entsprechend der nationalsozialistischen rassenbiologischen Kriterien und die unübersehbare Brutalisierung des Verhältnisses zwischen Besatzern und Kindern, die mit dem Umdefinieren des Kindseins einherging, hatten eine Herausdifferenzierung von bestimmten kriegs- und ortsspezifischen Handlungsbedingungen und Erfahrungsräumen von Kindern zur Folge. Diese unterschieden sich jedoch abhängig von der Besatzungsstruktur, die einerseits durch die Zweiteilung des Landes in eine zivil- und eine militärverwaltete Zone und andererseits durch eine äußerst heterogene Durchsetzung des Besatzungssystems vor dem Hintergrund des sowjetischen Widerstands (Partisanen) und nationaler Spannungen in ehemals polnischen westlichen Gebieten gekennzeichnet war. Als Beispiel sei das Schulsystem genannt, das in den zivil verwalteten Gebieten in erster Linie zwar der Propaganda und der ökonomischen Ausbeutung diente, jedoch einigermaßen organisiert war und über eine geregelte Schulaufsicht verfügte. „Ich ging unter den Deutschen zur Schule. Dort hat sich nichts geändert; nur Deutsch haben wir mehr lernen müssen“, erinnert sich Leonid Vasilevič aus der Kleinstadt Mir, der zu Beginn des Krieges  Jahre alt war. Selbst in den Kinderheimen wurden Schulen eröffnet, deren Besuch für Kinder verpflichtend war und welche heute in erster Linie als Orte der erzwungenen



 



Dies war die Folge der Übernahme des höchsten Amtes der Zivilverwaltung durch den Höheren SS- und Polizeiführer Curt von Gottberg, nachdem der bisherige Generalkommissar für Weißruthenien, Wilhelm Kube, am . Sept.  ermordet worden war. Gerlach, Kalkulierte Morde, S.  ff. Befehl des AOK  betreffend die Erfassung von Arbeitskräften zur Rückführung ins Reich (Deckname: „HEU-Aktion“) vom . Mai . BA-MA, RH -/, Bl. –. Es handelte sich dabei um eine im Bereich der . Armee organisierte Kinder-Raubaktion mit dem Ziel, bis zu . Kinder und Jugendliche nach Deutschland zu verschleppen. Mehr dazu vor dem Hintergrund der heutigen Erinnerung daran in Belarus v. Saal, „Bandenkinder“ – Kinderlager im Spiegel der Quellen und Erinnerungen der Überlebenden im besetzten Belarus. Zit. nach Iryna Ramanava, Iryna Machouskaja: Mir: Gistoryja mjast˙ečka, što raskazali jago žychary. Vil’nja , hier S. .

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld



Belarussifizierung erinnert werden. Im Verlauf des Krieges wurde zwar ein Rückgang an funktionsfähigen Schulen verzeichnet, doch zum Ende des Jahres  gab es unter der Zivilverwaltung laut offiziellen Angaben immerhin . Schulen mit . Schülern , was im Osten des Landes nicht der Fall war. Die Belegung von Schulgebäuden durch die Wehrmacht, das geringe Interesse des Militärapparats an der Aufrechterhaltung des Bildungssystems, die häufigeren Partisanenübergriffe und der Mangel an Lehrkräften und Lehrmaterialien in vielen östlichen Gebieten, machten vor allem gegen Ende des Krieges die Aufnahme des Schulbetriebs unmöglich. Im Kreis Lepel’ (Gebiet Vitebsk im rückwärtigen Heeresgebiet) waren zum Ende des Schuljahres / von den ursprünglich eingeplanten  Schulen lediglich sieben eröffnet, davon nur zwei siebenklassige Volksschulen. Die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs im Westen des Landes gestaltete sich nicht weniger kompliziert. Die offiziellen Zahlen spiegelten nur bedingt die Realität wider. In der Stadt Minsk waren zum Beispiel im ersten Schulkriegsjahr insgesamt  Schulen registriert. Sie waren jedoch alle von der Wehrmacht in Beschlag genommen, sodass der Schulbetrieb auf andere Gebäude und auf die Straße verlagert wurde und nur mit großen Hindernissen und mit viel weniger Schülern als vorgesehen fortgesetzt werden konnte. In Gebiet Minsk Land konnte der Schulbetrieb immer weniger aufrechterhalten werden. Zur Jahresmitte  waren dort auf dem Papier zwar  Schulen vorhanden, doch nur  von ihnen waren auch in Betrieb. Alle anderen ( %) waren entweder durch Partisanen zerstört und geschlossen oder durch die Wehrmacht belegt. Funktionierende Schulen befanden sich indes in so einem erbärmlichen Zustand, dass von einem normalen Schulalltag kaum die Rede sein konnte, von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Von den  Schulen im Gebiet Minsk Land hatten zum Beispiel nur zwei im April  elektrisches Licht. Im Winter wurden die meisten Schulen nicht beheizt; es herrschte ein ständiger Mangel an Lehrmaterial und Möbeln, wobei letztere oft verheizt wurden. Die Lage wurde im Kriegsverlauf auch im Westen des Landes immer prekärer; doch das Schulwesen blieb dort unter der Kontrolle der weißruthenischen Selbstverwaltung erhalten und es wurden sogar zeitweilig Gebäude für Schulzwecke eingerichtet.







   

Vgl. die autobiografische Darstellung der Brüder Klimentij und Vladimir Sokolovskij, die während der Besatzung zuerst im Kinderheim in Drozdy und dann in Ostrošickij-Gorodok und Semkov-Gorodok waren. Sokolovskij, Sokolovskij, Detskij dom v tylu vraga. Vgl. Chiari, Alltag hinter der Front, S.  f., hier auch allgemein zur Entwicklung des Schulwesens unter der Zivilverwaltung in GK Weißruthenien. Nachdem am . Dez.  durch das OKH eine generelle Schließung aller Schulen in den Armeegebieten angeordnet worden war, begann erst im Juni  die langsame Wiedereröffnung, jedoch in unterschiedlichem Tempo je nach Gebiet. Vgl. Pohl, Die Herrschaft der Wehrmacht, S.  ff. Vgl. auch Jörn Hasenclever: Wehrmacht und Besatzungspolitik in der Sowjetunion. Die Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete –. Paderborn/München/Wien/Zürich , S.  ff. Staatsarchiv des Gebiets Vitebsk (GAVO), f. , op. , d. , l. . Vgl. Bericht des Schulinspektors von Minsk. NARB, f. , op. , d. , l.  ff. NARB, f. , op. , d. , l.  ff. NARB, f. , op. , d. , l. .



Yuliya von Saal

Deutlich effektiver als im Osten erfolgte die Erfassung und Grundversorgung von verwaisten Kindern in den Gebieten der Zivilverwaltung. Während das Kinderheimwesen (in stark reduzierter Form) im Minsker Gebiet im Verlauf des Krieges unter der Kontrolle des Schulinspektorats einigermaßen aufrechterhalten blieb und unter die wohlfahrtspflegerische Zuständigkeit des „Weißruthenischen Selbsthilfewerks“ (Sammeln von Spenden, Bereitstellung von Suppenküchen, Einweisung von Kindern) fiel, gab es ein solches Auffangsystem in den rückwärtigen Heeres- und Armeegebieten sowie in den umkämpften Gebieten so gut wie nicht. Eine direkte Folge dieser Diskrepanz war eine viel größere Zahl an vagabundierenden Vollwaisen im Osten des Landes, die durch die Vergeltungsmaßnahmen der Deutschen gegen die Partisanen in der zweiten Hälfte des Krieges nur noch zunahm. Diese Kinder waren vollkommen sich selbst überlassen und wurden öfters Opfer von Militäraktionen und organisierten Deportationen . Zugleich konnten ältere Jahrgänge in die Wälder fliehen und sich zu den Partisanen absetzen, was ab dem Jahr  häufiger geschah. Die „Partisanen“ und der „Wald“ wurden für viele Kinder im Osten und gerade für die aus den Ghettos geflohenen jüdischen Jugendlichen zum einzigen Zufluchtsort überhaupt. Während des Rückzugs der Wehrmacht füllten sich die Wälder geradezu mit Jugendlichen, Kindern und Frauen. In einigen Einheiten gab es so viele Kinder, dass für sie sogar „Waldschulen“ eingerichtet wurden. Der im Untergrund aktive Komsomol zeigte sich zu Beginn  regelrecht besorgt, wenn gerade in den Familieneinheiten der Partisanen zu wenig ideologische Arbeit mit Kindern durchgeführt und zu wenige Schulen organisiert wurden. Kleinere und kranke Kinder wurden vermehrt in die befreiten russischen Gebiete evakuiert.

Fazit und Ausblick Das hier skizzierte, sich wandelnde Interesse der Besatzer an Kindern und die uneinheitliche Besatzungsstruktur brachten Handlungsbedingungen und Erfahrungsräume für Kinder hervor, die je nach Ort und Zeit unterschiedlich ausfielen und zum Teil geschlossene, kriegsspezifische „soziale Mikrosysteme“ jenseits der intakten Familienstrukturen darstell-



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

 

Das Inspektorat wurde am . Okt.  mit dem Hauptziel eingerichtet, Kinder und Jugendliche im Geiste des Nationalsozialismus zu erziehen. Zuständig war es außerdem für die Organisation und Kontrolle der Schulen und der Kindereinrichtungen. Zuerst bestehend aus sechs Personen, einschließlich eines Inspektors, und zuständig nur für Kindereinrichtungen wie Heime, wuchs es bis zum Jahr  auf  Mitarbeiter an. NARB, f. , op. , d. , l. . Über die Organisation der Heime und das Leben der verwaisten Kinder in der militärisch verwalteten Zone ist sehr wenig bekannt. Die vorliegenden Zeugnisse zeichnen jedoch ein Bild der Verwahrlosung. In diesem Zusammenhang seien der Abtransport zahlreicher Kinder aus dem Vitebsker Lager „. Regiment“ nach Auschwitz im Herbst  und die HEU-Aktion vom Frühjahr  genannt. NARB, f. , op. , d. , l. , . Siehe Berichte an den belarussischen Stab der Partisanenbewegung aus dem Jahr . NARB, f. , op. , d. , l. ,  f., –; f. , op. , d. , l. .

Sowjetische Kriegskindheiten: Überlegungen zu einem Forschungsfeld



ten. Als solche sind in erster Linie der Erfahrungsraum des Ghettos, der Kinderheime, der Partisaneneinheiten, der Lager („Kinderdörfer“) und der Straße (im weiteren Sinne einschließlich des Schwarzmarktes und der Arbeit) zu nennen. Manche Kinder kannten nur das Kinderheim, während andere im Verlauf des Krieges zwischen allen genannten Räumen wechselten. Dass alle Kinder dort sehr unterschiedliche Erfahrungen durchliefen, liegt auf der Hand. Während sich etwa Tamara Vachnjapina (geb. ) aus der westlichen Kleinstadt Mir an die „guten“ Deutschen, deren Geschenke und Schokolade und sogar an die „gemeinsamen Versteckspiele“ erinnert, waren Tausende jüdische Kinder, die der Tötung entgehen oder aus den Ghettos fliehen konnte, gezwungen, sich nicht nur vor den Deutschen, sondern auch vor den eigenen Nachbarn in Wäldern und Sümpfen zu verstecken. „Die größte Angst hatte ich vor den anderen Kindern“, erinnert sich heute der oben zitierte Vladimir Trachtenberg, der sich zusammen mit seiner Mutter nach der Auflösung des Minsker Ghettos im Herbst  zu den Partisanen durchschlagen konnte. „Gute Verstecke suchen“ hatte zuvor seinen Alltag im Minsker Ghetto bestimmt. Die wenigsten Kinder blieben jedoch unentdeckt und am Leben, nur wenige fanden den Weg in den Untergrund und wurden keineswegs immer dort aufgenommen. Die Lebenswege und Handlungsräume der Kinder in der besetzten Sowjetunion waren derart disparat, dass sie sich einer Erfassung in einer Einheitskategorie „Kriegskinder“ entziehen. Die genannten Erfahrungsräume der Kinder in wechselseitiger Perspektivierung zueinander und zur Makroebene sowie im Verhältnis zur agency von Kindern als Mikrogeschichten zu analysieren ist daher ein umfassendes Forschungsprogramm, das nur systematisch und unter Einbeziehung verschiedener Quellengattungen und Quellen unterschiedlicher Provenienz umgesetzt werden kann. Je mehr man sich mit diesen Quellen beschäftigt, umso deutlicher kommt die agency der Minderjährigen zum Vorschein. Es besteht kein Zweifel, dass Kinder als eine besonders verletzliche Gruppe der Gesellschaft in erster Linie die unschuldigen Opfer eines Vernichtungskrieges waren, der sie der elementaren Lebensgrundlagen und Institutionen beraubte. Dennoch wäre es falsch, Kinder auf Opfer des Krieges zu reduzieren und sie als passive Randfiguren wahrzunehmen.

 

Zit. nach: Ramanava, Machouskaja, Mir, S. . Interview mit der Autorin am . September  in Minsk.

Kristina Tanis Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers Die bekannt hohe Wertschätzung für den Film „Bronenosec Potemkin“ („Panzerkreuzer ˙ Potemkin“), (Sergej Ejzenštejn, ), war nicht die einzige in der Geschichte. Nach dem Krieg erinnerte der sowjetische Regisseur Aleksandr Ptuško auf einer Sitzung zu Filmfragen an „Die Nibelungen“ (Fritz Lang, ): Ich habe gerade einen Film fertiggestellt, den Farbfilm „Kamennyj cvetok“. Ich wollte diese Traditionen fortsetzen, und habe das Thema „Il’ja Muromec“ vorgeschlagen. Ich wollte mit meinen Möglichkeiten die Farben gut und großzügig einsetzen und etwas Episches machen, eine nationalrussische Sache. Wir hatten den deutschen Film „Die Nibelungen“, von dem noch heute als einem interessanten und phantastischen Film gesprochen wird. Es gibt genügend Filme in den nationalen Republiken, aber ein eigenes russisches Epos haben wir nicht, daher wollte ich einen solchen Film machen.

Neben der erklärten Berufung auf das deutsche Kino-Epos im Zusammenhang mit einem nationalen russischen Film soll in Bezug auf die zitierte Äußerung auf zwei weitere Aspekte hingewiesen werden: Erstens wurde der Streifen „Kamennyj cvetok“ („Die steinerne Blume“) auf deutschem Agfacolor-Film aufgenommen, der als Beutegut nach dem Krieg in die UdSSR gelangte [„Il’ja Muromec“ (Ptuško, ) wird später ebenfalls auf Agfacolor gedreht werden]; und zweitens scheint die Satzkonstruktion „Wir hatten den deutschen Film ‚Die Nibelungen‘; Wir haben genügend Filme in den nationalen Republiken“, in der die deutschen „Nibelungen“ und die nationalen Filme grammatikalisch gleichgestellte Teile eines einzigen Satzes sind, ein zufälliger Versprecher zu sein, der aber im Kontext unserer Untersuchung ein sehr aufschlussreicher Versprecher ist. Die Ähnlichkeiten und Parallelen zwischen den Kulturen beider Länder waren mehrfach Gegenstand komparativer und kontrastiver Analysen, auch im Bereich des Films. 





„Er ist fabelhaft gemacht, er bedeutet eine filmische Kunst ohnegleichen. [. . . ] Wer weltanschaulich nicht fest ist, könnte durch diesen Film zum Bolschewisten werden. Dies beweist, daß Tendenz sehr wohl in einem Kunstwerk enthalten sein kann, und auch die schlechteste Tendenz ist zu propagieren, wenn es eben mit den Mitteln eines hervorragenden Kunstwerks geschieht.“ Gerd Albrecht: Film im Dritten Reich. Karlsruhe , S. –. Stenogramm der Sitzung zu Filmfragen. Russisches Staatsarchiv für Sozialpolitische Geschichte (RGASPI), f. , op. , d. , l. . Siehe z. B. die Untersuchungen von Maja Turovskaja, in denen sie sowjetische und deutsche Zeitschriften aus den er-Jahren vergleicht: Majja Turovskaja: Legko na serdce – Kraft durch

https://doi.org/./-

Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers



 präsentierte die Filmhistorikerin und Kulturwissenschaftlerin Maja Turovskaja im Rahmen des Internationalen Moskauer Filmfestivals die Retrospektive „Kinematografie einer totalitären Epoche. –“. Im Rahmen der Retrospektive stellte Turovskaja einige sowjetische und deutsche Kinofilme aus den Jahren  bis  im Hinblick auf ihre Struktur, Funktion und ideologischen Voraussetzungen einander gegenüber und versuchte damit, das Phänomen „Kinematografie einer totalitären Epoche“ aufzuzeigen. Das Narrativ der Retrospektive gründete sich auf der Kinematografie beider Länder gemeinsame Motive wie den Mythos des Führers, des Helden, des jungen Opfers, der Kollektivität, des Feindes sowie auf den nationalistischen Mythos. Wir möchten hier nicht näher auf die Retrospektive eingehen und verweisen Interessierte lediglich auf einen Artikel von Maja Turovskaja. Allerdings ist für uns die Tatsache von Interesse, dass Turovskaja im Rahmen der Retrospektive als Ausnahme den deutschen Film „Ohm Krüger“ (Hans Steinhoff, ) in russischer Synchronisation zeigte. Der  als Bestandteil eines Beutefonds in die UdSSR gelangte Film „Ohm Krüger“ lief von  bis  mit einigen Kürzungen in der UdSSR als Beutefilm unter dem Titel „Transvaal’ v ogne“ („Transvaal in Flammen“) im Verleih. Wie sich Maja Iosifovna selbst erinnert, ist diese Praxis bei Filmfestivals nicht üblich und „sieht nach schlechten Manieren aus [. . . ], aber letztlich hat man mir diese Erlaubnis gegeben, und unser deutscher Kurator Klaus Eder rief aus: ‚Ich bin erstaunt! ‚Transvaal in Flammen‘ erscheint einem wie ein normaler sowjetischer Film!‘“ An und für sich ist schon die Tatsache, dass die Bolschewiki dem deutschen Film den Titel des russischen Volksliedes „Transvaal‘, Transvaal‘, strana moja, ty vsja goriš’ v ogne“ („Transvaal, Transvaal, mein Land, du stehst ganz in Flammen“) gaben, das in Russland schon nach dem Burenkrieg Anfang des . Jahrhunderts aufkam und während des Zweiten Weltkriegs wieder in den kulturellen Gebrauch gelangte, ein Beweis dafür, wie schnell die sowjetische Kultur bereit war, den deutschen Film anzunehmen und für sich zu vereinnahmen. Was im Grunde genommen auch geschah, denn die Beutefilme wuchsen sich von einer kleinen Episode in der Geschichte des sowjetischen Filmverleihs zu einem rich-

 



Freude. „Ogonek“ i BIZ. In: Dies.: Zuby drakona. Moi -e gody. Moskva , S. –; oder sowjetische und deutsche Witze: Dies.: Achilles i čerepacha. Političeskij anekdot totalitarnoj e˙pochi. In: Ebd., S. –. Siehe auch eine der ersten institutionellen Untersuchungen der Kinematografie beider Länder unter dem Gesichtspunkt ihrer propagandistischen Funktion: Richard Taylor: Film Propaganda: Soviet Russia and Nazi Germany. London/New York . Majja Turovskaja: Kino totalitarnoj e˙pochi. In: Dies., Zuby drakona, S. –. Gemäß Verleihbescheinigung Nr. / wurde er am . Okt.  für das breite Publikum bis zum . Dez.  freigegeben. In der Folge wurde die Frist für den Film bis zum . Dez.  verlängert. Siehe den Katalog der Tonfilme, die in den sowjetischen Kinos im Zeitraum von  bis  gezeigt wurden [o. V., o. J.]. Der Katalog wird im Gosfil’mofond aufbewahrt; seine englischsprachige Version wurde von Richard Taylor publiziert: Catalogue of Foreign Sound Films Released on the Soviet Screen, –. USSR Ministry of Culture State Film Archive: Department for the Scientific Processing of the Foreign Film Archive. Ministerstvo kul’tury SSSR. In: Studies in Russian and Soviet Cinema  (), Nr. , S. –. Hier und im Folgenden basieren alle Angaben zum Kinoverleih von Beutefilmen auf diesem Katalog. Majja Turovskaja: Operacija „Trofejnyj fil’m“. In: Dies., Zuby drakona, S. .



Kristina Tanis

tiggehenden Kulturphänomen jener Zeit aus. Es ist genau dieser sehr erfolgreiche Transfer, der mich als Forscherin interessiert. Das Ziel dieses Aufsatzes besteht darin, die Besonderheiten dieses Kulturtransfers zu untersuchen und einerseits die Lücken offenzulegen, die die Beutefilme ausfüllten oder die sie, wie man meinte, ausfüllen konnten, und andererseits zu determinieren, auf welche Weise die Transformation des Kulturprodukts erfolgte und auch welche zusätzlichen Bedeutungen und Korrektive die sowjetische Realität ihm hinzufügte. Um das gesteckte Ziel zu erreichen, müssen zwei Modelle einander gegenübergestellt und Parallelen auf der Makro- (Filmsystem) und der Mikroebene (Filmeinheit) im sozialen, kulturellen und ideologischen Kontext gezogen werden. Allerding ist es wichtig festzuhalten, dass uns eine komparative Analyse in diesem Fall nicht wirklich angebracht erscheint, da sie erstens den von vornherein naheliegenden Schluss der Äquivalenz beider Regime impliziert und zweitens das Vorhandensein anderer Akteure ausschließt, die es in diesem Fall jedoch gibt. Genau deshalb ist es nach unserer Meinung weitaus richtiger, auf den methodologischen Apparat des Kulturtransfers mit den ihm eigenen Implikationen, der Theorie des bilateralen Prozesses, der Existenz eines „dritten“ Faktors usw., zurückzugreifen. Und schließlich soll noch eine letzte Einschränkung gemacht werden – im vorliegenden Text untersuchen wir unter dem Begriff „Beutekino“ nur dessen deutschen Teil. Zweifellos schloss das Phänomen „Beutekino“ nicht nur Filme aus deutscher Produktion, sondern auch europäische und amerikanische Filme ein. Allerdings war die Anzahl der europäischen Filme so gering, dass wir keinen Sinn darin sehen, diese in einer eigenen Gruppe zu erfassen. Indessen ist die Veröffentlichung amerikanischer „Beutefilme“ im breiteren Kontext des Urheberrechts und der internationalen Beziehungen zwischen den USA und der UdSSR zu betrachten und erfordert eine separate detaillierte Untersuchung.

Das deutsche Kino in der Epoche des Dritten Reichs: Das goldene Zeitalter des Filmstudios UFA Bekanntlich war das kinematografische Modell des Dritten Reichs so aufgebaut, dass im Kinorepertoire Unterhaltungsfilme vorherrschten. Der Anteil propagandistischer Filme variierte in verschiedenen Jahren im Bereich um  %, lag aber niemals über  % des Gesamtumfangs des Kinoverleihs. Die übrigen  %, manchmal auch noch mehr, im Verleihnetz entfielen auf Filme der Unterhaltungsgenres – Komödien, Melodramen und Abenteuerfilme. Diese Ausrichtung des deutschen Filmwesens auf die Produktion von Unterhaltungsfilmen war  von Goebbels in seiner ersten programmatischen Rede vor Filmschaffenden im Hotel „Kaiserhof“ formuliert worden. In seiner Rede hob der Propagandaminister die besondere Wichtigkeit des „Schaffens des kleinsten Amüsements“





Wir haben fünf englische, sechs italienische und vier französische Filme gezählt. Ebenso wurden als Beutefilme drei österreichische Streifen gezeigt. Diese werden jedoch im Kontext der in der Zeit des Dritten Reichs geschaffenen Filme untersucht. Siehe vollständigen Text der Rede von J. Goebbels: Albrecht, Film im Dritten Reich, S. –.

Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers

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hervor. Später – im Jahr  – stellte Goebbels auf einer Sitzung der Reichsfilmkammer fest, dass das Unterhaltungskino als „als wertvolles Instrument der Volksführung im Kriege“ ernst genommen werden müsse. Wenn das Unterhaltungskino des nationalsozialistischen Deutschland, von Goebbels historisch als „Massenbeeinflussungsmittel“ bezeichnet, inzwischen zum Untersuchungsobjekt der Wissenschaft geworden ist, dann im Kontext seiner latent-propagandistischen Funktion, des Eskapismus und des utopischen Illusionismus. Die ersten Untersuchungen wurden von Siegfried Kracauer durchgeführt, der schon  in seinem Buch „Propaganda and the Nazi War Film“ schrieb, dass „alle Nazifilme mehr oder weniger propagandistisch waren – selbst reine Unterhaltungsfilme, die weit von Politik entfernt scheinen.“ Später führte Gerd Albrecht diese These fort und stellte fest, dass es Filme mit manifester propagandistischer Funktion und solche mit latenter propagandistischer Funktion gebe, wobei in Letzteren die versteckte Propaganda mithilfe des ernsten, heiteren oder Abenteuergenres vermittelt werden könne. In seiner Untersuchung der Kinopropaganda im nationalsozialistischen Deutschland schrieb Richard Taylor, dass die Unterhaltungsfilme darauf abzielten, „die Zuschauer einzulullen, um ihre Meinung für politische Zwecke zu manipulieren“. In der einen oder anderen Form dominierte dieser Analysefokus, der auf die Darstellung und Übermittlung der nationalsozialistischen Ideologie durch den Film gerichtet war, die Geschichtsschreibung der Kinematografie des Dritten Reichs über eine verhältnismäßig lange Zeit. Allerdings trat ab den er- und er-Jahren eine neue Historikergeneration auf den Plan, die den Schwerpunkt weg von der propagandistischen und ideologischen Funktion, hin zum Film als historische Quelle und Objekt der Kulturanalyse verschob. Es stellte sich heraus, dass bei Weitem nicht alle deutschen Streifen von dem nationalsozialistischen „Gift“ befallen waren, wie Klaus Kreimeier ironisch anmerkte. Tatsächlich offenbarten viele Genrefilme weder einen erkennbaren filmischen Stil noch eine aktuelle ideologische Agenda. Mehr noch, manchmal fanden sich sogar Diskrepanzen zwischen der



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Zit. nach: Unterhaltung und Ideologie im NS-Film. URL: http://www.filmportal.de/thema/ unterhaltung-und-ideologie-im-ns-film Siegfried Kracauer: Propaganda and the Nazi War Film. New York . Albrecht, Film im Dritten Reich, S. . Taylor, Film Propaganda, S. . Hans Wollenberg: Fifty Years of German Film. London ; Gerd Albrecht: Nationalsozialistische Filmpolitik. Stuttgart ; David Hull: Film in the Third Reich: A Study of the German Cinema, –. Berkeley ; Taylor, Film Propaganda; David Welch: Propaganda and the German Cinema, –. New York . Linda Schulte-Sasse: Entertaining the Third Reich. Illusions of Wholeness in Nazi Cinema. Durham/London ; Eric Rentschler: The Ministry of Illusion. Nazi Cinema and Its Afterlife. Cambridge ; Mary-Elizabeth O’Brien: Nazi Cinema as Enchantment. The Politics of Entertainment in the Third Reich. Rochester ; Sabine Hake: Popular Cinema of the Third Reich. Austin ; Antje Ascheid : Hitler’s Heroines. Stardom and Womanhood in Nazi Cinema. Philadelphia . Klaus Kreimeier: Die Ufa-Story. Geschichte eines Filmkonzerns. München , S. .

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doktrinären Nazi-Ideologie und der durch das Kino vermittelten Botschaft. Es gelang den Filmen, ein breites Spektrum von Stimmungen und Mentalitäten zu projizieren, und die Regisseure achteten gleichermaßen auf die jüngsten Tendenzen der Populärkultur, die klassischen musikalischen und literarischen Kanons sowie die europäischen Traditionen und dramaturgischen Vorbilder Hollywoods. Aufgrund der himmelschreienden Beliebigkeit und Heterogenität der populären Kinematografie des Dritten Reichs verglich Patrice Petro sie mit Hollywood: „War das Nazi-Kino einfach eine Version des klassischen Hollywood-Kinos?“ Und wenn das so wäre, „in welchem Maße begünstigte die Popularität des Nazifilms deutlich nationale Vorlieben und Muster?“ Nach Petro können Unterhaltungsfilme aus der Zeit des Dritten Reichs als vereinfachte Derivate des Hollywood-Originals beschrieben werden, und zwar ohne sorgfältig geschriebene Drehbücher, qualifizierte Regisseure, durchdachtes Design, Glamourstars und üppige Budgets. Es sei hervorgehoben, dass diese beiden Ansätze für die Untersuchung des Kinos im Nationalsozialismus nicht im Widerspruch zueinander stehen. In dem Sinn, dass die nationalsozialistischen Behörden natürlich versuchten, das Filmwesen für offene oder versteckte Propaganda zu benutzen. Auf die Ambivalenz, den Eklektizismus und die innere Widersprüchlichkeit der Unterhaltungsfilme wurde allerdings zum ersten Mal hingewiesen. All dies ist bei der Untersuchung deutscher Filme, nun bereits im sowjetischen Kontext, zu berücksichtigen.

Beutefilme in der UdSSR: Repräsentation und Rezeption Der erste Beutefilm „Die Frau meiner Träume“ (Georg Jacoby, ) kam in der UdSSR  heraus. Da er beim Publikum unglaublich gut ankam, brachten die sowjetischen Behörden in den folgenden Jahrzehnten etwa fünfzig weitere Streifen in die Kinos, die während des Dritten Reichs geschaffen worden waren. Hier muss festgestellt werden, dass die Behörden beim aus kommerziellen Erwägungen erfolgten Verleih des Films das Fehlen

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Siehe z. B. die Untersuchung von Ascheid, Hitler’s Heroines, in der die Verfasserin nachweist, dass beispielsweise Zarah Leander oder Kristina Söderbaum eine einigermaßen ambivalente Position im Kultursystem insgesamt innehatten. Einerseits waren sie die beliebtesten Frauen im Land und erfüllten dank ihrer Bekanntheit eine Modellfunktion. Andererseits standen ihre Kinofiguren im Gegensatz zum nationalsozialistischen Ideal, wo die Frau der Familie und dem Staat dienen sollte. Obgleich die Frauen im nationalsozialistischen Deutschland sehr beschränkt in ihren Rechten waren, waren die Filmdivas häufig Teil des feministischen Diskurses. Detaillierter siehe Untersuchung von Sabine Hake: Hake, Popular Cinema of the Third Reich. Zur deutschen Filmpolitik innerhalb und außerhalb Europas siehe David Welch, Roel Vande Winkel (eds.): Cinema and the Swastika. The International Expansion of Third Reich Cinema. New York u. a. . Siehe Patrice Petro: Nazi Cinema at the Intersection of the Classical and the Popular. In: New German Critique  (), S. . Siehe Majja Turovskaja: Kinoprocess: –. Predislovie. In: Kinovedčeskie zapiski. . Nr. /. S. –.

Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers

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ideologischer Merkmale hervorhoben. „Da der Film ‚Die Frau meiner Träume‘ dem Staat hohe Einnahmen verschafft und in ideologisch-politischer Hinsicht neutral ist“, schrieb der Minister für Filmwesen Ivan Bol‘šakov an Andrej Ždanov, „hält das Ministerium für Filmwesen die weitere Vorführung des Films in der Sowjetunion für sinnvoll“. Schauen wir sowohl auf die Begründung der Freigabe für den Verleih der darauf folgenden Beutefilme, als auch auf die ausgewählten Genres, dann sehen wir, dass die Behörden das auswählten, was in diesen Jahren im sowjetischen Filmwesen nicht vorhanden war und sich zugleich großer Nachfrage bei den Zuschauern erfreute, nämlich Filme des Unterhaltungsgenres. Hierbei wurde angesichts der in die Wege geleiteten Politik des „Malokartin’e“ („wenige Filme“ oder auch „Filmanämie“) impliziert, dass die Nische des Propagandakinos von sowjetischen Kinofilmen besetzt würde, deren Qualität und ideologische Aufladung „durch Verringerung ihrer Anzahl und Heranziehung der besten Regisseure und Schauspieler zur Verfilmung“ gesteigert wurde, während die Beutefilme die Kassen füllen und den Zuschauer mit Unterhaltungsprodukten versorgen sollten. Allerdings verweist uns das in der UdSSR entstandene System des Filmverleihs und der Filmproduktion paradoxerweise auf das für das Dritte Reich relevante Modell mit seiner Ausrichtung auf das Publikumskino und einem staatlich geregelten Verhältnis von  % Propagandafilmen gegenüber  % Unterhaltungsfilmen. Es entsteht das Gefühl, dass mit dem massenhaften Transfer von Artefakten auch der Transfer des Konzepts selbst stattfand. Im Jahr , auf dem Höhepunkt des Phänomens des Beutekinos, sagte der Chef von Glavkinoprokat, Lev Vasilevskij, bei einer Besprechung mit Provinzkadern zur Planerfüllung bei der Kinoversorgung ohne Umschweife, dass das Verhältnis von Sowjet- und Beutefilmen  zu , also  zu  % betrage: Lassen Sie mich noch ein paar Worte dazu sagen, wie mit ausländischen Filmen umzugehen ist. Ihnen allen ist klar, dass durch die Freigabe zahlreicher ausländischer Filme möglichst hohe Einnahmen aus ihrem Verleih erzielt werden sollen. Ein Verhältnis, bei dem Sie, sagen wir, pro Monat zwei sowjetische Filme und fünf bis sechs ausländische haben, erfordert im

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A. S. Derjabin u. a. (otv. red.): Letopis’ rossijskogo kino, –. Moskva , S. . Z. B. lautet die Begründung für den Verleih des deutschen Films „Ein Lied für Dich“ (Joe May, ), dass „es in diesem Film viel Musik und Gesang“ gebe. Über den Film „Fanny Elßler“ (Paul Martin, ) wird angemerkt, dass „im Film viele Ballettnummern und gute Musik“ zu sehen seien usw. Siehe Spisok zagraničnych kinofil’mov dlja vypuska na zakrytyj i širokij e˙kran ot  avg.  g. In: Kirill Anderson u. a. (sost.): Kremlevskij kinoteatr, –. Moskva , S. –. Z. B. sechs Filme mit antibritischem Inhalt, zwei Dokumentarfilme, vier Abenteuerfilme, sieben biografische Filme, zwei Dramen, zwei Verfilmungen, drei historische Filme, ein Western und  Musicals. Postanovlenie Politbjuro CK VKP(b) „O plane proizvodstva chudožestvennych, dokumental’nych i vidovych kinofil’mov na  g.“ ot  ijunja  g. In: A. Artizov, O. Naumov (sost.): Vlast’ i chudožestvennaja intelligencija. Dokumenty CK RKP(b) – VKP(b) – VČK – OGPU – NKVD o kul’turnoj politike – gg. Moskva , S. . Die Verfasserin dankt Arkadij Bljumbaum für diese Beobachtung.

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Hinblick auf die richtige Repertoirepolitik große Besonnenheit von den Mitarbeitern der Kinofizierung und des Verleihs vor Ort.

Es ist wichtig festzuhalten, dass wir in diesem Text nicht behaupten, dass dieser Transfer des Kinomodells von den sowjetischen Behörden bewusst umgesetzt wurde; wir neigen eher zur Ansicht, dass gerade die Nutzung der deutschen Streifen zum Wiederaufleben jenes Systems führte, unter dessen Bedingungen sie geschaffen wurden. Allerdings war im sowjetischen Filmverleih der „neutrale“ Film, wie ihn Bol‘šakov nannte, einer zusätzlichen Ideologisierung ausgesetzt. Mit anderen Worten, mit der Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Zuschauer versuchte das Ministerium für Filmwesen unter der Mentorschaft des Agitprop, die in Verkehr gebrachten Kinoproduktionen nach Möglichkeit noch zusätzlich zu ideologisieren. Schnitt, Synchronisation (oder Untertitelung) und Eingangstitel als ideologischer Rahmen – das waren die Mittel, mit denen ausländische Produktionen in den sowjetischen Kontext integriert wurden. Überhaupt ermöglichte es die Vielfalt der Genres sowie der Eklektizismus und die Heterogenität des deutschen Films den sowjetischen Behörden, ein gerade für die sowjetischen Realien relevantes Produkt aus der Gesamtmasse zu extrahieren. So erlebten zum Beispiel die Filme mit antibritischer und antiamerikanischer Ausrichtung in der Atmosphäre des beginnenden Kalten Krieges geradezu einen zweiten Frühling. Die im britischen Sektor Berlins erscheinende deutsche Zeitung „Sie“ bemerkte dazu ironisch, dass der Hauptdarsteller des Films „Ohm Krüger“, Emil Jannings, nicht nach Südamerika zu fliehen brauche, da der Titel „Verdienter Schauspieler der UdSSR“ fast genauso schön sei wie der eines „Staatsschauspielers“. Hierbei muss man sich bewusst sein, dass die die spektakuläre Machart in diesem Fall der ideologischen Ausrichtung des Films nicht zuwiderläuft. Genau jener „Ohm Krüger“ also, der in den Begleitdokumenten als antibritischer Film bezeichnet wurde, verfügt über zahlreiche Trickszenen und eine für das Abenteuergenre charakteristische Dramaturgie. Dasselbe kann man auch über den Film „Maria Stuart“ (im sowjetischen Verleih „Der Weg zum Schafott“) sagen, einem Melodrama mit Zarah Leander in der Hauptrolle, in dem das historische Sujet unterschwellig der antibritischen Rhetorik des Films dient. Jedenfalls gab es insgesamt sechs antibritische Filme, wobei die meisten allerdings gerade dem Unterhaltungskino zuzurechnen sind – Musicals, Biopics und Abenteuerfilme. Nach der Auswahl erfolgte die sogenannte „ideologische Füllung“ der Filme mittels Schnitt und Synchronisation (Untertitelung). In der Regel wurden Szenen herausgenommen, die der doktrinären Ideologie widersprachen, also Szenen mit religiösem oder mystischem Charakter oder erotischen Inhalten, sowie solche mit nationalistischer Ausrich-

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Stenogramma soveščanija rukovodjaščich rabotnikov periferii po vypolneniju plana kinoobsluživanija v  g., . jan.  g. Russisches Staatliches Archiv für Literatur und Kunst (künftig: RGALI), f. , op. , d. , l. . Siehe Übersetzung des Artikels „Uproščennyj metod“. . Juni . RGALI, f. , op. , d. a, l. . Das bekannteste Beispiel ist die später herausgeschnittene Szene, in der Marika Rökk in dem Film „Die Frau meiner Träume“ in einem Fass mit Seifenschaum badete. Anfangs war der Film

Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers

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tung. Darüber hinaus erfolgte durch die Synchronisation oder Untertitelung eine zusätzliche Redaktion des Films, bei der Sätze, die im Rahmen der sowjetischen Ideologie unerwünscht waren, gar nicht übersetzt wurden. Und schließlich wurde vor der Freigabe des Streifens für den Verleih am Anfang ein Eingangstitel eingefügt, der die Modalitäten für die Vorführung vorgab. So wird zum Beispiel im Eingangstitel zum Film „Friedrich Schiller – Der Triumph eines Genies“ (Herbert Maisch, ) über Friedrich Schiller ausgeführt, dass der Dichter „am eigenen Leib die ganze Last des Despotismus und der Tyrannei des Herzogs und seines Hofes und die sinnlose Stumpfheit des preußischen Militärdrills erfuhr, die Leiden seines Volkes sah“ und daher „Die Räuber“ geschrieben habe, wodurch der Film zusätzliche politische und ideologische Konnotationen erhielt. Der Titel entschlüsselte also den Inhalt des Streifens entsprechend der gewünschten ideologischen Ausrichtung. Damit erhielten selbst Unterhaltungsproduktionen, die nach Aussage der Behörden neutral waren, nach Einfügung eines Titels eine zusätzliche ideologische Dimension und erklärten dem Zuschauer, wie dieser oder jener Film aufzufassen war. Das Beispiel des Titels ist sehr aufschlussreich für das Verständnis dafür, wie das sowjetische und das deutsche Regime mit Propaganda im Kino umgingen. Während das deutsche Filmwesen in Bezug auf die Kinopropaganda dem Hollywood-Modell folgte, laut dem die – unterschwellig eingeführte – Ideologie einen impliziten, verborgenen Charakter haben sollte, erläuterten die sowjetischen Behörden die ideologische Hauptbotschaft erstens sehr detailliert und stellten sie zweitens ganz an den Anfang des Films. Wenn wir uns allerdings anschauen, wie diese Filme vom sowjetischen Publikum aufgenommen wurden, so stellen wir fest, dass im Fall des Beutefilms zumeist weder die deutsche noch die sowjetische Botschaft den Rezipienten erreichte. Die am weitesten verbreitete Reaktion war eine Rezeption außerhalb der Ideologien der beiden Regime. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es sich, wie bereits mehrfach erwähnt, weitgehend um Unterhaltungsfilme handelte. Auch wenn einige der

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ohne Kürzung gezeigt worden, aber da diese Szene heftige Reaktionen hervorrief, wurde sie in der Folge herausgeschnitten. So wurde z. B. aus dem Film „Die letzte Runde“ laut Erläuterungsvermerk „das Thema der Erziehung eines deutschen Nazi-Boxers herausgenommen.“ Zentrales Staatsarchiv für Literatur und Kunst St. Petersburg (CGALI SPb), f. , op. , d. , l. . Der russische Emigrant Griša Šuvalov wurde nach der Synchronisation zum Italiener Roselli, dem Chef einer Gangsterbande. „Friedrich Schiller“ (H. Maisch, ). Gosfil’mofond RF. Verleih in der UdSSR unter dem Titel „Prizvanie po˙eta“: . Apr.  – . Jan. . Als besonders eindrucksvolles Beispiel aus Hollywood, das die Zuschauer über die Rolle Amerikas im Zweiten Weltkrieg aufklärte, sei an dieser Stelle der Film „Casablanca“ (Michael Curtiz, ) erwähnt. „Casablanca“ ist wohl kaum verdächtig, unter der Leitung des „Office of War Information“ produziert worden zu sein. Zu diesem Thema siehe M. Todd Bennett: One World, Big Screen. Hollywood, the Allies, and World War II. Chapel Hill . Zum Thema Sowjetpropaganda in den frühen Nachkriegsjahren siehe z. B. Vladimir Pechatnov: Exercise in Frustration: Soviet Foreign Propaganda in the Early Cold War, –. In: Cold War History  (), Nr. , S. –. Zum Filmwesen s. folgenden Essay: Valérie Pozner: Les limites de la propagande soviétique dans l’après-guerre. In: Jean-Pierre Bertin Maghit (ed.): Une histoire mondiale des cinémas de propagande. Paris , S. –.

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sorgfältig ausgesuchten deutschen Filme über ein gewisses latentes Propagandapotential verfügten, so wurde ihre ideologische Botschaft angesichts der Nachkriegserfahrungen des Zuschauers unter den neuen Gegebenheiten entweder völlig ausgelöscht, oder als negativ wahrgenommen. Ein Paradebeispiel in diesem Zusammenhang ist eine Äußerung der Schauspielerin Inna Makarova, die, nachdem sie die am stärksten ideologisch aufgeladenen Filme aller Kinoproduktionen – diejenigen mit antibritischer Ausrichtung – gesehen hatte, einerseits deren spektakuläre Komponenten betonte, und andererseits ihre antibritische Botschaft zwar erwähnte, aber nur Kontext der Nachkriegserfahrung: Gestern habe ich „Fahrstuhl zum Schafott“ gesehen („Maria Stuart“). Aufs Filmemachen versteht man sich im Ausland, soviel kann ich sagen. Die Gesichter sind wie modelliert. Effektvoll in Szene gesetzt. In den letzten Tagen habe ich „Träumerei“ über Schubert, etwas über den Suezkanal, dessen Titel mir entfallen ist, und „Ohm Krüger“ angeschaut. In letzterem werden toll gefilmte Stürze von dahinjagenden Pferden gezeigt. Aufschlussreich – in diesem Film bezichtigen die Deutschen die Briten der Grausamkeit gegenüber den Buren. Und sie selbst?

Was die eingeführten Marker der sowjetischen Ideologie angeht, seien es Titel, Schnitt oder Synchronisation (Untertitel), so erzeugten sie unserer Ansicht nach aufgrund ihres eindeutig propagandistischen Charakters eine Kluft zwischen der Repräsentation des Phänomens durch die Behörden und dessen Wahrnehmung durch den sowjetischen Zuschauer. So schrieb beispielsweise der Schriftsteller Michail Prišvin nach dem Film „Rembrandt“ (Hans Steinhoff, ), dessen Eingangstitel dazu aufforderte, den Film als Konflikt eines Genies mit der bürgerlichen Gesellschaft aufzufassen, in sein Tagebuch, dass das „Thema des Films ‚Poet (Künstler) und Pöbel‘“ sei, also das Volk und nicht die bürgerliche Gesellschaft. In einigen Fällen lasen die Zuschauer nicht nur die Diskrepanz zwischen dem Inhalt des Films und dessen ideologischen Rahmen heraus, sondern auch die von den sowjetischen Behörden zensierten Stellen. 

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Wie z. B. das Genre des Biopics. Im nationalsozialistischen Deutschland waren viele Filme über geniale deutsche Künstler und Musiker auf die deutschnationale Propaganda ausgerichtet. Mit der Aufnahme von Biopics in den sowjetischen Verleih hoben die sowjetischen Behörden häufig ihren Erkenntnischarakter hervor, was unserer Ansicht nach seine Berechtigung hat, zumal die Bevölkerung des Landes in den Nachkriegsjahren noch weitgehend ungebildet war. Über den Kampf gegen die Unwissenheit s. auch: Donal’d Fil’cer (Donald Filtzer): Sovetskie rabočie i pozdnij stalinizm. Rabočij klass i vosstanovlenie stalinskoj sistemy posle okončanija Vtoroj mirovoj vojny. Moskva . Inna Makarova: Blagodarenie. Moskva , S. . Ebd., S. . „Der harte Realismus dieses genialen Meisters wurde von seinen Zeitgenossen nicht verstanden und unterschätzt. Die kreative Streitbarkeit Rembrandts führte zum Konflikt mit dem bürgerlichen Milieu. Zahlreiche Neider und Feinde richteten den Künstler zugrunde und brachten ihn an den Bettelstab. Aber weder Kummer noch Hetze konnten Rembrandt brechen. Er arbeitete unermüdlich und mit Hingabe bis zum letzten Tag seines Lebens und schuf große Werke der Malkunst.“ „Rembrandt“ (Hans Steinhoff, ). Gosfil’mofond RF. Verleih in der UdSSR unter dem Titel „Žizn’ Rembrandta“: . Dez.  – . Dez. . Michail Prišvin: Dnevniki. –. Moskva , S. .

Beutefilme in der Sowjetunion: Besonderheiten des Kulturtransfers

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So stellte der Musikpädagoge und Komponist Vladimir Švec, der zahlreiche Musikfilme ansah, relativ häufig fest, dass es Schnitte gab. Am . Juli  schrieb er in sein Tagebuch: Wir sahen uns dann den deutschen Film „Floria Tosca“ an. Er ist mit Auszügen aus Puccinis Musik gestaltet. Er hinterlässt einen guten Eindruck, auch wenn die Kürzungen vieles verdorben haben.

Hier der Eintrag vom . August : Am Abend haben wir uns den deutschen Film „Madame X“ angesehen, ein Familiendrama, das in Odessa großen Erfolg hat. Die Inszenierung ist ziemlich sorgfältig und durchdacht, aber auch Kürzungen auf Schritt und Tritt. Die Übersetzung des Textes entspricht so gut wie nicht den deutschen Untertiteln.

Der Arbeiter des Flugzeugmotorenwerks Perm, Aleksandr Dmitriev, schrieb, nachdem er den Film „Die Frau meiner Träume“ gesehen hatte, in sein Tagebuch, dass dieser Streifen das Leben realistischer zeige, als ein sowjetischer: Gestern haben Zina und ich [den Film] „Die Frau meiner Träume“ angesehen. Der Streifen ist sehr bemerkenswert gestaltet. Die Farben sind wunderbar gewählt. Ein etwas naiver Inhalt, aber dafür ist das Leben wirklichkeitsgetreu gezeigt. Darin wird nicht mehr verschwiegen, dass das Volk auf Zuteilung lebt. Nicht wie in unseren Kinofilmen, wo gezeigt wird, dass das Leben bei uns schön ist, obwohl die Zeiten so schwer sind. Ich habe solche Filme noch nie gesehen, mit Ausnahme freilich des Stereofilms, der von nichts übertroffen wird. Insgesamt war ich sehr zufrieden mit dem Film.

Im vorliegenden Text haben wir nicht die Aufgabe, die Rezeption des Beutekinos in ihrer Gesamtheit zu untersuchen, sondern eher einen der vorhandenen Typen kenntlich zu machen, der im Kontext der autoritären Praktiken zur Adaptierung ausländischer Filme für die sowjetische Leinwand relevant ist. Als Fazit dieses Aufsatzes möchten wir die Gründe anführen, aus denen dieser kinomategrafische Transfer möglich war. Erstens tat sich in der Sowjetunion seit ihrer Gründung eine sogenannte „Schere“ zwischen dem ideologischen und dem Unterhaltungskino auf. Diese Trennung wurde erstmals bereits von Vladimir Lenin am . Januar  in den „Direktiven für Filmangelegenheiten“ vorgegeben, wo er ein Prinzip formulierte, das die Bezeichnung „Lenin‘sche Proportion“ erhielt. Gemäß der Direktiven sollte jede Kinovorführung sowohl „Filme mit speziell propagandistischem Inhalt“ als auch „vergnügliche Filme, speziell für die Reklame und für die Einnahmen (natürlich ohne Schweinerei und Konterrevolution)“ beinhalten. Obwohl in den er-Jahren das Verhältnis zwischen Ideologie und Kasse zugunsten der Ideologie entschieden wurde, war das Konzept des

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Vladimir Smirnov: Rekviem XX veka. V -ti č. Č. . Odessa , S. . Ebd., S. . Aleksandr Dmitriev: Dnevnik.  marta  g. URL: http://prozhito.org/person/ V. I. Lenin: Poln. sobr. soč. T. . Moskva , S. .

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Populär- bzw. Massenkinos, des sowjetischen Analogons zu Hollywood, im Bereich des Filmwesens in der einen oder anderen Form vorhanden. Zum Chefideologen für das Massenkino wurde der Leiter des Filmwesens Boris Šumjackij, der  das Buch „Kinematografija millionov“ („Kinematografie für Millionen“) herausbrachte. Šumjackij ist auch durch seine Idee der Verlegung des sowjetischen Filmwesens in den Süden zum Aufbau einer „Kinostadt“ („Kinogorod“) auf der Krim bekannt, die in der Lage sein sollte, der amerikanischen Traumfabrik Konkurrenz zu machen. Zweitens hatte die Staatsmacht in den er-Jahren bereits ähnliche Erfahrungen mit der Adaptierung ausländischer Filme für die sowjetischen Kinosäle gemacht. Damals versuchte man die Kluft zwischen Ideologie und Kasse durch eine Neumontage zu überbrücken, die in der Stummfilmzeit häufig radikal war. Die Kinoproduktionen des Dritten Reichs, die einerseits dem klassischen Hollywoodkino, und andererseits den europäischen Leitbildern folgten, ließen kraft ihres Synkretismus, ihrer manchmal apolitischen Orientierung und ihrer Heterogenität einen großen Spielraum, den die Sowjetmacht zu nutzen suchte. Dies geschah durch zusätzliche Ideologisierung der Unterhaltungskinoproduktionen mittels Schnitt, Synchronisation und Einführung eines Titels mit deutlichen Hinweisen zur Rezeption des Films. Mit anderen Worten, nach dem Krieg öffnete sich „die Schere zwischen Ideologie und Kommerz“ erneut, wobei das sowjetische Kino und das Beutekino auf unterschiedlichen Seiten aufgingen. Es erwies sich als unmöglich, diese Schere mit Zensurpraktiken wieder zu schließen. Die Untersuchung wurde im Rahmen des Programms für Grundlagenforschung der Nationalen Forschungsuniversität Hochschule für Wirtschaft  durchgeführt.

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Boris Šumjackij: Kinematografija millionov. Moskva . „Bekanntlich kamen während des Bürgerkriegs keine ausländischen Filme nach Sowjetrussland, und die eigene Kinoproduktion reduzierte sich auf Wochenschauen und Agitationsfilme. Die kommerzielle Kinoindustrie erholte sich erst mit der Einführung der Neuen Ökonomischen Politik, wobei nicht mit der Produktion, sondern mit dem Verleih von Filmen begonnen wurde. Warum? Um Filme machen zu können, braucht man Geld. Und woher soll man es nehmen? Aus dem Verleih. [. . . ] Der Verleih von Importfilmen erhielt in Russland grünes Licht, aber mit einem zeittypischen Vorbehalt: Für den Ideenverkehr, muss die Ampel auf Rot stehen. Geld hin oder her, aber die Staatsgewalt ist bei uns bei alledem doch sowjetisch.“ Siehe Jurij Civ’jan: Na podstupach k karpalistike. Dviženie i žest v literature, iskusstve i kino. Moskva , S.  f. Das Konzept des klassischen Hollywoodkinos wurde erstmals von D. Bordwell eingeführt. Siehe David Bordwell, Janet Staiger, Kristin Thompson: The Classical Hollywood Cinema. Film Style and Mode of Production to . London . Nach einer Äußerung von Adrian Piotrovskij. Siehe Adrian Piotrovskij: Ob „ideologii“ i „kommercii“. In: Nina Gornickaja (sost.): Iz istorii Lenfil’ma. Statji, vospominanija, dokumenty. Leningrad , S. –.

Alexey Tikhomirov Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –  Einführung Im Sommer  begab sich eine offizielle Delegation ostdeutscher Bauern mit der Mission in die Sowjetunion, die „Heimat des Sozialismus“ mit eigenen Augen zu erkunden. In einer nach der Rückkehr in die Deutsche Demokratische Republik erschienenen Broschüre wurden die Erfahrungen des Aufenthalts in der UdSSR in Narrative und Bilder der Verzückung über den Aufbau des Kommunismus gekleidet. Die Mitglieder der Delegation stellten sich als Augenzeugen des technischen Fortschritts, der Stalin’schen Neubauten und vorbildlichen Kolchosen dar. Sie waren begeistert von der Ordnung, der Dynamik und den Sowjetmenschen als zentralen Schöpfern der sozialistischen Realität. Die Delegierten selbst nannten die Reise in die Sowjetunion eine „anschauliche Lehre“, bei der sie neue Kenntnisse erworben und Beweise der positiven Entwicklung des Landes erhalten hätten, das ihnen aus der nationalsozialistischen Politik und Propaganda als Abbild der „jüdischbolschewistischen Bedrohung für die westliche Zivilisation“ bekannt gewesen sei. Die totale Vertreibung der alten Feindbilder aus den Empfindungen der Deutschen zielte auf den Aufbau von Repräsentationen einer harmonischen sozialistischen Welt ohne Strukturen der Unvereinbarkeit und einander ausschließender Widersprüche ab. Das Prinzip der Rassenungleichheit verlor seine Aktualität, und die Zielsetzung der ideologischen Einigung mit Moskau ermöglichte es den Ostdeutschen, sich dem Block der sozialistischen Länder anzuschließen, die Errichtung eines „antifaschistischen demokratischen Staates“ zu erklären und sich der globalen sowjetischen Mission des „Schutzes des Weltfriedens“ anzuschließen, insbesondere angesichts des sich seit dem Frühjahr  verschärfenden Konflikts des Kalten Krieges.







Werktätige Bauern, Traktoristen und Landarbeiter besuchen die Sowjetunion. Bericht der ersten Delegation der werktätigen Bauern, Traktoristen und Landarbeitern der Deutschen Demokratischen Republik über ihre Reise in die Sowjetunion. Halle (Saale) . Martin Pase: Stalin im Blitzlicht der Presse und Karikatur. Dresden ; Christian Windecke: Der rote Zar. Genosse Stalins Weg zur Macht. Leipzig . Jan C. Behrends: Vom Panslavismus zum „Friedenskampf“. Außenpolitik, Herrschaftslegitimation und Massenmobilisierung im sowjetischen Nachkriegsimperium (–). In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas  (), H. , S. –.

https://doi.org/./-

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Alexey Tikhomirov

Erich Knorr (–), Funktionär der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe, sinnierte bei der Betrachtung der Landschaften und Städte durch das Fenster des nach Moskau eilenden Zuges: Eine Fahrt mit der Eisenbahn gibt auch die Möglichkeit vielfältiger Beobachtungen. Unsere Delegierten stehen am Fenster und werden nicht müde, alles aufzunehmen, was draußen zu sehen ist. Nach den großen Eindrücken in Moskau entstehen Steinchen für Steinchen die Konturen eines großen Mosaiks. Allmählich ordnet und formt sich das monumentale Bild der Sowjetunion.

Die Zugfahrt erschien als aktiver Prozess, in dessen Verlauf man sich durch Beobachtung von den Erfolgen der „Großbauten des Kommunismus“ und der Verwandlung der Deutschen von „Feinden“ zu „Freunden“ der UdSSR überzeugen und gleichzeitig eine kritische Distanz zur eigenen nationalen Vergangenheit aufbauen konnte. In den Nachkriegsverhältnissen der Niederlage, der Zerstörung und des Fehlens klarer Perspektiven, ermöglichte der Blick auf die UdSSR den Ostdeutschen ein Szenario der Lösung aktueller Probleme und versprach Frieden und Sicherheit, Fortschritt und Blüte, Glück und Zukunft. Und so hießen die Reisen in die UdSSR auch „Reisen in die Zukunft“: Sie prägten die moralische Pflicht zur Entwicklung eines Post-NS-Deutschlands nach sowjetischem Muster. Die Befolgung der Losung „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“ bot kosmologischen Sinn zur Rettung, um von „Kriegsverlierern“ zu „Geschichtsgewinnern“ zu werden. Analog zu Aleksej Golubevs Analyse der Bedeutung des westlichen Beobachters für die Entstehung der sowjetischen symbolischen Ordnung erfüllte die Figur des Ostdeutschen als westlicher Beobachter der Sowjetunion die Funktion eines Lacan’schen Spiegels, der nicht nur die einzelnen Erfahrungen der sowjetischen Realität zu einem einheitlichen Bild zusammenfasste, sondern diese zu neuem Wissen für eine positive Selbstidentifikation der Deutschen umwandelte. Für die UdSSR bedeuteten die Bilder und Narrative der sowjetischen Realität eine Erweiterung des Einflussbereichs des sowjetischen Nachkriegsimperiums und die Sammlung von Territorien unter der Führung des Kremls. Für die Deutschen ermöglichte die Schaffung positiver Repräsentationen der UdSSR durch die öffentliche Proklamation der beiderseitigen Freundschaft eine Änderung ihrer Selbstbewertung als Aggressorstaat der jüngeren Vergangenheit. Dank vielfältiger Veröffentlichungen, Fotoausstellungen und Diskussionsgruppen wurden die Delegierten nach ihrer Rückkehr aus Moskau zu Botschaftern der sozialistischen Moderne in ihrem eigenen  





Werktätige Bauern, Traktoristen und Landarbeiter besuchen die Sowjetunion, S. . Aleksej Golubev: Zapadnyj nabljudatel’ i zapadnyj vzgljad v affekitvnom menedžmente sovetskoj sub”ektivnosti. In: Anatolij Pinskij (otv. red.): Posle Stalina. Pozdnesovetskaja sub”ektivnost’ (–). Sankt-Peterburg , S. –. Alexey Tikhomirov: The Stalin Cult between Center and Periphery: the Structures of the Cult Community in the Empire of Socialism, – – the Case of GDR. In: Benno Ennker u. a. (Hrsg.): Der Führer im Europa des . Jahrhunderts. Marburg , S. –. Jan C. Behrends: Die erfundene Freundschaft. Propaganda für die Sowjetunion in Polen und in der DDR. Köln/Weimar/Wien ; Aleksej Tichomirov: „Lučšij drug nemeckogo naroda“. Kul’t Stalina v Vostočnoj Germanii (– gg.). Moskva .

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –



Land. Ihre Aufgabe bestand in der ideologischen Fokussierung des Blicks ihrer Mitbürger auf die Erfolge und Leistungen der UdSSR. In den Beschreibungen der Erfahrungen ihres Aufenthalts in der UdSSR rechtfertigten die Mitglieder der offiziellen ostdeutschen Delegationen den Sinn der sowjetisierten Realität und setzten sie in Beziehung zu dem in Publikationen und im Kino, auf Fotos, in Ausstellungen und auf Plakaten dargestellten abstrakten Kollektivbild der UdSSR, das sich zu einem gemeinsamen Raum für die individuelle Sowjetisierung der Subjekte entwickelte. Der imaginäre Blick der Ostdeutschen auf die UdSSR spiegelt die Entstehung des visuellen Nachkriegsregimes im Block der sozialistischen Länder, das die Hierarchie zwischen Moskau und den Volksdemokratien festlegte und zu einem der wichtigsten Werkzeuge für die Sowjetisierung von Raum, Zeit und Subjekten mittels Visualität wurde. Er gestaltete Situationen der Subjektivierung, in denen die Ostdeutschen lernen sollten, nicht nur „bolschewistisch zu sprechen“, sondern auch die Welt auf „sowjetisch“ zu erkennen, zu sehen und zu betrachten. Im Nachkriegsdeutschland waren die Deutschen Objekt der Beobachtung durch die sowjetischen Kontrollinstanzen und gleichzeitig Subjekt der Beobachtung der sozialistischen Wirklichkeit. Wie Jonathan Crary, Galina Orlova und Aleksej Golubev in ihren Arbeiten zeigten, ist die Position des Beobachters eine historische Konstruktion der Realisierung von Macht über ein Subjekt, eine Form des Kontrollaufbaus über die Erfahrungen von Menschen und eine Schlüsselpraxis für die Entstehung des Subjekts selbst durch Programmierung einer visuell-ideologischen Optik zur Interpretation der Wirklichkeit. Unter „visuellem Besatzungsregime“ verstehe ich nicht nur Strategien und Taktiken der Visualisierung des Politischen im öffentlichen Raum in der Zusammenarbeit von SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) und SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands), sondern in noch größerem Maße die Fähigkeit, jene visuelle Macht zu erzeugen, die über das Potenzial verfügte, der Bevölkerung einen ideologischen Inhalt zu vermitteln, sie in die Partei- und Staatsrituale einzubeziehen und sie zu offiziellen Zwecken zu mobilisieren. Die Nachhaltigkeit der zu schaffenden visuellen Ordnung wurde durch die Fähigkeit der Staatsgewalt gewährleistet, soziale Praktiken des Sehens, der Empfindung und der Wahrnehmung des Besatzungsregimes über die Visualität zu sanktionieren und zu kontrollieren. Es war die Absicht, ein Regime der Sichtbarkeit zur Erzeugung von Deutungen der sowjetischen Besatzung Deutschlands zu errichten. Aus diesem Grund sollte das visuelle Besatzungsregime vor allem als disziplinarisches System betrachtet werden, dessen Regenerierung durch Förderung der richtigen Sichtweise bei gleichzeitiger Tabuisierung unerwünschter Blicke auf die sowjetische Realität und der Einführung einer symbolischen Blindheit gegenüber schmerzlichen Themen, Erfahrungen und Erinnerungen 



Stiven Kotkin [Stephen Kotkin]: Govorit’ po-bol’ševistski. In: Majkl D˙evid-Foks [Michael David-Fox] (otv. red): Amerikanskaja rusistika. Vechi istoriografii poslednich let. Sovetskij period. Antologija. Samara , S. –. Jonathon Crary: Suspensions of Perception: Attention, Spectacle and Modern Culture. Cambridge ; Galina Orlova: „Karty dlja slepych“: politika i politizacija zrenija v stalinskuju e˙pochu. In: Elena R. Jarskaja-Smirnova, Pavel V. Romanov (otv. red): Vizual’naja antropologija. Režimy vidimosti pri socializme. Moskva , S. –; Golubev, Zapadnyj nabljudatel’ i zapadnyj vzgljad v affekitvnom menedžmente sovetskoj sub”ektivnosti.



Alexey Tikhomirov

gewährleistet wurde. Endziel des visuellen Besatzungsregimes war die Herausbildung eines sowjetisierten deutschen Subjekts. Das visuelle Besatzungsregime war der Kommunikationsraum, in dem verschiedene Akteure, die häufig ehemalige Feinde waren, die Visualität und Modalitäten der Sichtweise für Proklamation, Verhandlungsführung und Ablehnung der politischen Ordnung nutzten. Ich konzentriere mich auf die Institute, Medien und Agenten der Gestaltung des visuellen Nachkriegsregimes sowie auf die Reaktionen der Bevölkerung auf die sowjetisierte Visualität im öffentlichen Raum und betrachte chronologisch den Zeitraum der letzten Kriegsmonate bis zur Kapitulation Deutschlands im Mai , von der Gründung der DDR im Oktober  bis zur doppelten Welle der Entstalinisierung in den Jahren  und , die eine Krise des öffentlichen Symbolismus des sowjetischen Nachkriegsimperiums nicht nur in Ostdeutschland, sondern in der gesamten sozialistischen Welt hervorgerufen hat. Vor allem interessiert mich, wie die sowjetischen Bilder und Narrative importiert und adaptiert wurden, sich in den imaginären Blick des ostdeutschen Beobachters einfügten und ihn veränderten: Wie wurden sie aufgenommen und bewertet, auf die örtlichen Verhältnisse übertragen und an diese angepasst und bestimmten damit die eigentlichen Grenzen zwischen sichtbarer und verborgener, öffentlicher und tabuisierter Erfahrung des Individuums unter der Besatzungsherrschaft. Da die Entstehung des visuellen Besatzungsregimes ein transkultureller Prozess der Zusammenarbeit und des Wettbewerbs vieler Partei- und Staatsorgane und internationaler Organisationen, institutioneller/privater Akteure und normativer Systeme zwischen den „Besatzern“ und den „Besetzten“ war, muss die Untersuchung der Besatzungssituationen auf der methodologischen Grundlage der entangled history – der Geschichte der transnationalen Verflechtungen und der globalen Wechselbeziehungen – gründen und dabei Kanäle, Medien, Transfervektoren und Modalitäten ihrer Wahrnehmung, Praktiken zur Adaption und Überführung in verschiedenen soziokulturellen Umfeldern sowie Effekte der Symbiose und Ablehnung in den Netzen der interkulturellen Kommunikation berücksichtigen. Bis in die heutige Zeit hat die Historiografie der Okkupationsregime die Logik der „nationalen Geschichtsschreibungen“ kaum verletzt und die Grenzen der eurozentrischen Narrative „guter“ Besatzungsordnungen mit zivilisatorischer Mission nicht überschritten, die die Transformation „schlechter“ Diktaturen oder zurückgebliebener Peripherien zu

 

Mišel’ Fuko: Nadzirat’ i nakazyvat’. Roždenie tjur’my. Moskva . Michael Werner, Benedicte Zimmermann: Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der Histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen. In: Geschichte und Gesellschaft  (), S. –; Jürgen Osterhammel: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats. Studien zu Beziehungsgeschichte und Zivilisationsvergleich. Göttingen ; Sebastian Conrad, Shalini Randeria, Beate Sutterlüty: Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt a. M. ; Michael David-Fox: The Implications of Transnationalism. In: Kritika. Explorations in Russian and Eurasian History  (), H. , S. –.

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –



Demokratien förderte. Die meisten Historiker, Politologen und Soziologen richteten ihr Augenmerk auf die Untersuchung der Mechanismen der normativ-rechtlichen Regulierung und der Gewalttechniken zur Etablierung der sich ablösenden politischen Ordnungen im Kontext der internationalen Politik und der Diplomatiegeschichte. In letzter Zeit kommt es zu einer Distanzierung von der bipolaren analytischen Perspektive von „Opfern“ und „Tätern“. Hintergründe sind das steigende Interesse an den alltäglichen Kommunikationsräumen sowie der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen „Besatzern“ und „Besetzten“ innerhalb der Funktionsabläufe der Besatzungsregime. Die Etablierung der neuen Kulturgeschichte mit dem heuristischem Potenzial der räumlichen, visuellen und sensorischen Wendungen förderte die Fokussierung des Blicks der Historiker auf die Schlüsselbedeutung der Visualität bei der Umsetzung der politischen Herrschaft und des Social Engineering unter Besatzungsverhältnissen. In unserer Analyse soll auch die sensorische Hierarchie der Sinnesorgane berücksichtigt werden, die nicht nur biologisch bedingt ist, sondern auch ihre eigene Geschichte der Etablierung des Sehens als dominierende Quelle menschlicher Erfahrung hat. Die Wahrnehmung des Sichtbaren als authentische Tatsache und glaubwürdiger Beweis in Gerichtsverfahren weist – neben der Politisierung der Praktiken des Sehens mindestens seit der Renaissance – auf das Entstehen einer festen Verbindung von Visualität und Realisierung der Macht sowie auf deren steigende Bedeutung für den Prozess der (De-)Legitimierung der politischen Ordnungen in der Moderne hin.

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 

Timothy R. Vogt: Denazification in Soviet-Occupied Germany. Brandenburg, –. Cambridge ; Susan L. Carruthers: The Good Occupation. American Soldiers and the Hazards of Peace. Cambridge . David M. Edelstein: Occupational Hazards. Success and Failure in Military Occupation. Ithaca ; Peter Stirk: The Politics of Military Occupation. Edinburgh ; Giles MacDonogh: After the Reich. The Brutal History of the Allied Occupation. New York . Maren Röger: Kriegsbeziehungen. Intimität, Gewalt und Prostitution im besetzten Polen  bis . Frankfurt a. M. ; Tatjana Tönsmeyer: Besatzung als europäische Erfahrungs- und Gesellschaftsgeschichte: Der Holocaust im Kontext des Zweiten Weltkrieges. In: Frank Bajohr u. a. (Hrsg.): Der Holocaust. Ergebnisse und neue Fragen der Forschung. Frankfurt a. M. , S. –; Tatjana Tönsmeyer u. a. (Hrsg): Coping with Hunger and Shortage under German Occupation in World War II. London . Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Hamburg . Ebf. Cora Sol Goldstein: Capturing the German Eye. American Visual Propaganda in Occupied Germany. Chicago ; Jeremy E. Taylor: Gendered Archetypes of Wartime Occupation: „New Women“ in Occupied North China, –. In: Gender and History  (), H. , S. –. Constance Classen (ed.): A Cultural History of the Senses, Vol. –. London . Z. B. Cecilia Cristellon: Marriage, the Church, and its Judges in Renaissance Venice, –. Cham . S.  f.; Robert W. Scribner u. a. (Hrsg.): Bilder und Bildersturm im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Wiesbaden ; Ronald G. Asch u. a. (Hrsg.): Staatsbildung als kultureller Prozess: Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Köln .



Alexey Tikhomirov

 Vor der Niederlage: Visualität in den letzten Kriegsmonaten In den letzten Kriegsmonaten war eine dynamische Rekonfiguration der Visualität des „Dritten Reiches“ zu beobachten. Die Praktiken der massenweisen Verhüllung, Vernichtung und Verbrennung nationalsozialistischer Symbole zeugten von einer aktiven Beteiligung der Deutschen selbst an der Delegitimierung des NS-Staates. Gleichzeitig war die Säuberung des öffentlichen Raums eine spontane Vorbeugungsmaßnahme, die auf die Abwendung von Gewalt seitens der alliierten Armeen ausgerichtet war. Die der Bevölkerung vor der Kapitulation wohlvertraute nationalsozialistische visuelle Ordnung verwandelte sich in eine Bedrohung der Sicherheit. Um Reaktionen des Zorns seitens der Befreier zu vermeiden, wurden Porträts des Führers mit neutralen Bildern überdeckt, die Ansichten von Landschaften und Blumen zeigten. Überall wurden Ausgaben von „Mein Kampf“, Hitler-Porträts oder Fotos von Verwandten in Militäruniform auf Dachböden oder in Kellern versteckt – in privaten Räumen, die den Augen der breiten Öffentlichkeit verborgen blieben. Die Verhüllung öffentlicher Insignien der Zugehörigkeit zur „Volksgemeinschaft“ fand allerorten Verbreitung. Wie auch viele andere verbrannte ein ehemaliger Richter auf den Rat seiner Frau hin „Mein Kampf“ und das Parteibuch in der Küche und nicht vor dem Haus auf der Straße, da er Zeugen und die Entstehung sichtbarer Beweise für seine Mitgliedschaft in der NSDAP fürchtete. Die Repräsentationen der aktiven Unterstützung der Nazis wurden auch von ehemaligen Militärs verborgen: Sie legten Zivilkleidung an und versteckten, vergruben oder verbrannten die Militäruniform. Die Unsichtbarmachung des nationalsozialistischen Regimes im öffentlichen und privaten Raum bedeutete eine Schwächung der Naziherrschaft, da moderne Diktaturen des . Jahrhunderts vor allem visuelle Regime der Macht waren. Die Stärke und Schwäche politischer Ordnungen wurde mit der Intensität der Überfrachtung öffentlicher Arenen mit visuellen Artefakten der Macht identifiziert. Insbesondere unter dem sowjetischen Besatzungsregime erhöhte sich die Bedeutung der Visualität für die Proklamation, Rechtfertigung und Infragestellung der Legitimität der sowjetischen Herrschaft im öffentlichen und privaten Raum, da Besatzer und Besetzte sich verschiedener Sprachen bedienten, verschiedenen Kulturen entstammten und einander als Todfeinde wahrnahmen. Als Folge wurde die Visualität praktisch zum einzigen gemeinsamen Bereich der symbolischen Kommunikation: nämlich des Kampfes um Akzeptanz und Ablehnung des Besatzungsregimes, des Ausdrucks und der Lösung von Konflikten sowie der Auslebung von Gefühlen des Zorns und der Rache. 

 

Tobias Ronge: Das Bild des Herrschers in Malerei und Grafik des Nationalsozialismus. Eine Untersuchung zur Ikonografie von Führer- und Funktionärsbildern im Dritten Reich. Münster u. a. , S. . Ebd. Jörg Baberowski: Was sind Repräsentationen sozialer Ordnung im Wandel? Anmerkungen zu einer Geschichte interkultureller Begegnung. In: Ders. (Hrsg.): Arbeit an der Geschichte. Wie viel Theorie braucht die Geschichtswissenschaft? Frankfurt a. M. , S. –, hier S. . Sowie Peter Reichel: Der schöne Schein des Dritten Reiches. Faszination und Gewalt des Faschismus. München ; Arnold Bartetzky u. a. (Hrsg.): Neue Staaten – neue Bilder? Visuelle Kultur im Dienst staatlicher Selbstdarstellung in Zentral- und Osteuropa seit . Köln .

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –



Auch von den Sowjetsoldaten wurde die Erkennung visueller Artefakte des „Dritten Reiches“ als Argument für die Legitimierung von Gewalt sowohl gegenüber einzelnen Personen als auch gegenüber der gesamten örtlichen Gesellschaft genutzt. Das Auffinden nationalsozialistischer Insignien – Flaggen, Abzeichen, Urkunden, Plakate, Ausweise – während der Einnahme von Ortschaften, bei Durchsuchungen und unerwarteten Besuchen wurde als Indiz aktiver Verbindungen mit den Nazis gewertet. Ihre Besitzer wurden als Helfershelfer Hitlers bezeichnet und der Kategorie „feindliche Elemente“ zugeordnet, die in speziellen Lagern des NKVD/MVD zu inhaftieren oder zur Zwangsarbeit in die UdSSR zu verschicken waren. Häufig lösten visuelle Artefakte des NS-Staates Vandalismus und Plünderungen der Roten Armee aus: Demolierung von Räumen, Plünderung von Häusern und Vernichtung von Einrichtungsgegenständen. Letztendlich provozierten sie Gewaltreaktionen – in der Regel gegen Frauen – als legitimem Kanal zur Lokalisierung von Rachegefühlen gegenüber dem Feind. Laut vielen Erinnerungen von Zeitzeugen bestimmten die Hilfeschreie der Frauen und das Weinen der Kinder, die Flammen der Brände und der Anblick von Blut, der Geruch von Verbranntem und von verwesenden Körpern die sensorische Erfahrung der letzten Kriegsmonate. Trotz der offensichtlichen Unvermeidbarkeit der Niederlage verliefen die Störungen der bisherigen visuellen Ordnung nicht ohne Spuren. Nationalsozialistische Terrororganisationen kämpften für die Wiederherstellung des öffentlichen Symbolismus des Dritten Reiches. Sie zeichneten sich durch ideologischen Fanatismus und persönliche Loyalität zu Hitler aus. Sie verstanden sich als letztes Bollwerk der „Volksgemeinschaft“ und erklärten den Schutz der nationalsozialistischen Visualität zu einer Sache der nationalen Ehre, verbunden mit der Bereitschaft zur Radikalisierung der Gewalt gegen ihre Mitbürger mit defätistischen Einstellungen. Im Zuge plötzlicher Kontrollaktionen verlangten Mitglieder der Untergrundorganisation „Werwolf“, herausgehängte weiße Fahnen zu entfernen, Porträts und Plakate wieder an den früheren, privilegierten und sichtbaren Stellen aufzuhängen und die Schuldigen ohne Gerichts- und Ermittlungsverfahren auf der Stelle zu erschießen. In einem dieser Fälle wurde ein Hausbesitzer, an dessen Tür die Aufschrift „Wir sind keine Nazis! Wir begrüßen die Befreier!“ angebracht war, von Mitgliedern des



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  

Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße. Hrsg. v. Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Bd. . München , S. . In den vier Jahren von Mai  bis Mai  starben in Sonderlagern des NKVD-MVD in Deutschland . deutsche Bürger, das sind etwa  % der Gesamtzahl der Deutschen, die sich dort befanden. Siehe Nikita V. Petrov: Stalin i organy NKVD-MGB v sovetizacii stran Central’noj i Vostočnoj Evropy. Moskva , S. . Staatliches Archiv der Russischen Föderation (künftig: GARF), R-, op. , d. , l. . Die Vertreibung der Deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße. Bd. I/, Bonn , S. . Sven Keller: Volksgemeinschaft am Ende. Gesellschaft und Gewalt /. München , S. , . Das Todesurteil erwartete auch diejenigen, die es ablehnten, die rituelle Ordnung der „Volksgemeinschaft“ aufrechtzuerhalten: Wer nicht den Arm ausstrecken wollte, also den Hitler-Gruß verweigerte, wurde zum „Verräter“ erklärt und mit der sofortigen Erschießung bedroht. Siehe ebd., S. .

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Alexey Tikhomirov

Volkssturms ergriffen und als Verräter an einem Baum aufgehängt. Dieses Beispiel spiegelte die allgemeine Regel wider, dass ausnahmslos alle, die es ablehnten, ihre Zugehörigkeit zur „Volksgemeinschaft“ zu demonstrieren, ohne Gerichts- und Ermittlungsverfahren von Racheakten seitens der Mitglieder der Militärpolizei und SS-Einheiten unmittelbar bedroht waren, wenn sie unter dem Verdacht der Sabotage oder Desertion standen. Das Bild der letzten Kriegsmonate bestimmten auf Plätzen und Straßen aufgehängte Männer und Frauen, die es vermieden hatten, in den Volkssturm einzutreten oder sich dem Sanitätsdienst anzuschließen. Um ihren Hals hingen Tafeln mit den entehrenden Aufschriften „Deserteur“, „Verräter“ oder „Saboteur“. Das Vordringen der Roten Armee und die Kapitulation Deutschlands am . Mai  führten dazu, dass weiße und rote Fahnen als Zeichen der Hinnahme der Niederlage und der Anerkennung der Sowjetunion als Sieger herausgehängt wurden. „Weiße Fahnen, wohin man blickte. Sie hingen in Städten und Dörfern, auf Fabriken und Verwaltungsgebäuden, aus den Fenstern der Wohnungen. Tagelang, ja noch nach Wochen bestimmten sie das Bild in Deutschland im Frühjahr “, erinnert sich Stefan Doernberg in seinen Memoiren. Die weiße Farbe wurde zu einem Kennzeichen der Loyalität. Man dachte, dass Häuser, an denen weiße Fahnen hingen, nicht niedergebrannt und Personen mit weißen Armbinden nicht erschossen würden. Flüchtlinge aus dem Osten statteten ihre Wagen mit roten und weißen Fahnen aus, um auf dem Weg in die Heimat nicht den Zorn der militärischen Einheiten des Gegners auf sich zu ziehen. Die Flüchtlinge selbst verwendeten in der Regel weiße Armbinden zur eigenen Sicherheit. In den von der Roten Armee eroberten Ortschaften kamen die Männer mit einem weißen Tuch, um sich den Russen zu ergeben, in der Hoffnung, in Ruhe gelassen zu werden und bei der Familie bleiben zu können. Gleichzeitig diente diese Farbpalette als Orientierungsquelle für die örtliche Bevölkerung und die zur Migration gezwungenen Menschen. Häuser mit daran befestigten roten Fahnen wurden als Gefahrenquelle betrachtet, da man meinte, dass sich dort Soldaten der Roten Armee oder die sowjetische Militäradministration befanden. Man machte einen Bogen um sie. Umgekehrt wurden Häuser ohne Fahnen von den Flüchtlingen als sicherere Orte für Erholung, Hilfeleistung und Übernachtung betrachtet. Am Vorabend der Niederlage wurden die Farben Rot und Weiß zu kommunikativen Hilfsmitteln zur Festlegung der Hierarchie zwischen Siegern und Besiegten und bestimmten die visuelle Lokalisierung von Bedrohungen und Sicherheitsstrukturen.  

  

   

Keller, Volksgemeinschaft am Ende, S. . Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße, Bd. I/, S. . Wolfgang Leonhard : Die Revolution entlässt Ihre Kinder. . Aufl. Köln , S.  f. Stefan Doernberg: Befreiung . Ein Augenzeugenbericht. Berlin , S. . Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße, Bd. I/, S. . Ebd., S.  f. Ebd., S.  f. Ebd., S. , , . Ebd., S. .

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –

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 Nach dem Sieg: Visuelle (Un-)Ordnung nach Kriegsende Mit der Unterzeichnung der Urkunde über die bedingungslose Kapitulation Deutschlands begannen die Alliierten des Zweiten Weltkriegs damit, den öffentlichen Raum von Symbolen aus der Zeit des „Dritten Reiches“ zu säubern. In der Direktive des Alliierten Kontrollrats vom . Mai  wurde vorgeschrieben, zunächst nationalsozialistische Denkmäler und Embleme zu entfernen. Im Sommer  wurde allerorten eine Säuberung von Läden und Schulen, Verwaltungsgebäuden und Straßen von „faschistischen Zeichen“ durchgeführt. Die Besatzungsautorität konfiszierte Porträts der Nazi-Führer und Bilder mit nationalsozialistischen Symbolen, die anschließend vernichtet wurden. Parallel dazu wurden geografische Karten des „Dritten Reiches“ und Bücher mit nationalsozialistischem Inhalt aus den Bibliotheken entfernt sowie Kinofilme aus dem Verleih genommen. Es sollte die vollständige Einziehung nationalsozialistischer Literatur bei der Bevölkerung und das Versiegeln dieser Literatur in verschlossenen Räumen organisiert werden. Radiostationen wurden unter sowjetische Kontrolle gestellt. Von nun an war der Druck von Plakaten und Büchern, Zeitungen und Flugblättern ausschließlich in Druckereien und auf Maschinen erlaubt, die über eine Sondergenehmigung der SMAD verfügten. Parallel zur ersten Säuberung des öffentlichen Raums im Rahmen des Demokratisierungs-, Demilitarisierungs- und Entnazifizierungskurses war die Etablierung visueller Zeichen des Sieges zu beobachten, die die sichtbare Proklamierung der Statushierarchie in der Kommunikation zwischen Siegern und Besiegten zum Ziel hatte. Überall in der sowjetischen Besatzungszone wurden Plakate mit „Äußerungen des Genossen Stalin über Deutschland und das deutsche Volk“ ausgehängt. Darüber hinaus druckte die SMAD zur Verbreitung der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz unter der Bevölkerung allein in Thüringen . Plakate mit Auszügen aus den Konferenzbeschlüssen und brachte diese in Umlauf. In einem Bericht der SMAD zum Land Sachsen wurde darauf verwiesen, dass im September  folgende Losungen und Plakate in deutscher Sprache gedruckt und geklebt wurden: ) Auszüge aus den Beschlüssen der Berliner Konferenz – . Exemplare, ) vollständiger Text der Beschlüsse der Berliner Konferenz als Plakat – . Exemplare, ) Auszüge aus Äußerungen von Stalin über die Deutschen und 

        

Peter Reichel: Berlin nach  – eine Erinnerungslandschaft zwischen Gedächtnis-Verlust und Gedächtnis-Inszenierung. In: Hermann Hipp u. a. (Hrsg.). Architektur als politische Kultur. Berlin , S. –. Johanna Sänger: Heldenkult und Heimatliebe. Straßen- und Ehrennamen im offiziellen Gedächtnis der DDR. Berlin , S. . Z. B. GARF, f. R-, op. , d. , l.  f. (); f. R-, op. , d. , l. . (). Ronge, Das Bild des Herrschers in Malerei und Grafik des Nationalsozialismus, S.  f. GARF, f. R-, op. , d. , l. . (). Ebd., op. , d. , l. . (). Ebd., d. , l. . (). GARF, f. R-, op. , d. , l. . (). Ebd., d. . l. . Ebd., l. .

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Alexey Tikhomirov

Deutschland – . Exemplare. Somit lag die Gesamtzahl der Materialien alleine im Land Sachsen bei über  Mio. Exemplaren. Gleichzeitig wurde der Bevölkerung das neue Image Stalins in der Rolle des Triumphators vorgestellt, von dessen Willen von nun an das Schicksal des deutschen Volkes abhing. Üblicherweise wurden die Plakate überall auf freie Stellen geklebt und verschluckten geradezu den öffentlichen Raum. Ab Sommer  wurden in den Städten und Dörfern der Sowjetzone Vitrinen mit den Zeitungen der „Täglichen Rundschau“ aufgestellt. Zusammen mit den Plakaten sollten sie bei der Bevölkerung ein positives Bild der sowjetischen Sieger erzeugen. Parallel dazu war die Praxis des Aufhängens von Plakaten und Porträts deutscher und sowjetischer Führer in den Schaufenstern der Geschäfte zu beobachten. In der Regel wurden die Plakate von Vertretern verschiedener politischer Parteien geklebt, die für deren visuelle Darstellung im öffentlichen Raum verantwortlich waren. Die SMAD fürchtete die politische Konkurrenz der SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) und der LDPD (Liberaldemokratische Partei Deutschlands) und forcierte ganz bewusst den Aufbau einer anschaulichen kommunistischen Agitation, wobei sie von den örtlichen Verwaltungsbehörden die Einnahme der zentralen öffentlichen Plätze durch flächendeckendes Anbringen visueller Repräsentationen der neuen Staatsgewalt verlangte. Manchmal provozierte diese visuelle Konkurrenz Handgreiflichkeiten von SED-Mitgliedern mit Vertretern anderer Parteien. Ein solcher Vorfall entzündete sich am . September  im Kreis Weimar in einem Moment, als Plakatkleber der SED auf eine ebensolche Mannschaft der LDPD trafen, die mit ihren Plakaten die gerade erst aufgehängte kommunistische Propaganda überklebt hatten. Die ikonoklastischen Reaktionen der Bevölkerung, die auf eine Schädigung der offiziellen Ikonografie der Besatzungsmacht an öffentlichen Orten gerichtet waren, wurden zu einem Kanal der Artikulation kritischer Meinungen und Ausdruck des Versuchs, symbolische Barrieren auf dem Weg zu einem sowjetischen Ideologietransfer nach Ostdeutschland zu errichten. So wurden zum Beispiel im August  bei der SMAD-Verwaltung für die Provinz Brandenburg sechs Plakate mit Auszügen aus den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz abgegeben. Darauf standen antisowjetische Aufschriften in deutscher Sprache: „. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. . Alles Quatsch. . Reden könnt ihr. . Ich bringe Euch Kultur bei (Stalin). . Warum wird geraubt? . Welche Frau nimmt man, ohne zu fragen?“ Auf zwei Tafeln mit der Aufschrift „Marschall Stalin über die Deutschen und Deutschland“ war das Wort „Stalin“ durchgestrichen und „Hitler“ dazugeschrieben worden. An einem Plakat mit der Aufschrift „Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk, der deutsche Staat aber bleibt“ war ergänzt worden: „Wenn die Sache noch ein paar Jahre so weitergeht, dann bleibt vom deutschen Volk überhaupt nichts.“ Die Angst vor der Roten Armee reanimierte in den Köpfen die von der nationalsozialistischen Propaganda erzeugten Bilder der UdSSR als ein „gefährliches und wildes, kulturell zurückge-

  



GARF, f. R-, op. , d. , l. . GARF, f. R-, op. , d. , l. . (). Russisches Staatsarchiv für soziopolitische Geschichte (künftig: RGASPI), f. , op. . d. , l. . (). GARF, f. R-, op. , d. , l. .

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –



bliebenes und asiatisches Land“, das die Bedrohung des Panslawismus, der proletarischen Weltrevolution und der jüdischen Weltverschwörung repräsentierte. Die ikonoklastischen Aktionen waren durch die Verbreitung von der Bevölkerung Angst machenden Gerüchten über geheime Abkommen der Alliierten während der Potsdamer Konferenz begleitet, die angeblich ein Verbot des Aufbaus einer deutschen Armee in den folgenden  Jahren, ein Verbot des Alkoholkonsums und der Eheschließung für zwei Jahre, eine Festschreibung des Besatzungsstatus für  Jahre und die Entlassung der Kriegsgefangenen erst in  Jahren beinhalteten. Als Folge davon konnte man während des Nürnberger Tribunals, dessen Ziel die Aburteilung der Nazi-Hauptverbrecher war, an Hauswänden in der Provinz Brandenburg lesen: „Lieber Tod als Sklaverei“, „Russland – Paradies der Mörder, Räuber und Verbrecher“, „Stalin und Molotow müssen nach Nürnberg – Hauptverbrecher, Lumpengesindel und Ehrabschneider von Mädchen“. Stark war auch die antipolnische Stimmung aufgrund der Festlegung der neuen deutschen Grenze entlang der Oder-Neiße-Linie. Bald nach Eröffnung der Ausstellung „Neues Polen“ auf der Leipziger Messe  waren die Veranstalter gezwungen, das Gästebuch zu entfernen, da es sich nach einem Bericht „zu einer Sammlung chauvinistischer Äußerungen, die Polen mit Schmutz bewarfen und die ‚zivilisatorische Mission‘ der Deutschen in Polen glorifizierten“ verwandelt habe. In einem der Einträge wurden Schlesien als „deutsches Land und deutsches Blut“ und die territoriale Übertragung an die Polen als Zerstörung der „deutschen Ordnung“ und „Beschmutzung eines reinen Gebiets“ bezeichnet. Die Farbe Rot bestimmte die Farbpalette des visuellen Besatzungsregimes. In den Erinnerungen der Zeitgenossen war der Vorstoß der Roten Armee von einer Veränderung der Farbskala des öffentlichen Raums begleitet bzw. war dieser mit roter Farbe überschwemmt. In den Städten und Dörfern wurden immer häufiger Plakate und Transparente ausgehängt, in denen die Farbe Rot dominierte. In der populären Wahrnehmung wurde die rote Farbe der ersten Nachkriegsjahre mit Misstrauen und Argwohn gegenüber den Besatzungsbehörden assoziiert. In den ersten Monaten nach Friedensschluss betraf dies besonders die roten Plakate, auf denen die deutsche männliche Bevölkerung aufgerufen wurde, bei der sowjetischen Militärkommandantur zur Registrierung zu erscheinen. Danach wurden sie zur Zwangsarbeit in die UdSSR gebracht. Dementsprechend rief die Farbe Rot in den Köpfen Assoziationen mit der Zerstörung von Familien und dem Tod naher Verwandter hervor – Erfahrungen, die für die Zeitgenossen mit dem Weltuntergang vergleichbar waren. Nicht zufällig wurde in einer der Verkündigungen der religiösen Sekte „Zeugen Jehovas“ die Farbe Rot mit der Apokalypse gleichgesetzt: Das rote Banner wird als „Scharlach

   



Klaus Vašik: Metamorfozy zla: nemecko-russkie obrazy vraga v plakatnoj propagande –-ch godov. In: Lev Gudkov (otv. red.): Obraz vraga. Moskva , S. –. GARF, f. R-, op. , d. , l.  f. GARF, f. R-, op. , d. , l. ; f. R-, op. , d. , l. . GARF, f. R-, op. , d. , l. –. Stefan Aust u. a. (Hrsg.): Die Flucht. Über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Stuttgart , S. . Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße, Bd. , S. , .

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tuch, das der Menschheit Unglück und Zwietracht bringt“ bezeichnet und das Regime der SMAD mit dem Satan „auf Erden in Gestalt eines großen, feuerroten Drachens“ verglichen. Die Angst vor der Deportation nach Russland war so groß, dass schon allein das Erscheinen von Patrouillen der Roten Armee mit roten Armbinden in einem Restaurant der Stadt Gotha ausreichte, um augenblicklich Panik unter den Gästen und deren Flucht hervorzurufen. Der roten Farbe als Kennzeichen der sowjetischen Ordnung wurde kontrastiv die nationalsozialistische – braune – Farbe als Kennzeichen des Widerstands entgegengesetzt. An einer Toilettenwand stand mit braunem Stift geschrieben: „Wenn der Iwan Druck macht, werden wir wieder braun.“ Einerseits waren die Gesten der Bilderstürmer an öffentlichen, wenn auch intimen Orten automatisch an die Vertreter der Besatzungsbehörden gerichtet. Andererseits appellierten sie an breite Schichten der Gesellschaft und riefen zu Solidarität und nationaler Einheit im Kampf gegen die sowjetischen Besatzungsbehörden auf. So wurde an die Laternenpfähle am Karl-Marx-Platz in Leipzig ein von den „Braunhemden“ unterzeichnetes Flugblatt mit antisowjetischem Inhalt geklebt, das auf die Ähnlichkeit und ausweglose Entwicklung des Nazi-Regimes und des bolschewistischen Regimes verwies. Auf einem offiziellen Aufruf des antifaschistischen Blocks fügte jemand mit roter Farbe das Wort „Hunger“ hinzu, und in den in der Bevölkerung kursierenden Gesprächen wurde Stalin als „roter Hungerdiktator“ bezeichnet. Manchmal wurde auf den Straßen und Gehwegen einmal mit roter, einmal mit brauner Farbe das Hakenkreuz gemalt. Neben der verbreiteten Beschimpfung von Kommunisten als „rote Hunde“ stufte man als Beleidigung der Besatzungsbehörden auch einen der Kommentare beim Anblick der sowjetischen Flagge ein: „Warum hängen sie neben der Stadtverwaltung diesen roten Lumpen auf.“

 Institute, Medien und Akteure der Etablierung des visuellen Besatzungsregimes Mit dem Hissen der roten Fahne auf dem Reichstag begann die visuelle Politik des Aufbaus eines sowjetisierten öffentlichen Raums. Ihr Kern bestand in dessen Überfrachtung mit Artefakten der sowjetischen Propaganda – Plakate, Porträts und Büsten der Führer, Denkmäler für die gefallenen Sowjetsoldaten und Transparente mit Propagandalosungen. Zur Homogenisierung der Medienlandschaft setzte die SMAD mit der Propagandaverwaltung eine Aufsicht über die Tätigkeit des Informationsbüros und des SMAD-Verlags, der Berliner Abteilung der Außenhandelsorganisation „Sojuzintorgkino“ und der Redak-

      

GARF, f. R-, op. , d. , l. –. (). GARF, f. R-, op. , d. , l. . GARF, f. R-, op. , d. , l. . (). Ebd., d. , l. . (). GARF, f. R-, op. , d. , l. . GARF, f. R-, op. , d. , l. . Ebd., d. , l. . ().

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –



tion der Zeitung „Tägliche Rundschau“, sowie der Radiostationen und des Hauses der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft in Berlin ein. In den Zuständigkeitsbereich der Propagandaverwaltung fiel die Zensur der Radioprogramme, Zeitschriften und Artikel sowie der Programme von Theatern und Kinos. Nach einem Moskauer Bericht kontrollierte die Verwaltung allein im Dezember   Zeitungen,  Radiostationen und  Zeitschriften. Durch Aufstellung von Störsendern für westliche Radiostationen versuchte die SMAD, alternative Informationsquellen aus dem Diskursfeld Ostdeutschlands auszuschalten. Parallel dazu war das visuelle Regime von einer strengen Kontrolle der akustischen Dimension der sowjetischen Militärbesatzung begleitet. Gleichwohl gab es in Ostdeutschland einen besonders problematischen Bereich – das grenznahe Territorium zu Westdeutschland – eine Zone konkurrierender und einander ausschließender diskursiver und visueller Ordnungen des Kapitalismus und des Sozialismus. Trotz der Verabschiedung der Direktive Nr.  des Kontrollrats „Über den Austausch von Druckschriften und Filmen im Interzonenverkehr“ vom . Juni , nutzte die SMAD alle möglichen Einflusskanäle zur Schließung der Außengrenze der Sowjetzone, über die westliche Zeitungen, Zeitschriften und Bücher eindrangen. Die SMAD fürchtete deren negativen Einfluss auf die Stimmung in der Bevölkerung und übte Druck auf wichtige Großhändler aus, die ihrerseits den Einzelhandel blockierten, große Posten von Zeitungen zurück in den Westen schickten und ihr Vorgehen mit der nicht vorhandenen Nachfrage bei der Bevölkerung erklärten. Die SMAD schob fehlende Vereinbarungen für die Abwicklung der Interzonenverrechnung vor und verbot das Abonnieren von Periodika. Abonnements mussten eingestellt und die erlösten Gelder an die Abonnenten zurückgezahlt werden. Es konnte ihnen aber auch das Abonnement einer Zeitung der Sowjetzone vorgeschlagen werden. Ab Herbst  ging die SMAD zu einer offenen Politik des Verbots von Druckerzeugnissen über, die im Westen hergestellt oder nicht in sowjetischer Lizenz veröffentlicht wurden. Das Streben nach einer völligen Beseitigung alternativer Erkenntnisse führte zur Säuberung des Informationsraums: zu Überprüfungen von Buchläden und Kiosken, Friseursalons und öffentlichen Bibliotheken, zur Beobachtung von Zeitungskiosken, Buffets und Restaurants an Bahnhöfen sowie zum Aufbau von kriminalpolizeilichen Einheiten zur Beobachtung der Aktivitäten von Postämtern, Bahnhöfen Einstiegsstellen der Binnenschifffahrt sowie des Interzonen-Automobilverkehrs. Die Überwachung von grenznahen Gebieten und Orten möglicher Kontakte mit den Westzonen spiegelte die Absicht der 



   

B. Bonveč i dr. (otv. red.): Sovetskaja voennaja administracija v Germanii (SVAG). Upravlenie propagandy (informacii) i S. I. Tjul’panov. –. Moskva , S. . [deut. Ausg. Bernd Bonwetsch u. a. (Hrsg.): Sowjetische Politik in der SBZ –. Dokumente zur Tätigkeit der Propagandaverwaltung (Informationsverwaltung) der SMAD unter Sergej Tjul’panov. Bonn ]. Horst Möller (red.): Politika SVAG v oblasti kul’tury, nauki i obrazovanija. Celi, metody, rezul’taty. –. Moskva , S. . GARF, f. R-, op. , d. , l.  f. (). Möller (red.), Politica SVAG v oblasti kul’tury, nauki i obrazovanija, S.  f. (). Ebd., S.  f. () Sowie GARF, f. R-, op. , d. , l. . Möller (red.), Politika SVAG v oblasti kul’tury, nauki i obrazovanija, S. –. ().

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SMAD wider, den visuellen und diskursiven Raum durch Schließung der Außengrenzen zu vereinheitlichen. Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik am . Oktober , die sich als „antifaschistischer, demokratischer und friedliebender Staat“ erklärte, diente als weiterer Anreiz zur Revision des öffentlichen Raums mit der globaleren Aufgabe der Beseitigung aller Symbole antimilitaristischen, faschistischen und antidemokratischen Inhalts. In einem Beschluss vom . Januar  empfahl das Politbüro des ZK der SED dem Innenministerium die Durchführung einer erneuten Überprüfung von Ortsnamen, Denkmälern und nationalen Gedenkstätten. In die neue Liste der tabuisierten Kulte gerieten die Führer des Deutschen Kaiserreichs, da deren Namen für die Begründung der historischen Traditionen des „Dritten Reiches“ verwendet worden waren. Infolgedessen wurden anlässlich einer Ausstellung der Druckerei Tauber, die bei der Leipziger Messe die Schau „Papier und Zeit“ zeigte, Plakate mit den Porträts von König Friedrich dem Großen und Kanzler Bismarck von Vertretern der sowjetischen Militäradministration beschlagnahmt. Allein im April und Mai  wurden in Ostberlin  Straßenschilder mit „preußischen“ Bezeichnungen entfernt. Als Ersatz wurden an Straßen und Plätzen Schilder mit den Namen von Führern der sozialistischen und kommunistischen Bewegung angebracht. Imperial-monarchistische Denkmäler wurden gesprengt und demontiert, frühere Denkmäler umgestaltet, abgerissen oder durch Denkmäler zu Ehren gefallener Sowjetsoldaten ersetzt. Beim Aufbau der neuen politischen Topografie der Ostdeutschen wurde versucht, einen aus Moskau in die DDR exportierten Kult des Zweiten Weltkriegs zu verwurzeln. Die Homogenisierung und Zentralisierung des visuellen Besatzungsregimes erfolgte im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zum . Geburtstag Stalins. Wie das Sowjetische Informationsbüro (Sovinformbjuro) erklärte, gingen im Oktober und November  aus allen sozialistischen Ländern Anfragen über den Versand von Informationsartikeln und visuellen Artefakten ein, die dem Leben und Wirken Stalins gewidmet waren. Zur Befriedigung des akuten Bedarfs erstellte dieses politische Informationsorgan einen Plan für den Versand des Materials, der vom ZK der VKP(b) gebilligt wurde. Jedes ins Ausland verschickte Foto erhielt seinen eigenen „Pass“, auf dem der Redakteur beim Versand des Materials die Geltungsdauer des Sichtvermerks angab, also den zeitlichen Rahmen für die Verwendung des Originals zur späteren Reproduktion. So wurden  Fotos, die mit dem Leben und Wirken Lenins und Stalins verbunden waren, Fotos zu his  

 



Sänger, Heldenkult und Heimatliebe, S. . GARF, f. R-, op. , d. , l. . Maoz Azaryahu: Zurück zur Vergangenheit? Die Straßennamen Ost-Berlins –. In: Winfried Speitkamp (Hrsg.): Denkmalsturz. Zur Konfliktgeschichte politischer Symbolik. Göttingen , S. –. Sänger, Heldenkult und Heimatliebe, S. –; Maoz Azaryahu: Von Wilhelmplatz zu Thälmannplatz. Politische Symbole im öffentlichen Leben der DDR. Gerlingen , S. –. Regina Scheer: Geschützte Leere. Ein Recherchebericht über politische Denkmäler in Brandenburg. In: Annette Leo u. a. (Hrsg.): Vielstimmiges Schweigen. Neue Studien zum DDR-Antifaschismus. Berlin , S. –. GARF, f. R-, op. , d. , l. ; d. , l. .

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –

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torisch-revolutionären Themen und Fotos von Parteitagen mit einer Geltungsdauer von einem Jahr versehen. Zu den Aufgaben der sowjetischen Zensoren gehörte die Überwachung der richtigen Platzierung der Bildnisse von Lenin und Stalin in ausländischen Medien, wobei eine falsche Platzierung als Ausdruck „politischer Nachlässigkeit und Prinzipienlosigkeit“ bezeichnet wurde. Viele Gestaltungsinitiativen des visuellen Besatzungsregimes gingen von der deutschen Seite aus. Im August  erging auf Anordnung des SED-Politbüros eine offizielle Anfrage nach Texten, Bildern und Büsten Stalins aus der UdSSR gemäß dem Beschluss der „Kommission zur Vorbereitung des . Geburtstages des Genossen Stalin“. Großer Nachfrage erfreuten sich die Ausstellungen „Über Leben und Wirken des Genossen Stalin“, die vom Lebenslauf des „Führers“ und den Vorzügen des sozialistischen Entwicklungsmodells erzählten. Alle Materiallisten wurden im ZK der VKP(b) unter Vermittlung des Außenministeriums der UdSSR abgestimmt und genehmigt. Dieses Material sollte als Vorlage für die anschließende Vervielfältigung in Ostdeutschland verwendet werden. Der forcierte Export der sowjetischen Kulturproduktion in die DDR war durch fehlende normative Kenntnisse über Stalin bedingt, der der deutschen Bevölkerung vor allem in der nationalsozialistischen Konnotation des Feindbilds bekannt war. Aus diesem Grund wurde die Kontrolle Moskaus über die visuellen Produkte von Stalin auch nach Eintreffen des Materials in Berlin von einem Sonderbeauftragten der VOKS (Allunionsgesellschaft für kulturelle Beziehungen mit dem Ausland) in Ostdeutschland fortgeführt. Am Vorabend des . Dezember  – dem Geburtstag des sowjetischen Führers – schickte die VOKS auf dringende Anfrage der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft im Eilverfahren eine Zusammenstellung von Fotomaterial, Porträts und Plakaten von und über Stalin. Auf Beschluss des Vorstands der Gesellschaft für DeutschSowjetische Freundschaft wurde die „Stalin-Ausstellung“ auf  riesige illustrierte Blätter mit einer Auflage von . Exemplaren sowie ein Stalin-Porträt mit einer Auflage von . Exemplaren gedruckt. Für alle Häuser der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Clubs und Unternehmen wurde angeordnet, Stalin-Büsten bereitzustellen. Das Bildmaterial diente als Kulisse in den Räumlichkeiten für Festsitzungen, bei denen Vorträge über die Lebensgeschichte Stalins gehalten und sowjetische Filme gezeigt

  

 

 

 

GARF, f. R-, op. , d. . l.  f. (). Ebd, d. , l.  f. (). Zum Export des Stalin-Kultes aus der UdSSR nach Ostdeutschland siehe Tichomirov, „Lučšij drug nemeckogo naroda“, S. –. RGASPI, f. , op. , d. , l. . Archiv der Außenpolitik der Russischen Föderation (künftig: AVP RF), f. , op. , p. , d. , l. . Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (künftig: SAPMO-BArch), DY /IV //. (). Anne Hartmann, Wolfram Eggeling: Sowjetische Präsenz im kulturellen Leben der SBZ und frühen DDR –. Berlin , S. . GARF, f. , op. , d. , l.  (); AVP RF, f. , op. , p. , d. , l. –. GARF, f. R-, op. , d. , l. .

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wurden. Das Anschauungsmaterial wurde für die Gestaltung der „Roten Ecken“ verwendet, die die Biografie des sowjetischen Führers und die Leistungen der UdSSR in den Bereichen Industrie, Wissenschaft und Technik visualisierten. Im Ausstellungsraum des Hauses der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft wurde eine Ausstellung von Bildreproduktionen aus der Tretjakow-Galerie gestaltet. Die eigentliche Übergabe der Bilder wurde im Beisein sowjetischer und ostdeutscher Führungspersönlichkeiten in einem feierlichen Schenkungsakt visueller Erzeugnisse aus der Sowjetunion an das deutsche Volk inszeniert. Durch die Eskalation des Kalten Krieges sah sich Moskau gezwungen, den Druck auf die SMAD mit der Forderung nach verstärkter politischer Propaganda in Ostdeutschland zu erhöhen. Hatten zu Beginn des sowjetischen Besatzungsregimes viele Berichte noch das „Fehlen einer systematischen zentralisierten Kontrolle der Sichtagitation“ angemerkt, so änderte sich die Situation mit dem Kurs auf die Sowjetisierung grundlegend. Ab Februar  durften alle politischen Plakate, die der Sichtagitation dienten, nur mit einer Sonderlizenz der SMAD gedruckt werden. Zum . Jahrestag der Oktoberrevolution  verabschiedete die SMAD eine Verordnung über die Etablierung einer sorgfältigen Kontrolle über alle Anschlag- und politischen Informationstafeln, da diese häufig nicht bestimmungsgemäß, sondern zur Verbreitung antisowjetischer Aufschriften und Flugblätter verwendet würden. Später, um , wurden Organisationszentren für politische Information geschaffen – „Straßenportrait“-Tafeln, die sich an zentralen Straßen und Plätzen der Städte befanden. Das chaotische Aufhängen von Plakaten an Häuserwänden, Zäunen und Brücken wurde durch geordnete Epizentren der politischen Information abgelöst. Die Gestaltungs- und Aufsichtsfunktion für die Tafeln wurden dem Informationsdienst der Regierung der DDR übertragen, zu dessen Zuständigkeit die Aufklärung der Bevölkerung über die aktuelle Innen- und Außenpolitik gehörte. Eine wichtige Rolle spielte die Sichtagitation in den grenznahen Gebieten zu Westdeutschland entlang der Autobahnen und Fernstraßen. In diesen Regionen machte die Ikonografie des Besatzungsregimes die Grenze zwischen zwei widerstreitenden Systemen und die ideologische Frontlinie des Kalten Krieges sichtbar. Die Intensität der Überfrachtung des öffentlichen Raums mit Symbolen der Macht wurde durch die Entstehung der Planwirtschaft beeinflusst, namentlich durch die Organisation der Produktion von Gegenständen des Personenkults im Auftrag der Partei und 

 

  

GARF, f. R-, op. , d. , l. .  nahmen sowjetische Filme  % der gesamten Verleihzeit in den Kinos der DDR ein. Insgesamt wurden sie von  bis  von etwa  Mio. Zuschauer gesehen. Siehe Aleksandr Vatlin: „Dva mira na odnoj ulice“: formirovanie obraza „novoj Germanii“ v sovetskoj propagande načala -ch gg. In: Aleksandr V. Golubev (otv. red.): Rossija i mir glazami drug druga: iz istorii vzaimovosprijatija. Moskva , S. –, hier S. . Politika SVAG v oblasti kul’tury, nauki i obrazovanija, S. –. (). Bonveč i dr. (otv. red.), Sovetskaja voennaja administracija v Germanii (SVAG), S. – (). GARF, f. R-, op. , d. , l. . Ebd., d. , l. –. (). GARF, f. R-, op. , d. , l. .

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –

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die Schaffung eines zentralisierten Absatzsystems für diese Objekte.  wurde ein Katalog von Artikeln mit politischer Symbolik aufgelegt, der den Abnehmern ein breites Sortiment an Büsten, Reliefs, Plakaten, Porträts, Postkarten und Abzeichen mit den Konterfeis der „Führer der Arbeiterbewegung“ anbot. Die Produkte wurden in der Regel nach sowjetischen Vorlagen in Ostdeutschland maschinell produziert und dann an Massenorganisationen, Parteiorgane, Armee, Schulen und Universitäten verteilt. Versuche, einen Einzelhandel mit Artikeln des Personenkults aufzuziehen scheiterten. Eine Nachfrage in der Bevölkerung war praktisch nicht vorhanden. So gestand der Inhaber eines Bilderladens in Leipzig ein, dass sich kaum jemand für Porträts von Stalin, Lenin, Marx oder Pieck interessierte. Dagegen wurde „Kunstkitsch“ – die Darstellung einer von tanzenden Engeln umgebenen nackten Frau – vorwiegend von Mitarbeitern der sowjetischen Militäradministration mit Begeisterung gekauft.

 Affektives Management der sowjetisierten deutschen Subjektivität Offizielle Reisen ostdeutscher Delegationen in die Heimat des Sozialismus legen die affektive Dimension bei der Fokussierung des normativen Blicks auf die Sowjetunion offen. Emotionen der Scham für die Nazivergangenheit und ein Gefühl des Stolzes auf die Zugehörigkeit zum „Lager der Sieger der Geschichte“ waren die symbolischen Ressourcen bei den Verhandlungen zwischen der deutschen und der sowjetischen Seite zur Bestimmung der Optik des programmierbaren Blicks. Moskau war bemüht, das deutsche Schuldgefühl ausgewogen zu dosieren. So empfahl die VOKS bei der Organisation der Arbeit mit Vertretern einer ostdeutschen Gruppe im November  „die deutschen Teilnehmer auf die durch den Krieg verursachten Schäden hinzuweisen“. Um dieses Ziel zu erreichen, war der Besuch der Heldenstädte Leningrad und Stalingrad vorgesehen, die für die Deutschen zu Symbolen der nationalen Katastrophe und der Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurden. Obgleich diese Programmpunkte im Außenministerium der UdSSR letztlich nicht gebilligt wurden, besuchte die Delegation auf nachdrückliches Verlangen des Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl, trotzdem das Verteidigungsmuseum in Leningrad. Mit Billigung der gesamten Delegation schrieb Grotewohl Worte der Reue in das Gästebuch: „Wir verlassen erschüttert diesen Ort, hier haben wir gesehen, wie der Name Deutschlands mit Schimpf und Schande bedeckt wurde.“ Noch bemerkenswerter war allerdings die Tatsache, dass die Delegationsmitglieder nach dem Museumsbesuch bei der Schilderung ihrer Eindrücke den emotionalen Übergang vom quälenden Gefühl der Scham zum positiven Gefühl des Stolzes wie folgt beschrieben:

 

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Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Land Thüringen – Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, Nr. , Bl. –. (). AdsD (Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich Ebert Stiftung (künftig: AdsD), SPD-PVOstbüro  I. Politika SVAG v oblasti kul’tury, nauki i obrazovanija. S. –, hier S. . (). Ebd., S.  f.

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Bei der Besichtigung des Museums spürten wir nicht nur ein brennendes Gefühl der Scham für die Taten unserer Landsleute, die eine unsterbliche Stadt gepeinigt haben, sondern auch unermesslichen Stolz auf die sowjetischen Menschen, die inmitten von Dunkel und Kummer das Licht der Vernunft und der Gerechtigkeit hochhielten. Die sowjetischen Menschen, die durch die Schuld der Hitler-Invasoren unendliches Leid erduldet haben, empfanden nicht nur keinen Hass auf das deutsche Volk, sondern bemühten sich im Gegenteil in allem, einen Unterschied zwischen dem deutschen Volk und der verbrecherischen Nazi-Clique zu machen.

Dieses Beispiel zeigt, auf welche Weise die Sprache der Emotionen den Delegationsteilnehmern die Möglichkeit eröffnete, während ihres Aufenthalts in der UdSSR in der Rolle aktiver Beobachter und Hersteller eines sowjetischen Diskurses aufzutreten und die Position des passiven Zuschauers zu vermeiden. Beim Kennenlernen der Arbeit sowjetischer Institutionen, der Ausbringung von Trinksprüchen auf die sowjetischen Führer und bei ihren Besuchen in staatlichen Institutionen arbeiteten sie unermüdlich daran, im Rahmen des Neubeginns der beiderseitigen Beziehungen die Vorstellung von Nähe, Wärme, Gefolgschaft und Vertrauen zu schaffen, um sich die Gunst der sowjetischen Seite zu sichern. Beim Besuch von Stätten militärischen Ruhms waren die ostdeutschen Delegierten bestrebt, mit allen Kräften einen guten Eindruck auf die sowjetischen Beobachter zu machen, ohne die bei der Diskussion „Über die Russen und über uns“ Ende /Anfang  festgelegte normative Wahrnehmung der sowjetischen Bevölkerung als einziges Opfer des Nazismus und die UdSSR in der Rolle des Hauptbefreiers Europas vom Joch des Faschismus in Zweifel zu ziehen. Die Anerkennung der These von der deutschen Kollektivschuld äußerte sich in der Sichtbarmachung von Akten der Reue während der Besuche in der UdSSR. Ein Foto der TASS (Telegrafenagentur der Sowjetunion) vom . September  visualisierte die Inszenierung eines Akts der öffentlichen Reue der deutschen Staatsspitze in Anwesenheit sowjetischer Führungspersönlichkeiten. Im Bild festgehalten ist die höchste Staats- und Parteiführung der DDR – Walter Ulbricht, Otto Grotewohl, Otto Nuschke und Lothar Bolz – schweigend, mit dem niedergeschlagenen Blick des schlechten Gewissens nach einer Kranzniederlegung am Denkmal der von den Nazis ermordeten Partisanin Zoja Kosmodem’janskaja im Dorf Petriščevo im Gebiet Moskau. Einerseits festigte diese Symbolpolitik die Identifikation mit dem sowjetischen Diskurs über die UdSSR „als Garanten des Weltfriedens“. Andererseits tabuisierten diese Bilder die Artikulierung der traumatischen deutschen Erfahrungen der Vergewaltigung von Frauen, der Deportationen, der Demontage und der territorialen Spaltung nach Kriegsende. Offensichtlich war die Dramatisierung der Scham für die Nazi-Verbrechen auf eine Mobilisierung der Selbstsowjetisierung der Ostdeutschen ausgelegt. Sie stellte ein Angebot dar, die „braune Vergangenheit“ aus der eigenen Biografie zu tilgen und durch den richtigen Blick auf die UdSSR die Freundschaft mit dem ehemaligen Feind zu demonstrieren. Ein Beweis für diese politische Konvertierung und die Materialisierung der richtigen Betrachtungsweise waren die Zeichnungen von Schülern, die die Friedensliebe  

Politika SVAG v oblasti kul’tury, nauki i obrazovanija, S. –, hier S. . (). Christina Morina: Legacies of Stalingrad. Remembering the Eastern Front in Germany since . Cambridge , S. .

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der Nachkriegszeit, die „Brücke des Vertrauens“ und die „Kolonnen der Freundschaft“ zwischen Moskau und Berlin im Kontrast zum vorherigen Militarismus des „Dritten Reiches“ visualisierten.

 „Übertreibungen“ und Fehler bei der Gestaltung des visuellen Besatzungsregimes Die visuelle Gestaltung des öffentlichen Raums stieß auf einige organisatorische Schwierigkeiten. Vor allem ging es um die ungeregelte Erneuerung veralteter und verschlissener Plakate, „die das Gesamtbild der Städte und Gemeinden störten“. Berichte der Parteiinspektionen stellten fest, dass für offizielle Plakate vorgesehene Tafeln leer oder vernachlässigt waren oder nicht bestimmungsgemäß verwendet wurden, nämlich für Aushänge von Theatergruppen, Kinos und der Oper sowie von Sportzirkeln zur Ankündigung eigener Veranstaltungen. Als Gründe für die geringe Effizienz der Sichtagitation wurden „fehlende Plakate“, „Nachlässigkeit der Beamten“ und „verspätete Lieferung von Plakaten zu bestimmten Terminen“ genannt. So kamen etwa die meisten der Plakate, die zu Stalins Geburtstag im Dezember  hergestellt wurden, bei den Propagandaabteilungen des Landes Sachsen erst Anfang Januar  an und wurden gar nicht mehr aufgehängt, da sie nicht mehr aktuell waren. Gleichzeitig führte die tausendfache Auflage von Plakaten der sozialistischen Führer zu einer abwertenden Haltung gegenüber den Symbolen der Macht. Nach den Paradeaufmärschen und Kundgebungen während der dritten Weltfestspiele der Jugend und Studenten im August  zum Beispiel waren in Ostberlin Porträts der Führer des Ostblocks außerhalb des sakralen Bereichs zu finden: „achtlos in den Straßengraben geworfen“, „in den Schmutz getreten“ und „in einer menschenleeren Gasse auf einen Haufen geworfen“. Die Sowjetisierung des öffentlichen Raums ging sowohl bei der Verdichtung als auch bei der Ausweitung des Einflussbereichs von Partei und Staat voran. Die Agitationsabteilung im Informationsdienst befasste sich mit der Ausgabe des periodisch erscheinenden Bulletins „Ratgeber für die Sichtagitation“ mit praktischen Empfehlungen für die Erstellung von Losungen, das Anbringen und Herstellen von Transparenten und die Gestaltung von öffentlichen Orten – von Kantinen und Läden, Lesesälen und Vorräumen von Verwaltungsinstitutionen, von Bahnhofsgebäuden und Häuserfassaden. Im Januar  verordnete die Abteilung für planmäßige und friedliche Propaganda des Informationsdienstes in Chemnitz, alle öffentlichen Warteräume mit Plakaten und Losungen, Parteizeitungen und Literatur auszustatten, um „sich an einen großen Teil der Bevölkerung zu wenden und diesen vom progressiven, demokratischen staatlichen Aufbau“ zu überzeugen sowie eine

    

Siehe SAPMO-BArch, DY  . Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (künftig: SächsHStAD),  LRS, Ministerpräsident (MP) . (). Ebd., MP . (). Ebd., MP . (). AdsD, SPD-PV-Ostbüro  A/ II.

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„anschauliche [meine Hervorhebung, A. T.] Atmosphäre der Liebe zum besten Freund des deutschen Volkes – zum großen Stalin“ zu erzeugen“. Auf der Liste der Zielorte standen Warteräume von Krankenhäusern und Polikliniken, öffentliche Empfangsräume und Büros der Stadtverwaltung, Kindergärten und Schulen – öffentliche Bereiche, die praktisch das gesamte Spektrum der Alters-, Geschlechts- und Berufsgruppen der Gesellschaft umfassten. Die Politik der intensiven Überfrachtung des öffentlichen Raums mit Symbolen der Sowjetmacht führte zu „Übertreibungen“. So verglichen bei einer Inspektion selbst die Mitarbeiter des Informationsbüros der SMAD die Gebäude der Militärkommandanturen mit Jahrmarktsbuden und Kindergärten. In den Berichten wurde auf die übermäßige Verwendung von Girlanden und Porträts, Flaggen und Transparenten hingewiesen, die bei der Bevölkerung den Eindruck von „politischem Kitsch“, „Rummel“ und „Zirkus“ entstehen ließen. In den Berichten über die Propagandaarbeit in Ostdeutschland wurde empfohlen, gegen „sektiererische Ideen“ zu kämpfen, zu denen das überflüssige Aufhängen von roten Fahnen und die eigenmächtige Umbenennung von Straßen mit Namen von Führern der kommunistischen Partei Deutschlands gezählt wurden. Selbst die Russen waren gezwungen, den brachialen Charakter der Agitationstätigkeit anzuerkennen. Im Juli  schrieb der Leiter des Informationsbüros der SMAD, Georgij Bespalov, nach Moskau: „Unsere Propaganda trägt übermäßig aufdringliche Züge, sie wird zu offen übermittelt und stößt die Menschen richtiggehend vor den Kopf. [. . . ] wir müssen von dem Stil der unangefochtenen Behauptungen und plumpen Methoden der Prahlerei abgehen und uns eine subtilere und klügere Propaganda aneignen, die den Leser auf unmerkliche Weise mit den Vorzügen unserer Gesellschaftsordnung vertraut macht.“ Diese „Übertreibungen“ von sowjetischer Seite zeugten von dem Problem der Kongruenz der sowjetischen Propaganda mit den Erfahrungen und Erinnerungen der Ostdeutschen. Die Signale hinsichtlich der fehlenden Verbindungen von Plakaten und Losungen mit den deutschen Realien kamen von den Bürgermeistern der Städte und Gemeinden. Mit der Absicht, die entstandene Situation zu korrigieren, traf sich Anton Ackermann im November  mit dem Leiter des Informationsbüros der SMAD, Bespalov. In dem Gespräch beklagte sich Ackermann über die kontinuierliche Beorderung nach Karlshorst und die fehlende Selbständigkeit der deutschen Verwaltungsbehörden infolge der „ständigen bevormundenden Einmischung der SMAD in die Angelegenheiten der SED“. „Wozu, zum Beispiel,“ erklärte Ackermann, „müssen Vertreter der SMAD Flugblätter und Plakate der SED durchsehen, da junge und unerfahrene Kommandanten, selbst wenn sie von besten Absichten geleitet sind, diese Dinge wohl nicht mit der gleichen Kompetenz abschätzen können, mit der alte erfahrene Mitarbeiter der deutschen kommunistischen



SächsHStAD,  LRS, MP . (). SAPMO-BArch, DY /IV /./, Bl. . ().  RGASPI, f. , op. , d. , l.  f. ().  Bonveč i dr. (otv. red.), Sovetskaja voennaja administracija v Germanii (SVAG), S. –, hier S. . ().  RGASPI, f. , op. , d. , l. .  Staatsarchiv Dresden, F. , D. . 

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Partei darüber urteilen können. Dennoch werden überall Flugblätter und Plakate der SED sorgfältig durchgesehen und korrigiert, und in vielen Fällen schadet dies der Sache.“ Gleichwohl ging nicht nur die sowjetische Kontrolle über den öffentlichen Raum, sondern auch die Willkür seitens der Mitarbeiter der SMAD weiter. So zwang zum Beispiel ein gewisser Hauptmann Belkin – ein politischer Kommissar der SMAD im Kreis Dippoldiswalde (Sachsen) – die Kandidaten der SED für die örtlichen Selbstverwaltungsorgane, sich vor den Wahlen  neu fotografieren zu lassen und neue Plakate mit Ganzkörperaufnahmen der Kandidaten aufzuhängen, da die Porträts seiner Meinung nach nicht den „sowjetischen Standardvorgaben“ entsprachen.

 Praktiken des Bildersturms und Störungen in der sowjetischen Selbstidentifikation der Ostdeutschen Laut politischen Meldungen und Berichten über die Stimmung in der Bevölkerung erfolgten bilderstürmerische Aktionen vorwiegend „in der Abendzeit“, „mit Einbruch der Dämmerung“ oder „mitten in der Nacht“. Täglich bei Sonnenuntergang fand eine Art politischer Umsturz statt: Mit Einbruch der Dunkelheit gab die Besatzungsmacht das Monopol der strengen Aufsicht über den öffentlichen Raum aus der Hand, während die Gesellschaft in dem Gefühl der Erweiterung der Autonomiegrenzen in jenen Bereichen des sozialen Lebens politisch initiativ wurde, die während des Tages ein streng reglementiertes Verhalten erforderten. Damit stellte die Nacht eine Bereichsgrenze für den Übergang der Akteure aus der öffentlichen Sphäre von Partei und Staat in die anonyme Sphäre der politischen Aktivität dar. Mit der Morgendämmerung nahmen die Herrschenden die Zügel der Regierung wieder in die Hand und beseitigten die Spuren der Volksgewalt auf Straßen und Plätzen. Die Konkurrenz von Tag und Nacht als Ausdruck des politischen Konflikts zwischen der Staatsgewalt und der Gesellschaft zeigte sich in der Stadt Strehla in Sachsen in Form der Proklamation des Thälmann-Kults durch Aushängen von Plakaten am Tag und anschließendes Abreißen seiner Porträtdarstellungen in der Nacht. Am Vorabend der Demonstrationen zum . Mai wurden in Glauchau in der Nacht antistalinistische und antisowjetische Aufschriften an der Wand der Zentralfabrik angebracht. Bei Tagesanbruch waren Polizeipatrouillen gezwungen, eiligst die Spuren der sozialen Empörung in einem Raum zu beseitigen, der einige Stunden später zur Arena der Inszenierung einer Gesellschaft des sozialen Konsenses werden sollte. Die Nutzung der Dämmerung zur Änderung offizieller Propagandaintentionen wurde nach dem „Tag der Befreiung“ in Friedersdorf demonstriert, als die am Vorabend an den sowjetischen Obelisken niedergelegten Kränze am nächsten Morgen an den Gräbern deutscher Soldaten vorgefunden wurden.



RGASPI, f. , op. , d. . l. . (). AdsD, SPD-PV-Ostbüro .  GARF, f. R-, op. , d. , l. . ().  Ebd., d. , l. . ().  AdsD, SPD-PV-Ostbüro  I. (). 

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Im Gegensatz zur Nacht erfuhr die Praxis des Bildersturms am hellen Tag eine Veränderung ihrer Schauplätze. Die freie Meinungsäußerung, ohne von Verfolgungen bedroht zu werden, war in intimen Nischen des öffentlichen Raums möglich. So wurden im Oktober  während einer sowjetischen Inspektion der Waggonfabrik Lindner in Ammendorf Aufschriften in den Toiletten gefunden. Auf Anordnung der Betriebsleitung wurden alle aufrührerischen Aufschriften in den Toiletten entfernt. Es wurde empfohlen, verschärfte Beobachtungsmaßnahmen einzuführen. , unmittelbar nach dem Tod Stalins, entfaltete sich in einem anderen Unternehmen in Thüringen an den Wänden der Toilettenkabinen eine spontane bilderstürmerische Kampagne. Die Porträts der Führer wurden von ihren privilegierten Plätzen in die Toiletten verbracht, Galgen und Körperteile von Tieren dazugemalt und beleidigende Kommentare antisowjetischen und regierungsfeindlichen Inhalts dazugeschrieben. Solche Verschiebungen von Symbolen der Macht aus der „sakralen Zone“ an „schmutzige Orte“ störten die offizielle Ordnung des öffentlichen Symbolismus. Zur Verringerung des kommunikativen Potenzials der Toilettenkabinen sah sich die Betriebsleitung gezwungen, mehrfach die wöchentliche Neustreichung der Räumlichkeiten anzuordnen. Neben den zeitlichen Koordinaten – an Tagen von Partei- und Staatsfeierlichkeiten, propagandistischen Kampagnen und bei Geburtstagen der Führer – verstärkte auch der Schauplatz der Handlungen die politische Färbung des Bildersturms. Beschädigungen von Porträts und Büsten in den „Friedensecken“ und in den „Büros der Führer“ in Unternehmen, Lehranstalten und Massenorganisationen sowie in Verwaltungsinstitutionen von Partei und Staat wurde automatisch der politische Charakter regierungsfeindlicher Aktionen seitens „innerer und äußerer Feinde“ zugeschrieben. So wurde in einem Unternehmen in Teltow einer Stalin-Büste in der Friedensecke nachts eine Mütze mit Ohrenklappen aufgesetzt. Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, Fälle von „Störung der öffentlichen Ordnung“ unverzüglich der Volkspolizei zu melden. In einem anderen Fall wurde am Vorabend des Tages der Oktoberrevolution  im „Walter Ulbricht“-Werk in Leuna in der Nacht vom . auf den . November die Stalin-Büste aus der Friedensecke entwendet. Am nächsten Tag wurde die verschmutzte Büste von Unbekannten auf der Chefetage zur Schau gestellt. Daran hing ein Schild: „Du bist genauso fies wie Wilhelm Pieck.“

 Formen der Entehrung der Staatsgewalt und emotionale Erinnerungsarbeit der Gesellschaft Zu den verbreitetsten Formen des versteckten oder anonymen Bildersturms gehörten das Abhängen und Abreißen der von den Behörden aufgehängten Plakate, Transparente und Embleme bis hin zur Zerstörung von Schaufenstern mit den Porträts der Führer. Die 

GARF, f. R-, op. ., d. , l. . (). AdsD, SPD-PV-Ostbüro  I. ().  Nacht-Depesche v. . Jan. , S. .  AdsD, SPD-PV-Ostbüro /I. ().  AVP RF, f. , op. , p. , d. . l. . (); GARF, f. R-, op. , d. ., l. . (). 

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schwerste Form der Beleidigung der Staatsgewalt, die vor allem die Aufmerksamkeit der Sicherheitsorgane auf sich zog, war allerdings die Beschädigung der Gesichter auf den Abbildungen der politischen Führer. So wurden nach einer Meldung des Ostbüros der SPD jeweils am Vorabend des Geburtstags von Stalin die Porträts des sowjetischen Führers mit Schmutz und Tinte beschmiert und Augen und Mund ausgestochen. Die in Lugau geklebten Thälmann-Porträts wurden am nächsten Tag mit ausgestochenen Augen, herausgerissener Nase und herausgerissenem Mund entdeckt. Die Semantik der bilderstürmerischen Gewalt gegen die Portraitbilder enthielt die Botschaft des „Gesichtsverlusts“ – eine Form der Entehrung der propagierten Figuren durch die Beschädigung der Repräsentationen der Macht. Dasselbe Ziel der Demonstration des Autoritätsverlusts der Staatsgewalt in den Augen der Bevölkerung verfolgten auch die Praktiken des Hinzufügens von Zeichnungen, Dazuschreibens und Durchstreichens auf Artefakten der Ikonografie. Sie verfolgten das Ziel, die Fähigkeit der Bürger zur Veränderung der offiziellen Bedeutung der Propaganda und deren kritischer Wahrnehmung öffentlich zu zeigen. Am . Januar  zum Beispiel wurde in den Briefkasten der Redaktion der „Thüringer Volkszeitung“ eine Zeitung mit einem Porträt von Pieck gesteckt, dessen Nase mit roter Farbe verziert war. Hinter die Losung „Wilhelm Pieck – ein Sohn des Volkes“ war ein Fragezeichen gemalt worden. In der nachfolgenden Aufschrift – „Die gleichen Lügen wie bei den Nazis“ – wurde das Problem des Vertrauens zur Führungsebene Ostdeutschlands thematisiert, deren Methoden der ideologischen Arbeit bei der Bevölkerung Assoziationen mit dem Propagandaministerium von Goebbels hervorriefen. Der Text eines anderen Plakats mit dem zentralen Slogan der Stalin-Propaganda – „Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk, der deutsche Staat aber bleibt“ – wurde von einem Brandenburger zu einer ersten Bilanzierung des sowjetischen Besatzungsregimes in Ostdeutschland genutzt. Auf dem Anschlagbrett war dem offiziellen Text ein Aufruf an die Zivilbevölkerung hinzugefügt worden: „An das deutsche Volk der Ostzone! Stalin hat gesagt: ‚Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk aber bleibt!‘ Was aber ist passiert? Drei Jahre Raub und Diebstahl! Drei Jahre Hunger und Tod! Drei Jahre Vergewaltigung unserer Mädchen und Frauen! Drei Jahre Lügen über eine Volksdemokratie! Werfen wir diese Grimassenschneider der Kultur hinaus!!!“ In der Regel waren solche Uminterpretationen der Propaganda vom Motiv der Exekution der Führungspersonen in Form der Hinzuzeichnung von Galgen und Guillotinen auf deren Porträts begleitet. Ein Aufruf zur Volksjustiz gegenüber der Führungsriege Ostdeutschlands wurde am Vorabend der Feiern zum . Jubiläum der Revolution von  dokumentiert – einer der ersten Versuche der SED, ein neues Bild der historischen Vergangenheit mit den Traditionen der demokratischen Volksbewegung zu prä-



RGASPI, f. , op. , d. , l. . (); AdsD, SPD-PV-Ostbüro  A/B. (). GARF, f. R-, op. , d. , l. . ().  GARF, f. R-, op. , d. , l. . ().  GARF, f. R-, op. , d. , l. .  GARF, f. R-, op. , d. , l. . ().  Norbert Schnitzler: Geschmähte Symbole. In: Klaus Schreiner u. a. (Hrsg.): Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Köln , S. –. 

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sentieren. Auf einem schwarzen Brett in Werdau im Kreis Zwickau war mit Kreide die Aufschrift angebracht: „Zu Ehren des Feiertags sind die russischen Sklaven Pieck, Seidewitz [Ministerpräsident von Sachsen, A. T.] und Grotewohl mit den Beinen nach oben aufzuhängen. Heil Hitler!“ Zur Semantik der Entehrung gehörte auch die symbolische Herabwürdigung der Führer auf das Niveau von Tieren durch Hinzuschreiben beleidigender Vergleiche oder Hinzuzeichnen der Körperteile von Tieren auf die Abbildungen der Führer. So wurden in dem kleinen Grenzort Faulungen am Vorabend der Wahlen im Oktober  auf ein Wahlplakat der SED die beleidigenden Worte: „Pieck ist ein fettes Schwein“ geschrieben. Und auf einem Gebäude in Potsdam wurde bei Tagesanbruch eine Aufschrift unter einem faschistischen Hakenkreuz, unterzeichnet von der Organisation Werwolf, entdeckt: „Wir sind wieder da. Wenn die Amerikaner kommen, werden wir die roten Hunde mit dem Kopf nach unten aufhängen.“ Diese Transformationen offizieller Repräsentationen von „sakralen“ in „profane“ und „schmutzige“ Bilder waren eine verbreitete Praxis der Entehrung und Beleidigung des visuellen Besatzungsregimes. Offene Formen der ikonoklastischen Praktiken waren deutlich seltener anzutreffen. Sie zeichneten sich durch die Einbeziehung eines breiten Publikums in das Ritual und durch ein aggressiveres Szenario der Kommunikation mit der Staatsgewalt aus. Zu den Höhepunkten des Ausdrucks öffentlicher Gewalt gegenüber Symbolen der Diktatur kann mit vollem Recht der Volksaufstand vom Juni  gezählt werden. Zerstört wurden vor allem Porträts, Bilder, Büsten und Bücher der kommunistischen Führer. In den Händen der Aufständischen wurden die Gegenstände des Personenkults entwertet: Symbole der Macht verwandelten sich in Objekte der Verursachung physischer Gewalt gegen Anhänger des SED-Regimes. In der Stadt Eisleben beispielsweise wurde einem Sowjetsoldaten, der versucht hatte, das Bild des Führers zu schützen, ein Stalin-Porträt auf den Kopf geschlagen. Ein ähnliches Schicksal ereilte den Bürgermeister von Ludwigsdorf: Nach der Weigerung, seine Amtsbefugnisse niederzulegen, wurde ihm ein Porträt von Pieck auf den Kopf geschlagen. Die öffentlichen Rituale der Gewalt ermöglichten es, einen Rollenwechsel vorzunehmen und die Vertreter der Staatsgewalt zu Opfern zu machen. Die Bevölkerung wurde mit den Kompetenzen des Richters und Henkers zugleich ausgestattet. Nach der Verwüstung von Verwaltungs- und Parteigebäuden errichteten die Aufständischen auf den zentralen Plätzen und Straßen mit den aufgehäuften Insignien des Regimes – Flaggen, Embleme, Plakate, Porträts und Transparente – eine Pyramide und verbrannten diese vor den Augen der Menge. Das Auftreten offener Konflikte und Spannungen in den amtlichen und öffentlichen Bereichen veranlasste die Staatsgewalt, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Besonders 

Aleida Assmann, Ute Frevert: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit. Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach . Stuttgart , S. –.  GARF, f. R-, op. , d. , l. .  AdsD, SPD-PV-Ostbüro  O.  GARF, f. R-, op. , d. , l. .  Heidi Roth: Der . Juni  in Görlitz. Dokumentation zum Volksaufstand. Bautzen , S. . Ebf. Behrends, Die Erfundene Freundschaft, S. –.  AdsD, SPD-PV-Ostbüro  b. ().  Roth, Der . Juni  in Görlitz, S. .

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in Krisensituationen – bei drohenden Volksunruhen – war der Staat gezwungen, vorübergehend Porträts, Losungen und Transparente von belebten Orten zu entfernen – Bahnhöfen, Geschäften sowie zentralen Straßen und Plätzen. So entfernte die Bahnhofsverwaltung während der Juni-Unruhen  die Bilder von Pieck, Ulbricht und Grotewohl aus den Wartesälen der Bahnhöfe Bitterfeld und Dessau, um Provokationen zu vermeiden. Nach dem Aufstand vom . Juni  begann die Staatsgewalt, mit mehr Feingefühl auf die Überfrachtung der allgemein zugänglichen Orte mit Symbolen der Macht zu reagieren und rechtzeitig ein Krisenmanagement im öffentlichen Raum durchzuführen. Die Parteiund Staatsfunktionäre wurden sich endgültig bewusst, dass die Symbole der Macht nicht nur ein Mittel zur Verkündung der politischen Ordnung waren, sondern auch die Bedrohung der Beseitigung der politischen Ordnung in sich bargen: Von einem Tag auf den anderen konnten sie zur Zielscheibe eines Bildersturms des Volkes werden und sich im Epizentrum von Gewaltritualen befinden. Daher begann der Grenzschutz in Eichwalde im Herbst  schon gleich nach den ersten Meldungen über die Unruhen in Ungarn aus Furcht vor Aggressionsreaktionen seitens der örtlichen Bevölkerung in großer Eile damit, rote Fahnen, Porträts der Führungsriege sowie Partei- und Staatslosungen zu entfernen.

 Resümee Formal endete das sowjetische Besatzungsregime mit der Gründung der DDR im Oktober . Allerdings blieb die Visualität, wie die von mir durchgeführte Analyse gezeigt hat, weiterhin ein effektiver Begleitbereich des sowjetischen Einflusses auf die ostdeutsche Politik und ein Kanal für die weitere Sowjetisierung bis zur Geheimrede Chruščevs „Über den Personenkult und seine Folgen“ im Februar . Erstmals nach Kriegsende und nach einer Welle scharfer Kritik an Stalin war es den sozialistischen Ländern gestattet, die Kolonnen der Maidemonstrationen nach eigenem Dafürhalten und ohne Anweisungen der „sowjetischen Freunde“ mit Porträts der Führer der Arbeiterbewegung und der kommunistischen Bewegung zu gestalten. Der nach der Säuberung des öffentlichen Raums von sowjetischen Repräsentationen verfolgte Kurs setzte sich auf dem . Parteitag der KPdSU  fort. In der Nacht vom . Oktober auf den . November wurde der Leichnam Stalins aus dem Mausoleum entfernt und an der Kremlmauer beigesetzt. Diese Geste der sowjetischen Politik war für das Politbüro des ZK der SED das Signal für den endgültigen Umbau des visuellen Besatzungsregimes. Städte, Straßen und Plätze mit dem Namen des sowjetischen Führers wurden umbenannt. Eine Vielzahl von Schulen, Industrieunternehmen und Arbeitsbrigaden, die Stalins Namen trugen, änderten ihre Bezeichnung. Porträts und Büsten von Stalin und Denkmäler für ihn wurden in der gesamten DDR demontiert. Bücher, Lehrbücher und Filme mit den Repräsentationen des geächteten Führers wurden aus dem Verkehr gezogen. Neue Legitimationsquelle des SED-Regimes war die nachdrückli-



AdsD, SPD-PV-Ostbüro  b, .. II. (). Ebd., SPD-PV-Ostbüro /II. ().  Doklad N. S. Chruščeva o kul’te ličnosti Stalina na XX s”ezde KPSS. Dokumenty. Moskva , S.  f. 

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Alexey Tikhomirov

che Propagierung der deutschen Helden des Widerstands gegen den Nationalsozialismus und der nationalen Führer der kommunistischen Bewegung, wobei die imperiale Hierarchie mit Moskau durch eine Wiedergeburt des Lenin-Kults aufrechterhalten wurde. Die Entstalinisierung bedeutete nicht die vollständige Entsowjetisierung des öffentlichen Raums und die Zerstörung des visuellen Besatzungsregimes. Die imaginäre Figur des „guten“ – moralisch von der Last der Nazi-Vergangenheit befreiten – Deutschen als Beobachtungsobjekt und Beobachter der sowjetischen Wirklichkeit ermöglichte es, Ostdeutschland in den Lauf der sowjetischen symbolischen Ordnung zu integrieren, deren visuelle Ausdehnung sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis nach Zentraleuropa erstreckte. Die Politisierung des Sehvermögens bestimmte die Praxis der positiven Sicht auf die sozialistische Wirklichkeit bei gleichzeitiger Tabuisierung der Ansichten jener Deutschen, die auf ihre Lebenserfahrung im „Dritten Reich“ verwiesen. Daher war die affektive Komponente der Fokussierung des imaginären Blicks auf die UdSSR für das Funktionieren des Subjektivierungsregimes von zentraler Bedeutung. Vor dem Hintergrund der ständig artikulierten Empfindungen von Reue und Scham für die Naziverbrechen wurde den Deutschen durch die Betrachtung der sowjetischen Erfahrungen ein Gefühl des Stolzes auf ihre Zugehörigkeit zum „Lager der Sieger der Geschichte“ verordnet. Infolgedessen erfolgte die Legitimierung des visuellen Besatzungsregimes durch die Mission der moralischen Läuterung und der spirituellen Betreuung seitens der sowjetischen Instanzen bei der Heranführung der Ostdeutschen an die politische Gemeinschaft des sowjetischen Nachkriegsimperiums. Durch die Festlegung der Horizonte des Sichtbaren und des Unsichtbaren leisteten Gesellschaft und Staatsgewalt emotionale Arbeit zur Neuprogrammierung des kollektiven Gedächtnisses und zur visuellen Neuvorstellung der Topoi Nation und Staat, Heimat und Staatbürgerschaft, Sicherheit und Zukunft auf dem Weg der Erschaffung eines neuen Menschen für das neue Deutschland. Meine Analyse lenkt den Blick auf die sensorische Dimension der Sowjetisierung Ostdeutschlands und weist dem Auge die Rolle des entscheidenden Sinnesorgans bei der Herausbildung der sowjetisierten deutschen Subjektivität und der Etablierung des sowjetischen Besatzungsregimes durch die Programmierung der Visualität im öffentlichen Raum zu. Da die Erfassung der Welt und die Verbindung mit der Umwelt über die Sinnesorgane erfolgt, war das wichtigste Ziel von Besatzungsregimen der Aufbau eines Monopols auf den Körper des Menschen und die Politisierung seines Seh-, Gehör, Geschmack-, Geruchs- und Tastsinns. Die Sinnesorgane in ihrer Gesamtheit werden zu Begleitern des Politischen und dank ihrer Hierarchie wird die Visualität zu jener primären Sphäre des Alltäglichen, über die das Politische besonders erfolgreich organisiert, programmiert und dokumentiert wird. Diese bis heute so offensichtlichen, aber noch nicht vollständig erkannten visuellen Erfahrungen in Bezug auf die Funktionsweise von Besatzungsregimen sollten von den Historikern „gesehen“ werden.

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Dieter Vorsteher (Hrsg.): Parteiauftrag: ein neues Deutschland. Bilder, Rituale und Symbole der frühen DDR. Berlin ; Katharina Klotz: Das politische Plakat der SBZ/DDR –. Zur politischen Ikonographie der sozialistischen Sichtagitation. Aachen .  Emma Widdis: Socialist Senses: Film and the Creation of Soviet Subjectivity. In: Slavic Review  (), H. , S. –.

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –

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Das Foto ist nur in der gedruckten Ausgabe verfügbar.

Reise der ersten FDJ-Delegation in die Sowjetunion : Die Gruppe vor dem Bolschoi Theater in Moskau Fotograf: Ewald, Bildarchiv im Bundesarchiv, Signatur: BildY ---

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Alexey Tikhomirov

Zum Monat der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft in Murchin zeigt eine Ausstellung im MTSKulturpalast „Matyas Rakosi“ den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion. Fotograf: Klein, Bildarchiv im Bundesarchiv, Signatur: Bild --

Das visuelle Besatzungsregime im Ostdeutschland der Nachkriegszeit –

Gedenkecke für Josef Stalin in einer Schule in Berlin, . Dezember  Fotograf: Beier, Bildarchiv im Bundesarchiv, Signatur: N  Bild-RF

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Alexey Tikhomirov

Berlin bereitet sich auf die III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten vor. Alexanderplatz, . Juli  Fotograf: Schmidtke, Bildarchiv im Bundesarchiv, Signatur: Bild --

Eine Gedenkfeier „Stalingrad – Wendepunkt der Geschichte“ fand am . Februar  im Babylon-Kino in Berlin statt. Ehemalige Kriegsgefangene übergeben der Gesellschaft für deutschsowjetische Freundschaft drei Wanderfahnen aus der Sowjetunion. Fotograf: Quaschinsky, Bildarchiv im Bundesarchiv, Signatur: Bild -S

Aleksei Sorokin Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt Das Ende des Zweiten Weltkrieges läutete eine neue Friedensetappe in den deutsch-russischen Beziehungen ein. Die diplomatischen Beziehungen wurden unter Bundeskanzler Konrad Adenauer aufgenommen. Die Rückkehr zu einer wirklichen strategischen Zusammenarbeit, die traditionell eine große Rolle für beide Länder wie auch für Europa spielte, begann hingegen unter Willy Brandt. Wie Adenauer, so hielt auch Brandt die Sowjetunion für ein totalitäres System, wobei sich ihre Ostpolitik allerdings grundlegend unterschied. Freilich darf man dabei nicht außer Acht lassen, dass die Position Westdeutschlands stark von der Politik seiner westlichen Verbündeten abhing, fiel doch die Kanzlerschaft Adenauers in vielerlei Hinsicht in eine Zeit der maximalen Verschärfung des Kalten Krieges, während Brandt in einer Phase der Entspannung Bundeskanzler war. Dennoch verfügte die BRD über einen begrenzten Handlungsspielraum, besonders nach der formalen Wiederherstellung der Souveränität im Jahr . Erstmals trat Brandt als Kanzlerkandidat im Jahre  an, und ein früherer Wahlsieg hätte der Ostpolitik der BRD wohl bereits Anfang der er-Jahre eine bedeutende Wendung zu geben vermocht. Die Ostpolitik Adenauers und Brandts entsprach voll und ganz ihren eigenen Überzeugungen und Prioritäten auf diesem Gebiet. Daher ist die Analyse der außenpolitischen Sichtweisen dieser beiden herausragenden Bundeskanzler, die durch ihre Tätigkeit die Richtung der Außenpolitik des Landes für viele Jahre vorgaben, von besonderem wissenschaftlichem Interesse. Bis  hatte es offiziell keine diplomatischen Beziehungen zwischen der BRD und der Sowjetunion gegeben. In dieser Zeit grenzte sich Adenauer konsequent von der UdSSR ab und vermied jeglichen Kontakt. In der Tat war die BRD vor der Wiedergewinnung ihrer Souveränität hinsichtlich der Ostpolitik in ihren Möglichkeiten stark beschnitten, und der Bundeskanzler, dessen Fokus in dieser Phase auf der Westintegration lag, benutzte die sowjetische Bedrohung, um ihr zusätzlichen Antrieb zu verleihen.  änderte sich die Situation: Die BRD erlangte ihre Souveränität, und nach der Genfer Gipfelkonferenz begann man in der Welt über Entspannung zu sprechen. Bei einem Besuch Adenauers in Moskau im September  wurden Übereinkommen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen und die Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen getroffen. Die bilateralen Beziehungen erhielten jedoch keinen weiteren produktiven Schwung. Insgesamt lassen sich die deutsch-sowjetischen Beziehungen von  bis  als angespannt bezeichnen. Die diplomatische Korrespondenz zeigt, dass die Mehrzahl der Noten, Memoranden, Briefe und Erklärungen aus gegenseitigen Vorwürfen bestand: Die Sowjetunion warf der BRD Remilitarisierung, Bedrohung des Friedens und die Eskalation https://doi.org/./-

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der deutsch-deutschen Frage vor, Westdeutschland wiederum bezichtigte die UdSSR der ungerechten, anormalen Spaltung des Landes und der Unterstützung des unrechtmäßigen DDR-Regimes. Die Vorstellungen des ersten Bundeskanzlers von der Sowjetunion und ihrer Außenpolitik waren überwiegend negativ. Der Ausgang des Zweiten Weltkriegs hatte die internationale Lage und das Kräfteverhältnis in der Welt in grundlegender Weise verändert. Die Verwandlung der Sowjetunion in eine Supermacht, die Schaffung eines Blocks sozialistischer Staaten in Osteuropa und die Verbreitung der kommunistischen Ideologie in der Welt, all das nahm Adenauer als sowjetische Bedrohung wahr. Es können zwei wesentliche Überzeugungen Konrad Adenauers hervorgehoben werden, die im Endeffekt in einen harten, antisowjetischen Kurs mündeten: Einerseits versuchte Adenauer, die „sowjetische Bedrohung“ für die Integration der BRD in die westliche Gemeinschaft zu nutzen (daher die scharfe Rhetorik und die Zuspitzung der Gefahr) sowie innenpolitisch zu instrumentalisieren (Aufstieg der eigenen Partei), andererseits „[. . . ] besaß [Adenauer] ein elementares Gefühl der Bedrohung durch die Sowjetunion“. In seinen Schlussfolgerungen zog Adenauer ständig Analogien zwischen dem zaristischen Russland und der Sowjetunion. Das außenpolitische Hauptmerkmal beider Staaten seien die Expansionsbestrebungen – die Erweiterung des Territoriums und des Einflussbereichs – gewesen. Hans-Peter Schwarz nennt das Verständnis der sowjetischen Politik als Fortsetzung der zaristischen Expansionspolitik das für die Deutschen typische „Stereotyp des bürgerlichen Geschichtsbewusstseins“. Diese Vorstellungen Konrad Adenauers wurzelten in der Kaiserzeit. Schwarz gibt die Sicht des deutschen Bürgertums der er/ er-Jahre auf Russland wieder, die fest in Adenauers Bewusstsein verankert gewesen sei: „Das Zarenreich – ein autokratisch regierter Koloß, expansiv, eine unwiderstehliche Dampfwalze, die sich nur durch überlegene Stärke und durch überlegene Bündnispolitik stoppen lassen wird!“ Generell ist es ziemlich schwierig, angesichts der fehlenden Quellen – vor allem aus der Zeit des Deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republik – den Ursprung und die Entwicklung von Adenauers Russland- und UdSSR-Bild nachzuzeichnen. Neben der oben angeführten Vermutung, der zufolge Adenauer sich die im Kaiserreich weit verbreiteten negativen Klischees in Bezug auf Russland zu eigen gemacht hatte, soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass er als Bürgermeister von Köln auf der internationalen Presseausstellung  eine sowjetische Delegation empfing und sich persönlich mit Maksim Gor’kij traf. Adenauers Politik zeichnete sich stets durch Pragmatismus aus: Wann immer er es für notwendig hielt, suchte er den Weg der Zusammenarbeit.  



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Boris Meissner (Hrsg.): Moskau – Bonn. Die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland –. Dokumentation. Köln , S. –. Werner Weidenfeld : Konrad Adenauer und Europa. Die geistigen Grundlagen der westeuropäischen Integrationspolitik des ersten Bonner Bundeskanzlers. Bonn , S. . Hans-Peter Schwarz: Das außenpolitische Konzept Konrad Adenauers. In: Rudolf Morsey, Konrad Repgen (Hrsg.): Adenauer-Studien I. Mainz , S. . Hans-Peter Schwarz: Adenauer. Der Aufstieg: –. Stuttgart , S. . Günther Schulz (Hrsg.): Konrad Adenauer –. Dokumente aus den Kölner Jahren. Köln , S. .

Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt

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Seit Mitte der er-Jahre, nach seinem Moskau-Besuch, betonte Konrad Adenauer hinsichtlich des Expansionsdrangs Moskaus eher die traditionell russische und weniger die kommunistische Komponente. Dafür gibt es eine Vielzahl von Belegen. Konrad Adenauer hielt Russland für einen historisch-kriegerischen Staat. In einem Gespräch mit John F. Kennedy im Jahre , so Adenauer in seinen „Erinnerungen“, habe er gesagt, er sei: „überzeugt, daß Chruschtschow in erster Linie russischer Nationalist und erst in zweiter Linie Kommunist sei. Rußland habe sowieso die meisten Kriege geführt.“ Journalisten gegenüber sagte Adenauer in demselben Jahr: „Chruschtschow ist ein Zar! Der verehrt Iwan den Schrecklichen und Peter den Großen doch mehr als Karl Marx . . . Chruschtschow ist in erster Linie Russe, in zweiter Linie Kommunist, und als Russe hat er den Drang nach Westen.“ Seine Schlüsse über den traditionell expansiven Charakter der sowjetischen Außenpolitik zog Adenauer aus der russischen Geschichte. Die Bestätigung für seine Sicht der Dinge fand er in einigen Arbeiten westdeutscher Autoren über die Sowjetunion. Besondere Aufmerksamkeit ließ Adenauer dabei dem Buch „Das russische Perpetuum mobile“ von Dieter Friede zukommen, das der Kanzler im Gespräch mit Journalisten als „beste Darstellung der russischen Geschichte, die ich kenne“ bezeichnete. Mehrfach empfahl Adenauer seinen Gesprächspartnern dieses Buch zur Lektüre, damit diese mit ihm zusammen die jahrhundertealten Tendenzen der russischen und sowjetischen Politik nachvollziehen konnten. Er hielt Friedes Werk gern als Geschenk bereit, zum Beispiel für John F. Kennedy. Der Autor dieses Buches arbeitete im Jahr  in Berlin als freier Journalist. Dann wurde er von den sowjetischen Behörden verhaftet und bis  gewaltsam am Verlassen der sowjetischen Zone gehindert. Offensichtlich schlug sich das persönliche Schicksal des Autors stark in der Schärfe seiner Einschätzungen nieder. Friede vertrat die These, die sowjetische Expansion sei identisch mit der aggressiven Politik der Zaren, wobei man die ideologische Komponente des Kommunismus jedoch keineswegs unterschätzen solle. Die Außenpolitik der Sowjetunion wurde vom ersten Bundeskanzler strikt als die Außenpolitik eines totalitären Staates betrachtet: Nach den Erfahrungen, die wir Deutsche mit dem totalitären Regime der nationalsozialistischen Zeit gemacht hatten, nach den Erfahrungen, die die Welt mit dem totalitären Sowjetrußland seit  gesammelt hatte [. . . ], mußte nach meiner Meinung folgendes die gemeinsame Überzeugung aller Deutschen sein: Totalitäre Staaten, und das galt insbesondere für Sowjetrußland, kennen nicht, wie die demokratischen Länder, als wesentliche Faktoren des Zusammenlebens der Menschen und der Völker Recht und die Freiheit der Person. Totalitäre Staaten kennen nur einen maßgebenden Faktor, und das ist die Macht.

Die anklagende Rhetorik Adenauers, in der die UdSSR als der „aggressivste kommunistische Staat“ und „die Russen“ als das „kriegerischste Volk des letzten Jahrhunderts“ erschienen, ging mit dem nüchternen Urteil einher, dass von der Sowjetunion keine akute

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Konrad Adenauer: Erinnerungen –. Stuttgart , S. . Zit. nach: Weidenfeld, Konrad Adenauer und Europa, S. . Konrad Adenauer: Teegespräche –. Berlin , S. . Konrad Adenauer: Erinnerungen –. Stuttgart , S. .

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Kriegsgefahr ausgehe. Adenauer hielt das Konfliktverhalten der sowjetischen Außenpolitik „für rational kontrolliert und auch seitens des Westens für kontrollierbar“. Rationales Verhalten und Risikoangst seitens der Sowjetunion führten allerdings nicht zu einer Beruhigung Adenauers, da diese Faktoren seiner Ansicht nach lediglich von begrenzten machtpolitischen Möglichkeiten zeugten und nicht von echtem Streben nach einer friedenssichernden Politik. Während der „friedlichen Koexistenz“ wurde der Kampf zwischen den beiden antagonistischen Lagern mit nichtmilitärischen Mitteln fortgeführt. Adenauer bewertete die Entstalinisierung und die Machtübernahme durch Nikita Chruščev nicht als Anfang einer neuen Epoche, sondern als „Kampf der Diadochen“, als inneren Konflikt. Das Wesen der sowjetischen Außenpolitik habe sich dadurch nicht verändert. Die Instabilität der Lage war dadurch nicht geringer geworden und der außenpolitische Kurs Moskaus erschien noch weniger vorhersehbar. Eine besondere Gefahr stellte die UdSSR in den Augen Adenauers für die BRD dar. Die Herrschaft über ganz Deutschland könnte die UdSSR durch die Abtrennung der BRD vom Westen, die Neutralisierung Deutschlands und die Aktivitäten einer Fünften Kolonne erreichen. Adenauer sah das Interesse der UdSSR vor allem in der Aneignung des wirtschaftlichen Potenzials Deutschlands: „Es liegt ihnen etwas an Deutschland, und zwar wegen der Fähigkeiten der Deutschen, zu arbeiten und zu produzieren.“ Andererseits konnte sich Adenauer keine umfassende Vorstellung davon machen, in welchem Ausmaß – angesichts der Erfahrung des Zweiten Weltkrieges – die Angst vor Deutschland ein realer Faktor der sowjetischen Weltanschauung sein konnte. Zu dem totalitären Bild der Sowjetunion kam die Einstellung Adenauers zu ihrem Führer hinzu. In seinen „Erinnerungen“ charakterisiert Adenauer Chruščev folgendermaßen: Chruschtschow war eine Persönlichkeit von starker Vitalität, ja Brutalität, wie ich selbst in Moskau erfuhr. Er war viel emotionaler als Bulganin [. . . ]. Ein diktatorisch regiertes Staatswesen, das sich großen inneren Schwierigkeiten gegenübersah – und daß dies für die Sowjetunion zutraf, darüber war kein Zweifel möglich –, mit einem Manne wie Chruschtschow an der Spitze, barg natürlich für die Entwicklung im Inneren wie auch nach außen eine größere Gefahr in sich, als wenn es von einem kälteren Manne, der die Dinge ruhig überlegte, geführt würde.

Adenauer war nicht zu Zugeständnissen seitens der BRD und des Westens gegenüber der Sowjetunion bereit. Eine wirkliche Entspannung, eine Veränderung der internationalen Situation, die auch zur Wiedervereinigung Deutschlands führen könnte, erachtete er erst für möglich, nachdem die UdSSR ihre Expansionspolitik aufgegeben, sich aus der

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Gottfried Niedhart, Normen Altmann: Zwischen Beurteilung und Verurteilung: Die Sowjetunion im Urteil Konrad Adenauers. In: Josef Foschepoth (Hrsg.): Adenauer und die deutsche Frage. Göttingen , S. . Schwarz, Das außenpolitische Konzept Konrad Adenauers, S.  f. Niedhart, Altmann, Zwischen Beurteilung und Verurteilung, S. . Konrad Adenauer: Teegespräche –. Berlin , S. . Konrad Adenauer: Erinnerungen –. Stuttgart , S. .

Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt

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DDR und wünschenswerter Weise aus ganz Osteuropa zurückgezogen hätte. Der Kanzler glaubte daran, dass dies eines Tages der Fall sein würde. Konrad Adenauer ging davon aus, dass die Sowjetunion angesichts der Stärke des Westens an ihre eigenen Probleme denken und gezwungen würde, sich nach innen zu wenden. Diese Gedanken wiederholen sich ständig in den Überlegungen und Gesprächen Adenauers – von  bis in die letzten Jahre seiner Kanzlerschaft, was für seine tiefe Überzeugung spricht. Insbesondere seine Erinnerungen und das Archiv der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus (Bestand „Gesprächsaufzeichnungen mit in- und ausländischen Politikern“) enthalten eine ganze Reihe solcher Aussagen. Diese Mutmaßungen bzw. Erwartungen Adenauers lassen sich in zwei große Gruppen unterteilen: . Innere Faktoren: Der Kanzler war überzeugt, dass die sowjetische Wirtschaft unter einem erheblichen inneren Druck stand. Früher oder später, so vermutete er, würde es in der Sowjetunion zu einer Wirtschaftskrise kommen. Er unterstrich sowohl den Bedarf der sowjetischen Wirtschaft an westlichem Kapital und westlichen Technologien als auch die angeborenen Schwächen der Planwirtschaft. Wie viele Sowjetologen, war auch Adenauer der Meinung, dass die unzureichend entwickelte industrielle Produktion, insbesondere im Konsumgüter- und Wohnungsbereich, die Führung in Moskau zu radikalen Veränderungen zwingen könnte. Die binnenwirtschaftliche Situation und die Forderung der Bevölkerung nach einer Verbesserung ihres Lebensstandards würden langfristig Druck auf das sowjetische Rüstungsprogramm ausüben und eine Zusammenarbeit mit dem Westen erzwingen. Eine gemeinsame Abrüstungspolitik werde verlockender erscheinen und die Moskauer Führung auf einen Kurs in Richtung Entspannung einschwenken lassen. Unter dem Eindruck seiner Moskaureise versicherte Adenauer dem italienischen Außenminister im Jahr , dass Russland Frieden brauche, da die soziale Lage in Russland schlecht sei, Es fehle an Wohnungen und Nahrungsmitteln, die Menschen seien schlecht gekleidet und deprimiert, besonders die Frauen „böten ein trostloses Bild“. Bei einem Treffen mit dem amerikanischen Botschafter  hob Adenauer hervor, dass Chruščev in den Augen der russischen Öffentlichkeit Erfolg haben wolle und die innere Situation konsolidieren und den Lebensstandard der Bevölkerung heben müsse, um dieses Ziel zu erreichen. Dies könne er, nach Meinung des Kanzlers, beim gegenwärtigen Stand des Wettrüstens nicht schaffen. . Äußere Faktoren: Adenauer sah im Streben Jugoslawiens nach Selbstständigkeit sowie in den Ereignissen in Ungarn und Polen  Anzeichen für wachsende Spannungen im Ostblock. In einem Gespräch mit Jawaharlal Nehru  merkte Adenauer zum Beispiel an, die Ereignisse in Ungarn hätten bewiesen, dass der internationale Kommunismus eine Niederlage erlitten habe. Das größte Gewicht im außenpolitischen Konzept Adenauers hatte seine sogenannte „China-Theorie“, die er seit Mitte der er-Jahre bis zum Ende seiner Kanzlerschaft aktiv propagierte. Ihr lag die Überzeugung zu Grunde, dass die latenten Spannungen zwischen Moskau und dem kommunistischen China früher oder

   

Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, Adenauer-Archiv, Bestand III/. Ebd., Bestand III/. Weidenfeld, Konrad Adenauer und Europa, S. –. Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, Adenauer-Archiv, Bestand III/.

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später zum bestimmenden Faktor der sowjetischen Außenpolitik würden, was Moskau zu einer Kompromisshaltung gegenüber dem Westen und zum Verzicht auf eine Expansion nach Europa bewegen würde. Eine elementare Rolle spielte hierbei ein inoffizielles Gespräch mit Chruščev auf einer Datscha im September , als Letzterer Bedenken in Hinblick auf China äußerte. In der Folgezeit kam Adenauer in seiner Argumentation sehr oft auf dieses Gespräch zurück. In seinen „Erinnerungen“ beschreibt er die Situation bei den Verhandlungen im September  folgendermaßen: Die Sorge vor Rotchina klang bei den Gesprächen deutlich durch. [. . . ] Chruschtschow kam wieder auf Rotchina zu sprechen. Er bezeichnete Rotchina als das größte Problem. „Stellen Sie sich vor, Rotchina hat jetzt schon über sechshundert Millionen Menschen. Jährlich kommen noch zwölf Millionen hinzu. Alles Leute, die von einer Handvoll Reis leben. Was soll“, und dabei schlug er die Hände zusammen, „was soll daraus werden?“ Ich dachte mir: Lieber Freund, du wirst eines Tages ganz zufrieden sein, wenn du im Westen keine Truppen mehr zu unterhalten brauchst! Chruschtschow sagte ziemlich unvermittelt: „Wir können diese Aufgaben lösen! Aber es ist sehr schwer. Darum bitte ich Sie, helfen Sie uns. Helfen sie uns, mit Rotchina fertigzuwerden!“

Offiziell kam während der Moskauer Verhandlungen  das Thema China nicht zur Sprache, was durch die Gesprächsprotokolle belegt ist. Somit können in der Gesamtheit der Überzeugungen Konrad Adenauers bezüglich der Sowjetunion sowohl scharfsinnige, nüchterne Bewertungen als auch affektive Vorurteile hervorgehoben werden. In seinen Ansichten war die Vorstellung von der kriegerischen asiatischen Großmacht und der rationalen, nicht auf einen bewaffneten Konflikt zielenden sowjetischen Politik ebenso zu finden wie die von der Diskrepanz zwischen der militärischen und der wirtschaftlichen Stärke der Sowjetunion und der Unvermeidbarkeit des globalen Konflikts zwischen den zwei kommunistischen expansionistischen Kolossen UdSSR und China, und andere. Im Großen und Ganzen betrachtete Adenauer die UdSSR nicht als gleichberechtigte Großmacht, die im Rahmen des herrschenden internationalen Kräfteverhältnisses nach Anerkennung strebte. Eine Entspannung im Kalten Krieg konnte seiner Meinung nach nicht durch gegenseitige Zugeständnisse erreicht werden, sondern dadurch, dass die UdSSR ihre Positionen aufgab und auf eine Expansion nach Westen verzichtete. Die Voraussetzungen für die Einstellung der sowjetischen Offensivpolitik sah Konrad Adenauer in der Notwendigkeit, die inneren Probleme zu lösen sowie in den wachsenden Differenzen mit China. Das Sowjetunionbild Willy Brandts war widersprüchlicher und nicht so eindeutig. Erstens verlief seine Sozialisation in der Weimarer Republik und in der Emigration in einem vollkommen anderen Informationsumfeld als bei Adenauer, da er jeglichen, auch nur potenziellen Einfluss zuerst der Kaiser- und dann der NS-Propaganda vermeiden konnte.  

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Konrad Adenauer: Erinnerungen –. . Aufl. Stuttgart , S.  f. Andrej V. Zagorskij (otv. red.):Vizit Kanclera Adenau˙era v Moskvu – sentjabrja  g. Dokumenty i materialy. Moskva . Niedhart, Altmann, Zwischen Beurteilung und Verurteilung, S. ; siehe auch: Normen Altmann: Konrad Adenauer im Kalten Krieg. Wahrnehmungen und Politik –. Mannheim , S.  f.

Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt

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Zweitens, und das ist wichtiger, war er ein Linker. Das heißt nicht, dass er ein Bewunderer der Sowjetunion war. Doch die Grundlagen der kommunistischen Ideologie, die sich auf den Marxismus stützte, schienen ihm nicht so zutiefst fremd, wie dies bei Adenauer der Fall war. Die Oktoberrevolution in Russland war für Brandt nicht per se schlecht. Das Problem habe darin bestanden, dass die Sowjetunion danach einen falschen, eigenen Weg einschlagen habe, der nichts Gemeinsames mit dem Marxismus hatte. Von  bis  war Brandt Mitglied in der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), der linkssozialistischen Arbeiterpartei. Dies war eine ziemlich radikale politische Vereinigung, die die meisten regierenden bürgerlichen Parteien als rückschrittlich, imperialistisch oder faschistisch betrachtete und auf eine Machtergreifung durch das Proletariat setzte. Wie man sieht, ist die Ähnlichkeit mit den sowjetischen Bolschewiken auf der Ebene der grundlegenden Plattform und Versprechungen groß. Brandts eigene Einstellung gegenüber der UdSSR bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kann als eine Mischung zwischen Verteidigung und Kritik interpretiert werden. Anfänglich betrachtete Brandt die Sowjetunion insgesamt als Staat des siegreichen Proletariats, der sich in einem Aufbauprozess befindet und seinen Weg sucht. So hob Brandt in seinem Abschlussaufsatz im Gymnasium die Erfolge der UdSSR beim Aufbau einer industriellen Gesellschaft hervor, während Missgünstige ihr schon lange das Scheitern vorhersagten. Mit der Zeit änderte sich seine Einstellung. Brandt hatte als Korrespondent über den Bürgerkrieg in Spanien berichtet. Seine persönlichen Sympathien waren auf der Seite der Republikaner, insbesondere unterstützte er die Arbeiterpartei der Marxistischen Einheit (POUM), die breite Verbindungen zu seiner eigenen Partei SAP hatte, Aus den spanischen Ereignissen nahm Brandt zweierlei Erfahrungen mit. Einerseits war ihm bewusst, dass ohne Hilfe und direkte Beteiligung der Sowjetunion ein Widerstand gegen das faschistische Regime in Spanien nicht möglich sei. Andererseits erfasste er nach und nach die Ziele und Methoden der Stalin‘schen Politik. In Spanien wurde er Zeuge, wie die ihm nahestehende POUM Verfolgungen seitens der Kommunistischen Partei Spaniens ausgesetzt war, hinter der wiederum Stalin stand. Letztendlich wurde die POUM von der kommunistischen Partei Spaniens praktisch vernichtet. Dabei hatten beide Parteien eine ähnliche Plattform, waren Gegner Francos und hätten gemeinsam agieren sollen. Brandt selbst gelang es, rechtzeitig auszureisen. Er entging daher der Gefahr, festgenommen zu werden. Nicht einverstanden mit einer solchen Politik, die nicht davor zurückscheute, im Kampf um die Macht die alten Verbündeten physisch zu beseitigen, schrieb Brandt in der „Marxistischen Tribüne“: „Spanien ist in einer Entwicklung zur kommunistischen Parteidiktatur.“ Insgesamt machte sich bei Brandt nach und nach Enttäuschung über die Sowjetunion breit. Der Molotov-Ribbentrop-Pakt von  wurde für Brandt zu einem wichtigen 

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Rainer Behring: Normalisierung auf Umwegen. Polen in den politischen Konzeptionen Willy Brandts –. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –. Brandts Abituraufsatz. In: Helga Grebing, Heinrich A. Winkler, Gregor Schöllgen (Hrsg.): Berliner Ausgabe. Willy Brandt. Bd. : Hitler ist nicht Deutschland. Jugend in Lübeck – Exil in Norwegen, –. Bonn , S. . Peter Merseburger: Willy Brandt –. Visionär und Realist. München , S. –. Willy Brandt: Draußen. Schriften während der Emigration. Hrsg. v. Günter Struve. München , S. .

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Wendepunkt. Die Sowjetunion hatte mit Hitler eine Aufteilung von Gebieten und Einflusssphären in Osteuropa vereinbart. Nach diesem Ereignis schrieb Brandt, dass die Politik der UdSSR jetzt nur der Stärkung der reaktionären, antisozialistischen und antiproletarischen Kräfte in der Welt diene. Er sprach von der Degenerierung des Marxismus. Willi Brandt stellte immer wieder die Sozialdemokratie dem Sowjetkommunismus gegenüber. Somit wurde sein Sowjetunionbild stark vom Antikommunismus als Ablehnung des existierenden sowjetischen Staats- und Gesellschaftsmodells beeinflusst. Brandt selbst schrieb: Sozialismus ist mehr als die Übernahme der Produktionsmittel durch den Staat. [. . . ] Aber das setzt voraus, daß immer breitere Schichten des Volkes Mitbestimmungsrechte über das Produktionsleben erhalten und ebenso über die Aneignung der produzierten Werte. Sozialismus läuft auf wirtschaftliche Demokratie hinaus. Sozialismus ist ohne Freiheit und Demokratie nicht möglich. In der Sowjet-Union hat man jedoch gesehen, daß die Diktatur in all den späteren Jahren verschärft worden ist. Einschränkungen der demokratischen Rechte, die zunächst als etwas Vorläufiges gedacht waren, wurden aufrechterhalten, erweitert und erstarrten zu einer bürokratischen Diktatur.

All diese Anschauungen Brandts führten allerdings nicht zu affektiven emotionalen Vorurteilen wie bei Adenauer, zum Beispiel „Asien steht an der Elbe“ und ähnliches. Das politische Denken Brandts war kosmopolitisch und offener – das sowjetische Modell rief heftige Kritik hervor, wurde aber dennoch als Realität des Zeitalters akzeptiert, als ein möglicher Weg der zeitgenössischen Entwicklung. Ein sehr wichtiger Punkt im Konzept von Brandts Ostpolitik war die in unterschiedlichen Abschnitten seiner politischen Karriere vorhandene Überzeugung, dass sich die Sowjetunion und die anderen Staaten des Ostblocks verändern und im Inneren in Richtung Demokratie entwickeln konnten und mussten. Brandt bezeichnete dies als Transformation. Und er hatte recht. Und noch anderer wichtiger Punkt, in dem er sich von Adenauer unterschied – nach Brandts Überzeugung hatte die Sowjetunion im Kräfteverhältnis der Nachkriegszeit ihren festen Platz; er hatte die Interessen der Sowjetunion im Blick, genauer, er hielt eine künftige Weltordnung ohne Berücksichtigung der Interessen der UdSSR nicht für möglich. Vereinfacht kann man sagen, Adenauer dachte, die Sowjetunion werde abtreten, der Westen müsse lediglich stark sein und abwarten. Brandt dagegen war der Ansicht, dass die Positionen und Interessen der Sowjetunion eine objektive Realität seien, dass man mit der Sowjetunion arbeiten, zusammenarbeiten müsse – und zwar hier und jetzt – um positive Veränderungen für den Westen zu erreichen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Brandt auf die deutsche innenpolitische Bühne zurück. Nach und nach ging der Politiker Brandt zusammen mit seiner Partei, der SPD, von der marxistischen auf die bürgerliche Plattform über. Es kam zu einer weiteren   

Brandt, Draußen, S. –. Ebd., S.  f. Willy Brandt: Die Friedensziele der demokratischen Sozialisten. In: Helga Grebing, Heinrich A. Winkler, Gregor Schöllgen (Hrsg.): Berliner Ausgabe. Willy Brandt. Bd. : Zwei Vaterländer. Deutsch-Norweger im schwedischen Exil – Rückkehr nach Deutschland, –. Bonn , S.  f.

Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt

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Transformation seiner Ansichten in Bezug auf die Sowjetunion. Schon die Blockade Berlins hatte gezeigt, wer Freund und Verbündeter (die Länder des Westens) und wer Bedrohung und Gegner (die Sowjetunion) war. Brandt wurde zum Anhänger der Westintegration der BRD, zum Gegner des totalitären und terroristischen (wie er meinte) Stalin’schen Kommunismus, aber nicht zum Befürworter einer Abgrenzung vom Osten. Brandt verlor die gesamteuropäische Perspektive nie aus den Augen. Schon seit Ende der er-Jahre entwickelte er die Idee, dass die westlichen Demokratien im ideologischen Konflikt mit dem Kommunismus nicht nur defensiv auftreten sollten, sondern auch offensiv – mit friedlichen Mitteln. Brandt hoffte auf die Entstehung antisowjetischer freier Kräfte in der UdSSR, wozu das Beispiel und die Aktivitäten des Westens beitragen sollten. Gegenüber dem Marionettenregime der DDR empfand Brand zunächst Verachtung und unterstützte den Anspruch der BRD auf die alleinige Vertretung der Deutschen. In einem seiner Schreiben benutzte er die Formulierung „der Iwan und sein Ulbricht“. – kam es in der Welt zu einer ersten Verbesserung in den Ost-West-Beziehungen, die durch eine ganze Reihe von Ereignissen gekennzeichnet war, darunter die Vier-Mächte-Konferenz in Genf und die Vereinbarung zum Status Österreichs. Zum ersten Mal wurde begonnen, über Entspannung zu sprechen. Adenauer glaubte bekanntlich nicht besonders an solche Tendenzen. Ganz anders Brandt. Als Chruščev auf dem . Parteitag der KPdSU neben der Entstalinisierung die Losung von der „friedlichen Koexistenz“ ausrief, fand Brandt, dass der Westen den Vorschlag eines friedlichen wirtschaftlichen und politischen Wettbewerbs mit der UdSSR annehmen sollte; damals sah er in diesen Prozessen die ersten Anzeichen einer demokratischen Transformation des sowjetischen Sozialismus. Unter „friedlicher Koexistenz“ verstand Brandt ein aktives, offensives Konzept des Westens, das auch die Veränderung des derzeitigen Status quo zugunsten des Westens implizierte, allerdings nur mit friedlichen Mitteln, im Rahmen eines Dialogs und im Zusammenwirken mit dem Osten. Brandt hatte keinen Zweifel daran, dass der Westen aus dem Kalten Krieg letztendlich als Sieger hervorgehen würde. Seine Überzeugung fußte auf derselben Magnettheorie (der Anziehungskraft des demokratischen Westens auf die Bevölkerung des totalitären Ostens) wie auch bei Adenauer. Allerdings waren die Wege zur Umsetzung vollkommen unterschiedlich. Adenauer strebte die Isolierung der Sowjetunion an, während Brandt für eine Intensivierung der Kontakte eintrat. Die Unterdrückung der Aufstände in der DDR  und in Ungarn  festigte Brandt in seiner Überzeugung, dass es zum Konzept der friedlichen Koexistenz der Systeme keine Alternative gab. Bezüglich des Arbeiteraufstandes in der DDR sagte Brandt später: „Wenn ich an den . Juni  denke, überkommt mich ein Gefühl der Scham.“ Die Bewegung wurde brutal unterdrückt, es gab Tote, und der Westen konnte nichts ma-

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Wolfgang Schmidt: Willy Brandts Ost- und Deutschlandpolitik. In: Bernd Rother (Hrsg.): Willy Brandts Außenpolitik. Wiesbaden , S. –. Archiv der sozialen Demokratie (künftig: AdsD), Willy-Brandt-Archiv, A , . Wolfgang Schmidt: Die Wurzeln der Entspannung. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte  (), S. –. AdsD, Willy-Brandt-Archiv, A , .

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chen. Daher wollte Brandt den Menschen im Osten keine leeren Versprechungen mehr machen und Hilfe zusagen, die nicht geleistet werden konnte. Somit war Brandt schon in den Anfangstagen seiner politischen Karriere in der BRD, als Abgeordneter und Bürgermeister, der Meinung, dass die Beziehungen zum Osten normalisiert und intensiviert werden müssten. Er war mit der bestehenden Situation nicht zufrieden.  sagte er: Die deutsche Außenpolitik steht seit  auf einem Bein. [. . . ] Aber da lauert nun die andere Aufgabe, nicht im Gegensatz dazu und nicht im Sinne einer Schaukelpolitik, [. . . ], sondern gestützt auf die Freundschaft mit dem Westen und jeden Schritt abgesprochen mit unseren westlichen Freunden, doch auch das andere Bein – und das heißt Ostpolitik – herunterzusetzen.

Das wichtigste Datum für den Beginn der neuen Ostpolitik war der . August  – der Bau der Berliner Mauer. Noch vor deren Errichtung sah Brandt die Voraussetzungen für die Überwindung der Spaltung Deutschlands anders als der Bundeskanzler. Adenauer nannte die Lösung der deutschen Frage als eine der Bedingungen für eine wirkliche Entspannung, seine Formel lautete: „Entspannung durch Wiedervereinigung“. Brandt jedoch drehte die Reihenfolge um: „Wiedervereinigung durch Entspannung“. Er erklärte, dass die Mauer im Zuge globalerer Prozesse überwunden werden könne. Der Bau der Mauer zog einen Schlussstrich unter die bisherige Politik und ermöglichte die endgültige Herausbildung und Konzeptualisierung von Brandts Überzeugungen. Später sagte er selbst: „Was man meine Ostpolitik genannt hat, wurde vor diesem Hintergrund geformt.“ Mit dem Bau der Mauer wurden die Hoffnungen, aber auch die unterschiedlichen Pläne und Konzepte einer baldigen Wiedervereinigung Makulatur. Die Erwartung, dass das DDR-Regime in absehbarer Zeit fallen würde, worauf Adenauer mit seiner „Politik der Stärke“ gebaut hatte, blieb ebenfalls unerfüllt. Wie Brandt es bildhaft ausdrückte, ging der Vorhang hoch – und die Bühne war leer. Der Bau der Berliner Mauer symbolisierte das Scheitern der Ost- und Deutschlandpolitik Adenauers, kostete ihn Stimmen bei den Wahlen und beschleunigte das Ende seiner Regierungszeit. Die neue Ostpolitik musste insgesamt auf die friedliche Koexistenz beider deutscher Staaten und beider rivalisierender Systeme ausgerichtet sein. Auf der innenpolitischen Bühne der beginnenden er-Jahre legte Brandt seine Ansichten in einer Rede in der Evangelischen Akademie Tutzing () dar. Er erklärte, dass es, um die Frage der Wiedervereinigung zu lösen, einer Verminderung der Spannungen zwischen Ost und West bedürfe, dass eine wirkliche Entspannung unbedingt erforderlich sei und dass die BRD ihren Beitrag dazu leisten müsse. Er griff auf die in Harvard geäußerten Ideen zurück und stützte sich auf die „Friedensstrategie“ Kennedys. Ein separater Vortrag, der großes Aufsehen erregte, wurde in Tutzing von Egon Bahr gehalten. Er bezeichnete die Wiedervereinigung als einen Prozess mit vielen Schritten und Stationen. Die Voraussetzungen dafür könnten nur zusammen mit der Sowjetunion geschaffen wer  

AdsD, Willy-Brandt-Archiv, A , . Willy Brandt: Begegnungen und Einsichten. Die Jahre –. Hamburg , S. . Ebd.

Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt

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den. Die DDR solle mit Zustimmung der UdSSR transformiert werden und die BRD solle die Entwicklung des innerdeutschen Handels sowie die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung in materieller und menschlicher Hinsicht in Ostdeutschland unterstützen. Diese Politik charakterisierte Bahr mit dem berühmten Satz: „Wandel durch Annäherung“. Diese kurze Formel stieß seinerzeit bei der Gegenseite auf breite Kritik; später wurde sie berühmt als Postulat, Devise und Strategie der neuen Ostpolitik. Die Politik der „kleinen Schritte“ wurde zur Taktik erklärt: Die Verbesserungen sollten allmählich, stufenweise, Schritt für Schritt erreicht werden. Als Bürgermeister schritt Brandt gleich zur Tat und traf mit den Behörden der DDR erste Vereinbarungen über Passierscheine, die den Durchlass zwischen dem Ost- und Westteil der durch die Mauer geteilten Stadt Berlin regelten. Archivquellen belegen, wie konsequent Brandt und Bahr, der andere Architekt der neuen Ostpolitik, seit Anfang der er-Jahre den strategischen Kurs des „Wandels durch Annäherung“ mittels der Taktik der „kleinen Schritte“ umzusetzen begannen: Der Bürgermeister und sein Vertrauensmann diskutierten in diesen für die bilateralen Beziehungen schwierigen Zeiten nicht über den strittigen Status Westberlins, sondern über konkrete Schritte in den Bereichen Kultur und Sport, die Spannungen verringern und zumindest irgendeinen fruchtbaren Dialog hervorbringen konnten. Dabei beschränkten sich Brandts Kontakte nicht auf die offiziellen sowjetischen Funktionäre (den Botschafter der UdSSR in der DDR, Petr Abrasimov, und andere): In den er-Jahren lernte er z. B. Mstislav Rostropovič kennen und blieb weiterhin mit ihm im Kontakt, was davon zeugt, dass sein Sowjetunionbild vielfältig und unter anderem von positiven kulturellen Aspekten geprägt war. Wie bereits erwähnt, interessierte sich Brandt stets lebhaft für die sich in der UdSSR vollziehenden Prozesse, aber auch für die Meinungen von Menschen, die das Land der Sowjets besucht hatten. In einem Schreiben dankte der Bürgermeister von Westberlin einem Autor für die Zusendung seines Reiseberichts „Russland heute“, der bei ihm auf großes Interesse gestoßen sei. Der Verfasser beschrieb darin seine Eindrücke von einem Besuch der UdSSR. Nach seiner Aussage pulsiere in Moskau nachts das Leben, es seien viele Frauen auf den Straßen. Der Autor war überzeugt von der Notwendigkeit eines geistigen und materiellen Zusammenwirkens (Austauschs) mit Russland. Die Kirchen seien offen, die Einwohner des Landes stolz auf ihre Geschichte, wobei der russische Ursprung stärker hervortrete als der sowjetische. Leningrad sei ein herausragendes Zeugnis der europäischen Kultur. Wer durch die Eremitage gehe, dem werde bewusst, dass Europa nicht an der Oder-Neiße-Linie ende. Der Autor kommt zum Schluss, dass noch viel Zeit notwendig sei, damit Russland und Europa einander näherkommen würden; die Deutschen bräuchten viel Geduld. Im Unterschied zum Buch Friedes handelte es sich hier um die Meinung eines Augenzeugen. Somit unterschieden sich Brandts Informationsquellen über die UdSSR qualitativ von denjenigen, die Adenauer verwendete.

   

Schmidt, Willy Brandts Ost- und Deutschlandpolitik, S.  f. AdsD, Willy-Brandt-Archiv, A , . Ebd., A , . H. Zellermayer: Russland heute. Versuch eines Bildes vom Leben in der UdSSR. Berlin .



Aleksei Sorokin

Von  bis  war Brandt Außenminister und Vizekanzler in der Großen Koalition von CDU und SPD und konnte auf der zwischenstaatlichen Ebene den praktischen Versuch unternehmen, seine Anschauungen zu realisieren. Als Außenminister versuchte er, die „Politik der kleinen Schritte“ gegenüber den Ländern des Ostblocks umzusetzen. Hatte die Große Koalition innenpolitisch eine Reihe von Erfolgen zu verzeichnen, so konnte sie in der Ostpolitik aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten kaum vorankommen. Dennoch gelang es Brandt, eine Reihe von Zwischenergebnissen zu erreichen: die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Rumänien und Jugoslawien, Abschluss eines Vertrags über den Austausch von Handelsmissionen mit der Tschechoslowakei, rege Konsultationen zum Abschluss eines Vertrags über Gewaltverzicht und zu anderen Fragen mit der Sowjetunion. Es wurden Verhandlungen mit Polen aufgenommen. Die Niederschlagung des Prager Aufstands  stoppte die Annäherung. Insgesamt geriet die Außenpolitik der Großen Koalition allmählich in eine Sackgasse, in eine Phase der Stagnation. Die östliche Seite, vertreten durch die UdSSR und die anderen Ostblockländer, verlangte die Anerkennung der Nachkriegsgrenzen, der DDR und des Status Westberlins, sowie einen Atomwaffenverzicht. Die SPD und Brandt waren zu Verhandlungen bereit, die Koalitionspartner – die CDU und Kurt Georg Kiesinger – jedoch nicht. Vor dem Hintergrund der großen Politik verlor Brandt nie die Perspektiven des einzelnen, „kleinen“ Mannes aus den Augen und versuchte nach Kräften, neben den zwischenstaatlichen, auch die Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen zu fördern.  wandte sich Brandt persönlich in einem Schreiben an seinen alten Bekannten Abrasimov mit der Bitte, sich in Moskau für die Ausreise einer Sowjetbürgerin einzusetzen, um die Zusammenführung mit ihrem Mann, Professor an einer bundesdeutschen Universität, zu ermöglichen.  änderte sich die Situation grundlegend: Die SPD gelangte zum ersten Mal nach dem Krieg an die Macht, Willy Brandt wurde Bundeskanzler und machte sich daran, sein Konzept der Ostpolitik zu realisieren. Die juristische Grundlage für diese neue Etappe in den gegenseitigen Beziehungen wurde durch den Moskauer Vertrag von  gelegt, dessen Unterzeichnung langwierige Verhandlungen zweier Vertrauensleute vorangegangen waren: Egon Bahr und Andrej Gromyko. Als Höhepunkt der Entspannung der bilateralen Beziehungen und zugleich als Symbol der Gestaltung persönlicher Diplomatie kann das dreitägige Treffen von Brandt und Leonid Brežnev in Oreanda (Krim)  bezeichnet werden. Legendär wurde diese Begegnung wegen ihres informellen Charakters. Wie sich Egon Bahr erinnerte: „Der Abbau von Vorurteilen und Feindbildern, gegenseitig, war mit Händen zu greifen.“  folgte der Besuch Brežnevs in Bonn. Neben den Staats- und Regierungschefs waren an den bilateralen Verhandlungen eine große Anzahl von Vertretern der Fachministerien und der Wirtschaft beteiligt; die deutschen Quellen lassen ein großes Interesse der sowjetischen Seite an der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erkennen. So war z. B. das



 

Manfred Görtemaker: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a. M. , S. –. AdsD, Willy-Brandt-Archiv, A , . Egon Bahr: Zu meiner Zeit. München , S. .

Das Sowjetunionbild der Bundeskanzler Adenauer und Brandt

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Ergebnis der Verhandlungen Bahrs mit dem Minister für chemische Industrie der UdSSR eine Vereinbarung über die Lieferung von sowjetischen Produkten in die Bundesrepublik Deutschland sowie über die Förderung direkter Kontakte zwischen den Unternehmen. Brandt seinerseits traf sich mehrfach persönlich mit den Vertretern der deutschen Wirtschaft, um die Perspektiven der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Sowjetunion zu erörtern. Das politische Erbe der Bundeskanzler Adenauer und Brandt ist äußerst umfangreich und vielschichtig. Adenauer ist der „Gründungsvater“ des deutschen Staates; seine wichtigsten Leistungen liegen im Bereich der West- und Integrationspolitik, die die Grundrichtung für die anschließende erfolgreiche Entwicklung der BRD vorgab. Der Antikommunismus spielte dabei seine anwendungsspezifische Rolle. Die strategische Annäherung an den Osten, der beginnende Umdenkprozess in Bezug auf negative Stereotype und eindeutige Feindbilder – all dies gehört zweifellos zu den Verdiensten der „neuen Ostpolitik“ Brandts, der die Außenpolitik seines Landes „auf beide Beine“ stellte und einen unschätzbaren Beitrag für die Entwicklung der heutigen deutsch-russischen Beziehungen leistete.

 

AdsD, Egon-Bahr-Archiv, /EBAA, . AdsD, Willy-Brandt-Archiv, A , .

Alexander Friedman West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“. Die Stasi, der KGB und die jüdisch-sowjetische Community in West-Berlin in den erund er-Jahren Ende September  berichtete das Hamburger Periodikum „Der Spiegel“ über die sowjetische Tragikomödie „Mimino“ () des Regisseurs Georgij Danelija und wies dabei insbesondere auf die in West-Berlin gedrehten Szenen hin: [. . . ] der West-Berliner Flughafen Tegel [wurde] als Routine-Landeplatz des sowjetischen Überschallflugzeugs TU  vorgestellt, obwohl die Russen West-Berlin nicht anfliegen; überdies figurierte das West-Berliner Europa-Center als bevorzugtes Shoppingziel der nach Westen fliegenden „Aeroflot“-Besatzungen [. . . ].

Die erwähnten West-Berliner Szenen gehören zu den bekanntesten Episoden des sowjetischen Kultfilms: Im Europa-Center kauft der von Vachtang Kikabidze meisterhaft gespielte georgische Fernflugpilot Valentin Mizandari mit dem Spitznamen Mimino (Habicht) ein Krokodil-Spielzeug für den kleinen Sohn seines armenischen Freundes Ruben Chačikjan. Anschließend begibt sich Mizandari in einen Call-Shop, um diese erfreuliche Nachricht Chačikjan mitzuteilen. Da die Verbindung nach Diližan (Chačikjans Wohnort in Armenien) nicht hergestellt werden kann, möchte der Pilot mit einem Bekannten in seiner georgischen Heimatstadt Telavi sprechen. Die Telefonistin verwechselt aber Telavi mit der israelischen Metropole Tel Aviv und verbindet Mimino mit dem aus der UdSSR nach Israel ausgewanderten georgischen Juden Isaak. Die beiden unterhalten sich über Georgien, wobei Mimino ein georgisches Lied singt, währenddessen der von Nostalgie geplagte Israeli in Tränen ausbricht. Der Regisseur Danelija konnte dieses sentimentale Gespräch gegen die rigorose sowjetische Filmzensur verteidigen, die das scheinbar harmlose Telefonat mit Tel Aviv aus dem Film unbedingt entfernen wollte. Warum? Nach dem israelisch-arabischen Sechstagekrieg () brach Moskau die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab, unterstützte im  

Zukunftsträume. In: Der Spiegel , H. , S. . Zu diesem Film siehe Alexander Friedman: Georgische Juden im Gelobten Land: Georgij Danelijas Spielfilme Mimino () und Passport (). In: Ders., Frank Jacob (Hrsg.): Russische und sowjetische Geschichte im Film. Von bolschewistischen Revolutionären, antifaschistischen Widerstandskämpfern, jüdischen Emigranten und „Kalten Kriegern“. New York , S. –.

https://doi.org/./-

West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“



Nahostkonflikt die arabische Seite, schränkte die jüdische Auswanderung aus der UdSSR drastisch ein und entfesselte eine radikale antiisraelische (antizionistische), stark antisemitisch geprägte Propagandakampagne. Das emotionale Gespräch zwischen Mimino und Isaak widersprach dem aggressiven Grundton des offiziellen sowjetischen Israel-Diskurses. Einige weitere Aspekte verliehen der erwähnten Filmszene eine zusätzliche Brisanz, die aber wohl nur den ausgewiesenen West-Berlin- und Israel-Experten aus der KGB-Zentrale auf dem Moskauer Lubjanka-Platz bewusst war: Das sowjetische Komitee für Staatsicherheit (KGB) und das DDR-Ministerium für Staatsicherheit (MfS) hielten West-Berlin und insbesondere das Europa-Center für ein besonders „gefährliches Pflaster“. Nach den Erkenntnissen sowjetischer und ostdeutscher „Tschekisten“ habe sich West-Berlin bereits in der zweiten Hälfte der er-Jahre zu einem wichtigen „Stützpunkt“ des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad und diverser antisowjetischer „zionistischer Organisationen“ Westeuropas entwickelt. Man ging davon aus, dass israelische Geheimdienstler im . Stock des Europa-Centers unter dem Deckmantel der West-Berliner Niederlassung der israelischen Fluggesellschaft EL AL arbeiteten, vor allem in West-Berlin ansässige jüdische Emigranten aus der UdSSR für ihre „subversiven Aktionen“ gegen die Sowjetunion, die DDR und weitere sozialistische Staaten missbrauchen würden und auch Gäste aus der Sowjetunion auf ihrem Schirm hätten. Als potenziell gefährlich galten auch westeuropäische Telefonistinnen, die der Mossad gezielt anwerben würde. Nach dieser Logik hätte die attraktive blonde Telefonistin aus dem Call-Shop im West-Berliner Europa-Center durchaus eine Mossad-Mitarbeiterin sein können, die dem sowjetischen Piloten absichtlich eine „israelische Falle“ zu stellen versuchte. Während das jüdische Leben in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR während des „Kalten Krieges“ sowie die jüdische Zuwanderung aus der ehemaligen UdSSR nach Deutschland nach dem Zusammenbruch des Kommunismus inzwischen eingehend erforscht sind, bleibt die Geschichte der in den er- und er-Jahren entstandenen jüdisch-sowjetischen Community in West-Berlin weiterhin ein Desiderat der Forschung. Am . Januar  schrieb die „Süddeutsche Zeitung“, dass West-Berlin zu einem „Geheimtipp für jüdische Emigranten“ aus der UdSSR geworden sei. Warum ließen sich Tausende sowjetischer Juden wenige Jahrzehnte nach dem Holocaust ausgerechnet in einer Stadt nieder, die in der sowjetischen Propaganda als eine Hochburg des westdeutschen „Revanchismus“, „Antisemitismus“ und „Neofaschismus“ charakterisiert wurde? Wie entwickelte sich die jüdisch-sowjetische Community in West-Berlin in den erund er-Jahren und wie wurde sie in sowjetischen Publikationen dargestellt? Welche









HA II: Zu Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste (. Mai ). Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (künftig: BStU), MfS, HA II, Nr. , Fol. . Jurij M. Klimov: Antivoennoe dviženie pod pricelom specslužb. Terror na službe imperializma SŠA. Moskva , S.  ff. Zit. nach: Irene Runge: Vom Kommen und Bleiben. Osteuropäische jüdische Einwanderer in Berlin. Berlin , S. . Michail S. Voslenskij: „Vostočnaja“ politika FRG. Moskva , S. .

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Alexander Friedman

Methoden wandten der KGB und die Stasi in ihrer Arbeit im sowjetisch-jüdischen Milieu an? Diese und weitere Fragen werden im Rahmen der vorliegenden Studie beantwortet. In diesem Beitrag werden sowjetische Publikationen und in erster Linie ostdeutsche, sowjetische und tschechoslowakische Geheimdienstakten aus der Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen (BStU) ausgewertet. Vermitteln aber diese Quellen ein realitätsnahes Bild der jüdisch-sowjetischen Community in West-Berlin oder spiegeln sie lediglich diverse Feindbilder des „Kalten Krieges“ wider? Um diese zentrale Frage zu beantworten, werden Erinnerungen von Zeitzeugen und westdeutsche Pressepublikationen analysiert.

Sowjetische Juden in West-Berlin Ende April  informierte die tschechoslowakische Staatsicherheit (Státní bezpečnost, StB) ihre ostdeutschen Kollegen über die Ende Februar  stattgefundenen Gespräche zwischen dem US-Präsidenten Ronald Reagan und den israelischen Oberrabbinern Shlomo Goren und Ovadia Yosef. Die Oberrabbiner hätten die vom Kreml vorangetriebene Einschränkung der jüdischen Auswanderung verurteilt und sich für die Einrichtung einer direkten Flugverbindung zwischen Israel und der UdSSR ausgesprochen, die von den Emigranten genutzt werden und somit die aus israelischer Sicht unerwünschten Zwischenstationen in Wien bzw. Rom überflüssig machen solle. Die Meldung aus Prag war ungenau und fehlerhaft: Am . Februar  wurden Rabbi Ovadia Yosef, seine Gattin Margalit und sein jüngster Sohn Moshe Yosef sowie der Dolmetscher, Rabbi Yaakov Pollack, von Reagan im Weißen Haus empfangen. Hingegen nahm Rabbi Goren an diesem Treffen nicht teil. Die US-Nachrichtenagentur UPI betonte am . Februar, dass Rabbi Yosef „Israels großen Freund“ Ronald Reagan darum gebeten habe, sich für die Juden in der arabischen Welt, in der Sowjetunion und in Äthiopien einzusetzen. Da es sich bei diesem Treffen zwischen Reagan und Yosef lediglich um einen „Fünf-Minuten-Fototermin“ handelte, ist es kaum vorstellbar, dass der aus Bagdad stammende sephardische Oberrabbiner diese kostbare Zeit dafür nutzte, um die Modalitäten der Auswanderung ihm kulturell und sprachlich fremder, säkular geprägter, hauptsächlich aschkenasischer Juden aus der UdSSR zu besprechen. Obwohl die StB-Informationen über das Reagan-Yosef-Treffen fragwürdig sind, erscheint das in Prag hervorgehobene Interesse Israels an der erst in den frühen er-Jahren eingerichteten direkten Flugverbindung zwischen Moskau und Tel Aviv einleuchtend, wenn man die ambivalente Geschichte des jüdischen Exodus aus der Sowjetunion näher betrachtet. Unter massivem internationalem (vor allem amerikanischem) Druck bewilligte der Kreml zwischen  und  die politisch, wirtschaftlich, kulturell und religiös mo





Abteilung X: Information der Sicherheitsorgane der ČSSR über die Aktivitäten der Zionistischen Weltorganisation zur Verstärkung der Übersiedlung der Juden aus den sozialistischen Staaten nach Israel (. April ). BStU, MfS, AS, Nr. /, Fol. . The Daily Dairy of President Ronald Reagan (Feb. , ). URL: https://www. reaganfoundation.org/media//.pdf Rabbi Harav Ovadia Yosef [. . . ]. URL: https://www.upi.com/Archives////RabbiHarav-Ovadia-Yoseph-chief-rabbi-for-millions-of//

West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“

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tivierte Ausreise von etwa . Personen jüdischer Herkunft und nichtjüdischen Mitgliedern ihrer Familien. Da es zwischen Israel und der UdSSR keine direkte Flugverbindung gab, reisten die mit einem israelischen Visum ausgestatteten Auswanderer zunächst nach Wien bzw. Rom und sollten danach ihre Reise nach Israel fortsetzen. In Österreich oder Italien angekommen, änderten aber manche Emigranten ihre Absicht und zogen aus ihrer Sicht wirtschaftlich, sozial und kulturell attraktivere Optionen wie die USA und Westeuropa dem von Kriegen und Terror bedrohten jüdischen Staat vor: Nur  % der zwischen  und  aus der UdSSR ausgewanderten Juden ließen sich tatsächlich in Israel nieder. Nicht wenige sowjetische Juden übersiedelten nach einem kurzen Intermezzo in Israel nach Nordamerika und Westeuropa. Unter den westeuropäischen Ländern übte die wirtschaftlich prosperierende Bundesrepublik Deutschland – und vor allem West-Berlin – eine große Anziehungskraft auf sowjetische Juden aus. Der deutsch-polnisch-sowjetische Jazz-Musiker Adolph (Eddie) Rosner (–) war wohl der berühmteste Sowjetbürger jüdischer Herkunft, der in den frühen erJahren nach West-Berlin kam. Der in Berlin geborene Musiker, der  nach Polen und  in die UdSSR fliehen musste und nach dem Zweiten Weltkrieg sieben Jahre im stalinistischen Gulag verbrachte, durfte  direkt nach West-Berlin ausreisen. Dort traf er in den nächsten Jahren auf zahlreiche Landsleute, die sich eigentlich in Israel niederlassen hätten sollen, aber ihre neue Heimat in West-Berlin gefunden hatten und vom MfS und KGB aufmerksam beobachtet wurden. Die sowjetischen und ostdeutschen „Tschekisten“, die die Situation in West-Berlin besonders intensiv verfolgten, registrierten besorgt die Entstehung und Vergrößerung der jüdisch-sowjetischen Community, die Mitte der er-Jahre aus etwa . Personen bestand , sich zu Beginn des nächsten Jahrzehnts vervierfachte und auch im Laufe der er-Jahre weiterhin wuchs . Die von vielen Emigranten betriebenen illegalen Handelsgeschäfte (Schmuggel zwischen West und Ost) gepaart mit ihren Verwandtschaftsbeziehungen in der UdSSR, ihren häufigen Reisen in den Ostblock (vor allem in die DDR sowie in die Tschechoslowakei und die Sowjetunion) und Kontakten zu sowjetischen Diplomaten und Touristen (in der Bundesrepublik und in der DDR) machten sowjetische Juden in den Augen der Staatsicherheit zu „potentiellen Agenten imperialistischer Geheimdienste“ und somit zu einem beträchtlichen „Risikofaktor“ für die UdSSR und DDR. 

  





Mark Tol’c: Postsovetskaja evrejskaja diaspora: novejšie ocenki. In: Demoskop Weekly , Nr. /. URL: http://demoscope.ru/weekly///tema.php Zu Rosner siehe bspw. Gertrud Pickhan, Maximilian Preisler: Von Hitler vertrieben, von Stalin verfolgt. Der Jazzmusiker Eddie Rosner. Berlin . HA II: Gemeinsamer Operativplan (Nov. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –, hier . HA II: Subversive Aktivitäten ehemaliger Bürger der UdSSR (AKG-Übersicht, . Nov. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol.  f. HA II/Arbeitsgruppe Ausländer: Analyse zum Aufenthalt von UdSSR-Bürgern sowie ehemaligen SU-Bürgern in der DDR (. Apr. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –, hier . HA XX/: Information Verstärkung der Westberliner Jüdischen Gemeinde durch Zuwanderung sowjetischer Juden (. Feb. ). BStU, MfS, HA XX/, Nr. , Fol.  f.; Auskunft über



Alexander Friedman

Das MfS ging diesem „Risikofaktor“ in den er- und er-Jahren auf den Grund und führte die Entstehung der jüdisch-sowjetischen Community in West-Berlin vor allem auf das Zusammenspiel von zwei Faktoren zurück: ) die eher nachsichtige Haltung der West-Berliner Behörden, die die illegale jüdische Einwanderung aufgrund der NS-Verbrechen gegen die Juden stillschweigend akzeptiert und sogar zugewanderte Kriminelle mit „Samthandschuhen“ angefasst hätten; ) die umfassende Unterstützung durch die jüdische Gemeinde von West-Berlin und in erster Linie durch deren langjährigen ersten Vorsitzenden Heinz Galinski (–), der die Zuwanderung junger sowjetischer Juden als eine Chance für die Erneuerung der kleinen jüdischen Gemeinde in West-Berlin betrachtet habe. Die Stasi warf Galinski, den „zionistischen Organisationen“ in WestBerlin und auch dem Mossad vor, die westdeutschen „Schuldgefühle“ für ihre Zwecke instrumentalisiert zu haben. Während die Stasi Galinskis zentrale Rolle zu Recht hervorhob, konstruierte man das überspitzte Bild der von den „Zionisten“ und westlichen Geheimdiensten eingeschüchterten West-Berliner Justiz und Polizei und blendete – wohl von der „zionistischen Vorherrschaft“ in Westdeutschland überzeugt – kontroverse Diskussionen aus, die der Zustrom sowjetischer Juden nach West-Berlin in der Bundesrepublik hervorgerufen hatte. Zwei weitere wesentliche Aspekte, die West-Berlin für manche sowjetische Juden interessant machten, wurden aus ideologischen Gründen nicht beachtet: die wirtschaftliche Attraktivität der Metropole (nicht zuletzt im Hinblick auf die Handelsgeschäfte mit dem Ostblock) und ihre geografische Nähe zur UdSSR, die die Pflege von Kontakten mit Verwandten und Bekannten hinter dem „eisernen Vorhang“ (etwa über die DDR) erleichtern sollte. Um sich einen Überblick über die jüdisch-sowjetische Community in West-Berlin und ihre Aktivitäten zu verschaffen, wertete die Stasi die relevanten westlichen Pressepublikationen aus und griff vor allem auf ihr probates Mittel „Kontaktpersonen“ (KP) und „inoffizielle Mitarbeiter“ (IM) zurück. Zahlreiche Akten der MfS-Hauptabteilung II (Spionageabwehr), denen Berichte von im jüdisch-sowjetischen Umfeld in West- und Ost-Berlin rekrutierten KP und IM zugrunde liegen, zeichnen ein düsteres Bild der von der Außenwelt abgeschotteten und stark von der „russischen Mafia“ geprägten jüdisch-sowjetischen Community in West-Berlin: Der Schmuggel zwischen Ost und West – etwa dubiose Geschäfte mit Kaviar, Jeans, Elektronik, Gold, Ikonen und weiteren Kunstwerken – gelte als







die Spionage- und Wühltätigkeit der israelischen Spezialdienste gegen die Sowjetunion (März ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –; HA II: Gemeinsamer Operativplan (Nov. ); Subversive Aktivitäten ehemaliger Bürger der UdSSR; Zu Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. . Fol. ; HA II/AG Ausländer: Analyse zum Aufenthalt von UdSSR-Bürgern sowie ehemaligen SU-Bürgern in der DDR (. Apr. ). Fol. . HA II: Gemeinsamer Operativplan (Nov. ); HA II: Zur Auswanderung jüdischer Bürger aus der UdSSR und ihren Konzentrationen in der BRD und Westberlin (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol.  f. HA XX/: Information Verstärkung der Westberliner Jüdischen Gemeinde durch Zuwanderung sowjetischer Juden (. Feb. ); HA II: Zur „Jüdischen Gemeinde zu Berlin“ in Westberlin (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol.  f. Runge, Vom Kommen und Bleiben, S. .

West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“

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Hauptbeschäftigung zahlreicher Zuwanderer. Zu den wichtigsten Einnahmequellen der „russischen Mafia“, die sich Anfang der er-Jahre etwa im renommierten Hotel Savoy auf der Fasanenstraße eingenistet habe, zähle man Drogenhandel, Glücksspiel, Prostitution, Erpressung von Schutzgeldern, Hehlerei, Einbruchsdiebstahl, An- und Verkauf von Diebesgut sowie Geld- und Dokumentenfälschung. Die gefälschten Dokumente, mit denen sich jüdische Emigranten in West-Berlin niederlassen könnten, würden in Österreich für etwa .–. US-Dollar angeboten. Bemerkenswert ist, dass jüdische Zeitzeugen in ihren Erinnerungen über deutlich niedrigere Preise für die gefälschten Dokumente berichten: . US-Dollar bzw. . DM. Um die infamen Methoden und die Gefährlichkeit der „russischen Mafia“ zu verdeutlichen, wies die Stasi auf skrupellose Kriminelle hin, die ihre eigenen Landsleute in Österreich und Italien betrügen würden , und betonte, dass einzelne sowjetische Diplomaten in Westdeutschland, deren afrikanische Kollegen in Moskau und Ost-Berlin, sowie ostdeutsche und afrikanische Studenten in der Sowjetunion im Dienste der organisierten Kriminalität stehen würden. Im Kontext der Verschärfung des Ost-West-Konflikts Ende der er- und Anfang der er-Jahre befassten sich der KGB und das MfS mit einem bedrohlichen Szenario der Verquickung der erstarkten „russischen Mafia“ mit dem Mossad und weiteren „imperialistischen Geheimdiensten“. Um die Ziele und Methoden des Mossad in West-Berlin aufzudecken, planten die „Tschekisten“  sogar eine gemeinsame „operative Kombination“, bei der die in West-Berlin ansässige Stasi-IM „Anna“ die Israelis auf einen  geborenen, promovierten jüdischen Chemiker aus Moskau mit Verwandtschaft in WestBerlin aufmerksam machen sollte. 

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 

HA II/AG Ausländer: Berichte über Treffs mit einer UdSSR-Bürgerin (. Aug. ), mit dem inoffiziellen Mitarbeiter „Lette“ (. Apr. ) und einer in Westberlin wohnhaften ehemaligen UdSSR-Bürgerin (. Sept. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –,  f., –; HA II: Zur Auswanderung jüdischer Bürger aus der UdSSR und ihren Konzentrationen in der BRD und Westberlin (. Mai ); Ermittlungen gegnerischer Stellen, Aufstellungen und Stützpunkte, die durch die „Russische Mafia“ genutzt werden; Zur „Russischen Mafia“ (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol.  f.,  f., –. HA II/AG Ausländer: Bericht über Treffs mit dem inoffiziellen Mitarbeiter „Lette“ (. Apr. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. . Ljudmila Duwidowitsch, Volker Dietzel (Hrsg.): Russisch-jüdisches Roulette. Jüdische Emigranten erzählen ihr Leben in der Sowjetunion. Zürich , S. , . HA II/AG Ausländer: Bericht über das dritte Gespräch mit einer UdSSR-Bürgerin (. Aug. ). BStU. MfS, HA II, Nr. , Fol. –, hier ; HA II: Zur „Russischen Mafia“ (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol.  f. HA II/AG Ausländer: Bericht zum Kontaktgespräch mit einer UdSSR-Bürgerin (. Aug. ). BStU, MfS, HA II, Nr. . Fol. –, hier ; HA II: Zur Auswanderung jüdischer Bürger aus der UdSSR und ihren Konzentrationen in der BRD und Westberlin (. Mai ); Erkannte Lieferanten; Zur „Russischen Mafia“ (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol.  f., –; Informationen zu den Personen „Fuchs“ und „Schlange“ (. Aug. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –. HA II: Zur „Russischen Mafia“ (. Mai ). HA II/AG Ausländer: Operative Erfordernisse im Rahmen der vereinbarten Zusammenarbeit mit der II. Hauptverwaltung des KfS (Anlage) (. Feb. ); Information/Anfrage zu aktu-

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Alexander Friedman

Die Frage, ob diese „operative Kombination“ tatsächlich zustande kam, lässt sich nicht beantworten. Die gebürtige Moskauerin „Anna“ erwies sich jedenfalls als eine wichtige Quelle, die das MfS über mehrere Jahre hinweg mit interessanten Informationen aus WestBerlin versorgte: Noch im August  berichtete sie ausführlich über die Geschäftsfrauen „Schlange“ und „Fuchs“. Unter dem Namen „Schlange“ führte die Stasi eine aus Riga stammende Restaurantbesitzerin (Jahrgang ). Als „Fuchs“ war eine weitere ehemalige Rigaerin – eine zwei Jahre jüngere Schmugglerin und Peepshow-Besitzerin – bekannt. Neben „Schlange“ und „Fuchs“ zählte auch „Lama“ (Jahrgang ) zum Rigaer „kriminellen Trio“. Der Fall „Lama“ spiegelt die brisanten Lebenswege sowjetischer Juden in West-Berlin im „Kalten Krieg“ wider und soll deshalb ausführlicher betrachtet werden. In den KGB- und Stasi-Akten erscheint „Lama“ als eine erfahrene Geschäftsfrau, die noch in Riga in das Schmuggelgeschäft eingestiegen sei.  habe sie die unter sowjetischen Schmugglern beliebte lettische Hafenstadt verlassen und sei nach Israel ausgewandert. Kurz danach sei „Lama“ in West-Berlin aufgetaucht, habe einen in der West-Berliner Sexindustrie bekannten polnisch-jüdischen Geschäftsmann und Funktionär der rechten israelischen Partei Cherut (Jahrgang ) geheiratet, ihr eigenes Schmuggelgeschäft zwischen West und Ost ausgebaut und zu diesem Zweck die UdSSR viermal ungehindert besucht. Erst  hätten die Sowjets ihr die Einreise untersagt. Aufgrund ihrer SowjetunionReisen und ihrer Kontakte zu sowjetischen Diplomaten habe „Lama“ in der jüdisch-sowjetischen Community den Ruf einer möglichen „KGB-Agentin“ genossen. Gleichzeitig sei sie ins Blickfeld des Mossad geraten, der sie mit „kompromittierenden Materialien“ für die Mitarbeit zu gewinnen versucht habe. War die Geschichte des Rigaer Trios tatsächlich typisch für die jüdisch-sowjetische Community in West-Berlin, wie es das Stasi- und KGB-Narrativ suggerierte? Westdeutsche Pressepublikationen und Erinnerungen von Zeitzeugen bestätigen, dass manche sowjetische Juden tatsächlich in Schmuggelgeschäfte involviert waren und sich der organisierten Kriminalität angeschlossen hatten. Die vom KGB und von der Stasi de facto betriebene Gleichsetzung der „russischen Mafia“ und der jüdisch-sowjetischen Community soll jedoch relativiert werden. Schwerpunktmäßig auf „Kriminelle“ und „Mossad-

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ellen Erfordernissen der Entwicklung/Weiterführung gemeinsamer politisch-operativer Prozesse zur Bekämpfung des Mißbrauchs operativ-bedeutsamer Rückverbindungen ehemaliger UdSSRBürger jüdischer Nationalität in der BRD und WB durch Geheimdienste Israels und imperial. Staaten (. Feb. ); Information (. Apr. ); Ergebnisse der Beratungen mit der . Abteilung der II. HV des KfS zu geplanten OK/Blickfeldmaßnahmen über den IMB „Anna“ (. Apr. ); Ergebnisse der Beratungen mit der . Abteilung der II. HV des KfS zu geplanten OK/Blickfeldmaßnahmen über den IMB „Anna“ (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –. HA II/AG Ausländer: Information Nr. / zu den Personen „Fuchs“ und „Schlange“. (. Aug. ). HA II: Information zur Person „Lama“ (). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol.  f. Duwidowitsch, Dietzel, Russisch-jüdisches Roulette, S. ; Gilbert J.E. Ich musste mich vom Hass befreien. Eine Jüdin emigriert nach Deutschland. Bern , S.  f. Im Februar  berichtete die West-Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel“ über den Taschendieb und „staatenlosen Russen“ Jurij Gelfeld. BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. .

West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“

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Agenten“ konzentriert und von Feindbildern des „Kalten Krieges“ geprägt, ließen die „Tschekisten“ unbescholtene und unauffällige Zuwanderer meistens außer Acht.

Die DDR als „Sprungbrett in den Westen“ Bei der Beobachtung der jüdisch-sowjetischen Community in West-Berlin stießen das MfS und der KGB auf Kontakte von Emigranten in der DDR. In der ersten Hälfte der er-Jahre bürgerte sich bei der Staatsicherheit in Moskau, Ost-Berlin und Prag die Überzeugung ein, Sowjetbürger/innen (vor allem jüdischer Herkunft) würden die DDR als „Sprungbrett in den Westen“ benutzen. Tatsächlich wanderten insgesamt . in der DDR ansässige Sowjetbürger/innen zwischen  und  in die Bundesrepublik aus. Weitere  Personen waren nach Frankreich, Schweden und in die USA übergesiedelt. Zum Vergleich: Neben sowjetischen Militärangehörigen lebten Anfang  offiziell . Sowjetbürger/innen in der DDR. Im April  schlug die tschechoslowakische StB Alarm. Sie warnte das MfS vor dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde von Ost-Berlin, Peter Kirchner, der von der Zionistischen Weltorganisation die Anweisung erhalten habe, Scheinehen zwischen sowjetischen und ostdeutschen Juden und die Übersiedlung der „Ehepartner“ in die DDR zu organisieren. Für diese „Ehepaare“ sei die DDR als eine Zwischenstation auf dem Weg über West-Berlin nach Israel vorgesehen. Der Hinweis auf den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Kirchner ist überraschend: In Prag hätte man eigentlich wissen (oder zumindest ahnen) können, dass die Stasi den hochrangigen jüdischen Funktionär – ab  IM und ab  IMB (Inoffizieller Mitarbeiter der Abwehr mit Feindverbindung) „Burg“ – längst unter seine Fittiche genommen hatte. Ähnlich wie der Bericht über Yosef und Reagan war sehr wahrscheinlich auch diese Information aus Prag eine Falschmeldung: In der DDR wurden Anfang der er-Jahre keine Ehen zwischen ostdeutschen und sowjetischen Juden geschlossen und sie waren auch nicht geplant. Da aber auch Moskau schwerlich an die „wahre Liebe“ zwischen Ostdeutschen und Sowjets (vor allem Juden) glaubte, musste sich das MfS auf die sorgfältige

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HA II/AG Ausländer: Bericht zu Arbeitsberatungen mit Dienststellen des KfS der UdSSR (. – . März  Moskau) (. März ); Analyse zum Aufenthalt von UdSSR-Bürgern sowie ehemaligen SU-Bürgern in der DDR (. Apr. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –. Abteilung X: Information der Sicherheitsorgane der ČSSR über die Aktivitäten der Zionistischen Weltorganisation zur Verstärkung der Übersiedlung der Juden aus den sozialistischen Staaten nach Israel (. Apr. ). Michael Wolffsohn: Die Deutschland-Akte. Juden und Deutsche in Ost und West. Tatsachen und Legenden. München , S.  ff. HA XX/: Über fiktive Eheschließungen zwischen Juden aus der UdSSR und der DDR. Schreiben der Sicherheitsorgane der UdSSR Nr. / (. Sept. ). BStU, MfS, HA XX/, Nr. , Fol. . Schreiben der Sicherheitsorgane der UdSSR Nr. / (Juni ). BStU, MfS, HA XX/, Nr. . Fol. .

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Alexander Friedman

Überprüfung von Sowjetbürgern in der DDR fokussieren, wobei man sein Augenmerk primär auf Personen jüdischer Herkunft richtete. Als die wohl wichtigsten Figuren der jüdisch-sowjetischen Szene in der DDR wurden Mitte der er-Jahre ein aus Odessa stammender Ingenieur für Elektrotechnik (Jahrgang ) aus Berlin-Friedrichshain und ein früherer Moskauer und Musiker an der Staatlichen Ballettschule aus Berlin-Mitte (Jahrgang ) eingeschätzt. Der Musiker, der  im Rahmen der Familienzusammenführung zu seiner Mutter in die DDR gekommen war und oft jüdische Gäste aus der UdSSR empfing, galt als geschickter Netzwerker mit „geschäftlichen Verbindungen“ nach West-Berlin. Im Fall des Ingenieurs meinte die Stasi, es mit einem erfahrenen, mit „Kriminellen“ aus West-Berlin und Sowjetbürgern in Ost-Berlin vernetzten „Schmuggler“, der möglicherweise mit ein Heiratsschwindler war, zu tun zu haben: Die Ehe, die der Ingenieur und seine ostdeutsche Braut  in der Ukraine geschlossen hatten, erschien dem MfS suspekt, denn das Ehepaar nahm  seinen Wohnsitz in der DDR und ließ sich bereits zwei Jahre später wieder scheiden. Die Tatsache, dass der ukrainische Ingenieur die Situation in der DDR kritisch betrachtete und zudem seine zwölf Jahre jüngere, aus der „Schmuggler-Hochburg“ Riga stammende Partnerin  geheiratet und ihre Übersiedlung in die DDR angestrebt hatte, machten ihn für die Stasi noch verdächtiger. Sowohl der Musiker als auch der Ingenieur galten als antisowjetisch und prowestlich eingestellt. Während jedoch der Musiker der Stasi als früherer KGB-IM bekannt war, ließ sich der Ingenieur nicht auf eine Zusammenarbeit mit dem MfS ein, obgleich man ihm eine attraktive und von ihm wegen seiner „Schmuggelgeschäfte“ angestrebte Stelle als Reiseleiter beim Reisebüro der DDR in Aussicht stellte und andernfalls mit negativen Konsequenzen drohte. Bei der Anwerbung des erwähnten Ingenieurs konnte die Stasi also keinen Erfolg verzeichnen. Bei einigen anderen in der DDR ansässigen sowjetischen Juden hatte man mehr Glück: So berichtete etwa eine aus Riga stammende zweifache Mutter, welche die Stasi mit einem möglichen Israel-Besuch und einem DDR-Gastbesuch ihrer Eltern aus Israel köderte, über ihr bekannte „kriminelle Handlungen“ sowjetischer Juden aus West-Berlin. Von dieser emsigen KP „Irina“ erfuhr die Stasi  etwa von einer jüdischen „Invalidenrentnerin“ aus Moskau (Jahrgang ), die zu ihrer Nichte nach Brüssel habe auswandern wollen. Zu diesem Zweck sei eine „Scheinehe“ mit einem Partner im Westen geplant

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HA II/AG Ausländer: Vorschlag zu Inhalt und Zielen der Arbeitsberatung mit der . Abteilung der II. Hauptabteilung des KfS am . Mai  (. Mai ); Konzeption für Gespräch mit der Hauptverwaltung II/Abteilung  des KfS der UdSSR während des Aufenthalts der Delegation am . Mai  in Berlin (. Mai ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –, , –. KD Schwedt: Operativinformation über operativ-relevante Verhaltensweisen von Bürgern der UdSSR, die sich auf der Grundlage von AEFA in der DDR aufhalten (. Dez. ); Abteilung II der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin: Auskunftsbericht (. Apr. ); HA II/AG Ausländer: Auskunftsbericht (. Apr. ); HA VII/Abteilung . Auskunftsbericht (. Apr. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –. HA II/AG Ausländer: Bericht zum Kontaktgespräch mit einer UdSSR-Bürgerin (. Aug. ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. –.

West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“

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gewesen. Die Einzelheiten ihres Plans hätten Tante und Nichte bei ihrem persönlichen Treffen in der DDR besprechen wollen. „Irinas“ Eifer lässt sich möglicherweise durch ihre komplizierte private Situation erklären: Wegen einer schweren Herzerkrankung war ihr Ehemann auf die Behandlung in der DDR angewiesen. Im August  erklärte sie der Stasi, dass ihre Eltern demnächst aus der UdSSR nach Israel auswandern würden. In März  in Wien angekommen, wollten sie sich, ähnlich wie zahlreiche andere sowjetische Juden, am liebsten nicht in Israel, sondern in West-Berlin – in der Nähe ihrer Tochter – niederlassen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass „Irina“ sich die Unterstützung der mächtigen Stasi bei der Übersiedlung ihrer Eltern und bei späteren Kontakten mit ihnen in der durch die Mauer geteilten Stadt Berlin erhoffte.

Sowjetische Autoren über jüdische Emigranten in West-Berlin. Der Fall Cesar’ Solodar’ Bestrebt, die jüdische Bevölkerung in UdSSR davon zu überzeugen, im Land zu bleiben, hoben sowjetische Autoren den dramatischen sozialen und geistigen Abstieg von Emigranten im „kapitalistischen Ausland“ hervor und betonten, viele – früher von der „zionistischen Propaganda“ benebelte und nun über die „kapitalistische Wirklichkeit“ entrüstete – Auswanderer würden ihren Schritt zutiefst bereuen und die Rückkehr in die UdSSR ersehnen. Als typisches Beispiel der sowjetischen Berichterstattung kann eine  in der ukrainischen Stadt Dnipropetrovs’k erschienene Abhandlung des Philosophen Anatolij Širokov betrachtet werden. Der Verfasser schilderte das Schicksal des Ingenieurs Viktor Borisovič Krul’, der  nach Israel emigriert sei, es in diesem „schrecklichen Land“ nur drei Jahre habe aushalten können, danach in die Bundesrepublik „geflohen“ sei und dort sein Geld als Schlosser, Ladearbeiter, Monteur und Elektriker verdient habe. Nachdem er arbeitslos geworden sei, habe Krul’ sein Glück in Australien gesucht und sei in der Hoffnung auf ein besseres Leben zwischen Australien und Westdeutschland gependelt. Von seinem „kümmerlichen Dasein“ im Westen erschöpft, habe Krul’ letztendlich beschlossen, in die UdSSR zurückzukehren. Širokov und seine Kollegen, die sich mit jüdischen Emigranten beschäftigten, konzentrierten sich in erster Linie auf Israel und die USA. Die Bundesrepublik und weitere westeuropäische Länder wurden in diesem Kontext eher selten behandelt. Eine Ausnah 

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HA II/AG Ausländer: Berichte (. Nov., . Dez., . Dez. , . März ). BStU, MfS, HA II, Nr. . Fol. ,  f., ,  f.,  f.,  f. HA II/AG Ausländer: Bericht zu den Eltern der KP „Irina“ – z. Z. in Wien aufhältig (. März ). BStU, MfS, HA II, Nr. , Fol. , . Siehe hierzu Alexander Friedman: „Ich vermisse den KGB“. Jüdisch-sowjetische Emigranten in den USA im Spiegel des sowjetischen Fernsehens. In: Christoph Rass, Melanie Ulz (Hrsg.): Migration und Film (= IMIS-Beiträge /). Osnabrück , S. –. Anatolij I. Širokov: Farisei i diversanty. Sionizm: ideologija i politika antikommunizma. Dnipropetrovs’k , S.  f. Friedman, „Ich vermisse den KGB“.

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Alexander Friedman

me stellt der jüdischstämmige Schriftsteller Cesar’ Solodar’ (–) dar. Solodar’, der zu den wichtigsten antizionistischen Autoren der UdSSR zählte, besuchte in den erund er-Jahren West-Berlin, Wien und weitere europäische Metropolen und veröffentlichte anschließend Pamphlete, in denen er das „dramatische“ Leben jüdischer Emigranten im Westen reflektierte. Eine komparative Analyse seiner ausführlichen Berichte über sowjetische Juden in West-Berlin sowie einschlägiger KGB- und MfS-Akten, legt die Vermutung nahe, dass der KGB, mit dem Solodar’ zusammenarbeitete, den Schriftsteller mit Informationen versorgte. Die bereits in den Stasi-Akten diffamierend dargestellte jüdisch-sowjetische Community wurde von Solodar’ noch negativer charakterisiert. Der Schriftsteller stilisierte sowjetische Juden und Jüdinnen zu einer am Abgrund stehenden, der „zionistischen Umerziehung“ ausgesetzten und nicht zuletzt aus Prostituierten, Alkoholikern, Drogenabhängigen und sittenlosen Gaunern bestehenden Community. Er verbreitete die Verschwörungstheorie, der Mossad, die CIA und weitere westliche Geheimdienste hätten radikal antisowjetisch gesinnte Juden aus der UdSSR absichtlich nach West-Berlin – in diesen „Speer im DDR-Körper“ – eingeschleust, um Unternehmen, Institutionen und Organisationen mit Verbindungen nach Osteuropa zu unterwandern und die UdSSR in der westlichen Presse zu „verleumden“. Während die Stasi und der KGB bei der Schilderung von Schmuggelgeschäften zwischen Ost und West indirekt die wirtschaftliche Überlegenheit der westlichen Konsumgesellschaft bestätigten, stellte Solodar’ diesen Schmuggel verzerrt als eine Einbahnstraße von Ost nach West dar und münzte ihn in ein Zeichen des ostdeutschen Wirtschaftserfolges um: hochwertige und preiswerte Waren aus der DDR seien im Westen gefragt und würden deshalb eingeschmuggelt. Außerdem nutzte Solodar’ die jüdische Tragödie im Zweiten Weltkrieg, um die geschichtsvergessenen „Verräter“ aus West-Berlin anzugreifen: Mit dem moralischen Impetus eines Holocaustüberlebenden, der im Herbst  seine Mutter in der ukrainischen Stadt Vinnicja verloren hatte, wies der Schriftsteller mit tiefer Abscheu auf seine ehemaligen Landsleute hin, die eigentlich als Juden nach Israel hätten auswandern wollen, jedoch nach ihrer Ankunft in Österreich und Italien ihre vermeintlich deutsche Herkunft behauptet und sich – mit gefälschten Dokumenten ausgestattet – im antisemitischen und „neofaschistischen“ West-Berlin niedergelassen hätten. Ähnlich negativ wurden die ehemaligen sowjetischen Juden beurteilt, die – wie etwa Viktor Krul’ aus Dnipropetrovs’k – in die Bundesrepublik und nach West-Berlin „geflüchtet“ seien (etwa aus Angst vor dem Wehrdienst in der israelischen Armee). Obwohl Solodar’s Publikationen von propagandistischen Verzerrungen und Halbwahrheiten strotzen, ist sein Bericht über sowjetische Juden, die sich als Deutsche ausgaben, keine Erfindung der antizionistischen Propaganda: Mitte der er-Jahre galten tatsächlich  jüdische Zuwanderer in West-Berlin als „Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit“.

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

Aleksandr Chinštejn: Člen Politbjuro Viktor Čebrikov: „Ja ne mog otkazat’ Brežnevu“. In: Moskovskij komsomolec v. . Dez. , S. . Cezar’ S. Solodar’ : Temnaja zavesa. . Aufl. Moskva , S. –; ders.: Dikaja polyn’. Moskva , S. , . Runge, Vom Kommen und Bleiben, S. .

West-Berlin als „Geheimtipp für jüdische Emigranten“



Ausblick  kam die sowjetisch-französisch-israelisch-österreichische Produktion „Passport“ heraus. Im Mittelpunkt dieser Tragikomödie des Regisseurs Georgij Danelija steht die dramatische Geschichte des georgischen Taxifahrers Merab Papašvili, der nach einem Missverständnis an Stelle seines älteren jüdischen Halbbruders als „jüdischer Emigrant“ die UdSSR  verlässt, über Wien nach Israel kommt, dort für einen „KGB-Agenten“ gehalten wird und nach drei langen Wanderjahren nach Georgien zurückkehrt. Danelijas Film reflektiert verschiedene Entwicklungen und Tendenzen, die in diesem Beitrag thematisiert wurden: Da sind jüdische Emigranten, die nicht von Wien nach Israel fliegen wollen, aber auch dubiose Gestalten aus der jüdisch-sowjetischen Unterwelt und in Schmuggelgeschäfte verwickelte Afrikaner. Der Film spiegelt außerdem den Zeitgeist der Perestroika-Epoche wider, für die die graduelle Abkehr von der restriktiven Auswanderungspolitik und die Verbesserung der sowjetisch-israelischen Beziehungen charakteristisch waren. Auch die DDR-Führung setzte in den späten er-Jahren auf die Annäherung an Israel, wobei man – einen entscheidenden Einfluss der „jüdisch-israelischen Lobby“ auf die US-Politik vermutend – darin eine Chance auf Verbesserung der Beziehungen zu den USA sah. Unter diesen Umständen verloren der KGB und das MfS nach und nach ihr Interesse an der jüdisch-sowjetischen Community in West-Berlin. Dank der Unterstützung der jüdischen Gemeinde von West-Berlin und vor allem dank des Engagements ihres Vorsitzenden Galinski, wuchs diese Community in den erund er-Jahren kontinuierlich. Ohne Galinskis Zukunftsvision einer Erneuerung der jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik wäre die jüdische Zuwanderung nach WestBerlin und die Aufnahme „jüdischer Kontingentflüchtlinge“ aus der ehemaligen UdSSR nach dem Zusammenbruch des Kommunismus nicht zustande gekommen. Sowjetische Juden, die West-Berlin in erster Linie unter wirtschaftlichen und geografischen Gesichtspunkten attraktiv fanden, ließen sich weder vom nationalsozialistischen Judenmord noch von der negativen Berichterstattung über West-Berlin im Ostblock entmutigen. In den Geheimdienstakten und in der sowjetischen antizionistischen Propaganda wurden sie als „Risikofaktor“ für die UdSSR und die DDR bezeichnet und als eine Gruppe von widerwärtigen Kriminellen, Schmugglern und Mossad-Agenten stigmatisiert. Obwohl die ausgewerteten Geheimdienstakten von antisemitischen Klischees, Stereotypen und Vorurteilen sowie von den Feindbilden des „Kalten Krieges“ stark beeinflusst sind und die Tatsachen nicht selten tendenziös und verzerrt darstellen, geben sie doch interessante Einblicke in das Innenleben der sowjetischen Juden in West-Berlin.

 

Friedman, Georgische Juden im Gelobten Land, S. –. Stefan Meining: Unerfüllte Träume. Erich Honecker, die jüdische Wiedergutmachungsfrage und die USA. In: Uta A. Balbier, Christiane Rösch (Hrsg.): Umworbener Klassenfeind. Das Verhältnis der DDR zu den USA. Berlin , S. –.

Die Autoren dieses Bandes Dr. Igor’ Barinov, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung für Ostslawistik des Instituts für Slawistik der Russischen Akademie der Wissenschaften (IVI RAN), Moskau Prof. Dr. Vasilij Christoforov, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Russische Geschichte der Russischen Akademie der Wissenschaften (IRI RAN), Moskau Nadezda Fichtner, Doktorandin an der Universität Kassel Prof. Dr. Beate Fieseler, Inhaberin des Lehrstuhls für Geschichte und Kulturen Osteuropas an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Dr. Alexander Friedman, Co-investigator im Forschungsprojekt „Mapping the Archipelago of Lost Towns: Post-Holocaust Urban Lacunae in the Polish-Belarusian-Ukrainian Borderlands”. (Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin) PD Dr. Andreas Hilger, stellvertretender Direktor des Deutschen Historischen Instituts Moskau Nataliya Kopcha, Doktorandin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Dr. Angelika Königseder, Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin Dr. Leontij Lannik, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Allgemeine Geschichte der Russischen Akademie der Wissenschaften, Moskau Dr. Andreas Malycha, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München – Berlin, Standort Berlin Prof. Dr. Till van Rahden, Associate Professor an der Université de Montréal, Département de littératures et de langues du monde, Montreal Dr. Aleksei Sorokin, Dozent an der historischen Fakultät der Staatlichen Dostojevskij-Universität Omsk Dr. Kristina Tanis, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Nationalen Forschungsuniversität Hochschule für Wirtschaft, Moskau Dr. Alexey Tikhomirov, Akademischer Rat für Allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der osteuropäischen Geschichte an der Universität Bielefeld Dr. Natalia Timofeeva, Leiterin des des Oral History Zentrums für Forschung und Lehre am Institut für Hochtechnologie Voroneż Prof. Dr. Stefan Troebst, Professor für Kulturgeschichte des östlichen Europa am Global and European Studies Institute der Universität Leipzig, stellvertretender Direktor des Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO), Leipzig https://doi.org/./-

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Die Autoren dieses Bandes

Dr. Yuliya von Saal, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Zeitgeschichte München – Berlin, Standort München PD Dr. Thomas Schlemmer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München – Berlin, Standort München, Chefredakteur der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Prof. Dr. Nina Vaškau, Professorin an der Staatlichen Pädagogischen P. P. Semënov-Tjan-Šanskij-Universität Lipeck Dr. Lilija Wedel, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung für Osteuropäische Geschichte an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld

Kontakte Deutscher Co-Vorsitzender der Gemeinsamen Kommission (bis ..) Prof. Dr. Andreas Wirsching Institut für Zeitgeschichte München – Berlin Leonrodstraße b  München E-Mail: [email protected] Internet: www.ifz-muenchen.de Russischer Co-Vorsitzender der Gemeinsamen Kommission Akademiemitglied Prof. Dr. Aleksandr Čubar’jan Russische Akademie der Wissenschaften Institut für Allgemeine Geschichte Leninskij prospekt a  Moskau E-Mail: [email protected] Internet: www.igh.ru Deutsches Sekretariat der Gemeinsamen Kommission Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Referat K  (Archivwesen, Bibliothekswesen) Graurheindorfer Straße   Bonn E-Mail: K@bkm.bund.de Internet: www.kulturstaatsministerin.de Russisches Sekretariat der Gemeinsamen Kommission in der Russischen Akademie der Wissenschaften Dr. Viktor Iščenko Leninskij prospekt a  Moskau E-Mail: [email protected] Weitere Informationen zu Zusammensetzung und Tätigkeit der Kommission finden Sie unter: www.deutsch-russische-geschichtskommission.de

https://doi.org/./-

Сообщения Совместной комиссии по изучению новейшей истории российско‐германских отношений

Общество в Германии и Советском Союзе в первое послевоенное десятилетие Травмы и надежды

Под редакцией Александра Чубарьяна и Андреаса Виршинга по поручению Совместной комиссии по изучению новейшей истории российско‐германских отношений

Проект был поддержан Совместной комиссией по изучению новейшей истории российскогерманских отношений и финансирован из средств Уполномоченной Федерального правительства Германии по делам культуры и средств массовой информации.

Редакция в России: Виктор Ищенко, Наталья Тимофеева в Германии: Юрген Царуски†, Верена Брунель, Юлия фон Зааль, Галина Велданова Электронная верcия этой книги находитcя в открытом доступе с апрель 2023 года.

ISBN 978-3-11-063376-4 e-ISBN (PDF) 978-3-11-063794-6 DOI https://doi.org/10.1515/9783110637946

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Содержание

Андреас Виршинг, Александр Чубарьян Предисловие . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Юрген Царуский 28.4.1958 – 4.3.2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Коллоквиум „Общество в Германии и Советском Союзе в первое послевоенное десятилетие: травмы и надежды“ Бонн, 8 июля 2016 г. Наталья Тимофеева Трудная дорога домой: ресоциализация «восточных рабочих» после их возвращения в СССР (1945–1955 гг.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

Ангелика Кёнигседер К вопросу о положении евреев из числа перемещенных лиц . . . . . . . . . . . . . . .

13

Стефан Трёбст Бегство, насильственное перемещение и изгнание немцев (1944–1948 гг.) . . .

23

Василий Христофоров Общественные настроения немецкого населения в советской зоне оккупации Германии в 1946–1949 гг. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

Андреас Малыха К вопросу о социально-экономической ситуации в советской зоне оккупации Германии и ГДР (1945–1950 гг.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

Томас Шлеммер Между голодом и надеждой. Питание и повседневность в (Западной) Германии: от «общества пайков» к «экономическому чуду» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Беате Физелер От винтовки к колыбели: cоветская политика в сфере семьи и гендера в контексте Великой Отечественной войны . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

Нина Вашкау Переосмысливая прошлое: изменение гендерных ролей в послевоенное десятилетие в СССР . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

VI

Содержание

Тилль фан Раден Мягкое отцовство и демократия в молодой Федеративной Республике Германия . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Семинар для молодых ученых «Новый взгляд на соприкосновение и взаимодействие германской и российской истории XIX–XX вв. в глобальном контексте» Гейдельберг, 29 октября – 2 ноября 2017 г. Предисловие организаторов . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121

Андреас Хильгер Германо-российская история и глобальная история . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123

Надежда Фихтнер Михаил Ростовцев и его научные связи с немецкими учеными (конец XIX в. – 1920-e годы) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Лилия Ведель Культурный трансфер и потребительская культура через призму рекламы в Российской империи: 1870–1914 гг. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Игорь Баринов Балтийские немцы-офицеры русской императорской армии, 1914–1918 гг.: между империей и нацией . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

157

Леонтий Ланник Имплементация Брестских договоров как проблема коалиционной стратегии Центральных держав . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Наталия Копча Политический миф в контексте культурного трансфера: Артур Мёллер ван ден Брук и его политическая рецепция произведений Ф.М. Достоевского

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Юлия фон Зааль Советские «дети войны»: к вопросу об одном поле исторического исследования . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Кристина Танис Трофейное кино в Советском Союзе: специфика культурного трансфера . . . .

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Содержание

VII

Алексей Тихомиров Визуальный оккупационный режим в послевоенной Восточной Германии (1945–1961 гг.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

224

Алексей Сорокин Образ Советского Союза федеральных канцлеров Аденауэра и Брандта . . . . .

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Александр Фридман Западный Берлин как «тайный фаворит для евреев-эмигрантов»: Штази, КГБ и еврейско-советская община Западного Берлина в 1970‑е – 1980‑е годы . . . .

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Авторы настоящего тома . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Контакты . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Предисловие Настоящий девятый том «Сообщений» Совместной комиссии по изучению новейшей истории российско‐германских отношений содержит материалы коллоквиума по теме «Общество в Германии и Советском Союзе в первое послевоенное десятилетие: травмы и надежды», состоявшегося в рамках ежегодного заседания Комиссии в Бонне в 2016 г. В соответствии с одним из основных методологических принципов построения работы Комиссии и предшествующим опытом была выбрана актуальная для наших двух стран историческая тема, которая не только продолжает привлекать внимание историков, но и открывает перспективы для сравнительного анализа. Все это в самом широком контексте может и должно послужить лучшему взаимопониманию. Вопросы, связанные с материальной нуждой в послевоенные годы, добровольной и принудительной миграцией, судьбой граждан, ранее преследовавшихся нацистами, таких как еврейские перемещенные лица и «остарбайтеры», а также гендерные метаморфозы и коллизии, порожденные войной, рассматриваются в этом томе российскими и немецкими историками в самых разных аспектах. В сборнике нашел отражение также новый формат работы Комиссии. Осенью 2017 г. она впервые проводила семинар для молодых ученых, организованный членами Комиссии проф. Таней Пентер (Гейдельберг) и проф. Александром Ватлиным (Москва). В Гейдельбергском университете молодые историки из обеих стран обсудили тему «Новый взгляд на соприкосновение и взаимодействие германской и российской истории XIX–XX веков в глобальном контексте». Избранным материалам этой конференции посвящена вторая часть данного тома. Прошедшая конференция молодых научных работников и подготовленная на ее основе настоящая публикация свидетельствуют о том, что интеллектуальное осмысление российско‐германских исторических связей – это дело не только старших поколений, но важная и привлекательная область исследований для молодых специалистов. В начале 2019 г. Совместная российско‐германская комиссия и редакционная коллегия «Сообщений» понесли невосполнимую утрату. После скоротечной и тяжелой болезни 4 марта 2019 г. скончался д-р Юрген Царуский – многолетний редактор печатного органа Комиссии, который был не только его движущей силой, но и настоящим источником вдохновения для многих авторов «Сообщений» и всей Комиссии в целом. С его непосредственным участием началась подготовка этого сборника. Его обязанности по поддержке работающей в этой должности с 2016 г. редактора Верены Брунель взяла на себя д-р Юлия фон Зааль. С российской стороны в состав редакции входят к.и.н. Виктор Ищенко и к.и.н. Наталья Тимофеева. Комиссия выражает благодарность за постоянную поддержку всем помогающим в ее работе российским и германским ведомствам, в особенности – Министерству иностранных дел Российской Федерации и Уполномоченной Федерального правительства Германии по делам культуры и средств массовой информации. д-р, проф. академик, д.н.н., проф. Андреас Виршинг Александр Чубарьян (Сопредседатель с германской стороны) (Сопредседатель с российкой стороны)

Юрген Царуский 28.4.1958 – 4.3.2019 Внезапная тяжелая болезнь оборвала жизнь Юргена Царуского, который в течение почти трех десятилетий был научным сотрудником Института современной истории, а с 2016 года – главным редактором Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Он ушел в расцвете лет из жизни, наполненной трудами, новыми планами, интенсивным общением. Много времени и сил Юрген Царуский посвятил России, которая стала для него вторым домом, своим друзьям и коллегам в этой стране. Еще в студенческие годы он принял активное участие в работе Amnesty International, установив тесные письменные контакты с советскими политзаключенными. Он начал учить русский язык и уже очень скоро свободно говорил на нем. Часто и с удовольствием посещал Советский Союз, а потом и Россию, стал одним из лучших экспертов по этой стране и обрел в ней бесчисленное множество друзей – как в научной среде, так и личных. Не ограничиваясь историческими исследованиями, он проявлял горячий интерес к русской культуре, обычаям и литературе и обнаруживал глубокое их понимание. В необходимости и значимости диалога с Россией он не сомневался никогда. Работе Совместной российско‐германской комиссии историков, в состав которой он входил, Юрген Царуский отдавал свое сердце. Издававшиеся Комиссией «Сообщения» под его руководством стали центром обмена историографическими знаниями между двумя странами. Посвящая немало времени и сил редакционной работе, он, не считая это себе за труд, сам перевел многие статьи российских коллег и друзей. Научная деятельность протекала неотделимо от межличностных контактов, круг его коллег и друзей в России и в других бывших республиках Советского Союза был весьма обширен. Члены Совместной русско‐германской комиссии историков и многие другие его коллеги и друзья в Германии и в России ценили Юргена за его верность принципам, доброту и готовность прийти на помощь в любую минуту. Юрген оставил нас в расцвете своих творческих сил, многие из своих намерений и планов он не успел реализовать. Его ранняя смерть – невосполнимая потеря для Комиссии и для сотрудничества между российскими и немецкими историками. Мы глубоко скорбим и навсегда сохраним память о Юргене Царуском. Андреас Виршинг

Коллоквиум „Общество в Германии и Советском Союзе в первое послевоенное десятилетие: травмы и надежды“ Бонн, 8 июля 2016 г.

Наталья Тимофеева Трудная дорога домой: ресоциализация «восточных рабочих» после их возвращения в СССР (1945–1955 гг.) В современной Германии присутствует целое исследовательское направление, посвященное истории принудительного труда иностранцев в «третьем рейхе». Значительное место при этом занимают фундаментальные работы немецких историков, обратившихся к проблеме «восточных рабочих» и советских военнопленных1 . Российское общество нуждается в исследовании проблемы принудительного труда, затронувшего несколько миллионов советских граждан. Историки должны при этом обратить внимание, прежде всего, на вопросы, перед которыми остановилась зарубежная наука в силу языкового барьера или недоступности источника. В то же время обращение российских исследователей к трудам немецких коллег, безусловно, обогатило бы отечественную историографию вопроса, стимулировав исследование и включение в поле зрения ученых новых аспектов данной темы. В России она до сих пор представлена фрагментарно2 . Оставаясь долгое время «фигурами умолчания», «восточные рабочие» оказались, по сути, вытеснены из сферы научного знания, общественной и частной культуры памяти. К чести российской науки следует отметить труды Павла Поляна и вышедшую в 2016 г. фундаментальную монографию Виктора Земскова, детально осветившего ряд важных вопросов репатриации советских граждан в 1944–1951 гг.3 Вне рассмотрения по-прежнему осталась, однако, сложная тема ресоциализации депортированных в Германию советских граждан

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См., напр.: Herbert U. Fremdarbeiter: Politik und Praxis des «Ausländer‐Einsatzes» in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. Berlin; Bonn, 1985; Streit Ch. Keine Kameraden: Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941–1945. Bonn, 1991; Erinnern an Zwangsarbeit: Zeitzeugen-Interviews in der digitalen Welt / Apostolopoulos, C. Pagenstecher (Hrsg.). Berlin, 2013. См.: Данченко Е.Л. Забытые жертвы войны: «восточные рабочие» в российской культурной памяти // «Свой – другой – чужой»: парадоксы взаимовосприятия русских и немцев в контексте истории ХХ в.: Материалы конференции / Н.П.Тимофеева (сост., отв. ред.). Воронеж, 2014. С. 101–109. См.: Полян П.М. Жертвы двух диктатур: Жизнь, труд, унижения и смерть советских военнопленных и остарбайтеров на чужбине и на родине. М., 2002; Земсков В.Н. Возвращение советских перемещенных лиц в СССР: 1944–1952 гг. М., 2016. Монография свидетельствует, однако, о практически полном исключении из поля зрения ученого значительного массива исследований немецких авторов, посвященных принудительному труду советских граждан в нацистской Германии.

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после их возвращения на родину. В представленной статье сделана попытка постановки4 и интерпретации этого вопроса на основе материалов российских архивов и значительного массива нарративно‐биографических интервью, как проведенных сотрудниками воронежского Регионального центра устной истории5 , так и представленных в онлайн‐архиве «Принудительный труд 1939–1945. Воспоминания и история»6 . Возвращение советских граждан на родину после окончания второй мировой войны осуществлялось на основе Ялтинских (11.02.1945) и Галльских (22.05.1945) соглашений, в соответствии с которыми репатриации в СССР подлежали все его граждане независимо от их желания. Большинство доживших до освобождения советских граждан хотело, однако, вернуться домой, несмотря на неожиданную для многих неприязнь советских военных при первой встрече. Владимир Наумов вспоминает: Мы уже видим советских солдат, мы чувствуем себя почти дома, кричим «Ура!» и вдруг видим, как наши солдаты в ответ молча грозят нам кулаками… Потом были допросы, проверки, фильтрация и только после этого – возвращение на Родину7 .

Побеги репатриантов из лагерей, где они содержались перед отправкой на родину, не были редкостью. Унизительное отношение военных8 , скудный паек9 , заниженная

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Впервые тема была заявлена в 2006 г. работавшей под моим руководством аспиранткой кафедры зарубежной истории Воронежского гос. пед. университета Е.В. Ряжских в докладе на конференции «Устная история в современных социально‐гуманитарных исследованиях: теория и практика». Конференция состоялась на базе Харьковского национального университета им. В.Н. Каразина. Региональный центр устной истории, ныне – Научно‐образовательный центр устной истории, действует в структуре Воронежского института высоких технологий (ВИВТ). В данном случае речь идет об интервью, состоявшихся в рамках международного проекта «Биографическая документация рабского и принудительного труда в нацистской Германии». URL: https://www.zwangsarbeit-archiv.de/ru Наумов В.И. Вспоминая пережитое // «Детство у меня было…»: Образ концентрационного лагеря в воспоминаниях бывших несовершеннолетних узников / Н.П. Тимофеева (сост., науч. ред.). Воронеж, 2010. С. 24. «Прибывающие из частей люди жалуются на то, что в частях им не дают времени на сборы, а сразу сажают на машины и отправляют в лагерь, вследствие чего люди оставляют в частях свои вещи. С такими фактами приходится сталкиваться очень часто». Заместитель коменданта 226 лагеря по политчасти подполковник Прядихин – заместителю начальника Управления по репатриации и розыску граждан Объединенных Наций Советской военной администрации в Германии гвардии полковнику Писаренко 2 авг. 1946 г. Государственный архив Российской Федерации (ГАРФ). Ф. Р-7317. Оп. 20. Д. 13. Л. 109. (Здесь и далее сохранены особенности написания в документах – Н.Т.). «‹…› для репатриантов пищеблок оборудован в одном из помещений тюрьмы. Имеют место случаи, когда заведующий столовой без разрешения коменданта и не согласовав с начпродом изменяет меню‐раскладку, что дает возможность хищения продуктов». Докладная записка старшего инструктора Политпросветотдела Управления репатриации ГСОВГ майора Логинова начальнику политпросветотдела Управления по делам репатриации ГОСВ в Германии гвардии полковнику Писаренко от 18 авг. 1946 г. Там же. Л. 63.

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оплата труда репатриантов10 и, наконец, жизнь и работа под стражей11 , все это вызывало ассоциации с недавним прошлым, приводило к разочарованию и депрессии вплоть до случаев самоубийства12 . Более сложным было положение женщин. Акты проверок, инициированных представителями отделов по репатриации советской группы войск в Германии, выявляли сожительство репатрианток с офицерами, злоупотреблявшими своим служебным положением13 . Но у большинства репатриантов еще оставалась надежда на встречу с родными, от которых в Германию шел организованный поток писем с призывом вернуться на родину14 . Мало кто при этом представлял, что его может ждать в прошедшей через войну стране. Желание увидеть близких после долгой и вынужденной разлуки приводило к идеализации советской действительности довоенного времени и связанным с ней ожиданиям. Надежда на возвращение, помогавшая выжить в неволе, сменилась необоснованной уверенностью в будущем после возвращения15 . Не все смогли вернуться домой сразу. Значительная часть бывших «восточных рабочих» попала на работу в воинские части. Только при отделе заготовок советской группы войск в Германии трудились 10.362 человека16 . В акте от 14 июня 1946 г., составленном по результатам проверки, инициированной Уполномоченным Совета Министров СССР по делам репатриации генерал‐полковником Филиппом Голиковым, подчеркивается: Настроения советских граждан в основном хорошие, высказываются благодарные чувства за созданные им благоприятные условия жизни и труда. Но, тем не менее, у значительного большинства советских граждан имеется основное желание – желание уехать немедленно домой к себе на родину, т.к. все советские граждане, подлежащие репатриации, взяты на работу помимо их желания. Нет никого, который бы добровольно изъявил желание пойти на работу в указанные армейские животноводческие фермы17 . 10

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«Денежные расчеты производятся произвольно, не имеется твердой тарифной сетки, сколько, кому выплачивать». Доклад полковника Волкова И.С. начальнику Управления по делам репатриации ГСОВГ генерал‐лейтенанту Вершинину. Февраль 1946 г. Там же. Д. 45. Л. 4. Напр., лагерь № 226 (г. Бранденбург) «был огорожен в несколько рядов колючей проволокой и имел усиленную охрану». См.: Управление Уполномоченного Совета Министров Союза ССР по делам репатриации. Генерал‐лейтенант Голубев – главному военному прокурору Вооруженных сил СССР генерал‐лейтенанту Афанасьеву 28 июля 1948 г. Там же. Д. 103. Л. 101. Там же. Д. 103. Л. 25. См., напр.: Акт от 7 июня 1946 г. ГАРФ. Ф. 9562. Оп. 1. Д. 61. Л. 96–97. Напр., короткое письмо, полученное В.В. Украинской от матери, исключило сомнения и способствовало принятию ею решения о возвращении в Советский Союз. Мать писала: «Дочечка, приезжай. Я жива. Толик жив. Мы живем в другом доме…» См.: Интервью с В.В. Украинской. Архив Научно‐образовательного центра устной истории ВИВТ. Ф. «Биографическая документация рабского и принудительного труда в нацистской Германии». Солдат, дошедший до Германии и уговаривавший В.В.Украинскую выйти за него замуж и уехать с ним в Казахстан, пытался аргументировать это так: «Ты не знаешь, что там. В России все разбито, … голод, холод, нищета. Ты не можешь представить себе». Там же. Акт от 14 июня 1946 г. ГАРФ. Ф. 9562. Оп. 1. Д. 61. Л. 104. Там же. Л. 108.

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В 1945–46 гг. согласно Постановлению Государственного комитета обороны и Совета народных комиссаров СССР молодые репатрианты направлялись в составе рабочих батальонов в промышленность СССР и на восстановление разрушенных городов. Мобилизационный характер советской экономики сохранялся и после войны. По мнению подробно исследовавшего проблему рабочих батальонов Виктора Земскова, до 1 января 1947 г. в них были зачислены 722.841 человек18 . Условия жизни и труда рабочих оказались столь суровы, что из 162 человек, работавших на одном из заводов «Главгазтоппрома» «за два месяца сбежало 25 человек»19 . К решительным действиям людей побуждало и абсолютно бесправное положение. Из обращения репатриантов к заместителю Уполномоченного Совета министров СССР по делам репатриации следует, что в июне 1946 г. они еще не имели документов, удостоверявших их личность, в связи с отсутствием воинских билетов не знали, состоят ли на воинском учете. В соответствии с заявлением начальника отдела кадров эти рабочие не имели права на вступление в профсоюзы. Их использовали без учета специальности, не платили за сверхурочные работы, не предоставляли краткосрочных отпусков для отдыха и не выплачивали компенсаций. Положение усугублялось в связи с характерным для местных жителей, включая начальство, враждебным и презрительным отношением. Репатрианты писали: «Нас назначают на такую работу, где не представляется [возможным – Н.Т.] заработать для своего прожиточного минимума, не говоря о чем-либо другом. Нас унижают и оскорбляют, и называют изменниками и предателями, что до глубины души обижает». Отправители письма просили Уполномоченного по делам репатриации устранить «вышеизложенные безобразия» и оказать им помощь «в деле получения полных прав граждан СССР»20 . Аппарат Уполномоченного прилагал усилия для решения насущных вопросов, направляя представителям директорского корпуса и в отраслевые министерства письма. Они должны были напомнить о том, что все вопросы в отношении репатриантов «как-то: материального обеспечения, предоставления работы по специальности, 18

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Земсков В.Н. Возвращение советских перемещенных лиц в СССР. C. 305. О репатриантах в рабочих батальонах см. с. 234–305. Заявление рабочих‐репатриантов, направленных в распоряжение Министерства путей сообщения и трудившихся на станции Перерва Московско‐Курской железной дороги, от 29 июня 1946 г. ГАРФ. Ф. Р-7317. Оп. 20. Д. 45. Л. 37. См. также воспоминания В.В.Украинской, бывшей «восточной рабочей», отправленной на восстановление Новороссийска: «Стоит город в лощине, два цементных завода разбитые. Весь город разбитый, февраль месяц. Холодно, ветры страшные. И начинаем, восстанавливаем. Дали бараки без окон и дверей, только позабитые. Там мужики какие-то были, видно, военнопленные, позабили эти окна. И там же эти кровати, такие нары деревянные стоят, двухэтажные. Размещайтесь. Ни одеться, ни обуться и на работу, ходим на работу. Хлеба буханочку дадут и хана. Поняли? На два дня буханочку хлеба, ни вареного (короткая пауза), не знаю, не помню. … На завод ходили, печки там, мужики печки кладут, а мы – подсобные рабочие. И вы знаете, как увидела я этот ужас, детвора – трупами лежат. … Страшный голод. Лежат. Под эстакадами зерна собирают, я говорила. Голод. Нечего жрать. Вы понимаете, люди уезжают. Думаю, я убегу». Интервью с В.В. Украинской. Заявление заместителю уполномоченного Совета министров Союза ССР по делам репатриации от 29 июня 1946 г. ГАРФ. Ф. 9562. Оп. 1. Д. 61. Л. 225.

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увольнения с работы, предоставления отпуска и прочее решаются администрацией предприятия или ее вышестоящими инстанциями на основании существующих законов для всех кадровых рабочих»21 . Эффективность этих обращений была, судя по всему, не велика. Свидетельством тому является, например, письмо репатрианта из рабочего батальона в Башкирии, который наряду с прочим требовал разъяснений: а) Наша печать писала, что в день победы 9.05.1945 года ликование было столь велико, что незнакомые люди, встречаясь на улицах и площадях, обнимали и целовали друг друга. Почему же мы и наши родные до сих пор лишены этого счастья? б) Почему же нас используют на самых тяжелых работах и не дают работу по специальности, тогда как среди нас есть люди с высшим образованием – педагоги, агрономы и вообще ответственные работники? Если есть правительственное решение по поводу закрепления нас за производством, то где и почему нам его не объявляют; в) Почему же мы до сих пор не получили документов, из-за отсутствия которых мы лишены возможности даже отпуск использовать дома в кругу своей семьи? г) Почему же на документах, выданных репатриированным в других местах, имеется штамп «Действителен только в таком-то городе». Ведь этот документ лишает его права выезда из той местности, куда его привезли?22

К 1952 г. в СССР вернулись свыше 4,3 миллионов советских граждан23 . Большинство из них прибыло в разоренные войной города и села. Руководством страны было принято несколько важных постановлений. Уже летом 1945 г. «на репатриантов, служивших в Красной Армии в период Отечественной войны, направленных для работы в промышленность в составе рабочих батальонов, а также на направленных к месту постоянного жительства бывших военнопленных рядового, сержантского и офицерского состава» были распространены льготы, предусмотренные законом «О демобилизации старших возрастов личного состава действующей армии», принятым Верховным Советом СССР 23 июня того же года. К ним относились «перевозка и питание до постоянного места жительства за счет Государства [так в документе – Н.Т.], устройство на работу не позднее месячного срока со дня прибытия домой, помощь возвращающимся в деревню в деле устройства на работу и обзаведения хозяйством, выделение лесосечного фонда для заготовки строительного леса для репатриантов, возвращающихся в районы, подвергшиеся временной оккупации, и выдача нуждающимся ссуд на строительство и восстановление жилых домов от 5 до 10 тысяч рублей с погашением в 5–10 лет»24 . Все репатрианты при направлении на работу должны были использоваться только по своей специальности. Инвалиды имели право ухода с предприятий или из учреждения для переезда домой, если они по каким-то причинам попали на работу не к

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Письмо помощника Уполномоченного Совета министров Союза ССР по делам репатриации генерал‐майора Басилова от 18 апр. 1946 г. Там же. Д. 302. Л. 55. Письмо Б.И. Балабана начальнику отдела устройства Управления Уполномоченного Совета Министров СССР по делам репатриации полковнику Никулину от 30 мая 1946 г. ГАРФ. Ф. 9562. Оп. 1. Д. 61. Л. 201 – 201 об. Земсков В.Н. Возвращение советских перемещенных лиц в СССР. С. 132. ГАРФ. Ф. 9562. Оп. 1. Д. 61. Л. 199.

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месту постоянного жительства25 . Бывшим «восточным рабочим» сохранялся общий трудовой стаж. На основании Постановления Совета министров СССР № 2133-1946 многодетным и одиноким матерям государством назначались и выплачивались пособия со дня их прибытия в СССР26 . В директиве Генерального прокурора СССР Григория Сафонова прокурорам республик, краев и областей от 30.07.1948 г. не только подчеркивалось равенство прав вернувшихся на родину и остальных граждан Советского Союза, но и осуждались проявления огульного недоверия к репатриированным, «факты безосновательного снятия с работы бывших военнопленных и насильственно угнанных советских граждан»27 . Ситуация, однако, менялась медленно28 . Реальная действительность репатриантов существенно отличалась от прописанной правовой модели, игравшей свою роль, например, в радиопропаганде и специальных передачах для бывших работников принудительного труда из Советского Союза, находившихся еще за пределами страны. Бесправное же положение прибывших на родину приводило репатриантов к выводу о наличии в СССР тайных директив, ограничивавших их в правах29 . Комплекс вопросов, которые приходилось самостоятельно решать репатриантам, выходил далеко за рамки официальных документов и отношений. Материалы интервью позволяют выявить насущные проблемы процесса ресоциализации бывших «восточных рабочих». К ним относились: восстановление бывших социальных связей и складывание новых, поиск партнера для создания семьи, трудоустройство и получение соответствующего образования. Значительное место занимало и восстановление здоровья. Успешность ресоциализации зависела, с одной стороны, от государства и общества, с другой – от личных качеств репатриантов, их коммуникативных и когнитивных способностей. Отношение в обществе к тем, кто вернулся из Германии, было неоднозначным. В селе репатриантов встречали, как правило, благосклонно, помогали восстановить утраченное хозяйство, предлагали кров, если в этом была необходимость. Пережившая оккупацию деревня хорошо знала, как проходила депортация, помнила собственное подневольное бытие и принудительный труд на врага. Более того, лица, находившиеся в годы войны на оккупированной территории, также не вызывали доверия у послевоенного советского руководства. При устройстве на работу каждый должен был заполнить анкету, в которой, наряду с прочим, приходилось отвечать

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Это право предоставлялось репатриантам‐инвалидам наравне с инвалидами Отечественной войны. См.: Постановление СНК СССР № 2553 от 5 окт. 1945 г. URL: www.lawrussia.ru/texts/ legal_346/doc346a409x553.htm. Полян П.М. Жертвы двух диктатур. С. 551. Копия директивы Генерального прокурора СССР тов. Сафонова от 24 мая 1948 г. № 7/128с «Об охране законных прав репатриированных советских граждан». ГАРФ. Ф. Р-7317. Оп. 20. Д. 103. Л. 105. Рабочие батальоны перестали официально существовать в 1947 г. Письмо Б.И. Балабана начальнику отдела устройства Управления уполномоченного Совета Министров СССР по делам репатриации полковнику Никулину от 30 мая 1946 г. ГАРФ. Ф. 9562. Оп. 1. Д. 61. Л. 201.

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на вопрос, не находился ли он или кто-либо из членов его семьи под оккупацией. Сходство положения облегчало коммуникацию репатриантов с односельчанами. Горожане воспринимали вернувшихся из Германии соотечественников зачастую иначе. Для В.В.Украинской было большой неожиданностью изменение адреса, по которому проживала ее мать. Думаю, почему же не этот адрес… Приезжаю домой в Шахты и там ищу маму, а мамы нет. А где же мама? А мне там соседка говорит: «Маму выгнали с квартиры». Я говорю: «Как выгнали с квартиры?» «А ты в Германии была. Маму выгнали твою с квартиры за то, что ты в Германии была». Да, говорю: «А я причем, что война?» «Так потому, что вы же работали на немца»30 .

Многие бывшие «восточные работницы» с горечью вспоминали, как в любой размолвке с соседями, в качестве аргумента противоположной стороны звучало обвинение в сожительстве с врагами‐немцами в годы принудительного труда в Германии31 . Женщины, вступая в брак, пользовались возможностью сменить фамилию и дистанцироваться от своей биографии, особенно, если замужество сопрягалось с переменой места жительства. Мужчины, создавая семьи зачастую скоропалительно, предпочитали не говорить о пережитой травме, оставаясь одинокими в браке. Опыт родителей тем более скрывался от детей32 . Это молчание приводило к разрыву межпоколенческих связей и холодности семейных отношений. Следует отметить, что многие женщины столкнулись после принудительного труда в Германии с нарушением репродуктивной функции, следствием чего являлось рождение мертвых или нежизнеспособных младенцев, а также бесплодие33 . Тяжелый физический труд в СССР после репатриации усугублял ситуацию. Чаще всего репатрианты искали работу через знакомых, скрывая свое прошлое и соглашаясь практически на любой труд34 . Но известны и случаи обращения за помощью к Уполномоченному Совета министров СССР по делам репатриантов. А.И. Соловов из станицы Тимошевская Краснодарского края жаловался, например, на то, что его не только не принимали на педагогическую работу, но и исключили из комсомо-

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Интервью с В.В. Украинской. Бывший военнопленный Жучков С.М. ходатайствовал о возвращении ему жилплощади, отторгнутой по той же причине в селе Брынково Московской области. См.: Письмо помощника Уполномоченного Совета Министров СССР по делам репатриации полковника Киселева прокурору города Москва. ГАРФ. Ф. 9526. Ф. 1. Д. 467. Л. 347. См. подробнее: Интервью с А.Ф. Золоторевой, URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/ru/ interviews/za350; Интервью с Л.T. Гришаевой. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/ru/ interviews/za349 Интервью с Л.И. Гришаевой. Интервью с В.В. Украинской. См. также: Интервью с бывшей узницей концентрационного лагеря Аушвиц Лисачук Ольгой Куприяновной // Лагерный опыт русских и немцев – возможности и пределы совместных воспоминаний / Н.П. Тимофеева (сост., отв. ред.). Воронеж, 2010. С. 83–124. Интервью с Л.И. Гришаевой.

Трудная дорога домой

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ла35 . Следует отметить усилия аппарата Уполномоченного в попытке решить проблемы репатриантов, которым жизненная ситуация зачастую не позволяла терять время. Многие становились кормильцами всей семьи, поднимали на ноги своих младших братьев и сестер, брали на себя уход за больными родителями36 . Пережитая оккупация сказалась на здоровье близких, проблемы собственного здоровья репатриантов отходили на второй план. Бывшие «восточные рабочие» имели разный уровень образования и разные возможности его получения. Не располагавшие поддержкой семьи окончили в лучшем случае начальную школу, чаще всего это касалось женщин. Часть респондентов окончила среднетехнические учебные заведения. Но были и те, кто сумел получить высшее образование, несмотря на подневольный труд в Германии37 . Долгое время после возвращения на родину бывшие «восточные рабочие» находились в поле зрения советских органов внутренних дел. Один или два раза в месяц они должны были являться в соответствующие учреждения. При том, что многие респонденты рассказывали о вербовке их в качестве осведомителей, связь с органами внутренних дел подтверждалась ими неохотно. Тем не менее, такие признания были38 . Эскалация холодной войны и начавшаяся борьба с космополитизмом усилили подозрительность и недоверие в обществе, что способствовало стигматизации репатриантов. Родственники и знакомые отказывались вести переписку с работниками принудительного труда, если они еще находились за пределами СССР39 . Боязнь советских граждан быть обвиненными в «связях с заграницей» приводила иногда к разрыву социальных связей и изоляции репатриированных, не искавших помощи и сочувствия даже в собственных семьях. Общность пережитого не способствовала объединению и недавних работников принудительного труда, напротив, они старательно избегали контактов с товарищами по несчастью, демонстративно не узнавали их при случайных встречах40 . Материалы интервью свидетельствуют, однако, о том, что совместно пережитой опыт жизни в неволе не был забыт бывшими «восточными рабочими». При первой возможности, начиная с 1960‑е гг., некоторые из них разыскивали своих товарищей по несчастью, связь с которыми не прерывалась уже до конца жизни членов этого микросообщества. Ресоциализация бывших работников принудительного труда после репатриации в СССР сопровождалась вынужденным конформизмом и болезненным вытеснением

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Помощник Уполномоченного Совета Министров СССР по делам репатриации полковник Киселев – начальнику управления кадров Министерства просвещения РСФСР. ГАРФ. Ф. 9526. Оп. 1. Д. 467. Л. 346. См.: Интервью с Е.И. Кудиновой. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/ru/interviews/ za344 См.: Интервью с Ю.И. Хоржемпой. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/ru/interviews/ za348. См. также: Наумов В.И. Вспоминая пережитое. С. 25. Интервью с М.Д. Селезневой. URL: https://archiv.zwangsarbeit-archiv.de/ru/interviews/za347 Проект постановления ЦК ВЛКСМ от 10 фев. 1949 г. Российский государственный архив социально‐политической истории (РГАСПИ). Ф. 82. Оп. 2. Д. 488. Л. 17. См.: Интервью с Е.И. Кудиновой.

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из их памяти травматического опыта принудительного труда в нацистской Германии. Материалы интервью выявляют у многих связанное со спецификой процесса ресоциализации диссоциативное расщепление, то есть защитную реакцию психики, стремление заглушить душевную боль и за счет этого выжить, сохранив функциональность. Учитывая масштабы охваченных войной многочисленных и разнообразных групп советских граждан, можно предположить наличие диссоциации как составляющей культурной нормы части послевоенного советского общества. Тем более, что и послевоенная советская действительность была не из легких.

Ангелика Кёнигседер К вопросу о положении евреев из числа перемещенных лиц В ходе освобождения союзными войсками Германии в 1945 г. выяснилось, что на ее территории находилось около 10 млн. так называемых перемещенных лиц (Displaced Persons, DPs). Согласно официальному определению, речь идет о всех «гражданских лицах, находившихся вне границ своих отечеств», которые в ходе Второй мировой войны бежали со своей родины, были изгнаны или депортированы вследствие военных действий или их последствий1 . На практике основной контингент перемещенных лиц составляли люди, насильно увезенные на работы в Третий рейх, военнопленные и бывшие узники концентрационных лагерей. Однако немецкие беженцы и немцы, изгнанные из восточных областей Третьего рейха и Судет, к этой категории не относились. Немецкие, австрийские и венгерские евреи, освобожденные союзниками, сначала также не признавались в качестве перемещенных лиц, поскольку рассматривались как граждане бывших враждебных государств. Среди миллионов перемещенных лиц насчитывалось от 50 тыс. до 75 тыс. выживших евреев, сравнительно небольшая группа, которая, однако, требовала особой заботы. Многие из этих людей не могли быть репатриированы на родину вследствие плохого состояния здоровья. Особенно тяжелая ситуация сложилась для евреев из Восточной Европы. Значительная их часть не хотела или не могла вернуться домой по причине политических изменений, произошедших на родине. Некоторые из них, тем не менее, отправились в Восточную Европу на поиски выживших родных и близких, но так как в большинстве случаев эти поиски были безрезультатными, они возвращались назад в Германию и Австрию. В этих странах западные оккупационные власти, в первую очередь американцы, организовали для них так называемые DP-Camps – лагеря для перемещенных лиц. Базой для организации лагерей служили бывшие военные казармы, лагеря для военнопленных и трудовые лагеря, поселки промышленных рабочих, палаточные городки, гостиницы, санатории, школы и т.п. Такие лагеря как Ландсберг-ам-Лех, Фельдафинг, Бельзен-Хоне или Эшвеге были созданы в местах расположения немецких военных городков. Для создания лагерей Лампертхайм, Цейльсхайм и Берлин‐Мариендорф были конфискованы жилые дома, из которых выселили немецких жильцов. В районе Штутгарт-Вест перемещенные лица были размещены в апартаментах по

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Jacobmeyer W. Vom Zwangsarbeiter zum Heimatlosen Ausländer: Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945–1951. Göttingen, 1985. S. 30–31.

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Рейнсбургштрассе, а лагерь в районе Штутгарт‐Дегерлох занял помещения бывшего санатория, обособленно расположенного на холме. В качестве лагеря для перемещенных лиц также послужила гостиница «Карвендел» (Karwendelhotel) в местечке Миттенвальд‐Гармиш, а в гостинице «Элизабет» (Hotel Elisabeth) в местечке Фельдафинг близ Штарнбергского озера организована больница для евреев из числа перемещенных лиц. В Санкт-Оттилиен вблизи Ландсберга под лагерь перемещенных лиц был использован монастырь. Лагерь Фёренвальд входит в число более чем шестидесяти лагерей для евреев из числа перемещенных лиц, сооруженных в Германии после войны. Один из самых больших и известных лагерей, он был устроен на базе рабочего поселка, созданного в 1940 г. для рабочих двух фирм, занятых производством боеприпасов – «Дойче Шпренгхеми ГмбХ» и «Динамит Акциен‐Гезелльшафт»2 . Небольшие шеренги домиков обеспечивали сравнительно хорошие условия проживания, в том числе определенную меру приватности, и не нуждались в перестройке. И все же для евреев, переживших Холокост и потерявших связь с родиной, было настоящим шоком, вскоре после освобождения вновь погрузиться в атмосферу лагеря, не имея четких перспектив на будущее. Якоб Бибер так описывает свой первый опыт в лагере для перемещенных лиц Фёренвальд: Я думал, что это место будет для нас короткой промежуточной станцией, даст нам возможность, напитаться энергией и жизненной силой, однако слово «лагерь» снова заставило мое сердце биться с испугом. ‹…› В Фёренвальде нашу группу направили сначала на кухню, а потом распределили по предоставленным квартирам. Навстречу нам шли выжившие люди всех возрастов, одетые в лохмотья или в робы узников концлагерей. ‹…› Другие выжившие, которые попали в лагерь раньше нас, приглашали нас в гости в свои переполненные квартиры. ‹…› Первые ночи стали временем обмена рассказами о лагерях смерти, а также мы узнали, что никто еще пока не покинул пределы лагеря Фёренвальд. Наше пребывание здесь должно было закончиться не завтра, и не на следующей неделе, и даже не через месяц, к чему мы были совсем не готовы. ‹…› Мы очень устали в тот нескончаемый жаркий и напряженный день, вечер был не лучше. ‹…› Но и сон не был для нас спасением, во сне мы вновь и вновь переживали в кошмарах трагедию наших жизней. Как только я засыпал, меня начинали мучить ужасные истории людей, чьи тела и души были иссушены концентрационными лагерями. ‹…› Я не мог спать из ночи в ночь. ‹…› Эта атмосфера жизни под замком все время вызывала в памяти сцены из нашего жуткого прошлого3 .

С конца лета 1945 г. в эти лагеря на территории Германии и Австрии стали также поступать евреи из Восточной Европы, преимущественно из Польши. Причины их бегства заключались в неприемлемых условиях, в которых евреи, пережившие Холокост, оказались в послевоенной Польше. Спустя несколько месяцев после освобождения в Польше насчитывалось еще около 83 тыс. из примерно 3,3 млн. евреев, жив-

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Ср.: Köhn H. Die Lage der Lager: Displaced Persons-Lager in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands. Essen, 2012. S. 189 след. Biber J. Risen from the Ashes: A Story of the Jewish Displaced Persons in the Aftermath of World War II: Being a Sequel to Survivors. San Bernardino, CA, 1990. P. 11 след.

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ших здесь до начала Второй мировой войны. 13 тыс. из них возвратились в Польшу из Советского Союза как солдаты Войска Польского. Оставшиеся 70 тыс. составляли бывшие узники концентрационных лагерей, партизаны и те, кто сумел выжить в подполье4 . Кроме того, в Польшу возвратились некоторые евреи, освобожденные союзническими войсками в других странах, которые надеялись найти в Польше своих близких. Речь в этом случае шла большей частью об отдельных выживших представителях когда-то больших семейных кланов, которые предприняли отчаянный поиск родственников и пропавшего имущества. Однако, Польша скорее напоминала огромное еврейское кладбище: все когда-то значимые общины были уничтожены, синагоги и погосты разорены. Возвращение стало настоящим шоком, оказавшим фатальное воздействие на процесс психического восстановления евреев, освобожденных из нацистской неволи. Многих из них долгое время поддерживала вера в то, что после освобождения мир воспримет их с открытыми объятиями и попытается возместить причиненную несправедливость. Вместо этого они совершенно неожиданно столкнулись с новым унижением и горем. Симон Шохет из лагеря для перемещенных лиц Фельдафинг под Мюнхеном описывает в своих воспоминаниях возвращение своего друга Аврахама в его родной город, расположенный в 150 км южнее Варшавы. Тот надеялся найти выживших членов своей большой семьи. Кроме того, он был очень привязан к этому городу, где его семья поколениями жила в почете и уважении. Соседи узнали его тотчас же после возвращения. Едва он успел задать им вопросы о судьбе своих родных и близких, как они с удивлением вскричали: «Аврахам, ты еще жив?». Никто ничего не слышал о его семье, зато со скоростью молнии распространились слухи о том, что Аврахам вернулся для того, чтобы вернуть семейное имущество. Чем дольше Аврахам искал своих близких, тем враждебней вели себя его бывшие соседи. Один из них как-то иронически заметил, что был уверен в том, что Гитлер убил всех евреев, другой настоятельно советовал покинуть город, так как никто здесь не может гарантировать его безопасность. Аврахам счел за лучшее последовать этому совету5 . Безрезультатные поиски родных и близких усугублялись отказом со стороны поляков, вернуть евреям их имущество. Тем самым евреи были лишены любой возможности, заново начать свое дело. Так, Вольф Лапер, уроженец городка Величка вблизи Кракова, пережил войну, скрываясь в лесах. Когда в марте 1945 г. он попытался вернуть свою прачечную, ему заявили, что установление его личности займет, возможно, годы. Вскоре после этого командование одной из частей Армии Крайовой дало ему 24 часа, чтобы покинуть Польшу. Местная полиция не предоставила Лаперу никакой защиты. Вопрос о том, остаться или нет, он должен был решать на свой собственный страх и риск. В итоге 24 ноября 1945 г. Вольф Лапер покинул Краков и направился в Берлин6 .

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Bauer Y. Flight and Rescue: Brichah. New York, 1970. P. 113. Schochet S. Feldafing. Vancouver, 1983. P. 143–144. Captain Mautner to Colonel Hohenthal. Report on the Jewish Situation in Poland. 4 Jan. 1946. P. 2, 5. Office of Military Government for Germany, US (OMGUS) 3/176–2/17.

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Однако самой большой проблемой в послевоенной Польше являлся возрождавшийся антисемитизм, от которого власти были не в состоянии защитить еврейское население. Правительство, состоявшее из коммунистов и социалистов и являвшееся креатурой Советского Союза, не пользовалось популярностью среди населения и едва ли было в состоянии положить конец насильственным действиям подпольных Армии Крайовой и Национальных Вооруженных Сил. Обе военные организации были настроены антисемитски и вербовали новых сторонников, утверждая, что новое польское правительство является продуктом жидо‐большевистского заговора против польского народа. Действительно, евреи были представлены в польской власти сверхпропорционально в сравнении с их долей населения. Два еврея – Якуб Берман и Хилари Минц – соответственно в ранге члена Политбюро, курировавшего министерство общественной безопасности и председателя Государственного комитета по планированию ПНР – занимали высокие правительственные посты. То обстоятельство, что они оба, будучи убежденными коммунистами, давно порвали с иудаизмом и едва ли заступались за своих бывших единоверцев, не играло для антисемитской пропаганды какой-либо роли. Новый нелюбимый режим прочно ассоциировался в общественном сознании с евреями7 . После отступления вермахта во многих польских городах были отмечены эксцессы, носившие черты погрома. Так, в июле 1945 г. в Кракове дети стали забрасывать камнями посетителей синагоги. Когда солдат из числа польских евреев попытался их утихомирить, дети стали вопить и утверждать, что евреи намеревались их убить. Вслед за этим перед синагогой собралась толпа, которая штурмом ворвалась в здание и подожгла его. Десять евреев были убиты, 30 – тяжело ранены8 . Польские евреи, которые после немецкого нападения на Польшу в сентябре 1939 г. и спустя два года – после нападения Германии на Советский Союз, нашли убежище в СССР, не знали о плохом экономическом положении, нестабильной политической ситуации и антисемитских бесчинствах в Польше. По приблизительным оценкам, благодаря своему бегству в Советский Союз смогли спастись от преследований национал‐социалистов около 230 тыс. польских евреев9 . После 1 сентября 1939 г. около 350 тыс. евреев бежали с польских территорий, оккупированных немцами, в восточные районы Польши, находившиеся под советским контролем. Поначалу советские власти аннексированных польских территорий не делали различий между коренным населением и беженцами. Однако весной 1940 г. они стали принимать меры, направленные на советизацию еврейских беженцев, которые должны были отказаться от польского гражданства и получить советские паспорта. Многие польские евреи отклоняли предложение такого рода и вследствие этого расценивались как политически неблагонадежные. Советские власти депортировали их в отдаленные местно7

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Bauer Y. Out of the Ashes: The Impact of American Jews on Post‐Holocaust European Jewry. Oxford, 1989. P. 71–72. Headquarters OSS Austria. Situation of Jews in Poland. 20 Sept. 1945. OMGUS POLAD 3/176–2/17. Nesselrodt M. «I bled like you, brother, although I was a thousand miles away»: postwar Yiddish sources on the experiences of Polish Jews in Soviet exile during World War II. // East European Jewish Affairs. 2016. Vol. 46. No. 1. P. 47–67, здесь P. 47.

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сти СССР, а особенно «опасные элементы» были арестованы и отправлены отбывать срок заключения в исправительно‐трудовые лагеря в Сибири10 . Тем не менее, после немецкого нападения на Советский Союз в июне 1941 г. в самой большой опасности оказались евреи, оставшиеся в части Польши, аннексированной СССР. Многие из них попытались спастись от частей вермахта бегством в восточном направлении, в результате численность еврейских беженцев достигла в СССР около полумиллиона человек. Некоторые мужчины, годные к военной службе, стали военнослужащими Красной Армии11 . Многие беженцы из числа польских евреев, находясь в СССР, умерли от болезней, плохого питания, а также вследствие тяжелых условий труда и жизни. Начиная с лета 1945 г., польское и советское правительства вели переговоры о репатриации польских беженцев. В результате около 175 тыс. польских евреев возвратились на родину, начиная с февраля 1946 г. Они надеялись, что найдут в Польше свои семьи и получат назад свое имущество. Однако им пришлось столкнуться с другой реальностью. Большинство из них только теперь ясно осознали, что советская «ссылка» спасла им жизнь. На своей старой родине они столкнулись с кладбищенским настроением, трудностями в деле возврата имущества и воинствующим антисемитизмом, который фактически сделал невозможным возрождение еврейской диаспоры в Польше. Реакцией польских евреев на безнадежное положение в Польше и погромы стало повторное бегство – на этот раз в еврейские лагеря для перемещенных лиц в Австрии и Германии. Это бегство достигло своего апогея годом позже, летом 1946 г., после погрома в польском городе Кельце, который находится 190 км южнее Варшавы. В ходе погрома были убиты 42 еврея. Причиной резни, которую евреи считали невозможной после страшного опыта национал‐социалистического господства, стало архаичное обвинение евреев в ритуальных убийствах. Польские евреи незамедлительно отреагировали на случившееся. Десятки тысяч евреев покинули свою родину, предпочитая мириться с трудностями и опасностями бегства в разрушенную войной страну, которая была виновна в организации массового уничтожения европейских евреев. Этот поток беженцев регулировала организация помощи еврейским беженцам «Бриха»12 . До августа 1945 г. «Бриха» предпринимала максимум усилий, чтобы переправить всех беженцев в Италию, потому что итальянские гавани предоставляли лучшие шансы для дальнейшей поездки морем в Палестину. Однако вскоре итальянские власти почувствовали, что не справляются с постоянно растущим числом беженцев. Одновременно они оказались под давлением со стороны Великобритании, которая, будучи государством‐мандатарием, стремилась воспрепятствовать миграции евреев в Палестину. В результате итальянские власти предпочли закрыть для беженцев свою границу, которую они ранее столь великодушно открыли. Так сложи-

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Hyman A. S. The Undefeated. Jerusalem, 1993. P. 177–178. Vernant J. The Refugee in the Post-War World. London, 1953. P. 62. Cм. об этом классическую работу: Bauer Y. Flight and Rescue.

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лась парадоксальная ситуация, в результате которой Германия и Австрия, начиная с лета 1945 г., превратились в цель миграции еврейских беженцев. Между июлем 1945 г. и концом сентября 1946 г. под руководством «Бриха» Польшу организованно покинули 111.537 евреев13 . Организация использовала для переправки беженцев в Германию главным образом два маршрута: первый пролегал через Наход, Братиславу, Вену, Линц или Зальцбург и вел в американскую зону оккупации в южной Германии. Второй маршрут вел через Штеттин в американский сектор Берлина14 . Большинство выбирало первый маршрут. Тем не менее, уже за время до ноября 1945 г. около 7.000 евреев мигрировали из Польши в Берлин,15 а за период с августа по ноябрь 1946 г., то есть после погрома в Кельце, в Берлин бежало уже 16.000 евреев16 . В качестве цели миграции Берлин привлекал евреев как своей географической близостью к Польше, так и огромным наплывом немецких беженцев, изгнанных из Восточной Европы, который существенно осложнял тщательный пограничный контроль17 . Наряду с лагерем Мариендорф‐Биалик-Центр в Берлине американские военные власти открыли в Германии с июня по ноябрь 1946 г. 38 новых приемных лагерей для беженцев, рассчитанных на 61.300 мест18 . Сделано это было после определенных колебаний, поскольку американцы опасались, что либеральное обхождение с еврейскими беженцами еще больше повысит привлекательность их зоны оккупации для мигрантов. За исключением небольшого количества пересыльных лагерей, расположенных вблизи границы, таких как Хам, Ландсхут или Айнринг близ Фрайлассинга, которые сохранили свой характер этапных лагерей и поэтому были распущены в течение 1947 г., лагеря для перемещенных лиц на глазах превратились в небольшие самоуправляемые общины. Возникает вопрос, почему именно американская зона оккупации стала местом сосредоточения лагерей для евреев из числа перемещенных лиц? Британцы, в чьей оккупационной зоне существовал самый крупный лагерь для перемещенных лиц, рассчитанный на 10.000 человек – лагерь Бельзен-Хоне, сооруженный на базе бывшего концентрационного лагеря Берген‐Бельзен – в принципе отказывались признавать наличие специфических проблем, связанных с евреями, выжившими в Холокост, принимая во внимание подмандатную Палестину и связанный с этим страх перед возможной реакцией арабского мира. В результате британцы расценивали сообщения об антисемитских эксцессах в Польше как сионистскую пропаганду и рассматривали еврейских беженцев как граждан Польши, которые в случае необходимости должны быть силой возвращены на их европейскую родину. Франция играла в исто13 14

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Bauer Y. Flight and Rescue. P. 119. О ситуации в Берлине см.: Königseder A. Flucht nach Berlin: Jüdische Displaced Persons, 1945–1948. Berlin, 1998. Bauer Y. Flight and Rescue. P. 130. Bauer Y. Out of the Ashes. P. 129. Rock E., Levy H. S. Quarterly Report, Berlin Office, A.J.D.C., 1 March 1946 – 1 June 1946. P. 17–18. YIVO Institute for Jewish Research, DP Camps Germany (DPG), f. 1633. Summary Report on Infiltree Movement of Jews to U.S. Zone of Occupation in Germany from June 1946 to November 15, 1946. YIVO, DPG, f. 1501.

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рии евреев из числа DPs лишь второстепенную роль. Хотя во французской зоне оккупации имелся ряд сравнительно небольших лагерей для перемещенных лиц, тем не менее Франция была не в состоянии ни политически, ни экономически, оказать в этом вопросе сколько‐нибудь значимое влияние. Советский Союз в свою очередь заявлял, что евреи оставляют Польшу исключительно по экономическим соображениям, поэтому у СССР нет намерений, признавать специфические проблемы евреев, которые являются результатом преследований со стороны национал‐социалистов. В результате польские евреи в массовом порядке мигрировали на территорию американской зоны оккупации и американского сектора Берлина, где с лета 1945 г. стала доминировать либеральная миграционная политика, готовая реагировать на особую ситуацию людей, переживших Холокост. Жизнь евреев в лагерях для перемещенных лиц полностью отличались от жизни ассимилированной немецкой еврейской общины образца до 1933 г. не только своей дистанцией по отношению к немецкому окружению, но и качеством внутренних еврейских структур. Свой решающий отпечаток на всю послевоенную жизнь евреев в Германии наложили еврейские мигранты из Восточной Европы. Они превратили DP-лагеря –существовавшие в значительной степени автономно от немецкого общества – в культурные центры с оживленной религиозной жизнью и соблюдением еврейских традиций. Еврейские организации помощи из США, Великобритании и Палестины поддерживали выживших не только финансовыми дотациями, медикаментами и продуктами питания, они также заботились о психологическом попечении людей, перенесших тяжелейшую травму. Длительное пребывание в Германии и восстановление здесь еврейских общин, в противоположность намерениям некоторых немецких евреев, никогда не были частью планов на будущее евреев из числа перемещенных лиц. Однако развитие событий в Палестине и ограничительный характер иммиграционной политики других потенциальных принимающих стран имели своим последствием для большинства перемещенных лиц многолетнее нахождение в лагерях. Лишь образование еврейского государства в мае 1948 г. и победа израильтян в войне за независимость 1948–1949 гг., а также либерализация американского иммиграционного законодательства в 1948 и 1950 гг. открыли для евреев возможность выезда из Германии. Хотя это затягивание эмиграции и лагерная атмосфера действовали на переживших Холокост евреев деморализующим образом, лагеря для перемещенных лиц превратились в центры оживленной еврейской жизни, которым был присущ характер бывших еврейских местечек (штетлов) в Польше, с собственными управлением, школами, курсами профессиональной подготовки, прессой, а также культурными и религиозными инициативами. Именно последние имели большое значение для психической реинтеграции выживших. Организация и проведение мероприятий координировалась культурными отделами лагерей, образованными в рамках самоуправления. Большинство культурных инициатив исходило непосредственно от самих евреев, от гуманитарных организаций они получали только материальную помощь. Сами Федер, профессиональный актер из числа польских евреев, уже в начале июля 1945 г. приступил в лагере Бельзен-Хоне, находившемся в британской зоне оккупации, к организации своего «Кацет-Театра». Первое представление под его руко-

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водством было дано 6 сентября 1945 г. на импровизированной сцене, зрители увидели три небольших пьесы сатирического плана. Спустя много лет Федер так описывал реакцию воодушевленных зрителей: Никогда больше в моей карьере мне не пришлось выступать перед такой благодарной публикой. Зрители хлопали в ладоши, смеялись и кричали. Когда в конце выступления мы завели знаменитую песню «Think not you travel to despair again», тысячи людей вскочили со своих мест и запели вместе с нами. Финальным номером представления была исполнена Атиква [будущий национальный гимн Израиля]. Никогда снова Атиква не пелась с таким энтузиазмом, как в тот первый вечер19 .

В течение нескольких следующих недель «Кацет-Театр» дал еще 10 представлений этой своей первой программы. Одновременно Сами Федер начал готовить постановку пьесы Шолома Алейхема «Заколдованный портной». Еврейская классика пользовалась огромной популярностью во всех театральных группах, возникших в лагерях для перемещенных лиц и у их зрителей, наряду с выступлениями, посвященными событиям в гетто и лагерях. Так, театральная труппа лагеря Фёренвальд «Бамидбар» («Bamidbar», «в пустыне») поставила в начале 1947 г. пьесу по циклу рассказов Шолома Алейхема «Тевье-Молочник». Относительно большую известность приобрела театральная группа «Бадерех» («Baderech», «на пути») из лагеря Берлин‐Шлахтензее, чьи постановки „Di Farsztojsene“ по роману Виктора Гюго «Отверженные» и «Мнимый больной» Мольера получили рецензии в берлинских газетах. Один из членов творческого коллектива «Бадерех» так подводил итог, размышляя о целях и успехах театра в связи с первым годичным юбилеем: Наша непрестанная задача сводится к преодолению теней прошлого. Вооружившись сатирой и драмой, с серьезностью и смехом, мы вступили в борьбу с нашей судьбой. Мы оживили на сцене персонажей, которые не носят масок, их лица – это наши подлинные лица. Мы прилагаем все усилия, чтобы помочь нашим друзьям в лагере преодолеть тот вакуум, который разделяет страшное прошлое и полное надежды, но пока еще туманное будущее. Нам необходима эта художественная самодеятельность, у нас есть право на индивидуализм: годами мы были обречены умирать как масса; теперь пришло время, когда мы желаем жить как народ! Первый шаг в этом направлении – наш маленький театр на окраине Берлина, промежуточная станция на пути к новой жизни20 .

Одновременно с началом деятельности «Кацет-Театра», в Бельзене стала выходить первая в послевоенной Германии еврейская газета «Наш голос» („Unzer Sztyme“). Самая лучшая и самая известная газета такого рода, «Ландсбергская лагерная газета» („Landsberger Lager Cajtung“), публиковалась, начиная с 8 октября 1945 г., в лагере для перемещенных лиц Ландсберг. Ее основателем, издателем и главным редактором был говоривший на идише уроженец Ковно, юрист, доктор Самуэль Грингауз. С осе-

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Feder S. The Yiddish Theatre of Belsen // Belsen / Irgun Sheerit Hapleita Me’haezor Habriti (ed.). Tel Aviv, 1957. P. 138–139. Der Weg: Zeitschrift für Fragen des Judentums. 1947. 5. Sept.

К вопросу о положении евреев из числа перемещенных лиц

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ни 1946 г. газета именовалась «Еврейская газета» („Jidisze Caytung“), тем самым стараясь соответствовать своим притязаниям на роль газеты надрегионального уровня. На пике успеха ее тираж достигал 15 000 экземпляров. Почти во всех лагерях для перемещенных лиц издавалась как минимум одна газета. Большинство из них являлись типичными «лагерными» газетами, которые освещали главным образом события и мероприятия в лагерях, публиковали воспоминания лагерников и списки пропавших без вести родных и близких. Кроме того, в них печатались сообщения о событиях в Палестине. Несмотря на впечатляющие культурные, религиозные и образовательные инициативы, лагеря для евреев из числа перемещенных лиц никогда не упускали из вида свою главную цель: наискорейшую эмиграцию из страны, которая несла ответственность за убийства их родных и разрушения, причиненные их родине. Почти все евреи рассматривали Германию только как промежуточную станцию, как трамплин по пути на свою новую родину. Как бы то ни было, еще до образования в мае 1948 г. государства Израиль, из Германии и Австрии нелегально эмигрировали в Палестину около 69 000 евреев. Для многих из них эта попытка закончилась лагерем для интернированных лиц на Кипре. События вокруг судна «Exodus 47», пассажиры которого были отправлены обратно в Германию и судьба которых стала основой для романа Леона Юриса «Exodus», сделали историю этой нелегальной эмиграции знаменитой. Среди почти всех перемещенных лиц из числа евреев также царило единодушие в политических вопросах: их кредо являлась воодушевленная поддержка сионизма. Споры возникали только вокруг деталей, зато основное убеждение, согласно которому еврейское государство являлось единственным ответом на геноцид, разделяли почти все, в том числе те, кто не хотел или не мог выехать в Палестину. Кроме того, основной контингент лагерей для перемещенных лиц составляли евреи из Восточной Европы, где сионизм до начала Второй мировой войны обладал гораздо большим влиянием, чем среди евреев Центральной и Западной Европы, подвергшихся ассимиляции. Последние рассматривали сионизм зачастую как угрозу для своей «свежеиспеченной» общественной эмансипации. Восточноевропейские евреи не понимали и не разделяли желание некоторых немецких евреев, начать после войны строить новую жизнь в Германии. Горечь и непонимание – такой была их реакция на то, что после катастрофы, которую пережил еврейский народ, остальной мир отказывает евреям в праве на свое собственное государство, в то время как они продолжают жить в лагерях, не зная, какое будущее ждет их впереди. Основание государства Израиль в мае 1948 г. и снятие всяческих запретов на въезд в Палестину в январе 1949 г. вызвали среди евреев мощное эмиграционное движение. Одновременно США, которые также представляли собой желанную цель для эмиграции, смягчили свои иммиграционные законы. В результате до конца 1950 г. большинство DP-лагерей были ликвидированы, поскольку все перемещенные лица, которые желали эмигрировать и были также в состоянии это сделать физически, покинули Германию или присоединились к вновь основанным еврейским общинам. Оставшиеся евреи были сконцентрированы в Южной Германии, в лагерях Фёренвальд, Ландсберг вблизи Леха, Фельдафинг у Штарнбергер Зее, Лехфельд под Аугс-

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бургом и Габерзее под Вассербургом. В 1952 г. всех их собрали в последнем из DPлагерей, в Фёренвальде21 . Этот лагерь для евреев из числа перемещенных лиц под Вольфратсхаузеном, что южнее Мюнхена, закрыл свои ворота только в феврале 1957 г. – почти 12 лет спустя после конца господства национал‐социалистов. Это означало, что большинство его обитателей провели еще 12 лет своей жизни в лагере, что наряду с негативными ассоциациями с концентрационными лагерями также означало дефицит приватной сферы. Но в первую очередь «лагерники» были вынуждены прожить 12 лет на немецкой земле и наблюдать за тем, как страна, которая стала причиной еврейской трагедии, развивалась быстрыми темпами и снова была принята в круг цивилизованных держав, в то время как они сами должны были тяжело бороться, чтобы открыть новую страницу своей жизни.

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Ср.: Königseder A. Razzia im DP-Lager Föhrenwald: Zur Situation jüdischer Displaced Persons // «Juden unerwünscht»: Anfeindungen und Ausschreitungen nach dem Holocaust / W. Benz, B. Mihok (Hrsg.). Berlin, 2016. S. 37–55.

Стефан Трёбст Бегство, насильственное перемещение и изгнание немцев (1944–1948 гг.) Агрессия Гитлера в отношении Чехословакии 1938–1939 гг., война национал‐социалистической Германии и сталинского Советского Союза с Польшей 1939 г. и последовавший раздел польской территории, а также других территорий Северной, Центральной и Южной Европы между двумя диктаторскими режимами, оккупационный террор, нападение Германии на СССР и долгая германо‐советская война 1941–1945 гг., а также Холокост, решение о котором принималось в Берлине на Ванзейской конференции, не только стоили жизни миллионам людей, но и вызвали принудительные миграции населения гигантских масштабов. Депортации «подозрительных» народов в СССР, осуществленные во время последней фазы военных действий, массовое бегство немецкого гражданского населения из восточных областей Третьего рейха из страха перед наступавшей Красной Армией, принудительная депортация немцев из Юго-Восточной Европы и восточных областей Центральной Европы в СССР незадолго до конца войны, а также принятое после войны решение стран‐победительниц о «трансфере» немцев из бывших немецких областей восточнее Одера и Нейсе, из Чехословакии и Венгрии – все это придало дополнительный масштаб процессам принудительной миграции и позволило им растянуться на целое десятилетие1 . К этим переселениям глобального масштаба добавились сравнительно малочисленные миграции беженцев, такие как бегство эстонцев в Швецию в 1944 г., поляков из Боснии в Нижнюю Силезию в 1946 г., внутренние насильственные переселения, такие как украинцев в Польше в ходе «операции „Висла”» в 1947 г., а также политическая эмиграция македонцев, греков и других в Югославию и советскую зону влияния вследствие гражданской войны в Греции 1946–1949 годов2 . Согласно современным немецким источникам, территория Германского рейха или, соответственно, территория четырех оккупационных зон с момента безоговорочной капитуляции Германии 8 мая 1945 г., стала в период 1944–1950 гг. местом 1

2

Обзор актуального состояния исследований см.: Schwartz M. Ethnische «Säuberungen» in der Moderne: Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert. München, 2013; Zwangsmigration im Europa der Moderne: Nationale Ursachen und transnationale Wirkungen / St. Troebst, M. Wildt (Hrsg.). Leipzig, 2016 [= Comparativ: Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung. 2016. H. 1]. См. соответствующие словарные статьи: Энциклопедия изгнаний: Депортация, принудительное выселение и этническая чистка в Европе в XX веке / Д. Брандес, Х. Зундхауссен, Ш. Трёбст (Hrsg.). М., 2013.

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Бегство, насильственное перемещение и изгнание немцев (1944–1948 гг.)

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Таблица 1: Происхождение и численность беженцев и изгнанных немцев (1950) Восточные области Германии

6.980.000

  Восточная и Западная Пруссия   Померания   Бранденбург   Нижняя Силезия   Верхняя Силезия

1.890.000 1.470.000 410.000 2.410.000 800.000

Вольный город Данциг Польша Чехословакия Прибалтийские государства СССР Венгрия Румыния Югославия Австрия Остальная Европа Заокеанские страны

290.000 690.000 3.000.000 170.000 100.000 210.000 250.000 300.000 80.000 135.000 20.000

Итого а также лица, изгнанные без утраты родины

12.225.000 525.000

Итого

12.750.000

Источник: Reichling G. Die deutschen Vertriebenen in Zahlen. Teil I: Umsiedler, Verschleppte, Vertriebene, Aussiedler 1940–1985. Bonn, 1986. S. 59 (Tab. 11), S. 61 (Tab. 12).

прибежища для 12.750.000 беженцев и изгнанных лиц. Из них почти семь миллионов приходилось на мигрантов из бывших восточных областей Западной Пруссии, южных районов Восточной Пруссии, Верхней и Нижней Силезии, Восточной Померании и Восточного Бранденбурга, ставших частью коммунистической Народной Польши. Еще около трех миллионов человек составили мигранты из Чехословакии, возродившейся в своем довоенном демократическом качестве. 3.255.000 человек, названных эвфемистически «переселенцами», нашли прибежище в советской зоне оккупации Германии и еще 8.955.000 человек, классифицированных как «лица, изгнанные с родины» – в трех западных зонах оккупации (данные по состоянию на 1950 г.), прежде всего в британской и американской. Установить соотношение между «добровольными» беженцами и принудительно переселенными лицами, особенно для периода сразу после окончания войны, практически не представляется возможным – государственные и негосударственные действия, приведшие к беженству, не рассматривались в то время как международное преступление – в результате ни оккупационные власти, ни немецкая администрация не вели соответствующего учета.

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Изгнание немцев из Польши, расширившей свою территорию за счет «подвижки на Запад», а также из «реконструированной» Чехословакии3 дает возможность сделать вывод о двух различных фазах изгнания, характеризовавшихся двумя различными методиками. С одной стороны, речь идет о «диких изгнаниях» весны–лета 1945 г., осуществлявшихся армией, милицией, добровольческими союзами и гражданскими лицами, с другой – о систематическом принудительном переселении «упорядоченным и гуманным образом» начиная с октября 1945 г., решение о чем было принято на Потсдамской конференции 2 августа 1945 г. (статья XIII Потсдамского соглашения). В результате с территории «вновь приобретенных областей», а также из внутренних областей Польши до 1948 г. было выселено в принудительном порядке в общей сложности около четырех миллионов человек4 . Из них около 1,2 млн. человек были перевезены в 1946 г. в британскую зону оккупации по двум железнодорожным линиям, а также по морю в ходе операции „Swallow“, осуществлявшейся в соответствии с польско‐британским соглашением. Это соглашение предусматривало насильственное переселение немцев из Данцига, Западной Пруссии и Нижней Силезии. Согласно новейшим оценкам, на территории послевоенной Польши в результате эксцессов в отношении немецкого гражданского населения, а также в польских трудовых лагерях и лагерях для интернированных лиц, в ходе «дикого изгнания» и во время массового принудительного переселения в период до 1948 г. погибло около 400.000 немцев. Согласно Потсдамским договоренностям, в 1946–1947 гг. из Венгрии были принудительно переселены в американскую оккупационную зону около 175.000 немцев и около 35.000 – в советскую зону оккупации. В Румынии и Югославии было осуществлено интернирование значительного количества немцев, имели место также акты возмездия, но дело не дошло до систематического принудительного переселения. Вне рамок Потсдамского соглашения остались северные территории Восточной Пруссии, отошедшие к СССР и включенные в состав РСФСР, а также район Мемеля, включенный в состав Литовской ССР. В советскую зону оккупации в 1947–1948 гг. были переселены около 100.000 немцев из Калининградской области, образованной на территории советской части Восточной Пруссии. 3.300 немцев из Литовской ССР получили разрешение в 1951 г. переселиться в ГДР, еще 9.000 переселились в 1958–1960 гг. в ФРГ. 3

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См. основные исслед. на эту тему: Douglas R. M. «Ordnungsgemäße Überführung»: Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. München, 2012; Beer M. Flucht und Vertreibung der Deutschen: Voraussetzungen, Verlauf, Folgen. München, 2011; Frank M. Expelling the Germans: British Opinion and Post-1945 Population Transfer in Context. Oxford, 2008; Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten: Ursachen, Ereignisse, Folgen / W. Benz (Hrsg.). Frankfurt a. M., 1985. См. также: Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus OstMitteleuropa / Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Hrsg.) / Th. Schieder (Bearb.). 5 Bde. Bonn, 1953–1956. Статистические данные, приведенные здесь и ниже, см.: Брандес Д., Зундхауссен Х., Трёбст Ш. (Hrsg.). Энциклопедия изгнаний. См. также атлас с комментариями, иллюстрациями и факсимильным воспроизведением документов: Witold Sienkiewicz, Grzegorz Hryciuk (red.): Wysiedlenia, wypędzenia i ucieczki 1939–1959. Atlas ziem Polski: Polacy, Żydzy, Niemcy, Ukraincy. Warszawa, 2008.

Бегство, насильственное перемещение и изгнание немцев (1944–1948 гг.)

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Принудительное перемещение немцев на работы в СССР осуществлялось на основании постановлений СНК СССР, принятых еще в конце 1944 г., и регулировалось приказами НКВД. В целом оно коснулось примерно 450.000 человек. Первыми в Советский Союз, на территорию Украинской ССР, были депортированы зимой 1944/45 г. около 11.000 так называемых «фольксдойче» из Югославии. Из них 2.000 умерли во время интернирования, остальные были репатриированы в 1949 г. В январе 1945 г. для использования в качестве подневольных рабочих на угольных шахтах и металлургических комбинатах в СССР были депортированы около 70.000 немцев из Румынии. Уровень смертности среди них составил 10 %. К 1948 г. три четверти из выживших вернулись в Трансильванию и Банат, еще четверть – в советскую зону оккупации Германии. Также в январе 1945 г. в Советский Союз были депортированы около 20.000 немцев из Венгрии, в первую очередь для работ на территории Молдавской ССР. С февраля по апрель 1945 г. советскими органами власти были заключены под стражу и направлены на принудительные работы в СССР около 217.000 немцев из областей восточнее Одера и Нейсе. Около 200.000 из них к 1948 г. были отпущены в четыре оккупационные зоны Германии. Жизненные условия, административные требования и практики приема мигрантов существенно различались в союзных зонах оккупации. Особенно ограничительной была политика военной администрации во французской зоне оккупации, включавшей в себя Рейнланд‐Пфальц, Баден, Вюртемберг‐Гогенцоллерн, Саар, а также баварский округ Линдау. Французская дирекция по делам беженцев и перемещенных лиц (Direction des Personnes Déplacées et Réfugiés) вплоть до ноября 1946 г. успешно противостояла любой попытки, вынудить ее к приему беженцев и изгнанников. Лишь после этого нескольким десяткам тысяч немцам, бежавшим из Восточной Пруссии в Данию, удалось вернуться на территорию французской зоны оккупации. Полностью французская зона оккупации открыла свои границы для немецких мигрантов в 1949 г., но доля беженцев и изгнанных лиц – 10 % – была здесь самой низкой в сравнение с остальной Германией. Совершенно иначе аналогичная цифра выглядела в советской зоне оккупации (Тюрингия, Саксония‐Анхальт, Саксония, Бранденбург, советский сектор Берлина, Мекленбург‐Передняя Померания) – 24,1 % на 1949 г. Из всех земель здесь лидировал Мекленбург‐Передняя Померания – 43,3 %. Под давлением СВАГ, начиная с 1946 г. мигрантам стала выплачиваться так называемая «единовременная помощь переселенцам». В 1950 г. в качестве реакции на западногерманские дебаты о компенсациях за ущерб, причиненный войной, в ГДР был принят закон «О дальнейшем улучшении положения бывших переселенцев» («Gesetz zur weiteren Verbesserung der Lage der ehemaligen Umsiedler»), который предусматривал многочисленные меры социального и внутриполитического характера, направленные на интеграцию бывших мигрантов, однако этот закон прекратил действовать уже в 1953 г. В британской зоне оккупации (Гамбург, Северный Рейн‐Вестфалия, ШлезвигГольштейн) в конце 1947 г. находилось свыше трех миллионов беженцев и изгнанных лиц, что составляло 14,5 % от общей численности населения. Лидировал здесь по численности мигрантов Шлезвиг‐Гольштейн – 32,2 % на октябрь 1946 г. Впоследствии были задействованы пять переселенческих программ, чтобы переселить из Шлезвиг‐Гольштейна, а также из Нижней Саксонии несколько сотен тысяч быв-

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ших мигрантов в Северный Рейн‐Вестфалию, где ситуация на рынке труда была гораздо более благоприятной. Из 3,4 млн. вынужденных мигрантов, оказавшихся в американской зоне оккупации (Бавария, Баден‐Вюртемберг и Гессен) большая часть (1,9 млн. человек) проживала в Баварии, в том числе свыше миллиона немцев из Чехословакии (так называемые судетские немцы) и около полумиллиона немцев из Силезии. Как для оккупационных властей, так и для немецких органов управления, а начиная с 1949 г. – для властей ГДР и ФРГ, приток свыше 12 млн. мигрантов в страну, частично разрушенную войной, в которой на тот момент также временно проживало около десяти миллионов перемещенных лиц (Displaced Persons)5 и в которую возвращались миллионы военнопленных, представлял собой огромную проблему. Рабочие места, жилье и продукты питания были дефицитом, медицинская помощь и школьное обучение обеспечивались лишь частично. К этому добавились, прежде всего в сельских областях, принявших большую часть беженцев и изгнанных лиц, социальные трении, а также напряженность, обусловленная конфессиональными различиями. В конце 1940‑х годов было трудно предсказать, что интеграция мигрантов тем не менее пройдет успешно в течении нескольких ближайших десятилетий. Свою позитивную роль в этом сыграли меры по компенсации ущерба, причиненного войной и «экономическое чудо» в западногерманском государстве и законодательство о переселенцах – в восточногерманском государстве. В то время как тема бегства, принудительного переселения и изгнания оставалась в ГДР табу, в ФРГ она определяла внутреннюю политику вплоть до 1970‑х годов, причем ее воздействие на общество носило поляризующий характер. В объединенной Германии она вновь стала актуальной и спорной в контексте немецко‐польских, а также немецко‐чешских отношений и продолжает оказывать свое воздействие вплоть до сегодняшнего времени. Сталинский Советский Союз при этом не является важным актором исторической картины современных немцев, впрочем, как и официальной государственной политики ФРГ в сфере истории, и едва ли занимает какое-либо место в культуре памяти немецкого гражданского общества. С одной стороны, массовое бегство немцев от Красной Армии, которую они воспринимали тогда как «азиатские орды», а также от последующей советской оккупации, сопровождавшейся конфискациями, мародерством, интернированием, изнасилованиями и принудительным трудом, фигурирует в памяти немцев как негативное событие, однако в первую очередь обусловленное военными действиями, как заслуженное возмездие за национал‐социалистическую войну на уничтожение против СССР, за оккупационный террор, за насильственный увоз советских граждан на принудительные работы в Третий Рейх и за уничтожение миллионов советских военнопленных, умерших в немецких лагерях голодной смертью. С другой стороны, позитивную роль играют сообщения изгнанных лиц о той защите, которую органы временной советской военной администрации предоставляли оставшимся немцам от нападений польских гражданских лиц и польских органов

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Подробнее см. статью Ангелики Кёнигседер «К вопросу о положении евреев из числа перемещенных лиц» в настоящем томе, С. 13–22.

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государственной власти, например в Нижней Силезии. Это отчасти объясняет, почему с точки зрения общества, политики и СМИ ФРГ тема «бегства и изгнания» не обладает конфликтным потенциалом применительно к 15 государствам, являющимся сегодня наследниками подорванного изнутри СССР. Это справедливо в том числе в отношении Российской Федерации, которая в Германии de facto воспринимается как единственный легитимный правопреемник Советского Союза, и это невзирая на судьбу немцев в северной Восточной Пруссии и Мемеле. С точки зрения современного немецкого общества, собственно «гонителями» являлись поляки и чехи, в гораздо меньшей степени – венгры и словаки, и вовсе не являлись таковыми белорусы, казахи, украинцы и даже русские. Соответственным образом, изгнание немцев из восточной части Европы во второй половине 1940‑х годов не относится к актуальным конфликтным темам между ФРГ и РФ. Отсутствие немецко‐русского «спора политиков и историков» вокруг темы беженства, депортаций и изгнания по немецко‐польскому или немецко‐чешскому образцу демонстрирует, что российско‐немецкие отношения (все еще?) не созрели для «взаимной коррекции памяти наций» (Дан Динер), не говоря уже о диалогическом воспоминании преодоленного прошлого, еще чреватого потенциальными конфликтами6 . Этого не стоит ожидать, учитывая постсоветскую героизирующую историческую политику России и постгероическую самокритичную историческую политику ФРГ, тем более пока события 22 июня 1941 г. и 9 мая 1945 г. оставляют в тени события 23 августа, 1 сентября и 17 сентября 1939 г.

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Данная проблема была лишь коротко затронута в сборнике научных статей, изданном в 2014 г. Совместной комиссией по изучению новейшей истории российско‐германских отношений. См.: Filitow A., Wentker H. Die Konferenz von Potsdam 1945 // Deutschland – Russland: Stationen gemeinsamer Geschichte, Orte der Erinnerung. Bd. 3: Das 20. Jahrhundert / H. Altrichter, W. Ischtschenko, H. Möller, A. Tschubarjan (Hrsg.). Bonn, 2014. S. 161–172, здесь S. 166–167. Гораздо более подробно освещает проблему депортации и изгнания поляков советскими органами власти в период между 1939 и 1959 гг. сборник научных статей, опубликованный в 2010 г. Российско‐польской группой по сложным вопросам: Белые пятна, черные пятна: Сложные вопросы в российско‐польских отношениях / А.В. Торкунов, А.Д. Ротфельд (ред.). M., 2010.

Василий Христофоров Общественные настроения немецкого населения в советской зоне оккупации Германии в 1946–1949 гг. Одной из центральных проблем послевоенного урегулирования, которую решали стороны антигитлеровской коалиции, была судьба Германии. Потсдамская конференция, проходившая с 17 июля по 2 августа 1945 г., определила основные направления политики в отношении Германии, установила новую границу, суммы и источники репарационных выплат. Советский Союз, США, Великобритания, Франция взялись за переустройство Германии, первоначально имея несхожие представления политического и экономического преобразования страны. Поэтому и направленность процессов восстановления в восточной и западной зонах оккупации была разной. Поражение во Второй мировой войне поставило Германию на грань экономического и социального краха. Колоссальные людские потери, разрушенные промышленность, инфраструктура, энергосистема, дезорганизация финансовых потоков, господство «черного рынка» пагубно влияли на настроения населения. Среди немцев царили озлобленность, страх перед неизвестностью, нежелание участвовать во внутриполитической жизни страны. Огромную роль в становлении массового сознания людей сыграла нацистская пропаганда Третьего Рейха, призывавшая нацию сплотиться перед надвигающейся угрозой в лице приближающейся к границам Красной армии. Гражданам разъяснялись перспективы советского режима: массовое и жестокое истребление немецкого народа либо отправка в Сибирь. Житель Берлина Альберт Винкау делился в кругу знакомых: «Гитлеровские заправилы нам говорили, что с приходом Красной армии 90 % немецкого населения независимо от принадлежности к фашистской партии будет расстреляно, а остальные увезены в Сибирь. Теперь мы видим совершенно обратное. С приходом Красной армии немецкое население убедилось в лживости фашистской пропаганды. Командование Красной армии быстро организовало порядок в городе»1 . Гибель некогда великой державы воспринималась многими немцами как личная трагедия. Отсюда резко возросло число самоубийств, попыток покинуть родину, переселиться из городов в леса. Люди не видели перспектив дальнейшего существования государства и возможности трудиться на благо страны и семей. Не следует отбрасывать и тот факт, что у большого числа жителей Германии близкие родствен-

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Центральный архив Федеральной службы безопасности России (далее: ЦА ФСБ России). Ф. 67. Оп. 1. Д. 106. Л. 215.

Общественные настроения в советской зоне оккупации Германии в 1946–1949 гг.

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ники – сыновья, мужья, братья, погибли в боях с Красной армией и были захоронены в неизвестных могилах на территории СССР. В такой обстановке приход советских войск на территорию Германии вызывал у местного населения панический страх, скрытую враждебность, чувство обреченности. Отсутствовала информация о будущем тех или иных территорий и проживающего на них населения, о возможности решать жизненно важные вопросы. Города охватили голод, болезни, преступность. Работа комендатур, созданных в Восточной Германии красноармейским командованием, увеличивала доверие немцев к военным властям. Но по вполне понятным причинам настроения населения по-прежнему оставались настороженными и выжидательными, хотя уже к концу войны многие немецкие граждане стали понимать, что Красная армия не собирается уничтожать мирное население, а наоборот, стремится установить строгие порядки для налаживания повседневной жизни в стране. Немцы сами помогали советским представителям разыскивать фашистских преступников, открывать всевозможные предприятия, склады2 , мясные и хлебные лавки. Однако формирование гражданских органов управления проходило сложно, а политическая активность масс оставалась практически минимальной. Органы советской военной контрразведки докладывали: «Продолжают поступать материалы, свидетельствующие о коренном изменении мнения и отношения большинства жителей Берлина к Красной армии и Советскому Союзу». Цитировалась масса положительных высказываний немцев по поводу советских оккупационных властей: «Наше счастье, что мы оказались на территории, занятой русскими. Нас сейчас снабжают очень хорошо, гораздо лучше, чем при Гитлере. Все быстро приводится в порядок. Поведение русских может служить образцовым примером»3 . 6 июня 1945 г. вышло Постановление СНК СССР о создании Советской военной администрации в Германии (СВАГ). Через месяц были организованы советские военные администрации земель и провинций для управления территориями и осуществления контроля за работой местных органов самоуправления. 10 июня 1945 г. из трех фронтов Красной армии, находившихся в Германии, была создана Группа советских оккупационных сил в Германии. Отечественные спецслужбы были широко представлены в Германии уже с начала 1945 г.: органы военной контрразведки, продвигавшиеся вместе с частями и соединениями Красной армии и проводившие огромную работу на освобожденных от гитлеровских войск территориях, оперативные группы НКГБ СССР на железнодорожном и водном транспорте, сотрудники внешней разведки, внутренние войска, войска по охране тыла Красной армии. В январе 1945 г. был учрежден институт Уполномоченных НКВД по всем фронтам. В июне – оперативные сектора НКВД организовались на территории земель и провинций. УКР «Смерш» 1-го Белорусского фронта переименовали в УКР «Смерш» группы Советских оккупационных войск в Германии, а через месяц отделы

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СВАГ и немецкие органы самоуправления: 1945–1949 / Н.В. Петров (отв. ред.). М., 2006. С. 95. ЦА ФСБ России. Ф. 67. Оп. 1. Д. 106. Л. 221.

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контрразведки «Смерш» были созданы при органах советской военной администрации во всех землях и провинциях. Сотрудники советских органов безопасности в Германии и СВАГ не имели опыта административно‐хозяйственной работы, поэтому их важной задачей было создать немецкие административные органы и наладить их работу. Подбор кадров на должности бургомистров, начальников полиции, их заместителей, прокуроров, судей и сельских старост проходил сложно, немецкое население не выказывало желания принимать участие в управленческой деятельности. Но решить кадровый вопрос в органах власти восточной части Германии удалось в короткие сроки, и немаловажную роль в этой работе сыграли сотрудники НКГБ, НКВД и «Смерш». Немаловажным было создание у немцев положительного образа СССР и советского военного присутствия в стране. Я восхищаюсь внимательностью и заботой, которую проявляют русские, чтобы прийти к взаимопониманию и будущей дружбе с немецким народом, – говорил рабочий из Потсдама Марк Шуман, – все, что говорят об отсутствии личной свободы при советской оккупации – это неправда. Во всем управлении твердая линия: каждый фашист проверен тщательно. Здесь никто не подвергается мелким придиркам за то, что он говорит. Нет старой фашистской тенденции. Советские власти выпускают здесь, в Лейпциге, политические брошюры. Хорошо подобранные с иллюстрациями книги рассказывают немцам о жизни СССР4 .

В конце мая 1945 г. начальник УКР «Смерш» 1-го Белорусского фронта докладывал заместителю наркома внутренних дел СССР о нормализации работы полиции, суда и прокуратуры Берлина. В связи с открытием в городе новых магазинов, ресторанов, кафе, организацией уличной торговли большой объем работы приходилось выполнять торгово‐промышленной полиции, проводившей регистрацию всех торговых точек. Криминальная полиция приступила к расследованию дел о кражах, воровстве, мошенничестве, самоубийствах. Проходил активный поиск лиц, выдававших себя за полицейских, занимавшихся незаконной реквизицией продуктов у населения, конфискацией запасов продовольствия и вещевых складов. Действия таких лжеполицейских вызывали серьезную обеспокоенность и у советских военных, и у немецкого гражданского населения. Участились случаи расправ жителями страны над бывшими нацистскими главарями. Например, 26 мая полицейский патруль стал свидетелем того, как группа людей повесила на столбе мужчину, приклеив к его телу надпись «Das ist ein „Werwolf“»5 . Патруль пытался вмешаться в ситуацию, но преступники, будучи хорошо вооруженными, предъявили документы полицейских и под угрозой расстрела велели патрулю уходить. Повешенным оказался владелец одного из магазинов, быв-

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 404. Л. 258–259. «Это „вервольфовец“». «Вервольф» – нацистская диверсионно‐террористическая организация, образованная в 1944 г., переводится как «оборотень».

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ший оргсгруппенляйтер, член НСДАП, проводивший среди населения квартала активную нацистскую агитацию6 . Советские контрразведывательные органы сообщали, что получили «интересный информационный материал о реагировании немецкого населения на создание полицейских и судебных органов. Согласно этим материалам, большинство высказываний носят положительный характер. Создание суда и прокуратуры, а также полицейских органов восприняты населением как свидетельство того, что в Берлине полностью восстановлен общественный порядок»7 . В этот же период органы военной контрразведки докладывали о ходе формирования органов местного самоуправления. В документе указывалось, что «в крупных населенных пунктах и городах к середине мая 1945 г. была организована гражданская власть – назначены бургомистры, начальники полиций, судьи, прокуроры и другие. В своей основе на эти должности назначены антифашисты, в прошлом коммунисты или члены социал‐демократической партии и беспартийные рабочие, представители интеллигенции (юристы, врачи и т.п.)»8 . Со вступлением в Бранденбург частей Красной армии незамедлительно создали аппарат административного управления – магистрат, с 15 отделами, назначили их заведующих. Вместе с тем, отмечались недостатки в работе по организации местного самоуправления, связанные, в основном, с определением на руководящие должности бывших нацистских активистов. Например, в г. Вильдау остался прежний бургомистр, активно поддерживавший политику нацистского правительства. С целью дискредитации советских оккупационных властей он прекратил выдачу населению продовольствия, чем явно порождал в городе антисоветские настроения. После того, как удалось разобраться в ситуации, жителям объяснили причины задержек в распределении продуктов9 . Реорганизация советских органов государственной безопасности в мае 1946 г. заметно отразилась на деятельности спецслужб, дислоцированных в Германии. Вся оперативно‐чекистская и следственная работа в советской зоне оккупации перешла из МВД СССР в МГБ СССР вместе с агентурно‐осведомительской сетью, разработками, личным составом, КПЗ и внутренними тюрьмами, имуществом, зданиями и материальными ценностями10 . Важной задачей органов МГБ в Германии продолжал оставаться сбор информации о настроениях населения в связи с событиями как внутри страны, так и на международной арене. Из различных аналитических документов по данному вопросу, составленных сотрудниками МГБ на территориях, можно сделать вывод, что основная часть немецкого населения лояльно относилась к советским оккупационным войскам и военным администрациям или поддерживала их начинания.

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ЦА ФСБ России. Ф. 67. Оп. 1. Д. 106. Л. 134–135. Там же. Л. 133. Там же. Л. 110. Там же. Л. 111. Аппарат НКВД-МГБ в Германии: 1945–1953 / Н.В. Петров, Я. Фойтцик (сост.). М., 2009. С. 13.

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12 июля 1946 г. в трамвае г. Эрфурте пассажиры обсуждали отход из Тюрингии частей Красной армии. Один из собеседников говорил: «Мы на русских не должны обижаться, потому что они везде в Германии ввели неплохой порядок, особенно это заметно в городе Эрфурте. Американцы же наоборот не заботятся о наведении порядка в своей зоне оккупации, где царят произвол и бесчинства военных властей и армии по отношению к немецкому населению. Наряду с этим у русских мы во много раз больше получаем продовольствия, чем население западных зон оккупации. Я полагаю, что если бы русские оккупировали всю Германию, то жизнь немецкого населения была бы лучше»11 . Житель г. Гаузенштайн Вагнер Эмиль среди коллег‐рабочих сказал: «Немцы стали среди народов мира самыми противными существами. Если газета или радио извещают о немцах, то нетрудно догадаться, что речь идет о наших преступлениях на территориях других стран, когда-то оккупированных немецкой армией. Мы виноваты больше всего перед русскими, и характерно, что русские относятся к нам не так плохо»12 . Сразу после окончания войны наиболее острой в Германии стала продовольственная проблема, и первым делом советские оккупационные власти начали решать именно ее. Следующим шагом стала земельная реформа, в результате которой было объявлено о конфискации всей крупной земельной собственности и наделении землей. Понятно, что с учетом масштаба ущерба от войны восстановить сельское хозяйство в стране в одночасье было невозможно. Но основные проблемы немецкого крестьянства при самой активной помощи советских властей решить удалось: крестьяне получили землю, скот, инвентарь, постройки, возвели новые дома, получили возможность обрабатывать поля машинами за умеренную плату. Все мероприятия СВАГ обсуждались населением Германии. Настроения немцев фиксировались и подвергались тщательному анализу в органах МГБ, готовивших информационные документы о реагирования граждан страны на те или иные события. Ретлинг Отто из Тейхе был убежден: «В нашей зоне земельная реформа проведена окончательно, земля крупных помещиков и крупных нацистов конфискована. Крупные имения поделены, и каждый, кто хотел стать новым крестьянином, получил по 20–30 моргенов земли. Земля передана бесплатно всем как их собственность по акту. Конфискованные производства управляются рабочими, а всеми рабочими других производств руководят производственные советы, которые работают на благо народа, а не в целях прибыли»13 . Житель г. Галле Хаген утверждал: «Существенно то, что строительные кирпичи для будущего правильно заложены, и в этом состоит различие между восточной и западными зонами. Мы закладываем все в основу для создания социалистической плановой экономики, в то время как там управляют капиталистические круги. Они опять завоевывают свои утерянные позиции. Основное, что проведено в нашем новом государственном здании – земельная реформа, которая изгнала всех феодальных юн-

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 4. Д. 178. Л. 3. Там же. Л. 75. ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 404. Л. 253.

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керов. Экспроприированы крупные капиталисты и крупные банкиры, и это обеспечит нам господствующее положение перед мелкой буржуазией. Проведена школьная реформа, при которой духовное воспитание подрастающего поколения находится в наших руках. Благодаря этим мероприятиям можно ясно видеть развитие в восточной зоне. Мне эта жизнь больше нравится, чем где-то за границей, где гитлеровские палачи проявляют свою силу над угнетенными народами, и было бы сумасшествие, если бы они победили»14 . Заметны были изменения в социальном секторе. Греунер Марианна из Саксонии считала так: «Я все-таки рада, что нахожусь на востоке. В социальных делах мы ушли намного вперед. Переселенцы у нас не являются второстепенными людьми. Реакция не может у нас процветать так дико, как где-нибудь в других местах. Этот прогресс достигнут благодаря новому режиму и оправдывает себя»15 . Экономические и социальные преобразования сочетались с партийным строительством, тесно связанным с денацификацией и демократизацией. В 1945 г. в восточногерманских землях официально действовали четыре партии. В апреле 1946 г. на объединительном съезде коммунистов и социал‐демократов была сформирована Социалистическая единая партия Германии. Русское военное управление помогает нам во всем, где только может, – говорил Фишер Роберт из Люббена, – а также работает совместно с нашей партией ‹…›. Произошло слияние Коммунистической и Социал‐демократической партий в великую единую партию Германии (СЕПГ). Это было, по моему мнению, единственным правильным путем. Только сильная, сплоченная партия в состоянии начать успешную борьбу с пробуждающейся реакцией16 .

Деятельность советских структур на территории Германии, с одной стороны, была направлена на улучшение жизни немецких граждан, а с другой – связана с изъятием промышленного оборудования, товаров потребления, транспорта и сырья в счет репарации. Не все немцы были готовы смириться с таким положением вещей. Органы МГБ в Германии рассматривали ряд случаев саботажа демонтажа промышленных предприятий. Например, на заводе «Карл Цейс» в г. Йена задержали группу инженеров и техников, выносивших с территории дорогостоящую аппаратуру, инструменты и приборы. На следствии один из обвиняемых сказал: «Я знал, что рано или поздно оборудование завода Цейс будет вывозиться в Советский Союз. Поэтому с лета 1946 г. договорился с инженером Шухом о похищении с завода особо важной аппаратуры. Предварительно с каждым членом группы я беседовал и разъяснял им, что нам необходимо сохранить основные аппараты по испытанию материалов, не дав возможности советским властям демонтировать их»17 .

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 404. Л. 254. Там же. Л. 261. Там же. Л. 253. ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 402. Л. 1–8.

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Каждый случай, когда руководство или сотрудники того или иного предприятия обвинялись в саботаже и срыве плана репарационных поставок, тщательно проверялся. Результаты проверок СВАГ докладывались Уполномоченному МГБ в Германии, иногда в разбирательствах участвовали сами сотрудники органов госбезопасности. Например, в декабре 1946 г. в оперсектор СВА земли Мекленбург и Западной Померании от военного прокурора поступил приказ начальника земельного Управления СВА о необходимости привлечь к уголовной ответственности за срыв репарационных работ и антисоветские высказывания руководство судостроительной фирмы «Томсен и Ко». Проведя тщательное расследование, руководство оперсектора не нашло в действиях сотрудников фирмы фактов саботажа, а обнаружило несогласованность в действиях «Томсен и Ко» со смежными фирмами, управлением репарационных поставок СВАГ, технические сбои работ. Обмен руководством фирмы трех мешков цемента на дополнительное питание рабочих также не мог быть расценен как саботаж, и антисоветские высказывания зафиксированы не были. Тщательно расследовались чрезвычайные ситуации. Например, крушение поезда с пшеницей на станции Гешвиц 23 декабря 1946 г. сначала рассматривали как диверсию. Однако расследование показало халатное отношение к исполнению служебных обязанностей администрации железной дороги, направившей в рейс состав с неисправными тормозами и неопытным машинистом, в результате чего погибли четыре человека18 . 6 января 1947 г. свыше 80 рабочих лесопильной фирмы «Вихерт & Нафольгер» г. Штральзунд отказались выходить на работу. Разобравшись в ситуации, советские административные органы определили, что причиной такого настроения рабочих стало тяжелое материальное положение: Штральзундский сельхозотдел неоправданно заменил им продкарточки со 2-й на 3-ю (низшую) категорию, к месту работы приходилось добираться в полураздетом состоянии пешком 12 км, не хватало инструментов, обещанные рождественские пайки присвоил себе бригадир. В итоге главным виновными в возникновении забастовки признали руководителя фирмы Унру Ганса, не интересовавшегося действительным положением рабочих и не обеспечившего для людей нормальные рабочие и бытовые условия19 . Отрицательные высказывания населения о работе советской военной администрации, как отмечалось в документах МГБ, касались в основном мероприятий по демонтажу предприятий, недостаточных норм питания, проблем в поставках мяса и сельхозпродукции. Чаще всего звучали жалобы на нехватку продовольствия, особенно в городах. А по данным советских спецслужб, недовольство промышленным и продовольственным снабжением высказывала значительная часть населения земель. Житель г. Галле Настулл Альфонс жаловался: «Будущий год не принесет для нас улучшения в продуктах питания. Я боюсь за то, что наши крестьяне не в силах выполнить хлебопоставки, которые очень повысились. Население не удовлетворено мероприятиями, проводимыми русскими оккупационными властями, т.к. они отсылают

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 402. Л. 13. Там же. Л. 14.

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наше зерно во Францию ввиду того, что Америка не обеспечивает снабжением продуктами питания французское население»20 . Хильда Мюллер, жительница г. Майсен, говорила: «В русской зоне взамен мяса, яиц дают рыбу, а в американской зоне этого нет, все, что подлежит выдаче – отоваривается, а рыбы дают столько, что население ее даже не выкупает. У нас во всем этом повинны советские оккупационные власти. Русские конфискуют все продукты питания и никакого облегчения немецкому народу не принесут»21 . Заметное влияние на настроения немецкого населения оказывали не только реальные трудности экономического развития, но и ряд других факторов. Во-первых, распространение лицами из английской и американской зон слухов о неизбежности военного столкновения между Великобританией, США и СССР. Вовторых, враждебные высказывания в адрес международных мирных конференций со стороны лиц, не наделенных какой-либо информацией, но стремящихся обвинить советских политиков во всех бедах немецкого народа. В‑третьих, попытки рядом лиц взбунтовать народ на почве нехватки продовольствия, выполнения поставок по сельхоззаготовкам и выработке материалов, часть из которых шла в счет репарации Советскому Союзу. Активизировались призывы к открытой борьбе против оккупационного режима, разговоры о якобы непосильных налогах, отправке молодежи в неизвестном направлении, восхвалялась жизнь в английской и американской зонах оккупации. Кроме того, с целью дискредитации политики СССР в Германии из американских и английских зон распространялись антисоветские листовки. В итоге мнения немцев о ситуации в стране и действиях советских оккупационных властей не всегда опирались на достоверные факты, зачастую они основывались на слухах и открытой западной пропаганде. В июне 1945 г. к начальнику опергруппы НКВД 4 района Берлина пришел немец Браунтуше с письмом матери, в котором говорилось: «До меня дошли слухи, что в короткое время, примерно через неделю, все юноши города Берлин будут вывезены в Россию. Я имею двух сыновей 15 и 16 лет. Мужа у меня нет, и вся теперь у меня надежда на старшего сына. Мой сын никогда не состоял ни в какой партии. Я прошу вас помочь мне, чтобы мой сын остался со мной. Слух о том, что молодежь будет отправлена в Россию, говорят, исходит от вас». Проведенной по письму проверкой установили, что никто из представителей советских властей подобную тему с местным населением не обсуждал, поскольку планов отправить немецкую молодежь в Россию вообще не существовало. Советские оккупационные власти были вынуждены провести разъяснительную работу среди берлинцев, чтобы беспочвенные страхи не распространялись по всей Германии22 . Однако различного рода панические слухи еще долго продолжали ходить среди немецкого населения. На настроения берлинцев заметное влияние оказывала и пресса союзников. Газета «Альгемайне Цайтунг» 9 сентября 1945 г. на первой странице под крупным заго-

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 4. Д. 178. Л. 99. ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 416. Л. 269. ЦА ФСБ России. Ф. 67. Оп. 1. Д. 106. Л. 146–147.

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ловком опубликовала сообщение хозяйственного отдела американской армии «Американская пшеница для Германии». В сообщении говорилось, что в течение месяца в Европу ввезут 600 т пшеницы, которую английская, американская и французская власти распределят между гражданским населением своих зон. После вступления союзников в зоны оккупации Берлина в этих частях города стали активно расходиться слухи о льготах и улучшении материального положения населения американской и английской зон. Имели место разговоры с беспочвенными обвинениями в адрес Красной армии, стремящейся якобы уничтожить немецкий народ, изымая у него продовольствие и товары широкого потребления. Распространяли такую информацию, в том числе, сами американские и английские военнослужащие. Так, профессор медицины Вальтер стал свидетелем беседы в берлинском кафе двух военнослужащих британской армии с группой немецких женщин: «Англичане громогласно заявляли о бескультурье русских и о случаях якобы конфискации русскими военными властями транспортов с маслом и другими продуктами питания, которые направлялись английскими военными властями для голодающего населения Берлина»23 . В конце августа 1945 г. в английской зоне Берлина состоялся первый публичный митинг Христианско‐демократического союза. Председатель районного комитета партии Эвен выступил с жесткой критикой советских властей соседней зоны, коммунистов, а также Красной армии, очевидно, забыв, что советские солдаты, не щадя своих жизней, тремя месяцами ранее принесли мир всей Европе24 . Вполне понятно, что слова антисоветски настроенных политиков и военных моментально доходили до жителей Восточного Берлина и всей советской зоны оккупации, и, как отмечали органы «Смерш», оказывали «соответствующее влияние на настроения гражданского населения». Однако наравне с положительной из западных зон приходила и негативная информация, содержавшаяся, как правило, в письмах родственников и знакомых, проживавших в английской и американской зонах. Поэтому далеко не все жители восточной зоны воспринимали жизнь на западе безоблачной и прогрессивной. О таких настроениях советские органы госбезопасности также докладывали руководству страны. Так, в письме заместителя обер‐бургомистра Луизы Шрёдер говорилось: «Крик о помощи населения района Райникендорф! Со времени французской оккупации конфискуются помещения и квартиры. В связи с этим тысячи немцев лишаются квартир, мебели. Слово “гуманность”, которое так охотно повторяется французами, превратилось в нарицательное имя и рассматривается немцами как пустая фраза. Это порождает только ненависть и новую волну нацизма»25 . Безусловно, имел место ряд объективных факторов, вызывавших недовольство местного населения. В первую очередь, это противоправные действия военнослужащих Красной армии. Вместе с тем, как показывают архивные документы, каждый

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ЦА ФСБ России. Ф. 67. Оп. 1. Д. 162. Л. 83. Там же. Л. 83. ЦА ФСБ России. Ф. 4-ос. Оп. 5. Д. 16. Л. 264.

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подобный случай расследовался контрразведывательными структурами и военным командованием. Органы МГБ в Германии оперативно реагировали на все письменные обращения немецкого населения с жалобами, и виновные подвергались наказанию. Приказы с объявлениями приговоров Военного трибунала по преступлениям военнослужащих Красной армии объявлялись, как правило, всему личному составу СВАГ. Например, по делу рядового Савченко, ограбившего и убившего немецкую семью и приговоренного за преступления к расстрелу; по делу сержанта Кулика и старшего сержанта Шмаргуна, участвовавших в кражах и приговоренных к заключению; и др.26 . Приказ Главноначальствующего СВАГ от июля 1947 г. усилил меры борьбы с преступностью, чрезвычайными происшествиями и аморальными явлениями в частях, учреждениях и военных комендатурах СВАГ27 . Зачастую немецкие власти пытались переложить проблемы, возникавшие на территориях административных единиц, на русских, таким образом, провоцируя местное население на враждебные высказывания в адрес советских оккупационных властей. Стихийно возникавшие митинги немецкого населения не оставались без внимания со стороны советских спецслужб. Тщательно изучались причины таких выступлений, опрашивались свидетели, делались выводы, о чем информировались и органы СВАГ, и немецкие власти. Так, в 1947 г. в уезде Пирна Дрезденского округа среди населения появилось резкое недовольство плохой организацией продовольственного снабжения. В ряде предприятий выносились резолюции с протестами, передаваемые в профсоюзы. В основном, жалобы касались недополучения жиров и картофеля. К министру снабжения земли Саксония и в ландрат обращались представители фирм «Краузе», «Гемм», угольной шахты округа Цвиккау, заводские рабочие, домохозяйки. На собраниях трудовых коллективов звучали беспочвенные обвинения в адрес русских, якобы забирающих из восточной части Германии все продовольствие. Ситуация накалялась, и в дело вмешались представители уездного отдела МГБ. Удалось установить, что картофель был выдан населению по определенным нормам в полном объеме, но уездный комитет СЕПГ допустил оплошность, пообещав гражданам выдать дополнительно по центнеру картофеля на человека, не имея на то возможности. Получив такие заверения партийных лидеров, граждане во что бы то ни стало хотели получить свое. Ситуация с недостатком масла оказалась более сложной. Запланированные Саксонским правительством для выдачи жиры израсходовали на нужды прибывших переселенцев, а райком СЕПГ и ландрат на многочисленные жалобы со стороны жителей района не реагировали, не пытались договориться между собой по решению вопроса и выпустили ситуацию из-под контроля. Вмешательство отдела МГБ подтолкнуло органы власти и партийные структуры Саксонии изыскать возможности и наладить продовольственное снабжение населения28 .

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 3. Д. 2. Л. 35–36. Там же. Л. 296–299. ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 404. Л. 283–288.

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Мешали нормальному развитию экономики страны коррупция и нарушение законности со стороны местных чиновников. Органы МГБ в Германии писали: «Значительная часть немецкого населения недовольна существующим положением в органах немецкого самоуправления и особенно там, где есть элементы злоупотребления по службе, саботаж и засилье враждебного элемента»29 . Например, было установлено, что полицией г. Хемниц все изъятые на черном рынке ценности и вещи, подлежавшие оценке и направлению в немецкие магазины для продажи населению, распределялись между самими полицейскими и бургомистром30 . Немцы жаловались: «Также плохо ведут себя руководители партии СЕД: купили автомашины, заняли хорошие квартиры и со своими секретаршами разъезжают по городу, в то время как для населения из-за отсутствия бензина нельзя подвести продуктов. Рабочие говорят, что наши руководители совсем забыли, что они одно время были также рабочими, они делают так, как это делали в прошлом нацисты»31 . Органы МГБ в Германии отмечали, что «имеются также факты специфические, присущие только отдельным землям или советскому сектору Берлина». В качестве примера приводилась статистика «отрицательных реагирований» в Тюрингии. Советские органы считали причиной недовольств населения Тюрингии ее историческое прошлое. Например, в 1942 г. нацистская партия на этой территории насчитывала 670 тыс. членов; 98 % руководящего персонала государственного аппарата, учителей, врачей составляли нацисты, из 400 тыс. молодежи – 300 тыс. – состояли в «Гитлерюгенд», которая и зародилась в Тюрингии. По мнению советских властей, «исключительно широкая, проводившаяся на протяжении ряда лет фашистская пропаганда и массовое вступление населения в партию НСДАП оставили в психологии немцев глубокий след фашистской идеологии, для окончательного устранения которого со стороны новых демократических сил требуются серьезные усилия»32 . Международное положение, как и экономическое развитие, также находилось в центре внимания населения Германии. Немецкие граждане активно обсуждали работу и решения сессий Совета министров иностранных дел (СМИД) – органа, учрежденного в 1945 г. по решению Потсдамской конференции в составе министров иностранных дел Советского Союза, США, Великобритании, Франции и Китая. Немцы ощущали охлаждение отношений между союзниками уже во время первой Лондонской сессии (11 сентября – 2 октября 1945 г.). Вторая – Парижская (25 апреля – 16 мая 1946 г.) – стала ареной острой и напряженной дипломатической борьбы в обстановке экономического и политического давления США и Англии на страны Восточной Европы. Берлинский и другие оперсектора докладывали о том, что выступления Молотова, Вышинского обсуждались в разных кругах: среди рабочих, интеллигенции, студентов. «Большая часть демократических слоев немецкого населения, – писали органы МГБ, – верит в положительный исход», хотя имели место и отрицательные суждения, расценивавшие Лондонское и последующие совещания

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 416. Л. 264. Там же. Л. 274. Там же. Л. 275. ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 5. Д. 4. Л. 198–199.

Общественные настроения в советской зоне оккупации Германии в 1946–1949 гг.

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обманом немецкого народа, фарсом, стремлением СССР захватить немецкие территории. Органы МГБ в Германии активно цитировали немецкое население в связи с работой СМИД и направляли выдержки из таких разговоров в центр. Наиболее характерные высказывания отражались в общих аналитических документах 2-го Управления МГБ СССР для советских руководителей. «Америка, – говорил студент медицинского факультета Берлинского университета Виткер Гюнтер, – меньше всех других государств заинтересована в объединении Германии. Требование России, чтобы не все малые государства приняли участие в рассмотрении проекта мирного договора с Германией, я считаю правильным, т.к. эти маленькие государства, находящиеся под американским влиянием, помешали бы принятию советских предложений. Советская делегация больше других защищает интересы германского народа. Печально то, что мы – немцы, не можем высказать свое мнение, чтобы иметь какое-то влияние на Лондонское совещание»33 . Главный редактор газеты «Курир» Бурде Пауль не видел перспектив работы СМИД: «Люди ошибаются, когда они думают, что совещание в Лондоне может привести либо к катастрофе, либо к единству Германии. Совещание не приведет ни к первому, ни ко второму, а приведет к гнилому компромиссу. Если думают теоретически, что невозможно дальше без катастрофы или войны, то действительность все же найдет необходимый выход»34 . Но чаще всего во всех слоях немецкого общества обсуждали перспективу объединения Германии, которая с каждой новой сессией СМИД начинала казаться немцам отдаленной и недостижимой. «Ужасно, когда слышишь или читаешь, что Германия должна быть расчленена, – с негодованием говорил доктор медицины из Галле-Делау Шлейф, – что образуются группы и группки, которые хотят выгод только для себя и не обращают внимания на общее благополучие. Только единство может сделать нас сильными. Единство может быть достигнуто только в том случае, если каждый будет действовать так, как будто судьба народа лежит на его плечах»35 . Теперь все более становится ясным, что Германия будет экономически и политически расчленена на восточную и западную части. Если с обеими частями Германии будут заключены отдельные мирные договоры, то зональные границы не только не отпадут, но значительно укрепятся и превратятся в настоящие государственные границы, исключающие всякую возможность свободного передвижения немецких граждан из одной части в другую. С целью завоевания симпатии немецкого населения Западной Германии из хозяйственных и политических мотивов Америка предоставит Западной Германии различные хозяйственные преимущества: кредиты, снабжение товарами массового потребления и продуктами питания. Этим Америка усилит реакционные элементы, и поэтому распространение наших социалистических идей среди немецкого населения Западной Германии будет затруднено или невозможно. В этом огромная опасность для нас (член правительства Тюрингии Беме)36 . 33 34 35 36

ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 4. Д. 185. Л. 3. Там же. Л. 4. ЦА ФСБ России. Ф. 4-ос. Оп. 5. Д. 12. Л. 475. ЦА ФСБ России. Ф. 4-ос. Оп. 5. Д. 18. Л. 42.

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Нельзя однозначно сказать, что все послевоенные преобразования в Германии были удачными или неудачными, как невозможно утверждать о полной поддержке или абсолютном недоверии немецкого населения к советским властям. Каждый немец имел свой взгляд на положение вещей, исходя из его потребностей, достатка, политических пристрастий и других факторов. Это подтверждают информационные материалы органов МГБ СССР о настроениях разных слоев немецкого населения. Вместе с тем, на основе этих документов можно сделать вывод, что в большинстве своем жители Германии поддерживали усилия советских администраций нормализовать жизнь в стране и не старались переложить вину за трудности – нехватку продовольствия, жилищные проблемы, материальную необеспеченность, на плечи советских оккупационных властей. Гораздо чаще немцы видели успех в продуктивности своего труда и в личной ответственности каждого за будущее государства. Гюнтер Фишер из Шверина писал матери в Австрию: «В среднем мой рабочий день составляет 12 рабочих часов. Но мы знаем, для чего мы работаем, и поэтому, если будет необходимо, то будем работать еще больше. Против всех тех, которые думают, что они смогут расстроить наше мирное здоровое восстановление, мы выдвинем элементарную силу нашей работы. И я твердо убежден, что все эти нарушители покоя разобьют об нее свои головы. Мы с гордостью можем смотреть на успехи, которых мы достигли после окончания войны во всех областях жизни, не делая никаких долгов и не становясь в зависимость от какой-нибудь иностранной державы. Правда, Советский Союз предоставил нам тысячу тракторов и несколько сот грузовых автомашин для оздоровления нашего хозяйства. Но условия платы за них вполне реальны и честны»37 . Житель г. Ауэрбах сообщал своим родственникам, проживавшим в Нью-Йорке: «В общем, положение в нашей зоне не такое, как об этом пишут у вас. Хочу сообщить тебе, как у нас ведут себя русские. Мы очень редко сталкиваемся с ними, и их очень мало в Ауэрбахе. Поверьте мне, мы еще ни разу не ощущали ни малейшей частицы того, что мы находимся под оккупацией. И несмотря на все лишения, которые мы сейчас переживаем, мы не желаем больше нацистского правительства. У нас сейчас господствует полная свобода, как и до войны. Безусловно, это не нравится определенным кругам. Мы верим и даже точно знаем, что русские помогут нам. Но мы не пришли еще к такому состоянию, чтобы уничтожить всех вредителей нашего хозяйства. Но, несмотря на это, дело успешно продвигается вперед, и мы надеемся, что скоро придет конец нашим страданиям»38 . В августе 1949 г. органами МГБ в Германии был составлен подробный и обстоятельный доклад о политических настроениях населения советской зоны оккупации Германии. Его основу составили высказывания граждан о тех или иных событиях внутри страны и за ее пределами39 . Основной вывод документа заключался в возросшем авторитете Советского Союза среди рабочего класса и крестьянства Германии.

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 5. Д. 3. Л. 304–305. ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 6. Д. 422. Л. 223. ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 5. Д. 4. Л. 190–193.

Общественные настроения в советской зоне оккупации Германии в 1946–1949 гг.

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В качестве примеров «положительных сдвигов» в сознании рабочих и крестьян и их «нового отношения к труду» приводились следующие факты. «Рабочие на ряде промышленных предприятий зоны в рекордные сроки выполняют промышленные задания, иногда по целым суткам не покидая производства, бесплатно – в фонд двухлетнего плана, восстанавливают промышленное оборудование, работая по выходным дням». Со стороны крестьянства отмечалось «систематическое выполнение сельхозпоставок, значительное уменьшение случаев открытых антисоветских выступлений и враждебных антидемократических высказываний»40 . По сравнению с 1947 и 1948 гг. улучшились настроения всех слоев немецкого населения по вопросу материального положения. Органы МГБ писали: «Если в 1947 и 1948 гг. недовольство продовольственным снабжением в ряде случаев перерастало границы пассивного реагирования и выливалось в голодные демонстрации (1947 и 1948 гг. – в городах Шенебек, Арнштадт, Рудольштадт, Кранихфельд, Шкойдиц и др.), то в 1949 г. подобные факты уже отсутствуют, и жалобы на плохое питание заметно сократились»41 . 7 октября 1949 г. стал днем образования Германской Демократической Республики. Раскол страны, который уже не могла предотвратить последняя Парижская сессия СМИД, завершился. Коренные изменения в жизни немцев произошли только спустя десятилетия – на рубеже 1980‑х – 1990‑х гг., когда разъединение Германии осталось в прошлом. Однако объединенное государство в полной мере испытало на себе влияние наследия, сложившегося после окончания Второй мировой войны, когда страны‐победительницы разделили страну на два противоположных лагеря. Сегодня для осмысления истории Германии послевоенных лет важен анализ всех аспектов политики оккупационных властей, проведение которого невозможно без изучения настроений в указанные период всех слоев немецкого общества.

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ЦА ФСБ России. Ф. 46. Оп. 5. Д. 4. Л. 185–186. Там же. Л. 190–191.

Андреас Малыха К вопросу о социально-экономической ситуации в советской зоне оккупации Германии и ГДР (1945–1950 гг.) 1 Исходная ситуация в экономике Уже с конца девятнадцатого века на территории будущей советской зоны оккупации Германии наблюдалась серьезная диспропорция между севером и югом, которая сохранялась вплоть до шестидесятых годов двадцатого века. В то время как северная часть (Бранденбург, Мекленбург‐Передняя Померания) носила преимущественно аграрный характер, южная часть (Саксония, Тюрингия и часть Саксонии‐Анхальта) во время и непосредственно сразу же после Второй мировой войны относилась к индустриально развитым районам Германии. Здесь концентрировались в особенности новые отрасли промышленного производства, такие как машиностроение, транспортное машиностроение, химическая индустрия и индустрия по производству электротоваров, точная механика и оптика. В отличие от металлообрабатывающей промышленности (станкостроение и транспортное машиностроение), а также от легкой промышленности (текстильная промышленность, индустрия по производству товаров народного потребления, точная механика и оптика), тяжелая промышленность была здесь развита слабо1 . Военные разрушения в промышленном секторе советской зоны оккупации были на момент завершения военных действий сравнительно небольшими и составляли около 15 % от промышленного потенциала образца 1944 года2 . Однако восточнонемецкие промышленные районы серьезно зависели от внутринемецких поставок сырья, прежде всего из западной части Германии. После того, как поставки сырья и основных материалов из западных промышленных районов прекратились по причине коллапса путей сообщения, а промышленные сооружения были починены и восстановлены только наспех, в таких заводских центрах как Саксония, Саксония‐Анхальт, Тюрингия и Берлин, где тон задавала обрабатывающая индустрия, экономическая жизнь возобновляла свое течение с большим трудом. Особенно негативно в такой ситуации сказывалось исторически сложившееся раз-

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Ср.: Matschke W. Die industrielle Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) von 1945 bis 1948. Berlin, 1988. Ср.: Steiner A. Von Plan zu Plan: Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR. München, 2004. S. 22.

К вопросу о социально-экономической ситуации в СЗО и ГДР

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деление труда: промышленные районы Саксонии и Тюрингии зависели до 1945 г. от сырья (каменный уголь, железная руда, сталь) как с запада, так и с востока страны3 . Это сравнительно благоприятное исходное положение стремительно изменилось вследствие демонтажа промышленного оборудования и инфраструктурных сооружений. В результате обширного демонтажа примерно 3.400 предприятий4 доля основных средств производства сократилась к 1948 г. на треть по сравнению с 1944 г. Принимая во внимание ущерб, причиненный войной и амортизацию, производственные мощности в советской зоне оккупации сократились к 1948 г. наполовину от уровня 1944 года5 . Последние операции по демонтажу промышленных сооружений и оборудования были проведены здесь весной 1948 г. Напротив, в западных зонах оккупации стоимость основных средств производства превышала в 1948 г. уровень 1939 г. примерно на 11 процентов6 . Еще одним неблагоприятным фактором для советской зоны оккупации стали колоссальные репарации, которые составили здесь в 1946 г. половину валового социального продукта7 . При этом области, оккупированные Советским Союзом, должны были внести несравнимо большой вклад, чем западные зоны оккупации, в дело компенсации ущерба, причиненного Третьим рейхом в ходе войны. Но даже в этих условиях промышленная продукция советской зоны оккупации составляла в конце 1946 г. около 55 % от уровня 1936 года8 . После стагнации и постепенного подъема цифры произведенной продукции составили в октябре 1949 г. около двух третей довоенного уровня9 . Что же касается западных зон оккупации, то промышленное производство неуклонно росло в течение первых послевоенных лет и к 1949 г. уже превысило довоенный уровень. Советские оккупационные власти стали вмешиваться в экономику уже вскоре после окончания войны. Первым шагом стало огосударствление банков и сберегательных касс в июле 1945 г. Спустя три месяца, в октябре 1945 г., Советская военная администрация в Германии (СВАГ) перевела стрелку экономики в направлении национализации. Соответствующими приказами СВАГ экспроприировала собственность немецкого государства, Национал‐социалистической немецкой рабочей партии и ее управленцев, а также вермахта10 . Экспроприация затронула в том числе крупные 3 4

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Ср.: Steiner A. Von Plan zu Plan. S. 20. Ср.: Laufer J. Von den Demontagen zur Währungsreform – Besatzungspolitik und Sowjetisierung Ostdeutschlands 1945–1948 // Sowjetisierung und Eigenständigkeit in der SBZ/DDR (1945–1953) / M. Lemke (Hrsg). Köln u. a., 1999. S. 169. Ср.: Karlsch R. Allein bezahlt?: Die Reparationsleistungen der SBZ/DDR 1945–1953. Berlin, 1993. S. 233. Ср.: там же. Ср.: там же. S. 235. Ср.: Zank W. Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland 1945–1949: Probleme des Wiederaufbaus in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. München, 1987. S. 22; Ritschl A. Aufstieg und Niedergang der Wirtschaft der DDR. Ein Zahlenbild 1945–1989 // Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte. 1995. H. 2. S. 23. Ср.: Zank W. Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland 1945–1949. S. 23. Ср.: приказ № 124 Главноначальствующего СВАГ от 30 окт. 1945 г. // SMAD-Handbuch: Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland 1945–1949 / H. Möller, A. O. Tschubarjan (Hrsg.). München, 2009. S. 171.

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предприятия тяжелой и металлообрабатывающей промышленности, которые после плебисцита, проведенного в Саксонии 30 июня 1946 г., были переданы в собственность государства. Официально они расценивались как «общенародная собственность», фактически же находились в подчинении у советских или немецких органов управления. Многочисленные крупные заводы и фабрики, составлявшие более четверти производственной мощности предприятий советской зоны оккупации, были напрямую переданы в собственность советского государства в качества советских акционерных обществ (SAG)11 . Владельцем около 200 предприятий, получивших статус советских акционерных обществ, было Управление советским имуществом в Германии („Verwaltung des sowjetischen Vermögens in Deutschland“) как часть Главного управления советского имущества заграницей при Совете Министров СССР12 . К 1953 г. эти предприятия постепенно были переданы восточногерманским хозяйственным органам. Не только в Саксонии, но и в других землях, попавших в советскую зону оккупации, к весне 1948 г. около 10.000 предприятий перешли в собственность государства. Их доля в валовом производстве промышленной продукции составляла в это время около 60 %. Административное вмешательство в экономику привело к концу 1940‑х годов к существенным изменениям отношений собственности, этот процесс продолжился и в 1950‑е годы. Отчуждение конфискованных предприятий лишь усиливало сомнения и неуверенность среди частных предпринимателей, промышленников и владельцев собственного дела, которые в итоге в большом числе переселялись в западные зоны оккупации. Эти миграции оказывали негативное воздействие на всю сферу снабжения советской зоны оккупации, поскольку доля частного капитала в легкой и пищевой промышленности была сравнительно высока. Соответствующие показатели составляли в 1950 г. в случае с легкой промышленностью 42,5 % и 39,5 % – в случае с пищевой и пищевкусовой промышленностью13 . Частные предприятия все еще давали в 1950 г. 43,8 % национального дохода ГДР, так как к этому времени в частном владении находилось 100 % ремесленных заведений и 94,3 % сельскохозяйственных предприятий (исходя из площади сельскохозяйственных угодий). В частных руках находилось также 52,8 % оборота розничной торговли14 . Государственные предприятия образовали производственный базис нового экономического порядка, выстроенного по модели плановой экономики Советского Союза. «Двухлетний план развития народного хозяйства» 1949–50 гг. четко обозначил переход от децентрализованного хозяйствования, определявшегося нуждами эконо-

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Ср.: Karlsch R., Bähr J. Die Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) in der SBZ/DDR // Mikropolitik in Unternehmen: Arbeitsbeziehungen und Machtstrukturen in industriellen Großbetrieben des 20. Jahrhunderts / K. Lauschke, Th. Welskopp (Hrsg.). Essen, 1994. S. 214–255. Ср.: Foitzik J. Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) 1945–1949: Struktur und Funktion. Berlin, 1999. S. 180–184. Ср.: Roesler J. Die Herausbildung und Festigung der sozialistischen Planwirtschaft in der Industrie der DDR in den Jahren 1945–1955 [докт. дис. Берлинский универ. им. Гумбольдта]. Berlin, 1975. S. 70. Ср.: там же. S. 62.

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Доля государственного и частного сектора в продукции промышленных предприятий ГДР по состоянию на 1950 г. (валовая продукция)15 Промышленный сектор

Государство

Частная сфера

Промышленность основных материалов Металлообрабатывающая промышленность Легкая промышленность Пищевая промышленность Промышленность в целом

91,0 83,3 57,5 60,5 76,4

9,0 16,7 42,5 39,5 23,6

мики военного времени, к централизованному плановому хозяйствованию советского образца. СЕПГ и СВАГ предприняли попытку, с помощью этой «двухлетки» как новой формы ведения народного хозяйства не только внедрить централизованное управление экономикой, но и одновременно, за счет сооружения собственных промышленных мощностей, компенсировать дефициты в экономической структуре, возникшие в результате разрыва традиционных экономических связей.

2 Институты централизованного управления экономикой Первые институты централизованного управления экономикой возникли в советской зоне оккупации летом 1945 г. на базе слияния служебных подразделений СВАГ в Берлине‐Карлсхорсте и немецких центральных ведомств, которые вначале были подчинены службам СВАГ в качестве совещательных органов16 . 14 центральных управлений, основанные в 1945–46 гг., существовали первое время как независимые друг от друга инстанции, не имевшие общего руководящего центра17 . На них были возложены координирующие функции, они были должны как готовить, так и претворять в жизни приказы СВАГ. Чтобы гарантировать более-менее координированное производство промышленной продукции и тем самым обеспечить снабжение населения, был необходим орган надрегионального управления экономикой. Создание

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Ср.: Roesler J. Die Herausbildung und Festigung der sozialistischen Planwirtschaft in der Industrie der DDR in den Jahren 1945–1955. S. 276. Ср.: Niedbalski B. Deutsche Zentralverwaltungen und Deutsche Wirtschaftskommission (DWK). Ansätze zur zentralen Wirtschaftsplanung in der SBZ 1945–1948 // Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 1985. H. 3. S. 456–477; Zank W. Wirtschaftliche Zentralverwaltungen und Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) // SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945–1949 / M. Broszat, H. Weber (Hrsg.). München, 1990. S. 253–290; Sowjetische Kommandanturen und deutsche Verwaltung in der SBZ und frühen DDR / J. Foitzik (Hrsg.). Berlin; München, 2015. Были организованы следующие центральные управления: промышленности, сельского и лесного хозяйства, транспорта, почты и служб связи, топлива и энергетики, торговли и снабжения, финансов, трудовой занятости и социального попечения, здравоохранения, народного образования, юстиции, статистики, внутренних дел, межзональной и внешней торговли.

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зональных органов управления экономикой не в последнюю очередь отвечало интересам советской оккупационной политики, заинтересованной в том, чтобы удовлетворять советские репарационные притязания из текущего промышленного производства предприятий советской зоны оккупации18 . Попытки организовать централизованное управление экономикой в зональных рамках терпели неудачу вплоть до весны 1948 г. Причиной этому были как собственные политико‐экономические интересы Советских военных администраций земель (СВА), так и более широкая, в сравнении с последующими годами, законодательная компетенция земельных правительств19 . Министерства экономики земельных правительств нередко игнорировали – как правило, при поддержке советских военных администраций – распоряжения Немецкого центрального управления промышленности. В особенности это касалось заданий поквартальных планов на 1946 г, которые тогда были впервые спущены из центра. В этих планах были зафиксированы производственные показатели и нормы распределения сырья в государственном секторе индустрии20 . Свой вклад в сумятицу вносили лишенный какой-либо координации демонтаж предприятий и оборудования, произвольное вмешательство различных органов СВАГ в экономику, а также самочинные конфискации, предпринимавшиеся нижестоящими советскими инстанциями, которые допускали управление экономикой в лучшем случае в региональных рамках21 .

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Ср.: Karlsch R. Umfang und Struktur der Reparationsentnahmen aus der SBZ/DDR 1945–1953. Stand und Probleme der Forschung // Wirtschaftliche Folgelasten des Krieges in der SBZ/DDR / Ch. Buchheim (Hrsg.). Baden-Baden, 1995. S. 45–78; Laufer J. Politik und Bilanz der sowjetischen Demontagen in der SBZ/DDR 1945–1950 // Sowjetische Demontagen in Deutschland 1944–1949: Hintergründe, Ziele und Wirkungen / R. Karlsch, J. Laufer (Hrsg.). Berlin, 2002. S. 31–77; Sowjetische Interessenpolitik in Deutschland 1944–1954 / J. Foitzik (Hrsg.). München, 2012. S. 131–133. Попытки организации централизованного управления экономикой в Советской зоне оккупации уже неоднократно описывались в литературе: Zank W. Wirtschaftsplanung und Bewirtschaftung in der Sowjetischen Besatzungszone – Besonderheiten und Parallelen und Vergleich zum westlichen Besatzungsgebiet 1945–1949 // Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. 1984. H. 4. S. 485–504; Holzwarth K. Die Anfänge der zentralen Wirtschaftsplanung in der SBZ // Buchheim Ch. (Hrsg). Wirtschaftliche Folgelasten des Krieges in der SBZ/DDR. S. 247–269; Steiner A. «‹…› Der Gefahr von Krisen zu begegnen». Die Etablierung der Planwirtschaft in der SBZ/DDR. Ablauf und Erwartungen // Deutschland 1949–1989: Von der Zweistaatlichkeit zur Einheit / J. Elvert, F. Krüger (Hrsg.). Stuttgart, 2003. S. 119–133. Ср.: Steiner A. Zwischen Länderpartikularismus und Zentralismus. Zur Wirtschaftslenkung in der SBZ bis zur Bildung der Deutschen Wirtschaftskommission im Juni 1947. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 1993. H. 49/50. S. 32–39. Ср.: Sattler F. Demontagen und Reparationsentnahmen als Problem der beginnenden Wirtschaftsplanung in der SZB. Das Beispiel der Provinz Brandenburg (1945–1947) // Karlsch R., Laufer J. (Hrsg.). Sowjetische Demontagen in Deutschland 1944–1949. S. 329–370; Karlsch R. Rekonstruktion und Strukturwandel in der sächsischen Industrie von 1945 bis Anfang der sechziger Jahre // Wirtschaft und Gesellschaft in Sachsen im 20. Jahrhundert / W. Bramke, U. Heß (Hrsg.). Leipzig, 1998. S. 89–132.

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В том, как Экономическое управление СВАГ ввело контроль над ценами и управлением имущества, вырисовывается определенная преемственность по отношению к практике национал‐социалистической экономики военного времени22 . Тем не менее, центральные национал‐социалистические институты управления экономикой (Имперское министерство экономики, Имперская экономическая палата с подчиненными ей территориальными палатами) были ликвидированы и значительная часть промышленных предприятий перешла в ведение земель. Таким образом, для продолжения традиций национал‐социалистической экономики военного времени у СВАГ отсутствовали инструменты, позволявшие действовать в масштабах всей зоны оккупации. Региональные экономические союзы были также распущены в первом квартале 1946 г., а их имущество конфисковано в пользу земель и провинций23 . В этой ситуации возникшие летом 1945 г. советские и немецкие органы управления экономикой не имели возможности непосредственно воспользоваться административными рычагами национал‐социалистической военной экономики24 . Своим приказом № 138 от 4 июня 1947 г. Главноначальствующий СВАГ Василий Д. Соколовский дал разрешение, создать Немецкую экономическую комиссию (Deutsche Wirtschaftskommission, НЭК), в состав которой были включены центральные управления промышленности, транспорта, топлива и энергетики, сельского хозяйства, а также торговли и снабжения. Решение о создании Немецкой экономической комиссии стало результатом внешнеполитических расчетов советского руководства, поскольку комиссия была создана лишь после того, как на Московской конференции министров иностранных дел (10 марта – 24 апреля 1947 г.) стороны не достигли согласия по вопросу о формировании общенемецких органов управления и 29 мая 1947 г. был образован экономический совет Бизонии25 . Немецкая экономическая комиссия должна была предлагать на утверждение СВАГ «зональные планы производства продукции и ее распределения», а также «Проекты директив по поводу принципиальных хозяйственных вопросов зоны оккупации»26 . Немецкая экономическая комиссия и входившие в ее состав централь22

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Ср.: Schneider J. Von der nationalsozialistischen Kriegswirtschaftsordnung zur sozialistischen Zentralplanung in der SBZ/DDR // Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik in Deutschland (1933–1993) / J. Schneider, W. Harbrecht (Hrsg.). Stuttgart, 1996. S. 42–44. Ср.: Schmidt R. Vom «autoritären Korporatismus» zur Planökonomie: Der gewerbliche Mittelstand in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands // Das letzte Jahr der SBZ: Politische Weichenstellungen und Kontinuitäten im Prozess der Gründung der DDR / D. Hoffmann, H. Wentker (Hrsg.). München, 2000. S. 223. На это с полным основанием указывает Андре Штайнер. Ср.: Steiner A. Die Deutsche Wirtschaftskommission zwischen realwirtschaftlichen Zwängen und machtpolitischen Ambitionen // Land – Zentrale – Besatzungsmacht: Landesverwaltung und Landesregierung in der Sowjetischen Besatzungszone / D. Brunner, W. Müller, A. Röpcke (Hrsg.). Frankfurt a. M., 2003. S. 155. Ср.: Naimark N. M. Die Russen in Deutschland: Die sowjetische Besatzungszone 1945 bis 1949. Berlin, 1997. S. 69–71; Foitzik J. (Hrsg.). Sowjetische Interessenpolitik in Deutschland 1944–1954. S. 45. Приказ № 138 Главноначальствующего СВАГ – Главнокомандующего Группой советских оккупационных войск в Германии от 4 июня 1947 г. Bundesarchiv Berlin (далее: BAB). DC 15/236.

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ные управления имели, как и ранее, лишь координирующие функции, поскольку составление и реализация производственных (экономических) планов и планов распределения продукции по-прежнему относились к компетенции земельных правительств. Что же касается компетенции Немецкой экономической комиссии, то она оставалась в рамках полномочий, которыми располагали центральные управления, действовавшие до этого самостоятельно. Главная задача Немецкой экономической комиссии заключалась в том, чтобы устранить диспропорции между планами производства, распределения и потребления, снять разногласия между землями, а также между административными инстанциями советской зоны оккупации и земельными правительствами27 . Персональный состав Немецкой экономической комиссии формировался из президентов вышеназванных центральных управлений, а также председателя Объединения свободных немецких профсоюзов (ФДГБ) и председателя Объединения взаимной крестьянской помощи (ВдгБ). Формально Немецкая экономическая комиссия находилась в подчинении заместителя Главноначальствующего СВАГ по экономическим вопросам Константина И. Коваля. Непосредственный контроль за ее деятельностью осуществлялся начальником планово‐экономического управления (отдела) СВАГ. Учредительное заседание Немецкой экономической комиссии состоялось 11 июня 1947 г., на этом заседании было определено поле деятельности комиссии, которое ограничивалось решением узких задач экономико‐организационного свойства, таких как снабжение углем28 . Когда же в соответствии с прокламацией № 7 Американской военной администрации Германии и аналогичного по содержанию постановления № 126 Британской военной администрации Германии от 9 февраля 1948 г. была расширена компетенция Франкфуртского экономического совета, с советской точки зрения отпали соображения политического свойства, до той поры тормозившие укрепление централизованного механизма управления экономикой. Приказом № 32 от 12 февраля 1948 г. СВАГ запустила процесс реорганизации Немецкой экономической комиссии. Теперь комиссии предоставлялось право, «принимать и издавать распоряжения и инструкции по экономическим вопросам, обязательные для всех немецких органов на территории советской зоны оккупации в соответствии с порядком, установленным СВАГ, а также проверять их исполнение»29 . Учредительное собрание реорганизованной НЭК (1‑е пленарное заседание НЭК) состоялось 9 марта 1948 года30 . Центральные экономические управления теперь были полностью включены в состав НЭК и обязаны выполнять решения пленумов НЭК или ее секретариата. Бывшие президенты центральных управлений продолжили, как правило, исполнять свои обязанности в качестве начальников главных управлений. Таким образом, НЭК теперь представляла собой административный орган власти, структурированный иерархически и с 27

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Ср.: Steiner A. Die Deutsche Wirtschaftskommission zwischen realwirtschaftlichen Zwängen und machtpolitischen Ambitionen. S. 160. Ср.: Zank W. Wirtschaftliche Zentralverwaltungen und Deutsche Wirtschaftskommission (DWK). S. 262. Приказ № 32 Главноначальствующего СВАГ о составе и полномочиях НЭК от 12 фев. 1948 г. // Zentralverordnungsblatt. № 15 (21. Mai 1948). S. 138. См. протокол 1-го пленарного заседания НЭК от 9 марта 1948 г. BAB. DC 15/1015.

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доминированием СЕПГ. Во главе НЭК в качестве постоянного руководящего органа стоял секретариат. Что же касается функции НЭК в качестве политического инструмента по поддержанию порядка, то его действенность была ограниченной. Волюнтаристские акты советских оккупационных учреждений как регионального, так и зонального уровня подрывали, как и прежде, авторитет центральных органов управления. Кроме того, НЭК не хватало профессиональной компетенции, чтобы организовать эффективное управление экономикой. И хотя сфера полномочий промышленного управления была распространена на такие области, как инвестиции, финансы, товарооборот и трудовые ресурсы, а другие секторы, такие как сельское и лесное хозяйство, были отнесены к компетенции центральных органов управления, НЭК вплоть до октября 1949 г. действовала далеко не как эффективный орган централизованного управления экономикой31 . Помимо этого, наряду с институциональной реформой и расширением численности управленческого персонала, начиная с весны 1949 г. росла внутренняя напряженность аппарата, когда речь заходила о распределении ресурсов между отдельными отраслями экономики. Далее с новой силой заставили обратить на себя внимание проблемы согласования решений и споры о подведомственности, которые станут типичными для административной бюрократии ГДР в течение следующих десятилетий. Но уже в самом начале пути обнаружились системные дефекты управления экономикой, которые наглядно продемонстрировали, насколько сложно организовать централизованное плановое хозяйство и обеспечить его функционирование.

3 Исходная ситуация в сельском хозяйстве На ситуацию с продовольственным снабжением в Cоветской зоне оккупации оказывали воздействие в первую очередь последствия войны в сельском хозяйстве. Так как в последние недели ведения военных действий были разрушены многочисленные крестьянские хозяйства, они естественным образом выпали из производства сельскохозяйственной продукции. Кроме того, налицо была острая нехватка сельскохозяйственного инвентаря и машин. Около 30 % всех сельскохозяйственных машин и орудий труда было уничтожено или приведено в негодность в результате войны32 . Количество азотных и фосфорных удобрений, внесенных в почву, достигло после войны абсолютного минимума. Кроме того, на территории будущей советской оккупационной зоны за два последних военных года значительно снизилось поголовье скота. К 1946 г. поголовье лошадей сократилось здесь на 91 %, крупнорогатого скота – на 78 % и свиней – на 49 процентов33 . Помимо этого, наблюдалась резкая нехватка семян и фуража, в результате летом 1945 г. производство сельскохозяйственной 31

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Ср.: Steiner A. Die Deutsche Wirtschaftskommission zwischen realwirtschaftlichen Zwängen und machtpolitischen Ambitionen. S. 105. Ср.: Bauerkämper A. Ländliche Gesellschaft in der kommunistischen Diktatur: Zwangsmodernisierung und Tradition in Brandenburg 1945–1963. Köln, 2002. S. 233. Ср.: Bauer Th. Blockpartei und Agrarrevolution von oben: Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands 1948–1963. München, 2003. S. 32.

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продукции почти полностью прекратилось. Аграрный кризис дополнительно обострился в результате советской репарационной политики. Оккупационные власти вывозили не только станки и машины, но и домашний скот и упряжных животных34 . Решающее влияние на продовольственное положение в советской зоне оккупации оказала земельная реформа, начавшаяся спустя несколько месяцев после окончания войны. Данную земельную реформу традиционно относят к главным послевоенным социально‐экономическим трансформациям. В результате реформы, стартовавшей осенью 1945 г., у 7.000 собственников, обладавших участками размером более 100 га, земля была безвозмездно экспроприирована. Из образовавшегося земельного фонда наделы общей площадью 2,1 млн. га земли получили около 500.000 человек, главным образом сельскохозяйственные рабочие, мелкие крестьяне и лица, изгнанные из восточных областей Третьего рейха35 . Земельная реформа радикальным образом изменила на продолжительный период экономическую структуру сельскохозяйственных предприятий, а тем самым и всего аграрного сектора советской зоны оккупации36 . К началу 1950 г. около трети сельскохозяйственных угодий сменили здесь своих хозяев37 . Однако размеры новых хозяйств оказались настолько малы – от 5 до 10 га, что последние не были экономически рентабельными и зачастую производимой ими продукции хватало только для собственного потребления. Недостаточное оснащение техникой и низкое поголовье скота повысили экономическое давление на эти сельскохозяйственные предприятия. Поэтому в конце 1940‑х годов многие крестьяне были вынуждены отказаться от своих хозяйств38 . Поскольку доходы индивидуальных хозяйств не достигали желаемых величин, земельная реформа не привела в целом к повышению объемов продуктов питания и смягчению продовольственного кризиса. Урожаи зерновых, картофеля и овощей все еще не достигли в 1950 г. своего довоенного уровня. В ходе заготовок сельскохозяйственной продукции в советской зоне оккупации вводились дифференцированные обязательные поставки государству, размер которых зависел от качества земли, а также экономического и социального положения крестьян. Землевладельцы, не выполнившие эти поставки, наказывались как денежными штрафами, так и взятием под арест. Разница между оборотом урожая и обложением – так называемые свободные излишки – оставалась крестьянам и могла быть использована по их усмотрению, либо для собственного потребления, либо для продажи на «свободных рынках». Эта система учета и обложения была призвана послужить материальным стимулом для расширения сельскохозяйственного производства, а также стать ответом на нелегальный черный рынок. Однако успех «свободных рынков» был ограничен, так как крестьяне предпочитали продавать свои продукты на черном рынке, где они могли потребовать за них более высокую цену. Цены черно34

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Ср.: Karlsch R. Umfang und Struktur der Reparationsentnahmen aus der SBZ/DDR 1945–1953. S. 66. Ср.: Trittel G. Bodenreform // Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–1949/55: Ein Handbuch / W. Benz (Hrsg.). Berlin, 1999. S. 106. Ср.: Bauerkämper A. Ländliche Gesellschaft in der kommunistischen Diktatur. S. 239. Ср.: Bauer Th. Blockpartei und Agrarrevolution von oben. S. 51. Ср.: Zank W. Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland 1945–1949. S. 159.

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го рынка 1946–1947 гг. на потребительские товары в десять раз превышали уровень цен 1935 г. На черных рынках в больших городах в середине 1947 г. центнер картофеля стоил около 400 рейхсмарок, булка хлеба – до 50 рейхсмарок, фунт сливочного масла или жира – целых 300 рейхсмарок39 . Добыть деньги для покупок на черных рынках было чрезвычайно сложной задачей, так как в советской зоне оккупации был наложен мораторий на рост цен и заработной платы. Официальные цены были зафиксированы на уровне 1944 г., банковские сбережения вкладчиков заморожены. Блокировка банковских вкладов преследовала своей целью, ограничить объемы денежной массы, находившейся на руках у населения и тем самым придушить черные рынки. Заморозка счетов больно ударила в первую очередь по мелким вкладчикам, то есть по рабочим и служащим. Средняя ежемесячная плата составляла около 300 рейхсмарок, пенсия редко была выше 90 рейхсмарок40 . Процветавшие черные рынки и «мешочничество» горожан наложили особенный отпечаток на воспоминания современников. Из этих воспоминаний о мешочниках наглядно следует, что ситуация с обеспечением продуктами питания в городе и деревне различалась радикальным образом, так как страдавшие от голода горожане сталкивались в деревнях с гораздо более обеспеченными деревенскими жителями41 . Притягательная сила черного рынка осталась в силе даже после того, как в 1948 г. в Восточном Берлине открылся первый магазин организации Государственной торговли. В этих магазинах можно было свободно, без всяких талонов и карточек, приобрести по фиксированным ценам продукты питания и дефицитные товары народного потребления. Причем цены в магазинах Государственной торговли были ниже, чем на черном рынке. По причине низких средних доходов рабочих и служащих только небольшая часть населения могла себе позволить покупать продукты в магазинах Государственной торговли.

4 Продовольственный кризис Тогдашний президент биржи труда федеральной земли Саксония Фриц Зельбманн вспоминал: «Люди проели последние сбережения, текстильные товары, еще имевшиеся на руках, в первую очередь постельное белье и ковры, были отвезены в деревню, где их выменивали на продукты, которые мешочники везли в города. В экономике воцарился черный рынок»42 . Голод, черный рынок, мешочничество и жилищная нужда стали в разделенной Германии для современников привычными явлениями и

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Ср.: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft: Versorgungskampf und Vergleichsmentalität: Leipzig, München und Köln nach dem Kriege. Münster, 1991. S. 110. Ср.: Kleßmann Ch. Arbeiter im «Arbeiterstaat» DDR: Deutsche Traditionen, sowjetisches Modell, westdeutsches Magnetfeld (1945 bis 1971). Bonn, 2007. S. 74. Ср.: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 109. Цит. по: там же. S. 107.

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именно они наложили свой решающий отпечаток на коллективную память о первом послевоенном времени43 . Снабжение продовольствием значительно различалось в четырех оккупационных зонах – в зависимости от структуры экономики и институциональных предпосылок44 . При этом официальная статистика, содержащая данные относительно среднего количества калорий, приходившихся на душу населения, дает лишь грубое и слишком общее представление. Согласно имеющимся данным, лучше всех ситуация с обеспечением продовольствия сложилась в американской зоне оккупации – около 1 330 калорий на человека в день. Далее следовали советская (1.083 калории) и британская (1.050 калорий) зоны оккупации. Замыкала четверку французская оккупационная зона – около 900 калорий в день на человека45 . Действительный масштаб недостаточной обеспеченности продуктами питания становится очевидным, если учесть, что суточная норма потребления колеблется в пределах 1.200 – 1.700 калорий46 . В своем сравнительном исследовании, посвященном послевоенной продовольственной ситуации в трех больших городах Германии – Мюнхене, Кёльне и Лейпциге – Райнер Грис доказывает, что в наихудшем положении оказалось население Лейпцига и Кёльна47 . Большинство тамошних жителей было вынуждено довольствоваться карточкой, предназначенной для среднего потребителя. Калорийность продуктов, получаемых по этой карточке, составляла 800 калорий в день. На языке современников этот рацион характеризовался как «кладбищенский». Уже самые первые исследования на эту тему показали, что во всех четырех зонах оккупации женщины относились к тем группам населения, которые больше всего страдали от голода и недоедания48 . В общем и целом стоит исходить из того, что в советской зоне оккупации царило серьезное социальное неравенство. К числу проигравших в рамках системы снабжения, дифференцированной по социальному признаку, относились в первую очередь те группы населения, которые не имели самостоятельного заработка. Организация снабжения населения продовольствием относилась сначала к компетенции органов земельного и коммунального самоуправления. Коммунальные отделы социального обеспечения распределяли продовольствие между предприятиями оптовой и розничной торговли, разделяли потребителей по категориям и выдавали продовольственные карточки. До конца октября 1945 г. действовала система норми-

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Ср.: «Wir kriegen jetzt andere Zeiten»: Auf der Suche nach der Erfahrung des Volkes in nachfaschistischen Ländern / L. Niethammer, A. v. Plato (Hrsg.). Berlin, 1985. Ср.: Von Stalingrad zur Währungsreform: Zur Sozialgeschichte des Umbruchs in Deutschland / M. Broszat, K.-D. Henke, H. Woller (Hrsg.). München, 1988. S. XXVIII (Einleitung). Ср.: Kleßmann Ch. Die doppelte Staatsgründung: Deutsche Geschichte 1945–1955. Bonn, 1991. S. 47–48. Ср.: Wengst: U. Rahmenbedingungen; Sozialpolitische Denk- und Handlungsfelder // Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945 / Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und Bundesarchiv (Hrsg.). Bd. 2: 1945–1949: Die Zeit der Besatzungszonen: Sozialpolitik zwischen Kriegsende und der Gründung zweier deutscher Staaten / U. Wengst (Hrsg.). Baden-Baden, 2001. Ср.: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 325. Ср.: Scholze Th. Zur Ernährungssituation der Berliner nach dem Zweiten Weltkrieg: Ein Beitrag zur Erforschung des Großstadtalltags (1945–1952) // Jahrbuch für Geschichte. 1987. S. 539–563.

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рованного распределения, введенная национал‐социалистами. 1 ноября 1945 г. в советской зоне оккупации вступили в силу новые единые нормы снабжения49 . Организованная система нормированного распределения, ключевым элементом которой были выдававшиеся на месяц продовольственные карточки, предусматривала различия в нормах снабжения населения в зависимости от региона и ситуации на рынке труда. В городах вводились более высокие рационы, чем в сельскохозяйственных областях. Градация норм потребления в зависимости от места жительства обосновывалась тем, что в больших городах продовольственная ситуация была существенно хуже в сравнении с селом. Решающее значение в этой ситуации приобретала принадлежность к иерархически упорядоченным группам снабжения, на которые было поделено население. По высшим нормам снабжались рабочие, занятые на тяжелых и сверхтяжелых работах (группы I и II), вслед за ними следовали рабочие (группа III) и служащие (группа IV). Замыкали перечень дети (группа V), а также домашние хозяйки и пенсионеры (группа VI). Недовольство у населения вызывало привилегированное нормирование определенных профессиональных групп, в особенности высшего слоя чиновничества и руководящих партийных функционеров. Ученые, учителя, врачи, а также «заслуженные деятели искусства и литературы» также снабжались по нормам, установленным для рабочих. Эта система нормирования, введенная в советской зоне оккупации в ноябре 1945 г., в своих главных чертах – распределение населения по категориям и привилегированное снабжение ряда групп – имела много общего с системой нормирования и распределения, действовавшей в СССР во время войны50 . Для обеих систем было характерно дифференцированное распределение продовольственных рационов в зависимости от общественной значимости индивидуума. Таким образом, количество и качество продовольственных рационов стало символом общественного статуса. Разница в доступе к продуктам питания обостряла имевшееся социальное неравенство и производила новое51 . Эта карточная система была упразднена в конце 1949 г. и заменена так называемой «базовой карточкой», которая соответствовала уровню снабжения «старой» IV категории. В свою очередь «базовая карточка» дополнялась пятью добавочными карточками (по аналогии с предыдущими группами рационирования). Почти половина выданных продовольственных карточек приходилась в советской зоне оккупации в 1947–1948 гг. на IV категорию. Такая система нормированного распределения обделяла женщин, поскольку не учитывала их двойную занятость как в семье, так и в профессиональной сфере. Однако получение даже этих фиксированных пищевых рационов не гарантировалось, поскольку системы поставки и распределения продуктов функционировали неудовлетворительно. Так как компетентные административные

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Ср.: Kleßmann Ch. Arbeiter im «Arbeiterstaat» DDR. S. 73. Ср.: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 95. Ср.: Schwartz M. Vertriebene und «Umsiedlerpolitik»: Integrationskonflikte in den deutschen Nachkriegs‐Gesellschaften und die Assimilationsstrategien in der SBZ/DDR 1945–1961. München, 2004. S. 731.

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органы оказались не в состоянии обеспечить удовлетворительное снабжение, они не пользовались у населения авторитетом. Перманентное недостаточное обеспечение предметами первой необходимости определяло повседневную жизнь городского населения после войны. В таких больших городах как Дрезден, Берлин и Лейпциг возник специфический моральный климат, составными частями которого были борьба за паек, паника и страх за свою жизнь, особенно в тяжелую зиму 1946–1947 г. Главными «дырами» в снабжении являлись картофель, жиры и мясные продукты. Многомесячное отсутствие картофеля в выдаваемых рационах, а также затяжные трудности в деле обеспечения мясными и молочными продуктами оказывали свое воздействие, в том числе на политическое настроение в городах. Также и после повышения рационов в начале декабря 1949 г. нормы выдачи мяса и жиров, даже учитывая дополнительное снабжение привилегированных членов рабочих коллективов государственных предприятий, были ниже необходимого уровня. Низкие нормы снабжения, а также неравное обхождение при распределении продовольственных карточек побуждали многих к тому, чтобы изыскивать дополнительные источники питания. Не только в сельской местности, но и в городах были введены в сельскохозяйственный оборот новые посевные площади. Выросло число «самоснабженцев». Реакцией на ширившийся дефицит продуктов также стало создание организации „Volkssolidarität“ («Народная солидарность»), которая совместно с органами коммунального самоуправления занималась организацией детского питания в школах и созданием так называемых «народных кухонь». Что же касается крупных предприятий, то с осени 1947 г. питание занятых на них рабочих в целом гарантировалось благодаря функционированию фабричных кухонь. Кроме того, еще до образования ГДР, через промышленные предприятия осуществлялось особое распределение продуктов питания и одежды. Зато уровень снабжения остальных категорий населения оставался низким. В результате так называемое мешочничество стало для городских жителей жизненной необходимостью. Описания поездок мешочников, оставленные современниками, дают возможность воочию представить все те трудности, с которым пришлось столкнуться горожанам, особенно женщинам, чтобы хоть как-то улучшить снабжение семьи. Заметка, опубликованная в „Leipziger Volkszeitung“, так повествует о легальном промысле по сбору колосьев в окрестностях юго-восточнее Лейпцига летом 1947 г.: Маленький Вольфганг, что живет напротив, принес новость: сегодня в окрестностях Вахау, рядом с сельской дорогой, ведущей в Гюльденгоссу, с большого поля будут свозить убранный хлеб ‹…›. Это значит, что надо скорее бежать, несмотря на 38‑градусную жару. Рюкзак на спину, в нем бутылка с кофе, на ногах старые теннисные туфли, косынка надвинута на лоб, и вперед. ‹…› Если повезет, то можно за один раз набрать пять фунтов зерна. Целых пять фунтов! Зимой, если нечего будет есть, этим можно прокормить малышей в течение нескольких дней. И поэтому ты каждый день в пути, с добычей или пустыми руками, в жару и холод – все для того, чтобы добыть детям кусок хлеба и миску супа. На полях вы встретите женщин всех социальных слоев, которые без устали часами ездят и бегают, при этом сами они страдают от недоедания и переутомлены, а ведь когда они без сил поздним вечером вернутся домой, их ждет повседневная работа. Они закончат ее к тому времени, когда дети давно уже спят, и только тогда смогут по-

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ложить на скрещенные руки свои головы, которые болят в мыслях о мужьях, которые возможно все еще в плену, о том, как прокормить своих близких грядущей зимой. В утешение себе они могут сказать только одно: они сделали все, что могли52 .

Негативно на снабжении населения продуктами питания сказалось разрушение транспортных коммуникаций. В конце 1946 г. был сдан в эксплуатацию участок Лейпциг – Берлин автомагистрали, связывавшей Берлин и Мюнхен. Немецкий Рейхсбанн сильно пострадал вследствие разрушенных во время войны железных дорог и мостов, а также демонтажа рельсовых путей. Резкая нехватка вагонов и локомотивов стала причиной ограничений в сфере транспортировки грузов. В результате перевозки картофеля, выпавшие на позднюю осень 1945 и соответственно 1946 гг., вызывали настоящий транспортный кризис. В соответствии с решением советского руководства, с 1948 г. в советскую зону оккупации стали осуществляться поставки продовольствия и потребительских товаров в целях преодоления острых дефицитов снабжения. Однако, учитывая общую потребность, эти поставки едва ли могли изменить ситуацию. Поначалу продукты, поступавшие из СССР, распределялись не через систему коммунального самоуправления, а как единовременные дополнительные рационы. Так, каждый житель Лейпцига получил летом 1948 г. одноразовый паек в размере 500 грамм ячменной муки или перловой крупы53 . Гораздо большую роль советские поставки стали играть после повышения продуктовых рационов 1 января 1950 г. По распоряжению Сталина, ГДР получила тогда дополнительные поставки, в том числе 380.000 тонн хлебного зерна и 20.000 тонн жиров54 . Для восточногерманского населения обеспечение продуктами питания также и после основания ГДР оставалось на недостаточном уровне. Чтобы заполучить желанные блага, значительная часть населения была вынуждена заниматься меновой торговлей и мешочничеством, а также прибегать к услугам черного рынка.

5 Жилищный кризис Свой негативный отпечаток на социально‐экономическую ситуацию в советской зоне оккупации наложил тяжелый жилищный кризис. Сильные разрушения в результате боев привели к тому, что в пяти землях, входивших в советскую зону оккупации, были полностью уничтожены или не подлежали использованию около 640.000 жилищ. Если исходить из показателей жилищного фонда по состоянию на май 1939 г., то вследствие войны доля разрушенных жилищ составляла здесь около 14 % от когда-то имевшихся 4,6 млн. жилищ55 . Однако налицо были также большие различия в зависимости от региона. В советском секторе Берлина в результате налетов 52 53 54

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Цит. по: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 109. Ср.: там же. S. 85. Ср.: Staritz D. Die SED, Stalin und die Gründung der DDR // Aus Politik und Zeitgeschichte. B 5/1991 (25.01.1991). S. 3–16. Ср.: Schulz G., Buck H. B. Wohnungspolitik // Wengst U. (Hrsg.). 1945–1949. S. 893.

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союзной авиации была уничтожена каждая вторая квартира. В Дрездене разрушения жилищного фонда составляли около 65 %, в Дессау – около 80 процентов.56 Жилищный закон Союзнического Контрольного совета, принятый в марте 1946 г., передавал управление всем жилищным фондом в руки государственных органов57 . Начиная с 1948 г., вследствие увеличивавшейся миграции населения на Запад, в Советской зоне оккупации наметилось относительное смягчение дефицита жилья. Благодаря выезду на Запад и перераспределению жилой площади понизилось число тех, кто был вынужден жить во временном неприспособленном жилье, таком как подвалы, бункеры, гаражи, времянки, бараки, беседки или сараи. Если в сентябре 1946 г. в такого рода «жилищах» было размещено около 1,58 млн. человек, то к концу 1947 г. их осталось 776 тысяч58 . Однако в результате перераспределения жилья, осуществленного местными жилищными отделами, жилая площадь, из расчета на одного проживающего, уменьшилась. Из-за стойкого притока немцев, изгнанных из восточных территорий бывшего Третьего рейха, жилищный дефицит продолжал обостряться вплоть до конца 1940‑х годов, тем более что в первые послевоенные годы было построено совсем немного нового жилья59 .

6 Кризис снабжения и прирост населения Снабженческий и продовольственный кризис был обострен также в результате миграций населения вследствие выселения и изгнания немцев с территорий восточнее Одера и Нейсе, а также из Судетской области. Поскольку советская зона оккупации таким образом превратилась в транзитную зону для миграционных потоков населения, направлявшихся в западные зоны оккупации, возникли дополнительные трудности гуманитарного характера. По причине географического положения советская зона оккупации была вынуждена уже к концу 1945 г. принять около 2,5 млн. человек и минимальным образом обеспечить их продовольствием. В конце октября 1946 г. советская зона оккупации оказалась перед задачей накормить в общей сложности 3,6 млн. беженцев и изгнанных лиц, весной 1949 г. эта цифра достигла 4,4 млн. человек60 . К началу 1948 г. общая численность населения в советской зоне оккупации составила свыше 19 млн. человек, в то время как в 1939 г. на этой территории было насчитано 16,7 млн. человек61 . Таким образом, в первые послевоенные годы советская зона оккупации представляла собой «иммигрантскую» страну. 56 57 58 59

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Ср.: Schulz G., Buck H. B. Wohnungspolitik. S. 894. Ср.: Kleßmann Ch. Arbeiter im «Arbeiterstaat» DDR. S. 78. Ср.: Schulz G., Buck H. B. Wohnungspolitik. S. 898. Ср.: Schwarzer W. Der Lebensstandard in der SBZ/DDR 1945–1989 // Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte. 1995. H. 2. S. 129. См. соответствующую статистику: Hoffmann D., Schwartz M. Gesellschaftliche Strukturen und Sozialpolitische Handlungsfelder // Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945. Bd. 8: 1949–1961: Deutsche Demokratische Republik: Im Zeichen des Aufbaus des Sozialismus / D. Hoffmann, M. Schwartz (Hrsg.). Baden-Baden, 2004. S. 90. Ср.: Zank W. Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland 1945–1949. S. 31.

К вопросу о социально-экономической ситуации в СЗО и ГДР

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Кроме того, значительные части советской зоны оккупации особенно сильно пострадали от разрушений, причиненных жестокими боями, разыгравшимися непосредственно перед окончанием войны. Социальная инфраструктура была полностью разрушена. Прежде всего в восточных областях советской зоны оккупации, в особенности в провинции Бранденбург, а здесь в первую очередь в городах, располагавшихся на Одере, отсутствовали какие-либо запасы продовольствия, не работал водопровод, населению не оказывалась медицинская помощь, практически не имелось жилья и транспорта. Приток беженцев в сельской местности – учитывая наличное население – был почти в два раза выше, чем в городах. Это обуславливалось катастрофическим положением, царившим в разбомбленных больших городах и сравнительно лучшей ситуацией со снабжением продуктами в сельских регионах. Наибольший наплыв населения испытал Мекленбург, отличавшийся до этого малой плотностью населения: почти половину жителей (45,7 %) здесь составили лица, изгнанные из бывших немецких областей на Востоке и из ЧСР. Вслед за Мекленбургом следовали Бранденбург, Саксония‐Анхальт и Тюрингия с соответствующей квотой мигрантов от 20,5 % до 22,8 %. Зато в более плотно населенной Саксонии мигранты составили только 13,9 процента62 . Беженцы, изгнанные и эвакуированные лица конкурировали со старожильческим населением в борьбе за скудные блага (продовольствие, одежда, жилища, работа). В итоге спусковым курком механизма глубоких трансформаций восточногерманского общества послужили не только изменения в промышленности и сельском хозяйстве, связанные со сменой собственников, но и демографические перемещения. Именно массовый приток мигрантов и связанное с ним «перемешивание» населения взломали традиционные социальные и конфессиональные структуры, свойственные сельскому обществу, что обусловило процесс масштабных изменений менталитета. В результате следует констатировать, что в советской зоне оккупации и соответственно в ГДР уже в 1945 г. была предпринята большая перестройка системы снабжения населения. Все институты организации «Имперское земельное сословие» (Reichsnährstand), являвшейся в Третьем рейхе главным регулятором производства и сбыта продуктов питания, были последовательно ликвидированы, а сферы учета и распределения продовольствия заново перестроены. И все же новая система снабжения считалась не столько с нуждами потребителей, сколько с интересами рынка труда и общественно‐политическим значением отдельных лиц. Так как соответствующие органы власти в течение десятилетий были не в состоянии, обеспечить удовлетворительное снабжение населения, структуры общества дефицита, возникшие в 1945 г., оказались долговечными. Конкретно это значило: «стояние в очередях, бартерные сделки, рынки с завышенными ценами, продукты низкого качества. Иными словами, дефициты снабжения определяли повседневность в течение 40 лет не только в Лейпциге»63 . Разнообразные формы менталитета, нацеленного на доста62

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Данные приведены здесь: Hoffmann: D. Lebensstandard und Konsumpolitik // Die zentrale Wirtschaftsverwaltung in der SBZ/DDR: Akteure, Strukturen, Verwaltungspraxis / D. Hoffmann (Hrsg.). München, 2016. S. 426. Цит. по: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 327.

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вание продуктов, задавали шаблоны поведения больших групп населения вплоть до осени 1989 г. Определяющим моментом для мышления и действия была также перманентная конкуренция между двумя Германиями. В противоположность ФРГ, где с 1 января 1950 г. хлеб, а также крупяные и мучные продукты питания снова стали предметом свободной купли-продажи (только сахар продолжал выдаваться по талонам), в ГДР полная ликвидация карточной системы, позаимствованной у экономики периода национал‐социализма, была осуществлена только в 1958 г. И хотя руководство СЕПГ обещало, что ГДР уже к 1961 г. достигнет и даже превысит уровень потребления на душу населения всех важнейших продуктов питания и потребительских товаров, установленный в ФРГ, однако внутренняя немецкая статистика до последнего свидетельствовала в пользу ФРГ. Поэтому вопрос о том, какой жизненный опыт, образцы поведения, а также представления о мире и себе восточные немцы взяли с собой в 1990 г. в качестве багажа для жизни в объединенной Германии, по-прежнему остается актуальным.

Томас Шлеммер Между голодом и надеждой. Питание и повседневность в (Западной) Германии: от «общества пайков» к «экономическому чуду» 1 Мамочка, что это такое? Или: «День шоколада» В начале 1947 г. берлинские дети не могли дождаться, когда же они пойдут в школу – по меньшей мере, каждый пятый день. Что же так влекло в эти дни в классы мальчишек и девчонок, которые мало что знали о математике и немецком? Почему в школе появлялся даже тот, кто без проблем брал «тайм-аут» в учебе и был известен как злостный прогульщик? Ответ на эти вопросы был прямоугольным, завернутым в толстую бумагу и весил целых 56 грамм: плитка шоколада, которую дети получали как часть школьного завтрака, это давно утраченное лакомство, о котором многие первоклашки и второклассники знали только из рассказов родителей. «Шоколадный день» был сладкой вершиной во всем остальном скудной недели, при этом школьный персонал был обязан присматривать за тем, чтобы дети получили свой кусочек шоколадной драгоценности, ведь плитка шоколада расценивалась семьей как желанный товар черного рынка1 . Школьные завтраки, повсеместно введенные в Германии в 1945 г., были инструментом, позволявшим бороться с почти вездесущим дефицитом продуктов и мучительным голодом, который больнее всего ударил по самым слабым членам «общества в катастрофе»2 : детям, старикам, больным и инвалидам. Неудивительно, что все тридцать семь учениц седьмого класса народной школы в Нюрнберге на вопрос, чего бы они хотели больше всего на свете, дали один и тот же ответ: «Я хотела бы больше кушать». Одна из школьниц писала: «Я хотела бы съесть пирожное, но это не по карману моей матери, у нас нет даже хлеба»3 .

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См.: Häusser A., Maugg G. Hungerwinter: Deutschlands humanitäre Katastrophe 1946/47. Berlin, 2009. S. 165–166. – В знак благодарной памяти о моих бабушках – Розе Альберт и Аннe Кайндл, которые в молодости пережили войну и оккупацию с маленькими детьми на руках; их отношение к продуктам питания всегда было особенным. Kleßmann Ch. Die doppelte Staatsgründung: Deutsche Geschichte 1945–1955. Bonn, 1982. S. 37. Nürnberger Nachrichten, 17. Aug. 1946, цит. по: Protzner W. Vom Hungerwinter bis zum Beginn der «Freßwelle» // Vom Hungerwinter zum kulinarischen Schlaraffenland: Aspekte einer Kulturgeschichte des Essens in der Bundesrepublik Deutschland / W. Protzner (Hrsg.). Wiesbaden, 1987. S. 11–30, здесь S. 22.

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Итак, голод был для немцев главным опытом послевоенного времени, и, хотя тема голода является «вневременной», при этом «не становясь внеисторической»4 , (западно)немецкая историография обратила на нее свое внимание только в 1980‑е годы. Предпосылкой послужило двойное изменение исследовательской перспективы: речь шла как об обращении к проблемам истории повседневности и истории опыта, так и об открытии истории создания ФРГ и первых лет существования республики в качестве поля исследования. Результатом стали многочисленные региональные и локальные штудии, посвященные трем западным зонам оккупации5 , а также специальные обобщающие труды, из которых, очевидно, наиболее удачными являются работы Пауля Эркера и Гюнтера Триттеля6 . В 1990‑е годы история первых послевоенных лет вновь выпала из поля зрения историков. Причиной стали как многочисленные публикации на данную тему, так и появление после объединения двух немецких государств и распада СССР новых научных проблем и новых источников, которые привлекли к себе максимум внимания историков. И лишь в последнее время послевоенный голод со всеми его последствиями вновь стал предметом усиленного внимания, причем можно констатировать новые исследовательские акценты, такие как встраивание немецкой истории в общеевропейскую историю, а также размывание цезуры 1945 года в результате глобальной постановки вопросов7 . В целом же тема голода, как и период оккупации применительно к Западной Германии в целом, изучены сравнительно хорошо, хотя там и тут все еще имеются белые пятна, а исследования могли бы быть более дифференцированными в зависимости от регионов, социальных групп и поколений. Настоящая статья не претендует на то, чтобы устранить указанные лакуны. Речь скорее идет о том, чтобы представить обобщающую картину и поместить «продовольственный вопрос» в общий контекст политической истории и истории повседневности Западной Германии времен тотальной войны, безоговорочной капитуляции и «экономического чуда», а также задаться вопросом о последствиях возможно самого крупного голодного кризиса с начала индустриализации для исторического опыта немецкого народа. Статья разделена на три главы. Первая посвящена устойчивому дефициту продуктов питания как следствия Второй мировой войны, а если точнее, как следствия тотальной войны национал‐социалистического образца. Во второй главе нарисована картина трудного начала вплоть до денежной реформы июня

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Предисловие к: Hunger: Quellen zu einem Alltagsproblem seit dem Dreißigjährigen Krieg: Mit einem Ausblick in die Dritte Welt / U.-Ch. Pallach (Hrsg.). München, 1986. S. 7–9, здесь S. 7. См., напр.: Rothenberger K.-H. Die Hungerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg: Ernährungs- und Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz 1945–1950. Boppard a. R., 1980; Stüber G. Der Kampf gegen den Hunger 1945–1950: Die Ernährungslage in der britischen Zone Deutschlands, insbesondere in Schleswig‐Holstein und Hamburg. Neumünster, 1984. См.: Erker P. Ernährungskrise und Nachkriegsgesellschaft: Bauern und Arbeiterschaft in Bayern 1943–1953. Stuttgart, 1990; Trittel G. J. Hunger und Politik: Die Ernährungskrise in der Bizone (1945–1949). Frankfurt a. M.; New York, 1990. См, напр.: Weinreb A. Modern Hungers: Food and Power in Twentieth‐Century Germany. New York, 2017; Food, Culture and Identity in Germany’s Century of War / H. M. Benbow, H. R. Perry (eds.). Cham, 2019.

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1948 г., которая – как это будет показано в третьей главе – была предпосылкой к тому, чтобы «мечта о сытости»8 уже в начале 1950‑х годов все больше становилась для западных немцев реальностью.

2 Цена тотальной войны «Во время войны мы не голодали, зато мы голодали после войны»9 . Поразительные высказывания такого рода приходится часто слышать или читать, когда мужчины и женщины военного поколения вспоминают о своем детстве. Поразительные потому, что на первый взгляд они являются парадоксальными, ведь война и голод общепризнанно считаются двумя сторонами одной и той же медали. Первая мировая война подтвердила истинность этой аксиомы, не случайно «брюквенная зима» 1916–1917 г. глубоко врезалась в коллективную память немецкого общества. Голод и недоедание унесли между 1914 и 1918 гг. около 800.000 человеческих жизней, а кризис снабжения не в последнюю очередь был тем аргументом, который в итоге вынудил Германский рейх сложить оружие10 . Травма катастрофы стала уроком, в особенности для национал‐социалистов, которые после 1933 г. уделяли особое внимание продовольственному вопросу в контексте своей политики милитаризации и подготовки к войне11 . Или, как заявил в начале 1943 г. Герберт Бакке, один из главных архитекторов немецкой продовольственной экономики военного времени: «Пищевое хозяйство во время войны может отличаться от хозяйства мирного времени только масштабами, но не принципами. Поскольку национал‐социализм осознал это правило, основы продовольственной экономики военного времени были заложены еще до войны ‹…›. И так как мы с самого начала ориентировали наше пищевое хозяйство на то, чтобы в годы военного противостояния кормить народ главным образом из немецких закромов, все меры, предпринимавшиеся нами, начиная с 1934 г., следует рассматривать как меры подготовки к тотальной войне»12 . Тотальная война, которая стала притчей во языцех самое позднее с момента речи, произнесенной Йозефом Геббельсом после гибели 6-й армии в Сталинграде в берлинском Дворце спорта, в конечном итоге вылилась в безоглядную мобилизацию всех ресурсов, нацеленную на увеличение военной продукции и усиление боевой

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Wildt M. Der Traum vom Sattwerden: Hunger und Protest, Schwarzmarkt und Selbsthilfe. Hamburg, 1986. Цит. по: Wildt M. Am Beginn der «Konsumgesellschaft»: Mangelerfahrung, Lebenshaltung, Wohlstandshoffnung in Westdeutschland in den fünfziger Jahren. Hamburg, 1994. S. 29. См.: Corni G. Hunger // Enzyklopädie Erster Weltkrieg / G. Hirschfeld u. a. (Hrsg.). Paderborn u. a., 2009. S. 565–567. См. по этому вопросу: Huegel А. Kriegsernährungswirtschaft Deutschlands während des Ersten und Zweiten Weltkrieges im Vergleich. Konstanz, 2003. Архив Института современной истории (далее: IfZ-Archiv). MA 1563/1. Bl. 283–301, здесь Bl. 283. NG-021: речь статс‐секретаря Герберта Бакке на съезде рейхсляйтеров и гауляйтеров в Познани, 6 фев. 1943 г.

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мощи вермахта13 . Однако немецкое «чудо вооружения»14 далось далеко не даром, и можно даже утверждать, что многократно цитируемый лозунг «пушки вместо масла» следует воспринимать буквально в отношении второй половины войны. В то время как немецкая индустрия в течение 1944 г. производила все больше танков, бронированных боевых транспортных средств, орудий, боевых самолетов и боеприпасов, производство сельскохозяйственных машин и инструментов всех видов, а также искусственных удобрений падало в угрожающих размерах. Если национал‐социалистическая аграрная политика вплоть до 1939 г. делала ставку на интенсификацию сельскохозяйственного производства за счет усиленной механизации и химизации, то начиная, в особенности, с рубежа 1942–1943 гг. наблюдался прогрессирующий процесс архаизации сельского хозяйства, который поставил производство, обработку и распределение продуктов питания перед проблемами такого масштаба, что система продовольственного обеспечения населения в последние месяцы войны фактически потерпела крах15 . Тем не менее, голод разразился в Германии поразительным образом сравнительно поздно. Еще в январе 1944 г. так называемый «средний потребитель» получал здесь паек, энергетическая ценность которого составляла 1 930 калорий16 . Это стало возможным только за счет использования в немецком сельском хозяйстве труда огромного количества военнопленных и лиц, угнанных в Германию на принудительные работы, а также безжалостной эксплуатации ресурсов оккупированных территорий. Там люди голодали и умирали от голода, чтобы «фольксгеноссен» было что кушать17 . Вот лишь два примера: в начале 1944 г. карточный рацион «среднего потребителя» составлял в Италии 1.065 калорий, во Франции – 1.115 калорий. Эта политика отвечала аксиоме, сформулированной Адольфом Гитлером и Германом Герингом еще в 1942 г.: «Если разразится голод, то пусть голодают не немцы, а другие, тем более если голод неизбежен»18 . Первое место во всей Европе среди голодающих занимали

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См.: Schlemmer Th. Radicalizzazione e guerra totale. Il Reich tedesco nell’anno decisivo del 1943 // 1943: Strategie militari, collaborazionismi, Resistenze / M. Fioravanzo, C. Fumian (Hrsg.). Romа, 2015. P. 77–97. Müller R.-D. Albert Speer und die Rüstungspolitik im Totalen Krieg // Müller R.-D., Kroener B., Umbreit H. Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 5,2: Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen 1942–1944/45. Stuttgart, 1999. S. 275–773, здесь S. 545. См.: Lehmann J. Agrarpolitik und Landwirtschaft in Deutschland 1939–1945 // Agriculture and Food Supply in the Second World War = Landwirtschaft und Versorgung im Zweiten Weltkrieg / B. Martin, A. S. Milward (Hrsg.). Ostfildern, 1985. S. 29–49. См.: Volkmann H.-E. Landwirtschaft und Ernährung in Hitlers Europa 1939–45 // Militärgeschichtliche Mitteilungen. 1984. H. 1. S. 9–74; данные о калорийности S. 31. См.: Tönsmeyer T. Hungerökonomien. Vom Umgang mit der Mangelversorgung im besetzten Europa des Zweiten Weltkriegs // Historische Zeitschrift. 2015. H. 310,3. S. 662–704. Стенографический отчет о совещании рейхсмаршала Геринга с рейхскомиссарами оккупированных областей и командующими по вопросу продовольственного положения. 6 авг. 1942 г. Отчет опубликован в: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. 14. November 1945 – 1. Oktober 1946. Bd. 39. Nürnberg, 1949. S. 385–407, здесь S. 385.

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евреи и следует констатировать, что тяжелая ситуация со снабжением продуктами питания была одним из катализаторов холокоста в 1942–1943 годах19 . Компетентным лицам из числа руководства Третьего рейха было ясно, что они подписали весьма проблемный вексель с погашением в будущем. Статс‐секретарь Герберт Бакке, который должен был это хорошо понимать, не случайно заявлял следующее: «Без сомнения, серьезные проблемы в сфере обеспечения будут иметь место еще долгие годы после окончания войны. Война является великим поглотителем всех ценностей и живет за счет пожирания самой сути хозяйства, ее последствия нельзя компенсировать за один день, тем более в то время, когда средства производства имеются в распоряжении во все меньшем объеме». К этому Бакке добавил: эту войну выиграет тот, кто сможет «выставить на поле боя последний батальон». Обеспечить это – вот «главная задача тотального ведения войны в области продовольствия»20 . Эти строки ясно очерчивали альтернативу: либо победа за счет ресурсов побежденного противника, либо, в лучшем случае, неопределенное, в худшем – катастрофическое будущее. Варварская эксплуатация природных ресурсов, отказ от любого хозяйствования, рассчитанного на длительную перспективу, разрушения в результате бомбежек и наземных сражений21 , беспощадное ведение военных действий вермахтом, который и на территории Германии руководствовался прежде всего соображениями военной необходимости22 , а также убежденность национал‐социалистов в том, что немецкий народ в любом случае лишен права на жизнь в случае военного поражения – все это внесло свой решающий вклад в то, что самозваные господа Европы после безоговорочной капитуляции остались ни с чем и не знали сегодня, что они будут кушать завтра.

3 «Плохие времена»: 1944/45 – 1948 гг. Последствия тотальной войны национал‐социалистического образца и «освобождения через разрушение»23 не в последнюю очередь отразились на урожаях 1945 и 1946 гг. В британской и американской зонах оккупации в 1946 г. потери урожая зерновых составили по сравнению с последними предвоенными годами 41 %, картофеля – 31 %, сахарной свеклы – 21 %. Во французской зоне оккупации ситуация выглядела еще хуже: потери зерновых равнялись 44 %, картофеля – 59 % и сахарной свеклы –

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См.: Tooze А. Ökonomie der Zerstörung: Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. München, 2007. S. 625–628. IfZ-Archiv. MA 1563/1. Bl. 290, 301. См.: Lehmann J. Probleme der Versorgung der deutschen Landwirtschaft mit Landmaschinen und Geräten im zweiten Weltkrieg // Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte. 1981. H. 1. S. 55–78. См.: Willems B. Nachbeben des Totalen Kriegs. Der Rückzug der Wehrmacht durch Ostpreußen und seine Folgen // Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 2018. H. 3. S. 403–433. Это меткое определение принадлежит Кристофу Клессману. См.: Kleßmann Ch. Befreiung durch Zerstörung: Das Jahr 1945 in der deutschen Geschichte. Hannover, 1995.

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29 %24 . Однако плохие урожаи и дефицит продовольствия являлись не только немецким феноменом. Напротив, все это было лишь одним из следствий глобального продовольственного кризиса, в первую очередь обусловленного войной. «Почти повсюду в мире царил голод, как в освобожденных, так и в побежденных странах», – лаконично констатирует Йен Бурума в своем историческом исследовании, посвященном событиям 1945 года25 . Однако в Германии ситуация усугублялась тем, что области восточнее Одера и Нейсе – практически четверть площади всех сельскохозяйственных угодий – были утрачены, в то время как около 12 миллионов беженцев и переселенцев были вынуждены искать свою новую родину в послевоенной Германии, подвергшейся массивным разрушениям, уменьшившейся по размерам и поделенной между союзниками. Другими словами, численность населения росла, в то время как продовольственная база сокращалась. После безоговорочной капитуляции союзники стали обладать в Германии высшей правительственной властью, при этом каждая оккупационная держава несла ответственность за свою зону оккупации, а, следовательно, и за продовольственное снабжение населения. И хотя исходные условия и целевые установки в разных зонах были разные, тем не менее союзники были едины в том, что уровень жизни побежденных немцев ни в коем случае не может быть выше, чем в соседних странах, подвергшихся немецкой оккупации и эксплуатации. «Вы не будете предпринимать ничего, что могло бы способствовать тому, чтобы минимальный жизненный уровень в Германии стал выше, чем в каком-либо из соседних государств – членов объединенных наций», – говорилось в основополагающей директиве Объединенного комитета начальников штабов, адресованной главнокомандующему американскими оккупационными войсками в Германии26 . Таким образом, установление рационов снабжения никогда не было лишь выражением экономической необходимости, но всегда имело также политическую подоплеку. Первоначально компетентные органы Великобритании и США исходили из пищевой ценности ежедневного рациона в размере 1.550 калорий для «среднего потребителя»27 . В действительности номинальная энергетическая ценность в калориях продуктового пайка среднего потребителя в 1945–1946 гг. была, как правило, существенно ниже. Так, в американской зоне оккупации энергетическая ценность пайка колебалась между 846 калориями в течение 80-го периода выдачи (с 17 сентября по 14 октября 1945 г.) и 1.612 калориями в течение 86-го периода выдачи (с 4 марта по 31 марта 1946 г.). В британской зоне оккупации энергетическая ценность продуктового рациона колебалась между 1.042 калориями в течение 87-го периода выдачи (с 1 апреля по 28 апреля 1946 г.) и 1.701 калорией в течение 82-го периода выдачи 24

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См.: Reparationen, Sozialprodukt, Lebensstandard: Versuch einer Wirtschaftsbilanz. Anl. 6: Landwirtschaft und Ernährung / G. W. Harmssen. Bremen, 1947. S. 17; приведенные ниже данные о потерях урожайности см. там же, S. 11–12. Buruma I. ’45: Die Welt am Wendepunkt. München, 2014. S. 73. Директива Объединенного комитета начальников штабов № 1067 от 26 апр. 1945 г. Опубликована в: Neubeginn und Restauration: Dokumente zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945–1949 / H.-J. Ruhl (Hrsg.). München, 1982. S. 58–66, здесь S. 63. См.: Trittel G. J. Hunger und Politik. S. 19.

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(с 12 ноября по 9 декабря 1945 г.)28 . Однако в какой мере эти нормы соблюдались на практике, серьезно зависело от местных условий. Так, в Рекклингхаузене, городе горняков, расположенном в Рурской области, в начале апреля 1947 г. энергетическая ценность суточного пайка равнялась в среднем 737 калориям29 . Это было меньше даже половины одобренной величины в размере 1.550 калорий, которая суммировалась из 400 грамм картофеля, 350 грамм хлеба, 7 грамм жира, 35 грамм мяса, 43 грамм яичного белка, 18 грамм сахара и 4 грамм сыра30 . Местный бюрократический аппарат, задачей которого было устранение дефицита и организация продовольственного снабжения, достался оккупационным властям в наследство от национал‐социалистов. Учет сельскохозяйственной продукции и распределение продуктов было возложено на продовольственные ведомства районов и городов со статусом районов, которые, в свою очередь, находились под контролем продовольственных ведомств земель или соответственно, компетентных министерств земель западных зон оккупации31 . В британской зоне оккупации достаточно рано была создана координирующая инстанция в лице Центрального ведомства продовольствия и сельского хозяйства, которое после объединения американской и британской зон оккупации в так называемую Бизонию вошло в Управление по делам продовольствия, сельского хозяйства и лесов во главе с Гансом Шланге‐Шёнингеном в качестве директора32 . Комбинация специфики государственной экономики и превышения спроса над предложением привели, в первую очередь в городах, к возникновению черного рынка, несмотря на весь контроль и угрозу наказания со стороны властей. Здесь покупалось или выменивалось все, что невозможно было получить легально или что выдавалось по карточкам только в ограниченных количествах. Таким образом, черный рынок стал для немцев символическим местом памяти голодных лет, окруженным тайной и овеваемым запахом американских сигарет, которые в условиях галопирующей инфляции превратились в эрзац валюты33 . Тому, кто не преуспевал на черном рынке, оставался только один путь: заняться мешочничеством, 28

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См.: Im Schatten des Hungers: Dokumentarisches zur Ernährungspolitik und Ernährungswirtschaft in den Jahren 1945–1949 / H. Schlange‐Schöningen (Hrsg.). Hamburg; Berlin, 1955. S. 305–306. См. выписку из отчета по социальным вопросам города Рекклингхаузен, посвященную продовольственной ситуации в 1947 г. Док. опубликован в: Frauen in der Nachkriegszeit 1945–1963 / H.-J. Ruhl (Hrsg.). München, 1988. S. 16–17. См.: Kleßmann Ch. Doppelte Staatsgründung. S. 48. О продовольственных ведомствах см.: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft: Versorgungskampf und Vergleichsmentalität: Leipzig, München und Köln nach dem Kriege. Münster, 1991. S. 164–177, 266–281. Термин «общество пайков» (Rationengesellschaft) в подзаголовке настоящей статьи позаимствован из названия книги Райнера Гриса. См.: Trittel G. J. Hans Schlange‐Schöningen: Ein vergessener Politiker der «Ersten Stunde» // Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 1987. H 1. S. 25–63. См.: Boelcke W. Der Schwarzmarkt 1945–1948: Vom Überleben nach dem Kriege. Braunschweig, 1986. Конкретные примеры приведены здесь: Fuchs M. «Zucker, wer hat? Öl, wer kauft?» Ernährungslage und Schwarzmarkt in München 1945–1948 // Trümmerzeit in München: Kultur und Gesellschaft einer deutschen Großstadt im Aufbruch 1945–1949 / F. Prinz (Hrsg.). München, 1984. S. 313–319. См. также: Maier L. Der Schwarzmarkt in der Möhlstraße und die Münchner

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чтобы раздобыть продукты у крестьян близлежащих или даже удаленных деревень. Кто мог, менял драгоценности или текстиль на масло, муку, картофель и мясо, а у кого на обмен ничего не было, должен был побираться или красть. «Кража картофеля и обирание садов» были обыденными явлениями, и можно было говорить «о целых зонах воровства, которые концентрическими кругами лежали вокруг городов»34 . В первые послевоенные годы лишь немногие немцы существовали безбедно, поскольку предметов первой необходимости было слишком мало. С голодом также познакомились практически все, но не все голодали. Эта разница открывает перспективу ощутимой дистанции между неприятной и угрожающей жизненной ситуацией, а также понимание того, что голод и нужда далеко не в равной степени касались всех людей, поскольку обеспечение продуктами питания было переменной величиной, зависимой от политических решений властей и расстановки соответствующих приоритетов. Какие смертельные последствия могла иметь политика такого рода, не в последнюю очередь продемонстрировали национал‐социалисты с их политикой рационирования продовольствия по расовым критериям и в зависимости от «полезности» тех или иных лиц и групп населения35 . Таким образом, вопрос о том, будет ли семья снабжаться сносно или буквально голодать, зависел от целого ряда структурных и случайных факторов, начиная от места жительства, происхождения, профессии и заканчивая возрастом, полом, имуществом, персональными связями и знакомствами, вплоть до особых знаний и навыков, которые давали преимущество в общении с оккупационными властями или на черном рынке. Если голод и был главным опытом послевоенного времени, он, тем не менее, демонстрировал многочисленные грани и оттенки36 . В общем и целом, голод затронул гораздо сильнее города, чем деревни, обладавшие сравнительно хорошими возможностями для самоснабжения или дополнительного снабжения. Беженцы и вынужденные переселенцы, которые зачастую смогли спасти только свою голую жизнь, страдали сильнее, чем коренные жители, которые в большинстве случаев имели хоть какие-то средства существования, а также могли опереться на старые социальные или родственные связи. Старики, дети и инвалиды войны с их специфическими потребностями и слабостями, были подвержены голоду сильнее, чем молодые и здоровые мужчины и женщины, которые были в состоянии самостоятельно распоряжаться своей жизнью. Женщины столкнулись с более серьезными вызовами, чем мужчины, которые во множестве еще находились в плену. Покупки, приготовление пищи,

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Polizei. Eine Untersuchung im Spiegel der Akten der Polizeidirektion München // Münchner Beiträge zur jüdischen Geschichte und Kultur. 2018. H. 1. S. 35–51. Erker P. Hunger und sozialer Konflikt in der Nachkriegszeit // Der Kampf um das tägliche Brot: Nahrungsmangel, Versorgungspolitik und Protest 1770–1990 / M. Gailus, H. Volkmann (Hrsg.). Opladen, 1994. S. 392–408, здесь S. 400. См. впечатляющие данные о распределении продовольствия в соответствии с принципом «Racial Feeding»: Weinreb A. Matters of Taste: The Politics of Food in Divided Germany, 1945–1971 // Bulletin of the German Historical Institute. 2011. H. 48. P. 59–82, здесь P. 68. См. показательный пример, приведенный Паулем Эркером: Erker P. Solidarität und Selbsthilfe. Die Arbeiterschaft in der Ernährungskrise // Neuanfang in Bayern 1945–1949: Politik und Gesellschaft in der Nachkriegszeit / W. Benz (Hrsg.). München,1988. S. 82–102.

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создание запасов, но также уход за огородом составляли ядро женской занятости и формировали ролевое поведение женщин. Голодные годы не внесли в это перечень каких-либо изменений, скорее трансформировались общие условия жизни, которые вынуждали женщин к ежедневному стоянию в длинных очередях перед дверями пустых магазинов, обременительному мешочничеству и полулегальным менам на черном рынке. Можно сказать иначе: в период между 1944 и 1948 гг., в специфических условиях тотальной войны и оккупации, роли домохозяйки и кормильца семьи отчасти слились друг с другом – со значительными последствиями, далеко выходившими за рамки семейного микрокосмоса37 . Кроме того, женщины были вынуждены каждый день импровизировать у плиты, где они готовили все мало-мальски съедобное. Масло давили из буковых орехов, собирали грибы и ягоды. Из обжаренных и перемолотых желудей варили напиток, напоминавший кофейный эрзац, курильщики в отсутствие табака курили высушенные листья клена, ежевики, дуба и вишни, в то время как одуванчики, щавель и другие дикие растения заменяли салат и овощи. Кто был в состоянии, разводил мелкий скот, такой как кроликов, голубей и кур в саду или на чердаке, чтобы получать яйца и время от времени лакомиться мясом. Привилегированные лица держали козу или выкармливали свинью. Время от времени улитки, прокрученные через мясорубку, заменяли собой мясной фарш – или ставка делалась на силу воображения и на стол подавали фальшивые сосиски из белокочанной капусты, картофеля и протертого хлеба. В общем и целом ощущалась нехватка белков, жиров, углеводов и многих витаминов, в то время как в еде доминировала односторонняя и бедная калориями пища преимущественно растительного происхождения38 . Существенное значение для выживания имело отнесение к соответствующей категории, осуществлявшееся бюрократией органов продовольственного снабжения, ведь в глазах бюрократов далеко не все люди были равны. Лица, признанные «имеющими право на продовольственное снабжение», получали на каждый период выдачи – который, как правило, составлял четыре недели – продовольственные карточки, пищевая ценность которых в первую очередь зависела от возраста, профессиональной деятельности и таких специфических жизненных обстоятельств, как беременность или болезнь. Тот, кому исполнилось 20 лет, считался в американской зоне оккупации «средним потребителем», дополнительные рационы выделялись – и здесь особенно явно проявлялся элемент иерархии продовольственной политики – рабочим, занятым на тяжелых и сверхтяжелых работах, беременным или кормящим матерям и

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См.: Frevert U. Frauen‐Geschichte: Zwischen bürgerlicher Verbesserung und neuer Weiblichkeit. Frankfurt a. M., 1986. S. 244–252; примеры приведены в: Krauss M. «… es geschahen Dinge, die Wunder ersetzten». Die Frau im Münchner Trümmeralltag // Prinz F. (Hrsg.). Trümmerzeit in München. S. 283–302. См. калейдоскоп примеров: Sommer K. «Überleben im Chaos». Frauen in der Trümmerzeit 1945–1948 // Frauenleben in Bayern: Von der Jahrhundertwende bis zur Trümmerzeit / S. Krafft (коорд.). München, 1993. S. 320–361; Wildt M. Traum vom Sattwerden. S. 85–87. Здесь приведены кулинарные рецепты приготовления заменителя смальца, суррогатного кофе, фальшивых колбасок и т.п.

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т.п.39 . Эти надбавки могли иметь решающее значение для благосостояния целых семей, поскольку, как правило, все продукты попадали в общий котел. Где надбавок не было, там отсутствовали особенно необходимые высококалорийные продукты, такие как мясо или молочная продукция. «Голая» продуктовая карточка без надбавок не случайно получила в обиходе название «кладбищенской»40 . И уж совсем особым делом была фактическая выдача рационов, которые номинально имелись в распоряжении властей. Конъюнктура пищевого хозяйства в особой ситуации послевоенного времени в гораздо большей степени, чем когда-либо ранее, начиная со времени перехода к индустриальному модерну, была зависима от течения времен года, природной специфики растениеводства и климатических условий. Местные неурожаи теперь нельзя было компенсировать за счет закупок на мировых рынках, техника, которая помогла бы справиться с тяжелыми обстоятельствами, также как правило отсутствовала, и даже та продукция, которая производилась сельским хозяйством вопреки всему, хранилась, перевозилась на далекие расстояния и распределялась со значительными потерями, если только не предпринимались специальные дополнительные меры. Необходимая для это инфраструктура – в первую очередь мосты, железнодорожные узлы, а также речные пути – была частично или полностью парализована разрушениями военного времени. Кроме того, ощущалась резкая нехватка локомотивов, железнодорожных вагонов и грузовых машин, которые стояли на приколе не в последнюю очередь из-за отсутствия угля, бензина и запчастей41 . Если же к этому добавлялись такие неблагоприятные погодные условия, как длительные периоды жары летом или затяжные суровые морозы зимой, в то время как реки, такие как Рейн, превратились в непроходимые препятствия, и без того напряженная ситуация в определенных районах страны имела тенденцию к быстрому радикальному обострению. «Голод предстал для Баварии в образе транспортной проблемы», – лаконично констатировала в марте 1947 г. «Süddeutsche Zeitung», когда оказалось, что едва ли возможно оперативно перевезти из Бремена в Баварию 30.000 тонн американского импортного зерна, в то время как дефицит хлеба становился угрожающим, в особенности в больших городах Баварии42 . То, что ситуация обострилась именно в марте, не было совпадением, события следовали в соответствии с сельскохозяйственным циклом посева и уборки урожая. Поэтому ситуация продовольственного обеспечения населения была относительно благоприятной, как правило, осенью, а далее объем запасов диктовался размерами собранного урожая. Главным было пережить зиму, чтобы избежать совмещения голода и холода, что таило в себе серьезную опасность для жизни. В мае–июне, прежде 39 40

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См.: Fuchs M. «Zucker, wer hat? Öl, wer kauft?». S. 313. См.: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 107, со ссылкой на категорию «остальное население» в советской зоне оккупации, в состав которой в т.ч. входили домашние хозяйки и бывшие национал‐социалисты. О транспортном кризисе, который зимой 1946–1947 гг. превратился в настоящий коллапс, см.: Abelshauser W. Die Rekonstruktion der westdeutschen Wirtschaft und die Rolle der Besatzungspolitik // Marshallplan und westdeutscher Wiederaufstieg: Positionen – Kontroversen / H.-Jü. Schröder (Hrsg.). Stuttgart, 1990. S. 97–113, здесь S. 105. Цит. по: Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 186.

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чем удавалось собрать и распределить ранние сорта картофеля, как правило возникал зазор между старым и новым урожаем, который преодолевался с большим трудом, а население оказывалось перед лицом опасности урезания и без того скудных пайков. В первые послевоенные месяцы жители трех западных зон оккупации смогли миновать этот опасный период сравнительно безболезненно, так как для снабжения были использованы продовольственные запасы вермахта. Более критической была ситуация зимой и в начале лета 1946 г., но зимой 1946–1947 г. все сложилось еще хуже43 . В ходе этой печально известной «голодной зимы» сошлись три фактора: последствия плохого урожая, затяжные экстремальные холода, а также связанный с ними масштабный коллапс транспортной системы. Продуктов и топлива не хватало в равной мере, что имело соответствующие последствия для тех, чей организм не мог справиться с двойной угрозой. Сколько людей стали жертвами «голодной зимы», сказать трудно. Тем не менее, статистика смертности в такой аграрной земле как Рейнланд‐Пфальц, находившейся во французской зоне оккупации, говорит сама за себя. Если в 1938 г. на 1.000 жителей здесь приходилось 11,3 смертей, то в 1947 г. этот показатель вырос до 12,9. Однако эти общие цифры затушевывают собственно драматизм происходившего, поскольку показатель смертности вырос с 11,4 в ноябре 1946 г. до 17,4 в феврале 1947 г., чтобы потом в апреле снова опуститься почти до среднего значения44 . Повторное обострение ситуации в начале 1948 г. было связано в первую очередь с неурожаем предшествующего года и привело к массовым протестам, с которыми оккупационным властям до этого не приходилось сталкиваться: в период между началом января – началом февраля 1948 г. в британской и американской зонах оккупации «бастовали и демонстрировали» «предположительно от четырех до пяти миллионов человек», которые таким образом выражали свой протест по поводу «невыносимых условий жизни»45 . Забастовки и «голодные бунты»46 , которыми была отмечена весна 1948 г., стали не только актами отчаяния, но и выражением надежды, что действия политического свойства в состоянии по меньшей мере приглушить, если не устранить продовольственный кризис. Тем самым

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См.: Rothenberger K.-H. Die Hungerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg am Beispiel von Rheinland-Pfalz // Kriegsende und Neubeginn. Westdeutschland und Luxemburg zwischen 1944 und 1947 / K. Düwell, M. Matheus (Hrsg.). Stuttgart, 1997, S. 159–173, здесь S. 169–171. См.: там же. S. 167, 171. В книге Хойссера и Маугга «Hungerwinter» говорится: «Зимой 1946–1947 гг. разразилась гуманитарная катастрофа. По оценкам историков, только в одной Германии от последствий голода и холода умерли сотни тысяч людей. Точных цифр жертв голода не имеется». См.: Häusser A, Maugg G. Hungerwinter. S. 10. Trittel G. J. Hungerkrise und kollektiver Protest in Westdeutschland (1945–1949) // Gailus M., Volkmann H. (Hrsg.). Der Kampf um das tägliche Brot. S. 377–391, здесь S. 378. Erker P. Ernährungskrise und Nachkriegsgesellschaft. S. 215; общий контекст на примере Баварии см. там же. S. 202–230. Эркер (там же, S. 223) выдвигает убедительные аргументы против Триттеля (Trittel, Hunger und Politik, S. 287–289, 309), когда пишет, что забастовки и протесты «не были проявлением радикализма, апатии или антидемократических настроений».

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голод и дефицитная экономика послужили не столько апатии, сколько политической мобилизации немцев в надежде на лучшее будущее. Действительно, к этому времени низшая точка развития была уже пройдена, и когда в мае 1948 г. волны протеста еще раз захлестнули западные зоны оккупации, на горизонте уже засияли первые проблески надежды – сначала в политической сфере, а потом также в области питания и снабжения. Насколько глубоко голодный кризис впечатался в коллективную память западных немцев, свидетельствует опрос, проведенный в 1951 г. На вопрос, когда им жилось хуже всего, только два процента опрошенных назвали первые годы национал‐социалистической диктатуры с 1933 по 1938 гг. и всего лишь восемь процентов – годы войны с 1939 по 1945 г. со всеми ее ужасами. Зато 80 % западных немцев назвали самыми плохими временами послевоенные 1945–1948 годы47 . Голод, который после 1945 г. мог разразится практически в любом районе (Западной) Германии, был реальным феноменом, однако он был также и политическим аргументом, и то, как голод воспринимался и какие он приобретал последствия, не в последнюю очередь зависело от конъюнктуры дискурса и публичных компромиссов. Непосредственно сразу же после войны представители держав‐победительниц часто не питали особого интереса к заботам немцев, слишком ярко перед их глазами стояли картины, свидетелями которых они стали в освобожденной Европе или в немецких концентрационных лагерях. По сравнению с голодом и нуждой, которые царили там, дела у тех, кто нес ответственность за войну и террор, выглядели еще сравнительно хорошо. Соответственно, реакция на жалобы «откормленных» или даже «жирных» немцев временами была крайне резкой48 . То, что в особенности британцы и американцы вскоре изменили свою позицию, имело под собой прежде всего три основания: во-первых, изначальные импульсы возмездия быстро растворились в прагматизме оккупационной повседневности, нацеленном на решение рутинных проблем; во-вторых, ширилось опасение того, что проект демократической Германии пострадает, если ответственность за голодный кризис будет возложена на оккупационные власти и новые политические силы49 ; в‑третьих, на руку побежденным играла усилившаяся конфронтация между бывшими союзниками по антигитлеровской коалиции. С обострением конфликта между Востоком и Западом сотрудников оккупационных учреждений западных зон все больше беспокоило, что голод и недоедание могут сделать немцев восприимчивыми к коммунистической агитации и, в конечном итоге, толкнут их в объятия Советского Союза. Уже в конце марта 1946 г. об этом писал сам заместитель военного губернато47

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См.: Lanzinner M. Zwischen Sternenbanner und Bundesadler: Bayern im Wiederaufbau, 1945–1958. Regensburg, 1996. S. 108. По поводу нижеследующего см.: Weinreb A. «For the Hungry Have no Past nor do They Belong to a Political Party». Debates over German Hunger after World War II / Central European History. 2012. No. 1. P. 50–78; о «жирном и упитанном» сельском населении Германии см. там же, S. 64–65. Озабоченность также вызывали такие надписи на стенах. как «Lieber satt und Nazischwein als Demokrat und hungrig sein» («Лучше сытый наци-гад, чем голодный демократ»). Цит. по: Erker P. Ernährungskrise und Nachkriegsgesellschaft. S. 221, прим. 100.

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ра американской зоны оккупации, генерал‐лейтенант Люсиус Дюбиньон Клей, когда стало известно, что его зоне ответственности грозит сокращение продовольственных пайков: «Мы настояли на демократических процессах в американской оккупационной зоне и гарантировали строгий нейтралитет между политическими партиями. В результате коммунистическая партия добилась немногого. Однако, там нет выбора между тем, чтобы коммунист на 1.500 калорий в день, и верующий в демократию на тысячу. Я искренне убежден в том, что предложенное количество выдаваемых рационов в Германии не только помешает нашим целям в Центральной Европе, но и откроет путь коммунистической Германии»50 . Таким образом, жалобы немцев и их просьбы о помощи приобрели в контексте разгоравшейся холодной войны новое качество. Они больше не вызывали отторжение или автоматическое указание на ответственность немцев за продовольственный кризис, охвативший всю Европу. Напротив, ответом стали солидарность и международная готовность, оказать необходимую помощь. Поток продовольственных пакетов первой помощи организации CARE International, начиная с августа 1946 года51 , хлебный импорт, выросший в 1947 г., что не в последнюю очередь было следствием рекордного урожая в США52 , а также воздушный мост в Берлин, в образе которого под знаком холодной войны в 1948/49 г. слились в единый нарратив свободного мира голод, готовность помочь и политика союзов53 , – все это стало осязаемым и зримым результатом данного развития. Можно также сказать, что (западные) немцы самое позднее в 1948 г. осознали свою значимость и научились инструментализировать голодный кризис в борьбе за политическое будущее Германии. И все же в дебатах и разговорах вокруг послевоенного голода примечательным образом проявились акценты, неразрывно связанные с недавним политическим прошлым: роль жертвы облегчала для немцев затушевывание неудобных вопросов о вине и ответственности, в то же время давала им возможность, самим выступать с обвинениями и перекладывать вину на чужие плечи. При этом нередко звучали отголоски национал‐социалистической пропаганды в сопро50

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The Papers of General Lucius D. Clay. Germany 1945–1949. Bd. 1 / J. E. Smith (Hrsg.). Bloomington; London, 1974. P. 183–184, здесь P. 184: Lucius D. Clay – Oliver P. Echols, Howard C. Petersen, 27. März 1946. См.: Baur Ph. From Victim to Partner. CARE and the Portrayal of Postwar Germany // Die amerikanische Reeducation‐Politik nach 1945: Interdisziplinäre Perspektiven auf «America’s Germany» / Ph. Baur, K. Gerund (Hrsg.). Bielefeld, 2015. S. 115–140; Wieters H. Hungerbekämpfung und Konsumgesellschaft. Das CARE-Paket im Kontext von Massenkonsum und New Charity-Konzepten in der Nachkriegszeit // Wahrnehmung und mediale Inszenierung von Hunger im 20. Jahrhundert / A. Müller, F. Rauh (Hrsg.). Basel, 2014. S. 113–131. Если с июля по декабрь 1946 г. в британскую и американскую зону оккупации было импортировано 528.400 т пшеницы, то в 1947 г. объем импорта пшеницы вырос до 1.796.200 т, и только в первом полугодии 1948 г. было ввезено 846.600 т. См.: Schlange‐Schöningen H. (Hrsg.). Im Schatten des Hungers. S. 311–312. О значении урожая в США в 1947 г. в размере 37 млн т пшеницы, который на шесть млн т превысил урожай 1946 г., для экспортных возможностей США, см.: Rothenberger K.-H. Hungerjahre. S. 189. См.: Die Berliner Luftbrücke: Erinnerungsort des Kalten Krieges / C. Defrance, B. Greiner, U. Pfeil (Hrsg.). Berlin, 2018.

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вождении антисемитских стереотипов54 . Так, делегаты конференции производственных советов, состоявшейся в Дюссельдорфе в январе 1948 г., даже не побоялись заклеймить как «преступление против человечности» то, «что немецкий народ вынужден годами терпеть лишения»55 . Виктимный нарциссизм и благодетельное купание в море жалости к самим себе56 , компенсаторная ментальность, намеренное игнорирование совершенных преступлений и их релятивизация – дискурс о голоде включал в себя все эти элементы и способствовал складыванию в период между 1946 и 1948 гг. лояльных отношений между изобличенными национал‐социалистами, их попутчиками и собственно критиками гитлеровского режима. Это главное ментальное течение насквозь пронизывало все 1950‑е годы, тем не менее, не следует полагать, что оно повлияло на «границы интеграции» бывших национал‐социалистов в западногерманское общество или на нормативный отказ от гитлеровской идеологии57 .

4 От валютной реформы 1948 г. к «обжорной неделе» – и даже сверх того Хотя в зимние месяцы 1948 г. ситуация со снабжением обострилась еще раз, 1948 вошел в историю как год, в течение которого голод в Западной Германии был побежден. Решающее значение здесь имели три предпосылки: улучшенные и более надежные возможности для импорта, увеличение объемов агарной продукции, произведенной в трех западных зонах, а также новый порядок рыночных отношений, задававший стабильные рамочные условия для сельских хозяев, потребителей и, не в последнюю очередь, для государственных контролирующих инстанций. На самом деле, объемы импорта значительно выросли: только лишь ввоз пшеницы в Бизонию составил с июля по декабрь 1948 г. 1.829.400 тонн по сравнению с 846.600 тонн в предыдущем полугодии58 . Свой вклад в прекращение голода также внесли новые урожаи: если на территории будущей ФРГ в 1947 г. было собрано только 1.192.000 тонн пшеницы, то в 1948 г. – уже 1.953.000 тонн и в 1949 г. – 2.471.000 тонн. Таким образом, сельское хозяйство Западной Германии практически достигло среднестатистических показателей предвоенных лет. Соответствующим образом повысились нормы продуктов, по прежнему выдававшихся по карточкам: если в Бизонии в июне 1948 г. энергетическая ценность продуктового пайка все еще составляла 1.535 калорий, то в мае 1949 г. она выросла уже до 2.350 калорий, при этом потребитель получал больше хлеба, жиров 54

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См.: Weinreb A. «For the Hungry Have no Past nor do They Belong to a Political Party». P. 58–61; Buruma I. ’45. S. 90–92. Показательные примеры см.: Maier L. Der Schwarzmarkt in der Möhlstraße und die Münchner Polizei. S. 42–51. Цит. по: Trittel G. J. Hungerkrise und kollektiver Protest in Westdeutschland (1945–1949). S. 382. Buruma I. ’45. S. 92. См.: Schlemmer Th. Grenzen der Integration. Die CSU und der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit – der Fall Dr. Max Frauendorfer // Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 2000. H. 4. S. 675–742. См.: Schlange‐Schöningen H. (Hrsg.). Im Schatten des Hungers. S. 312; нижеследующие цифры приведены там же, S. 313.

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и мяса. «Облегчение, наступившее в области продовольственного снабжения, было для подавляющей части населения настолько ощутимым», что уже в июле 1948 г. всего лишь три процента опрошенных в британской зоне оккупации выразили свою обеспокоенность «по поводу еды»59 . Что же касается упорядочения рыночных отношений, то главным мероприятием было санирование немецкой валюты, поскольку рейхсмарка едва ли стоила дороже бумаги, на которой печатались банкноты. Судьбоносные дни пришлись в западных зонах оккупации на 20–21 июня 1948 г.: для зарплат, рент, пенсий, арендной и квартирной платы обменный курс устанавливался один к одному, для долговых обязательств соотношение составляло один к десяти; наличные деньги и сбережения обменивались по курсу 6,50 ДМ за 100 рейхсмарок. В качестве компенсации каждому жителю единовременно выплачивались так называемые «подушные деньги» в размере 60 ДМ, из которых 40 ДМ выдавались на руки сразу же, чтобы покрыть самую острую необходимость60 . Хотя денежная реформа знаменовала собой глубокую цезуру и обусловила ряд проблем социального плана, она не поэтому осталась в коллективной памяти западных немцев. Зато в ней навсегда запечатлелся образ витрин, внезапно вновь ставших полными. В магазинах, где до этого нельзя было получить даже самого необходимого, вдруг можно было купить продукты и товары, которых немцы не видели годами. Очевидцы и сегодня с горящими глазами вспоминают о том, что они купили за причитавшиеся им «подушные» деньги и при каких обстоятельствах это случилось. Тогдашний 13‑летний подросток вспоминает в наши дни: «Когда я думаю об этом, то меня все еще потряхивает сегодня. На мои “подушные” я купил четверть фунта масла – и съел его сразу же. Просто так, без хлеба. На вкус это было просто превосходно»61 . Витрины, полные продуктов и товаров, стали следствием не только денежной реформы, но и «Закона о руководящих принципах использования ресурсов и ценовой политики» („Gesetz über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik“). Этот закон, принятый Экономическим советом британской и американской зоны оккупации, вступил в силу практически одновременно с проведением денежной реформы62 . Закон предоставил возможность руководству экономического ведомства, аннулировать предписания, жестко регулировавшие распределение и цену большого количества потребительских товаров, тем самым, по крайней мере частично, вновь запустить

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См.: Trittel G. J. Hunger und Politik. S. 185–186. См.: Abelshauser W. Deutsche Wirtschaftsgeschichte: Von 1945 bis zur Gegenwart. Bonn, 2011. S. 122–129. Süddeutsche Zeitung. 16./17. Juni 2018: «Это было как чудо. 20 июня 1948 г. – в Германии начинается новое летоисчисление. В Америке для побежденного народа напечатаны деньги, их привезли в Германию через Атлантику. На каждого человека было выплачено 40 ДМ в мелких купюрах. И только взгляните: магазины снова полны товаров. Продаются хлеб и масло, но также обувь и другие вещи. День, когда пришла немецкая марка – очевидцы вспоминают». «Закон о руководящих принципах использования ресурсов и ценовой политики», приятый после денежной реформы 24 июня 1948 г., опубликован вместе с приложениями: Ruhl H.-J. (Hrsg.). Neubeginn und Restauration. S. 430–433.

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в действие рыночные механизмы спроса и предложения. «Смелая, но в тоже время ограниченная либерализация внутреннего рынка Западной Германии», предпринятая Людвигом Эрхардом, имела «драматические последствия – настолько драматические, что непосвященные воспринимали их как чудо»63 . В действительности, в 1950 г. удалось добиться «решающего прорыва в деле снабжения населения», начиная с 1 января, «хлеб и пищевые продукты снова можно было купить свободно», и только сахар продолжал выдаваться по карточкам64 . Конечно же, об «экономическом чуде» речь еще не шла, денежная реформа и разнообразие в витринах магазинов были в большей степени пока обещанием – обещанием лучшего будущего и лучшей жизни. Чаяния немцев были еще скромны и направлены как правило на товары ежедневного потребления, которых они были лишены долгое время в годы войны и оккупации: кофе в зернах вместо солодового кофе, апельсины – вместо яблок, масло – вместо маргарина, нейлоновые чулки – вместо вязанных чулок или даже новый костюм или новое платье. Михаэль Вильдт писал о «маленьком благополучии», которое можно было наблюдать с середины 1950‑х годов и которое знаменовало собой переход к обществу потребления и всеобщего благосостояния65 . Этот переход протекал волнами, из которых самыми первыми и вероятно наиболее известными были «гонка за калориями» во время «недели обжорства» и последовавшая вслед за ней «неделя изысканного обжорства», когда объектом страстного желания немцев вместо привычных продуктов стали давно забытые деликатесы66 . Так что же теперь ставили на стол в немецких семьях? Что парилось и жарилось на кухнях? В первую очередь стоит констатировать три тренда: во-первых, выросло потребление таких высококачественных продуктов как мясо, молочные продукты, яйца и цитрусовые, в то время как потребление традиционных продуктов пошло на спад67 . В начале 1950‑х годов готовилось – то есть готовили домашние хозяйки – почти исключительно по унаследованным рецептам, которые могли сильно отличаться в зависимости от региона. План питания на неделю, который предлагал летом 1950 г. популярный журнал «Умная домохозяйка», выражал эту «почвенность», равно как и скромность потребительских возможностей, все еще ощутимую непосредственно сразу же после образования ФРГ. Можно сказать и так: среднестатистические потребители не прыгнули пока еще выше головы, но и голод перестал быть для них рутинной повседневностью. Так, на понедельник планировался суп из цветной капусты и гречневая каша, на вторник – фаршированная капуста с отварным картофелем и вишневый суп с манной кашей, на среду – грибные фрикадельки с картофелем под соусом бешамель и зеленым салатом, на четверг – бобы и морковь со свиным 63

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Mierzejewski A. C. Ludwig Erhard: Der Wegbereiter der Sozialen Marktwirtschaft. Biografie. München, 2005. S. 118. Gries R. Die Rationen‐Gesellschaft. S. 332. Wildt M. Am Beginn der «Konsumgesellschaft». S. 38. Rossfeld R. Ernährung im Wandel: Lebensmittelproduktion und -konsum zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur // Die Konsumgesellschaft in Deutschland 1890–1990: Ein Handbuch / H.-G. Haupt, C. Torp (Hrsg.). Frankfurt a. M.; New York, 2009. S. 27–45, здесь S. 40–41. См. в этом отношении и по поводу нижеследующего: Wildt M. Am Beginn der «Konsumgesellschaft». S. 218, 220–230.

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салом и картофельным пюре, на пятницу – тушеная скумбрия в соусе из каперсов с отварным картофелем и ягодами в сахаре, на субботу – холодец с картофельным пюре, а также пудинг с фруктовым соком и красными ягодами и, наконец, на воскресение – бульон в чашках, рагу из почек и сердец с рисом, овощи, а также десерт из абрикосов. В последующие годы рецепты становились все более разнообразными и независимыми от сезона, в них фигурировали высококачественные ингредиенты. Авторы рецептов играли с фантазией и тягой преимущественно женской половины к дальним странствиям, когда речь шла о готовке по миланскому, неаполитанскому или даже французскому образцу, причем сами рецепты имели мало общего с аутентичной итальянской или французской кухней. Во-вторых, шаг за шагом свой победоносный поход начали супермаркеты и готовые продукты: от рыбы – к рыбным палочкам, от говядины – к бульонным кубикам или от домашнего пирога – к готовым смесям для выпечки от «Doktor Oetker» и так далее68 . За этими новыми продуктами скрывалось коренное изменение в изготовлении продовольствия: сырье теперь закупалось на все растущих рынках, подвергалось промышленной обработке, после чего продукты продавались по всей Европе или даже миру69 . Сезонные или климатические условия, которые до этого ограничивали потребление определенных продуктов, утрачивали свое значение, мир все больше превращался в «сад для потребителя». Массовое промышленное производство продуктов питания привело к стандартизации вкуса и потребительских привычек, также принципиальным образом изменилась социальная практика покупок. После того, как миновал первоначальный скепсис, в ФРГ по американскому образцу с конца 1950‑х годов стали множиться магазины самообслуживания и супермаркеты – сначала медленно, потом практически с неудержимой динамикой. Если в 1956 г. доля магазинов самообслуживания составляла только 4,4 % от объема товарооборота, то в 1964 г. речь шла уже о целых 62 %70 . Это не преувеличение, когда об этих годах говорят как о «революции потребления» и в первую очередь – как о «революции в розничной продуктовой торговле»71 . Изменение характера магазинов повлекло за собой также изменение характера предлагаемых товаров. Полки заполнили продукты стандартных размеров в упаковках, консервы, а позднее – быстрозамороженные продукты и полуфабрикаты всех видов. При этом обработанные и уже полностью или частично готовые продукты считались современными и прогрессивными, в то время закупки в «лавке тети Эммы», не говоря уже о покупках на рынке, полностью вышли из моды – с соответствующими последствиями для розничной продуктовой торговли в целом, а также для местной инфраструктуры и социальных контактов «по соседству». Ежедневные покупки все 68

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См.: Wildt M. Abschied von der «Freßwelle» oder die Pluralisierung des Geschmacks // Kulturthema Essen: Ansichten und Problemfelder / A. Wierlacher, G. Neumann, H.-Jü. Teuteberg (Hrsg.). Berlin, 1993. S. 211–225. См.: König W. Kleine Geschichte der Konsumgesellschaft: Konsum als Lebensform der Moderne. Stuttgart, 2008. S. 96–121; след. цит. там же, S. 102. См.: Kleinschmidt Ch. Konsumgesellschaft. Göttingen, 2008. S. 146. Langer L. Revolution im Einzelhandel: Die Einführung der Selbstbedienung in Lebensmittelgeschäften der Bundesrepublik Deutschland (1949–1973). Köln u. a., 2013.

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меньше служили как способ обмена новостями и средство поддержания знакомства, все больше превращаясь как в индивидуальный, так и анонимный акт. В‑третьих, кухня западных немцев на глазах стала приобретать черты космополитизма и, начиная с 1955 г., постепенно «вступила в контакт с кухнями всего мира»72 . Ответственность за это в первую очередь несли следующие четыре фактора: 1) Увеличение покупной способности домохозяйств наемных работников, которые уже в 1950‑е годы все меньше должны были тратить на питание73 , тем самым все большие возможности возникали в сфере потребления экстравагантных продуктов; 2) Шел процесс интернационализации аграрного производства, а также самой торговли аграрными продуктами; 3) Зарождение массового туризма, который познакомил немцев в первую очередь с итальянской кухней74 и 4) Трудовые миграции, поскольку так называемые гастарбайтеры привезли с собой свои национальные блюда и традиционные привычки питания75 . Начиная с 1960‑х годов, кулинарные моды сменяли в ФРГ одна другую, привлекая в республику не только деликатесы из все более далеких частей света, но и оставляя более или менее глубокие следы в повседневной кухне76 . В эти годы «экономического чуда» больше никто не упоминал о голоде, а «мечта о сытости» (Михаэль Вильдт) стала реальностью почти для всех западных немцев.

5 Длинные тени По пути из общества дефицита в общество изобилия стала также меняться семантика разговоров о еде, в употребление вошли новые термины, связавшие дискурс о хорошем питании с дискурсом о здоровье, образе жизни и новшествах. Карьеры таких терминов как «витамины», «стройная фигура», «лишний вес», «сырая пища» или «легкая кухня» указывают на это развитие и демонстрируют, наряду с преимуществами, также и риски «страны Шларафии», в которую превратилась федеративная республика периода «экономического чуда» в сравнении с первыми послевоенными

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Wildt M. Am Beginn der «Konsumgesellschaft». S. 230. Расходы на продукты питания в бюджете наемного работника в ФРГ понизились с 48,5 % в 1949 г. до 41,5 % в 1955 г. и 38 % в 1960 г. См.: Haustein S. Vom Mangel zum Massenkonsum: Deutschland, Frankreich und Großbritannien im Vergleich 1945–1970. Frankfurt a. M.; New York, 2007. S. 56. Какие следствия это имело в особенности для жизненного уклада наемных работников см.: Mooser J. Arbeiterleben in Deutschland 1900–1970: Klassenlagen, Kultur und Politik. Frankfurt a. M., 1984. S. 74–87. См.: Bernhard P. Italien auf dem Teller. Zur Geschichte der italienischen Küche und Gastronomie in Deutschland 1900–2000 // Italiener in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert: Kontakte, Wahrnehmungen, Einflüsse / G. Corni, Ch. Dipper (Hrsg.). Berlin, 2012. S. 217–236. См. по этому вопросу обзор, проделанный Ульрихом Гербертом: Herbert U. Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge. München, 2001. См.: Möhring M. Fremdes Essen: Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland. München, 2012.

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годами77 . Многие из современников испытывали проблемы, когда пытались следовать советам по поводу здорового образа жизни и оставить в прошлом послевоенный голод. Некоторые на всю оставшуюся жизнь так и остались «быстрыми едоками», теми, кто заглатывает пищу большими кусками, поскольку не могли справиться со страхом, остаться обделенными, другие утратили меру в пище. «Я никогда не знал, сыт я или нет», – вспоминал один из современников. «Я хотел все время только есть, есть, есть»78 . Однако пустота осталась и превратилась в некий вид постоянного голода, который трудно поддавался утолению79 . Однако голод оставил свои следы не только в воспоминаниях и психике людей, но и в их телах. Хронические заболевания как следствие голода и повышенный риск преждевременной смерти были таким же симптомом, как и «пониженная мужская и женская фертильность», которая в свою очередь могла стать причиной болезненных переломов как в биографиях, так и семейных структурах80 . Таким образом, длинные тени продовольственного кризиса простираются далеко за пределы сферы питания и затрагивают как обращение с продуктами (закупка, хранение, собственное производство), так и перспективы и доверие к будущему. Спектр возможных образцов поведения был широк и простирался от бережного обращения с продуктами питания всех видов, экстремальной экономности и осторожности вплоть до менталитета расточительства и сорения деньгами. В рамках одного из проектов Oral History одна из студенток расспрашивала своих бабушек о тяжелом послевоенном времени, полагая выявить у обеих «следы голода». «Одна охотно транжирит, другая скорее экономна и благодарна богу. [Бабушка] Марианне находит, что ее описали верно и подтверждает: “Я бы почти сказала, что каждый раз, закупаясь в больших количествах в супермаркете, я испытываю чувство благодарности Господу, без какой-либо иронии. То, что это снова стало возможным в мире, который был полностью разрушен, сидит глубоко в нас“». Это хорошо сочетается с выводами, которые Михаель Принц сделал о силе инерции натурального хозяйства в течение второго послевоенного десятилетия. «В начале 1960‑х годов четыре семьи из десяти заявляли о том, что они обрабатывают землю». Небольшой огород, несколько домашних животных, собственные фрукты и овощи – все это давало чувство безопасности во времена сомнительного мира холодной войны. И все же эти анахронизмы являлись также свидетельством глубокой обеспокоенности, с которой люди, пострадавшие во время голода, так и не смог-

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См.: Wildt M. Am Beginn der «Konsumgesellschaft». S. 240–253; Weinreb A. Modern Hungers. P. 196–236. См.: Häusser A., Maugg G. Hungerwinter. S. 166, 198 (цитата). См.: Bode S. Die vergessene Generation: Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen. Stuttgart, 2016. S. 98. Tönsmeyer T. Hungerökonomien. S. 699–701 (цитата S. 701); примеры приведены в книгах: Häusser A., Maugg G. Hungerwinter. S. 203–205, и Bode S. Die Vergessene Generation. S. 80–85. По поводу нижеследующего см. там же. S. 76–77.

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ли полностью справиться или справились с большим трудом81 . Можно также сказать, что «экономическое чудо» практически закончилось, когда последние из них наконец-то поверили в прекрасный новый мир потребления. Но это лишь одна сторона медали. Гораздо более важной и эффективной была «позитивная корреляция между демократией и обществом потребления», так как многое говорит о том, что после долгих лет дефицита именно «развернутое массовое потребление» стало тем фактором, который обеспечил «решающие материальные и культурные предпосылки» для демократической стабильности ФРГ82 .

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См.: Prinz M. Der Sozialstaat hinter dem Haus: Wirtschaftliche Zukunftserwartungen, Selbstversorgung und regionale Vorbilder: Westfalen und Südwestdeutschland 1920–1960. Paderborn u. a., 2012. S. 300–379; цитата S. 379. Wirsching A. Politische Generationen, Konsumgesellschaft, Sozialpolitik. Zur Erfahrung von Demokratie und Diktatur in Zwischenkriegszeit und Nachkriegszeit // Strukturmerkmale der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts / A. Doering‐Manteuffel (Hrsg.). München, 2006. S. 43–64, здесь S. 58–59.

Беате Физелер От винтовки к колыбели: cоветская политика в сфере семьи и гендера в контексте Великой Отечественной войны Вторая мировая война привела к драматическим изменениям в жизни населения большинства стран-участниц. На смену нормальной общественной жизни пришло чрезвычайное положение. Однако в Советском Союзе воздействие войны, тяготы и лишения которой советское население испытывало годами, оказалось глубже и масштабней, чем где-либо еще. Не только миллионы мужчин отправились на фронт после нападения Германии в июне 1941 г., но и женщины ощутили эффект войны сильнее и непосредственней, чем в других странах. Советские женщины оказались среди «классических жертв войны», так как бесчисленное множество из них потеряли своих отцов, мужей и детей. В то же время миллионы женщин были мобилизованы в качестве рабочей силы в тылу или принимали непосредственное участие в боевых действиях как военнослужащие Красной Армии1 . Большинство женщин‐военнослужащих, как известно, служили в качестве санитарок, связисток, техников и регулировщиц. В службах тыла женщины, как правило, были поварихами, а также рабочими банно‐прачечных отрядов. Меньшинство женщин сражались в действующей армии в качестве комбатантов2 . Даже эта скупая информация свидетельствует о том, что расхожая формула советской пропаганды «Мужчины – на фронт, женщины – к станкам и в поле» не совсем адекватно отображала реальность3 . Этот лозунг дает основание предполагать, что имело место нормативное разделение социальных ролей в зависимости от пола, на самом деле традиционные границы между полами оказались во время войны размыты, а типичная для сталинской эры конструкция противопоставления мускулинности и женственности иногда полностью утратила свое значение. Ниже автор задается вопросом, в какой степени эти изменения сохранили свою силу после окончания вой-

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Markwick R. D. «The Motherland Calls»: Soviet Women in the Great Patriotic War, 1941–1945 // The Palgrave Handbook of Women and Gender in Twentieth‐Century Russia and the Soviet Union / M. Ilič (ed.). London, 2018. P. 217–232. Fieseler B. Patriotinnen, Heldinnen, Huren?: Frauen in der Roten Armee 1941–1945 // Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. 2014. H. 1–2. S. 46–53; Markwick R. D., Cardona E. Ch. Soviet Women on the Frontline in the Second World War. New York, 2012; Иванова Ю.Н. Храбрейшие из прекрасных: Женщины России в войнах. M., 2002. С. 143–175. Markwick R. D. «The Motherland Calls». P. 224–226.

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ны и повлекли ли они за собой стойкую трансформацию отношений между полами. Во-первых, подлежит реконструкции реакция советского государства на войну и ее последствия в сфере семейной и демографической политики. Во-вторых, речь пойдет об ответных реакциях населения на мероприятия политического руководства, в особенности на реформу семейного права лета 1944 года4 .

1 Исходное положение: советская женщина = эмансипированная женщина? Женская эмансипация занимала в СССР важное место среди целей, которые, начиная с октября 1917 г., декларировала коммунистическая партия. Только социализм, как утверждали большевики, способен освободить русскую женщину от ее традиционной отсталости, неграмотности и религиозности и вывести на путь прогресса. Эта цель была объявлена достигнутой в СССР в середине 1930‑х годов, равно как и «женский вопрос» – решенным5 . Принцип равноправия полов, зафиксированный в Советской Конституции 1936 г. (статья 122), гарантировал женщинам не только одинаковые права с мужчинами, но и равные возможности обоих полов во всех сферах жизнедеятельности6 . При этом создавалось впечатление, что эмансипация женского большинства населения стала в СССР действительностью гораздо раньше, чем в других странах. «Новая советская женщина» была выдвинута на роль важнейшего символа модерна и производственной мощи. Сталинский режим активно использовал этот символ в интересах легитимации своей политики внутри страны, а также для завоевания признания на международной арене. Никто не мог воплотить достигнутое в Советском Союзе равенство полов лучше, чем женщины – многочисленные героини труда, спорта и покорения воздуха. Их успехи были центральной темой официальной современной пропаганды7 . Многие женщины, в первую очередь молодые горожанки, без сомнения воспринимали как прогресс радикальную трансформацию советского общества, ставшую следствием форсированной индустриализации. Поэтому в воспоминаниях этой со-

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The Family in the U.S.S.R: Documents and Readings / R. Schlesinger (ed.). London, 1949. P. 367–377; Glass B. L., Stolee M. K. Family Law in Soviet Russia, 1917–1945 // Journal of Marriage and the Family. 1987. Vol. 49. No. 4. P. 899; Kaminsky L. Utopian Visions of Family Life in the Stalin-Era Soviet Union // Central European History. 2011. Vol. 44. P. 83–88. Markwick R. Women, War and «Totalitarianism»: the Soviet and Nazi Experiences Compared // Peace, War and Gender from Antiquity to the Present: Cross-Cultural Perspectives / J. Dülffer, R. Frank (eds.). Essen, 2009. P. 23; Кринко Е.Ф., Тажидинова И.Г., Хлынина Т.П. Частная жизнь советского человека в условиях военного времени: пространство, границы и механизмы реализации (1941–1945). Ростов н/Д., 2013. С. 91. Кукушкин Ю.С., Чистяков О.С. Очерк истории Советской Конституции. М., 1987. С. 308–309. Chatterjee Ch. Soviet Heroines and the Language of Modernity, 1930–39 // Women in the Stalin Era / M. Ilič (ed.). Basingstoke, 2001. P. 49–68.

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циальной группы нередко встречаются позитивные реминисценции 1930‑х годов. Они описывают это десятилетие как эпоху, где царили энтузиазм и настроения созидания нового мира, как фазу невероятно умножившихся возможностей в области образования и в профессиональной сфере, что позволяло женщинам быть с мужчинами на равных или даже превосходить их8 . Женщины были горды тем, что советская власть открывала для них сферы деятельности, которые раньше были зарезервированы исключительно за мужчинами, такие как технические профессии, военизированная подготовка и т.п. Некоторые из женщин даже мечтали о военной карьере9 . Но, несмотря на всю официальную прогрессистскую риторику, советская политика в сфере семьи и рождаемости носила не столько консистентные, сколько амбивалентные черты и была четко подчинена экономическим и социальным интересам сталинского режима. Иными словами, она больше не обладала собственной созидательной силой10 . Теперь в качестве доказательства полного освобождения советской женщины, как индикатор ее эмансипации, расценивалась неуклонно растущая трудовая занятость представительниц слабого пола, именно об этом трубила пропаганда11 . В 1936 г., который был официально объявлен годом полной женской эмансипации, в области семейного права произошел возврат к традиционным представлениям о семье и роли женщины. Процедура развода была усложнена и стала более дорогостоящей, аборты, до сей поры легальные, были запрещены вопреки ясно выраженной воле многих женщин, вся тяжесть воспроизводства населения вновь возлагалась на семью, а тем самым на женские плечи, так как государству не хватало инвестиционных средств для создания и расширения сети обещанных женщинам детских ясель, столовых, прачечных и т.д.12 Итак, образ советской женщины в 1930‑е годы был крайне противоречивым. Бесспорно, он апеллировал к разным группам населения: как к образованным женщинам‐горожанкам, так и к крестьянкам, только что «ликвидировавшим» свою неграмотность. Однако он также таил в себе опасность того, что тусклая и консервативная

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См., напр.: In the Shadow of Revolution: Life Stories of Russian Women from 1917 to the Second World War / Sh. Fitzpatrick, Yu. Slezkine (eds.). Princeton, 2000; A Revolution of Their Own: Voices of Women in Soviet History / B. A. Engel, A. Posadskaya‐Vanderbeck (eds.). Boulder, 1998. Krylova A. Stalinist Identity from the Viewpoint of Gender: Rearing a Generation of Professionally Violent Women-Fighters in 1930s Stalinist Russia // Gender and History. 2004. Vol. 16. No. 3. P. 633–638. Conze S. Weder Emanzipation noch Tradition. Stalinistische Frauenpolitik in den vierziger Jahren // Stalinismus: Neue Forschungen und Konzepte / St. Plaggenborg (Hrsg.). Berlin, 1998. S. 293. Clements B. E. A History of Women in Russia: From Earliest Times to the Present. Bloomington, 2012. P. 211–213, 221–223; Engel B. A. Women in Russia, 1700–2000. New York, 2004. P. 180–181; Pushkareva N. Women in Russian History: From the Tenth to the Twentieth Century. Armonk, 1997. P. 262; Stites R. The Women’s Liberation Movement in Russia: Feminism, Nihilism, and Bolshevism, 1860–1930. Princeton, 1991. P. 395. Glass B. L., Stolee M. K. Family Law in Soviet Russia. P. 898; Goldman W. Z. Women, the State and Revolution: Soviet Family Policy and Social Life, 1917–1936. New York, 1993. P. 296–336.

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оборотная сторона медали эмансипации однажды станет полностью доминировать над ее такой яркой и обольстительной лицевой стороной. Пропаганда сопровождала этот консервативный поворот кампанией прославления «женственности», при этом визуальная репрезентация сводилась скорее к традиционным мотивам. Советская женщина изображалась, с одной стороны, как потребитель, например косметической продукции, с другой (и гораздо чаще) – как счастливая мать13 . Явный дефицит трудовых ресурсов послужил причиной того, что быстрый прирост населения стал одной из главных целей политического руководства. На типичных, широко распространенных плакатах 1930‑х годов изображенные женщины едва ли напоминают трудящихся, скорее они выглядят как матери / домохозяйки, которые посвящают весь свой день исключительно заботам о семье и детях. Однако на самом деле в ходе сталинской индустриализации доля женщин среди лиц, занятых в народном хозяйстве, в течение нескольких лет стремительно выросла и составила в 1940 г. уже 38,4 %14 . Существование в качестве домохозяйки и матери, в отличие от заверений пропаганды, было уделом меньшинства. Война между СССР и Германией еще более повысила значение производственного труда женщин. В 1945 г. они составляли 56 % от всех работающих15 . В конечном итоге государственная пропаганда (плакаты, журналы для женщин) призывала женщин, прежде всего во второй год войны, заменить на рабочих местах в тылу всех мужчин, ушедших на фронт16 . Но только пропагандой дело не ограничилось: указом о введении всеобщей трудовой повинности от февраля / сентября 1942 г. были мобилизованы и задействованы в экономике военного времени все женщины в возрасте от 16 (14) до 45 (50) лет17 . Таким способом, как гласила пропаганда, они лучше всего могли защитить свою счастливую советскую жизнь и жизнь своих детей. Самые популярные плакаты военного времени представляли женщин в первую очередь как матерей и тем самым как ранимых жертв немецкой агрессии18 , или, соответственно, в высоком аллегорическом смысле – как «Родину-мать»19 . Фактически же, пока война не была выиграна, материнство и семейные дела как повседневные задачи женщин оказались временно вытесненными на задний план. Вместо этого пропаганда, адресованная женщинам, отводила высший приоритет производственной деятельности, чтобы добиться желанной победы и, тем самым, как можно скорее (вновь) получить от государства защиту для семьи и детей. Замещая в тылу мужчин, ушедших на фронт и всеми силами поддерживая функционирование экономики во-

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См. прим. репрезентации такого рода образца 1930‑х годов: Снопков А., Снопков П., Шклярук А. Реклама в плакате: Русский торгово‐промышленный плакат за 100 лет. М., 2007. С. 154–155; Lafont M. Soviet Posters: The Sergo Grigorian Collection. München, 2007. P. 78–79. Conze S. Weder Emanzipation noch Tradition. S. 295. Там же. Наша Победа: Плакаты Великой Отечественной войны 1941–1945 годов. M., 2010. С. 63; Плакат на фронте и в тылу. М., 2010. С. 28. Решения партии и правительства по хозяйственным вопросам / К.У. Черненко, М.С. Смиртюков (сост.). Т. 3. М., 1968. С. 64. Наша Победа. С. 97–101. Родина-Мать зовет! Плакаты Великой Отечественной войны. М., 2014. С. 20.

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енного времени – так гласил посыл женских журналов первых лет войны – советские женщины выбрали самый лучший способ защиты интересов своих семей и детей20 .

2 Советские мужчины и женщины в годы войны: размытые границы между полами Женщины фактически «заменили собой» мужчин, призванных в армию – как на производстве, так и в сельском хозяйстве. На их плечи легла нелегкая работа, экстремально тяжелый физический труд, такой как на предприятиях горнодобывающей промышленности, был далеко не редкостью. Законы мирного времени о защите женского труда едва ли находили применение в индустрии в годы войны21 . Крестьянки после призыва в армию большинства мужчин в работоспособном возрасте и мобилизации машин и тягловых животных нередко сами тянули плуг во время весеннего сева22 . Пример Красной Армии, упомянутый вначале, также подчеркивает, насколько границы между полами оказались размытыми во время войны и в какой степени женщины вторглись в сферы деятельности, зарезервированные ранее исключительно за мужчинами: в 1943 г. в Красной Армии насчитывалось примерно 800.000 военнослужащих женского пола, которые составляли около 8 % от общей численности советских вооруженных сил23 . Статистические данные колеблются, однако согласно новейшим оценкам, в войне в качестве военнослужащих приняло участие около одного миллиона женщин, что составляет в среднем примерно 3 % от общей численности вооруженных сил СССР в годы войны24 . Только в Советском Союзе женщины принимали непосредственное участие в сражениях Второй мировой войны с оружием в руках, особенно в качестве пилотов боевых самолетов, снайперов и механиков‐водителей танков. В то время как в довоенные годы женщины не имели возможности посещать военные училища и пройти регулярное военное обучение, то теперь их готовили к боям в специальных военно‐учебных заведениях. Часть женщин, как кажется, сознательно стремилась к такой судьбе25 . В целом границы между санитарной службой, некоторыми вспомогательными службами и боевыми подразделениями были скорее текучими, чем застывшими. Так, военная пропаганда обозначала медицинских сестер как помощниц и подруг солдата, на самом деле они делали свое дело не в безопасности вдали от фронта, 20 21

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Conze S. Weder Emanzipation noch Tradition. S. 308. Conze S. Sowjetische Industriearbeiterinnen in den vierziger Jahren: Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf die Erwerbstätigkeit von Frauen in der UdSSR, 1941–1950. Stuttgart, 2001. S. 107. Deutsch‐Russisches Museum Berlin‐Karlshorst: Katalog zur Dauerausstellung / S. Andreeva u. a. (Hrsg.). Berlin, 2014. S. 109. Pennington R. Women // The Soviet Union at War, 1941–1945 / D. R. Stone (ed.). Barnsley, 2010. P. 96–97; Fieseler B. Patriotinnen, Heldinnen, Huren? S. 38. Fieseler B. Patriotinnen, Heldinnen, Huren? S. 38. Там же. S. 40–43.

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а зачастую на поле битвы, где раненые нуждались в первой помощи и эвакуации из под огня противника. Таким образом, они работали непосредственно на фронте и подвергали свою жизнь опасности. Главной задачей медсестры было вытащить раненого вместе с его оружием с поля боя. Подчас санитарки сами брались за оружие, чтобы спасти раненых под вражеским огнем, защищая тем самым самих себя и солдат26 . Повсюду на фронте на плечи женщин ложилась самая тяжелая работа, даже в таких квази‐«гражданских» сферах, как санитарное дело или авиация. Широкая общественность впервые осознала этот факт в первую очередь благодаря интервью, которые белорусская писательница Светлана Алексиевич брала в 1980‑е годы у участниц войны27 .

3 Война как мотор социального прогресса? Также и после войны доля женского труда в советском народном хозяйстве оставалась высокой, советские женщины не были вытеснены с рынка труда. Впрочем, при существующей системе доходов населения это и не было возможным. Семьи нуждались в заработке обоих партнеров, чтобы справиться с финансовыми трудностями. Женщины‐одиночки должны были серьезно озаботиться тем, чтобы заработать себе на пропитание. Послевоенный уровень (1950 г.) женской занятости в народном хозяйстве СССР составлял 47 % и все еще существенно превышал уровень 1940 года28 . В то же время эти цифры едва ли можно расценивать в качестве доказательства в пользу тезиса об усилении эмансипации под воздействием войны. Напротив, учитывая среднестатические условия женского труда, а также ограниченные возможности повышения квалификации для женщин‐рабочих и крестьянок, у нас нет оснований фиксировать прогресс в сфере эмансипации в сравнении с довоенным временем. Также крайне редким явлением было карьерное восхождение женщин на высшие ступени иерархии в административном аппарате или в управлении экономикой. Но в первую очередь следует отметить, что участие женщин в войне не вылилось в прирост их политического влияния. Политическое руководство страны оставалось после войны в прежнем составе и представляло собой чисто мужское собрание. Что же касается женщин‐военнослужащих Красной Армии, то после окончания войны они были быстро демобилизованы, перед ними также не открылись двери военной карьеры29 . И хотя массовое использование женщин в качестве солдат было новым явлением в международном контексте, советская пропаганда склонялась к тому, чтобы умолчать об участии женщин в боевых действиях, не говоря уже о том, чтобы преподнести его как «достижение» или доказательство женской эмансипации. В любом случае практически неизвестны плакаты военного времени, на которых женщины изображены в качестве комбатантов. Вместо этого образ медицинских сестер

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Fieseler B. Patriotinnen, Heldinnen, Huren? S. 47–48. Алексиевич С. У войны не женское лицо. M., 2013. Conze S. Weder Emanzipation noch Tradition. S. 297. Fieseler B. Patriotinnen, Heldinnen, Huren? S. 53.

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и женщин‐врачей подвергся задним числом «феминизации», в то время как их роль в войне была гротескно преуменьшена, если не опошлена, чтобы лишить любого основания предположение об участии женщин в боях и пережитых ими опасностях. По этой же причине женщины не получили своего заслуженного места в советских воспоминаниях о войне. Популярный плакат кисти Нины Николаевны Ватолиной под названием «Советской героической женщине – слава!» (1946 г.)30 интерпретировал вклад женщин в победу традиционным образом. «В центре плаката нарисована нежная заботливая мать с ребенком на руках, окруженная радостными работницей и крестьянкой, а также старой солдатской матерью, достойной защиты»31 . Только женщина в форме санитарки, изображенная в левом нижнем углу, принимала, согласно плакату, непосредственное участие в военных действиях. Пропагандировавшийся здесь собирательный женский образ соответствовал культуре памяти, которая начала формироваться уже в годы войны и признавала только мужчин‐солдат достойными благодарности за победу32 . Преодоление разделительной линии между полами, имевшее место в годы войны, когда женщины вторглись в пространства, традиционно контролируемые мужчинами (такие как военная область, в гражданской сфере женщины также стали выполнять задачи и функции, бывшие до этого синекурой мужчин), не привело после мая 1945 г. к более гибкому распределению гендерных ролей. Напротив, в особенности женщины – бывшие военнослужащие Красной Армии, с горечью ощутили, что их обвиняют в том, что своим участием в войне они поставили под вопрос якобы естественный порядок взаимоотношения полов. По мнению многих современников те женщины, которые во время войны оказались на фронте, не заслуживали признания, напротив, их встречали с недоверием. В то время, как пропаганда неустанно восхваляла женщин, которые трудились в тылу и в одиночестве, зато преданно, дожидались возвращения своих мужей, общественное мнение относилось к женщинам‐солдатам зачастую с пренебрежением и даже с презрением. Народная молва называла медаль «За боевые заслуги» медалью «За половые услуги», когда ею награждали женщин33 . В отличие от мужчин‐ветеранов женщины‐ветераны не расценивались как победите-

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С цифровой версией плаката можно ознакомиться в библиотеке университета Южная Каролина (University of Southern California Libraries). См. также плакат работы Нины Ватолиной «Советской героической женщине – слава!» (1946) // Триумф и боль: Советская и постсоветская память о войне, 1941–1945 / P. Jahn (Hrsg.). Berlin, 2005. S. 72. Scheide C. Bild und Gedächtnis: Identitätskonstruktionen sowjetischer Fliegerinnen als Angehörige der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg // Kriegsbilder: Mediale Repräsentationen des «Großen Vaterländischen Krieges» / B. Fieseler, J. Ganzenmüller (Hrsg.). Essen, 2010. S. 29. См., напр., плакат Виктора Климашина «Слава воину‐победителю!» // Наша Победа. С. 245. Temkin G. My Just War: The Memoir of a Jewish Red Army Soldier in World War II. Novato, 1988. P. 203; Malakhova V. I. Four Years as a Frontline Physician // Engel B. A., Posadskaya‐Vanderbeck A. (eds.). A Revolution of Their Own. P. 215; Fieseler B. Rotarmistinnen im Zweiten Weltkrieg: Motivationen, Einsatzbereiche und Erfahrungen von Frauen an der Front // Soldatinnen: Gewalt und Geschlecht im Krieg vom Mittelalter bis heute / K. Latzel, F. Maubach, S. Satjukow (Hrsg.). Paderborn, 2011. S. 325–326; Markwick R. D., Cardona E. Ch. Soviet Women on the Frontline in the Second World War. P. 239–241.

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ли или героини. Напротив, их одних сделали козлами отпущения за падение моральных нравов, обусловленное войной, в их адрес годами высказывались самые низкие подозрения34 . Под давлением массивного недоброжелательства такого рода многие женщины предпочитали умалчивать о своем участии в войне и держали это в тайне даже от своих мужей, детей и внуков, отказываясь от небольших льгот, которые полагались им как участницам боевых действий по ранению или болезни. В особенности нуждались в адресной поддержке государства тяжело раненные женщины‐ветераны, но они могли как правило рассчитывать только на себя самих или на помощь своей семьи35 . Война была чрезвычайной ситуацией, которая требовала и допускала особые меры разного рода (такие как призыв на фронт сотен тысяч женщин). Но с возвращением к миру (который традиционно ассоциируется с «нормальной жизнью») отношения полов также подлежали теперь «нормализации» в духе традиционного распределения социальных ролей. В итоге здесь не сработала даже столь превозносимая солидарность бывшей «фронтовой семьи», что наглядно подтверждают следующие воспоминания одной из участниц войны: Хватило нам, фронтовым девчонкам. И после войны досталось, после войны у нас была еще одна война. Тоже страшная. Как-то мужчины оставили нас. Не прикрыли. На фронте по-другому было36 .

В гражданской жизни вновь приобрели вес и значение традиционные представления о роли полов. Этот квази‐нормальный гендерный порядок не в последнюю очередь был восстановлен с помощью государственной пропаганды (плакаты, пресса, литература). Женщины‐солдаты, когда-то державшие в руках оружие, плохо вписывались в консервативный образ общества. Председатель Президиума Верховного Совета СССР Михаил Калинин, который в одном из своих выступлений 1945 г. превозносил участие женщин в войне как высшее доказательство их эмансипации в СССР, в той же самой речи внушал демобилизованным женщинам, что они должны не прославлять, а обходить молчанием свои военные заслуги37 . По-видимому, этому совету последовало немало женщин‐ветеранов: Мы молчали как рыбы. Никому не признавались, что воевали на фронте. … А первое время мы таились, даже награды не носили. Мужчины носили, а женщины нет. Мужчины – победители, герои, женихи, у них была война, а на нас смотрели совсем другими

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Будницкий О.В. Мужчины и женщины в Красной Армии (1941–1945) // Cahiers du Monde russe. 2011. Vol. 52. No 2–3. P. 405–422; Mie Nakachi: A Postwar Sexual Liberation?: The Gendered Experience of the Soviet Union’s Great Patriotic War // Там же. P. 423–440; Schechter B. M. «Girls» and «Women»: Love, Sex, Duty and Sexual Harassment in the Ranks of the Red Army 1941–1945 // The Journal of Power Institutions in Post-Soviet Societies. 2016. No. 17. P. 1–17. Советская жизнь: 1945–1953. М., 2003. С. 314–317. Алексиевич С. У войны не женское лицо. С. 340 (Тамара Степановна Умнягина, гвардии младший сержант, санинструктор). Kalinin M. I. On Communist Education: Selected Speeches and Articles. Moscow, 1953. P. 428.

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глазами. Совсем другими. У нас, скажу я вам, забрали победу. … Победу с нами не разделили. И было обидно…38

Официальная советская пропаганда вернулась к прославлению традиционной роли полов уже в 1943 г., не дожидаясь окончания войны39 . Консервативный обывательский образ женщины, который распространялся как вербально, так и визуально, давал понять населению, что временная мобилизация женщин на военную службу, а также их трудовая деятельность в тылу никогда не были выражением последовательной реализации идеи эмансипации, это случилось исключительно в интересах выживания советского государства. Поэтому победа не принесла женской части населения какого-либо расширения карьерных возможностей, ощутимых общественных или политических благ. Уже вскоре после ее окончания война была «перетолкована» исключительно как мужское поле деятельности и опыта, а традиционные роли полов тщательно восстановлены. В целом в условиях послевоенного времени гендерные отношения трансформировались под знаком реставрации отнюдь не в пользу женщин, перед ними едва ли открылись новые карьерные возможности, их общественный статус не повысился. Скорее ситуация была обратной и женщины зачастую должны были освободить в пользу ветеранов‐мужчин те посты и должности, которые они сумели занять в чрезвычайной ситуации войны. Таким образом, традиционная иерархия полов была восстановлена еще до завершения боевых действий. Как только опасность военного поражения СССР миновала, государство снова указало женщинам на их привычные, во многих отношениях обременительные обязанности. Наряду с участием в восстановлении экономики, они должны были в первую очередь позаботиться о своих семьях, в особенности о раненых и покалеченных мужчинах, реинтеграция которых в гражданскую жизнь являлась тяжелым делом, учитывая недостаточную государственную поддержку40 . Однако главная задача женщин заключалась в том, чтобы компенсировать чудовищные людские потери, рожая как можно больше детей. Поэтому ядро государственной пропаганды составляло прославление многодетного материнства, составляющего высшее счастье для женщины. Но что же на самом деле означал призыв со стороны государства, адресованный всем женщинам в детородном возрасте, рожать и воспитывать как можно больше детей? Большинство женщин должны были по экономическим соображениям заниматься трудовой деятельностью, многие из них были одиноки, позади них лежали годы колоссального напряжения, несказанных страданий и лишений, а

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Алексиевич С. У войны не женское лицо. С. 136 (Валентина Павловна Чудаева, сержант, командир зенитного орудия). Kirschenbaum L. A. «Our City, Our Hearths, Our Families»: Local Loyalties and Private Life in Soviet World War II Propaganda // Slavic Review. 2000. Vol. 59. No. 4. P. 825–847. Krylova A. «Healers of Wounded Souls»: The Crisis of Private Life in Soviet Literature, 1944–1946 // The Journal of Modern History. 2001. Vol. 73. No. 2. P. 307–331; Fieseler B. Arme Sieger: Die Invaliden des Großen Vaterländischen Krieges // Kluften der Erinnerung: Rußland und Deutschland 60 Jahre nach dem Krieg / M. Sapper, V. Weichsel (Hrsg.). Berlin, 2005. S. 207–217 [= Osteuropa. 2005. H. 4–6]; Физелер Б. «Нищие победители»: инвалиды Великой Отечественной войны в Советском Союзе // Неприкосновенный запас. 2005. № 2–3. С. 290–297.

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впереди их снова ждала жизнь, полная бед и нужды. Государство не предоставило женщинам передышки, равно как и желанного изобилия потребительских товаров. Условия жизни и проживания оставались плохими. Таким образом, советская послевоенная жизнь не сулила населению скорого возвращения в «нормальное» состояние41 , напротив, люди, особенно женщины, прерогативой которых была забота о семье, в течение следующих лет вновь повели тяжелый бой за выживание. Цена за победу и скорейшее восстановление страны под сталинским знаменем оказалась очень высокой. Руководство страны, находясь под политико‐экономическим давлением, которое оказывал новый статус СССР как мировой державы, предпочитало не столько пойти навстречу послевоенным ожиданиям и потребностям населения, сколько сделало ставку в годы первой послевоенной пятилетки на скорейшее восстановление тяжелой промышленности за счет потребительского сектора42 .

4 Демографический дисбаланс и политика поощрения роста рождаемости Советский Союз потерял в войне, как сегодня известно, около 27 млн. человек, три четверти от этого числа составляли мужчины. Специфика потерь привело к складывании многолетних диспропорций в демографической структуре населения. Если в 1940 г. численность женщин превышала численность мужчин примерно на восемь миллионов человек (100,3 млн. женщин – 92,3 млн. мужчин), то в 1946 г. это преобладание выросло почти до 22 миллионов (96,2 млн. женщин – 74,4 млн. мужчин). Особенно серьезная диспропорция наблюдалась в возрастной группе от 20 до 44 лет (37,7 млн. женщин – 25 млн. мужчин), а также на селе, где в ряде местностей на 100 женщин приходилось только 19 мужчин43 . «Это были женщины 1910 – 1930 годов рождения, на чьи плечи легла основная тяжесть восстановления страны после Второй мировой войны. При этом необходимо учитывать, что именно в союзных республиках, наиболее пострадавших от войны, доля мужчин была особенно низкой»44 . Война превратила во вдов бесчисленное количество женщин, супруги оказывались навеки оторваны друг от друга в результате эвакуаций, трудовых мобилизаций 41

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Fitzpatrick Sh. Postwar Soviet Society: The «Return to Normalcy», 1945–1953 // The Impact of World War II on the Soviet Union / S. J. Linz (ed.). Totowa, 1985. P. 129–156. Bonwetsch B. Sowjetunion – Triumph im Elend // Kriegsende in Europa: Vom Beginn des deutschen Machtzerfalls bis zur Stabilisierung der Nachkriegsordnung 1944–1948 / U. Herbert, A. Schildt (Hrsg.). Essen, 1998. S. 73–77, 82–88. Katzer N. Die belagerte Festung: Wiederaufbau, Nachkriegsgesellschaft und innerer Kalter Krieg in der Sowjetunion, 1945 bis 1953 // Osteuropa. 2000. H. 3. S. 288; Nakachi M. N. S. Khrushchev and the 1944 Soviet Family Law: Politics, Reproduction, and Language // East European Politics and Societies. 2006. H. 1. P. 40. Bohn Th. M. Bevölkerung und Sozialstruktur // Handbuch der Geschichte Russlands. Bd. 5,2 / St. Plaggenborg (Hrsg.). Stuttgart, 2003. S. 611.

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или других миграций, вызванных военными действиями. Браки разрушались, в тоже время многие юные, еще не выходившие замуж женщины по причине нехватки мужчин едва ли имели шанс, найти себе мужа и создать семью. То обстоятельство, что в годы войны уровень рождаемости ощутимо понизился, в то время как число нелегальных абортов существенно выросло45 , поставило страну перед вопросом, возможно ли в принципе и если да, то каким образом, компенсировать потери народонаселения, обусловленные войной, учитывая это неблагоприятное соотношение. В свою очередь политическое руководство СССР рассматривало повышение уровня рождаемости как одну из важнейших предпосылок быстрого экономического и социального возрождения общества46 . Новый закон о семье, вступивший в силу 8 июля 1944 г., в предвкушении скорой победы, подчеркивал те притязания, которые государство теперь адресовало в демографической сфере людям, меченым войной. Особенно сильное давление оказывалось на женщин репродуктивного возраста, независимо от того, были ли они замужем или нет. Ясный призыв, производить на свет как можно больше детей, адресовался и ко всем мужчинам, также вне зависимости от их семейного положения. С одной стороны, государство поощряло материнство, в особенности многодетное материнство. Для этого использовались награды и материальные стимулы, многодетные матери получали ордена и медали, а также денежные выплаты. С другой стороны, те, кто имел одного-двух детей или не имел детей вообще, уплачивали гораздо более высокие налоги, чем до войны. Эта политика поощрения рождаемости охватила в конечном итоге всех советских граждан: одни получали от государства финансовую поддержку, другие должны были финансировать эти материальные стимулы за счет налогов, которые власть взимала с них в интересах прироста населения. Кроме того, и это была абсолютная новация, закон о семье 1944 г. поощрял рождение детей незамужними женщинами, а также внебрачные связи (уже женатых) мужчин47 . С этого момента матери‐одиночки не должны были требовать от отцов своих детей алиментов (как показывал опыт, добиться уплаты алиментов было не так то просто), заботу об обеспечении внебрачных детей сразу же брало на себя «отец‐государство». Любвеобильные отцы внебрачных детей освобождались от любой ответственности и любых обязательств, поскольку их имена никоим образом не фигурировали в метриках. Таким образом, снова возникло различие между детьми, рожденными в законном браке и внебрачными детьми. Последние рассматривались как «безотцовщина» и обладали более низким статусом в сравнении с детьми из реги-

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Nakachi M. Population, Politics and Reproduction: Late Stalinism and its Legacy // Late Stalinist Russia: Society between Reconstruction and Reinvention / J. Fürst (ed.). New York, 2006. P. 26–27, 34–35; Nakachi M. «Abortion is Killing us»: Women’s Medicine and the Dilemmas for Postwar Doctors in the Soviet Union, 1944–48 // Soviet Medicine: Culture, Practice, and Science / F. L. Bernstein, Ch. Burton, D. Healey (eds.). DeKalb, 2010. P. 201; Conze S. Weder Emanzipation noch Tradition. S. 312. Nakachi M. N. S. Khrushchev and the 1944 Soviet Family Law. P. 41. Nakachi M. Population, Politics and Reproduction. P. 23–24.

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стрированных (т.е. заключенных загсами) браков, поскольку не могли наследовать своим биологическим отцам48 . Мужчины после принятия закона 1944 г. получили возможность плодить детей как в браке, так и вне брака без всяких задних мыслей, не опасаясь личных, финансовых или социальных проблем. Зато отношение общества к матерям‐одиночкам было далеко не таким уважительным, как к матерям, находившимся в официальном браке. В любом случае государство не поддерживало матерей‐одиночек в рамках государственных кампаний, а нагрузка по воспитанию детей была для них существенно выше, чем для замужних женщин, которые все же могли рассчитывать на помощь своих семей49 . Незамужние беременные женщины, в отличие от мужчин, не могли уклониться от ответственности за будущего ребенка – в любом случае это невозможно было сделать легальным путем. Ведь запрет на аборты, который, как известно, был наложен в СССР в 1936 г. (за исключением абортов по медицинским показаниям), оставался в силе согласно закону о семье 1944 г: «Массовое появление матерей‐одиночек и внебрачных детей стало в послевоенном Советском Союзе быстро растущей индустрией»50 . За десятилетие 1945 – 1955 гг. советская демографическая статистика зафиксировала около 8,7 миллионов детей, родившихся вне брака51 . Однако цифры абортов, несмотря на запрет, росли также быстро, поэтому врачебный контроль за беременными был усилен, а нелегальные аборты карались серьезными наказаниями52 . Государство пыталось пропагандистcки и юридически побороть рост нелегальных абортов, но если находились сочувствующие врачи, то женщины подчас могли надеяться на легальное прерывание беременности53 . В остальных случаях женщины помогали друг другу (в особенности, если они располагали медицинскими знаниями) или им оставалось надеяться на разорительные и зачастую смертельные услуги «черных акушерок», которые проводили аборты тайком в антисанитарных условиях54 . Измученные нехваткой жилья и проблемами со здоровьем, ведя ежедневную борьбу с голодом и бедностью, к абортам прибегали в особенности юные холостые работницы. Но и замужние женщины, уже имевшие детей, не были здесь исключе-

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Kaminsky L. Utopian Visions of Family Life in the Stalin-Era Soviet Union // Central European History. 2011. Vol. 44. No. 1. P. 84–85; Nakachi M. A Postwar Sexual Liberation? P. 433. Nakachi M. A Postwar Sexual Liberation? P. 434. Nakachi M. Population, Politics and Reproduction. P. 37. Nakachi M. N. S. Khrushchev and the 1944 Soviet Family Law. P. 64. Там же. P. 50–53; Nakachi M. «Abortion is Killing us». P. 195–213; Nakachi M. What Was Obshchestvennost’ in the Time of Stalin?: The Case of the Post-war Soviet Medical Profession // Obshchestvennost’ and Civic Agency in Late Imperial and Soviet Russia: Interface between State and Society / Y. Matsui (ed.). Basingstoke, 2015. P. 128–151; Bucher G. «Free, and Worth Every Kopeck»: Soviet Medicine and Women in Postwar Russia // The Human Tradition in Modern Russia / W. B. Husband (ed.). Wilmington, 2000. P. 181–182; Bucher G. Women, the Bureaucracy and Daily Life in Postwar Moscow, 1945–1953. New York, 2006. P. 137–173. Nakachi M. «Abortion is Killing us». P. 196, 210; см. также роман Людмилы Улицкой: Улицкая Л. «Казус Кукоцкого». М., 2000. Bucher G. Women, the Bureaucracy and Daily Life in Postwar Moscow. P. 170–171.

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нием55 . В противном случае (еще один) ребенок означал для них абсолютно безысходное положение. Против этой экзистенциальной нужды, этой отчаянной борьбы за выживание была бессильна государственная пропаганда, как и все поощрения и принуждения. Несмотря на грозившее им наказание, женщины противились требованию со стороны государства, рожать как можно больше детей, в итоге доля нелегальных абортов все время росла56 . Когда в 1920 г. РСФСР первая в мире легализовала аборты, причиной этого решения послужила невообразимая нищета – следствие мировой войны, революции и гражданской войны, вынуждавшая женщин прибегать к незаконным абортам, которые они оплачивали своим здоровьем, а нередко и жизнью57 . Что же касается позднего сталинизма, то теперь не могло быть и речи о такой позиции государства, несмотря на всю ту нужду, которая снова стала уделом многих женщин. Государственная воля, направленная на увеличение рождаемости любой ценой, была сильнее, чем забота о благополучии тех, кто рожает и воспитывает детей. Только через два года после смерти Сталина, в 1955 г., аборты были вновь легализованы. Тем самым политическое руководство признало неэффективность запрета58 и наконец-то устранило один из важнейших краеугольных камней демографической политики, направленной на принудительное повышение уровня рождаемости и наложившей свой неизгладимый отпечаток на первые послевоенные годы. Зато советское политическое руководство сохранило вплоть до 1968 г. два других важных элемента политики повышения рождаемости – усложнение процедуры развода и поощрение матерей‐одиночек. Лишь тогда семейное право было вновь реформировано, разводы – упрощены59 . Наряду с сильным, фактически доминирующим демографическим элементом, отличавшим реформу семейного права 1944 г., ее определяющим аспектом было повышение престижа семьи. С этого момента только зарегистрированный брак рассматривался как брак, имеющий законную правовую силу – следовательно семья как институт получила усиление. «Тем самым в сфере политики семьи и брака была продолжена линия, начало которой положили первые ограничения процедуры разводов образца 1936 года»60 . Но если тогда речь шла лишь о денежных сборах, то теперь заявление о разводе рассматривали суды, что существенно усложняло и удорожало процедуру легального расторжения брака.

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Лебина Н.Б. Советская повседневность: нормы и аномалии: От военного коммунизма к большому стилю. M., 2016. С. 262. Лебина Н.Б. Советская повседневность: нормы и аномалии. С. 268; Nakachi M. «Abortion is Killing us». P. 195. Goldman W. Z. Women, the State and Revolution. P. 254–295; Solomon S. G. The Demographic Argument in Soviet Debates over the Legalization of Abortion in the 1920’s // Cahiers du Monde russe et soviétique. 1992. Vol. 33. No 1. P. 59–82. Nakachi M. N. S. Khrushchev and the 1944 Soviet Family Law. P. 64. Там же; Heer D. M. Abortion, Contraception, and Population Policy in the Soviet Union // Soviet Studies. 1965. Vol. 17. P. 76–83; Plaggenborg St. Lebensverhältnisse und Alltagsprobleme // Plaggenborg St. (Hrsg.). Handbuch der Geschichte Russlands. S. 846. Conze S. Weder Emanzipation noch Tradition. S. 313.

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В целом государство отвело семье важную функцию в деле стабилизации общества, поскольку в Советском Союзе хватало социальных проблем, вызванных или обостренных войной, таких как детская беспризорность и сиротство, инвалидность, бездомность, посттравматические расстройства, алкоголизм, преступность, а также экстремальная динамичность и мобильность общества (демобилизация, депортации, реэвакуация, репатриации). Все это обеспечивало выработку взрывчатого общественного материала, что мешало скорому восстановлению страны. В решении этих разнообразных проблем само государство участвовало лишь частично, основная же роль отводилась стабильным семейным структурам. В результате ценность семьи как «ячейки» советского общества существенно выросла. Семья была стилизована как средоточие всех послевоенных надежд и ожиданий, как место, где исполняются все желания, где всех жертв войны ждет утешение61 . При этом подразумевалось само собой, что ответственность за выполнение всех этих счастливых ожиданий в первую очередь несут матери62 . Мужчинам отводилась роль пассивных участников, получающих удовольствие. Однако годы войны были наполнены таким отчаянием и таким сверхчеловеческим напряжением, что военный опыт в равной мере воздействовал травматически как на фронтовиков, так и на тыловиков, как на мужчин, так и на женщин. После войны все советские люди страдали от кошмаров. В результате продолжение уже имевшихся семейных отношений подверглось после победы жесткой проверке на прочность, что очень хорошо отразила современная художественная литература63 . Итак, превозносимое пропагандой «семейное счастье» в реальности было редким явлением. Шейла Фитцпатрик адекватно описала эту атмосферу термином «война полов», причем война принимала враждебные формы64 . Жены доносили на своих неверных мужчин в комитеты комсомола и партии, в комиссию партийного контроля, жаловались на «безответственное поведение» своих партнеров и требовали поддержки в случае, если мужчина намеревался развестись (мужчины действительно чаще, чем женщины, выступали инициаторами развода)65 . В результате многим мужчинам пришлось оправдываться перед партийными инстанциями и нередко получать официальные выговоры по партийной линии66 . Однако это не всегда помогало женщинам решать проблемы брака в требуемом ключе. Множество писем, вышедших из-под пера женщин, отображают отчаяние, побудившее их обратиться именно к патерналистскому государству, которое обещало гарантировать их защиту и стабильность. Наряду с этим женщины боролись за свои права, используя обращения и читательские письма (например, адресованные «Литературной газете»), и, в конечном итоге, 61 62 63

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Krylova A. «Healers of Wounded Souls». P. 307–309. Conze S. Weder Emanzipation noch Tradition. S. 314. Krylova A. «Healers of Wounded Souls». P. 319–329; Fitzpatrick Sh. Tear off the Masks!: Identity and Imposture in Twentieth‐Century Russia. Princeton, 2005. P. 255. Fitzpatrick Sh. Tear off the Masks! P. 259; см. также: Лебина Н.Б. Советская повседневность: нормы и аномалии. С. 269. Fitzpatrick Sh. Tear off the Masks! P. 241, 256. Там же. P. 245.

От винтовки к колыбели

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состоявшееся при ЦК ВКП(б) в 1950 г. Всесоюзное совещание женщин, на котором прозвучали голоса за облегчение тягот повседневной жизни и против чрезмерного обилия государственных требований.67 .

5 Возвращение к «нормальной жизни»: вопрос гендера? Прежде чем хрущевская программа жилищного строительства и рост производства товаров народного потребления в годы оттепели принесли советскому населению определенное облегчение, послевоенное время оказалось для многих женщин, особенно матерей, тяжелейшим периодом в их жизни. Все было в дефиците – детская одежда, материал для пеленания, детское питание, коляски, бутылочки для кормления и т.п. Спрос на места в детских яслях и садах существенно превышал предложение, в то время как противозачаточные средства производились в малом количестве и плохого качества68 . И хотя пропаганда не прекращала превозносить до небес славу материнства, на деле же «папаша»‐Сталин и «отец‐государство» оставили женщин и матерей в беде. В 1930‑е годы – в период, который очевидно не был свободен от тяжелых лишений – женщины, в особенности молодые, с огромным энтузиазмом говорили о множестве новых шансов и возможностей. 1940‑е годы современницы воспринимали совершенно иначе. При этом негатив относится не столько к военному лихолетью с его жертвами и утратами, сколько ко времени после 1945 г., когда не случилось столь желанного возврата к «нормальной» жизни. Таким образом, именно вторая половина 1940‑х годов осталась в памяти женщин фазой хрупких социальных отношений, мучительной беспросветности, бесконечной нужды и растущих претензий со стороны государства, но прежде всего – как время разбитых надежд. Многие женщины чувствовали себя оставленными в беде государством, когда после победы, вместо ожидаемого воздаяния за военные заслуги, была восстановлена традиционная иерархия полов и женщин вытеснили в пользу мужчин на маргинальные позиции, хотя они и составляли более половины трудящегося населения СССР. В общем и целом советское государство взвалило на плечи женщин гораздо больше ответственности в деле борьбы с тяжелейшим военным наследием, чем было готово само когда-либо взять на себя. Таким образом, также и в Советском Союзе преодоление последствий войны стало частным делом, в первую очередь женским.

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Kaminsky L. Utopian Visions of Family Life in the Stalin-Era Soviet Union. P. 86–88; Nakachi M. N. S. Khrushchev and the 1944 Soviet Family Law. P. 65–68; Fieseler B. Aufbruch der Frauen im Spätstalinismus?: Hintergrund, Verlauf und Ergebnisse der ZK-Frauenkonferenz von 1950 // Stalinistische Subjekte: Individuum und System in der Sowjetunion und der Komintern 1929–1953 / B. Studer, H. Haumann (Hrsg.). Zürich, 2006. S. 303–318. Лебина Н.Б. Советская повседневность: нормы и аномалии. С. 256.

Нина Вашкау Переосмысливая прошлое: изменение гендерных ролей в послевоенное десятилетие в СССР Из всего многообразия проблем послевоенного десятилетия в Советском Союзе остановимся на следующих гендерных изменениях: изменение возрастно‐полового состава населения страны вследствие людских потерь в годы Великой Отечественной войны оказало влияние на демографические процессы. Если мы сравним цифры переписи населения 1939 и 1959 гг., то бросается в глаза уменьшение числа замужних женщин во всех возрастных группах1 . Особенно большая диспропорция наблюдается среди женщин, которым в период войны было 17–25 лет, и чья молодость пришлась на военное лихолетье. Эту категорию составили вдовы и не имевшие шанса после войны выйти замуж женщины. В пору замужества вошли более ранние возрасты и произошло заметное снижение брачного возраста. Женщины стремились устроить личную жизнь в условиях катастрофической нехватки мужчин. Их не останавливала даже тяжелая инвалидность партнера. Подъем брачности отмечается в 1946 г. (12,3 браков на 1.000 населения), но уже в следующем году он сменился спадом: в 1947 г. – 10,4; в 1948 г. – 10,6 на тысячу населения (данные по РСФСР). Женщины, которые не вышли замуж до войны и вдовы теперь имели мало шансов создать семью: подросло новое поколение. В то же время брачная активность мужчин возросла и в первом, и в повторном браках. Снижение брачности среди населения РСФСР после кратковременного всплеска обусловливалось послевоенной диспропорцией полов. Это повлияло на снижение числа замужних женщин. По данным переписи населения 1959 г. демографы отмечают по сравнению с 1939 г. уменьшение числа замужних женщин практически во всех возрастных группах. Повышается уровень рождаемости, но всплеск наблюдается также короткое время. Наибольший рост приходится на 1947 г. (31,3 рождений на тысячу населения) и 1949 г. (33,4 рождений). Далее следует спад. Одновременно фиксируется увеличение количества абортов. В послевоенные годы, несмотря на санкции о тюремном заключении для врача (ст.140 УК РСФСР2 ) и угрозу публичной огласки, число подпольных абортов увеличивалось. В 1949 г. их зарегистрировано на 30 % больше, чем в 1948 г. 1

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Поляков Ю., Жиромская В., Араловец А. «Демографическое эхо» войны // Скепсис. URL: http://scepsis.net/library/id_1260.html Ст. 140 УК РСФСР установила уголовную ответственность врача или иного лица, производящего аборт, кроме случаев, когда это вызвано медицинской необходимостью, а ст. 140-б наказывала и саму женщину – в первый раз общественным порицанием, во второй раз довольно крупным штрафом.

https://doi.org/10.1515/9783110637946-009

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и на 70 % больше, чем в 1947 г. Число осужденных за производство абортов в 1949 г. возросло на 40 % по сравнению с 1948 г., а за самоаборты – на 66 %. Согласно данным опросов на первом месте среди мотивов прерывания беременности было отсутствие мужа, наличие у мужчины другой семьи (45 %). На втором месте – плохие жилищные (29 %) и материальные (7 %) условия3 . Запрет на аборты, введенный в 1936 г., отменяется только в 1955 г. Одновременно государство было заинтересовано в улучшении демографической ситуации. В условиях экономического кризиса и расстройства финансовой системы 8 июля 1944 г. принимается Указ Президиума Верховного совета СССР «Об увеличении государственной помощи беременным женщинам, многодетным и одиноким матерям, усилении охраны материнства и детства, об установлении почетного звания «Мать-героиня» и учреждении ордена «Материнская слава» и медали «Медаль материнства». Государство обеспечивает социальную поддержку многодетным и одиноким матерям в следующих формах: выплата пособий, обеспечение жильем, организация общественной помощи, присуждение наград. Мерой общественного признания и стимулирования рождаемости стало вручение наград: медаль «Медаль материнства» (I степени за рождение и воспитание 6 детей, II степени за 5 детей), орден «Материнская слава» трех степеней (I степень – за 9 детей; II ст. – за 8 детей; III ст. – 7 детей), высшей степенью отличия было звание «Мать-героиня», которое вручалось женщинам, родившим и воспитавшим 10 детей. Например, всего только по Сталинградской области за 1945–1952 гг. было вручено 24.140 орденов «Материнская слава» и медалей «Медаль материнства», 308 орденов «Мать-героиня»4 . В указе специально подчеркивалось, что женщина поощрялась и за воспитание детей, оставшихся без родителей. Положение детей войны было самым тяжелым. Дети часто росли без семьи. Ее заменила улица, двор, диктующий свои законы, детский дом, школа. Отец становился идеалистическим образом, которого ждали и не дождались в семье5 . Матери воспитывали детей на образе отца-героя, который оценил бы успехи сына в учебе или овладении специальностью. Это соответствовало и государственной линии. Дети, пережившие бомбежки, смерть родителей, бездомные, бывшие на оккупированных территориях, угнанные в неволю, прошедшие концлагеря получили навсегда психологическую травму, потеряли здоровье. Необходимость их социализации, обучения, вхождения в мирную жизнь требовали средств, материальной базы, обученного персонала. Государство приняло программу занятости подростков в системе фабрично‐заводского обучения (ФЗО), открывало суворовские и нахимовские училища. Так стало возможным обуть, одеть, накормить, выучить сирот и одновременно решить проблему нехватки кадров для промышленных предприятий. Катастрофическая ситуация с

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Зубкова Е. В круге ближнем // Родина. 2008. № 7. С. 133. Такташева Ф.А. Государственная политика в отношении женщин в СССР в 1943 – начале 1950‑х гг. (по материалам Сталинградской области). Автореф. дис. канд. ист. наук. Астрахань, 2012. С. 19. Об этом повествует короткий рассказ Анатолия Приставкина «Портрет отца» (1959 г.).

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жильем в освобожденных районах требовала строительных специальностей – училища готовили каменщиков, плотников, сантехников, штукатуров и строителей других специальностей. В послевоенные годы открывали школы фабрично‐заводского обучения, ремесленные и железнодорожные училища. В течение 1946–1947 гг. в СССР было открыто 1.709 учебных заведений системы государственных трудовых резервов, в результате чего численность учащихся составила 1.024 тыс. человек. Особенностью послевоенного состава учащихся был значительный (до 50 %) удельный вес детдомовских детей. В этом отношении большую положительную роль по их социализации сыграла система трудовых резервов. Особенностью реорганизации системы государственных трудовых резервов стало создание специальных ремесленных училищ с учетом не только потребности в кадрах, но и гендерной принадлежности. Эта работа проводилась в рамках эксперимента по раздельному обучению мальчиков и девочек и не получила широкого распространения. К 1952 г., например, в Нижнем Поволжье действовало только 7 таких училищ: по 2 в Астраханской и Сталинградской и 3 – в Саратовской области6 . Кроме того, многие школы и училища не принимали на обучение девушек из-за невозможности их отдельного от юношей размещения в общежитиях. Поворот молодежи в сторону профессионального образования был продиктован несколькими причинами: отсутствие экзаменов повышало доступность получения образования, учащиеся находились на полном государственном обеспечении, возможность получить жилье, что в освобожденных районах страны было главной проблемой, получение реальной профессии, востребованной в городе. Это давало реальный шанс уйти из деревни, которую в 1946–1947 гг. охватил голод. Эта волна выразилась в следующих цифрах: доля деревенских юношей и девушек в системе гострудрезервов составила в 1946–1950 гг. 77,1 %, в 1952 г. – 72,1 %7 . Страна готовила нужные ей кадры за государственный счет, создав им равные возможности, что ассоциировалось в сознании послевоенного поколения с социальной справедливостью. Цементируясь во время войны для победы на фронте и в тылу, теперь общество разделяется на группы с неоднозначным отношением друг к другу. Общество не рассыпается, но оно расслаивается. Политический и экономический строй остается прежним. Труд стал привычкой, обязанностью и долгом. Такое отношение к нему сформировалось в годы войны и сохранилось в послевоенное время. Эти качества представляются главными нравственными ценностями поколения. На первый план в руководящих структурах выдвинулись фронтовики, которые брали ответственность на себя, видели западный мир, вернулись в ранге победителей и теперь претендовали на главенствующие роли, получали широкий выбор для карьеры. Основной рабочей силой в промышленности и сельском хозяйстве остается женщина.

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Кузнецова Н.В. Развитие системы государственных трудовых резервов в Нижнем Поволжье в послевоенные годы (1945–1952) // Вестник Волгогр. гос. ун-та. Сер. 4, Ист. 2016. № 1 (37). С. 123. Труд в СССР // Статистика. M., 1968. С. 306.

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Особенности женского организма и совмещение работы на производстве с материнством диктовали создание особых условий для женского труда. Однако ускоренные темпы восстановления промышленности в послевоенном СССР стирали границу между женским и мужским трудом, в связи с чем на предприятиях и стройках наблюдались многочисленные факты нарушения трудового законодательства в отношении женщин. Тяжелый ручной труд, низкая оплата в деревне, воспитание детей, работа в личном подсобном хозяйстве и в колхозе, а также сохранение традиционной крестьянской культуры, не позволяли женщинам занимать высокие должности, которые требовали квалификации и достойно оплачивались. По этим же причинам женщины составляли более 90 % колхозников, не вырабатывавших обязательного минимума трудодней8 . Послевоенное снижение розничных цен и увеличение зарплаты рабочих и служащих способствовали тому, что в начале 1950‑х гг. их материальное положение по стране несколько улучшилось по сравнению с 1940 г., (по данным Надежды Кузнецовой) но реальные доходы крестьян остались меньше довоенных. Усилился общий разрыв в положении городских и сельских жителей, что привело к увеличивающемуся уходу сельского населения в город, в том числе и молодых девушек. Как следствие войны появились группы населения с пониженным социальным статусом: инвалиды, беспризорные, репатриированные, побывавшие в плену или на оккупированной территории, которые находились на периферии внимания государства. Старшее поколение помнит покалеченных на войне и просящих милостыню в электричках. Это были фронтовики, которым народ дал обидные наименования: костыли (без одной или двух ног), обрубки (с ампутированными руками), тачки (без обеих ног на тележке), печенные (с ожогами, как правило, танкисты)9 . В памяти детей, побывавших на оккупированной территории, остались факты несправедливого отношения и подозрительности в школе, затем на работе, в кругу семьи. Для женщин и молодых девушек эти события собственной биографии закрывали путь к женскому счастью и самореализации10 . Эксплуатируя психологический настрой на лучшую жизнь, государство включило в арсенал средств в преимущественно женском обществе такие методы, как снижение цен, которое подавалось как достижение, а на самом деле нивелировалось через повышение налогов и займы; скромные культурные развлечения, оркестр в городском парке, радостью был ордер на дефицитный ширпотреб, поездка на теплоходе, организованная заводом. На работе после выходного дня стремились приблизить мирную жизнь и работали на производстве с присущим энтузиазмом и самоотречением. В то же время остро ощущалась нехватка жилья, продовольствия, предметов первой необходимости. Внутренний стержень поколения послевоенного десятиле8

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Такташева Ф.А. Государственная политика в отношении женщин в СССР в 1943 – начале 1950‑х гг. С. 17. Кочергин Э. Ангелова кукла. СПб., 2007. C. 142. Воспоминания об этом остались и у детей Сталинграда, см. воспоминания Орудневой Н.В. в кн.: Дети и война: Сталинградская битва и жизнь в военном Сталинграде в воспоминаниях жителей города / М.А. Рыблова (ред.). Волгоград, 2014. С. 344. Рыблова М.А. (ред.). Дети и война.

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тия прекрасно показан в фильме «Женщины» (1965 год). Режиссер Павел Любимов создал три пронзительно узнаваемых образа: вдовы, женщины, отказавшейся от рождения ребенка, рождение ребенка вне брака у молодой девушки. Фильм повествует о простых труженицах, выдержавших на своих плечах военное лихолетье и мечтающих «справить зимнее пальто». Итак, во время войны в Советском Союзе произошла очень быстрая и резкая смена гендерных ролей в семье и на производстве. В последующие десятилетия эта модель закрепилась, показала свою «эффективность» для государства и использовалась еще не один раз в переломные периоды истории.

Тилль фан Раден Мягкое отцовство и демократия в молодой Федеративной Республике Германия 1 Забытые герои Нижеописанная сцена является символической для истории отцовства в послевоенной Германии. Еврейский эмигрант и американский режиссер Билли Уайлдер посвятил свой фильм «Зарубежный роман» (“A Foreign Affair“, 1948) трудоемкому процессу демократического перевоспитания немецкого общества. По сюжету фильма господин Майер и его сын Герхард должны явиться к Джону Принглу, капитану армии США, задачей которого является изгнание из немцев духа национал‐социализма. Прингл обращается к отцу: «Я действительно не думаю, что это хорошо, когда ваш сын рисует свастики на каждом углу». Далее развивается следующий диалог: Майер: «Герхард, отдай мне мел» – при этом бьет сына по руке – «я тебе руки оборву». Прингл: «Господин Майер, мы разогнали гестапо». Майер: «Больше никакой еды, проказник. Я запру тебя в темной на хлеб и воду». Прингл: «Почему бы просто не засунуть его в газовую камеру?» Майер: «Так точно, господин капитан». Прингл: «Послушайте, папаша, мы покончили с концентрационными лагерями. Теперь вы просто отправите его в один из наших немецких молодежных клубов. Побольше бейсбола и поменьше щелканья каблуками – это все, что ему нужно. Вот адрес. Спросите сержанта Брина». Майер: «Так точно, господин капитан» и щелкает каблуками. Прингл: «Эээ…». Майер: «Я имел в виду, спасибо, господин капитан». Прингл: «До свидания». Майер: «Пошли, проказник».

Майер вместе с сыном покидает бюро американских оккупационных властей. Когда он поворачивается спиной к камере, зрители видят, что Герхард между тем нарисовал ему на спине свастику1 .

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A Foreign Affair (Reg. Billy Wilder, USA, 1948). 40:52–41:40; см.: Bathrick D. Billy Wilder’s Cold War Berlin // New German Critique. 2010. H. 2. S. 31–47. Автор благодарит за финансовую поддержку и создание творческих условий труда следующие фонды и организации: Alexander von Humboldt‐Stiftung, Fritz-Thyssen‐Stiftung, Canada Research Chair

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Комедия, которую Билли Уайлдер снимал в разрушенном Берлине, отображает в руинах городского ландшафта моральное опустошение политической культуры. В первую очередь именно эмигранты были теми, кто испытывал тревогу по поводу угрожающе длинной тени, которую отбрасывал катастрофический национализм времен национал‐социалистической диктатуры. Томас Манн писал в марте 1944 г. Эриху Кох-Везеру, бывшему функционеру Немецкой демократической партии: Германия является «сегодня одичавшей, высушенной всеми ветрами, насквозь авантюристичной и революционной страной, привыкшей ко всем ужасам делания истории военными методами». Манн не скрывал, что ему страшно за демократическое будущее Германии2 . На этом фоне Уайлдер изображает национал‐социалистическую мазню сына вполне безобидной. Зато для него опасность таит национал‐социализм, воплощенный в стиле воспитания, свойственном отцу. Прощание с историей насилия, присущего истребительной войне и геноциду, лежало через переоценку фигуры отца и недоверие в отношении отцовского авторитета. Вопрос о том, какая форма отцовского авторитета является все еще возможной и желательной в «тени национал‐социализма», сопровождал историю Германии вплоть до конца 1970‑х годов. Строгий отец медленно превращался в любящего папу. Идеальный образ гармоничной мужественности все еще несет на себе следы того, насколько спорными, хрупкими и противоречивыми были идеалы мужественности в послевоенное время. В особенности это касается пап – самых мужественных героев молодой федеративной республики.

2 Отцовский авторитет и поиски демократии в тени насилия В 1964 г. католический ежемесячный журнал «Мужской духовник» („Der Männer‐Seelsorger“) причислил к темам года, вызывавшим особую озабоченность немецкого общества, не только такие как «НСДАП – нет вопросов» или «Евреи нежелательны», но и вопрос о «слабых отцах». Этот образ «слабых отцов» был зеркальным отображением образа «сильных подростков». Но, кроме этого, он являлся также выражением одной из обсессий молодой немецкой республики, а именно вопроса о том, какая форма отцовского авторитета все еще является желательной после катастрофы национал‐социализма и истребительной войны3 . С одной стороны, в дебатах о «без-

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Program, Institut für die Wissenschaften vom Menschen, Wien, Morphomata‐Kolleg, Köln, а также Forschungskolleg Humanwissenschaften, Bad Homburg. Томас Манн – Эриху Кох-Везеру, 30 марта 1944 г. Федеральный архив Кобленц (BA Koblenz). NL Erich Koch-Weser 1012/221. Опубликовано в газете Frankfurter Allgemeine Zeitung 22 февр. 2003 г.: «Wir vom Bundesarchiv». В целом см.: Geyer M. «There is a Land where Everything is Pure: Its Name is Land of Death»: Some Observations on Catastrophic Nationalism // Sacrifice and National Belonging in Twentieth‐Century Germany / G. Eghigian, M. P. Berg (eds.). College Station, 2002. P. 118–147. Stiefvater A. Der interessante Vortrag // Der Männer‐Seelsorger. 1964. H. 14. S. 204–205; Vorträge über das Vaterproblem in Psychotherapie, Religion und Gesellschaft: 3. Arbeitstagung der

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отцовском обществе» отразилась в том числе тревога о порядке взаимоотношения полов, переживавшем серьезную трансформацию. С другой стороны, стремление к новым формам отцовства являло собой важный содержательный аспект поисков демократии западногерманским обществом в 1950‑е – 1960‑е гг. История успеха послевоенных западноевропейских демократий не должна заслонять собой факта того, что благо демократии зависит не только от институциональных и экономических условий, но и от того, насколько полно развивается демократический уклад жизни, который обеспечивает легитимность демократической формы власти, в том числе и в эпоху кризисов. Здесь уместно упомянуть Алексиса де Токвиля, писавшего о том, что судьба демократии зависит от культурных и социальных практик в такой же мере, как и от искусства правящей элиты. Следовательно, если понимать немецкую послевоенную историю как эпоху, последовавшую после глобального «цивилизационного надлома», то закономерно возникает вопрос о том, каким образом демократическое общество формировалось в «тени» насилия. Расхожие интерпретации истории ФРГ предлагают толкование либерализации политической сферы в первую очередь как побочного продукта «экономического чуда» и тесной спайки с Западом4 . Здесь же, напротив, исследовательская оптика нацелена главным образом на историю того, как немцы в послевоенной Германии занимались поисками демократического уклада жизни. Вопрос об отцовском авторитете является в этом контексте весьма содержательным для истории первых лет ФРГ, поскольку, начиная с 1950‑х годов, идеал патриархального отца семейства считался все более спорным. Еще за десять лет до событий 1968 г. немецкие женщины и мужчины стали развивать новые формы «нежной мужественности», руководствуясь формулой «демократического отцовства»5 . Под этим современники подразумевали более мягкую и эмоциональную форму мужественности, которая, как они считали, должна была стать предпосылкой для формирования демократического общества. В той мере, в какой западные немцы говорили о «демократическом отцовстве», они искали чувство жизни, которое позволило бы им понимать федеративную республику не только как судьбу, но и как шанс экспериментировать с «демократией как формой жизни». Чтобы проверить этот тезис, мы попытаемся прежде всего дать ответ на два вопроса: 1) как западные немцы в течение первых двадцати послевоенных лет определяли роль отца в семье и 2) какое политическое значение они придавали проблеме отцовского авторитета. Ответы на эти вопросы, которые следуют ниже, опираются прежде

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Gemeinschaft «Arzt und Seelsorger» / W. Bitter (Hrsg.). Stuttgart, 1954; Wenger P. W. Vaterlose Gesellschaft // Rheinischer Merkur. 7 Aug. 1959. S. 1–2; Mitscherlich A. Der unsichtbare Vater: Ein Problem für Psychoanalyse und Soziologie // Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (KZfSS). 1955. H. 7. S. 188–201. Wandlungsprozesse in Westdeutschland: Belastung, Integration, Liberalisierung 1945–1980 / U. Herbert (Hrsg.). Göttingen, 2002; Jarausch K. Die Umkehr: Deutsche Wandlungen 1945–1995. Stuttgart, 2004; наиболее интересной из новых работ – Conway M. Western Europe’s Democratic Age: 1945–1968. Princeton, 2020. Ostermann H., SJ. Wandlungen in der Männerseelsorge // Der Männer‐Seelsorger. 1963. H. 13. S. 131–137, здесь S. 132.

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всего на публикации и авторов из окружения католической и протестантской церквей. Анализ именно консервативного общественного спектра послевоенных лет, связанного с партиями Христианско‐демократический союз и Христианско‐социальный союз (ХДС-ХСС), позволяет выяснить, насколько сильно в 1950‑е – начале 1960‑х годов изменился прежний идеал отцовского авторитета. То, что первые годы существования ФРГ стали также эпохой «рехристианизации», нашло свое выражение в большом значении, присущем конфессиональной публицистике. Исследователю следует весьма серьезно оценивать значение этого религиозного нарратива, если есть потребность понять, каким образом западные немцы, испытав опыт насилия 1930‑х – 1940‑х годов, начали свои поиски демократического устройства, подвергнув при этом проверке в том числе традиционные идеалы семьи и мужественности. При этом решающим обстоятельством становится то, что против патриархального порядка полов выступали, начиная с 1950‑х годов, не только социал‐демократические и леволиберальные поборники «безотцовского общества». Напротив, все больше критиков патриархата поставляли церковные организации мирян, то есть среда, которая еще в годы Веймарской республики была поборником патриархальной семьи6 . Такие близкие к церковным кругам издания, как «Женщина и мать: ежемесячный журнал для женщин – католичек в семье и на работе» („Frau und Mutter: Monatsschrift für die katholische Frau in Familie und Beruf“) или журнал «Мужчина на волнах времени» („Mann in der Zeit“), издававшийся Главной католической службой по духовному попечению мужчин, достигали полумиллионных тиражей и непосредственно конкурировали с такими журналами как «Der Spiegel», «Quick» или «Stern»7 . Особенно широко церковное влияние простиралось в рамках публичных дебатов о значении семьи и роли отца, а также в политике федерального центра и земель в семейном вопросе. Поэтому ниже подлежит исследованию широкий спектр католических, протестантских или даже экуменических семейных союзов, а также семейных экспертов, связанных с церковью, начиная от теологов, психологов и заканчивая детскими врачами. Критика патриархального семейного идеала и непосредственно связанный с ней поиск новых форм отцовской власти находились в тесной связи с ренессансом демократической культуры в западногерманском послевоенном обществе, который вначале расценивался невозможным как внутри страны, так и за рубежом. Не стоит забывать, насколько слабым было демократическое сознание в первые мирные го-

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Heinemann R. Familie zwischen Tradition und Emanzipation: Katholische und sozialdemokratische Familienkonzeptionen in der Weimarer Republik. München, 2004; Theweleit K. Männerphantasien. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1977–1978; Schubert W. Die Stellung der Frau im Familienrecht und in den familienrechtlichen Reformprojekten der Weimarer Republik // Frauen in der Geschichte des Rechts: Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart / U. Gerhard (Hrsg.). München, 1997. S. 828–850; Rosenbaum H. Proletarische Familien: Arbeiterfamilien und Arbeiterväter im frühen 20. Jahrhundert zwischen traditioneller, sozialdemokratischer und kleinbürgerlicher Orientierung. Frankfurt a. M., 1992. Die deutsche Presse 1954: Zeitungen und Zeitschriften / Institut für Publizistik an der Freien Universität Berlin (Hrsg.). Berlin, 1954.

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ды, после катастрофы геноцида и истребительной войны. Скепсис западногерманской общественности в адрес идеи демократии подтверждают опросы общественного мнения. На вопрос, «кто, по Вашему мнению, из немецких деятелей больше всех сделал для Германии?», еще в 1950 г. десять процентов граждан ФРГ отвечали «Адольф Гитлер», 14 % выбрали кайзеров и королей, 35 % – Отто фон Бисмарка и только шесть процентов опрошенных назвали «политиков из числа демократов и либералов»8 . Западные немцы первых двух послевоенных десятилетий должны были, как формулировал Теодор Хойс, «в случае со словом “демократия“ начинать с азов, разбирая его по буквам»9 . Вопрос о том, возможно ли объединить авторитет и демократию, и если да, то как, играл важную роль в политической культуре молодой федеративной республики, а фигура «отца» превратилась в один из центральных символов этих дебатов. Поначалу кажется очевидным, что одержимость западногерманского послевоенного общества вопросом авторитета следует трактовать как указание на дефицит демократии и традиции авторитарного государства, которые якобы были преодолены только в ходе общественных изменений конца 1960‑х – начала 1970‑х годов, т.е. в ходе «революции 1968 года». Однако за бортом такого прочтения остается факт, что представление о том, что такое авторитет и на чем он основывается, подверглось ревизии уже в 1950‑е – 1960‑е годы. Если на рубеже 1940‑х – 1950‑х годов трактовка авторитета еще зачастую ориентировалась на модель приказа и послушания, где легитимацией служила ссылка на традицию, то с середины 1950‑х годов все больше современников стали подчеркивать, что демократическое общество предполагает новое понимание авторитета, который основывается на взаимном доверии между социально равными субъектами. Так, «Евангелический социальный словарь» („Evangelisches Soziallexikon“), опубликованный в 1963 г. в полностью переработанном виде, предостерегал от того, чтобы путать авторитет с властью. «Авторитет питается доверием, которое он вызывает». Это доверие, продолжает словарь, «не следует дарить слепо», напротив, доверие предполагает «критическую бдительность», что «жизненно необходимо для истинного авторитета». Поэтому такая форма авторитета полностью совместима с «идеей партнерства»: «Партнерство представляет собой подлинное условие любого авторитета, а не только его (диалектическое) дополнение». В свою очередь партнерство предполагает «равенство» и «свободу партнеров от какой-либо опеки», следовательно, несовместимо с «патриархально‐авторитарным порядком»10 .

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Цит. по: van Laak, D. Der widerspenstigen Deutschen Zivilisierung: Zur politischen Kultur einer unpolitischen Gesellschaft // 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland: Daten und Diskussionen / E. Conze, G. Metzler (Hrsg.). Stuttgart, 1999. S. 332. Heuss Th. Um Deutschlands Zukunft. 18. März 1946 // Heuss Th. Aufzeichnungen 1945–1947. Aus dem Nachlaß hrsg. v. Eberhard Pikart. Tübingen, 1966. S. 184–208, здесь S. 207; ср. также: Michel K.M. Muster ohne Wert: Westdeutschland 1965 // Michel K.M. Die sprachlose Intelligenz. Frankfurt a. M., 1968. S. 63–124, здесь S. 72. Heyl C. A. v. Autorität // Evangelisches Soziallexikon / F. Karrenberg (Hrsg.). 4. Aufl. Stuttgart, 1963. Sp. 129 след.; Wendland H.-D. Partnerschaft, in evangelischer Sicht // Там же. Sp. 960–961. В целом см.: Magnum. 1964. H. 53: Autorität; Eschenburg Th. Über Autorität. Frankfurt a. M.,

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Понимание авторитета как элемента, который служит укреплению демократического образа жизни, вместо того, чтобы выступать для него угрозой, означало разрыв с толкованиями первого послевоенного времени, где доминировал верноподданнический дух, который ратовал за применение физического насилия именно в отношении маленьких детей. В «Педагогическом словаре» Крёнера („Wörterbuch der Pädagogik“) 1953 г. авторитет определяется как «уважение в адрес персон или безличных носителей моральных ценностей». Авторитет, утверждали авторы, приобретает тем больше значения в качестве краеугольного камня воспитания и руководства людьми, чем сильнее он основывается на добровольном внутреннем признании со стороны других ‹…›. В действительности же ‹…› авторитет редко обходится без действенной поддержки путем применения внешних символов власти и принудительных средств. Особенно в деле воспитания маленьких детей нельзя полностью отказаться от внешних вспомогательных средств11 .

Трансформация трактовки авторитета означала собой важную веху в истории ФРГ, которая практически не изучалась. Эта цезура обращает на себя внимание прежде всего потому, что многие немцы пришли к убеждению, что приватное пространство является альфой и омегой демократического сосуществования не в конце 1960‑х годов, отличавшихся революционными фантазиями на тему освобождения, а гораздо раньше, в эру Аденауэра. До сего дня распространено представление, что пути «Новых левых» и «авторитарного государства» Аденауэра разошлись в ходе событий 1968 г., после того, как «Новые левые» осознали, что «освобождение от прошлого, которое все еще воспринимается актуальным», предполагает «изменение как поведенческих диспозиций индивидуума, так и институционных структур общества»12 . Но аргументация такого рода упускает из виду, что аналогичные идеи были расхожей монетой уже в эпоху «моторизованного бидермейера». Так, Адольф Шюле подчеркивал в 1952 г., что демократия «возможна в политической области только в том случае, если люди, которые живут в демократическом государстве, ведут себя демократично также и в приватной сфере». В противном случае демократический образ жизни «обречен на вымирание». Если верить главному управляющему Промышленной и торговой палаты Мангейма, поиск демократии может быть успешным только тогда, если постоянно помнить, что эта форма правления не исчерпывается только правительственной системой, но является также вопросом «личного образа жизни ‹…›». Именно в этом заключается «смысл известного английского выражения: democracy begins at home». И хотя «эти вещи нельзя описать полностью или в

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1965; Molinski W. Autorität // Sacramentum Mundi: Theologisches Lexikon für die Praxis / K. Rahner u. a. (Hrsg.). Bd. 1. Freiburg, 1967. Sp. 445–458; Kertscher J. «Autorität»: Kontinuitäten und Diskontinuitäten im Umgang mit einem belasteten Begriff // Herausforderungen der Begriffsgeschichte / C. Dutt (Hrsg.). Heidelberg, 2003. S. 133–147; Autorität: Krise, Konstruktion und Konjunktur / O. Kohns u. a. (Hrsg.). Paderborn, 2016. Autorität // Wörterbuch der Pädagogik / W. Hehlmann (Hrsg.). 4. Aufl. Stuttgart, 1953. S. 33. Gilcher‐Holtey I. Die 68er Bewegung: Deutschland, Westeuropa, USA. München, 2001. S. 61.

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деталях», кто однажды «вдохнул в себя воздух демократии, действительно простиравшейся до последнего закоулка частной жизни, тот поймет, о чем идет речь»13 . Схожее понимание демократии как жизненного уклада развивал в 1970 г. Карло Шмид. Депутат от Мангейма и вице‐президент Бундестага, он понимал демократию как «шанс, сделать государство человечным». Согласно Шмиду, «демократическое государство» предполагает «наличие общества, которое ему соответствует». «Когда я хочу упрощенно представить себе, что такое, собственно, демократия, мне в первую очередь приходит в голову мысль о человечности, ‹…› которая осознает свою собственную ценность и поэтому признает ценность другого человека, на которую тот может претендовать ‹…›». Это, считал Шмид, прежде всего свойственно муниципальным коммунам. Федеральное государство и земли гораздо «абстрактней» в своих действиях и законах. Зато город «охватывает людей как существ, которые по сути своей, по своей природе призваны иметь дело с “другими“. В городе есть что-то материнское в отличие от отца‐государства. Он больше заботится, чем приказывает. Он является местом, где все двигаются вместе, а не местом, где все стоят по ранжиру и стойке смирно»14 . Для Шюле, Шмида и многих других одна и та же посылка оставалась общей: истинным фундаментом политической сферы является не враждебность или конкуренция, не мир или общее благо, но приватная жизнь. Учитывая это, становится понятным, почему расставание с патриархатом и призывы Карло Шмида к поискам «материнского начала» политики были так важны для политического старта молодой федеральной республики. Теодор Хойс напомнил немцам в 1946 г. о том, что даже «пифке из Моабита» мог еще совсем недавно чувствовать себя «героем и сверхчеловеком». Национал‐социалисты были лишены ощущения того, «что мягкость также может быть силой и величиной». После катастрофического конца национал-социализма угасли унаследованные из прошлого идеалы мужественности и отцовства. Путь в демократию, считал Хойс, можно осилить только в том случае, если послевоенные поколения немцев усвоят новый политический стиль, который они станут воспринимать как «женский» или «материнский»15 . Эксперты по вопросам семьи, близкие к церковным кругам, еще в 1950‑е гг. стали приводить аргументы, согласно которым иерархически‐авторитарное понимание «отца» и военизированные представления о мужественности были не совместимы с

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Schüle A. Demokratie als politische Form und als Lebensform // Rechtsprobleme in Staat und Kirche: Festschrift für Rudolf Smend zum 70. Geburtstag. Göttingen, 1952. S. 321–344, здесь S. 326, 329, 334–335. Schmid C. Die Demokratie als Lebensform // Mannheimer Hefte. 1970. H. 1. S. 8–12, здесь S. 11–12. Ужасающий образ солдата, вынужденного «стоять в строю по стойке смирно», наложил свой отпечаток на поиски западными немцами новых форм общения и воспитания. В неоднократно публиковавшемся эссе отца троих детей, католического публициста и бывшего солдата вермахта Петера Пауля Поке, об этом говорится так: «“Я должен был в своей жизни так много маршировать, – вздыхаю я, – поэтому я никогда не поставлю своих детей в строй“». См.: Pauquet P. P. Geplänkel mit meinem Sohn: Ein Buch für grosse Leute, die kleine Kinder ernst nehmen. 2. Aufl. Freiburg, 1953. S. 127–128. Heuss Th, Um Deutschlands Zukunft. S. 195 (цит.), 199.

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идеалом демократического уклада жизни. Поиски новых форм отцовства расценивались как главный вызов для общества, которое занято преодолением последствий национал‐социализма и наследия милитаризма. Если такие «прочтения» Третьего рейха кажутся сегодня спорными и чужими, тем не менее они наглядно показывают, насколько интенсивно общество молодой федеративной республики обсуждало вопрос о причинах тирании и геноцида16 . Отцы не смогут воспитать в себе «мужество к воспитанию», если они будут апеллировать «только к формальному авторитету», – подчеркивал священник из Детмольда Генрих Бедекер в евангелическом ежемесячном журнале «Церковь и мужчина» („Kirche und Mann“) в сентябре 1959 г. Все жалобы по поводу «“нынешней молодежи“» и вся тоска «по “старым добрым временам“» не должны заслонять собой того факта, что многие из немцев-отцов молодой республики являются «наследниками ужасного прошлого», к которому «они сами же приложили руку». Дорога к современной форме отцовского авторитета и воспитанию «ради осмысленного будущего» останется закрытой, «если пытаться ложью и уловками ‹…› приукрашать свое личное прошлое или прошлое своего народа». Напротив, мужество воспитателя предполагает «мужество говорить правду»: «Правда – во всем, в том числе – в отношении прошлого»17 . Похожие рассуждения были свойственны также католической публицистике. В январе 1952 г. в «Мужском духовнике» была опубликована статья под заголовком «Демократия начинается в семье». Ее автор считал, что отцы «ни в коем случае не должны диктаторски принимать решения, руководствуясь односторонним вождистским принципом». В период времени, когда западные немцы уже больше не существуют в условиях «патриархального общественного порядка», а живут в условиях демократии, «патриархальная семья ‹…› не отвечает больше требованиям времени». Вместо этого «в современной семье» должен ощущаться «дух зрелой демократии»18 . Журнал «Мужчина на волнах времени» в ноябре 1952 г. советовал отцам, не обращаться со своими детьми «холодно и по-военному». Отцовский авторитет, говорилось в журнале, следует завоевывать не за счет того, чтобы заставлять детей «стоять на вытяжку» или приказывать им «казарменным тоном». И хотя определенная дистанция между отцом и детьми необходима, чтобы дети смотрели на отца как на «вышестоящего», которому «подчиняются с желанием, потому что таков порядок вещей», все же чувство почтения к отцу должно быть следствием «настоящего уважения и любви», а не следствием послушания военного образца19 .

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См., напр.: Langenfaß F. Dürfen wir die Vergangenheit totschweigen?: Der Antisemitismus und seine Früchte // Zeitwende. 1958. Bd. 29. S. 755–762; Langenfaß F. Der Eichmann‐Prozeß und Wir // Zeitwende. 1961. Bd. 32. S. 721–72; Jungenwacht: Ein Blatt evangelischer Jugend. 1957. H. 11: Antisemitismus und Judentum; Jungenwacht. 1958. H. 8/9: Der Nationalsozialismus. Bödeker H. Kein Mut zur Erziehung? // Kirche und Mann. 1959. H. 9. S. 3–4, здесь S. 4. Sailer R. Demokratie beginnt in der Familie // Der Männer‐Seelsorger. 1952. H. 1. S. 23–29, здесь S. 26; см. также: Hemsing W. Wenn aus Kindern «Leute» werden: «Der Herr Sohn», das «Fräulein Tochter» // Elternhaus, Schule und Gemeinde. 1955. H. 9. S. 3–4. Ehrfurcht vor dem Vater: Mein Sohn sagt «Otto» zu mir // Mann in der Zeit: Zeitung für Stadt und Land. 1952. H. 11 [без указания страниц].

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В том же самом году Карл Боргман, издатель журнала «Caritas» и ключевая фигура движения католиков-мирян, предостерегающе заявил, что многие христиане все еще придерживаются семейного идеала, который «слишком сильно обращен в сторону старых форм государственного устройства, где гражданами управляли сверху и где они были практически обречены на бездействие в сфере политики». Дети, как полагал семейный эксперт в январском номере журнала «Женщина и мать» („Frau und Mutter“), должны были с младых ногтей учиться «узнавать демократию и пользоваться ей». При этом семья ни в коем случае не должна ориентироваться на идеал «абсолютной монархии», не говоря уже о «диктатуре». Тот, кто выступает за патриархальное воспитание, тот не усвоил, что лица, ответственные за преступления национал‐социализма, происходили как правило из семей с «упорядоченными» отношениями, а не из маргинальных слоев общества. Отцы, которые воспитывали своих детей «авторитарно ‹…› и давали при этом волю рукам», были акушерами национал‐социалистической диктатуры. Тот, кто «снова и снова относится к детям несправедливо», должен считаться с тем, что эти дети, «став взрослыми, сами превратятся в угнетателей». Боргман предостерегал: «Некоторые палачи из концентрационных лагерей происходили, как известно, из так называемых “порядочных семей“»20 .

3 Мягкое отцовство вместо воинственной мужественности Кумирами миллионов мужчин и женщин Западной Германии были потрепанные жизнью, зато милые мужчины, которые населяли экраны кинотеатров 1950‑х годов. Иногда неуклюжие, иногда неловкие, они проявили себя в роли «нежных отцов»21 . Некоторые фильмы, такие как «Мы вундеркинды» („Wir Wunderkinder“, 1958) с Гансом‐Йоргом-Фелми, сыгравшем архетипичную роль отца‐демократа, были любимцами как публики, так и немецких и зарубежных кинокритиков. Однако в большинстве случаев речь шла о душещипательных мелодрамах, таких как «Быть отцом, напротив, трудно» („Vater sein dagegen sehr“, 1957, в русском прокате – «Отец категорически против»), «Когда отец с сыном» („Wenn der Vater mit dem Sohne“, 1955) с Хайнцем Рюманном в главной роли или «Папа, мама и девять детей» („Vater, Mutter und neun Kinder“, 1958) с Хайнцем Эрхардом. В этих фильмах, ориентировавшихся на массовый вкус, доминировал новый ведущий образ «нежного отца». Никто не подходил на роль зеркала мягкого отцовства лучше, чем Хайнц Рюманн. С 1930 г. он был одной из самых больших звезд немецкого кино, а в 1930‑е годы стал одним из любимых актеров Гитлера. Рюманн развелся с женой-еврейкой, чтобы ничто не угрожало его карьере в национал‐социалистической Германии.

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Borgmann K. Völker werden aus Kinderstuben: Um die rechte Ordnung in der Familie // Frau und Mutter: Monatsschrift für die katholische Frau in Familie und Beruf. 1952. H. 1. S. 4–5. Ср.: Göttler F. Westdeutscher Nachkriegsfilm: Land der Väter // Geschichte des deutschen Films / W. Jacobsen, A. Kaes, H. H. Prinzler (Hrsg.). Stuttgart u. a., 2004. S. 167–206.

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В фильме «Когда отец с сыном» сын загадывает желание, чтобы отец еще раз сходил с ним на ярмарку. После вопроса отца, что сын любит кроме ярмарки, развивается следующий диалог22 . Сын: «И мы здорово повеселимся, надеюсь, это не слишком?» Отец: «Нет, ни в коем случае, почему бы и нет. Посмотрим. Но сейчас ты должен спать». Сын: «Папочка, еще секундочку!» Отец: «Чего-то еще?» Сын: «Я только хочу сказать, что люблю тебя, потому что ты такой милый». Отец: «Ты и правда считаешь, что я такой?» Сын: «Да, о да. Я вообще не понимаю, как Боженька так долго может обходиться без твоей помощи».

Эти новые идеалы семейной мужественности и мягкого отцовского авторитета, которые был определяющими для поисков демократии в юной федеративной республике, вскоре также нашли дорогу в литературу, посвященную вопросам детского воспитания, которая все чаще адресовалась непосредственно отцам23 . Конечно же в этих текстах мы не найдем сведений о том, как часто отцы на самом деле толкали детскую коляску, меняли пеленки или ласкали своих детей. Но учитывая высокие тиражи этих книг и тот факт, что издатели должны были принимать во внимание вкусы публики, их можно рассматривать как сейсмографы, регистрировавшие стремление к «идеальной семье» как специфической формы воображаемой семейной действительности, которая едва ли была менее «реальной» чем семейная повседневность24 . Брошюра «Без отцов дела не ладятся» („Ohne Vater geht es nicht“), которую отцыкатолики епископств Мюнстера и Эссена получили в 1961 г. во время «недели поста и воспитания», не только напоминала им о том, что следует проводить меньше времени на работе, в пивной или на футбольном стадионе. Кроме этого, читатели получили совет присутствовать уже при рождении детей, чтобы «развить тесную связь» с малышом. Отцы также должны были отказаться от «вечерних судов» над детьми. Кто верит, что можно воспитывать наказаниями и поркой, тот «утратит доверие своего ребенка»25 .

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Wenn der Vater mit dem Sohne (Reg. Hans Quest, BRD, 1955). 16:31–16:56. Höffer‐Mehlmer M. Elternratgeber: Zur Geschichte eines Genres. Baltmannsweiler, 2003. S. 227–235; Gebhardt M. Die Angst vor dem kindlichen Tyrannen: Eine Geschichte der Erziehung im 20. Jahrhundert. München, 2009. Gillis J. R. Mythos Familie: Auf der Suche nach der eigenen Lebensform. Weinheim u. a., 1997. S. 11; Ginsborg P. Family Politics: Domestic Life, Devastation and Survival, 1900–1950. New Haven, 2014; Chartier R. Die Welt als Repräsentation // Alles Gewordene hat Geschichte: Die Schule der Annales in ihren Texten 1929–1992 / M. Middell, St. Sammler (Hrsg.). Leipzig, 1994. S. 320–347, здесь S. 336. Ohne Vater geht es nicht / H. Lochner, R. Svoboda (Hrsg.). O. O. [Hamm], 1961. S. 4. «Конечно же, – продолжают советчики, – наказание должно присутствовать, но порка возможна только в случае действительно тяжелых проступков» (там же). Брошюра получила разрешение на печать от епископства Падерборна 13 дек. 1960 г.

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Вскоре после этого, в мае 1961 г., периодическое издание «Между собором и шахтами» („Zwischen Dom und Zechen“), приложение к журналу «Мужчина на волнах времени», выступило с хвалебной рецензией в адрес книги «Хорошие отцы – радостные дети» („Gute Väter – frohe Kinder“) как «прекрасного сборника очерков о мире отцовства»26 . Центральное место в книге занимал фоторепортаж о «курсах для мужчин по уходу за грудничками», организованных самаритянским союзом ЦюрихХард. Это так важно, считал издатель, когда отцы учатся, как «в свободную субботу или воскресение справиться с домашним хозяйством без больших катастроф», в то время как «женщины выполняют свой долг, посещая родственников»27 . Однако многие из опубликованных фотографий производили впечатление скорее удачной инсценировки буржуазной респектабельности, чем иконографии нежного отцовства. Кроме того, некоторые фотографии будили сомнения, в какой степени даже самые прогрессивные отцы-католики были готовы взять на себя часть повседневных забот по уходу за грудничками: двое из четырех мужчин, упражнявшихся в смене пеленок, носили медицинские маски. И хотя эта иконография нежного отцовства на фоне изобразительной эстетики начала XXI века вызывает скорее усмешку, не может заслонять собой факта, какое большое политическое значение немецкие семейные эксперты придавали наглядному воплощению нового отцовского авторитета в конце 1950‑х – начале 1960‑х годов. В первую очередь жанр «фотографических серий», который в то время рассматривался как важный педагогический инструмент, демонстрирует, насколько его авторам было важно, зафиксировать политическое послание, которое несли в себе новые образы отцов. Так, серия диапозитивов «Отец – или семейный функционер?» („Vater – oder Familienfunktionär?“), отснятая Рудольфом Рюбергом в 1964 г. для просвещения как молодежи, так и взрослых, сопровождалась пояснительными текстами, каждый объемом по полстраницы, посредством которых семейный эксперт из католических кругов пытался повлиять на толкование около 40 диапозитивов. Как и многие из его современников, Рюберг исходил из того, что «вопрос об отцах» стал одним из наиболее «жгучих вопросов» современности. «Патриархальный отцовский образ» устарел, считал Рюберг, но «новый образ отца» еще не сформировался. Исходя из этого, он надеялся «очертить контуры», которые «возможно принадлежат этому образу»28 . Рюберг разместил фотографии по тематическому принципу: вслед за разделом «Отцы, которые отсутствуют» следовали разделы «Отец – посторонний для семьи», «Маленькое колесо в сложном мировом механизме», «Больше не настоящие мужчины?», а также «Страх перед ответственностью». Данный визуальный диагноз кризисного состояния получил свое кульминационное воплощение в разделе «Отсут26

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Der wiederkehrende Vater // Zwischen Dom und Zechen: Beilage zum «Mann in der Zeit». Mai 1961. Nr. 5. Gute Väter – frohe Kinder / K. P. Lukaschek (Hrsg.). O. O. [Münster], o. J. [1961]. S. 32–35, здесь S. 32. Вне католической среды уже в середине 1950‑х годов мы видим признаки растущей популярности образа отца, пеленающего ребенка, – как иконы ласковой мужественности. См., напр.: Werdende Väter wickeln Puppen // Constanze. 1954. H. 18. S. 14–15. Rüberg R. Vater oder Familienfunktionär?: Lichtbildreihe zum Thema «Ehe und Familie». München, 1964. S. 3.

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Отец, пеленающий ребенка в маске Gute Väter – frohe Kinder / K. P. Lukaschek (Hrsg.). o. O. [Münster/Westf.], o. J. [1961]. S. 32

ствующий отцовский авторитет», который открывался фотографией солдат, занимающихся строевой подготовкой. Этот диапозитив № 28 Рюберг назвал «Муштра во дворе казармы». Согласно тексту Рюберга, спустя двадцать лет после апокалипсического поражения милитаризма эта инсценировка солдатской мужественности слу-

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Солдаты, занимающиеся строевой подготовкой Rüberg R. Vater – oder Familien-Funktionär / H. Budde (Hrsg.). München, 1964. 44 Schwarzweiß-Dias

жила предостережением: авторитет ни в коем случае нельзя смешивать «с правом сильного или властью командира», «которые могут принудить людей, находящихся в подчинении, практически ко всему, в том числе к бесчестным действиям». Это предостережение, считал Рюберг, было необходимым постольку, поскольку еще совсем недавно «слишком много людей испытали на личном опыте, насколько вредным является ложный авторитет, то есть авторитет, которым злоупотребили»29 . Следующий раздел диапозитивов под названием «Возрождение отца?» представлял собой буквальную противоположность образу «казарменной муштры», с его помощью Рюберг стремился указать путь выхода из кризиса отцовского авторитета. Решающий поворот всей серии задает диапозитив № 37 «Отец с коляской». Рюберг так комментирует этот поворот в брошюре с сопроводительными текстами, прибегая к семантике демократического отцовства: Тот, кто достаточно долго и пристально будет вглядываться в эту фотографию, откроет для себя нечто новое в отцах, главным образом в юных отцах – черту, которая не может быть лучше, хотя пока эта черта проявляется все еще неявно. Раньше действовало правило, согласно которому отец должен был любить своих детей, но ни в коем случае не показывать им этого. Теперь же, как кажется, ситуация изменилась. Это становится очевидным прежде всего по утрам в воскресение: отцы идут вместе со своими детьми в парк, зоопарк, на игровую площадку. Возможно, они делают это несколько неуклюже, но они ни в коем случае не боятся, если надо, вытереть нос ребенку, утешить его 29

Rüberg R. Vater oder Familienfunktionär? S. 16.

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Отец с двумя детьми и коляской Rüberg R. Vater – oder Familien-Funktionär / H. Budde (Hrsg.). München, 1964. 44 Schwarzweiß-Dias

после падения или прокатиться вместе с ним на маленькой карусели. Иногда можно повстречать отцов, которые толкают перед собой коляску или даже маленькую “карету для принца“, с высокими колесами и парадными подушками, при этом нигде не видно подкрепления в лице матери.// Это уже кое-что! ‹…› Тем самым отношение отца к своим детям приобретает новые основания: любовь и доверие вместо власти и голого страха. Именно это – любовь отца и доверие ребенка – является главной предпосылкой воспитания и именно так можно сформулировать суть нового понимании отцовского авторитета30 . 30

Rüberg R. Vater oder Familienfunktionär? S. 19.

Мягкое отцовство и демократия в молодой Федеративной Республике Германия

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Это «семейное» спасение мужественности в 1950‑е годы шло рука об руку с возрождением идеала «играющего отца», который находился в центре буржуазных представлений об удачном отцовстве в период 1820 – 1880 годов31 . Первый выпуск ежемесячного журнала «Наш мир» („Unsere Welt“), надконфессионального печатного органа Немецкого семейного союза (Deutscher Familienverband), вышедший в свет в ноябре 1955 г., объявил конкурс на лучшую фотографию, изображающую «отца как соратника по играм»32 . Фото, получившие призы, были такими же спорными, как и фотографии цюрихских «Курсов ухода за младенцами для мужчин». Атрибуты буржуазной респектабельности, такие как костюм, белая рубашка и темный галстук, были такими же важными, как и инсценировка эмоциональной близости и мягкой мужественности. И все же примечательно, что главный приз получила фотография Хельмута Хюбера из Штутгарта, на которой тот с удовольствием проигрывает своим пятерым детям в шуточном подушечном сражении33 .

Бой подушками Vater als Spielgefährte // Unsere Welt. 1956. H. 3. S. 3

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32 33

Frank S. M. Life with Father: Parenthood and Masculinity in the Nineteenth‐Century American North. Baltimore, 1998; Habermas R. Frauen und Männer des Bürgertums: Eine Familiengeschichte (1750–1850). Göttingen, 2000; Tosh J. A Man’s Place: Masculinity and the Middle-Class Home in Victorian England. New Haven, 1999. Unser Photo‐Wettbewerb: Vater als Spielgefährte // Unsere Welt. 1955. H. 1. S. 3. Vater als Spielgefährte // Unsere Welt. 1956. H. 3. S. 3. Остальные фото были опубликованы в более позднем издании: Vater spielt mit! // Unsere Welt. 1956. H. 6. S. 4–5.

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Наверняка такая многодетность – к огорчению христианско‐либерального правительства ФРГ – была редкостью даже в 1950‑е годы, отличавшиеся повышенным уровнем рождаемости. Как бы то ни было, для нового идеала нежного отца уже тогда было типичным то, что журнал Немецкого семейного союза поощрял своих читателей мужского пола проявлять свою мужественность в сражениях со своими детьми, а не в войне на уничтожение.

4 Демократическое отцовство и мягкая мужественность в либеральной Республике Наверное, было бы нетрудно очертить границы господствующего идеала «демократического отцовства», свойственные молодой послевоенной федеративной республике34 . Все вышеупомянутые семейные эксперты исходили из того, что хорошим отцом может быть исключительно женатый мужчина гетеросексуальной ориентации. Все также сходились во мнении о том, что отец в лучшем случае должен на время взять на себя какую-то часть обязанностей по уходу за маленькими детьми, так как в первую очередь матери несут ответственность за воспитание детей и домашнее хозяйство. Даже те, кто выступал за то, чтобы матери также имели право получить профессию, подчеркивали, что ответственность за содержание семьи несет в первую очередь отец. Но в любом случае мы бы поступили бы неправильно, если бы спутали утверждения семейных экспертов, заявлявших о том, что они являются сторонниками отцовского авторитета «по ту сторону патриархата», с полновесными аргументами в защиту всеобъемлющего равенства мужчины и женщины. Тем не менее, следует констатировать, что даже консервативные голоса выступали в 1950‑е – начале 1960‑х годов за новые формы отцовского авторитета, вместо того, чтобы настаивать на реставрации роли отца в качестве семейного патриарха. И даже если этот новый идеал более мягкого и любвеобильного отцовства все еще оставался частью патриархального порядка отношений полов, этот порядок был менее иерархичным и авторитарным, чем христианское видение патриархата межвоенного времени. Моменты патриархата с «человеческим лицом» смешивались с эмпатической концепцией равноправия мужчин и женщин. Семейные эксперты из католических и протестантских кругов выступали за новую эмоциональную форму отцовского авторитета, который в первую очередь опирается на доверие детей, а также за новый идеал семьи, в которой отец призван играть активную роль не только в воспитании подростков, но и малышей и малолетних детей. При этом не стоит утверждать, что Карл Боргман или другие левые католики, которые отклоняли патриархальную концепцию семьи, были типичным явлением для

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Michel S. American Women and the Discourse of the Democratic Family in World War II // Behind the Lines: Gender and the Two World Wars / M. R. Higonnet u. a. (Hrsg.). New Haven, 1987. S. 154–167. Обращают на себя внимание типичные границы расхожих аргументов в пользу эмансипации: Dirks W. Soll er ihr Herr sein?: Die Gleichberechtigung der Frau und die Reform des Familienrechts // Frankfurter Hefte. 1952. H. 7. S. 825–837, особ. S. 835.

Мягкое отцовство и демократия в молодой Федеративной Республике Германия

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молодой федеративной республики. И все же, несмотря на свою некоторую маргинальность, поборники нового типа отцовства разбудили, начиная с середины 1950‑х годов, растущую обеспокоенность среди большинства католиков, что также было связано с увеличением влияния мирян в окружении католической и протестантской церквей35 . Без сомнения, такие попытки поставить под вопрос патриархальные структуры и добиться равноправия взаимоотношения полов имели свои границы, особенно учитывая длительную дискриминацию женщин в экономике и социальную политику, ориентированную на матерей. Тем не менее не следует забывать, что борцы за идею «мягкого отцовства» выдвинули в 1950‑е годы требования, которые в конце 1960‑х годов подхватило поколение феминисток. Если принимать во внимание только попытки федерального правительства во главе с ХДС, а также католических епископов, посредством семейного и брачного права зафиксировать в качестве правовой нормы идеал традиционной иерархии полов, то вне поля нашего зрения останется религиозная и политическая динамика, которую развил в те годы вопрос об отцовском авторитете. Новый идеал «демократической семьи» оказался неотъемлемой частью процесса, который можно трактовать как расцвет демократии в качестве жизненного уклада. Здесь также необходимо задуматься об аналогичных изменениях морально‐исторического свойства. Свою либерализацию испытало отношение к добрачной и внебрачной сексуальности, равно как и отношение к работающим матерям и матерям‐одиночкам. Мечта о новом типе отцовства была частью видения эгалитарного порядка полов, где женщины и мужчины могли бы объединить в единое целое семью и профессию. Таким образом, вопрос о мягком и любвеобильном отцовстве стал центральной дискуссионной площадкой, на которой послевоенные немцы сумели договориться о том, как следует определять соотношение авторитета и демократии. Демократия из пустой фразы, которая, как сожалели многочисленные знатоки политической культуры ФРГ первого послевоенного времени, служила лишь для того, чтобы скрыть за собой зияющие моральные пропасти послевоенных лет, превратилась в 1950‑е годы в руководящий термин политического языка, наполненный смыслом и жизнью. Нарратив новой формы отцовского авторитета внес свой решающий вклад в расставание граждан ФРГ с национал‐социализмом, милитаризмом и непосредственно связанным с ними идеалом воинствующей мужественности. Благодаря этому немцы нашли свой путь в демократическое общество.

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Tyrell H. Die Familienrhetorik des Zweiten Vatikanums und die gegenwärtige Deinstitutionalisierung von Ehe und Familie // Vaticanum II und Modernisierung: Historische, theologische und soziologische Perspektiven / F.-X. Kaufmann, A. Zingerle (Hrsg.). Paderborn u. a., 1996. S. 353–373; Tichenor K. A. Religious Crisis and Civic Transformation: How Conflicts over Gender and Sexuality Changed the West German Catholic Church. Waltham, 2016; Chappel J. Catholic Modern: The Challenge of Totalitarianism and the Remaking of the Church. Cambridge, 2018; Rölli‐Allkemper L. Familie im Wiederaufbau: Katholizismus und bürgerliches Familienideal in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1965. Paderborn u. a., 2000.

Семинар для молодых ученых «Новый взгляд на соприкосновение и взаимодействие германской и российской истории XIX–XX вв. в глобальном контексте» Гейдельберг, 29 октября – 2 ноября 2017 г.

Предисловие организаторов Члены Российско‐германской совместной комиссии историков в 2017 году приняли единодушное решение уделять в будущем больше внимания поддержке молодых ученых и создать площадку для регулярного научного обмена между молодыми историками из России и Германии. Это призвано не только дать новые импульсы общему исследовательскому интересу к проблематике и перспективам изучения истории российско‐германских отношений, но и должно способствовать установлению научных связей между представителями молодого поколения ученых. В свете этого решения с 29 октября по 2 ноября 2017 года в Гейдельберге прошел первый совместно организованный нами семинар для молодых ученых, в котором приняли участие 20 молодых историков (10 женщин и 10 мужчин) из разных регионов и университетов России и Германии. Российские гости с интересом узнали, что Гейдельберг еще во второй половине XIX века стал духовным центром для многих русских ученых и писателей, – среди них химик Менделеев, писатель Тургенев, композиторы Бородин, Римский‐Корсаков и Скрябин, поэт Мандельштам, философ Бердяев и математик Ковалевская, которая в своих мемуарах поэтически сравнивала город с «потерянным раем». Местом проведения семинара стал Международный научный форум Гейдельбергского университета. Мы хотели бы поблагодарить членов Комиссии Йорга Морре (Германо‐российский музей Карлсхорст) и Николауса Катцера (Германский исторический институт в Москве), а также Андреаса Хильгера (Германский исторический институт в Москве), которые оказали помощь в работе семинара, отвечали на вопросы молодых ученых и участвовали в бурных дискуссиях. Информация о записи на участие в семинаре с апреля 2017 года распространялась через членов Комиссии, рассылки Германского исторического института в Москве, информационную и коммуникационную интернет‐платформу для историков H-SozKult,Ассоциацию историков Восточной Европы (VOH) и сайт для молодых экспертов по Восточной Европе JOE-List,вызвав ожидаемо широкий интерес. Отбор 10 участников и 10 участниц осуществляли в июле 2017 года совместно оба организатора в соответствии с критериями научного качества и подходящего содержания. К сожалению, не все заявки могли быть удовлетворены из-за ограниченного количества мест. В общей сложности 7 докторантов и 13 постдокторантов смогли на девяти секциях обсудить свои текущие исследовательские проекты в рамках темы «Новый взгляд на соприкосновение и взаимодействие германской и российской истории XIX–XX веков в глобальном контексте». Наряду с существующей проблематикой истории российско‐германских отношений, в центре дискуссии всегда находились новейшие методологические подходы, а также вопрос о связующих точках между глобальной историей и историей Восточной Европы. Десять лучших материалов конференции представлены в настоящем томе «Сообщений». Мы благодарим редакцию за возможность публикации и за редакторскую помощь. Помимо прочего, доклады демонстрируют широкий спектр различных ме-

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Предисловие организаторов

тодологических приемов, с помощью которых современные молодые ученые подходят к вопросам истории российско‐германских отношений и взаимосвязей. Нам доставило большое удовольствие провести три дня в интенсивном диалоге с молодыми учеными, участвовать в острых дискуссиях и познакомиться с их весьма разнообразными взглядами на историю. Мы искренне надеемся, что просьба участников о продолжении такого формата общения будет удовлетворена. Мы считаем, что содействие молодым исследователям в будущем должно быть включено в качестве важного элемента в основные задачи Комиссии. Стоит также обсудить, в какой мере и с помощью каких инструментов молодое поколение историков может быть еще больше, чем прежде, вовлечено в работу Комиссии, поскольку сами участники семинара обратились к нам с этим пожеланием. Таня Пентер и Александр Ватлин

Андреас Хильгер Германо-российская история и глобальная история1 В последние годы и даже десятилетия в исторической науке наблюдается определенная методологическая гибкость и гораздо большее мужество в признании плюрализма. Исторические дисциплины в своих притязаниях и самовосприятии сегодня, как правило, все меньше склоняются к тому, чтобы изнурять себя в затяжных боях за единственно верное учение, за верховенство в сфере толкования и/или за единственно правильную методологию. Именно новые направления исследования, такие как глобальная история и транснациональная история, но также такие основательно обновленные области, как Международная история, все чаще отрицают догматизм и все громче заявляют о своей открытости и готовности действовать, невзирая на границы. Осознание полезности соответствующего обмена, а также того, что взгляд за привычные рамки может с пользой расширить собственные перспективы, является в моих глазах главной характеристикой тех «полей» исторического исследования, о которых идет речь на данном семинаре. Вопрос же о том, в какой степени такое сознание доминирует повсеместно, во всех сферах научной деятельности, пока остается без ответа. Применение соответствующей теории на практике и получение в результате новых знаний совершенно необходимы, чтобы новые веяния не остались лишь модой. Этот процесс также зависит от способности к сопротивлению старых, структурно и институционально укорененных школ и традиций, с одной стороны, и пробивной силы претендентов и реформаторов, их способности убеждать – с другой стороны. Принципиальные бои в немецкой исторической науке 1970‑х и 1980‑х годов, которые вели Андреас Хильгрубер, Клаус Хильдебранд и Ганс-Ульрих Велер, могут служить примером более ранних процессов такого рода. Напротив, предложение, прозвучавшее в 2000 г., снова рассматривать глобальную историю как часть широко трактуемой Международной истории, не вызвало в Германии или где-либо еще дискуссии, хотя бы отдаленно напоминавшей по своему накалу прежние споры2 .

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Публикуемый текст представляет собой сокращенную версию доклада. Ссылки на литературу даются только в случае прямого цитирования, а также приводятся некоторые (ни в коем случае не исчерпывающие) наименования литературы по разным затронутым здесь проблемам. См.: Dülffer J., Loth W. Einleitung // Dimensionen internationaler Geschichte / J. Dülffer, W. Loth (Hrsg.). München, 2012. S. 1–8, здесь S. 5; Haider‐Wilson B. Humpty Dumpty, die Geschichtswissenschaft und der Pluralismus: Einlassung auf die historische Subdisziplin «Internationale Ge-

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Андреас Хильгер

Вышеназванные исторические дисциплины – глобальная история, транснациональная история и Международная история – действительно имеют точки пересечения в том, что касается новых теоретических размышлений, импульсов, вопросов и методов. Это сопровождается тем, что их рабочие дефиниции и самоопределения являются далеко неоднозначными, временами расплывчатыми, а иногда могут быть пространно истолкованы. В то же время эти три исследовательских поля очерчивают собой границы, в рамках которых немецко‐русские контакты и связи могут изучаться во всей своей полноте (в то время как история науки и миграций, например, занимается лишь отдельными аспектами). Методологические подходы в сфере анализа мировой системы (с Россией на полупериферии) или описания цивилизационно‐исторического свойства, вплоть до так называемого «столкновения цивилизаций» («clash of civilizations»), если есть желание их использовать, по моему мнению, можно подвести под эти основные понятия3 .

Глобальная история Плюрализм исследований и пересечение методологий – это, по сути, два главных мотива, которые диктуют размышления о пользе глобального подхода и о том влиянии, которое он оказывает на исследования в сфере немецко‐российской истории. Речь, с моей точки зрения, идет не о том, чтобы перенести уже сложившийся перечень тем или методов из сферы глобальной истории в работы, посвященные немецко‐российским и немецко‐советским отношениям. Более того, сами историки‐глобалисты скорее всего также предпочли бы не составлять такой перечень. Гораздо больше смысла в том, чтобы бросить взгляд на инструментарий и книги в книжном шкафу историков‐глобалистов, и понять, что же из них может быть полезным и стимулирующим для собственных интересов историков, работающих в сфере немецко‐российских (немецко‐советских) отношений. При этом следует также решить, в какой степени имеет смысл, использовать подходы, вопросы и импульсы глобальной истории для изучения германо‐российских отношений ранее XIX столетия4 . Глобальная история сегодня в моде, как подметил недавно Андреас Эккерт, специалист по истории Африки5 . Это не случайность, что Эккерт, который отнюдь не является классическим немецким историком, занимающимся изучением национальной истории, был в Германии в числе тех, кто способствовал становлению и развитию

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schichte» // Internationale Geschichte in Theorie und Praxis / B. Haider‐Wilson, W. D. Godsey und W. Mueller (Hrsg.). Wien, 2017. S. 10–61, здесь S. 59. См. в качестве примера подхода такого рода: Nolte H.-H. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Wien u. a., 2009. Здесь я привожу только некоторые «введения в тему», которые отсылают к доп. литературе: Wenzlhuemer R. Globalgeschichte schreiben: Eine Einführung in sechs Episoden. Konstanz, 2017; Conrad S. What is Global History? Princeton, 2016. Eckert A. Globalgeschichte und Zeitgeschichte // Aus Politik und Zeitgeschichte. 2012. №. 1–3. S. 28–32, здесь S. 28.

Германо-российская история и глобальная история

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«глобальной истории» как нового поля исторических исследований6 . Ведь одним из важнейших импульсов глобальной истории было и остается преодоление европоцентризма в исторической науке. При этом европоцентризм, по существу, относят ко всему атлантическому пространству, особо не вдаваясь в дискуссии о принадлежности России к Европе7 . Независимо от этой специальной проблемы, глобальная история настойчиво ставит под вопрос подходы так называемой «западной» научной традиции и школы, которые рассматривают европейские или соответственно трансатлантические процессы и пути исторического развития в качестве нормы. При этом другие, «неевропейские» феномены и пути развития расцениваются в некоторой степени как отклонения от этой нормы, которые сами по себе требуют объяснения или даже как ошибочные исторические траектории. На этом фоне не вызывает удивления, что пионеры глобальной истории во всем мире не входят в число специалистов по европейской истории. Так, Кристофер Бейли занимается изучением Индии и является в первую очередь специалистом в области глобальной истории XIX столетия. Акира Ириэ – специалист по Восточной Азии, сфера его интересов – глобальная история XX века. Немецкие специалисты в сфере истории Восточной Европы и российские историки занимают, как мне кажется, скорее место среди наблюдателей за развитием глобальной истории и связанных с ней дискуссий. Еще одной отличительной чертой глобальной истории, в чем согласны все историки‐глобалисты, является ее особое чутье к выявлению связей, переплетений и взаимоотношений. Один из новейших учебников так формулирует эту специфическую особенность: «Глобальная история в принципе призвана заниматься тем, как в результате человеческих поступков возникает сеть глобальных связей и как эти связи в свою очередь воздействуют на мысли, чувства и поступки людей»8 . Эта цитата поясняет, что обе целевые установки – преодоление европоцентризма и фокусирование на переплетениях и их акторах – неотделимы от третьей характерной черты глобальной истории: преодоления представлений о национальном государстве и нации как основополагающих аналитических категориях и доминирующих исходных величинах, базовых параметрах и ориентирах. На самом деле, все сколько‐нибудь значимые связи и переплетения выходят за рамки национальных границ и включают в себя трансферы всех типов и направлений: товаров, людей, мировоззрений и т.д. Такого рода трансферы и контакты могут оказывать свое специфическое воздействие на все стороны и на всех участников контакта. В своем комплексном взаимовлиянии они затрагивают и изменяют не только адресатов, но и адресантов. Синхронические переплетения оказывают воздействие в том числе и на диахронное развитие, что следует осмысливать в рамках соответствующего анализа, который, в свою очередь, должен быть свободен от детерминизма и не предопределять конечных результатов.

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См.: Globalgeschichte: Theorien, Ansätze, Themen / S. Conrad, A. Eckert, U. Freitag (Hrsg.). Frankfurt a. M., 2007. См.: Jenseits des Eurozentrismus: Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften / S. Conrad, S. Randeria, R. Römhild (Hrsg.). 2. Aufl. Frankfurt а. M., 2013. Wenzlhuemer R. Globalgeschichte schreiben, S. 20.

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Андреас Хильгер

В основе трансграничного подхода лежит констатация того, что люди перемещаются как в типовых «рамочных» условиях, которые действуют или ощущаются в глобальном масштабе, так и внутри структур глобализации, которые в свою очередь все больше демонстрируют тенденцию к упрочению. Компрессия пространства и времени, о которой так много говорится сегодня, нашла свое выражение в новых измерениях мобильности товаров, людей, текстов, образов и т.д. Традиционные границы и, в особенности, национальные границы, унаследованные из прошлого, теряют свое значение в том, что касается контроля, руководства, управления, надзора, мотивации и ограничения мобильности. Сами исторические акторы всегда действовали в пространствах по ту сторону нации и национального государства. Они строили социальные отношения помимо национальных (и межрегиональных) границ, вписывали свои множественные жизненные миры в множественные контексты, которые далеко выходили за границы национальных контекстов. Глобальная история уделяет особое внимание не только связям, которые выходили за рамки установившихся национальных границ, прорывали эти границы, устраняли эти границы или просто их игнорировали. В целом интерес историков‐глобалистов обращен к якобы «естественным» пространствам и действиям, они стремятся посмотреть на них по-новому, проблематизировать традиционные иерархии, такие как метрополии и периферию, препарировать их в свете мультиперспективы. При этом отправные точки и ключевые вехи глобальных процессов должны быть определены и названы заново. Пространства действия и исторические пространства будут измерены вновь, а также охарактеризованы с точки зрения их конституции и способности к трансформации и взаимоотношениям. Границы анализируются здесь как приграничные пространства, зоны перехода и контакта. Задачей глобальной истории отнюдь не является доказать любой ценой наличие взаимосвязей и корреляций, их эффективность и продолжительность. Однако она выдвигает обоснованное требование, иметь право задаваться вопросом о возможности такого рода связей и переплетений и своими средствами проверить, имели ли место эти связи и отношения. Таким образом расширяется традиционный фокус, традиционные предметы изучения и объекты исторического анализа. Наряду с этим в качестве наиболее популярного исследовательского инструмента по праву применяется сравнительный подход, подразумевающий наличие трансфера и адаптации. При таких условиях, глобальный синтез является, наряду с конкретными кейсами, важнейшим выразительным и изобразительным средством исследований, выполненных в глобально‐историческом ключе. Исследования такого рода нацелены на глобальное рассмотрение в рамках определенных временных границ, при этом региональные тенденции не плюсуются и не рассматриваются в некоей последовательности, зато интеракции, взаимодействия и взаимоотношения препарируются в интересах анализа общих характеристик, общих проблем и вызовов данного периода. Так, обобщающие исследования XIX столетия нацелены, например, на изучение процессов естественного движения населения и сельского хозяйства; индустриализации и урбанизации; на развитие медицинских знаний и шансов на выздоравливание; имперскую экспансию и колониализм; возникновение национализма, но также увеличение роли международных организаций; распространение нормативных представлений и как они, к примеру, выразились в международном движении за от-

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мену рабства; концентрацию революционных движений и событий; модернизацию управления и бюрократии; развитие транспортных сетей и сетей коммуникации; расширение торговых и финансовых потоков; рост роли науки в обществах; религиозные движения; возникновение расизма. Что же касается XX века, то авторы обращают внимание на такие новые явления как формирование диктатур и демократий и так называемый закат либерализма; на рост экологического сознания; на новые измерения технологии, включая коммуникационные и оборонные технологии и их последствия; на новое измерение войн и государственных преступлений, но также на рост гуманитарных неправительственных организаций; на деколонизацию и новое значение дебатов о правах человека, а также споров о цене прогресса для «третьего мира», на миграции и беженство; на новые экономические динамики и связи – в конечном итоге предметом дебатов здесь становится вся амбивалентность дуального процесса глобализации и фрагментации9 . Эти типичные черты глобализации отчасти вторгаются во все еще юную историю XXI века, дополненные очередными вопросами, в том числе о новых формах ведения войны и соответствующих задачах объединенных наций, о глобальных силах террора, о ренессансе национальных или националистических и автократических идей; о борьбе за ресурсы и о драматическом обострении экологических проблем, росте народонаселения, неравенства в образовании, экономическом расколе мира и т.д., и т.п. По меньшей мере на уровне деклараций, глобальные диагнозы такого рода сохраняют способность, распознавать различные проявления общих феноменов, а также выявлять случаи, когда параллельные процессы развития скорее не обнаруживают взаимодействия и взаимоотношений. Они также в силах осознавать возможность возвратных движений и географическую неоднородность. «Where 1989 didn’t happen», – так гласит название исследования, которое посвящено Колумбии и включено в сборник статей на тему глобального значения 1989 года, выходящего за рамки не только немецко‐советских отношений, но и Европы в целом. Однако в Колумбии – и, конечно же, не только там – исторические акторы оказались, по внутри- и общественно‐политическим причинам, за рамками предположительно глобального международного тренда демократизации и мира. Это произошло также вследствие недостаточного интереса, поддержки или соответственно давления со стороны мирового сообщества10 . Глобальная маркировка и контекстуализация служат, таким образом, более четкому распознаванию встречных процессов. Глобальная история осознает многообразие единичных и специфических развитий, демонтаж связей и стойкость разделительных границ. И все же ее взгляд как на «обособленные» истории, так и на переплетения и взаимодействия делает общую 9

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См. напр. Osterhammel J. Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. 5. Aufl. München, 2010; Bayly Ch. A. Die Geburt der modernen Welt: Eine Globalgeschichte 1780–1914. Frankfurt a. M., 2008; Bayly Ch. A. Remaking the modern world 1900–2015: Global connections and comparisons. Hoboken, 2018; Wolfrum E. Welt im Zwiespalt: Eine andere Geschichte des 20. Jahrhunderts. Stuttgart, 2017. Zinecker H. Where 1989 Didn’t Happen: The Case of Colombia // 1989 in a Global Perspective / U. Engel, F. Hadler, M. Middell (Hrsg.). Leipzig, 2015. S. 397–418.

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картину более дифференцированной. Глобальная история делает изменчивость, способность к трансформации и изменяемости форм не только отдельных мотивов, но и совокупности действий более заментым. Эта совокупность предположительно либо постоянно определяется заново, конфигурируется, ориентируется, упорядочивается и монтируется историческими акторами, либо лишь подтверждается и используется снова. Необходимо также упомянуть о конфронтации, связанной с историческими вехами предположительно глобального характера. Эта конфронтация в конечном итоге указывает на проблемы общего и отдельного опыта, общих и отдельных воспоминаний. Роль эпохальных цезур в деле актуальных усилий, нацеленных на интеграцию, а также в текущих конфликтах является сегодня темой почти ежедневного обсуждения в СМИ. При этом глобальные инициативы в сфере мемориализации вплоть до сегодняшнего дня все еще наталкиваются на национальные границы. Следует отметить, что также и этот вывод является результатом исследований, предпринятых в рамках глобальной истории. Эти же исследования показывают, насколько сильно национальные исторические «картины» стремятся приобрести глобальный эффект воздействия, обеспечив себе таким образом дополнительную легитимацию как внутри страны, так и за ее пределами. При этом памятные ритуалы глобального свойства в состоянии бросить вызов национальным интерпретациям истории. В качестве примера приведу цезуру 23 августа. Европейский парламент в 2009 г. провозгласил 23 августа, день, когда в 1939 г. был подписан так называемый пакт Гитлера‐Сталина, «европейским днем поминовения жертв сталинизма и национал‐социализма». Нам еще предстоит увидеть, каким образом память немецкого общества, принимая во внимание такое комбинированное посвящение, обойдется с советскими жертвами национал‐социализма, будут ли эти жертвы восприняты, усвоены и учтены – или проигнорированы. Также открытым остается вопрос, в какой степени изменится актуальный российский исторический дискурс, если речь пойдет об общей оценке политики сталинизма в отношении Германии в 1939–1945 гг. и вплоть до 1953 г. В то же время уже упомянутые современные носители информации и коммуникационные технологии являются символом новейшей эпохи. Их значение выходит далеко за границы новых требований к поиску, организации и критике источников. Они водружают на новый фундамент дискуссии об историческом мышлении, культуре памяти и исторической политике в глобальном мире. Цифровые форумы, архивы и коллекции порождают опции, позволяющие разрушать сложившиеся иерархии в сфере создания и распространения исторической памяти и увеличивают шансы на участие общества в этом процессе. В то же время они обладают потенцией, закрепить международное неравенство в сфере исследовательских возможностей и вымостить дорогу к чистой коммерциализации и сознательной манипуляции как общественными, так и индивидуальными коммеморативными практиками11 .

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См. в т. ч.: Leggewie C. Der Kampf um die europäische Erinnerung: Ein Schlachtfeld wird besichtigt. München, 2011; Erinnerungskultur 2.0: Kommemorative Kommunikation in digitalen Medien / E. Meyer (Hrsg.). Frankfurt a. M., 2009.

Германо-российская история и глобальная история

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Германо‐российская история и глобальная история Перед тем как в заключение высказаться о значении глобальной истории для истории немецко‐российских отношений, я хотел бы коротко задаться вопросом о том, в какой степени глобальная история реализуется в глобальном масштабе. Насколько научные сети действуют помимо границ, с живым интересом к трансграничным контактам и меняющимся историческим мезорегионам, задаваясь вопросом о предположительном единстве и глобальности открытых пространств? Что же касается исследований такого мезорегиона как Восточная Европа, включая Россию, то еще недавно было отмечено, что это пространство «до сего дня не сыграло сколько‐нибудь значимой роли в глобальной истории и практически оказалось на маргинальном положении. Восточная Европа – это не континент и, как правило, ее не соотносят с великой цивилизацией и не причисляют к мировым регионам. ‹…›. Фокус глобально‐исторического подхода до сего времени был сосредоточен на взаимоотношениях между Европой и Азией, при этом речь, как правило, идет о Западной Европе и Восточной Азии»12 . (Это изложение следовало бы расширить, указав на интерес, который глобальная история питает к Северной и Южной Америке, а также к Африке). Эта картина добавляется, насколько я вижу, за счет определенной пассивности российской историографии в отношении глобально‐исторических подходов. Возможно, это объясняется также тем, что одна из целей глобальной истории – преодоление европоцентризма, пересекается с вечными спорами об европейской принадлежности и идентичности России. Возможно также, что российская историография и российское государство полагают, что Россия покончила с европоцентризмом самое позднее в 1917 г. и рассматривают себя как представителей настоящего мультиполярного мира и исторической науки avant la lettre. В конечном итоге речь может также идти об экономической подоплеке исторических исследований – без сомнения, так называемые «западные» институции и исследователи (также) и в области глобальной истории представлены сильнее и пользуются гораздо большим влиянием, чем представители менее состоятельных и стабильных регионов во всем мире. Так, исследование, посвященное так называемому «глобальному моменту» конца Первой мировой войны, сумело примечательным образом привлечь к себе большое внимание, при этом речь в нем идет исключительно о 14 пунктах Вудро Вильсона13 . Но все это только спекуляции, в лучшем случае часть объяснения. Восточноевропейская историография на самом деле действительно располагает большим количеством работ, которые могут представлять собой интерес для глобальной истории, но эти работы не всегда были восприняты должным образом. В

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Aust M. Russland und die Sowjetunion in der Globalgeschichte // Globalisierung imperial und sozialistisch: Russland und die Sowjetunion in der Globalgeschichte 1851–1991 / M. Aust (Hrsg.). Frankfurt a. M. u. a., 2013. S. 13–38, здесь S. 16. Manela E. The Wilsonian moment: Self‐Determination and the International Origins of Anticolonial Nationalism. Oxford, 2007.

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свою очередь сами эти работы порой не трактовали себя как вклад в глобальную историю. Я считаю, что восточноевропейская история в состоянии внести весомый вклад в глобальную историю. Так, в случае с Октябрьской революцией 1917 г. одной из тем является ее долгосрочное глобальное воздействие, а также прямые международные последствия и предварительные условия, равно как и взаимосвязи между революционными сетями и технологиями. К этому можно добавить изучение российской экспансии в Центральной Азии, публикации, посвященные российским пограничным регионам, имперской компаративистике и холодной войне. Стоит также упомянуть об исследованиях, посвященных конкретным проблемам, таким как русская диаспора, российско‐советские подходы к международному праву, научные контакты, диссидентство, террор, экспедиции, литературно‐исторические связи по всему миру. В этот же перечень можно включить исследовательские проекты, посвященные экологической политике в СССР и Российской Федерации, развитию сельского хозяйства или чернобыльской катастрофе. В конечном счете исследования войн XIX–XX столетий, от Наполеона и Крымской войны и вплоть до войны в Афганистане предлагают собственный материал для размышлений о глобальных взаимодействиях и их синхронизации. Что же касается аналогичных точек в немецкой истории, препарированной под глобально‐историческим углом зрения, то их также немало: в качестве одного из примеров можно привести дискуссии о воздействии немецкой колониальной истории на немецкое общество и политику и возможных линиях неразрывности вплоть до истребительной войны против Советского Союза14 . В заключении несколько общих соображений о том, в какой степени изучение немецко‐российских (советских) отношений может выиграть, с опорой на импульсы и результаты глобальной истории. Любая история двухсторонних отношений выигрывает по определению, если она в своей комплексной гармоничности описывается через призму более широких контактов, если историки сомневаются в исключительно национальных мотивациях и поступках, если раскладывается пасьянс измерений, в которых действуют исторические акторы. «Все истории склоняются к тому, чтобы стать всемирной историей. 14

См. в т. ч. следующий проект: «East Side story of ecological globalization». URL: https: //ecoglobreg.hypotheses.org; Empires und Nationalstaaten im 19. Jahrhundert / J. Leonhard, U. v. Hirschhausen (Hrsg.). 2. Aufl. Göttingen, 2011; The Cambridge History of Communism. 3 vols. / S. Pons (ed.). Cambridge, 2017; Baur J. Die russische Kolonie in München 1900–1945: Deutsch‐russische Beziehungen im 20. Jahrhundert. Wiesbaden, 1998; Evangelista M. Unarmed Forces: The Transnational Movement to End the Cold War. Ithaca, 1999; Jasper A. Zweierlei Weltkriege?: Kriegserfahrungen deutscher Soldaten in Ost und West 1939–1945. Paderborn u. a., 2011; Белякова Е.И. «Русский» Амаду и бразильская литература в России. M., 2010; Sanchez‐Sibony O. Red Globalization: The Political Economy of the Soviet Cold War from Stalin to Khrushchev. Cambridge, 2014; Gerwarth R., Malinowski St. Der Holocaust als „kolonialer Genozid“? Europäische Kolonialgewalt und nationalsozialistischer Vernichtungskrieg // Geschichte und Gesellschaft. 2007 H. 3. S. 439–466; Schulmeister‐André I. Internationale Strafgerichtsbarkeit unter sowjetischem Einfluss: Der Beitrag der UdSSR zum Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess. Berlin, 2016; Saal Y. v. KSZE-Prozess und Perestroika in der Sowjetunion: Demokratisierung, Werteumbruch und Auflösung 1985–1991. München, 2014.

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Социологические теории, описывающие всемирное общество, говорят нам о том, что наш мир является “внешним миром всех остальных миров”, последним возможным контекстом всех исторических событий и их изображением», – как с полным правом написал Юрген Остерхаммель в предисловии к своей глобальной истории XIX столетия. Все местные, национальные и региональные истории во многих отношениях представляют из себя глобальные истории, – повторяет в своем обобщающем труде Кристофер Бейли15 . Конечно и здесь историк должен спокойно воспринимать возможные лакуны. Историк, пишущий историю двусторонних отношений, отнюдь не обязан обыскать все возможные мировые углы и закоулки на предмет выявления взаимосвязей и факторов воздействия. Однако он все время должен задаваться вопросом о важности этих двусторонних матриц, рефлексировать по поводу их зависимости/включенности в многосторонние связи и процессы и, таким образом, находить им подобающее место. При этом, обращая свой взгляд на действующих лиц двусторонних отношений, историк должен учитывать потенциальную силу воздействия системы глобальных отношений и взаимодействий, по ту сторону прямого и непосредственного сотрудничества (или вражды). В то же время историк должен изучать структуру событий истории двухсторонних отношений и при необходимости разворачивать и расширять ее. Как уже упоминалось, исследовательский ландшафт российско/советско‐немецких отношений показывает, что заданные темы и вопросы отражают, по меньшей мере косвенно, проблемы глобальной истории, подхватывают и разрабатывают их, выявляя множественные переплетения и взаимодействия, заново осмысливая традиционные цепочки действий и исходные пространства, рефлексируя привязку или включение в глобальные тенденции развития. Я думаю здесь – снова без каких-либо претензий на полноту, не говоря уже о репрезентативности приведенного перечня – об исследованиях, посвященных так называемому русскому Берлину; об историях трансграничных предприятий, об истории плена; о связях Верховного главнокомандования Германии и Ленина, о «восточной политике» и Хельсинском процессе; об анализе отношений в эпоху Наполеона, с их сложной многоуровневостью и разнонаправленностью в мире немецких государств, с их комбинированной трансляцией и отображением революционных идей и организационных форм, от Парижа образца 1789 г. до Петербурга образца 1825, с их запутанными династическими союзами, пронизывающими весь Германский союз; об изучении трансформаций взаимного восприятия в рамках общеевропейского процесса в XIX и XX столетиях; о вопросах модернизации, индустриализации и научно‐технического сотрудничества и конкуренции после 1871 г. И, конечно же, в заключение, я думаю об исследованиях отношений внутри треугольника ГДР – ФРГ – СССР под знаком 1989 года. Круг этих потенциальных исследовательских проблем может быть расширен за счет вопросов российско‐немецких отношений

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Osterhammel J. Die Verwandlung der Welt; Bayly Ch. A. Die Geburt der Modernen Welt; Bayly Ch. A. Remaking the Modern World 1900–2015; Wolfrum E. Welt im Zwiespalt.

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в контексте развития Евросоюза, НАТО и СНГ16 . Остается только надеяться, что подобные темы истории российско‐немецких отношений, обещающие серьезные приращения знаний за счет импульсов, полученных от глобальной истории, найдут своих исследователей.

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Наряду с отд. названиями, приведенными в сноске 14, см. также: Schedewie F. Die Bühne Europas: Russische Diplomatie und Deutschlandpolitik in Weimar, 1798–1819. Heidelberg, 2015; Otto Wolff: Ein Unternehmen zwischen Wirtschaft und Politik / P. Danylow, U. S. Soénius (Hrsg.). München, 2005; Adomeit H. Imperial Overstretch: Germany in Soviet Policy from Stalin to Gorbachev: An Analysis Based on New Archival Evidence, Memoirs, and Interviews. 2nd ed. Baden-Baden, 2016; West-östliche Spiegelungen: Russen und Russland aus deutscher Sicht und Deutsche und Deutschland aus russischer Sicht von den Anfängen bis zum 20. Jahrhundert: Wuppertaler Projekt zur Erforschung der Geschichte deutsch‐russischer Fremdenbilder / L. Kopelew (Hrsg.). München, 1985–2005; West-östliche Spiegelungen: Neue Folge. München, 2005–2006.

Надежда Фихтнер Михаил Ростовцев и его научные связи с немецкими учеными (конец XIX в. – 1920-e годы) Михаил Ростовцев (1870–1952) считается одним из наиболее видных историков античности XX столетия. Широкого международного признания он добился, находясь в эмиграции в США. Его монументальные труды, посвященные социальной и экономической истории Римской империи, а также истории эллинизма, такие как «The Social and Economic History of the Roman Empire» (1926) и «The Social and Economic History of the Hellenistic World» (1941)1 , наложили свой неизгладимый отпечаток на целое поколение историков и обеспечили эмигранту из России выдающееся положение в историографии античности. Уникальная в своем роде карьера Ростовцева началась в конце XIX в. в Российской империи. В качестве профессора столичного университета, члена кадетской партии и заметного представителя общественной жизни Санкт‐Петербурга, историк античности относился к элите русской интеллигенции. Известность Ростовцева в первую очередь основывалась на его научных достижениях. Его скрупулезные исследования социальной и экономической истории античности, а также археологии Причерноморья вскоре обеспечили Ростовцеву признание в научных кругах. В 1903 г. он с успехом защитил докторскую диссертацию, спустя пять лет стал ординарным профессором Санкт‐Петербургского университета, а в 1917 г. был избран действительным членом Российской Академии наук. Как ключевая фигура социально‐экономического направления античной историографии в России, Ростовцев был вовлечен в знаменитую дискуссию по вопросу о месте, которое занимала античная экономика в общей экономической истории человечества. Он представлял, как и еще одно главное действующее лицо дискуссии, Эдуард Мейер, модернистскую точку зрения на развитие экономики в античности2 . Однако еще до того, как состоялось знакомство Ростовцева и Мейера, русский ученый поддерживал целый ряд контактов с другими представителями немецкой науки. Изучение связей Ростовцева и немецких «античников» с конца XIX в. по 1920‑е годы дает возможность охарактеризовать эволюцию российско‐немецких научных 1

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Ср.: Rostovtzeff M. The Social and Economic History of the Roman Empire. Oxford, 1926; Rostovtzeff M. The Social and Economic History of the Hellenistic World. 3 vol. Oxford, 1941. См. подробно: Finley M. I. The Ancient Economy. Berkeley, 1973; Finley M. I. (ed.). The BücherMeyer Controversy. New York, 1979; Schneider H. Die Bücher-Meyer Kontroverse // Eduard Meyer: Leben und Leistung eines Universalhistorikers / W. M. Calder III, A. Demandt (Hrsg.). Leiden u. a., 1990. S. 417–445; Tschirner M. Moses I. Finley: Studien zu Leben, Werk und Rezeption. Marburg, 1994. S. 37–94, 136–167.

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контактов в течение трех десятилетий. На этом примере становится очевидной трансформация научного обмена в контексте поворотных политических событий этого времени. В случае с Михаилом Ростовцевым можно проследить следующую линию развития. Традиции Российской империи в целом и семьи историка античности в частности, а также его первые личные встречи с немецкими учеными стали основой для интенсивных научных контактов Ростовцева уже в самом начале его научной карьеры. Благодаря научным достижениям Ростовцева отношения между ним и немецкими историками, которые поначалу были отношениями ученика и учителей, постепенно превратились в отношения равноправных ученых. Это, в свою очередь, оказало позитивное воздействие на позицию, которую российская историческая наука занимала в мире. Однако Первая мировая война положила конец тесной совместной работе немецких и русских исследователей. Последовавшие политические события отодвинули международное сотрудничество ученых на задний план во всей Европе. И только в период между двумя мировыми войнами стало возможным постепенное восстановление нарушенных контактов. Исследуемый период времени поделен в настоящем обзоре на три отрезка. Они отображают самые важные этапы отношений Ростовцева с немецкими учеными, а также позволяют нарисовать более дифференцированную картину намеченных выше тенденций развития.

1 1890‑е – 1914 гг. Ростовцев вырос в семье классического филолога, который занимал ведущие позиции в системе образования Российской империи во второй половине XIX столетия. Во время своей службы в Киевском учебном округе, Иван Ростовцев предпринял целый ряд поездок за границу с целью более близкого ознакомления со школьными учреждениями Германии. Отец будущего историка античности был сторонником заимствования прусской образовательной системы, в том числе и классической гимназии. Таким образом, многоязычие наложило свой отпечаток на детский и юношеский мир Михаила Ростовцева: наряду с древнегреческим и латынью немецкий язык был в его семье обыденным явлением. Мать Ростовцева даже преподавала немецкий язык в оренбургской гимназии. После того, как Михаил Ростовцев, – также как его дед и отец – получил классическое гимназическое образование, в 1888 г. он начал изучать античность – сначала в Киеве, а спустя два года – в Санкт‐Петербурге. Столичный Санкт‐Петербургский университет был важнейшим научно‐исследовательским центром России. При этом влияние немецкой науки на развитие петербургской исторической школы было несомненным. Русская античная школа даже рассматривается в своих истоках как «побочная ветвь немецкой классической филологии»3 . Дефицит отечественных ученых вынуждал российское правительство приглашать ученых из-за границы, прежде все-

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Фролов Э.Д. Традиции классицизма и петербургское антиковедение // Проблемы истории, философии и культуры. 2000. № 8. С. 74.

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го из Германии. По этой причине как первые члены Российской Академии наук, основанной в Санкт‐Петербурге в 1725 г., так и первые ученые – «античники» России были исключительно иностранцами. Поскольку именно университеты Западной Европы послужили образцом для высших учебных заведений России, стажировка молодых русских ученых за границей стала, начиная с 1860‑х годов, широко распространенным явлением. Две первых зарубежных поездки Ростовцева в 1893 г. и в 1895–1898 гг. были очень важными для карьеры историка античности. Главной целью его пребывания за границей в 1893 г. были Помпеи. Спустя несколько месяцев уже завязались первые контакты Ростовцева с немецкими историками, в том числе с Августом Мау, Вальтером Амелунгом и Христианом Хюльзеном. В течение своей второй зарубежной поездки, протекавшей с 1895 по 1898 гг., русский историк сумел существенно повысить свою научную компетентность, а также расширить и интенсифицировать знакомство с ведущими западноевропейскими историками. В Италии Ростовцев тесно работал вместе с сотрудниками Германского археологического института. Начиная с 1896 г., его статьи регулярно публиковались в «Сообщениях» института, а уже в 1898 г. Ростовцев был назначен его членом‐корреспондентом4 . Научные успехи за границей, а также его знакомство с зарубежными учеными оказали непосредственное влияние на научную карьеру Ростовцева на родине. В 1899 г., на основании его магистерского сочинения о системе государственного откупа в Римской империи, он стал приват‐доцентом, а после защиты докторской диссертации о римских свинцовых тессерах в 1903 г. был избран экстраординарным профессором Санкт‐Петербургского университета по кафедре древней истории и классической филологии5 . Если же говорить о библиографии Ростовцева в период между 1894 и 1914 гг., то нет никакого сомнения в том, что немецкий был для него наиболее употребимым иностранным языком6 . Это требовало превосходного владения немецким и подчеркивает то место, которое занимала тогда немецкая историческая наука и те возможности, которая она открывала иностранным историкам. Русский историк античности, который конечно же все это осознавал, придавал огромное значение научному об-

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Ср.: Rostowzew M. Anabolicum // Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts (Römische Abteilung). 1896. Nr. 11. S. 317–321; Rostowzew M. ʼΑποϭτολιον // Там же. 1897. Nr. 12. S. 75–81; Rostowzew M. Das Patrimonium und die Ratio Thesaurorum // Там же. 1898. Nr. 13. S. 108–123. Ср.: Ростовцев М.И. История государственного откупа в Римской империи (от Августа до Диоклетиана). СПб., 1899; Ростовцев М.И. Римские свинцовые тессеры. СПб., 1903. Ростовцев за время между 1895 и 1914 гг. написал на немецком языке вдвое больше статей, чем на итальянском, французском и английском языках вместе взятых. Ср.: Welles C. B. Bibliography – M. Rostovtzeff // Historia. 1956. Bd. 5. H. 3. P. 358–381; Gilliam J. F. Addenda to the Bibliography of M. I. Rostovtzeff // Там же. 1987. Bd. 36. H. 1. P. 1–8; Andreau J. Introduction, chronologie, bibliographie // Histoire économique et sociale de lʼEmpire romain / M. Rostovtseff. Paris, 1988. P.I–LXXXIV, 645–675; так же // Histoire économique et sociale du monde hellénistique / M. Rostovtseff. Paris, 1989. P. I–XXIX, 1273–1303.

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мену с немецкими коллегами. Посредством формальной и неформальной научной коммуникации Ростовцев делал достоянием мировой научной общественности как свои собственные исследования, так и достижения российской историографии античности. Оживленная и доверительная переписка Ростовцева до 1914 г. свидетельствует о его интенсивном сотрудничестве с немецкими историками, с которыми он познакомился еще во время своих образовательных поездок в конце XIX века. Благодаря этому научному обмену, на немецком языке были опубликованы в том числе наиболее значительные работы «античника», которые сначала увидели свет на родном языке автора. Ростовцев отправлял русскоязычные оригиналы своим немецким коллегам, которые, не зная русского языка, испытывали «танталовы муки»7 после получения книг. Побуждаемые заявленными темами, сопроводительным иллюстративным материалом, и, не в последнюю очередь, научной репутацией автора, немецкие коллеги организовали публикацию трудов Ростовцева в переводе на немецкий, чтобы они «не были потеряны для более широких кругов»8 . Таким образом, в Германии вышли в свет магистерская и докторская диссертации Ростовцева, а также его исследование эллинистической и римской архитектуры, напечатанное в России в 1908 г. Все эти труды были опубликованы спустя два–три года в специализированных немецких журналах, пользующихся хорошей репутацией9 . Помимо этого, Ростовцев придавал большое значение личным контактам между специалистами. Хорошую возможность поддерживать такие связи давали международные встречи ученых. Между 1903 и 1913 гг. он принял участие в шести интернациональных конгрессах. Постепенное сближение между немцами, занимавшими ведущую позицию в изучении античности, и русским историком привело в конечном итоге к тому, что Санкт‐Петербург был выбран местом проведения очередного международного конгресса, а также к решению, ввести русский язык в качестве дополнительного на конференциях по истории античности. Большую роль для немецких ученых при этом сыграли научный авторитет Ростовцева, а также его разнообразная деятельность. В конечном итоге русский «античник» стал одним из главных организаторов международного конгресса историков, проведение которого было запланировано на 1918 г. в столице Российской империи. Конечно же, не было совпадением и то, что предложение, сделать родной язык Ростовцева пятым языком конгресса, исходило от Ульриха фон Милавомица‐Мёллендорфа (1848–1931), который вместе с Эд. Мейером (1855–1930) незадолго до начала мировой войны стал одним из ближайших немецких коллег русского историка.

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Г. Виссовa – М. Ростовцеву, 27 дек. 1908 г. Российский государственный исторический архив (РГИА). Ф. 1041. Оп. 1. Д. 128. В. Амелунг – М. Ростовцеву, 16 янв. 1909 г. Там же. Д. 127. Ср.: Rostowzew M. Geschichte der Staatspacht in der römischen Kaiserzeit bis Diokletian. Leipzig, 1902 (= Philologus, Ergänzungsbd. 9); Rostowzew M. Römische Bleitesserae: Ein Beitrag zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der römischen Kaiserzeit. Leipzig, 1905 (= Klio, Beiheft III); Rostowzew M. Die Hellenistisch‐roemische Architekturlandschaft. Rom, 1911 (= Roemische Mitteilungen, 1–2).

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В 1914 г. Михаил Ростовцев был избран членом‐корреспондентом Прусской академии наук, что следует расценивать как пик его международной научной карьеры до 1918 года. В предложении об его избрании даже Эд. Мейер постулировал ведущее место Ростовцева «среди ученых России, которые в течение последних двух десятилетий всячески способствовали своей неутомимой деятельностью и своей строго научной работой дальнейшему развитию истории античности»10 . При этом Ростовцев отличался своей образцовой работой «не только в России, но и как минимум в той же мере в германских университетах, пребывая в неразрывном теснейшем контакте с немецкой наукой»11 . Летом 1914 г. Ростовцев отправился в Берлин для торжественного вручения диплома члена академии. Это не было единственной целью его поездки: речь также шла о международном проекте, в рамках которого Ростовцев должен был представлять группу русских авторов. Свое последнее довоенное пребывание в Германии он описал следующим образом: Вижу себя в Берлине, летом 1914 г., на пороге Великой войны. Я приехал в Германию после месяцев тяжелой работы в Петербурге, чтобы повидаться с моими немецкими друзьями и обсудить с ними проект написания всемирной экономической истории. Мы спокойно обговорили все детали предстоявшей работы и подписали контракт с издателями. К своему удивлению, я нашел в контракте странный пункт: «Действие контракта будет приостановлено в случае войны на весь период военных действий». Удивленный, я посмотрел на коллег, и получил ответ: «Не беспокойтесь, этот пункт теперь включен во все контракты, заключающиеся в Германии». Это прозвучало настораживающе, но я обнаружил еще более пугающий факт, когда вышел наружу – улицы были покрыты белыми листами бумаги, как будто снежным зимним днем. В этот день был предъявлен ультиматум Сербии. В тот же вечер в большом ресторане в Берлине я видел немецких офицеров в парадной форме, пьющих шампанское, кричащих и поющих «Стража на Рейне», и «Германия, Германия превыше всего»12 .

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Предложение об избрании Ростовцева от 30 апр. 1914 г. Опубл.: Die Altertumswissenschaften an der Berliner Akademie: Wahlvorschläge zur Aufnahme von Mitglied von F. A. Wolf bis zu G. Rodenwaldt, 1799–1932 / C. Kirsten ( Hrsg.). Berlin, 1985, S. 158–159 (док. 58). Там же. «I see myself in Berlin in the summer of 1914, on the eve of the great war. I came to Germany after some months of hard work in Petersburg to see some of my German friends and to discuss with them the project of an economic history of the world. Quietly we went over all the features of the proposed work, and after discussion signed a contract with the publishers. To my great surprise I found in the contract an odd clause, “this contract to be suspended in the case of war for the duration of the war.” Surprised at the clause I looked at my colleagues and got the answer, “don’t you worry; it is a clause which is regular in all contracts now signed in Germany.” It sounded alarming, but still more alarming was the fact that when I left the meeting I found the streets covered with white sheets of printed paper, as if it were a snowy winter day. It was the Serbia ultimatum. The same evening in a big restaurant of Berlin I saw the German officers in high uniform, drinking champagne, shouting and singing Wacht am Rhein and Deutschland, Deutschland über alles». См.: Rostovtzeff M. Adventures of a College Professor. Duke University Archives, David M. Rubenstein Rare Book and Manuscript Library. 1930er-Jahre. Bl. 1–2.

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2 Первая мировая война Первая мировая война стала важной вехой на жизненном пути Ростовцева не только по причине ее воздействия на внутриполитическую ситуацию в России. Тесные и дружеские связи с немецкими учеными, равно как и усилия Ростовцева, направленные на международное научное признание российской античной школы, наложили на его участие в войне сильный личный отпечаток. Историк древности, который занял сугубо патриотическую позицию, принял активное участие в противостоянии, развернувшемся между интеллектуалами воюющих стран, которое вошло в историю как «война умов»13 . Участие Ростовцева выразилось как в подписании коллективных петиций русских ученых, так и написании статей, в которых мировая война анализировалась в исторической перспективе, а также оценивались околовоенная деятельность и высказывания его немецких коллег. В начале октября 1914 г. немецкие писатели и ученые в своем воззвании «К культурному миру» протестовали против обвинения Германии в развязывании войны14 . Среди 93 именитых деятелей культуры и науки, подписавших это воззвание, были также друзья Ростовцева – У. фон Виламовиц‐Мёллендорф и Эд. Мейер. Особенно оскорбительными российские интеллектуальные круги восприняли пассажи о России, в которых оспаривалась ее принадлежность к европейской цивилизации. Вслед за этим в московской либеральной газете «Русские ведомости» было опубликовано обращение к «Родине и всему миру»15 , которое в том числе подписали Максим Горький, Иван Бунин и Михаил Ростовцев. В обращении делался акцент на военных преступлениях Германии и высказывалось сожаление по поводу поддержки германского милитаризма со стороны немецких ученых. В своих исторических работах 1915 года Ростовцев предпринял попытку, осмыслить современную ситуацию посредством анализа эволюционных процессов античности. В содержательной работе «Национальное и мировое государство»16 он подчеркнул значение Первой мировой войны как эпохального события и подверг основательному анализу отдельные фазы всемирного исторического эволюционного процесса. Цель Ростовцева заключалась в том, чтобы выяснить, какая государственная модель будет доминировать в будущем. В участниках современной войны он видел прямых наследников античного духа – Италию, Англию и Францию, сражавшихся против Германии как носителя идеи мирового государства. Автор пришел к выводу, что в будущем не будет места мировому господству или господству отдельной в мире. В то же время Ростовцев предостерегал от проведения слишком очевидных парал-

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Ср.: Kellermann H. Der Krieg der Geister: Eine Auslese deutscher und ausländischer Stimmen zum Weltkriege 1914. Dresden, 1915. Ср. в т.ч.: Ungern‐Sternberg J., Ungern‐Sternberg W. Der Aufruf «An die Kulturwelt!»: Das Manifest der 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Frankfurt a. M., 2013. От писателей, художников и артистов // Русские ведомости. 28 сент. 1914 г. С. 6. Ср.: Ростовцев М. Национальное и мировое государство. М., 1915, также опубл.: Русская мысль. 1915. № 10. С. 19–32.

Михаил Ростовцев и его научные связи с немецкими учеными

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лелей между античностью и современностью с целью оправдать свою собственную позицию в настоящей войне или предрекать ее возможный исход. В начале 1916 г. Ростовцев критически выступил в адрес военной публицистики своих немецких коллег Эд. Мейера и У. фон Виламовица‐Мёллендорфа. Наряду с личным знакомством, для реакции Ростовцева определяющей стала, без сомнения, та роль, которую оба берлинских профессора играли в немецкой военной пропаганде. Ведь как Мейер, так и фон Виламовиц‐Мёллендорф относились, будучи инициаторами многочисленных политических акций, к числу наиболее заметных действующих лиц, принимавших участие в обострившемся противостоянии ученых воюющих стран. В кадетской газете «Речь» одна за другой были опубликованы острые рецензии Ростовцева на книгу «Англия» Эд. Мейера и три тома «Речей военного времени» фон Виламовица‐Мёллендорфа17 . В этих эмоциональных рецензиях Ростовцев сначала указал на научный авторитет обоих немецких историков и описал связанные с этим ожидания объективного, исторически фундированного, анализа войны. Книга Эд. Мейера об Англии являлась в глазах Ростовцева среднестатистическим шовинистским памфлетом, что было для него доказательством милитаризации интеллекта в Германии в целом и подчинения этого немецкого ученого политической государственной пропаганде – в особенности. К такому же выводу Ростовцев пришел после своего ознакомления с военными речами фон Виламовица‐Мёллендорфа. В обоих случаях Ростовцев с горечью высказывал сожаление по поводу непризнания принадлежности России немецкими учеными к европейскому культурному миру. Он был убежден, что победа Германии неумолимо повлечет за собой гибель Европы. Напротив, победа союзников плечом к плечу с Россией должна была обеспечить прогресс на пути славянского и романского ренессанса. Война привела к крушению глобальной научной системы, которая выстраивалась в течении десятилетий. Поскольку Германия традиционно была для России главным партнером в сфере науки, российская научная сфера подлежала коренной перестройке. Ростовцев не отрицал ведущей позиции Германии в области науки до 1914 г., однако полагал, что полное восстановление прежних международных научных отношений теперь невозможно. По этой причине он выступал за альянс государств‐союзников, который после окончания войны должен был поставить под вопрос научную гегемонию Германии. Русский историк античности принимал участие в мероприятиях, направленных на интенсификацию сотрудничества союзников, таких как заседания англо‐российского общества, а также деятельность Французского института в Петрограде. В первую очередь для него было важным, чтобы Россия заняла подобающее место в послевоенном научном мире.

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Ср.: Wilamowitz‐Moellendorff U. v. Reden aus der Kriegszeit. Berlin, 1915; Meyer Ed. England: Seine staatliche und politische Entwicklung und der Krieg gegen Deutschland. Stuttgart; Berlin, 1915; Ростовцев М. Историк древности об Англии в великой войне // Речь. 11 янв. 1916 г. С. 2; Ростовцев М. Из германской военной литературы // Там же. 6 февр. 1916 г. С. 2–3.

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3 После 1917 г. В течение 1917 года – года революций, внимание Ростовцева было полностью сосредоточено на политическом кризисе в его собственной стране. Растущая большевистская угроза вынудила его принимать более активное участие в деятельности кадетской партии. В конечном итоге Ростовцев стал одним из активных противников большевизма. После Октябрьского переворота и последовавших за ним восьми месяцев его жизни, а лучше сказать выживания, под властью большевиков, он принял решение покинуть Россию. Последовали годы скитания по Европе (1918–1920), которые были отмечены для Ростовцева активной антибольшевистской деятельностью, а также поиском достойного места работы, связанного с наукой. Его ожесточение по поводу роли, которую сыграли в мировой войне его немецкие коллеги, а также роли самой Германии в успехе большевистской пропаганды, привело к тому, что изгнанный ученый никогда не рассматривал Германию как новое место проживания и работы. В конце концов он сначала отправился в Англию, а потом – в США. После получения места профессора в университете Висконсин в 1920 г. Ростовцев начал выстраивать свою жизнь в Америке и с новыми силами посвятил себя научной деятельности. Вскоре вслед за этим последовало восстановление контактов историка античности с его прежними друзьями из Германии. Об этих возобновленных связях в форме обмена научной литературой и взаимных посещений мы знаем из сохранившейся переписки Ростовцева с немецкими коллегами18 . Письмо профессора классической филологии университета Галле Отто Керна (1863–1942), написанное Ростовцеву в мае 1921 г., является хорошим примером научного обмена между немецкими коллегами и их русским партнером после Первой мировой войны. Немецкий филолог и русский историк‐античник познакомились вероятно еще в конце XIX – начале XX столетия. Теперь же прерванное общение было восстановлено благодаря помощи их старого друга, историка античности и папиролога Ульриха Вилькена (1862–1944). В своем письме Керн благодарил Ростовцева за отправку научной статьи и просил о продолжении переписки19 . Личная встреча с сотрудниками Германского археологического института в Риме последовала летом 1923 г., во время посещения Ростовцевым Италии. Его впечатления от этой поездки, а также от «своих здешних коллег, особенно немцев»20 , были опубликованы в том же году в одной из русских эмигрантских газет. Кроме того, в 1923 г. Ростовцев написал две рецензии на труды одного немецкого и одного австрийского коллеги, опубликовав их в англоязычном «The Journal of Roman Studies»21 .

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Ср. в т.ч.: Rostovtzeffs Briefwechsel mit deutschsprachigen Altertumswissenschaftlern / G. Kreucher (Hrsg.). Wiesbaden, 2005. Ср.: O. Kern an M. Rostovtzeff, 19. Mai 1921 // Там же. S. 184. Ростовцев М. Мистический Рим // Звено. 1923. № 21. S. 2, цит. по: Парфянский выстрел / Г. Бонгард-Левин (ред.). M., 2003. С. 649. Ср.: Rostovtzeff M. Die Kunst des Altertums. Von Anton Springer. 12. Aufl., bearb. v. Paul Wolters. Leipzig, 1923 // The Journal of Roman Studies. 1923. Vol. 13. P. 198–200; Rostovtzeff M. Die

Михаил Ростовцев и его научные связи с немецкими учеными

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В 1926 г. в свет вышла фундаментальная монография Ростовцева «The Social and Economic History of the Roman Empire»22 . Во введении автор выразил свою благодарность ряду иностранных ученых. Длинный перечень включал в себя также имена немецких историков, что может служить доказательством того, писал Ростовцев, «насколько мало катастрофа войны и революции подорвала международную солидарность ученых» («how little the disasters of war and revolution have impaired the international solidarity of scholars»)23 . Ульрих фон Виламовиц‐Мёллендорф, заклятый враг Ростовцева в «войне умов», был «глубочайше впечатлен» после прочтения нескольких глав, посвященных социальной и экономической истории Римской империи24 , и послал в итоге автору восторженное письмо, в котором сравнил научные достижения русского историка с достижениями своего тестя, Теодора Моммзена. После этого оба историка вели регулярную переписку, и немецкий классический филолог высоко это ценил: Я так многим Вам обязан и очень ценю наши отношения, которым уже больше 30 лет. Когда я повстречал Вас в Риме, я правильно угадал, что Вы предназначены для великих дел25 .

В конце 1920‑х годов русский античник начал в том числе совершать поездки в Германию. Он говорил о «большой чести и большой радости»26 , когда 2 июля 1929 г. принял участие в заседании Археологического общества в Берлине, а потом гостил в доме У. Вилькена27 . Спустя год, во время очередной поездки в Германию, он вновь встретился с некоторыми из своих старых друзей. В том числе Ростовцев вместе с женой посетили немецкого филолога Фридриха Мюнцера (1848–1942), которого эта встреча крайне растрогала: ‹…› Это действительно честь для меня, поблагодарить Тебя, ведь идея увидеться исходила от Тебя. И именно Ты, после разрыва всех старых связей во время войны положил, благодаря Твоим ценным посылккам [литературы], начало их возобновлению28 .

И все же некоторые отношения, разрушенные войной, оказались разрушенными навсегда. Например, в случае с Эд. Мейером примирения так и не произошло, разорванные контакты между ним и Ростовцевым не были восстановлены даже после

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römischen Grabsteine von Noricum und Pannonien von Arnold Schober. Wien, 1923 // Там же. P. 205–207. См. сноску 1. Rostovtzeff M. The Social and Economic History of the Roman Empire. P. XV. U. von Wilamowitz‐Moellendorff an M. Rostovtzeff, 9. Juni 1926 // W. M. Calder III. The later Letters of Ulrich von Wilamowitz‐Moellendorff to Michael I. Rostovzev // Philologus. 1990. Bd. 134. S. 250. Там же. S. 252. Доклад Ростовцева 2 июля 1929 г. // Archäologischer Anzeiger. 1929. Nr. 44. Spl. 431. Ulrich Wilcken an M. Rostovtzeff, 5. Aug. 1929 // Kreucher G. (Hrsg.). Rostovtzeffs Briefwechsel mit deutschsprachigen Altertumswissenschaftlern. S. 60–61. F. Münzer an M. Rostovtzeff, 14. Juni 1930 // Там же. S. 92.

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войны. Это было обусловлено не только радикальной политической позицией, которую Мейер занимал во время войны, но и, без сомнения, отношением Мейера к родине Ростовцева в послевоенное время. Посещения Мейером Советского Союза (1925, 1928) и его высказывания об «огромном значении личности Ленина»29 , который, со времен Бисмарка, вероятно является «единственным»30 человеком, который «заслужил называться государственным деятелем в полном смысле этого слова»31 , сделали для обоих ученых примирение невозможным. Авторитет русского античника был в послевоенной Германии настолько высоким, что слухи о его возможной профессуре в Берлине циркулировали повсеместно. В России это выглядело так: «Эдуард Мейер, по слухам, завещал Ростовцеву свою кафедру, но немецкие ученые отказались утвердить на ней воинствующего врага пангерманизма»32 . Американский папиролог У.Л. Уэстерман (1873–1954) писал Ростовцеву в 1929, что он слышал, что тому предложена профессура в Берлине33 . Годом позже У. Вилькен доверительно спрашивал Ростовцева, может ли он представить себе, «занять старое профессорское место Моммзена и Хиршфельда»34 . Как ответ Ростовцева, так и подоплека этой истории остаются неизвестными. Зато совершенно бесспорным является тот факт, что Ростовцев со своей инициативой межвоенного времени – инициативой возобновления научных связей между бывшими врагами – дал ясный сигнал международному научному сотрудничеству, невзирая на политическую враждебность. Поскольку русский эмигрант олицетворял собой как достижения российской дореволюционной науки, так и европейской истории античности в целом, он стал важной составной частью восстановления глобальной научной системы. Это было в определенном отношении логично и, конечно же, стало возможным только тогда, когда Ростовцев обрел определенную безопасность и стабильность благодаря эмиграции. Теперь, в отличие от ряда своих друзей и коллег, оставшихся в Советской России, он не должен был бояться за свою жизнь, равно как и ограничивать свои научные исследования под давлением последствий войны (как это было в случае с немецкими учеными, страдавшими под тяжестью репарационных выплат). Напротив, русский историк пережил, благодаря благоприятным условиям научной деятельности, настоящий профессиональный взлет, заслуживающий внимания. Когда в 1941 г. был опубликован его последний большой труд – «The Social and Economic History of the Hellenistic World», – высочайший авторитет 71‑летнего античника был признан во всем мире. Все эти годы Ростовцев высоко ценил научный обмен, не в последнюю очередь с немецкими коллегами, и заботился о том, чтобы он не прерывался и в будущем. 29

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Meyer Ed. Das neue Rußland: Eindrücke von der Jubiläumsfeier der Russischen Akademie der Wissenschaften // Deutsche Rundschau. 1925. Nr. 52. S. 106. Там же. Там же. Анциферов Н. Из дум о былом. М., 1992. С. 162. Письмо У. Уэстермана – М. Ростовцеву, 28 февр. 1929 г. // Скифский роман / Г. Бонгард-Леви (ред.). M., 1997. С. 349. U. Wilcken an M. Rostovtzeff, 30. Nov. 1930 // Kreucher G. (Hrsg.). Rostovtzeffs Briefwechsel mit deutschsprachigen Altertumswissenschaftlern. S. 65.

Лилия Ведель Культурный трансфер и потребительская культура через призму рекламы в Российской империи: 1870–1914 гг. Данная статья впервые рассматривает рекламу как источник для реконструкции и изучения культурного трансфера в контексте российско‐западноевропейских взаимосвязей с 1870 по 1914 год. Параллельно на примере рекламы затрагивается потребительская культура в российской общественности в данной период. Отметим, что значению рекламы для потребительской культуры, как и самой истории рекламы и ее инструментам в Российской империи посвятили свое внимание российские публицисты, журналисты, экономисты и художники еще в конце XIX – начале XX века1 . За последние два десятилетия рекламным делом в царской и советской России вновь заинтересовались российские экономисты, историки, журналисты, искусствоведы, а также зарубежные историки2 . Учитывая же очевидное влияние рекламы на культуру потребления, как и роль рекламы в глобализации потребительской культуры и в культурном трансфере в со-

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См., напр.: Плиский Н. Реклама: Ее значение, происхождение и история. СПб., 1894; Асс А. Россия в картинках. Одесса, 1902; Веригин А. Русская реклама. СПб., 1898. Среди русскоязычных работ новейшего времени стоит отметить монографии, представленные в основном искусствоведами: Глинтерник Э.М. Реклама в России XVIII – первой половины XX века: Опыт иллюстрированных очерков. СПб., 2007; Савельева О.O. Живая история российской рекламы. Москва, 2004; Сазиков А., Виноградова Т. Наружная реклама Москвы: История, типология, документы. Москва, 2013; Золотинкина И., Климова Е. Рекламный плакат в России: 1900–1920‑е. СПб., 2010. Историю столичной рекламы представила Наталья Карась. См.: Карась Н.М. Увлекательный мир московской рекламы XIX – начала XX века. М., 1996. Среди зарубежных специалистов см.: Häfner L. Medienpräsenz: Reklame im ausgehenden Zarenreich // Unternehmer im Russischen Reich: Sozialprofil, Symbolwelten, Integrationsstrategien im 19. und frühen 20. Jahrhundert / J. Gebhard, R. Lindner, B. Pietrow‐Ennker (Hrsg.). Osnabrück, 2006. S. 265–292; Hilton M. Selling to the Masses: Retailing in Russia, 1880–1930. Pittsburgh, 2012; Kelly C. Creating a Consumer: Advertising and Commercialization // Russian Cultural Studies: An Introduction / C. Kelly, D. Shepherd (eds.). Oxford, 1998. P. 223–244. West S. I shop in Moscow: Advertising and the Creation of Consumer Culture in Late Tsarist Russia. DeKalb, 2011. West S. Smokescreens: Tobacco Manufacturers’ Projections of Class and Gender in Late Imperial Russian Advertising // Tobacco in Russian History and Culture: From the Seventeenth Century to the Present / M. P. Romaniello, T. Starks (eds.). New York; London, 2009. P. 102–119; West S. The Material Promised Land: Advertising’s Modern Agenda in Late Imperial Russia // Russian Review. 1998. Vol. 57. No. 3. P. 345–363.

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временном мире, уместно на примере рекламы исследовать эти феномены в их историческом развитии на межрегиональном уровне, в данном случае в разных регионах Российской империи. В свою очередь такая перспектива требует анализа на стыке нескольких дисциплин как для более полного описания российской истории экономики и истории российско‐западноевропейских связей3 , так и, в перспективе дальнейшего изучения на транснациональном уровне, для лучшего понимания актуальных проблем и процессов, связанных с рекламой.

Краткий обзор рекламного дела с середины XIX века (российские тенденции) Говоря об историческом развитии рекламы подчеркнем, что начиная с середины 1860‑х годов реклама становится одним из важнейших инструментов государственной и предпринимательской политики потребительской культуры. На территории Российской империи начало этого явления было ознаменовано как зарождающимися изменениями в государстве и обществе вследствие реформ 1860‑х годов (прежде всего вследствие крестьянской реформы 1861 года), а также предпринимательским бумом на фоне растущей индустриализации и развитием инфраструктуры средств массовой информации4 , так и изменениями непосредственно в российском рекламном деле. Так, понятие рекламы в ее сегодняшнем понимании получило широкое распространение в 1860‑х годах5 . В последующие десятилетия в Российской империи, как и в государствах западной Европы развивалась современная бизнес‐реклама – детище индустриализации с ее массовым производством6 . При этом изменилась сущность рекламы в сравнении с рекламой доиндустриальной. С 1870‑х годов реклама ориентировалась на высокую конкурентоспособность, на новые информационные формы и на бóльшую прибыль. Согласно настоящим исследованиям, стадия 3

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Данную тему необходимо исследовать на стыке нескольких (суб)дисциплин, а именно истории экономики и истории внешней политики, материальной культуры (Material culture) и визуальной культуры (Visual culture), а также культурологии и истории ментальностей. Такой междисциплинарный подход является перспективным не только на методологическом уровне, но и в смысле возможности формулировки каталога вопросов, ответы на которые позволят показать историю потребительской культуры; главными методами при этом являются сравнительный анализ рекламы в разных регионах Российской империи и анализ трансфера культуры, знаний и идей через призму рекламы. Важным шагом в этом направлении были принятые правительством т.н. «Временные правила о печати» (1865 г.), позволявшие развивать частный газетный бизнес. Галанин С.Ф. Российская реклама во второй половине XIX века и ее правовые основы // Проблемы современной экономики. 2004. № 3 (11). URL: http://www.m-economy.ru/art.php? nArtId=514 Ср.: Borscheid P. Am Anfang war das Wort: Die Wirtschaftswerbung beginnt mit der Zeitungsannonce // Bilderwelt des Alltags: Werbung in der Konsumgesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts: Festschrift für H. J. Teuteberg / P. Borscheid, C. Wischermann (Hrsg.). Stuttgart, 1995. S. 20–43, здесь S. 24 (= Studien zur Geschichte des Alltags. Bd. 13). См. также: Ученова В. Реклама в истории человечества // Наука и жизнь. 2002. № 12. S. 60–67.

Культурный трансфер и потребительская культура через призму рекламы 1870–1914 гг. 145

зарождения рекламы как культуры выпадает на десятилетия между 1850 и 1890 годами. К началу XX века она стала транслировать, выражаясь современным языком, и политические вопросы, и социальные темы в общественность. При этом реклама сохраняла свои первоначальные функции, т.е. экономическую и просветительскую. До момента основания рекламных агентств7 в конце 70‑х годов XIX века и развития новых форм (напр. плакатов)8 , реклама осуществлялась преимущественно в печатной форме в газетах и журналах. Различные рекламные формы и техники демонстрируют разное понимание необходимых инструментов для стимуляции спроса на рекламируемые продукты и определенную психологию производителей и рекламодателей относительно целевых групп9 . Позднее, в 1894 году, русский автор Нилолай Плиский отмечал в своей работе «Реклама: Ее значение, происхождение и история», что заказчики и оформители имели представление, кто и какие товары будет покупать. При этом заметим, что для определения реальной покупательской способности и спроса среди населения необходимо среди прочего противопоставить заработные платы и цены на различные продукты и услуги. Параллельно необходимо противопоставить цены на импортные и местные товары. Реклама в Российской империи последней трети XIX – начала XX века представляет наряду с местными продуктами широкий ассортимент зарубежной продукции и услуг. В первую очередь этот факт подтверждает интенсивный товарооборот на 7

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Считается, что первое рекламное агентство в России было основано братьями Людвигом и Эрнстом Метцель в 1878 году. Его сотрудники формулировали слоганы, переводили информацию о зарубежных товарах и услугах на русский язык и работали над оформлением рекламных текстов и изображений. Цветные плакаты утвердились как новая форма рекламы к началу XX века. Некоторые производители и предприниматели, владельцы магазинов, ресторанов и питейных заведений, торговых домов и аптек пользовались услугами свободных художников. Очковская М. Реклама в царской России во второй половине XIX – начале XX вв.: поиск национальной специфики // Реклама. Теория и практика. 2014. № 1. С. 2–22, здесь С. 10. Как показали специалисты по культурологии Клаус Вашик и Нина Бабурина в своем исследовании искусства русского плаката, некоторые русские художники‐оформители рекламы перенимали во время путешествий определенные техники иностранных реклам; а иногда российские предприниматели давали заказ на оформления рекламы иностранным художникам. Вашик К., Бабурина Н. Искусство русского плаката XX века: Реальность утопии. Москва, 2013. Надо также отметить, что реклама с картинками была предпочтительней не без причин. Такая реклама могла очень быстро вызвать эмоции, ассоциации, любопытство и фантазии. Ср.: Stark S. Stilwandel von Zeitschriften und Zeitschriftenwerbung. Heidelberg, 1992. S. 67–68. См. также: Reinhardt D. Vom Intelligenzblatt zum Satellitenfernsehen: Stufen der Werbung als Stufen der Gesellschaft // Borscheid P., Wischermann C. (Hrsg.). Bilderwelt des Alltags. S. 48. Торговые дома, товарные склады и фирмы размещали свою рекламу очень креативно и в больших масштабах (напр., на фасадах своих домов, в витринах, на общественных рекламных столбах и на самой продукции). Как замечают современные экономисты, определенная реклама наглядно демонстрирует, что коммерческое понимание психологии потенциальных потребителей не в последнюю очередь связано с пониманием их эстетической специфики и традиционных предпочтений. См., напр.: Очковская М. Реклама в царской России во второй половине XIX – начале XX вв. С. 18, 20.

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транснациональном уровне. Главенствующую роль во внешнеторговом партнерстве с Российской империей на исходе XIX столетия играла, как известно, Германия, потеснившая Англию10 . Но наступивший 1914 год изменил эту ситуацию, став переломным моментом и для рекламного бизнеса. Начало Первой мировой войны, военные и первые послевоенные годы оказали непосредственное влияние на межэкономические и межкультурные отношения на интернациональном уровне. Прежде всего, как известно, товары и услуги немецких предпринимателей и производителей больше не могли распространяться на территории Российской империи11 . Под немецкой рекламой подразумевается реклама товаров и услуг как импортированной германской продукции, так и продукции производителей и предпринимателей немецкого происхождения, проживавших на территории Российской империи. При этом, как верно отмечает российский историк О. Ерохина в статье, посвященной германскому капиталу в российской экономике конца XIX – начала XX столетия, «провести четкую грань между германской фирмой, действовавшей в России, и выросшим на местной почве предприятием, основателем которого был выходец из Германии, не всегда возможно»12 .

Роль рекламы в культурном трансфере и трансформация в потребительской культуре через трансфер На данном этапе автор интересуется, в какой степени через рекламу помимо материального трансфера происходил культурный трансфер в Российскую империю и на территории самой империи, например, из центральных российских губерний на Кавказ и в Центральную Азию. Другими словами, какую смысловую нагрузку несла реклама помимо материальной ценности рекламируемых продуктов и услуг? В какой мере трансфер через рекламу влиял на феномен потребления в разных регионах? И какую роль при этом наряду с ценой играли такие дополнительные факторы, как обычаи и привычки в местной культуре питания, в культуре гигиены или в развлекательной культуре?

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Дударев В. Внешняя политика Германии накануне Первой мировой войны // Первая мировая война: Россия и Германия в европейском контексте: Сообщения Совместной комиссии по изучению новейшей истории российско‐германских отношений / А. Чубарьян, Х. Мëллер (ред.). Берлин; Бостон, 2017. С. 22–31, здесь С. 24. Об антинемецких взглядах в сфере развития послевоенной экономики см., напр.: Булдаков В. Первая мировая война и надежды на экономическое возрождение России: цена иллюзий // Там же. С. 80–90, здесь: С. 82. См. также короткий перечень наиболее интересных исследований, посвященных отношению к немцам и к немецкой культуре в российской общественности в военные и послевоенные годы в статье Сергеевa Е. Восприятие Германии и немцев в России, 1914–1918 гг. // Там же. С. 100–111, здесь С. 100 (сн. 2), 101 (сн. 3). Ерохина О.В. Германский капитал в российской экономике в конце XIX – начале XX века // Вестник челябинского государственного университета. 2009. №. 12 (150). Вып. 31. С. 36–41, здесь С. 37.

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Прежде разъясним понятия материального и культурного трансфера13 и культуры потребления в контексте данного анализа. Трансфер здесь подразумевает передачу и адаптацию материальных и культурных ценностей на примере рекламы и через рекламу14 . Под выражением культура потребления или потребительская культура понимается рецепция рекламируемых товаров и новшеств потребителями, другими словами, феномен поведения homo economicus по отношению к предлагаемым продуктам материальной и культурной деятельности. В свое время немецкий социолог Юрген Хабермас описывал культуру потребления как противоречие: «Культура потребления характеризует единство двух несовместимых элементов; несовместимых, прежде всего, потому что культура критична, а потребление нет»15 . Однако такая аргументация лишь частично оправдана, так как в конечном итоге для потенциального потребителя остается открытым, рассматривать ли рекламируемый продукт критично и решить для себя, представляет ли он ту или иную ценность. Совершенно понятно, что в первую очередь рекламные изображения (плакаты, афиши, вывески, упаковки и почтовые открытки) и тексты (объявления в газетах16 и журналах) представляли понимание рекламодателей и предпринимателей о материальных и культурных потребностях и интересах населения. В этом контексте культуру потребления следует рассматривать с перспективы интересов производителей, рекламных агентств и государства относительно соответствующего подхода к распространению информации о продукции разного рода17 . И в этой связи несомненно учитывался фактор критики потенциальной культуры потребления.

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О традиционных определениях и методах культурного трансфера см. прежде всего Espagne M. Der theoretische Stand der Kulturtransferforschung // Kulturtransfer: Kulturelle Praxis im 16. Jahrhundert / W. Schmale (Hrsg.). Innsbruck u. a. 2003. S. 63–75; Schmale W. Kulturtransfer // Europäische Geschichte Online. URL http://ieg-ego.eu/de/threads/theorien-undmethoden/kulturtransfer/wolfgang-schmale-kulturtransfer; Middell M. Kulturtransfer, Transferts culturels // Docupedia‐Zeitgeschichte. 28.01.2016. URL: http://docupedia.de/zg/Kulturtransfer? oldid=125518. См. также последние изыскания в области культурного трансфера в контексте российско‐германских взаимосвязей в сборнике: Transfer und Transformation: Theorie und Praxis deutsch‐russischer Kulturtransferforschung / S. Erhardt u. a. (Hrsg.). Paderborn u. a., 2017. Как технических инноваций в области индустрии и науки, так и продуктов литературы и искусства. Параллельно реклама может рассматриваться как таковая как продукт культурного трансфера. Цит. по: Wyrwa U. Consumption, Konsum, Konsumgesellschaft: Ein Beitrag zur Begriffsgeschichte // Europäische Konsumgeschichte: Zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des Konsums (18. bis 20. Jahrhundert) / H. Siegrist u. a. (Hrsg.). Frankfurt a. M., 1997. S. 747–762, здесь S. 760. О развитии газетного дела в России см., напр.: Есин Б.И. Русская газета и газетное дело в России. Москва, 1981. Также ценную информацию о политике потребления на территории империи содержат нормативные акты (напр., статьи для цензуры и предписания для торговых домов и рекламных агентств) и документация рекламных агентств и торговых домов (концепты идей, корреспонденция владельцев и посредников).

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Рассмотрим конкретные примеры рекламы. Исследованные рекламные тексты и изображения позволяют распознать серьезные и наивные18 , простые и оригинальные представления предпринимателей, рекламодателей и оформителей о выгодной презентации. С первого взгляда становятся заметными определенные рекламные технологии, ориентированные на интересы бизнеса, а именно, имена производителей, товарные марки и знаки. Они должны были, как и сегодня, вызывать эффект узнаваемости и восхищение инновациями. Так, например, как знак высокого качества некоторых продуктов, имело значение изображение двуглавого орла с российского герба и печать поставщиков для императорского двора. Типичную для исследуемого периода форму рекламы представляли напечатанные в широком масштабе тексты на страницах газет и журналов. В рекламных текстах содержалась обычно информация о продукте, изображение самого продукта и его происхождение. Нередко производитель или продавец стремился таким образом максимально представить привлекательность своего продукта. Другими словами информация о географическом происхождении могла указывать на качество, что нам знакомо как современная стратегия маркетинга. Но не всегда обещание рекламного текста соответствовало истине. Иначе говоря, информация в рекламе могла быть неверной и касательно страны производителя, и состава продукции19 . Такая реклама вредила прежде всего интересам потребителей, но в определенной мере и интересам производителей достойной продукции, отмеченной на выставках интернационального уровня и официальными государственными премиями, как это было в случае парфюмерного предприятия Фердинанда Мюльгенса, шоколадной фабрики «Эйнем»20 или кондитерской фабрики «А.И. Абрикосов и Сыновья»21 . Для данного анализа важнее очевидность того, что на многих рекламных изображениях прослеживается пропаганда не только представленного товара, но и определенного стиля жизни, связанного с этим товаром. В этом смысле рекламу можно рассматривать как проводник культурного трансфера, так как с рекламируемой продукцией передавалась и культура потребления данной продукции. Например открытая в России в 1860 г. прусским подданным Фердинандом Теодором фон Эйнем (1826–1876) и его компаньоном, немецким предпринимателем Юлиусом Гейсом (1832–1907), упомянутая кондитерская «Эйнем» демонстрировала на некоторых своих рекламных изображениях определенную элегантность западноевропейской культуры подачи напитков и питания22 .

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Ср.: Wolter S. Die Vermarktung des Fremden: Exotismus und die Anfänge des Massenkonsums. Frankfurt a. M., 2005. S. 50. См., напр., сообщение в газете «Туркестанские ведомости» от 9 янв. 1894 г. С. 12; Коммерсант. 3 янв. 1912 г. С. 6. Фактор манипуляции и мошенничества в рекламе интенсивно обсуждался современниками в публицистике, периодике и научных текстах. См., напр.: Веригин А. Русская реклама; Соколов Н.В. Экономические вопросы и журнальное дело. СПб., 1866; Айзенштейн К.А. Как рекламировать с успехом. СПб., 1912. Коммерсант. 2 янв. 1912 г. С. 1. URL: http://muzey-reklami.com.ua/abrikosov См., напр.: URL: http://www.mknp.ru/all-about-coffee/facts/facts-1_137.html

Культурный трансфер и потребительская культура через призму рекламы 1870–1914 гг. 149

Изображение с коробочки кофе, Москва 1913 г.

С намеком на аристократичность рекламируемого товара, а вернее сказать с призывом к изысканному образу жизни, действовали владельцы «Акционерного общества M. Иванова и Н. Гольдберга», занимавшиеся производством макаронных изделий23 . Можно утверждать, что красиво и импозантно представленная продукция, которую иногда рекламировали на изображении стильно одетые дамы и джентльмены, предлагались для потребления представителям высших социальных слоев. Такая реклама явно указывала на социальное превосходство и престиж потенциального потребителя24 и тем самым социально дифференцировала потребительскую культуру. Одновременно, эстетический фон рекламируемого товара и его возможное приобретение и потребление представителями недворянского сословия могли в определенной степени формировать новую социокультурную идентичность25 и менталитет этих потребителей.

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См. рекламу макарон «Знатные»: URL: https://www.pinterest.de/pin/502010689698318637/ Ср.: Selter B. Der «satte» Verbraucher. Idole des Ernährungsverhaltens zwischen Hunger und Überfluss 1890–1970 // Borscheid P., Wischermann C. (Hrsg.). Bilderwelt des Alltags. S. 195. Ср.: Abrams L. Freizeit, Konsum und Identität deutscher und britischer Arbeiter vor dem Ersten Weltkrieg // Siegrist H. u. a. (Hrsg.). Europäische Konsumgeschichte. S. 268; ср.: Beck R. Luxus oder Decencies? Zur Konsumgeschichte der Frühneuzeit als Beginn der Moderne // Luxus und Konsum: Eine historische Annäherung / R. Reith, T. Meyer (Hrsg.). Münster, 2003. S. 29–46, здесь S. 43. Некоторая реклама содержала семантику, связанную с определенными идеалами и символами эпохи, как это демонстрировалось в рекламе табачных изделий. См.,

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Реклама макарон «Знатные», до 1917 г.

Также на примере рекламы мы можем заключить, что думали производители и потенциальные потребители о здоровье, гигиене, красоте, эстетике и моде. При этом возникает вопрос, были ли реклама и через нее материальный и культурный трансфер гендерно ориентированы в зависимости от региона? Едва ли мы найдем рекламу

напр., рекламу папирос «Белый генерал», как называли русского генерала М.Д. Скобелева (1843–1882), известного как завоевателя Туркестана и освободителя Болгарии. Очевидно, что изображение генерала Скобелева должно было придать рекламируемому товару больше престижа. Эту рекламу можно сравнить с известной рекламой сигарет «Marlboro». «Белый генерал» на картинке символизировал силу и храбрость, также, как и ковбой в рекламе «Marlboro» излучал мужество. Ср.: Очковская М. Реклама в царской России во второй половине XIX – начале XX вв. С. 20.

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Неизвестный художник, СПб. 1896 г.26

таблеток для роскошных форм женской груди в Туркестане; в то же время на странице газеты «Туркестанские ведомости» («Туркестанскія вѣдомости») за март 1894 года мы читаем рекламу средства от перхоти и выпадения волос27 . И наоборот, на основе рекламы в европейской части Российской империи становится очевидным осознание производителей относительно женского потребительского потенциала. Таким образом, с рекламой инновационных средств в области косметологии импортного производства происходил трансфер идей и новых взглядов на красоту и моду. И если в европейской части империи эти идеи и продукция воспринимались с интересом или с критикой относительно состава и обещания абсолютного успеха при использовании, то в азиатской части империи эти идеи могли столкнуться прежде всего с критикой, основанной на другом представлении женской красоты. К тому же надо оговориться, что еще в начале XX века уровень образования (в первую очередь способность читать и писать) среди женщин востока Российской империи был крайне низким и коренные жительницы едва ли могли ознакомиться с рекламой. При этом рекламу в Туркестане можно было найти преимущественно на страницах местных газет. Первые газеты в этом регионе (например «Туркестанские ведомости») начали печататься с 1870 года. Они информировали о технических инновациях и пропагандировали их преимущества для экономической деятельности и повседневной жизни; такими товарами были среди прочего швейная машинка и приборы для лучшего орошения полей – главной проблемы локальной экономики, которая целиком и полностью зависела от геофизических и климатических условий, – маслобойни и

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URL: https://diletant.media/articles/45283392/ Туркестанские ведомости. 10 марта 1894 г. С. 74.

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Реклама «чудо-пилюлей» в журнале «Огонек», №. 49, 1913 г.28

аналогичные прессовые машины для облегчения и повышения эффективности работы с хлопком, одним из важнейших природных ресурсов в регионе. Эти рекламные продукты позволяют нам говорить о географической и культурной оптимизации и рационализации потребительской культуры в регионе.29 Открытым остается вопрос, регулировалась ли реклама локальной политикой? Интересен также вопрос, каким образом предприниматели узнавали о возможном спросе на товары в отдаленных регионах? Сообщали ли местные чиновники о потребностях населения вышестоящим властям в центр или предприниматели узнавали о возможном спросе через агентов‐маркетологов, торговых партнеров или путешественников? А между тем показательна реакция местного азиатского населения на предложения западных производителей. Узбекский исследователь Александр Джумаев, ссылаясь на воспоминания одного узбекского писателя конца XIX века, характеризует восприятие некоторых западных инноваций местными жителями как культурный шок. Так, местные жители называли велосипед «шайтан арбу», что в переводе означает «автомобиль дьявола»; фонограф Томаса Эдисона 1877 года, прототип граммофона, считался продуктом колдовства.30

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Фотокопия рекламы выполнена Л. Милеевым. URL: http://www.foto-list.ru/about.html Ср.: Холикулова Ш. Реклама на страницах периодической печати Туркестана в конце XIX – начале XX века (на примере «Туркистон вилоятининг газети») // Молодой ученый. 2013. №. 12. С. 770–773. Джумаев А. «Чудеса» и новшества русских и европейцев в восприятии «среднеазиатского человека»: культурный шок, адаптация, присвоение // Культурный трансфер на перекрест-

Культурный трансфер и потребительская культура через призму рекламы 1870–1914 гг. 153

Об определенной дистанции коренного населения Средней Азии к западной культуре, появившейся с присоединением к Российской империи, писали с очевидным разочарованием и некоторой критикой «Туркестанские ведомости» в конце XIX века, а именно, что «туземное население по прежнему остается строго обособленным и не идет на встречу ‹…› просветительской деятельности».31 Несмотря на явный скептицизм среди масс туркестанского населения, некоторые жители, в основном представители коренной элиты, все же приобретали продукты западных инноваций. Можно предположить, что реклама меняла потребительскую культуру в определенных социальных кругах, в некотором смысле ее европеизировав. Следовательно, определенные повседневные практики могли быть подвергнуты изменениям благодаря приобретению, потреблению и использованию импортируемых товаров. Так, на страницах туркестанской периодики за 1894 год мы находим рекламу столового вина, предлагавшегося в магазинах и ресторанах в Tашкенте и Асхабаде32 , в Мерве и Самарканде.33 Исповедовавшие ислам коренные жители вряд ли покупали вино, но представители коренной элиты (офицеры и предприниматели), тесно работая и общаясь с русскими офицерами, чиновниками и представителями литературы, искусства и науки, могли вполне приобретать типичные для западной культуры напитки в качестве угощения. Известно, что среди коренного населения вышеперечисленных городов практиковалось производство опьяняющего напитка под названием буза. В 1885 году газета «Туркестанские ведомости» сообщала, что коренные жители предпочитают винам и водке именно бузу34 . Но вскоре обнаруженные в этом напитке на основе химического анализа вредные вещества привели к его запрету. Об адаптации, например, на Кавказе такого напитка35 как пиво, позволяет предположить рекламная вывеска «Холодный пиво», нарисованная грузинским художником Нико Пиросмани (1862–1918) в Тифлисе (Тбилиси) в 1910 году. Интересен здесь прежде всего заголовок. Как известно, большинство кавказцев того времени делали ошибки при произношении окончаний на русском языке, а именно, они путали окончания среднего рода с окончаниями мужского рода. Вместо «холодный пиво», должно было быть «холодное пиво». Возможно художник хотел через такой забавный заголовок рекламы продемонстрировать местный колорит населения в регионе и, таким образом, просветить гостей о языковых особенностях кавказцев. Надо отметить, что Тифлис, как и Баку, являясь крупнейшими городами кавказского и закавказского региона, демонстрировали на рубеже XIX – XX веков стремительной рост в экономическом и культурном развитии. В Тифлисе функционировали Оперный и Драматический театры; в Баку основывались и разрастались фабрики и заводы. Представители местной коммерческой и предпринимательской элиты

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ках Центральной Азии: до, во время и после Великого шелкового пути / Ш. Мустафаев и др. (отв. ред.). Paris; Samarkand, 2013. P. 245–257. Туркестанские ведомости. 5 янв. 1894 г. С. 2. Позже Ашхабад/Ашгабат. Туркестанские ведомости. 5 янв. 1894 г. С. 8. Туркестанские ведомости. 12 марта 1885 г. С. 38. Известно, что любимым напитком многих кавказских народов, исповедовавших христианство, было и остается вино.

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Вывеска «Холодный пиво», Нико Пиросмани, Тифлис 1910 г.36

использовали не в последнюю очередь иностранные новшества и технологии для ведения своего бизнеса (например в нефтедобывающей и нефтеперерабатывающей промышленности, в текстильном производстве и химической продукции); представители среднего и малого бизнеса, владельцы небольших магазинов и ресторанов, стремились обогатить свой ассортимент импортной продукцией, символизировавшей иногда стиль жизни из другой культуры, например относительно моды или культуры питания. Так, в газете «Кавказ» за январь 1875 года мы встречаем рекламу гаванских сигар в магазине неких Чайгештова и Тамазова в Тифлисе; та же газета информировала о поступлении в Английский магазин в Тифлисе среди прочего английского сыра и готового платья по европейской моде, а также о продаже картин в магазине итальянца Букавацци37 . Приобретая эти товары представители коренного населения могли, даже если только частично, изменять свой стиль жизни, повседневный быт и привычки. Также мы находим на страницах газеты «Kaukasische Post», единственной газеты на немецком языке на Кавказе, рекламу немецкой и французской кухни в Тифлисе и рекламу немецких ресторанов в городе Баку38 . Несомненно, в первую очередь эти заведения посещали проживавшие и работавшие в регионе (российские) немцы, а также иностранные гости и состоятельные представители российского общества во время своего пребывания в кавказских и закавказских городах. Посещали ли эти рестораны представители коренной элиты? Такая возможность не исключается. Известно, например, что с конца XIX столетия крупные предприниматели и меценаты азербайджанского происхождения активно способствовали

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URL: http://allpainters.ru/pirosmani-niko/34463-xolodnyj-pivo-vyveska-niko-pirosmani.html Кавказ. 3 янв. 1875 г. С. 3–4. Kaukasische Post (Tiflis). 1./13. Jan. 1910. S. 4, 16; Kaukasische Post. 5./18. Jan. 1914. S. 17.

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Оберточная упаковка шоколада «Нуазет» фабрики братьев И. и А. Миллер, Саратов 1903–1913 гг.39

адаптации русских и западноевропейских культурных ценностей в области театра, музыки, оперы и архитектуры40 , о чем не в последнюю очередь сообщала реклама. В то время, как реклама на Кавказе и в Туркестане информировала о новых товарах, моде, технических инновациях и культурных преобразованиях, предприниматели и фабриканты из центральных и южных российских губерний, передавали своей рекламой, например рекламой сладостей, информацию о культуре кавказских народов и географии Кавказа в западную часть империи. Такая своего рода этнографическая семантика скрывалась в именах и изображенных национальных костюмах41 , в горах и растительности как характерных чертах региональной природы и топографии. Наряду с чисто экономической рекламой была популярна культурная реклама. Газетные и журнальные сообщения рекламировали книжные новинки и кинематографические сеансы42 , афиши информировали о концертах, балетах и театральных постановках43 . Сопровождая таким образом культурный трансфер в области литературы, искусства, музыки и театра, реклама вносила свой вклад в просвещение и развлечение населения, при этом не только в центральных губерниях империи, но

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URL: http://wiki.oldsaratov.ru/wiki/Шоколадная_фабрика_братьев_Миллер См., напр., раздел, посвященный культуре Азербайджана. URL: http://files.preslib.az/ projects/azerbaijan/rus/gl5.pdf. С. 58. Ср.: Очковская М. Реклама в царской России во второй половине XIX – начале XX вв. С. 11–12, 14. Такую же технику и образовательно‐просветительский посыл автор выявляет в рекламных изображениях компании «Зингер». На Кавказе, напр., Kaukasische Post. 1./13. Jan. 1910. S. 13. См., напр.: URL: http://www.gctm.ru/collection/otdel-afish-i-programm/

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и ее отдаленных регионах. Например на страницах туркестанской периодики первого десятилетия XX века находим сообщения о возможности приобрести произведения Ивана Крылова и Евгения Баратынского, оформленные художественными иллюстрациями, и «роскошный альбом акварелей к избранным стихотворениям Н. А. Некрасова» как бесплатное приложение для подписчиков еженедельного литературно‐художественного журнала «Север»44 . Газеты Кавказа также содержали рекламу продуктов культурной деятельности локального, регионального и зарубежного масштаба45 . Подводя итог краткого обзора рекламы в российской общественности, можно заключить, что не в последнюю очередь через рекламу происходил трансфер локальных и иностранных материальных и культурных ценностей. Реклама транслировала не только новинки техники, искусства и моды, но и определенный стиль жизни. Параллельно реклама помогала адаптировать культуру других народов и этнических групп. Так, например, среди прочего через рекламу происходило знакомство с материальной и духовной культурой немцев, проживавших в империи большими колониями. Российские немцы в свою очередь, рекламируя в своих газетах продукцию и услуги русских и иностранных предпринимателей, участвовали непосредственно в транснациональным и межрегиональном материальном и культурном трансфере.

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Туркестанские ведомости. 13 янв. 1894 г. С. 18; Туркестанская жизнь (Ташкент). 22 авг. 1908 г. С. 1. См., напр., Kaukasische Post. 1./13. Jan. 1910. S. 3.

Игорь Баринов Балтийские немцы-офицеры русской императорской армии, 1914–1918 гг.: между империей и нацией1 Россия вступила в Первую мировую войну, имея массу нерешенных проблем в сфере внутренней политики. Это касалось, прежде всего, межнациональных отношений и внутриимперского диалога центр –окраины. Стремительная модернизация последней четверти XIX – начала XX вв. и развитие национальных движений подточили прежние принципы лояльности власти, а тяжесть изнурительной войны крайне обострила уже существовавшие противоречия. Применительно к Остзейскому краю конфликт развернулся вокруг идентичности балтийских немцев. Сословный признак, сохраненный в качестве основы общественной структуры балтийских губерний после их вхождения в состав России, долгое время оставался определяющим как для их повседневности, так и для их взаимоотношений с имперским центром. Так, несущей конструкцией Остзейского края до начала XX в. оставалась земельная аристократия (Ritterschaften). Её дополняли экономически активные и образованные выходцы из других, неаристократических сословий. Определяющим моментом здесь было их немецкое происхождение, в противовес значительной массе сельского населения, представленного в основном эстонцами и латышами. В негласной имперской иерархии немцы-лютеране долгое время занимали главенствующие позиции и считались опорой и проводником имперской политики на Балтике2 . Вместе с тем, эта лояльность имела достаточно противоречивый характер. Балтийские немцы действительно долгое время занимали видное место среди высших российских сановников и относились к тем, кто непосредственно влиял на принятие государственных решений. Вместе с тем, интерес значительной (прежде всего, экономически активной) части балтийских элит не выходил за пределы Остзейского края, а порой и собственной провинции. Традиции местного самоуправления и глубокое корпоративное сознание балтийских немцев уже во времена Екатерины II входили в резкое противоречие с идеей абсолютного государства и выстраиванием

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Статья подготовлена по материалам проекта «Германо-балтийские офицеры в Русской Императорской армии, 1914–1918: между двумя идентичностями», поддержанного исследовательской стипендией Института им. Гердера по изучению Центрально-Восточной Европы в 2017 г. Об этом явлении см.: Каппелер А. Мазепинцы, малороссы, хохлы: украинцы в этнической иерархии Российской империи // Россия – Украина: история взаимоотношений / А.И. Миллер, В.Ф. Репринцев, Б.Н. Флоря (отв. ред.). Москва, 1997. С. 125–144.

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унифицированной имперской бюрократии3 . Попытки Петербурга так или иначе реформировать местные порядки (в частности, утвердить в крае главенство русского языка как лингва франка и языка делопроизводства) чаще всего наталкивались на пассивное сопротивление. В силу того, что основное внимание правительства было сосредоточено на польском вопросе и судьбе «возвращенных от Польши земель», остзейские сюжеты долгое время оставались в тени. Обратить внимание на Остзейский край имперские власти заставил ряд причин – как внутренних, так и внешних. В первом случае среди наиболее очевидных можно назвать последствия социально‐экономического доминирования немцев, прежде всего, отмены крепостного права на Балтике, которое произошло, как и полвека спустя в России, без наделения крестьян землёй. Это привело к возрастанию среди ненемецкого населения Балтики как националистических, так и социал‐революционных настроений. В обоих случаях для властей это, с одной стороны, означало дестабилизацию в Остзейском крае, а с другой показывало, что немцы перестали справляться со своей традиционной ролью общественного медиатора. Не меньшие опасения вызывало возрастание роли Пруссии и последующее объединение Германии (1871), которая, как представлялось русскому правительству, могла стать альтернативным центром политического и духовного притяжения балтийских немцев.

Балтийские немцы и правительственная политика (вторая половина XIX в.) На протяжении длительного периода (как минимум до середины XIX в.) балтийских немцев не занимали вопросы собственной национальной принадлежности. Унаследованная от более ранних времен сословно‐корпоративная модель общества дополнялась выраженным региональным (или даже локальным) патриотизмом4 . Даже в конце XIX в. в Остзейском крае факторами, определяющими национальную принадлежность, по-прежнему оставались повседневный язык (который мог не обязательно совпадать с родным) и вероисповедание. Вопрос об этнической принадлежности жителей балтийских губерний не ставился и во время первой всеобщей переписи населения 1897 г.5

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Ибнеева Г.В. Екатерина II и Остзейский край в 1764 г. // Уроки Вульфсона / А.Н. Бикташева, Е.А. Вишленкова (сост.). Казань, 2003. С. 222. Tornius V. Die Baltischen Provinzen. Leipzig u. a., 1918. S. 19; Vorst H. Baltische Bilder. Leipzig, 1919. S. 24–25; Auerbach I. Alexander v. Meyendorff und das Nationalitätenproblem im Baltikum // Russland und Deutschland / U. Liszkowski (Hrsg.). Stuttgart, 1974. S. 258; Энгель‐Брауншмидт А. Прибалтийские немцы о себе и о других // Studia Russica Helsingiensia et Tartuensia XII: Мифология культурного пространства / Л. Киселева, Т. Степанищева (ред.). Тарту, 2011. С. 320–322. Карьяхярм Т. Остзейцы и балтийцы: экскурс в терминологию // Россия и Прибалтийский регион в XIX–XX вв.: Проблемы взаимоотношений в меняющемся мире / Т.Н. Джаксон и др. (сост.). Москва, 2013. С. 21–22.

Балтийские немцы-офицеры русской императорской армии, 1914–1918 гг.

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Указанная корпоративность, наряду с декларативной лояльностью династии Романовых, включала в себя заметный изоляционистский мотив. По мнению балтийских аристократов, гарантами нерушимости внутренних порядков Остзейского края выступали заслуги немцев в развитии страны. В представлении местной дворянской элиты культуртрегерская деятельность обеспечила немецкому населению особое положение и автономную общественную структуру6 . Именно этот изоляционизм, наряду с особенностями немецкой культурной парадигмы (в частности, разницей представления о природе и сути империи), привёл к формированию у балтийских немцев несколько искажённого образа российского государства. С их точки зрения, Российская империя была скорее формой династического федерализма7 . Собственно, «Россия» воображалась ими в границах Московского княжества времён Ивана Грозного и была составной частью федерации наряду с Сибирью и Кавказом. Отсюда проистекало взаимное непонимание между местными балтийскими элитами и центральным правительством в Петербурге, которое, исходя из собственной логики, рассматривало Остзейский край как интегральную часть империи. Проблема балтийской административно‐правовой и культурной автономии вышла на передний план в пореформенный период. Как известно, он характеризовался не только общей модернизацией империи, но и ростом общественных дискуссий о соотношении имперского и русского национального8 . Для царя Александра, как, впрочем, и для его отца Николая I, первоочередным был вопрос государственной стабильности, и начать сложное дело модернизации сословных и экономических отношений в Остзейском крае следовало без коренной ломки местных порядков. С другой стороны, правительством двигали и иные причины, такие как недопущение общественного взрыва в условиях роста непростой социально‐экономической и межнациональной ситуации в регионе. Из-за этого первоначальные мероприятия по вовлечению местных сообществ в общеимперскую жизнь (именно то, что мы привыкли называть русификацией) были внутренне противоречивыми и не всегда оказывались продуктивными. Нельзя сказать, что правительство сразу начало утверждать на Балтике «русскую линию». Общественные настроения и правительственная политика шли параллельно и далеко не всегда сочетались. На символическом уровне это можно проследить по двум анонимным памфлетам, опубликованным в Петербурге в 1870 г. В одном из них, вышедшим под грифом близкого к славянофилам журнала «Мирской вестник», говорилось, что балтийские губернии всегда представляли собой «исконные русские земли, насильственно колонизованные немцами», и Россия «никогда не переставала считать отторгнутые области своей собственностью»9 . Напротив, во втором, напечатанном в типографии III отделения Е.И.В. канцелярии, указывалось, что из-за де6 7

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Auerbach I. Alexander v. Meyendorff und das Nationalitätenproblem im Baltikum. S. 259. Андреева Н. Прибалтийские немцы и правительственная политика в начале XX века. Санкт‐Петербург, 2008. С. 26. Миллер А. Империя Романовых и национализм: Эссе по методологии исторического исследования. M., 2008. С. 71 след. Прибалтийский край: Исторический очерк и описание губерний Эстляндской, Лифляндской и Курляндской. СПб., 1870. С. 6–7, 22.

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ятельности «русских окраинофобов» происходит «опасное возбуждение политических страстей». Остзейцам же предлагалось стать проводником западноевропейской культуры для России и распространителями «верных сведений о России на Западе», поскольку государству нужна была уже не их «пресловутая верность», а реальная вовлеченность в жизнь страны10 . Постепенное реформирование старых балтийских порядков и усиление связей Остзейского края с остальной страной вызвало у местных немцев неоднозначную реакцию. Если часть дворянства встретила такие перемены негативно, то буржуазия скорее приветствовала их. Империя теперь ассоциировалась со значительными карьерными и финансовыми возможностями. Всё это способствовало постепенному формированию новой, имперско‐немецкой идентичности. В этом случае балтийский немец глубоко интегрировался в общеимперское/русскоязычное пространство, а его «балтийскость» вытеснялась в сферу приватного. Упомянутые процессы оказались позитивными и для выходцев из числа коренного населения Балтики: либеральные реформы открыли им дорогу в высшие учебные заведения, крупный бизнес и художественные галереи, то есть сферы, изначально считавшиеся исключительно немецкими. Следует отметить, что корпоративное сознание и краевой патриотизм немецкой знати были сильнее, чем аналогичные явления в среде польской шляхты. Если ситуацию с украинскими и белорусскими землями имперские власти могли трактовать, исходя из концепции «триединства русского народа», то на Балтике, помимо русских, действовало ещё как минимум три разнонаправленных группы интересов – немцы, эстонцы и латыши. Опять же, в случае с «польским вопросом» речь изначально шла об историко‐культурной принадлежности родственных славянских народов. В Остзейском крае же нужно было как-то соотнести и удержать вместе балтийско‐немецкий корпоративизм и нараставшие национализмы эстонцев и латышей. Таким образом, подходы, которые применялись на западной окраине (в частности, попытки артикулировать отличную от польской историческую память о Великом Княжестве Литовском у белорусов), при всём желании не сработали бы в балтийских губерниях. В этой связи нужно подчеркнуть, что те мероприятия, которые мы можем условно рассматривать в рамках общей политики русификации, изначально были более сильными и адресными, чем в случае с Северо‐Западным краем.

Остзеец, балтиец, немец: конфликт идентичностей на Балтике Начиная с присоединения Эстляндии и Лифляндии к России как в общественном дискурсе, так и в бюрократии для обозначения местных немцев применялись те же катойконимы, которые использовали они сами (эстляндец, лифляндец). Когда в русском языке появилось понятие «остзеец», образованное от немецкого названия Балтийского моря, точно неизвестно. В любом случае, оно отличалось неопределённостью: так, было непонятно, характеризовать ли с его помощью всех жителей бал-

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Политическое призвание Остзейского края. СПб., 1870. С. 3, 46–50.

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тийских губерний, только немцев или же только немецких дворян11 . При этом, если сперва это обозначение имело географическую привязку, то затем получило заметную политическую нагрузку. В русской государственнической публицистике понятия «остзеец» и «остзейский» стали использоваться для негативной характеристики именно германо‐балтийского сообщества. Как уже было сказано, местные немцы долгое время не рефлексировали относительно своего этнического происхождения. Балтийские авторы по-разному оценивают роль и место этничности в формировании самосознания балтийских немцев. Так, по мнению Валериана Торниуса, их нельзя было обозначать как народ – скорее это был тонкий правящий слой, который формировали знать, интеллигенция, а в крупных городах – купечество12 . Напротив, Гельмут Вайс считал, что по мере усиления русификации и политических устремлений коренных жителей края речь шла о сохранении не сословной, а этнической составляющей, когда разрозненные прежде немецкие сословия могли бы объединиться по национальному признаку13 . Ханс Ворст указывал на равноправие этнического и культурного в деле формирования балтийского‐немецкого сообщества. Как отмечал автор, для того, чтобы выделить себя из окружающей этнической мозаики, местные немцы могли использовать такие паттерны, как этническое происхождение, родной язык и «общий характер духовного воспитания»14 . Все эти элементы воплощались в понятии Deutschtum – особом культурно‐идеологическом комплексе, призванном интегрировать представителей различных сословий на основе общности исторических судеб (Schicksalgemeinschaft) и оградить себя от ненемецкого населения. Важно отметить, что объектом неприязни балтийцев не выступали собственно русские как этнокультурная общность. Указание эстонского историка Тоомаса Карьяхярма на то, что идеология «балтийства» всегда содержала известную долю русофобии15 , является упрощением. В данном случае можно говорить скорее о специфической форме бюрократофобии, поскольку балтийские немцы не понимали, почему верховная администрация мультиэтничной федерации, какой они представляли себе Российскую империю, навязывает одному субъекту обычаи и порядки другого. Русофобия была атрибутом узкой прослойки консервативных политических публицистов балтийского происхождения, которая проявилась уже в годы войны между Россией и Германией. Не было у балтийских немцев и фобии государства, поскольку наряду с «родным уголком» (Scholle) в их сознании всегда присутствовало «отечество» (Vaterland), в роли которого выступала царская, а не кайзеровская империя. Именно в условиях экспериментов центральной власти по национализации империи, порой весьма резких и грубых, в сознании немецкого населения Балтики произошло разделение государства и династии: теперь оно ассоциировалось только с

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Карьяхярм Т. Остзейцы и балтийцы. С. 7. Tornius V. Die baltischen Provinzen. S. 19–20. Weiß H. Baltische Selbstbehauptung im 20. Jahrhundert // Wir Balten / M. H. Boehm, H. Weiß (Hrsg.). München, 1951. S. 326–327. Vorst H. Baltische Bilder. S. 19–23. Ср.: Карьяхярм Т. Остзейцы и балтийцы. С. 18. Карьяхярм Т. Остзейцы и балтийцы. С. 11.

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фигурой правящего монарха16 . Немыслимое ещё в середине XIX в., уже в 1890‑е гг. это представление стало в Остзейском крае общераспространённым. Агенты правящей бюрократии (в частности, чиновники и православное духовенство) в свою очередь сыграли роль «значимого Чужого» для появления новой идентичности – Balte («балтиец», «прибалт»), которая вскоре полностью вытеснила все старые способы самоидентификации. На этой основе возник новый интегрирующий нарратив о «балтийской родине» (baltische Heimat). Настоящим балтом считался лишь тот, кто был реально вовлечён в заботы края и активно участвовал в жизни сообщества. Те же выходцы из Остзейского края, которые долгое время жили в России, безотносительно их занятий, уже считались «обрусевшими» (verrusst). Резкое усиление «великорусской» составляющей в правительственной политике по отношению к балтийским губерниям имело неоднозначные последствия. С одной стороны, оно спровоцировало усиление консервативных тенденций среди балтийских немцев. Любые попытки центральной власти вмешаться во внутрибалтийские дела рассматривались как выпад против местного немецкого сообщества. В этих условиях возник и распространился мифологизированный нарратив о континуитете российской антинемецкой политики, ярким выражением которого считалась революция 1905–1907 гг. В консервативной среде дискутировались проекты объединения с другими российскими немцами (в частности, усиления балтийского сообщества за счёт привлечения немецких колонистов из Поволжья)17 . Наряду с этим среди немцев Остзейского края усилились тяготение к Германии, которое становилось одновременно выражением политической принадлежности и формой социального протеста. Таким образом, перед началом Первой мировой войны в Остзейском крае сложилась очень непростая ситуация. Балтийско‐немецкое сообщество, пытаясь представить себя сословной корпорацией, фактически действовало уже как национальное меньшинство. Национализм местных немцев при этом сталкивался с национализмами эстонцев и латышей, из-за чего правительство опасалось занимать чью-то сторону и полностью отказываться от прежних принципов лояльности, чтобы не дестабилизировать ситуацию в регионе. При этом, как показывала практика, представителей коренного населения стремились скорее к инструментальной русификации, которая могла бы дать им преимущество перед немцами. В случае же с последними власти могли вообще мало на что рассчитывать. Начавшаяся война с Германией, казалось, должна была разрубить этот гордиев узел. Балтийцы фактически были поставлены перед выбором: либо репрезентовать себя как немца (это означало арест и интернирование в отдаленных районах страны), либо декларировать свою лояльность не просто личности монарха, но и государственной политике, чтобы затем влиться в русское имперское сообщество.

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Ср.: Auerbach I. Alexander v. Meyendorff und das Nationalitätenproblem im Baltikum. S. 259 и Wittram R. Baltische Geschichte: Die Ostseelande Livland, Estland, Kurland 1180–1918. Darmstadt, 1973. S. 223. Подр. см.: Андреева Н. Прибалтийские немцы и правительственная политика в начале XX века. С. 19, 28–41, 99–100.

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Балтийские офицеры между империей и нацией Пытаясь приспособить «остзейцев» к существованию в новых обстоятельствах, власти быстро столкнулись с той же проблемой, что и сами немцы до этого. Грань между принадлежностью к немецкой духовной традиции и политической «немецкостью» у балтийцев порой была очень тонка. Тяготение к немецкому или русскому культурному ареалу зависело от ряда факторов (происхождения, особенностей социализации и образования, экономических связей) и всегда было индивидуально. В этой связи разделить всех балтийских немцев на «своих» и «чужих» было невозможно по определению. В сложившейся ситуации российское правительство должно было сделать, вероятно, единственно возможный шаг – официально признать существование «балтийских немцев» и попытаться совместить их национальные особенности со старыми принципами коммуникации между ними и имперским центром. При этом, как ни парадоксально, власти использовали для обозначения балтийцев их же самоназвание, возникшее на волне протеста в отношении имперской унификации, таким образом легитимируя его за пределами Остзейского края. Национализация имперских сообществ как ответ на вызовы военного времени стала испытанием как для них самих, так и для имперской бюрократии. В условиях традиционной категоризации подданных по сословно‐религиозному признаку необходимо было срочно изобрести и имплементировать новые критерии лояльности. Так возникло понятие «национальность» в значении принадлежности к определённой этнической группе (впоследствии этот термин, наряду с другими социальными изобретениями поздней империи, будет позаимствован советской властью). Примечательно, что в личные формуляры национальная принадлежность вписывалась от руки, так как имевшиеся бланки в принципе не предполагали такой графы. Для понимания сложившегося положения следует выделить два важных момента. С одной стороны, имперская администрация была не против воспринимать балтийских немцев именно как национальное меньшинство. В годы войны сами балтийские немцы пробовали воображать себя как нацию. По воспоминаниям очевидца событий, барона Эдуарда фон Розенберга, балтийцы, в отличие от российских подданных собственно немецкого происхождения, не стремились «перекрещиваться в русских» и противопоставляли им «подлинное национальное сознание»18 . Вместе с тем, до самого конца войны российская бюрократия так и не выработала универсальной процедуры, следуя которой представители наскоро сконструированной нации могли бы доказать и закрепить свою благонадёжность. В условиях ухудшения положения на фронте и нарастания антинемецкой истерии в обществе сотрудники военных канцелярий реагировали на любую фамилию, похожую на немецкую или звучавшую по-немецки. К примеру, юнкер Андрей Фолькман был вынужден давать подписку, что ни он, ни его род «к немцам‐колонистам не принадлежали и не принадлежат», хотя до этого при заполнении анкеты он указал, что является рус-

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Rosenberg E. v. Für Deutschtum und Fortschritt in Lettland: Erinnerungen und Betrachtungen. Riga, 1928. S. 12.

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ским «по национальности» и православным «по вероисповеданию»19 . Несмотря на то, что в анкете Павла Струнке было указано его латышское происхождение, юнкера всё равно обязали дать подписку о том, что он не немец20 . Подобный метод «от противного» не мог не коснуться балтийцев. Отнесение себя к балтийско‐немецкому сообществу каждый раз было сопряжено со множеством формальностей. При этом военные чиновники, очевидно, не очень понимали суть происходящих перемен и продолжали действовать в рамках старой, сословной парадигмы. Все эти процессы можно проследить по набору документов в личных делах офицеров балтийского происхождения. Эти документы сохранили много любопытных случаев переплетения старых и новых принципов легитимности. Насколько можно судить, отношение к рядовым балтийцам, выходцам из податных сословий, было более формализованным. Так, Теодор Генрих Таубе, сын пастора прихода Св. Мартина в Риге, поступая в школу прапорщиков в июне 1916 г., должен был дать подписку о том, что ни он, ни его ближайшие родственники не являются немецкими колонистами, а также предоставить свидетельство о том, что является русским подданным как минимум во втором колене21 . Симптоматично, что в большинстве случаев подобное свидетельство представляло собой справку из сословной организации по месту жительства. Сословные различия, традиционно столь важные в балтийско‐немецком сообществе, теперь могли сыграть неожиданную роль. Перед лицом армейской бюрократической машины представители местной аристократии, прежде наиболее несговорчивые в диалоге с властями, вызывали дополнительные подозрения в прогерманских симпатиях. В этой связи характерен случай Ульриха фон Бремена, выходца из одной из наиболее знатных семей Эстляндии. Когда фон Бремен уже являлся учащимся школы прапорщиков, от него потребовали справку о том, что он не просто принадлежит к «коренному дворянству», а, помимо этого, состоит в русском подданстве со дня рождения и что его родители также «родились русскими подданными и из русского подданства увольняемы не были». Чтобы перестраховаться, в канцелярии губернского предводителя дворянства (снова сословный орган!) добавили, что все предки юного Ульриха по мужской линии тоже «были русскими подданными со времени присоединения Эстляндии»22 . Тем не менее, принимающей стороне и это показалось недостаточным, и фон Бремен заполнил стандартную подписку о том, что его ближайшие родственники не являются немецкими колонистами. В данном случае обращает на себя внимание ужесточение формулировки: теперь подписант, помимо прочего, должен был указать, что его семья не имела контактов с немцами нерусского происхождения23 . Опять же симптоматично и то, что документ о «балтийской

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20 21 22 23

Российский государственный военно‐исторический архив (РГВИА). Ф. 409. Оп. 1. П/с 313262. Л. 2, 7. РГВИА. Ф. 409. Оп. 1. П/с 188-026. Л. 195. РГВИА. Ф. 409. Оп. 1. П/с 183-011. Л. 41, 43. РГВИА. Ф. 409. Оп. 1. П/с 251-217. Л. 2. Там же. Л. 8.

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национальности» фон Бремену выдала та же канцелярия, которая подтверждала его дворянство24 . Подобное положение показывает, что имперские власти использовали своеобразную амальгаму двух вариантов лояльности, не имея возможности ни полностью отказаться от старых сословных принципов, ни окончательно перейти к новым, национальным основам. При этом, несмотря на наличие упомянутых бюрократических процедур, империя в принципе была готова доверять своим офицерам балтийского‐немецкого происхождения, тогда как за её рамками положение балтийца могло быть поставлено под вопрос. Так, уже при Временном правительстве барон Вальтер фон Штакельберг, до этого три года прослуживший в лейб-гвардии Кексгольмском полку, не был избран солдатами в число офицеров «не за какие-либо провинности, а лишь из-за носимой фамилии»25 . При этом фамилия не мешала барону Константину Пилар фон Пильхау до революции командовать казачьей сотней26 . Зеркальным было и положение балтийско‐немецкого сообщества. У тех, кому в формулярах писали «по нации балтийский немец», идея империи по-прежнему была сильнее, чем родство по крови с немцами по другую сторону фронта27 . Стремясь подчеркнуть естественность их выбора и верность присяге, один из балтийских авторов называл своих земляков morituri («идущие на смерть», аллюзия на гладиаторов) и противопоставлял их славянам – военнослужащим австро‐венгерской армии, которые, по его мнению, были «австрийцами по принуждению» (Mussösterreicher) и, оказавшись в бою, сразу же перебегали на русскую сторону28 . Подобный романтический ореол, тем не менее, не противоречит реальным цифрам: в среднем лишь 2 % из числа балтийских офицеров можно квалифицировать как перешедших на сторону противника. Нужно отметить, что, несмотря на взаимные претензии, в тяжёлых условиях борьбы с внешним противником балтийские офицеры и имперские власти искали и находили пути взаимодействия. В каком-то смысле можно говорить о том, что они не видели своего будущего без империи. Так, в отличие от других национальных сообществ старой России, у балтийских немцев имперское не противоречило национальному. Империя сама по себе не имела для балтийцев исключительно репрессивный характер, как, например, для поляков, мечтавших о польском национальном государстве. Уже после распада Российской империи балтийские сословия пытались найти в лице Германской империи того, кто бы мог обеспечить их прежние права. Идея же «большой балтийской нации» с участием эстонцев и латышей была воспринята с недоумением29 .

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Там же. Л. 5. РГВИА. Ф. 409. Оп. 1. Д. 174545. Л. 3. РГВИА. Ф. 409. Оп. 1. П/с 111-072. Л. 1–8 об. Rosenberg E. v. Für Deutschtum und Fortschritt in Lettland. S. 16. Там же. S. 15–16. Taube A. v. Von Brest-Litovsk bis Libau: Die baltisch‐deutsche Führungsschicht und die Mächte in den Jahren 1918/19 // Von den baltischen Provinzen zu den baltischen Staaten / Jü. v. Hehn u. a. (Hrsg.). Marburg, 1977. S. 112–120.

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Насколько можно видеть, главная проблема здесь коренилась скорее в болезненном отказе от корпоративного элемента собственной идентичности. Ещё в последние годы существования Российской империи заметное редуцирование сословной составляющей в сфере государственной лояльности и межгрупповой коммуникации стало одной из основных причин раскола и дезориентации внутри балтийско‐немецкого сообщества. Неслучайно, что уже в 1915 г., когда немецкие войска только начинали наступление на балтийские губернии, местный уроженец, публицист Макс Бём пророчески писал о «смерти» балтийских немцев, которым рано или поздно придётся влиться в общенемецкое пространство30 . Далеко не факт, что если бы старая Россия продолжила существовать, балтийцы могли бы реализовать свой «имперский национализм», продолжая при этом сохранять черты особой элитной группы. С появлением национальных государств на Балтике реализация такой программы и вовсе перестала быть возможной.

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Boehm M. Die Krisis des deutschbaltischen Menschen. Berlin, 1915. S. 20.

Леонтий Ланник Имплементация Брестских договоров как проблема коалиционной стратегии Центральных держав Многократно описанные перипетии переговоров в Бресте, громадный объем опубликованных документов и ставшие классическими отклики на них во всех странах‐участницах зачастую вызывают логичное, но ложное ощущение того, что наиболее сложным для всех делегаций было прийти хотя бы к какому-то конкретному результату. Однако при последовательном рассмотрении дальнейшей судьбы достигнутых договоренностей и в ходе анализа их базовых черт возникают все новые вопросы, заставляющие усомниться в приоритетности именно стадии переговорного процесса при исследовании Брестской системы в целом.1 Даже если рассматривать только события, произошедшие до вечера 3 марта 1918 г., приходится констатировать важнейшую особенность данной системы: двойственность ее основы, то есть два Брестских договора (от 9 февраля и от 3 марта), причем начало имплементации первого из них одновременно являлось средством к заключению более масштабного второго, причем само подписание последнего вовсе не означало прекращения начавшейся силовой фазы имплементации, а наоборот продлило ее как минимум еще на 2,5–3 месяца. Реализация условий Брестского мира, заключенного УНР с Центральными державами2 в момент, когда территория первой стремительно сокращалась до quantité négligeable, стартовало днем 18 февраля 1918 г., когда в наступление на всем протяжении занимаемого ими участка Восточного фронта перешли войска Германской империи. Но уже этот первый и оглушительно успешный акт имплементации резко противоречил принципиальному параметру украинского Бреста. Ведь это был сепаратный мир, заключенный одной из стран‐противников с коалицией Центральных держав. Из всех 4 стран после призыва о помощи правительства УНР военные действия против Советской России возобновила только одна, Германия. Такая имплементация с первых же дней искажала с таким трудом выстроенную модель общекоалиционного соглашения. Калейдоскопическая быстрота военных событий в период между двумя Брестами, согласие Австро‐Венгрии на участие в интервенции на Украину (24 февраля) и нача1

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См., подр.: Lannik L. V. Die Struktur des Brester Systems: Potential, Beteiligte, Grundbedingungen und Entwicklungsprobleme // Krieg und Frieden: Folgen der Russischen Revolution / V. Dönninghaus, D. Myeshkov (Hrsg.). Lüneburg, 2020. S. 27–51 [= Nordost-Archiv. 2018. H. 27]. Едва ли не единственная до сих пор монография о «первом» Бресте: Михутина И.В. Украинский Брестский мир: Путь выхода России из Первой мировой войны и анатомия конфликта между Совнаркомом РСФСР и правительством Украинской Центральной Рады. М., 2007.

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ло вторжения ее Восточной армии (28 февраля) сгладили ощущение от очередного проявления несогласованности в действиях Четверного союза, однако ни в коей мере не компенсировали отсутствие у них коалиционной стратегии действий. Дальнейшая имплементация Брестских договоров, сопровождавшаяся их редактированием на ходу, еще не раз столкнулась с этой тяжелой проблемой, которая в условиях решающей кампании 1918 года стала для Центральных держав роковой. Выход одной за другой стран-союзниц Германии из Великой войны стал лучшим доказательством того, что сколь угодно масштабное военно‐техническое сотрудничество и высочайший уровень маневра военными ресурсами не могут заменить по-настоящему слаженной и последовательной координации усилий во всех сферах жизни ведущих тотальную войну стран. Сильнейший политический акцент в подготовке имплементации Бреста (фикция самоопределения народов, обращения за помощью притесняемых местных «парламентов» и правительств и т.д.), ярко выраженные националистические мотивы и фразеология не могли не сказаться на характере освещения этих событий не только современниками, но и историками. Начатое еще в процессе переговоров обоюдоострое использование лозунгов и принципов, которые не собирались соблюдать обе стороны, имело последствия и для хода событий, и для становления исторической памяти, а особенно для обслуживающей национальные мифы «о становлении государства» историографии. Приоритет в последней отдавался ряду аспектов, как правило не имевших отношения к реалиям военно‐стратегической обстановки в ходе Великой войны в начале 1918 г. Именно поэтому важнейшие факторы, определявшие действия всех сторон – то есть как раз проблема коалиционных действий, перипетии их согласования и реализации – оказались вне внимания большинства исследователей, хотя для организаторов вторжения на громадные территории бывшей Российской империи именно это и стало едва ли не основным источников трудностей, особенно на фоне сенсационно слабого поначалу сопротивления войск противника. Еще более осложняется задача анализа коалиционной стратегии если включить в нее аспект взаимодействия – также вполне коалиционного и считавшегося таковым – с союзными Центральными державами войсками УНР, а также со сражавшимися против большевиков польскими корпусами на Украине3 , с эстонскими и финляндскими войсками и т.д., – однако для этого необходимо сначала прояснить характер взаимодействия хотя бы официальных членов Четверного союза. Лишь недавно предпринята попытка исследования места России в коалиционной стратегии и Антанты, и Центральных держав, однако и в этой работе даны отдельные главы о расчетах Германии, Австро‐Венгрии и Турции4 , так что единое полотно событий предстоит выстраивать читателю. Приходится констатировать, что коалиционная стратегия Центральных держав в целом, как и вообще структура этого специфического и едва оформившегося даже к 3

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Хотя существует достаточно обширная польская литература по данной теме, а также работы по истории интервенции в 1918 г. См.: Wrzosek M. Polski czyn zbrojny podczas pierwszej wojny swiatowej, 1914–1918. Warszawa, 1990; Medrzecki W. Niemiecka interwencja militarna na Ukrainie w 1918 roku. Warszawa, 2000. Россия в стратегии Первой мировой войны / И.Н. Новиковa (ред.). В 2 кн. Кн. 2: Россия в стратегии Центральных держав. СПб., 2014.

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1918 г. альянса остаются не вполне исследованными5 . Это еще более бросается в глаза на фоне исследований по истории Тройственного союза и проблем этого альянса довоенного периода6 , то есть отсутствует продолжение уже проделанного огромного труда. Разумеется, есть некоторые весьма высокого качества работы о двусторонних отношениях или военном сотрудничестве в его рамках или об отдельных проблемах коалиционного взаимодействия на различных фронтах7 . Важным, но не исчерпывающим вкладом в исследование интервенции Центральных держав (и не только) явились и работы, посвященные отдельным регионам8 или странам9 . Если применительно к действиям интервентов в 1918 г. в Финляндии, Прибалтике или в Белоруссии еще можно до некоторой степени подходить лишь с точки зрения одной из стран Четверного союза, то относительно Украины или действий вокруг захвата Баку это совершенно некорректно. Можно констатировать, например, что до сих пор вместо единой и коалиционной сосуществуют отдельные «германская» и «австро‐венгерская» версия действий Центральных держав на Украине. Причем последняя получила определенное развитие в последнее десятилетие в основном благодаря исследованию феномена оккупационных режимов в годы Великой войны10 . Применительно к германской зоне ответственности исследования в том же направлении 5

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Одна из очень немногих работ о кампании 1918 г., однако посвященная в основном Западному фронту: Müller M. Vernichtungsgedanke und Koalitionskriegführung: Das deutsche Reich und Österreich‐Ungarn in der Offensive 1917–1918: Eine Clausewitz‐Studie. Graz, 2003. См.: Afflerbach H. Der Dreibund: Europäische Großmacht- und Allianzpolitik vor dem Ersten Weltkrieg. Köln; Wien, 2002. До сих пор остается незаменимой работа 1940 (!) года офицера Генштаба Карла Мюльмана: Mühlmann C. Das deutsch‐türkische Waffenbündnis im Weltkriege. Leipzig, 1940. Последующие работы можно считать лишь частичными дополнениями к ней. Ср., напр.: Trumpener U. Germany and the Ottoman Empire, 1914–1918. Princeton, 1968; Kent M. The Great Powers and the end of the Ottoman Empire. London et al., 1996. Применительно к еще более сложному военному взаимодействию Центральных держав на балканских фронтах столь же актуальной остается работа опять-таки Мюльмана 1942 г. изд.: Mühlmann C. Oberste Heeresleitung und Balkan im Weltkrieg 1914–1918. Berlin, 1942. Особенно это касается Закавказья: Zürrer W. Kaukasien 1918–1921: Der Kampf der Großmächte um die Landbrücke zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. Düsseldorf, 1978; Bihl W. Die Kaukasus‐Politik der Mittelmächte. Teil II: Die Zeit der versuchten kaukasischen Staatlichkeit (1917–1918). Wien; Köln; Weimar, 1992. См., напр.: Volkmann H.-E. Die deutsche Baltikumpolitik zwischen Brest-Litowsk und Compiegne. Köln; Wien, 1970; Bienhold M. Die Entstehung des litauischen Staates in den Jahren 1918–1919 im Spiegel deutscher Akten. Bochum, 1976. Остается лишь надеяться, что когдалибо будет написана работа и по достаточно тонкому аспекту отношения Австро‐Венгрии к формированию Литовского государства, с учетом влияния габсбургской монархии в католическом мире. См.: Lieb P. Aufstandsbekämpfung im strategischen Dilemma: Die deutsche Besatzung in der Ukraine 1918 // Die Besatzung der Ukraine 1918: Historischer Kontext – Forschungsstand – wirtschaftliche und soziale Folgen / W. Dornik, S. Karner (Hrsg.). Graz u. a., 2008. S. 111–140; Die Ukraine zwischen Selbstbestimmung und Fremdherrschaft 1917–1922 / W. Dornik u. a. (Hrsg.). Graz, 2011; Schmitz M. «Als ob die Welt aus den Fugen ginge». Kriegserfahrungen österreichisch‐ungarischer Offiziere 1914–18. Paderborn, 2016. S. 322–337.

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сосредоточились на феномене «квазигосударства Обер Ост»11 . Военная сторона проблемы остается зафиксированной на уровне «историографии Генерального штаба», то есть военно‐исторических трудов, выпущенных еще в 1920 – 30‑х гг. В них немало страниц посвящено взаимным упрекам союзников12 , однако их перечисление и полемика – это еще не изложение коалиционной стратегии. В современных немецкоязычных исследованиях все реже используется весьма интересная межвоенная публицистика, мемуары об этих событиях, полковые истории и другие источники, которым отказывают в достоверности и далеко не всегда обоснованно. Сосуществуют и два отдельных массива документов об интервенции, введенные в оборот в том числе советской историографией. До сих пор актуальный сборник «Крах германской оккупации на Украине» основан (вопреки своему названию) на главным образом австрийских документах13 , как и огромный проект о самых разных сферах жизни оккупированной Украины выразившийся в 4‑томном сборнике Теофила Горнюкевича14 . Германские же источники либо были уничтожены еще в конце 1918 г., либо были своевременно эвакуированы, но погибли в ходе бомбардировок в годы Второй мировой войны, причем в большинстве своем еще до их обработки Рейхсархивом, коснувшимся темы кампании 1918 г. на Востоке лишь бегло (в 13-м и 14-м томах своей версии Великой войны и в специальной работе о выводе германских войск15 , австро‐венгерская генштабистская версия – в 7-м томе, соответственно), не считая отдельных эпизодов16 и сохранившихся описей. Разбор и публикация сохранившихся в Германии источников по интервенции затянулись по сей день, часто концентрируясь лишь на ярких инцидентах17 , а то и фактически приостановились после крупных достижений как западно-, так и восточногерманской историографии 1960–70‑х гг.18 Ряд исследований на материалах местных архивов,

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Самая известная из работ: Liulevicius V. G. War Land on the Eastern Front: Culture, National Identity and German Occupation in World War I. Cambridge, 2000. См., напр.: Pitreich A. Der österreichisch‐ungarische Bundesgenosse im Sperrfeuer. Klagenfurt, 1930. Die deutsche Okkupation der Ukraine: Geheimdokumente. Strasbourg, 1937. (В оригинале: Крах германской оккупации на Украине (по документам оккупантов) / М. Горький, И. Минц, Р. Эйдеман (ред.). М., 1936.) См.: Ereignisse in der Ukraine 1914–1922: Deren Bedeutung und historische Hintergründe / T. Hornykiewicz (Hrsg.). 4 Bde. Philadelphia, 1966–1969. Описание послевоенных боев германских войск и фрайкоров: Вывод войск с Востока / Л.В. Ланник (науч. ред., пер.). М., 2014. В серии трудов офицеров Генштаба по отдельным операциям Великой войны успела выйти лишь работа об оккупации Прибалтики: Kaupisch H. Die Befreiung von Livland und Estland (18. Febr. bis 5. März). Oldenburg, 1918. Напр., на беспрецедентно жестоком разгроме Ейского десанта в июне 1918 г.: Nachtigal R. Krasnyj Desant: Das Gefecht an der Mius-Bucht: Ein unbeachtetes Kapitel der deutschen Besetzung Südrusslands 1918 // Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. 2005. H. 2. S. 221–246. Основой их можно назвать работы В. Баумгарта, публикацию собранных еще в 1920‑е гг. документов о Брестском мире и совместный проект ученых ГДР и СССР по советско‐германским отношениям. Кроме того, редкие архивные данные были использованы и в книге на основе оставшихся в Потсдаме источников. См.: Baumgart W. Deutsche Ostpolitik

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выполненный после крушения Советского Союза, также достаточно далек от проблем военной истории и тем более коалиционного взаимодействия, хотя и содержит ценные для их переосмысления и в этом ключе выводы и оценки19 . Процесс ввода источников из российских архивов в научный оборот в Германии, оживившийся в 1990‑х гг.20 , постепенно приостановился. Болгарская историография Бреста по понятным причинам фактически не оформилась, хотя есть ряд работ по сложнейшей и прямо связанной с заключением договоров от 9 февраля и 3 марта проблеме имплементации Бухарестского мира от 7 мая 1918 г. (вопрос о Добрудже и др.). Для турецкой историографии намного важнее иные соглашения в рамках Брестской системы, касавшиеся судеб Закавказья (особенно Батумский мирный договор от 4 июня 1918 г.), а также проблемы конфликта интересов с Германией, но также лишь в пределах этого региона. Истоки этому забвению были заложены еще столетие назад, когда первые мемуары бывших ведущих политиков из этих стран выходили на немецком языке, в эмиграции в Германии. В советской историографии было не принято подчеркивать различия между политикой держав‐интервентов, так как это нарушало бы версию о походе «объединенных сил мирового империализма против первого пролетарского государства», а также заставило бы более дифференцированно относиться и к феномену интернационалистов из числа военнопленных. В СССР изучалась история революционного движения, Гражданской войны, но не продолжающегося – пусть и при формальном мире –противостояния с Центральными державами на Восточном фронте Великой войны. Разумеется, не менее интересны и проблемы возвращения интернационалистов на родину в 1918 г., ставшего прямым следствием Брестских договоров, и вопрос о роли побывавших в революционной России солдат и офицеров в попытках экспорта революции, о реакции властей Австро‐Венгрии и Германии на подобное следствие «мира» с Россией и интервенции21 . И все же должной интеграции достигнутых результатов в исследование по проблемам действий Центральных держав в рамках имплементации Бреста пока не состоялось. С распадом СССР тенденция к

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1918: Von Brest-Litowsk bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Wien; München, 1966; BrestLitovsk / W. Baumgart, K. Repgen (Hrsg.). Göttingen, 1969; Von Brest-Litowsk zur deutschen Novemberrevolution / W. Baumgart (Hrsg.). Göttingen, 1971; Der Friede von Brest-Litowsk: Ein unveröffentlichter Band aus dem Werk des Untersuchungsausschusses der Deutschen Verfassunggebenden Nationalversammlung und des Deutschen Reichstages / W. Hahlweg (Bearb.). Düsseldorf, 1971; Советско‐германские отношения от Октябрьской революции до заключения Рапалльского договора. В 2 т. М., 1968–1971; Militarismus gegen Sowjetmacht 1917 bis 1919: Das Fiasko der ersten antisowjetischen Aggression des deutschen Militarismus. Berlin, 1967. См., напр., относительно Одессы: Penter T. Odessa 1917: Revolution an der Peripherie. Köln; Weimar; Wien, 2000. См., напр.: Wulff D. A. A. Joffe und die russische Aussenpolitik: Unveröffentlichte Dokumente // Berliner Jahrbuch für osteuropäische Geschichte: Elitenwandel und Modernisierung in Osteuropa. 1995. Nr. 1–2. Важнейшим исследованием остается работа: Leidinger H., Moritz V. Gefangenschaft, Revolution, Heimkehr: Die Bedeutung der Kriegsgefangenenproblematik für die Geschichte des Kommunismus in Mittel-und Osteuropa 1917–1920. Wien; Köln; Weimar, 2003.

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фрагментации в советской историографии превратилась в распад на национальные, а потому еще менее склонные к рассмотрению надрегиональных проблем центры исследований. Российская постсоветская историография продолжает многие традиции, в частности, почти всегда неразрывно рассматривая интервенцию и гражданскую войну, но «забывая» об иной логике действий интервентов, руководствовавшихся интересами военной кампании 1918 г., а не перипетиями политического хаоса в Российской империи22 . «Помогают» этому огромные лакуны в корпусе источников и литературы, введенном в оборот русскоязычной историографии23 . Те же лакуны остаются и в украинском научном обороте, что особенно бросается в глаза при в целом огромном внимании историков этой страны к героизированному периоду «усилий по освобождению» 1917–1921 гг., а в особенности к Украинской державе и вооруженных силах как гетмана, так и его противников24 . При такой историографической ситуации тем важнее подчеркнуть, что в имплементации Бреста, в «проверке на практике» его положений или отсутствия таковых участвовали все 4 члена блока Центральных держав, причем три империи – активно. Роль Болгарии также была далеко не наблюдательной, ведь она сводилась к попыткам компенсировать усиление Австро‐Венгрии и Турции в регионах за пределами Балкан за счет усиленных притязаний в Добрудже и/или Фракии. Таким образом, Болгария оказывалась связующим звеном для целого ряда критических для равновесия и скрепления коалиции дискуссий, так что могла грозить нарушением договоренностей, заключенных без учета ее интересов. Тот факт, что крах Центральных держав впоследствии начался именно с Салоникского фронта, доказывает, что позиция Болгарии оказывалась критически важной для общего баланса сил в Четверном союзе. Отсутствие же коалиционной стратегии ускорило крах совместных усилий и на Балканах25 . В связи с отсутствием коалиционной стратегии, приводившей к взаимному недоверию Центральных держав с самого начала переговорного процесса в Бресте26 , про22

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Так, основанная на массе новых источников работа А.С. Пученкова рассказывает об интервенции в рамках Гражданской войны, но Центральные державы остаются в такой версии явно второстепенными акторами на оккупированных ими территориях. См.: Пученков А.С. Украина и Крым в 1918 – начале 1919 г.: Очерки политической истории. СПб., 2013. Это особенно заметно на примере австро‐венгерской мемуаристики, из которой на русском языке опубликованы воспоминания только графа Оттокара Чернина и главы разведки Максимилиана Ронге. Мемуары бывшего фактическим главнокомандующим австро‐венгерской армией в 1917–1918 гг. Артура Арца фон Штрауссенбурга 1924 г. изд. не переведены до сих пор. См.: Чернин О. В дни мировой войны: Мемуары министра иностранных дел Австро‐Венгрии. СПб., 2005; Ронге М. Разведка и контрразведка. СПб., 2004. См.: Тинченко Я.Ю. Офіцерський корпус Армії Української Народної Республіки (1917–1921). У 2 кн. Київ, 2007–2011. Красочное описание внезапного развала общего фронта и последующего анабасиса германских войск см.: Notz F. v. Deutsche Anabasis 1918: Ein Rückzug aus dem bulgarischen Zusammenbruche in Mazedonien. Berlin, 1921. Так, получив от кайзера в конце ноября 1917 г. инструкцию добиваться русско‐германского сближения, глава германской дипломатии Рихард фон Кюльман тут же набросал несколь-

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цесс имплементации Бреста привел к обострению двусторонних отношений между гегемоном альянса и двумя его основными партнерами, причем беспрецедентно острыми стали германо‐турецкие конфликты весны-осени 1918 г. Накопившееся за годы Великой войны взаимное раздражение и недоверие накладывалось на чрезвычайно слабую информированность о реальном положении в армиях и в экономике партнеров по Четверному союзу, вызванную дезинформацией друг друга, а также постоянным конфликтом между военными и дипломатами внутри каждой из держав. Все это регулярно приводило к недопониманию и неожиданностям. Так, германские военные и дипломаты совершенно не желали учитывать катастрофическое социально‐экономическое положение двуединой монархии к концу 1917 г.27 , которое не исправил даже разгром Италии под Капоретто, а потому не видели оснований для далеко идущих планов графа Оттокара Чернина пойти навстречу большевикам в переговорном процессе. Именно важность реализации и дополнения Брестских договоров наиболее остро поставила вопрос о завершении оформления прочной коалиции 4 держав и заключения конкретных соглашений о взаимных обязанностях и разделе сфер влияния. Усилия в этом направлении дали лишь частичные результаты, приведя к достижению ряда отдельных компромиссов (например, германо‐австрийского соглашения от 28 марта о разделе на оккупационные зоны Украины, серии германо‐турецких компромиссов о Закавказье, увенчавшихся тайным протоколом от 23 сентября), на что было потрачено немало времени и сил, хотя всякий раз результат не удовлетворял ни одну из сторон, рассматриваясь как паллиатив. Логичным следствием этого были оживившиеся усилия Австро‐Венгрии и Турции по координации действий, ведь обе державы стремились уклониться от дальнейшего оформления германского тотального диктата28 и продолжать свою линию на оккупированных территориях, обзаведясь собственными сателлитами (например, националистическим крылом Центральной рады или Исламской армией в Азербайджане, соответственно). Это не могло не вызвать резко отрицательную реакцию военно‐политического руководства Германской империи, полагавшего, что единственным шансом Центральных держав на победу

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ко предложений и предупреждал «Австро‐Венгрия будет относиться к этому сближению с недоверием и неодобрением. Я бы расценил излишнее рвение графа Чернина прийти к соглашению с русскими как желание опередить нас и помешать Германии и России установить тесные отношения, которые были бы нежелательны для Дунайской монархии. Нам ни к чему добиваться расположения русских. Мы достаточно сильны, чтобы спокойно выжидать; наше положение дает нам гораздо больше возможностей, чем Австро‐Венгрии, для того, чтобы предложить Росси все, что ей нужно для восстановления ‹…›. Я оптимистически расцениваю развитие дел на Востоке, ‹…› сейчас важно сохранить определенную сдержанность в наших отношениях с австро‐венгерским правительством по всем делам, в том числе и по польскому вопросу». Цит. по: Германия и революция в России: 1915–1918 / Ю.Г. Фельштинский (сост.). М., 2013. С. 186–187. См., напр.: Landwehr v. Pragenau O. Hunger: Die Erschöpfungsjahre der Mittelmächte 1917–18. Zürich, 1931. См. подр.: Will A. Der Gegenspieler im Hintergrund: Josef Pomiankowski und die antideutsche Orientpolitik Österreich‐Ungarns 1914–1918 // Erster Weltkrieg und Dschihad: Die Deutschen und die Revolutionierung des Orients / W. Loth, M. Hanisch (Hrsg.). München, 2014. S. 193–214.

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является жесткое подчинение общих усилий единой воле германской Ставке во главе с Эрихом Людендорфом. Доходило до угроз разрывом союза, отягощенного личными конфликтами (и не только представителей разных государств, но и внутри элит), даже до участия в военных действиях друг против друга под прикрытием локальных группировок (антигетманские акции австро‐венгерских эмиссаров, перестрелки грузинской армии под руководством германских инструкторов с турецкими войсками и даже участие в боях с турками германских офицеров на стороне армян29 , конфликт относительно похода на Баку). Шли ожесточенные столкновения из-за источников и поставок сырья и жизненно важного продовольствия, шантаж и подкуп лимитрофов Российской империи материальными ресурсами и возвращением военнопленных, а также намеки на вооруженную поддержку территориальных притязаний (например, Украины на Крым). Разумеется, беспрерывные столкновения в значительной степени были вызваны не только борьбой за координацию действий членов коалиции, но и большим количеством лакун в Брестских договорах, только усугублявшихся из-за тенденции к постоянному дроблению и усложнению системы сил на пространстве бывшей Российской империи. Упрощение Брестской системы за счет разгрома нежелательных и нежизнеспособных сил было выгодно в первую очередь именно главным ее акторам (то есть Германии и Советской России), что зачастую прямо противоречило надеждам их союзников. Каждый значимый участник Бреста желал бы создания системы лояльных лишь себе сателлитов, чтобы расширить коалицию за счет вновь созданных локальных вооруженных сил, однако такую привилегию Германия и Советская Россия намерены были оставить исключительно за собой. Германская империя возлагала определенные надежды на становление и взаимодействие с армиями Финляндии, Грузии, монархической Литвы, в отдаленной перспективе и гетманской Украины. Однако она совершенно не желала допускать переформирования польских войск в случае реализации австро‐польского решения, с подозрением относилась ко всем вооруженным силам на Украине, опиравшимся на бывших подданных Австро‐Венгрии из Галиции, не слишком охотно допускала возможный протекторат над Арменией габсбургской монархии. Крайне тревожили творцов германской Ostpolitik и пантюркистские проекты Турции, ее активная экспансия не только в Закавказье, но и в северной Персии и Дагестане. Характерно, что в процессе имплементации Бреста Германия совершенно не желала позволить самостоятельных действий формально равноправным ей и союзным государствам из стран‐лимитрофов. Именно поэтому Германия активно участвовала в прекращении активной фазы советско‐финляндской войны после мая 1918 г., но наиболее показателен пример крупнейшего из ее «построссийских» союзников – Украины. При всех усилиях украинской историографии подчеркнуть вклад войск УНР в ход весенней кампании 1918 г. на Востоке ни о какой первостепенности или самостоятельности их в имплементации обоих Брестов не может быть и речи. Сфера влияния и детали взаимодействий достаточно жестко диктовались германскими во29

См., напр.: Baumgart W. Deutsche Ostpolitik 1918. S. 192. Беглый обзор непростого вопроса о позиции Германии в армянском вопросе: Bihl W. Die Kaukasus‐Politik der Mittelmächte. S. 54–61.

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енными, попытки выйти за рамки оговоренного пресекались (например, после ультиматума 26–27 апреля были изгнаны войска УНР из Крыма, пресечена эскалация целого ряда советско‐украинских инцидентов на демаркационной линии в мае-сентябре 1918 г.) Если бы гетманской армии позволили бы действовать хотя бы столь же самостоятельно как, например, османской, то широкомасштабной войны между Киевом и Москвой было бы не избежать, что в отсутствие действительно сформированных, а не оставшихся на бумаге 8 корпусов имело бы для Украинской державы фатальные последствия. Куда более важную роль она сыграла как площадка для поддерживаемых Германией на среднесрочную перспективу антибольшевистских проектов прогерманской ориентации (Южная и Астраханская армии), а также как страна‐транзитер оружия и сырья во взаимовыгодных контактах с Доном и Кубанью. Именно такая ее функция оказывалась для германской политики на Востоке оптимальной, поэтому неслучайна и попытка низвести до такого же положения – лишенного внешнеполитической субъектности сателлита – и Советскую Россию в июле–августе 1918 г. После убийства графа Вильгельма фон Мирбаха большевистское руководство оказалось под мощным давлением германских дипломатов Курта Рицлера и Карла Гельфериха30 , попытавшихся добиться ввода германских войск в Москву, а затем взявших курс на разрыв дипломатических отношений с отъездом германской миссии из столицы страны Советов. Тем не менее, разгром лево- и правоэсеровских восстаний в Москве и ряде городов Поволжья силами РККА и без прямого участия германских войск (хотя эсеровская пропаганда утверждала обратное) убедил и Берлин, и некоторых оппонентов большевиков внутри России в их самостоятельности, как фактора в имплементации Бреста. Нет сомнений в том, что большевистский режим, согласись он на унизительные требования, был бы все же свергнут на волне антигерманских настроений. Советская Россия в отличие от гетманской Украины осталась все же контрагентом Германии, а не сателлитом. Пусть даже за это ей вскоре пришлось заплатить дорогую цену, в самом прямом смысле этого слова. Более того, и после этого кризиса оставалась ненулевая вероятность прямого военного сотрудничества Германии и РСФСР для совместной борьбы с Антантой, например, на русском Севере31 . Новый (с 9 июля 1918 г.) глава германской дипломатии Пауль фон Хинтце32 с некоторым трудом сумел добиться проведения своей линии на продолжение сотрудничества с большевиками, что и привело к подписанию Добавочного договора 27 августа, ставшего важнейшим рубежом в процессе имплементации Брестских договоров. Затяжная стадия его согласования завершилась‐таки чрезвычайно спорным и довольно 30

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См. подр.: Helfferich K. Der Weltkrieg. 3 Bde. Bd. 3: Vom Eingreifen Amerikas bis zum Zusammenbruch. Berlin, 1919. S. 463 след.; Riezler K. Tagebücher, Aufsätze, Dokumente / K. D. Erdmann (Hrsg.). Göttingen, 1972. S. 465–475, 713–732. См.: Чистиков А.Н. Советско‐германские отношения летом 1918 г. в исследованиях В. Баумгарта и Х. Хервига (к истории операции «Шлюссштайн») // Государственные институты и общественные отношения в России XVIII–XIX вв. в зарубежной историографии / В.А. Шишкин (ред.). СПб., 1994. С. 132–151. См. подр.: Paul von Hintze: Marineoffizier, Diplomat, Staatssekretär: Dokumente einer Karriere zwischen Militär und Politik, 1903–1918 / J. Hürter (Hrsg.). München, 1998.

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угловатым компромиссом, являвшимся тяжелым ударом по с таким трудом поддерживаемой фикции коалиционного характера реализации договоров от 9 февраля и 3 марта. Добавочный договор был заключен как дополнение к договору 5 стран, но участвовали в его создании и подписании только 2 из них. Германская империя попросту не привлекла своих официальных союзников к новому раунду тяжелых дискуссий о судьбах территорий бывшей Российской империи, присвоив себе право принимать решения без оглядки на их позицию. Воля главных акторов к редактированию Брестской системы в сторону управляемости, а значит упрощения возобладала над дипломатическими условностями и рисками. Таким образом, Добавочный договор был попросту продиктован союзникам обеих сторон (например, прибалтийским коммунистам, в том числе идейной части такой опоры Совнаркома как латышские стрелки, которые должны были теперь смириться с отказом Советской России от каких бы то ни было прав на бывшие остзейские губернии). Разумеется, лишенные даже формального воздействия на выработку условий державы Четверного союза были возмущены подобным обращением, однако к этому моменту обстановка на фронтах и тем более в тылу воюющих против Антанты стран складывалась таким образом, что до сколько‐нибудь серьезной фронды дошло только в Османской империи. Вместо коалиционной стратегии Германия с согласия Советской России предоставляла своим союзникам и сателлитам прояснить ряд остающихся локальных проблем в рамках двусторонних договоренностей (советско‐украинских, советско‐финляндских, германо‐турецких и т.д.) Если Германия и намерена была сделать уступки, то лишь в форме подачек и по ходу консультаций в пределах уже взятых ею на себя обязательств (как это было, например, в ходе сентябрьского визита Талаат-паши в Берлин из-за резкого неприятия Портой условий Добавочного договора). Дополнительным стимулом к тому, чтобы все младшие партнеры по Брестской системе приняли Добавочный договор как данность, своего рода «Брест-2», и включились в процесс имплементации уже измененных условий, стала чрезвычайно быстрая публикация и ратификация его обеими подписавшими сторонами (что особенно показательно, учитывая беспрецедентно критическую и для Германии, и для Советской России обстановку в конце августа – начале сентября 1918 г.). Полномасштабный коалиционный кризис Центральных держав не успел разразиться и в связи с явными признаками катастрофического для них финала кампании 1918 г. В течение недели с 14 по 21 сентября 1918 г. произошли критические события: после мятежа в Софии, перекинувшегося в войска Салоникского фронта, для Болгарии стали совершенно неактуальны любые вопросы кроме отчаянных попыток с помощью германских войск не допустить революции в стране, Австро‐Венгрия обратилась к Антанте со столь же несогласованным с партнерами, как и Добавочный договор, предложением о мире, в том числе сепаратном, что само по себе означало конец существования Четверного союза, турецкие и азербайджанские войска заняли Баку, что спровоцировало резкую реакцию не только Советской России (заявившей даже о разрыве Брестского мира с Османской империей), но и Германии, обвинявшей союзника в том, что она допустила развал фронта в Палестине и Сирии, увлекшись избыточной экспансией в Закавказье. Кризис на Балканах заставил начать вывод сосредоточенной в Грузии для атаки на Баку 20‑тысячной германской группировки. Подписанный 23 сентября в Берлине германо‐турецкий протокол о дальнейших дей-

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ствиях в Закавказье33 был пирровой победой Хинтце. На Западном фронте продолжалось тяжелое отступление германских войск, которое все менее походило на временный переход к обороне после ряда наступательных операций в марте–июле. В Германии удавалось оттягивать признание поражения до 29 сентября, когда развал периферийных фронтов и неспособность стабилизировать фронт во Франции были признаны лично Эрихом Людендорфом перед политическим руководством империи. Тем не менее, имплементация «отредактированного» Бреста хотя бы там, где для этого не требовалось согласие союзников все же началась: в обмен на первые поставки золота было подписано соглашение о порядке очищения части оккупированных белорусских территорий, возобновились переговоры по проблемам судоходства на Балтике и будущему разграничению в Латгалии, а также о поставках угля в Петроград. Но даже в конце сентября 1918 г. имплементация Брестских договоров, а точнее инерция и последствия этого процесса оставались проблемой не только Германии, но и ее союзников. Болгария никак не могла вернуть из Севастополя охваченный мятежом крейсер «Надежда», турецкие войска вторглись в Дагестан, стремясь продолжить экспансию даже на фоне утраты большей части своих владений, населенных арабами, австро‐венгерская оккупационная армия на Украине нуждалась в подготовленной и быстрой эвакуации, на что она вряд ли была способна из-за разложения войск и хаоса в управленческом аппарате распадающейся империи. Выход из войны по очереди всех стран Четверного союза, отмена всех договоров Брестской системы по условиям Компьенского и других перемирий, а также торжественное аннулирование Бреста Советской Россией 13 ноября означали окончание процесса имплементации Брестских договоров, однако не могли ликвидировать в одночасье последствия и инерцию этого процесса, в который оказалась особенно сильно вовлечена Германия. Претворить в жизнь согласованную коалиционную стратегию на Востоке даже в, казалось бы, оптимальных условиях ею же продиктованного мира она не смогла. Имплементация договоров требовала значительной большей координации действий, нежели простая диктовка условий. Стремительно сокращавшиеся военные ресурсы на Востоке обязывали привлечь к развитию Брестской системы лояльных Кайзеррейху союзников и вновь создаваемые вооруженные силы сателлитов. Однако базовым условием этого была заинтересованность участников Бреста в выстраивании долговременной структуры такого порядка в Восточной Европе, которая отсутствовала у всех, кроме Германии, в том числе из-за нежелания последней идти на серьезные уступки амбициям или нуждам партнеров, а уж тем более контрагентов. Вместо эффективного использования ограниченных ресурсов держав Четверной коалиции для гегемонии на огромных пространствах бывшей Российской империи германская Ставка вынуждена была принимать на себя риски и расходы по поддержанию необходимого баланса сил. Это стоило ей чрезмерных усилий на так и не ликвидированном Восточном фронте Великой войны, привело к провалу попыток максимальной концентрации войск для решающей кампании на Западе и военного поражения к 11 ноября по очереди на всех театрах военных действий, кроме Восточного.

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См. подр.: Bihl W. Die Kaukasus‐Politik der Mittelmächte. S. 109–124, 251–260.

Наталия Копча Политический миф в контексте культурного трансфера: Артур Мёллер ван ден Брук и его политическая рецепция произведений Ф.М. Достоевского На рубеже XIX–XX вв. произведения русского писателя Федора Достоевского были заново открыты в Германии и восприняты с удвоенной силой, но не столько в культурно‐критическом или эстетико‐литературном, сколько в политическом плане. Инициатором этого процесса стал Артур Мёллер ван ден Брук, который приобрел известность как идеолог так называемой «консервативной революции»1 и автор книги «Третий рейх» („Das Dritte Reich“) – главного произведения его жизни2 . В период с 1906 по 1919 гг. впервые было опубликовано немецкое издание полного собрания сочинений Достоевского3 , первый том которого произвел глубокое впечатление на немецких интеллектуалов, таких как Томас Манн, Отто Юлиус Бирбаум, Герман Бар и Стефан Цвейг. Издателем Достоевского стал молодой немецкий публицист Артур Мёллер ван ден Брук, который предложил идею этого грандиозного проекта одному из новоиспеченных издательств. В свою очередь начинающий издатель Райнхард Пипер рассматривал Мёллера как перспективного автора, уже завоевавшего известность на книжном рынке и способного написать собственные оригинальные предисловия к произведениям Достоевского. Действительно, эти введения, написанные в национальном и консервативном духе, вызвали большой интерес в интеллектуальных кругах Германии. Немецкое издание полного собрания сочинений Достоевского заложило основы для оригинального модуса политической рецепции, в рамках которой русский писатель стал «гарантом» идей новых немецких «правых». Мёллер спроецировал на Достоевского свое собственное политическое видение, не заботясь о языковой или содержательной точности. Не обладая языковыми и литературоведческими познаниями, он трансформировал идеи Достоевского, чтобы использовать их в качестве собственной неоконсервативной конструкции. Лесс Кэррик, переводчица Достоевского, в одном из писем критиковала Мёллера за то, что в своих введениях тот позиционировал себя как «творца». Это самопозиционирование Мёллера указывает, что он стремился сконструировать политический миф, который был призван послужить побудительным импульсом для нового немецкого историописания. Ниже предприни1 2 3

Mohler А. Die konservative Revolution in Deutschland, 1918–1932. Darmstadt, 1994. Moeller van den Bruck A. Das Dritte Reich. 1. Aufl. Berlin, 1923. Dostojewski F. M. Sämtliche Werke. 22 Bde. München; Leipzig, 1906–1919.

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мается попытка, представить политический миф как актуальную исследовательскую проблему в целях анализа политической рецепции Достоевского у Мёллера ван ден Брука. Начало XIX века знаменовалось основополагающими изменениями в сфере культурной политики как в Европе, так и в России. Однако вопросы веры, национального предназначения, исторического мессианизма и государственной идеологии были очень важны в России еще в XIX веке. Им противопоставлялись либеральные и социалистические концепции, перенятые на Западе. В науке и в культурной критике интеллектуалы искали новые подходы, которые позволили бы дать консервативный ответ на вышеназванные вопросы. Русские историософы, такие как Константин Леонтьев, Николай Данилевский и Лев Тихомиров, фокусировались в своих работах на национальных интересах, политической и культурной миссии России и ее главенствующей роли в будущем мироустройстве. В своих исследованиях они задействовали политическую мифологию, которая в своей историчности была связана с государственной идеологией. Их метод отличался новизной, поскольку речь шла не столько об исторических фактах, сколько о мифологемах как движущей силе исторического мессианизма России. Методология такого рода лишена рационального базиса и не может рассматриваться как инструмент науки. Открытая ими личностно‐образная форма была призвана послужить противовесом безличностно‐понятийной традиции. Ремифологизация, зародившаяся в немецкой романтике, переживала свой ренессанс в России во второй половине XIX века, соответственно в обеих культурах время расцвета ремифологизации пришлось на рубеж веков. Последнее утверждение можно наглядно продемонстрировать на следующем примере: изучая программное произведение русского публициста и историософа Николая Данилевского «Россия и Европа» (1869), Николай Шестов констатировал, что автор как консерватор прокламирует три политических мифологемы общественно‐политического сознания XIX века: историческое развитие России согласно идеологии «Третьего Рима»; русский народ как мессия и носитель идеи «Третьего Рима», а также особое качество народного духа как источника этой идеи. Сводя воедино эти три политические мифологемы, Данилевский опирался на принцип достаточности информации и ввел термин «культурно‐исторический тип». Его систему нельзя признать научной, поскольку базисом для нее послужили не исторические или политические факты, а стереотипы восприятия этих фактов, укоренившиеся в сознании его современников. При этом доминировало представление, согласно которому европейско‐азиатская история представляет собой процесс конфронтации между Русской православной церковью и западноевропейским католицизмом. Этот стереотип разделяли не только западники и славянофилы, его также исповедовала официальная идеология. Данное утверждение, укорененное в массовом политическом сознании, преподносилось Данилевским как исторический факт, не подлежащий сомнению. Из этого основополагающего стереотипа Данилевский делал следующий вывод: Россия движется к своему грядущему величию, так как добро должно одерживать верх над злом. Данилевский развивал свою теорию дальше и пришел к выводу, что источником добра в русском народе является не религия, а природа. При таком теоретизи-

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ровании, считал Шестов, не требуется аргументации, речь идет об априорной действительности4 . Что же касается Германии, то культурный и политический кризис оказал здесь решающее воздействие в первую очередь на мировоззрение философов, культурных критиков, писателей, публицистов и политиков. Невозможность воспринять рационально выстроенную картину мира обусловила потребность в новых формах выражения, где некоторые элементы знания были заменены метафорами и социальными мифами. Такого рода формы могли взять на себя роль религии, уже утратившей свои позиции. В это же время свое воздействие стала оказывать еще одна форма общественного сознания – сакральная. Сакральность была ответом на универсальную потребность, вытекающую из неопределенности и непредсказуемости человеческого бытия. К сакральному измерению относятся мифы, магия и религия. Их особенность состоит в том, что они a priori не подлежат проверке. В них нельзя сомневаться, поскольку они апеллируют к вере и опираются на веру. Их сила состоит не в аргументации как таковой, а в авторитете того, кто их высказывает. Так как Бог умер, а магия была не в состоянии объяснить социокультурные проблемы, остался миф в качестве феномена, способного адаптироваться к социально‐политическому контексту. Рациональное восприятие мира было заменено в 1900‑х годах мифологией. Особенно ярко это нашло свое выражение в философии культуры и в историографии, поскольку они имели отношение к политике. В итоге сформировались так называемые политические мифы. Когда в случае с тем или иным политическим мифом речь не идет об универсальном культурном феномене, исследователи обычно связывают его с национальным сознанием. В свою очередь корни последнего ищут именно в национальных мифах. Существует обширная исследовательская литература, которая посвящена теории политического мифа и его национальному осуществлению. Так, например, в своей книге «Politischer Mythos und symbolische Politik» («Политический миф и символическая политика») Андреас Дëрнер интерпретирует миф об Арминии [херуске Германе]5 . Но что было бы, если импульс возникновения национального мифа задавался не элементом национальной культуры, а внешним объектом? Таким образом, научная проблема и ее значимость состоит в том, что до сих пор в ходе изучения политического мифотворчества не ставился вопрос о взаимосвязи между политическим мифом и культурным трансфером. Исследователями, как правило, анализируются исключительно исторические, социальные и идеологические аспекты, в то время как культурное пространство как таковое и динамические процессы, с опорой на которые возникают политические мифы, источником которых служит другое культурное пространство, не становились предметом изучения. Кроме этого, в научной литературе наблюдается полифония мнений по поводу того, что именно следует понимать под термином «политический миф». Это обусловлено его

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См.: Шестов Н. Политический миф теперь и прежде. М., 2005. С. 165–166. Dörner A. Politischer Mythos und symbolische Politik: Sinnstiftung durch symbolische Formen am Beispiel des Hermannsmythos. Opladen, 1995.

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двойственностью. На данную проблему указывает и английский политолог Кристофер Флад: Особенно удивляет относительно небольшое количество теоретических исследований политического мифа в сравнении с огромным количеством материалов, посвященных общей теории мифа (я называю ее теорией священного мифа во избежание путаницы), или теории идеологии, которые обе тесно связаны с теорией политического мифа. ‹…› ученые, изучавшие политический миф, в основном склонялись к тому, чтобы либо сфокусироваться на теории священного мифа, с несколькими короткими комментариями по поводу идеологической концепции, либо, гораздо реже, на теории идеологии, с беглыми аллюзиями на теорию священного мифа6 .

Соответственно, у исследователей отсутствует требуемый методический инструмент, не говоря уже о случае трансфера из одного культурного пространства в другое. Ниже на примере политической рецепции произведений Достоевского в Германии будет показано, как объект чужой культуры в состоянии способствовать тому, чтобы в принимающей культуре был запущен процесс национальной идентификации. Наша задача состоит в том, чтобы объяснить, как новый политический миф может быть создан на основе чужой культуры. Под «политическим мифом» здесь понимается статическое образование, обладающее мифологической природой, но не связанное с религией или трансцендентными категориями. Этот культурный феномен задает специфическую оптику восприятия реальных событий, описывает их и объясняет. Политический миф является инструментом, с помощью которого можно истолковать запутанные события или ситуации, а также выстроить концепт коллективного будущего. Дёрнер характеризует политический миф как «специфическую семиотическую категорию, которая специализируется на переработке определенных проблем политической коммуникации. Политические мифы являются нарративными символическими образованиями с неким потенциалом коллективного воздействия на основополагающие проблемы организации социальных объединений»7 . Центральное место в тезисах Дёрнера занимает «потенциал воздействия». Он указывает на важнейшие социальные функции политических мифов, которые создают коллективную идентичность, и, таким образом, влияют на членов общества и способствуют их мобилизации. Конечным результатом воздействия функционирующего мифа являются его восприятие и продуктивное усвоение публикой. Дёрнер выделяет следующие «центры тяжести», которые определяют мифотворчество: Во-первых, политический миф не может возникнуть из ничего. Он постоянно нуждается в актуальной основе, но также в событии или личности. Во-вторых, мифотворчество должно быть сопряжено с «принятыми в обществе семантическими традициями и структурами образов»8 . В‑третьих, всегда имеются эмоциональные и эстетические «горизонты ожидания», которые определяют, что может проникнуть в

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Flood Ch. Political Myth: A Theoretical Introduction. New York; London, 2013. P. 3–4. Dörner A. Politischer Mythos und symbolische Politik. S. 43. Там же. S. 61.

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сферу общественной коммуникации, а что – нет. Если эти теоретические построения рассмотреть из перспективы культурного трансфера, то данный пункт напоминает о необходимости «встречных течений»9 , которые задают «горизонты ожидания» и приводят к обновленному воплощению того или иного объекта. Культурный трансфер в определенной мере присутствует также в случае со следующим пунктом, поскольку речь идет о различных культурных уровнях и средствах коммуникации, которые облегчают трансляцию и популяризацию мифа, чтобы последний смог стать более эффективным. В завершение Дёрнер указывает на смысловой потенциал, который представляет собой переменную величину в коммуникативных властных отношениях. Таким образом, Дёрнер подчеркивает важность политического мифа для сферы коммуникации общества. Названные ключевые пункты дают возможность, связать политические мифы, нацеленные на трансляцию и воздействие на социум, с культурным трансфером, что будет проиллюстрировано далее. Все вышесказанное относится к внешним признакам политического мифа. Однако необходимо сказать также несколько слов о его внутренней структуре. Наряду с такими конструктивными признаками как нарративность и образность, политический миф, согласно Дёрнеру, имеет также «глубинные структуры». Дёрнер исходит из того, что эти «глубинные структуры» состоят из актантов и их взаимодействий. В этой связи он упоминает русского литературоведа Владимира Проппа, который в своем главном произведении «Морфология сказки» (1928) доказал, что все сказки однотипны по своему строению и имеют неизменную структуру функций действующих лиц. Начиная с 1960‑х годов, в первую очередь французские исследователи нарратологии изучали, в какой степени допустимо перенести эту схему Проппа на все нарративы. Так как любой миф представляет собой прежде всего нарративное повествование, следует уточнить выработанную Проппом модель применительно к политическим мифам и культурному трансферу. Далее мы попытаемся выяснить, можно ли применить эту модель к политической рецепции Достоевского в Германии. У Проппа речь идет о постоянных актантных глубинных структурах сказки, которые задают неизменные действующие сказочные персонажи и их функции: герой, антагонист, ложный герой, даритель, помощник и отправитель. При этом важно, что разные актанты или, соответственно, их функции могут как воплощаться в одной фигуре, так и быть распределены среди многих фигур. К этим типам фигур следует добавить трикстера (плута и обманщика), который также присутствует у Дёрнера. Он характеризует политический миф посредством «структуры трикстера», где обманщики являются не только амбивалентными актантами, которые воплощают дух противоречия и связывают несвязуемое, но и медиумами для передачи политических мифов10 .

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Веселовский А.Н. Историческая поэтика. М., 1989. С. 495. Dörner A. Politischer Mythos und symbolische Politik. S. 156.

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Что же касается российских исследователей мифологии, то здесь следует упомянуть статью Льва Мутовкина11 . Он выделяет в общей сложности девять типов политического мифа, из которых три важны для нашей работы. Первым является «миф о золотом веке», который призывает вернуться к истокам и прокламирует «светлое» будущее. Второй миф – это миф о «герое‐спасителе», которому приписывается харизма и который должен обладать даром пророка. Третий, «миф о единстве», основывается на противопоставлении «друзья» – «враги», «свои» – «чужие», но также «мы» и «они». «Они» являются главной причиной всех наших несчастий и стремятся отобрать «наши» ценности и потому спасение заключается в единстве и противостоянии «им». Эти типы мифов хорошо совместимы с культурным трансфером применительно к рецепции Достоевского в Германии, поскольку они оперируют такими категориями, как «призыв к национальному», «свои» и «чужие» или «объект как герой». Одним из свойств политических мифов, согласно Мутовкину, является «полиморфность»: один и тот же набор символов может присутствовать в разных мифах, в то время как одна тема может по-разному проявляться в одном и том же мифе12 . За счет этого обеспечивается вариативность. Подводя итоги, политический миф можно определить как функциональное средство, который в нестабильной политической ситуации упорядочивает картину мира за счет своего потенциала воздействия и мобилизует людей с различными эмоциональными и эстетическими горизонтами ожидания. В противоположность классическому мифу, основой для политического мифотворчества являются актуальные события или конкретные люди. Базируясь на своей нарративности, политический миф предлагает обществу коммуникативный рассказ, предполагающий определенную структуру. Эта структура пытается упорядочить акторов и их взаимодействия таким способом, чтобы миф приобрел смысловой потенциал, который ориентируется на его дальнейшую трансляцию и популяризацию в средствах массовой информации. Субстанция политического мифа концентрируется в первую очередь на поисках «национального». Самая простая схема может быть выстроена следующим образом: имеются два коллективных актанта, враждебно настроенных по отношению друг к другу, причем один из них может быть спасен героем с помощью какого-либо средства, в результате акта спасения достигается и утверждается желанный объект («единство», «золотой век»). Культурная и социально‐политическая ситуация в Германии на рубеже XIX– XX вв. может быть в общем и целом описана термином «культурный пессимизм». Общество склонялось к отказу от либерализма, который характеризуется сочетанием материализма, парламентаризма и буржуазности. Чтобы освободиться от разногласий, идеализма и бесчувственности, немцы искали новые объяснительные модели,

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Мутовкин Л.А. Политические мифы в процессе манипуляции сознанием. URL: http://kak. znate.ru/~docs/index-86946.html Там же. S. 4.

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новые духовные и моральные ценности, искали «сильного человека»13 , национальную идею и национальную идентичность, а также альтернативу современности. Все политические феномены были сведены исключительно к противостоянию между Германией и ее врагами. Опираясь на вышеописанную схему, можно утверждать, что Германия и Запад выступали антагонистами. Германия стремилась вернуть свое утраченное национальное предназначение. Для этого необходимо было найти спасителя, героя, который мог бы привести ее в «золотой век». В этой крайне нестабильной ситуации сформировался обновленный образ Достоевского. Но почему именно Достоевского? Чтобы ответить на этот вопрос, надо различать три течения в восприятии идей Достоевского: нешнеполитическое, внутриполитическое и предполитическое (метафизическое). Достоевский как носитель русской «народной идеи» отвечал внешнеполитической программе Германии, направленной против Запада и нацеленной на приобретение новых колоний. С одной стороны, Германия укрепляла свои позиции в Европе, где ведущие роли играли Великобритания и Франция. В результате обе эти страны воспринимались как препятствие на пути осуществления германских амбиций. С другой стороны, начиная с 1890‑х годов, Германия сделала ставку на мировую политику с целью завоевания новых территорий. В Достоевском видели сторонника этой политики, в первую очередь об этом речь шла в его публицистике. Таким образом, Достоевского можно было, во-первых, характеризовать как категорического противника манипулирующего Запада или, соответственно, либерализма, во-вторых, он высказывался за то, чтобы Константинополь принадлежал России14 , что можно было интерпретировать как экспансионистскую политику. Идеи Германии и идеи Достоевского гармонировали также во внутриполитическом отношении. Его призыв к национальному, к народу и «почве» сочетался с немецкими поисками своей идентичности. Достоевский был «почвенником» – он заявлял о неразрывной связи между народом и землей, которая по его мнению является ключом к открытию национального начала и неминуемо приведет к объединению человечества. Кроме того, Достоевский рассматривал народ предполитически, что сыграло решающую роль в рецепции его идей в Германии. Для него русский народ означал метафизическую, духовную силу, призванную объединить все остальные народы. В этом он видел историческую миссию русского народа, представленную в Германию двояко в отношении понятия «народ». В первую очередь немецкие интеллектуалы были воодушевлены принципиальной идеей Достоевского, согласно которой каждый народ имел свою собственную историческую миссию, скрытую в глубинах национального духа. С этой точки зрения концепция Достоевского была образцом для установления идеи «немецкого народа». Что же касается Мёллера ван ден Брука как лица, действующего в данном контексте, то он писал свои введения к полному собранию сочинений Достоевского не

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Stern F. Kulturpessimismus als politische Gefahr: Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland. Bern u. a., 1963. S. 16. См.: Достоевский Ф.М. Дневник писателя. Собр. cоч. в 15 т. T. 14. СПб., 1995. С. 268.

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как культурный критик и не как историк, а как провозвестник «конформистского общества», общества вождя и ведомых, которое под воздействием внутри- и внешнеполитических процессов еще только складывалось в предвоенной Германии и окончательно сформировалось уже после Первой мировой войны. Мёллеру нет дела до рефлексии по поводу исторической достоверности, ему важно сформулировать расхожий нарратив, который может послужить самоутверждению идеологизированного «одобряющего общества». Чтобы задать такое особое направление развития, требовался нарратив политико‐мифологического свойства, обладающий высоким потенциалом объяснения. Такой исходный нарратив якобы дает возможность, выявить внутреннюю сущность народа и народного характера, а также объяснить историческую миссию, возложенную на народ или нацию. Мёллер использовал его, чтобы продвинуть свои идеи на политической арене. Посредством данной политико‐мифической инстанции Мёллер как бы осуществил трансформацию идей Достоевского. Главными объектами политического мифа выступают прежде всего прошлое и будущее, при этом прошлое проецируется на настоящее. Таким образом, настоящее поддается контролю. Посредством прошлого можно также изменить будущее. В политическом мифе будущее дуально: с одной стороны, это действительное будущее во времени, которое обещает счастье и процветание. С другой стороны, это утраченное прошлое, «золотой век» нации. Тем самым модель временного континуума ограничивается в политическом мифе только определенными событиями, которые имеют символическую ценность. При этом эксплуатируется подлинная идея, которая выставляет картину мира в особенно благоприятном свете. И эта идея превращается в видение будущего в результате возвращения к национальному. Это одна из целевых установок того времени. В истории всегда есть исходная точка, которая образует основу для возникновения политического мифа. Если мы будем рассматривать консервативную революцию через призму этой модели времени, то увидим, что консервативно‐революционное движение искало путь к великому будущему через прошлое: немецкие младоконсерваторы хотели разрушить настоящее как продукт непосредственного прошлого, чтобы осознать утраченное прошлое «золотого века» и тем самым создать новое «большое» будущее. Оставался вопрос, находится ли исходный пункт этого утраченного прошлого в немецкой национальной истории. Так, например, Мёллер ван ден Брук в своих работах никогда не писал о Карле Великом, зато упоминал князей и важнейшие события русской истории средневековья и Нового времени. Следовательно, можно с полным основанием утверждать: чтобы сконструировать национальный политический миф, речь не всегда должна идти о собственной национальной истории и собственных национальных героях. Введения Мёллера к произведениям Достоевского и посвященные ему статьи образуют многослойный политический миф, в котором русский писатель в качестве актанта носит в себе различные функции действия. Произошло это под влиянием внутри- и внешнеполитических событий в Германии. До Первой мировой войны Достоевский фигурирует в текстах Мёллера как герой и спаситель Германии, который вместе с русским народом провозглашает будущее, однако средства для достижения этой цели еще не найдены. Во время войны Достоевский подвергается дальней-

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шей политизации через язык и в период военного подъема возникает немецкий политический миф. И хотя после поражения Германии роль Достоевского сокращается, немецкий политический миф находит свое окончательное подтверждение. Настоящее должно быть разрушено во имя обретения идеалистического прошлого. Искомым объектом является золотой век нации, который прокламируется в главном произведении Мёллера как «Третий рейх». Средством достижения этой цели выступает консервативная революция. В 1906 г. вышел в свет первый том полного собрания сочинений Достоевского – роман «Бесы». Сюжет должен был объяснить немецкой публике причины первой русской революции. Так началась интеграция Достоевского в немецкое языковое пространство. Однако для нас интересен не сам роман, а введение к нему, написанное Мёллером. Первое введение под заголовком «Заметки о Достоевском»15 , о котором пойдет речь ниже, представляет собой не столько обыкновенную рецептивную апроприацию творчества Достоевского, сколько многогранный и динамичный процесс толкования. Отправными точками для Мёллера послужили мифологизация Достоевского и русского народа, в конечном итоге он фокусируется на политическом у Достоевского. В тексте можно выделить три ключевых пункта, связанных друг с другом: русский народ как миф, Достоевский как творец особой русской мифологии и роман «Бесы» как русский эпос. Именно в этом введении впервые употребляется формулировка «молодой народ», которая позднее станет одной из главных концепций Мёллера. Он объясняет, что под этим термином следует понимать «не возраст, но свежесть и полнота души определяет молодость народов. ‹…› Но народ, который и сегодня еще молод, такой как русский, по-прежнему близок земле и хаосу»16 . Из описания свойств русского народа, данных Мёллером, просвечивают черты мифа. Так, «молодость» русского народа характеризуется как мистика, в которой заключаются его «будущее и его миссия». Русский народ называется «провозвестником веры», только славянская мать могла «еще раз родить из восточного мира Будду или Иисуса». Все, что было создано духовного в славянстве, это всего лишь этапы «на пути от его латентной народной мистики к уже провозглашенной мировой религии»17 . Итак, перед нами мистификация, спаситель и послание. Это еще не политический миф, но использование Достоевского дает Мёллеру возможность вызвать дополнительные политические коннотации. Достоевский изображается Мёллером как единственный творец нового мировоззрения, который распознал истоки России и сумел связать их с реальностью. Мёллер анализирует культурную ситуацию в России в прошлом и настоящем и приходит к выводу, что только Достоевский был в состоянии, осознать русский или, соответ-

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Moeller van den Bruck A. Bemerkungen über Dostojewski // Dostojewski F. M. Die Dämonen. Sämtliche Werke. Abt. 1. Bd. 5. München; Leipzig, 1906. S. VII–XV. Там же. Там же.

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ственно, славянский народный дух, а также раскрыть «мистическую подоплеку»18 национального характера. Достоевский, писал Мёллер, снабдил Россию мифологией, но не в архаичном смысле, а «современной, натуралистической, психологической» мифологией. Мёллер использует здесь гибридный термин – «мифология реальности» („Wirklichkeitsmythologie“). Она касается не только России, но и всего мира: если для России важна мистика, то для мира важна реальность. Эта секуляризация самого понятия «мифология» и дуальная природа Достоевского (натуралист и мистик) адаптируют «чужое», делают его понятным. С одной стороны, Достоевский является носителем народного мифа, так как он является частью русского народа, с другой стороны, он – подручный западной культуры в духе политического мифа. Если Достоевский находится между гранями мистической мифологии и натуралистической действительности, то сам Мёллер балансирует между философской эстетикой и мифологической политикой, когда в конце введения он переходит к собственно интерпретации романа. Он определяет «Бесов» как «революционный эпос». Здесь изображается объединение действительности (революция) и неоархаики (национальный эпос). Политика является для Мёллера частью пути ко вселенской любви между людьми. Он констатирует: «Политическая и социальная область определенно есть та серединная область‐посредник, которую русская идеология никак не минует на своем пути к религии и теократии»19 . Мёллер пишет о «политическом утопизме, который может подняться до высот политической мистики». Здесь ясно различима тенденция к политическому мифу. Миф о молодом русском народе трансформируется у Мёллера, когда в фокусе оказываются специфические политические аспекты творчества Достоевского. В заключительных предложениях он перечисляет причины, которые побудили Достоевского к написанию романов: его «политические взгляды стали зрелыми и устойчивыми», кредо Достоевского – «совершенно определенный русский национализм и славянское расовое сознание». Эта концентрация на специфических аспектах творчества русского писателя указывает на интересы Мёллера, она послужила сначала базой для новой интерпретации Достоевского, а потом – основой для политического мифа. В 1908 г. Мёллер написал к очередному тому произведений Достоевского введение под названием «Замечания о возможностях Сибири»20 . Главной темой введения было будущее Сибири, где якобы формируется новый народ. Для нас важно, что именно Достоевский стал для Мёллера исходным пунктом этой идеи. Сибирь интерпретируется Мёллером как «место, где кипит жизнь, как место будущего»21 со своим собственным ландшафтом, где рано или поздно последует «политическое отделение и обособление» Сибири. В конечном итоге «русских и сибиряков будет связывать

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Moeller van den Bruck A. Bemerkungen über Dostojewski. S. X. Там же. Moeller van den Bruck A. Bemerkungen über sibirische Möglichkeiten // Dostojewski F. M. Die Dämonen. S. VII–XX. Там же. S. XII.

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Наталия Копча

только то, что вообще неразрушимо в жизни народов: расовый момент, общая славянскость»22 . С опорой на «Записки из мертвого дома» Достоевского, Мёллер представлял тезис, согласно которому в Сибирь добровольно переселялись наиболее сильные и деятельные личности из всех социальных слоев, в то время как «склонные к подчинению» и «менее деятельные» оставались в России. Мёллер ориентировался на расовую теорию, когда говорил о «законе отбора и предпочтительного выживания сильнейшей расы»23 . Сибирь, с его точки зрения, была лучшим местом для этого. Поэтому Мёллер согласен с Достоевским в том отношении, что сибиряки являются «самым одаренным, самым сильным народом из всего русского народа»24 . При этом Мёллер стремился дезавуировать разочарование Достоевского, которое выражалось в том числе в заголовке произведения, написав, что в Сибири он видит будущее «молодого», свободного и творческого народа со своими собственными, уже выработанными качествами. Последняя часть введения посвящена Достоевскому. Мёллер заявлял, что русский писатель придерживается панславистских взглядов и поэтому в отношении населения Сибири говорит о «русских», хотя «во всем сибирском повсюду натыкаешься на новые духовные ценности»25 . Для Мёллера Достоевский – «пророк», который сотворил «для Сибири первое антропологическое и психологическое свидетельство»26 , но пока еще не «сибирскую программу»27 . Кажется, что эту роль Мёллер ван ден Брук зарезервировал для себя самого. Таким образом, Мёллер сам стал творцом нового мифа о сибиряках как особом народе. Под «новым» народом он понимал соединение «лучших качеств» России и Сибири: из России были заимствованы декларируемые Достоевским психологизм и религия, Сибирь же рассматривалась как источник жизни, дела, труда и «возможно даже весьма значительной культуры» в контексте «пионерского духа ее населения»28 . В этом введении речь не идет о политике, но для нас важно отметить, как развивается позиция Мёллера. Во введении к роману «Идиот» (1909) миф о сибирском народе приобретает новое значение. Мёллер пишет, что для «страдающей» русскости характерными чертами являются христианство, терпение и смирение, в то время как «деятельная русскость» создает «собственно русские ценности» и называется «германо‐сибирской»29 . Отсюда Мёллер развивает оригинальную перспективу: если ранее он видел в Сибири «большое славянское будущее»30 , то теперь он ориентируется на «сибирские воз22 23 24 25 26 27 28 29

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Moeller van den Bruck A. Bemerkungen über sibirische Möglichkeiten. S. X. Там же. S. XII. Цит. по: там же. S. XII. Там же. S. XV. Там же. Там же. Там же. S. XIV. Moeller van den Bruck A. Bemerkungen über russische Mystik // Dostojewski F. M. Der Idiot. Sämtliche Werke. Abt. 1. Bd. 3. München; Leipzig, 1909. S. XVII. Moeller van den Bruck A. Bemerkungen über sibirische Möglichkeiten. S. XV.

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можности», на германское будущее, которое, тем не менее, он связывает с русской религиозностью. Хотя Мёллер ван ден Брук в этом введении больше пишет непосредственно о Достоевском, чем в предыдущих введениях, а также много его цитирует, русский писатель не играет здесь сколько‐нибудь значительную роль. Он только объект, в то время как Мёллер, без сомнения, выступает творцом мифа. У Достоевского он заимствует его главную тему – русский народ, а также указание на его миссию в мировой истории. Мёллер изменяет основные идеи Достоевского. В повороте Мёллера к Сибири и в его попытке, приспособить ее как место для германских народов или, соответственно, немцев, узнаваем интерес раннего XX века к Востоку. Именно Восток в это время критически противостоял западному рационализму. Мёллер считал, что Россия находится под сильным влиянием Запада, но все же он открыл в ней нечто новое и все еще неизвестное. Таким образом Мёллер инструментализировал этот культурно‐философский интерес и поместил его в геополитический контекст. В этом тексте Мёллер выступает на первом плане как творец мифа, в то время как Достоевский теряет в значении. Подводя итог, можно сказать, что Мёллер в рассматриваемых введениях к произведениям Достоевского выработал собственную теорию «молодого народа». От мистики он переходит к расовым идеям, от юной «русскости» – к новому «германо‐сибирскому народу». Идея Достоевского об искупительной силе русского народа была инструментализирована и трансформирована Мёллером таким образом, чтобы она могла соответствовать его «немецкой» концепции. Он характеризует роль религии как составной части России, которую подчеркивает Достоевский, и утверждает, что религия имеет значение и для нового сибирского народа. Отсюда следует, что новая мистическая религия и новый молодой народ могут послужить основой для нового рейха. Речь теперь идет уже не столько о миссии в христианском смысле, сколько о будущей геополитической ситуации, о борьбе России и Германии против Запада. Что же касается Достоевского, то его можно охарактеризовать как трикстера, поскольку в его случае не наблюдается сколько‐нибудь последовательного развития. Он является творцом мифа, пророком и посредником. Однако следует подчеркнуть, что Достоевский всегда рассматривается Мёллером только из политической перспективы. Мёллер ван ден Брук, напротив, прошел путь развития: в 1906 г. еще читатель и поклонник Достоевского, после Первой мировой войны он превращается в независимого творца мифа о Третьем рейхе. Для Мёллера ван ден Брука Третий рейх стал целью, которая достигается посредством национальной революции. Под этой революцией следует понимать консервативную революцию, предпосылки которой Мёллер открыл у Достоевского.

Юлия фон Зааль Советские «дети войны»: к вопросу об одном поле исторического исследования С наступлением XXI века «дети войны» были практически «открыты» обществом как ее «последние свидетели»1 и, таким образом, оказались в фокусе внимания науки и средств массовой информации. В Германии было опубликовано множество автобиографических текстов, сопровождавшихся освещением темы в художественной литературе и кино. Аналогичная конъюнктура наблюдается в странах Восточной Европы, особенно в России и Беларуси. Там в последнее время также вышел в свет целый ряд соответствующих публикаций. Еще в большей степени, чем в Западной Европе и Германии, речь здесь идет именно о свидетельствах современников. Однако несмотря на интерес к теме «детей войны» как в Германии, так и в России и Беларуси, историография страдает определенными недостатками и перекосами. Современный дискурс «военного детства» носит преимущественно европоцентристский и национальный характер, при этом все, как правило, сводится к опыту травмы и описывается в соответствующих терминах2 . В Германии доминирует нарратив, согласно которому целое поколение выглядит как пассивная и гомогенная масса жертв3 . Советские «дети войны» в нем практически отсутствуют. В результате понятийная сущность термина «дети войны» деградирует до уровня обобщенной «расхожей категории»4 . Аналогичное усвоение термина наблюдается также в российской и белорусской историографии, причем здесь перевешивает сакральный жертвенный образ «детей войны». Кроме того существует абстрактное представление о некоем универсальном «военном детстве», которого на самом деле не было, в том числе в Советском Союзе. Опыт детей зависел от конкретного времени, пространства и других, налагающихся

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Alexijewitsch S. Die letzten Zeugen: Kinder im Zweiten Weltkrieg. Bonn, 2015. Heinlein M. Die Erfindung der Erinnerung: Deutsche Kriegskindheiten im Gedächtnis der Gegenwart. Bielefeld, 2010; Die «Generation der Kriegskinder»: Historische Hintergründe und Deutungen / L. Seegers, Jü. Reulecke (Hrsg.). Gießen, 2009; Frei N. 1945 und Wir: Das Dritte Reich im Bewusstsein der Deutschen. München, 2005. S. 17. Исключениями являются следующие книги: Stargardt N. «Maikäfer flieg!»: Hitlers Krieg und die Kinder. München, 2006; Kindheiten im Zweiten Weltkrieg / F. Weil, A. Postert, A. Kenkmann (Hrsg.). Halle, 2018. Ср. также: Nicholas L. H. Cruel World: The Children of Europe in the Nazi Web. New York, 2006. Weil F., Postert A., Kenkmann A. (Hrsg). Kindheiten im Zweiten Weltkrieg. S. 19.

https://doi.org/10.1515/9783110637946-018

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на прежний опыт факторов5 , и поэтому существенно разнился. На основании только принадлежности к одному поколению его нельзя свести к общему знаменателю или говорить о некоем «родственном» восприятии войны. Еще одним следствием недостаточной научной рефлексии стало наполнение возникшего вакуума исключительно свидетельствами очевидцев. «Дети войны» в течение последних двадцати лет вышли из тени единообразного советского военного дискурса и отказались от своей прежней пассивной позиции, продемонстрировав стремление принять активное участие в деле канонизации собственной истории. Они все еще борются за признание в общественном, правовом и информационном пространствах6 , отчасти конкурируя друг с другом. Тем не менее, их толкование истории, в значительной мере эмоционально нагруженное, уже частично перекочевало из коммуникативной сферы в культурную память. В тех случаях, когда в процесс формирования памяти вмешивается государство, серьезное историческое изучение вопроса военного детства становится особенно проблематичным7 . В результате такого вмешательства множественность вариаций военного детства, равно как пространства действий детей унифицируются, а специфический опыт войны, не вписывающийся в общую картину, становится маргинальным. В качестве примера можно привести членство детей и подростков в профашистском «Союзе беларуской молодежи». При этом из ракурса историка выпадают и разные структурные условия детства. Настоящая статья содержит предварительные соображения по поводу запланированного проекта, посвященного изучению советского военного детства периода Великой Отечественной войны, при этом в первую очередь речь идет о несовершеннолетних жителях оккупированной Беларуси. Автор исходит из предположения, что, хотя дети представляют собой per se особенно уязвимую группу общества, они вовсе не являются пассивными жертвами. Дети акторы и принимали участие в событиях войны иначе, чем взрослые, в зависимости от заданных структурных условий8 . Чем радикальнее война разрушала условия жизни гражданского населения и такие классические институты детства, как семью и школу, тем самым изменяя порядок взаимоотношений поколений, в том числе в сфере детского попечения, или вообще стирая

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Лу Зеегерс называет в качестве примера в отношении Западной Европы социальную принадлежность, уровень образования, вероисповедание, политическую ориентацию, установленную расовую принадлежность и личный характер. Seegers L. «Vati blieb im Krieg»: Vaterlosigkeit als generationelle Erfahrung im 20. Jahrhundert – Deutschland und Polen. Göttingen, 2013. S. 28 след. См., напр.: Шкуран А., Рожков А. (сост.). Дети Беларуси в войне 1941–1945 гг.: Преступления вермахта: акция «Сено», 1944 год. Минск, 2020. Ярким примером являются воспоминания о так называемых «детских лагерях» в Беларуси, которые были сооружены вермахтом в ходе акции «Сено» вдоль линии фронта на юго-западе республики весной-летом 1944 г. Подробнее см.: Saal Y. v. «Bandenkinder»: Kinderlager im Spiegel der Quellen und Erinnerungen der Überlebenden im besetzten Belarus // Weil F., Postert A., Kenkmann A. (Hrsg). Kindheiten im Zweiten Weltkrieg. S. 411–429. Erinnerungen an Kriegskindheiten. Erfahrungsräume, Erinnerungskultur und Geschichtspolitik unter sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive / H.-H. Ewers, J. Mikota, Jü. Reulecke, Jü. Zinnecker (Hrsg.). Weinheim; München, 2006. Здесь S. 12.

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границы между детьми и взрослыми, тем в большей степени дети были вынуждены выступать в качестве активных действующих лиц. Там, где самым жестоким образом разрушались привычные упорядоченные структуры и рвались социальные связи, от детей требовалось действовать самостоятельно. Будь то осознанно или бессознательно, они должны были принимать решения и нести ответственность, как это было на советском театре военных действий и, в особенности, в западных областях СССР. Беларусь9 , с ее высокой долей несовершеннолетних и ее топографическим положением как «коридора» войны с 1941 по 1944 гг., является характерным примером такого рода разрушения традиционных структур и связей, а также разнообразия опыта войны и вариантов «военного детства». Разработка темы «военного детства» имеет своим методологическим следствием расширение границ истории опыта Второй мировой войны. Центральным здесь является подход, в центре которого находится актор, что в свою очередь таит в себе ряд вызовов для исследователя. Главная трудность заключается в том, что дети являются довольно «немыми свидетелями» своих жизненных миров, они оставили лишь небольшое количество «военных» свидетельств. Их военный опыт необходимо сначала выявить с помощью методов социальных наук. Тем не менее, природа самого понятия «опыт» состоит в том, что личный опыт никогда не может быть объективным и репрезентативным, а «пространства опыта» в строгом смысле всегда демонстрируют избирательный конструированный характер. События, описанные в устных или письменных воспоминаниях, представляют собой «конструированный синтез опыта», поскольку подвергаются косвенной (сознательной или бессознательной) переработке, их тесно связывают как с коллективным нарративом, так и с другими личными воспоминаниями, которые все вместе наслаиваются друг на друга10 . Как бы то ни было, мы знаем из нейронауки и когнитивистики, что у детей доминирует эмоциональное восприятие мира и сенсорная память над когнитивной. При этом дети по достижению трехлетнего возраста очень хорошо и надежно запоминают определённые события, и именно травматический опыт в меньшей степени поддается трансформации. В этом случае «настоящее» лишь в весьма ограниченных рамках может выполнять свою функцию «герменевтической фокусировки, в которой обыч9

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Когда ниже речь идет о Беларуси, то подразумевается как западная часть страны, находившаяся под гражданским управлением Генерального комиссариата Беларутении, так и восточная часть БССР, управлявшаяся военной администрацией в лице вермахта. Эта перспектива вытекает из компаративистского подхода, который делает возможным выявление систематической дифференциации военного опыта детей в зависимости от времени и пространства. О термине «опыт» и его операционализации см.: Koselleck R. «Erfahrungsraum» und «Erwartungshorizont» – zwei historische Kategorien // Koselleck R. Vergangene Zukunft: Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt a. M., 1984; Die Erfahrung des Krieges: Erfahrungsgeschichtliche Perspektiven von der Französischen Revolution bis zum Zweiten Weltkrieg / N. Buschmann, H. Carl (Hrsg.). Paderborn, 2001; Koselleck R. Vergangene Zukunft. S. 351; Jureit U. Authentische und konstruierte Erinnerung. Methodische Überlegungen zu biographischen Sinnkonstruktionen // Werkstatt Geschichte. 1997. S. 91–101; Jureit U. Erfahrungsaufschichtung: Die diskursive Lagerung autobiographischer Erinnerungen // Life Writing and Political Memoir – Lebenszeugnisse und Politische Memoiren / M. Brechtken (Hrsg.). Göttingen, 2012. S. 225–242.

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но воспринимается и структурируется прошлое»11 . Что же касается практической работы с источниками, то здесь не всегда можно разделить переплетения «пережитой» и «рассказанной» истории, в то время как «рассказанная» история не вытекает автоматически из «пережитой истории»12 . Таким образом, процесс «синтеза опыта» не поддается непосредственной оценке. Это противоречие не удасться устранить и в данном исследовании, однако методическая «нечеткость» поддается компенсации за счет комбинации различных методов, и в первую очередь – за счет использования разных типов источников. Соответственно, методология исследования должна быть плюралистической, а источниковая база – разнообразной, что требует комплексной оценки. Проблематичным является также вычленение «детского бытия» и его дефиниция, что требует пояснения. После короткого введения в историографию проблемы предлагается ниже обсудить методологический подход и связанные с ним вызовы. На этом фоне также подлежит спецификации сам научно‐исследовательский проект. Завершает статью эмпирическая часть, посвященная политическим и социальным условиям, специфике и амбивалентности «военного детства» в оккупированной Беларуси.

Диспропорции историографии темы «дети войны» Несмотря на многогранное изучение советско‐германской войны, а также «открытие» темы военного детства в целом, осмысленного слияния обоих исследовательских трендов еще не произошло. В течение двух последних десятилетий появился ряд фундаментальных трудов, где одним из главных объектов изучения является местное советское население в годы Второй мировой войны13 . Однако дети в качестве отдельной группы фигурируют в немецкой историографии лишь фрагментарно и только как пассивные жертвы преступлений национал‐социалистов. Из немецких 11

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Bohleber W. Zum Problem der Veridikalität von Erinnerungen // BIOS: Zeitschrift für Biographieforschung, Oral History und Lebensverlaufsanalysen. 2007. Sonderheft. S. 89–96, здесь S. 93; Болебер В. Воспоминания и историзация: трансформация индивидуальной и коллективной травмы и ее межпоколенческая передача // Журнал Практической Психологии и Психоанализа. 2010. № 4; Потемкина М. Отражение войны в памяти эвакуированных детей // Вторая мировая война в детских «рамках памяти» / А.Ю. Рожков (ред.). Краснодар, 2010. С. 229–247. Jureit U. Authentische und konstruierte Erinnerung; Welzer H. Das kommunikative Gedächtnis: Eine Theorie der Erinnerung. München, 2017. S. 19 след. Penter T. Kohle für Stalin und Hitler: Arbeiten und Leben im Donbass 1929 bis 1953. Essen, 2010; Brakel A. Unter Rotem Stern und Hakenkreuz: Baranowicze 1939 bis 1944: Das westliche Weißrussland unter sowjetischer und deutscher Besatzung. Paderborn, 2009; Pohl D. Die Herrschaft der Wehrmacht: Deutsche Militärbesatzung und einheimische Bevölkerung in der Sowjetunion 1941–1944. Frankfurt a. M., 2011; Berkhoff K. C. Harvest of Despair: Life and Death in Ukraine under Nazi Rule. Cambridge, 2004; Chiari B. Alltag hinter der Front: Besatzung, Kollaboration und Widerstand in Weißrußland 1941–1944. Düsseldorf, 1998; Gerlach Ch. Kalkulierte Morde: Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944. Hamburg, 1999.

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авторов лишь Бернард Кьяри и Кристиан Герлах специально рассматривают обращение немцев с советскими детьми в соответствующих главах своих монографий, посвященных изучению немецкой оккупационной и карательной политики в Беларуси. Кьяри описывает катастрофическую ситуацию, в которой оказались дети, школьную систему, рудиментарно сохранившуюся под властью оккупационных гражданских органов управления, а также национал‐социалистическую индоктринацию молодежи. Герлах в первую очередь показывает растущие политические и экономические интересы оккупантов по отношению к детям и юношеству. Йоханнес-Дитер Штайнерт анализирует советских детей и их опыт в качестве подневольных рабочих как самостоятельных акторов14 . При этом Штайнерт указывает на тесную связь между планами германизации Генриха Гиммлера и использованием подневольных рабочих рук, подчеркивая усиливавшуюся жестокость немецкой политики рекрутирования трудовых резервов по отношению к детям на конечном этапе войны. То, что центральные органы власти национал‐социалистического государства достаточно рано стали проявлять разнообразные и с течением войны лишь растущие интересы в отношении советских детей и подростков, показывают также другие исследования, посвященные войне между СССР и Германией15 . В то время как немецкоязычная историография рассматривала детей только фрагментарно и преимущественно из перспективы оккупантов, англосаксонские историки задавались вопросом ожиданий советского государства в отношении детей, а также детским опытом в контексте сталинизма. Американская исследовательница Джули де Граффенрид весьма убедительно показала, как советский миф «счастливого», но все же пассивного детства конца 1930‑х (Happy Childhood/счастливое детство16 ) был замещен с началом войны милитаризированным концептом «жертвенного детства» (Sacrificing Childhood). Сущность его состояла в ожидании власти от детей готовности к самопожертвованию. Таким образом были успешно мобилизованы миллионы маленьких граждан для военных нужд17 . Военный опыт несовершеннолетних жителей Советской России, который де Граффенрид демонстрирует на разных примерах, в существенной мере был предопределен этими ожиданиями госу14

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Steinert J.-D. Deportation und Zwangsarbeit: Polnische und sowjetische Kinder im nationalsozialistischen Deutschland und im besetzten Osteuropa 1939–1945. Essen, 2013. Pesetsky A. Kinder im Fokus von Politik und Propaganda in der Zwischenkriegszeit und im Krieg // Diskriminiert – vernichtet – vergessen: Behinderte in der Sowjetunion unter nationalsozialistischer Besatzung und im Ostblock 1917–1991 / A. Friedman, R. Hudemann (Hrsg.). Stuttgart, 2016. S. 227–334; Mühlhäuser R. Eroberungen: Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion 1941–1945. Hamburg, 2010. Регина Мюльхойзер тематизирует интерес национал‐социалистических органов власти в отношении детей солдат вермахта; Saal Y. v. «Bandenkinder»: Kinderlager im Spiegel der Quellen und Erinnerungen der Überlebenden im besetzten Belarus. Классический труд, посвященный русскому и, соответственно, советскому детству: Kelly C. Children’s World: Growing Up in Russia, 1890–1991. New Haven, 2007; White E. A Modern History of Russian Childhood: From the Late Imperial Period to the Collapse of the Soviet Union. London, 2020. deGraffenried J. K. Sacrificing Childhood: Children and the Soviet State in the Great Patriotic War. Lawrence, 2014.

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дарства. В свою очередь Лиза Киршенбаум объясняет мифом «жертвенного детства» «резильентность» советских детей. Именно этот миф помог им придать смысл собственному травматическому прошлому18 . Образ детей (как жертв так и героев) играл кроме того важную роль в военной пропаганде СССР19 . Как де Граффенрид, так и ее британская коллега Ольга Кучеренко выявили помимо этого внутреннее противоречие конструкта детства периода позднего сталинизма: с одной стороны, государство прилагало усилия, начиная с 1943 г., чтобы восстановить тотальный контроль над детьми и молодежью, тем самым возвращаясь к модели «счастливого детства», с другой стороны, возрожденный после завершения войны миф о заботливом государстве как никогда ранее противоречил социалистической реальности. Кучеренко убедительно аргументирует, что наряду с войной сталинизм также нес ответственность за беспризорность и криминализацию миллионов детей20 . С моделью «жертвенного детства» соотносится советская историография Великой Отечественной войны, которая сакрализирует детей войны, как правило юных пионеров (в возрасте между 10 и 14 годами), воспевая их беззаветную борьбу против оккупантов в рамках соответствующего нарратива, в то же время умалчивая или табуируя трагический, рутинно‐повседневный и в целом менее героический опыт21 .

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Kirschenbaum L. A. The Meaning of Resilience: Soviet Children in World War II // Journal of Interdisciplinary History. 2017. Vol. 47. No. 4. P. 521–535; см. также: Гулина М., Гулин Ф. Травма военного детства: Блокада, эвакуация, оккупация: Историко‐психологическое исследование. СПб., 2016. Kelly C. Children’s World. Р. 115 след.; Voronina O. Sons and Daughters of the Regiment: The Representation of the WWII Child Hero in the Soviet Media and Children’s Literature of the 1940s // Filoteknos. 2018. Vol. 8. P. 13–33; Balina M. Writing Usable Futures: Narratives of War Childhood // Там же. P. 34–46. Kucherenko O. Soviet Street Children and the Second World War: Welfare and Social Control under Stalin. London u. a., 2016; Kucherenko O. Without a Family: Public Order, Social Welfare and Street Children in the Wartime Soviet Union // Australian Journal of Politics and History. 2012. Vol. 58. No. 3. P. 421–436. Специальная литература, предназначенная в первую очередь для детей, огромна. В качестве примера следует назвать две классические работы: опубликованный в 1948 г. сборник свидетельств белорусских детей «Нiколi нe забудзем», который был инициирован уже в 1944 г. редакцией газеты «Бярозка», а также опубликованный в 1945 г. рассказ военного корреспондента Валентина Катаева «Сын полка». Сборник воспоминаний был самым тщательным образом подготовлен к печати при участии белорусских детских писателей Янки Мавра и Якуба Колоса. Всего было собрано около 400 свидетельств, однако редакция предопределила героический нарратив, тем самым решая, какие из свидетельств подлежат публикации и прочтению, а какие – нет. Так, холокост и трагическая судьба еврейских детей не нашли упоминания в сборнике. Книга была переведена на множество языков, переиздавалась 13 раз и продавалась миллионными тиражами. Еще одним знаменитым произведением стал рассказ «Сын полка». В нем идет речь о том, как артиллерийский полк принял и усыновил осиротевшего мальчика, что было для многих советских детей и подростков широко распространенным явлением в годы войны. К вопросу о мученической картине военного детства в детской литературе см. публикации Светланы Леонтьевой, в т.ч.: Леонтьева С. Пионер – всем пример / Отечественные записки. 2004. № 3. С. 249–259; Леонтьева С. Литература пионерской организации: идеология и поэтика. URL: http://www.ruthenia.ru/folklore/leontieva6.pdf

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Только после распада Советского Союза и с возникновением нового постсоветского национального исторического нарратива, стали очевидны трещины и разломы в некогда монолитном советском мастер‐нарративе. Сборники свидетельств очевидцев и исследования меньшего формата демонстрируют сегодня дифференцированный и безрадостный образ «детей войны»: в нем сочетаются хаотичная эвакуация детей22 , катастрофическое положение военных сирот в российских областях, ставших полем ожесточенных сражений23 , сотрудничество детей с оккупантами24 и холокост, который в Советском Союзе долгое время преуменьшали25 . При этом все в большей степени предметом исследования в современной российской историографии становятся специфические детские воспоминания о Великой Отечественной войне26 . Особенно на общем фоне выделяются антропологические труды российских историков Марины Рыбловой и Евгения Кринко о сталинградских детях войны, чьи воспоминания о военном детстве они систематически, с надлежащей критикой анализируют и деконструируют как социальный феномен27 . Несмотря на все это, на первый взгляд, разнообразие научных публикаций, тема «детей войны» остается мало исследованной систематически и в странах, пострадавших в ходе Второй мировой войны. В целом постсоветский исследовательский ландшафт характеризуется сильной сегментацией, которая задается доминированием отдельных аспектов и регионов (с акцентом на Сталинград и южную Россию), а также уже упомянутым предпочтением устной истории – Oral History. К этому добавляется ориентация исторической науки на обеспечение единства национального государства – перспектива, которая зачастую игнорирует немецкую сторону и ее источники. В результате не ставятся дифференцированные вопросы о переплетениях и взаимодействиях, о социальных конструктах «военного детства» и о способностях

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Potemkina M. N. Magnitogorsk: «So sterben, dass die Heimat stolz sein kann!» (Kriegskindheit in der Evakuierung) // Bulletin des Deutschen Historischen Instituts Moskau. 2009. Nr. 3. S. 90–108; Manley R. To the Tashkent Station: Evacuation and Survival in the Soviet Union at War. Ithaca, 2009. Кринко Е., Хлынина Т., Юрчук И. На грани выживания: детские дома Кубани в 1941–1945 годы // Ярская‐Смирнова Е., Романов П. Советская социальная политика: Сцены и действующие лица, 1940–1985. M., 2008. С. 35–59; Ковалев Б. Повседневная жизнь населения России в период нацистской оккупации. M., 2011. С. 529–573. Кулинок С. Дети – диверсанты немецких спецслужб // Беларуская думка. 2015. № 10. Козак К.И. Война и дети. 1941–1944 гг. // Жукова М. Война причиняет мне боль. Минск, 2012; Смиловицкий Л. Катастрофа евреев в Белоруссии, 1941–1944 гг. Тель-Авив, 2000. Рожков А.Ю. (ред.). Вторая мировая война в детских «рамках памяти»; Leingang O. Sowjetische Kindheit im Zweiten Weltkrieg: Generationsentwürfe im Kontext nationaler Erinnerungskultur. Heidelberg, 2014. См.: Детство и война: Культура повседневности, механизмы адаптации и практики выживания детей в условиях Великой Отечественной войны (На материалах Сталинградской битвы) / М. Рыблова, Е. Кринко и др. (сост.). Волгоград, 2015; Рыблова М. «Территория детства» в пространстве Великой Отечественной войны. Некоторые работы доступны на сайте автора. URL: http://ryblova.ru/stati/territoriya-detstva-v-prostranstve-velikoj-otechestvennojvojny-na-materialah-stalingradskoj-bitvy

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детей действовать помимо модуса «героической жертвы», принесенной на алтарь победы28 , которому составляет дуальную пару модус «предателя». Опыт детей, переживших войну, и также их детство серьезно разнились в зависимости от географического региона, времени, возраста и пола, отличаясь серьезной спецификой на оккупированных территориях, в отличие от тыловых областей за линией фронта. Исследование тематического комплекса «советского военного детства» должно осуществляться в компаративистском ключе, соотносясь как с целеполаганием немецких оккупационных властей, так и с моделью советского «жертвенного детства» де Граффенрид, при этом дети должны рассматриваться как действующие субъекты истории.

Эвристические методы исторического изучения детства: дети как социальные акторы История все еще в недостаточной степени выигрывает от использования достижений смежных социальных наук, таких как психоанализ29 , педагогика и, прежде всего, Childhood Studies30 . Их связывает конструктивистский взгляд на общество и методологический подход agency, который понимает детей как социальных акторов и рассматривает их жизненную реальность как самостоятельный объект исследования31 . В результате дети воспринимаются как личности со своими собственными способ-

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В качестве типичного примера работ такого рода см. публикацию Вероники Бездель: Бездель В. Дзеці на акупаванай тэрыторыі Беларусі (1941–1944). Віцебск, 2013. См. статью Клаудии Мойзель, в которой она призывает использовать при изучении темы «детей войны» историзированную рецепцию психологического, психиатрического или психоаналитического экспертного знания: Moisel C. Geschichte und Psychoanalyse: Zur Genese von Bindungstheorie von John Bowlby // Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 2017. H. 1. S. 52–75. Childhood Studies или «новая социология детства» представляет собой – в отличие от критикуемых ею прежних социологических подходов к изучению детей – междисциплинарную отрасль исследований, которая рассматривает детей как социальных акторов и исследует «детство» как социальный факт. «Новая социология детства» возникла в англосаксонском и североевропейском научном пространствах в конце 1980‑х годов, сегодня она включает в себя такие научные дисциплины, как науку о воспитании, социальную педагогику, антропологию, социологию и литературоведение. Об этом, как и о нижеследующем, см. базовые обзорные публикации: James A., Prout A. Constructing and Reconstructing Childhood: Contemporary Issues in the Sociological Study of Childhood. London; Washington, D.C., 2010; Honig M.-S. Entwurf einer Theorie der Kindheit. Frankfurt a. M., 1999; Honig M.-S. Ordnungen der Kindheit: Problemstellungen und Perspektiven der Kindheitsforschung. Weinheim; München, 2009; Schweizer H. Soziologie der Kindheit: Verletzlicher Eigen-Sinn. Wiesbaden, 2007; Bühler‐Niederberger D. Lebensphase Kindheit: Theoretische Ansätze, Akteure und Handlungsräume. Weinheim; München, 2011; Eßer F. Kinderwelten – Gegenwelten? Pädagogische Impulse aus der Neuen Kindheitsforschung. Baltmannsweiler, 2009; Sager Ch. Die «Geschichte der Kindheit» // Zeitschrift für pädagogische Historiographie. 2008. H 2. S. 71–75; James A. Socialising Children. New York, 2013. Удачное введение в тему истории

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ностями, ресурсами и потенциалом преодоления трудностей. Но речь идет не только о кредо, согласно которому детям приписывается самодостаточный субъектный статус, или о наделении их внесоциальными качествами. Agency детей не следует понимать субстанционально, оно не возникает for granted – само по себе32 . В столь же малой степени agency следует сводить к психическим и социальным способностям принимать рациональные решения, равно как не следует сводить «детство» как один из отрезков жизни лишь к чисто биологическому факту. Напротив, agency детей требуется рассматривать реляционно, как результат социальных взаимоотношений и переплетений, как социальный феномен, неразрывно связанный с «детством» как социальной конструкцией33 . Исходя из данных предпосылок, agency неотделимо от «детства» как культурно конструируемой категории, а также от «поколенческого порядка»34 . Определяемое как «социально сформированное пространство внутри общества»35 , «детство» понимается и анализируется как предпосылка и одновременно как результат детских действий. Формулируя иначе, дети конструируют себя и свое agency в условиях «детства», которое определяет их способность к действию. В то же время дети все снова и снова заново создают «детство» в данных исторических и общественных условиях. Оба феномена – agency и «детство» – не являются а‑исторически статичными, они встроены в структуры современного общества и в этом качестве подлежат анализу в рамках соответствующего исторического контекста. При этом «детство» зачастую используется в качестве синонима «структур» и подразумевает как правила и практики конкретных институтов детства (семья, детский сад, школа), так и поколенческий и другие социальные порядки, равно как и властные отношения. Здесь был назван еще один ключевой термин для теории детства (часто обозначаемый как концепт): поколенческий порядок или generationing 36 . Этот термин выражает общественный конструкт различения членов общества в зависимости от их возраста. Выделение взрослости не вытекает из чисто биологических критериев; взрослость задается социальными практиками, действиями и дискурсами, а также процессом поколенческого упорядочивания. Таким образом вопрос о том, кто является «детьми» и какое agency допускает для них общество, это вопрос эмпирический. Описанное взаимоотношение детей как акторов и их детства опирается на дуальную модель структурной теории Энтони Гидденса, согласно которой действие как задается, так и ограничивается структурами; в тоже время структуры создаются толь-

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детства представляет собой новая книга Мартины Винклер: Winkler M. Kindheitsgeschichte: Eine Einführung. Göttingen, 2017. См.: Betz T., Eßer F. Kinder als Akteure – Forschungsbezogene Implikationen des erfolgreichen Agency‐Konzepts // Diskurs Kindheits- und Jugendforschung. 2016. Heft 3. S. 301–314. К вопросу о релациональной перспективе см.: Eßer F. Agency Revisited: Relationale Perspektiven auf Kindheit und die Handlungsfähigkeit von Kindern // Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation. 2014. H. 3. S. 233–246. Betz T., Eßer F. Kinder als Akteure. S. 243. Grundbegriffe der Soziologie / J. Kopp, A. Steinbach (Hrsg.). Wiesbaden, 2016. S. 162. Alanen L. Kindheit als generationales Konzept // Kindheit soziologisch / H. Hengst, H. Zeiher (Hrsg.). Wiesbaden, 2005. S. 65–82; Bühler‐Niederberger D. Lebensphase Kindheit.

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ко в процессе действия37 . Это ключевое высказывание теории Гидденса уже давно воодушевляло исследователей детства, задав концептуальные рамки, в границах которых развиваются новые теоретические/аналитические перспективы изучения детей как акторов и детства как социального феномена38 . Несмотря на вездесущность agency в актуальном дискурсе изучения детства и не взирая на многочисленные теоретические размышления и дебаты, в данном случае речь идет не столько о теории, сколько о гибких эвристических предположениях, которые могут предложить упорядоченный аналитический каркас также и историку. Для исторического изучения «военного детства» вырисовываются следующие программные рамки: следует различать между двумя аналитически связанными друг с другом и вторгающимися в сферы друг друга измерениями или проблемными уровнями, которые методологически требуют «двойной герменевтики». 1. Структурный уровень и вопрос о предпосылках «детства» и agency детей – социальные связи и политические условия, в которых действуют дети. 2. Уровень, ориентированный на действия, с микроперспективой и вопросом о взаимодействиях, пространствах опыта и действиях детей войны, а тем самым – вопросом об их agency. Ниже речь коротко пойдет о первом уровне. Но перед этим необходимо указать на важную с концептуальной точки зрения открытость термина «дети» и их agency применительно к Великой Отечественной войне.

«Дети войны»: дефиниция Задача историка ни в коем случае не состоит в том, чтобы доказывать наличие agency у детей или измерить его. Вызов в адрес историка в большей степени заключается в том, чтобы дифференцировано историзировать детей как действующих субъектов, а также их опыт, и при этом не запутаться в а‑исторических западнях. В случае с последними речь идет прежде всего о дефиниции «дети» и нормативном «наполнении» категории «детство». Кто же такие «дети», если речь идет о военном детстве? Поскольку «детство» является социально конструированной категорией, дефиниция «дети» варьируется в зависимости от исторической перспективы и внешних критериев, что с самого начала делает проблематичным вычленение объекта исследования. Настоящий исследовательский проект нацелен на практическое решение данной проблемы, поэтому

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Giddens A. Die Konstitution der Gesellschaft: Grundzüge einer Theorie der Strukturierung. Frankfurt a. M., 1997; критике данного подхода с точки зрения социальной истории посвящен специальный выпуск журнала «Geschichte und Gesellschaft» за 2001 год. См. здесь в особенности: Suter A. Hettling M. Struktur und Ereignis – Wege zu einer Sozialgeschichte des Ereignisses // Struktur und Ereignis / A. Suter, M. Hettling (Hrsg.). Göttingen, 2001. S. 7–32 (= Geschichte und Gesellschaft: Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft. Sonderheft 19) и Welskopp Th. Die Dualität von Struktur und Handeln: Anthony Giddens’ Strukturierungstheorie als «praxeologischer» Ansatz in der Geschichtswissenschaft // Там же. S. 99–119. Репрезентативными являются дебаты, которые ведутся на страницах специализированных журналов. К последним относятся: Global Studies of Childhood; Children and Society; Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation; Diskurs Kindheits- und Jugendforschung.

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в качестве ядра поколения военного детства и тем самым «детей войны» рассматривается широкий круг сознательно действовавших персон в возрасте от четырех до шестнадцати лет, то есть дети, родившиеся прежде всего между 1929 и 1940 гг. Нижняя возрастная граница задается, во-первых, когнитивной и психической способностью детей к осознанному действию, генерирующему последствия. Во-вторых, она обусловлена методологией исследовательского проекта: поскольку в центре внимания находятся дети и их жизненные миры, то детский военный опыт подлежит изучению посредством методов социальных наук, что подразумевает наличие определенных специфических детских типов источников, а также когнитивную способность детей к осознанной рефлексии или, соответственно, к производству таких источников, будь то рукописи или поздние свидетельства. Верхняя возрастная граница определяется в первую очередь формальным подходом Советского Союза, согласно которому лица моложе 16 лет рассматривались как дети. Это находит свое отражение в ведомственной статистике39 . Автор не предрешает заранее будущие результаты проекта и всерьез задается вопросом о вариантах «поколенческого порядка» и предположительных критериях детского бытия, доминирующих в том или ином пространстве и времени. То, что и эти критерии, и „generationing“ в условиях немецкой оккупации были другими, нежели на советской территории, не вызывает сомнения. Осиротевшие дети, жившие на оккупированных территориях, зачастую должны были в возрасте 6–7 лет брать на себя заботу о «воспитании» своих младших братьев и сестер; как правило, они вели «взрослую жизнь». Уже трехлетние дети в гетто умели во время погромов часами беззвучно выдерживать сидение в «малинах»; еврейские малыши развили поразительные модели поведения для избежания планомерного истребления. Владимир Трахтенберг, которому исполнилось три года, когда началась война и он вместе с матерью оказался в Минском гетто, знал, например, как прикинуться мертвым, умел в любое время дня и ночи молниеносно самостоятельно одеться, у него были свои убежища, где он мог прятаться в течение дня. В пятилетнем возрасте, когда осенью 1943 г. он бежал из гетто, с тогдашней точки зрения Владимир был уже «взрослым мужчиной»40 . Поколенческий порядок задавался в первую очередь законами оккупантов и их практиками, такими например как учет рабочей силы. Согласно приказу генерал‐комиссара Беларутении Вильгельма Кубе от сентября 1941 г., мужское население в возрасте старше 14 лет и женское старше 17 лет подлежало трудовой повинности41 . В

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Даже если такое схематическое ограничение термина «детское бытие» («Kindsein») и тем самым сомнение в цельности дефиниции «ребенок» весьма спорно и не отвечает уровню современных исследований (Childhood Studies), оно функционально необходимо для настоящего проекта. Тем в большей степени необходимо осознавать наличие широкого спектра форм детской жизни и их дефиниций в исследованиях детства и социологии. К вопросу о социологическом взгляде на детей см.: Schweizer H. Soziologie der Kindheit: Verletzlicher Eigen-Sinn. Wiesbaden, 2007. Интервью с автором, 3 сентября 2017 г., Минск. Национальный архив Республики Беларусь (далее: НАРБ). Ф. 371. Оп. 1. Д. 2. Л. 116–117; Ведомственный бюллетень Генерального комиссариата Беларутении, № 2, 13 окт. 1941 г.

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установленных в 1941–1942 гг. продуктовых рационах для гражданского населения 14‑летний возраст был границей между «детьми» и взрослыми, что имело решающее значение при распределении продуктов42 . В ходе войны возрастная граница между взрослыми и детьми была последовательно снижена как вследствие предписаний немецких властей, так и посредством оккупационных практик. Согласно уставу «Союза беларуской молодежи», основанного в 1943 г., дети, достигшие 10 лет (!) рассматривались уже как юноши и девушки и могли вступать в ряды профашистского молодежного движения43 . Начиная с 1944 г., 10‑летние дети депортировались в Германию в качестве «рабочей силы»44 . На этих примерах видно, что разделительная линия между детьми и взрослыми, равно как и представление о том, что есть детство, менялись в зависимости от времени и места, а в случае с еврейскими гетто даже извращались. Поэтому вначале должен быть непредвзято реконструирован «поколенческий порядок» как структурная часть военного детства. Структурные условия детства при немецкой оккупации, вместе с вопросом о способностях детей к действию в условиях войны, могут быть выявлены с помощью методов социальной истории. При этом под «структурами» в духе Гидденса понимаются «свидетельства и результаты медленно меняющихся последовательностей и шаблонов в сфере политики, экономики, социальной стратификации и культуры», которые «научно конструируются на основании традиционных методов социальной науки и в то же время, при внешнем рассмотрении, могут восприниматься как условия действий»45 . В данном конкретном случае под этим понимаются национал‐социалистические правила и дефинируемые в расово‐биологическом духе властные отношения и практики, касающиеся детей, а также вытекающие из них институциональные структуры как элементы «детства». Главным здесь является вопрос, как конституировались вариации «военного детства» в условиях войны или оккупации, и что их отличает друг от друга. Такая постановка вопроса подразумевает целый ряд дальнейших вопросов, таких как: можно ли говорить в принципе об определенных целях немецких оккупационных властей в отношении детей, и если да, то как эти цели изменились в ходе войны? Какие цели по отношению к детям преследовала белорусская коллаборация и какими возможностями она вообще располага? Какие прямые последствия для детей имели селекция и биологическая иерархизация местного населения по расово‐биологическим критериям, осуществлявшиеся с начала оккупации? Какие институты «детства» были разрушены, какие остались существовать или были созданы заново? Какие модели «детства» и в какое время пропагандировались национал‐социалистическими органами власти, белорусской гражданской администрацией и советским 42

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Командующий войсками охраны и начальник тылового района фронта группы армий «Центр», отдел VII, административный циркуляр № 26, 3 сент. 1942 г. НАРБ. Ф. 570. Оп. 1. Д. 1. Л. 169–170; Steinert J.-D. Deportation und Zwangsarbeit. S. 62. Устав. НАРБ. Ф. 385. Оп. 3. Д. 16; Юрэвіч Л. Вырваныя бачыны: Да гісторыі Саюзу Беларускае Моладзі. Мінск, 2001; Катковіч А., Катковіч‐Клентак В. Успаміны. Беласток, 1999. C. 7; Chiari B. Alltag hinter der Front. Здесь в первую очередь см. S. 206–233. Steinert J.-D. Deportation und Zwangsarbeit. Дефиниция приводится по: Suter A., Hettling M. (Hrsg.). Struktur und Ereignis. S. 26.

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подпольем? Какие формы agency «давались» детям? В заключение следует задаться вопросом, какие характерные элементы детства, институты и социальные системы были созданы в годы войны впервые и каким ресурсом действий в результате были наделены дети или, наоборот, какие действия стали для них недоступными. Все эти вопросы требуют масштабного систематического анализа источников. Ниже по причине ограниченного объема статьи будет затронут только вопрос о целях оккупантов в отношении детей.

Цели национал‐социалистической оккупации применительно к детям После нападения нацистской Германии на Советский Союз 22 июня 1941 г. Беларусь была полностью завоевана в течение двух месяцев и три следующих года оставалась оккупированной. Западная часть республики была разделена на административно‐территориальные единицы и в качестве Генерального комиссариата Беларутении, где большинство постов занимали местные, подчинялась гражданскому управлению Рейхскомиссариата Остланд во главе с Альфредом Розенбергом46 . Восточная часть в течение всей войны оставалась в подчинении военной администрации. Согласно официальным советским данным мая 1942 г., в первые дни войны под бомбами Люфтваффе из Белорусской Советской Социалистической республики (БССР), прежде всего из крупных городов восточных областей, таких как Орша, Витебск, Могилев и Полоцк, было эвакуировано в тыл 14.835 детей. Среди них находились воспитанники 110 детских домов, 25 детских садов, 23 пионерских лагерей, трех спецшкол и трех детских домов отдыха47 . Под властью национал‐социалистических оккупационных властей оказалось около трех миллионов детей и подростков. На первый взгляд, такая группа населения не предусматривалось концептом немецкого блиц-

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Под властью немецкой гражданской администрации в Беларуси проживало около 2,5 млн человек на территории площадью около 54.000 км2 . См. подробнее об административном делении оккупированной республики: Chiari B. Alltag hinter der Front. S. 51–95; Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. S. 128–214; Pohl D. Die Herrschaft der Wehrmacht. S. 97 след. Справка наркома просвещения БССР Е.И. Ураловой в СНК БССР «О положении эвакуированных детских учреждений и детей из БССР в тыловые районы страны», май 1942. НАРБ. Ф. 7. Оп. 3. Д. 7. Центральная комиссия по эвакуации СНК БССР была создана 25 июня 1941 г. под председательством И.С. Былинского. Согласно официальным данным, из Беларуси было в общей сложности эвакуировано около 1,5 млн человек. См.: Очерки истории Коммунистической партии Белоруссии. В 2 т. Т. 2. Минск, 1967. С. 307. Эта цифра считается сегодня завышенной примерно в три раза. См.: Иоффе Э. Эвакуация: трагедия или подвиг? URL: http://minsk-old-new.com/minsk-3001-ru.htm; Лицкевич О. Людские потери Беларуси в войне // Беларуская думка. 2009. № 5. С. 92–97; Население России в XX веке: Исторические очерки. В 3 т. T. 2: 1940–1959 гг. / Ю.А. Поляков, В.Б. Жиромская (ред.). M., 2001. С. 71. См. также: Александрова Г.И., Александров В.Н. Эвакуация детского населения советского государства в годы Великой Отечественной войны (1941–1942). URL: http://www.rusnauka.com/30_NNM_2010/Istoria/71887.doc.htm; Козак К.И. Война и дети. С. 14 след.

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крига48 . Как писал в 1944 г. в полевом дневнике один из военнослужащих группы армий «Центр», дети долгое время рассматривались «как стоявшие по ту сторону войны»49 . Однако высказывания такого рода оказываются на поверку ошибочными, если принять во внимание первые распоряжения и действия относительно быстро организованного аппарата гражданского управления Генерального комиссариата (совсем иначе было в прифронтовом и на краткий промежуток времени сформированном районе Вермахта, где какие-либо конкретные инструкции по отношению к населению долгое время отсутствовали). Цели оккупантов в отношении несовершеннолетнего населения, хотя и менялись в течение войны, с самого начала диктовались, во-первых, преступными приказами и распоряжениями национал‐социалистического руководства, направленными на истребительную войну в сочетании с самой беспощадной эксплуатацией, во-вторых, немецкими планами колонизации Беларуси и выстраиванием расово‐биологической иерархии населения50 . Эти рамочные условия не были лишены противоречия, поскольку политическая и расовая классификация беларусов (как народа с чертами «восточно‐балтийской расы»51 ) была более позитивной, чем русского населения и планы заселения Беларуси оставались расплывчатыми, пока от них окончательно не отказались. В то же время беспощадное изъятие ресурсов в интересах снабжения группы армий «Центр» осуществлялось при участии местной марионеточной гражданской администрации, грезившей о независимом национальном государстве Беларутения52 . Плановый хаос обуславливали кроме того различные версии «Генерального плана Ост» („Generalplan Ost“), выработанные в 1941–1942 гг. в плановом ведомстве Имперского комиссара по вопросам консолидации германского народа (Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums) и в Главном управлении имперской безопасности, но не представлявшие собой цель-

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См.: Chiari B. Alltag hinter der Front. S. 195–230. Запись лейтенанта Вольфганга Веллера от 28 мая 1944 г., AOK, отдел управления (Führungsabteilung). Военный дневник № 10. Время ведения дневника: 1 янв. – 10 июля 1944 г. Bundesarchiv‐Militärarchiv Freiburg (künftig: BA-MA). RH 20-9/176. Bl. 222. Об этом, как и ниже, см. подробнее: Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. Kap. 2. Там же; цитата приведена по тексту записки юриста и эксперта Имперского министерства оккупированных восточных территорий Эрхарда Ветцеля «Мысли и соображения по поводу Генерального плана Ост рейхсфюрера СС» («Stellungnahme und Gedanken zum Generalplan Ost des Reichsführers-SS») от 27 апр. 1942 г., в которой в т.ч. говорится: «Следует исходить из того, что в случае с беларусами речь идет о самом безобидном и для нас наименее опасном из всех народов восточного пространства». Принимая во внимание партизанское движение, это утверждение оказалось большим заблуждением. Документ опубликован: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 1958. H. 3. S. 281–325, здесь S. 311 и 312. Там же; см. также статью Юрия Грибовского о допущенной немецкими властями деятельности Белорусского комитета в Генерал‐губернаторстве в 1940–1945 гг., которая заключалась в представлении интересов белорусского населения, а также в оказании материальной помощи, сохранении и развитии национального самосознания беларусов путем коллаборации с немцами. Грыбоўскі Ю. Беларускі камітэт у Генерал‐губернатарстве (1940–1945 гг.) // Arche. 2017. Nr. 5. S. 17–46.

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ный «генеральный план»53 а также типичная для Националсоциализма поликратия и междуведомственная конкуренция. Белорусские дети стали жертвой брутальной германской истребительной, но и весьма противоречивой политики, но как социальная группа они не являлись целью планомерной программы уничтожения. Такая программа была предусмотрена только для еврейских детей. Уже с августа 1941 г. их систематически убивали вместе с женщинами и неспособными к работе мужчинами или запирали в многочисленных гетто. На еврейских детей, и только на них, регулярно устраивались облавы в детских домах на территории Генерального комиссариата54 . Учет и иерархизация детей по расово‐биологическим критериям, трудоспособности, школьному возрасту и отделение еврейских детей от прочих последовали непосредственно сразу же после вступления немецких войск. Уже в августе 1941 г. был отдан приказ Минского гебитскомиссара, согласно которому руководство районов должно было организовать поименный учет бездомных детей, обеспечить их одеждой и продовольствием, а также провести медицинское обследование55 . После этого детей делили на фольксдойче, евреев и другие группы56 . Осуществление этого и других подобных мероприятий находилось в компетенции «туземного» аппарата управления, организованного в 11 областях, после того как 1 сентября 1941 г. была учреждена гражданская администрация Генерального комиссариата Беларутения во главе с генерал‐комиссаром Вильгельмом Кубе с резиденцией в Минске. В структуре политического отдела Генерального комиссариата было создано «отделение культуры», которое отвечало за все вопросы, затрагивавшие детей. В свою очередь учрежденный 7 октября 1941 г. «Инспекторат школьного образования» ведал организацией школьного дела в духе национал‐социалистического воспитания и осуществлял контрольные функции за всеми детскими учреждениями57 . К компетенции организации «Белорусской народной самопомощи» („Weißruthenisches Selbsthilfewerk“), основанной 22 октября 1941 г., относилось попечение беженцев и беспризорных детей. В состав организации входили представители общин и районов, в результате она представляла собой

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В этом свое отражение находила поликратия, типичная для национал‐социалистической Германии. См: там же; Leendertz A. Generalplan Ost, Juni 1942. URL: http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0138_gpo& object=abstract&st=&l=de Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945. Bd. 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten I. Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien. München, 2011 и Bd. 8: Sowjetunion mit annektierten Gebieten II. Berlin, 2016 / B. Hoppe u. a. (Hrsg.); Chiari B. Alltag hinter der Front. S. 231–269; Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. S. 503–773. Минский гебитскомиссар – всем начальникам районов, циркуляр от 27 авг. 1941 г. Государственный архив Минской области (далее: ГАМО). Ф. 623. Оп. 1. Д. 1. Л. 143; в этом же духе был издан приказ окружного управления № 15 от 10 авг. 1941 г. Там же. Л. 196. См. правила составления списков от 16 дек. 1941 г. и временный школьный устав. ГАМО. Ф. 623. Оп. 1. Д. 1. Л. 71. См. также Ведомственный бюллетень Генерального комиссариата Беларутении № 2 от 13 окт. 1941 г. Там же. Л. 145–146. НАРБ. Ф. 371. Оп. 1. Д. 2. Л. 16.

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для гражданского населения некий вид эрзац‐правительства и преемника государственной бюрократии58 . Уже такая относительно быстрая организация органов управления с последовавшей непосредственно вслед за этим регистрацией детей показывают, что оккупанты с самого начала не выпускали несовершеннолетних как отдельную социальную группу из поля зрения. Первая задача оккупационных властей состояла в том, чтобы провести учет детей и молодежи по расово‐биологическому принципу. В то время как еврейские дети были отсортированы, отправлены в гетто или убиты, с детьми из семей фольксдойче надлежало обращаться как с привилегированной группой, «достойной жизни»59 . Так, в циркуляре генерал‐комиссара от 4 октября 1941 г. от местных властей содержалось требование «немедленного» открытия немецких школ, в «предпочтительном» порядке, в «пригодных школьных зданиях»60 . Между этими полюсами располагалась огромная масса белорусских детей. Они также были жертвами насилия: их массово убивали в ходе акций возмездия против партизан, их уничтожали как «лишние рты», как «непродуктивный балласт» или просто как «побочный продукт управленческой деятельности»61 . Но все же эти убийства не были самоцелью. Последняя заключалась неизменчиво в эксплуатации детей – как рабочей силы или как «расово ценной»62 массы, способной к онемечиванию, причем в ходе военных действий к этой главной цели добавились дополнительные интересы. В целом можно выделить три фазы обращения оккупантов с белорусскими детьми. Первая фаза – с начала войны до середины 1942 г. – характеризовалась поголовным учетом и «просеиванием» детей, разделением их на «расово ценных» и «расово бесполезных», как требовал Генрих Гиммлер еще в мае 1940 г. в своем меморандуме об обращении с «чуждыми народами» Восточной Европы63 , а также первыми вербовками молодежи в качестве рабочей силы для рейха. Хотя программа германизации была первоначально разработана для польских детей, национал‐социалисты перенесли ее также на территорию Советского Союза64 . Гиммлер поручил еще в августе 1941 г. Гунтраму Пфлауму, управляющему организации «Лебенсборн» 58

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Более подробно о функциях организации самопомощи см.: Chiari B. Alltag hinter der Front. S. 116 след.; Rein L. The Kings and the Pawns: Collaboration in Byelorussia during World War II. New York, 2011. P. 162 след. См. Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. S. 124. Генерал‐комиссар Белорутении: Циркуляр от 4 окт.1941 г. НАРБ. Ф. 370. Оп. 1. Д. 3. Позднейшие распоряжения были отданы в том же духе. См.: Административное предписание № 19. Командующий войсками охраны и начальник тылового района фронта группы армий «Центр», 29 апр. 1942 г. НАРБ. Ф. 570. Оп. 1. Д. 1. Л. 104–108; Гебитскомиссар Минской области, 2-й отдел – господину районному бургомистру в Минске по поводу учета фольскдойче, май 1942 г. ГАМО. Ф. 623. Оп. 1. Д. 173. Л. 178. Ср.: Chiari B. Alltag hinter der Front. Kap. VI. Генрих Гиммлер в своем меморандуме об обращении с «чуждыми народами» Восточной Европы. Документ опубликован: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 1957. H. 2. S. 194–198. Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 1957. H. 2. S. 194–198. См. речь Генриха Гиммлера в штаб-квартире «Хегевальд» близ Житомира, произнесенную 16 сент. 1942 г. на совещании эсэсовского руководства полиции юга России. Bundesarchiv Berlin (BA). NS 19/4009.

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(«Источник жизни»), взять на учет с целью дальнейшего онемечивания «расово годных, беспримесных детей фольксдойче». Первый детский дом на территории Генерального комиссариата Беларутения, где к усыновлению в Германии готовились не только фольксдойче, но и «расово годные» советские/беларуские дети, был открыт в Бобруйске65 . Какое количество детей было «онемечено», в значительной мере неизвестно и, вероятно, мы никогда этого так и не узнаем. После первого года оккупации еще одной группой, «способной к онемечиванию», наряду с белорусскими детьми и фольксдойче, стала рассматриваться группа детей, рожденных местными женщинами от солдат вермахта. Осенью 1942 г. оккупационные власти оценивали количество этих детей в размере 1,5 млн. Эта цифра была преувеличенной, однако вызвала оживленную деятельность соответствующих немецких учреждений66 . Следующий комплекс мероприятий был направлен на то, чтобы как можно раньше использовать детскую рабочую силу в самой стране или же депортировать детей и подростков трудоспособного возраста в Германию. При этом в поле зрения оккупантов попадали многочисленные детские дома и школы на территории Генерального комиссариата, которые целенаправленно проверялись с целью выявления детей работоспособного возраста, а также спрятавшихся там еврейских детей67 . В одном приказов Минской управы в адрес руководителей детских домов, садов и яслей уже в сентябре 1941 г. указывалось, что «‹…› вся работа по воспитанию детей от 8 лет и больше должна быть направлена исключительно только на приучение детей к работе»68 . Так, штадкомиссар Минска Вильгельм Янецке сообщил генерал‐комиссару Вильгельму Кубе в феврале 1942 г. о детских домах в Минской области, а также о том,

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Количество детских домов и численность советских детей, подвергнутых насильственной германизации, остаются неизвестными. Изабель Хайнеман оценивает число таких детей со всего Советского Союза в размере примерно 20 000 тысяч человек, из Беларуси и Украины – в размере «нескольких тысяч». См.: Heinemann I. «Rasse, Siedlung, deutsches Blut»: Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas. Göttingen, 2003. S. 508 след.; см. также: Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. S. 1082; Речь рейхсфюрера СС от 16 сент. 1942 г. в штаб-квартире «Хегевальд» близ Житомира. Больше об этом см.: Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. S. 1080 след.; Mühlhäuser R. Eroberungen: Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion 1941–1945. Hamburg, 2010. S. 312. Об этом свидетельствуют не только частично сохранившиеся директивы, но и свидетельские показания детей, находившихся в годы войны в детских домах. См.: Соколовский К.Э., Соколовский В.Э. Детский дом в тылу врага. Минск, 2008. C. 20–21; уже в 1941 действовали комиссии, которые устанавливали национальность детей, в то время как еврейские дети должны были быть перемещены в гетто; руководители всех детских учреждений получили в июне 1942 г. приказ детей годов рождения 1924–1926 регестрировать на бирже труда. GAMO. Ф. 688. Оp. 1. Д. 10. С. 195; см. также приказ Минского гебитскомиссариата от 16 апр. 1942 г. переместить всех еврейских детей из детских домов в Минское гетто: Hoppe B. u. a. (Hrsg.). Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945. Bd. 8. S. 254 (Dok. 91). An alle Leiter von Kinderhäusern, Kindergärten und Krippen. ГАМО. Ф. 688. Оп. 1. Д. 10. Л. 103; в этом же ключе см. также приказ: Ф. 623. Оп. 1. Д. 1. Л. 29.

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что 42 ребенка из «детской трудовой колонии» (Детский дом «Козарава») уже были депортированы в Германию. Янецке заверял, что в настоящее время ведется работа, направленная на повышение численности трудоспособных детей69 . Прирост численности рабочих рук для рейха обеспечивался путем постепенного снижения для детей рабочего возраста, а также насильственными регистрациями потенциальных рабочих из их числа70 . После того, как в конце 1942 г. по Беларуси стало разворачиваться партизанское движение, в ходе ответных немецких акций «умиротворения», а также ликвидаций гетто71 детей арестовывали в массовом порядке, убивали или депортировали в специально для них сооруженные «лагеря для бандитов», находившиеся частично на польской территории. Таким образом последовала вторая фаза – вторая половина 1942 – начало 1943 гг., – в ходе которой дети все чаще стали попадать в фокус зрения национал‐социалистических органов власти не только по экономическим, но и по политическим причинам. Об этом в том числе свидетельствует увеличившаяся пропагандистская активность оккупационной прессы72 . Ведь с увеличением частоты акций возмездия также росло число осиротевших детей73 и, тем самым, росла забота оккупантов о собственной безопасности. Отношение к местным детям характеризовалось усиливавшейся жестокостью; в тоже время в ряде отдельных национал‐социалистических учреждений появились рассуждения о бессмысленности истребления детей74 . Мысль о завоевании части молодежи в качестве сторонников фашистских идей даже получила программный статус после призыва Вильгельма Кубе от 7 июля 1942 г. к «учету и формированию юного белорусского поколения». В составе имперского министерства оккупированных восточных территорий был сформирован отдел по делам молодежи под руководством гауптбаннфюрера гитлерюгенда Зигф-

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НАРБ. Ф. 510. Оп. 2. Д. 27. Л. 9. См. об этом: Steinert J.-D. Deportation und Zwangsarbeit; Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. Точных данных о количестве детей, депортированных с целью использования в качестве подневольной рабочей силы, не существует. Белорусские данные основываются на количестве детей до 16 лет, вернувшихся на родину в ноябре 1945 г., которое, согласно СНК БССР, составляло 22.825 человек. См.: Козак К.И. Война и дети. С. 44. Большая часть гетто на территории Беларуси была ликвидирована в 1942 г. Самое большое гетто – Минское – было ликвидировано только осенью 1943 г. См. сообщения ежедневной газеты «Minsker Zeitung», издававшейся на немецком языке. Конкретные примеры: выпуски от 4 июня 1942 г., 27 июня 1942 г., 9 июля 1942 г., 11 июля 1942 г. Руководство групп армий «Север» и «Центр» жаловалось в начале 1943 г. на невозможность разместить тысячи «детей-бандитов». В качестве реакции на это внутри СС была выработана преступная идея поместить детей в специальные лагеря, чтобы подвергнуть их расовой селекции в рамках программы германизации с целью дальнейшего использования в качестве рабочей силы на предприятиях СС. Распоряжения и инициативы касательно размещения «детей-бандитов» см.: Institut füt Zeitgeschichte. MA 342/1. Bl. 8036–8040. См., напр., дополнительные приказы в рамках акции «Hermann» (июль 1943 г.), согласно которым дети не подлежали больше истреблению, их следовало регистрировать в качестве рабочей силы и размещать в специальных детских лагерях. Об этом: Musial B. Sowjetische Partisanen 1941–1944: Mythos und Wirklichkeit. Paderborn, 2009. Здесь S. 211 след.

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рида Никеля, который первоначально должен был проводить работу только среди фольксдойче75 . Еще 1 июля 1942 г. была образована организация «Немецкая молодежь Беларутении»76 . Эти организации, рассчитанные изначально на фольксдойче, вскоре, с определенными оговорками, были распространены на белорусское национальное движение, для которого дети и юноши в качестве потенциальных носителей будущей «беларутенской» государственности представляли определенный национальный капитал. Главной целью агентов этого движения было воспитание детей и молодежи в национальном духе с последующей пропагандистской обработкой77 , которая, однако, потерпела крах, столкнувшись с военной реальностью. Тем не менее, Генеральный комиссариат Беларутения стал первым оккупированным советским регионом, в котором в соответствии с принципами гитлерюгенда летом 1943 г. был организован «Союз белорусской молодежи», а также регионом, где местное самоуправление смогло реализовывать относительно самостоятельную нацональную школьную и культурную политику78 . Однако все эти мероприятия принесли плоды только в тех местностях оккупированной Беларуси, где они не были сорваны паризанами и не столкнулись или столкнулись лишь в малой степени с советской моделью «жертвенного детства». Речь идет в первую очередь о западных районах БССР79 , где деятельность советского подполья и партизан, а тем самым и их влияние на детей, были ограниченными. Наоборот, на востоке республики (средние области вокруг г. Минск, южно‐восточные около Рогачева или Витебская область на северо‐востоке) советское движение сопротивления было организовано существенно лучше. В ряде местностей и прежде всего в столичном Минске дети и молодежь стали объектами воздействия двух пропагандистских наступательных моделей, которые отчасти реализовывались силой: с одной стороны, речь идет об ожиданиях представителей милитаристской профашистской модели «беларутенского детства», с другой – о также милитаризованном образе советского ребенка, который борется с оккупантами, с готовностью жертвуя своей жизнью80 . В зависимости от региона и продолжительности оккупации эти структурные различия имели решающие последствия для судеб

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Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. S. 1083. Minsker Zeitung. 16. Juli 1942. S. 3. См. Юрэвіч Л. Вырваныя бачыны; Катковіч А., Катковіч‐Клентак В. Успаміны; Chiari B. Alltag hinter der Front. Здесь в первую очередь см. S. 206–233. Там же; Minsker Zeitung. 29. Okt. 1943. S. 3. Показательным является положение в Барановичской области, где степень мобилизации «Союза белорусской молодежи» в сравнении с комсомолом, была, согласно Александру Бракелю, «весьма заметной». См.: Brakel A. Unter Rotem Stern und Hakenkreuz. S. 218; о партизанском движении в Барановичах и в целом в Беларуси см.: Musial B. Sowjetische Partisanen in Weißrussland: Innenansichten aus dem Gebiet Baranoviči: Eine Dokumentation. München, 2004; Musial B. Sowjetische Partisanen 1941–1944. Ожидания в отношении детей и молодежи обеих моделей были сравнимы, хотя и под разными идеологическими знаками. Очевидно, наибольшая схожесть заключалась в требовании активной борьбы с фашизмом или, соответственно, с коммунизмом, что отражалось в наступательном языке газет и листовок обеих сторон.

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затронутых детей, для свободы их действий, опыта и жизни – в том числе и после войны. Строительство «Союза беларуской молодежи» обозначило третью фазу, которая закончилась освобождением территории всей Беларуси в конце июля 1944 г. Несмотря на насыщение страны немецкими войсками и централизацию властных структур под эгидой СС, началась утрата контроля над территорией как следствие освободительного марша Красной армии81 . Отступление войск группы армий «Центр» повлекло за собой применение принципа «мертвых зон», уже опробованного в борьбе с партизанами, согласно которому территории, оставляемые немецкими войсками, зачищались от населения с уводом в немецкий тыл всех работоспособных гражданских лиц, включая детей82 . Именно в этот период были совершены очевидно самые ужасные военные преступления в отношении детей в восточной части Беларуси, находившейся под управлением вермахта. Наряду с депортациями в районе Озаричей в марте 1944 г., летом того же года была проведена акция похищения детей, известная под аббревиатурой HEU (Heimatlos, Elternlos, Unterkunftslos – Безродные, Сироты, Бездомные), целью которой была регистрация всех «юношей и девушек в возрасте 10–14 лет» для последующей трудовой эксплуатации на территории рейха83 . В ходе этой акции войсками вермахта вдоль всей линии фронта на юго-востоке Беларуси из семей были отняты от 2.500 до 4.500 детей в возрасте 8 лет и старше и собраны в так называемых «детских деревнях» юго-восточнее Минска. Часть этих детей была вывезена на принудительные работы в рейх. Учет и иерархизация детей согласно национал‐социалистическим расово‐биологическим критериям, начатые сразу же после оккупации Беларуси, а также чрезвычайное ожесточение отношений между оккупантами и детьми, которое шло рука об руку с изменением самого понятия «детство», имели своим следствием для детей возникновение «пространств опыта» и условий действий, специфика которых диктовалась как войной, так и ситуацией на местах. Эти действия и опыт различались в зависимости от состояния оккупационных структур, которые, с одной стороны, характеризовались делением страны на зоны гражданского и военного управления, с другой стороны – чрезвычайно гетерогенным функционированием оккупационной системы на фоне советского сопротивления (партизаны) и национальных противоречий в бывших польских западных областях. В качестве примера следует привести школьную систему, которая в областях, находившихся под властью гражданской администрации, хотя и служила в первую очередь пропаганде и целям экономической

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Эта пертурбация была следствием того, что гражданское управление возглавил Высший руководитель СС и полиции Курт фон Готтберг, после того как прежний генерал‐комиссар Вильгельм Кубе был убит 22 сент. 1943 г. Gerlach Ch. Kalkulierte Morde. S. 1010 след. Приказ AOK 9 касательно учета рабочей силы для вывоза в рейх от 28 мая 1944 г. (кодовое название «HEU-Aktion»). BA-MA. RH 20-9/198. Bl. 219–221. Приказ требовал организовать в районе действия 9-й армии акцию похищения детей и молодежи, с целью вывезти в Германию до 50.000 человек. См. также в контексте сегодняшних воспоминаний в Беларуси об этой акции: Saal Y. v. «Bandenkinder» – Kinderlager im Spiegel der Quellen und Erinnerungen der Überlebenden im besetzten Belarus.

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эксплуатации, тем не менее была кое-как организована и за ней осуществлялся упорядоченный надзор. «Я ходил при немцах в школу. Там ничего не изменилось, мы должны были только больше учить немецкий», – вспоминает Леонид Василевич из небольшого городка Мир. К началу войны ему исполнилось 11 лет84 . Действительно, школы были открыты даже в детских домах и их посещение было для детей обязательным. Очевидцы вспоминают сегодня об этих школах в первую очередь как о местах принудительной «белоруссификации»85 . В течение войны количество функционировавших школ сократилось, и все же к концу 1942 г. согласно официальным данным на территориях, подчиненных гражданским властям, насчитывалось 3.485 школ с 346.000 учеников86 , чего не было в восточной части Беларуси. Размещение в школьных зданиях подразделений вермахта, меньшая заинтересованность военного аппарата в поддержании системы образования87 , частые нападения партизан, нехватка учительского персонала и учебного материала делали в ряде восточных областей, особенно к концу войны, функционирование школ невозможным. В Лепельском округе (Витебская область, тыловой район группы армий) к концу 1942–1943 учебного года из 40 запланированных школ были открыты только семь, при этом только две из них были школами‐семилетками88 . Обеспечение школьного обучения на западе страны оказалось однако также не легким. Официальные цифры отражают только часть реальности. В г. Минск, например, в первом школьном году было зарегистрировано 16 школ. Однако они все были заняты подразделениями вермахта, что повлекло за собой перенос занятий на улицу, на другие здания и продолжение обучения с большими сложностями и меньшим количеством учеников по плану89 . В Минском округе обеспечение школьного обучения становилось тоже не менее сложным. На бумаге к середине 1943 г. хотя и существовало 479 школ, но только 85 из них были действительно рабочими90 . Все остальные (82 %) были либо закрыты или разрушены партизанами, либо заняты вермахтом. Открытые школы находились в таком ужасном состоянии, что о нормальном процессе обучения, не считая некоторых исключений, и речи быть не могло. Из 92 школ Минского округа, например, только две 84

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Цит. по: Раманава І., Махоўская І. Мір: гісторыя мястэчка, што расказалі яго жыхары. Вільня, 2009. Здесь С. 106. См. автобиографические записки братьев Клима и Владимира Соколовских, которые во время оккупации находились сначала в детском доме в Дроздах, а затем в Острошицком Городке и Семков Городке: Соколовский К.Э., Соколовский В.Э. Детский дом в тылу врага. См.: Chiari B. Alltag hinter der Front. S. 206–207. Здесь также приведены общие данные о развитии школьного дела под властью гражданской администрации Генерального комиссариата. После того, как 20 декабря 1941 г. последовало распоряжение Верховного командования сухопутных войск (OKH) о закрытии всех школ в областях, подчиненных армии, медленное открытие школ началось только в июне 1942 г., которое все же осуществлялось разным темпом, в зависимости от области. См.: Pohl D. Die Herrschaft der Wehrmacht. S. 144 след.; см. также: Hasenclever J. Wehrmacht und Besatzungspolitik in der Sowjetunion: Die Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete 1941–1943. Paderborn; München; Wien; Zürich, 2010, S. 264 след. Государственный архив Витебской области (ГАВО). Ф. 1602. Оп. 1. Д. 67. Л. 3. См.: Доклад школьного инспектора г. Минск. НАРБ. Ф. 371. Оп. 1, Д. 14, Л. 3 след. НАРБ. Ф. 371. Оп. 1. Д. 90. Л. 1 след.

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имели в апреле 1942 г. электрический свет91 . Зимой школы в основном не отапливались; постоянно не хватало рабочего материала и мебели, которую часто палили. Положение вещей ухудшилось с ходом войны и в западной части страны, но школьное обучение оставалось под контролем гражданской администрации. Временно там даже устраивались здания под школы. В областях с гражданской администрацией значительно эффективней решался вопрос учета и обеспечения детей-сирот предметами первой необходимости. В то время как система детских домов (хотя и в сильно сокращенном виде) сохранялась в Минской области в течение войны под контролем школьного инспектората92 и попадала под благотворительную попечительскую компетенцию «Белорусской народной самопомощи» (сбор пожертвований, оборудование благотворительных столовых, направление детей в детдома), то в тыловых районах группы армий, не говоря уже о районах военных действий, такой системы детского призрения практически не существовало93 . Прямым следствием этого расхождения было гораздо большее количество бродяг из числа сирот на востоке Беларуси, которое только увеличивалось в результате акций возмездия немцев против партизан. Эти дети были полностью предоставлены сами себе, зачастую они становились жертвами военных действий и организованных депортаций94 . В то же время дети более старшего возраста могли бежать в леса и примкнуть к партизанам, что стало возможным с 1943 года. «Партизаны» и «лес» были для многих прежде всего подростков на востоке Беларуси, в первую очередь для еврейских детей, бежавших из гетто, в принципе единственным убежищем. Во время отступления вермахта леса наполнились именно молодыми людьми, детьми и женщинами. В отдельных отрядах детей было так много, что для них даже устраивали «лесные школы». Руководство комсомола, активно действовавшего в подполье, демонстрировало в начале 1944 г. настоящую заботу, если в семейных партизанских отрядах уделялось слишком мало внимания идеологической работе с детьми, а также школе95 . Маленькие и больные дети эвакуировались из партизанских отрядов в освобожденные области России96 .

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НАРБ. Ф. 393. Оп. 3. Д. 57. Л. 96. Инспекторат был образован 7 окт. 1941 г. Его главной задачей было воспитание детей и юношества в духе национал‐социализма. К его компетенции также относились организация и контроль за школами и детскими учреждениями. Первоначально инспекторат состоял из шести человек, включая инспектора, и нес ответственность только за детские учреждения, такие как детские дома. В 1942 г. численность сотрудников инспектората увеличилась до 20 сотрудников. НАРБ. Ф. 371. Оп. 1. Д. 2. Л. 16. Нам мало что известно об организации детских домов и жизни детей-сирот в зоне, находившейся под управлением военной администрации. Доступные свидетельства очевидцев рисуют картину их заброшенности. В этой связи следует назвать большую отправку детей из витебского лагеря «Пятый полк» в Освенцим осенью 1943 г., а также акцию «HEU-Aktion» весной 1944 г., хотя в обеих случаях дети имели родителей. НАРБ. Ф. 1375. Оп. 1. Д. 152. Л. 4, 17. См. отчет, адресованный белорусскому Штабу партизанского движения, датированный 1943 г. НАРБ. Ф. 1450. Оп. 2. Д. 1275. Л. 48, 96–97, 136–138; Ф. 1450. Оп. 4. Д. 33. Л. 145.

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Выводы и перспективы Очерченный здесь интерес оккупантов к детям, менявшийся в ходе войны, а также неоднородная структура оккупационной власти обусловили для детей условия действий и палитру пространств опыта, варьировавшихся в зависимости от места и времени и отчасти представлявших собой замкнутые специфические «социальные микросистемы» вне нормальных семейных структур. В качестве данных микросистем следует в первую очередь назвать такие пространства опыта как гетто, детские дома, партизанские отряды, лагеря («детские деревни») и улицы (в широком смысле, включая «черные рынки» и места работы). Некоторые дети знали только детский дом, в то время как другие прошли через все вышеназванные в ходе войны. Совершенно очевидно, что у всех детей Беларуси был очень разный опыт войны. В то время как Тамара Вахняпина (1937 г.р.) из западного городка Мир вспоминает о «хороших» немцах, об их подарках и шоколаде и даже о совместных играх в прятки97 , тысячи еврейских детей, избежавших умерщвления или спасшихся из гетто, были вынуждены прятаться в лесах и болотах не только от немцев, но и от своих собственных соседей. «Я очень боялся других детей», – вспоминает уже цитировавшийся выше Владимир Трахтенберг, который вместе с матерью после ликвидации Минского гетто осенью 1943 г. смог пробиться к партизанам98 . До этого его повседневная жизнь в Минском гетто сводилась «к поиску хороших тайников» (малин). Однако лишь небольшое количество детей в гетто не было обнаружено карателями и остались в живых, лишь немногие нашли путь в подполье, а среди последних далеко не все были в это подполье приняты. Жизненные пути и пространства действий детей на оккупированных территориях Советского Союза были настолько разными, что их нельзя описать в рамках единой унифицированной категории – «дети войны». Названные выше пространства детского опыта подлежат анализу в сравнении друг с другом, с макроуровнем, а также в соотношении с agency детей. Поэтому намеченная исследовательская программа может быть реализована только систематически и при условии привлечения разных типов источников различного происхождения. Чем больше разбираешься с этими источниками, тем отчетливее выявляется agency несовершеннолетних. Нет никаких сомнений в том, что дети, будучи особенно уязвимой группой в обществе, были в первую очередь невинными жертвами войны на уничтожение, которая лишала их основных средств и институтов существования. Однако было бы неправильно сводить детей только к жертвам войны и считать их пассивными маргинальными персонажами.

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Цит. по: Раманава І., Махоўская І. Мір. С. 108. Интервью с автором, 3 сентября 2017 г., Минск.

Кристина Танис Трофейное кино в Советском Союзе: специфика культурного трансфера Знаменитая высокая оценка Йозефом Геббельсом фильма «Броненосец Потемкин»1 (Сергей Эйзенштейн, 1925) в истории имеет свою рифму. После войны советский режиссер Александр Птушко на заседании по вопросам кино вспомнит о «Нибелунгах» (Фриц Ланг, 1924): Сейчас я закончил фильм, цветной фильм «Каменный цветок». Мне хотелось эти традиции продолжить, я выдвинул тему «Илья Муромец». Мне хотелось по моим возможностям хорошо и широко применить цвета и сделать эпическую вещь, национально‐русскую вещь. Мы имели германский фильм «Нибелунги», о нем до сих пор говорят, как об интересном, фантастическом фильме. Мы имеем достаточно постановок в национальных республиках, но нашего русского эпоса у нас нет, поэтому мне хотелось сделать такой фильм2 .

Помимо декларируемой апелляции к немецкому кино-эпосу в связи с национальным русским фильмом, в приведенном высказывании стоит обратить внимание еще на два момента: во-первых, фильм «Каменный цветок» был снят на немецкую пленку Agfacolor, которая в числе трофейного оборудования после войны оказалась в СССР [«Илья Муромец» (Птушко, 1956) будет снят на нее же]; а во-вторых, само построение предложений «Мы имели германский фильм “Нибелунги“; Мы имеем достаточно постановок в национальных республиках», где и немецкие «Нибелунги» и национальные постановки составляют грамматически эквивалентные части одной фразы, вроде бы и является случайной оговоркой, но оговоркой в контексте нашего исследования очень показательной. Сходства и параллели между культурами двух стран не раз становились объектами компаративных и сопоставительных анализов3 , в том числе и в области кино. 1

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«Это чудесный фильм. С кинематографической точки зрения он бесподобен. ‹…› Тот, кто не твёрд в своих убеждениях, после его просмотра, пожалуй, даже мог бы стать большевиком. Это ещё раз доказывает, что в шедевр может быть успешно заложена некая тенденция. Даже самые плохие идеи могут пропагандироваться художественными средствами». Albrecht G. Film im Dritten Reich. Karlsruhe, 1979. S. 26–31. Стенограмма заседания по вопросам кино. Российский государственный архив социально‐политической истории (РГАСПИ). Ф. 17. Оп. 125. Д. 378. Л. 90. См., напр., исследования Майи Туровской, где она сравнивает советские и немецкие журналы 1930‑х гг.: Туровская М. Легко на сердце – Kraft durch Freude: «Огонек» и BIZ // Ту-

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В 1989 г., в рамках Международного Московского кинофестиваля историк кино и культуролог Майя Туровская представила ретроспективу «Кино тоталитарной эпохи. 1933–1945». В рамках ретроспективы Туровская сопоставила некоторые советские и немецкие кинофильмы, созданные с 1933-го по 1945 г. с точки зрения их структуры, функций и идеологических предпосылок, тем самым пытаясь обозначить феномен «кино тоталитарной эпохи». Нарратив ретроспективы строился вокруг таких общих сюжетов для кинематографии двух стран, как миф вождя, героя, юной жертвы, коллективности, врага и вокруг националистического мифа. Мы не будем подробно останавливаться на ретроспективе, отошлем лишь интересующихся к статье Майи Туровской4 . Однако нас интересует тот факт, что в рамках ретроспективы в качестве исключения Туровская показала немецкий фильм «Дядюшка Крюгер» (Ганс Штайнхоф, 1941) в русском дубляже. Попавший в Советский Союз в 1945 г. в составе трофейного фонда, «Дядюшка Крюгер» с некоторыми купюрами прокатывался в СССР с 1948-го по 1955 г. в качестве трофейного фильма под названием «Трансвааль в огне»5 . Как вспоминает сама Майя Иосифовна, данная практика на кинофестивалях является не принятой и «выглядит моветоном ‹…› но мне в конце концов дали такое разрешение, и наш немецкий куратор Клаус Эдер воскликнул: “Я поражен! ‘Трансвааль в огне‘ воспринимаешь как нормальный советский фильм“»6 . Собственно уже то, что большевики дали немецкому фильму название русской народной песни «Трансвааль, Трансвааль, страна моя, ты вся горишь в огне», появившейся в России еще в начале XX века после англо-бурской войны и вернувшейся в культурный обиход во время Второй мировой войны, свидетельствует о том, с какой легкостью советская культура готова была принять и впитать в себя немецкое кино. Что, собственно, и произошло, ведь трофейные фильмы из небольшого эпизода истории советского кинопроката превратились в целый культурный феномен эпохи. Именно этот очень успешный перенос и интересует меня как исследователя. Цель настоящего текста заключается в том, чтобы рассмотреть специфику этого культурного трансфера и выявить, с одной стороны, лакуны, которые трофейные фильмы заполняли или которые, как подразумевалось, они могут заполнить; а с дру-

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ровская М. Зубы дракона: Мои 30‑е годы. М., 2015. С. 237–292; или советские и немецкие анекдоты: Туровская М. Ахиллес и черепаха. Политический анекдот тоталитарной эпохи // Там же. С. 293–351. Также см. одно из первых корпоративных исследований кинематографов двух стран с точки зрения их пропагандистских функций: Taylor R. Film Propaganda: Soviet Russia and Nazi Germany. London; New York, 1979. Туровская М. Кино тоталитарной эпохи // Туровская М. Зубы дракона. С. 163–199. Согласно прокатному удостоверению № 965/48 фильм был выпущен 28 окт. 1948 г. для всякой аудитории до 31 дек. 1951 г. Далее срок фильма был продлен до 31 дек. 1955 г. См.: Каталог звуковых фильмов, выпущенных на советский экран 1927–1955 гг. [б.и., б.г.]. Каталог хранится в Госфильмофонде, его англоязычная версия опубликована Ричардом Тейлором: Catalogue of Foreign Sound Films Released on the Soviet Screen, 1927–1954. USSR Ministry of Culture State Film Archive: Department for the Scientific Processing of the Foreign Film Archive. Ministerstvo kul’tury SSSR // Studies in Russian and Soviet Cinema. 2016. Vol. 10. No. 2. P. 123–198. Здесь и далее все данные относительно кинопроката трофейных фильмов основываются на этом каталоге. Туровская М. Операция «Трофейный фильм» // Туровская М. Зубы дракона. С. 205.

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гой стороны, определить, каким образом происходила трансформация культурного продукта, какие дополнительные смыслы и коррективы в него вносила советская действительность. Для того, чтобы достичь поставленной цели, мне придется сопоставлять две модели, проводя параллели на макро- (кино-системы) и микро- (единица фильма) уровнях в социальном, культурном и идеологическом контекстах. Однако, важно уточнить, что компаративный анализ в данном случае кажется нам не совсем уместным, поскольку, во-первых, заключает в себе изначально напрашивающийся вывод об эквивалентности двух режимов, а во-вторых, исключает наличие иных акторов, а в данном случае они имели место быть. Именно поэтому, на наш взгляд, гораздо корректнее прибегнуть к методологическому аппарату культурного трансфера, со свойственными ему компаративными импликациями, теорией билатерального процесса, наличия «третьего» фактора и т. д. И, наконец, мне хотелось бы сделать последнюю оговорку – в настоящем тексте под трофейным кино мы рассматриваем только его немецкую часть. Безусловно, феномен «трофейное кино» включал в себя фильмы не только немецкого производства, но европейские и американские. Однако количество европейских фильмов так мало, что выделять их в отдельную группу мы не видим смысла7 . В то время как выпуск американских «трофейных» лент должен рассматриваться в более широком контексте авторского права и международных отношений между США и СССР и требует отдельного подробного исследования.

Немецкое кино в эпоху Третьего Рейха: золотой век киностудии УФА Как известно, модель кинематографа Третьего Рейха была построена таким образом, что в кино‐репертуаре преобладали развлекательные фильмы. Процент пропагандистских лент в разные годы варьировался в пределах первой десятки, но никогда не превышал 25 % от общей доли кинопроката. Остальные 75 %, а иногда и более, в прокатной сетке занимали фильмы развлекательных жанров – комедии, мелодрамы, приключенческие картины. Эта ориентация немецкого кинематографа на развлекательную кинопродукцию была проговорена в 1933 г. Геббельсом в его первой программной речи перед кинематографистами в отеле «Кайзерхоф»8 . Во время выступления министр пропаганды подчеркнул особую важность «создания маленьких развлечений». Позднее, в 1940 г. на одном из заседаний имперской палаты кинематографии Геббельс отметил, что развлекательное кино следует всерьез рассматривать, как «ценный инструмент руководства народом во время войны»9 .

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Мы насчитали 5 английских картин, 6 итальянских фильмов и 4 французских. Также в числе трофейных фильмов были показаны 3 австрийские ленты, но их мы рассматриваем в контексте кинематографа, созданного в эпоху Третьего Рейха. См. полный текст речи Й. Геббельса: Albrecht G. Film im Dritten Reich. S. 26–31. Цит. по: Unterhaltung und Ideologie im NS-Film. URL: http://www.filmportal.de/thema/ unterhaltung-und-ideologie-im-ns-film

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С тех пор развлекательное кино нацистской Германии, исторически маркированное Геббельсом как «способ манипуляции массами», если и становилось объектом исследования ученых, то в контексте его латентных пропагандистских функций, эскапизма и утопического иллюзионизма. Первые исследования принадлежат Зигфриду Кракауэру, который еще в 1942 г. в книге «Propaganda and the Nazi War Film» написал, что «все нацистские фильмы в большей или меньшей степени были пропагандистскими – даже просто развлекательные картины, которые кажутся далекими от политики»10 . Позднее Герд Альбрехт продолжил этот тезис, заметив, что существовали манифестационно‐пропагандистские фильмы и латентно‐ориентированные, причем в последних скрытая пропаганда могла передаваться путем изображения серьезного, смешного или при помощи приключенческого жанра11 . Исследуя кинопропаганду в нацистской Германии, Ричард Тейлор писал, что развлекательные фильмы были нацелены «убаюкивать аудиторию для того, чтобы манипулировать ее мнениями для политических нужд»12 . В том или ином виде, подобный фокус анализа, ориентированный на изображение и передачу нацистской идеологии посредством кино, довольно долго преобладал в историографии кинематографа Третьего Рейха13 . Однако с 1980–1990‑х появилось новое поколение историков, которые сместили акцент с пропагандистских и идеологических функций на фильм как исторический источник и объект культурного анализа14 . И выяснилось, что далеко не все немецкие картины были заражены национал‐социалистическим «ядом», как иронически отметил Клаус Краймайер15 . В действительности многие жанровые фильмы не обнаруживали ни узнаваемого кинематографического стиля, ни актуальной идеологической повестки дня. Более того, иногда даже находились расхождения между доктринальной нацистской идеологией и транслируемым сообщением посредством кино16 .

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Kracauer S. Propaganda and the Nazi War Film. New York, 1942. Albrecht G. Film im Dritten Reich. S. 105. Taylor R. Film Propaganda. P. 231. Wollenberg H. Fifty Years of German Film. London, 1948; Albrecht G. Nationalsozialistische Filmpolitik. Stuttgart, 1969; Hull D. Film in the Third Reich: A Study of the German Cinema, 1933–1945. Berkeley, 1969; Taylor R. Film Propaganda; Welch D. Propaganda and the German Cinema, 1933–1945. New York, 1983. Schulte-Sasse L. Entertaining the Third Reich: Illusions of Wholeness in Nazi Cinema. Durham; London, 1996; Rentschler E. The Ministry of Illusion: Nazi Cinema and Its Afterlife. Cambridge, 1996; O’Brien M.-E. Nazi Cinema as Enchantment: The Politics of Entertainment in the Third Reich. Rochester, 2004; Hake S. Popular Cinema of the Third Reich. Austin, 2001; Ascheid A. Hitler’s Heroines: Stardom and Womanhood in Nazi Cinema. Philadelphia, 2003. Kreimeier K. Die Ufa-Story: Geschichte eines Filmkonzerns. München, 1992. S. 331. См., напр., исследование Ascheid A. Hitler’s Heroines, где автор доказывает, что Сара Леандер или Кристина Зедербаум, напр., занимали довольно неоднозначную позицию в общей культурной системе. С одной стороны, они были самыми популярными женщинами в стране и, благодаря своей известности, выполняли модельную функцию. С другой стороны, их кинематографические образы были противоположны нацистскому идеалу женщины, которая должна была служить семье и государству. Несмотря на то, что женщины в нацистской Германии были очень ограничены в своих правах, кинематографические дивы много раз становились частью феминистского дискурса.

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Фильмам удавалось проецировать широкий спектр настроений и менталитетов, а кинорежиссеры уделяли равное внимание последним тенденциям популярной культуры, классическим литературным и музыкальным канонам, европейским традициям и голливудским драматургическим моделям17 . В связи с вопиющей всеядностью и гетерогенностью популярного кинематографа Третьего Рейха Патрис Петро сравнил их с Голливудом:18 «Был ли нацистский кинематограф просто версией классического голливудского кино?» И если это так, то «в какой степени популярность нацистского фильма продвигала отличительно национальные предпочтения и шаблоны?»19 Согласно Петро, развлекательные фильмы эпохи Третьего Рейха могут быть описаны как упрощенные производные голливудского оригинала, а именно – без тщательно прописанных сценариев, квалифицированных режиссеров, продуманного дизайна, гламурных звезд и щедрых бюджетов. Подчеркнем, что эти два подхода к изучению нацистского кино не противоречат друг другу. В том смысле, что нацистские власти, конечно, стремились использовать кинематограф для явной или скрытой пропаганды, но амбивалентность, эклектичность и внутренняя противоречивость развлекательных фильмов были отмечены впервые. Все это стоит учитывать, рассматривая немецкие фильмы уже в советском контексте.

Трофейные фильмы в СССР: репрезентация и восприятие Первый трофейный фильм «Девушка моей мечты» (Георг Якоби, 1944) выходит в СССР в 1946 г., и поскольку имеет колоссальный успех у публики20 , то в последующее десятилетие советские власти выпускают еще около пятидесяти картин, созданных в эпоху Третьего Рейха. При этом важно отметить, что, прокатывая фильм из коммерческих соображений, власть отмечает отсутствие идеологических маркеров. «В связи с тем, что картина “Девушка моей мечты“ дает государству большой доход и в идейно‐политическом отношении является нейтральной, – пишет министр кинематографии Иван Большаков Андрею Жданову, – Министерство кинематографии считает целесообразным дальнейшую демонстрацию картины на экранах Советского Союза»21 . Если мы посмотрим как на обоснования для выпуска последующих тро-

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Подробнее см. исследование Hake S. Popular Cinema of the Third Reich. О немецкой кинополитике внутри Европы и за ее пределами см.: Cinema and the Swastika: The International Expansion of Third Reich Cinema / D. Welch, R. Vande Winkel (eds.). New York u. a., 2011. См. Petro P. Nazi Cinema at the Intersection of the Classical and the Popular // New German Critique. 1998. No. 74. P. 43. См.: Туровская М. Кинопроцесс: 1917–1985. Предисловие // Киноведческие записки. 2010. № 94/95. С. 70–89. Летопись российского кино, 1946–1965 / А.С. Дерябин и др. (отв. ред.). М., 2010. С. 47.

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фейных фильмов в прокат22 , так и на их жанровую выборку23 , то увидим, что власти отбирали то, что отсутствовало в эти годы в советском кинематографе и вместе с тем имело большой спрос у зрителя, а именно – развлекательное жанровое кино. При этом в условиях начавшейся политики «малокартинья» подразумевалось, что нишу пропагандистского кинематографа займут советские кинофильмы, качество и идеологический заряд которых наращивали «за счет уменьшения их количества и путем привлечения к постановке фильмов лучших режиссерских и актерских сил»24 , а трофейные ленты при этом будут пополнять кассу, обеспечивая зрителя развлекательной кинопродукцией. Однако сложившаяся таким образом в СССР система кинопроката и кинопроизводства парадоксальным образом отсылает нас к модели, актуальной для Третьего Рейха, с ее ориентацией на зрительский кинематограф и государственным регулированием процентного соотношения 25 к 75 пропагандистского и развлекательного кино25 . Создается ощущение, что вместе с массовым переносом артефактов произошел и перенос самого концепта. В 1949 г., в пик феномена трофейного кино начальник Главкинопроката Лев Василевский на совещании руководящих работников периферии по выполнению плана кинообслуживания прямо проговаривает, что соотношение советских и трофейных фильмов – 1 к 3, то есть 25 к 75 %: Пару слов хочу сказать о том, как нужно будет работать с заграничными фильмами. Для всех вас понятно, что выпуск большого количества заграничных фильмов преследует цель максимального дохода от их проката. Такое соотношение, когда, предположим, в месяц вы имеете 2 советских фильма и 5–6 заграничных фильмов, требует в части проведения правильной репертуарной политики большой вдумчивости от работников кинофикации и проката на местах26 .

Важно уточнить, в настоящем тексте мы не утверждаем, что этот трансфер модели кино советские власти осуществили осознанно, мы скорее склоняемся к тому, что сама эксплуатация немецких лент обусловила возрождение той системы, в услови22

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Напр., обоснованием для выпуска немецкого фильма «Песнь для тебя» (Джо Май, 1933) является то, что «в фильме много музыки и пения», или про фильм «Фанни Эльслер» (Пауль Мартин, 1937) отмечается, что «в фильме много балетных номеров и хорошей музыки» и т.д. См.: Список заграничных кинофильмов для выпуска на закрытый и широкий экран от 27 авг. 1948 г. // Кремлевский кинотеатр, 1928–1953 / К.M. Андерсон и др. (сост.). М., 2005. С. 801–802. Напр., 6 фильмов антибританской направленности, 2 документальных фильма, 4 приключенческих, 7 биографических, 2 драмы, 2 экранизации, 3 исторических фильма, 1 вестерн и 17 мюзиклов. Постановление Политбюро ЦК ВКП(б) «О плане производства художественных, документальных и видовых кинофильмов на 1948 г.» от 14 июня 1948 г. / Власть и художественная интеллигенция: Документы ЦК РКП(б) – ВКП(б) – ВЧК – ОГПУ – НКВД о культурной политике 1917–1953 гг. / А. Артизов, О. Наумов (сост.). М., 2002. С. 636. Автор выражает благодарность А.Б. Блюмбауму за это наблюдение. Стенограмма совещания руководящих работников периферии по выполнению плана кинообслуживания в 1949 г., 12 янв. 1949 г. Российский государственный архив литературы и искусства (далее: РГАЛИ). Ф. 2473. Оп. 1. Д. 401. Л. 11.

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ях которой они были созданы. Однако в советском кинопрокате «нейтральное» кино, как назвал его Большаков, подверглось дополнительной идеологизации. Иными словами, ориентируясь на зрительские потребности, Министерство кинематографии под менторством Агитпропа тем не менее пыталось, насколько это возможно, дополнительно идеологизировать выпущенную кинопродукцию. Монтаж, дубляж (или субтитрирование) и вступительный титр в качестве идеологической рамки – таковы были способ вписать иностранную продукцию в советский контекст. Вообще жанровое разнообразие немецкого кино, как и его эклектичность и гетерогенность, позволяли советским властям вычленять из общей массы продукт релевантный именно советским реалиям. Например, картины антибританской и антиамериканской направленности в условиях начинающейся Холодной войны буквально получили вторую жизнь. По этому поводу немецкая газета «Зи», издаваемая британским сектором Берлина, иронически заметила, что исполнитель главной роли фильма «Дядюшка Крюгер» Эмиль Яннингс может не бежать в Южную Америку, поскольку титул «Заслуженный артист Советского Союза» почти такой же красивый как и «Государственный артист»27 . При этом важно понимать, что зрелищность в данном случае не противоречит идеологической ориентации фильма. То есть тот же «Дядюшка Крюгер», отмеченный в сопровождающих документах как фильм антибританской направленности, при этом имеет множество трюковых сцен и драматургию, свойственную приключенческому жанру. То же самое можно сказать и о фильме «Мария Стюарт» (в советском прокате «Дорога на эшафот») – мелодраме с Царой Леандр в главной роли, где исторический сюжет подспудно служит антибританской риторике фильма. Так или иначе, но антибританских фильмов было всего шесть, и все-таки большую часть составляло именно развлекательное кино – мюзиклы, байопики, приключенческие фильмы. После отбора происходила так называемая «идеологическая начинка» фильмов при помощи монтажа и дубляжа (субтитрирования). Как правило, исключались сцены, противоречащие доктринальной идеологии, а именно – религиозного или мистического характера, эротического содержания28 и с националистическим уклоном29 . Далее путем дубляжа или субтитрирования происходила дополнительная редактура фильма, в ходе которой неугодные советской идеологии фразы не переводились вовсе. И, наконец, перед выпуском картины в прокат в начало включали вступительный титр, который задавал модус просмотра.

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См. перевод статьи «Упрощенный метод». 5 июня 1949 г. РГАЛИ. Ф. 2456. Оп. 4. Д. 212а. Л. 12. Самым известным примером является вырезанная впоследствии сцена, в которой Марика Рекк купалась в бочке, наполненной мыльной пеной в фильме «Девушка моей мечты». Поначалу фильм пустили без купюр, но поскольку эта сцена вызывала бурную реакцию, ее впоследствии купировали. Напр., из фильма «Последний раунд», согласно объяснительной записке, «изъята тема воспитания немецкого нацистского боксера». Центральный государственный архив литературы и искусства Санкт‐Петербурга (ЦГАЛИ СПб). Ф. 257. Оп. 19. Д. 416. Л. 62. А русский эмигрант Гриша Шувалов после дубляжа становился итальянцем Розелли, главарем гангстерской банды.

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Например, вступительный титр к фильму «Призвание поэта» (Герберт Майш, 1940) о Фридрихе Шиллере объяснял, что поэт «испытал на себе всю тяжесть деспотизма и тирании герцога и его двора, бессмысленную тупость прусской военной муштры, видел страдания своего народа» и оттого написал «Разбойников»30 , благодаря чему фильм приобретал дополнительные политические и идеологические коннотации. То есть титр расшифровывал содержание картины в необходимом идеологическом ключе. Таким образом, даже развлекательная продукция, которая по утверждению властей была нейтральной, после введения титра приобретала дополнительное идеологическое измерение, объясняя зрителю, каким образом необходимо было воспринимать тот или иной фильм. Пример с титром является очень показательным с точки зрения понимания того, каким образом советский и немецкий режимы работали с пропагандой в кино. Если немецкий кинематограф следует голливудской модели кинопропаганды, основанной на том, что идеология, будучи введенной подспудно, должна иметь неявный, скрытый характер31 , то советские власти главное идеологическое сообщение, во-первых, очень подробно разъясняют, а во-вторых – выводят в самое начало фильма32 . Однако если мы посмотрим на то, как были восприняты эти фильмы советской публикой, то обнаружим, что в случае с трофейным кино ни немецкое, ни советское сообщение в большинстве своем получателя не достигало. Восприятие вне идеологий двух режимов – самый распространенный тип реакции. Во многом это связано с тем, как мы уже неоднократно упоминали, что фильмы были по большей части развлекательные. Тщательно отобранные, некоторые немецкие фильмы если и могли нести некоторый скрытый пропагандистский потенциал, то в условиях имеющегося у зрителя послевоенного опыта их идеологическое сообщение в новых реалиях либо стиралось вовсе33 , либо воспринималось в негативном ключе. В этом смысле показательным примером является отзыв артистки Инны Ма-

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«Фридрих Шиллер» (Герберт Майш, 1940). Госфильмофонд РФ. Прокат в СССР под названием «Призвание поэта»: 10 апр. 1939 г. – 01 янв. 1955 г. Относительно Голливуда, в качестве наиболее яркого примера, разъясняющего публике роль Америки во Второй мировой войне, можно привести фильм «Касабланка» (Майкл Кёртис, 1942). «Касабланку» едва ли можно заподозрить в том, что фильм был создан под руководством Управления военной информации. См. на эту тему: Bennett М.T. One World, Big Screen: Hollywood, the Allies, and World War II. Chapel Hill, 2012. На тему советской пропаганды в ранние послевоенные годы см., напр.: Pechatnov V. Exercise in Frustration: Soviet Foreign Propaganda in the Early Cold War, 1945–47 // Cold War History. 2001. Vol. 1. No 2. P. 1–27. Относительно кинематографа см. статью: Pozner V. Les limites de la propagande soviétique dans l’après-guerre // Une histoire mondiale des cinémas de propagande / J. Bertin‐Maghit (ed.). Paris, 2008. P. 1276–1321. Как, напр., жанр байопика. В нацистской Германии многочисленные фильмы о гениальных немецких художниках и музыкантах были направлены на пропаганду немецкого национализма. Выпуская байопики в советский прокат, власти часто отмечали их познавательный характер, что, на наш взгляд, имело место быть, поскольку население страны в послевоенные годы еще оставалось малограмотным. О борьбе с неграмотностью см., напр.: Фильцер Д. Советские рабочие и поздний сталинизм: рабочий класс и восстановление сталинской системы после окончания Второй мировой войны. М., 2011.

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каровой, которая, посмотрев наиболее идеологизированные фильмы из всей кинопродукции – фильмы антибританской направленности, с одной стороны, акцентирует внимание на их зрелищных составляющих, а с другой стороны, если и упоминает антибританский посыл, то в контексте послевоенного опыта: Вчера смотрела «Дорогу на эшафот» («Мария Стюарт»). Снимать за границей умеют, одно могу сказать. Лица, как вылепленные. Сняты эффектно34 . Я посмотрела за последние дни «Грезы» о Шуберте, о Суэцком канале, забыла название, «Трансвааль в огне». В последнем потрясающе сняты трюковые падения с мчащихся лошадей. Поучительно – там немцы уличают англичан в жестокости по отношению к бурам. А сами?35

Что касается введенных маркеров советской идеологии, будь то вступительный титр, монтаж или дубляж (субтитры), то, на наш взгляд, в силу явно пропагандистского характера они создавали зазор между репрезентацией властью феномена и его восприятием советским зрителем. Так, например, после просмотра фильма «Жизнь Рембрандта» (Ганс Штайнхоф, 1942), вступительный титр к которому предлагал трактовать картину как конфликт гения и буржуазного общества36 , писатель Михаил Пришвин записал в дневнике, что «тема фильма “Поэт (художник) и чернь“»37 , то есть народ, а не буржуазное общество. В некоторых случаях зритель считывал не только несовпадение содержания и идеологической рамки, но даже купюры, произведенные советской властью. Так, учитель музыкальной школы и композитор Владимир Швец, который смотрел большое количество музыкальных фильмов, довольно часто отмечал наличие купюр. 13 июля 1948 г. он написал в своем дневнике: Смотрели потом немецкий фильм «Флория Тоска». Оформлен отрывками музыки Пуччини. Оставляет хорошее впечатление, хотя купюры многое испортили38 .

И далее, запись от 18 августа 1955 г.: Вечером смотрел немецкий фильм «Мадам Икс» – семейную драму, которая пользуется большим успехом у одесситов. Постановка довольно тщательная и продуманная, но

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Макарова И. Благодарение. М., 1998. С. 128. Там же. С. 130. «Суровый реализм этого гениального мастера был не понят и недооценен его современниками. Творческая непримиримость Рембрандта привела его к конфликту с буржуазной средой. Многочисленные завистники и враги разорили художника и довели его до полной нищеты. Но ни горе, ни травля не сломили Рембрандта. Неутомимо и вдохновенно трудясь до последнего дня своей жизни, он создал великие произведения живописного искусства». «Рембрандт» (Ганс Штайнхоф, 1942). Госфильмофонд РФ. Прокат в СССР под названием «Жизнь Рембрандта»: 19 дек. 1948 г. – 31 дек. 1955 г. Пришвин М. Дневники: 1948–1949. М., 2014. С. 372. Смирнов В. Реквием ХХ века: в 5-ти ч. Ч. 2. Одесса, 2013. С. 665.

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Кристина Танис

купюры – тоже на каждом шагу. Перевод текста почти совершенно не соответствует первоисточнику, который приводится по-немецки39 .

Рабочий пермского авиамоторного завода Александр Дмитриев после просмотра фильма «Девушка моей мечты» вообще отмечает в дневнике, что эта картина показывает жизнь реалистичнее, нежели советская: Вчера мы с Зиной посмотрели [фильм] «Девушка моей мечты». Очень замечательно картина оформлена. Краски подобраны замечательно. Немного наивное содержание, но зато правдиво показана жизнь. В ней уже не скрывается, что народ сидит на норме. Не как в наших кинокартинах, где показано, что у нас жизнь хороша, несмотря что такое тяжелое время. Я таких картин еще не видал, за исключением, правда, стереокино, которое еще ничем не превзойдено. В общем, я остался очень доволен картиной40 .

В настоящем тексте у нас нет задачи рассмотреть всю рецепцию трофейного кино, скорее обозначить один из существовавших типов, важный в контексте авторитарных практик по адаптации иностранных фильмов для советского экрана. Подводя итоги настоящей статьи, мы хотели бы отметить причины, по которым стал возможным этот кинематографический перенос. Во-первых, в Советском Союзе, с самого начала его основания существовала так называемая «вилка» идеологического и развлекательного кино. Впервые это разделение было обозначено еще Владимиром Лениным 17 января 1922 г. в «Директивах по киноделу», где он сформулировал принцип, получивший название «ленинская пропорция». В соответствии с Директивами каждый киносеанс должен был включать в себя как «картины специально пропагандистского содержания», так и «увеселительные картины, специально для рекламы и для дохода (конечно, без похабщины и контрреволюции)»41 . В 1930‑е, несмотря на то, что отношения между идеологией и кассой были решены в сторону идеологии, концепт популярного или массового кино, советского аналога Голливуда, в том или ином виде присутствовал в кинематографическом поле. Главным идеологом массового кино становится начальник кинематографии Борис Шумяцкий, в 1935 г. выпустивший книгу «Кинематография миллионов»42 . Шумяцкий также известен своей знаменитой идеей переноса советской кинематографии на юг для строительства «Киногорода» в Крыму, способного составить конкуренцию американской фабрике грез. Во-вторых, власть уже имела подобный опыт адаптации иностранных фильмов для советских кинотеатров в 1920‑е. Тогда разрыв между идеологией и кассой пытались устранить путем перемонтажа, который в эпоху немого кино часто был радикальным43 . Кинопродукция Третьего Рейха, с ее следованием классическому голли-

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Там же. С. 872. Дмитриев А. Дневник. 11 мартa 1947 г. URL: http://prozhito.org/person/418 Ленин В.И. Полн. собр. соч. Т. 44. М., 1970. С. 360. Шумяцкий Б. Кинематография миллионов. М., 1935. «Как известно, в годы Гражданской войны иностранные фильмы в Советскую Россию не поступали, а собственное кинопроизводство сводилось к хронике и агитфильмам. Коммер-

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вудскому кино с одной стороны44 , и европейским шаблонам с другой, в силу своей синкретичности, иногда аполитичности и гетерогенности оставляла большое поле для маневров, которым и пытались воспользоваться советские власти, дополнительно идеологизируя развлекательную кинопродукцию путем монтажа, дубляжа и введения титра с четкими указаниями по восприятию фильма. Иными словами, после войны «ножницы идеологии и коммерции»45 в очередной раз разомкнулись, разведя по разные стороны советское и трофейное кино, и сомкнуть их путем цензурных практик оказалось невозможным. Исследование осуществлено в рамках Программы фундаментальных исследований НИУ ВШЭ в 2020 году.

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ческая кинопромышленность восстановилась только с введением новой экономической политики, причем начали не с производства, а с кинопроката. Почему? Чтобы делать фильмы, нужны деньги. Где их брать? С проката. ‹…› Прокату импортных фильмов в России дана зеленая улица, но с характерной для этого времени оговоркой: в том, что касается хождения идей, улица должна оставаться красной. Деньги деньгами, но власть у нас все-таки советская». См.: Цивьян Ю. На подступах к карпалистике: Движение и жест в литературе, искусстве и кино. М., 2010. С. 268–269. Концепция классического голливудского кино впервые была введена Д. Бордуэллом. См.: Bordwell D., Staiger J., Thompson K. The Classical Hollywood Cinema: Film Style and Mode of Production to 1960. London, 1988. По выражению Адриана Пиотровского. См.: Пиотровский А. Об «идеологии» и «коммерции» // Из истории Ленфильма: Статьи, воспоминания, документы / Н. Горницкая (сост.). Ленинград, 1968. С. 241–243.

Алексей Тихомиров Визуальный оккупационный режим в послевоенной Восточной Германии (1945–1961 гг.) 1 Введение Летом 1952 г. официальная делегация восточногерманских крестьян отправилась в Советский Союз с миссией увидеть «родину социализма» своими глазами. В вышедшей после возвращения в Германскую Демократическую Республику брошюре опыт пребывания в СССР облекался в нарративы и имиджи восхищения коммунистическим строительством1 . Члены делегации представляли себя очевидцами технического прогресса, сталинских новостроек и передовых колхозов. Они восторгались порядком, динамикой и советскими людьми как главными творцами социалистической реальности. Сами делегаты называли поездку в Советский Союз «наглядными уроками», на которых они получали новые знания и доказательства о позитивном развитии в стране, известной им из нацистской пропаганды в образе «еврейско‐большевистской угрозы для западной цивилизации»2 . Тотальное изгнание старых имиджей врага из восприятия немцев было нацелено на создание репрезентаций гармоничного социалистического мира без структур несовместимости и взаимоисключающих противоречий. Принцип расового неравенства потерял свою актуальность, а задача идеологического единения с Москвой позволила восточным немцам примкнуть к блоку социалистических стран, заявить о создании «антифашистского демократического государства» и присоединиться к советской глобальной миссии «охраны мира во всем мире», особенно в условиях ускорявшегося с весны 1946 г. конфликта холодной войны3 . Созерцая пейзажи и города из окна мчащегося в Москву поезда Эрих Кнорр (1912–2012), функционер Объединения крестьянской взаимопомощи, рассуждал:

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Werktätige Bauern, Traktoristen und Landarbeiter besuchen die Sowjetunion: Bericht der ersten Delegation der werktätigen Bauern, Traktoristen und Landarbeitern der Deutschen Demokratischen Republik über ihre Reise in die Sowjetunion. Halle (Saale), 1952. Pase M. Stalin im Blitzlicht der Presse und Karikatur. Dresden, 1941; Windecke Ch. Der rote Zar: Genosse Stalins Weg zur Macht. Leipzig, 1932. Behrends J. C. Vom Panslavismus zum «Friedenskampf». Außenpolitik, Herrschaftslegitimation und Massenmobilisierung im sowjetischen Nachkriegsimperium (1944–1953) // Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. 2008. H. 1. S. 27–53.

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Поездка по железной дороге также дает возможность для многих наблюдений. Наши делегаты стоят у окна и не устают регистрировать все, что видно снаружи. После больших впечатлений в Москве, камешек за камешком возникают контуры большой мозаики. Постепенно упорядочивается и формируется монументальное полотно Советского Союза4 .

Путешествие на поезде представлялось активным процессом становления свидетелем, получавшего через наблюдение убеждение в успехах «больших строек коммунизма» и превращения немцев из «врагов» в «друзей» СССР при одновременном установлении критической дистанции к собственному национальному прошлому. В послевоенных условиях поражения, разрушения и отсутствия ясных перспектив конфигурация взгляда на СССР предлагала для восточных немцев сценарий разрешения актуальных проблем, обещая мир и безопасность, прогресс и процветание, счастье и будущее. Именно «поездками в будущее» назывались путешествия в СССР, формируя моральный долг развития пост‐нацистской Германии по советскому пути. Следование лозунгу «Учиться у Советского Союза – значит учиться побеждать!» предлагало космологический смысл к спасению, чтобы из «проигравших войну» стать «победителями истории». По аналогии с анализом значения западного наблюдателя в производстве советского символического порядка Алексея Голубева, фигура восточного немца как западного наблюдателя Советского Союза выполняла функцию лакановского зеркала, которое не только собирало разрозненный опыт советской действительности в единую картину, но и преобразовывало его в новое знание для позитивной самоидентификации немцев5 . Для СССР имиджи и нарративы наблюдателей советской действительности обозначали расширение зоны влияния послевоенной советской империи и собирание территорий под руководством Кремля6 . Для немцев создание позитивных репрезентаций о СССР позволило изменить самооценку недавнего государства‐агрессора посредством публичной прокламации двусторонней дружбы7 . Благодаря многочисленным публикациям, фотографическим выставкам и дискуссионным группам, делегаты после возвращения из Москвы становились послами социалистической модерности в своей собственной стране. Их задача заключалась в идеологической фокусировке взгляда своих сограждан на успехах и достижениях СССР. Описывая опыт пребывания в СССР, члены официальных восточногерманских делегаций оправдывали смысл советизированной реальности и упорядочивали

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Werktätige Bauern, Traktoristen und Landarbeiter besuchen die Sowjetunion. S. 20. Голубев А. Западный наблюдатель и западный взгляд в аффективном менеджменте советской субъективности // После Сталина: Позднесоветская субъективность (1953–1985 гг.) / А. Пинский (отв. ред.). СПб., 2018. С. 219–254. Tikhomirov A. The Stalin Cult between Center and Periphery: the Structures of the Cult Community in the Empire of Socialism, 1949–1956 – the Case of GDR // Der Führer im Europa des 20. Jahrhunderts / B. Ennker u. a. (Hrsg.). Marburg, 2010. S. 297–321. Behrends J. C. Die erfundene Freundschaft: Propaganda für die Sowjetunion in Polen und in der DDR. Köln; Weimar; Wien, 2006; Тихомиров А. «Лучший друг немецкого народа»: Культ Сталина в Восточной Германии (1945–1961 гг.). М., 2014.

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ее в соотношении с абстрактным, воображаемым в публикациях и кино, на фотографиях, выставках и плакатах коллективным образом СССР, превратившемся в общее пространство для индивидуальной советизации субъектов. Воображаемый взгляд восточных немцев на СССР отражает формирование послевоенного визуального режима в блоке социалистических стран, который фиксировал иерархию между Москвой и народными демократиями и стал одним из главных инструментов советизации пространства, времени и субъектов посредством визуальности. Речь идет о формировании ситуаций субъективации, в которых восточные немцы должны были научиться не только «говорить по-большевистски», но и распознавать, видеть и смотреть на мир по-советски8 . В послевоенной Германии восточные немцы оказались объектом наблюдения со стороны советских контрольных инстанций и одновременно субъектом наблюдения за социалистической действительностью. Как показали в своих блестящих работах Джонатан Крари, Галина Орлова и Алексей Голубев, позиция наблюдателя представляет собой историческую конструкцию реализации власти над субъектом, форму становления контроля над опытом человека и ключевой практикой формирования самого субъекта посредством программирования визуально‐идеологической оптики интерпретации реальности9 . Под «визуальным оккупационным режимом» я понимаю не только стратегии и тактики визуализации политического в публичном пространстве в кооперации СВАГ (Советской военной администрации в Германии) с СЕПГ (Социалистической единой партией Германии), но в большей степени способность генерирования самой визуальной власти, которая обладала потенциалом передавать населению идеологический контент, вовлекать в партийно‐государственные ритуалы и мобилизовать население в официальных целях. Устойчивость создаваемого визуального порядка обеспечивалась способностью власти санкционировать и контролировать социальные практики видения, ощущения и восприятия оккупационного режима через визуальность. Это было намерение создать режим видимости для производства смыслов советской оккупации Германии. По этой причине визуальный оккупационный режим стоит рассматривать, прежде всего, как дисциплинарную систему, регенерирование которой обеспечивалось поощрением правильных практик видения при одновременном табуировании нежелательных взглядов на советизированную реальность и введение символической слепоты к болезненным темам, опыту и памяти10 . Конечной целью визуального оккупационного режима являлось формирование советизированного немецкого субъекта. 8

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Коткин С. Говорить по-большевистски // Американская русистика: Вехи историографии последних лет. Советский период: Антология / М. Дэвид-Фокс (отв. ред.). Самара, 2001. С. 250–328. Crary J. Suspensions of Perception: Attention, Spectacle and Modern Culture. Cambridge, 2001; Орлова Г. «Карты для слепых»: политика и политизация зрения в сталинскую эпоху // Визуальная антропология: Режимы видимости при социализме / Е.Р. Ярская‐Смирнова, П.В. Романов (отв. ред.). М., 2009. С. 57–104; Голубев А. Западный наблюдатель и западный взгляд в аффективном менеджменте советской субъективности. Фуко М. Надзирать и наказывать: Рождение тюрьмы. М., 1999.

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Визуальный оккупационный режим представлял собой коммуникативное пространство, в котором различные актеры, часто являвшиеся бывшими врагами, использовали визуальность и модальности видения для прокламации, ведения переговоров и отклонения политического порядка. Концентрируясь на институтах, медиен и агентах оформления послевоенного визуального режима, а также на реакциях населения на советизированную визуальность в публичном пространстве, хронологически я рассматриваю период последних месяцев войны до капитуляции Германии в мае 1945 г., от образования ГДР в октябре 1949 г. до двойной волны десталинизации в 1956 и 1961 гг., вызвавших кризис публичного символизма послевоенной советской империи не только в Восточной Германии, но и во всем социалистическом мире. Прежде всего меня интересует, как советские имиджи и нарративы импортировались, адаптировались и вписывались в воображаемый взгляд восточногерманского наблюдателя и изменяли его: каким образом они воспринимались и оценивались, переводились и подгонялись к местным условиям, определяя тем самым границы между видимым и скрытым, публичным и табуированным опытом индивида в условиях оккупационного режима. Так как возникновение визуального оккупационного режима являлось транс‐культурным процессом сотрудничества и конкуренции множества партийно‐государственных органов власти и международных организаций, институциональных/ приватных актеров и нормативных систем между «оккупантами» и «оккупированными», то изучение оккупационных ситуаций должно базироваться на методологической основе entangled history – истории транснациональных переплетений и глобальных взаимосвязей, уделяя внимание каналам, медиен, векторам трансфера и модальностям его восприятия, практикам адаптации и перевода в различных социокультурных средах, эффектам симбиоза и отторжения в сетях межкультурной коммуникации11 . До настоящего времени историография оккупационных режимов едва нарушала логику написания национальных историй и не выходила за рамки евроцентристских нарративов о «хороших» оккупационных порядках с цивилизаторской миссией, способствовавшей трансформации «плохих» диктатур, или отсталых периферий, в демократии12 . Большинство историков, политологов и социологов акцентировало внимание на исследовании механизмов нормативно‐правового регулирования и техник насилия в утверждении сменяющихся политических порядков в контексте междуна-

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Werner M., Zimmermann B. Vergleich, Transfer, Verflechtung: Der Ansatz der Histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen // Geschichte und Gesellschaft. 2002. H. 4. S. 607–636; Osterhammel J. Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats: Studien zu Beziehungsgeschichte und Zivilisationsvergleich. Göttingen, 2001; Conrad S., Randeria Sh., Sutterlüty B. Jenseits des Eurozentrismus: Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt a. M., 2002; David-Fox M. The Implications of Transnationalism // Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History. 2011. Nr. 4. P. 885–904. Vogt T.R. Denazification in Soviet‐Occupied Germany: Brandenburg, 1945–1948. Cambridge, 2000; Carruthers S. L. The Good Occupation: American Soldiers and the Hazards of Peace. Cambridge, 2016.

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родной политики и истории дипломатии13 . В последнее время происходит дистанцирование от биполярной аналитической перспективы «жертв» и «палачей» на фоне возрастающего интереса к повседневным пространствам коммуникации, обмена и сотрудничества между «оккупантами» и «оккупированными» в функционировании оккупационных порядков14 . Утверждение новой культурной истории с эвристическим потенциалом пространственного, визуального и сенсорного поворотов способствовало фокусировке взгляда самих историков на ключевом значении сферы визуальности в реализации политического господства и социальной инженерии в условиях оккупации15 . В нашем анализе должна быть также учтена сенсорная иерархия органов чувств, которая обусловлена не только биологически, но и имеет свою собственную историю утверждения зрения в качестве доминирующего источника человеческого опыта16 . Восприятие видимого в качестве аутентичного факта и правдивого доказательства в судебных тяжбах наряду с политизацией практик зрения как минимум с эпохи Возрождения указывает на возникновение прочной смычки визуальности с реализацией власти и их возрастающее значение в процессах (де‑)​легитимации политических порядков в эпоху современности17 .

2 Перед поражением: визуальность в последние месяцы войны В последние месяцы войны наблюдалась динамичная реконфигурация визуальности Третьего рейха. Практики массового утаивания, уничтожения и сжигания нацистской символики указывали на активное участие самих немцев в делегитимации Третьего рейха. Одновременно зачистка публичного пространства являлась спонтанной мерой профилактики, нацеленной на предотвращение насилия со стороны армий союзников. Перед капитуляцией хорошо знакомый населению нацистский визуальный 13

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порядок превратился в угрозу безопасности. Чтобы избежать реакций гнева со стороны освободителей, портреты фюрера прикрывались нейтральными картинами с видами пейзажей и цветов18 . Повсеместно книги «Майн Кампф», портреты Гитлера или фотографии с родственниками в военной униформе нашли невидимое укрытие на чердаках или в подвалах – в частных пространствах, скрытых от глаз широкой общественности19 . Утаивание публичных знаков принадлежности к «национальному сообществу» получило повсеместное распространение. Как и многие другие один бывший судья по совету жены сжег «Майн Кампф» и партийное удостоверение в кухне, а не на улице перед домом, так как опасался свидетелей и создания видимых улик в членстве в НСДАП. Репрезентации активной поддержки нацистов маскировали и бывшие военные: они надевали гражданское платье, а военную форму прятали, закапывали или сжигали. Делание невидимым нацистского режима в публичном и частном пространствах означало ослабление нацистского господства, поскольку современные диктатуры ХХ века представляли собой прежде всего визуальные режимы власти20 . Сила и слабость политических порядков отождествлялась с интенсивностью насыщения публичных арен визуальными артефактами власти. Особенно в условиях советского оккупационного режима значение визуальности в прокламации, оправдании и оспаривании легитимности советского господства в публичном и частном пространствах возрастало, так как «оккупанты» и «оккупированные» разговаривали на разных языках, происходили из различных культур и воспринимали друг друга заклятыми врагами. Как следствие, визуальность превращалась практически в единственную общую зону символической коммуникации, а именно: борьбы за принятие и отклонение оккупационного режима, выражения и разрешения конфликтов, вымещения чувств гнева и мести. Также со стороны советских солдат распознавание визуальных артефактов Третьего рейха использовалось в качестве аргументов легитимации насилия как к отдельным лицам, так и целым локальным сообществам. Обнаружение нацистских инсигний – флагов, значков, грамот, плакатов, удостоверений личности – во время взятия населенных пунктов, обысков и внезапных визитов расценивалось в качестве улик для доказательства активной связи с нацистами21 . Их владельцы объявлялись пособниками Гитлера и заносились в категорию «враждебных элементов», подле-

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Ronge T. Das Bild des Herrschers in Malerei und Grafik des Nationalsozialismus: Eine Untersuchung zur Ikonografie von Führer- und Funktionärsbildern im Dritten Reich. Münster u. a., 2010. S. 335. Тaм же. Baberowski J. Was sind Repräsentationen sozialer Ordnung im Wandel? Anmerkungen zu einer Geschichte interkultureller Begegnung // Arbeit an der Geschichte: Wie viel Theorie braucht die Geschichtswissenschaft? / J. Baberowski (Hrsg.). Frankfurt a. M., 2009. S. 8–18, здесь S. 10. А также: Reichel P. Der schöne Schein des Dritten Reiches: Faszination und Gewalt des Faschismus. München, 1991; Neue Staaten – neue Bilder?: Visuelle Kultur im Dienst staatlicher Selbstdarstellung in Zentral- und Osteuropa seit 1918 / A. Bartetzky u. a. (Hrsg.). Köln, 2005. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße / Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Hrsg.). Bd. 2. München, 1984. S. 228.

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жащих заключению в специальных лагерях НКВД-МВД или же отправке на принудительные работы в СССР22 . Часто визуальные артефакты Третьего рейха провоцировали вандализм и мародерство Красной Армии: разрушение помещений, разграбление домов и уничтожение предметов внутреннего убранства23 . Наконец, они провоцировали реакции насилия, как правило, по отношению к женщинам, как легитимному каналу локализации чувства мести к врагу24 . По многочисленным воспоминаниям современников, крики о помощи женщин и плач детей, пламя пожаров и вид крови, запах гари и разлагающихся тел определяли сенсорный опыт последних месяцев войны. Несмотря на очевидную неизбежность поражения, нарушения прежнего визуального порядка не проходили бесследно. За восстановление публичного символизма Третьего рейха боролись нацистские террористические организации. Они отличались идеологическим фанатизмом и личной преданностью Гитлеру. Воспринимая себя последним оплотом «национального сообщества», они объявляли защиту нацисткой визуальности делом национальной чести c готовностью к радикализации насилия по отношению к согражданам с пораженческими настроениями. В ходе внезапных рейдов члены подпольной организации «Вервольф» требовали снять вывешенные белые флаги, вернуть портреты и плакаты на прежние статусные и видимые места, а виновных расстрелять на месте без суда и следствия25 . В одном из подобных случаев владелец дома, на двери которого была сделана надпись – «Мы не нацисты! Мы приветствуем освободителей!» – был схвачен членами фольксштурма и повешен на дереве по обвинению в предательстве26 . Данный пример отражал общее правило, что все без исключения, кто отказывался демонстрировать принадлежность к «национальному сообществу», подвергался прямой угрозе расправы членами военной полиции и эсэсовских отрядов, если подозревался в саботаже и дезертирстве. Картину последних месяцев войны определяли повешенные на площадях и улицах мужчины и женщины, отказавшиеся вступать в фольскштурм или присоединиться к санитарной службе. На их шеях висели таблички с обесчещивающими надписями «дезертир», «предатель» или «саботажник»27 .

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За четыре года с мая 1945 по май 1949 г. в спецлагерях НКВД-МВД в Германии умерло 41 907 немецких граждан, что составило примерно 35 % от общего числа немцев, находившихся в них. См.: Петров Н.В. Сталин и органы НКВД-МГБ в советизации стран Центральной и Восточной Европы. M., 2011. C. 58. Государственный архив Российской Федерации (далее: ГАРФ). Р-7317. Оп. 10. Д. 29. Л. 259. Die Vertreibung der Deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße. Bd. I,1. Bonn, 1954. S. 396. Keller S. Volksgemeinschaft am Ende: Gesellschaft und Gewalt 1944/45. München, 2013. S. 187, 408. Смертельный приговор ожидал и тех, кто отказывался поддерживать ритуальный порядок «национального сообщества»: тот, кто не желал делать традиционный выброс руки вперед, то есть приветствие Гитлеру, объявлялся «предателем» с угрозой немедленного расстрела. Cм.: там же. S. 411. Там же. S. 143. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße. Bd. I,1. S. 285.

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Наступление Красной Армии и капитуляция Германии 8 мая 1945 г. привели к практике вывешивания белых и красных флагов в качестве знаков примирения с поражением в войне и признания статуса победителя за Советским Союзом28 . «Белые флаги, куда ни посмотри. Они были вывешены из окон квартир в городах и деревнях, на фабриках и административных зданиях. В течение многих дней, даже недель, они определяли картину в Германии весной 1945 года», – вспоминал Штефан Дернберг в своих мемуарах29 . Белый цвет стал маркером лояльности. Считалось, что дома, на которых висели белые флаги, не сжигались, а в людей с белыми нарукавными повязками не стреляли30 . Беженцы с Востока оснащали свои тележки красными и белыми флагами, чтобы по пути на родину не вызвать гнев военных подразделений противника31 . Сами беженцы, как правило, использовали белую нарукавную повязку в целях обеспечения собственной безопасности32 . В захваченных Красной Армией населенных пунктах мужчины приходили сдаваться к русским с белым платком в надежде быть нетронутыми и остаться вместе с семьей33 . Одновременно данная цветовая палитра служила источником ориентации для местного населения и вынужденных мигрировать людей. Дома, с размещенными на них красными флагами, воспринимались очагами опасности, так как считалось, что там размещены солдаты Красной Армии или советская военная администрация. Их обходили стороной. Наоборот, дома без флагов воспринимались беженцами как маркеры безопасных мест для отдыха, оказания помощи и ночлега34 . Накануне поражения белый и красный цвет стали ресурсами коммуникации в определении иерархий между побежденными и победителями, определяя визуальную локализацию угроз и структур безопасности.

3 После победы: визуальный (бес‑)​порядок после завершения войны С подписанием Акта о безоговорочной капитуляции Германии союзники по Второй мировой войне начинают зачищать публичное пространство от символов эпохи Третьего рейха35 . В распоряжении Союзного Контрольного совета от 13 мая 1946 г. предписывалось в первую очередь удалить нацистские памятники и эмблемы36 . Летом

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Leonhard W. Die Revolution entlässt Ihre Kinder. 23. Aufl. Köln, 2006. S. 429–430. Dörnberg S. Befreiung 1945: Ein Augenzeugenbericht. Berlin, 1985. S. 100. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße. Bd. I,1. S. 464. Там же. S. 448–449. Там же. S. 264–265. Там же. S. 270, 444, 473. Там же. S. 278. Reichel P. Berlin nach 1945 – eine Erinnerungslandschaft zwischen Gedächtnis‐Verlust und Gedächtnis‐Inszenierung // Architektur als politische Kultur / H. Hipp u. a. (Hrsg.). Berlin, 1996. S. 273–296. Sänger J. Heldenkult und Heimatliebe: Straßen- und Ehrennamen im offiziellen Gedächtnis der DDR. Berlin, 2006. S. 78.

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1945 г. проводилась повсеместная чистка магазинов и школ, административных зданий и улиц от «фашистских знаков»37 . Новые власти конфисковали портреты нацистских лидеров и картины с нацистскими символами, которые впоследствии уничтожались38 . Параллельно изымались географические карты Третьего рейха39 , книги с нацистcким содержанием из библиотек и кинофильмы из проката40 . Предполагалось организовать тотальный сбор нацистской литературы у населения и опечатывать ее в закрытых помещениях. Радиоузлы были взяты под советский контроль41 . Отныне печать плакатов и книг, газет и листовок разрешалась исключительно в типографиях и на машинах, обладавших специальным разрешением СВАГ42 . Параллельно с первичной зачисткой публичного пространства в рамках курса на демократизацию, демилитаризацию и денацификацию наблюдалось утверждение визуальных знаков победы, преследовавших цель видимого провозглашения статусной иерархии в коммуникации между победителями и побежденными. Повсюду на территории советской оккупационной зоны вывешивались плакаты «Высказывания товарища Сталина о Германии и немецком народе»43 . Дополнительно с целью популяризации среди населения решений Потсдамской конференции только на территории Тюрингии СВАГ напечатала и распространила 320 тысяч плакатов с выдержками из решений конференции44 . В одном из отчетов СВАГ по земле Саксония указывалось, что за сентябрь 1945 г. было отпечатано и расклеено лозунгов и плакатов на немецком языке: 1) выдержки из решений Берлинской конференции – 513 000 экземпляров, 2) полный текст решений Берлинской конференции в виде плаката – 10 000 экземпляров, 3) выдержки из высказываний Сталина о немцах и Германии – 500 000 экземпляров45 . Таким образом, общее количество материалов только по земле Саксония составило более 1 миллиона экземпляров. Одновременно население знакомилось с новым имиджем Сталина в роли триумфатора, от воли которого зависела отныне судьба немецкого народа. Обычно плакаты расклеивались повсюду на свободных местах, буквально поглощая публичное пространство. Начиная с лета 1945 г. в городах и деревнях советской зоны устанавливались витрины с газетами «Теглихе Рундшау». Наряду с плакатами они были призваны формировать у населения положительный образ советских победителей. Параллельно наблюдалась практика выставления плакатов, портретов немецких и советских вождей в витринах магазинов46 . Как правило, плакаты расклеивались представителями различных политических партий, несших ответственность 37

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Напр.: ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 246. Л. 10–11 (1945 г.); Ф. Р‑7133. Оп. 1. Д. 271. Л. 3. (1945 г.) Ronge T. Das Bild des Herrschers in Malerei und Grafik des Nationalsozialismus. S. 337–338. ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 171. Л. 2. (1945 г.) Там же. Д. 172. Л. 12. (1945 г.) Там же. Д. 173. Л. 5. (1945 г.). ГАРФ. Ф. Р‑7184. Оп. 1. Д. 49. Л. 4. (1945 г.) Там же. Д. 46. Л. 26. Там же. Л. 25. ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 55. Л. 17. ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 173. Л. 192. (1946 г.)

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за свой визуальный ряд в публичном пространстве. Опасаясь политической конкуренции СДПГ (Социал‐демократической партии Германии) и ЛДПГ (Либерально‐демократической партии Германии), СВАГ намеренно форсировала организацию коммунистической наглядной агитации, требуя от местных органов управления захвата центральных публичных мест посредством повсеместного размещения визуальных репрезентаций новой власти. Порой данная визуальная конкуренция провоцировала драки членов СЕПГ с представителями других партий. Один из подобных инцидентов разгорелся 6 сентября 1946 г. в Веймарском округе в тот момент, когда расклейщики плакатов от СЕПГ натолкнулись на аналогичную команду от ЛДПГ, переклеивавших своими плакатами только что вывешенную коммунистическую пропаганду47 . Иконоборческие реакции населения, направленные на повреждение официальной иконографии оккупационной власти в публичных местах, стали каналом выражения критических мнений и попыткой установления символических барьеров на пути советского идеологического трансфера в Восточную Германию. Например, в августе 1945 г. в управление СВАГ по провинции Бранденбург были доставлены шесть плакатов с выдержками из решений Потсдамской конференции. На них были сделаны антисоветские надписи на немецком языке: «1. Кто один раз соврал, тому больше не верят; 2. Все чепуха; 3. Вы говорить умеете; 4. Я научу Вас культуре /Сталин/; 5. Почему же грабят?; 6. Какую женщину берут не спрашивая?». На двух стендах «Маршал Сталин о немцах и Германии» зачеркнуто слово «Сталин» и приписано «Гитлер». На другом плакате с надписью «Гитлеры приходят и уходят, а народ немецкий, государство немецкое – остается» было подписано: «Если так дело продлится еще несколько лет, то от немецкого народа ничего не останется»48 . Страх перед Красной Армией оживлял в памяти сформированные нацистской пропагандой образы СССР как об «опасной и дикой, культурно отсталой и азиатской стране», представлявшей угрозу панславизма, мировой пролетарской революции и общемирового еврейского заговора49 . Акты иконоборчества сопровождались распространением пугавших население слухов о тайных соглашениях союзников во время Потсдамской конференции, которые якобы заключались в запрете создания немецкой армии в последующие 75 лет, запрещении потребления алкоголя и заключения браков в течение двух лет, в закреплении оккупационного статуса на 20 лет и освобождении военнопленных лишь через 35 лет50 . Как следствие, во время Нюрнбергского трибунала, имевшего целью осудить главных нацистских преступников, на стенах зданий провинции Бранденбург можно было прочитать: «Лучше смерть, чем рабство», «Россия – рай убийц, разбойников и преступников», «Сталин и Молотов должны попасть в Нюрн-

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Российский государственный архив социально‐политической истории (далее: РГАСПИ). Ф. 17. Оп. 128. Д. 157. Л. 62. (1946 г.) ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 238. Л. 260. Вашик К. Метаморфозы зла: немецко‐русские образы врага в плакатной пропаганде 30–50‑х годов // Образ врага / Л. Гудков (отв. ред.). М., 2005. C. 191–229. ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 27. Л. 49–50.

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берг – главные преступники, сволочи, оскорбители девушек»51 . Сильными были и антипольские настроения в связи с определением новой немецкой границы по линии Одер-Нейсе. Вскоре после открытия выставки «Новая Польша» на Лейпцигской ярмарке в 1947 г. организаторы были вынуждены убрать книгу отзывов, так как она превратилась, согласно одному из отчетов, «в сборник высказываний шовинистов, обливающих грязью Польшу и восхваляющих “цивилизаторскую миссию“ немцев в Польше». В одной из записей Силезия называлась «немецкой землей и немецкой кровью», рассматривая территориальный переход к полякам как разрушение «немецкого порядка» и «загрязнение чистой территории»52 . Красный цвет определил цветовую палитру визуального оккупационного режима. В воспоминаниях современников наступление Красной Армии сопровождалось изменением цветовой гаммы публичного пространства, или его заполнением красным цветом. В городах и деревнях все чаще вывешивались плакаты и транспаранты с доминированием красного цвета53 . В популярном восприятии красный цвет первых послевоенных лет ассоциировался с недоверием и подозрительностью к оккупационным властям. В первые месяцы после заключения мира это были именно красные плакаты, которые призывали мужское немецкое население явиться в советские военные комендатуры для регистрации, а после этого их угоняли на принудительные работы в СССР54 . Как следствие, красный цвет вызывал в памяти ассоциации с разрушением семей и смертью близких родственником – опыта, сравнимого для современников с концом света. Не случайно, в одной из проповедей религиозной секты «Свидетели Иеговы» красный цвет отождествлялся с апокалипсисом: красное знамя называлось «скарлатинным сукном, которое причиняет человечеству несчастье и раздор», а режим СВАГ сравнивался с сатаной «на земле в виде большого, красного как огонь дракона»55 . Страх перед угоном в Россию был настолько велик, что одного появления патрулей Красной Армии с красными нарукавными повязками в одном из ресторанов города Гота было достаточно, чтобы вызвать мгновенную панику среди посетителей и их бегство56 . Красному цвету как маркеру советского порядка контрастно противопоставлялся нацистский – коричневый – цвет как маркер сопротивления. На одной из стен туалетных комнат коричневым карандашом было написано: «Если Иван будет давить, будем снова коричневыми»57 . С одной стороны, жесты иконоборчества в публичных, пусть даже и интимных местах автоматически были адресованы представителям оккупационных властей. С другой стороны, они апеллировали к широким слоям об51 52 53

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ГАРФ. Ф. Р‑7071. Оп. 1. Д. 212. Л. 226; Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 192. Л. 236. ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 202. Л. 9–12. Die Flucht: Über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten / St. Aust u. a. (Hrsg.). Stuttgart, 2011. S. 90. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße. Bd. 2. S. 35, 73. ГАРФ. Ф. Р‑7317. Оп. 3. Д. 4. Л. 136–138. (1949 г.) ГАРФ. Ф. Р‑7184. Оп. 1. Д. 56. Л. 16. ГАРФ. Ф. Р‑7133. Оп. 1. Д. 280, Л. 34. (1948 г.)

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щества, призывая к солидарности и национальному единству в борьбе с советскими оккупационными властями. Так, в Лейпциге на фонарных столбах на площади имени Маркса была расклеена листовка антисоветского содержания за подписью организации «коричневые рубахи», указывавшая на схожесть и тупиковое развитие нацистского и большевистского режимов58 . На официальном обращении антифашистского блока кто-то приписал красной краской слово «голод», а в курсировавших среди населения разговорах Сталин именовался «красным диктатором голода»59 . Порой на дорогах и тротуарах то красной, то коричневой краской рисовалась свастика60 . Наряду с распространенным обзыванием коммунистов «красными собаками» оскорблением оккупационных властей был расценен один из комментариев при взгляде на советский флаг: «Почему возле городского управления вывешивают эту красную тряпку»61 .

4 Институты, медиен и актеры утверждения визуального оккупационного режима С установлением красного флага на здании рейхстага начинается визуальная политика формирования советизированного публичного пространства. Ее суть сводилась к насыщению его артефактами советской пропаганды – плакатами, портретами и бюстами вождей, памятниками павшим советским воинам и транспарантами с лозунгами пропаганды. Для гомогенизации медиального ландшафта СВАГ через Управление пропаганды установила надзор за работой Информационного бюро и издательства СВАГ, берлинского отделения внешнеторговой организации «Союзинторгкино» и редакцией газеты «Теглихе рундшау», радиостанциями и Домом германо‐советской дружбы в Берлине. В компетенцию Управления пропаганды входило цензурирование радиопрограмм, журналов и статей, а также программ театра и кино. Согласно одному из московских отчетов, только по состоянию на декабрь 1946 г. Управление пропаганды контролировало 37 газет, 5 радиостанций и 52 журнала62 . За счет установления глушителей для западного радио СВАГ пыталась исключить альтернативные источники информации из дискурсивного поля Восточной Германии63 . Визуальный режим параллельно сопровождался строгим контролем за акустическим измерением советской военной оккупации. Тем не менее, в Восточной Германии была особенно проблемная зона – приграничная территория с Западной Германией – поле конкурировавших и взаимоисклю-

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ГАРФ. Ф. Р‑7133. Оп. 1. Д. 187. Л. 16. (1946 г.) ГАРФ. Ф. Р‑7184. Оп. 1. Д. 163, Л. 125. ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 218, Л. 49. Там же. Д. 202, Л. 359. (1948 г.) Советская военная администрация в Германии (СВАГ): Управление пропаганды (информации) и С.И. Тюльпанов: 1945–1949 / Б. Бонвеч и др. (отв. ред.). М., 1994. С. 195. Политика СВАГ в области культуры, науки и образования: Цели, методы, результаты: 1945–1949 / Х. Мёллер (ред.). М., 2006. С. 108.

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чающих дискурсивных и визуальных порядков капитализма и социализма. Несмотря на принятие директивы Контрольного совета № 55 «О межзональном обмене печатными материалами и фильмами» от 25 июня 1947 г., СВАГ использовала все возможные каналы влияния для закрытия внешней границы советской зоны, через которую проникали западные газеты, журналы и книги64 . Опасаясь их отрицательного влияния на настроения населения, СВАГ оказывала давление на крупных оптовиков, которые в свою очередь блокировали розничную торговлю, отсылали крупные партии газет обратно на Запад, объясняя свои действия отсутствием спроса среди населения65 . Отговариваясь отсутствием договоренностей в осуществлении межзональных расчетов, СВАГ запрещала прием подписки на периодические издания. Подписку приказывалось приостанавливать, а вырученные деньги возвращать подписчикам или предлагать им подписаться на газеты советской зоны66 . С осени 1948 г. СВАГ переходит к открытой политике запрета печатных изданий, произведенных на Западе или же опубликованных не по советской лицензии67 . Стремление к полному удалению альтернативных знаний привело к зачистке информационного пространства: проверкам книжных магазинов и киосков, залов парикмахерских и публичных библиотек, взятию под наблюдение привокзальных газетных киосков, буфетов и ресторанов, а также созданию групп криминальной полиции по наблюдению за деятельностью почтовых отделений, железнодорожных и речных вокзалов, за межзональным движением автомобильного транспорта. Взятие под охрану приграничных территорий и мест потенциального контакта с западными зонами отражало намерение СВАГ унифицировать визуальное и дискурсивное пространство за счет закрытия внешних границ. Образование Германской Демократической Республики 7 октября 1949 г., объявившей себя «антифашистским, демократическим, миролюбивым государством», послужило дальнейшим стимулом к ревизии публичного пространства с более глобальной задачей удаления всех символов антимилитаристского, фашистского, антидемократического содержания. В постановлении от 17 января 1950 г. Политбюро ЦК СЕПГ рекомендовало Министерству внутренних дел провести повторную инспекцию топонимики, мемориалов и национальных мест памяти68 . В новый список табуированных культов попали лидеры кайзеровской Германии, так как их имена были использованы для обоснования исторических традиций Третьего рейха. Как следствие, из экспозиции типографии Таубер, демонстрировавшей во время Лейпцигской ярмарки выставку «Бумага и время», плакаты с портретами императора Фридриха Великого и канцлера Бисмарка были изъяты представителями советской военной администрации69 . Только в апреле и мае 1951 г. в Восточном Берлине было удале64 65

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ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 181. Л. 82–83. (1945 г.) Мёллер Х. (ред.). Политика СВАГ в области культуры, науки и образования. С. 224–225. (1947 г.) Там же. С. 240–241. (1948 г.) А также: ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 192. Л. 210. Мёллер Х. (ред.). Политика СВАГ в области культуры, науки и образования. С. 271–273. (1948 г.) Sänger J. Heldenkult und Heimatliebe. S. 91. ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 255. Л. 320.

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но 159 табличек с «прусскими» названиями улиц70 . Им на смену вывешивались названия улиц и площадей с именами вождей социалистического и коммунистического движения71 . Памятники имперско‐монархического содержания взрывались и демонтировались: прежние мемориалы переделывались, сносились, замещались памятниками в честь погибших советских солдат72 . В конструировании новой политической топографии восточных немцев была предпринята попытка укоренения экспортируемого из Москвы в ГДР культа Второй мировой войны. Гомогенизация и централизация визуального оккупационного режима происходит в связи с подготовкой к 70-летию Сталина. Как отмечало Советское информационное бюро (Совинформбюро), в октябре и ноябре 1949 г. из всех социалистических стран поступали запросы о высылке информационных статей и визуальных артефактов, посвященных жизни и деятельности Сталина. Для удовлетворения острой потребности данный информационный политический орган составил план рассылки материалов, утвержденный ЦК ВКП(б)73 . Каждая высылаемая за рубеж фотография получала свой «паспорт», на котором редактор при отправке материала ставил срок действия визы, то есть указывал временные рамки использования для последующей репродукции оригинала. Так, сроком действия на 1 год были заверены в 1952 г. фотоснимки, связанные с жизнью и деятельностью Ленина и Сталина, снимки на историко‐революционные темы, снимки съездов партии74 . В задачи советских цензоров входил мониторинг неправильного размещения изображений Ленина и Сталина в иностранных издательствах, что называлось отражением «политической неряшливости, беспринципности»75 . Многие инициативы оформления визуального оккупационного режима исходили от немецкой стороны. В августе 1949 г. по распоряжению Политбюро СЕПГ был сделан официальный запрос текстов, картин и бюстов Сталина из СССР согласно решению «Комиссии по подготовке 70-летия товарища Сталина»76 . Большим спросом пользовались выставки «О жизни и деятельности товарища Сталина», повествовавшие о биографии «вождя» и преимуществах советской модели развития77 . Все списки материалов согласовывались и утверждались в ЦК ВКП(б) при посредничестве

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Azaryahu M. Zurück zur Vergangenheit? Die Straßennamen Ost-Berlins 1990–1994 // Denkmalsturz: Zur Konfliktgeschichte politischer Symbolik / W. Speitkamp (Hrsg.). Göttingen, 1997. S. 137–154. Sänger J. Heldenkult und Heimatliebe. S. 76–79; Azaryahu M. Von Wilhelmplatz zu Thälmannplatz: Politische Symbole im öffentlichen Leben der DDR. Gerlingen, 1991. S. 59–76. Scheer R. Geschützte Leere. Ein Recherchebericht über politische Denkmäler in Brandenburg // Vielstimmiges Schweigen: Neue Studien zum DDR-Antifaschismus / A. Leo u. a. (Hrsg.). Berlin, 2001. S. 127–151. ГАРФ. Ф. Р‑8581. Оп. 2. Д. 261. Л. 33; Д. 229. Л. 98. Там же. Д. 628. Л. 111–112. (1952 г.) Там же. Д. 322. Л. 37–38. (1951 г.) Об экспорте культа Сталина из СССР в Восточную Германию см.: Тихомиров. «Лучший друг немецкого народа». C. 123–138. РГАСПИ. Ф. 17. Оп. 132. Д. 108. Л. 12.

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МИД СССР78 . Данные материалы планировалось использовать в качестве эталонов для последующего тиражирования в Восточной Германии79 . Ускоренный экспорт советской культурной продукции в ГДР был обусловлен отсутствием нормативных знаний о Сталине, известного немецкому населению преимущественно в национал‐социалистических коннотациях образа врага. По этой причине московский контроль за визуальной продукцией о Сталине продолжался и после прибытия материалов в Берлин специальным представителем ВОКС (Всесоюзное общество культурной связи с заграницей) в Восточной Германии80 . Накануне 21 декабря 1949 г. – юбилейной даты советского руководителя – ВОКС по настоятельным запросам Общества германо‐советской дружбы пересылало в срочном порядке подборку фотоматериалов, портреты и плакаты о Сталине81 . По решению правления Общества германо‐советской дружбы была отпечатана «Сталинская выставка» на 12 огромных иллюстрированных листах тиражом в 5 тысяч экземпляров, а портрет Сталина – тиражом в 10 тысяч экземпляров. Для всех Домов общества германо‐советской дружбы, клубов и предприятий предписывалось подготовить бюсты Сталина82 . Визуальные материалы становились кулисой в помещениях для торжественных заседаний, на которых делались доклады о биографии Сталина и демонстрировались советские фильмы83 . Наглядные материалы использовались в оформлении «красных уголков», визуализировавших биографию советского вождя и достижения СССР в сфере индустрии, науки и техники. В выставочном зале Дома германо‐советской дружбы была оформлена выставка репродукций Третьяковской галереи, а сама передача картин инсценировалась торжественным актом дарения советской визуальной продукции немецкому народу в присутствии советских и восточногерманских начальников84 . Эскалация холодной войны вынудила Москву увеличить давление на СВАГ с требованием усиления политической пропаганды в Восточной Германии85 . Если в начальный период советского оккупационного режима многочисленные отчеты отме-

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Архив внешней политики Российской Федерации (далее: АВП РФ). Ф. 742. Оп. 32. П. 1115. Д. 800. Л. 76. Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (далее: SAPMO-BArch). DY 30/IV 2/2/37. (1949 г.) Hartmann A., Eggeling W. Sowjetische Präsenz im kulturellen Leben der SBZ und frühen DDR 1945–1953. Berlin, 1998. S. 261. ГАРФ. Ф. 5283. Оп. 16. Д. 142. Л. 4 (1949 г.); АВП РФ. Ф. 742, Оп. 32. П. 1115. Д. 800. Л. 76–81. ГАРФ. Ф. Р‑7133. Оп. 1. Д. 281. Л. 367. Там же. В 1950 г. советские фильмы занимали 47 % от общего прокатного времени в кинотеатрах ГДР. Всего с 1945 по 1951 гг. их увидело 349 млн. зрителей. См.: Ватлин А. «Два мира на одной улице»: формирование образа «новой Германии» в советской пропаганде начала 1950‑х гг. // Россия и мир глазами друг друга: из истории взаимовосприятия / А.В. Голубев (отв. ред.). М., 2009. С. 236–253, здесь С. 241. Политика СВАГ в области культуры, науки и образования. С. 691–694. (1947 г.) Б. Бонвеч и др. (отв. ред.). Советская военная администрация в Германии (СВАГ). С. 198–204. (1946 г.)

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чали «отсутствие системности централизованного контроля за наглядной агитацией»86 , то с курсом на советизацию ситуация кардинальным образом меняется. С февраля 1947 г. все политические плакаты, предназначенные для наглядной агитации, разрешалось печатать лишь по специальной лицензии СВАГ87 . К 30-ой годовщине октябрьской революции в 1947 г. СВАГ приняла постановление об установлении тщательного контроля над всеми досками объявлений и политинформации, так как они часто использовались не по назначению, а для распространения антисоветских надписей и листовок88 . Позже к 1950 г. создаются организованные центры политической информации – стенды «Портрет улицы», расположенные на центральных улицах и площадях городов. На смену хаотичного вывешивания плакатов на стенах домов, заборах и мостах приходят упорядоченные эпицентры политической информации. Функции оформления и контроля над стендами были возложены на Службу информации правительства ГДР, в обязанности которой входило объяснение населению актуальной внутренней и внешней политики. Важную роль наглядная агитация играла в приграничных районах с Западной Германией, вдоль автострад и автомагистралей. В данных регионах иконография оккупационного режима визуализировала границу между двумя противоборствующими системами и идеологическую линию фронта холодной войны. На интенсивность насыщения публичного пространства символами власти повлияло становление плановой экономики, а именно: организация производства предметов культа личности по заказу партии и создание централизованной системы их сбыта. В 1949 г. был издан каталог товаров с политической символикой, предлагавший потребителям широкий ассортимент бюстов, рельефов, плакатов, портретов, почтовых открыток, значков с изображениями «вождей рабочего движения»89 . Продукция, как правило, штамповалась по советским образцам на территории Восточной Германии и затем распределялась среди массовых организаций, партийных органов, армии, школ и университетов. Попытки организации розничной торговли предметами культов личности терпели неудачи. Покупательский спрос среди населения практически отсутствовал. Так, владелец картинной лавки в Лейпциге признавался, что портретами Сталина, Ленина, Маркса и Пика мало кто интересовался. Наоборот, «картины художественного китча» – изображение обнаженной женщины, окруженной танцующими ангелами – с энтузиазмом покупали преимущественно сотрудники советской военной администрации90 .

86 87 88 89

90

ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 53. Л. 13. Там же. Д. 189. Л. 50—54. (1947 г.) ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 213. Л. 335. Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Land Thüringen – Ministerium für Wirtschaft und Arbeit. Nr. 1006. Bl. 59–60. (1949 г.) Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich Ebert Stiftung (далее: AdsD). SPD-PV-Ostbüro 0362 I.

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5 Аффективный менеджмент советизированной немецкой субъективности Официальные поездки восточногерманских делегаций на родину социализма обнажают аффективное измерение в фокусировке нормативного взгляда на Советский Союз. Эмоции стыда за нацистское прошлое и чувство гордости за принадлежность к «лагерю победителей истории» являлись символическими ресурсами в переговорах между немецкой и советской сторонами в определении оптики программируемого взгляда. Москва старалась сбалансированно дозировать немецкое чувство вины. Так, при организации работы с представителями восточногерманской группы в ноябре 1948 г. ВОКС рекомендовало «обратить внимание немецких участников на ущерб, нанесенный войной»91 . Для достижения этой цели предусматривалось посещение городов‐героев Ленинграда и Сталинграда, ставших для немцев символами национальной катастрофы и поражения во Второй мировой войне. Несмотря на то, что в итоге данные пункты программы не были утверждены в МИД СССР, по настоятельному требованию премьер‐министра ГДР Отто Гротеволя делегация все же посетила Музей обороны в Ленинграде. С одобрения всей делегации Гротеволь записал в книге отзывов слова покаяния: «Мы уходим отсюда потрясенными, здесь мы видели, как имя Германии покрывалось позором и бесчестием»92 . Однако еще более примечателен тот факт, что после посещения музея члены делегации описывали в своих впечатлениях эмоциональный переход от удручающего чувства стыда к позитивному чувству гордости следующим образом: Рассматривая музей, мы испытывали не только жгучее чувство стыда за дела наших соотечественников, терзавших бессмертный город, но и безмерную гордость за советских людей, высоко пронесших среди мглы и горя свет разума и справедливости. Претерпевшие бесконечные страдания по вине гитлеровских захватчиков, советские люди не только не сохранили чувство ненависти к немецкому народу, но, напротив, всегда и во всем стараются отличить народ Германии от преступной нацистской клики93 .

Данный пример показывает, каким образом язык эмоций открывал для участников делегаций возможность выступать в роли активных наблюдателей и производителей советского дискурса, избегая позиции пассивных зрителей во время пребывания в СССР. При ознакомлении с работой советских учреждений, поднятии тостов за советских лидеров и визитов в государственные учреждения они неустанно работали над созданием репрезентаций близости, верности и доверия в процессе перезагрузки двусторонних отношений, чтобы заручиться покровительством советской стороны. Посещая места военной славы, восточногерманские делегаты стремились всеми силами произвести хорошее впечатление на советских наблюдателей, не ставя под сомнение закрепленное во время дискуссии «О русских и о нас» в конце 1948 – нача91 92 93

Политика СВАГ в области культуры, науки и образования. С. 793–797, здесь С. 94. (1948 г.) Там же. С. 795–796. Там же. С. 744–750, здесь С. 748. (1948 г.)

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ле 1949 гг. нормативное восприятие советского населения в качестве единственной жертвы нацизма, а СССР в роли главного освободителя Европы от ига фашизма94 . Признание тезиса о коллективной немецкой вине оборачивалось визуализацией актов покаяния во время визитов в СССР. Одна из фотографий ТАСС (Телеграфное агентство Советского Союза) от 23 сентября 1955 г. визуализировала такую инсценировку акта публичного раскаяния немецкого руководства в присутствии советских руководителей. На ней запечатлена сцена молчания с притупленными взглядами угрызений совести высшего партийно‐государственного руководства ГДР – Вальтера Ульбрихта, Гротеволя, Отто Нушке и Лотера Больца – после возложения венка к памятнику убитой нацистами партизанки Зои Космодемьянской в деревне Петрищево Московской области. С одной стороны, данная символическая политика способствовала укреплению идентификации с советским дискурсом о СССР как «гаранте мира во всем мире». С другой стороны, данные имиджи табуировали выражение травматического немецкого опыта изнасилования женщин, депортаций, демонтажа и территориального раскола после завершения войны. Очевидно, что драматизация стыда за преступления нацистов была рассчитана на мобилизацию самосоветизации восточных немцев, предлагая вычеркнуть «коричневое прошлое» из своей биографии и за счет правильного взгляда на СССР показать дружбу с бывшим врагом. Доказательством подобного политического конвертирования и материализацией правильной работы зрения становились рисунки школьников, визуализировавших послевоенное миролюбие, «мосты доверия» и «колонны дружбы» между Москвой и Берлином в контрасте с милитаризмом Третьего рейха95 .

6 «Перегибы» и ошибки в формировании визуального оккупационного режима Визуальное оформление публичного пространства сталкивалось с рядом организационных сложностей. Прежде всего, речь шла о нерегулярном обновлении устаревших, износившихся плакатов, «портивших общий вид городов и общин»96 . Отчеты партийных инспекций отмечали, что стенды, предназначенные для официальных плакатов, пустовали, были заброшены или же использовались не по назначению, а именно: для вывешивания афиш театральными группами, кинотеатрами и оперой, спортивными кружками для анонсирования собственных мероприятий97 . Среди причин малой эффективности наглядной агитации упоминались «нехватка плакатов», «безалаберность чиновников», «опоздания в доставке плакатов к определенным датам». Например, основная часть плакатов, выпущенных ко дню рождения Сталина в

94

95 96

97

Morina Ch. Legacies of Stalingrad: Remembering the Eastern Front in Germany since 1945. Cambridge, 2011. S. 41. См.: SAPMO-BArch. DY 32 12562. Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (далее: SächsHStAD). 11376 LRS. Ministerpräsident (MP) 4576. (1950 г.) Там же. MP 4574. (1952 г.)

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декабре 1951 г., поступила в отделы пропаганды земли Саксония лишь в начале января 1952 г. и вообще не была вывешена, утратив свою актуальность98 . В тоже время многотысячное тиражирование плакатов социалистических вождей оборачивалось девальвационным отношением к символам власти. Например, после парадных маршей и митингов во время Третьих всемирных игр молодежи и студенчества в августе 1951 г. в Восточном Берлине портреты лидеров Восточного блока оказывались вне сакральной зоны: «брошенными без присмотра на обочинах дорог», «затоптанными в грязь», «сваленными в кучу в одном из нелюдных переулков»99 . Советизация публичного пространства развивалась как по линии уплотнения, так и расширения сферы партийно‐государственного влияния. Отдел агитации в Службе информации занимался выпуском периодических бюллетеней «Советы для наглядной агитации» с практическими рекомендациями по составлению лозунгов, размещению и изготовлению транспарантов, оформлению публичных мест – столовых и магазинов, читальных залов и вестибюлей административных учреждений, зданий вокзалов и фасадов домов. В январе 1951 г. отдел плановой и мирной пропаганды Службы информации в Хемнице постановил снабдить все общественные помещения предварительного ожидания плакатами и лозунгами, партийными газетами и литературой с целью «обращаться и убеждать большую часть населения в прогрессивном, демократическом государственном строительстве», а также создать «наглядную [выделено – А.Т.] атмосферу любви к лучшему другу немецкого народа – к великому Сталину»100 . В список целевых мест входили приемные больниц и поликлиник, общественные приемные и бюро городского управления, детские сады и школы – публичные сферы, охватывавшие практически весь спектр возрастных, гендерных, профессиональных групп общества101 . Курс на интенсивное насыщение публичного пространства символами советской власти оборачивался «перегибами». Так, во время одной из инспекций сами сотрудники Бюро информации СВАГ сравнивали здания военных комендатур с ярмарочными павильонами и детскими садами. В отчетах указывалось на чрезмерное использование гирлянд и портретов, флагов и транспарантов, создававших у населения впечатление «политического китча», «балагана» и «цирка»102 . В отчетах о пропагандистской работе в Восточной Германии рекомендовалось вести борьбу с «сектанскими идеями», к которым относились излишнее вывешивание красных флагов, самовольное переименование улиц именами вождей коммунистической партии Германии103 . Сами русские были вынуждены признать грубый характер агитационной работы. В июле 1946 г. начальник бюро информации СВАГ Георгий Беспалов писал в Москву: «Наша пропаганда носит чрезмерно навязчивый характер, подается

98

SächsHStAD. 11376 LRS. MP 4591. (1951 г.) AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0383 A/2 II. 100 SächsHStAD. 11376 LRS. MP 4572. (1951 г.) 101 SAPMO-BArch. DY 30/IV 2/9.03/60. Bl. 42. (1948 г.) 102 РГАСПИ. Ф. 17. Оп. 128. Д. 159. Л. 132–133. (1946 г.) 103 Б. Бонвеч и др. (отв. ред.). Советская военная администрация в Германии (СВАГ). C. 25–27, здесь С. 26. (1945 г.) 99

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слишком открыто, бьет прямо в лоб. ‹…› мы должны отказаться от стиля непререкаемых утверждений и грубых приемов хвастовства и научиться более тонкой и умной пропаганде, знакомящей читателя в незаметной для него форме с преимуществами нашего общественного строя»104 . Данные «перегибы» с советской стороны свидетельствовали о проблеме конгруэнтности советской пропаганды с опытом и памятью восточных немцев. Сигналы об отсутствии связи плакатов и лозунгов с немецкими реалиями поступали от бургомистров городов и общин105 . С намерением исправить сложившуюся ситуацию Антон Аккерман встретился в ноябре 1946 г. с начальником бюро информации СВАГ Беспаловым. В состоявшейся беседе Аккерман жаловался на постоянное вызывание в Карлсхорст и отсутствие самостоятельности у немецких органов власти вследствие «непрерывного опекунского вмешательства СВАГ в дела СЕПГ». «К чему, например, – заявил Аккерман, – представителям СВАГ просматривать листовки и плакаты СЕПГ, когда молодые и неопытные коменданты, хотя и побуждаемые лучшими стремлениями, все же не могут судить об этих делах с такой компетентностью, с которой могут судить о них старые опытные работники германской компартии. Между тем почти повсюду листовки и плакаты СЕПГ тщательно просматриваются, исправляются, и во многих случаях это идет в ущерб делу»106 . Тем не менее, не только советский контроль над публичным пространством, но и самопроизвол со стороны сотрудников СВАГ продолжался. Например, некий капитан Белкин – политический комиссар СВАГ в округе Диппольдисвальде (Саксония) – заставил кандидатов от СЕПГ в местные органы самоуправления перефотографироваться накануне выборов 1949 г. и разместить новые плакаты с изображениями кандидатов в полный рост, так как фотопортреты, по его мнению, не соответствовали стандартному «советскому образцу»107 .

7 Практики иконоборчества и сбои в советской самоидентификации восточных немцев Согласно политическим донесениям и сводкам о настроениях населения действия иконоборчества происходили преимущественно «в вечернее время суток», «с наступлением сумерек» или «темной ночью». Каждодневно с заходом солнца происходил некий политический переворот: с наступлением темноты оккупационные власти упускали монополию пристального надзора за публичным пространством, в то время как общество, ощущая расширение границ автономности, проявляло инициативу действовать политически в тех зонах социальной жизни, которые в течение дня требовали строго регламентированного поведения. Тем самым ночь представляла собой межзональную границу для перехода актеров из партийно‐государственных публич-

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РГАСПИ. Ф. 17. Оп. 128. Д. 157. Л. 72. Staatsarchiv Dresden. F. 11376. D. 4589. 106 РГАСПИ. Ф. 17. Оп. 128. Д. 960. Л. 223. (1946 г.) 107 AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0413. 105

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ных сфер в анонимную сферу политической активности. С рассветом власть возвращала бразды правления в свои руки, устраняя следы народного насилия на улицах и площадях. Конкуренция дня и ночи как отражение политического конфликта власти и общества проявилась в городе Стрела земли Саксонии в виде дневного провозглашения культа Тельмана посредством вывешивания плакатов и последующего ночного срывания его портретных изображений108 . Накануне первомайской демонстрации в Глаухау на стене центральной фабрики ночью были сделаны антисталинские и антисоветские надписи. На рассвете патрули полиции были вынуждены в срочном порядке стирать следы социального негодования в пространстве, которому несколькими часами позже предстояло стать ареной для инсценировки общества социального консенсуса109 . Использование сумерек для изменения официальных смыслов пропаганды было продемонстрировано после «Дня освобождения» во Фридерсдорфе, когда возложенные накануне к советским обелискам венки были обнаружены на следующее утро у могил немецких солдат110 . В противовес к ночи в светлое время суток практики иконоборчества меняли места их осуществления. Выражение свободных мнений без угрозы преследований было возможно в интимных нишах публичного пространства. Так, во время советской инспекции вагонного завода «Линднер» в Аммендорфе в октябре 1948 г. антиправительственные надписи были обнаружены в туалетах. По распоряжению начальства все крамольные надписи в туалетных комнатах были стерты. Рекомендовалось установить повышенные меры наблюдения111 . В 1953 г., непосредственно после смерти Сталина, на другом предприятии в Тюрингии на стенах туалетных кабинок развернулась кампания спонтанного иконоборчества. Портреты вождей переносились из статусных мест в туалеты, к ним пририсовывались виселицы и части тел животных, приписывались оскорбительные надписи антисоветского и антиправительственного содержания112 . Подобные перемещения символов власти из «сакральной зоны» в «грязные места» нарушали официальный порядок публичного символизма. В целях уменьшения коммуникативного потенциала туалетных комнат начальство было вынуждено отдавать многократные распоряжения о еженедельном перекрашивании помещений. Помимо временных координат – в дни партийно‐государственных праздников, пропагандистских кампаний и в период дней рождения вождей – политический оттенок иконоборчества усиливался местом совершения действия. Повреждениям портретов и бюстов в «уголках мира» и в «кабинетах вождей» на предприятиях, в учебных заведениях и массовых организациях, а также в партийных и государственных административных учреждениях автоматически приписывался политический характер антиправительственных акций со стороны «внутренних и внешних врагов». Так,

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ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 51. Л. 90. (1945 г.) Там же. Д. 203. Л. 158. (1947 г.) 110 AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0361 I. (1950 г.) 111 ГАРФ. Ф. Р‑7133. О. 1. Д. 280. Л. 34. (1948 г.) 112 AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0257 I. (1953 г.) 109

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на предприятии в Тельтове на бюст Сталина в уголке мира ночью была надета шапкаушанка113 . Власть обращалась к населению с призывом немедленно сообщать о случаях «нарушения общественного порядка» народной полиции. В другом случае накануне дня Октябрьской революции 1951 г. на предприятии им. В. Ульбрихта в городе Лойна в ночь со 2 на 3 ноября бюст Сталина был похищен из уголка мира. На следующий день испачканный грязью бюст был выставлен неизвестными на этаже руководителей. К нему была привешена табличка: «Ты такой же дрянной как и Вильгельм Пик»114 .

8 Формы обесчещивания власти и эмоциональная работа общества над памятью К наиболее распространенным формам скрытого или анонимного иконоборчества относились снятие и срывание вывешенных властью плакатов, транспарантов и эмблем вплоть до разрушения витрин магазинов с портретами вождей115 . Однако наиболее тяжкой формой оскорбления власти, попадавшей в первую очередь во внимание органов безопасности, относилось повреждение лица на изображениях политических лидеров. Так, по сообщениям Восточного Бюро СДПГ, накануне дней рождения Сталина портреты советского лидера пачкались грязью и чернилами, на них выкалывались глаза и рот116 . Расклеенные в Лугау портреты Тельмана были обнаружены на следующий день с выколотыми глазами, вырванным носом и ртом117 . Семантика иконоборческого насилия в отношении портретных изображений несла смысловую нагрузку «потери лица» – одной из форм обесчещивания пропагандируемых фигур посредством повреждения репрезентаций власти. Аналогичную цель демонстрации потери властью авторитета в глазах населения преследовали практики пририсовывания, приписывания, зачеркивания на артефактах иконографии. Они преследовали цель публично показать способность граждан к изменению официальных значений пропаганды и их критическому восприятию. Например, 7 января 1946 г. в почтовый ящик редакции газеты «Тюрингер Фольксцайтунг» была вложена газета с портретом Пика, нос которого был разукрашен красным цветом. После опубликованного лозунга «Вильгельм Пик – сын народа» был пририсован знак вопроса. В последующей надписи – «Такое же вранье, как и у нацистов»118 – тематизировалась проблема доверия к руководящему звену Восточной Германии, методы идеологической работы которых вызывали у населения ассоциации с министерством пропаганды Геббельса. Текст другого плаката с цен-

113

Nacht-Depesche. 13 Jan. 1953. S. 2. AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0257/I. (1951 г.) 115 АВП РФ. Ф. 742. Оп. 38. П. 239. Д. 112. Л. 21 (1951 г.); ГАРФ. Ф. Р-7184. Оп. 1. Д. 56. Л. 19. (1946 г.) 116 РГАСПИ. Ф. 17. Оп. 137. Д. 307. Л. 13 (1950 г.); AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0349 A/B. (1952 г.) 117 ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 55. Л. 18. (1945 г.) 118 ГАРФ. Ф. Р‑7184. Оп. 1. Д. 56. Л. 19. (1946 г.) 114

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тральным слоганом пропаганды Сталина – «Гитлеры приходят и уходят, а немецкий народ, немецкое государство остаются» – был использован жителем Бранденбурга для подведения первых итогов советского оккупационного режима в Восточной Германии119 . На доске объявлений к официальному тексту было приписано воззвание к гражданскому населению: «К немецкому народу Восточной зоны! Сталин говорил: «Гитлеры приходят и уходят, а немецкий народ остается!» Но что же произошло? Три года грабежа и воровства! Три года голода и смерти! Три года насилования наших девушек и женщин! Три года вранья о народной демократии! Выгоним этих гримасников культуры!!!»120 Как правило, подобная переинтерпретация пропаганды сопровождалась выражением мотива казни вождей в виде пририсовывания виселиц и гильотины на портретах лидеров121 . Призыв к народному правосудию в отношении руководящего звена Восточной Германии был зафиксирован накануне празднования 100‑летнего юбилея революции 1848 г. – одной из первых попыток СЕПГ представить новую картину исторического прошлого с традициями демократического народного движения122 . На доске объявлений в городе Вердау района Цвикау мелом была сделана надпись: «В честь праздника повесить русских рабов – Пика, Зайдевица [премьер‐министр Саксонии – А.Т.] и Гротеволя вверх ногами. Хайль Гитлер!»123 К семантике лишения чести относилось и символическое низведение вождей до уровня животных посредством приписывания оскорбительных сравнений или пририсовывания к изображениям вождей частей тела животных. Так, в приграничном местечке Фаулунген накануне выборов в октябре 1950 г. на одном из плакатов предвыборной кампании СЕПГ были приписаны оскорбительные слова: «Пик – жирная свинья»124 . А на одном из зданий в Потсдаме с рассветом была обнаружена надпись под фашистской свастикой за подписью организации «Вервольф»: «Мы снова здесь. Если придут американцы, то мы красных собак перевешаем вниз головами»125 . Данные трансформации официальных репрезентаций из «сакральных» в «профанные» и «грязные» имиджи являлись распространенной практикой обесчещивания и оскорбления визуального оккупационного режима. Открытые формы иконоборчества встречались гораздо реже. Они отличались включением в ритуал широкой публики и более агрессивным сценарием коммуникации с властью. К высшему пункту проявления публичного насилия в отношении символов диктатуры можно по праву отнести народное восстание в июне 1953 г. В первую очередь разрушению подвергались портреты, картины, бюсты и кни-

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ГАРФ. Ф. Р‑7212. Оп. 1. Д. 55. Л. 17. ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 233. Л. 69. (1948 г.) 121 Schnitzler N. Geschmähte Symbole // Verletzte Ehre: Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit / K. Schreiner u. a. (Hrsg.). Köln, 1995. S. 279–302. 122 Assmann A., Frevert U. Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit: Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945. Stuttgart, 1999. S. 151–157. 123 ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 230. Л. 274. 124 AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0383 O. 125 ГАРФ. Ф. Р‑7077. Оп. 1. Д. 230. Л. 274. 120

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ги коммунистических вождей126 . В руках повстанцев предметы культа личности обесценивались: из символов власти они конвертировались в объекты причинения физического насилия по отношению к сторонникам режима СЕПГ. Например, в г. Айслебен портрет Сталина был надет на голову советскому солдату, предпринявшему попытку защитить изображение вождя127 . Аналогичная участь постигла бургомистра Людвигсдорфа: на отказ сложить властные полномочия ему на голову был надет портрет Пика128 . Публичные ритуалы насилия позволяли совершить смену ролевых позиций, превращая представителей власти в жертву при одновременном наделении населения полномочиями судьи и палача. После погрома административных и партийных зданий повстанцы сооружали на центральных площадях и улицах пирамиду со сваленными в кучу инсигниями режима – флагами, эмблемами, плакатами, портретами, транспарантами – и сжигались при созерцании толпы. Проявление открытого конфликтного напряжения в официальных публичных сферах заставляло власть прибегать к профилактическим мерам. Особенно в кризисных ситуациях – перед угрозой народных волнений – государство было вынуждено временно удалять портреты, лозунги и транспаранты из мест массового скопления народа – вокзалов, магазинов, центральных улиц и площадей. Так, во время июньских волнений 1953 г. в привокзальных залах ожидания Биттерфельда и Дессау с целью исключения провокаций администрацией вокзала были сняты изображения Пика, Ульбрихта и Гротеволя129 . После восстания 17 июня 1953 г. власть начинает более чутко реагировать на насыщение общих мест символами власти и своевременно проводить антикризисный менеджмент публичного пространства. Партийно‐государственные функционеры окончательно осознали, что символы власти являются не только средством провозглашения политического порядка, но и таят в себе угрозу низвержения политического порядка: в одночасье они могут стать мишенью популярного иконоборчества и оказаться в эпицентре ритуалов насилия. Поэтому уже после первых сообщений о волнениях в Венгрии осенью 1956 г. пограничная охрана в Эйхвальде приступила к поспешному снятию красных знамен, портретов вождей и партийно‐государственных лозунгов, опасаясь реакций агрессии со стороны местных жителей130 .

9 Заключение Формально советский оккупационный режим прекратил свое существование с образованием ГДР в октябре 1949 г. Однако как показал проведенный мной анализ визуальность оставалась эффективной сферой‐проводником советского влияния на

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Roth H. Der 17. Juni 1953 in Görlitz: Dokumentation zum Volksaufstand. Bautzen, 2003. S. 73. Также: Behrends J. C. Die Erfundene Freundschaft. S. 313–320. 127 AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0434 b. (1953 г.) 128 Roth H. Der 17. Juni 1953 in Görlitz. S. 109. 129 AdsD. SPD-PV-Ostbüro 0434 b. 17.6.1953 II. (1953 г.) 130 Там же. SPD-PV-Ostbüro 0257/II. (1956 г.)

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восточногерманскую политику и каналом дальнейшей советизации вплоть до секретного доклада Хрущева «О культе личности и его последствиях» в феврале 1956 г. Впервые после окончания войны и на волне жесткой критики Сталина социалистическим странам было разрешено оформить колонны первомайских демонстраций портретами вождей рабочего и коммунистического движения по собственному усмотрению, без указаний «советских друзей»131 . Развернувшийся курс на зачистку публичного пространства от советских репрезентаций был продолжен XXII съездом КПСС в 1961 г. В ночь с 31 октября на 1 ноября тело Сталина было вынесено из Мавзолея и захоронено у Кремлевской стены. Данный жест советской политики стал для Политбюро ЦК СЕПГ сигналом для окончательной перестройки визуального оккупационного режима. Города, улицы и площади с именем советского вождя переименовывались. Многочисленные школы, промышленные предприятия и рабочие бригады, носившие имя Сталина, меняли свои названия. Портреты, бюсты, памятники Сталина демонтировались по всей ГДР. Из обращения были изъяты книги, учебники, фильмы с репрезентациями опального лидера. Новым источником легитимации режима СЕПГ стал акцент на пропаганде немецких героев сопротивления нацизму и национальных лидеров коммунистического движения при одновременном сохранении имперской иерархии с Москвой за счет возрождения культа Ленина. Десталинизация не означала полной десоветизации публичного пространства и разрушения визуального оккупационного режима. Воображаемая фигура «хорошего» – морально очистившегося от бремени нацистского прошлого – немца как наблюдаемого и наблюдателя советской действительности позволила интегрировать Восточную Германию в производство советского символического порядка, чья визуальная протяженность распространялась вплоть до Центральной Европы после окончания Второй мировой войны. Политизация зрения определяла практики позитивного видения социалистической действительности при одновременном табуировании взглядов немцев, указывавших на опыт жизни в Третьем рейхе. Поэтому аффективный компонент фокусировки взгляда на СССР имел центральное значение в функционировании режима субъективации. Созерцание советского опыта предписывало немцам испытывать чувство гордости за принадлежность к «лагерю победителей истории» на фоне постоянно артикулируемого чувства раскаяния и стыда за преступления нацистов. Как следствие, визуальный оккупационный режим легитимировался миссией морального очищения и духовного наставничества со стороны советских инстанций на пути приобщения восточных немцев к политическому сообществу послевоенной советской империи. Через определение горизонтов видимого и невидимого и общество, и власть реализовывали эмоциональную работу над перепрограммированием коллективной памяти и визуальном перевоображении топоса нации и государства, родины

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Доклад Н.С. Хрущева о культе личности Сталина на XX съезде КПСС: Документы. М., 2002. С. 295–296.

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и гражданства, безопасности и будущего на пути создания нового человека для новой Германии132 . Мой анализ обращает внимание на сенсорное измерение советизации Восточной Германии и отводит зрению роль ключевого органа чувств в формировании советизированной немецкой субъективности и утверждении советского оккупационного режима через программирование визуальности в публичном пространстве133 . Так как познание мира и связь с окружающей средой обеспечиваются через органы чувств, то главной целью оккупационных режимов являлось установление монополии над телом человека и политизация зрения, слуха, вкуса, обоняния и осязания. В своей совокупности органы чувств становятся проводниками политического и благодаря иерархии органов чувств визуальность превращается в ту первичную сферу повседневности, через которую политическое особенно успешно организуется, программируется и документируется. Этот до настоящего времени столь очевидный, но до конца неосознанный визуальный опыт в функционировании оккупационных режимов должен быть «увиден» историками.

Фото есть только в печатном издании.

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Parteiauftrag: ein neues Deutschland: Bilder, Rituale und Symbole der frühen DDR / D. Vorsteher (Hrsg.). Berlin, 1996; Klotz K. Das politische Plakat der SBZ/DDR 1945–1963: Zur politischen Ikonographie der sozialistischen Sichtagitation. Aachen, 2006. 133 Widdis E. Socialist Senses: Film and the Creation of Soviet Subjectivity // Slavic Review. 2012. Nr. 3. P. 590–618.

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Поездка первой делегации ССНМ в Советский Союз в1949 г: группа перед Большим театром в Москве Фотограф: Эвальд, Фотоархив Федерального архива, сигн. BildY 1-1614-678-79

По случаю Месяца германо‐советской дружбы в Мурхине во дворце культуры МТС «Матьяш Ракоши» была показана выставка, посвященная строительству социализма в Советском Союзе. Фотограф: Клайн, Фотоархив Федерального архива, сигн. Bild 183-27394-0002

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Мемориальный уголок Иосифу Сталину в одной из берлинских школ, 17 декабря 1949 г. Фотограф: Байер, Фотоархив Федерального архива, сигн. N 1648 Bild-RF00559

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Берлин готовится к III Всемирному фестивалю молодежи и студентов. Александерплац, 23 июля 1951 г. Фотограф: Шмидтке, Фотоархив Федерального архива, сигн. Bild 183-11433-0003

Памятная церемония «Сталинград – переломный момент истории» состоялась 5 февраля 1950 г. в кинотеатре «Вавилон» в Берлине. Бывшие военнопленные вручают Обществу германо‐советской дружбы три переходящих знамени из Советского Союза. Фотограф: Квашинский, Фотоархив Федерального архива, сигн. Bild 183-S93008

Алексей Сорокин Образ Советского Союза федеральных канцлеров Аденауэра и Брандта Окончание Второй мировой войны открывал новый мирный этап двусторонних германо‐российских отношений. Дипломатические отношения были установлены при федеральном канцлере Конраде Аденауэре. Возврат к реальному стратегическому сотрудничеству, которое традиционно играло большую роль для обеих стран и Европы, начался при Вилли Брандте. Как Аденауэр, так и Брандт считали Советский Союз тоталитарной державой, при этом их восточная политика была совершенно различна. Не следует, конечно, забывать, что позиция Западной Германии сильно зависела от политики западных союзников, при этом канцлерство Аденауэра во многом пришлось на период наивысшего обострения Холодной войны, а канцлерство Брандта – на период разрядки. Но тем не менее, ограниченной возможностью для маневра ФРГ, особенно после формального восстановления суверенитета в 1955 г., обладала. Брандт являлся кандидатом на пост канцлера с 1961 г., его более ранний выбор мог бы существенно изменить восточную политику ФРГ уже с начала 1960‑х годов. Восточная политика Аденауэра и Брандта полностью соответствовала их собственным убеждениям и приоритетам в этой области. Поэтому большой научный интерес имеет изучение внешнеполитических взглядов этих двух выдающихся федеральных канцлеров, которые своей деятельностью заложили вектор развития внешней политики страны на долгие годы. До 1955 г. официальных отношений между ФРГ и Советским Союзом не существовало. В этот период Аденауэр последовательно отгораживался от СССР, избегал всяких контактов. В действительности, до обретения суверенитета возможности ФРГ в области восточной политики были существенно ограничены, и федеральный канцлер, сосредоточившись в это время на западной интеграции, использовал советскую угрозу как дополнительный стимул для нее. В 1955 г. ситуация изменилась: ФРГ обрела суверенитет, а в мире после Женевской конференции в верхах заговорили о разрядке напряженности. В ходе визита Аденауэра в Москву в сентябре 1955 г. были достигнуты договоренности об установлении дипломатических отношений и освобождении немецких военнопленных. Однако дальнейшего продуктивного развития двусторонние отношения не получили. В целом, советско‐германские отношения 1955–1963 гг. можно назвать напряженными. Дипломатическая корреспонденция показывает, что содержанием большинства нот, меморандумов, писем и заявлений были взаимные упреки: Советский Союз упрекал ФРГ в ремилитаризации, угрозе миру, обострении германской пробле-

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мы, Западная Германия СССР – в несправедливом, ненормальном расколе страны и в поддержке нелегитимного режима ГДР1 . Представления первого федерального канцлера о Советском Союзе, о его внешней политике были преимущественно негативными. Итоги Второй мировой войны кардинальным образом изменили международную обстановку и соотношение сил. Превращение Советского Союза в супердержаву, создание социалистического блока государств Восточной Европы и распространение коммунистической идеологии в мире – все это Аденауэр воспринимал как советскую угрозу. Можно выделить две составляющие убеждений Конрада Аденауэра, которые в итоге вылились в жесткий антисоветский курс. С одной стороны, Аденауэр пытался использовать фактор «советской угрозы» для интеграции ФРГ в западное сообщество (отсюда жесткая риторика и заострение угрозы) и во внутренней политике (продвижение собственной партии), с другой – им действительно «владело элементарное чувство угрозы со стороны Советского Союза»2 . В своих умозаключениях Аденауэр постоянно проводил аналогии между царской Россией и Советским Союзом. Главной чертой внешней политики обоих государств являлось стремление к экспансии, расширению территории и сферы влияния. ГансПетер Шварц называет понимание политики СССР как продолжения экспансионистской политики царизма типичным для немцев „стереотипом бюргерского сознания“3 . Корнями эти представления Конрада Аденауэра уходят в кайзеровскую эпоху. Шварц воспроизводит взгляд на Россию немецкой буржуазии 1880–1890 гг., который прочно вошел в сознание Конрада Аденауэра: «Царская империя – автократически управляемый колосс, экспансионистский, неудержимый паровой каток, который может быть остановлен только за счет превосходящей силы и за счет выигрышной политики союзов!»4 В целом представляется достаточно затруднительным проследить зарождение и эволюцию образа России и СССР Аденауэра ввиду отсутствия источников, прежде всего периода Германской империи и Веймарской республики. Наряду с приведенным выше предположением, согласно которому Аденауэр впитал широко распространенные в кайзеровской Германии негативные стереотипы в отношении России, можно привести и тот факт, что будучи бургомистром Кельна он принимал советскую делегацию на международной выставке прессы и лично встречался с Максимом Горьким в 1928 г.5 Политика Аденауэра всегда отличалась прагматизмом: он шел на взаимодействие, когда считал необходимым.

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Moskau – Bonn: Die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland 1955–1973: Dokumentation / B. Meissner (Hrsg.). Köln, 1975. S. 72–726. Weidenfeld W. Konrad Adenauer und Europa: Die geistigen Grundlagen der westeuropäischen Integrationspolitik des ersten Bonner Bundeskanzlers. Bonn, 1976. S. 146. Schwarz H.-P. Das außenpolitische Konzept Konrad Adenauers // Adenauer‐Studien I / R. Morsey, K. Repgen (Hrsg.). Mainz, 1971. S. 80. Schwarz H.-P. Adenauer: Der Aufstieg: 1876–1952. Stuttgart, 1986. S. 148. Konrad Adenauer 1917–1933: Dokumente aus den Kölner Jahren / G. Schulz (Hrsg.). Köln, 2007. S. 361.

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С середины 1950‑х годов, после визита в Москву, Конрад Аденауэр сильнее выделял в экспансионистском натиске традиционно русский компонент, чем коммунистический. Этому существует множество свидетельств. Конрад Аденауэр считал Россию исторически воинственным государством. Согласно своим «Воспоминаниям», он в беседе с Джоном Кеннеди в 1961 г. утверждал, что «убежден, что Хрущев в первую очередь русский националист и только затем коммунист. Россия в любом случае вела больше всех войн»6 . Журналистам в том же году Аденауэр заявлял: «Хрущев – это царь! Он чтит Ивана Грозного и Петра Великого больше, чем Карла Маркса … Хрущев в первую очередь русский, затем коммунист, а как русский он ведет натиск на Запад»7 . Выводы о традиционном экспансионистском характере советской внешней политики Аденауэр делал из русской истории. Подтверждение своих взглядов он находил в некоторых работах о Советском Союзе западногерманских авторов. Особым вниманием Аденауэр удостоил книгу Дитера Фриде «Русский перпетуум мобиле», ее в беседе с журналистами канцлер назвал «лучшим произведением по русской истории, которое я знаю»8 . Аденауэр неоднократно рекомендовал эту книгу для чтения собеседникам, чтобы те могли вместе с ним понять вековые тенденции русской и советской политики. Произведение Фриде было преподнесено им в подарок, в частности, Дж. Кеннеди. Автор книги в 1945 г. работал в Берлине как свободный журналист. Затем он был задержан советскими властями и насильно удерживался в советской зоне до 1955 г. Вероятно, личная судьба автора сильно повлияла на резкость его оценок. Фриде отстаивал тезис, что советская экспансия идентична агрессивной политике царей, а идеологический компонент коммунизма нельзя переоценивать. Внешняя политика Советского Союза рассматривалась первым федеральным канцлером сугубо как внешняя политика тоталитарного государства: После опыта, который мы, немцы, имели с тоталитарным режимом национал‐социалистического периода, после опыта, который мир получил с тоталитарной Советской Россией после 1944 года ‹…›, по моему мнению, общим убеждением всех немцев должно стать следующее: тоталитарные государства, и особенно это относится к Советской России, не знают, как западные демократические страны, права и свободы личности в качестве основных факторов совместной жизни людей и народов. Тоталитарные государства знают только один важный фактор, и это сила9 .

Обличительная риторика Аденауэра, в которой СССР представлялся как «самое агрессивное коммунистическое государство», а «русские» – как «самый воинственный народ последнего столетия», соседствовала с трезвым суждением, что от Советского Союза не исходит прямой военной опасности. Аденауэр считал конфликтный образ действий СССР во внешней политике «рационально контролируемым, в том

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Adenauer K. Erinnerungen 1959–1963. Stuttgart, 1983. S. 97. Цит. по: Weidenfeld W. Konrad Adenauer und Europa. S. 149. Adenauer K. Teegespräche 1961–1963. Berlin, 1992. S. 69. Adenauer K. Erinnerungen 1945–1953. Stuttgart, 1987. S. 382.

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числе контролируемым со стороны Запада»10 . Рациональное поведение и страх риска со стороны Советского Союза не приводили, однако, к успокоению Аденауэра, ибо эти факторы, по его мнению, свидетельствовали лишь об ограниченных силовых возможностях, а не о настоящем стремлении к политике сохранения мира. Во время «мирного сосуществования» борьба антагонистических лагерей продолжалась невоенными средствами. Десталинизацию, приход к власти Никиты Хрущева Аденауэр расценивал не как начало новой эпохи, а как «борьбу диадохов», внутренний конфликт. Сущность внешней политики СССР от этого не менялась11 . Нестабильность ситуации от этого не становилась меньше, внешняя политика Москвы казалась еще более непредсказуемой. Особенную угрозу, в глазах Аденауэра, СССР представлял для ФРГ.12 Господства над всей Германией СССР мог достичь за счет отрыва ФРГ от Запада, нейтрализации Германии, действий пятой колонны. Аденауэр видел интерес СССР прежде всего в подчинении экономического потенциала Германии: «что-то тянет их к Германии, а именно из-за способности немцев работать, производить»13 . С другой стороны, Аденауэр не представлял полностью, в какой мере, на основе опыта Второй мировой войны, страх перед Германией может быть реальным фактором советского мировоззрения. К тоталитарному образу Советского Союза прибавлялось отношение Аденауэра к его лидеру. В «Воспоминаниях» Аденауэр дает такую оценку Хрущеву: Хрущев был человеком большой жизненной энергии, даже брутальности, я сам узнал в Москве. Он был гораздо эмоциональнее, чем Булганин ‹…›. Диктаторски управляемое государственное образование, которое видит большие внутренние сложности, – это, безусловно, относилось к Советскому Союзу – с таким человеком, как Хрущев, во главе таило в себе, конечно, большую опасность для развития внутри и во вне, чем если бы им руководил более холодный человек, который спокойно оценивает вещи14 .

Аденауэр не был готов к уступкам со стороны ФРГ и Запада Советскому Союзу. Действительная разрядка напряженности, изменение международной ситуации, которые могли принести и воссоединение Германии, виделись ему возможными лишь после отказа СССР от своей экспансионистской политики, ухода из ГДР и, желательно, всей Восточной Европы. И канцлер верил, что однажды это произойдет. Конрад Аденауэр полагал, что Советский Союз перед лицом силы Запада вспомнит о собственных проблемах и вынужден будет обратиться вовнутрь. Эти мысли постоянно повторяются в размышлениях и разговорах Аденауэра с 1952 г. до последних лет канцлерства, что свидетельствует о глубокой убежденности. В частности, воспоминания и архив Аденауэра фонда «Дом федерального канцлера Конрада Аденауэра» (в разделе

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Niedhart G., Altmann N. Zwischen Beurteilung und Verurteilung: Die Sowjetunion im Urteil Konrad Adenauers // Adenauer und die deutsche Frage / J. Foschepoth (Hrsg.). Göttingen, 1988. S. 108. Schwarz H.-P. Das außenpolitische Konzept Konrad Adenauers. S. 91–92. Niedhart G., Altmann N. Zwischen Beurteilung und Verurteilung. S. 107. Adenauer K. Teegespräche 1955–1958. Berlin, 1986. S. 13. Adenauer K. Erinnerungen 1955–1959. Stuttgart, 1989. S. 113.

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«Протоколы бесед с отечественными и зарубежными политиками») содержат немало свидетельств подобного рода. Можно систематизировать подобные предположения, или ожидания, Аденауэра в две большие группы: 1. Внутренние факторы. Канцлер был убежден, что советская экономика находится под сильным внутренним давлением. Рано или поздно, как он полагал, в СССР наступит экономический кризис. Он подчеркивал потребность советской экономики в западном капитале и в западных технологиях и врожденные слабости плановой системы. Наряду со многими советологами Аденауэр считал, что недостаточно развитое промышленное производство, особенно товаров народного потребления и в жилищном секторе, могут вынудить московское руководство радикально перестроиться. Внутриэкономическая ситуация и требование населением улучшения своего жизненного стандарта окажут в долгосрочной перспективе давление на советскую программу вооружений, вынудят к сотрудничеству с Западом. Общая политика разоружения покажется соблазнительнее, что приведет московское руководство к курсу на разрядку. Возвращаясь к своим впечатлениям от визита в Москву, Аденауэр утверждал итальянскому министру иностранных дел в 1956 г., что России нужен мир, так как социальное положение в России плохое, не хватает жилья, продовольствия, люди плохо одеты, подавлены, особенно женщины «представляли собой мрачную картину»15 . На встрече с американским послом в 1958 г. Аденауэр отмечал, что Хрущев хочет иметь успех в глазах русской общественности и для этой цели должен консолидировать внутреннее положение и поднять жизненный стандарт населения. Он не мог сделать этого, по мнению канцлера, с поддержанием настоящего состояния гонки вооружений16 . 2. Внешние факторы. Аденауэр видел в стремлениях Югославии к самостоятельности, в венгерских и польских событиях 1956 г. признаки растущей напряженности в Восточном блоке17 . В беседе с Джавахарлал Неру в 1956 г. Аденауэр, например, заметил, что события в Венгрии доказали, что международный коммунизм потерпел поражение18 . Самый весомый вес во внешнеполитической концепции Аденауэра имела его так называемая «китайская теория», которая активно пропагандировалась им с середины 1950‑х годов и до конца канцлерства. В ее основе лежало убеждение, что латентная напряженность между Москвой и коммунистическим Китаем рано или поздно станет детерминантом советской внешней политики, побудит Москву к компромиссной позиции по отношению к Западу, к отказу от экспансии в Европу. Важнейшую роль сыграл неофициальный разговор с Хрущевым на даче в сентябре 1955 г., где последний выразил опасения по поводу Китая. Впоследствии Аденауэр очень часто возвращался к этому разговору в своей аргументации. В «Воспоминаниях» он так описывает ситуацию на сентябрьских переговорах 1955 г: Беспокойство перед Красным Китаем четко звучало в разговорах. ‹…› Хрущев снова начал говорить о Красном Китае. Он назвал Красный Китай самой большой пробле15 16 17 18

Stiftung Bundeskanzler‐Adenauer-Haus. Adenauer‐Archiv. Bestand III/54. Там же. Bestand III/25. Weidenfeld W. Konrad Adenauer und Europa. S. 160–167. Stiftung Bundeskanzler‐Adenauer-Haus. Adenauer‐Archiv. Bestand III/54.

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мой. «Представьте себе, в Красном Китае сегодня уже свыше 600 миллионов человек. Ежегодно добавляется еще двенадцать миллионов. Все они люди, которые живут горстью риса. Что станет – и при этом он всплеснул руками – что станет из этого?» Я подумал: дорогой друг, ты будешь однажды очень рад, если тебе больше не надо будет держать войска на Западе! Хрущев сказал довольно неожиданно: «Мы можем решить эту задачу! Но это очень тяжело. Поэтому я прошу Вас, помогите нам. Помогите нам справиться с Красным Китаем!»19

Официально же во время московских переговоров 1955 г. вопрос о Китае затронут не был, о чем свидетельствуют протоколы бесед20 . Итак, в комплексе убеждений Конрада Аденауэра в отношении Советского Союза можно выделить как проницательные, трезвые оценки, так и аффективные предубеждения21 . В его взглядах соседствовали представления: об азиатской воинственной державе и о рациональной, не нацеленной на вооруженный конфликт советской политике; о несоответствии между военной и экономической мощью Советского Союза и о неминуемости глобального конфликта двух коммунистических экспансионистских колоссов СССР и Китая и др. В целом Аденауэр не рассматривал СССР как равноправную великую державу, стремящуюся к признанию в рамках сложившегося международного баланса сил. Разрядка напряженности в Холодной войне, по его мнению, могла быть достигнута не путем взаимных уступок, а в результате сдачи СССР своих позиций, отказа от экспансии на Запад. Предпосылки свертывания наступательной советской политики Конрад Аденауэр видел в необходимости решения внутренних проблем и в растущих противоречиях с Китаем. Образ Советского Союза Вилли Брандта был более противоречивым, не столь однозначным. Во-первых, его социализация в Веймарской республике и эмиграции прошла совершенно в иной информационной среде, чем у Аденауэра, в частности он смог избежать любого даже потенциального влияния сначала имперской, а затем нацистской пропаганды. Во-вторых, что более важно, он был левым. Это не означает, что он был поклонником Советского Союза. Однако основы коммунистической идеологии, базировавшиеся на марксизме, казались ему не столь глубоко чуждыми, как Аденауэру. Октябрьская революция в России для Брандта не была плоха сама по себе. Проблема была в том, что затем Советский Союз пошел ошибочным, собственным путем, который не имел ничего общего с марксизмом. С 1931 по 1944 г. Брандт состоял в Социалистической рабочей партии (СРП), в левосоциалистической, рабочей партии. Это было достаточно радикальное политическое объединение, рассматривавшее большинство правивших буржуазных партий как регрессивные, империалистические или фашистские, само делавшее ставку на приход к власти пролетариата. Как видно, сходство с советскими большевиками на уровне основной платформы и

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Adenauer K. Erinnerungen 1953–1955. 5. Aufl. Stuttgart, 1994. S. 527–528. Визит Канцлера Аденауэра в Москву 8–14 сентября 1955 г.: Документы и материалы / А.В. Загорский (отв. ред.). М., 2005. Niedhart G., Altmann N. Zwischen Beurteilung und Verurteilung. S. 113; см. также: Altmann N. Konrad Adenauer im Kalten Krieg: Wahrnehmungen und Politik 1945–1956. Mannheim, 1993. S. 232–233.

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обещаний велико. Позицию самого Брандта по отношению к СССР до конца Второй мировой войны можно трактовать как смесь защиты и критики22 . Изначально Брандт воспринимал Советский Союз в целом как государство победившего пролетариата, которое находится в процессе построения, ищет свой путь. В своем выпускном сочинении в гимназии Брандт, например, отмечает успехи СССР в построении индустриального общества, тогда как недоброжелатели давно предрекали ему крах23 . Со временем его позиция претерпела изменения. Брандт в качестве корреспондента освещал Гражданскую войну в Испании. Его личные симпатии были на стороне республиканцев, в частности он поддерживал Рабочую партию марксистского единства (ПОУМ), у которой были широкие связи с его партией СРП. Из испанских событий Брандт вынес двоякий опыт. С одной стороны, он осознавал, что без помощи и прямого участия Советского Союза сопротивление фашистскому режиму в Испании было бы невозможным. С другой стороны, приходило понимание цели и методов сталинской политики. В Испании он стал свидетелем того, как близкая ему ПОУМ подвергалась преследованиям со стороны Компартии Испании, за которой, в свою очередь, стоял Сталин. В итоге ПОУМ фактически была уничтожена Компартией Испании24 . При этом обе партии имели сходную платформу, были противниками Франко, должны были действовать сообща. Сам Брандт сумел вовремя уехать и поэтому избежал опасности ареста. Несогласный с подобной политикой, не гнушавшейся физическим устранением бывших союзников в борьбе за власть, Брандт написал в «Марксистской трибуне»: «Испания находится на пути к развитию коммунистической партийной диктатуры»25 . В целом Брандт постепенно разочаровывался в Советском Союзе. Пакт Молотова – Риббентропа 1939 стал для Брандта важным поворотным пунктом. Советский Союз договорился с Гитлером о разделе территорий и сфер влияния в Восточной Европе. После этого Брандт писал о том, что политика СССР теперь служит только усилению реакционных антисоциалистических и антипролетарских сил в мире. Речь шла о дегенерации марксизма26 . Вилли Брандт снова и снова противопоставлял социал‐демократию советскому коммунизму. Таким образом, на образ Советского Союза сильно влиял антикоммунизм как неприятие сложившейся советской модели государства и общества. Сам Брандт писал: Социализм – это больше, чем передача средств производства государству. ‹…› Но это подразумевает, что все большие слои населения получают право определять процесс производства и также распределение произведенных ценностей. Социализм основывается на экономической демократии. Социализм без демократии и свободы невозможен.

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Behring R. Normalisierung auf Umwegen: Polen in den politischen Konzeptionen Willy Brandts 1939–1966 // Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 2010. H. 1. S. 43–45. Brandts Abituraufsatz // Berliner Ausgabe: Willy Brandt. Bd. 1: Hitler ist nicht Deutschland: Jugend in Lübeck – Exil in Norwegen, 1928–1940 / H. Grebing, H. A. Winkler, G. Schöllgen (Hrsg.). Bonn, 2002. S. 109. Merseburger P. Willy Brandt 1913–1992: Visionär und Realist. München, 2013. S. 137–143. Brandt W. Draußen: Schriften während der Emigration / G. Struve (Hrsg.). München, 1966. S. 218. Там же. S. 101–103.

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В Советском же Союзе мы наблюдаем все последние годы усиление диктатуры. Ограничения демократических прав, которые изначально задумывались как нечто временное, были продолжены, усилены и закреплены в бюрократическую диктатуру27 .

Все эти воззрения Брандта не вели, однако, к аффективным эмоциональным предубеждениям, как у Аденауэра, типа «Азия стоит на Эльбе» и т.п. Политическое мышление Брандта было космополитично, более открыто, советская модель, вызывавшая большую критику, тем не менее принималась как данность эпохи, как один из возможных современных ему путей развития. Очень важный пункт в концепции восточной политики Брандта – на разных этапах политической карьеры его не покидало убеждение, что Советский Союз и другие государства восточного блока могут и должны будут меняться, внутренне эволюционировать в сторону демократии. Брандт называл это трансформацией. И он был прав. Еще один важный, отличный от Аденауэра момент – в убеждениях Брандта Советский Союз имел свое прочное место в послевоенном балансе сил, он учитывал интересы Советского Союза, вернее не считал возможным будущее мироустройство без учетов интересов СССР28 . Упрощенно можно сказать, Аденауэр полагал: Советский Союз уйдет, Западу надо быть сильными и ждать, а Брандт считал позиции и интересы Советского Союза – объективная реальность, с ним нужно работать, сотрудничать здесь и сейчас, чтобы добиться позитивных для Запада изменений. После окончания Второй мировой войны Брандт возвращается на внутриполитическую арену Германию. Постепенно Брандт‐политик вместе со своей партией СДПГ переходит с марксистской на буржуазную платформу. Происходит дальнейшая трансформация взглядов по отношению к Советскому Союзу. Уже Берлинская блокада показала, кто друг и союзник (страны Запада), а кто угроза, противник (Советский Союз). Брандт становится сторонником западной интеграции ФРГ, противником тоталитарного и террористического (как он считал) коммунизма Сталина, но не сторонником отграничения от Востока. Брандт никогда не терял из виду общеевропейскую перспективу, уже с конца 1940‑х годов начал развивать идею, что демократии Запада должны выступать в идеологическом конфликте с коммунизмом не только оборонительно, но и наступательно мирными средствами29 . Брандт надеялся на становление в СССР антисоветских свободных сил, в чем должен был содействовать пример и действия Запада. Марионеточный режим ГДР Брандт поначалу презирал, поддерживал претензию ФРГ на единоличное представительство немцев. В одном из писем он использует формулировку «Иван и его Ульбрихт»30 . В 1955–1956 гг. в мире произошло первое улучшение отношений Восток-Запад, которое знаменовалось рядом событий: это конференция 4‑х держав в Женеве, согла-

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Brandt W. Draußen, S. 104–105. Brandt W. Die Friedensziele der demokratischen Sozialisten // Berliner Ausgabe: Willy Brandt. Bd. 2: Zwei Vaterländer: Deutsch‐Norweger im schwedischen Exil – Rückkehr nach Deutschland, 1940–1947 / H. Grebing, H. A. Winkler, G. Schöllgen (Hrsg.). Bonn, 2000. S. 96–97. Schmidt W. Willy Brandts Ost- und Deutschlandpolitik // Willy Brandts Außenpolitik / B. Rother (Hrsg.). Wiesbaden, 2014. S. 163–168. Archiv der sozialen Demokratie (далее: AdsD). Willy-Brandt‐Archiv. A 6. 0034.

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шение по статусу Австрии. Впервые заговорили о разрядке напряженности. Аденауэр, как известно, в подобные тенденции особо не верил. Другое дело Брандт. Когда Хрущев на XX съезде КПСС наряду с десталинизацией провозгласил лозунг «мирного сосуществования», Брандт посчитал, что Запад должен принять предложение мирного экономического и политического соревнования с СССР, тогда он видел в этих процессах первые признаки демократической трансформации советского социализма31 . Под мирным сосуществованием Брандт понимал активную, наступательную концепцию Запада, которая подразумевала и изменение сложившегося статуса кво в пользу Запада, но только мирными средствами, в ходе диалога и взаимодействия с Востоком. У Брандта не было сомнений в том, что Запад в итоге выиграет в Холодной войне. В основе его убеждений лежала та же самая теория магнита (привлекательности стран демократического Запада для населения тоталитарного Востока), что и у Аденауэра. Однако пути воплощения были совершенно иными. Аденауэр стремился к изоляции Советского Союза, а Брандт выступал за интенсификацию контактов. Подавление восстаний в ГДР в 1953 г. и в Венгрии в 1956 г. укрепило Брандта в убеждении, что альтернативы концепции мирного сосуществования систем нет. Относительно восстания рабочих в ГДР Брандт говорил позднее: «Когда я думаю о 17 июне 1953 г., меня охватывает чувство стыда»32 . Движение было жестоко подавлено, погибли люди, а Запад ничего не мог сделать, поэтому Брандт больше не хотел давать людям на Востоке пустые обещания, обещать помощь, которая была невозможна. Итак Брандт еще на заре политической карьеры в ФРГ, будучи депутатом и бургомистром, считал, что отношения с Востоком нужно нормализировать и интенсифицировать. Его не устраивала сложившаяся ситуация, вот его слова из 1958 г.: Немецкая внешняя политика стоит с 1949 г. на одной ноге. ‹…› Нас ожидает другая задача, а именно: не в противовес и не в смысле политики лавирования, ‹…› а опираясь на дружбу с Западом и обговаривая каждый шаг с нашими западными друзьями, встать также и на вторую ногу, которая называется восточной политикой33 .

Важнейшая дата начала разработки новой восточной политики – это 13 августа 1961 г., строительство Берлинской стены. Еще до ее возведения Брандт видел предпосылки преодоления раскола Германии иначе, чем федеральный канцлер. Аденауэр выдвигал решение германского вопроса одним из условий действительной разрядки, его формула гласила «разрядка за счет воссоединения», Брандт же ранжировал наоборот: «воссоединение через разрядку», говорил, что стена может быть преодолена в ходе более глобальных процессов. Строительство стены подвело черту под прежней политикой, позволило окончательно оформиться, концептуализироваться убеждениям Брандта. Сам он позднее заметил: «То, что называют моей восточной

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Schmidt W. Die Wurzeln der Entspannung // Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 2003. H. 4. S. 549–552. AdsD. Willy-Brandt‐Archiv. A 3. 84. Там же.

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политикой, сформировалось на этом фоне»34 . Вместе со строительством стены стали макулатурой надежды и различные планы, концепции скорого воссоединения. Ожидания в обозримом будущем падения режима ГДР, на которое рассчитывал Аденауэр в своей «политике силы», также оказались бесплодными. Как образно заметил Брандт, занавес поднялся, сцена оказалась пуста35 . Строительство Берлинской стены символизировало неудачу восточной и германской политики Аденауэра, стоило ему голосов на выборах и ускорило конец его правления. Новая восточная политика должна была ориентироваться на мирное сосуществование двух немецких государств и двух противоборствующих систем в целом. На внутриполитической арене начала 1960‑х годов Брандт представил свои взгляды в речи в Евангелической академии Тутцинга (1963). Брандт декларировал, что для того чтобы решить вопрос воссоединения, необходимо снижение напряжения Восток-Запад, необходима действительная разрядка, ФРГ должна внести в нее свой вклад. Он возвращался к идеям, высказанным в Гарварде, опираясь на «Стратегию мира» Кеннеди. С отдельным докладом, который вызвал фурор, в Тутцинге выступил Эгон Бар. Воссоединение провозглашалось процессом со множеством шагов и станций. Предпосылки для него можно создать только вместе с Советским Союзом. ГДР должна трансформироваться с согласия СССР, ФРГ же должна содействовать развитию внутринемецкой торговли, улучшению материальных и человеческих условий жизни населения Восточной Германии. Именно такую политику Бар охарактеризовал знаменитой формулой «изменения через сближение»36 . Эта короткая формула вызвала тогда широкую критику оппонентов, впоследствии стала знаменитой как один из постулатов, девизов, стратегией новой восточной политики. Тактикой провозглашалась политика «мелких шагов»: улучшений предполагалось достичь постепенно, поэтапно, шаг за шагом. В качестве бургомистра Брандт сразу приступил к действиям, согласовав с властями ГДР первые соглашения о пропусках, регламентирующие пропускной режим между восточной и западной частью разделенного стеной Берлина. Архивные источники показывают, как последовательно с начала 1960‑х годов Брандт и другой архитектор новой восточной политики Бар начали проводить стратегический курс «изменений через сближение» посредством тактики «мелких шагов»: бургомистр и его доверенное лицо в эти непростые для двусторонних отношений времена обсуждали не спорный статус Западного Берлина, а конкретные шаги в области культуры и спорта, способные снять напряжение и породить хоть какой-нибудь плодотворный диалог37 . При этом контакты Брандта не ограничивались официальными советскими функционерами (послом СССР в ГДР Петром Абрасимовым и др.): в 1960‑е годы, например, он познакомился и поддерживал затем контакты с Мстиславом Ростроповичем, что свидетельствует о том,

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Brandt W. Begegnungen und Einsichten: Die Jahre 1960–1975. Hamburg, 1976. S. 17. Там же. Schmidt W. Willy Brandts Ost- und Deutschlandpolitik. S. 180–181. AdsD. Willy-Brandt‐Archiv. A 6. 17.

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что его образ СССР был многообразным, имел среди прочих позитивные культурные составляющие38 . Как уже отмечалось, Брандт всегда живо интересовался процессами, происходящими в СССР, с интересом знакомился с мнением людей, посетивших страну Советов. В одном из писем бургомистр Западного Берлина благодарит автора за присланные им путевые заметки «Россия сегодня», которые вызвали большой его интерес. Автор описывает свои впечатления от посещения СССР. По его свидетельству в Москве ночью пульсирует жизнь, много женщин на улицах. Автор убежден в необходимости духовного и материального взаимодействия (обмена) с Россией. Открыты церкви, жители страны гордятся историей, при этом русское начало сильнее советского. Лениниград – выдающееся свидетельство европейской культуры. Кто идет по Эрмитажу, понимает, что Европа не заканчивается на линии Одер-Нейсе. Автор приходит к выводу: понадобится много времени, чтобы Россия сблизилась с Европой, от немцев требуется много терпения39 . В отличие от произведения Фриде, это мнение очевидца. Таким образом, носители информации об СССР Брандта качественно отличалось от продукции, которую потреблял Аденауэр. С 1966 по 1969 г. Брандт был министром иностранных дел и вице‐канцлером Большой коалиции ХДС-СДПГ, смог на практике, на межгосударственном уровне попробовать приступить к реализации своих воззрений. Как министр иностранных дел он пытался воплотить «политику малых шагов» в отношении стран восточного блока. Если внутриполитически Большая коалиция добилась ряда успехов, она едва ли могла продвигалась вперед в восточной политике из-за различных представлений ее участников. Тем не менее Брандту удалось добиться ряда промежуточных результатов: установить дипломатические отношения с Румынией и Югославией, заключить с Чехословакией договор об обмене торговыми миссиями, начать с Советским Союзом активные консультации по заключению договора о неприменении силы, по другим вопросам. Начались переговоры с Польшей. Подавление Пражского восстания 1968 г. приостановило сближение. В целом восточная политика большой коалиции постепенно оказалась в тупике, в стагнации40 . Восточная сторона, в лице СССР и других стран блока, требовала признания послевоенных границ, ГДР и статуса Западного Берлина, отказа от ядерного оружия. СДПГ и Брандт были готовы к переговорам, ХДС и Курт Георг Кизингер, партнеры по коалиции – нет. На фоне большой политики Брандт никогда не терял перспективы отдельного, «маленького» человека, наряду с межгосударственными старался по мере сил способствовать развитию межличностных отношений. В 1967 г. Брандт лично просил в письме своего давнего знакомого Абрасимова походатайствовать в Москве о возможности выезда гражданки СССР для воссоединения с мужем, профессором одного из университетов ФРГ41 .

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AdsD. Willy-Brandt‐Archiv. A 8. 16. Zellermayer H. Russland heute: Versuch eines Bildes vom Leben in der UdSSR. Berlin, 1965. Görtemaker M. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a. M., 2004. S. 461–467. AdsD. Willy-Brandt‐Archiv. A 7. 1.

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Ситуация кардинально меняется в 1969 г.: впервые в послевоенный период к власти приходит СДПГ, Вилли Брандт становится федеральным канцлером и приступает к реализации своей концепции восточной политики. Юридическую основу нового этапа взаимоотношений заложил Московский договор 1970 г., подписанию которого предшествовали затяжные переговоры доверенных лиц: Эгона Бара и Андрея Громыко. Апофеозом процесса разрядки двусторонних отношений и одновременно символом оформления персональной дипломатии можно считать трехдневную встречу Брандта и Леонида Брежнева в Ореанде (Крым) в 1971 г. Встреча стала легендарной благодаря своему неформальному характеру. Как вспоминал Эгон Бар, «разрушение предубеждений и образа врага с обеих сторон было осязаемым»42 . В 1973 г. последовал визит Брежнева в Бонн. Помимо лидеров государств в двусторонних переговорах широко были задействованы представители профильных министерств и индустрии, немецкие источники позволяют проследить большую заинтересованность советской стороны в развитии экономического сотрудничества. Например, итогом переговоров Бара с министром химической промышленности СССР стала договоренность о поставках советской продукции в ФРГ и о содействии установлению прямых контактов предприятий43 . Брандт, со своей стороны, неоднократно лично встречался с представителями немецкой индустрии, обсуждая перспективы советско‐германского экономического сотрудничества44 . Политическое наследие федеральных канцлеров Аденауэра и Брандта очень велико и многогранно. Аденауэр является «отцом‐основателем» немецкого государства, главные его достижения – в области западной политики, политики интеграции, которая заложила основной вектор последующего успешного развития ФРГ. Антикоммунизм сыграл при этом свою прикладную роль. Стратегическое сближение с Востоком, начало переосмысления негативных стереотипов и однозначного образа врага – все это относится, безусловно, к заслугам «новой восточной политики» Брандта, который поставил внешнюю политику своей страны «на обе ноги», внес неоценимый вклад в развитие современных российско‐германских отношений.

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Bahr E. Zu meiner Zeit. München, 1996. S. 414. AdsD. Egon-Bahr-Archiv. 1/EBAA001044. 433. AdsD. Willy-Brandt‐Archiv. A 9, 27.

Александр Фридман Западный Берлин как «тайный фаворит для евреев-эмигрантов»: Штази, КГБ и еврейско-советская община Западного Берлина в 1970‑е – 1980‑е годы В конце сентября 1978 г. издававшийся в Гамбурге журнал «Der Spiegel» рассказал своим читателям о советском фильме в жанре трагикомедии «Мимино» (1977) режиссера Георгия Данелии, при этом журнал уделил особое внимание сценам, снятым в Западном Берлине: ‹…› Аэропорт Западного Берлина Тегель предстает в фильме как место рутинной посадки советских сверхзвуковых пассажирских лайнеров Ту-144, хотя русские самолеты не летают в Западный Берлин; кроме того, в фильме фигурирует западноберлинский «Европа-центр» как желанная цель совершения покупок для экипажей «Аэрофлота», летающих на Запад1 .

Упомянутые в журнале сцены относятся к наиболее известным эпизодам советского культового фильма: Вахтанг Кикабидзе, мастерски сыгравший грузинского пилота международных авиалиний Валентина Мизандари по прозвищу «Мимино» («Ястреб») покупает игрушечного крокодила для маленького сына своего армянского друга Рубена Хачикяна именно в «Европа‐центре». Вслед за этим Мизандари отправляется на телефонную станцию, чтобы сообщить Хачикяну эту радостную новость. Но так как телефонистка не может дозвониться до Дилижана (города в Армении, где живет Хачикян), пилот хочет поговорить со знакомым в своем родном грузинском городе Телави. Однако телефонистка путает Телави с израильской метрополией Тель-Авивом и соединяет Мимино с грузинским евреем Исааком, эмигрировавшим из СССР в Израиль. Они оба говорят о Грузии, причем Мимино поет грузинскую песню, в то время как измученный ностальгией израильтянин плачет. Режиссер Данелия сумел защитить сцену этого сентиментального разговора от жесткой советской цензуры, которая настаивала на безусловном удалении из фильма якобы безобидного эпизода с телефонным звонком в Тель-Авив2 . Дело было в том, что после арабо‐израильской шестидневной войны 1967 г. Москва разорвала ди1 2

Zukunftsträume // Der Spiegel. 1978. H. 39. S. 18. Об этом фильме см.: Friedman A. Georgische Juden im Gelobten Land: Georgij Danelijas Spielfilme Mimino (1977) und Passport (1990) // Russische und sowjetische Geschichte im Film: Von bolschewistischen Revolutionären, antifaschistischen Widerstandskämpfern, jüdischen Emigranten und «Kalten Kriegern» / A. Friedman, F. Jacob (Hrsg.). New York, 2016. S. 205–213.

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пломатические отношения с Израилем, поддерживала в ближневосточном конфликте арабскую сторону, резко ограничила еврейскую эмиграцию из СССР и развязала радикальную антиизраильскую (антисионистскую) пропагандистскую кампанию с сильным антисемитским привкусом. Эмоциональный разговор между Мимино и Исааком противоречил общему агрессивному тону советского дискурса на тему Израиля. Дополнительную взрывную силу вышеупомянутой сцене из фильма придавал еще ряд аспектов, которые, впрочем, осознавали только квалифицированные эксперты по Западному Берлину и Израилю из числа сотрудников центрального аппарата КГБ на Лубянке: органы государственной безопасности СССР и министерство госбезопасности ГДР (Штази) расценивали Западный Берлин и, в особенности, «Европацентр» как места, таившие в себе серьезную опасность. По данным советских и восточногерманских чекистов, Западный Берлин уже во второй половине 1970‑х годов превратился в важнейший «опорный пункт» израильской разведывательной службы Моссад, а также различных антисоветских «сионистских организаций» Западной Европы. Чекисты исходили из того, что израильская спецслужба размещалась на 18 этаже здания «Европа‐центра» под прикрытием западноберлинского филиала израильской авиакомпании EL AL. Задачей израильтян было использование еврейских эмигрантов из СССР, осевших в Западном Берлине, для организации «подрывных акций», направленных против Советского Союза, ГДР и других социалистических государств. Кроме того, моссадовцы якобы вели наблюдение за гостями Западного Берлина, прибывшими из СССР3 . Потенциально опасными считались также западноевропейские телефонистки, которые якобы являлись объектом нацеленной вербовки со стороны Моссада4 . Следуя этой логике, привлекательная блондинка‐телефонистка с телефонной станции западноберлинского «Европа‐центра» вполне могла быть сотрудницей Моссада, которая намеренно попыталась расставить советскому пилоту «израильскую ловушку». В то время как жизнь евреев в ФРГ и ГДР во времена «холодной войны», а также еврейская иммиграция из СССР в Германию после краха коммунистической системы изучены уже сравнительно полно, история еврейско‐советской общины, возникшей в 1970‑е – 1980‑е годы в Западном Берлине, по-прежнему остается лакуной в историографии. 7 января 1975 г. «Süddeutsche Zeitung» писала о том, что Западный Берлин превратился в «тайного фаворита для евреев – эмигрантов» из Советского Союза5 . Почему тысячи советских евреев спустя несколько десятилетий после Холокоста предпочитали селиться именно в этом городе, который в описаниях советской пропаганды представал как цитадель западногерманского «реваншизма», «антисемитизма» и 3

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HA II: Zu Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste (18. Mai 1983). Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (далее: BStU). HA II. Nr. 29515. Fol. 80. Климов Ю.М. Антивоенное движение под прицелом спецслужб: Террор на службе империализма США. М., 1984. С. 83–85. Цит. по: Runge I. Vom Kommen und Bleiben: Osteuropäische jüdische Einwanderer in Berlin. Berlin, 1992. S. 29.

Западный Берлин как «тайный фаворит для евреев-эмигрантов»:

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«неофашизма»6 ? Как развивалась еврейско‐советская община в Западном Берлине в 1970‑е и 1980‑е годы и как она выглядела в публикациях советской стороны? Какие методы применяли КГБ и Штази в своей деятельности внутри еврейско‐советской среды? Эти и другие вопросы получат свой ответ в рамках настоящего исследования. Основой статьи послужили главным образом ранее секретные материалы восточногерманской, советской и чехословацкой политических полиций, находящиеся на хранении в Ведомстве уполномоченного правительства ФРГ по вопросам архивов Штази (BStU), а также публикации советских авторов. Однако вызывает вопрос, в какой степени эти документальные источники способны воссоздать близкую к реальности картину еврейско‐советской общины Западного Берлина, или они отражают только лишь палитру образов врагов времен «холодной войны»? Чтобы дать ответ на этот центральный вопрос, для анализа привлекались также воспоминания современников и публикации западногерманской прессы.

Советские евреи в Западном Берлине В конце апреля 1983 г. чехословацкая Служба государственной безопасности (Státní bezpečnost, StB) проинформировала своих восточногерманских коллег о разговоре, состоявшемся в последних числах февраля 1983 г. между президентом США Рональдом Рейганом и главными раввинами Израиля Шломо Гореном и Овадьей Йосефом. Оба главных раввина, следуя сообщению, осудили препоны на пути еврейской эмиграции, чинившиеся Кремлем и высказались за установление прямого воздушного сообщения между СССР и Израилем, посредством которого еврейские эмигранты могли бы избежать таких промежуточных станций как Вена и Рим, наличие которых негативно оценивалось израильской стороной7 . Информация, поступившая из Праги, была неточной и даже ошибочной: 17 февраля 1983 г. раввин Овадья Йосеф, его супруга Маргалит, его младший сын Моше Йосеф, а также переводчик раввин Яаков Поллак действительно были приняты Рейганом в Белом Доме. Напротив, раввин Горен не принимал участия в этой встрече8 . Информационное агентство США «Юнайтед Пресс Интернешнл» (UPI) подчеркнуло в своем сообщении от 17 февраля, что раввин Йосеф просил «большого друга Израиля» Рональда Рейгана, выступить в поддержку евреев, проживающих в арабском мире, СССР и Эфиопии9 . Поскольку в случае с этой встречей речь шла всего лишь о пятиминутной фотосессии, можно только с трудом представить, что уроже6 7

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Восленский М.С. «Восточная» политика ФРГ. M., 1967. С. 94. Abteilung X: Information der Sicherheitsorgane der ČSSR über die Aktivitäten der Zionistischen Weltorganisation zur Verstärkung der Übersiedlung der Juden aus den sozialistischen Staaten nach Israel (25. Apr. 1983). BStU. MfS. AS. Nr. 153/86. Fol. 65. The Daily Dairy of President Ronald Reagan (Feb. 17, 1983). URL: https://www. reaganfoundation.org/media/102227/021783.pdf Rabbi Harav Ovadia Yosef ‹…›. URL: https://www.upi.com/Archives/1983/02/17/Rabbi-HaravOvadia-Yoseph-chief-rabbi-for-millions-of/8728414306000/

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нец Багдада и главный сефардский раввин использовал это драгоценное время для того, чтобы оговорить формы и механизмы эмиграции из СССР чуждых ему по языку и культуре евреев, в своем большинстве ашкенази, получивших преимущественно светское воспитание. Хотя информация чехословацкой службы госбезопасности о встрече Рейгана и Йосефа была спорной, интерес Израиля к прямому авиасообщению между Москвой и Тель-Авивом, на которое обратила внимание Прага и которое стало реальностью только в начале 1990‑х годов, кажется вполне резонным, если уделить более пристальное внимание амбивалентной истории еврейского исхода из Советского Союза. Под массивным международным (прежде всего американским) давлением, Кремль разрешил в период между 1970 и 1991 гг. эмиграцию по политическим, экономическим, культурным и религиозным мотивам примерно 763.000 человек еврейского происхождения, а также не-евреев, членов их семей. Поскольку между Израилем и СССР не существовало прямого авиасообщения, эмигранты, получившие израильскую визу, вылетали сначала в Вену или Рим, чтобы потом продолжить свой путь в Израиль. Оказавшись в Австрии или Италии, некоторые эмигранты меняли свое намерение и предпочитали осесть в Западной Европе или США, которые были, с их точки зрения, более привлекательны экономически, социально и культурно, чем еврейское государство, находившееся под угрозой войн и террора. В итоге только 57 % евреев, эмигрировавших между 1970 и 1988 гг. из СССР, действительно поселились в Израиле. Большое количество советских евреев также переселялось в Северную Америку и Западную Европу после короткого интермеццо в Израиле10 . Среди западноевропейских стран серьезную притягательную силу на советских евреев оказывала экономически процветавшая Федеративная республика Германия и прежде всего – Западный Берлин. Немецко‐польско‐советский джаз-музыкант Адольф (Эдди) Рознер (1910–1976) был, вероятно, самым знаменитым советским гражданином еврейского происхождения, который в начале 1970‑х годов поселился в Западном Берлине. Будучи сам уроженцем Берлина, музыкант был вынужден бежать в 1933 г. в Польшу и в 1939 г. – в СССР, после Второй мировой войны отсидел семь лет в сталинском ГУЛАГе, а в 1973 г. получил разрешение напрямую выехать в Западный Берлин11 . Здесь он в течение следующих лет встретил многочисленных земляков, которые, собственно говоря, должны были поселиться в Израиле, но нашли свою новую родину в Западном Берлине, оказавшись, таким образом, под внимательным наблюдением Штази и КГБ. Советские и восточногерманские чекисты, которые с особой интенсивностью отслеживали ситуацию в Западном Берлине, с озабоченностью отмечали возникновение и рост еврейско‐советской общины, численность которой к середине 1970‑х годов достигла уже около 2.000 человек12 . К началу следующего десятилетия эта цифра

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Тольц М. Постсоветская еврейская диаспора: новейшие оценки // Демоскоп Weekly. 2012. № 497–498. URL: http://demoscope.ru/weekly/2012/0497/tema01.php О Рознере см., напр.: Pickhan G., Preisler M. Von Hitler vertrieben, von Stalin verfolgt: Der Jazzmusiker Eddie Rosner. Berlin, 2010. HA II: Gemeinsamer Operativplan (Nov. 1976). BStU. MfS. HA II. Nr. 40502. Fol. 3–17, здесь 4.

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учетверилась13 и продолжала расти в течение 1980‑х годов14 . Нелегальные «гешефты» значительного числа эмигрантов в виде контрабанды между Западом и Востоком, вкупе с их родственными связями в СССР, их частыми поездками в страны Восточного блока (прежде всего в ГДР, а также в Чехословакию и СССР), а также их контактами с советскими дипломатами и туристами (в ФРГ и ГДР) превращали бывших советских евреев в глазах органов госбезопасности в «потенциальных агентов империалистических спецслужб» и, тем самым, в фактор риска для СССР и ГДР15 . Министерство госбезопасности ГДР неоднократно обращалось в 1970‑е – 1980‑е годы к изучению этого «фактора риска» и объясняло возникновение еврейско‐советской общины в Западном Берлине в первую очередь как результат взаимодействия двух следующих факторов: 1) скорее снисходительной позиции официальных властей Западного Берлина, которые по причине преступлений нацистов в отношении евреев закрывали глаза на нелегальную еврейскую иммиграцию и даже с уголовниками из числа еврейских иммигрантов обращались в «бархатных перчатках»16 ; 2) масштабной поддержки со стороны еврейской общины Западного Берлина и в первую очередь – ее многолетнего первого председателя Гейнца Галинского (Heinz Galinski, 1912–1992), который рассматривал иммиграцию молодых советских евреев как шанс для обновления маленькой западноберлинской общины. Сотрудники Штази обвиняли Галинского, а также «сионистские организации» Западного Берлина и Моссад в том, что они в своих интересах инструментализировали «чувство вины», свойственное западным немцам17 . Если министерство госбезопасности ГДР с полным правом подчеркивало ключевую роль Галинского, то образ юстиции и полиции Западного Берлина, якобы запуганных «сионистами» и западными спецслужбами, не соответствовал действительности. Этот образ, производный от представлений о «сионистском засилье» в Западной Германии, привел к тому, что вне внимания Штази остались полемические

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HA II: Subversive Aktivitäten ehemaliger Bürger der UdSSR (AKG-Übersicht, 16. Nov. 1982). BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 28, 29. HA II/Arbeitsgruppe Ausländer: Analyse zum Aufenthalt von UdSSR-Bürgern sowie ehemaligen SU-Bürgern in der DDR (15. Apr. 1987). BStU. MfS. HA II. Nr. 29485. Fol. 48–57, hier 48. HA XX/4: Information Verstärkung der Westberliner Jüdischen Gemeinde durch Zuwanderung sowjetischer Juden (11. Feb. 1975). BStU. MfS. HA XX/4. Nr. 2213. Fol. 34, 35; Auskunft über die Spionage- und Wühltätigkeit der israelischen Spezialdienste gegen die Sowjetunion (März 1976). BStU. MfS. HA II. Nr. 29514. Fol. 2–8; HA II: Gemeinsamer Operativplan (Nov. 1976); Subversive Aktivitäten ehemaliger Bürger der UdSSR; Zu Aktivitäten imperialistischer Geheimdienste (18. Mai 1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 80; HA II/AG Ausländer: Analyse zum Aufenthalt von UdSSR-Bürgern sowie ehemaligen SU-Bürgern in der DDR (15. Apr. 1987). Fol. 50. HA II: Gemeinsamer Operativplan (Nov. 1976); HA II: Zur Auswanderung jüdischer Bürger aus der UdSSR und ihren Konzentrationen in der BRD und Westberlin (18. Mai 1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 30, 31. HA XX/4: Information Verstärkung der Westberliner Jüdischen Gemeinde durch Zuwanderung sowjetischer Juden (11. Feb. 1975); HA II: Zur «Jüdischen Gemeinde zu Berlin» in Westberlin (18. Mai 1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 32, 33.

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дискуссии, которые вызвал в ФРГ приток советских евреев в Западный Берлин18 . По идеологическим причинам органы госбезопасности ГДР проигнорировали еще два существенных аспекта, которые делали Западный Берлин таким привлекательным для некоторых советских евреев: экономическая притягательность метрополии (не в последнюю очередь в контексте торговых «гешефтов» со странами Восточного блока), а также географическая близость к СССР, которая должна была облегчить поддержание контактов с родственниками и знакомыми, оставшимися за «железным занавесом» (например, через ГДР). Чтобы составить как можно более точное представление о еврейско‐советской общине Западного Берлина, а также об ее действиях, органы Штази обратились к анализу публикаций наиболее значимых западных СМИ, а также прибегли к испытанному средству – вербовке так называемых «контактных лиц» („Kontaktpersonen“ (KP)) и «неофициальных сотрудников» („inoffizielle Mitarbeiter“ (IM)). Многочисленные акты 2-го Главного управления Штази (контрразведка), основывающиеся на донесениях «контактных лиц» и «неофициальных сотрудников», завербованных из числа лиц, входящих в окружение еврейско‐советской общины в Западном и Восточном Берлине, рисуют мрачную картину еврейского сообщества Западного Берлина, отрезанного от внешнего мира и находящегося под сильным влиянием «русской мафии». В качестве главного занятия многочисленных евреев‐иммигрантов расценивалась контрабанда между Востоком и Западом: сомнительные сделки, связанные с икрой, джинсами, электроникой, золотом, иконами и другими произведениями искусства. Важнейшими источниками поступления средств для «русской мафии», которая в начале 1980‑х годов обосновалась в знаменитом отеле «Савой» на Фазаненштрассе, считались торговля наркотиками, азартные игры, проституция, рэкет, сбыт краденного, воровство со взломом, покупка и продажа ворованного, фальшивомонетничество и подделка документов19 . Фальшивые документы, с помощью которых еврейские эмигранты могли селиться в Западном Берлине, предлагались в Австрии по цене 5.000–6.000 долларов США20 . Примечательно, что очевидцы из числа евреев сообщают о значительно более низких ценах: 2.000 долларов США или 2.000 немецких марок за фальшивки21 . Чтобы подчеркнуть бесчестные методы и опасность «русской мафии», сотрудники Штази указывали на беспринципность преступников, которые в Австрии и Ита-

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Runge I. Vom Kommen und Bleiben. S. 22. HA II/AG Ausländer: Berichte über Treffs mit einer UdSSR-Bürgerin (20. Aug. 1980), mit dem inoffiziellen Mitarbeiter «Lette» (19. Apr. 1981) und einer in Westberlin wohnhaften ehemaligen UdSSR-Bürgerin (8. Sept. 1981). BStU. MfS. HA II. Nr. 27487. Fol. 4–6, 117, 118, 167–169; HA II: Zur Auswanderung jüdischer Bürger aus der UdSSR und ihren Konzentrationen in der BRD und Westberlin (18. Mai 1983); Ermittlungen gegnerischer Stellen, Aufstellungen und Stützpunkte, die durch die «Russische Mafia» genutzt werden; Zur «Russischen Mafia» (19. Mai 1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 30, 31, 78, 79, 81–85. HA II/AG Ausländer: Bericht über Treffs mit dem inoffiziellen Mitarbeiter «Lette» (19. Apr. 1981). BStU. MfS. HA II. Nr. 27487. Fol. 117. Duwidowitsch L., Dietzel V. Russisch‐jüdisches Roulette: Jüdische Emigranten erzählen ihr Leben in der Sowjetunion. Zürich, 1993. S. 11, 15.

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лии обманывали даже своих собственных земляков22 . Немецкие чекисты также заявляли о том, что отдельные советские дипломаты в Западной Германии, их африканские коллеги в Москве и Восточном Берлине, а также студенты из Африки и Восточной Германии, обучающиеся в СССР, находятся на содержании у организованной преступности23 . В контексте обострения конфликта между Востоком и Западом в конце 1970‑х – начале 1980‑х годов, КГБ и Штази рассматривали возможность угрожающего сценария «амальгамы» усилившейся «русской мафии» с Моссадом и другими «империалистическими спецслужбами»24 . Чтобы вскрыть цели и методы работы Моссада в Западном Берлине, чекисты даже планировали в 1986 г. совместную «оперативную комбинацию», в ходе которой проживавшая в Западном Берлине секретная сотрудница Штази по кличке «Анна» должна была обратить внимание израильтян на еврейского ученого‐химика из Москвы, 1933 г.р., кандидата наук, имевшего родственные связи в Западном Берлине25 . Мы не можем дать ответа на вопрос, была ли в действительности осуществлена эта «оперативная комбинация». Но как бы то ни было, уроженка Москвы «Анна» была важным источником, в течение многих лет снабжавшим Штази интересной информацией из Западного Берлина. Еще в августе 1983 г. она подробно информировала органы госбезопасности о женщинах‐предпринимателях «Змее» и «Лисе». Под кличкой «Змея» органы Штази разрабатывали владелицу ресторана (1945 г.р.), происходившую из Риги. Как «Лиса» фигурировала еще одна рижанка (1943 г.р.) – контрабандистка и владелица пип-шоу26 . Наряду со «Змеей» и «Лисой», рижское «криминальное трио» образовывала «Лама» (1947 г.р.). История «Ламы» отобража-

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HA II/AG Ausländer: Bericht über das dritte Gespräch mit einer UdSSR-Bürgerin (26. Aug. 1980). BStU. MfS. HA II. Nr. 27487. Fol. 7–16, здесь 15; HA II: Zur «Russischen Mafia» (19. Mai 1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 84, 85. HA II/AG Ausländer: Bericht zum Kontaktgespräch mit einer UdSSR-Bürgerin (20. Aug. 1980). BStU. MfS. HA II. Nr. 27487. Fol. 4–6, здесь 4; HA II: Zur Auswanderung jüdischer Bürger aus der UdSSR und ihren Konzentrationen in der BRD und Westberlin (18. Mai 1983); Erkannte Lieferanten; Zur «Russischen Mafia» (19. Mai 1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 30, 31, 81–85; Informationen zu den Personen» «Fuchs» und «Schlange» (29. Aug. 1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 28660. Fol. 55–57. HA II: Zur «Russischen Mafia» (19. Mai 1983). HA II/AG Ausländer: Operative Erfordernisse im Rahmen der vereinbarten Zusammenarbeit mit der II. Hauptverwaltung des KfS (Anlage) (25. Feb. 1986); Information/Anfrage zu aktuellen Erfordernissen der Entwicklung/Weiterführung gemeinsamer politisch‐operativer Prozesse zur Bekämpfung des Mißbrauchs operativ‐bedeutsamer Rückverbindungen ehemaliger UdSSR-Bürger jüdischer Nationalität in der BRD und WB durch Geheimdienste Israels und imperial. Staaten (25. Feb. 1986); Information (19. Apr. 1986); Ergebnisse der Beratungen mit der 14. Abteilung der II. HV des KfS zu geplanten OK/Blickfeldmaßnahmen über den IMB «Anna» (21. Apr. 1986); Ergebnisse der Beratungen mit der 14. Abteilung der II.HV des KfS zu geplanten OK/Blickfeldmaßnahmen über den IMB «Anna» (21. Mai 1986). BStU. MfS. HA II. Nr. 29485. Fol. 1–8. HA II/AG Ausländer: Information Nr. 145/83 zu den Personen «Fuchs» und «Schlange» (29. Aug. 1983).

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ет полные опасности жизненные траектории советских евреев в Западном Берлине и поэтому заслуживает более подробного рассмотрения. В отчетах КГБ и Штази «Лама» фигурирует как опытная бизнесвумен, которая постигла секреты контрабандного промысла еще в Риге. В 1973 г. она покинула этот латышский город-порт, так любимый среди советских контрабандистов, и эмигрировала в Израиль. Вскоре после этого «Лама» вынырнула в Западном Берлине, вышла замуж за известного здесь деятеля секс‐индустрии, польско‐еврейского бизнесмена и функционера правой израильской партии «Херут» (1923 г.р.), развернула свое собственное дело по контрабанде товаров между Востоком и Западом, для чего четыре раза беспрепятственно посещала Советский Союз. Только в 1981 г. органы власти отказали ей во въезде в СССР. По причине ее неоднократных поездок в Советский Союз и контактов с советскими дипломатами, «Лама» приобрела в еврейско‐советской общине Западного Берлина сомнительную славу потенциального «агента КГБ». Одновременно она якобы попала в поле зрения Моссада, сотрудники которого пытались ее завербовать, используя «компрометирующие материалы»27 . Была ли история «рижского трио» действительно типичной для еврейско‐советской общины Западного Берлина, как предполагает нарратив Штази и КГБ? Публикации в западногерманских СМИ и воспоминания современников подтверждают, что некоторые бывшие советские евреи действительно были вовлечены в контрабанду и имели дела с организованной преступностью28 . Однако отождествление «русской мафии» и еврейско‐советской общины, которое фактически осуществлялось КГБ и Штази, следует подвергнуть сомнению. Чекисты, которые главным образом концентрировались на «преступниках» и «агентах Моссада» и мыслили категориями «холодной войны», оставляли, как правило, без внимания ни в чем не замешанных и незаметных иммигрантов.

ГДР как «трамплин на Запад» В ходе наблюдения за еврейско‐советской общиной Западного Берлина сотрудники Штази и КГБ выявили контакты иммигрантов с ГДР. В первой половине 1980‑х годов у служб госбезопасности Москвы, Восточного Берлина и Праги сформировалось убеждение в том, что советские граждане (в первую очередь еврейского происхождения) используют ГДР как «трамплин на Запад». И действительно, за период между 1975 и 1986 гг. из ГДР в ФРГ выехали 1.134 советских гражданина, проживавших в ГДР. Еще 44 человека переселились во Францию, Швецию и США. Для сравнения: в

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HA II: Information zur Person «Lama» (1983). BStU. MfS. HA II. Nr. 28660. Fol. 59, 60. Duwidowitsch L., Dietzel V. Russisch‐jüdisches Roulette. S. 93; Gilbert J.E. Ich musste mich vom Hass befreien: Eine Jüdin emigriert nach Deutschland. Bern, 1989. S. 199–200. В феврале 1984 г. западноберлинская газета «Der Tagesspiegel» сообщила о воре‐карманнике, «русском без гражданства» Юрии Гельфельде. BStU. MfS. HA II. Nr. 29515. Fol. 104.

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начале 1987 г. в ГДР официально проживали, наряду с советскими военнослужащими, 11.148 граждан СССР29 . В апреле 1983 г. забила тревогу чехословацкая служба госбезопасности. Она обратила внимание Штази на председателя еврейской общины Восточного Берлина Петера Кирхнера (Peter Kirchner), который якобы получил от Всемирной сионистской организации указание, заняться организацией фиктивных браков между советскими и восточно‐немецкими евреями с последующим переселением «супругов» в ГДР. Для таких «супружеских пар» ГДР рассматривалась как промежуточная станция на пути через Западный Берлин в Израиль30 . Указание пражских чекистов на врача‐невролога и психиатра Кирхнера вызывает удивление: в Праге должны были знать (или по меньшей мере подозревать), что органы Штази уже давно взяли «под крыло» высокопоставленного еврейского функционера, который с 1977 г. являлся «неофициальным сотрудником» (IM), а с 1980 г. – «неофициальным сотрудником по разработке лиц, находящихся под подозрением в непосредственной связи с врагом» (IMB, Inoffizieller Mitarbeiter der Abwehr mit Feindverbindung) под кличкой «Бург»31 . Как и в случае с сообщением о встрече Йосефа и Рейгана, эта информация из Праги также, по всей вероятности, была ложной: в начале 1980‑х годов в ГДР не заключались браки между восточногерманскими и советскими евреями, более того, такие браки даже не планировались32 . Однако поскольку Москва также едва ли верила в возможность «настоящей любви» между восточными немцами и советскими гражданами (в первую очередь евреями),33 министерство Штази должно было сфокусироваться на тщательной проверке советских граждан, проживающих в ГДР, при этом приоритетное внимание было направлено на лиц еврейского происхождения34 . Самыми важными фигурами на еврейско‐советской «сцене» в ГДР чекисты расценивали в середине 1980‑х годов инженера‐электротехника, выходца из Одессы (1947 г.р.), проживавшего в Берлин‐Фридрихсхайн, а также бывшего москвича и музыканта государственной балетной школы, жителя Берлин-Митте (1952 г.р.). Музыкант, который иммигрировал в ГДР в 1981 г. к своей матери в рамках воссоедине29

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HA II/AG Ausländer: Bericht zu Arbeitsberatungen mit Dienststellen des KfS der UdSSR (11. – 13. März 1987 Moskau) (17. März 1987); Analyse zum Aufenthalt von UdSSR-Bürgern sowie ehemaligen SU-Bürgern in der DDR (15. Apr. 1987). BStU. MfS. HA II. Nr. 29485. Fol. 45–57. Abteilung X: Information der Sicherheitsorgane der ČSSR über die Aktivitäten der Zionistischen Weltorganisation zur Verstärkung der Übersiedlung der Juden aus den sozialistischen Staaten nach Israel (25. Apr. 1983). Wolffsohn M. Die Deutschland‐Akte: Juden und Deutsche in Ost und West: Tatsachen und Legenden. München, 1995. S. 96–98. HA XX/4: Über fiktive Eheschließungen zwischen Juden aus der UdSSR und der DDR: Schreiben der Sicherheitsorgane der UdSSR Nr. 855/83 (5. Sept. 1983). BStU. MfS. HA XX/4. Nr. 499. Fol. 54. Schreiben der Sicherheitsorgane der UdSSR Nr. 855/83 (Juni 1983). BStU, MfS. HA XX/4. Nr. 499. Fol. 55. HA II/AG Ausländer: Vorschlag zu Inhalt und Zielen der Arbeitsberatung mit der 3. Abteilung der II. Hauptabteilung des KfS am 13. Mai 1987 (6. Mai 1987); Konzeption für Gespräch mit der Hauptverwaltung II/Abteilung 3 des KfS der UdSSR während des Aufenthalts der Delegation am 12. Mai 1987 in Berlin (5. Mai 1987). BStU. MfS. HA II. Nr. 29485. Fol. 68–72, 74, 77–79.

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ния семьи, часто принимал у себя в качестве гостей евреев из СССР и расценивался восточногерманскими чекистами как умелый «сетевик» с «деловыми связями», простирающимися вплоть до Западного Берлина. В случае с инженером сотрудники Штази полагали, что имеют дело с опытным контрабандистом, связанным с «преступным миром» Западного Берлина и советскими гражданами в Восточном Берлине, который, по всей вероятности, был также женат фиктивным браком. Брак, который инженер и его невеста из Восточной Германии заключили в 1974 г. на Украине, выглядел в глазах Штази подозрительным, поскольку супружеская пара, обосновавшись в ГДР в 1975 г., развелась уже спустя два года. То обстоятельство, что украинский инженер критически оценивал ситуацию в ГДР, а в 1984 г. сочетался браком с женщиной на 12 лет его моложе, жительницей Риги, этой цитадели контрабандистов, и добивался переселения своей новой жены в ГДР, делало инженера еще более подозрительной персоной в глазах Штази. Как музыкант, так и режиссер расценивались чекистами как лица, настроенные антисоветски, с прозападной ориентацией. В то время как музыкант был известен Штази в качестве бывшего секретного сотрудника КГБ, инженер отвергал сотрудничество со Штази, хотя ему и предлагали привлекательное место работы, к которому он стремился сам, учитывая его «контрабандистские гешефты» – гидом в восточногерманском туристическом агентстве, – угрожая в случае отказа серьезными последствиями35 . В случае с вербовкой вышеупомянутого инженера сотрудники Штази так и не добились успеха. Что же касается ряда других советских евреев, проживавших в ГДР, то здесь на долю чекистов выпало больше удачи: так, мать двоих детей, родом из Риги, которую органы Штази привлекли к сотрудничеству, обещая устроить ее визит в Израиль и гостевую поездку ее родителей из Израиля в ГДР, информировала Штази об известных ей «преступных действиях» советских евреев из Западного Берлина36 . От этого усердного агента (KP) по кличке «Ирина» министерство Штази получило в 1981 г. информацию о еврейке 1927 г.р., проживавшей в Москве и получавшей пенсию по инвалидности, которая хотела эмигрировать к своей племяннице в Брюссель. Для этого женщина планировала заключить фиктивный брак с западным партнером. Детали своего плана тетя и племянница намечали обсудить во время своей встречи в ГДР37 . Тот пыл, с которым «Ирина» поставляла информацию чекистам, возможно объясняется ее сложной жизненной ситуацией: из-за тяжелого сердечного заболевания ее муж зависел от лечения в ГДР. В августе 1980 г. она заявила сотрудникам Штази, что 35

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KD Schwedt: Operativinformation über operativ‐relevante Verhaltensweisen von Bürgern der UdSSR, die sich auf der Grundlage von AEFA in der DDR aufhalten (4. Dez. 1985); Abteilung II der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin: Auskunftsbericht (18. Apr. 1986); HA II/AG Ausländer: Auskunftsbericht (18. Apr. 1986); HA VII/Abteilung 13. Auskunftsbericht (18. Apr. 1986) // BStU. MfS. HA II. Nr. 31851. Fol. 2–36. HA II/AG Ausländer: Bericht zum Kontaktgespräch mit einer UdSSR-Bürgerin (20. Aug. 1980). BStU. MfS. HA II. Nr. 24787. Fol. 4–6. HA II/AG Ausländer: Berichte (24. Nov., 1. Dez., 2. Dez. 1980, 18. März 1981). BStU. MfS. HA II. Nr. 27487. Fol. 18, 161, 162, 182, 199, 200, 231, 232, 281, 282.

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ее родители в скором времени эмигрируют из СССР в Израиль. В марте 1981 г. родители «Ирины» действительно прилетели в Вену, и, как и многие другие советские евреи, предпочли бы не ехать дальше в Израиль, а поселиться в Западном Берлине, вблизи от дочери38 . Не исключено, что «Ирина» рассчитывала на помощь всесильной службы Штази в деле переселения ее родителей в Западный Берлин и организации встреч с ними в городе, надвое разделенном стеной.

Советские писатели о евреях‐эмигрантах в Западном Берлине: Цезарь Солодарь В своих усилиях, убедить еврейское население в СССР остаться в стране, советские писатели нередко выбирали темой описание драматического социального и духовного упадка эмигрантов в «капиталистическом зарубежье» и подчеркивали, что многие из эмигрантов, одурманенных «сионистской пропагандой», протрезвеют, столкнувшись с «капиталистической реальностью», глубоко раскаются в своем шаге и будут стремиться вернуться в СССР39 . В качестве типичного примера советской пропаганды такого рода можно расценивать сочинение советского философа Анатолия Широкова, опубликованное в 1986 г. в украинском Днепропетровске. Автор в том числе описывает судьбу инженера Виктора Борисовича Круля, эмигрировавшего в 1971 г. в Израиль и сумевшего продержаться в этой «ужасной стране» только три года, после чего тот «сбежал» в ФРГ, где зарабатывал себе на жизнь, работая слесарем, грузчиком, монтером и электриком. Став безработным, Круль искал свое счастья в Австралии, откуда в надежде на лучшую жизнь снова вернулся в Германию, а из Германии – обратно в Австралию. Уставший от «бедственной жизни» на Западе, Круль в конечном итоге принял решение вернуться в СССР40 . Широков и его коллеги по писательскому цеху, занимавшиеся эмигрантской темой, в первую очередь концентрировались на Израиле и США. ФРГ и другие западноевропейские страны упоминались в этом контексте скорее реже41 . Исключение составляет писатель еврейского происхождения Цезарь Солодарь (1909–1992). Солодарь, один из наиболее важных авторов‐антисионистов СССР, посетил в 1970‑е – 1980‑е годы Западный Берлин, Вену и другие европейские метрополии. Результатом этих поездок стали памфлеты, в которых он рассуждал по поводу «драматической» жизни еврейских эмигрантов на Западе. Сравнительный анализ его подробных сообщений о советских евреях в Западном Берлине и материалов соответствующих дел

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HA II/AG Ausländer: Bericht zu den Eltern der KP «Irina» – z. Z. in Wien aufhältig (18. März 1981). BStU. MfS. HA II. Nr. 27487. Fol. 353, 354. См. на эту тему: Friedman A. «Ich vermisse den KGB»: Jüdisch‐sowjetische Emigranten in den USA im Spiegel des sowjetischen Fernsehens // Migration und Film (= IMIS-Beiträge 46/2015) / Ch. Rass, M. Ulz (Hrsg.). Osnabrück, 2015. S. 51–75. Широков А.И. Фарисеи и диверсанты: Сионизм: идеология и политика антикоммунизма. Днепропетровск, 1986. С. 117. Friedman A. «Ich vermisse den KGB».

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Александр Фридман

КГБ и Штази дают основание предполагать, что КГБ, с которым Солодарь сотрудничал42 , снабжал писателя информацией. Еврейское сообщество выходцев из СССР, которое и так предстает на страницах документов Штази в неприглядном виде, Солодарь изображает в еще более темных красках. Писатель описывает бывших советских евреев и евреек как людей, стоящих на краю пропасти, подверженных «сионистскому перевоспитанию», в то время как еврейско‐советская община в значительной мере состоит из проституток, алкоголиков, наркоманов и аморальных проходимцев. Солодарь распространял теорию заговора, согласно которой Моссад, ЦРУ и прочие западные спецслужбы намеренно селят в Западном Берлине – этом «копье в теле ГДР» – настроенных радикально антисоветски евреев из СССР с целью внедрить их в предприятия, институты и организации, поддерживающие связи с Восточной Европой, а также чтобы «клеветать» на СССР в западной прессе. В то время как Штази и КГБ своими описаниями контрабандных операций между Востоком и Западом косвенно подтверждали экономическое превосходство западного общества потребления, Солодарь искаженно представлял контрабанду как дорогу с односторонним движением с Востока на Запад, «перековав» ее в знак экономического успеха Восточной Германии: высококачественные и дешевые товары из ГДР пользуются спросом на Западе и поэтому являются предметом контрабанды. Кроме того, Солодарь использовал еврейскую трагедию Второй мировой войны, чтобы обрушиться с обвинениями в адрес «предателей» из Западного Берлина, позабывших историю: с моральным правом человека, пережившего Холокост и потерявшего свою мать, погибшую в Виннице осенью 1941 г., Солодарь с чувством глубоко отвращения указывает на своих бывших земляков, которые, будучи евреями, желали выехать в Израиль, однако после того, как оказались в Австрии или Италии, вдруг заявили о своих якобы немецких корнях и, снабдившись фальшивыми документами, поселились в антисемитском и «неофашистском» Западном Берлине. Не менее негативно оценивались Солодарем бывшие советские евреи, которые, как и Виктор Круль из Днепропетровска, «бежали» в ФРГ и Западный Берлин (например, из страха перед военной службой в израильской армии)43 . Хотя публикации Солодаря изобилуют искажениями и полуправдой, его строки о советских евреях, выдававших себя за немцев, не являются изобретением антисионистской пропаганды: действительно, в середине 1970‑х годов около 180 евреев‐эмигрантов считались в Западном Берлине «лицами немецкой национальности, подвергшимися изгнанию»44 .

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Хинштейн А. Член Политбюро Виктор Чебриков: «Я не мог отказать Брежневу» // Московский комсомолец. 23 дек. 1998. С. 6. Солодарь Ц.С. Темная завеса. 3‑е. изд. М., 1987. С. 39–109; Солодарь Ц.С. Дикая полынь. M., 1986. С. 91, 469. Runge I. Vom Kommen und Bleiben. S. 29.

Западный Берлин как «тайный фаворит для евреев-эмигрантов»:

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Перспективы В 1990 г. на экраны вышел советско‐французско‐израильско‐австрийский фильм «Паспорт» режиссера Георгия Данелии. В центре этой трагикомедии – драматическая история грузинского таксиста Мераба Папашвили, который в 1987 г. в результате недоразумения вместо своего старшего единокровного брата-еврея покидает СССР как «еврейский эмигрант». Мераб летит через Вену в Израиль, там его принимают за «агента КГБ» и только после трех долгих лет скитаний ему удается вернуться в Грузию45 . Фильм Данелии воссоздает разные тенденции и особенности, которые стали темой настоящей статьи: здесь и еврейские эмигранты, которые не хотят лететь из Вены в Израиль, и сомнительные персонажи еврейско‐советского социального дна, и африканцы, втянутые в контрабандный бизнес. Фильм также отражает дух перестроечного времени, для которого были характерными постепенный отказ от запретительной эмиграционной политики и улучшение советско‐израильских отношений. Руководители ГДР во второй половине 1980‑х годов также сделали ставку на сближение с Израилем, причем – предполагая решающее влияние «еврейско‐израильского» лобби на политику США – они видели в этом шанс на улучшение отношений с США46 . В этих обстоятельствах КГБ и Штази шаг за шагом утрачивали интерес к еврейско‐советской общине Западного Берлина. Благодаря поддержке еврейской общины Западного Берлина и, в первую очередь, усилиям ее председателя Галинского, еврейско‐советская община последовательно росла все 1970‑е – 1980‑е годы. Без представлений Галинского о необходимости обновления еврейской общины ФРГ, еврейская эмиграция в Западный Берлин и прием «еврейских контингентных беженцев» из бывшего СССР после краха коммунистической системы никогда не имели бы места. Советские евреи, которые находили Западный Берлин привлекательным в первую очередь исходя из экономических и географических соображений, не убоялись ни мрачной истории национал‐социалистического геноцида евреев, ни негативной информации, распространявшейся в странах Восточной Европы. В материалах социалистических спецслужб и в советской антисионистской пропаганде их расценивали как «фактор риска» для СССР и ГДР и клеймили как группу мерзких преступников, контрабандистов и агентов Моссада. Хотя документы спецслужб полны антисемитских клише, стереотипов и предрассудков, хотя на них наложил сильный отпечаток образ врага времен «холодной войны», а факты зачастую искажены и тенденциозно представлены, они, тем не менее, дают возможность бросить взгляд на внутреннюю жизнь советских евреев в Западном Берлине.

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Friedman A. Georgische Juden im Gelobten Land. S. 213–225. Meining S. Unerfüllte Träume. Erich Honecker, die jüdische Wiedergutmachungsfrage und die USA // Umworbener Klassenfeind: Das Verhältnis der DDR zu den USA / U. A. Balbier, Ch. Rösch (Hrsg). Berlin, 2006. S. 59–76.

Авторы настоящего тома Игорь Баринов, к.и.н., старший научный сотрудник Отдела восточного славянства Института славяноведения Российской академии наук, Москва Нина Вашкау, д.и.н., профессор Липецкого государственного педагогического университета им. П.П. Семенова-Тян-Шанского Д-р Лилия Ведель, научный сотрудник Отдела Восточной Европы факультета истории, философии и теологии Билефельдского университета Д-р Юлия фон Зааль, научный сотрудник Института современной истории Мюнхен – Берлин, Мюнхен Д-р Ангелика Кёнигседер, Центр исследований антисемитизма при Берлинском Техническом университете Наталия Копча, докторантка, Фрайбургский университет им. Альберта и Людвига Леонтий Ланник, к.и.н., старший научный сотрудник Института всеобщей истории Российской академии наук (ИВИ РАН), Москва Д-р Андреас Малыха, научный сотрудник Берлинского отделения Института современной истории Мюнхен – Берлин, Берлин Д-р, проф. Тилль фан Раден, доцент в Université de Montréal, Département de littératures et de langues du monde, Монреаль Алексей Сорокин, к.и.н., доцент исторического факультета Омского государственного университета им. Ф.М. Достоевского Кристина Танис, к.культ.н., младший научный сотрудник Национального исследовательского университета «Высшая школа экономики», Москва Наталья Тимофеева, к.и.н., руководитель Научно-образовательного центра устной истории Воронежского института высоких технологий Д-р Алексей Тихомиров, научный сотрудник факультета истории, философии и теологии Билефельдского университета Д-р, проф. Стефан Трёбст, профессор истории культуры Восточной Европы в Институте глобальных и европейских исследований Лейпцигского университета, заместитель директора Института истории и культуры Восточной Европы им. Г.-В. Лейбница (GWZO), Лейпциг Надежда Фихтнер, докторантка, Университет города Кассель Д-р, проф. Беате Физелер, заведующая кафедрой истории и культур Восточной Европы Дюссельдорфского университета им. Генриха Гейне

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Авторы настоящего тома

Д-р Александр Фридман, исследователь в проекте «Отображая архипелаг утерянных городов. Урбанистические лакуны в польско‐белорусско‐украинском приграничье после Холокоста» (Центр антропологических исследований музеев и наследия Института европейской этнологии Берлинского университета имени Гумбольдтов) Приват‐доцент д-р Андреас Хильгер, Заместитель директора Германского исторического института в Москве Василий Христофоров, д.ю.н., проф., главный научный сотрудник Института российской истории Российской академии наук (ИРИ РАН), Москва Приват‐доцент д-р Томас Шлеммер, научный сотрудник Института современной истории Мюнхен – Берлин, Мюнхен, главный редактор ежеквартального журнала „Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte“

Контакты Сопредседатель Совместной комиссии с российской стороны Академик РАН, д.и.н., проф. Александр Чубарьян Российская академия наук Институт всеобщей истории Ленинский проспект 32а 119334 Москва Электронная почта: [email protected] Веб-сайт: www.igh.ru Сопредседатель Совместной комиссии с германской стороны (до 1.10.2020 г.) д-р, проф. Андреас Виршинг Контакт: Institut für Zeitgeschichte München – Berlin Leonrodstraße 46b 80636 München Электронная почта: [email protected] Веб-сайт: www.ifz-muenchen.de Секретариат российской части Совместной комиссии в Российской Академии Наук к.и.н. Виктор Ищенко Ленинский проспект 32а 119334 Москва Электронная почта: [email protected] Секретариат германской части Совместной комиссии Уполномоченная Федерального правительства по делам культуры и средств массовой информации Реферат K 43 (архивное и библиотечное дело) Graurheindorfer Straße 198 53117 Бонн Электронная почта: [email protected] Веб-сайт: www.kulturstaatsministerin.de Подробную информацию о составе и работе Комиссии можно найти на веб-сайте www.rossijsko-germanskaja-komissija-istorikov.ru