Mission und dekoloniale Perspektive: Der Erste Weltkrieg als Auslöser eines globalen Prozesses 351512070X, 9783515120708

Der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 war nicht nur ein globales Ereignis aus militärhistorischer Perspektive, sondern h

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INHALTSVERZEICHNIS
(Ulrich van der Heyden/Helge Wendt)
Mission und dekoloniale Perspektive: Der Erste Weltkrieg als Auslöser eines
globalen Prozesses
DER ERSTE WELTKRIEG ALS TEIL EINER LANGEN ÜBERGANGSZEIT
(Andreas Feldtkeller)
Dekoloniale Perspektiven unter kolonialen Verhältnissen? Impulse aus
Religionsgemeinschaften
(Vincent Pascal Gucha)
A Profile of the German Orient Missionaries in Northwest Persia, Urmia, and
Khoi Orphanages, 1897–1914
(Francisca Selvanayagam) Contributions of Christian Missionaries to the Social Transmission in Tinnevelly and Palayamkottai before and after World War I
(Helge Wendt)
Three steps into an independent catholic church organization in South Sudan:
Decoloniality in a colonial environment (1848–1974)
POLITIK, KRIEG UND DER FRIEDEN VON VERSAILLES
(Jules Kouassi Adja) Versailles und der deutsche Kolonialkomplex
(Hans Heese)
The Berlin Mission Society and the Great War: Missionaries, Politics, and
Colonial Identities in South East Africa, 1914–1918
(Harald Sippel)
Der Beitrag des Friedensvertrags von Versailles zur Dekolonisation am
Beispiel deutscher christlicher Missionen
(Martin Tamcke)
Der Völkermord an den Suryoye im Iran während des Ersten Weltkrieges in
den Akten der Hermannsburger Mission
VERÄNDERTE SICHTWEISEN AUF MISSION DURCH DEN WELTKRIEG
(Ullrich Relebogilwe Kleinhempel)
Die Inversion der europäischen Perspektive
(Klaus Koschorke)
„Isn’t Germany a Christian country?“ Der Erste Weltkrieg als moralische
Katastrophe und Ende des Christianity-Civilization-Modells in den Debatten
asiatischer und afrikanischer Christen
(Gabriel K. Nzalayaimisi)
In praise of the African Berliners: Some reflections on World War I in the
Berlin Mission Society fields in Tanzania up to 1939
(Gunther Pakendorf)
Die christliche Mission und der Untergang des Abendlandes
DIE VERÄNDERUNG VON INSTITUTIONEN UND STRUKTUREN
(Joseph Bosco Bangura)
Sierra Leone's Native Pastorate, The First World War, and the Realignment
of Missions in West Africa
(Ulrich van der Heyden)
Politische und religiöse Voraussetzungen für die Dynamisierung der
Emanzipationsbestreibungen Afrikanischer Unabhängiger Kirchen in
Südafrika nach dem Ersten Weltkrieg
(Frieder Ludwig)
Die Bedeutung des Ersten Weltkrieges für die kirchliche
Unabhängigkeitsbewegung in Afrika
(Jayabalan Murthy)
The First World War and its Impact on Lutheran mission societies in India
(Blateiskhem L. Nongbri)
The First World War and its Impact upon the Development of
Christian Missions in North East India
(Christian Pohl)
Der Beitrag einheimischer Mitarbeitender zu den Anfängen der Kirche in
Tanga und im Digoland (Tansania) – mit besonderer Bezugnahme auf die
Auswirkungen des Ersten Weltkrieges
(Gilbert Dotsé Yigbe)
Zwischen Autonomie, AutochtHonie und politischem Trotz: Die Entwicklung
einer selbstständigen evangelischen Ewe-Kirche nach dem Ersten Weltkrieg
AUSWIRKUNGEN DES KRIEGS AUF INDIVIDUEN
(Kodzo Abotsi) Vom Gehilfen zum Präses: Pastor Andreas Aku im Dienst der Bremer Mission im Ewe-Land
(C. S. Mohanavelu)
German Missionary H. W. Schomerus: Trendsetter or “Salt Betrayer”
(Adjaï Paulin Oloukpona-Yinnon)
Der schicksalhafte Lebensweg des Martin Aku (1913–1970)
(Jakob Zollmann)
Becoming a Christian, becoming a Troublemaker: The Rise and Fall of
Franz ǀHoesemab of Windhoek, 1893 to 1933
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Mission und dekoloniale Perspektive Der Erste Weltkrieg als Auslöser eines globalen Prozesses

Herausgegeben von Ulrich van der Heyden und Helge Wendt

Geschichte Franz Steiner Verlag

Missionsgeschichtliches Archiv | 30

Missionsgeschichtliches Archiv Studien der Berliner Gesellschaft für Missionsgeschichte Herausgegeben im Auftrag des Vorstandes von Andreas Feldtkeller, Irving Hexham, Ulrich van der Heyden, Klaus Hock und Gunther Pakendorf Band 30

Mission und dekoloniale Perspektive Der Erste Weltkrieg als Auslöser eines globalen Prozesses

Herausgegeben von Ulrich van der Heyden und Helge Wendt

Franz Steiner Verlag

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Einstein-Stiftung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2020 Druck: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-12070-8 (Print) ISBN 978-3-515-12072-2 (E-Book)

INHALTSVERZEICHNIS Ulrich van der Heyden/Helge Wendt Mission und dekoloniale Perspektive: Der Erste Weltkrieg als Auslöser eines globalen Prozesses ................................................................................................... 9 DER ERSTE WELTKRIEG ALS TEIL EINER LANGEN ÜBERGANGSZEIT Andreas Feldtkeller Dekoloniale Perspektiven unter kolonialen Verhältnissen? Impulse aus Religionsgemeinschaften ....................................................................................... 19 Vincent Pascal Gucha A Profile of the German Orient Missionaries in Northwest Persia, Urmia, and Khoi Orphanages, 1897–1914 ............................................................................... 29 Francisca Selvanayagam Contributions of Christian Missionaries to the Social Transmission in Tinnevelly and Palayamkottai before and after World War I ................................ 43 Helge Wendt Three steps into an independent catholic church organization in South Sudan: Decoloniality in a colonial environment (1848–1974) .......................................... 53 POLITIK, KRIEG UND DER FRIEDEN VON VERSAILLES Jules Kouassi Adja Versailles und der deutsche Kolonialkomplex ...................................................... 65 Hans Heese The Berlin Mission Society and the Great War: Missionaries, Politics, and Colonial Identities in South East Africa, 1914–1918 ............................................ 75

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Inhaltsverzeichnis

Harald Sippel Der Beitrag des Friedensvertrags von Versailles zur Dekolonisation am Beispiel deutscher christlicher Missionen ............................................................. 89 Martin Tamcke Der Völkermord an den Suryoye im Iran während des Ersten Weltkrieges in den Akten der Hermannsburger Mission ............................................................. 105 VERÄNDERTE SICHTWEISEN AUF MISSION DURCH DEN WELTKRIEG Ullrich Relebogilwe Kleinhempel Die Inversion der europäischen Perspektive ........................................................ 113 Klaus Koschorke „Isn’t Germany a Christian country?“ Der Erste Weltkrieg als moralische Katastrophe und Ende des Christianity-Civilization-Modells in den Debatten asiatischer und afrikanischer Christen ................................................................. 123 Gabriel K. Nzalayaimisi In praise of the African Berliners: Some reflections on World War I in the Berlin Mission Society fields in Tanzania up to 1939 ......................................... 143 Gunther Pakendorf Die christliche Mission und der Untergang des Abendlandes ............................. 155 DIE VERÄNDERUNG VON INSTITUTIONEN UND STRUKTUREN Joseph Bosco Bangura Sierra Leone's Native Pastorate, The First World War, and the Realignment of Missions in West Africa .................................................................................. 169 Ulrich van der Heyden Politische und religiöse Voraussetzungen für die Dynamisierung der Emanzipationsbestreibungen Afrikanischer Unabhängiger Kirchen in Südafrika nach dem Ersten Weltkrieg ................................................................. 181

Inhaltsverzeichnis

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Frieder Ludwig Die Bedeutung des Ersten Weltkrieges für die kirchliche Unabhängigkeitsbewegung in Afrika .................................................................. 199 Jayabalan Murthy The First World War and its Impact on Lutheran mission societies in India ...... 215 Blateiskhem L. Nongbri The First World War and its Impact upon the Development of Christian Missions in North East India ................................................................ 235 Christian Pohl Der Beitrag einheimischer Mitarbeitender zu den Anfängen der Kirche in Tanga und im Digoland (Tansania) – mit besonderer Bezugnahme auf die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges ................................................................ 249 Gilbert Dotsé Yigbe Zwischen Autonomie, AutochtHonie und politischem Trotz: Die Entwicklung einer selbstständigen evangelischen Ewe-Kirche nach dem Ersten Weltkrieg ..... 265 AUSWIRKUNGEN DES KRIEGS AUF INDIVIDUEN Kodzo Abotsi Vom Gehilfen zum Präses: Pastor Andreas Aku im Dienst der Bremer Mission im Ewe-Land .......................................................................................... 273 C. S. Mohanavelu German Missionary H. W. Schomerus: Trendsetter or “Salt Betrayer” .............. 285 Adjaï Paulin Oloukpona-Yinnon Der schicksalhafte Lebensweg des Martin Aku (1913–1970) ............................. 293 Jakob Zollmann Becoming a Christian, becoming a Troublemaker: The Rise and Fall of Franz ǀHoesemab of Windhoek, 1893 to 1933.................................................... 307 Autorenverzeichnis .............................................................................................. 323

MISSION UND DEKOLONIALE PERSPEKTIVE. DER ERSTE WELTKRIEG ALS AUSLÖSER EINES GLOBALEN PROZESSES Ulrich van der Heyden/Helge Wendt DER ERSTE WELTKRIEG, KOLONIALISMUS UND MISSION Der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 war nicht nur ein globales Ereignis aus militärhistorischer Perspektive, sondern er hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die protestantischen und katholischen Missionsgesellschaften in den Kolonien in Afrika und auf dem indischen Subkontinent. Führte bislang zumeist noch europäisches Personal diese Missionskirchen, verstärkte sich mit dem Weltkrieg vielerorts eine Entwicklung, in der „Einheimische“ verantwortungsvolle Positionen übernahmen. Einher ging dieser Prozess mit einer „Nationalisierung“ von Kirchenorganisationen und einer Verselbstständigung der Missionsgebiete. Gleichzeitig zu dieser diversifizierenden Entwicklung der verschiedenen christlichen Missionsunternehmungen traten verstärkt nicht-christliche Missionsinitiativen in den von Europäern kolonisierten Regionen auf. Der Erste Weltkrieg wurde anlässlich der neu perspektivierenden Erinnerungsarbeit im Zuge des Einhundertjahrgedenkens stärker als bisher als welthistorischer Einschnitt begriffen. Im Zuge der globalhistorischen Debatten der vergangenen Jahrzehnte konnte die Rolle dieses Krieges auch für andere Weltregionen nachvollzogen werden. 1 Hatten der Ausgang des Krieges und mit ihm der Versailler Vertrag erhebliche Auswirkungen auf das Deutsche Reich und seine Kolonien, die verlustig gingen, so konnte in den Forschungen der letzten Jahrzehnte vielfältig nachvollzogen werden, dass auch in einigen derjenigen Kolonialgebiete, die formell nach dem Krieg weiterhin derselben Kolonialmacht angehörten, sich neue Konstellationen entwickelten. Die Sichtweise ist weitgehend neu. Denn bislang überwogen in der Weltkriegsforschung die Sichten auf die Kriegshandlungen auf dem europäischen Kontinent und im westlichen Asien. Kaum fanden die anderen außereuropäischen Regionen Berücksichtigung. Wie in der Militär- und politischen Geschichte blieben diese, oftmals als Peripherie bezeichnet, in der Geschichtsbetrachtung tatsächlich peripher. Die vier Jahre Krieg, die Konzentration von Mitteln und Personal auf die Handlungen auf den Kriegsschauplätzen und die veränderten Verwaltungsstrukturen 1

Als Beispiel wäre hier nur auf die wenig beachtete Rolle Lateinamerikas zu verweisen. Vgl. Rinke, Stefan: Im Sog der Katastrophe. Lateinamerika und der Erste Weltkrieg, Frankfurt am Main 2015.

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Ulrich van der Heyden/Helge Wendt

konnten zwei Auswirkungen haben: Einmal erfolgte teilweise eine damit einhergehende Lockerung des Zugriffs auf die Kolonien. So erhielten oder erstritten die neuen Eliten einen größeren Entfaltungs-, Handlungs- und Verantwortungsraum. Die dortigen neuen Führungsgruppen rekrutierten sich aus den Bevölkerungsteilen der Kolonien, die schon zuvor stärker in koloniale Hierarchien eingebunden waren. Andererseits wuchs in vielen Teilen der von europäischen Mächten kolonisierten Welt der Druck auf Teile der Bevölkerung. Sie sollten höhere Abgaben leisten, verstärkt einer Kriegswirtschaft zuarbeitend produzieren und sie mussten Soldaten stellen, die an den Fronten des europäischen Stellungskrieges eingesetzt wurden. Schon W. E. B. Du Bois hatte geschrieben (und der amerikanische Missionar James Dexter Taylor übernahm in seiner Nachbetrachtung dieses Statement), dass Afrika im Zentrum der europäischen Streitigkeiten stünde, die zum Krieg geführt hatten. 2 Aus heutiger Sicht würde es sicherlich nicht falsch sein zu behaupten, dass Machtfragen auf dem afrikanischen Kontinent auch zur Entwicklung hin zum Krieg beigetragen haben. In einigen der afrikanischen Kolonien führte der erhöhte Druck in der Vorbereitung und während des Kriegs zur Etablierung von Widerstandsbewegungen, die besonders in den Verwaltungsbezirken stark wurden und dort besonders brutal niedergeschlagen wurden, wo die jeweilige Kolonialmacht schon vor dem Krieg nur schwach präsent war. 3 Arbeitseinsätze und kriegsbedingte Hilfsdienste, die durchaus auch von Missionaren organisiert wurden, erhöhten neben den Rekrutierungskampagnen die Gefahr von Widerstandsbewegungen der betroffenen indigenen Bevölkerungsgruppen. Kriegsabgaben konnten ebenso dazu führen, dass die sozio-ökonomische Kohäsion in den Missionsdörfern abnahm. Die Erhöhung von Arbeitseinsätzen und Abgabenlast, das Fehlen von Arbeitskräften durch die Rekrutierungen und eine allgemeine Notlage in der Versorgung mit Lebensmitteln konnten wie im Falle der London Mission Society in Rhodesien dazu führen, dass Menschen die Missionsstationen verließen. 4 Krieg und Religion waren in allen europäischen Staaten während des Krieges zutiefst vermischt. Deutsche, Briten und zum Teil Franzosen verstanden den Kampf als Teil eines göttlichen Heilsplans, sodass auch einige Missionen zu diesem Zwecke mobilisiert werden konnten. Der Theologe Wilhelm Pressel hat die deutschen Kriegspredigten analysiert und kontextualisiert, wobei er herausarbeitete, dass verschiedene Prediger den christlichen Missionsauftrag einen als Teil der nationalen Aufgabe betrachteten. Andere verbreiteten in ihren Predigten die Ansicht, dass die Mission in den Kolonien durch den Krieg dauerhaft beschädigt war. 5

2 3 4 5

Vgl. Page, Melvin E.: Introduction. Black Men in a White Men’s War, in: ders./McKinlay, A. (Hrsg.). Africa and the First World War, London 1987, S. 1–27; hier 1. Vgl. Yorke, Edmund James: Britain, Northern Rhodesia and the First World War. Forgotten Colonial Crisis, Leiden 2014. Vgl. ebenda, S. 119–120. Vgl. Pressel, Wilhelm: Die Kriegspredigt 1914–1918 in der evangelischen Kirche Deutschlands. Göttingen 1967, S. 136–138; Strachan, Hew: The Outbreak of the First World War, Oxford 2004, S. 215.

Einleitung

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Die Verzahnung von Religion und Krieg oder von kolonialer Kriegswirtschaft und kolonialer Mission war keineswegs auf die deutschen Kolonien beschränkt. Beispielsweise beeinflussten in einigen Teilen der britischen Kolonien britische Missionare die der Mission nahestehende Bevölkerung dahingehend, aus Glaubensgründen das Kriegsengagement Großbritannien zu unterstützten. 6 Im Zuge des Krieges wurden auch die nationalen Gegensätze in der Missionsarbeit deutlich: Deutsche Missionare wurden durch die britischen Behörden festgesetzt und ausgewiesen. Das in Ostafrika entstandene Vakuum in der Missionsarbeit füllte dort unter anderem die Frauenorganisation der britischen Church Mission Society aus. 7 Der Erste Weltkrieg hatte fast überall zu tiefgreifenden Bevölkerungsverschiebungen geführt, weil Menschen vor Kriegshandlungen und vor deren Folgen flohen, sich Staatengrenzen in Europa änderten und weil Menschen aus den Kolonien in Europa eingesetzt wurden. Diese Soldaten aus den Kolonien führten zu interkulturellen Erfahrungen in der europäischen Provinz, die vorher so nicht möglich gewesen waren. 8 Aus Britisch-Indien wurden ungefähr 1,3 Millionen Soldaten rekrutiert 9 und über 150.000 von ihnen nach Europa zum Kämpfen entsandt. Aus Westafrika kamen über 130.000 Soldaten und aus dem Maghreb rund 270.000 Soldaten nach Europa. 10 Der Krieg hatte schon rein demographisch eine erhebliche Auswirkung auf die verschiedenen Kolonien. Viele von den Rekruten fielen in Europa oder auf anderen Kriegsschauplätzen. Von den Überlebenden blieben nicht wenige auch nach dem Krieg mobilisiert, die anderen entschieden sich, entweder in den „Metropolen“ zu bleiben oder wieder in ihre Heimatländer zurückzukehren. Jedoch erfuhren sie weder hier noch dort eine größere Anerkennung für die Zeit im Krieg, denn in den kolonialen Strukturen wurden die alten Hierarchien ungebrochen fortgesetzt. 11 Die Auswirkungen des Krieges und der Friedenschluss von Versailles von 1918 wirkten außerdem noch lange Zeit nach. Radhika Desai nennt es in Anlehnung an Edward H. Carr und Arno Mayer das „lange Ende“ des Ersten Weltkrieges. Viele der 1914 bestehenden Probleme dauerten sogar bis nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ungelöst an. Viele der internationalen politischen und ökonomischen Phänomene sind Teil einer beide Weltkriege umfassenden Krisenzeit. Radhika Desai nennt auch die Gründung der Sowjetunion als eines der globalhistorischen Ereignisse, die seit dem Ersten Weltkrieg den Unabhängigkeitsbewegungen in den 6

Vgl. Rengshwat, Jordan S.: Bewilderment. Speculations and Benefaction: African’s Interpretation of World War One in the Literature of the Sudan United Mission British Branch, in: Botchway, De-Valera NYM/Kwarteng, Kwame Osei: Africa and the First World War. Remembrance, Memories and Representations after 100 Years, Newcastle upon Tyne 2018, S. 52–61. 7 Vgl. Farwell, Byron: The Great War in Africa, 1914–1918, Harmondsworth 1987, S. 198. 8 Vgl. Liebau, Heike/Schmid, Larissa: Studying the First World War as a Moment of „Cultural Encounter”, in: Zentrum Moderner Orient Bulletin, Nr. 1, Berlin 2014, S. 2–3. 9 Vgl. Mycock, Andrew: The First World War Centenary in the UK: ‚A Truly National Commemoration‘?, in: The Round Table. The Commonwealth Journal of International Affairs, Nr. 2, Abingdon 2014, S. 153–163, DOI: 10.1080/00358533.2014.898489. 10 Vgl. Koller, Christian: Military Colonialism in France and in the British Empire, in: Dendooven, Dominiek/Chielens, Piet (Hrsg.): World War I. Five Continents in Flanders, Tielt 2008, S. 11– 21; Leonhard, Jörn: Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs, München 2014. 11 Vgl. Leonhard, Jörn: Die Büchse der Pandora…, a.a.O., S. 160.

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Ulrich van der Heyden/Helge Wendt

verschiedenen Kolonien eine neue Perspektive gab, die größtenteils erst (lange) nach 1945 eingelöst werden konnte. 12 Der Erste Weltkrieg war nicht alleinigerAuslöser für das Bestreben, nach-koloniale Ordnungen herzustellen. Auch in den Missionen lässt sich eine Geschichte mit langen Krisen- oder Umbruchzeiten feststellen. Änderungen im Bewusstsein, der Organisation und der Tätigkeiten der handelnden Gruppen hatte es bereits vorher gegeben. Überall dort, wo es zu Veränderungsprozessen kam, lässt sich zumeist feststellen, dass diese keineswegs mit 1918 beendet waren und häufig lassen sich Kontinuitäten bis in die 1950er und 1960er Jahre feststellen. Die Dekolonisierung der Missionen und die Missionen im Kontext von umfassenden Dekolonisierungsprozessen zu betrachten, bedarf also der historischen Langzeituntersuchung, wobei die Jahre zwischen 1914 und 1918 eine Schlüsselstellung einnehmen. Der aus der gleichnamigen internationalen wissenschaftlichen Konferenz, die vom 12. bis 14. Oktober 2017 in Berlin stattfand, hervorgegangene vorliegende Sammelband bietet die Gelegenheit, den Zusammenhang von größerer Selbstständigkeit und veränderter Kolonialpolitik am Beispiel der Missionen in Afrika und Asien zu erörtern. Die Absicht ist, einen Beitrag zu einem besseren Verständnis der Geschichte von christlicher Missionstätigkeit und der Herausbildung von unabhängigen Kirchen in Asien und Afrika als wichtige Bestandteile der Geschichte von Dekolonisierungsprozessen im 20. Jahrhundert zu leisten. Zudem geht es darum, die Entwicklungen während der Kriegszeit und in der Nachkriegszeit in eine Geschichte der langen Entwicklung einzufügen, die den sichtbar werdenden dekolonialen Prozessen Vorläufer und Voraussetzung war. WELCHE ART VON DEKOLONIALITÄT? Dazu scheint es erforderlich zu sein, einige Definitionsangebote zu geben, was mit dekolonial gemeint ist. Nur unzureichend ist die Definition, wonach das Ende von Kolonialherrschaft als dekolonial, als die Abwesenheit von Kolonialismus verstanden wird. Denn viele der kolonialen Strukturen setzten sich sogar nach der Erklärung der formellen Unabhängigkeit fort. Eine weitere Einschränkung dieses Verständnisses ist, dass nicht alle Phänomene, die während der Kolonialzeit festzustellen sind, tatsächlich kolonial sind – sie können von Fremdherrschaft unbeeinträchtigt sein. Besonders aber können Phänomene wie Organisationen, Denkweisen, sozio-ökonomisches Handeln schon dann dekolonial sein, obwohl die Menschen und die Territorien einem kolonialen Regime unterlagen. Sozusagen als Vorwegnahme dessen, was eine formelle Unabhängigkeit bezweckte, ist in diesem Fall das

12 Vgl. Desai, Radhika: The First World War. Climax and Crisis of Imperialism, in: Bromber, Katrin/Lange, Katharina/Liebau, Heike/Wetzel, Anorthe (Hrsg.): The Long End of the First World War. Ruptures, Continuities and Memories, Frankfurt am Main/New York 2018, S. 17–43; insbesondere S. 30–31.

Einleitung

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Dekoloniale die Ablehnung der und in gewisser Weise das Widerständige zur „kolonialen Situation“. 13 Für die Missionen lässt sich in diesem Sinne auf die Ausbildung von jungen Männern und Frauen verweisen, die seit dem neunzehnten Jahrhundert in den noch sehr nach kolonialen Formen organisierten Missionskirchen Verantwortung übernahmen. In dieser Zeit entstanden Organisationsstrukturen und ein intellektuelles Potenzial, das sich in und nach den Kriegsjahren verstärkt herausbilden konnte. Dieses brach beispielsweise in den Weltmissionskonferenzen, die der in Edinburgh im Jahre 1910 veranstalteten nachfolgten, verstärkt hervor: Indische und afrikanische Persönlichkeiten aus den Missionskirchen oder noch jungen national organisierten Kirchen erhoben ihre Stimmen, stellten Forderungen und brachten Vorstellungen und Reformpläne in die Diskussion mit den „weißen“ Europäern und Nordamerikanern. 14 Die Schwäche der Kolonialmächte, Umbrüche in der Kolonialherrschaft und Probleme, Kommunikationsstrukturen aufrechtzuhalten, schufen neue Freiräume für diejenigen in den Missionsregionen, die bis dahin aufgrund ihrer Herkunft untergeordnete Positionen eingenommen hatten. 15 In solchen Regionen, in denen der Erste Weltkrieg zu einer höheren Militarisierung der Kolonialherrschaft führte, fand ebenfalls eine Verdrängung dieser subversiven Missionsaktivitäten statt, die dann nachhaltig nicht zuletzt im Exil anwachsen konnten. So bietet es sich an, die Zeit des Ersten Weltkrieges als Übergangsperiode zu betrachten, weil in der Folgezeit in vielen von ganz unterschiedlichen Konfessionen und Kolonialmächten dominierten Missionsgebieten die Nationalkirchen avant la lèttre entstanden – wobei die Nationen und nationalen Staatswesen als Entsprechung weitestgehend (noch) fehlten. Diese Neubildungen standen teilweise in Kommunikation miteinander, weswegen Transferprozesse und das globale Ausmaß dieser Entwicklungen zu beachten sind. Es wäre deswegen ein lohnendes Unternehmen, sich auf die von „Einheimischen“ getragenen Initiativen zu konzentrieren, die sich je nach Kontext teils mit Widerstand, teils mit Unterstützung der Kolonialkirchen institutionalisierten. Es war dies der Beginn der Ausbildung von Strukturen der beginnenden Dekolonisierung im System fortbestehender Patronagebeziehungen. Die Kriegszeit bildete den Kontext von eigenständigen Entwicklungen auf der einen und die koloniale Patronage fortschreibender, in die frühe Dekolonisierungsperiode der Zwischenkriegszeit übergehender „Entwicklungshilfe“ auf der anderen Seite. Diese Entwicklung ist auch eine der Gegenbewegung und Verteidigung gegenüber einer sich zunehmend als wirkmächtig herausstellenden Missionstätigkeit anderer Religionen, wie von islamischen Glaubensgemeinschaften in Ost- und Westafrika oder von buddhistischen in Indien. Nachdem protestantische und katholische 13 Balandier, George: Sociologie actuelle de l’afrique noire, Paris 1963. 14 Vgl. Koschorke, Klaus: Vielfalt der Vernetzungen. Christliche Internationalismen um 1910, in: ders./Hermann, Adrian/Ludwig, Frieder/Burlacioiu, Ciprian (Hrsg.): „To give publicity to our thoughts“. Journale asiatischer und afrikanischer Christen um 1900 und die Entstehung einer transregionalen indigen-christlichen Öffentlichkeit, Wiesbaden 2018, S. 261–282. 15 Vgl. von Albertini, Rudolf: The Impact of Two World Wars on the Decline of Colonialism, in: Journal of Contemporary History, Nr. 1, London 1969, 17–35.

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Ulrich van der Heyden/Helge Wendt

Missionare diese Tätigkeiten schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts wahrgenommen und geschildert hatten, traten sie seit dem ersten „Weltparlament der Religionen“ (Parliament of the World’s Religions) in Chicago im Jahre 1893 sowie der Gründung der Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh noch kolonial untergeordnet in Erscheinung. 16 Als immer deutlicher erkennbare und unabhängige Akteure wurden sie durch die christlichen Religionsgemeinschaften zu Gegnern auf den weiteren Konferenzen in Jerusalem (1928) und Madras (1938) stilisiert, wodurch die Bewegungen für eine größere Bedeutung von Nichteuropäern in den christlichen Missionen Unterstützung gewinnen konnten. 17 Mit der Verstärkung globaler Migration weiteten sich die Missionstätigkeiten der nicht-christlichen Glaubensgemeinschaften selbst auf christliche Länder in Europa und Nordamerika aus. Die Zirkulation von Wissen, Informationen, Denkformen und Neuigkeiten sind ein weiteres Thema der Dekolonialisierung. In katholischen und protestantischen Kirchen wurden durch zentralisierte Ausbildungsabschnitte in Europa und den USA, durch Publikationen wie Zeitschriften, Kalendern und Büchern aus den Kolonien und den „Mutterländern“ angestrebt, Gläubige am Missionsprozess teilhaben zu lassen. Gleichzeitig erhielten dadurch Gläubige aus den Missionsgebieten die Gelegenheit zum Austausch mit anderen Menschen und neuen Gedanken. Zunehmend entstanden in den (ehemaligen) Missionsgebieten Ausbildungseinrichtungen, die das gesamte Spektrum der Bildung im Bereich der Missionstätigkeiten abdeckten – vom Lehrerberuf bis zur Weihe. An diesen Institutionen wurden auch eigene Gazetten publiziert, die besonders die regionale Verbreitung von Neuigkeiten einer Glaubens- und Missionsgemeinschaft beabsichtigten. 18 Hierdurch verschoben sich die Kirchenstrukturen in Richtung der neuen außereuropäischen Zentren, die nun zu wichtigen intellektuellen und organisatorischen Schwerpunkten wurden. Damit wird auf die Bedeutung der sich innerhalb der Mission herausbildenden intellektuellen Eliten verwiesen. Diese war bereits im 19. Jahrhundert dank der begonnenen Ausbildung von Missionspersonal in allen Bereichen der Missionsarbeit entstanden – meist Lehrer, sogenannte Nationalhelfer, Diakone und Priester. Wie in zögerlichen Anfängen schon im 19. Jahrhundert feststellbar, traten aus den Missionsschulen ehemalige Schüler verstärkt in die öffentliche Verwaltung über, sodass es enge Beziehungen zwischen staatlichen Stellen und der Missions-/Nationalkirche gab. 19 Ausbildungseinrichtungen blieben noch auf längere Zeit regional organisiert und Informationen konnten über die kolonialen Grenzen hinweg zirkulieren. Zu dieser Zirkulation trat eine durch die Missionskirche systematisch organisierte Zurückhaltung des gut ausgebildeten Nachwuchses in Bezug auf wichtige und verantwortungsvolle Positionen innerhalb der Organisation. Nicht selten 16 Vgl. Seager, Richard Hughes: The Two Parliaments, the 1893 Original and the Centennial of 1993. A Historian’s View, in: Cairns, George/Teasdale, Wayne (Hrsg.): The Community of Religions. Voices and Images of the Parliament of the World’s Religions, London 2016, S. 22–33. 17 Vgl. Dewick, E. C.: The Christian Attitude to Other Religions, Cambridge 1953. 18 Vgl. beispielsweise Koschorke, Klaus/Hermann, Adrian/Ludwig, Frieder/Burlacioiu, Ciprian (Hrsg.): „To give publicity to our thoughts“…, a.a.O. 19 Vgl. ein Beispiel van der Heyden, Ulrich: Martinus Sewushan – Nationalhelfer, Missionar und Widersacher der Berliner Missionsgesellschaft im Süden Afrikas, Neuendettelsau 2004.

Einleitung

15

wanderten diese aus der Mission ab und gründeten eigene religiöse Gemeinschaften. Andere beteiligten sich daran, innerhalb der Organisation Einfluss aufzubauen und die Stimme der Nativen nachhaltig zu gestalten. EIN KURZER THEORETISCHER RÜCKBLICK Aus den Ausbildungszentren gingen auch solche Intellektuelle hervor, die heute eng mit der sogenannten postkolonialen Theoriebildung verbunden sind. Diese beginnt, obwohl eng mit dem Namen Edward Said 20 verbunden, nicht erst in den 1970er Jahren, sondern hat ihre Anfänge unter anderem auch in der Zwischenkriegszeit, verstärkt von den in die „Metropolen“ ausgewanderten Missionsschülern, die in der Nachkriegszeit auch in den Unabhängigkeitsbewegungen und intellektuellen Bewegungen ihrer Heimatländer eine nicht unbedeutende Rolle spielten. Aimé Césaire stellte sich beispielsweise gegen die Verdinglichung von Menschen aus den und in den Kolonien und wurde dadurch zu einer wichtigen Stimme der Dekolonisierung. Wie gleichzeitig Frantz Fanon, wurde die Kritik an Kolonialismus besonders als politisch-philosophische Emanzipation definiert. 21 Schon bei Césaire geht der Anspruch von Dekolonisierung also weit über die politisch-organisatorische Unabhängigkeit und ein Ende der direkten Kolonialherrschaft hinaus – jedoch umfasst sie nicht notwendigerweise alle diejenigen Formen von Kolonialismus,22 die in der radikalen Dekolonialismus-Kritik darunter gefasst werden. Im Sinne einer radikaleren, sich dennoch auf Césaire berufenden Kritik soll Dekolonisierung in Teilen das koloniale Erbe ungeschehen machen und zu einer Rekonstruktion des Indigenen und Vorkolonialen führen. 23 In diesem Sinne sind auch Schulen, Lehrinhalte, Institutionen, möglicherweise das gesamte unabhängig gewordene Staatswesen, Besitzverhältnisse und sicherlich der christliche Glaube kolonial und koloniales Erbe. Aus dieser Perspektive auf Dekolonialität könnte von einem afrikanischen dekolonialen Christentum oder einer dekolonialisierten Missions- und Kirchenstruktur nicht die Rede sein. Statt also der westlich-kolonialen staatlichen Organisation oder des westlich-kolonialen Glaubenssystems „Christentum“ würde aus einer solchen, durchaus als radikal-philosophisch zu bezeichnenden Sichtweise 24 nur eine tribale und inter-tribale politische Organisationsweise und die Priorität präkolonialer Glaubensformen tatsächlich als dekolonial zu bezeichnen sein. 25 20 Vgl. Said, Edward W.: Orientalism, London 1978. 21 Vgl. Kautzer, Chad: Insurgent Subjects. Hegel, Césaire, and the Origins of Decolonial Phenomenology, in: Gurley, S. West/Pfeifer, Geoff (Hrsg.): Phenomenology and the Political, London/New York 2016, S. 81–99. 22 So nimmt Césaire Mission teilweise sogar ausdrücklich aus: Césaire, Aimé: Discourse on Colonialism, Übersetzung von Joan Pinkham Published (Monthly Review Press: New York and London, 1972. Das Orginal heißt: Discours sur le colonialisme, Paris: Présence Africaine, 1955.) 23 Vgl. Tuck, Eve/Yang, K. Wayne: Decolonization is not a Metaphor, in: Decolonization. Indigeneity, Education & Society, Nr. 1, Toronto 2012, S. 1–40. 24 Vgl. Kautzer, Chad: Insurgent Subjects..., a.a.O. 25 Tuck, Eve/Yang, K. Wayne: Decolonization is not a Metaphor…, a.a.O.

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Ulrich van der Heyden/Helge Wendt

Aus postkolonialer Sicht wurde am Christentum, genauer gesagt an christlicher Theologie, zuweilen die Kritik geäußert, ihr eigenes koloniales Erbe nicht reflektiert zu haben. 26 Da in der Zeit der kolonialen Herrschaft, aber auch danach, sich in vielen Ländern christliche Kirchen gebildet haben, erscheint einigen Akteuren in der Diskussion um ein post- oder dekoloniales Christentum der Schritt zur vollkommenen Ablehnung des Glaubens zu weit zu gehen. Sie plädieren stattdessen dafür, Wege der Neuausrichtung zu finden, die zum einen die Revision von Glaubensinhalten vor dem Hintergrund einer Kolonialismuskritik beinhaltet. Zum anderen aber fordern sie eine anerkannte Repräsentation von den ehemaligen Minderheiten in kirchlichen Strukturen. 27 Diese Kritik am radikalen Dekolonialismus zeigt sich auch in Debatten in der Ethnographie, wie sie Andrew Apter über die Frage nachgezeichnet hat, ob und in welcher Weise sozio-kulturelle Manifestationen wie Feste oder Hierarchien überhaupt fortgeführt werden könnten, ohne dass auch erst in der Kolonialzeit und unter kolonialen Bedingungen beigefügte Formen oder Verständnisweisen Teil der Tradition sind. Apter geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt die These auf, dass Versuche einer Re-Indigenisierung von kolonial beeinflussten Traditionen selbst gewisse Formen von Kolonialität reproduzieren. 28 Ein Beispiel hierfür ist die Gruppe von Missionsschülern, die zentral für die Herausbildung von unabhängigen Kirchenorganisationen sind. Von einer radikalen dekolonialen Sicht wird ihnen ihre Formation und beständige Abhängigkeit von kolonialen Strukturen vorgeworfen. Jedoch bedeutet dies nicht, dass dieselbe Gruppe von Menschen vonseiten der Kolonialherren nicht ebenfalls Ablehnung erfahren hat. Lord Lugard, ein in verschiedenen Teilen Afrikas tätiger führender Beamter der britischen Kolonialverwaltung, wollte beispielsweise verhindern, dass sogenannte europäisierte Afrikaner wichtige Funktionen innerhalb der Kolonialverwaltung übernahmen. 29 Anders als es in vielen Missionsgebieten der Fall war, sah Ludger in dieser Gruppe von Menschen, die weder eindeutig als Afrikaner noch als Europäer einzustufen waren, einen Störfaktor. Dabei könnte mit Achilles Mudimbe bemerkt werden, dass weder die kolonialen afrikanischen Eliten noch afrikanische Traditionen eine kategoriale Andersheit sind oder aufweisen. 30

26 Beispielsweise Sugirtharajah, R. S.: „Complacencies and Cul-de-sacs. Christian Theologies and Colonialism“, in: ders. (Hrsg.): Postcolonial Reconfigurations. An Alternative Way of Reading the Bible and Doing Theology, London 2003, S. 143. 27 Vgl. Jagessar, Michael N./Burns, Stephen: Liturgical Studies and Christian Worship, in: Black Theology. An International Journal, Nr. 1, Hudson/New York 2007, S. 39–62, insbes. S. 45. doi: 10.1558//blth2007.5.1.39. 28 Vgl. Apter, Andrew: Africa, Empire and Anthropology. A Philological Exploration of Anthropology’s Heart of Darkness, in: Annual Review of Anthropology, Nr. 28, Palo Alto 1999, S. 577–598. 29 Vgl. Schlee, Günther: Ruling over Ethnic and Religious Differences. A Comparative Essay on Empires, in: ders./Horstmann, Alexander (Hrsg.): Difference and Sameness as Modes of Integration. Anthropological Perspectives on Ethnicity and Religion, New York/Oxford 2018, S. 191–224, insbes. S. 214–216. 30 Vgl. Mudimbe, V. Y.: Which Idea of Africa? Herskovits's Cultural Relativism, in: October, Nr. 55, Cambridge 1990, S. 93–104.

Einleitung

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Dekolonisierung und das Dekoloniale – so könnte man sagen – ist durchaus eine verwechselbare Kategorisierung, in der das koloniale Erbe auch in den radikaleren Äußerungen eben häufig nicht in der Form mitgedacht wird, wie es analytisch gefasst zutage tritt. Gleichzeitig ist es eine nützliche Herangehensweise, um historische Phänomene der Abgrenzung von kolonialen Strukturen zu untersuchen. Mit Abgrenzung ist hier ein aktives Entgegenstellen gegen koloniale Strukturen, der Aufbau von eigenen Netzwerken, die Konzeptualisierung einer Verschiedenheit von kolonialem und nicht-kolonialem Kontext gemeint. Es kann also eine dekoloniale Entwicklung in einem Missionsgebiet oder in einer inneren Organisation einer Missionsgesellschaft vorliegen, wenn einzelne Personen oder eine Gruppe von Personen versucht, in diesem Kontext eine ihr eigentlich nicht zugedachte Position einzunehmen. Von diesen recht individualistischen, sicherlich auch lokalen Beobachtungen, die sich jedoch ausbreiteten und in vergleichbar hoher Anzahl in fast allen Bereichen der kolonialen Missionen auftraten, lässt sich eine globale Dimension erschließen. Die Globalität einsetzender dekolonialer Bewegungen innerhalb der Missionen war, wie oben ausgeführt, Teil der durch den Ersten Weltkrieg global veränderten Machstruktur in den Kolonien. Militarisierung oder Schwächung von militärischer Macht führten entweder zu einer Gegenbewegung oder zu einer Besetzung vakant gewordener Positionen. DANKSAGUNG Für die Beschäftigung mit dem Thema Erster Weltkrieg und sein Anteil an der Einsetzung bzw. Verstärkung der Dekolonisation in Asien und Afrika unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der christlichen Missionen in jenen Weltteilen lieferte natürlich der einhundertste Jahrestag des ersten großen Krieges im 20. Jahrhunderts den Anlass. Es war eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass der Erste Weltkrieg nicht nur im Norden stattfand, sondern auch in anderen Weltgegenden einen historischen Einschnitt verursachte, der nicht zuletzt einen Prozess der Emanzipation des außereuropäischen Christentums einleitete bzw. verstärkte, zu dem die europäischen Missionsgesellschaften mehr oder minder bewusst die politischen und theologischen Grundlagen gelegt hatten. Die im Herbst 2017 stattgefundene wissenschaftliche Konferenz, auf deren dort gehaltenen Referate sich der vorliegende Sammelband stützt, war bereits die fünfte internationale Tagung, die die Berliner Gesellschaft für Missionsgeschichte e. V. und der Lehrstuhl für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie von Andreas Feldtkeller an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt hat. Aus jeder Tagung sind Sammelbände hervorgegangen, die alle in der Studienreihe der Berliner Gesellschaft für Missionsgeschichte, im „Missi-

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onsgeschichtlichen Archiv“, erschienen sind und die in der akademischen Forschung positiv rezipiert worden sind. 31 Wie die vorausgegangenen Tagungen und die daraus hervorgegangenen Konferenzbände waren auch dieses Mal wieder Wissenschaftler aus den Regionen einbezogen, die im Mittelpunkt des Interesses standen. An der Konferenz nahmen zeitweilig bis zu 82 Interessierte teil. Neben Doktoranden, Studenten und Mitgliedern bzw. Freunden der Berliner Gesellschaft für Missionsgeschichte waren täglich über 50 mindestens promovierte Wissenschaftler zugegen. Die ausländischen Teilnehmer kamen aus Südafrika, Burkina Faso, Togo, China, Ghana, Tansania, der Côte d’Ivoire, Indien, den USA, der Schweiz, Schweden, Äthiopien und Kanada. Neben den zu lebhaften Diskussionen Anlass gebenden Referaten wurde von vielen Teilnehmern die Tatsache hervorgehoben, dass hier wiederum Kontakte geknüpft, alte aufgefrischt und über gemeinsame Kooperationsbeziehungen gesprochen werden konnte. Den Organisatoren wurde die Bitte mit auf den Weg gegeben, auch in Zukunft solche anregenden Tagungen zu organisieren, was wohl als Wertschätzung der Arbeit der Berliner Gesellschaft für Missionsgeschichte aufgefasst werden kann. Die Herausgeber bedanken sich für die Unterstützung bei der Vorbereitung und Organisation der Konferenz bei Prof. Dr. Andreas Feldtkeller sowie den vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung sowie den studentischen Hilfskräften der Humboldt-Universität zu Berlin, die zum Gelingen der Konferenz beigetragen haben. Unser ganz besonderer Dank gebührt Cornelia Beyer, die nicht nur an entscheidender Stelle die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Konferenz managte, sondern auch Verantwortung bei der Erstellung des Lektorats des vorliegenden Bandes trug. Die englischsprachigen Beiträge wurden von Zachary Gresham korrigiert. Damit Konferenz und Konferenzband überhaupt durchgeführt werden bzw. entstehen konnten, bedanken sich die Herausgeber dieses Buches bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie der Einstein-Stiftung für die großzügige finanzielle Förderung. Ulrich van der Heyden Helge Wendt im März 2020 31 van der Heyden, Ulrich/Liebau, Heike (Hrsg.): Missionsgeschichte – Kirchengeschichte – Weltgeschichte. Christliche Missionen im Kontext nationaler Entwicklungen in Afrika, Asien und Ozeanien, Stuttgart 1996; van der Heyden, Ulrich/Becher, Jürgen (Hrsg.): Mission und Gewalt. Der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000; van der Heyden, Ulrich/Stoecker, Holger (Hrsg.): Mission und Macht im Wandel politischer Orientierung. Europäische Missionsgesellschaften und ihre Tätigkeit in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945 in politischen Spannungsfeldern, Stuttgart 2005; van der Heyden, Ulrich/Feldtkeller, Andreas: Missionsgeschichte als Geschichte der Globalisierung von Wissen. Transkulturelle Wissensaneignung und -vermittlung durch christliche Missionare in Afrika und Asien im 17., 18. und 19. Jahrhundert, Stuttgart 2012.

DEKOLONIALE PERSPEKTIVEN UNTER KOLONIALEN VERHÄLTNISSEN? Impulse aus Religionsgemeinschaften Andreas Feldtkeller Die in Berlin durchgeführten internationalen missionsgeschichtlichen Konferenzen haben in den vergangenen 25 Jahren mit einer Fülle von Einzelstudien zeigen können, dass es keine einheitliche Haltung oder Einstellung von Missionsgesellschaften und -akteuren gegenüber kolonialen Herrschaftsverhältnissen gab. Die Beziehungen zwischen Mission und Kolonialismus – insbesondere während des langen 19. Jahrhunderts – sind komplex und vielfältig gewesen, sie können nicht durch eine einfache Formel beschrieben werden. Umso wichtiger ist es, angesichts dieser Forschungsergebnisse daran zu erinnern, dass koloniale Herrschaftsverhältnisse als solche im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einer praktisch weltweiten Realität von erdrückender Allgemeingültigkeit geworden waren. Die Welt außerhalb Europas bestand zu einem erheblichen Teil aus Gebieten direkter oder indirekter Kolonialherrschaft europäischer Mächte. Auf den amerikanischen Kontinenten waren zwar teilweise aus ehemaligen Kolonien souveräne Staaten entstanden, aber die Kolonialität der Lebensverhältnisse war dennoch bestehen geblieben, indem die weiße Kolonialbevölkerung in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht weiterhin dominierend war. Es gab auf der ganzen Welt nur wenige Herrschaftsbereiche, die nicht von Europäern regiert wurden. Dazu gehörten das Osmanische Reich, Persien, Thailand, China und Japan. Doch für all diese Gebiete galt ausnahmslos, dass europäische Mächte einen erheblichen Einfluss auf ihre politische und wirtschaftliche Entwicklung nahmen. Am stärksten selbstbestimmt war die Entwicklung zur Moderne vermutlich in Japan – mit dem Ergebnis, dass Japan selbst in den Kreis der Kolonialmächte eintrat und seinerseits im Pazifik und auf dem ostasiatischen Festland koloniale Machtverhältnisse errichtete. So galt in den letzten Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg praktisch weltweit die unangefochtene Herrschaft von Europäern oder besser einer bestimmten Elite von Europäern – entweder als direkte politische Herrschaft oder als eine sehr weitgehende Unantastbarkeit bei der Ausbreitung kapitalistischer Wirtschaftsformen, die zu extremer Ungleichheit der Besitzverhältnisse führte und damit verbunden zu der Möglichkeit, unmenschliche Arbeitsbedingungen durchzusetzen und aufrechtzuerhalten.

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Hinsichtlich der faktischen Machtverhältnisse war der koloniale Diskurs zwischen 1880 und 1920 der absolut dominierende, und die vorhandenen antikolonialen Diskurse waren mehr denn je Gegendiskurse gegen die Übermacht des Faktischen. Hinzu kommt, dass sich alle europäischen Kolonialmächte zunächst als christliche Monarchien definierten, in denen eine bestimmte konfessionelle Ausprägung des Christentums die staatstragende Religion war und einen erheblichen ideologischen Beitrag zur Legitimation der Herrschaft leistete – auch der Kolonialherrschaft. 1 Der dominierende koloniale Diskurs wurde demnach gestützt durch christliche Begründungsfiguren und durch Formen einer christlichen imperialen Religion. Wo Akteure christlicher Mission sich dem dominanten kolonialen Diskurs entzogen oder sogar sich an einem antikolonialen Diskurs beteiligten, war dies eng damit verbunden, dass sie eine kritische Haltung gegenüber den staatstragenden kirchlichen Institutionen einnahmen. Was in dem vorliegenden Beitrag diskutiert werden soll, sind nicht die antikolonialen Diskurse aus den Reihen der christlichen Missionsbewegung, die schon mehrfach im Rahmen der Konferenzreihe thematisiert wurden. Vielmehr soll noch einen Schritt weiter gegangen und gefragt werden: Lassen sich im Zeitalter des Hochimperialismus vor dem Ersten Weltkrieg bereits dekoloniale Perspektiven belegen, die damit vorbereitend für etwas stehen, das bis heute nicht abgeschlossen ist? Unter einer dekolonialen Perspektive sei dabei eine Perspektive verstanden, die sich jenseits der Dualität von kolonialen und antikolonialen Diskursen befindet. Begrifflich herausgearbeitet worden ist dieses Konzept erst rund 100 Jahre später, von unserer eigenen Zeit aus gesehen in der jüngeren Vergangenheit. Ausgangspunkt ist dabei die Beobachtung, dass anti- oder postkoloniale Diskurse eine Tendenz dazu haben, auf dem Weg der Negation mit den Mustern kolonialen Denkens verstrickt zu bleiben. Eine dekoloniale Perspektive sucht dagegen ihren eigenen Standpunkt unabhängig von den epistemischen Herrschaftsansprüchen westlicher akademischer Diskurse. 2 Ein antikolonialer Diskurs ist vermutlich besser dafür geeignet, konkrete politische und wirtschaftliche Strukturen von Kolonialität zu überwinden. Eine dekoloniale Perspektive dagegen hat ihre Stärke darin, dass sie epistemisch die klarere Trennung gegenüber kolonialen Diskursen herbeiführt.

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Die Einbeziehung des äthiopischen Kaisers auf der Berliner Afrikakonferenz 1884 hatte ihre Plausibilität darin, dass auch er ein christlicher Herrscher war. Für Frankreich gilt allerdings im Verlauf des 19. Jahrhunderts die Einschränkung, dass es sich in einem Ringen zwischen der Bewegung der Laicité und der katholischen Restauration befand, das 1905 endgültig zugunsten der Laicité entschieden wurde. Die USA stellen einen Sonderfall dar als ein Verbund ehemaliger britischer Kolonien, die dann selbst zur Kolonialmacht wurden. Japan trat in den Kreis der Kolonialmächte ein, ohne eine christliche Monarchie zu sein – aus europäischer Sicht aber sehr wohl verbunden mit der Hoffnung, dass Japan bald eine christliche Monarchie werden könnte. Vgl. Mignolo, Walter: The Darker Side of Western Modernity. Global Futures, Decolonial Options, Durham 2011; Quijano, Aníbal: Coloniality and Modernity/Rationality, in: Cultural Studies, Nr. 2/3, London 2007, S. 168–178.

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Belege für eine solche dekoloniale Perspektive auf einer religiösen Grundlage lassen sich tatsächlich bereits mitten im Zeitalter des Hochimperialismus finden. Dabei fällt jedoch auf, dass ein besonders fruchtbarer Boden für dekoloniale Visionen offenbar nicht so sehr die Gemeindegründungen christlicher Missionen waren, die von Europa oder Nordamerika her angestoßen worden waren, sondern vielmehr diejenigen religiösen Bewegungen, die als erste in der modernen Religionsgeschichte die Richtung der Mission umkehrten, d. h., die ihre religiösen Lehren und Praktiken aus anderen Teilen der Welt nach Europa und Nordamerika brachten. Anfangs handelte es sich dabei insbesondere um Bewegungen, die sich abseits vom Mainstream befanden. Diese Gemeinschaften werden zu einem großen Teil bis heute nicht als die echten, als die authentischen, als die altehrwürdigen Religionen ihrer jeweiligen Herkunftsregion behandelt und sie wurden nicht in den Kanon der sogenannten Weltreligionen aufgenommen. Bei ihnen wurden religiöse Überlieferungen in eine neue Sprache gebracht; es wurden neue Praktiken entwickelt und neue Verbindungen zwischen religiösen Traditionen hergestellt. Bei freundlicher Betrachtung wurden sie als Reformer und Erneuerer bezeichnet; bei weniger freundlicher Betrachtung als Sektierer, Synkretisten oder Esoteriker. Die vielleicht weitreichendste Vision einer Weltgemeinschaft, die völlig anders sein könnte als die damals herrschende koloniale Wirklichkeit, wurde in den 1870er- bis 1890er-Jahren von einem Mann entwickelt, der Jahrzehnte seines Lebens in Flucht und Verbannung verbrachte. Er selbst hatte nicht in erster Linie unter kolonialen Lebensverhältnissen zu leiden, sondern unter der Intoleranz seines eigenen Herrschers, des Schahs von Persien. Gemeint ist Bahāʾullāh (1817– 1892), der Begründer der Religionsgemeinschaft der Baha’i. Unter heutigen Bedingungen werden die weltpolitischen Visionen der Baha’i oft belächelt und als überambitioniert empfunden. In ihrer eigenen Zeit jedoch sind die Schriften des Baha’ullah eine überraschend radikale Alternative zur tatsächlichen Weltlage, die dabei fast vollständig ohne antikoloniale Polemik auskommt, sondern vielmehr von Grund auf etwas völlig anderes entwirft. 1891, ein Jahr vor seinem Tod, schrieb der Baha’ullah in Akko, am Ort seiner Verbannung, eine kleine Schrift mit dem Titel „Lawḥ-i-dunya“ (Tafel der Welt). Nach der offiziellen englischen Übersetzung der Bahai-Gemeinschaft in den USA heißt es darin: It is incumbent upon every man, in this Day, to hold fast unto whatsoever will promote the interests, and exalt the station, of all nations and just governments. Through each and every one of the verses which the Pen of the Most High hath revealed, the doors of love and unity have been unlocked and flung open to the face of men. We have erewhile declared – and Our Word is the truth –: ‚Consort with the followers of all religions in a spirit of friendliness and fellowship.‘ Whatsoever hath led the children of men to shun one another, and hath caused dissensions and divisions amongst them, hath, through the revelation of these words, been nullified and abolished. From the heaven of God’s Will, and for the purpose of ennobling the world of being and of elevating the minds and souls of men, hath been sent down that which is the most effective instrument for the education of the whole human race. The highest essence and most perfect expression of whatsoever the peoples of old have either said or written hath, through this most potent Revelation, been sent down from the heaven of the Will of the AllPossessing, the Ever-Abiding God. Of old it hath been revealed: ‚Love of one’s country is an

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Andreas Feldtkeller element of the Faith of God.‘ The Tongue of Grandeur hath, however, in the day of His manifestation proclaimed: ‚It is not his to boast who loveth his country, but it is his who loveth the world.‘ Through the power released by these exalted words He hath lent a fresh impulse and set a new direction to the birds of men’s hearts, and hath obliterated every trace of restriction and limitation from God’s holy Book. 3

An späterer Stelle in derselben Schrift erinnert Baha’ullah an die politischen Ideen, die in der 1873 entstandenen Hauptschrift der Baha’i formuliert sind, dem Kitáb-iAqdas. Demnach soll die Sorge für alle weltlichen Angelegenheiten gerechten Königen oder Präsidenten übertragen werden. Ausdrücklich wird dabei die Staatsform einer konstitutionellen Monarchie empfohlen. Außerdem ist dort die Idee eines weltweiten „Hauses der Gerechtigkeit“ zum Ausdruck gebracht, das den friedlichen Ausgleich zwischen den Nationen der Welt gewährleisten soll. 4 Aufgrund seiner fehlenden Bewegungsfreiheit konnte der Baha’ullah nicht persönlich mit Menschen anderer Weltgegenden über die göttlichen Prinzipien für eine bessere Welt sprechen, als deren Verkünder er sich verstand, und er hatte deshalb keine Gelegenheit zu erleben, wie sie dort auf fruchtbaren Boden fielen. Unter der Leitung seines ältesten Sohnes und Nachfolgers, ʿAbdul-Baha’ (1844– 1921), begann sich die Religion der Baha’i unmittelbar nach dem Tod des Baha’ullah nach Europa und Nordamerika auszubreiten. Doch bereits zu Lebzeiten des Baha’ullah war in Europa der Boden bereitet zur Aufnahme neuer religiöser Ideen. Es gab ein kleines, aber weltweit vernetztes Milieu von Menschen, die bereit waren, sowohl die Welt der Völker als auch die der Religionen als verbunden miteinander zu denken. In Europa gehörten zu diesem Milieu vor allem Menschen, denen das Korsett der staatstragenden Formen von Christentum in ihren jeweiligen Ländern zu eng geworden war, die etwas anderes suchten und die dabei zunehmend auch aus den Grenzen des verfassten Christentums überhaupt hinausdrängten. In anderen Teilen der Welt gehörten zu diesem Milieu Menschen, die im Kontakt mit religiös suchenden Europäern darauf aufmerksam geworden waren, dass ihre eigenen einheimischen religiösen Überlieferungen ein größeres Potenzial hatten, als es gegenwärtig genutzt wurde. Ihnen wurde zunehmend bewusst, dass sie der Welt etwas zu sagen hatten – aber dass sie dies nur sagen konnten, wenn sie es in die Welt hinein übersetzten, wenn sie es anders sagten, als es bisher in den Grenzen ihrer eigenen Kultur und Religion gesagt worden war. Auch die Anfänge der Religionswissenschaft in Europa sind in das genannte Milieu eingebunden. Zu einer Zeit, als es in den meisten europäischen Staaten noch 3 4

Tablets of Bahá’u’lláh Revealed After the Kitáb-i-Aqdas, ed. United States Baha’i Publishing trust, 1988, S. 87–88. Vgl. ebenda, S. 93. „According to the fundamental laws which We have formerly revealed in the Kitáb-i-Aqdas and other Tablets, all affairs are committed to the care of just kings and presidents and of the Trustees of the House of Justice. Having pondered on that which We have enunciated, every man of equity and discernment will readily perceive, with his inner and outer eyes, the splendours of the day-star of justice which radiate therefrom… The system of government which the British people have adopted in London appeareth to be good, for it is adorned with the light of both kingship and of the consultation of the people.“

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nicht erlaubt war, sich öffentlich zu einer anderen Religion zu bekennen als zu der jeweils staatstragenden Form des Christentums, konnten gebildete Menschen sich unbehelligt mit religiösen Überlieferungen aus anderen Regionen der Menschheit beschäftigen, solange sie dies im Rahmen akademischer Institutionen taten. Wie weit sie sich dabei durch die Lektüre alter Schriften bzw. durch die lebendige Begegnung mit zeitgenössischen Religionsgelehrten in ihren eigenen Überzeugungen inspirieren ließen, blieb für die Obrigkeit nicht nachvollziehbar, solange nicht offen ein Bekenntnis zu einer fremden Religion abgelegt wurde. Ein deutliches Beispiel für ein persönliches religiöses Interesse, das sich hinter akademischem Interesse verbarg, ist der deutsche Arzt Paul Dahlke (1865–1928): Vor dem Ersten Weltkrieg veröffentlichte er akademische Schriften zum Buddhismus, 5 bereiste buddhistische Länder und traf sich mit buddhistischen Religionsgelehrten. Unmittelbar nach der Einführung der allgemeinen Religionsfreiheit in Deutschland 1919 gründete er das Buddhistische Haus in Berlin-Frohnau und veröffentlichte Schriften, die eindeutig der Unterweisung in buddhistischer Praxis dienten. 6 In einer Publikation des Jahres 1919 bekennt er, dass er eigentlich den Schritt des förmlichen Austritts aus der Kirche längst hätte vollziehen müssen, dass er ihn aber von Jahr zu Jahr verschleppt habe. 7 Andere akademische Religionsforscher verfolgten breitere Interessen, beschäftigten sich mit verschiedenen religiösen Traditionen und strebten dabei den Nachweis an, dass alle Religionen der Menschheit letztlich eine gemeinsame Quelle haben. Friedrich Max Müller (1823–1900), der in Deutschland und England einen erheblichen Beitrag zur Entstehung einer vergleichenden philologischen Religionsforschung geleistet hat, betrachtete dieses Unternehmen letztlich als „vergleichende Theologie“ 8 und stellte als deren mutmaßliches Ergebnis heraus: Wie eine alte Münze, so wird die alte Religion, nachdem man den Jahrhunderte alten Rost entfernt hat, in aller Reinheit in ihrem alten Glanze erscheinen; und das Bild, das sich zeigen wird, wird das Bild des Allvaters sein, des Vaters aller Menschen; und die Inschrift, wenn wir sie wieder lesen können, wird nicht nur in Judaea, sondern in allen Sprachen der Welt eine und dieselbe sein, – das Wort Gottes, das sich offenbart da, wo allein es sich offenbaren kann, in den Herzen aller Menschen. 9

Nicht zuletzt sind aus dem Milieu der religionsforschenden, religionssuchenden Menschen in Europa und ihren Kontakten mit Gelehrten außereuropäischer Religionen zwei für die weitere Geschichte stark religionsproduktive Bewegungen hervorgegangen: die Theosophie und die aus ihr abgespaltene Anthroposophie. 5 6 7 8 9

Zum Beispiel Dahlke, Paul: Aufsätze zum Verständnis des Buddhismus, 2 Bde., Berlin 1903; ders.: Buddhismus als Weltanschauung, Breslau 1912; ders.: Buddhismus als Religion und Moral, Leipzig 1914. Vgl. ders.: Buddhismus und religiöser Wiederaufbau, Zehlendorf-West 1919; ders.: Wie muß die neue Religion aussehen? Zehlendorf-West 1920; ders.: Neu-Buddhistischer Katechismus, Zehlendorf-West 1921. Vgl. ders.: Staat und Kirche. Eine Studie für angewandten Buddhismus, o. O. 1919, S. 77. Müller, Friedrich Max: Einleitung in die Vergleichende Religionswissenschaft, Straßburg 1876, S. 19. Ebenda, S. 61.

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Bei all dem ist es kein Zufall, dass Gelehrte derjenigen Religionen, für die sich die europäische akademische Religionsforschung interessierte, eben dieses Interesse ihrerseits als eine Ermutigung auffassten, einen spirituellen Beitrag zum Nachweis der Zusammengehörigkeit aller religiöser Überlieferungen in der Menschheitsgeschichte zu leisten. Und es ist auch kein Zufall, dass sie die Wertschätzung, die ihnen und ihrem Wissen aus Europa entgegengebracht wurde, ummünzten in die Befähigung dazu, Europäern und Amerikanern auf gleicher Augenhöhe zu begegnen: mit einer dekolonialen Perspektive. Ein Jahr nach dem Tod des Baha’ullah, also weiterhin mitten im Zeitalter des Hochimperialismus, fand ein Ereignis statt, das zu einer Art Treffpunkt von Menschen aus dem vorangehend skizzierten Milieu wurde und das sehr gut dokumentiert ist: das sogenannte Weltparlament der Religionen 1893 in Chicago. 10 Eine der in dieser Hinsicht interessanten Gruppierungen, die auf dem Weltparlament vertreten waren, ist der Brahmo Samaj aus Indien. 11 Die Gründungsgeschichte dieser Bewegung steht eher in einem kolonialen Zusammenhang. Der Begründer, Ram Mohan Roy (1772–1833), war durch das Studium vedischer Schriften zu der Überzeugung gelangt, dass die religiöse Praxis in Indien einer Reform bedürfe, die insbesondere den Monotheismus betonen und die Rolle der Frauen von einigen erst später hinzugefügten Bürden befreien sollte. Einige Jahrzehnte nach seinem Tod waren die führenden Persönlichkeiten des Brahmo Samaj unter anderen Keshab Chandra Sen (1838–1884) und Pratap Chander Mozoomdar (1840–1905). Beide führten den Brahmo Samaj stärker in eine Richtung, die bei Ram Mohan Roy nur angedeutet ist: die Vision einer umfassenden monotheistischen Universalreligion. Mozoomdar veröffentlichte ein Buch mit dem Titel „The Oriental Christ“ 12 und korrespondierte darüber mit Friedrich Max Müller. 13 1893 war er einer der Gelehrten aus Asien, die sich zum Weltparlament nach Chicago einladen ließen. 14 Begleitet wurde er von einem zweiten Vertreter des Brahmo Samaj, dessen Name 10 Vgl. dazu die umfassende religionswissenschaftliche Untersuchung: Lüddeckens, Dorothea: Das Weltparlament der Religionen von 1893. Strukturen interreligiöser Begegnung im 19. Jahrhundert, Berlin/New York 2002. 11 Vgl. ebenda, S. 36–50. 12 Mozoomdar, Pratap Chunder: The Oriental Christ, Boston 1883. 13 Vgl. Lüddeckens, Dorothea: Das Weltparlament…, a.a.O., S. 49–50. 14 In seiner Rede vor dem Weltparlament schildert Mozoomdar den Universalismus des Brahmo Samaj als eine Eingebung des göttlichen Geistes: „Our monotheism, therefore, stands upon all scriptures. That is our theological principle, and that principle did not emanate from the depths of our own consciousness, … it came out as the natural result of the indwelling of God's Spirit within our fellow-believers. No, it was not the Christian missionary that drew our attention to the Bible : it was not the Mohammedan priests who showed us the excellent passages in the Koran ; it was no Zoroastrian who preached to us the greatness of his ZendAvesta ; but there was in our hearts the God of infinite reality, the source of inspiration of all the books, of the Bible, of the Koran, of the Zend-Avesta, who drew our attention to His excellences as revealed in the record of holy experience everywhere. By His leading and by His light it was that we recognized these facts, and upon the rock of everlasting and eternal reality our theological basis was laid.“ The World’s Congress of Religion, Boston 1893, S. 231f.

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in den Konferenzdokumenten nur abgekürzt als B. B. Na[r]garkar genannt wird. 15 Dessen Rede vor dem Weltparlament schlägt Töne an, die als explizit dekolonial bezeichnet werden können. Zunächst systematisiert Nagarkar den Gedanken von der Einheit aller Religionen: … during all these discussions and debates, I would earnestly ask you all to keep in mind one prominent fact – that the essence of all these faiths is one and the same. The truth that lies at the root of them all is unchanged and unchanging… This truth cannot be observed unless we are prepared to forget the accident of our nationality. We are all too apt to be carried away for or against a system of religion by our false patriotism, insular, nationality and scholarly egotism. This state of the heart is detrimental to spiritual culture and spiritual development. Selfannihilation and self-effacement are the only means of realizing the verities of the spiritual world. The mind of man is like a lake, and just as the clear and crystal image of the evening moon cannot be faithfully reflected on the surface of the lake so long as the waters are disturbed by storms and waves, so in the same way, spiritual truths cannot be imaged in the heart of man so long as his mind is disturbed by the storms of false pride and partial prejudice. 16

An einer späteren Stelle in seiner Rede verbindet Nagarkar den Gedanken der Einheit aller Religionen mit einem politischen Universalismus. In völligem Gegensatz zur politischen Wirklichkeit seiner Zeit bezeichnet er es als „established fact“, dass die Zukunft der Weltpolitik in der Eigenständigkeit aller Länder und in einem weltweiten Föderalismus liege: In politics and in national government it is now an established fact that, in future, countries and continents on the surface of the earth will be governed, not by mighty monarchies or aristocratic autocracies, but by the system of universal federation. The history of political progress in your own country stands in noble evidence of my statement ; and I am one of those who strongly believe that, at some future time, every country will be governed by itself as an independent unit, though in some respects may be dependent on some brother power or sister kingdom. What is true in politics will also be true in religion; and nations will recognize and realize the truths taught by the universal family of the sainted prophets of the world. 17

Ergänzend weist Nagarkar darauf hin, dass im Brahmo Samaj das Prinzip des Monotheismus ausdrücklich als die Mutterschaft Gottes verstanden wird, und er deutet an, welche Auswirkungen in einer patriarchalischen und von Herrschaftsverhältnissen zerrissenen Welt die spirituelle Orientierung an der Mutterschaft Gottes haben könnte. Auch hier ist eine dekoloniale Intention der Aussage unverkennbar: The first ideal of the Brahma-Somaj is the ideal of the motherhood of God… We humbly believe that the world has yet to understand and realize, as it never has in the past, the tender and loving relationship that exists between mankind and their supreme, universal, divine mother… Let us, therefore, realize that God is our mother, the mother of mankind, irrespective of the country or the clime in which men and women may be born. The deeper the realization of the motherhood of God, the greater will be the strength and intensity of our ideas of the brotherhood of man and the sisterhood of woman. Once we see and feel that God is our mother, 15 Auch die von Lüddeckens zusammengestellte Liste der Teilnehmenden am Weltparlament enthält nur die Initialen der Vornamen. Als Geburtsjahr ist dort 1860 angegeben. Das Todesjahr ist unbekannt: Lüddeckens, Dorothea: Das Weltparlament…, a.a.O., S. 307. 16 The World’s Congress of Religion, Stockton 1893, S. 222. 17 Ebenda, S. 226.

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Andreas Feldtkeller all the intricate problems of theology, all the puzzling quibbles of church government, all the quarrels and wranglings of the so-called religious world will be solved and settled. 18

Großes Aufsehen erregte auf dem Weltparlament der Religionen ein weiterer Teilnehmer aus Indien, Swami Vivekananda (1863–1902), der mit bürgerlichem Namen Narendanath Datta hieß. 19 Auch er hatte eine Zeit lang dem Brahmo Samaj angehört, sich dann aber unter dem Einfluss des Mystikers Ramakrishna (1836–1886) stärker an der Alleingeltung der vedischen Schriften orientiert und insbesondere an deren Interpretation in Form des Vedanta, d. h. der Lektüre der älteren Veden im Licht der Upanishaden. Nach seiner Rückkehr aus Chicago gründete Vivekananda die Ramakrishna-Mission, eine vedantische Missionsgesellschaft mit dem Anspruch, weltweit tätig zu werden. 20 Auf dem Weltparlament adressierte Swami Vivekananda sein vorwiegend christliches und jüdisches Auditorium aus einer vedantischen Perspektive. Er sprach die Zuhörenden an als unsterbliche Seelen von göttlicher Abkunft, die im christlichen Glauben zu niedrig bewertet werden, indem sie als Sünder eingestuft werden: Ye are the children of God. The sharers of immortal bliss, holy and perfect beings. Ye divinities on earth, sinners ? It is a sin to call a man so. It is a standing libel on human nature. Come up, live and shake off the delusion that you are sheep – you are souls immortal, spirits free and blest and eternal, ye are not matter, ye are not bodies. Matter is your servant, not you the servant of matter. 21

Vivekananda spricht die Zuhörenden als freie Wesen an – unabhängig davon, wer sie sind. Freiheit jedoch hängt für ihn nicht von politischen oder wirtschaftlichen Bedingungen ab. Die Grundlage der Freiheit liegt für ihn tiefer in der Erkenntnis, dass die unsterbliche, göttliche Seele (Atman) mit jedem materiellen Körper nur eine vorübergehende Bindung eingeht und sie deshalb nicht mit dem gegenwärtigen Körper eines Menschen und mit dessen Situation identifiziert werden darf: The Vedas teach that the soul is divine, only held under bondage of matter, and perfection will be reached when the bond shall burst, and the word they use is, therefore, Mukto – freedom – freedom from the bonds of imperfection; freedom from death and misery. And they teach that this bondage can only fall off through the mercy of God, and this mercy comes to the pure. So purity is the condition of His mercy… 22

Die spirituellen Grundlagen des Vedanta führen Vivekananda dazu, dass er sich nicht von der Überlegenheit der europäischen und amerikanischen Zivilisation blenden lässt, sondern dass er deren wissenschaftlichen Errungenschaften von der eigenständigen Idee her beurteilt, dass alles menschliche Wissen ebenso wie jede menschliche Religion in der Einheit ihr letztes Ziel habe.

18 Ebenda, S. 228. 19 Vgl. Lüddeckens, Dorothea: Das Weltparlament…, a.a.O., S. 55–62. 20 Vgl. Müller, Hans-Peter: Die Ramakrishna-Bewegung. Studien zu ihrer Entstehung, Verbreitung und Gestalt, Gütersloh 1986, zum Missionsanspruch vgl. S. 95. 21 The World’s Congress of Religion…, a.a.O., S. 191. 22 Ebenda, S. 192.

Dekoloniale Perspektiven unter kolonialen Verhältnissen?

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Science is nothing but the finding of unity, and as soon as any science can reach the perfect unity it will stop from further progress, because it will then have reached the goal. Thus, chemistry cannot progress farther when it shall have discovered one element out of which all others could be made. Physics will stop when it shall be able to discover one energy of which all others are but manifestations. The science of religion will become perfect when it discovers Him who is the one Life in a universe of death, who is the constant basis of an everchanging world, who is the only Soul of which all souls are but manifestations. Thus through multiplicity and duality the ultimate unity is reached, and religion can go no further. This is the goal of all – again and again, science after science, again and again. And all science is bound to come to this conclusion in the long run. Manifestation and not creation is the word of science of today, and the Hindu is only glad that what he has cherished in his bosom for ages is going to be taught in more forcible language and with further light by the latest conclusions of science. 23

Mit unüberhörbarem Stolz präsentiert Vivekananda die philosophischen Überlieferungen Indiens als zukunftsrelevante Antworten für Fragen, vor denen die westliche Wissenschaft steht, und die Vermutung liegt nahe, dass ihn das Interesse westlicher Forschender zu dieser Einschätzung ermutigt hat. Bezogen auf religiöse Geltungsansprüche argumentiert er, dass eine universale Religion nicht an einen bestimmten Ort und eine bestimmte Zeit gebunden sein kann. Zwar bezieht er der Form nach indische Terminologien mit ein in seine Beispiele für lokal geprägte Religion, die nicht universalisiert werden kann, aber der Sache nach ist sein Lösungsansatz sehr stark durch Ideen des Vedanta geprägt: … if there is ever to be a universal religion, it must be one which will hold no location in place or time; which will be infinite, like the God it will preach; whose sun shines upon the followers of Krishna or Christ, saints or sinners, alike; which will not be the Brahmin or Buddhist, Christian or Mohammedan, but the sum total of all these, and still have infinite space for development ; which in its catholicity will embrace in its infinite arms and find a place for every human being, from the lowest groveling man, from the brute, to the highest mind, towering almost above humanity and making society stand in awe and doubt his human nature. It will be a religion which will have no place for persecution or intolerance in its polity, which will recognize a divinity in every man or woman, and whose whole scope, whose whole force, will be centered in aiding humanity to realize its divine nature. 24

Am Ende seiner Rede geht Vivekananda explizit auf die politischen Aspekte seiner Vision für die Zukunft der Menschheit ein. Dabei ist es interessant, auf welche Weise er den ideologischen Anspruch der Weltausstellung von Chicago aufgreift, in deren Kontext das Weltparlament stattfand. Eigentlich hätte sich dieser Anspruch leicht als ein kolonialer und imperialer dekonstruieren lassen, wie es an anderer Stelle oft geschehen ist: Die Weltausstellung nahm Bezug auf die 400jährige Wiederkehr der ersten Kontaktaufnahme europäischer Invasoren mit Amerika 1492 und sie feierte den Aufstieg der Vereinigten Staaten zur führenden Industrienation mit Symbolen aus der Antike, aus der Renaissance und aus der christlichen Erwartung des „Neuen Jerusalem“. 25 Der amerikanische Mythos wur-

23 Ebenda, S. 194. 24 Ebenda, S. 197. 25 Dazu Lüddeckens, Dorothea: Das Weltparlament…, a.a.O., S. 166–168

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Andreas Feldtkeller

de personifiziert in der weiblichen Figur „Columbia“, die aus dem Namen von Christoph Kolumbus abgeleitet ist. Swami Vivekananda greift die darin enthaltenen problematischen Machtansprüche nicht etwa direkt an, sondern er nimmt seinerseits „Columbia“ in Anspruch für eine eigene, explizit dekoloniale Vision. Er stellt Columbia dar als eine Figur, die niemals koloniale Schuld auf sich geladen hat. Auch wenn diese Figur letztlich fiktiv bleibt: Sie steht in Vivekanandas Rede als Chiffre für eine dekoloniale Zukunft der Welt: Hail, Columbia, motherland of liberty! It has been given to thee, who never dipped hand in neighbor's blood, who never found out that shortest way of becoming rich by robbing one's neighbors – it has been given to thee, to march on in the vanguard of civilization with the flag of harmony. 26

Die drei in diesem Beitrag angeführten Beispiele – Bahāʾullāh, B. B. Nagarkar und Swami Vivekananda – haben miteinander gemeinsam, dass sie in starkem Kontrast zu den politischen Realitäten ihrer Zeit von einer dekolonialen Weltordnung so sprechen, als wäre sie zum Greifen nah und als wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich diese Ordnung endgültig durchsetzen wird. Angesichts der bis heute drängenden Herausforderung, eine dekoloniale Perspektive so zur Sprache zu bringen, dass sie nicht in direkter oder indirekter Abhängigkeit zur epistemischen Vormachtstellung westlicher akademischer Diskurse steht, bringen diese drei Stimmen eine bedenkenswerte Alternative ins Spiel: die Verankerung einer dekolonialen Perspektive in religiösen Geltungsansprüchen, die unabhängig von westlichen Traditionen bestehen. Religiöse Diskurse stehen oft im Verdacht, den Einsatz für notwendige Veränderungen gesellschaftlicher und politischer Machtverhältnisse eher zu behindern als voranzubringen. Das ursprünglich marxistische Argument vom „Opium des Volkes“ 27 ist längst von einem westlichen säkularistischen Zeitgeist so in Anspruch genommen worden, dass insbesondere die „östlichen“ Religionen unter den Verdacht gestellt wurden, eher lähmend als aktivierend zu wirken. 28 Diese ihrerseits in einem epistemischen Eurozentrismus befangene Vorstellung sollte einer Suche nach dekolonialen Perspektiven nicht mehr länger im Weg stehen, sodass ein Ort jenseits der epistemischen Vormachtstellung westlicher akademischer Diskurse auch als ein Ort imaginiert werden kann, der möglicherweise nicht den westlichen akademischen Vorgaben von „Säkularität“ entspricht.

26 The World’s Congress of Religion…, a.a.O., S. 198. 27 Marx, Karl: Kritik der Hegelschen Religionsphilosophie, Einleitung, Marx-Engels-Gesamtausgabe, Abteilung I, Band 2, Berlin 1982, S. 171. 28 Dazu Feldtkeller, Andreas: Umstrittene Religionswissenschaft. Für eine Neuvermessung ihrer Beziehung zur Säkularisierungstheorie, Leipzig 2014, S. 103–106.

A PROFILE OF THE GERMAN ORIENT MISSIONARIES IN NORTHWEST PERSIA, URMIA, AND KHOI ORPHANAGES, 1897–1914 Vincent Pascal Gucha The massacres of Assyrians and Armenians by the Ottoman Empire between 1894 and 1896 created a horrible humanitarian crisis in northwest Persia. In response to the crisis, some mission societies from Europe sent their personnel to assist. Among these societies was the German Orient Mission. Even though the majority of the staff of the German Orient Mission came from Germany, a few were from other European countries as well. In addition, local people – most of them from the surrounding communities – were recruited to work in the orphanages. 1 In the beginning, the local labor force (from permanent positions to casual laborers) consisted almost completely of Christian people. The reason for this was that Muslims perceived working for non-Muslims to be an insult; they also feared that the western mission societies were offensively introducing religious-cultural norms and values, which they believed would erode the fabric of their own moral and religious values. However, with no more options available for many Muslims to fend for their livelihood, a good number of this group ended up working as casual laborers in the orphanages. 2 The first group of Germans to be sent to northwest Persia by the founder of the German Orient Mission, Johannes Lepsius, in May of 1897 included Hans Fischer, a pastor at Nieder-Weidbach in Hesse who had to resign from his parish work to head the first team, and his wife, Else. Also among them were two sisters from Königsberg, East Prussia, by the names Marie and Margarethe Paulat, Margarethe being the younger. The immediate concern was to organize the aid work and to set up orphanages. Marie first worked with Hans Fischer at the Kalassar, which was the first orphanage to be founded by the group. Margarethe worked only briefly in Urmia orphanage, from 1897 to 1899, and then had to return to Germany. She could not adapt to the Persian climate, which often left her sick. Marie worked longer with the mission society (until 1932) while Hans Fischer stayed until 1926. Unfortu1 2

Cf. Feigel, Uwe: Das evangelische Deutschland und Armenien. Die Armenierhilfe deutscher evangelischer Christen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Kontext der deutsch-türkischen Beziehungen, Göttingen 1989, pp. 31–33. Cf. Friedemann, Anna: Aus Urmia, in: Der Christliche Orient. Monatsschrift der Deutschen Orient-Mission, no. 10, Hamburg 1909, p. 166; Das Waisenhaus in Choi, in: Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1899, pp. 78–79.

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Vincent Pascal Gucha

nately, the sources do not specify in which years either left northwest Persia or for what reasons. 3 During the same period in 1897, Eduard von Bergmann was given charge over all stations in Persia. Bergmann was born on January 31, 1812, in Rūjiena in Latvia, 4 but only sparse information about his family background is known, except that he had two brothers; one was working in Petersburg, Russia, as a state counselor during the same period when Eduard was in Persia. The other brother was a medical doctor. 5 When the German Orient Mission was looking to recruit someone as head of their mission in Persia, Bergmann came into the picture. He had a rich working experience in the Orient: before his appointment as the head of the Persian mission, Bergmann was a member of the Tbilisi Synod (Georgia) and a Lutheran Pastor in Baku.6 Lepsius described him as a person who knew how to network with people not only within the political realm but also within the religious fraternity, which made him stand out among his peers. He was also seen by many as the living bond between the evangelical work in Persia and the Lutheran Church of Russia. 7 These are some of the qualities he brought with him to the mission. The mission organization credited Bergmann with carrying out the foundation of the two orphanages in northwest Persia, Urmia and Khoi.8 He was described as a man full of faith, whose perseverance, loyalty to the mission, and particular love for the poor and needy propelled him to achieve mission goals with greater success in all the stations to which he was posted.9 Besides being in charge of the Persian stations, he was further tasked to head the orphanage in Khoi for some period before a new person was sent to relieve him of duty. However, after Pastor Bähnisch resigned from Diyarbakir orphanage in southeast Turkey – which was one of the mission stations of the German Orient Mission – Bergmann was sent to Diyarbakir. This occurred in mid-April of 1900. Bergmann’s first responsibility was to see to the possibility of reopening the orphanage, which had been closed

3

4 5 6 7 8 9

Cf. Lepsius, Johannes: Das Deutsche Hilfswerk für Armenien, in: Der Christliche Orient…, op. cit., Berlin 1897, pp. 327–328; Friedemann, Anna: Sommerbrief aus Urmia, in: Der Christliche Orient…, op. cit., no. 2, Berlin 1901, p. 146; Goltz, Hermann/Meissner, Axel: Deutschland, Armenien und die Türkei 1895–1925. Dokumente und Zeitschriften aus dem Dr. Johannes-Lepsius-Archiv an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Teil 3: Thematisches Lexikon zu Personen, Institutionen, Orten, Ereignissen, München 2004, p. 222. Cf. Lepsius, Johannes: Reisebriefe von Dr. Johannes Lepsius I, in: Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1899, p. 108. Cf. von Bergmann: Aus Briefen von Eduard V. Bergmann, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, p. 169. Cf. Henselmann, Manja: Briefe aus Choi, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, p. 157. Cf. Lepsius, Johannes: Reisebriefe von Dr. Johannes Lepsius II, in: Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1899, p. 123. Cf. Lepsius, Johannes: Eduard von Bergmann, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, p. 145. Cf. ibidem, pp. 162–164.

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due to a standoff between orphanage management and the Ottoman government.10 Bergmann’s appointment to this region came at a price, as he struggled to adapt to the climate, which constantly left him suffering from dengue fever. Additionally, the physical discomfort and moral misery of the local population drained all his energy. As Pastor Hansen (by then working in Russia) described it, “A sight of sick children, hungry people, the laziness and dishonesty among the Turkish government officials and the malice of the fanatical Muslim population always made Von Bergmann to suffer.”11 The attempt by some to undermine his mission with insufficient finances and attacks on his personal reputation added more salt to the wound. The sources do not disclose who these people were. The sources do not disclose the identity of these people, presumably they were members of the German Orient Mission. The irreconcilable differences with the Turkish officials saw von Bergmann put under house arrest. However, the French and English were allowed to visit him. Besides the limitation on who was to visit, all his books and other readings were censored, these made life more unbearable to him.12 In August of 1900, Bergmann’s health had begun to deteriorate. It became worse on September 12, when he was finally diagnosed with typhoid, which led to his death on the night of September 26, 1900. A funeral service was held in a Protestant Armenian church, followed by burial in a small, strange cemetery located in the south gate of Mardin near the Tigris river in Diyarbakir, as he had wished during the last days of his life. 13 After his death, Pastor Detwig von Oertzen was appointed in the same capacity as the overall head of the mission in Persia.14 DETWIG VON OERTZEN (1876–1950) Oertzen was born in a town known as Anklam (initially called Tanglim and Wendenburg), a town in the Western Pomerania in the region of MecklenburgVorpommern state, Germany.15 After his military service, Oertzen studied theology in Halle and Berlin and was ordained by chaplain Dryander Schloss. His first contact with Lepsius was made when he was the secretary of the German Missionary Students’ Movement. When Pastor Eduard von Bergmann died, Oertzen was appointed as head of the mission in Persia at the age of twenty-six. In order to equip himself for the mission, he resolved to learn both Arabic and Turkish languages and to study the Koran. He arrived in Persia (Khoi) on February 27, 1902, 10 Cf. Henselmann, Manja: An die Pflegeeltern unserer Kinder, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, p. 58. 11 Hansen, Hermann: Eduard von Bergmann, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, p. 168. 12 Cf. ibidem. 13 Cf. ibidem. 14 Cf. Henselmann, Manja: Mitteilungen, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, p. 32. 15 Cf. https://en.wikipedia.org/wiki/Anklam (10.10.2017).

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to take his appointment as the head of the Persian mission and at the same time to take over for Miss Henselmann as the director of Khoi orphanage. 16 As the supervisor of the mission in Persia, Oertzen introduced a number of activities not only for the children but for the workers as well. In 1903, he introduced morning prayers on a voluntary basis among the orphanage day laborers in Khoi, which included six Muslims. One particular Muslim man never missed daily Christian devotions, which were held in the yard or garden. Was it a strategy of discreetly evangelizing? “D. J,” whose initials remain undeciphered in the records of the mission, affirms that it could have been a way of doing evangelization: “In such an establishment, it is very easy to preach the Gospel. It would indeed be injustice if we did not seek to convince the Mohammedans.” 17 Oertzen himself never uttered any word to that effect, but D. J’s words point to the fact that the German Orient Mission could have been secretly involved in evangelization activities within the context of orphanage work – though performed with caution for fear of the consequences that might have attended such action. Although he worked passionately among the Christians, Oertzen’s great mission enthusiasm and zeal was for working among the Muslim population. In order to prepare for this challenging task, he took a familiarization tour from July 1903 together with his assistant, Wiencke Gustav, who had begun working with the German Orient Mission in 1901 and stayed with them until 1923. 18 They rode to the south of Urmia, in the Kurdistan region, to a town called Sautschbulak, which changed its name to Mahabad in 1936.19 The area was mainly occupied by Kurds, and the majority of people spoke Kurdish and Persian. They further travelled to Hamadan, Kermanshah, Bisutan, Senneh, and Sakkis, then returned to Urmia again in 1904. During this long and tiring journey, Oertzen contracted pneumonia and typhoid fever and had to seek treatment at the American medical missionary facility in Urmia. Thereafter, he travelled back to Germany for a recovery vacation; 20 there he met his future wife, Haguein Virchaux Juliette, who later became not only his wife but his coworker in Sautschbulak. 21 In 1905, Oertzen together with his wife moved to Sautschbulak as their new mission base. Many of the foreign missionaries who had worked in this town preferred to live within the Jewish quarters which was perceived to be more secure. Hence, Oertzen and his wife also settled in the same quarters. Kurds were per-

16 Die letzten Tage in Choi und Reise über Tabris und Etschmiadsin nach Tiflis, , in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, p.100. 17 D. J.: Aus der Arbeit: Urmia, 5. Oktober 1903, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 5, Berlin 1903, p. 15. 18 Cf. Reiseberichte/Kurze Nachrichten, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, pp. 173–175, 179–186. 19 Cf. https://en.wikipedia.org/wiki/Mahabad (16.10.2017). 20 Cf. Lepsius, Johannes: Die Generalversammlung der Deutschen Orient Mission, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 5, Berlin 1904, p. 18. 21 Cf. von Oertzen, Detwig: Aus unsern Stationen: Choi. P. v. Oertzen nach Persien zurückgekehrt, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 6, Berlin 1905, pp. 4–5.

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ceived as wild and liable to attack at any moment. 22 From this base, Oertzen was able to extend his mission activities to Jewish people. 23 Although it was difficult at the beginning to forge any contact with the Muslim population because of the risks involved, eventually an avenue was discovered through which Oertzen could make some contact. This was mainly through educational meetings, which covered various topics from religion to cultural and moral issues. 24 Insecurity in the region led to the death of Immanuel Damman, a linguist who had worked with Oertzen in the mission for just a year. Damman was murdered between 15th and 16th February1907 by Kurd robbers. 25 Fearing the worst as the violence of the Persian revolution of 1908–1909 erupted, Oertzen and his wife had no option but to leave the Kurdish mission at the beginning of October 1908 for Plovdiv in Bulgaria; this led to the early closure of the Sautschbulak station. One of the most remarkable works that Oertzen did in this mission was translating the Gospel of Mark into the Mukri-Kurdish language, the Kurdish New Testament. Although they had to leave, Oertzen’s desire was to come back and continue with the mission once the security situation improved. Unfortunately, this never happened.26 Throughout his life, Oertzen worked in a number of places in various capacities, from aid activities to evangelization in Egypt, Constantinople, Baghdad, Mosul, Beirut, Mardin, Haifa, Jaffa, and Gardone. Toward the end of his life he moved to southwestern Germany as a pastor of a parish in a town called BadenBaden, where he worked for nine years until his death on July 18, 1950.27 During the same period when Oertzen was appointed to replace Bergmann, Martha Anna Friedemann was sent to Urmia. 28

22 Cf. idem: Einzug in Sauschbulak, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 6, Berlin 1905, pp. 104–105; Hertzberg, Hans Wilhem: Detwig von Oertzen. Ein Christuszeuge im Orient, Gießen 1961, p. 46. 23 Cf. Goltz, Hermann/Meissner, Axel: Deutschland, Armenien…, op. cit., p. 387; Tamcke, Martin: Mission among Jews and Muslims in Mahabad. Strategies of the German Orient Mission in Iran. Antti Laato and Pekka Lindqvist, Encounters of the Children of Abraham from Ancient to Modern Times, Leiden 2010, p. 294. 24 Cf. Tamcke, Martin: Mission among Jews and Muslims in Mahabad…, op. cit., p. 298. 25 Cf. von Oertzen, Detwig und Juliette: Eine Schreckliche Nacht in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 8, Berlin 1907, pp. 33–36. 26 Cf. Coakley, James F.: The Church of the East and the Church of England, Oxford 1992, p. 280; von Oertzen, Detwig: Aus Philippopel, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 9, Berlin 1908, p. 180. 27 Cf. Tamcke, Martin: Detwig von Oertzen’s Mission to the Levant, in: Aram 25, no. 1/2, Leuven, 2013, pp. 80–81. 28 Cf. Abordnungsfeier, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, pp. 186–187.

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MARTHA ANNA FRIEDEMANN (1854–1933) Martha Anna Friedemann, famously referred to as Mother Anna, was born on December 10, 1854, in Garssen bei Mitau, Kurland.29 In November of 1900, she was one of the first Germans to be sent to northwest Persia as a missionary, although other Germans had already been there for relief work. Being that Friedemann was a teacher by profession, she was tasked with the management of the Urmia orphanage school. Besides running the school, she was to head the orphanage, replacing Marie Paulat, who had to return to Germany for a few months for a recovery vacation. Friedemann’s work in the orphanage officially began on December 4, 1900. 30 The ability to speak several languages (such as English and French) enabled Friedemann to penetrate the hearts of high-class Muslim families, who requested that she teach their daughters French and instruct them in sewing. 31 What struck Friedemann within the Persian social sphere was the position of women in the society, which she described as follows: “one characteristic among the Muslim women regardless of their economic status was lack of self-confidence and sadness in their faces, being in solitude and lack of education was part of their life style.”32 Their thirst for education was a genuine concern that prodded Friedemann to act, hence she opened a school for Muslim girls and women on behalf of the mission society in 1902. 33 Friedemann’s decision to concentrate on the Muslim women and children from upper-class families was because the American missionaries and other mission societies were already doing very successful work with the poor Muslim girls; it would not have made sense to replicate their work. In the first month, there were sixteen students, both children and adults, attending the lessons; the girls were between the ages of six and eight years old. Some of the girls were already engaged, as that was the normal age for engagement according to the local customs. The lessons were divided into sections, the first hour and a half was for the sewing lessons, and the rest of the time was for French, more emphasis being put on the French language than on any other foreign languages in the region. As the school progressed, Friedemann needed an assistant. She was joined by an Assyrian woman by the name of Khanna, a former teacher from the orphanage school. 34 Despite some people doubting the success of such a project – one which normally could have created conflict with the Muslim religious leaders, as had often been the case with other foreign missions – it won the hearts of many Muslims. The school grew dramatically without any opposition, forcing Friedemann to rent a house for the project as more parents asked if she could also teach their children to read and write. The initial idea of setting up the school was that it would be self-sustaining, raising its own funds through tuition, but this never materialized. 29 Cf. Orient im Bild, no. 4, Potsdam 1929, p. 30. 30 Cf. Abordnungsfeier, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, pp. 186–187. 31 Cf. Friedemann, Anna: Unter den muhammedanischen Frauen, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, pp. 149–151. 32 Ibidem. 33 Cf. ibidem. 34 Cf. ibidem.

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Although the students from the rich families made some contributions, they stuck to their limits. As the school admitted all students, even those from poor backgrounds, another source of funding had to be found. Friedemann had no any other option but to ask for more support from Germany; terminating the project was out of question. It was perceived that if the project were terminated, it would not only dent the image of Friedemann herself but more so the image of the mission society. Friedemann was of the opinion that the local people were in the dark and needed the light; it was a duty of any Christian to act, and failure to act amounted to abdicating one’s duty. Even though there was no open opposition for the foundation of the school, it was claimed that a section of the Muslim population was not happy with its progress, hence failure of the school could have been a point of ridicule for the whole mission – or, even worse, a means used by opponents to curtail all mission engagements. 35 Friedemann also visited the Jewish quarters once a week to learn their customs and traditions and to assist in many ways after realizing that the Jewish people (unlike other ethnic or religious communities in the region) had no foreign missionaries working among them.36 The rapport she had created with the Jewish community convinced a rabbi to offer her a room where she engaged in working with the youth.37 Her service to the people of Urmia was an inclusive one, evidently not dependent on the religion or cultural affiliations of the people. Besides the orphanage and her engagement with the local population, it was through Friedemann’s own initiative that a church named Christ Church was built in Urmia in 1912. Both the orphanage and the local Christian communities used the church for conducting church services. Unfortunately, the church was destroyed in 1915 during the First World War. After her return to Germany in 1914, Friedemann kept contact with Pastor Pflaummer, a German-American, and a former orphanage girl by the name Sultä Temris who would occasionally brief her on the general situation in Urmia and the whereabouts of some of the orphans of Dilgusha. It is clear from the correspondence between Friedemann and Pflaummer that all hopes to return to Urmia and to rebuild the ruined orphanage were never lost. 38 With a greater zeal to continue working with young people, Friedemann founded a new home in Gallneukirchen, Austria, in 1917 for refugee children fleeing Russian Stanislau (Poland). The home housed both boys and girls – numbering as many as 150 children – in small cottages. Friedemann was in charge of the girls’ cottage called Ebenezer, which had twenty girls from six to fifteen years old, Germans from Galicia. As

35 Cf. ibidem. 36 Cf. Friedemann, Anna: Kleine Juden aus Urmia, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 4, Berlin 1903, p. 69. 37 Cf. idem: Aus dem Judenviertel von Urmia, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 4, Berlin 1903, pp. 183–187. 38 Cf. idem: Nachrichten aus Persien, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 16, Berlin 1915, pp. 74–76.

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compared with the work in Persia, this was much easier, as there were no cultural barriers and everything was done in the German way. 39 At a later stage in her life, Friedemann moved to Herborn to be near her childhood friend, Princess Elizabeth Syan of Wittgenstein. At the age of seventy-nine, Friedemann passed away on August 4, 1933, after a short illness in a Herborn care facility. She was buried in the castle cemetery of Wittgenstein Laasphe.40 Friedemann was one of the remarkable people in the history of the German Orient Mission in Urmia, and the only German who worked in Urmia whose memoir was published as a book by the mission society in 1928. In 1929, the mission society published her own book, entitled Our Church, which was written in memory of the church that was built in Urmia on her own initiative. 41 Friedemann’s contribution was so immense that the mission periodical (Der Stern der Weisen) adopted the cause of connecting the children in the Orient, especially those who were under the care of the German Orient Mission, with children in Germany.42 KHOI ORPHANAGE Pastor Johannes Urbschat, Elisabeth, and Mathilde Gardthausen Pastor Johannes Urbschat and his wife Elisabeth came from Brandenburg. Together with Mathilde Gardthausen, they were sent to work in Khoi in April 1899. The couple had left their one-and-half-year-old son Martin behind. He joined them in June of the same year. 43 Unfortunately, due to health reasons Urbschat had to return to Germany for good toward the end of 1899. His place was taken by Manja Henselmann, who was by then stationed in the Urmia orphanage. 44 What stands out about Urbschat was that during his short period of time in Khoi he secured the services of a medical doctor, which was necessary in the orphanage and its surroundings.45 Urbschat remained a member of the German Orient Mission until 1907. Later he was a pastor at Borken, which today is the capital district town of North Rhine-Westphalia state, Germany. 46 Neither the family background nor the origin of Mathilde appear in the sources. She instructed the girls at the orphanage in sewing. In addition, she was responsible for the management of the 39 Cf. idem: Aus Briefen unserer Mitarbeiter: Gallneukirchen, Ende 1917, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 19, Berlin 1918, pp. 6–8. 40 Cf. Orient im Bild, no. 9, Potsdam 1933. 41 Cf. Orient im Bild, no. 4, Potsdam 1929, p. 30. 42 Cf. Der Christliche Orient..., op. cit., no. 5, Berlin 1904. 43 Cf. Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1899, pp. 44, 55, 107. 44 Cf. von Bergmann: Unsere Arbeit in Persien, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, p. 19. 45 Cf. Henselmann, Manja: Briefe aus Choi…, op. cit., p. 136. 46 Cf. Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1899, pp. 123–126; Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, pp. 19–26; https://en.wikipedia.org/wiki/Borken, North_Rhine-Westphalia (24.10.2017).

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orphanage school and was credited for bringing order to the orphanage educational system through instructing the teachers in methodological teaching.47 Manja Henselmann Manja was a Jewish foster daughter of Wilhelm Faber, a Jewish Protestant and a cofounder of the German Orient Mission of 1895, whose main goal was to carry out mission work among Islamic people. But with the Assyrian and Armenian massacres, the mission goal was changed to humanitarian activity, in which Faber was not involved. 48 Henselmann originally came from Halle an der Saale, a city in the southern part of the German state of Saxony-Anhalt. She worked first together with Marie and Margarethe Paulat in Urmia and was with the German mission from 1899– 1925. 49 She was in charge of the management of the orphanage. The management skills, order, and discipline which she brought to the Khoi orphanage within one and a half years was commendable. As pointed out in one of the mission reports, “We have to thank Miss Henselmann for the most part because she cares for the children as a good family caring for their own children, clean in every respect.” The same sentiment was repeated by a person only identified as “A”: “We must confess that we have never had such a well-organized orphanage in our country.” 50 Henselmann also founded and equipped an orphanage infirmary with beds, medicine, and essential medical instruments. Being that she was a trained nurse she knew exactly what was required for the proper running of the infirmary. 51 Besides her management skills, she was also gifted in languages: she spoke several languages that made her work easier – Turkish, Syriac, Russian, and Armenian. 52 Manja left Khoi orphanage on March 15, 1902. Thereafter, there are no further details about her life.53 Upon Manja’s return to Germany, Anna Harnack took over the management of the orphanage.

47 Cf. Henselmann, Manja: Briefe aus Choi…, op. cit., p. 157; Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, pp. 19–20. 48 Cf. Goltz, Hermann/Meissner, Axel: Deutschland, Armenien…, op. cit., p. 156; Lepsius, Johannes: Der Herausgeber an die Freude unsrer Arbeit, Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, pp. 3–8. 49 Cf. Goltz, Hermann/Meissner, Axel: Deutschland, Armenien…, op. cit., p. 222. 50 Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, pp. 19, 190. 51 Cf. Samariterdienst in Choi, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 4, Berlin 1903, p. 148. 52 Cf. Henselmann, Manja: Von Choi nach Van, Der Christliche Orient..., op. cit., no. 1, Berlin 1900, pp. 151–152, 156; Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, pp. 64, 113. 53 Cf. Die letzten Tage in Choi und Reise über Tabris und Etschmiadsin nach Tiflis, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, pp. 102–105.

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Anna Harnack (1859–1924) Anna began working with the German Orient Mission in 1902. She was the housemother of Khoi orphanage until its closure in 1914. 54 Apart from being the housemother, she contributed much in the larger Khoi community in health, education, and the social and spiritual development of the people regardless of their ethnicity or religious affiliation. She travelled around the neighboring villages of Khoi together with some of the orphanage girls visiting the sick and offering basic medical assistance and visiting the poor. She was passionate about the education of the children because she believed that the future progress of the local community depended on a good foundation for the young generation. In 1905, Anna teamed together with a village priest of Shoraf and one of the sons-in-law of the orphanage to found a small village school. 55 For the alreadyestablished schools she gave support – for example to an Armenian school in Khoi where she paid the teachers’ salaries when the Armenian families could not afford to do so. Unfortunately the school closed in 1912, but the forty children attending were allowed to continue with their education at the orphanage school. By 1913, the population of students was seventy-seven children, forty-nine from outside and twenty-eight from within the orphanage. In the same year, the school admitted its first two Muslims pupils. The plan was that children from outside were to pay a small tuition fee of eight Deutsche marks per year and those who were very poor were to be allowed to learn for free – but no one was willing to pay. Some parents withdrew their children from the school on hearing about the fee. 56 Despite all these issues, this was one of the high points of the mission work in Khoi, as explained by Harnack, It was an indescribable joy when Zachar wrote to me last year [1912] that the Armenian youths have joined our orphanage school … This meant that the whole generation came under our influence and opened up a perspective for our work which had been impossible ten years ago, for at that time we had no influence on the Armenian community. 57

At the orphanage school, Harnack handled a number of subjects: religion, history, geography, and arithmetic.58 Her endeavors to improve the social aspect of the people can be seen in her initiation of a group for Armenian men in 1908; every evening they would gather to read selected books – for example, translations of books by Friedrich Schiller, one of the greatest German playwrights of late eighteenth and early nineteenth centuries. There followed general conversations rang54 Cf. Goltz, Hermann/Meissner, Axel: Deutschland, Armenien…, op. cit., p. 214; Harnack, Anna: Erste Eindruck von Choi, Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, p. 152. 55 Cf. Harnack, Anna: Persische Dörfer, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 6, Berlin 1905, pp. 77–78. 56 Cf. idem: Aus der Arbeit in Khoi, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 14, Berlin 1913, pp. 99–100. 57 Ibidem, p. 99. 58 Cf. Harnack, Anna: Rußland in Persien: Brief aus Khoi, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 13, Berlin 1912, pp. 72–74.

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ing from religion to social issues of concern. The goal of the group was to prevent the Armenian men – some of whom were married to the former orphanage girls – from indulging in drug abuse (alcohol and opium), which was taking a toll on many young Armenian men.59 Harnack extended the drug rehabilitation program in 1910 to the Turks, who were mainly opium smokers living in caves. She also began to work with prisoners. 60 For Muslim girls who were languishing in idleness and hard lives, especially those who came from poor families, as claimed by Harnack: Their life is very simple and undemanding. The men work in the whole bit, but smoke and sleep a lot. Women of the lower population are often the bread winners of the family… Muslim women in their twenties look worn out and aged… Christian women have a much better life. 61

She organized handicraft training programs for them, which began with nine Muslim girls. As for the spiritual enrichment for the Christian communities in the Khoi region, Harnack arranged for a preacher to visit one of the Armenian villages, which had no clergy, although it is unknown which denomination the preacher was affiliated with or the success of the work.62 In addition to mission work, Harnack was involved in literary works, for example the scientific classical works of Patriarch Maghakia Ormanian (which explained more about the Armenian Apostolic Church) and she translated several Armenian poems. Her work with the orphans was recognized by the German government, and she was awarded Woman of Merit by Kaiser Wilhelm II. Upon her return to Germany in 1917 she worked with the Belgium Red Cross as a social worker among girls and women in an ammunition factory.63 While in Germany, Harnack never forgot her “orphan children” in Persia; she kept following their welfare and the general situation in the region through exchanging letters with workers, friends, American missionaries, and some of the former orphans themselves. She tried as much as she could to assist the orphans whenever an opportunity arose. On one occasion in 1922, she wrote to Oertzen asking him to take some of the Armenian orphans to Haifa, where he was working as a pastor in a German Lutheran church. She also contacted one of the former German Orient Mission workers in Urfa, Jakob Künzler, who was traveling all over Turkey gathering Armenian orphans on behalf of the Near East Relief Committee and taking them to Lebanon, Beirut. Harnack requested that he take some of the former orphans in Khoi with him. She was convinced that when the chil59 Cf. idem: Khoi in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 9, Berlin 1908, pp. 70–71. 60 Cf. idem: Aus Briefen unserer Mitarbeiter, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 18, Berlin 1917, pp. 39–47. 61 Ibidem, p. 79. 62 Cf. Harnack, Anna: Muhammedanerarbeit in Khoi, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 11, Berlin 1910, pp. 20–22; Garabedian, Zachar: Khoi und unsere Arbeit, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 13, Berlin 1912, p. 33; Harnack, Anna: Aus der Arbeit in Khoi, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 13, Berlin 1912, p. 99. 63 Cf. Harnack, Anna: Aus Briefen unserer Mitarbeiter…, op. cit., pp. 39–47.

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dren were taken to Lebanon, they would receive a better life because some of the longtime friends of the German Orient Mission (such as the Kaiserswerther Sisters) were running an orphanage there as well. 64 Toward the end of the First World War, Harnack spent her last years in Schwerin, in the state of Mecklenburg-Vorpommern. She died in 1924.65 NATIVE PERSONNEL IN THE ORPHANAGES Kalassar/Khoi Orphanages Kalassar was the first orphanage to be founded by the Germans in northwest Persia, but being that it was located near the Turkish border where a Kurdish tribe was based and that the village itself, though large, could not offer any kind of protection, there was a need to move the orphanage where the security of the children was guaranteed. This was how Khoi, a city six hours from Kalassar, was chosen to serve the purpose – it was surrounded by several Armenian villages and had a Christian neighborhood.66 The first native personnel in Kalassar orphanage was the family of Mihran Baghdasarian. Mihran was an Armenian man born in Constantinople to a Christian family. His brother was a pastor who was once the director of an orphanage in Brussa. Mihran trained under Inspector Josenhans in the mission house of Basel and thereafter worked as a teacher and a preacher among his own people. From there he worked for several years in Urmia, though it is not clearly indicated which mission society he joined or the nature of the work he was involved in. While in Urmia in 1897, Mihran was appointed by the German mission as the person in charge of the newly founded orphanage of the Armenians in Kalassar. His wife, Satinig Baghdasarian, was appointed as the housemother. Furthermore, Mihran was to head two houses where homeless people resided, a hospital with an Armenian doctor who had been educated in Europe, and a weaving factory for carpets that had been founded by David Ismael, an Assyrian man who was an agent of the German Orient Mission in northwest Persia. 67 Zachar Garabedjan was one of the longest-serving workers in Khoi orphanage, although it is not indicated in which year he joined the orphanage team. He is always referred to in the mission reports as “our faithful servant.” He may have had some educational back64 Cf. Harnack, Anna: Neueste Nachrichten aus dem Orient: Libanon, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 23, Berlin 1922, p. 43; Lic, Ulrich: Pfingstsegen in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 24, Berlin 1923, p. 6. 65 Cf. Goltz, Hermann/Meissner, Axel: Deutschland, Armenien…, op. cit., p. 214; https://en. wikipedia.org/wiki/Schwerin, accessed on October 17, 2017. 66 Cf. von Bergmann: Aus Persien, in: Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1898, p. 124. 67 Cf. Baghdasarian: Berichte über das deutsche Hilfswerk in Armenien, in: Der Christliche Orient..., op. cit., Berlin 1897, p. 574; Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1898, pp. 9–14; Goltz, Hermann/Meissner, Axel: Deutschland, Armenien…, op. cit., p. 57.

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ground, because when Anna Harnack went for a holiday in Germany in 1911 he took charge of the orphanage and even wrote a letter requesting help in admitting new children. Garabedjan also gave detailed reports about the orphanage and the general situation in the surrounding community. In 1912, he taught the children Armenian history and Russian language. URMIA ORPHANAGE David Ismael The most significant native worker of the German Orient Mission was David Ismael. He was an Assyrian man from the village of Gulpashan, near Urmia, but he had lived in Berlin for some years. There he came into contact with the German Orient Mission. He began working with the German Orient Mission in 1896, before the mission society sent its first German group to northwest Persia. Ismael remained with the mission until 1910. It is unclear why he left, as he had supported it wholeheartedly. Being that the German Orient Mission knew him well, Ismael was entrusted with the relief money meant for the refugees residing in northwest Persia. He would travel to different areas, assessing and distributing the funds. For example, he gave out some money to the Armenian Bishop in Tabriz so that some tools for craftwork could be purchased. This was in line with the mission spirit of helping these people to be self-reliant. By March 20, 1897, Ismael had already visited over eight thousand refugees in several villages. In addition, he founded a weaving mill factory for carpets and fabrics in Kalassar (Salmas), enabling the local community to have a source of income. 68 The need to assist the refugees increased to the point that Ismael could not keep up with the work by himself. In his messages to the Germans, he pleaded with them not to fear sending some people from Germany to help with the work, as nobody would stop them from helping orphans and the poor. This could have been one of the sources of encouragement for the Germans that finally prompted a new team to be sent in May 1897. David Ismael also played a vital role in the founding of the Urmia orphanage by gathering the first group of orphans to be admitted there. 69 Apart from being the housefather and warden of the orphanage, he taught religion and served as translator to some of the orphanage workers who could not speak the local languages. 70 David was also at the forefront of the business engagements of the mission society; he negotiated many business deals on behalf of the German mission, such as buying land and building materials (to mention just a few). To the newly arrived orphanage workers, who were not well acquainted with the government bureaucracy, customs, and language of the people, Ismael served as cultural medi68 Cf. Ismael, David: Urmia in: Der Christliche Orient..., op. cit., Berlin 1897, p. 279. 69 Cf. ibidem, p. 280. 70 Cf. von Bergmann: Unsere Arbeit in Persien…, op. cit., p. 20.

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ator.71 And when Oertzen went to Sautschbulak in 1905 to open a mission among the Kurds, Ismael provisionally assisted him in establishing that mission station.72 It seems that most of the correspondence that occurred between the Persian Christians and the German Orient Mission in seeking aid was carried out with the assistance of Ismael, probably because he had cultivated a rapport and could speak fluent German. This is evident in the appreciation letter of March 15, 1897, which some of the leading church and community leaders (e. g., Oshana Badal Khan, Jaure Abraham, George David Maleck, and Pera Johannes) wrote on behalf of the Assyrian community in Urmia. The letter acknowledges that it had been translated by David Ismael.73 Although there were other native workers who played a great role in ensuring the smooth running of the orphanages, much is unknown about them apart from occasional mention in the reports of the mission society. It is not clear why the names of the mission personnel in various missions were no longer published on the cover page of the mission’s periodicals from 1900 on, as it always had been done in the previous years.74

71 Cf. Groeben, Elisabeth: Aus Briefen der Gräfin Elisabeth Groeben, in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 3, Berlin 1902, p. 47. 72 Cf. von Oertzen, Detwig: Einzug in Sauschbulak in: Der Christliche Orient..., op. cit., no. 6, Berlin 1905, p. 105. 73 Cf. Ismael, David: Urmia…, op. cit., p. 279. 74 Cf. Aus der Arbeit des Armenischen Hilfswerkes, Osterwieck 1899.

CONTRIBUTIONS OF CHRISTIAN MISSIONARIES TO THE SOCIAL TRANSMISSION IN TINNEVELLY AND PALAYAMKOTTAI BEFORE AND AFTER WORLD WAR I Francisca Selvanayagam INTRODUCTION The southern tip of the Indian peninsula was fully exposed to the impact of missionaries’ social action. The intervention of Christianity invariably brought about a significant social transformation in general, but radical change in the social and cultural life of the native Indians in particular. The story of Tinnevelly Evangelical Christianity provides a template that can be applied to the story of every other major conversion movement in India over the past two centuries. Due to missionary activities, Tinnevelly believers became so numerous, prosperous, and strong that in the long run they helped to transform the Hindu culture and society. MISSION HISTORY IN TINNEVELLY The introduction of Christianity in Tinnevelly goes back to the sixteenth century through the Roman Catholic missions, first among the fisher people of Paravas and the Mukkuvars in the coastal region.1 Christian Frederick Schwartz, the first Protestant missionary, visited Tinnevelly in 1778 and became the father of the Tinnevelly Mission. 2 Charles Theophilus Ewald Rhenious was called “the third founder of the church in Tinnevelly” 3 as well as the “Apostle to Tinnevelly.” 4 The year 1780 is considered the foundational year of the Tinnevelly Protestant congregation.5 The Church Missionary Society (CMS),6 the Society for Propagation of the Gospel (SPG), 7 the Society for Promoting Christian Knowledge (SPCK), 8

1 2 3 4 5 6 7

Cf. Grafe, Hugald: History of Christianity in India, volume IV, part II, Bangalore 1990, p. 25. Cf. Appasamy, Paul: The Centenary History of the CMS in Tinnevelly, Palayamkottai 1923, p. 18. Neill, Stephen: A History of Christianity in India, 1707–1858, Cambridge 1985, p. 222. Muller, George: The Birth of a Bishopric, Palayamkottai 1992, p. 28. Cf. Caldwell, Robert: Records of the Early History of the Tinnevelly Mission SPCK and the SPG in Foreign Parts, Madras 1881, pp. 9–12. Cf. Sargent, Norman C.: The Dispersion of the Tamil Church, New Delhi 1962, p. 16. Cf. Firth, Bruce: An Introduction to the Indian Church History, Serampur 1951, p. 131.

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and the Church of the English Zenana Missionary Society (CEZMS)9 were the main organizations that contributed to the growth of Christianity in Tinnevelly. CONTRIBUTIONS TO EDUCATION The greatest accomplishment of the missionaries (both Catholic and Protestant) in Tinnevelly must be their astounding contribution to education. The missionaries provided education regardless of caste, religion, and gender. 10 The first effort ever at educating the female children in the region came from the Protestant mission.11 The new educational institutions shaped the mental, physical, and spiritual attitudes of students. The Christian missionaries promoted basic literacy all the way up to higher education. The CMS Industrial School opened in 1854, 12 and the Sarah Tucker Training School for Women opened in 1858.13 Palamcotta High School was flourishing by the year 1867. The Usborn Memorial School was opened in 1878.14 The Church Missionary College was incepted in 1880. Sarah Tucker High School opened in 1890, and Sarah Tucker College was started in 1896; it was the first women’s college under the Madras Presidency. 15 St. Xavier’s Higher Secondary School, Palamcotta, originated as a middle school in 1880 and became a matriculation in 1884. St. Xavier’s College, which grew out of the school, was founded in 1850.16 According to the 1911 census, the then Tinnevelly district was ranked fourth among the districts of the Madras Presidency in the literacy of its population.17 Education imparted by the missionaries in Tinnevelly and Palamcotta produced educated leadership in the church, society, and government.

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Cf. Wakerman, Henry: An Introduction to the History of the Church of England, London 1889, p. 419. Cf. Grafe, Hugald: History of Christianity…, op. cit., p. 206. Cf. Pillay, Kolappa Kanakasabhapathy: History of Higher Education in South India 1857– 1957, University of Madras, Madras 1957. Cf. Caldwell, Robert: Records of the Early History…, op. cit., p. 7. Cf. Muller, George: The Birth of a Bishopric…, op. cit., pp. 33–34; Ward, Kevin: “Taking Stock”. The Christian Missionary Society and Its Historians, in: idem/Stanley, Brain (eds.): The Church Mission Society and world Christianity 1799–1999, Grand Rapids 2000, pp. 15–42. Cf. Sarah Tucker never visited India but she was deeply interested in missionary work. She was the sister of John Tucker, who was a CMS missionary in the 1830s and 1840s in the Kerala region. A huge fund was raised in her name to go toward missions in the Tinnevelly region. Cf. Daughrity, Dyron B.: Bishop Stephen Neill. From Edinburgh to South India, AUS Series VII, Theology and Religion, vol. 267, p. 88. Cf. Madras Mail, October 1889; Wyatt, Rev. J. L.: Reminiscences of Bishop Caldwell, Madras 1894, pp.104–105. Cf. Directory of Jesuit Education in India, New Delhi 1970, p. 183. Cf. Education Commission Report by the Madras Provincial Committee, pp. 20–70.

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LIBERATION OF WOMEN Another major contribution of Christian missions was in women’s education and the liberation of women from various forms of bondage. 18 Education – the window to the world, the key to knowledge, the wheel of progress – was made available to all children irrespective of their socioeconomic status. Along with education, Christian missionaries also addressed the tasks of prohibiting child marriage and promoting the remarriage of widows. 19 Educating a girl of lower caste was considered a breach of culture and tradition by the upper classes. The missionaries broke the shackles in which the women were bound and set them free to learn things and enrich themselves. Mrs. Adrill was in charge of boarding schools from 1910 to 1952. The boarding schools provided education mainly for the children of the depressed classes. In the boarding schools poor, outcaste, and destitute children were housed, clothed, fed, instructed, and trained. While the girls remained in the boarding schools their customs and superstitious beliefs changed to a great extent. 20 While there was still a ban on Nadar women covering the upper portion of their body, the Christian missionaries encouraged women in their boarding schools to wear a loose blouse. The London Missionary Society fought against the injustice. A dress-making cottonindustry Dorcas society began to produce cheap cloth for Nadar women. In July 26, 1856, the British Government passed an ordinance stating that Nadar women could wear jackets and cover their bosom.21 Missions helped women physically, mentally, and spiritually by educating and empowering them with skills, thus providing economic freedom to live with dignity. Another great contribution was the founding of hospitals for women.22 Many women in Tinnevelly died because social custom prohibited their treatment by the opposite sex. The spread of education liberated the women from the clutches of economic and social bondage. This set much-desired social change in motion and led to new freedoms where women were concerned. 23 WELFARE OF THE DIFFERENTLY ABLE Christian missions were the earliest agencies to organize social and welfare services in Tinnevelly. Many of the children of Tinnevelly had lost their eye sight at an early age through small pox or ignorant treatment of sore-eye. Sore-eye caused

18 19 20 21

Cf. Ware, G. Hibbert: SPG Quarterly Report, Madras 1910, p. 211. Cf. Majumdar, R. C.: British Paramount and Indian Renaissance, Bombay 1965, p. 65. Cf. Daniel, S. S.: Madras Diocesan Record, no. 37, Madras 1893, pp. 102, 104. Cf. Index to the Proceeding of the Government of Fort Saint George in the Ecclesiastical Records 1886–1887, Madras 1987, p. 15. 22 Cf. http://www.christiantoday.co.in/article/christianitys.contribution.to.india/3645.htm (02.01.2019). 23 Cf. Wyatt, Rev. J. L.: Reminiscences…, op. cit., p. 88, 106.

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by fierce winds and dust was a common ailment from June to September. 24 The application of salt and lime to sore-eye led to blindness in many children. 25 Shocked by the lack of awareness of basic health needs among the poor illiterate people, the missionaries came forward to establish rehabilitation facilities for the blind, deaf, and mute. They established schools for the hearing impaired and for the visually challenged as a first step in and around Tinnevelly. In these schools, free education was provided irrespective of caste and creed. The Palamcotta School for the blind was started by Miss. Asquith, the CMS missionary, in 1890; the Florence Swainson School for the deaf opened in 1896.26 The main aim of the schools was to make the students self-supportive by giving them literacy and industrial education. Both schools were a boon to hundreds of physically challenged children and adults. Every child was taught a trade or some means of self-support. The trained boys were employed in cycle, telephone, and match factories. 27 The workshop attached to the schools provided job-oriented courses to the blind, the deaf, and the mute, and equipped them to obtain an honest livelihood.28 RURAL RECONSTRUCTION The missionaries introduced economic uplift schemes to improve the condition of rural men and women. 29 They created rural reconstruction centers in villages of the Tinnevelly district. The relief work was undertaken during famines and epidemics. Frequent famines in Tinnevelly left large numbers of orphans and widows in their wake. The rural works committee was kept in touch with famine relief measures. Famine on the one hand and heavy flooding on the other hand occurred in Tinnevelly in 1877.30 The missionaries played a crucial role in saving many from starvation.31 The Church World Service of the USA supplied wheat, rice, multipurpose food, vitamin tablets, and milk powder during the famine, which were distributed by the rural works committee. 32 Several orphanages and widows’ homes were established to give the young widows and orphans shelter and support

24 Cf. Pate, H. R.: Madras District Gazetteer, vol. 1, Tinnevelly 1917, pp. 258–259. 25 Cf. The CMS Sarah Tucker Institution Annual Report, 1893, p. 16; Pate, H. R.: Madras District Gazetteer…, op. cit., p. 258. 26 Cf. Muller, George: The Birth of a Bishopric…, op. cit., pp. 34–39; Gibbs, Mildred E.: The Anglican Church in India. 1600–1970, New Delhi 1972, chapter 17 “Education, Women’s Work and Medical Mission.” 27 Cf. Madras Diocesan Record…, op. cit., 1893, p. 104. 28 Cf. ibidem, pp. 346–347. 29 Cf. Tinnevelly Diocese Proceedings, Tinnevelly 1981, p. 3. 30 Cf. Bai, Anlet Sobitha: Legacy of the Protestant Women Missionaries in Tinnevelly Till Independence, Marthandum 2017, p. 86, 89. 31 Cf. Madras Diocesan Record…, op. cit., pp. 346–347. 32 Cf. Devadason, S. Rivington/Jesudhasan, R. G.: Report of Tinnevelly Diocesan Council, Tirunelveli 1952–1953, pp. 33–34.

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for a living. Great assistance had been received from the Mansion House Fund and from CMS’s Famine Relief Fund. The famine fund raised by the society, on the order of £17,747, provided for the relief of ninety-six thousand sufferers irrespective of caste, creed, and race. It further maintained hundreds of orphans during the next eight years, as Bishop Sargent related with thankfulness and great comfort.33 DEVADASI SYSTEM The devadasi system – the marriage of girls to the temple gods, one of the major evils of Indian society – existed in Tinnevelly, especially in and around Pannavilai, Alwarthirunagai, Srivaikundam, Kalakad, and Dohnavur. Amy Carmichael was the first to take up the cause of the devadasis. In 1898 she formed a women’s group and visited huts in all the villages near Tinnevelly; in this way she came to understand the devadasi system in the society of Tinnevelly.34 Carmichael saved the children who were the prey to the devadasi system starting with Preena, the first girl saved by Carmichael in 1901. 35 By 1910, hundreds of children had been rescued. By 1923 there were thirty nurseries in Dohnavur that gave shelter to such girls. Thus the Dohnavur Fellowship came into being (registered 1927). In 1945 there were eight hundred girls in Carmichael’s homes. Amy Carmichael’s books, Things as They Are, Lotus Buds, Windows, Though the Mountains Shake, and Gold by Moonlight, describe her rescue operations and other welfare activities. Carmichael made an extensive study of the devadasi system and placed her findings before the government of Madras to make the government aware of the evil system. The Devadasi Act was passed in 1947 and the dedication of girls to the temple was made illegal in the Madras Presidency. 36 EMANCIPATION FROM THE TYRANNY OF HIGH CASTES In times of oppression and exploitation, the poor local people looked to missionaries to fight for their cause, particularly against their immediate local administrative authorities and dominant landlords.37 They were forbidden to enter temples and were not allowed to walk in the public streets. They could not take water from the public well. Justice was denied them. The degree of injustice and the tyranny

33 Cf. Pascoe, Charles F.: Two Hundred Years of the SPG. A Historical Account of the Society for the Propagation of the Gospel in Foreign parts 1700–1900, London 1901, p. 548. 34 Cf. Nathan, S. N.: Amma Amy Carmichael of Dohnavur, London 1953, p. 255. 35 Cf. Carmichael, D. Amy: Things As They Are. Mission Work in South India, London 1903, p. 161. 36 Cf. Carmichael, D. Amy: Lotus Buts, London 1923, pp. 255–259. 37 Cf. Goudie, W.: How the Pariahs Are Oppressed, in: Harvest Field. A Missionary Magazine, Madras July 1895, pp. 282–284.

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of the high castes compelled the low castes to seek help from the European missionaries. The missionaries raised their voice against such social injustice and helped to break the fetters of tradition. The missionaries mingled with the downtrodden and worked to raise their status. They constructed churches and houses. Schools were started all over Tinnevelly district, hastening the process of social emancipation. For a long period the Dalits 38 were socially ostracized, economically exploited, physically oppressed, and politically deprived. 39 It was the missionaries who first introduced reading and writing among the Dalits in Tinnevelly.40 Many men and women of socially neglected demographics found employment as teachers and professors in Christian schools and colleges. They nearly abandoned their traditional professions to take up cultivation, trade, and industry and emerged as prosperous communities. As their wealth grew, they stood to gain their rightful status in society. Indeed it struck at the root of the caste structure. 41 MEDICAL SERVICES Another important contribution of Christian missionaries was making health care available to all people. The people of Tinnevelly suffered from many contagious and communicable diseases. Insufficient cleanliness, scarce and unprotected drinking water, famine, and flood all contributed to the outbreak and spread of epidemics like plague, cholera, and small pox. Poverty begets poor health. The inadequacy of medical facilities in Tinnevelly district induced the missionaries to start dispensaries and hospitals both in cities and in remote villages. The medical services rendered by the missionaries enabled the people of Tinnevelly to overcome their lack of education and gave them a sense of confidence. 42 When Tinnevelly was affected by cholera in 1879, missionaries performed meritorious and humanitarian services. They brought medicines from aboard and distributed to the cholera afflicted free of cost, but they were unable to help the patients affected by chicken pox, plague, and virus fever directly. To respond, they started hospitals in different parts of the Tinnevelly region. Rev. T. G. Barenbruck established a Tamil dispensary at Surandai in 1847. An English dispensary called “Friend-in-need Hospital” began to function in 1849 at Palayamkottai. The first medical mission was introduced at Sawayerpuram in

38 Dalits is the plural of Dalit, which describes the outcaste and untouchables in Sanskrit in both noun and adjective forms. 39 Cf. Kala, P.: Depressed Class Movement in Tamil Nadu, Madurai 2002, p. 10. 40 Cf. Rajamanickam, S.: Indian Church History. Problems and Historical Methods, in: Indian Church History Review, no. 1, Calcutta 1967, p. 77. 41 Cf. Bai, Anlet Sobitha: Legacy of the Protestant…, op. cit., p. 114. 42 Cf. Sharrock, John A.: South Indian Mission. Containing Glimpses Into the Lives and Customs of the Tamil People, Westminster 1910, pp. 261–262.

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1854 by Dr. Huxtable and was expanded by Dr. Strachan at Nazareth in 1870. Rev. A. Margoschis served as medical officer in charge in the dispensary from 1876 to 1908. 43 During that period the dispensary was upgraded to a full-fledged hospital called St. Luke’s. Dr. N. E. Parsons was appointed medical superintendent of the hospital in 1909 and served until 1912. 44 Dr. Frank Wells served as supervisor between 1914 and 1916. In 1917 Dr. Vedabodakam, an Indian, became the medical officer and served until 1958. During the severe epidemic of cholera in the region of Tinnevelly in 1917, Rev. G. T. Selwyn saved the affected people from the clutches of death. He entered all the houses of patients who had been abandoned by their kith and kin and saved them with his limited knowledge of medicine and a bag of potassium permanganate. He saved several hundred lives. The public affectionately called him Namma Durai (Our Lord) and “cholera doctor.” 45 The missionary doctors had gone to language schools for several months to learn the Tamil language. The language study helped them to easily interact with the people and to accurately understand their sickness. 46 Dr. Caldwell played a major role in helping the missionaries to establish dispensaries in small villages such as Idayangudi, Tisayanvilai, Kudankulam, Radhapuram, Meignanapuram,47 and Dohnavur. St. Luke’s Hospital offered treatment to lepers from 1923 onward. Dr. Vedabodakam visited the lepers in the villages, where he rendered free treatment and supplied food to them. Dr. Vedabodakam spotted a highly endemic area – Peikulam – and founded St. Luke’s Leprosarium and a rehabilitation center there. Besides medical assistance, preventive measures were demonstrated by the missionaries. The natives appreciated and benefited from the medical and surgical treatment. ECONOMIC CAUSE The Diocese of Tinnevelly founded business institutions like the Palamcotta Printing Press in 184748 and the Tinnevelly Diocese Mutual Benefit Fund in 1850. The Book Depot (1882)49 and Diocese Co-operative Stores (1942) had been opened for the benefit of common men. 50 The church set up daily markets and shops. The 43 Cf. SPG Report 1871–1873, p. 36. 44 Cf. Christudas, D. A.: A History of Nazareth Mission, Thirumariyur 1950, p. 191. 45 Muller, D. S. George: The Cross Over the Car City. Paper presented at Bishop Stephen Neill Study and Research Centre, Palayamkottai 1996, p. 8. 46 Cf. Fredrick: Tinnevelly Diocesan Council Report, Tirunelveli 1930, p. 39. 47 Cf. Pate, H. R.: Madras District Gazetteer…, op. cit., p. 503. 48 Cf. Bicentenary of the Tinnevelly Church (1780–1980), Commemoration Souvenir, A.9–A.10. 49 Cf. Selwyn, T. G.: Tinnevelly Diocesan Council Report, 1947–1948, Palayamkottai, p. 55. 50 Cf. Packianathan, V. Henry: Nellai Thirusabhai lrunurandu Charithram, 1780–1980, Palayamkottai 1980, p. 67.

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prices of commodities shot up during the wars. Bishop Stephen Neill broached the idea of establishing a cooperative store to purchase grains in large quantities to be sold at a reasonable price. It was a great success. It proved to be manna for the poor people of those days.51 MISSIONS AND THE DECOLONIAL PROCESS DURING WORLD WAR I During World War I, there arose powerful movements for the cause of selfgovernment in India. The emergence of the home rule movement by Annie Besant had created an earlier political awareness, but it was after 1919 that national opinion began to acknowledge that political changes were necessary for the furtherance of social reforms.52 As political unrest began to grow, the Indian Christians articulated in very clear voices their concrete protest against the domination of the western missionaries over the churches and began a steady, rapid, and conscious attempt to bring the church under Indian leadership. In 1903 the indigenous mission IMS was founded by the first Indian bishop, Azariah, and experienced enormous growth in Tinnevelly. 53 In 1918 the properties of the CMS and SPG missions were brought under the supervision of the Tinnevelly Diocese Trust Association. In 1925 the SPG and CMS missions were amalgamated. 54 In December 1927 the Indian Anglican Church received independence from the Church of England. The Bishopric of Tinnevelly was recognized as a self-governing body. 55 The Diocese of Tinnevelly was the first diocese in India in which Indians were free to express and administer themselves in the church. 56 The speed of the transition from mission to church was very close to that of nationalism in India.57 The missionaries were hostile toward nationalism and defended British rule and its repressive policies against the nationalist movement from 1919 to 1921. But the developments within Indian Christendom in the context of rising national identity – which forced a temporary halt to missionary activity during the 1920s – and the resurgence of the evangelistic spirit as the driving force of Christian activities were both traceable to Christian higher education. The education given by the missionaries indirectly helped the Indians by providing awareness of self- and national identity. Indian Christians also took part in the Swedeshi Movement 51 Cf. Muller, D. S. George: The Tinnevelly Bishopric. A Centenary Survey, Palayamkottai 1996, p. 15. 52 Cf. Natarajan, Swaminath: A Century of Social Reforms, Bombay 1967, p. 115. 53 Cf. Billington Harper, Susan: Azariah, Vedanayagam Samuel, in: Anderson, Gerald H. (ed.): Biographical Dictionary of Christian Missions, New York 1998, pp. 35–36. 54 Cf. Aappasamy, A. J.: Golden Jubilee History of Tinnevelly Diocese, Palayamkottai 1947, pp. 2–15. 55 Cf. Fredrick, Tinnevelly Diocesan Council Report, Madras, 1930 PP.1, 11. 56 Cf. S,L. Halliday, The Indian Church Directory, 1937-1938, issue no. 49, Calcutta, p. 209 57 Cf. Gladstone, Rev. J. W.: Protestant Christianity and Peoples Movement in Kerala (1850– 1936), Tirvandam 1984, p. 329.

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(1905), the Non Co-operation Movement (1920), the Civil Disobedient Movement (1930), and the Quit India Movement (1942). The Christian presence in the freedom struggle was felt at both national and regional levels. At the state and regional levels, the Christians were able to establish their credentials as freedom fighters. 58 CONCLUSION The missionaries rendered a commendable service to the people of Tinnevelly and Palayamkottai. Though they faced challenges from the orthodox Hindus, they succeeded in bringing about changes in the mindset of the natives through educational activities. The Protestant and Catholic missionaries were the torch bearers of education in this region. Today in the Tinnevelly district, the Palayamkottai region is called the Oxford of South India, mainly due to the tireless activities of the Christian missionaries of various denominations. Another important contribution of missionaries is that they laid a strong foundation for women’s emancipation in Tinnevelly and Palayamkottai. They fought against the ignorance and illiteracy of women and allowed much-distressed women to breathe the air of emancipation and independence for the first time in their lives. Even the stage for the revival of Hinduism was set by the missionaries themselves. By providing education, medical assistance, and other social service activities, the missions not only benefited their own religion in terms of conversion, but also provided a lesson to the caste Hindus about the neglect of deprived classes. Through this process, the missionaries introduced Indians to the humanistic side of Western civilization. The methods the missionaries used, the values they upheld, the commitment they made, the convictions they maintained, the humiliations and hardships they suffered willingly, and above all their love and passion for the people of Tinnevelly remain a source of inspiration even today.

58 Cf. Thomas, George: Christian Indians and Indian Nationalism, 1885–1950. An Interpretation in Historical and Theological Perspective, London 1979, p. 6.

THREE STEPS INTO AN INDEPENDENT CATHOLIC CHURCH ORGANIZATION IN SOUTH SUDAN Decoloniality in a colonial environment (1848–1974) Helge Wendt From its foundation as a Catholic Mission in 1848 to the foundation of the Sudan Catholic Bishop’s Conference the history of Catholicism in South Sudan went through three formatting periods. The first started in 1848, when the first official mission was sent by Pope Pius IX. The first catholic missionaries were mostly from the Austrian Empire, many of them stemming from ethnical-linguistic minorities. They came from the Slovenian or Italian territories of the Habsburg Empire and although they had some relations to the Jesuits, they were all secular priests. The origin of the missionaries seems to be important from the perspective that these priests themselves had experienced being a minority in a quasi-colonial context. Therefore, the mission work was of rather a-colonial character and missionaries felt liberated from Austrian dominance. They implemented this rather liberating approach in the Sudan mission and founded rather independently working small catholic communities. A problem was that many of the missionaries died very early and in some of the regions no continuous work could be maintained. This period of mission work ended with the Mahdi revolt in 1881, when the second generation of missionaries either were expelled or killed during this armed conflict. The second period of catholic mission started shortly after the victory of the Anglo-Egyptian coalition against the Mahdi in 1899. The catholic missionaries had the right to return to the former mission field. Nevertheless, the character of the new Sudan mission had change drastically. In contrast to the pre-Mahdi period, the newly arrived European missionaries undertook no new initiatives to train a native clergy. Finally, the third and last period started after World War I and was related to new imperial politics of the Anglo-Egyptian government. This government exerted considerable pressure on the different missions. The fields and territories of the different protestant and catholic mission organizations were attributed differently. Furthermore, the civil administration, where increasingly Sudanese Muslims held important positions, insisted on promoting Sudanese people into responsible positions inside the mission organization. The creation and extension of schools was an important instrument to foster young women and men, which could take on jobs within the mission and church. Lastly, these pupils and employees, which became teachers and priests were important figures in the creation process of an independent church organization beginning with the 1950s.

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Helge Wendt

THE FIRST PERIOD OF “AUSTRIAN” MISSIONARIES The history of the formation of a Sudanese church has to deal with the many wars, internal quarrels and civil wars since late nineteenth century. In those conflicts, religion often played a central role, as Yehudit Ronen has pointed out. 1 The early mission enterprise was very tightly related to Austria, later to Italy. Very early, also, the relationship to the surrounding colonial territories were highly important, as to Uganda, Ethiopia and Congo. Here, some continuities from Daniele Comboni to the exiled priests of the 1950s and 1960s lasted over one hundred years. Very early, a policy of demarcation to an expanding Islam in that region was also an important factor. Furthermore, to act against the Protestant missions and later the twentieth century against Pentecostal churches was an important driver for Catholic engagements in that region. Catholic missionaries predominantly sought to gain new believers from the non-scriptural religious groups. The first important mission leader was Ignaz Knoblecher. He was from the Slovene minority of the Austrian Empire. Ignaci Knoblehar, with his Slovene name, became the head of the mission enterprise after the Polish-Lithuanian Maximilian Ryllo, who originally was appointed Vicar to Sudan had passed away. The mission work, although designed to cover the entire Sudan, very early concentrated on the southern regions. The headquarter was at Khartoum, where Knoblehar founded a school that attracted a good number of pupils from the whole region, comprising El-Dafour and Ethiopia. His main attention was to found new mission stations and villages on the upper Nile. A Catalogue of the elementary school of the catholic mission in Khartoum of 1855 reveals the curriculum. In the field of religion, pupils were taught catechism, biblical and evangelical history and reading of the scripture. The second field was learning of Arab. The young boys should learn reading and writing the Arab language from the holy Christian scriptures, which were already available in Arab. Besides the syllabus, pupils should copy texts and only in the last step exercise more freely their language skills. For Arab, only six hours per week were programmed, while eight hours were scheduled for religious education. Furthermore, the pupils of the Khartoum school should learn some Italian during four hours per week. This subject was comprised of Grammatik, translation in both directions between Arab and Italian and learning vocabulary, among others. Pupils should learn during five hours each week basic mathematics, mostly arithmetic. Lastly, chant and Latin were taught at that institution. 2 At that school around fifty pupils were taught. Some of them came from Khartoum, others from the wider region, as Dafur or Kordofan. Some of the boys seems to have been slaves beforehand, either they have fled from their masters or were bought by missionaries. Knoblehar

1 2

Cf. Ronen, Yehudit: Religions at War, Religions at Peace. The Case of Sudan, in: Zeitschrift für Religion, no. 1, Wiesbaden 2005. Cf. Catalogo della scuola elementare nelle Missione catolica in Chartum, 1855. APF SC Africa Centrale Etiopia Arabia 5: 995–1000v., pp. 996–887.

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sought to reach out to Ethiopia that he called the Galla country and Abissinia. 3 After some exams, Knoblehar stated to be rather confident that at least two of the pupils could be send to Europe. He referred to Andrea Sherif of the southern parts of the Kordofan region and of Alessandro Dumont, who had a French father and a slave mother. Both should attend Collegio Urbano at Rome in order to improve their education. 4 The second Vicar and missionary to the Sudan region was Daniele Comboni. He inherited this position after Knoblehar died in 1858. Very early he composed a plan to foster Catholicism in that region. Comboni preserved two central ideas of Knoblehar’s mission project: First, that catholic institutions should attract pupils from all parts of eastern-central Africa. Second, that boys and girls additionally were trained in European colleges and with advancing age could increasingly overtake responsibilities in mission work and organization. To this end, some of them were sent to Italy and Austria, where they either lived in cloisters or visited the newly founded seminar of the Verona mission society at Verona. Others, as Daniel Deng Sorur, were sent to the College Urbanum of the Propaganda Fide at Rome. Sorur probably was born in 1863 and joint the mission together with his mother, who was a run-away slave. This generation of Dinka and Nuer were denied to be ordained priests, albeit they had higher education. They worked as teacher. Deng Sorur, for instance, became a professor at Catholic University at Beirut, because of his excellent skills in Arab. 5 Of the same generation of young men that joint the catholic mission belongs Pio Giuseppe Hadrian (1847–1873). He was bought by Benedictines from slavery at Cairo and spent some years in the Benedictine abbey of Subiaco near Rome. In Italy he became acquainted with Daniele Comboni and although very ill joint him in his travel to the Sudanese missions. He apparently was already ordained priests but passed away before he could begin to exercise. 6 The promotion of young men to responsible positions within the catholic mission, was an important part of the plan that Daniele Comboni had composed early the 1860s. This plan with the Italian title Piano per la Rigenerazione dell'Africa coll'Africa, envisaged that native catechists and priests should bring Catholicism to the African people: In tal guisa, mercè il ministero importantissimo del Clero Indigeno e delle Vergini della Carità, coadiuvato dall'opera benefica dei Catechisti, dei Maestri, degli Artisti, delle Istitutrici, delle Maestre e donne di famiglia, si formeranno a poco a poco numerose famiglie cattoliche, … 7

3 4 5 6 7

Cf. Knoblecher, Ignaz, an Präfekten SCPF Fransonni, Karthum, 16.6.1853. APF SC Africa Centrale Etiopia Arabia 5: 616-7v. Cf. Knoblecher, Ignaz, an Präfekten SCPF Franzoni, Karthum, 15.10.1855. APF SC Africa Centrale Etiopia Arabia 5: 979–93v; esp: p. 980. Cf. Kuyok, Abo Kuyok: South Sudan: The Notable Firsts, Bloomington 2015. Cf. Hill, Richard Leslie: A Biographic Dictionary of the Sudan, London 1967, p. 144. Comboni, Daniele: Piano per la Rigenerazione dell'Africa coll'Africa, Roma, 18.9.1864. Archivio Propaganda Fide SC Africa Centrale Etiopia Arabia 7, pp. 670–682v.; here: p. 681.

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THE SECOND PERIOD (1889–1918) In 1881, the so-called Mahdi wars broke out and ended for a time of nine years any mission work. After catholic missionaries were allowed to reenter the Sudan territories. The backbone of the first period was not continued, and the education and formation of independently working native co-workers ceased almost completely. This was partly due to a reorientation of the Catholic mission and a need to reconstruct mission organization and infrastructures. In difference to the first period, the South Sudan mission adapted an increased colonial character that should partly persist until the end of the colonial domination. Priests came exclusively from Europe and obtained mission permissions from the newly installed colonial authorities under Governor-General Reginald Wingate. 8 Most of them were Italians, but also some German and at least one Canadian missionary are registered to have worked in the mission province of South Sudan. The head of the mission was entitled Apostolic Vicar by the catholic Pope. Geyer lived in Khartoum since the early 1880s, and lived during the Mahdi Wars in Cairo. Later, he became head of the newly founded Comboni mission organization, was ordained Bishop in Munich and first Apostolic Vicar of Central Africa. His duties were to organize the mission work and to expand into territories, which until then the catholic mission did not cover. Geyer founded the mission journal “Der schwarze Neger” (The black negro) and published a book with the title “Durch Sand, Sumpf und Wald“ (Through Sand, Marsh and Forrest”). This book did not deal with the mission work in the strict sense. Geyer only in passing mentioned the condition of the Sudan missions, the villages and the people. Instead, he very much pointed to the strains of his voyage from Khartoum to the southern frontier to Uganda. Once he arrived there, he had to argue with the local administration of the condominium, why he sought to found a new mission village. He had in mind to set up this station near Nimule, that today is called Omach: 9 Ich suchte die Einwendungen zu entkräften und erwiderte, daß wir das Klima nicht fürchteten und anderswo mit noch wilderen Völkern zu tun hätten, sowie daß die Missionäre sich nicht um Regierungssachen kümmern; von der Regierung nur den moralischen Schutz wünschen und die Neger zu ergebenen Untertanen erziehen werden. 10

In his travel book, he did not mention the names of priests and even less the reader can learn about native teachers or catechists. He was accompanied by a group of bearers, which were catholic Baganda from Uganda. During the expedition, Geyer decided to continue his journey to Uganda, instead of returning to Khartoum directly. This change of plans might have provoked a change of conception of the mission in the southern parts of Sudan. He considered it easier to organize and coordinate the work from Uganda than from remote Khartoum. He had expe8

Cf. Collins, Robert O.: Civil Wars & Revolution in the Sudan. Essays on the Sudan, Southern Sudan, and Darfur, 1862–2004, Hollywood 2005, p. 270. 9 Cf. http://comboniuganda.org/index.php/component/k2/item/36-the-mission-in-uganda (6.10.2017). 10 Geyer, Franz Xaver: Durch Sand, Sumpf und Wald. Missionsreisen in Zentral-Afrika, Freiburg im Breisgau 1914, p. 386.

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rienced, how arduous the voyage was, although he used the mission’s owned steam bout “Redemptor”. He hoped that sending material and man power from Uganda, the development of the southern mission villages would improve. The report of bishop Geyer from his journey in 1909 and 1910 through southern Sudan and Uganda show the proximity of catholic organizations in the frontier region between Sudan and Uganda. Very early after his statements, teachers from Ugandan catholic missions were sent to work in southern Sudan, as Sanderson writes. 11 These besides teaching reading and writing, furthermore, gave basic lessons in catholic catechism. 12 During this period of the catholic mission to southern Sudan, civil administration hardly eventuated into affairs of the mission. Only with the outbreak of World War I British officials started to eye the German and Austrian missionaries. Some of them, as the Comboni missionary from Rülzheim (Palatia) Otto Huber were interned or sent back to Europe. 13 Seemingly, this policy related to the war created a lack of personal, which some native teacher used to take over the fallow lying responsibilities. THIRD PERIOD: NEW SCHOOLS AND NEW PERSONAL AFTER WWI The First World War induced important changes in Catholic mission activities in South Sudan. The condominium government parceled the territory differently between the several mission organization. Regardless of ethnic and linguistic boundaries. The Nuer lands, for instance, were assigned to the American Presbyterian Mission in Nasir and the catholic Missionaries of the Comboni Society from Verona. Later, missionaries of the Church Missionary Society of London pushed into the territory. The three mission organizations founded elementary and villages schools and sent talented kids to continue their education in high schools of other provinces. In consequence, the diversity of denominations generated new lines of conflict within the Nuer. 14 The catholic missionaries of the Instituto Veronese degli Figli del S. Cuore di Gesú per Le Missioni Africane were allowed to expand activities further south from the former center of Gondokoro. They spread into the provinces of Bahr el Ghazal and Equatoria, where they very early in the 1920s began to found first boy schools, and later girl schools. Bishop’s Geyer journey account shows, nevertheless, that the division in denominational spheres was disputed. The catholic side, for instance, urged to reinstall catholic mission at

11 Cf. Sanderson, Lilian: Educational Development in the Sothern Sudan: 1900–1948, in: Sudan Notes and Records, no. 43, Khartoum 1962, p. 105–117. 12 Cf. ibidem, p. 108. 13 An extract of the Pilgerkalender from 1956: http://www.afrikanistik.at/personen/huber_otto. htm (2.03.2018). 14 Cf. Hutchinson, Sharon Elaine: Nuer Dilemmas. Coping with Money, War and the State, Berkeley et al. 1996, p. 121.

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Gondokoro. Furthermore, the Roman Catholics and the Anglican Church Missionary Society disagreed upon the territories drawn by the colonial authorities. 15 After the First World War, the British-Egyptian government became more involved in political organization of the southern provinces. Particularly, the government demanded the foundation of new schools, although the funding was still insecure. After the first High Schoool at Juba had been opened (apperently with some Baganda teachers, maybe from Catholic missions?), the government asked the Catholic missionaries to open a second, Catholic High School for pupils from the catholic elementary schools from different parts of southern Sudan. 16

In this period, the government, the Sudanese elite and the mission organizations were very interested in those new schools. The government envisaged to recruit new clerks for administrations. The Sudanese elite at Khartoum was eager to enlarge the body of persons who was able to defend the national cause. 17 Finally, the mission organizations expected to gain well-trained personal for the mission. The new politics in a first period was built on the already existing schools. The government did not interfere in curricula, but started to finance new school buildings: Table 1

Construction of catholic mission boy-schools after WWI 18

Mission organization

Start of mission work

Province

Village or Town

Construction of the school building

Verona

1901

Upper Nile

Detwok

1934

Verona

1901

Upper Nile

Lul

1935

Verona

1905

Bahr el Ghazal

Wau

1938

Verona

1905

Bahr el Ghazal

Kayango

1949

Verona

1905

Bahr el Ghazal

Kwajok

1949

Verona

1905

Bahr el Ghazal

Mbili

1946

Verona

1913

Equatoria

Mupoi

1946

Several steps led to a more active involvement of the government in school affairs. A first important stage was the Rejaf Language Conference of 1928. Here, the British part of the government planned to banish the Arab from school cur15 Conflict of interests between Roman Catholic missionaries and the Church Missionary Society regarding a reserved missionary zone in Chief Iriwo's territory in the Sudan, 1932. National Archives UK FO 141/701/7 16 Sanderson, Lilian: Educational Development…, op. cit., pp. 110–111. 17 Cf. Beshir, Mohamed Omer: Educational Development in the Sudan 1898–1956, Oxford 1969, p. 77. 18 Table relies on: Sanderson, Lilian: Educational Development…, op. cit., p. 109. Some information is missing, as i.e. on schools of Isoke and Gulu (today Uganda). Gulu was of some importance as first priests were ordained and of the 1930s.

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59

ricula and to promote the learning of languages and dialects spoken in the Southern Sudan. The conference should serve as a dike against an increasing “Arabization” of the upper Nile region. 19 The languages identified to be most important were Dinka, Nuer, Shilluk, Bari, Latuko (Lotuko) and Zande. The orthography should be unified and new school-books, grammars and primers be published. The German missionary and linguist Diedrich Hermann Westermann played an important role in that conference that also defined some of the phonetic writing standards with Latin letters. 20 Only four years later, schools became central instruments in R.K. Winter’s plan of education. This British program acknowledged the teachers who had graduated from catholic schools at Mupoi and Torit.21 Both schools were teacher training institutions and followed the British government’s plan of promoting vernacular languages. Besides the newly designed curricula, around 1930 the British government engaged also in gaining more knowledge about the “tribes” living in the southern provinces. Anthropological research was fostered, and Evans Pritchard, for instance, undertook his field research. He experienced the context of the British government seeking to infiltrate the upper Nile provinces and the missionaries’ increasing engagement in many villages. In his Description of the Modes of Livelihood and Political Institutions of a Nilotic People, where he focused mostly on Nuer, Pritchard mentioned, besides the American and the English mission organizations, also the importance of catholic missionaries’ help to meet informants and to move from one village to another. 22 In spite of increased engagement of the government in education in south Sudan, the protestant and catholic mission organizations preserved a privileged position. The state sought to foster teacher training in London, 23 while at the same time two new catholic institutions for educating female teachers opened in Kator and Mopoi. At the end of the 1940s, South Sudan counted with 26 female institutions, which all could be provisioned with teachers graduating from Kator and Mopoi. 24

19 Cf. Abdelhay, Makoni and Makoni 2016. Holdt and Daly 2000, 119–120. Lesch 1998. Wheeler, https://dacb.org/histories/sudan-christianity/ (7.03.2018); see also: Beshir, Mohamed Omer: Educational Development…, op. cit., p. 81. 20 Cf. Report of Proceedings: Rejaf Language Conference. Held at Rejaf, Mogalla Province, Sudan, 9. to 14. April, London: Sudan Government 1928. 21 Sanderson, Lilian: Educational Development…, op. cit., p. 114. 22 Cf. Pritchard, Evans: The Nuer. A Description of the Modes of Livelihood and Political Institutions of a Nilotic People, Oxford 1914, pp. 9–10. 23 Cf. Seri-Hersch, Iris: Education in Colonial Sudan, 1900–1957. Oxford Research Encyclopedia of African History, Feb. 2017. DOI: 10.1093/acrefore/9780190277734.013.12. 24 Cf. Sanderson, Lilian: Educational Development…, op. cit., p. 115.

60 Table 2

Helge Wendt Expansion of catholic mission schools for girls after WWI 25

Mission organization

Province

Village or Town

Construction of the school building

Verona

Bahr el Ghazal

Mboro

1947

Verona

Equatoria

Mupoi

1934

Verona

Equatoria

Yubo

1947

Verona

Bahr el Ghazal

Deim Zubeir

1946

Verona

Bahr el Ghazal

Mbili

1946

Verona

Equatoria

Loa

1930

Verona

Equatoria

Palotaka

1940

Verona

Equatoria

Rajaf (Okaru?)

1945

Verona

Equatoria

Torit

1929

Verona

Equatoria

Juba

1948

The Sudanese education program of the catholic mission was one face of activities of the Verona mission organization. Another one was the continuous dispatch of boys and girls to Verona. There, in the so-called “mother house” they should gain everyday experience of a Christian life in a Christian environment. Besides the idea to improve education, one fundamental goal was to segregate those chosen pupils from their “heathen” environments and social contexts. Once, they broke of the habits, European missionaries hoped that the catholic faith and lifestyle would be rooted deeper. The Verona missionaries undertook this effort of sending them to Italy despite their own skepticism that the young men and women ever would be able to take responsible positions inside the Sudanese mission. Missionaries and Italian teachers envisaged to confine the duties of those Sudanese graduates to teaching and catechism, but none of them every should be ordained priest. This opinion differed from expectation on the British side that expected those graduated Dinka, Bari, Nuer and Zande to become leading figures in local administrations. Table 3

Number of pupils in elementary schools for boys, Sudan, 1948 26 North Sudan

South Sudan

Government schools

26,074

394

Non government schools

2,835

5,303

Total

28,909

5,697

25 Data extracted from Sanderson, Lilian: Educational Development…, op. cit., pp. 109 and 116. 26 Seri-Hersch, Iris: Education in Colonial Sudan…, op. cit.

Three Steps into an independent catholic Church in South Sudan

61

Still, the British-Egyptian government could not dispose of missionary school in South Sudan, where the colonial state was under-represented. The segregation of mission territories became a hindrance of expanding governmental influence. It had no disposal on individual curricula nor was it possible to force the three mission organizations to standardize their educational programs.27 The important engagement of the catholic mission in education was a big obstacle, because most of the missionaries were Italians. Their English skills were often not good enough to meet basic requirements. Additionally, conflicting loyalties arouse in a situation of increasing tensions between Great Britain and fascist Italy expanding in Libya and Ethiopia.28 In 1936, the vice-director of education of the Sudanese government, C.W. Williams reported on the school systems of the different mission organizations. He concluded that especially the catholic education program was insufficient in regard to the aims formulated by the government. Especially, he mentioned that insufficiently educated Italian missionaries were entrusted with teaching duties. Those, furthermore, did not understand and even less implement the British ideas of education.29 Nevertheless, the late 1930s and early 1940s were crucial in the development of a Sudanese catholic elite. The first priest, who was a Zande, was Angelo Tutuo. He was ordained in 1946. Recently, Christopher Tounselin has revisited his biography. Tutuo harshly criticized the European clergy in Southern Sudan and finally turned his back on the catholic church. 30 Before Tutuo left the mission organization, he was a role model for other young men, as the later bishop Joseph Gasi Abangite (1928–2014). Abangite had graduated from Okaru seminar and continued to study at Collegio Urbano at Rome, where he was ordained priest. After his return to Sudan, he mainly worked at Mupoi, and in 1964 went into exile in Congo. In 1974, Abangite returned to Sudan and was appointed bishop of Tombura, where he retired in 2008. Abangite, as many other protestant and catholic priests and teachers were involved in Sudanese independence movements, as their colleagues in Uganda Tanganyika and Kenia were engaged in the respective national movements. Michael Twaddle underlines that in Sudan Muslim religious and secular elites supported national independence 31. Already in the 1920s, conflicts between the Muslim north and the southern parts of the Condiminium appeared, when the British started to act against northern und Muslim influence. During the 1950s the first civil war broke out that contributed to radicalized actions priests of any Christian denomination underwent. Some of them became important figures, opposing the northern domination. Kuyok Abol Kuyok in his prosopographical and biographical study on important personalities in South Sudan history writes: “during the 27 28 29 30

Collins, Robert O.: A History of Modern Sudan, Cambridge 2008, pp. 48–54. Beshir, Mohamed Omer: Educational Development…, op. cit., p. 122. Ibidem, p. 123. Tounsel, Christopher: Race, Religion and Resistance. Revelations from the Juba Archive, in: Journal of Eastern African Studies, no. 2, London 2017, pp. 249–265. 31 Twaddle, Michael: The Character of Politico-Religious Conflict in Eastern Africa, in: Hansen, Holger Bernt/idem (eds.): Religion & Politics in East Africa, London et al. 1995, pp. 1–15.

62

Helge Wendt

wars of liberation, clergymen were at the vanguard of the struggle and faced persecution; indeed, many lost their lives.” 32 The independence of 1956 stood in a continuity of changing late-colonial politics that sought to join the northern and the southern parts. This politics of unification affected also mission schools, which should become public schools.33 Religious struggles were at the heart of Arabization and nationalization of curricula and education politics of the northern intelligentsia. 34 Furthermore, in 1962 foreign priests were expelled from the young country. In his study on the early period of independent Sudan, Scopas S. Poggo numbers the number of banished priests and monks of 61. This was the occasion that 21 lay brothers, 20 nun sisters and sixteen priests were now entitled to care for more than 200.000 Catholics.35 The politics of nationalization of the Khartoum government was directed against Christian mission organization. In the 1960s, the Anglican and the Catholic churches established new structures of self-administration: they erected new and independent dioceses and the first Sudanese bishops were ordained. 36 The young republic nationalized most of mission schools and, thus, implemented decisions taken in 1949 to expand governmental influence in the southern provinces. Nevertheless, several individuals were already well-trained and some of them even ordained. Those became part of the new leading group of the incipient independent catholic church and a catholic national movement of South Sudan. 37 The 1912 born Ireneus Wien Dud, who became one of the new bishops, was ordained priest in 1944 after graduating from Rumbek, for instance. 1946, Saturnino Lohure (ca. 1921–1967) graduated from Gulu. He grew up in the village of Torit, where he became a pupil of the catholic village school. After his ordination, he was engaged in the independent movement and fought – literally – in the resistance to northern Sudan dominance. He became a member of parliament and was a leading intellectual, even after he went into exile in Uganda. 38 From there, he organized military interventions against the Sudanese military. Uganda could support the Catholics in South Sudan, as with the first African catholic bishop Joseph Kiwanuka an important and well-structured catholic church organization had established since the late 1940s. 39 32 33 34 35 36 37 38 39

Kuyok, Abo: South Sudan: The Notable Firsts, Bloomington 2015, p. xiii. Seri-Hersch, Iris: Education in Colonial Sudan…, op. cit. Wheeler, https://dacb.org/histories/sudan-christianity/ (4.10.17). Poggo, Scopas S.: General Ibrahim Abboud’s Military Administration in the Sudan, 1958– 1964. Implementation of the Programs of Islamization and Arabization in the Southern Sudan, in: Northeast African Studies, no. 1, East Lansing 2002, pp. 86–87. Wheeler, https://dacb.org/histories/sudan-christianity/ (4.10.17). Fath, Sébastien: Les missions chrétiennes et la construction du Sud-Soudan. Évangélisation, humanitaire et activism international à Wau, in: Afrique contemporaine, no. 2, Bruxelles 2013, pp. 99–110. Johnson, Douglas H.: Federalism in the History of South Sudanese Political Thought, Nairobi 2014; Dellagiacoma https://dacb.org/stories/south-sudan/ohure-saturnino/ (5.10.17). Vgl. Waliggo, John Mary: The Catholic Church & the Root-Cause of Political Instability in Uganda, in: Hansen, Holger Bernt/Twaddle, Michael (eds.): Religion & Politics…, op. cit., pp. 106–119.

Three Steps into an independent catholic Church in South Sudan

63

Uganda was not the only neighboring country, where exiled catholic leaders from Sudan could cover. Some refugees went to Congo, as Jacob J. Akol reported in his autobiographical account “I will go the Distance: The story of a ‘lost’ Sudanese Boy of the Sixties”. 40 In exile, the Sudanese Catholics could count on wellestablished infrastructures and often met other Christian Sudanese. Joseph Oduho Haworu (1927–1993) had attended school at Isoke and Rumbek, before he graduated teacher from Nyapea in Uganda. 41 He met with Lohure in northern Uganda in the early 1960s, then quickly moved to Kinshasa and back to Kampala in order to organize resistance activities and political alliances. 42 A DECOLONIAL SUDAN CATHOLIC MISSION AND CHURCH HISTORY? The lives of the men, who as teachers and priests became important figures of the church of Sudan, are not necessarily confined to the independence of church organizations. Already under colonial rule and under the dominance of Khartoum, some individuals acted against a strict chronology that only distinguishes a colonial from a decolonial era. They graduated from schools and aspired to higher positions inside the mission and church organization. The ordination of priests before independence of the state, as well as the independence of the South Sudan church in 1971 are signs for that overcoming colonial dominance does not necessarily depend on official chronology. 43 A decolonial Sudanese history of the mission and independent church periods seems to be a difficult task: from a perspective of global history, Christianity is very much related to colonial dominance or semi-colonial influences. The church organization still today is an outcome of colonial asymmetries of power and of hierarchical order established during colonial-imperial domination of European nations. Christianity is, despite the universal claim of salvation, a religion that diffused during colonial times and often with help of colonial powers. For the case of the catholic mission in Sudan, some aspects might differ from that image at first sight. The beginnings of the catholic mission enterprise in 1848 started earlier than any formal colonial domination of the upper Nile region. Nevertheless, the circumstances of its establishment were colonial and the Austrian engagement in this enterprise was related to colonial phantasies. 44 The second aspect different from typical mission enterprises in colonial contexts is, that it was a catholic mis40 Published with: Nairobi: Paulines Publications 2005. 41 Lokosang, Lailà B.: South Sudan. The Case for Independence and Learning from Mistakes, Bloomington 2010, p. 159. 42 Collins, Robert O.: A History of…, op. cit., p. 79. 43 Brizuela-Garcia, Esperanza: The Past Never Stays Behind. Biographical Narrative and African Colonial History, in: Journal of Historical Biography, no. 2, Abbotsford 2007, pp. 63–83, www.ucfv.ca/jhb. 44 Cf. Wendt, Helge: Central European Missionaries in Sudan. Geopolitics and Alternative Colonialism in Mid-Nineteenth Century Africa, in: European Review, no. 3, Cambridge 2018, pp. 481–491.

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Helge Wendt

sion in a protestant and Muslim dominated political context. Nevertheless, catholic mission works were approved by Protestant and Muslim authorities. As in many other colonial context, missionaries – despite of some good linguistic skills – lacked knowledge of “African cultures combined with their own Christian zeal prevented any meaningful communication with the Africans”. 45 Both sides also agreed upon mission works, as school education, for instance. In this line of thinking, decolonization is not confined to the simple political event of independence. 46 Christian interventions into tribal structures existing at that time, provoked severe reorganization and new forms of religiosity in Africa. 47 Therefore, the focus to study decolonization in Sudanese mission history should be set on the processes of social formation related to the catholic mission. This concept proposed by Archie Mafeje 48 and adapted by Andrew Apter 49 underlines the struggles individuals fought in order to escape colonial limitations. Of course, this understanding of decolonization is far less comprehensive than the one defended by Walter Mignolo, who includes forms of knowledge and knowledge organization, as well as an active anti-modernism and anti-capitalism in his definition of decoloniality. 50 Nevertheless, separating political decolonization in form of state independence from an epistemological-political complex, might be useful to the example of the history of catholic mission in South Sudan. Most of the leading individuals of the South Sudanese Catholic church organization were dissidents in a double sense: first, they split from former social contexts and visited a catholic school, became Catholics and continued studying until graduation or even ordination. Second, they dissented with the form of Sudanese republican independence and continued a fight for Southern Sudan causes. Both dissidences added up to initiate an independent church organization, where Europeans were useful because they could cover the shortfall of priests. Additionally, relationships beyond colonial and national borders demonstrate that different types of organization and order existed than thought by colonial or semi-colonial authorities. 51 45 Cf. Collins, Robert O.: The Southern Sudan in Historical Perspective, New Brunswick/London 1975, p. 13. 46 Cooper, Frederick: Conflict and Connection. Rethinking Colonial African History, in: The American Historical Review, no. 5, Oxford 1994, pp. 1516–1545. 47 Keese, Alexander: Ethnicity and the Colonial State. Finding and Representing Group Identifications in a Coastal West African and Global Perspective (1850–1960), Leiden et al. 2016, p. 40. 48 Mafeje, Archie: The Theory and Ethnography of African Social Formations. The Case of the Interlacustrine Kingdoms, Dakar/London 1991. 49 Apter, Andrew: Africa, Empire, and Anthropology. A Philological Exploration of Anthropology’s Heart of Darkness, in: Annual Review of Anthropology, no. 28, Palo Alto 1999, pp. 577–598. 50 Mignolo, Walter: Dewesternization, rewesternization and decoloniality. The racial distribution of capital and knowledge. Public Lecture given at the Centre for the Humanities, University of Utrecht, no. 13, 2013. 51 Cf. Johnson, Douglas H.: Decolonizing the borders in Sudan. Ethnic territories and national development, in: Duffield, Mark/Hewitt, Vernon (eds.): Empire, Development and Colonialism. The Past in the Present, Suffolk 2009, pp. 176–187. See also: Schlee, Günther/Watson, Elizabeth E. (eds.): Changing identifications and alliances in North-East Africa. 2: Sudan, Uganda, and the Ethiopia-Sudan borderlands, New York et al. 2009.

VERSAILLES UND DER DEUTSCHE KOLONIALKOMPLEX Jules Kouassi Adja

EINFÜHRUNG Die Studie wurde zunächst von einem Satz aus einer Publikation von Launer und Ustorf motiviert, der Folgendes besagt: „Warum kann Deutschland nicht gut kolonisieren?“ 1 Zwar kommentiert der Satz ein Bild, das die verschiedenen Befreiungskriege in den deutschen afrikanischen Kolonien mit deren Gewalttaten und tausenden Toten illustriert. Doch nehmen wir an, die Behauptung hat etwas mit der Realität zu tun, dann unterstellt sie, es gebe eine gute und eine schlechte Kolonisation. Die zweite Motivation, welche die erste verstärkt, ist die Behauptung eines ehemaligen Offiziers, der den „Blitzkrieg“ 1914 in Togo erlebte. Seiner Ansicht nach kapitulierten die Deutschen schon am 25. oder 26. August, ohne wirklich gekämpft zu haben, als der Erste Weltkrieg ausbrach und die in Togo stationierte Polizeitruppe von den Verbündeten, nämlich Großbritannien und Frankreich, angegriffen wurde, weil „Peut-être parce que les indigènes de la région avaient peu de sympathie pour les Allemands“ 2, schrieb der französische Offizier Jean Maroix. Der französische Offizier meinte damit, die afrikanischen ,Untertanen‘ haben ihre deutschen ,Herren‘ nicht unterstützen wollen, weil sie ihr Blut für die Deutschen nicht vergießen wollten. So rufen natürlich die im Satz stehende Andeutung einerseits und das Benehmen der Polizeitruppe andererseits Fragen hervor wie: Wie hat Deutschland kolonisiert, um so verabscheut zu werden? Was war der Unterschied zwischen der Kolonisierungsweise der Deutschen und der ihrer Nachfolger? Gibt es überhaupt eine gute Kolonisation? Die vorliegende Studie behandelt einen Gegenstand, der auf das letzte Jahrhundert zurückgeht. Sie ist deshalb ein geschichtlicher Stoff. Geschichte schreiben oder besser gesagt Geschichte analysieren und interpretieren besteht darin, die Spuren der Vergangenheit zu untersuchen, indem der Historiker in den Quellen der Vergangenheit nachschlägt und gleichzeitig sie zu kritisieren versucht. So bleibt die angepasste Methode, um erfolgreiche und prüfbare Ergebnisse zu erreichen, die historisch-kritische, sofern sie den Kontext und das Umfeld berücksichtigt.

1 2

Launer, Ekkehard/Ustorf, Werner: Deutscher Kolonialismus. Ein Lesebuch zur Kolonialgeschichte, 2. erweiterte Auflage, Hamburg 1991, S. 204. Gayibor, Nicoué Lodjou (Hrsg.): Histoire des Togolais. De 1884 à 1960, Lomé 2005, S. 94.

66

Jules Kouassi Adja

ATAKPAME: EIN BEISPIEL DES DEUTSCHEN KOLONIALSYSTEMS Wer die Historiographie der deutschen Kolonie Togo im Allgemeinen und die von Atakpame im Speziellen kennt, kann sich erinnern, welchen Ruf der Bezirk hatte. Die Stadt und ihre Gegend waren das Zentrum von Protestbewegungen: seit der Zeit der deutschen Kolonialherrschaft bis in der Gegenwart; politisch sowie religiös.3 Als Zufluchtsort war die Bevölkerung von Atakpame Fremden gegenüber immer misstrauisch. Aus diesem Grund erschien die Region als ein antikoloniales Bollwerk, wie oben geschrieben. Viele Ereignisse beweisen das. In der Vergangenheit, genauer während der deutschen Kolonialepoche, hatten einige Fremde Schwierigkeiten mit der Bevölkerung: Missionare, Forscher sowie einfache Reisende. Über die Gefährlichkeit der Region und die Feindlichkeit der Einheimischen den Weißen gegenüber schreibt Adja: Zwei Jahre nach der offiziellen Kolonisierung Togos, nämlich 1887, wurden zwei Missionare bedroht, weil sie zwei eingeborenen Frauen das Leben gerettet hatten, die von den Fetischpriestern des Orts vergiftet werden sollten. Den Frauen war vorgeworfen worden, das Holz eines heiligen Baums gehackt zu haben. … Einige Zeit später wurde ein anderer Deutscher, der Forschungsreisende Adolf Gottlieb Krause, bedroht und verließ auch die Stadt Atakpame mitten in der Nacht. Ein Jahr danach ging ein anderer deutscher Bürger, Ludwig Wolf aus der Stadt fort, denn er war dort nicht willkommen. 4

Weil Atakpame und seine Gegend für Fremde im Allgemeinen und für Weiße insbesondere als gefährlich galten, mied die deutsche Kolonialadministration die Gegend jahrelang, bis sie den entscheidenden Schritt unternahm, indem sie eine Station in der Stadt einrichtete. Zu den dafür notwendigen Maßnahmen gehörten physische, moralische und psychische Gewaltformen. Als Beispiel dafür, seine Autorität durchzusetzen, errichtete von Doering, der erste Bezirksleiter, ein Terrorregime. Er war so erbarmungslos, dass seine Strenge die Grenzen des Bezirks überschritt und ihm den Namen ‚Drachen‘ einbrach. Über ihn und sein Verhalten schrieb Sebald Folgendes: Der Bezirk Atakpame war von den großen Eroberungs- und Befriedigungsfeldzügen verschont geblieben. Als aber im Mai 1898 einer der dienstältesten Administratoren in Togo, Leutnant von Doering, den Auftrag zur Anlage und Leitung der Station erhielt, provozierte er bereits auf dem Marsch von der Station Misahöhe nach Atakpame in dem Akpossodorf Ago3

4

Atakpame als aufständische Stadt zu betrachten, ist auch aktuell und betrifft die katholische Kirche. Die katholischen Prälaten Ogouki Atakpah und Fanako Kpodzro (beide stammen aus der Diözese von Atakpame) wurden zuerst zwischen 1960 und 1970 von den politischen Regierenden gezwungen, ins Exil zu gehen, weil sie subversiver Aktivitäten verdächtigt wurden. Siehe Adja, Kouassi Jules: „Kulturkampf“ au Togo? Une analyse des conflits entre l’Eglise catholique et l’Administration coloniale à l’exemple des „événements d’Atakpamé“ (1902– 1907), Thèse de doctorat unique, Université du Togo 2006, S. 34. Neulich, d. h. im Jahr 2005 ist eine innere Spaltung zwischen Priestern von Atakpame und ihrer Hierarchie entstanden. Die Priester klagten ihre Hierarchie an, Fetisch in der Statue der Heiligen Jungfrau versteckt zu haben. Siehe ebenda, S. 35. Adja, Kouassi: Bezirk Atakpame und die antikolonialen Handlungen. Les Lignes de BouakéLa-Neuve, in: Revue électronique des Sciences Humaines de l’Université de Bouaké, no. 2, Abidjan 2011, S. 235–247, hier S. 241.

Versailles und der deutsche Kolonialkomplex

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me-Kotukpa, etwa 15 km von Atakpame entfernt ein Gefecht, in dem elf getötete Afrikaner gezählt wurden. Im Mai unternahm Doering mit 43 Söldnern einen Zug gegen Ajome in Akposso und brannte dabei auch die Ortschaften Boukovhe, Ameto und Edifu nieder. 5

Nach Aufbruch der deutschen Kolonialadministration und der Einrichtung der französischen Mandatsverwaltung traf Letztere die notwendigsten Vorbereitungen, um die Bevölkerung umgänglicher zu machen. Welches waren diese und wie wurden sie von den Einheimischen aufgenommen? DIE FRANZOSEN UND DIE MASSNAHMEN FÜR EINE FRIEDLICHE KOLONIALHERRSCHAFT (?) Um die politische, soziale und militärische Lage zum einen zu beherrschen und sich von der deutschen Kolonialverwaltungsweise zum anderen zu entfernen, versuchten die neuen Okkupanten, ‚eigene‘ Wege besonders im Bezirk Atakpame, in der französischen Zone, zu beschreiten. Worin bestand diese Politik und was erzielte die französische Mandatsverwaltung dadurch? Damit kein Einheimischer die gute Verwaltung des Gebiets auf der einen Seite und den der Bevölkerung auf der anderen Seite bedrohte, wurden die Bewegungen der Einwohner der Region streng überwacht, sofern das geringste negative Ereignis das politische Umfeld stören könnte. Besonders wurde der Besitz von Waffen und Gewehren kontrolliert, so der Bericht: Dans le rapport précédent, j’avais signalé que je faisais exercer une surveillance très étroite sur les habitants du canton d’Atakpamé, principalement dans la région située entre Camina et le fleuve Mono. Cette surveillance, suivie de perquisitions et de recherches, a donné les résultats suivants: 132 indigènes ont été punis de 8 jours de prison et 50 frs d’amende pour le motif suivant: Ont été trouvés possesseurs de fusils malgré les nombreuses défenses qui en ont été faites. D’autre part, des indigènes retardataires ayant apporté volontairement les fusils qu’ils détenaient n’ont pas été punis 6.

Hauptziel dieser Maßnahme war es, die Leute einzuschüchtern und so jedem strafrechtlichen Delikt seitens der Einheimischen Einhalt zu gebieten. Sogar die Familien der Kriegsversehrten brauchten eine Genehmigung der französischen Kolonialbehörden, bevor sie Geld sammeln konnten, um ihre Verletzten zu pflegen, so folgender Bericht: Le chef de canton et les principaux notables de la région de l’Akposso sont venus dernièrement me demander l’autorisation de faire une collecte au profit des blessés de la guerre. Tout en leur adressant des remerciements pour leur geste je leur ai fait savoir que leur proposition serait soumise à l’approbation de l’autorité supérieure 7.

5 6 7

Sebald, Peter: Togo 1884–1914. Eine Geschichte der deutschen „Musterkolonie“ auf der Grundlage amtlicher Quellen, Berlin 1988, S. 217. ANT 2APA/Rapport annuel 1914/1918, S. 5 f. Ebenda.

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Jules Kouassi Adja

Eine andere Seite der Gleichschaltungspolitik, um die Einheimischen besser zu unterwerfen, bestand darin, die unzuverlässigen Häuptlinge, die sogenannten prodeutschen Häuptlinge, systematisch durch neue und fügsamere zu ersetzen. Darüber wurde wie folgt berichtet: Dans le cercle d’Atakpamé … les chefs se font en général moins bien obéir … Le canton de l’Akposso, dans la partie ouest de ce cercle, a plus particulièrement souffert de ce défaut de commandement indigène … Le chef de village lui-même est peu obéi. Cette situation a amené l’autorité locale à créer à Okou, … pour cette raison difficile à administrer de loin, un nouveau poste administratif, 8

Das System war nicht neu, sofern die deutsche Kolonialverwaltung die Praxis auch hatte durchführen müssen, so Sebald: Im Zuge der Eroberung und Errichtung der tatsächlichen Herrschaft waren den Häuptlingen bewusst konkrete Aufträge erteilt worden. Akzeptierte es ein Häuptling – aus welchen Gründen auch immer – ausführendes Organ der Kolonialadministration zu sein, blieb er im Amt, anderenfalls setzte man ihn ab. 9

Umsonst protestierten einige aufgeklärte einheimische Häuptlinge. Sie waren der Meinung: „Le chef de village seul connait son peuple, ainsi que les choses de son village: la coutume lui a conféré de tout temps le pouvoir judiciaire, et il perdrait toute autorité s’il ne le détient plus.“ 10 Trotz der Warnungen beharrte die französische Mandatsadministration auf ihrem Standpunkt. Durch die Maßnahme der Ernennung der Häuptlinge wollte man die Ketten zwischen der Bevölkerung und den Häuptlingen brechen. Als Kreuzungspunkt zahlreicher Straßen empfing Atakpame viele Fremde. Die einen kamen aus der französischen Kolonie von Dahomey und die anderen aus Gold Coast, der englischen Kolonie im Westen. Die meisten dieser Fremden kamen, um Geschäfte zu betreiben, weil der Preis der Baumwolle in Atakpame hoch war. Diesen Fremden vertraute die französische Mandatsadministration nicht. Deshalb wurde entschieden, sie streng zu beaufsichtigen, wie ein Bericht der französischen Administration beschreibt: La ville d’Atakpamé étant un lieu de passage fréquenté en tant que tête de ligne de la voie ferrée, et nœud de routes importantes, il était nécessaire que l’Administration puisse contrôler de près le mouvement des étrangers de passage. Les vols commis en ville, assez nombreux, justifiaient cette mesure. Ce récent Arrêté du 24.11.22 a donné à l’Administration locale le pouvoir qu’elle a de sanctionner, par des peines disciplinaires, la non déclaration de logement d’étrangers de la part des habitants d’Atakpamé. 11

Für eine gute und effiziente Durchführung der Ordnung mussten die Häuptlinge helfen, indem sie jeden neu angekommenen Ausländer in ihrer unmittelbaren Umgebung bei den Autoritäten anzeigen sollten. Auf diese Weise trugen sie zur 8

ANT 2APA/Rapport annuel du Gouvernement français sur Administration sous mandat de territoire du Togo pour l’année 1924, S. 139. 9 Sebald, Peter: Togo 1884–1914…, a.a.O., S.280. 10 Gayibor, Nicoué Lodjou (Hrsg.): Histoire des Togolais. De 1884 à 1960, Lomé 2005, S. 511. Diese Aussagen sind von Octaviano Olympio 1923. 11 ANT 2APA/Atakpamé/Rapport annuel Administration générale et politique, S. 23.

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Versailles und der deutsche Kolonialkomplex

Aufrechterhaltung des Friedens, der Beseitigung eventueller subversiver Handlungen und der Ordnung bei. Eine andere Weise, das Umfeld zu beherrschen, bestand darin, einzuschüchtern, indem man Geldstrafen verhängte und Personen inhaftierte. So nahm die Zahl der Festnahmen und Gerichtsurteile beträchtlich zu, wie folgende Tabellen des Jahres 1917 und der Periode vom Januar bis Mai 1918 zeigen. 12 Tabelle 1

Gerichtsurteile zur Zeit der französischen Mandatsverwaltung 1917–1918 Gerichtsurteile

Periode

Disziplinarstrafe

Strafmaßnahmen

8 Tage bis 6

bis 10 Jahre

Geldstrafe

Gesamte Urteile

Monate 1917

74

527

149

750

Januar 1918 bis Mai 1918

176

213

-

-

Tabelle 2

Zahl der Delikte zwischen 1907 und 1908 13

Bezirke

Gesamtzahl

Geldstrafe

Gefängnis

Peitsche

1907

1908

1907

1908

1907

1908

1907

1908

Atakpamé

58

140

7

44

50

62

1

34

Lomé Stadt

156

117

111

34

35

40

10

43

Aného

164

134

106

84

38

29

19

21

Gesamtzahl

378

391

224

162

123

131

30

98

Tabelle 3 Periode

Strafmaßnahmen von 1908 bis 1912 im ganzen Togogebiet 14 Todesurteil

Gefängnis 1 Jahr und mehr

6 Monate bis ein Jahr

unter 6 Monaten

Geldstrafe

Peitsche

1907/08

3

90

134

1.309

1.412

434

1908/09

-

114

179

1.469

1.846

620

1909/10

1

99

117

2.138

2.287

566

1910/11

1

96

169

2.327

2.274

735

1911/12

2

79

168

2.702

2.325

733

Gesamtzahl

7

478

767

9.945

10.144

3.088

Ein Vergleich der verschiedenen Tabellen stellt klar heraus, dass, während der Bezirk Atakpame 198 Delikte von 1907 bis 1908 unter der deutschen Administration 12 Vgl. ANT/ 2APA. Monatsbericht des Leutnants D. You Bezirksleiter von Atakpame. 13 Adja, Kouassi Jules „Kulturkampf“ au Togo?..., a.a.O., S. 194. 14 Napo, Ali: Le Togo à l’époque coloniale (1884–1914), Thèse présentée pour le Doctorat d’Etat à l’Université de Paris I-Panthéon Sorbonne, UER d’Histoire en 5 volumes, Paris 1995, S. 771.

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Jules Kouassi Adja

registrierte, die Zahl aller Urteile in einem Jahr unter dem französischen Mandat 750 betrug. Außerdem könnte eine solche Politik belegen, dass die Mandatsverwaltung besonders streng war und es schaffte, den Einheimischen Angst zu machen. Außerdem um die französische Zeit zu prägen, wurde ein indigener Verwaltungsrat durch Erlass vom 17. Februar 1922 unter der Autorität des Gouverneurseingerichtet. Ziel dieses Rats war, eine rigorose Verwaltung zu errichten und alle Entscheidungen zu kontrollieren. Im Rat saßen der Bezirksleiter, elf prominente Persönlichkeiten der Indigenen, darunter zwei Mohammedaner. Der Rat war zuständig für den Umweltschutz und die Justiz. Daher war es nicht erstaunlich, dass die Kompetenz des Rats begrenzt war. Auf den ersten Blick schienen die Ergebnisse der Arbeit der Mandatsadministration erfolgreich. Die Behörden waren auch davon überzeugt, so folgender Kommentar: L’esprit des populations continue à être bon. La double fête du 14 juillet et de la victoire a été célébrée d’une façon particulièrement brillante. Toute la population d’Atakpamé a …. Et les gens de la brousse sont venus en grand nombre. Pas de difficultés avec les féticheurs qui ont agi jusqu’ici en sujet respectueux de notre autorité. Sans vouloir préjuger de l’avenir, j’ai tout lieu de croire qu’il sera possible de les maintenir dans la voie raisonnable où ils se sont engagés. 15

Außerdem fügten sie hinzu: Les habitants du cercle jouissent d’une aisance qu’ils n’ont jamais connue: le prix du coton est monté jusqu’à 0fr.78 centimes le kilo. Ils peuvent pour la plupart racheter leur prestation, et il me parait opportun, à partir du 1/1/20 d’autoriser ce rachat au taux de 10fr.00 par prestataire. 16

Die Teilnahme der Bevölkerung im Allgemeinen und die der Fetischpriester 17 im Besonderen an der französischen Nationalfeier vom 14. Juli ist ein Symbol und könnte vermitteln, dass unter den Franzosen alles erfolgreich verlief. Ob das genügt, um die Leute glücklich zu machen, blieb fraglich. ABSCHEU DER FRANZÖSISCHEN MANDATSVERWALTUNG Mit den Franzosen nahm die Rache eine andere Richtung. Sie landeten in Afrika, waren nachtragend und grollten besonders den ehemaligen Mitarbeitern der Deutschen, denen sie nicht vertrauten. Um zum einen ihre Herrschaft dauerhaft einrichten und zum anderen treue Mitarbeiter auswählen zu können, wurden viele ehemalige Mitarbeiter der deutschen Kolonialadministration entlassen: Dolmetscher, Lehrer in den Regierungsschulen und Arbeiter in den deutschen Firmen. Von heute auf morgen wurden diese Personen arbeitslos. Unbeschäftigt trafen sie sich regelmäßig, um ihre neue Wirtschaftssituation zu besprechen. So blieb die soziale und politische Lage sehr angespannt und instabil. Dabei konnten die Gewalttaten und Erpressungen nicht viel helfen. So entstand 1922 eine Bewegung, 15 ANT 2APA Atakpamé/Rapport annuel Administration générale et politique, S. 67. 16 Ebenda, S. 75. 17 Siehe Seite 3, Zitat Nr. 2.

Versailles und der deutsche Kolonialkomplex

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der Deutsch-Togo-Bund, dessen Hauptziel darin bestand, eine Propaganda zugunsten der ehemaligen Kolonialmacht im Land zu betreiben. Auf der anderen Seite handelte es sich darum, die Schwäche und Verletzungen der französischen Administration zu betonen. Unter den mehrfachen Vorwürfen wurde unter anderem den neuen Okkupanten ihre Unfähigkeit, den Gehorsam zu lehren, die Bestechung der Beamten sowie der Missionare, die Ungerechtigkeit und eine zu große Nachgiebigkeit vorgeworfen. Manche dieser Vorwürfe drückten Mitglieder des Deutsch-Togo-Bundes durch Briefaustausche mit Deutschen sowie Petitionen aus. Als erste große Enttäuschung der Mitglieder galt die Teilung der Ewevölker zwischen einem französischen und einem britischen Gebiet, so Agboka 18 an Curt Schlettwein 19: Die Hauptklage der Togoleute in dieser Richtung 20 ist die Abschaffung der politischen Grenzen zwischen den Eweländern, damit Togo unter einer einzigen Regierung stehen soll, dabei haben die Togoleute auch der UNO-Mission nicht gefehlt zu sagen, dass die Togoleute lieber unter die alte deutsche Schutzherrschaft kommen will. Selbst die französische Kolonie Dahomey will ja nicht mehr unter französischer Herrschaft stehen, sie will aber auch gern unter den deutschen Schutz kommen 21.

Nach Ende der deutschen Kolonialverwaltung teilten die Franzosen und Briten am 10. Juli 1919 im Rahmen des Londoner Vertrags die Kolonie Togo in zwei Zonen. Während die Franzosen 57.000 der 87.000 km2 Fläche bekamen, sollten sich die Briten mit dem Rest zufriedengeben. Genauso wie das Togogebiet wurde das Ewevolk geteilt. Das war eine Fehleinschätzung, welche manche französische Mandatsbehörden nicht teilten, so der erste französische Kommissar: L’accord du 10 juillet 1919 n’a pas suffisamment tenu compte des conditions ethniques. La nouvelle frontière brise des liens familiaux de populations de même race qui désirent ardemment rester unies et le manifestent par tous les moyens à leur disposition. 22

Trotz vieler Revisionen der in London getroffenen Maßnahmen gelang es der Administration nicht, diese willkürlichen Entscheidungen zu verbessern, um das Ewevolk zu befriedigen, sodass ein Mitglied des Bundes Jahre später den Wunsch der Vereinigung am 30. November 1949 anlässlich der Ankunft von Gesandten 18 Johann A. Agboka war der Vorsitzende des Deutsch-Togo-Bundes. 19 Theodor Adolf Clemens Ludwig Curt Schlettwein (1879–1965) war ein deutscher Offizier, Kolonialbeamter in Togo und mecklenburgischer Ministerialbeamter. Nach seiner Rückkehr in seine Heimat unterhielt er regelmäßige Beziehungen mit seinen ehemaligen Mitarbeitern. So war er regelmäßig über das Leben in der ehemaligen Musterkolonie informiert. 20 Am 30. November 1949 traf eine UNO-Kommission von Amerika in Lome ein. Für den Empfang der Kommission kamen fast alle Häuptling Togos in Lome zusammen. Während der Diskussionen drückten die Häuptlinge die Beschwerde über die Missbehandlung der französischen und britischen Mandatsregierungen aus. Die Mission sammelte die Klagen und versprach den Häuptlingen, ihrem Wunsch nachzukommen, der darin bestand, wieder unter deutscher Herrschaft zu stehen und ihre Souveränität zu erhalten. 21 Privatbriefe zwischen Curt Schlettwein und Togolesen von 1920 bis 1955, S. 18. Hier spricht Agboka von einem Dialekt, der im Süden des Gebiets gesprochen wird und Fo heißt. Die FoLeute sprechen also eine Art Dialekt der Ewesprache 22 Gayibor, Nicoué Lodjou (Hrsg.): Histoire des Togolais…, a.a.O., S. 538.

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Jules Kouassi Adja

der UNO in Togo wiederholte: „Unification, Unification sous une seule Administration – un Togo un Gouvernement“ 23, wie man an den Wänden, den Häusern und auf den Straßen lesen konnte. In einem am 10. Dezember 1949 an Curt Schlettwein gerichteten Brief schrieb Joseph Ayite, ein Mitglied des Bundes, Folgendes: „Wir, unter einem Namen ‚Ewe‘ wünschen die Einigung unseres Landes unter einen [sic!] einzigen Herrschaft“ 24. Ihnen war es egal, welche Kolonialmacht ihren Wunsch erfüllte. Das Wichtigste war das Zusammenleben des Ewevolks unter einer einzigen Kolonialmacht. Es ging sich nicht darum, eine politische Autonomie bzw. eine Souveränität zu verlangen, denn „Unserer Ansicht nach ist Togo noch nicht reif, auf eigenen Füssen zu stehen. Togo aber braucht eine deutsche Erziehung, damit unsere Kinder Treue, Ehrlichkeit und Gehorsam gelehrt bekommen können“ 25. Aber wozu diente der Bund, wenn die Mitglieder keine Souveränität wünschten? In ihren Augen waren die Franzosen unerwünscht, weil sie für die Teilung des Ewevolks verantwortlich waren, da die Teilung mit dem Aufbruch der Deutschen eng verbunden ist. Selbstverständlich wäre eine Rückkehr der Deutschen eine Chance, dieses Volk zusammenzuhalten. Alles lief, als ob die Götter mit den Franzosen böse waren. Selbst die Natur arbeitete gegen sie, wie ein Einheimischer in folgenden Worten ausdrückt: „Wie es früher regnete, jetzt aber ganz selten, dadurch gehen viele Ölpalmen ein, aber man findet doch Öl und Kerne“ 26. Im Vergleich zur deutschen Epoche schienen die Sachen durcheinander zu laufen. Nichts hatte sich wirklich positiv geändert. Sogar die Gewalttaten hatten sich vermehrt. Was die Disziplin betrifft, war die französische Mandatsverwaltung nicht geschickter, gesteht Johann A. Agboka: Die gegenwärtige Sachlage Togos in den beiden Mandatsgebieten ist so schlecht, so dass die Menschen draussen es nicht leicht glauben würden, wenn jemand seinem Freunde in der Ferne davon berichten würde. Alles ist im Lande sehr ärgerlich zu sehen. Der Mensch von heute ist so unanständig und unverschämt und er kümmert sich gar nicht drum, die Ehre seines nächsten in den Schmutz zu ziehen. Nun ist es jedem Menschen in Togo klar, dass die frühere deutsche Erziehung in Togo die Beste war. 27

Sogar die Missionare, damals Pioniere des Bewusstseins, waren nun taub geworden und verhielten sich wie die Beamten, so Joseph Ayite, ein anderes Mitglied des Bundes: Es arbeiten jetzt hier Lyoner Patres wie in Dahomey – sind nicht wie unsere alten deutsche (sic) Steyler Patres. Sie kümmern sich nicht viel um die Armen wie die deutschen Patres; sind vielmehr besorgt für ihre eigenen Taschen. 28

Die Situation war so katastrophal im französischen Togogebiet, dass niemand sich mehr zurechtfand; selbst die Häuptlinge waren verwirrt. Welche Erklärung verdiente diese Entwicklung? 23 24 25 26 27 28

Privatbriefe…, a.a.O., S. 36. Ebenda. Ebenda, S. 15. Ebenda, S. 25. Ebenda, S. 11. Ebenda, S. 33.

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UNSERE ANALYSE Wie kann man alle diese Klagen und die Entstehung einer Bewegung, des Deutsch-Togo-Bundes, unter den Franzosen erklären, welche die Rückkehr der deutschen Administration verlangte? Wäre die deutsche Verwaltung besser als die der französischen Mandatsadministration? Natürlich können wir diese Fragen nicht bejahen, sofern beide Systeme ähnlich sind. Vor beiden standen die Einheimischen vor zwei Alternativen. Entweder sie resignierten, indem sie ihre Lage als Untertanen akzeptierten, oder sie leisteten ihren Unterdrückern Widerstand. Vor ein paar Jahren hätten sie das ertragen, wie die Äußerungen 29 des Häuptlings Adjallé von Amoutive 1918 anlässlich einer von den Engländern organisierten Meinungsumfrage und die Aussagen von Zech 30 1902 behaupten: „En dépit d’une occupation préalable qui s’est étendue sur plusieurs années, les indigènes ont considéré la domination européenne comme un stade provisoire“. Im Gegensatz zu den vorher zitierten Aussagen von Amoutive und Zech konnte die Geduld nicht mehr helfen, weil die Leute sich jetzt bewusst waren, dass die Kolonialisten sich zu allen Zeiten ähnelten und nicht ändern würden. Die Leute erinnerten sich an die Angelegenheiten von Adjaro, Kukowina und die Steyler Missionare. Adjaro, ein einheimisches Mädchen, war noch unreif, als der Stationsleiter Georg Ferdinand Albert Schmidt sie vergewaltigte. Obwohl der Stationsleiter die Straftat anerkannte, wurde der Vergewaltiger, anstatt ihn zu verurteilen und Adjaro, das Opfer, zu entschädigen, mit einer Beförderung belohnt. Was die Kukowina.Affäre anbelangt, befand sich Georg Ferdinand Albert Schmidt noch im Urlaub in Deutschland, als Kukowina, ein Eingeborener, Beschwerden seines Volkes vor dem Gouverneur vortrug. Als er von seiner Heimatsreise zurückkam und erfuhr, dass ein Eingeborener sich bei dem Gouverneur mit Beschwerden über den Terror der Kolonialherrschaft des Bezirks beklagt hatte, ließ der Stationsleiter Kukowina zu sich kommen und verlangte, er solle seine Worte vor mehr als 200 Personen zurücknehmen. Weil der Häuptling das ablehnte, wurde er misshandelt und eingekerkert. Kurz nach seiner Befreiung starb er. Da sie nicht schweigen konnten und deshalb „sich als Gegengewicht gegen den Missbrauch der Amtsgewalt darstellten“ 31, indem sie versuchten, alle Übertreibungen anzuzeigen, wurden Hermann Bücking, der Präfekt, und Müller, ein in Atak29 Der Häuptling sprach über die Kolonialherrschaft der ersten Kolonialmächte: „Dans les temps anciens, les Portugais étaient venus chez nous: les Danois leur succédèrent. Les Allemands arrivèrent peu de temps après. Les Allemands s’en allèrent à leur tour, et les Anglais sont chez nous à présent. Nous n’avons aucun pouvoir. C’est tout ce que nous pouvons dire.“ Zitiert nach Gayibor, Nicoué Lodjou (Hrsg.): Histoire des Togolais…, a.a.O., S. 500. 30 Julius Graf von Zech (1868–1914) war ein bayerischer Adeliger und Offizier. Mit 27 Jahren trat er in den Kolonialdienst des Deutschen Reiches ein und wurde schließlich Gouverneur von Togo, der kleinsten deutschen Kolonie in Afrika. 31 Adja, Kouassi Jules: Katholische Missionare und die Entstehung einer einheimischen Bewusstseinsveränderung im Bezirk Atakpame im Schutzgebiet Togo, 1902–1907, in: van der Heyden, Ulrich/Feldtkeller, Andreas (Hrsg.): Missionsgeschichte als Geschichte der Globalisierung von Wissen, Stuttgart 2012, S. 13–20, hier S. 19.

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pame stationierter Missionar, aus der Kolonie ausgewiesen. Mit der Kolonisation hatte sich letztlich nichts geändert, was bedeutete, dass alle Kolonialherrschaften gleich sind, wie Jean Paul Sartre behauptete: Il n’y a ni bons ni mauvais colons: il y a des colonialistes. Parmi eux, quelques-uns refusent leur réalité objective: entrainés par l’appareil colonial, ils font tous les jours en fait ce qu’ils condamnent en rêve et chacun de leurs actes contribue à maintenir l’oppression; ils ne changeront rien, ne serviront à personne et trouveront leur confort moral dans le malaise, voilà tout.32

Sofern Le colonialisme refuse les droits de l’homme à des hommes qu’il a soumis par la violence, qu’il maintient de force dans la misère et l’ignorance, donc, comme dirait Marx, en état de ‚sous humanité‘ …La déclaration des Droits de l’homme ne le concerne pas 33.

Wie damals herrschten immer noch die Willkür und die Staatsgewalt, denn „Die Soldaten dürfen jetzt den Eingeborenen umsonst oder ohne Grund Ohrfeigen geben und auch Steuerzahlen schnüren (sic!)“, schreibt der Einheimische Bernard Koffi Assumah, ehemaliger Dolmetscher im Dienst des Bezirksleiters Curt Schlettwein. 34 SCHLUSS Im Hinblick auf die Entwicklung der deutschen und der französischen Kolonialsysteme in der Togokolonie und dessen Schwächen wäre es unsinnig zu unterstützen, es gebe eine gute Kolonisation und manche Kolonialmächte hätten eine gute Kolonialpolitik durchgeführt, denn da, wo es Kolonialisten gegeben hat, wurde ihre Herrschaft immer durch Gewalt und Ungerechtigkeit durchgesetzt. Deshalb verleiht die Behauptung, die Deutschen hätten nicht gut kolonisiert, ihrer Kolonisation Wert und adelt sie. Im Gegenteil, Kolonialismus nimmt dem Menschen seine Menschlichkeit. Er versklavt und verwandelt ihn in eine Sache. Solange Deutschland die Bilanz seiner Kolonialvergangenheit mit seinen ehemaligen Kolonien nicht aufgearbeitet hat, bleibt diese schmerzhafte Vergangenheit unerledigt und ein Komplex für dieses Land. Deshalb ist das Treffen vom 6.–12. Dezember 2015 zwischen dem Auswärtigen Amt und Experten aus den ehemaligen deutschen Kolonien, um einen Gedankenaustausch über das historische Kapitel deutsch-afrikanischer Geschichte (1884–1914) anzubahnen 35, eine gute Initiative, welche die Deutschen von ihren Kolonialkomplexen befreien könnte.

32 33 34 35

Memmi, Albert: Portrait du colonisé, Paris 1979, S. 25. Ebenda, S. 26. Privatbriefe…, a.a.O., S. 25. Es handelte sich um sieben afrikanische Experten für Kolonialfragen und Museumsverwaltung. Diese Fachleute stammten aus Ghana, Kamerun, Namibia, Tansania und Togo. Das Treffen fand in Hamburg und dann in Berlin statt.

THE BERLIN MISSION SOCIETY AND THE GREAT WAR Missionaries, Politics, and colonial Identities in South and South East Africa, 1914–1918 Hans Heese INTRODUCTION The 1914 outbreak of the “Great War,” which was essentially a European war, also affected southern Africa, where mission societies had been actively engaged in former German colonies. The war also had a major influence on mission work in South Africa, where the Moravian, Berlin, Rhenish, Hermannsburg and German Catholic societies had been established over the course of the late eighteenth and nineteenth centuries. Missionary work in these areas was severely hindered when financial assistance and aid from Germany ceased after 1914; it also witnessed the rapid growth of anti-German sentiment in South Africa. Many Germans and children of German immigrants were sent to detention camps for the duration of the war. Furthermore, individual German missionaries, as well as their flocks, suffered as a result of the deteriorating financial situation. A further negative factor was the decline in church contributions in Germany during the period before the outbreak of the war and the severe drought that plagued South Africa for five years beginning in 1910. Taking a broader view, the colonial struggle between the British and German governments prior to 1914, plus the loss of the German colonies in the Treaty of Versailles in 1919, impacted not only Africa but had serious and horrific consequences worldwide two decades later: the outbreak of the Second World War. One of the most important outcomes of the post-1918 and post-1945 eras was the decolonization process that began in 1919 and accelerated quickly after 1945. India attained political independence in 1947; this was followed by similar processes in the Far East and, after the late 1950s, in colonial Africa. BERLIN MISSIONARIES IN SOUTH AFRICA AND THE GREAT WAR The missionaries of the Berlin Mission Society (BMS) working in South and East Africa during the period 1914–1918 had either been German or been born of parents who were German nationals. Thus it comes as no surprise that a number of

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Hans Heese

them were under suspicion of being anti-British and pro-German and treated as willing agents of the German military cause. One of the earliest cases of action taken against missionaries was when reverend August Manzke of Cape Town was sent to an internment camp in Pietermaritzburg in Natal in October 1914. After him, other German Protestant missionaries from across South Africa were sent there in an effort to isolate them from their families and congregations. Manzke was lucky: he was allowed to return to Cape Town on January 2, 1915, to serve his congregation unhindered. However, his absence had affected the congregation negatively – the mission school in the suburb of Claremont was permanently closed in his absence and could not be reopened. 1 His freedom did not last long. In February 1915 he was re-interned in Pietermaritzburg and could leave the camp only in September 1917, when he was sent to Riversdale as Gefangener auf Parole. In his absence from Cape Town, Manzke’s wife continued his spiritual work and only joined him at Riversdale in October 1918. 2 Reverend Robert Göldner, the pastor of the Laingsburg congregation – located next to the strategic south-north railway line – was transferred to the physically isolated mission station at Amalienstein, safely out of possible mischief. This measure, however, was only temporary. After a three-month spell of “safe isolation” Göldner was allowed to return to his home congregation in May 1915. As pastor of Laingsburg, it was one of Göldner’s duties to visit the small congregations of railway workers at minor railway siding along the Cape Town– Beaufort West line. It severely handicapped his work as “railway preacher,” as for every trip he had to obtain a special pass from the military authorities in Pretoria. 3 Similar conditions had been laid down by the British colonial government during the Boer War (1899–1902). Another missionary close to Cape Town, Gottlob Grosskopf of Riversdale, was also interned in 1917. He became seriously ill and was released after a short period but never recovered from his illness. 4 The local missionary at Mossel Bay, Wilhelm Ecker, had to deal with strong anti-German sentiment in the harbour town, where the English influence was quite strong. Several attempts were made to have him interned, but his dedication to his work proved to be so strong that he was permitted to remain. With the German cruiser Wolf and U-boats operating in this part of the Indian Ocean, Ecker had to spend his evenings and nights outside the town where he was unable to see the ocean. The reason for this rule was that it would make it impossible for him to send light signals to the U-boats at night. 5 1 2 3 4 5

Cf. Jahresbericht der Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden zu Berlin, Berlin 1915, p. 9. (Quarterly Reports of the mission are referred to as Missionsberichte in the footnotes). Cf. Jahresbericht…, op. cit., Berlin 1919, p. 9. Cf. ibidem. Cf. Zöllner, Linda/Heese, Johannes: Berlin Missionaries in South Africa, Pretoria 1984, p. 241. Cf. Jahresbericht…, op. cit., Berlin 1916, p. 9.

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The South African authorities also started practicing censorship with regard to letters sent between South Africa and Germany. The headquarters in Berlin suggested that no political comments be made in letters and that Latin letter types be used instead of the traditional Sütterlin. They also recommended that the letters be sent to Pfarrer Friedli of Bern, who acted as an intermediate “postal service.” 6 At the same time, the missionary Paul Heese, who was born and raised in Riversdale as the son of a BMS missionary, was serving a congregation in German East Africa. During Easter of 1916, British soldiers reached Heese’s mission station at Brandt and he, his family, and fellow missionaries were detained by the soldiers and taken to Utengule. Thereafter they were detained in the “African” jail at Langenburg. This happened despite the fact that the British army intelligence officer had been his classmate during their school years at Riversdale. The officer must surely have known that he was a British and not a German citizen. 7 The missionaries were then sent to Zomba (in present-day Malawi) where the men and women were held separately in detention camps. In 1917 the women and children were sent to the Tempe military camp in Bloemfontein and the men to Mozambique to board a ship bound for Mombasa. During a short stay at Tanga, Heese preached to the Afrikaner families interned in the camp and baptized a large number of children. The missionaries were then transported to Egypt where they were subsequently held in British prisoner-of-war camps. In 1919 they were repatriated to Germany where Heese was reunited with his family in Berlin in 1920. After appeals to General Smuts, he was finally granted permission to return to South Africa in 1921 to resume work at Amalienstein. 8 In the Western Cape, the internment of German missionaries during the war resulted in vacancies in several congregations. 9 This reality, that there were no pastors or missionaries to fill the vacancies for some years, led to a rethinking on BMS policy with regard to the training of Coloured pastors. Until then the missionaries of the Cape synod doubted the “maturity” of potential Coloured pastors. The (negative) attitude of Berlin missionaries toward people of mixed racial origin in general has already been described at length. 10 The following quotation from the official mission journal displays a typical colonial racial attitude, not unlike that of other missionary societies in South Africa: 6 7

Cf. ibidem, p. 50. Cf. Heese, Paul: Die Lewenswerk van ‘n Sendeling, unpublished manuscript, Heese Collection, Special Collections, Library of the University of Stellenbosch, pp. 124–126. 8 Cf. ibidem, pp. 127–130. 9 The scarcity of missionaries in the other synods of the BMS was of course also acute. Not only was the lack of funding a problem but a number of missionaries-in-training had fallen in the war. See the report of Gustav Pakendorf Jr. in: de Wit, Chris H.: Die Berlynse Sendinggenootskap in die Wes-Kaap, 1838–1961, met spesiale verwysing na die sosio-ekonomiese en politieke omstandighede van sy lidmate, unpublished PhD thesis, University of Stellenbosch, 2006, 237. Electronic version at http://scholar.sun.ac.za/handle/10019.1/50598 (13.09.2017). 10 See the article of Heese, Hans: Khoisan in Kannaland: Observations by the German Lutheran Missionaries, 1838–1928, in: Bank, Andrew/idem/Loff, Chris (eds.): The Khoisan Identities & Cultural Heritage Conference Proceedings, Cape Town 1997, pp. 205–213.

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Hans Heese Dass die Kapsynode in der Ordination von Farbigen den Übrigen Synoden nachfolge, ist dringend zu wünschen, wurde aber infolge der geringen Auswahl gefestigter Charakter unter der schwächeren Bastardbevölkerung des Kaplandes, obwohl sie geistig nicht unbegabt ist, nicht früher ins Auge gefaßt. 11

This was the view in 1920, though it seems that they had forgotten a precedent. The schoolboy Klaas Koen of Haarlem, of both slave and white descent (and wrongly described by the missionaries at the time as a “Hottentot”) had already been trained in Berlin as a fully fledged pastor-missionary. He accepted his first posting at Tshakhuma in Northern Transvaal in 1876. 12 Thus pragmatism led to a process of training four promising Coloured church members to eventually become ordained pastors of the Lutheran Church. 13 In 1926, the first Coloured pastor, John King, was ordained as a trained and qualified minister of the Lutheran Church. 14 His ordination was followed by that of the headmaster of the BMS School at Mossel Bay, David Groenewald. This new attitude corresponds with the rapid growth of the new Volkskerk church movement among Coloured people in the Western Cape. Since its founding it had been a church community that consisted exclusively of Coloured pastors and church members. This phenomenon did not go unobserved among the missionaries at the Cape. 15 A practical point was that it was also much cheaper to train these pastors locally – a fraction of the cost of recruiting pastors in Germany. 16 New replacements from Berlin could not be sent to South Africa because of the bad economic conditions that existed in Germany in the aftermath of the war. This situation continued during the late 1920s and early 1930s when church contributions declined. In Berlin the church contributions fell from 125,301 marks in 1928 to 100,600 marks in 1930 and as low as 85,260 marks in 1931. 17 Poverty had also dealt a severe blow to the South African communities, though they were slightly better off than those in Germany. From 1929 onward, following the Wall Street crash and a severe drought that ended only in 1933, South Africans of all races struggled to survive financially. Yet, from the poverty that followed the war, something positive emerged. The various German missionary societies came together and shared schools and training colleges for teachers, 11 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1920, p. 11. 12 Cf. Zöllner, Linda/Heese, Johannes: Berlin Missionaries…, op. cit., pp. 198–199; Jan Sekoto, a sixteen-year-old African youth from Transvaal, was also, like Koen, sent to Ducherow in 1874 with the intention of eventually training him as a missionary. Sekoto “konnte aber das Klima nicht vertragen” and returned home that same year. Berliner Missionsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden zu Berlin, Berlin 1874, p. 230, 467. Zöllner and Heese claimed that Sekoto went to Germany before Koen. 13 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1919, p. 8. 14 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1927, p. 9. 15 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1929, p. 10. 16 For more information on the situation of the Berlin Mission Society in the Western Cape, see de Wit, Chris H.: Die Berlynse Sendinggenootskap…, op. cit. 17 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1931, p. 7.

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as well as facilities for the training of pastors, where Bishop Schaberg of the Moravian Church took the initiative. 18 During the pre-1914 period, the Berlin Mission Society had – from the beginning of their activities in the Western Cape in 1838 – accumulated large tracts of land and farms. However, to survive the economic crisis which came about with the droughts beginning in 1910, the war in 1914, and the cutting off of funding from Germany, land that had not been utilized was sold – mostly to white farmers. This happened in the case of the large mission holdings at Amalienstein in 1920.19 In 1937 the rest of the farm land at Amalienstein (excluding the church, school, and rectory) was sold to two white farmers, Jan Hofmeyr and Danie Roux. 20 In the Transvaal, the mission property at Wallmannstal was sold to the government, which started a housing scheme for Africans. 21 Whatever land and potential wealth the society might have accumulated over a century was lost. The selling of land led to dissent among the Coloured members of the BMS who felt that they had contributed financially to its purchase. As early as 1849, church members contributed to the local Missionscasse, Bibelcasse, Leichencasse, and Armencasse. After the Irish had lost their potato crops in the 1840s, resulting in the large-scale migration of impoverished Irishmen to the USA, the Amalienstein congregants collected 100 Thaler and sent it to the Irish relief fund. 22 They viewed themselves as co-owners of the mission land and buildings they had helped to erect and were furious that parts of “their” property was to be sold by the BMS without consulting them. They, after all, had also donated money to the central BMS fund through the local branch of the mission society at Amalientstein. Not only was mission property sold to survive the tough economic times – the Lutheran mission churches seriously considered handing over the churches and schools to the significantly more solvent Calvinist Dutch Reformed Mission Church (DRMC), the so-called Burenkirche. When consulted on this issue, the church members of the BMS objected to this idea in the strongest possible terms. 23 So did the members of the Moravian church. Only the Rhenish church accepted the “takeover” by the DRMC, the exception being the Wuppertal station that joined the Moravian society.

18 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1930, p. 10. 19 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1920, p. 9. 20 Personal communication, Danie Hofmeyr, Somerset West, September 4, 2017. Hofmeyr sold the extensive fruit and wine farm to the government. Through a development agency, LANOK, the farm was run on a cooperative system employing the Coloured workers of the area based on the LPG principles used in the former German Democratic Republic. Unfortunately the experiment failed and it is now a dairy farm employing very few workers in an area where unemployment is extremely high. 21 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1938, p. 71. 22 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1849, p. 41. 23 Cf. Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1931, p. 31.

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REMARKS ON THE EFFECT OF BRITISH COLONIALISM The Cape Colony, and in a broader sense South Africa at the time, became a British colony by conquest in 1806 and thereafter experienced the full impact of British colonialism and imperialism. In its efforts to Anglicize the Dutch-Afrikaans speaking population, a large number of Boers (Afrikaners) from the frontier regions decided to trek northward, where they founded independent Boer republics to preserve their unique cultural and political identity. Traditional African ethnic groups and land also came under expansionist British control, whether by treaty or by outright conquest. Following the discovery of diamonds and gold in the Boer republics, the British also turned their attention to the interior of the country. When war eventually broke out between the British and Boer republics in the north in 1899, the Boers lost the war and became subjects of the British Empire “where the sun never sets.” 24 With the outbreak of war in 1914, South Africa was still, at least among the white Afrikaners, a greatly divided society. It had been only twelve years since the end of the South African War which saw the destruction of the Boer republics and the terrible conditions that existed in the British concentration camps – which in turn led to the deaths of more than 26,000 Boer women and children. 25 As can be expected, a large number of former Boer soldiers and officers were reluctant to enter the war on the side of the British and organized an open rebellion. When government forces quelled the rebellion, the flamboyant general Manie Maritz trekked to German South West Africa to fight on the side of the German troops with the idea of eventually regaining the independence of the former Boer republics from Britain. This ended in disillusionment when the South African Defence Force attacked German South West Africa toward the end of 1914 and forced the surrender of the Germans in July 1915. In German East Africa the military struggle between the British–South African army and the Germans (led by the very capable general Paul von Lettow-Vorbeck) lasted much longer and officially only came to an end on Armistice Day 1918. A notable factor is that Afrikaner ex–Boer War generals Jan Smuts and Louis Botha, who now wielded power in the South African government, were actively and directly involved in the war against the German colonies. Botha, the prime minister of the newly formed Union of South Africa, took command of the South 24 The effect on individual German missionaries during the anti-British imperial and colonial war in South Africa (1899–1902) is described in my article, British, Boers and Berlin Missionaries: The Anglo Boer War and its Aftermath, in: van der Heyden, Ulrich/Stoecker, Holger (eds.): Mission und Macht im Wandel politischer Orientierungen. Europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, Stuttgart 2005, pp. 425–436. 25 The anti-British film Ohm Krüger, produced in 1941, portrayed the horrific conditions in the camps established to house Boer women and children who had been forced to leave their farms. Since 1945, this film is not allowed to be screened in Germany unless special permission is obtained (e.g., for academic purposes). The irony is that the film can be viewed at www.veoh.com/watch/v20922082AjGs8nz7 (24.08.2017).

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African forces that invaded German South West Africa. In the German East Africa campaign, General Smuts was to command the South African forces until 1917 when he had to leave for London to attend the British Imperial War Conference. He eventually became a member of the British War Cabinet. During his London period, Smuts addressed the British Parliament and later on in 1921 put forward the idea of a “British Commonwealth” in which all the former colonies would be treated on an equal basis as national states. 26 SOUTH AFRICANS IN EUROPE Despite the anti-British feeling that prevailed among many Afrikaners in 1914, a number did join the British armed forces to fight in both German South West and East Africa. They would also fight in France alongside Canadians, Australians, and New Zealanders as brigades within the British army. Very few Afrikaners joined the military for the sake of loyalty to the British crown. The economic situation of Afrikaners after the end of the Boer War was dire, and many saw the South African army as a career that paid well. The bulk of volunteers came from the English-speaking white community. In the Western Cape many young Coloureds, including members of the BMS, volunteered for military service in the army and served in the Cape Coloured Corps. 27 This special corps was based on the Khoikhoi unit that had served with British troops during the frontier wars in the Eastern Cape in the nineteenth century. Among the Coloured people – the descendants of indigenous Khoisan slaves and whites – there was a sincere belief that the British had brought them freedom when they conquered the Cape in 1806. In 1834 slavery was abolished throughout the British Empire. Many of these ex-slaves could, toward the end of the nineteenth century, vote for political parties to choose members of Parliament. The vast majority of those who volunteered did so because they had a sense of patriotic duty toward the British crown that had brought them this unheard-of freedom and liberty in a British colony. Within the Coloured community, a large number of Muslims, the Cape Malays, fought in the Cape Corps, encouraged by the leader of the influential African Political Organisation (APO), 28 Dr. Abdullah Abdurahman. His reason was that “if the British Empire fell, they would all go down with it.” The degree to which 26 Cf. Standard Encyclopaedia of Southern Africa (SESA), vol. 10, Cape Town 1974, p. 18. 27 During the Boer War, seventy-two church members joined the British army. Reverend Carl Prozesky reported at the time that it was done under duress. From 1914–1918, no mention is made of this phenomenon in the official, printed reports of the Berlin Mission Society. See Berliner Missionsberichte…, op. cit., Berlin 1901, pp. 95–96. 28 See Heese, Hans: Die Berliner am Kap: The German Missionaries and the African Political Organisation in the South Western Districts, 1902–1914, in: SADOCC – Studien zum Südlichen Afrika, Vienna 1993, pp. 3–14. What is of interest is that the APO viewed the education system in use in German East Africa as a model for education in South Africa; see the report in the official newspaper, APO, November 5, 1910.

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the British-educated Dr. Abdurahman had been ideologically “colonized” can be observed in his presidential address to the APO meeting in 1919: “In all fields of war the coloured races, both civilised and uncivilised, of the world covered themselves with glory.” 29 The question is raised: Who was he referring to as “uncivilised”? Those who had not yet accepted the culture and education of the British? Did he have the often-illiterate African volunteers of the South African Native Labour Corps (SANLC) in mind? Ironically, the Cape Corps would in the end fight the (Muslim) Turkish army in Palestine. This was surely a problem for Muslim members of the Cape Corps, as local religious leaders traditionally had very strong ties with Turkish religious leaders. Furthermore, the Turkish Muslim leadership had called for a worldwide jihad to fight on the side of the Germans. 30 Africans joined the SANLC to serve in both Africa and Europe. 31 As in the case of Afrikaners, a regular job in the army earned them much-needed cash. Many of these volunteers came from the Zulu tribes who had fought their own “war of liberation” against British colonial expansion in Natal in 1879. Colonial officials also encouraged chiefs to supply “volunteers” for the armed forces, especially in the Northern Transvaal. 32 Sol Plaatje, an African intellectual and the first secretary of the South African Native National Congress (SANNC) – later the African National Congress (ANC) – declared loyalty to the British cause as it could bring some “dividends” for the African people. He thus encouraged Africans from the rural areas to join the South African Defence Force, despite the fact that they could not take part in the war as armed combatants. 33 What Plaatje and the ANC had in mind was an improvement of the status of Africans within the political, social, and economic system in South Africa. Shortly before, in 1913, the Land Act was enacted by Parliament, and Africans were allowed to own property in only 13 percent of the total amount of land available in the country. If Africans served loyally in the South African army and blood was spilt, it might have been possible to renegotiate the land issue. Also, Africans had no direct say in the politics of the day. This can be attributed to the Union of South Africa Act, which was passed by the British government and signed by the king in London on September 20, 1909. Before the Union Act, the four different colonies differed in terms of who was eligible to vote. In the “liberal” Cape all white males could vote, as well as Coloureds who 29 van der Ross, R. E.: Say it out Loud, Bellville 1990, p. 58. 30 Cf. Nasson, Bill: WWI and the People of South Africa, Cape Town 2014, pp. 127–128. 31 Cf. Africans were not allowed to bear arms; they only served as labourers and stretcher bearers. 32 Cf. Grundlingh, Albert: War and Society, Stellenbosch 2014, pp. 59–64. One of the ships that transported the African volunteers to Europe, the SS Mendi, was in a collision with another allied ship and sank on February, 21 1917 near the Isle of Wight. The loss of life came to 646, mostly members of the African labour corps. 33 Cf. ibidem, pp. 82–83.

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owned property or earned a minimum wage and Africans who also had regular incomes or possessed property. In Natal a very small percentage of Africans could vote, and in the former Boer Republics, now the Transvaal and Orange River Colonies, no Africans could vote. Following the defeat of the Boers and the destruction of their farms during the Boer War, the British government went out of its way to try to reconcile the two white groups in the country, the Boers (Afrikaners) and the British and Englishspeaking South Africans. The process of reconciliation in this case led to the coining of the term “appeasement.” 34 However, in order to “appease” the Afrikaner population, the British Parliament accepted the built-in racial sentiments held in the Boer republics of the nineteenth century. No African had the right to vote in the new Transvaal and Orange Free State provinces, as the former colonies were known after 1910. In hindsight this can be seen as racism in its most blatant form, but seen in terms of the colonial attitude of the period, this was part and parcel of the Zeitgeist. In Australia, like South Africa, Aborigines had suffrage in a few colonies but were excluded in Queensland and Western Australia. Only in 1965 could Aborigines vote in Queensland. 35 At the same time, Australia also protected its Britishcolonial character by its official immigration policy, “Keep Australia White,” a policy that was maintained until the 1960s. This policy is exemplified by a statement made by Prime Minister John Curtin during World War II: “This country shall remain forever the home of the descendants of those people who came here in peace in order to establish in the South Seas an outpost of the British race.” 36 TESTIMONY FROM THE TRENCHES: MILITARY GRAVEYARDS IN FRANCE Regardless of race or creed, South Africans served with distinction in the Great War in South West, East, and North Africa, and later also in France. In every branch and regiment of the South African Army, the officer corps consisted mostly of white British and English-speaking South Africans (the clear exception being the two Boer War generals turned politicians Jan Smuts and Louis Botha). It is of note that in the military graveyards of France the white, Coloured, African, Christian, and Muslim soldiers were all buried on the same sites, something that was not possible in South Africa. In post-1994 South Africa, however, the

34 During the 1930s, the word appeasement took on a totally new meaning; it was now used to describe Chamberlain’s diplomatic policy to prevent open confrontation with Hitler. The original, positive meaning now had a pejorative flavor that can be described as “giving in” to political demands of an enemy or rogue state in order to prevent armed conflict. 35 Cf. https://en.wikipedia.org/wiki/Voting_rights_of_Indigenous_Australians (13.09.2017). 36 https://en.wikipedia.org/wiki/White_Australia_policy (11.09.2017).

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racial “apartheid of the dead” came to an end; it is currently only religious affiliation which determines someone’s burial site. The following examples of soldiers buried in military graveyards in France illustrate the ethnic and cultural diversity of the South African soldiers that fell there during the Great War: 37 − − − − − − −

Paul Michael Potgieter, private, 17, died April 12, 1917, SA Infantry, Arras Swelindawayo Merana, private, died August 28, 1917, SANL Corps, Havre Koos Cloete, private, 18, died December 27, 1917, Cape Auxiliary Horse Transport, Tourlaville Samuel Bantam, driver, 37, died March 26, 1918, Cape Auxiliary Horse Transport, Dunkirk T. Kay, private, died July 23, 1918, Cape Coloured Labour Regiment, Pornic War Cemetery Isaac, private, died June 5, 1918, SANLC Corps, Arques-la-Bataille British Cemetery Donald Roland MacLachlan, captain, died July 16, 1916, SA Infantry, Thiepval Memorial

If one considers the list of names of the fallen, one may conclude that white, English-speaking soldiers were promoted to the rank of officer more quickly than Afrikaners. For a Coloured soldier it was difficult to go beyond the rank of corporal or sergeant; this applied equally to African volunteers, who served as labourers armed only with picks or spades and shovels, and who had to be satisfied with holding the lowest ranks in the South African Defence Force. Despite laying down their lives for their country in foreign wars, the hopes of Coloureds, Africans, and Indians for a better political and social dispensation came to naught. The deep-rooted mentality of the British colonial system would not allow political and social perceptions to change overnight. THE TREATY OF VERSAILLES AND THE QUESTION OF (GERMAN) COLONIES AND COLONIALISM When Jan Smuts and Louis Botha represented South Africa at this important conference in 1919, they felt themselves isolated from some of the allied representatives. Jan Smuts, whose loyalty toward the British crown was beyond question, believed that South Africa could lay claim to the territory of former German South West Africa to increase the “greatness” of the young Union of South Africa. 38 Perhaps his idea was that South Africa “earned it by conquest” and loyalty to the crown. But this was not to be. 37 Cf. http://www.cwgc.org/find-war-dead.aspx?cpage=1 (25.08.2017). 38 During the talks to unite the four colonies to form the political union, Southern Rhodesia was also invited to become a province of the Union of South Africa. The Rhodesians declined the offer.

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President Woodrow Wilson emerged as champion of the idea that small nations must rule themselves as soon as they are in the position to do so. Thus the mandate system was introduced by the League of Nations 39 to administer the exGerman colonies under the trusteeship of other countries, and Smuts’s dream of a greater South Africa was smashed. The “trusteeship” was only temporary; after a period the ex-colonies had to become independent states. Yet South Africa, the mandate holder for this ex-colony, held onto it tenaciously; only in 1990 did the former German South West Africa became the independent state of Namibia. 40 At Versailles there were also two other, non-governmental delegations who had been inspired by President Wilson’s idea of self-determination for small nations. The ANC sent a delegation to Paris to renegotiate the political status of the African population in South Africa. One of the arguments would be that they had served their country faithfully during the Great War in France. Another delegation, led by General Hertzog, attempted to restore Afrikaner autonomy as it was before the Boer War. Both deputations were unsuccessful, though they did meet with the British Prime Minister, Lloyd George. He argued that the claim by Hertzog was unconstitutional, as the Union of South Africa could not be dissolved. George’s answer to the ANC delegation was that it was an “internal affair” that had to be taken up with the South African government. 41 For the coming decades, the struggle between Afrikaner and African nationalism would dominate the South African arena and would only come to an end with the election of the first democratically elected government in 1994. The official South African delegation at Versailles, with their practical experience of the policy of appeasement from 1902 to 1910, insisted that “a stable Germany was essential to the peace of Europe.” 42 However, Prime Minister George and President Wilson favored a hard line against the conquered. So did the French. The private letter that Smuts wrote to his wife after signing the peace treaty reflects the wisdom of the stance taken by the two South Africans at the conference: “It is a terrible document, not a peace treaty but a war treaty, and I am troubled in my conscience about putting my name to such a document.” 43

39 It is ironic that Smuts was instrumental in establishing this body with the aim of preventing future wars. In 1918 he wrote a pamphlet in London with the title The League of Nations, a practical suggestion. 40 A note on Namibia: Were the last shots of a “colonial war” fired in Namibia in 1988? Or the last shots of the “Cold War”? Polack, Peter: The Last Hot Battle of the Cold War, Oxford/Pinetown 2014. 41 Cf. Muller, Christof F. J. (ed.): 500 Jaar Suid-Afrikaanse Geskiedenis, Pretoria/Cape Town 1968, p. 357. 42 Standard Encyclopaedia of Southern Africa (SESA), vol. 10, Cape Town 1974, p. 18. 43 Muller, Christof F. J. (ed.): 500 Jaar…, op. cit., p. 357.

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THE AFTERMATH OF VERSAILLES At the initiative of President Wilson, the founding of independent, new nations was actively encouraged. Under pressure from the British and French, Germany was punished as severely as possible and the conquered state had to give up both its colonial empire and large parts of the homeland. Some of the former colonies became part of the British colonial world, others came under French and Belgian curatorship under the mandate system of the League of Nations. South Africa was given the task of administering the vast territory of former German South West Africa. 44 The noble idea of President Wilson, setting up new states and encouraging self-rule, had one serious flaw: new nations or states were to him more important than the basic rights of their inhabitants. It was only after the end of World War II that individual human rights were given real prominence when the United Nations Organization was founded. Although the idea of colonies and colonialism came under pressure after 1919, it was after 1945 that the process of decolonization started in earnest when India (the “pearl” of the British Empire) received independence from the imperial power. The rapid decolonization of Africa from 1960 onward, which Harold MacMillan described in his speech in the South African Parliament as “the winds of change blowing over Africa,” is well known. BERLIN MISSIONARIES AND AFRIKANERS IN SOUTH AFRICA, 1919–1960 For the German missionaries this period was a struggle for financial survival which grew even worse after the outbreak of World War II in 1939. Furthermore, the headquarters of the society was based in East Berlin; after the construction of the Berlin Wall in 1960, direct contact between the missionaries and Georgenkirchstrasse declined rapidly. The older missionaries still working in South Africa were mostly staunch anticommunists and shared many typical Afrikaner sentiments. At a mission conference held in Cape Town in March 1955, the apartheid policy was discussed. It was up to Pastor Karl Roeder to deliver a speech on the topic – a speech in which he expressed understanding for the “hard” pro-apartheid stand which the DRC took in the matter, quoting the well-known view that “we who have lived in this country so long, understand this clearly.” Individual Coloured church members showed enthusiasm for the new social order and voted for the National Party. 45 Is it possible that the missionaries were too much in debt to Afrikaner nationalists who had been sympathetic to them during the Great War? In 1919 the Jahresbericht reported on the mission work in South Africa:

44 Under the guardianship of the newly formed United Nations beginning in 1945. 45 Cf. de Wit, Chris H.: Die Berlynse Sendinggenootskap…, op. cit., pp. 245–246.

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Der Hauptsache nach bestätigt sich unser Eindruck: Unsere Missionare und Gemeinden sind durch eine sehr scharfe Probe hindurchgegangen, aber sie haben sie bestehen dürfen. Freilich nur die tatkräftige Haltung der burische Volkskreise, bes. der Nationalisten, hat ihnen das Geschick der deutschen Missionaren in Indien erspart. 46

This may partly be true. What emerges clearly, however, is the fact that the Afrikaners to a great extent inherited the British colonial mentality that was found from Cape to Cairo during the period under discussion. Professor Martin Pauw, son of a DRC missionary in Northern Rhodesia (now Zambia) and great-great-grandson of a Berlin missionary who joined the BMS in South Africa, experienced British colonialism firsthand as a child in Chipata. The following extracts from the thoughts of the now-retired missionary on this matter testify to this: 47 I attended primary school at the European School at Fort Jameson.48 The school resorted under the Department of European Education, Government of Northern Rhodesia … Zambian (African) children attended the local mud and clay building and used slates to write on. … there was a special boarding school for half castes about 8 kilometres outside the town; these children were not admitted to “European” schools. … There was a special school for Asians (Indians) at Fort Jameson. … It was a breakthrough when we competed with the (Indian) school in an athletics competition in 1952. Fort Jameson had separate hospitals for Europeans and Africans, Indians were allowed to attend a special wing of the European hospital. In the European part of Fort Jameson there were three shops that allowed only European clientele. If an African was sent with a shopping list from his European “madam,” he was served through a service hatch at the side of the shop. The banks, Standard and Barclays, had separate entrances and counters for Europeans and Africans, the same system was followed in the local post office. The Colonial system and racial segregation was the order of the day.

END NOTE The role of the politician Sol Plaatje, and his call for the participation of Africans in the Great War, has already been mentioned. There is, however, another side to this remarkable man: his religious side. Plaatje was baptized at the very first BMS mission station in South Africa, that of Bethanie in the Free State Province. As a young child he moved with his parents to Pnile in the Northern Cape, where he attended school at the local BMS 46 Jahresberichte…, op. cit., Berlin 1919, p. 4. Unlike the situation of the Gossner mission in India, where all the missionaries had been interned and expelled during World War I, the Gossner Evangelical Lutheran Church was founded in 1919 as an independent organization, free from European control. 47 Personal communication, Martin Pauw, email dated September 12, 2017. 48 During the British colonial period, Chipata was named Fort Jameson in honor of the notorious British imperialist, Dr. Leander Starr Jameson. Jameson led an armed raid from Bechuanaland (now Botswana) into the Transvaal Republic in 1896 in an effort to cause an armed uprising of the “Outlanders” on the Witwatersrand against the South African Republic. Despite the international incident he caused, he managed to become prime minister of the Cape colony from 1904–1908.

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station. During this period he had close contact with the missionary and his family (Westphal) and learned to speak both German and English fluently. After his school career he was employed as a teacher before he turned to politics. 49 The World War I historian Albert Groundling quoted from Sol Plaatje’s book, Native Life in South Africa, published in 1916. In Groundling’s quotation, it is not only the ANC politician that speaks but also the Christian believer of the Lutheran faith: when peace again reigns over Europe, when white men cease warring against white men, when the warriors put away the torpedoes and the bayonets and take up less dangerous implements, you will in the interest of your flag, for the safety of your coloured subjects, the glory of your Empire and the purity of your religion, grapple with this dark blot on the imperial emblem, the South African anomaly that comprises the justice of British rule and seems almost to belie the beauty, the sublimity and the sincerity of Christianity. Shall we appeal to you in vain? I hope not. 50

49 Cf. Molema, S. U. M.: Lover of his people. A biography of Sol Plaatje, Johannesburg 2012, pp. 21–22. 50 Grundlingh, Albert: Native Life in South Africa and the World at War, in: Remington, J. (ed.): Sol Plaatje’s Native Life in South Africa. Past and Present, Johannesburg 2016, p. 90.

DER BEITRAG DES FRIEDENSVERTRAGS VON VERSAILLES ZUR DEKOLONISATION AM BEISPIEL DEUTSCHER CHRISTLICHER MISSIONEN Harald Sippel DEUTSCHE CHRISTLICHE MISSIONEN UND DER FRIEDENSVERTRAG VON VERSAILLES Die Hauptbeteiligten am Ersten Weltkrieg in Europa waren mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich-Ungarn, Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika sämtlich christlich geprägte Mächte. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich dieser Krieg auch auf den Umgang der Christen untereinander auswirkte. 1 Davon blieb die von Europa ausgehende christliche Missionsarbeit in aller Welt nicht verschont. Die seit der Internationalen Missionskonferenz (World Mission Conference) 2 in Edinburgh von 1910 entstandene zarte Blüte der Supranationalität der christlichen Missionen nahm durch den Krieg schweren Schaden. Schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs zeichnete sich ab, dass auch die deutschen Missionare in Übersee von den späteren Siegermächten als feindliche Subjekte angesehen wurden. Dies galt sowohl für die Missionsgebiete in den deutschen Kolonien als auch in fremden Territorien. Erklärlich ist das durch die Nähe der deutschen evangelischen und der katholischen Mission zum deutschen Staat während des Imperialismus im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die einflussreiche Kolonialbewegung im Deutschen Reich und der deutsche Kolonialerwerb ab 1884 förderten das Missionswesen und führten im Einklang mit dem im Zuge der Reichsgründung entstandenen Nationalprotestantismus zu einer engen Zusammenarbeit von Kolonialstaat, Kolonialbewegung und evangelischer Mission in Deutschland. 3 Auch die deutsche katholische Mission war im Wesentlichen eine Begleiterscheinung des deutschen Kolonialismus, was schon dadurch deutlich wird, dass bei Beginn des Ersten Weltkriegs die Missionsarbeit der katholischen deutschen Missionen ganz überwiegend in den deutschen Kolo-

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Siehe dazu allgemein Greschat, Martin: Der Erste Weltkrieg und die Christenheit. Ein globaler Überblick, Stuttgart 2014. Siehe dazu Mott, John R.: The Continuation Committee, in: The International Review of Missions, Nr. 1, Oxford 1912, S. 62–78. Vgl. Gründer, Horst: Christliche Heilsbotschaft und koloniale Gewalt, in: ders./Hiery, Hermann (Hrsg.): Die Deutsche und ihre Kolonien. Ein Überblick, 2. Aufl., Berlin 2018, S. 259– 275, hier S. 260.

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nialgebieten erfolgte. Daher wird zu Recht darauf hingewiesen, dass das deutsche Missionswesen vor allem ein Produkt des deutschen Kolonialismus ist.4 Im Jahre 1911 waren für die evangelischen Missionsgebiete weltweit 1.417 deutsche Missionare im Einsatz, 5 während für die katholische Missionsarbeit in Afrika, Amerika, Zentralasien, Indien, China, Japan, Korea und im Nahen Orient 1914 insgesamt 3.589 Personen aus Deutschland tätig waren. 6 Mit Beginn des Ersten Weltkriegs waren die für die deutschen Missionen lebenswichtigen Verbindungen zum Deutschen Reich unterbrochen, sodass Geldströme versiegten und der Zugang zu neuem Personal versperrt war. In der Folge kam die Missionsarbeit in den deutschen Kolonien und in fremden Gebieten häufig völlig zum Erliegen. Die deutschen Kolonialgebiete wurden im Ersten Weltkrieg zügig von den Alliierten und ihren Verbündeten besetzt. Deutsche Männer wurden interniert oder zusammen mit ihren Frauen und Kindern nach Deutschland gebracht. Deutsche Missionsmitarbeiter waren davon nicht ausgenommen. 7 Die meisten katholischen und protestantischen Missionare mussten die deutschen Kolonien und ihre in den Territorien der Siegermächte und ihrer Verbündeten gelegenen Missionsgebiete verlassen. 8 In Deutschland empörte man sich lange darüber, dass die Kriegsgegner während des Krieges mit „unverantwortlicher Schroffheit gegen die deutschen Missionen“ vorgegangen seien. 9 Zuweilen blitzte jedoch der Geist der Internationalen Missionskonferenz von Edinburgh hervor, indem die Aufgaben der verwaisten deutschen Missionen teilweise von ausländischen Missionaren übernommen wurden. Ausländische Missionen derselben Konfession standen in einem Akt christlicher Verbundenheit den nicht mehr leistungsfähigen deutschen Missionen zur Seite, wie die Evangelische Missionsgesellschaft von Paris in der deutschen Kolonie Kamerun. 10 Vor allem amerikanische lutherische Missionare halfen mit Geld und auch mit Personal aus, 4 5

Vgl. ebenda, S. 261. Vgl. Pierard, Richard V.: The Preservation of „Orphaned“ German Protestant Missionary Works in India during World War I, in: van der Heyden, Ulrich/Becher, Jürgen (Hrsg.): Der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000, S. 495–507, hier S. 495. 6 Davon 940 Priester, 819 Brüder und 1.830 Schwestern; siehe Otto, Joseph Albert: Tausend Jahre deutsche Missionare in aller Welt, Kolmar 1942, S. 24. 7 Vgl. Pierard, Richard V.: World War I, the Western Allies, and German Protestant Missions, in: van der Heyden, Ulrich/Liebau, Heike (Hrsg.): Missionsgeschichte – Kirchengeschichte – Weltgeschichte. Christliche Missionen im Kontext nationaler Entwicklungen in Afrika, Asien und Ozeanien, Stuttgart 1996, S. 361–372. 8 Siehe dazu beispielsweise für Deutsch-Ostafrika die Ausführungen von Damann, Ernst: Ausblick. Die Deutsche Mission in den ehemaligen deutschen Kolonien zwischen den beiden Weltkriegen, in: Bade, Klaus J. (Hrsg.): Imperialismus und Kolonialmission. Kaiserliches Deutschland und koloniales Imperium, Wiesbaden 1982, S. 289–305. 9 So Graf Brockdorff-Rantzau, Ulrich: Dokumente, Charlottenburg 1920, S. 35. Siehe dazu aus protestantischer Sicht Wolff, Joachim: Das Kriegserleben der deutschen evangelischen Mission, Universität Tübingen, evangelisch-theologische Dissertation 1931, Tübingen 1932. 10 Vgl. Boegner, Marc: Les missions protestantes et le droit international, in: Recueil des Cours de l’Académie de Droit International de la Haye, vol. 29, Nr. 4, Den Haag 1929, S. 187–286, hier S. 254.

Der Beitrag des Friedensvertrags von Versailles zur Dekolonisation

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anfangs, vor Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den Ersten Weltkrieg, teilweise jedoch aufgrund der deutschen Abkunft der Helfer misstrauisch beäugt und behindert durch die britische Kolonialverwaltung. 11 Deutsche evangelische Missionare in Indien konnten zum Teil auch unter anglikanischem Schutz ihre Missionsarbeit fortsetzen, unterstützt durch Geld von amerikanischen Protestanten. Hilfe kam hier auch von schwedischen und dänischen Missionsgesellschaften. 12 Sonderbarerweise wurde die Basler Mission, die nach ihrem eigenen Selbstverständnis eine supranationale Missionsgesellschaft war, vom Ausland aufgrund der deutschen Herkunft der meisten Missionsmitarbeiter zumeist als deutsche Missionsgesellschaft wahrgenommen. 13 So waren beispielsweise sämtliche Mitarbeiter der Basler Mission in Indien während des Ersten Weltkriegs interniert oder des Landes verwiesen worden. Davon wurden auch die Schweizer Mitarbeiter nicht ausgenommen. Die Arbeit der Basler Mission wurde weitgehend britischen Missionsgesellschaften übertragen. Die Basler Missions-Handelsgesellschaft, die die Arbeit der Basler Mission in Indien finanzierte, wurde enteignet und einer britischen Stiftung zugeführt. 14 Klagen über die schlechte Verwaltung der deutschen Kolonialgebiete durch die Siegermächte und die Gefährdung der bisherigen Missionsarbeit waren nicht selten, 15 und es bewahrheitete sich die Vorahnung des deutschen evangelischen Theologen und Missionars Johannes Warneck (1867– 1944), dass der Erste Weltkrieg für einen Ansehensverlust der Kolonisatoren aus Europa sorgte, womit er auch die deutschen Missionare meinte. 16 Die angespannte Situation der deutschen Missionsarbeit in aller Welt während des Ersten Weltkriegs fand jedenfalls auch auf internationaler Ebene Beachtung. 17 Allerdings folgt auf jeden Krieg der Frieden. Die Pariser Friedenskonferenz von 1919, die im Schloss von Versailles stattfand, endete mit der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Versailles (Versailler Vertrag) vom 28. Juni 1919. 18 Der 11 12 13 14 15 16 17 18

Vgl. Pierard, Richard V.: The Preservation of…, a.a.O., S. 504–506. Vgl. ebenda, S. 501. Vgl. Boegner, Marc: Les missions protestantes…, a.a.O., S. 264. Vgl. Jenkins, Paul: Die Basler Mission im kolonialen Spannungsfeld Indien. Eine Einladung zu Imperialismus- und Nationalismusforschung im Archiv der Basler Mission, in: Traverse, Nr. 2, Zürich 1998, S. 41–55, hier S. 44. Vgl. Oepke, Albrecht: Wie wird die Arbeit auf den uns entrissenen Missionsfeldern weitergeführt? in: Allgemeine Missions-Zeitschrift, Nr. 2, Berlin 1920, S. 173–186, hier S. 175. Vgl. Warneck, Johannes: Was hat der Weltkrieg der deutschen Mission zu sagen? in: Berichte der Rheinischen Missionsgesellschaft, Nr. 2, Barmen 1915, S. 187–203, hier S. 191. Vgl. den namentlich nicht gekennzeichneten Bericht „A Survey of the Effect of the War upon Missions“, in: The International Review of Missions, Nr. 4, Oxford 1919, S. 433–490. Dem Wortlaut des Friedensvertrags von Versailles vom 28. Juni 1919 wurde nebst Anlagen von der verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung durch das „Gesetz über den Friedensschluß zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten“ vom 16. Juli 1919 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 687) zugestimmt und im Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, veröffentlicht. Der Friedensvertrag trat am 10. Januar 1920 in Kraft. Nähere Ausführungen zum Friedensvertrag von Versailles und zu seiner Entstehungsgeschichte liefern beispielsweise Kolb, Eberhard: Der Frieden von Versailles, 2. Aufl., München 2011; Kraus,

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Vertragstext wurde von den alliierten und assoziierten Hauptmächten 19 sowie den alliierten und assoziierten Mächten 20 weitgehend ohne Beteiligung des Kriegsgegners Deutschland ausgehandelt. Der Versailler Vertrag hatte mehrere Funktionen. Sein wichtigster Zweck war zweifelsohne die völkerrechtliche Beendigung des Ersten Weltkriegs. Allerdings erfolgte mit dem Versailler Vertrag auch die Gründung des Völkerbundes 21 und der noch heute existierenden Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization). 22 Zudem legte der Versailler Vertrag die alleinige Verantwortung des Deutschen Reiches sowie seiner Verbündeten für die Entstehung des Ersten Weltkriegs fest und begründete damit umfassende, an die Siegermächte zu entrichtende Reparationsleistungen. 23 Im Weiteren wurde Deutschland neben vielen anderen Belastungen insbesondere zu Abrüstungsmaßnahmen 24 und zu umfangreichen Gebietsabtretungen in Europa verpflichtet. 25 Außerdem musste Deutschland auf seine in Übersee befindlichen Kolonialgebiete verzichten, die schließlich dem neugegründeten Völkerbund unterstellt wurden, der sie als Mandatsgebiete an einzelne Siegerstaaten des Ersten Weltkriegs verteilte. 26

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Hans-Christof: Versailles und die Folgen. Außenpolitik zwischen Revisionismus und Verständigung 1919–1933, Berlin 2013; MacMillan, Margaret: Peacemakers. Six Months that Changed the World, London 2001 (deutsche Ausgabe unter dem Titel: Die Friedensmacher. Wie der Versailler Vertrag die Welt veränderte, Berlin 2015). Die alliierten und assoziierten Hauptmächte waren die „Vereinigten Staaten von Amerika, das Britische Reich, Frankreich, Italien und Japan“ (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 701). Die alliierten und assoziierten Mächte waren „Belgien, Bolivien, Brasilien, China, Cuba, Ecuador, Griechenland, Guatemala, Haїti, Hedschas, Honduras, Liberia, Nicaragua, Panama, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, der serbisch-kroatisch-slovenische Staat, Siam, die Tschecho-Slowakei und Uruguay“ (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 701). Teil I des Versailler Vertrags, Artikel 1–26 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 717–745). Teil XIII des Versailler Vertrags, Artikel 387–427 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 1269–1307). Siehe Artikel 231 des Versailler Vertrags, den sogenannten Kriegsschuldartikel (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 985). Siehe „Teil V. Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt“ des Versailler Vertrags, Artikel 159–213 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 918–971). Siehe „Teil II. Grenzen Deutschlands“ des Versailler Vertrags, Artikel 27–30 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 749–759) und „Teil III. Politische Bestimmungen über Europa“ des Versailler Vertrags, Artikel 31–117 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 761–893). Siehe Artikel 119 des Versailler Vertrags (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688-1349, hier S. 895): „Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle seine Rechte und Ansprüche bezüglich seiner überseeischen Besitzungen.“ Siehe zur Entstehungsgeschichte von Artikel 119 des Versailler Vertrags die Ausführungen von Brenner, Harro: Wem hat Deutschland seine Kolonien aufgrund des Versailler Diktats überlassen? Berlin/Bonn 1938, S. 47–51; Ludwig, Walther: Frankreichs Haltung zur deutschen Kolonialpolitik vom Marokko-Vertrag von 1911 bis zum Versailler Diktat, Würzburg-Aumühle 1940, S. 67–75. Siehe auch Poeschel, Hans: Die Kolonialfrage im Frieden von Versailles. Dokumente zu ihrer Behandlung, Berlin 1920 sowie Rein, Adolf: Die Kolonialfrage in den Friedensverhandlungen von Versailles, in: Zeitschrift für Politik, Nr. 23, Baden-Baden 1934,

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Letzteres ist das Ergebnis der Fremdzuweisung einer Kolonialschuld gegenüber der deutschen Kolonialadministration, die angeblich zur Kolonisierung fremder Gebiete und Völker unfähig gewesen sei. Dies gab nicht nur den nationalistischen und kolonialrevisionistischen Kreisen in Deutschland Anlass, sich über die sogenannte Kolonialschuldlüge zu empören, 27 sondern brachte auch die deutsche kirchliche Öffentlichkeit und viele Missionare gegen den Versailler Vertrag auf, der in Deutschland allgemein als nationale Katastrophe angesehen wurde. 28 Deutsche Missionare fühlten sich durch die „Kolonialschuldlüge“ gedemütigt und sahen ihre Missionsarbeit entwertet. 29 Zwar ist eine Kolonialschuld der Deutschen im Versailler Vertrag nicht erwähnt, jedoch benutzten die Siegermächte das Argument der angeblich erwiesenen besonderen Unfähigkeit der deutschen Kolonialpolitik und -verwaltung, um die deutschen Kolonialgebiete einzuziehen und für sich zu beanspruchen. Für die deutsche christliche Mission enthielt der Friedensvertrag von Versailles indes eine besondere Vorschrift. DER „MISSIONSPARAGRAPH“ IM VERSAILLER VERTRAG Wer sich durch das umfangreiche Regelwerk des Versailler Vertrags mit seinen 440 Artikeln durchgearbeitet hat, stößt am Ende dieses völkerrechtlichen Übereinkommens im „Teil XV. Verschiedene Bestimmungen“ auf den vielfach als „Missionsparagraph“ 30 bezeichneten Artikel 438, 31 in dem es in Absatz 1 heißt:

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29 30

S. 32–44, hier S. 36–44. Das deutsche Kolonialgebiet Kiautschou gehörte nicht zu den überseeischen Besitzungen im Sinne des Artikel 119 des Versailler Vertrages. Hierfür regelte die Sonderbestimmung des Artikel 156 Absatz 1 des Versailler Vertrages die Abtretung sämtlicher Rechte an diesem Gebiet an Japan (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 915). Vgl. dazu Schnee, Heinrich: Die koloniale Schuldlüge, Berlin 1924. Vgl. beispielsweise Hennemann, Franziskus: Das Friedensprogramm der Afrikamissionare, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft, Nr. 1, St. Ottilien 1919, S. 127–132; Schmidlin, Joseph: Missionslage und Missionsaufgaben angesichts des Friedens, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft, Nr. 1, St. Ottilien 1919, S. 73–82, hier S. 75. Vgl. Schubert, Michael: Der schwarze Fremde. Das Bild des Schwarzafrikaners in der parlamentarischen und publizistischen Kolonialdiskussion in Deutschland von den 1870er bis in die 1930er Jahre, Stuttgart 2003, S. 322. Vgl. dazu beispielsweise bereits die nicht namentlich gekennzeichneten Berichte „Der Missionsparagraph 438 des Friedensinstrumentes der Entente“, in: Allgemeine MissionsZeitschrift, Nr. 2, Berlin 1919, S. 163–166, und „Die Ausführung des prf. 438 des Friedensvertrages“, in: Allgemeine Missions-Zeitschrift, Nr. 3, Berlin 1919, S. 300–301. Auch in der neueren Literatur findet dieser Begriff Verwendung, siehe etwa Müller, Karl: Deutschland ein missionarisches Land. Der Missionsgedanke in Deutschland seit 1800, in: Studia Missionalia, edita a Facultate Missiologica in Pont. Universitate Gregoriano, Vol. VIII, 1953–54, Rom 1954, S. 153–185, hier S. 168; Löffler, Roland: Protestanten in Palästina. Religionspolitik, sozialer Protestantismus und Mission in den deutschen evangelischen und anglikanischen Institutionen des Heiligen Landes 1917–1939, Stuttgart 2008, S. 99; Schendel, Gunther: Die Missionsanstalt Hermannsburg und der Nationalsozialismus. Der Weg einer lutherischen Milieuinstitution zwischen Weimarer Republik und Nachkriegszeit, Münster 2008, S. 76; Weichlein, Siegfried: Zwischenkriegszeit bis 1933, in: Handbuch der Religionsgeschichte im

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Harald Sippel Die alliierten und assoziierten Mächte kommen überein, daß, soweit deutsche Gesellschaften oder deutsche Personen auf ihrem oder ihrer Regierung gemäß dem gegenwärtigen Vertrag anvertrauten Gebiet religiöse christliche Missionen unterhalten haben, das Eigentum solcher Missionen oder Missionsgesellschaften einschließlich des Eigentums von Handelsgesellschaften, deren Ertrag der Unterhaltung dieser Missionen dient, weiter für Missionszwecke verwendet werden soll. Um die gehörige Ausführung dieser Verpflichtung zu sichern, werden die alliierten und assoziierten Regierungen das bezeichnete Eigentum Verwaltungsräten ausantworten, die sie ernennen oder bestätigen und welche das religiöse Bekenntnis der Mission teilen, um deren Eigentum es sich handelt.

Artikel 438 Absatz 1 Satz 1 des Versailler Vertrags verfolgte insbesondere den Zweck, die Siegermächte des Ersten Weltkriegs dazu zu verpflichten, das Eigentum der von den ausgewiesenen deutschen Missionsmitarbeitern verlassenen und folglich verwaisten deutschen christlichen Missionen in den Gebieten dieser Mächte sowie in den früheren deutschen Kolonialgebieten weiterhin für Missionszwecke zu erhalten. Satz 2 der Vorschrift sah vor, dass dieses Missionseigentum auf Missionsverwaltungsräte übergeht, die von der Regierung des jeweiligen Gebiets einzusetzen waren und die derselben Konfession anzugehören hatten wie die deutsche Mission, deren Eigentum betroffen war. Absatz 2 des „Missionsparagraphen“ übertrug den alliierten und assoziierten Regierungen im Wesentlichen die Aufsicht über die ehemaligen deutschen Missionen, die sich im Einflussgebiet der Siegermächte befanden. 32 Schließlich regelte Absatz 3 dieser Vorschrift das vorweggenommene unbedingte Einverständnis Deutschlands mit den entsprechenden Anordnungen der Aufsichtsbehörden. 33 Somit enthielt Artikel 438 des Versailler Vertrags eine wichtige Sonderbestimmung für die deutschen christlichen Missionen, die eine Ausnahme zu Artikel 297b des Versailler Vertrags darstellte. Gemäß Artikel 297b Absatz 1 des Versailler Vertrages waren die Siegermächte des Ersten Weltkriegs berechtigt, das in ihrem Gebiet befindliche Eigentum deutscher Privatpersonen und deutscher Handelsgesellschaften zu enteignen und zu liquidieren. 34 Ohne die Regelung in Arti-

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deutschsprachigen Raum in sechs Bänden, hrsg. von Peter Dinzelbacher, Band 6/1: 20. Jahrhundert – Epochen und Themen, hrsg. von Volkhard Krech und Lucian Hölscher, Paderborn 2015, S. 61–112, hier S. 67. Da die Vorschriften des Versailler Vertrages als Artikel bezeichnet werden und lediglich die ergänzenden Regelungen in den Anlagen zu einzelnen Artikeln als Paragraphen gekennzeichnet sind, wäre zwar eigentlich der Begriff „Missionsartikel“ korrekt, jedoch scheint er sich wohl aufgrund seiner Mehrdeutigkeit gegenüber der juristischer klingenden Bezeichnung „Missionsparagraph“ nicht durchgesetzt zu haben. Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 1325. Artikel 438 Absatz 2 des Versailler Vertrags (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 1325) lautet: „Die alliierten und assoziierten Regierungen üben weiterhin eine vollständige Aufsicht über die Leiter dieser Missionen aus und wahren die Interessen dieser Missionen.“ Artikel 438 Absatz 3 des Versailler Vertrags (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 1325) lautet: „Deutschland nimmt von den vorstehenden Verpflichtungen Vermerk, erklärt seine Zustimmung zu jeder Anordnung, welche die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen zwecks Erfüllung des Werkes der genannten Missionen oder Handelsgesellschaften erlassen haben oder erlassen, und verzichtet auf jeden Einwand dagegen.“ In Artikel 297b Absatz 1 des Versailler Vertrags (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688-1349, hier S. 1127) wurde die Enteignung des deutschen Privatvermögens im Ausland mit folgenden

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kel 438 Absatz 1 Satz 1 des Versailler Vertrags hätte das Eigentum der deutschen christlichen Missionen im Gebiet der Siegermächte – und damit auch in den ehemaligen deutschen Kolonialgebieten – denselben Bestimmungen unterlegen, die für das deutsche Privateigentum in diesen Gebieten vorgesehen waren, sodass eine vollständige Enteignung des deutschen Missionseigentums erfolgt und die deutsche Missionsarbeit in Übersee zunichte gemacht worden wäre. Indem Artikel 438 Absatz 1 des Versailler Vertrags den Siegermächten auferlegte, das Eigentum der früheren deutschen christlichen Missionen weiterhin für Missionszwecke zu verwenden und auf andere Missionen derselben Konfession zu übertragen, blieb zumindest die Missionswidmung des Eigentums erhalten. 35 Gleichwohl wurde Artikel 438 des Versailler Vertrages von der kirchlichen Öffentlichkeit in Deutschland und von den deutschen christlichen Missionen als Enteignung des deutschen Missionseigentums in den Einflussgebieten der Siegermächte begriffen. 36 In ihrer Ablehnung des „Missionsparagraphen“ verkannten sie indes die eigentliche Bedeutung seines Regelungsgehalts. Die Platzierung von Artikel 438 des Versailler Vertrags im letzten Teil des Vertragswerks unter der Bezeichnung „Verschiedene Bestimmungen“ deutet bereits darauf hin, dass es sich dabei um eine Ausnahmevorschrift handelt, deren Einbeziehung in das Übereinkommen ursprünglich nicht vorgesehen war, weil die Notwendigkeit ihrer Berücksichtigung erst im Verlauf der Vertragsverhandlungen auftrat. Bestrebungen, eine Sonderbestimmung zum Erhalt des Eigentums der früheren deutschen Missionen in den Einflussgebieten der Siegermächte des Ersten Weltkriegs zur Fortsetzung der Missionsarbeit in den Friedensvertrag von Versailles aufzunehmen, erfolgten im Interesse der christlichen Missionsarbeit in Übersee von mehreren Seiten. In der Literatur werden verschiedene Auffassungen dazu vertreten, auf wessen Einfluss die Verankerung des Artikel 438 in den Friedensvertrag von Versailles zurückzuführen ist. Während die eine Ansicht dafür das Engagement von Vertretern der amerikanischen und britischen protestantischen Missionsbewegung Worten geregelt: „Soweit der gegenwärtige Vertrag nicht ein anderes bestimmt, behalten sich die alliierten und assoziierten Mächte das Recht vor, alle den deutschen Reichsangehörigen oder den von ihnen abhängigen Gesellschaften bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags gehörenden Güter, Rechte und Interessen innerhalb ihrer Gebiete, Kolonien, Besitzungen und Protektoratsländer, einschließlich der Gebiete, die ihnen durch den gegenwärtigen Vertrag abgetreten werden, zurückzubehalten und zu liquidieren.“ Von der Enteignung deutscher Vermögenswerte im Ausland machten die alliierten und assoziierten Mächte umfassend Gebrauch. Die Entschädigungsverpflichtung legte der Versailler Vertrag in Artikel 297i dem Deutschen Reich auf (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 1135): „Deutschland verpflichtet sich, seine Angehörigen wegen der Liquidation oder Einbehaltung ihrer Güter, Rechte oder Interessen in den alliierten und assoziierten Ländern zu entschädigen.“ Siehe dazu Goldschmidt, Siegfried/Zander, Kurt: Die Rechte Privater im deutschen Friedensvertrage unter besonderer Berücksichtigung der handelsrechtlichen Bestimmungen, Berlin 1920, S. 29–34. 35 Vgl. Sartorius, Joachim: Staat und Kirche im francophonen Schwarzafrika und auf Madagaskar. Die religionsgeschichtliche Entwicklung von Beginn der Kolonialzeit bis heute, München 1973, S. 71. 36 Vgl. Schubert, Michael: Der schwarze Fremde…, a.a.O., S. 322.

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verantwortlich macht, 37 hätten einer anderen Meinung zufolge Interventionen des Vatikans die Änderung im Versailler Vertrag herbeigeführt. 38 Letztlich sorgte allerdings sowohl die Einflussnahme von evangelischer als auch von katholischer Seite während der Friedensverhandlungen in Versailles, die beide kein Interesse an der völligen Zerstörung der deutschen Missionswerke in Übersee hatten, für die Aufnahme des Artikel 438 in das Vertragswerk. Die Initiative für die Sonderbestimmung des Artikel 438 des Versailler Vertrags ging von John R. Mott (1865–1955) 39 und Joseph H. Oldham (1874–1969)40 aus, zwei Protagonisten der frühen ökumenischen Missionsbewegung, die im Geist der Internationalen Missionskonferenz von Edinburgh von 1910 (World Mission Conference) bereits im April 1918 zusammen mit anderen englischen und amerikanischen Protestanten ein Komitee (Emergency Committee of Co-operating Missions) gründeten, dem John R. Mott vorstand und für das Joseph H. Oldham als einer der Sekretäre tätig war. 41 Die Missionsbewegung war von dem Vorteil der internationalen Zusammenarbeit der christlichen Missionen überzeugt, 42 weshalb das Komitee insbesondere Hilfen für kriegsgeschädigte deutsche christliche Missionen organisierte und sich für sie auf politischer Ebene einsetzte. Während der Friedensverhandlungen in Versailles gelang es vor allem der Lobbyarbeit von Joseph H. Oldham, auf die nachteiligen Wirkungen für die christliche Weltmission aufmerksam zu machen, die mit einer Beschlagnahmung des deutschen Missionseigentums und einer drohenden Vernichtung der deutschen Missionsarbeit in Übersee verbunden waren, da Leidtragende davon vor allem die zu missionierenden indigenen Gemeinschaften gewesen wären. 43 Auf Vorschlag von Joseph H. Oldham setzten sich Beamte des britischen Außenministeriums während der Friedenskonferenz dafür ein, dass der Versailler Vertrag eine Schutzklausel zugunsten deutscher christlicher Missionen erhalten sollte, woraufhin auch Repräsentanten der Kirchen und der Missionsgesellschaften eine Sonderbestimmung für deutsches Missionseigentum im Vertragswerk forderten, die schließlich als Artikel 438 Ein37 So beispielsweise Clements, Keith: Faith on the Frontier. A Life of J. H. Oldham, Edinburgh 1999, S. 165; Löffler, Roland: Protestanten im Palästina…, a.a.O., S. 99. 38 So beispielsweise Friederichs, Laura Anna: Die Friedensinitiative des Vatikans während des Ersten Weltkriegs, Magisterarbeit, Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf 2008, S. 77. 39 Vgl. zu seinem Leben und Wirken Hopkins, C. Howard: John R. Mott 1865–1955. A Biography, Grand Rapids 1979. 40 Vgl. zum Leben und Wirken von Joseph H. Oldham die Biographie von Clements, Keith: Faith on the Frontier…, a.a.O. 41 Vgl. Löffler, Roland: Protestanten im Palästina…, a.a.O., S. 99. 42 Siehe dazu Mott, John R.: International Missionary Co-operation, in: The International Review of Missions; Nr 1, Oxford 1922, S. 43–72; Oldham, Joseph H.: Nationality and Missions, in: The International Review of Mission, Nr. 4, Oxford 1920, S. 372–383; ders.: A New Beginning of International Missionary Co-operation, in: The International Review of Missions, Nr. 4, Oxford 1920, S. 481–494; Ritson, John H.: The Growth of Missionary Cooperation since 1910, in: The International Review of Missions, Nr 1, Oxford 1919, S. 53–70. 43 Vgl. Clements, Keith: Faith on the Frontier…, a.a.O., S. 165; Löffler, Roland: Protestanten im Palästina…, a.a.O., S. 99.

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gang in das Friedensdokument finden sollte. 44 Der Entwurf dieser Vorschrift sah vor, dass das Eigentum religiöser Missionen zwar seine Zweckbestimmung behalten sollte, den Siegermächten aber die Aufteilung des Missionseigentums überließ und ihnen weitreichende Kontrollbefugnisse darüber einräumte. 45 Allerdings zeigte sich die Römische Kurie mit einer solchen Regelung nicht einverstanden. So erfolgte noch im Juni 1919, kurz vor Abschluss der Friedenskonferenz, eine Intervention des Heiligen Stuhles durch seinen Vertreter in Versailles, Monsignore Bonaventura Cerretti (1872–1933). 46 Der päpstliche Diplomat nahm sich der „Lösung der Frage der deutschen katholischen Mission“ 47 an und machte geltend, dass sämtliche katholischen Missionen, unabhängig von ihrer nationalen Verankerung, der weltweiten Verbreitung des katholischen Glaubens dienten. Daraus leitete er ab, dass das Eigentum der katholischen Missionen nicht nationalen Missionsgesellschaften, sondern vielmehr der Congregatio de Propaganda Fide (Kongregation für die Verbreitung des Glaubens) und damit dem Heiligen Stuhl gehöre. Der Friedensvertrag dürfe dieses katholische Eigentum nicht enteignen, indem den Siegermächten die Dispositionsbefugnis über Missionseigentum eingeräumt werde. Dadurch bestünde die Gefahr, dass es zur Verteilung katholischen Missionseigentums an christliche Missionen einer anderen Konfession komme. Mit diesen Argumenten setzte sich Bonaventura Cerretti durch, sodass der Entwurf des Artikel 438 des Vertragswerks umfassend geändert wurde und erst am 14. Juni 1919 seinen endgültigen Wortlaut erhielt. 48 Die internationale Kooperation evangelischer und katholischer missionsinteressierter Kreise hatte damit das deutsche Missionseigentum in Übersee vor der Enteignung bewahrt und grundsätzlich die Fortsetzung der deutschen Missionsarbeit ermöglicht. Wenngleich auch die Fortführung der Missionsarbeit nicht mehr unter deutscher Leitung stehen und häufig auch nicht mehr von deutschen Missionaren verrichtet werden durfte, war jedoch immerhin die völlige Zerschlagung der deutschen Missionswerke im Ausland verhindert worden. Die deutsche kirchliche Öffentlichkeit und die deutschen christlichen Missionen hielten den eingeschränkten Schutz des deutschen Missionseigentums, wie er in Artikel 438 des Versailler Vertrags zum Ausdruck kam, indes für ungenügend und lehnten diese Regelung wie auch den gesamten Friedensvertrag von Versailles als nationale Demütigung ab. 49 Versuche der deutschen Delegation zur Frie44 Vgl. Boegner, Marc: Les missions protestantes…, a.a.O., S. 255 und S. 258. 45 Dieser Entwurf ist abgedruckt bei ebenda, S. 260: „Les propriétés des missions religieuses conserveront leur affectation. Afin d’assurer l’observation de cette stipulation, lesdites Puissances garderont sans restriction le contrôle et la disposition de ces propriétés ainsi que le contrôle des personnes chargées de la conduite de ces missions et celui de l’affectation desdites propriétés aux fins ci-dessus prévues.“ 46 Vgl. zu seinem Leben und Wirken de Luca, Don Guiseppe: Il Cardinale Bonaventura Cerretti, 2. Aufl., Rom 1971. 47 So sinngemäß de Luca, Don Guiseppe: Il Cardinale Bonaventura Cerretti…, a.a.O., S. 200. 48 Vgl. Boegner, Marc: Les missions protestantes…, a.a.O., S. 260. 49 Löffler, Roland: Protestanten im Palästina…, a.a.O., S. 100; Weichlein, Siegfried: Zwischenkriegszeit bis 1933…, a.a.O., S. 67. Siehe auch den nicht namentlich gekennzeichneten Be-

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denskonferenz, im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine weiterreichende Sonderbehandlung für die deutschen christlichen Missionen zu erreichen, die eine Fortsetzung der Missionsarbeit durch deutsche Missionare im Einflussgebiet der Siegermächte erlaubt hätte, waren vergebens. 50 DER „MISSIONSPARAGRAPH“ UND SEINE AUSWIRKUNGEN AUF DIE MISSIONSARBEIT Durch Artikel 438 des Versailler Vertrages wurde die während des Ersten Weltkriegs im Einflussgebiet der Siegermächte erfolgte Entmachtung und Entrechtung der deutschen christlichen Missionen in die Friedenszeit übertragen. Die Auswirkungen dieser Regelung auf die Missionsarbeit in Übersee variieren in Abhängigkeit davon, ob es sich um evangelische deutsche Missionsgesellschaften oder um die katholische deutsche Mission handelte und ob sich die Missionsgebiete in den ehemaligen deutschen Kolonien oder anderswo befanden. Nach Inkrafttreten des Friedensvertrags von Versailles am 10. Januar 1920 wurde die Vorschrift des Artikel 438 der Versailler Vertrags in den Einflussgebieten der Siegermächte bis auf wenige Ausnahmen detailliert in die jeweilige Gesetzgebung überführt und praktisch umgesetzt. 51 Dabei trugen anfangs unterschiedliche Auslegungen von Artikel 438 Abs. 1 Satz 2 des Versailler Vertrags durch einzelne Siegermächte zur Konfusion bei den Rechtsadressaten bei. So interpretierte die zuständige Behörde in Frankreich (Commission consultative des séquestres de guerre) diese Vorschrift im Oktober 1921 dahingehend, dass das deutsche Missionseigentum zunächst Eigentum des Staates wird, der es anschließend an die Missionsverwaltungsräte übergibt, 52 und verkannte damit den eindeutigen Willen der Friedenskonferenz von Versailles, wonach das deutsche Missionseigentum ohne Umweg über den Staat direkt an eine andere Mission derselben Konfession übergeht. Während diese Fehleinschätzung später korrigiert wurde, waren andere Verstöße gegen die Regelung des Artikel 438 des Versailler Vertrags von Dauer, wie die Ersetzung der evangelischen Missionare durch Mitarbeiter der katholischen Mission in den zur ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika gehörenden und der belgischen Kolonie Kongo zugefallenen Gebiete Ruanda und Burundi. 53 Der „Missionsparagraph“ schränkte die deutsche christliche Missionstätigkeit in Übersee erheblich ein, was in deutschen Missionskreisen auf Unverständnis stieß, da man dort die Auffassung vertrat, dass sich die deutschen Missionen nicht für den deutschen Staat, sondern allein für die Verbreitung und Pflege des christ-

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richt „Das abgeänderte Friedensdokument“ in: Allgemeine Missions-Zeitschrift, Nr. 2, Berlin 1919, S. 200. Vgl. Rosenbaum, Eduard: Der Vertrag von Versailles – Inhalt und Wirkung, Leipzig 1921, S. 141. Vgl. dazu am Beispiel des frankophonen Schwarzafrikas: Sartorius, Joachim: Staat und Kirche…, a.a.O., S. 72–79. Vgl. Boegner, Marc: Les missions protestantes…, a.a.O., S. 262. Vgl. Muyombano, Célestin: Ruanda. Die historischen Ursachen des Bürgerkriegs, Stuttgart 1995, S. 26.

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lichen Glaubens einsetzten. 54 Dies galt insbesondere für die Missionsarbeit in den früheren deutschen Kolonialgebieten, die aufgrund der Internierung und Ausweisung der deutschen Missionare während des Ersten Weltkriegs durch die Siegermächte besondere Rückschläge erlitten hatte, was durch die Vorschriften des Versailler Vertrags fortgeschrieben wurde. So wurde beispielsweise im neuen Mandatsgebiet Tanganyika Territory, dem früheren Deutsch-Ostafrika, ab 1920 die gesamte dort noch lebende deutsche Bevölkerung einschließlich der Missionare auf der Grundlage des Artikel 122 des Versailler Vertrages ausgewiesen. 55 Fortan blieben die Einrichtungen der evangelischen Missionsgesellschaften, insbesondere die Schulen, sich selbst überlassen. 56 Zwar halfen Missionen mit Sitz in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten von Amerika mit finanziellen Mitteln aus, jedoch waren deren Missionsmitarbeiter schon aufgrund fehlender Sprach- und Volkskenntnisse nicht in der Lage, sich in den für sie fremden Gebieten zügig einzuarbeiten. 57 In Kamerun wurden sowohl im britischen als auch im französischen Mandatsgebiet sämtliche Deutschen einschließlich der Missionare ausgewiesen. Ebenso erging es den deutschen Einwohnern im französischen Mandatsteil von Togo. Hier verließen die letzten deutschen Missionare das Land bereits im Jahre 1918. 58 Eine Ausweisung der deutschen Zivilbevölkerung und der deutschen Missionare erfolgte auch in den früheren deutschen Kolonialgebieten Neuguinea und Samoa. Eine Ausnahme bildet in dieser Hinsicht die ehemalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Die Südafrikanische Union verzichtete als einzige Mandatsmacht auf die gänzliche Ausweisung und die umfassende Enteignung der deutschen Zivilbevölkerung, was jedoch nicht für sämtliche deutschen Missionare und das gesamte deutsche Missionseigentum galt. So musste beispielsweise die Rheinische Missionsgesellschaft 59 ihre protestantische Missionsarbeit bei den Owambo in Südwestafrika (OwamboMission), auf Neuguinea, auf Borneo und im Kapland (Südafrika) aufgeben und zum Teil anderen Missionsgesellschaften übertragen. Fortan wurden die Tätigkei54 So Schlunk, Martin: Die Wiederzulassung der deutschen Mission auf ihre alten Gebiete, in: Berichte der Rheinischen Missionsgesellschaft, Nr. 1, Barmen 1925, S. 11–13, hier S. 11 und 13. 55 Artikel 122 des Versailler Vertrags (Reichsgesetzblatt 1919, S. 688–1349, hier S. 897) lautet: „Die Regierung, die über diese Gebiete [das sind die ehemaligen deutschen Kolonialgebiete, der Verfasser] die behördliche Gewalt ausübt, darf die erforderlichen Anordnungen hinsichtlich der Heimschaffung der dortigen deutschen Reichsangehörigen sowie hinsichtlich der Bedingungen treffen, unter denen deutsche Reichsangehörige europäischer Herkunft zur Niederlassung, zum Besitzerwerb, zum Handel oder zur Ausübung eines Berufs daselbst zugelassen oder nicht zugelassen werden.“ 56 Vgl. Oehler, Wilhelm: Geschichte der deutschen evangelischen Mission, Bd. 2: Reife und Bewährung der deutschen evangelischen Mission 1885–1950, Baden-Baden 1951, S. 280. 57 Vgl. Eggert, Johanna: Missionsschule und sozialer Wandel in Ostafrika. Ein Beitrag der deutschen evangelischen Missionsgesellschaften zur Entwicklung des Schulwesens in Tanganyika 1891–1939, Bielefeld 1970, S. 197. 58 Vgl. Sebald, Peter: Togo 1884-1914. Eine Geschichte der deutschen „Musterkolonie“ auf der Grundlage amtlicher Quellen, Berlin 1988, S. 617–619. 59 Zur Geschichte der Rheinischen Missionsgesellschaft siehe Menzel, Gustav: Die Rheinische Mission, Wuppertal 1978.

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ten für die Owambo-Mission von der evangelischen Finnischen Mission versehen. 60 Anderen deutschen christlichen Missionen erging es nicht besser. Die evangelische Basler Missionsgesellschaft musste nach dem Ersten Weltkrieg mit Ausnahme Chinas sogar den Verlust ihrer gesamten Missionsgebiete verkraften. 61 Auch die protestantische Berliner Missionsgesellschaft verlor mit Ausnahme Südafrikas ihre sämtlichen Missionsgebiete. 62 Die evangelische Herrnhuter BrüderUnität reagierte auf die starke Einschränkung ihrer Missionsarbeit infolge des Ersten Weltkriegs mit der Aufspaltung in einen deutschen (Herrnhut), einen amerikanischen (Bethlehem/Pennsylvania) und einen englischen Zweig (London), sodass die Kontinuität der Missionsarbeit zumindest durch die ausländischen Abspaltungen gewährleistet werden konnte. 63 Großen Einschränkungen war die Missionsarbeit der protestantischen Leipziger Missionsgesellschaft in Ostafrika und in Indien aufgrund der Ausweisung ihrer deutschen Missionare ausgesetzt, jedoch konnten die Missionsaufgaben in Indien von amerikanischen Missionaren und in Ostafrika von schwedischen Missionsgesellschaften und teils auch von afrikanischen Kräften wahrgenommen werden. 64 Auch die Missionsarbeit der evangelischen Norddeutschen Missionsgesellschaft bei den Ewe in Westafrika (EweMission) litt darunter, dass die deutschen Missionare Westafrika verlassen mussten. 65 Hier ging allerdings die Leitung der Missionsaktivitäten an die Ewe selbst über, sodass es in der Folgezeit zu einzelnen Kirchengründungen durch die indigene Bevölkerung kam. 66 Für andere Missionsgesellschaften waren die Auswirkungen des Artikel 438 des Versailler Vertrags weniger gravierend. So war etwa die Leitung der evangelischen Hermannsburger Mission in ihrem Rückblick auf ihre Missionsarbeit in Südafrika zwischen 1919 und 1925 „sehr zufrieden“ mit der Zusammensetzung und Tätigkeit des bestehenden Verwaltungsrats. 67 Dies mag auch daran liegen, dass Südafrika die Ausweisung von deutschen Missionaren bereits ab 1921 schrittweise rückgängig gemacht hatte.

60 Vgl. Barth, Paul: Südwestafrika. Wirtschaftlicher Ratgeber und allgemeine Anleitung besonders für Auswanderungslustige, Windhoek 1926, S. 148. 61 Vgl. zur Geschichte der Basler Missionsgesellschaft Jenkins, Paul: Kurze Geschichte der Basler Mission, Basel 1989. 62 Vgl. zur Geschichte der Berliner Missionsgesellschaft Richter, Julius: Geschichte der Berliner Missionsgesellschaft 1824–1924, Berlin 1924. 63 Vgl. zur Geschichte der Herrnhuter Brüder-Unität Meyer, Dietrich: Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine, Göttingen 2000. 64 Vgl. zur Geschichte der Leipziger Missionsgesellschaft die Beiträge im Sammelband von Schlegel, Joachim (Hrsg.): 150 Jahre Leipziger Mission, Erlangen 1986. 65 Vgl. zur Geschichte der Norddeutschen Missionsgesellschaft die Beiträge im Sammelband von Lenz, Dieter/Schöck-Quinteros, Eva (Hrsg.): 150 Jahre Norddeutsche Mission 1836– 1986, Bremen 1986. 66 Vgl. dazu Ustorf, Werner: Die Missionsmethode Franz Michael Zahns und der Aufbau kirchlicher Strukturen in Westafrika, Erlangen 1989. 67 Vgl. Schendel, Gunther: Die Missionsanstalt…, a.a.O., S. 76–77.

Der Beitrag des Friedensvertrags von Versailles zur Dekolonisation

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Die deutsche katholische Mission hatte unter Artikel 438 des Versailler Vertrags weniger zu leiden als die deutschen evangelischen Missionsgesellschaften. Während die Frage der deutschen evangelischen Mission zwischen deutschen und ausländischen Protestanten auch noch in den ersten Jahren nach dem Weltkrieg umstritten war und Christen derselben Konfession sich gegenseitig die Gemeinschaft verweigerten, 68 stellten sich die von den Siegermächten aus ihrem Einflussgebiet ausgewiesenen deutschen katholischen Missionare, beispielsweise deutsche Jesuiten der verlorenen Bombay-Mission in Indien, in anderen katholischen Missionsgebieten zur Verfügung. Im zur belgischen Kolonie Kongo gehörenden Ruanda durften deutsche katholische Missionare weiterhin tätig sein. Die deutsche katholische Mission in Südwestafrika konnte ihre Missionsarbeit unbehelligt fortsetzen, weil die verantwortlichen Orden ihren Sitz nicht in Deutschland, sondern im Ausland hatten, wie etwa die Kreuzschwestern aus der Schweiz und der Orden der Oblaten des Heiligen Franz von Sales mit Sitz in Rom und Wien. 69 Die Einwanderung von Deutschen in die Einflussgebiete der Siegermächte des Ersten Weltkriegs wurde erst ab 1925 zugelassen, sodass auch die Rückkehr deutscher Missionen in ihr angestammtes Missionsgebiet erfolgen und die Missionsarbeit nach Rückgabe des noch vorhandenen Missionseigentums wieder von deutschen Missionaren übernommen werden konnte, 70 wenngleich die Zulassung durch die Behörden zuweilen nur zögerlich und unter Auflagen geschah. 71 Mit der Wiederzulassung deutscher christlicher Missionen im Einflussgebiet der Siegermächte verlor auch der Regelungsgehalt des von der deutschen kirchlichen Öffentlichkeit und von den deutschen Missionen geschmähten „Missionsparagraphen“ des Versailler Vertrags zunehmend an Bedeutung. 72 Nur allmählich hatte sich auch in Deutschland die Erkenntnis durchgesetzt, dass die von John R. Mott und Joseph H. Oldham initiierte und auf Veranlassung von Bonaventura Cerretti abgeänderte Vorschrift des Artikel 438 des Versailler Vertrags das deutsche Missionseigentum im Grunde für die Zwecke der Mission bewahrt hatte, woran die deutsche Mission nach Rückkehr in die angestammten Missionsgebiete anknüpfen konnte. 73 Allerdings erreichte die deutsche protestantische Mission nach dem Ersten Weltkrieg nie wieder die Zahl der deutschen evangelischen Missionare der unmittelbaren Vorkriegszeit, während sich die Zahl der deutschen katholischen Missionare nach dem Ersten Weltkrieg sogar verdoppelte. 74

68 Vgl. Weichlein, Siegfried: Zwischenkriegszeit bis 1933…, a.a.O., S. 67. 69 Vgl. Barth, Paul: Südwestafrika…, a.a.O., S. 149. 70 Vgl. Fischer, Hans-Jörg: Die deutschen Kolonien. Die koloniale Rechtsordnung und ihre Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg, Berlin 2001, S. 214. 71 Vgl. Jenkins, Die Basler Mission…, a.a.O., S. 44. 72 Vgl. Boegner, Marc: Les missions protestantes…, a.a.O., S. 265. 73 Vgl. Löffler, Roland: Protestanten in Palästina…, a.a.O., S. 100. 74 Vgl. Müller, Karl: Deutschland ein missionarisches Land…, a.a.O., S. 169.

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„MISSIONSPARAGRAPH“ UND DEKOLONISATION Die aufgrund des Ersten Weltkriegs und des Friedensvertrags von Versailles erfolgte Ausschaffung des imperialistischen deutschen Kolonialstaats aus dem Reigen der Kolonialmächte beendete nicht nur die deutsche Kolonialherrschaft, sondern destabilisierte auch die Legitimität für die Kolonisation überseeischer Gebiete durch die verbleibenden Kolonialstaaten. Folglich war der Erste Weltkrieg Auslöser einer globalen Entwicklung, die insbesondere die Dekolonisation in Afrika und Asien zur Folge hatte. Genauso war die Verdrängung deutscher Missionen aus dem Kreis der christlichen Mission in Übersee dazu geeignet, in moralischer Hinsicht zur Schwächung der universalen Missionsidee beizutragen. Zumindest wurde dies von deutschen und ausländischen, evangelischen und katholischen Missionen und der kirchlichen Öffentlichkeit in Deutschland und im Ausland vor dem Hintergrund der durch den Krieg und seine Folgen entstandenen Spaltung der europäischen Nationen und Gesellschaften, die sich sogar auf das Verhältnis christlicher Missionen untereinander auswirkte, befürchtet. Davon war vor allem die deutsche evangelische Mission betroffen, die sich aufgrund des aufkommenden Nationalprotestantismus im Zuge der deutschen Reichsgründung und der daraufhin entstandenen Kolonialbewegung stärker mit dem deutschen Kolonialstaat identifiziert hatte, als dies bei der auch universal ausgerichteten deutschen katholischen Mission der Fall gewesen war. Allerdings verloren sowohl die vielen deutschen evangelischen als auch die meisten deutschen katholischen Missionen während des Ersten Weltkriegs ihre angestammten Missionsgebiete in Übersee. Ihr dort noch befindliches Missionseigentum blieb jedoch aufgrund der Regelung in Artikel 438 des Friedensvertrags von Versailles erhalten, sodass eine völlige Vernichtung der deutschen Missionswerke unterblieb und die Missionsarbeit zumindest teilweise fortgeführt werden konnte, wenngleich mit dieser Tätigkeit zunächst andere Kirchenpersonen derselben Konfession betraut wurden, bevor die deutschen Missionen wieder in ihre früheren Missionsgebiete zurückkehren durften. Die durch die Weitsicht von John R. Mott und Joseph H. Oldham initiierte Aufnahme des „Missionsparagraphen“ in den Friedensvertrag von Versailles und seine durch die diplomatische Volte von Bonaventura Cerretti erfolgte Änderung zielten zwar mit seinem Wortlaut darauf ab, das Eigentum der deutschen christlichen Missionen in Übersee für Missionszwecke zu bewahren und vor dem Zugriff der Siegermächte zu schützen, jedoch kam in ihm zugleich eine gleichsam emanzipierte Sichtweise zur Position der in den früheren deutschen Kolonialgebieten tätigen christlichen Missionen in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zum Ausdruck. Artikel 438 des Versailler Vertrags wohnt nämlich auch der Gedanke inne, dass die Missionsarbeit der bislang im deutschen Kolonialstaat eingebetteten deutschen Missionen unter der Bedingung der Zurverfügungstellung des deutschen Missionseigentums auch von fremden Missionen derselben Konfession ohne Beteiligung Deutschlands geleistet werden kann. Letztlich war dies ein Beitrag zur Entnationalisierung der christlichen Missionsarbeit. Zu Ende gedacht und verallgemeinert bedeutet dieser Gedanke, dass in einer freien Welt die christliche

Der Beitrag des Friedensvertrags von Versailles zur Dekolonisation

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Mission keiner Nation und auch keiner Kolonisation bedarf. Damit war eines der vielen Saatkörner der Dekolonisation gelegt. Derartige Überlegungen dürften auch den von der ökumenischen Missionsbewegung geprägten und von der Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit zwischen den christlichen Missionen überzeugten Initiatoren des „Missionsparagraphen“, John R. Mott und Joseph H. Oldham, nicht fremd gewesen sein, und sie spiegeln sich auch in der Argumentation von Bonaventura Cerretti während der Friedenskonferenz von Versailles wider, der zwar vordergründig lediglich das gesamte katholische Missionseigentum für den Heiligen Stuhl reklamierte, zugleich aber mittelbar zum Ausdruck brachte, dass auch sämtliche katholischen Missionen zur Römischen Kurie gehören. Die Ausweisung der deutschen christlichen Missionare aus den ehemaligen deutschen Kolonien und den anderen Einflussgebieten der Siegermächte während des Weltkriegs und unmittelbar nach Inkrafttreten des Friedensvertrags von Versailles führte dazu, dass zur Fortsetzung der Missionsarbeit häufig ausländische Missionare zum Einsatz kamen. Dies förderte, ganz im Sinne von John R. Mott und Joseph H. Oldham, die Internationalität und die internationale Zusammenarbeit der christlichen Missionen. Aufgrund des plötzlichen Mangels deutscher Missionare wurden letztlich die indigenen Christengemeinschaften gestärkt, die nun in der Lage waren, die Eigenständigkeit der Missionskirchen voranzubringen, um künftig auf Missionare aus Europa verzichten zu können. 75 Auch damit waren weitere Saatkörner ausgeworfen, die letztlich zur Dekolonisation führten.

75 Vgl. Altena, Thorsten: „Ein Häuflein Christen mitten in der Heidenwelt des dunklen Erdteils“. Zum Selbst- und Fremdverständnis protestantischer Missionare im kolonialen Afrika 1884–1918, Münster 2003, S. 11.

DER VÖLKERMORD AN DEN SURYOYE IM IRAN WÄHREND DES ERSTEN WELTKRIEGES IN DEN AKTEN DER HERMANNSBURGER MISSION Martin Tamcke

DIE GESCHEHNISSE Seit 1875 wirkte die Hermannsburger Mission mit den und für die ostsyrischen Christen der Urmia-Region im Nordwesten des Iran. 1 Es war nicht die einzige deutsche Mission in der Region. Sie war allerdings diejenige, die sich länger als jede andere deutsche Mission in der Region hielt. Diese galt bis zum Ersten Weltkrieg als Teil der russischen Interessenssphäre auf iranischem Boden. In der Stadt waren russische Kosakentruppen stationiert und ein russischer Konsul residierte dort. Die deutsche Diplomatie wirkte im Zuge der internationalen Spannungen zwar auch in Urmia, um die deutschen Ansprüche in der Region geltend zu machen, aber nie eröffnete hier ein kaiserliches deutsches Konsulat. Dabei hätten die Stadt und die deutsche Präsenz dort das durchaus möglich gemacht. Neben den deutschen Missionen wirkte ein deutscher Kapitän auf dem Urmia-See und es entstand eine Niederlassung ethnischer Deutscher, die zumeist als Angehörige der russischen Truppen in die Stadt fanden und hier als Handwerker wirkten. 2 Zudem zeigen die Statistiken eine positive Bilanz des deutsch-persischen Handels in dieser Region. Dass es gerade hier zu starken diplomatischen Verstimmungen rund um deutsche Interessen gekommen war, dürften Vorankündigungen dafür gewesen sein, dass diese Region trotz der militärischen Neutralität des Iran schwer vom Kriegsgeschehen in Mitleidenschaft gezogen wurde und sich hier der Völkermord an Armeniern und ostsyrischen Christen in besonderer Härte zeigte. Die deutschen

1

2

Vgl. Tamcke, Martin: Die Hermannsburger Mission in Persien (mit einem Anhang: Pera Johannes, Kirchliche und bürgerliche Sitten der Nestorianer in Persien), in: ders./Heinz, Andreas (Hrsg.): Zu Geschichte, Theologie, Liturgie und Gegenwartslage der syrischen Kirche. Ausgewählte Vorträge des deutschen Syrologen-Symposiums vom 2.–4. Oktober 1998 in Hermannsburg, Hamburg 2000, S. 231–265 (Anhang: S. 266–273). Vgl. ders.: Deutsche Aktivitäten in der Urmia-Region vor dem Ersten Weltkrieg, in: Allison, Christine/Joisten-Pruschke, Anke/Wendtland, Antje (unter Mitarbeit von Kianoosh Rezania) (Hrsg.): From Daena to Din. Religion, Kultur und Sprache in der iranischen Welt. Festschrift für Philip Kreyenbroek zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 2009, S. 465–471.

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Missionare wurden 1915 des Landes verwiesen. Der für die Region zuständige und von der Ausweisung mit betroffene Konsul des Deutschen Kaiserreiches, Wilhelm Litten, sah darin einen Bruch der iranischen Neutralität. 3 Das Deutsche Reich hatte seinerseits begonnen, sich militärisch im Iran zu positionieren, und politisch besonders die demokratischen Kräfte auf seine Seite gezogen, schließlich sogar eine deutsch-iranische Militärmission gegründet, in gewisser Analogie zur deutsch-osmanischen Militärmission. 4 Von der Ausweisung betroffen waren auch die deutschen Missionsangestellten in Urmia-Dilguscha und Khoi, wo die Deutsche Orientmission des Dr. Johannes Lepsius Waisenheime unterhielt, in Khoi für armenische, in Dilguscha für syrische Waisenkinder. 5 Besonders die Leiterin des Waisenheimes in Dilguscha hatte eine betont politische Position eingenommen und stets die nationalen Interessen der Deutschen betont. Mit dem Abzug der Angehörigen der Deutschen Orientmission aber war die Präsenz der deutschen Missionen noch nicht zum Erliegen gekommen. Ein kleineres Werk und die Hermannsburger Mission blieben vor Ort. Bei den Hermannsburgern lag das in dem Umstand begründet, dass sie in all den Jahren nie mit deutschen Missionsmitarbeitern vor Ort gearbeitet hatten und in den Jahrzehnten ihrer Präsenz in den ostsyrischen Dörfern der Region nur ein einziges Mal ein Mitarbeiter der für den Iran zuständigen Tochtermission – des Vereins für lutherische Mission in Persien – iranischen Boden betreten und eine Visitation durchgeführt hatte. Seit 1875 wirkte die Mission mit Priestern der Apostolischen Kirche des Ostens – heute nennt sie sich „Heilige Apostolische und Katholische Assyrische Kirche des Ostens“ 6 – in der Region. Zunächst tat sie dies nur in Dörfern, kurz vor dem Weltkrieg dann aber auch in der Stadt Urmia selbst, wo der mit Hermannsburg verbundene Priester die einzige Gemeinde seiner Kirche versorgte, die unabhängig geblieben war, während die anderen Gemeinden sich der Union mit der Russischen Orthodoxen Kirche angeschlossen hatten. 7 Fast alle Priester, die mit 3 4 5 6 7

Vgl. Litten, Wilhelm: Persien von der „pénétration pacifique“ zum „Protektorat“. Urkunden und Tatsachen zur Geschichte der europäischen „pénétration pacifique“ in Persien 1860– 1919, Berlin 1920. Zur deutsch-persischen Militärmission vgl. Gehrke, Ulrich: Persien in der deutschen OrientPolitik während des Ersten Weltkrieges, 2 Bände, Stuttgart 1960/61; von Gleich, Gerold: Vom Balkan nach Bagdad. Militärisch-politische Erinnerungen an den Orient, Berlin 1921. Erste Hinweise in Feigel, Uwe: Das evangelische Deutschland und Armenien. Die Armenierhilfe deutscher evangelischer Christen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Kontext der deutsch-türkischen Beziehungen, Göttingen 1989. Baum, Wilhelm/Winkler, Dietmar W.: Die Apostolische Kirche des Ostens. Geschichte der sogenannten Nestorianer, Klagenfurt 2000. Vgl. Tamcke, Martin: Die Union der Apostolischen Kirche des Ostens mit der Russischen Orthodoxen Kirche aus der Sicht der „lutherischen Nestorianer“, in: Parole de l'Orient. Revue des études syriaques et arabes chrétiennes, Nr. 31, Jounieh 2006, S. 411–421; ders.: Die Ambivalenz der Präsenz der Russen in Urmia. Anmerkungen zu einem neu aufgefundenen Brief des Lazarus Jaure aus dem Jahr 1912, in: Festschrift Rev. Dr. Jacob Thekeparampil, Kottayam 2006, S. 65–72; Suttner, Ernst Christoph: Die Union der sogenannten Nestorianer aus der Gegend von Urmia (Persien) mit der Russischen Orthodoxen Kirche, Würzburg 1995, S. 33–40.

Der Völkermord an den Suryoye im Iran

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der Hermannsburger Mission arbeiteten, hatten in Deutschland studiert. Sie hatten in ihrer Person ihr traditionelles Amt als Priester dieser Ostkirche zu vereinen mit einer aus der konfessionellen Erweckung des 19. Jahrhunderts kommenden lutherischen Theologie. Sie alle sprachen fließend Deutsch, selbst die, die nie in Deutschland studiert hatten, beherrschten die deutsche Sprache so weit, dass sie sich bei ihren Deutschlandbesuchen mit den Gastgebern verständigen konnten. Das Miteinander zwischen der Missionsleitung in Deutschland und den mit ihr arbeitenden Priestern wurde einerseits durch gelegentliche Besuche der Priester in Deutschland und die ständige Präsenz ostsyrischer Theologiestudierender am Missionsseminar in Hermannsburg sichergestellt. Andererseits bestand stets eine intensive Korrespondenz, die in Anlehnung an die Missionsberichte von Missionaren in anderen Regionen der Welt über den Fortgang der Arbeit berichtete. Diese Korrespondenz mit den Deutschen blieb – mit einigen Lücken – tatsächlich auch während des Weltkrieges und während des Völkermords erhalten. Insofern steht uns hier ein Aktenbestand zur Verfügung, der direkte Zeugnisse von Mitgliedern der vom Genozid betroffenen Ethnie enthält. Unter den uns erhaltenen Archivbeständen zum Völkermord an Armeniern und Syrern (d. h. Aramäern, Assyrern, Chaldäern) nimmt damit der Bestand des Archivs der EvangelischLutherischen Mission in Niedersachsen (ELM) in Hermannsburg eine Sonderstellung ein. Hier kommen Schicksale von Familienangehörigen zur Sprache oder es äußern sich von den Verfolgungen direkt Betroffene und Menschen, die engste Familienangehörige durch die Massaker verloren. Es wäre verfehlt, von diesen Briefschreibern einen analytischen Abstand zum Geschehen zu erwarten. Sie berichten oft schlicht, was ihnen widerfuhr, und reichern die eigenen Erfahrungen mit Wissen um Vorgänge an anderen Orten an, von denen sie erfuhren. So sind auch diese Texte eine Mixtur von eigenem Erlebnis und Gehörtem. Vorrangig aber berichten diese Texte vom Ergehen der eigenen Familienangehörigen und der Briefeschreiber selbst. DIE BERICHTENDEN Von unterschiedlicher Warte aus und in verschiedener Weise vom Völkermord betroffen, schrieben alle Priester an ihre deutschen Vertrauensleute, weil sie sich zunächst Schutzzusagen erhofften, dann aber, weil sie einfach ihre verzweifelte Situation publik machen, sich selbst mit der Hilfe ihrer deutschen Partner retten und Hilfe für die Überlebenden und Flüchtenden organisieren wollten. Yuhannon Pera (in den Hermannsburger Akten als „Pera Johannes“ geführt), der erste ostsyrische Studierende am Missionsseminar in Hermannsburg, wurde schon zu Beginn gänzlich ausgeraubt und konnte – selbst seiner Kleidung ledig –

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nur noch nach Urmia zu seinem Sohn fliehen.8 Seine Gemeinde Wasirabad wurde vollständig verwüstet und seine Kirche in Brand gesteckt. 9 An eine Rückkehr war nicht mehr zu denken. Er floh mit seiner Familie und seinem Sohn zunächst nach Hamadan, von dort zurück nach Urmia und von dort nach Tiflis, wo er noch unter den dort lebenden „lutherischen Nestorianern“ arbeitete, aber nur noch in sehr bescheidenem Umfang. Ein armenischer Mittelsmann berichtete der Mission, dass er völlig gebrochen sei. Erst Jahre nach dem Ende des Weltkriegs konnte er mit seiner Familie über Konstantinopel zu seinem mittlerweile im Elsass lebenden Sohn migrieren, der von dort aus auch die syrischen Flüchtlinge in Marseille versorgte. In einem Stift unweit von Straßburg fand er mit seiner Frau und seiner behinderten Tochter Aufnahme. Seine Frau und Tochter blieben nach seinem Tod und der weiteren Auswanderung seines Sohnes nach Amerika am Ort. Reste seiner Gemeinde sammelten sich nach dem Weltkrieg wieder, blieben aber ohne Priester und Kirche. Der Sohn Yuhannon Peras, Luther Pera, hatte wie dieser in Deutschland Theologie studiert und trat als wichtiger Übersetzer lutherischer Schriften ins Ostsyrische auf. 10 Er wirkte zuletzt als Priester der einzigen geöffneten Kirche der Apostolischen Kirche des Ostens in Urmia, auf Wunsch seines ebenfalls dort ansässigen Bischofs Elia und explizit gegen die dagegen vorgebrachten Bedenken der Hermannsburger Partner. Luther Pera, der bereits beim ersten Fluchtabschnitt seinen Sohn aufgrund einer unter den Flüchtlingen grassierenden Typhusepidemie verloren hatte, wurde in Urmia durch einen muslimischen Bekannten gerettet, der die Familie bei sich unterbrachte. Heimlich entwich die Familie nachts aus dem belagerten Haus. Die muslimischen Nachbarn sicherten auch einen Teil der Habe. Nach erneut massiven Ausschreitungen floh er mit seiner Familie mit den abrückenden russischen Truppen über Russland und Schweden nach Deutschland. Hier informierte er deutschlandweit über den Völkermord. Seine Berichte fallen dadurch auf, dass er sich um Erklärungen für das Geschehen bemüht und relevante Informationen aus

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Vgl. Tamcke, Martin: Pera Johannes, in: Lavenant, René (Hrsg.): VI Symposium Syriacum 1992, Rom 1994, S. 361–369; ders.: Pera, Johannes, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 18, Nordhausen 2001, S. 1136–1138. 9 Vgl. ders.: Die Zerstörung der ostsyrischen Gemeinde in Wasirabad im Kontext von religiöser Konkurrenz, Weltkrieg und ökonomischer Not, in: Beltz, Walter/Tubach, Jürgen: Expansion und Destruktion in lokalen und regionalen Systemen koexistierender Religionsgemeinschaften, Halle 2006, S. 191–202. 10 Vgl. ders.: Luther Pera’s Contribution to the Restoration of the Church of the East in Urmia, in: The Harp. A review of Syriac and Oriental ecumenical studies, Nr. 8/9, Kottayam 1995/96, S. 251–261; ders.: Urmia und Hermannsburg. Luther Pera im Dienst der Hermannsburger Mission in Urmia 1910–1915, in: Kaufhold, Hubert/Kropp, Manfred (Hrsg.): Oriens Christianus. Hefte für die Kunde des christlichen Orients, Bd. 80, Wiesbaden 1996, S. 43–65; ders.: Pera, Luther, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 18, Nordhausen 2001, S. 1138–1139.

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anderen Orten in seine Berichte einbaut. Er versucht sich auch an theologischen Deutungen des Erlebten. Nach dem Weltkrieg ging er zunächst beruflich ins Elsass und versorgte die syrischen Flüchtlinge in Frankreich. Schließlich fand er eine Stelle in den USA und holte seine engere Familie nach. Sein bedeutendstes Übersetzungswerk, die syrische Übersetzung von Martin Luthers „Kleinem Katechismus“, erschien dann erst in seiner Zeit in Amerika im Buchhandel. Noch nach dem Weltkrieg bemühte sich etwa Johannes Lepsius intensiv darum, Luther Pera für die Idee zu gewinnen, in der Zeitschrift „Der christliche Orient“ Artikel zu dem Völkermord an den Syrern zu veröffentlichen. Zu diesen Artikeln kam es zwar nicht mehr, aber doch zu zahlreichen Artikeln aus seiner Feder etwa in der Missionszeitschrift „Nachrichten aus der lutherischen Mission in Persien“, die mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren vertrieben wurde. Exemplarisch zitiere ich einen Bericht Luther Peras: 11 Wenn ich die Erlebnisse der letzten 10 Monate beschreiben soll, so müsste ich ganze Bücher schreiben. Aber ich muß mich ganz kurz fassen. Etwa Mitte Dezember vorigen Jahres zogen plötzlich die Russen von Urmia ab. Viele Christen von der Stadt und den am Wege liegenden Dörfern zogen mit ihnen. Sonnabend, den 20. Dezember …, waren alle Russen fort. Am Sonntag, den 21. Dezember, waren alle Christen schutzlos der fanatischen Wut der mohammedanischen Bevölkerung preisgegeben. Alle christlichen Dörfer und Häuser in Dilguscha und um Urmia herum wurden ausgeplündert, alle Männer, Frauen und Kinder ihrer Kleider und ihres baren Geldes beraubt. Alle Männer und jungen Leute aus den Dörfern, welche etwas weiter von der Stadt entfernt waren, wurden von Mohammedanern niedergeschossen. Sobald die Kurden von der mohammedanischen Stadtbevölkerung sichere Nachricht erhalten hatten, dass die Russen fort seien, überschwemmten sie das Land. Gogtapa, wo Leute aus 20 christlichen Dörfern Schutz gesucht hatten, wurde durch den Heldenmut des amerikanischen Missionsarztes Dr. Packard und zweier syrischer Jünglinge, des Joseph Khan und des Dr. David Khan, von der gänzlichen Niedermetzelung gerettet. Er ritt mit seinen Begleitern am Montag, den 23. Dezember …, zu den kurdischen Häuptlingen, welche Gogtapa mit mehreren Tausenden von Kriegern belagerten. In einer Verhandlung von mehreren Stunden konnte Dr. Packard von den Kurden nur das erreichen, dass die Bewohner von Gogtapa sich ergeben und ihre Seelen, d. h. nur das nackte Leben, dem Dr. Packard zum Geschenk gegeben werden, aber alle ihre Habe den Kurden gehören solle. … So wurden viele Tausende gerettet und zum amerikanischen Missionshaus gebracht. – Wir wurden wie durch ein Wunder Gottes gerettet. Unsere Wirtin ließ einen jungen Mohammedaner rufen, welcher mit ihrer Familie befreundet

11 Deutlich anders gelagert sind die Berichte des Lazarus Jaure, dessen Buch zum Genozid sowohl in Deutschland als auch in Amerika nicht mehr aufzufinden ist (er hatte das in deutscher Sprache abgefasste Werk in Philadelphia und Hermannsburg vergeblich zum Druck eingereicht). Er war von Anfang an daran interessiert, Hilfe zu organisieren, und konnte später – anders als sein Vater, der seine Gemeinde im Iran wieder aufbaute – nicht in seine Heimat zurückkehren. Zu seiner ersten Reaktion nach seiner Flucht aus dem Iran und dem Verlust seiner Familie vgl. Tamcke, Martin: Ein Brief des Lazarus Jaure aus dem Frühjahr 1916 zu den Geschehnissen in Urmia, in: ders./Heinz, Andreas (Hrsg.): Die Suryoye und ihre Umwelt. 4. deutsches Syrologen-Symposium in Trier 2004. Festgabe Wolfgang Hage zum 70. Geburtstag, Münster 2005, S. 59–72. Zu ihm insgesamt ders.: „Erst das Leben muss des Lebens Wert zeigen“. Der Syro-Iraner Lazarus Jaure und die Deutschen, Berlin/Tübingen 2013.

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Martin Tamcke war. Weil ihr Mann mit den Russen geflohen war, beherbergten wir ihren Gast. Er sagte uns am Abend, falls etwas passiere, würde er uns nach seinem Hause mitnehmen. Am Sonntag Morgen, den 21. Dezember, wurden wir vom mohammedanischen Pöbel belagert. Wir waren wie verloren. Aber, wie von Gott gesandt, kam jener junge Mohammedaner mit seinen fünf Brüdern, und sie halfen uns, unsere Teppiche und Möbel einzupacken und nach ihrem Hause zu transportieren. Am Abend nahmen sie uns mit in ihr Haus, wo wir 1 ½ Monate zubrachten. – Ich war sehr besorgt um meinen Vater und seine Familie. Aber nach drei Tagen kamen sie gänzlich – auch der Kleider – beraubt in das amerikanische Missionshaus. Ich nahm sie mit zu uns in jenes mohammedanische Haus. … Die Greuel, welche Mohammedaner und Kurden verübt haben, sind unbeschreiblich. Aus der französischen Mission wurden 46 Personen in Haft behalten, Arm an Arm gebunden und auf Befehl der Türken erschossen. In Gulfaschan wurden über 80 Personen getötet. Frauen und Mädchen waren den unreinen Lüsten dieser wilden Rotte preisgegeben. … Dabei hatten der türkische Konsul und kurdische Scheich dem Dorfe Gulfaschan volle Sicherheit versprochen. In vielen Dörfern, wie Ada und Supurgan, sind unbeschreibliche Greuel geschehen. Viele starben als Märtyrer um ihres Glaubens willen. Sehr viele Frauen und Mädchen wurden von Kurden und Mohammedanern entführt. … Von unserm kleinen Völkchen sind 8.000 Personen gestorben, getötet und untergegangen. Alle Kirchen, auch unsere in Wasirabad und Gogtapa, wurden abgebrannt. Solange die Türken hier herrschten, durfte in der Stadt keine Glocke geläutet werden. Viele Christen aus der Stadt wurden verhaftet und auf unmenschliche Weise Geld von ihnen erpresst. Manche wurden aufgehängt, darunter ein Kurde, der Christ geworden war. Am heiligen Osterfeste hörten wir anstatt des Glockengeläutes die Hilferufe der Frauen und Kinder, in deren Haus Mohammedaner eingebrochen waren. Fast jede Nacht wurde in ein Haus eingebrochen und geraubt. Wir haben manche Nacht in den Kleidern geschlafen, um zur Flucht bereit zu sein. – Die presbyterianischen Missionare haben während der fünfmonatlichen Bedrängnis sich selbst verleugnet und jedem, ob Freund oder Feind, gedient. Sie haben Achtung von Mohammedanern, Türken, Christen und Juden geerntet. Man bedenke die Last von 15.000, mindestens 12.000, Personen in den engen Räumen einer Mission eingesperrt und von der Mission gespeist. Zuerst starben die Kinder an Masern, dann aus Kälte und Blöße an Dysenterie; zuletzt entstand der Typhus und raffte die besten Jünglinge und Jungfrauen, welche unter der amerikanischen Fahne dem Schwert entronnen waren, hinweg. Es starben täglich 30–40 Personen in der Mission. Auch unser lieblicher Friedrich ward ein Opfer des Typhus, während mein Bruder Ignatius und meine Schwester Lois wieder genasen. Ich habe über fünf Monate die ganze Familie meines Vaters ernähren müssen. Außerdem habe ich aus meinem Hause Hab und Gut im Werte von 250 Tuman (1000 Mk.), eine Kuh mit ihrem Futter, Sabsa (getrocknete Rosinen), Wintervorräte usw., verloren. Jetzt habe ich 260 Tuman Schulden zu 12, 15 und 20 %. Es ist ein Wunder Gottes, dass ich bis jetzt mit meiner Familie nicht des Hungertodes gestorben bin. … Wasirabad ist ganz verwüstet, die Häuser abgerissen, Türen und Fenster geraubt. In Gogtapa sind Häuser, Türen und Fenster gelassen worden, weil zu viel in diesem Dorfe zu rauben war. 12

Die Informationen zu Gogtapa und Gulfashan sind ihm offenbar zugetragen worden, die zu Wasirabad gehen auf seinen Vater zurück, verbunden wird alles durch den Bericht im Ich-Stil, dem die Berichte aus anderen Quellen illustrierend untergeordnet sind.

12 Zitiert wird der Brief Luther Peras hier in seiner von Röbbelen besorgten Veröffentlichung in: Nachrichten aus der Lutherischen Mission in Persien 2,4, 1. September 1915, Hermannsburg, S. 13–16. Röbbelens redaktionelle Zusätze zur Zeitrechnung und sein Hinweis auf Luthers Predigttätigkeit in Dilguscha wurden im Text belassen.

Der Völkermord an den Suryoye im Iran

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Jaure Abraham leitete die größte Gemeinde, Gogtapa. Seine Berichte zum Genozid geben den unmittelbarsten Eindruck in das Geschehen. Sie lassen das Geschehen ganz aus der Perspektive eines hilflos Ausgelieferten vor den Augen der deutschen Briefpartner erscheinen. Erwägungen zu Hintergründen oder Erklärungen für den Ausbruch der gegen sie gerichteten Gewalt bietet er kaum. Alles schrumpft auf das Erleben eines um sein Überleben Ringenden zusammen, der zugleich auch um das Überleben seiner Familie kämpft und an dessen Schilderung der sukzessive Verlust auch aller Habseligkeiten während der panischen Flucht in den Blick gerät. Seine Texte sind nicht Berichte zu Fakten, sondern der Versuch, seine Empfindungen und seine Verzweiflung zu teilen. Diese von der Traumatisierung mitbestimmte Diktion muss bei der Auswertung seiner Berichte mitbedacht werden. Schon auf der ersten Etappe seiner Flucht starb seine Frau. Seinem Sohn Lazarus Jaure starben auf der Flucht durch Russland Frau und Kinder und als er endlich in Schweden eintraf, machte er sich einerseits sofort daran, die Öffentlichkeit über den Völkermord aufzuklären, andererseits begann er umgehend damit, Hilfsarbeiten für die Überlebenden zu initiieren. Nachdem er von Skandinavien weiter in die Vereinigten Staaten von Amerika nach Philadelphia ausgewandert war, bemühte er sich bei einem amerikanischen Verlag darum, seine Monografie zum Völkermord an den Syrern zu veröffentlichen. Dort lehnte man das Buch mit dem Hinweis ab, dass es in deutscher Sprache verfasst worden sei und daher tunlichst in Deutschland verlegerisch zu verantworten wäre. Daraufhin legte Lazarus Jaure das Buch den Hermannsburgern vor. Es scheint heute verloren. Jedenfalls findet sich im ELM, der Nachfolgeinstitution der Hermannsburger Mission, kein Exemplar des Manuskriptes mehr. Zu einem Druck des Werkes kam es nicht. Ein Bericht des Vaters noch während der Flucht dokumentiert exemplarisch dessen Berichtsweise: Am 18. Juli 1918 verließen wir Urmia und flohen nach Süden, nach Hamadan. Diese Flucht dauerte 22 Tage. Das ganze Volk war unterwegs mit Wagen, Pferden und Habe. Auf dem Wege wurden wir achtmal vom Feinde umzingelt; einige Tausend wurden getötet oder gefangen weggeführt. Am vierten Tage unserer Flucht ließen wir unsern Wagen, vor den vier Ochsen gespannt waren, alle unsere besten Sachen, die Bücher usw. zurück. Meine Frau ritt auf einem Pferd, das wir noch hatten; wir andern flohen zu Fuß. Den ersten Tag machten wir ungefähr 70 km zu Fuß ohne Schuhe und Strümpfe in der Sommerhitze auf den sandigen Wegen Persiens. Selbstverständlich waren Tausende von Menschen in derselben Lage wie ich. Das fliehende Volk bestand annähernd aus 90.000 Seelen. Säugende Frauen ließen ihre kleinen Kinder am Wege liegen und flohen. Auf dem ganzen Wege begegneten wir Kindern, die von ihren Eltern verlassen waren. Sie liefen den Flüchtlingen entgegen und riefen den Fremden weinend zu: ‚Papa, Mama, nimm mich mit!‘ Aber niemand konnte helfen. Neugeborene Kinder ließ man liegen. Väter und Mütter, die schwach waren, wurden im Stich gelassen. Andere starben unterwegs und blieben unbeerdigt liegen. Wir mussten hungern, denn alle Vorräte ließen wir unterwegs, drei Tage waren wir ohne Brot und ohne Wasser. Denn die Tausende von Menschen mit ihrem Vieh tranken alles Wasser weg. Beinahe das ganze Volk wurde an Dysenterie krank; auch Cholera raffte viele Menschen weg. Als wir uns Hamadan näherten, wurde meine Frau krank. Wir hatten in Hamadan angesehene Verwandte. Sie nahmen uns als Gäste in ihre Häuser auf. Meine Frau lag eine Woche krank. Am 10. August nahm sie der

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Martin Tamcke Herr zu sich. Am 11. wurde sie bestattet unter großer Teilnahme der angesehenen Männer zu Hamadan und der syrischen Flüchtlinge. Ich fiel in tiefe Betrübnis. Wir blieben vier Monate in Hamadan. Dann begaben wir uns im Winter auf die Reise nach Täbris, die einen Monat währte. Ich kam krank und schwach dorthin. Hier lag ich zwei Wochen krank, an Brust und Knien leidend infolge der Kälte. Als ich gesund ward, erkrankte mein Sohn am Typhus. Auch er ist jetzt gesund. Aber es ist uns sehr schwer geworden, in einer fremden Stadt ohne Geld unter diesen Umständen zu leben. 13

FAZIT Die Berichte in den deutschen Missionsarchiven können dazu beitragen, das Gesamtgeschehen zu rekonstruieren. Sie dokumentieren aus der Perspektive der Betroffenen den massiven Wandel im ethnischen und religiösen Mosaik im heutigen Nordwestiran. Die zeitweilige, verzweifelt erkämpfte und zutiefst gefährdete Dominanz der Christen in der Region war für immer gebrochen. Religiös war die Region weithin gesäubert worden und nur wenige Gemeinden existieren dort bis heute. Ihr umfangreiches Schul- und Hochschulwesen wurde ebenso zerstört wie Verlage, Hospitäler, Wirtschaftsbetriebe, aber eben auch zahlreiche Kirchen. Geblieben sind die Archivalien und die kaum noch zu rettenden Fotos, die damals dort für die Mission angefertigt wurden und einmalige Einblicke geben in das innere Leben einer fast vollständig untergegangenen Kultur.

13 Röbbelen veröffentlichte große Teile des über die Vorgänge und die Flucht berichtenden Briefes des Jaure Abraham vom 16. Juli 1919 unter der Überschrift „Ein Brief aus Persien“: Röbbelen, Karl: Ein Brief aus Persien, in: Nachrichten aus der lutherischen Mission in Persien 6/2, 10. November 1919, Hermannsburg, S. 1–4, Zitat: S. 3–4.

DIE INVERSION DER EUROPÄISCHEN PERSPEKTIVE Placide Tempels La philosophie bantue im Zusammenhang der veränderten Sicht auf afrikanische und vorchristliche Kulturen als Grundlage für die „Entkolonialisierung“ des Verständnisses traditioneller afrikanischer Philosophie und Religion Ullrich Relebogilwe Kleinhempel

EINFÜHRUNG: DIE KULTURKRISE DES FIN-DE-SIÈCLE, DIE LEBENSPHILOSOPHIE UND DIE HINWENDUNG ZU NICHT-EUROPÄISCHEN UND NICHT-CHRISTLICHEN „PRIMITIVEN“ KULTUREN Placide Tempels Untersuchung und Darstellung der Bantu-Philosophie in seinem gleichnamigen Buch ist die Frucht jahrelanger Feldforschung als Missionar im Kongo, mit guter Kenntnis einheimischer Sprachen und einem philosophisch geschulten Geist. Tempels analytischer Zugriff auf das Feld der Bantu-Philosophie zeigt, dass er mit der Philosophie seiner Zeit, insbesondere der „Lebensphilosophie“, vertraut war. Das kosmologische und anthropologische, religiöse und kulturelle Denken der Bantu – trotz ihrer Schriftlosigkeit – als „Philosophie“ zu erkennen und darzustellen, ist eine Pionierleistung der Wertschätzung und Anerkennung afrikanischer Kultur, die in seiner Generation und Zeit noch selten ist. (Die abschätzigen Bemerkungen Albert Schweitzers über afrikanische Denkweisen mögen den Gegensatz verdeutlichen.) In seiner Darstellung beweist Tempels ein Gespür dafür, die Philosophie der Bantu mit Bezug auf Fragestellungen und Denkformen europäischer Kultur des frühen 20. Jahrhunderts darzustellen. Damit hat er sie rezipierbar gemacht und ihr Wertschätzung verschafft, indem seine Darstellung vermittelt, welche Lösungen das Denken der Bantu zu Fragen gefunden hat, die auch das europäische Denken bewegten.

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PERSPEKTIVEN DER REZEPTION AFRIKANISCHER KULTUR SEIT DEM FRÜHEN 20. JAHRHUNDERT Kulturelle Zivilisationskritik im späten 19. Jahrhundert als Voraussetzung für Interesse an fremden Kulturen Der Erste Weltkrieg wird vielfach als der Untergang des alten Europa verstanden. Er geht einher mit einer Kulturkrise, dem Ungenügen an der bisherigen gesellschaftlichen, politischen, religiösen und kulturellen Ordnung, die sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend entwickelt und artikuliert hat. Friedrich Nietzsche hatte in seinem Zarathustra verkündet, „dass Gott tot ist“: [2] ‚Und was macht der Heilige im Walde?‘ fragte Zarathustra. Der Heilige antwortete: ‚Ich mache Lieder und singe sie, … also lobe ich Gott.‘ … Als Zarathustra aber allein war, sprach er also zu seinem Herzen: ‚Sollte es denn möglich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch nichts davon gehört, dass Gott tot ist!‘ – 3 Als Zarathustra in die nächste Stadt kam, die an den Wäldern liegt, fand er daselbst viel Volk versammelt auf dem Markte … Und Zarathustra sprach also zum Volke: ‚Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll. Was habt ihr getan, ihn zu überwinden? Alle Wesen bisher schufen etwas über sich hinaus … Seht, ich lehre euch den Übermenschen! Der Übermensch ist der Sinn der Erde. Euer Wille sage: der Übermensch sei der Sinn der Erde! Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden!‘ 1

Damit sprach Nietzsche im Geist des Positivismus, der die Epoche beherrschte, und sagte zugleich ihrer fortbestehenden Orientierung an dem – v. a. ethisch gedeuteten – Christentum den Kampf an. Er verkündete eine Philosophie des sich selbst transzendierenden „Lebens“, das, getragen vom „Willen“ als metaphysischem Prinzip, bestehende Ordnungen und Kulturen überwindet und sich im „Willen zur Macht“ selbst setzt. In der nihilistischen Überwindung des Bestehenden sagt Nietzsche zugleich dem Positivismus den Kampf an. Der Erste Weltkrieg als Untergang des „alten Europa“ und die Suche nach kultureller Neuorientierung: die Lebensphilosophie Von hier aus entwickelte sich eine Linie, die im Ersten Weltkrieg den Untergang einer positivistisch legitimierten „alten Ordnung“ Europas erkannte. Der Vorwurf, Nietzsche habe damit den Ersten Weltkrieg geistig vorbereitet, 2 kann sicher nur eingeschränkt gelten. Der kanadische Historiker Modris Eksteins deutete Nietzsches Lebensphilosophie und Nihilismus als den Ausdruck einer irrationalen, in der deutschen Romantik wurzelnden kulturellen Bewegung, die gegen die von 1 2

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra, Chemnitz 1883, S. 2–3, online unter: http:// www.zeno.org/Philosophie/M/Nietzsche,+Friedrich/Also+sprach+Zarathustra/Zarathustras+ Vorrede (02.01.2019). Vgl. Eksteins, Modris: Rites of Spring. The Great War and the Birth of the Modern Age, Toronto 1989, S. 33 ff.

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Rationalismus und Positivismus getragene und von England und Frankreich als großen Kolonialmächten und Vormächten Europas vertretene Ordnung revoltierte. Trotz der deutschen Niederlagen im Ersten und im Zweiten Weltkrieg sei diese zur bestimmenden Philosophie der Moderne geworden. 3 Die Lebensphilosophie und ihre Geringschätzung, ja grundsätzliche Ablehnung des funktionalistischen Positivismus wurden in der Folgezeit zur hermeneutischen Grundlage für die Hinwendung zu den Zeugnissen und symbolischen Ausdrucksformen schriftloser „ursprünglicher“ Kulturen. Im Werk des bedeutendsten Entdeckers der afrikanischen Philosophie, P. Placide Tempels, ist diese Lebensphilosophie erkennbar hermeneutische Grundlage der Darstellung in seiner La philosophie bantue. 4 Die Lebensphilosophisch begründete Hinwendung zu „primitiven“ Kulturen als authentischere Ausdrucksformen für eine neue Kultur im Symbolismus Die Absage an die positivistische (und funktionalistische) Moderne mitsamt ihrer politischen Weltordnung sei mit einer Rückbewegung zum „Primitivismus“ verbunden, in den künstlerischen, religiösen und kulturellen Zeugnissen „primitiver“ Völker symbolische Manifestationen eines ursprünglicheren „Lebens“ zu finden. Dieses „Leben“ umschließe den Tod und gehe über die funktionalistische bestimmte „Vernunft“ positivistischer Weltsicht hinaus – und sei darin ungleich „wahrer“. Als epochales Manifest dieser lebensphilosophischen spirituellen Orientierung sieht M. Eksteins Wladimir Strawinskijs Frühlingsopfer an, das als Le Sacre du Printemps 1913 mit dem Ballet Russe in Paris uraufgeführt wurde. 5 Charakteristisch sei die Verbindung von Hinwendung zum vorchristlichen, slawischen Heidentum mit der Feier des Erotischen als Lebensprinzip und der nihilistischen Opferbereitschaft im Namen des metaphysischen „Lebens“, das die Infragestellung, ja Absage an die abendländische positivistische „Vernunft“ und Kultur verkünde. Die Aufführung des Balletts nach der ursprünglichen Choreografie zum 100-jährigen Jubiläum und die Sendung dazu auf dem Kultur-Kanal ARTE verdeutlichen dessen bleibenden ikonischen Charakter. 6 Die Hinwendung zu „primitiven“ Völkern – deren „Primitivität“ durchaus im Sinne einer zeitlosen „Ursprünglichkeit“ verstanden wurde, erfolgte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in großer Breite. Es war eine schwierige Annäherung, indem sie die bis dahin geltende Hierarchie der Kulturen (und Rassen) infrage stellte bzw. deren Umwertung zum Ausgangspunkt wurde. Die Kunst und Religionen der schriftlosen Völker wurden zum Offenbarungsmedium – ganz im 3 4 5 6

Vgl. ebenda. Vgl. Tempels, Placide: La philosophie bantue, Elisabethville 1945: Lovania, online unter: http://www.aequatoria.be/tempels/FTLovaniaFR.htm (02.01.2019). Vgl. ebenda, S. 36 ff. Vgl. Les 100 ans du sacre du printemps par le théâtre Mariinski (auf ARTE gesendet am 1.06.2013), online unter: https://www.youtube.com/watch?v=_QZXrPJGLJ0 (02.01.2019).

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Sinne Strawinskijs, der die Hinwendung der Kunstbewegung der Peredvizhniki, der „Wanderer“, die die Volkskunst des „alten Russlands“ neu entdeckt und gefeiert hatten, mit entschiedener Radikalität im Medium der Musik – mit ihren „unerhörten“ Polyrhythmen und ihrer Aufnahme altslawischer Harmonik – weiterführte in ein szenisch rekonstruiertes heidnisches Ritual auf der Bühne im modernen Kulturtempel eines Opernhauses unter provokantem Bruch mit den Stilkonventionen des klassischen Balletts. Rainer Maria Rilke vollführte dieselbe Bewegung, als er das altrussische IgorLied ins Deutsche übersetzte und zur Grundlage seiner eigenen Poetik machte. 7 Im Geist des Symbolismus deutete Rilke die – christlich gerahmten – heidnischen Motive und Denkformen des Igor-Lieds als Ausdruck eines spirituellen Bezuges zu einer höheren Wirklichkeit im Medium der Poesie, die es wieder zu gewinnen galt. 8 In diesem Zusammenhang griff Rilke auf die Philosophie der „Ikone“ zurück, die den Symbolismus, besonders den russischen Symbolismus, inspirierte. 9 Ihr zufolge war die Ikone Darstellungsmittel einer nichtbegrifflichen (apophatischen) Wirklichkeit, deren Betrachtung als ein „Empfangen“ geschehen sollte, wie Pavel Florenskij ausführte. 10 Rilke kritisierte auf dieser Grundlage ausdrücklich das seit der italienischen Renaissance, seit Giotto, wie er meinte, „objektivierende“ Kunstverständnis, das die Kunst um ihre Bestimmung gebracht habe, Medium einer höheren Wirklichkeit zu sein. Die Kunst, so schrieb er 1898, solle Medium einer zeitlosen höheren Wirklichkeit sein. 11 C. G. Jung und S. Freud und die Hermeneutik „früher Schichten“: „primitive“ Kulturen als Manifestationen des früheren Eigenen Widerhall fand diese Sicht in der Psychoanalyse. Sigmund Freud erklärte, dass in den Kulturen schriftloser Völker Denkformen und seelische Schichten bewahrt geblieben seien, die denen früherer geschichtlicher Stadien der hochkulturellen Völker entsprächen. So schrieb er in Totem und Tabu: Den Menschen der Vorzeit kennen wir in den Entwicklungsstadien, die er durchlaufen hat, durch die unbelebten Denkmäler und Geräte, die er uns hinterlassen hat, durch die Kunde von seiner Kunst, seiner Religion und Lebensanschauungen, die wir entweder direkt oder auf dem 7

Cf. Kleinhempel, Ullrich: Rilke’s Translation of „The Slovo o Polku Igoryeva“ („The Song of Igor’s Campaign“) in the Context of His Spiritual and Poetological Development, in: ALITER, Nr. 8, St. Petersburg 2017, S. 3–32. [Научно-теоретический журнал. С. В. Пахомов (Главный редактор ), Ю. Ю. Завгородний (Выпускающий редактор), online unter: http://www.sanskrit. su/aliter2017_2.pdf (02.01.2019). 8 Cf. ebenda, S. 9. 9 Cf. Hofstätter, Hans H.: Symbolismus und die Kunst der Jahrhundertwende. Voraussetzungen, Erscheinungsformen, Bedeutungen, Köln 1978. S. 32. 10 Cf. Florenskij, Pavel: „Die umgekehrte Perspektive“ [russ. 1922], in: Sikojev, André (Hrsg.): P. F. Die umgekehrte Perspektive. Texte zur Kunst, München 1989, S. 7–79. 11 Cf. Rilke, Rainer M.: Über Kunst (1898), in: Zinn, Ernst/Sieber, Ruth (Hrsg.): Rainer Maria Rilke. Sämtliche Werke, Bd. 10, Frankfurt am Main 1976, S. 426.

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Wege der Tradition in Sagen, Mythen und Märchen erhalten haben, durch die Überreste seiner Denkweisen in unseren eigenen Sitten und Gebräuchen. Außerdem aber ist er noch in gewissem Sinne unser Zeitgenosse; es leben Menschen, von denen wir glauben, dass sie den Primitiven noch sehr nahe stehen, viel näher als wir, in denen wir daher die direkten Abkömmlinge und Vertreter der früheren Menschen erblicken Wir urteilen so über die sogenannten Wilden und halbwilden Völker, deren Seelenleben ein besonderes Interesse für uns gewinnt, wenn wir in ihm eine gut erhaltene Vorstufe unserer eigenen Entwicklung erkennen können. 12

Freud verweist in der Einleitung darauf, dass er die Anregung zu dieser Forschungsperspektive von Wilhelm Wundts Völkerpsychologie und von Carl Gustav Jung 13 erhalten habe, die „Probleme der Individualpsychologie durch Heranziehung von völkerpsychologischem Material zu erledigen streben“ 14. Indem S. Freud und C. G. Jung die kulturellen Zeugnisse schriftloser Völker als Ausdruck wesenseigner Schichten der Seelen neuzeitlicher hochkultureller Menschen erklärten, waren sie damit nicht mehr (in erstere Linie) Äußerungsformen von Fremden, sondern des „Eignen“. Sie bekamen den Wert von einzigartigen Symbolen von Bereichen des „Selbst“ zugeschrieben, die nicht oder kaum auf anderem Weg zu finden waren. Die Auseinandersetzung mit ihnen konnte damit unter dem Vorzeichen der Selbst-Erforschung stehen und eine Selbst-Begegnung in den tieferen Schichten der Person auslösen. Zwar mochte man noch von der Höhe des Selbstbewusstseins eines kolonialen Europäers des frühen 20. Jahrhunderts auf diese „primitiven“ Zeugnisse schauen. S. Freuds Warnung jedoch in Das Unbehagen in der Kultur, 15 unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs verfasst, dass jede (Hoch-)Kultur zerbrechlich sei und von Rückfall in Barbarei bedroht, wenn sie ihren Mitgliedern nicht ein Minimum an Lebensunterhalt und Anerkennung sichern könne, hatte auch diese Selbstgewissheit fraglich werden lassen, dass zivilisatorischer Fortschritt unumkehrbar sei. Ruth Benedict und die Hermeneutik der kulturellen Differenz als alternatives Gestalten des Menschseins Für das frühe 20. Jahrhundert war die Sicht, die Zeugnisse afrikanischer Kultur nur als symbolischen Ausdruck von Schichten des „Eigenen“ zu deuten, ein Schlüssel zu ihrer Rezeption. Die Einsicht, dass Kulturen aller Stufen sehr verschiedene Werte haben könnten, verbreitete sich erst allmählich. C. G. Jung hatte in seinem Modell des in Schichten differenzierten „Kollektiven Unbewussten“ 12 Freud, Sigmund: Totem und Tabu (1913), in: Gesammelte Werke, Bd. 9, Frankfurt am Main 1944, S. 5. 13 Vgl. Jung, Carl Gustav: Wandlungen und Symbol der Libido, in: Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen, Bd. IV, Leipzig 1912; ders.: Versuch einer Darstellung der psychoanalytischen Theorie, in: Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen, Bd. V, Leipzig 1913. 14 Freud, Sigmund: [Vorwort zu] Totem und Tabu (1913), in: Gesammelte Werke, Bd. 9, Frankfurt am Main 1944, S. 3. 15 Vgl. ders.: Das Unbehagen in der Kultur (1930), in: Gesammelte Werke, Bd. 14, Frankfurt am Main 1948.

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bereits darauf hingewiesen. Mit Ruth Benedicts viel beachtetem Buch Patterns of Culture 16 verschob sich die Perspektive entsprechend. Margaret Mead schrieb 25 Jahre nach dessen Ersterscheinung über das Buch, das bis dahin in 14 Sprachen übersetzt war: The book was and is important in several ways. First, it is the best introduction we have to the widening of horizons by a comparative study of different cultures, through which we can set our own socially and customary behaviour set beside that of other and strangely different peoples. … On this basis she developed her own special contribution, her view of human cultures as ‘personality writ large’, her view that it was possible to see each culture, no matter how small and primitive or how large and complex, as having selected from, the great arc of human potentialities certain characteristics and then having elaborated them with greater strength and intensity than any single individual could ever do in one lifetime. 17

Hier bekundet sich eine „Hermeneutik der Differenz“. Sie beruft sich zwar auch auf das gemeinsame Menschheitserbe, genauer auf den gemeinsamen Raum von Möglichkeiten des Menschseins, doch betont sie die Vielfalt der Ausformungen von Kollektivpersönlichkeiten, die über das hinausgehe, was ein Individuum zu leisten fähig sei. Mit dieser Wahrnehmung der Differenz – und deren Wertschätzung – eröffnete sie eine neue Hermeneutik, fremde Kulturen unter dem Gesichtspunkt wahrzunehmen, welche anderen und vielleicht interessanten Möglichkeiten des Menschseins in ihnen ausgestaltet und verwirklicht sind. Im Kontext der Suche nach kulturellen Alternativen zur herrschenden Kultur europäischer und amerikanischer Länder seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts ist diese Perspektive besonders wichtig geworden, wie die Rezeption des Benedict‘schen Buchs zeigt. Rezeption afrikanischer Kunst im 20. Jahrhundert auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen und neuem Verständnis der Kunst in der Moderne Der Einfluss afrikanischer Kunst auf Pablo Picasso und auf die Entwicklung des Kubismus ist weithin bekannt. Seine erste Begegnung mit afrikanischer Kunst im Jahr 1907 in einem Pariser Museum gilt als wichtiger Impuls. Bemerkenswert ist, dass Picasso afrikanischer Kunst anfangs nur widerstrebend und mit Geringschätzung des Primitiven gegenübertrat. Erst Jahre später gestand er die entscheidenden Anregungen ein, die er von ihr erhalten hatte: Als ich mich vor vierzig Jahren für die Kunst der Neger zu interessieren begann und das entstand, was man als die Negerperiode in meiner Malerei bezeichnet, war ich gegen das, was man damals im Museum als Schönheit bezeichnete. Das war der Grund. Als ich damals auf Derains Drängen zum ersten Mal das Trocadero-Museum besuchte, steckte mir der Geruch von Feuchtigkeit und Fäulnis in der Kehle … doch ich blieb und studierte die Objekte. Menschen hatten diese Masken und andere Objekte zu einem heiligen Zweck geschaffen, zu einem magischen Zweck, als eine Art Mittler zwischen ihnen und den unbekannten feindlichen Kräften, die sie umgeben um ihre Ängste und Schrecken zu überwinden, indem sie ihnen eine Form und ein Abbild gaben. In diesem Moment wurde mir klar, was es mit der Malerei auf 16 Vgl. Benedict, Ruth: Patterns of Culture (1934), Boston 1989. 17 Mead, Margaret: Preface, in: Benedict, Ruth: Patterns of Culture…, a.a.O., S. ix.

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sich hat. Die Malerei ist kein ästhetisches Unterfangen, sie ist eine Form von Magie … eine Möglichkeit, die Macht an sich zu reißen, indem wir unseren Schrecken wie auch unserem Begehren Form geben. Als mir das klar wurde, wusste ich, dass ich meinen Weg gefunden hatte. Dann fingen die Leute an, diese Objekte aus einem ästhetischen Blickwinkel zu betrachten. 18

Hier ist besonders wichtig, dass Picasso das spirituelle und magische Element afrikanischer Kunst wahrgenommen und sich zu eigen gemacht hat. Den stilistischen Einfluss spielt er in dieser Aussage herunter und erklärt ihn für sekundär gegenüber dem, was für ihn zu einer initiatorischen Begegnung wurde. Picasso war nicht allein mit seinem Interesse und ist, wie er einräumt, erst auf Drängen von Andre Derain in die Ausstellung afrikanischer Kunst gegangen. Henri Matisse, der afrikanische Kunst sammelte und Picasso mit ihr bekannt machte, Eduard Manet, Paul Cezanne und Paul Gauguin waren von afrikanischer Kunst fasziniert 19 und nahmen ihre Ausdrucksformen schöpferisch auf. Die Kunst der Moderne ist – auch in ihrem theurgischen Aspekt – nicht ohne die Vorbilder afrikanischer Kunst denkbar. Dies gilt auch für den deutschen Expressionismus. 20 Fr. Placide Tempels, La philosophie bantue: die Deutung der Philosophie der Bantu unter lebensphilosophischer Perspektive Placide Tempels (1906–1977 in Berlaar/Belgien), Mitglied des FranziskanerOrdens, arbeitete von 1933–1962 als Missionar im belgischen Kongo. Seine Schrift Bantu Filosofie erschien erstmals 1945 in französischer Übersetzung als La philosophie bantue, 21 ein Jahr später im niederländischen Original und 1959 auf Englisch. Es ist eine Pionierarbeit der Darstellung afrikanischer Philosophie der Bantu, die er aufgrund langer Feldforschung zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg im belgischen Kongo erarbeitete. Sein Werk wurde sofort als bedeutend und bis dahin einzigartig erkannt. So schrieb Kardinal (Achille) Lienart, der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz und Konzilsvater des 2. Vatikanischen Konzils, an Tempels: The chief value of your book consists, I think, in your demonstration of the difference which exists between Africans and Whites in the way in which they conceive of being. That is a fine discovery indeed, the fruit of your penetrating and patient analysis, which deserves all praise. 18 Gates, Henry L. Jr.: Europa, Afrikanische Kunst und das Unheimliche, in: Phillips, Tom (Hrsg.): Afrika. Die Kunst eines Kontinents, München 1996, S. 27–30, S. 29. 19 Vgl. Pablo Picasso – Paintings, Quotes and Biography, 2009, https://www.pablopicasso.org/ africanperiod.jsp (02.01.2019). 20 Vgl. Bilang, Karla: Das Gegenbild. Die Begegnung der Avantgarde mit dem Ursprünglichen, Leipzig 1989. 21 Vgl. Tempels, Placide: Bantoe Filosofie, Antwerpen 1946: De Sikkel, http://www.aequatoria. be/tempels/FTDeSikkel.htm. Die französische Übersetzung: La philosophie bantue, Elisabethville 1945: Lovania, http://www.aequatoria.be/tempels/FTLovaniaFR.htm. Die englische Übersetzung: Bantu Philosophy, Paris 1959: Présence Africaine, http://www.aequatoria.be/ tempels/FTEnglishTranslationFR.htm#TC (02.01.2019).

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Ullrich Relebogilwe Kleinhempel It constitutes a contribution of which we must take full account in order the better to enter into African thought and the better to understand them. On this point your work seems to me to be impressive beyond any possibility of contradiction. 22

Im Zusammenhang mit der Unabhängigkeitsbewegung ist Tempels zwar von afrikanistischer Seite dafür kritisiert worden, politische Aspekte nicht einbezogen zu haben, doch ist sein Werk für andere Darstellungen afrikanischer Philosophie einflussreich geworden, wie von John Mbiti,23 Axel Ivar Berglund,24 Vincent Mulago,25 Gabriel Setiloane, 26 Mubabinge Bilolo 27 und anderen. Der Zugang von Tempels zur Philosophie der Bantu ist erkennbar durch den Begriff einer transzendentalen „force vitale“ geprägt. Die „Lebensphilosophie“ in der Tradition A. Schopenhauers und F. Nietzsches suchte einen nicht theistischen Begriff einer höchsten oder das Leben begründenden Wirklichkeit. Geprägt von den panentheistischen Vorstellungen des Vedanta hat Schopenhauer den Begriff des „Lebens“ als einer transzendentalen doch immanent wirksamen Kraft konzipiert. Dieser behielt jedoch Konnotationen des Metaphysischen und Sakralen. Dieser Begriff ist für P. Tempels erkennbar zum hermeneutischen Schlüssel für das Verständnis der höchsten Wirklichkeit bzw. Gottes in der Kosmologie der Bantu geworden. (Indem Tempels Sprachen des Kongo beherrschte, besonders Kiluba, hatte er Zugang zur Begrifflichkeit der Bantu.): Each being has been endowed by God with a certain force, capable of strengthening the vital energy of the strongest being of all creation: man. Supreme happiness, the only kind of blessing, is, to the Bantu, to possess the greatest vital force: the worst misfortune and, in very truth, the only misfortune, is, he thinks, the diminution of this power. Every illness, wound or disappointment, all suffering, depression, or fatigue, every injustice and every failure: all these are held to be, and are spoken of by the Bantu as, a diminution of vital force. Illness and death do not have their source in our own vital power, but result from some external agent who weakens us through his greater force. It is only by fortifying our vital energy through the use of magical recipes, that we acquire resistance to malevolent external forces. We need not be surprised that the Bantu allude to this vital force in their greetings one to another, using such forms of address as: ‘You are strong’, or ‘you have life in you’, ‘you have life strongly in you’; and that they express sympathy in such phrases as ‘your vital force is lowered’, ‘your vital energy has been sapped’. A similar idea is found in the form of sympathy, ‘wafwa ko!’ which we translate ‘you are dying’; and by reason of our mistranslation, we are quite unable to understand the Bantu and find them given to ridiculous exaggeration when they continually say that they are ‘dead’ of hunger or of fatigue, or that the least obstacle or illness is ‘killing’ them. In their own minds they are simply indicating a diminution of vital force, in which sense their expression is reasonable and sensible enough. In their languages, 22 23 24 25

Vgl. Tempels, Placide, Bantu Philosophy, Paris 1959: Présence Africaine, S. 33 Vgl. Mbiti, John: African Religions and Philosophy, London 1970. Vgl. Berglund, Axel-Ivar: Zulu Thought-Patterns and Symbolism, London 1975. Vgl. Mulago, Vincent: La Religion traditionelle des bantu et leur vision du monde, 2. Auflage, Kinshasa 1980. 26 Vgl. Setiloane, Gabriel: The Image of God among the Sotho-Tswana, Rotterdam 1976. 27 Vgl. Bilolo, Mubabinge: Conception Bantu de l’Autorité. Suivie de Baluba. Bumfumu ne Bulongolodi (gemeinsam mit Mgr. E. Kabongo), München/Kinshasa 1994.

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too, are words like ‘kufwa’ and ‘fukwididila’, indicating the progressing stages of loss of force, of vitality, and the superlative of which signifies total paralysis of the power to live. It is quite erroneous for us to translate these words by ‘to die’ and ‘to die entirely’. This explains what has, indeed, been true, that the thing which most inhibits pagans from conversion to Christianity and from giving up magical rites is the fear of attenuating this vital energy through ceasing to have recourse to the natural powers which sustain it. In 1936 I gave my Normal Class students at Lukonzolwa (Lake Moëro) as an essay subject, ‘Obstacles to conversion among pagan peoples’. To my astonishment, so far from setting out a list of practices, all of them declared that the great obstacle could be summed up in a conviction that to abandon the customs appointed by their ancestors would lead to death. The objection, therefore, was rather a matter of principle than of practice, their fear being grounded in the ‘truths’ of Bantu ontology. These various aspects of Bantu behaviour already enable us to see that the key to Bantu thought is the idea of vital force, of which the source is God.

Mit dieser Übersetzung von Begriffen und Vorstellungen in europäische philosophische Terminologie der Lebensphilosophie werden jene für den Leser, der mit ihr vertraut ist, erschlossen. Obgleich Tempels katholischer Theologe war, verzichtete er darauf, seine Darstellung auf Begriffe christlicher Theologie zu gründen, auch wenn er Anliegen und Fragen der Mission in den Blick fasst. Seine philosophische Übersetzung ermöglichte sowohl Verstehen wie Akzeptanz der Bantu-Philosophie als ein lebensphilosophisch gegründetes System, in dem die Annahme Gottes mit der einer universalen Lebenskraft, wie sie Freud und Jung etwa mit ihrem jeweiligen Begriff der Libido vorgestellt hatten, in Übereinstimmung gebracht war. Damit ist die Philosophie der Bantu im Kontext europäischer Kultur in außerordentlich gelungener Weise legitimiert worden. Tempels hat von diesem zentralen Motiv ausgehend weitere Aspekte der Ontologie der Bantu erschlossen, wie etwa die universale Verbundenheit aller Wesen und auch des Menschen (uMuntu) mit dem Mitmenschen, 28 den Vorfahren und allen irdischen und transzendenten Wesen. Ebenso hat Tempels das für europäisches Verständnis heikle Thema der Magie auf dieser Grundlage erschlossen und damit philosophisch einsichtig gemacht. Mit alledem hat er erheblich dazu beigetragen, das Ansehen afrikanischer Kultur und Denkens im europäischen (und amerikanischen) Kontext zu erhöhen und ihm Anerkennung zu verschaffen. ABSCHLIESSENDE BETRACHTUNGEN Die Rezeption afrikanischer Kultur und Philosophie durch Placide Tempels erscheint vor dem Hintergrund des hier Dargestellten als entsprungen aus Fragen und Bewegungen europäischer Kultur seit dem späten 19. Jahrhundert. Der Blick auf die Rezeption afrikanischer Kunst, insbesondere der Plastik, durch die Künstler des Expressionismus und Kubismus sowie der späten Impressionisten zeigt die „Inversion der Perspektive“ auf afrikanische Kunst und Kultur, die zu Anfang des 28 Vgl. Ramose, Mogobe: African Philosophy Through Ubuntu, überarbeitete Auflage, Harare 2002.

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20. Jahrhunderts möglich wurde und geschah. Sie kann im Zusammenhang mit entsprechendem zeitgenössischem Interesse R. M. Rilkes, I. Strawinskijs und anderer an der vorchristlichen slawischen Kultur gesehen werden. S. Freud und C. G. Jung haben die Hinwendung zu den Zeugnissen afrikanischer Kultur im Feld der Psychoanalyse begründet. Für die Darstellung P. Tempels ist besonders die Lebensphilosophie wichtig, die seine Hermeneutik und Darstellung der Gottesvorstellung der Bantu beeinflusste, erkennbar besonders in seinen Ausführungen zur Wirksamkeit Gottes mit Bezug auf die Lebenskraft und vitale sowie „seelische Energie“. Damit hat Tempels Theologen einen Schlüssel geboten, die Rolle des Heiligen Geistes mit Bezug auf die Vorstellung einer sowohl spirituellen wie vitalen „Energie“ („power“, „uMoya“) zu entfalten und zu entwickeln. Dies hat etwa A. Anderson ausdrücklich mit Bezug auf P. Tempels aufgenommen. 29 Tempels selbst hat seine Darstellung mehrfach mit Sichtweisen mittelalterlicher Theologie verbunden. Die von ihm erschlossene hermeneutische Perspektive kann auch auf die Pneumatologie der griechischen Kirchenväter angewandt werden und eröffnet interessante ökumenische Möglichkeiten zu ökumenischer Verständigung. 30 Die fortdauernde Rezeption seiner Bantu-Philosophie zeigt, dass die Themen und Perspektiven, die seine Darstellung geleitet haben, und die philosophischen Lösungen der Bantu-Kultur, die er vorstellte, weit über ein bloß ethnografisches Interesse hinaus reichen und weiterhin Anregungen in europäischen und amerikanischen kulturellen Kontexten zu geben vermögen.

29 Vgl. Anderson, Allan: Moya – The Holy Spirit in an African Context, Pretoria 1991, S. 58–65. 30 Vgl. Kleinhempel, Ullrich: Spiritual Experience in Orthodoxy and the Pentecostal Concept of the Works of the Holy Spirit. A Comparative Study. Essay, Bukarest 2003: UNESCO Chair of Interreligious and Intercultural Studies, University of Bucharest, (rev. 2015), S. 44–48, https://www.academia.edu/12832567/Spiritual_Experience_in_Orthodoxy_and_the_Pentecos tal_Concept_of_the_Works_of_the_Holy_Spirit._A_Comparative_Study (letztere Zugriff: 07.03.2019).

„ISN’T GERMANY A CHRISTIAN COUNTRY?“ Der Erste Weltkrieg als moralische Katastrophe und Ende des ChristianityCivilization-Modells in den Debatten asiatischer und afrikanischer Christen Klaus Koschorke

INDIGENE REAKTIONEN: STIMMEN AUS CEYLON (SRI LANKA) UND NYASALAND (MALAWI) Welche Auswirkungen hatte der Erste Weltkrieg auf die Christen und entstehenden Kirchen in Asien und Afrika? Einsteigen möchte ich mit zeitgenössischen Stimmen und Episoden aus zwei verschiedenen Regionen. Ceylon (Sri Lanka) 1916 – „Bus incident“: Während des Ersten Weltkriegs, so der Eintrag im Tagebuch eines Missionars, war Father Joseph Rodrigo – ein katholischer Priester – „travelling by bus, when loud and clear, to be heard by all the bus travellers, a Buddhist monk asked him rather bluntly, ‚If all the people of Europe are Christians, why are they fighting one another?‘“ Die allgemeine Reaktion im Bus: lautes Gelächter. 1 Ceylon (Sri Lanka) 1915 – Kollekten für Europa. Einem katholischen Gemeindeblatt ist zu entnehmen, dass 1915 in der Diözese Colombo singhalesische Christen Geld für ihre katholischen Glaubensgenossen in Belgien sammelten, die beim Einmarsch deutscher Truppen 1914 Opfer der „German atrocities“ geworden waren. Spenden wurden im kolonialen Ceylon zeitgleich auch von den „Scouts“ des protestantischen Richmond College gesammelt: „Our collections“, so die autobiografische Reminiszenz eines später führenden methodistischen Laienaktivisten an seine Schulzeit in diesem College, „helped to feed 800 Belgian children for one day“ 2. Nyasaland (Malawi) 1914: John Chilembwe (ca. 1870–1915), schwarzer Baptisten-Pfarrer, afrikanischer Nationalist und später verehrt als einer der Gründungsväter des Landes, in einem (in der Kolonialpresse abgedruckten) Memorandum vom November 1914 mit dem Titel: „The voice of African Natives in the present war“: In time of peace, so heißt es, everything for Europeans only. And instead of honour we suffer humiliation with names contemptible. But in times of war it has been found that we are needed 1 2

Vgl. Pieris, Theodore A.: 125 Years in Nuwara Eliya. A Historical Document of the place and development of Nuwara Eliya, o. O. o. J., S. 28. Mendis, J. Vincent: Not out in maturing Ceylon. An Excursion into the Near Past, Colombo 1968, S. 48.

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Klaus Koschorke to share hardship and to shed our blood in equality. Shall we be recognised as anybody in the best interest of civilisation and Christianity after the great struggle is ended? 3

Nyasaland (Malawi) 1914/15: Aus dem zeitgleichen Bericht eines europäischen Missionars aus dem Dzunje-Ncheu-Gebiet: They (sc. the Africans) can’t understand the war, and ask such questions as ‚Are the Germans Christians? Why have the Christian countries gone to war? Have the evil spirits got into the hearts of the kings?’. They know more about this war than they did about the [Boer] war in South Africa (sc. 1899–1902). Now thousands of natives are in Rhodesia and further south in the mines and many of them can read their own and the English language to know all that is taking place in the world. 4

DER ERSTE WELTKRIEG UND DIE CHRISTLICHEN MISSIONEN – VIELFÄLTIGE ASPEKTE Der Erste Weltkrieg und die christlichen Missionen – dieses Thema hat viele Aspekte, die Gegenstand dieses Kongresses sind. Dazu zählt das Anschwellen religiöser Nationalismen in den beteiligten europäischen Ländern und die deutsche ‚Kriegspredigt‘ ebenso wie einzelne (gescheiterte) Versuche gerade auch vonseiten missionarischer Akteure, die sich abzeichnende Katastrophe doch noch in letzter Minute zu verhindern; die Kämpfe in Übersee und der Verlust der deutschen Kolonien – ein Problem insbesondere auch für die deutschen Missionen; reduzierte euroamerikanische Präsenz auf den „Missionsfeldern“ bzw. der Ausfall zahlreicher westlicher Missionare – die entweder interniert wurden (wie die Deutschen in Britisch-Indien und Französisch-Westafrika) oder vom Nachschub aus der Heimat abgeschnitten waren oder (aufgrund des gesunkenen Spendenaufkommens) nicht länger von Europa aus unterhalten werden konnten; die sich weit in die 1920er-Jahre hineinziehenden Kontroversen über Artikel 438 des Versailler Vertrags etc. Der Erste Weltkrieg markiert zugleich das, was als „Ende der ersten Globalisierung“ bezeichnet worden ist, mit direkten Auswirkungen auch auf die christlichen Missionen. Diese hatten ja den sich verdichtenden „Weltverkehr“ als einen der Hauptgründe zur Beantwortung der Frage genannt: „Warum ist das 19. Jahrhundert ein Jahrhundert der Weltmission geworden?“ (so der Titel einer Broschüre von Gustav Warneck aus dem Jahr 1880) 5. Wie zahlreiche andere international operierende Organisationen wurden nun auch die euroamerikanischen Missionsgesellschaften in ihrem Aktionsradius massiv eingeschränkt. Im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen soll aber ein anderer Aspekt stehen: der Erste Weltkrieg als moralische Katastrophe und Ende des Christianity-Civilization-Modells in den Debatten asiatischer und afrikanischer Christen. Einer der 3 4 5

Shepperson, George/Price, Thomas: Independent African. John Chilembwe and the Origins, Setting and Significance of the Nyasaland Native Rising of 1915, Edinburgh 1958, S. 234–235; vgl. Hastings, Adrian: The Church in Africa 1450–1950, Oxford 1994, S. 487–488. Shepperson, George/Price, Thomas: Independent African…., a.a.O., S. 230. Warneck, Gustav: Warum ist das 19. Jahrhundert ein Missionsjahrhundert?, Halle 1880, S. 19 ff.

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entscheidenden Faktoren für die rasche Ausbreitung des Christentums in den „Missionsfeldern“ Asiens und Afrikas im 19. und frühen 20. Jahrhundert war ja das Versprechen eines „Aufstiegs auf der Leiter der Zivilisation“ sowie der Teilhabe an den Segnungen der als – moralisch, sozial wie technologisch als überlegen geschilderten – westlich-christlichen „Zivilisation“. Im Geschützdonner des „großen Krieges“ und angesichts des Gemetzels, das afrikanische Hilfstruppen auf den Schlachtfeldern Europas erlebten oder von denen die asiatische Öffentlichkeit aus der kolonialen und indigenen Presse erfuhr, fiel dieses Versprechen in sich zusammen. „The First World war … disrupted missions around the world and engendered a profound disquiet about the fruits of Western civilization and of Christianity itself“ – so die Einschätzung eines prominenten Südafrika-Historikers 6. Diese Feststellung hat allgemeine Gültigkeit. „ZIVILISIERUNG“ ALS KOLONIALE UND MISSIONARISCHE IDEOLOGIE ‚Zivilisation‘, ‚Zivilisierungsmission‘, ‚Christianity, Civilization, Commerce‘ – all diese Konzepte haben eine lange Geschichte und unterschiedliche Ausprägungen 6

Elphick, Richard: The Equality of Believers. Protestant Missionaries and the Racial Politics of South Africa, Charlottesville/London 2012, S. 127. – Die Literatur zum Thema ‚(Europäisches) Christentum und Erster Weltkrieg‘ ist ebenso unüberschaubar geworden wie die zum Ersten Weltkrieg allgemein (v. a. durch die literarische Massenproduktion in den Jubiläumsjahren 2014 und 2018). Was weiterhin fehlt, sind christentumsgeschichtliche Überblicksdarstellungen in globaler und vergleichender Perspektive. Wichtige erste Orientierungen bieten Greschat, Martin: Der Erste Weltkrieg und die Christenheit. Ein globaler Überblick, Stuttgart 2015; Ludwig, Frieder: Der Erste Weltkrieg als Einschnitt in der Kirchen- und Missionsgeschichte (=Berliner Beiträge zur Missionsgeschichte, Nr. 4), Berlin 2003, S. 3–33; ders.: Das also ist Christentum? Der Schock des europäischen Krieges 1914–1918 und seine Auswirkungen auf Kirche und Mission in Afrika und Asien, in: Negel, Joachim/Pinggéra, Karl (Hrsg.): Urkatastrophe. Die Erfahrung des Krieges 1914–1918 im Spiegel zeitgenössischer Theologie, Freiburg 2016, S. 484–514; Liebau, Heike u. a. (Hrsg.): The World in World Wars. Perceptions and Perspectives from Africa and Asia, Leiden 2010 sowie die entsprechenden Abschnitte in den Darstellungen zur Christentumsgeschichte einzelner Regionen (etwa: Hastings, Adrian: The Church in Africa…, a.a.O.) oder zur Geschichte einzelner Gesellschaften (Beispiel: Schlatter, Wilhelm/Witschi, Hermann: Geschichte der Basler Mission 1914–1919, Basel 1965; Stanley, Brian: The History of the Baptist Missionary Society 1792–1992, Edinburgh 1992). Neuere Globalgeschichten des Christentums wie die von Brian Stanley (Christianity in the Twentieth Century. A World History, Princeton/Oxford 2018) oder von Jens Holger Schjoerring (Das Christentum im Ersten Weltkrieg, in: ders./Hjelm, Norman A./Ward, Kevin (Hrsg.): Geschichte des globalen Christentums, Bd. 3, Stuttgart 2018, S. 49–80) widmen in den entsprechenden Abschnitten den Entwicklungen im globalen Süden nur wenige Seiten. – Zum Ersten Weltkrieg in Asien und Afrika allgemein vgl. Winter, Jay M. (Hrsg.): The Cambridge History of the First World War 1, Bd. 1: Global War, Cambridge/New York 2016; Xu, Guoqi: Asia and the Great War. A Shared History. The Greater War 1912–1923, Oxford 2017; ders.: Strangers on the Western Front. Chinese Workers in the Great War, Cambridge, MA 2011; Daniel, Ute et al. (Hrsg.): 1914–1918–Online. International Encyclopedia of the First World War, Berlin 2014, online unter https://encyclopedia.1914-1918-online.net/; Jansz, Oliver: Der Große Krieg, Frankfurt am Main/New York 2013.

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erfahren. Weithin sind sie als koloniale Propaganda oder missionarische Ideologie wahrgenommen und abgetan worden – als „moral equivalent for imperialism“, wie es etwa William Hutchinson formuliert hat. 7 Beispiele gibt es dafür zuhauf. Ich zitiere nur einen Text, den Jürgen Osterhammel in seiner Studie über „Zivilisierungsmission und Moderne“ zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen wählt. Er verweist auf den amerikanischen Präsidenten William McKinley, der 1899 seinen – eher zögerlich gefassten – Entschluss vom Vorjahr, die nach Freiheit vom spanischen Kolonialismus strebenden Philippinen militärisch unterwerfen zu lassen, wie folgt begründete: There was nothing left for us to do but to take all of the all, and to educate the Filipinos, and uplift and civilize and Christianize them, and by God’s grace do the very best we could for them, as our fellow men for whom Christ also died. 8

Ähnlich stellte Daniel H. Bays in seiner „New History of Christianity in China“ fest, dass es unter den im Land der Mitte tätigen westlichen Missionaren im ausgehenden 19. Jahrhundert, von Ausnahmen abgesehen, weitgehender Konsens war, „that China needed not only Christ, but the norms of Western culture as well“. Bays verweist beispielsweise auf den lange Zeit in Shangdon tätigen amerikanischen Missionar A. H. Smith, der sich 1890 wie folgt äußerte: The manifold needs of China we find, then, to be a single imperative need. It will be met permanently, completely, only by Christian civilization. 9

Andererseits aber war diese Überzeugung – das Christentum als Hilfe beim „Aufstieg auf der Leiter der Zivilisation“ – in vielen Fällen ein zentrales Motiv für die Annahme der missionarischen Botschaft durch einheimische Konvertiten; und das erstrebte Ziel einer Teilhabe an den „Segnungen“ der westlichen Zivilisation und christlicher Modernität war in vielen Äußerungen asiatischer und afrikanischer Christen um die Jahrhundertwende mindestens ebenso dominant wie in den Propagandaschriften euroamerikanischer Missionare.

7 8 9

Hutchinson, William R.: Errand to the World. American Protestant Thought and Foreign Missions, 1880–1980, Grand Rapids, MI 1987, Kapitel 4. Osterhammel‚ Jürgen: The Great Work of Uplifting Mankind. Zivilisierungsmission und Moderne, in: Barth, Boris/ders. (Hrsg.): Zivilisierungsmissionen. Imperiale Weltverbesserung seit dem 18. Jahrhundert, Konstanz 2005, S. 363–425, hier: S. 364. Bays, Daniel H.: A New History of Christianity in China, Malden, MA/Oxford, UK 2012, S. 70 ff: „Ideologies“. Ähnlich der amerikanische Missiologe James Dennis in seinem Buch ‘Christian Missions and Social Progress‘ (wie er im ‚Christian Patriot‘ vom 05.05.1900 S. 7 zitiert wird): „The great argument for missions, apart from the command of the master, is … the beneficent and uplifting influence of a Christian civilization.“ – Vgl. auch Porter, Andrew: Christentum, Kontext und Ideologie. Die Uneindeutigkeit der „Zivilisierungsmission“ im Großbritannien des 19. Jahrhunderts, in: Barth, Boris/Osterhammel, Jürgen (Hrsg.): Zivilisierungsmissionen…, a.a.O., S. 125–147. Zur Genese des ‚Christianity, Civilization, Commerce‘Konzepts vgl. Hastings, Adrian: The Church in Africa…, a.a.O., S. 282–293.

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„ZIVILISIERUNG“ ALS AUSWEIS DER „TRANSFORMATIVE POWER“ DES EVANGELIUMS IN DEN DEBATTEN INDIGEN-CHRISTLICHER ELITEN IN ASIEN UND AFRIKA In München ist kürzlich ein größeres Forschungsprojekt abgeschlossen worden, das (in Kooperation mit Hermannsburg) die Publizistik indigen-christlicher Eliten aus vier Regionen Asiens und Afrikas um 1900 zum Gegenstand hat (Indien, Südafrika, Westafrika, Philippinnen). Der Reiz dieses Projektes liegt u. a. darin, dass hier vielfach erstmals die Stimmen einheimischer Christen aus unterschiedlichen Ländern und missionarischen oder kolonialen Kontexten zu den vielfältigen Problemen und Debatten in den Kolonialgesellschaften Asiens und Afrikas in vergleichbarer Perspektive vernehmbar werden. 10 In diesen Äußerungen indigen-christlicher Eliten aber spielte das Christianity-Civilization-Modell eine wichtige Rolle. Denn mit diesem Modell verbunden war ja zugleich ein Versprechen der Emanzipation und Partizipation: die Verheißung von Egalität (im Sinn der „equality of believers“ 11) und einer Teilhabe an den Möglichkeiten der jeweiligen Kolonialgesellschaft), ermöglicht durch die „transformatorische Kraft“ des Evangeliums, die zur Überwindung zivilisatorischer Unterschiede befähigt. Es war diese Verheißung, die die christliche Botschaft für viele Menschen in Asien und Afrika so attraktiv machte – so konservativ und paternalistisch (und zunehmend auch rassistisch) viele missionarische Übermittler dieser Botschaft auch gewesen sein mögen. Dabei konnte sich die Vorstellung einer mit dem Christentum verbundenen „Zivilisierung“, wie sie in diesen Journalen diskutiert wurde, auf vielfältige Aspekte beziehen (und im Einzelnen recht unterschiedlich akzentuiert werden): − Vermittlung von Literalität und Bildung; − soziale Veränderungen, Kampf gegen traditionelle „social evils“ (in Indien etwa: Kastenwesen, Kinderheirat, ‚purdah‘); − technologische Errungenschaften (bis hin zu ‚toy telephones‘ in Uganda), medizinischer und ökonomischer Fortschritt; 10 Titel des Projekts: „Indigen-christliche Eliten Asiens und Afrikas um 1900 im Spiegel ihrer Journale und Periodika. Muster kognitiver Interaktion und Frühformen transregionaler Vernetzung“ (Indigenous Christian elites in Asia and Africa around 1900 and their journals and periodicals. Patterns of cognitive interaction and early forms of transregional networking). An Buchpublikationen liegen – neben zahlreichen Einzelartikeln – bereits vor: Koschorke, Klaus/Hermann, Adrian/Burlacioiu, Ciprian/Mogase, Phuti (Hrsg.): Discourses of Indigenous Christian Elites in Colonial Societies in Asia and Africa around 1900. A Documentary Sourcebook from Selected Journals, Wiesbaden 2016; Koschorke, Klaus/Ludwig, Frieder/Hermann, Adrian/Burlacioiu, Ciprian (Hrsg.): „To give publicity to our thoughts“. Journale asiatischer und afrikanischer Christen um 1900 und die Entstehung einer transregionalen indigen-christlichen Öffentlichkeit, Wiesbaden 2018; eine monographische Untersuchung zur indischen indigen-christlichen Presse wird 2019 erscheinen: Koschorke, Klaus: „Owned and conducted entirely by the Native Christian Community“. Der ‚Christian Patriot‘ und die indigen-christliche Presse im kolonialen Indien um 1900, Wiesbaden 2019. 11 So der Titel der Studie von Elphick, Richard: The Equality of Believers…, a.a.O., der dieses Thema für Südafrika analysiert.

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− Zugang zu Medien, eigene Presse, öffentliche Rolle der ‚Native Christian Community‘; − Charakterformung, Verantwortungsbewusstsein, Gemeinsinn, christlicher Patriotismus; − Einführung konstitutioneller Regierungsformen (etwa in Japan), Überwindung eines ethnischen Partikularismus; − Friedensethos, christliche Spiritualität etc. Auch wenn in diesen Journalen durchaus wahrgenommen (und kritisch kommentiert) wurde, dass viele Kolonisten und Repräsentanten der modernen westlichen Zivilisation selbst mit dem Christentum wenig am Hut hatten, galt letzteres doch als deren Ursprung und Quelle. Südafrika: Inkanyso yase Natal Eine der im Münchener Projekt untersuchten Zeitschriften kommt aus Südafrika: Inkanyiso yase Natal, der „Erleuchter Natals“. Das Blatt erschien von 1889 bis 1896 und war stolz darauf, „the first Native Journal in Natal and the second of its kind in South Africa“ zu sein (Text 120). Das Blatt erschien zunächst noch unter dem Dach der anglikanischen Mission und ging später in alleinigen afrikanischen Besitz über. 12 Ziel des Journals war es, den Afrikanern in der kolonialen Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen („to give publicity to our thoughts“) 13. Zugleich suchte das Blatt seine afrikanischen Landsleute „from a state of darkness and superstition to one of enlightenment and faith“ zu erheben und so „the slow but sure advance in civilization of the native population“ zu befördern (ebenda). Getragen wurde Inkanyiso von einer Gruppe gebildeter, zumeist in Missionsschulen erzogener Afrikaner (der sog. Exempted Natives), die sich zugleich von den sog. raw natives (die weiterhin dem traditionellen „native law“ unterstanden) abgrenzten und in eigenen Assoziationen organisierten. Zentral in den Debatten von Inkanyso war der Gedanke eines „Aufstiegs auf der Leiter der Zivilisation“. Ermöglicht werden sollte dieser Aufstieg durch Bildung – und zwar durch eine ganz bestimmte Form der Bildung, nämlich die der „industrial education“ – „coupled with christianity“ (Text 206). Nur so könne es gelingen, den kulturellen, technologischen und religiösen Rückstand der Afrikaner gegenüber den Europäern aufzuholen. Auf diesem Wege habe es bereits enorme Fortschritte gegeben. Aber nun, da dieses Ziel beinahe erreicht sei, blase – so das Blatt – den aufstiegswilligen Afrikaner ein immer stärkerer Gegenwind ins Gesicht:

12 Inkanyiso 04.01.1895 S. 3 (Text 125). – „Text“ bezieht sich hier und im Folgenden auf die Publikation ausgewählter Zeitschriftenartikel in: Koschorke, Klaus/Hermann, Adrian/Burlacioiu, Ciprian/Mogase, Phuti (Hrsg.): Discourses of Indigenous Christian Elites…, a.a.O., die entsprechend durchnummeriert sind. 13 Inkanyiso 12.03.1891 S. 3 (Text 120).

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The prejudice against Natives merely because they happen to be people of colour, is still very strong throughout South Africa. In almost every place the Native is treated as a being most offensive to the White man especially if he claims to be endued with the same natural gifts … But now that, as a natural consequence (sc. of missionary education), we are beginning to rise to a higher life, prejudice rises against us. 14

Hintergrund dieser Kontroversen war die wachsende Furcht der weißen Siedler vor schwarzer Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt der Kolonie, verbunden mit sozialdarwinistischen Argumenten. „The Natives, it is said, should not be educated, they should not be improved“ (ebenda). Ja: Die Afrikaner seien schlicht nicht zur Bildung befähigt, die Missionen sollten darum ihre sinnlosen Bemühungen einstellen. Das aber, so Inkanyiso, widerspreche dem universalen Charakter des Christentums. Das Evangelium und seine Verheißungen gelten für alle Menschen, egal ob schwarz oder weiß. Inkanyiso druckte u. a. zahlreiche missionarische Erfolgsstories ab, so etwa über den „Triumph of the Gospel among the Kitkatlas“ in British Columbia“ 15 oder über die „civilizing and elevating power of Christianity“ in Polynesien und NeuGuineas. Dort habe bis zur Predigt des Evangeliums noch Barbarei und Kannibalismus geherrscht. 16 Was zunächst einfach als Reproduktion eines missionarischen Triumphalismus erscheinen mag, gewinnt in der konkreten Situation in Natal einen spezifischen kritischen Sinn. „There is no race so low that Christianity cannot raise it, civilise, and save them“, heißt es etwa in dem erwähnten Artikel über Polynesien und Neu-Guinea. Die Unterschiede zwischen den „advanced races of mankind“ (denen sich die weißen Siedler zurechneten) und den weniger weit entwickelten Rassen (wie der afrikanischen „Natives“) seien also alles andere als unveränderlich. Sie können – und müssen – durch die „transforming power“ des Evangeliums überwunden werden. Einspruch gilt darum allen Bestreitern der Zivilisationsfähigkeit und educationability dieser Ethnien. 17 Angesichts der zunehmend im Geist eines biologistischen Rassismus geführten Debatten in der Kolonialgesellschaft Südafrikas und speziell Natals in den 1890er-Jahren war dies eine Feststellung von potenziell erheblicher Sprengkraft. Samuel Ajayi Crowther, „the slave boy who became bishop“, in den Debatten asiatischer und afrikanischer Christen Diese Debatte über die „educationability“ der Schwarzen fand in den 1890er-Jahren einen sehr spezifischen Bezugspunkt: S. A. Crowther (ca. 1806–1891), erster schwarzafrikanischer Bischof der Neuzeit, der 1864 zum anglikanischen Bischof

14 15 16 17

Inkanyiso 03.12.1891 S. 6 (Text 184). Inkanyiso 31.03.1892 S. 6 (Text 218). Inkanyiso 19.04.1895 S. 3 (Text 219). Ebenda.

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von Britisch-Äquatorialafrika geweiht worden war. 18 Gegen Ende seines Lebens freilich wurde er von einer neuen Generation britischer Missionare zunehmend ins Abseits gedrängt und erhielt nach seinem Tod 1891 schließlich einen weißen Nachfolger, was in Westafrika eine erste Welle der Gründung unabhängiger afrikanischer Kirchen auslöste. In einem Ausmaß, das kaum bekannt ist, war Crowther aber schon früh eine international bekannte Persönlichkeit und Gegenstand intensiver Berichterstattung. Dies gilt sowohl für die missionarische wie die indigen-christliche Presse, und zwar nicht nur in West- und Südafrika, sondern auch in Südasien (Indien, Sri Lanka) und anderen Ländern und Kontinenten. Präsentiert wurde er vielfach als „the slave boy who became bishop“. Gegenüber rassistischem Einspruch wird auf ihn in Südafrika verwiesen als „living proof of what can be done by the Gospel and education“ (so bereits seit 1871). In der westafrikanischen Presse galt er als Ausweis der „latent capability of the African Native“, der wiederholt auch mit Luther verglichen wurde. Crowther beflügelte Debatten auch unter den protestantischen Christen in Indien und Sri Lanka. „When is India to have her own native bishops?“, heißt es etwa im indischen ‚Christian Patriot‘ 1898 unter Bezug auf die Präsenz afrikanischer (Assistenz-) Bischofe auf der Lambeth-Konferenz des Jahres 1897. Denn: „India is sadly behind-hand as regards the Episcopacy“, wie es 1899 anklagend in einem anderen Blatt indischer Christen heißt. 19 Umgekehrt wird V. S. Azariah – der 1912 teils gegen den Widerstand missionarischer Betonköpfte zum ersten asiatischen Bischof der anglikanischen Kirche erhoben wurde – in der indigen-christlichen Presse Indiens rühmend in eine Reihe mit Crowther, seinem großen „African predecessor“, gestellt. 20 Es bildete sich also, wie diese Beispiele zeigen, gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine transregionale indigen-christliche „Public Sphere“; und Crowther – als Symbolfigur der Aufstiegsmöglichkeiten eines „native Christian“ zu Führungspositionen in kolonialer Kirche und Gesellschaft – wurde in diesen Debatten zu einem wichtigen Referenzpunkt. 21

18 Zu Crowther in den Debatten der indigen-christlichen Eliten Asiens und Afrikas vgl. Koschorke, Klaus: ‚When is India to have her own native bishops?‘ Der schwarzafrikanische Bischof Samuel Ajayi Crowther (ca. 1806–1891) in der christlichen Publizistik Asiens und Afrikas im 19. Jahrhundert, in: Delgado, Mariano/Sievernich, Michael (Hrsg.): Mission und Prophetie in Zeiten der Interkulturalität, St. Ottilien 2011, S. 315–324. 19 The Christian Patriot 18.06.1898 S. 5 (Text 14); Indian Christian Guardian, vol. 3 (1899) (Text 15). 20 The Christian Patriot 07.09.1912 S. 5 (Text 94). 21 Zum Konzept einer „Indigen-christlichen transregionalen Öffentlichkeit“ s. Koschorke, Klaus/Hermann, Adrian: Die Entstehung einer transregionalen und transkontinentalen indigenchristlichen Öffentlichkeit, in: Koschorke, Klaus/Ludwig, Frieder/Hermann, Adrian/Burlacioiu, Ciprian (Hrsg.): „To give publicity to our thoughts“…, a.a.O., S. 225–260.

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Indien Sprung in eine andere Region: Südindien. Dort hatte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine kleine, aber einflussreiche protestantisch-indische Elite gebildet. Diese Gruppe bestand aus Juristen, Ärzten, Lehrern und anderen hochrangigen und finanziell unabhängigen Personen. Sie verstand sich selbst – und wurde von außen wahrgenommen – als eine „progressive community“. Sie bildeten ihre eigenen Vereinigungen (wie die 1888 gegründete Madras Native Christian Association), starteten vielfältige Initiativen (wie 1886 die transkonfessionelle National Church of India) und gaben ihre eigenen Journale und Periodika (wie den 1890 begründeten und bereits erwähnten Christian Patriot) heraus, die die soziale, religiöse und politische Entwicklung des Landes kritisch kommentierten. Selbst nur eine Minderheit innerhalb einer Minderheit, sah sich diese protestantische Madras-Elite dennoch an der Spitze des sozialen, moralischen, politischen und spirituellen Fortschritts ganz Indiens. „We firmly believe that the Indian Christian community has a very important part to play in the regeneration of India“ – so der Christian Patriot CP in seiner Ausgabe vom 07.01.1905 (p. 4, Text 4). Als Ausweis dieser christlichen Progressivität galt insbesondere der hohe Bildungsstand indischer Christen sowie ihre „führende Rolle“ in Sachen der female education. „The more highly civilised a country is the higher will be the position of its women.“ 22 „Wherever Christianity has spread there the emancipation of women has followed“, zitiert der CP am 05.11.1898 (suppl. p. 4) aus einer Diskussion in der Madras Native Christian Association. Im Zentrum der Analysen des CP stand dabei weniger die – noch – recht überschaubare numerische Größe der indisch-christlichen Gemeinschaft als vielmehr die Vorstellung eines christlichen „Sauerteigs“ (leaven). Indien sei eine Gesellschaft im Übergang („in transition“). Unter dem Ansturm der Moderne verlieren der alte Glauben und traditionelle Strukturen (wie das Kastenwesen) immer mehr an Boden; und schrittweise werde das „Ferment“ der christlichen Botschaft die verkrusteten Sozialstrukturen des Landes durchdringen und zu positiven zivilisatorischen Veränderungen führen. Wirksam sieht der CP dies christliche „Ferment“ auch in zahlreichen außerchristlichen Revival-Bewegungen (wie dem „Erwachen“ der Muslime oder Hindu-Reformbewegungen wie dem Brahmo Samaj). Diese werden darum auch weniger als religiöse Konkurrenz wahrgenommen, sondern vielmehr begrüßt als Zeichen des Aufbruchs in das „neue Indien“. Trotz aller – keineswegs geleugneter – Schwierigkeiten und Rückschläge sowie insbesondere angesichts der heterogenen Zusammensetzung der indisch-christlichen Gemeinschaft herrschte ein ausgesprochener Optimismus vor. Das Christentum galt als „wave of the future“. „The Indian Christian Community is a growing and a progressive community“, so der CP etwa am 23.03.1912 (p. 7). Falls die gegenwärtigen Wachstumsraten (wie aus dem Census von 1911 ersichtlich) anhalten, „we shall see a Christian India in less than 100 years“ – so eine andere Notiz im CP aus dem Jahr 1912, das zugleich auch das Jahr war, in dem wie erwähnt mit V. S. 22 The Christian Patriot 19.05.1906 S. 4 (Text 82).

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Azariah der erste Inder zum Bischof in der anglikanischen Kirche des Landes geweiht wurde. Damit war auch ein wichtiger Schritt des erstrebten Ziels einer eigenständigen indischen Kirche getan. Japan 1906 kam es auf indische Einladung hin zum Besuch einer Delegation japanischer Christen in Indien. Thema ihrer – viel umjubelten – Vortragstour vom Norden bis in den Süden des Subkontinentes war die Frage: „What can (Christian) India learn from Japan?“ Seit der Jahrhundertwende und insbesondere nach dem Sieg Japans im Krieg gegen Russland 1904/05 war überall in Asien (und speziell in Indien) das Interesse an Japan sprunghaft angestiegen. Überall wurde intensiv die Frage diskutiert, wie es das – über Jahrhunderte abgeschottete – Japan in kürzester Zeit geschafft hatte, den Sprung in die erste Reihe der „most civilized nations“ der Welt zu tun und nun auf Augenhöhe mit den westlichen Mächten zu stehen. Und im Unterschied etwa zur Hindu-Presse, die darin den Sieg einer „orientalischen“ – und buddhistischen – Nation über das europäische – und „christliche“ – Zarenreich sah, vertrat der CP eine ganz andere Sicht der Dinge: „We may safely claim that Christianity and Christian Civilization played a great part in producing this momentous change“ 23. Denn ohne westliche Bildung sei der Aufschwung Japans nicht zu erklären (CP 30.4.1904). Diese aber sei nun einmal untrennbar mit dem Christentum verbunden. Zwar stelle die christliche Gemeinschaft in Japan noch eine Minderheit dar. Sie übe aber einen Einfluss aus „disproportionate to the smallness of its numbers“. Im sozialen Leben, im Zeitungswesen oder in konstitutionellen Reformprozessen spiele sie eine wichtige Rolle. Selbst der japanische Buddhismus sei ein „Buddhism leavened by Christian principles and ideals“ 24. Vor allem aber befänden sich in Japan Universitäten und andere moderne Erziehungseinrichtungen weithin in christlichem Besitz. Ganz anders Russland. Nur dem äußeren Anschein nach ein christliches Land, versinke das Reich in Aberglauben, Korruption und Ignoranz. „Japan has imbibed more deeply the Christian spirit than Russia“, dessen Christentum verdorben sei durch „ignorance, superstition and corruption“ 25. Das heißt nun nicht, dass Japans Erfolge einfach auf die unkritische Übernahme westlicher Vorbilder zurückzuführen seien. Vielmehr geschah dies in spezifisch japanischer Aneignung. „We endeavour to combine all that is best, both in Eastern and Western civilization“, werden die japanischen Besucher zitiert. „We (even)

23 The Christian Patriot 30.04.1904 S. 4 (Text 109). – Ganz analog The Christian Patriot 21.04.1906 S. 4: „modern civilization and modern thought is essentially Christian either because it has sprung from Christian conceptions or been nourished into strength by the gracious influence of the Church“. Deshalb sei der Zusammenschluss der christlichen Eliten beider Länder so wegweisend. 24 The Harvest Field vol. 16 (1905) S. 203–205. 25 The Christian Patriot 14.05.1904 S. 4 (Text 110).

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hope“ – so ihr Anspruch – „to make ourselves superior Christians to the West“ 26. Gleichzeitig sei das Christentum im Ursprung eine asiatische Religion und müsse darum den Asiaten zurückgegeben werden. In jedem Fall aber sei es primär die Aufgabe der asiatischen Christen – so die japanischen Besucher –, selbst den riesigen Kontinent zu evangelisieren – Japan durch die Japaner, China durch die Chinesen und Indien durch die Inder. Gegeneinladungen der Japaner an die indischen Gastgeber wurden ausgesprochen und vielfältige Formen eines bilateralen Austauschs diskutiert. 1907 fand in Tokio eine große internationale Konferenz statt, organisiert vom japanischen Zweig der ‚World‘s Student Christian Federation‘ (WSCF). Es war die erste ökumenische Konferenz in Asien mit einer Mehrheit asiatischer Delegierter. Von den ca. 650 Teilnehmern kamen über 500 aus Japan, China oder Indien. Was sich in den Debatten dieser Veranstaltung abzeichnete, war bereits die Vision einer postkolonialen und postmissionarischen Ordnung, in der nicht länger die traditionellen Missionskirchen im Zentrum standen, sondern die „nationalen Kirchenorganisationen“ asiatischer Christen als sich selbst-ausbreitende, selbst-erhaltende und selbst-regierende Gemeinschaften. WELTMISSIONSKONFERENZ EDINBURGH 1910: „AWAKENING OF GREAT NATIONS“/„THE NEXT TEN YEARS WILL … CONSTITUTE A TURNING POINT IN HUMAN HISTORY“ 1910 fand die Weltmissionskonferenz Edinburgh statt. Sie war zwar keineswegs die erste Konferenz dieser Art, wohl aber das repräsentativste und in seiner Ausstrahlung wichtigste Treffen der verschiedenen global tätigen protestantischen Missionen. Leitendes Motto der Beratungen war die Rede von der gegenwärtigen „entscheidenden Stunde“ 27 sowie die Erwartung einer Evangelisierung der Welt noch „in dieser Generation“. Im Rückblick ist der Konferenz vielfach der Vorwurf eines missionarischen Triumphalismus und Illusionismus gemacht worden. Das ist insofern zumindest ungenau, als sich Edinburgh in bislang ungekanntem Ausmaß u. a. durch eine detaillierte vorbereitende Korrespondenz (mit Missionaren wie mit einheimischen Kirchenführern in Übersee) ein genaues Bild von den Verhältnissen in den einzelnen „Missionsfeldern“ zu verschaffen suchte. Das Ergebnis bestand in einer ambivalenten Situationsanalyse. In deren Zentrum stand „das Erwachen großer Nationen“ bzw. das Aufkommen nationaler Bewegungen in Asien und Afrika. Entscheidend in Sicht der Konferenz war dabei die Frage, ob diese erwachenden Nationen ihren Weg mit oder ohne Christus gehen würden. Beide Optionen schienen möglich und realistisch. Anlass zu Befürch26 The Christian Patriot 24.03.1906 S. 3 (Text 112) (aus einem Interview mit den japanischen Delegierten). 27 So auch der Titel einer weit verbreiteten Schrift von Mott, John R.: The decisive hour of Christian Missions, 2. Auflage, London 1911, die wesentliche Ergebnisse der Beratungen zusammenfasst.

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tungen gab etwa die Entwicklung in Indien (und insbesondere die enge Verquickung von Teilen der Nationalbewegung mit hindu-fundamentalistischen Tendenzen). Optimistischer war die Prognose etwa für Japan, Korea und China. Dementsprechend heißt es im Schlussaufruf der Konferenz: We have heard from many quarters [in Asia and Africa] of the awakening of great nations, of the opening of long-closed doors, and of movements which are placing all at once before the Church a new world to be won for Christ. The next ten years will in all probability constitute a turning-point in human history and may be of more critical importance in determining the spiritual evolution of mankind than many centuries of ordinary experience. If those years are wasted, havoc may be wrought that centuries are not able to repair. On the other hand, if they are rightly used, they may be among the most glorious in Christian history. 28

Diese Prognose erwies sich als durchaus prophetisch. 1911 stürzte in China die seit Jahrhunderten herrschende Qing-Dynastie und der erste (provisorische) Präsident des nun republikanischen Chinas – Sun Yat-Sen – war getaufter Christ. Ungeahnte Möglichkeiten schienen sich damit aufzutun. Andererseits: Vier Jahre nach Edinburgh brach der Erste Weltkrieg aus – die moralische Katastrophe des Christentums. Die Warnungen der Konferenz vor einer Verwüstung, die „in Jahrhunderten nicht wieder gut zu machen sei“, hatten sich insofern als begründet erwiesen. Zunächst aber setzten die Beratungen von Edinburgh eine enorme Dynamik in Gang. 1912/13 fanden in verschiedenen asiatischen Ländern insgesamt 12 regionale und nationale Fortsetzungskonferenzen statt. Sie verstärkten die seit Langem bestehenden Ansätze zu lokaler ökumenischer Kooperation, unabhängig vom Konfessionalismus vieler Missionare, und intensivierten Bestrebungen zur „Indigenisierung“ der asiatischen Kirchen und zur Entwicklung einer „national form of Christianity“. Die chinesische Nationalkonferenz von Shanghai im März 1913 etwa forderte nachdrücklich die Entwicklung eines „indigenous character of the Churches“, „freedom of development in form and organization“ sowie insbesondere die entschiedene Förderung einer „Chinese Christian leadership“. Begründet wurde dies unter Verweis auf das gegenwärtige „great wakening in China“, nach Ausruf der Republik, „and the present unprecedented opportunity owing to the friendly attitude of the people, especially the student class, towards the influence and teachings of our Lord …“ 29. Verbunden damit waren optimistische Zukunftsprognosen. Chinesische Laienaktivisten wie Ding Limei träumten von einer Evangelisierung des Riesenreiches noch „in dieser Generation“ 30. DER ERSTE WELTKRIEG ALS ZÄSUR Dann kam der Erste Weltkrieg, ein barbarisches Gemetzel unter den „zivilisierten“ Nationen Europas und zugleich die moralische Katastrophe des Christentums. Von 28 World Missionary Conference, 1910. vol. IX, Edinburgh etc. 1911, S. 108. 29 The Continuation Committee Conferences in Asia 1912–1913, New York 1913, S. 319–367. 30 Xi, Lian: Redeemed by Fire. The Rise of Christianity in Popular China, New Haven 2010, S. 37.

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der „Entglorifizierung des Westens“ als Folge des „europäischen Kriegs“ spricht Jan Romein in seiner klassischen Studie über das „Jahrhundert Asiens“ 31. „Everywhere Western Civilization’s superiority was questioned“, so analog die Analyse des Historikers Jon Davidann. 32 In China konstatierte eine missionarische Quelle 1922 im Rückblick den enormen „loss in prestige of foreign Christianity, due to the fact that the war, with its accomplishments of brutality and relentlessness, was between Christian nations“33; und zu Beginn des Krieges resümierte das China Mission Year Book (als Quintessenz aus den Jahresberichten der verschiedenen im Land tätigen protestantischen Missionsgesellschaften): „The majority (sc. of Chinese Christians) fail to understand how war arises between nations professedly Christian, and openly say so.“34 „Dieser blutige Krieg in Europa, der zehn Millionen Leben gefordert hat“, sei „der Beweis dafür, dass die Missionare die christliche Religion verfälscht haben“ – so der Visionär und enthusiastische Prediger Wei Enbo. Die von ihm 1917 inmitten der Kriegswirren gegründete „True Jesus Church“ (Zhen Yesu jiaohui) sollte sich in der Folgezeit rasch zur größten indigenen Kirche im Reich der Mitte entwickeln, mit starker fremdenfeindlicher Ausrichtung. 35 „The Christian nations today are engaged in a bloody war“, so in Sri Lanka Anagarika Dharmapala, prominenter Vertreter und Stimme des buddhistischen Revivals im Land. Sein Resümee: „Christianity has been a complete failure in Europe.“ Unzählige Grausamkeiten seien in Jesu Namen begangen worden. 36 Im Bus lachten die Reisenden (wie eingangs erwähnt), als der Bikkhu den anglikanischen Priester 31 Romein, Jan: Das Jahrhundert Asiens. Geschichte des modernen asiatischen Nationalismus, Bern 1958, S. 103 ff. 32 Davidann, Jon: Citadels of Civilization. U.S. and Japanese Visions of World Order in the Interwar Period, in: Jensen, R./Davidann, J./Sugita, Yoneyuki (Hrsg.): Trans-Pacific Relations. America, Europe, and Asia in the 20th Century, Westport, CT/London, UK 2003, S. 21–43. 33 Brockman, Fletcher: The National Christian Conference in China, in: International Review of Mission, Nr. 4, Oxford 1922, S. 502–514, hier: S. 505. 34 The China Mission Yearbook 1916, Shanghai 1916, S. 13. – In Schlatter, Wilhelm/Witschi, Hermann: Geschichte der Basler Mission…, a.a.O., S. 246 findet sich eine entsprechende Zusammenstellung chinesischer Stimmen aus der Korrespondenz der Basel-Missionare. Beispiele: „Das Christentum hat versagt“; der Krieg der ‚christlichen Völker‘ untereinander erscheine den Chinesen „als etwas Unerhörtes“ etc. Vor allem der Verweis auf die friedensstiftende Kraft des Christentums sei nun gänzlich unglaubwürdig geworden. Damit falle auch die Apologetik dahin, „wie sie bisher üblich war: ‚Europa hat Frieden, das verdankt es dem Christentum‘“. 35 Vgl. Xi, Lian: Redeemed by Fire…, a.a.O., S. 42–63, hier: S. 49; Bays, Daniel H.: Indigenous Protestant Churches in China 1900–1937. A Pentecostal Case Study, in: Kaplan, Steven (Hrsg.): Indigenous Responses to Western Christianity, New York 1995, S. 124–143, hier: S. 131–137; Greschat, Martin: Der Erste Weltkrieg…, a.a.O., S. 126–127. 36 Guruge, Ananda (Hrsg.): Return to Righteousness. A collection of Speeches, Essays and Letters of the Anagarika Dharmapala, Colombo 1965, S. 451–458 („Christianity in Europe“). Allgemein dazu: Bechert, Heinz: Buddhismus, Staat und Gesellschaft in den Ländern des Theravada-Buddhismus, Bd. I, Frankfurt am Main/Berlin 1965, S. 82: „Viele führenden Vertreter des buddhistischen Modernismus wiesen auch darauf hin, daß der erste Weltkrieg ‚die Hilflosigkeit des Christentums gegenüber der weltweiten Flut von Haß und Begierde‘ erwiesen habe.“

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nach den „christlichen“ Nationen Europas fragte; und in den protestantischen wie den katholischen Kirchen des Landes sammelten singhalesische Christen Spenden für die belgischen Opfer der „Grausamkeiten“ der deutschen „Barbaren“. Früher sammelte man in Europa für die arme „Heidenwelt“. Jetzt gingen die Kollekten in die entgegengesetzte Richtung – psychologisch eine tiefe Zäsur. Zu Sammelaktionen einheimischer Christen kam es auch auf den „Missionsfeldern“ Afrikas, und zwar sowohl für die plötzlich auf Unterstützung angewiesenen Missionare (vor Ort) wie für die vom Krieg betroffenen Menschen (im fernen Europa). 37 In Nyasaland konnten sich viele Zeitgenossen die Nachrichten vom Krieg unter den „christlichen“ Völkern Europas nur so erklären, dass „böse Geister“ von den Herzen ihrer Könige Besitz ergriffen hätten. 38 Christliche schwarze Propheten wie William Wade Harris (aus Liberia) und Garrick Sokari Braide (Westafrika) deuten den Krieg als „Gottes Züchtigung und Gottes Strafe“ für die Europäer. Gottes Segen gelte in Zukunft den Schwarzen. 39 Die enormen Verluste, die der Krieg auf den Schlachtfeldern Europas forderte, sind bekannt. „Der Krieg von 1914 war anders, schlimmer als alle früheren Kriege“. Er forderte weit mehr Opfer. Allein beim – erfolglosen – Sturmangriff der Deutschen auf die Festung Verdun im Frühjahr 2016 verloren die Franzosen etwa 275.000 Mann und die Deutschen 250.000 Soldaten. Bei der Schlacht an der Somme im Herbst des Jahres hatten die Engländer etwa 400.000 Tote zu beklagen, die Franzosen 200.000 und die Deutschen etwa eine halbe Million. Im Ganzen forderte der Krieg zehn Millionen Soldaten als Opfer. 40 Weltkrieg war der „Great war“ (wie er im englischen Sprachraum zunächst benannt wurde) auch in dem Sinn, dass auch die scheinbar weit abgelegenen europäischen Kolonien in Asien und Afrika in einem Maße in die Kriegshandlungen einbezogen wurden, wie dies nie zuvor der Fall gewesen war. Einige Zahlen: − Indien allein stellte etwa ca. 1,5 Mio. Mann an Soldaten und Arbeitskräften. „Im September 1914 kämpfte ein Expeditionskorps von vier Divisionen in Frankreich. An Verlusten hatten die Inder etwa 9.000 Tote und rund 50.000 Verwundete zu beklagen.“ 41 − Französische Kolonien: „Frankreich (mobilisierte) etwa 545.000 Soldaten aus der indigenen Bevölkerung seiner Kolonien. Von ihnen wurden etwa 438.000 in Europa oder dem Nahen Osten eingesetzt“. Darüber hinaus wurden „auch rund 222.000 Arbeiter in Übersee (verpflichtet), um sie in der

37 Beispiele für entsprechende Lebensmittelspenden afrikanischer Christen für Missionare in Togo bei: Ludwig, Frieder: Der Erste Weltkrieg…, a.a.O., S. 12–13. 38 Shepperson, George/Price, Thomas: Independent African…, a.a.O., S. 230. 39 Vgl. Ludwig, Frieder: Der Erste Weltkrieg…, a.a.O., S. 13 ff. (zu den Bewegungen von Garrick Braide, John Chilembwe und William W. Harris); allgemein: Hastings, Adrian: The Church in Africa…, a.a.O., S. 493–540. 40 Vgl. Romein, Jan: Das Jahrhundert Asiens…, a.a.O., S. 106. 41 Greschat, Martin: Der Erste Weltkrieg…, a.a.O., S. 106.

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Industrie oder Landwirtschaft einzusetzen. Die meisten von ihnen kamen aus Algerien und Indochina“ 42 − Die Eroberung der deutschen Kolonien in Afrika (v. a. Togo, Kamerun, Ostafrika) wurde von Engländern und Franzosen mehrheitlich mit lokalen Kolonialtruppen erkämpft. Darüber hinaus gilt: „Over one million porters were enlisted or forcibly conscripted from all the (sc. British) colonies of East and Central Africa. Nyasaland alone supplied 200.000 porters … The suffering was immense, often neglected, some even died of starvation.“ 43 Es waren aber nicht nur direkte Kontakte, durch die die Nachrichten von dem Gemetzel auf den Schlachtfeldern Europas in die Kolonien gelangten. Eine ganz neue Bedeutung kam der Nachrichtenübermittlung durch moderne Medien und insbesondere durch die Presse zu. Dies bestimmte auch die Diskussionen in den christlichen Gemeinden. „Educated Chinese“ – so das China Mission Year Book 1916 in einem Bericht über die Auswirkungen des Kriegs auf die Tätigkeit der Missionare – „who read the papers will be more prejudiced against Christians“ 44. „The events of the war continued to occupy the columns“, heißt es ähnlich in einem zeitgenössichen Bericht aus dem kolonialen Sri Lanka. 45 „Buddhist Papers“, so auch die Notiz eines kritischen Christen aus dem Inselstaat, „(are) speaking of the war as an illustration of the failure of Christianity“ 46. Und in Nyasaland bemerkte der bereits zitierte missionarische Beobachter, der den Chilembwe-Aufstand im Frühjahr 1915 kommentierte: „They (the Africans) know more about this war than they did about the [Boer] war in South Africa … Now thousands of natives are in Rhodesia and further south in the mines and many of them can read their own and the English language to know all that is taking place in the world.“ 47 EINE WEITERE DESILLUSIONIERUNG: WOODROW WILSONS „VIERZEHN PUNKTE“ (1918/1919) Eine andere Form der Desillusionierung hatte der Vierzehn-Punkte-Plan des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson nach Ende des Ersten Weltkriegs zur Folge. 1917 traten die USA in den Krieg ein. Am 18. Januar 1918 deklarierte Wilson seine berühmten „Vierzehn Punkte“. Darin stellte er fest, dass die USA für eine gerechte Sache kämpften. Zugleich rief er zu einer friedlichen Nachkriegsordnung in Europa auf, die auf freiem Handel, öffentlichen Verträgen, Demokratie und dem 42 Janz, Oliver: Der große Krieg, Frankfurt am Main 2013, S. 171–172. 43 Horne, John (Hrsg.): A Companion to World War I, Malden, MA/Oxford, UK 2010, S. 112– 126 („The War in Africa“); Zitat: S. 124. 44 The China Mission Yearbook 1916, S. 14. 45 Leathard, Brian: The Rev. A. G. Fraser. His ecclesiastical, educational and political activities in Ceylon, 1904–1924, Ph.D. Loughborough 1990, S. 180. 46 Small, Walter: A Christian Nationalist of Ceylon. The Life and Letters of Lionel Mendis, London 1956, S. 12–13. 47 Shepperson, George/Price, Thomas: Independent African…, a.a.O., S. 230.

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Selbstbestimmungsrecht der Völker beruhen sollte. Wilson war der Sohn eines presbyterianischen Pfarrers, zeitweilig Präsident der Princeton Universität und ein enger Freund von John R. Mott, dem spiritus rector der Edinburgh-Konferenz 1910. Obwohl die Vierzehn Punkte im Blick auf Europa formuliert worden waren, wurden sie doch weithin verstanden als Verheißung der Selbstbestimmung auch für die Völker und Nationen unter kolonialer Herrschaft. „For colonized, marginalized, and stateless people from all over the world – Chinese and Koreans, Arabs and Jews, Armenians and Kurds and many others – the conference appeared to present unprecedented opportunities to pursue the goal of self-determination.“ 48 Am 18. Februar 1919 wurde in Versailles die Pariser Friedenskonferenz eröffnet. Doch bald wurde klar, dass sich diese Erwartungen nicht erfüllen würden. Die koloniale Herrschaft westlicher Mächte in Asien und Afrika wurde nicht beendet, sondern fortgesetzt, wenngleich unter einem anderen Rechtstitel (als Mandatsgebiete, wie im Fall der früheren deutschen Übersee-Besitzungen). Vertreter aus Regionen wie Indochina – die Freiheit von der französischen Kolonialherrschaft suchten – wurden zur Pariser Konferenz nicht zugelassen. Einer ihrer Führer war Nguyen Ai Quoc, später bekannt als Ho Chi Minh. Er gehörte zu der Generation asiatischer Führungspersönlichkeiten, die sich vom Modell der westlichen – und „christlichen“ – Demokratie ab- und der kommunistischen Ideologie zuwandten. Nun wurde in vielen Regionen Asiens die sowjetische Revolution zum Modell der Zukunft. Dies war ein anderes Ergebnis des Ersten Weltkriegs: Das westliche Demokratiemodell verlor an Attraktivität. Im japanisch okkupierten Korea kam es 1919 zur Erklärung der Unabhängigkeit (maßgeblich getragen von koreanischen Protestanten und charakteristischerweise verkündet im YMCA-Gebäude in Tokio). Die koreanischen Nationalisten erwarteten, dass Wilson – als „champion of equal rights for all people, strong or weak“ 49 – sie unterstützen würde, wurden aber in dieser Erwartung enttäuscht. In China ist der Stimmungsumschwung unter anderem ablesbar an der Genese der „antichristlichen Bewegung“ 1922 in Shanghai, anlässlich einer Konferenz der WSCF in Shanghai. 50 Eine frühere Asienkonferenz der WSCF (1907 in Tokio) hatte noch den Anbruch eines christlichen Panasianismus markiert. Hatte der Weltkrieg bereits die Vorbildlichkeit der europäischen Mächte infrage gestellt, so „erschütterte der Zusammenbruch der Hoffnungen und Sehnsüchte, die man Wilsons 14 Punkten entgegengebracht hatte, die bisherige besondere Verbundenheit mit den USA“ 51. Sie besiegelte zugleich die Abkehr breiter Bevölkerungsschichten vom Modell des Westens.

48 Manela, Erez: The Wilsonian Moment. Self-Determination and the International Origins of Anticolonial Nationalism, Oxford 2007, S. 4. 49 Ebenda, S. 31–32. 50 Vgl. Lutz, Jessie G.: The Anti-Christian Movements of 1920–1928, Notre Dame, Ind 1988. 51 Greschat, Martin: Der Erste Weltkrieg…, a.a.O., S. 128.

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BESCHLEUNIGTE VERSELBSTSTÄNDIGUNG DER KIRCHEN ASIENS UND AFRIKAS In Europa brach Karl Barth 1914 mit seinen zuvor hochverehrten theologischen Lehrern, die im August des Jahres das sog. Manifest der Intellektuellen unterzeichnet und damit die Kriegspolitik Kaiser Wilhelms II. unterstützt hatten. Ihre Ethik, die liberale Theologie wie überhaupt der ganze Kulturoptimismus des 19. Jahrhunderts hatten sich damit für ihn als schal, brüchig und nicht zukunftsfähig erwiesen. Durchaus vergleichbar sprach 1916 in Westafrika ein schwarzes Journal von der „exceeding thinness of the Christianity of European Christendom in the 20th century“, die durch den Krieg sichtbar geworden worden sei. Ohne eine vollständige „Umkehr“ (repent) der europäischen Nationen aber – so die Sierra Leone Weekly News am 17.6.1916 – gebe es weder für die Völker noch für das Christentum Europas eine sichere Zukunft. 52 – In China war es mit Wei Enbo ein einheimischer Prophet und Kirchengründer, der dem Christentum der Missionare – die die Botschaft Jesu verfälscht hätten – das „wahre“ Christentum chinesischer Gläubiger entgegensetzte. Inmitten der Wirren des Kriegs rief er wie erwähnt 1917 die „Zhen Yesu jiaohui“ (True Jesus Church) ins Leben, die sich bald zur größten indigenen Kirche dieser Zeit entwickeln sollte. Sie verstand sich als Gegenmodell zum westlichen Christentum sowie (angelehnt an das Bibelwort Mt 24,27) als „Offenbarung der Wahrheit über Jesu Erlösung in der Republik China im Osten“ 53. In jedem Fall aber verlor das Christianity-Civilization-Modell – und damit die Überzeugung von der zivilisatorischen Überlegenheit des Christentums – seine allgemeine Akzeptanz. Einzelne Elemente – wie etwa die Rolle der Missionsschulen bei der Vermittlung modernen Wissens in den afrikanischen und asiatischen Kolonien – waren zwar weiterhin von enormer Bedeutung (wenngleich zunehmend von alternativen staatlichen oder religiösen Bildungseinrichtungen konkurrenziert). Die optimistische Grundstimmung aber, mit der sowohl Missionare wie weite Teile der lokalen indigen-christlichen Elite vielerorts den Anbruch des 20. Jahrhunderts begrüßt hatten, war verflogen. Zugleich aber beschleunigte sich durch den Krieg der Prozess der Verselbstständigung der Kirchen Asiens und Afrikas, und zwar sowohl innerhalb wie außerhalb der bestehenden missionskirchlichen Strukturen. Auch den in China tätigen Basler Missionaren etwa wurde klar, dass in Zukunft „europäisches Christentum und christliche Religion … zu scheiden (sind)“ – so eine Stimme zu den Reaktionen chinesischer Christen auf das Desaster des „europäischen“ Krieges. 54 In welchem Ausmaß sich aber eine solche Scheidung vollzog, zählt zu den spannendsten Fragen und Kontroversen in der Christentumsgeschichte Asiens und Afrikas während und nach den Kriegsjahren. In Afrika erfuhren die unabhängigen und prophetischen schwarzen Kirchen, die sich zum Teil bereits einige Zeit zuvor gebildet hatten, 52 The Sierra Leone Weekly News 17.06.1916 S. 8 (Text 264). 53 Xi, Lian: Redeemed by Fire…, a.a.O., S. 50; Bays, Daniel H.: Indigenous Protestant Churches…, a.a.O., S. 132–137. 54 Schlatter, Wilhelm/Witschi, Hermann: Geschichte der Basler Mission…, a.a.O., S. 246.

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einen enormen Zulauf. Zugleich kam es in Afrika und nun auch in Asien zu vielfältigen indigenen Neugründungen, die den traditionellen missionarischen Kirchen massive Konkurrenz bereiteten und oft viele ihrer Gläubigen abwarben. Aber auch in den aus westlicher Missionsarbeit hervorgegangenen Kirchen verstärkte sich der Prozess der Verselbstständigung – teils bedingt durch die äußeren Umstände (Ausfall von westlichem Personal und Ressourcen), teils als Beschleunigung von Entwicklungen, die bereits lange vorher eingesetzt hatten. Es ist bemerkenswert, welch große Rolle das Stichwort der „Three-Selves“ – also die Zielsetzung einer sich selbst regierenden, ausbreitenden und finanzierenden „einheimischen Kirche“ – in den Debatten einheimischer Christen und der missionarischen Publizistik während der Kriegsjahre spielte. 55 Aber bereits lange vor 1914 waren die „Three-Selves“ – ursprünglich ein missionarisches Konzept – zunehmend von indigen-christlichen Eliten verschiedener Regionen auch gegen das jeweilige missionskirchliche Establishment geltend gemacht worden. 56 Dies führte entweder zu frühen Abspaltungen unter indigener Leitung (wie im Fall der afrikanischen unabhängigen Kirchen seit den 1890er-Jahren) oder – so v. a. im Asien der Jahrhundertwende – zu nationalkirchlichen Bewegungen und anderen emanzipatorischen Bestrebungen, die eine eher graduelle Loslösung von missionarischer Kontrolle anstrebten. 57 Derartige Bestrebungen hatten bereits im Rahmen der asiatischen Edinburgh-Fortsetzungskonferenzen einen enormen Aufschwung erfahren. Während der Kriegsjahre dynamisierte sich dieser Emanzipationsprozess weiter, ohne damit aber noch radikalere Bewegungen verhindern zu können. In Indien etwa forderte der 1917 reaktivierte ‚Christo Samaj‘ (als Sammelbecken radikaler indischer Christen) ein Moratorium missionarischer Aktivitäten auf dem Subkontinent; und in China prallten 1922 bei der Christlichen Nationalkonferenz in Shanghai mit dem ‚China Continuation Committee‘ (unter Leitung von Cheng Jingyi), das die Bildung einer vereinten ‚Church of Christ in China‘ vorbereitete, und der ‚True Jesus Church‘ die Repräsentanten einer „weichen“ (ökumenisch orientierten) und einer 55 „The Indian Church continues to make progress towards self-government and self-propagation“, konstatiert 1915 etwa ein missionarische Blatt im Blick auf Indien (International Review of Mission, Nr. 1, Oxford 1915, S. 28); und in den Berichten der verschiedenen in China tätigen protestantischen Missionen heißt es übereinstimmend: „the desire for independence is growing“ (so etwa die Methodisten in: China Mission Yearbook 1916, S. 120). Dabei wird die Frage, wieweit „self-government“ abhängig sei vom Ausmaß des „self-support“, in den Berichten der verschiedenen Missionen unterschiedlich beantwortet (ebenda, S. 389, 84 f., 111, 120, 160, 197, 202, 205, 437 etc.). Für die unabhängigen Kirchen und Bewegungen Chinas war das kein Thema mehr; sie unterstanden chinesischer Leitung. 56 Siehe dazu: Koschorke, Klaus: „Dialectics of the Three Selves“. The Ideal of a „self-governing, self-supporting, self-extending Native Church“ – from a missionary concept to an emancipatory slogan of Asian and African Christians in 19th and early 20th centuries, in: Hofmeyr, Hoffie/Stenhouse, John (Hrsg.): Internationalising Higher Education. Essays in honour of Professor Gerald Pillay, Stellenbosch, SA 2018, S. 127–142. 57 So etwa in Indien das Projekt einer ‚National Church of India‘ (1886 gegründet) oder die 1905 etablierte ‚National Missionary Society‘, die sich als Ausdruck eines christlichen ‚Swaraj‘ (Selbstregierung) verstand und dem Motto ‚Indian men, Indian money, Indian leadership‘ folgte. Sie verbreitete sich rasch über den ganzen Subkontinent.

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„radikalen“ (und tendenziell xenophoben) Indigenisierung aufeinander. 58 Dasselbe Jahr 1922 sah in Shanghai zugleich die Geburt der ‚Anti-christlichen Bewegung‘ in China. Alle drei Faktoren sollten die weitere Geschichte des protestantischen Christentums im Reich der Mitte maßgeblich bestimmen. In beiden Momenten aber – im Kollaps des alten Christianity-Civilization-Modells wie in der beschleunigten Verselbständigung und Pluralisierung der Kirchen Asiens und Afrikas – markiert der Erste Weltkrieg eine Zäsur und wichtige Etappe auf dem Weg zu einem polyzentrischen Weltchristentum.

58 Bays, Daniel H.: A New History of…, a.a.O., S. 109–111; ders.: Indigenous Protestant Churches…, a.a.O., S. 136–137.

IN PRAISE OF THE AFRICAN BERLINERS Some reflections on World War I in the Berlin Mission Society fields in Tanzania up to 1939 Gabriel K. Nzalayaimisi The Berlin Mission Society (BMS) started working in Eastern Tanzania in 1887. In 1891 it began its work in Southern Tanzania. By November 25, 1915, the BMS had established 19 stations and 105 preaching substations in Southern Tanzania. 1 To compare, 7 stations and 23 substations were in Eastern Tanzania (Sicard, 230). The staff consisted of 1 mission inspector, 4 superintendents, 49 pastors referred to as “missionaries,” 2 evangelists, 10 sisters, 3 teachers, 18 handworkers, 2 agricultural officers, 4 medical doctors, 1 nurse, 1 deacon, 1 treasurer, and 2 book makers. In the Eastern BMS area, there were 6 mission stations (Dar es salaam/Immanuelskap, Ng’ambo, Kisarawe, Maneromango, Schelesien-Towero, and Kidunda) and 28 substations serviced by 39 missionaries and 50 local teachers-cum-evangelists. The number of staff included two superintendents, 12 missionaries, 6 sisters, 9 teachers, 2 agriculturalists, 4 medical doctors, and 5 handworkers. There were over 3,654 local Christians and 2,624 catechumens in total in the Berlin Mission Society in Southern Tanzania. 2 In Eastern Tanzania, the BMS had 1,402 local Christians and 451 catechumens. 3 The BMS built churches and houses for the mission’s expatriate staff to inhabit. They built primary and middle schools for the local people at Kisarawe and Maneromango for the Eastern Berlin Mission Society. At Kisarawe, the BMS also established a teacher training college which registered seventeen pre-service teachers. One common school for the children of the missionaries was built at Tandala. The Towero Teachers’ Training Collage at Schelesien (in Morogoro) was built in conjunction with and was attended by the Church Missionary Society (CMS) pre-service teachers. In addition to the Towero Teachers’ Training College, there were two more teacher training colleges which prepared teachers to teach in primary schools at Kidugala and Manow. 4 It was from these educational 1 2 3 4

Neuberg, H. W.: History Fupi ya Miaka 75 ya Kanisa la Kiinjili la Kilutheri Synod ya Kusini Tanzania 1891–1966, Dar es Salaam 1966, p. 12. Ibidem, pp. 12–13. von Sicard, S.: The Lutheran Church on the Coast of Tanzania 1887–1914 with Special Reference to the Evangelical Lutheran Church in Tanzania, Synod of Uzaramo, Uluguru/Uppsala 1970, p. 230. Neuberg, H. W.: History Fupi ya Miaka…, op. cit., p. 12. See also von Sicard, S.: The Lutheran Church…, op. cit., p. 217. For details, see also Weitnauer, C.: Die Lutheriche Gemein-

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centers that the majority of the post-World War I African workers were drawn to man the young African church in the absence of missionaries. Decolonial thinking in Tanzania rests on the historical, socioeconomic, and cultural perspective and condition of many Tanzanian Africans, as well as two South African Zulus, namely Nathanael, an African who started the Lutheran Church in BMS Southern Tanzania under the leadership of D. Theo. Alexander Merensky of the BMS in 1891 as a decolonialization device. The underlying point is that decolonialization is a liberation process that takes place in the minds of participants. History, as documented by Sicard, 5 shows that augury, geomancy, astrology, amulets … hirizi (charms or juju), exorcism, and brotherhoods (tarika) were common practices that were oppressing the people mentally, in addition to Arab and autocratic German political and physical oppression. For example, the Kisarawe and Ng’ambo stations accounted more than 72 percent of the national African Christians to have been freed slaves. With the coming of evangelization, decolonialism came in with the human face of Jesus Christ – along with the revelation that people, regardless of their socioeconomic status, need freedom and peace. The Good News arrived to the people (both Africans and whites) through the notorious German colonialist Dr. Carl Peters. The German missionaries from time to time before and during World War I continued to rescue African slaves from Arabs, who tortured them in many ways. Equally, however, the German colonial administration in Tanzania tortured Africans regardless of their faith: Christians, Moslems, and others alike. The Africans who were taught by the BMS expatriate staff to love peace and hate killing found themselves in the war defending the Germans (who were whites) against the British (who were also whites). It was different in the sense that many African Christians viewed World War I as a war between white Lutheran Christians and the white Anglican Christians. This was practically experienced and operationally more visible in the World War I concentration camps, where interned German missionaries suffered; some died of hunger and cholera, particularly children and women. 6 In the prisoner of war camps, decolonial stories were told. For example, the Universities Mission to Central Africa (UMCA) in Dar es Salaam made some efforts to request that the British army not destroy the BMS’s buildings at the Ng’ambo, Kisarawe, Maneromango, and Schelesien stations. Such a request and many more of the kind were honored by the British army. The Ng’ambo church and Immanuelskap buildings were instead used by the British marine force as a military camp for the soldiers who went on to destroy a German Kohlberg ship at the Rufiji River. The Schelesien BMS station buildings were also not destroyed, but all educational programs were forced to cease by the British army.

5 6

de, Schlesien/Morogoro (Tanzania) von 1908 bis 1960. Mission unter ungunstingen Bedingungen und Gemindeaufbau in grosser Verschiendenheit Inaugural, Dissertation zur Erlangung des Doktorgrads der Augustana, Hochschule (Theologische Hochschule) zu Neuendettelsau, Neuendettelsau 1992, p. 87, p. 94. von Sicard, S.: The Lutheran Church…, op. cit., p. 49. Knox, E.: Signal on the Mountain: The Gospel in Africans Uplands before the First World War, Canberra 1991, pp. 204–209.

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The BMS missionaries were hunted from forest to forest and were finally caught together with faithful African Luguru Christians. The British army used the BMS Schelesien station building as their equipment store on their way to Kisaki through the Tanana missionary camp. These missionaries and the faithful African Christians were collected and then interned with others, first at Mamboya Camp in Kilosa district. They were later taken to Germany through Babati and Arusha, Tanzania, and finally through Cairo or Alexandria, Egypt, before reaching London, England, and Hamburg, Germany. 7 The Schelesien group of missionaries hiding at the Schelesien-Towero station was composed of Carl Nauhaus and Hermann Krelle, together with their families and the missionaries who were working at the Kipingo station and the Ulanga area stations. They were taken to Dar es Salaam, where they were interned before being transferred to Cairo and Berlin. At the BMS stations in Southern Tanzania area, the situation was different, as it depended on the readiness of the missionaries to cooperate with the enemy. Many well-established and renowned stations were destroyed. For example, the Kidugala station was burned to ashes because it was a big one with a big church building, several missionary houses, a printing press, primary and middle schools, an agricultural farm, and a handcraft school. The Kipingo (in Ulanga), Malinyi, Kingoli (near Manda), and Manow stations were destroyed because they were built in isolated places within the routes or hiding places of German commander general Von Letow Vorberk when he was trying to escape or defeat the British while the war was escalating. 8 The most astonishing reality from the perspective of the African Christians during and post World War I, especially those recruited into the armies, was that the Christians from Europe (unlike the Africans, who had been characterized as barbaric, heathen, uncivilized, uncouth, and superstitious) were fighting each other gun to gun. BMS missionaries were often weak in explaining what the war meant to them and to the loving and peaceful practices of Christianity. Decolonialism as a mindset was the necessary answer. World War I proved to the African Christians that large-scale wars were destructive and disruptive to missionary development activities – and that they were part and parcel of European culture. It was a normal practice in the history of Europe. On the other hand, war was also unchristian. 9 This was observed by the young Africans who repeatedly stated that World War I was a decolonial liberation process. It liberated both the German missionaries’ and the African Tanzanians’ mindset, since World War I was in itself a circumstantial political situation which caught the two groups within its influence. Both parties were doing the same thing with the same faith, but with different understandings of the world. The whites (the BMS missionaries) came to realize that they were sent to preach the Good 7 8 9

Ibidem, p. 92. von Lettow Vorbeck, Paul: Heia Safari! Deutschlands Kampf in Ostafrika, Leipzig 1920, pp. 274–275. Fleruiewi interview with Owdenburg M. Mdegella (Iringa), 10 September 2017.

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News to the Africans as it contained the good news of human liberation. On the other side, the African Christians were to continue preaching it in the way taught by the BMS missionaries, as a liberating force and a tool to move away from the socioeconomic and culturally ill forces that had befallen them before the coming of Christianity. The Africa-Berlin liberation was thus forged and became a catalyst for spreading the Good News by both the BMS missionaries and the Africans throughout World War I and beyond. World War I was in itself controversial, deadly, and a contextual mindset builder. It destroyed both European and African civilizations built over centuries, and was thus decolonial to both the BMS missionaries and the Africans in Tanzania. Future BMS work would therefore tap such experience to further build its mission in Tanzania. From another perspective, World War I was “an unmitigated catastrophe in a sea of mud.” 10 The other view is that the war opened opportunities for learning “truce and reconciliation.” For example, “the 1914 Christmas armistice was a triumph for common humanity: it should inspire us to re-examine our histories of that war.” In the history of the BMS, Africans’ involvement and participation in the war is not the exception in this regard. They worked as porters, cleaners, geographers, spies, local contact people, solders/askaris, and informants, yet remained Lutheran Christians. At the Schelesien-Towero station for example, the mission youth group, which was composed of the Luguru, Nyasa, and Bena youth, kept on providing food, fruit, and clean water to the missionaries who were hiding within the Uluguru Mountain forest from 1915 to 1918. This explains how the Africans served the BMS missionaries from the inception of World War I by giving a humanitarian and helping hand while awaiting an announcement that the war had ended – an announcement which officially arrived in 1917. 11 For example, the African Berliners continued to preach the Gospel in the midst of this dreadful war in the absence of BMS missionaries. The majority of African teachers who were taught to teach in the German style continued to do so in the BMS mission schools without salaries. From the inception of World War I (1915 in Tanzania), the Africans who were trained and later employed by the missions thought that the mission education work was to end because many educational facilities such as classrooms, teachers’ houses, and playgrounds were destroyed by the British army. Pupils were sent home as there was no food and no lessons since the facilities were being used by the British as military camps. Agricultural produce at the Kisarawe BMS mission school and from the Teacher Training College (such as oranges and other citrus fruits) found their way to Dar es Salaam, where a number of British army 10 MacMillan, M.: Truce and Reconciliation, in: Financial Times, Saturday December 21/ Sunday December 22, 2013. 11 Interrior Interview with Thonus Thomas Mphurami Mphunami, Dumila-Morogoro 22 June 2017 mision Misioni ya Injili, in: Mdegella, O. M./Kilimahana, Sand/Kasumba, O.: Kaine Karne ya Kwanza ya Injili 1891–1991, Dar es Salaam 1991, p. 25. Also Lubawa, R. M.: Unsung Heroes of the Lutheran Church in Iringa Diocese of the Eungelical Evangelical Lutheran Church in Tanzania, Iringa 2017, p. 47.

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stations were built. Likewise, coconuts and horticultural produce from Maneromango and Schelesien stations in the BMS’s eastern area fed the British army. The contribution of livestock-keeping and fruit-production projects at Schelesien-Towero to the well-being and success of the British army (as opposed to the German army and the BMS missionaries in these areas) cannot be underestimated. At this BMS station, Rev. Carl Nauhaus started a dairy farm and taught the Luguru people cow-keeping skills. The milk from the kept cows was initially used to feed the mission residents, particularly the school and Teacher Training College students. The cows were well attended by Siki Cholonga, Mtinga Cholonga, and Kaliwati Cholonga, but were confiscated by the British army for meat to feed the soldiers. When Rev Hermann Krelle came back to the station after the end of the war he continued to keep the cows there, but some were kept in hiding places like Tulo and some as far as Msowero in the present-day Kilosa District. In the southern Berlin Mission stations, the situation was no different. At Kidugala station for example, African teachers and other workers continued to work shoulder to shoulder, the school and Teacher Training College students, the catechumens, and the Christians supporting the Berlin Mission workers who were starved and poverty stricken due to bad economic conditions. The British army prohibited the Africans from working in the BMS stations until 1917. As in the BMS stations, the African evangelists, teachers, and other workers worked without salaries during World War I and up until 1925, when the first group of missionaries was allowed to return to Tanzania under special arrangement with the British Government. The BMS workers experienced additional financial hardship when Chancellor of Germany Adolf Hitler terminated financial assistance to mission stations in foreign countries, Tanzania included. 12 Thus no cash was to flow into Tanzania for the advancement of mission work. In dealing with the problem (and pressured by some of the teachers) African mission leaders called a series of meetings to discuss the issue. In 1936 a decision was made to increase the annual stewardship offering from 50 cents to 4.50 shillings to be contributed by church members from the synod level down to the level of the substations. Action taken by the Africans to engage in economic activities to support their own church was itself an African decolonial initiative. Missionaries including Hermann Wilhelm Neuberg assessed the impact of the decision and concluded correctly that, “That was a good start of self-dependency in the mission.” 13 Thus, out of the disruptive war germinated an African theology of church self-dependency. It was an economic decolonial theology developed by the Africans in the context of World War I, but it was decolonial on the part of the whites (the BMS missionaries) to note, accept, appreciate, and praise African initiatives in resolving their own economic hardships. Furthermore, an administrative decolonial staff of BMS missionaries found, upon their return to Tanzania, that the African church leaders they left behind had 12 Kilimhana, Karne ya Kwanza ya Injili, 25. See also Lubawa, R. M.: Unsung Heroes…, op. cit., p. 47. 13 Neuberg, H. W.: History Fupi ya Miaka…, op. cit., pp. 15–17.

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not matured. Social and economic programs continued that required cash, such as salaries and the purchase of industrial materials for rebuilding the destroyed stations. This continued at an affordable scale. In the area of church administration and management there was a tremendous increase in newly baptized Christians, catechumens, and confirmations, and the search to convert new Christians continued. Though statistical figures seem to differ, Mdegella is of the opinion that there were over 20,000 baptized Christians and 10,000 catechumens in the BMS’s Southern Tanzania field in 1914. For the Eastern Tanzania BMS field, Nzalayaimisi’s recorded figure was 5,000 baptized Christians and 381 catechumens, compared to 408 Christians and 295 catechumens. 14 A new propagation of the Gospel then began in Tanzania without much guidance from the BMS missionaries, aside from the knowledge and skills the Africans had picked up during conversion. It was a decolonial moment for both the BMS missionaries and the Africans – they needed each other, and together culminated a forged theology of common work and trust in searching out and using local resources for the growth and sustenance of the mission, even in the era of turmoil during and immediately following World War I. Though it may not be equal to today’s paradigm of partnership in missions, one may nonetheless recognize the same characteristic of cooperation. This paradigm shift was also exemplified in the area of agribusiness development and tapping land resources for the church’s socioeconomic development and growth. Agricultural centers that were opened by the missionaries as food production and Gospel training centers turned out to be useful commercial and business centers. The Lupembe and Manow tea farms (which were started in 1892 and 1899, respectively) were developed as commercial farms and business centers. Likewise, wheat (tritium aestivum L.) and Irish potatoes (Solanum tuberosum L.) which were initially planted by missionary Gustav Eduard Hübner (Africans called him Mwaluimbo because he liked to sing) in 1895 and 1897 at Bulongwa and Tandala stations respectively, turned out to be commercial crops rather than food crops only. 15 Apart from being a decolonial war in terms of input, process, and output, World War I was a catalyst of economic development in the areas under the Berlin Mission Society. It was a far-reaching decolonial influence on both the BMS as an organization and on individual missionaries in the field. It was with such an understanding that these crops were developed – they were first sold to other BMS stations when hunger terrorized the lives of the people in the areas before World War I. During and following the war, these crops were cultivated and produced in order to feed the missionaries who could not farm following the prohibition of doing so by order of the Iringa British area commissioner before they were collected, interned, and finally sent back to Germany in 1916 and 1917.

14 Interview with Mdegella O. M., Iringa, 1.9.2017; G. K. Nyalayaimisi, field notes, June 7, 2018. 15 Interviews with Rose Mahenga, Bulogwa, 26.10.2016.

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1. In the BMS eastern mission field, the Greiner Garden at Pugu, the Ng’ambo coconut plantations, and the Kisarawe and Maneromango stations, citrus fruit farms turned out to be supplying and feeding the British Army, which at that time had to depend on horticultural supplies, especially citrus fruits from these mission stations. Many local people, Christians and non-Christians alike, started planting and selling them at Dar es Salaam. These generated cash for supporting the stations, which had to pay salaries for the local mission workers to buy family necessities and pay the tax which was introduced by the British colonial administration in Tanganyika Colony. Thus, the local African Christians were helped monetarily by the development of agriculture in the Eastern BMS field. It was a decolonial act in that it restored the Africans’ humanity, which had been institutionalized and marginalized by the German and British colonial powers. However, that does not mean that such socioeconomic conditions experienced by the Africans amounted to a total rescue from poverty. It was however an attempt by the missionaries to free the Africans who participated in the agricultural business, as they became less dependent on the mission stations and the missionaries for their daily needs. World War I catalyzed this development among the Africans; the Africans are to be acknowledged for accepting the opportunity. 16 2. The underscoring point here is that, though the missionaries attempted to begin income-generation activities (particularly those related to agriculture), African Christians either kept them alive during the absence of the missionaries or started new ones to ease the situation. For example, the Ng’ambo Estate and Trading Company was established in 1914; just two years before (in 1912) the same type of economic innovations were embarked upon by BMS in the southern area. 17 The continuation and sustainability of these plans depended much on the Africans in the absence of the BMS missionaries, including the period during and in the aftermath of the war. Two areas assumed to be of decolonial disposition will now be discussed concurrently: African perceptions of European culture, and succession. This discussion is based on the point raised earlier in this chapter, that World War I was a catalyst to the decolonization of both the Africans (assumed to be the oppressed, ruled by the Berlin missionaries through cultural superiority and advancement) on one side, and the Berlin missionaries (assumed to be the learned, super-tolerant planters of the Gospel in the African soil) on the other. First is the issue of culture as related to age and communication in both the southern and eastern fields. The age of the sender and receiver of the message mattered a great deal in the perception of its value and its acceptance or rejection. Going through the list of missionaries who were on the sending side – those going to Tanzania for the purpose of preaching to the people the Good News of Jesus Christ – one finds the majority to have been very young (with the exception of at least one ordained missionary, Dr. Theo. Alexander A. Merensky, born on June 8, 16 Interviews with Peter, Mwamasika, Dodoma, March 20, 2017 17 von Sicard, S.: The Lutheran Church…, op. cit., p. 217.

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1837, and sent to the Nyakyusa people based in Southern Tanzania on June 23, 1891, aged fifty-four years old). Those who were older but unordained missionaries were fewer in number. They included Bernhard Johannes (sixty-two, craftsman) and Dr. Ferdinand Grimm (sixty-eight, medical doctor). In the Eastern Tanzania mission field, Jacob Johann Greiner was at least forty-five years old. Coupled with his vast knowledge of Arabic and African languages and his long experience working with Africans in Sudan, Greiner’s age allowed him to communicate with African leaders. Some of the African local chiefs, including Chief Mweneisi Sanze of Kisarawe 18 and Mwinyimkuu Ulembo of Kisarawe Maneromango, were skeptical, but later invited the missionaries to work with them. Chief Sanze heard the message of the Good News, but was not ready to be baptized until he died, simply because the missionaries sent to Kisarawe station were young and did not have the status to talk to him. Chiefs Sanze and Magombeka invited Rev. Greiner and later missionaries to Kisarawe and its vicinities on condition that they respect the Zaramo elders. The Zaramo elders included the chiefs, sub-chiefs, Wene Viswili, and the male household heads. Having recognized that, young missionaries at Maneromango station paid high respect to Zaramo chiefs and leaders. Mission work at Maneromango stations grew very fast because of the missionaries paying respect to the elders. To this effect, Maneromango station became the center of mission work in Uzaramo due to the success it had through the support of the local leaders, who were highly respected by missionaries including the Rev. Bernhard Maasss, Rev. August Peter, and Rev. Artur Worms. In addition, the regular consultations they held with the chiefs were made at the chief’s homestead, known as the mhongono, which was also an expression of respect for an elder person in Uzaramo. The situation was complemented by the struggle to convert the elders, who had the power and influence to ask the younger ones to hear the Good News and become Christians. Hence the use of the Africans as teachers, evangelists, and station elders (Wazee wa Misheni) such as Martin Ganisya, Andrea Ndekeja, Daniel Kasuku, Nikodemo Nassoro Ubwe, Friedrich Mwinyimkuu, Barnaba Sanze, Andrea Segamba, Marko Barnabas, and others. These local African Christians were trusted by the missionaries as coworkers in preaching the Good News to the Zaramo people. This implies that from the inception of planting Christianity in Eastern Tanzania, the issue of culture as represented by observance of age was seriously and carefully taken as a missiological issue which required attention for the success of spreading the Good News to the people. It was decolonial in context, form, and process, and was much catalyzed by World War I calamities. Judging by their participation and contribution, the elder people had an impact in sustaining mission work in the area. In Southern Tanzania the issue of age and power as an institutional structure and organizational consideration was evidenced by the experience of the first group of missionaries during World War I and its aftermath. At first, since African leaders showed a readiness to cooperate with Rev. Alexander Merensky, the direc18 Ibidem, p. 115 and 133. Also interview with Philipo Dumba, Magogoni, Ng`ambo, July 2, 2017.

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torship of the mission in the Southern Highlands of Tanzania was put upon him by the BMS. Age was not expected to be a big issue. For example, Dr. Theo Alexander Merensky was himself aged enough as he was already fifty-four years old, an age expected to warrant leadership parity with many African chiefs in the area. As a reflection of the African practice of showing respect and honor to an older male guest, Merensky was invited to visit the Nyakyusa, Kinga, and Sangu chiefs. With the help of Rev. Carl Nauhaus (who was by then twenty-seven years old but conversant in many Bantu languages and cultures) paid a visit to Chief Merere of Usangu for the same purposes. 19 Unfortunately, he did not make use of it; Nauhaus exercised acts of dictatorship over chiefs and local leaders and assumed a leadership position that destabilized local politics. 20 Later missionaries and those who continued to work in the area – Rev. Carl Nauhaus included – started to use democratic leadership styles in administering and managing the mission work. During and after the period that followed Word War I, Berlin missionaries in the area had to consult the old African chiefs and Christians for protection. Many old Christians were trusted to feed and protect German missionaries who had served the mission in the Southern Tanzania. According to the Nyakyusa, Bena, Sangu, Pangwa, Hehe, and Pogoro people, it was an honor to do that for the missionaries – by their reckoning, no such person should die in their hands except witches. 21 The missionaries were not witches, thus they needed physical and cultural protection from the Africans, which they accepted particularly from the elderly Christians. This cultural decolonial milestone experienced during World War I among and between the Africans and the German missionaries had a farreaching decolonial echo (mwangwi), and became a catalyst toward the development of mission work in the area after World War I. This was evidenced by the coming of the BMS missionaries to Tanzania, whereby the African chiefs first came to reckon that Christianity was a religion not only for young people but even for the old, chiefs included. Those BMS missionaries who were sent home during World War I returned to a torn Tanzania, beginning in 1925. The majority of them were now over forty years old, the culturally accepted age to communicate a message to elders.

19 Cf. Mwakisunga, A. D.: Historia ya Kanisa la Kiinjili la Kilutheri Ukanda wa Kusini, in: Mdegella, Owdenburg/Kilimhana, Samweli/Kasumba, Obadiah (eds.): Karne ya kwanza ya injili 1891–1991. Kanisa la Kiinjili la Kilutheri Tanzania Ukanda wa Kusini, Dar es Salaam 1991, p. 15. 20 Cf. Nzalayaimisi, G. K.: The Berliners Bethiners and violence in Eastern and Southern Tanzania, 1887–1919, in: van der Heyden, Ulrich/Becher, Jürgen (eds.): Mission und Gewalt. Der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000, p. 476. 21 Interviews with Solomon S. Swallo, Iringa, September 30, 2017 and O. M. Mdegella, Iringa, October 1, 2017.

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Gabriel K. Nzalayaimisi Waafrika wakasema, Hee kumbe dini hii sasa imekuwa kwa ajili ya hata sisi wazee kwani wazee wenzetu hawa Wasungu wamerudi kutuambia mambo ya Mungu wao tena katika^umri wa utu uzima wao. Kweli ni dini Njema sasa imekuja kwa heshima. 22

Ordination of the first African clergy was another decolonial act within the Berlin Mission Society’s spheres of work in Tanzania that was sped and catalyzed by World War I. Initially, the Berlin Mission Society had scanty succession plans for the office of clergy. For the most part, it depended on sending ordained German missionaries to take pastoral office in the mission stations. For example, from 1891 to 1918 there were thirty-eight ordained missionaries working in Southern Tanzania and fifteen in Eastern Tanzania. 23 World War I forced BMS leaders in the field to ordain African evangelists and teachers to succeed them in the work of pastor and in administering the Word of God through preaching and the sacraments. The first ordination of Africans by the Berlin Mission Society in Tanzania was officiated at the Dar es Salaam mission station, Azania Front Church, in Eastern Tanzania in 1920. The ordained person was a longtime African teacher-cumevangelist named Martin Nganisya of the Yao tribe. He was neither a Zaramo nor a Luguru. The ordination was officiated by the Rev. Martin Priebusch, who was allowed to remain in the country during World War I while other German missionaries were interned and sent back to Germany. The second batch of African pastors was ordained in October 1934. It included Andrea Kirumbi (Kisarawe), Andrea Ndekeja (Dar es Salaam, Ng’ambo), and Josia Mkumbaru (Maneromango). The first ordination in the BMS’s Southern Tanzania field was performed on May 5, 1934. The candidates were Yohana Nyagava, Ludzabiko Kihupi, Ananidze Chungu, Lutengano Melele (Merere), Yosefu Mpogolo, Ludzabiko Nyato, Mtenzi, Alatuvanga Msitu, and Ezekiel Kingo´ta. 24 A second group was ordained in 1938 and included Israel Mwipopo, Lunojo Kahale, Elioth Kiwale, Yonathano Kyambile, Tupevile Sanga, and another five from the Konde area. In 1939, Sifike Ngajilo from Ukinga was also ordained. All ordinations were done to increase the number of indigenous pastors who were to serve in the mission, but not to serve the wider church. Up to the beginning of World War II (1939) there was little effort to draw up a succession plan beyond haphazard theological training for the ordination of indigenous pastors; African church workers were looked down upon by some missionaries as unedu-

22 Interview with O. M. Mdegela, Iringa, September 27, 2017. Translation is mine: “The Africans said, ‘Oh, so this religion is now even for all people, even those who are old like us, because these our fellow old people the whites have returned back to tell us about the word of God at their age. Truly it is a good religion and it now comes with all respects.’” See also List of BMS Missionaries in Southern Tanzania 1891 to 1996, University of Iringa Library. 23 Weitnauer, C.: Die Lutheriche Gemeinde…, op. cit., p. 193; Lehmann, H.: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974, p. 116. 24 Neuberg, H. W.: History Fupi ya Miaka…, op. cit., p. 19. For a full list of the first ordained African pastors within the BMS in Southern Tanzania, see Lubawa, R. M.: Using Heroes of the Lutheran Church in Iringa Dioceses of the Evangelical Lutheran Church in Tanzania, Iringa 2012, p. 58.

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cated and unready to assume church leadership. 25 However, missionary Martin Priebusch thought that the ordination of Africans to the ministry of the holy sacraments was irresistible and irreversible. This was much based on his own experiences from World War I when he remained alone in the area as an ordained German pastor. To increase the number of pastors was a high priority for him, though there was no clear succession plan. For some BMS leaders in the field, the ordination of Africans to be pastors was a precaution against war catastrophes; many envisaged a dark future if they did not prepare Africans for church leadership. 26 It was these indigenous African Christians, clergy and laymen alike, who kept the mission of the BMS in Tanzania alive by continuing to teach the Good News of Jesus Christ vigilantly and in each tribal language despite the World War I upheavals, the loss of human dignity, and the marginalization faced by some later pastors like Yohana Nyagava and Ludzabiko Nyato, who served in the German army during the war. 27 However, World War I was itself a balancing point between the missionaries and the indigenous Africans since the war taught both sides that their presence was needed in proclaiming the Gospel to the people. Once this was acknowledged, future workers in the mission embraced and praised the efforts and contributions made by each side as a catalyst for socioeconomic growth and the advancement of Christianity in the area. A war that seemed to be catastrophic and disruptive to the development of the church made the Africans look for alternatives to foreign missionaries – including self-support. There remained issues in dealing with other pertinent decolonial challenges, such as providing further and quality education to the local people. Also, the issue of interdenominational leadership in the BMS of Tanzania stimulated further discussions among BMS missionaries and BMS African pastors prior to World War II. Praise is due to these people as builders of the church. The actions of both BMS expatriates and local leaders filtered through the situation that prevailed during and after the war and led to new decolonial theological paradigms which centrally rested on the common understanding of the two parties – though more so on that of the Africans – that people are always the subjects of history. In this way the local Africans should be praised; they formulated their own unique contextual theology that has sustained church development to the present day.

25 Ibidem, p. 61. 26 Interview with O.M. Mdegella, Iringa, October 1, 2017. 27 Lubawa, R. M.: Unsung Heroes…, op. cit., p. 57.

DIE CHRISTLICHE MISSION UND DER UNTERGANG DES ABENDLANDES Gunther Pakendorf DAS LANGE 19. JAHRHUNDERT UND DAS GOLDENE ZEITALTER DER MISSION Es ist heute, hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, der das Zeitalter des Imperialismus zum grausigen Abschluss führte und jene scheinbar permanente Krisenzeit in internationalen Beziehungen herbeiführte, die noch Jahrzehnte nach Ende des zweiten großen Krieges fortdauern sollte, kaum vorstellbar, mit welch unverhohlener Selbstgewissheit das christliche Europa noch Anfang des 20. Jahrhunderts von der weltweiten Ausbreitung und Herrschaft des Christentums überzeugt war. Für den führenden deutschen Missionswissenschaftler Gustav Warneck zum Beispiel – wie übrigens für einen Großteil europäischer Christen – war darin das Wirken Gottes zu erkennen, als Vorspiel zur Erfüllung chiliastischer Hoffnungen, wie er es in der kräftigen Sprache der Erweckungsbewegung in seiner mehrfach aufgelegten Geschichte der evangelischen Mission rückblickend auf das gerade abgelaufene 19. Jahrhundert formuliert: Es war [Ende des 18. Jahrhunderts – G. P.] wieder eine jener Stunden im Reiche Gottes gekommen, von denen es heißt: ‚die Zeit ist erfüllet‘. Gott wollte das 19. Jahrhundert zu einem Missionsjahrhundert machen, darum that er zu derselben Zeit die Thüren der Welt auf, da er in der erstorbenen Christenheit die Totengebeine wieder lebendig machte. 1

Die Zeit ist erfüllt: Das heißt nichts anderes, als dass das Reich Gottes nahe herbeigekommen ist, wie es geschrieben steht (Markus 1: 15). Tatsächlich gab es in religiösen, zumal pietistischen Kreisen seit dem 17. Jahrhundert eine auf die biblische Verkündigung von dem Herannahen des Himmelsreiches sich stützende millenarische Tendenz, die nach Judith Becker im 19. Jahrhundert zu einem wichtigen Impuls zur Missionierung fremder Völker wurde, denn „[d]ie Auffassung, dass die Gläubigen durch die Mission das Kommen der Endzeit beschleunigen konnten, trug wesentlich zum energischen Ausbau des Missionswesens am Anfang des 19. Jahrhunderts bei“ 2. In diesem Sinn wurden Erfolge wie Rückschläge 1 2

Warneck Gustav: Abriß einer Geschichte der protestantischen Missionen von der Reformation bis auf die Gegenwart. Ein Beitrag zur neueren Kirchengeschichte, vierte Aufl., Berlin 1898, S. 68. Becker, Judith: Die Christianisierung fremder Völker. Ein Zeichen für die nahende Endzeit?, in: dies./Braun, Bettina (Hrsg.): Die Begegnung mit Fremden und das Geschichtsbewusstsein, Göttingen 2012, S. 187.

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der Missionstätigkeit als Beweis für das Nahen des Weltendes theologisch gedeutet, die lediglich die Zeichen der Zeit, als da wären Kriege, Revolutionen und sonstige Umwälzungen, bestätigten. Dieses Unbehagen in der europäischen Kultur und Gesellschaft ist übrigens eine Überzeugung, die weite Kreise der Gebildeten zu Beginn der Moderne seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfasste. Allerdings gibt Warneck zu, dass die wesentlichen Anstöße für die weltweite Verbreitung des Christentums von dem Zusammentreffen gewisser Ereignisse und Entwicklungen ausgingen, die nicht geistiger Art sind und auch nicht ohne Weiteres theologisch begründet werden können. Zu diesen Faktoren gehören laut Warneck die geografischen Entdeckungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts, technische Erfindungen und Fortschritte wie Eisenbahn, Dampfschiff, Telegrafie, aber auch politisch-freiheitliche Ideen, die im Fahrwasser von Aufklärung und Französischer Revolution sich immer weiter ausbreiteten. Dennoch deutet er den Anbruch des modernen Zeitalters als Aufruf Gottes: „durch das alles zusammen läutete Gott wie mit allen Glocken in die Christenheit hinein: ich habe euch Bahn gemacht, nun gehet hin; es ist Missionszeit jetzt“3. Nüchterner stellt Stephen Neill fest: The acquisition of the new resources [bezieht sich auf die technischen Erneuerungen im 18. Jahrhundert – G. P.], and the breakdown of the old order in the French Revolution, sent Europe out conquering and to conquer with a new self-confidence, and increasingly, as the century advanced, with a new sense of mission to the world. 4

Einen Höhepunkt dieses großen Optimismus bildete die Weltmissionskonferenz in Edinburgh, Schottland, 1910, wo zum ersten Mal Vertreter der evangelischen Missionen aus aller Welt in brüderlicher Eintracht – tatsächlich sprach man von einem ökumenischen Treffen – zusammenkamen und sich über die Einheit der christlichen Missionen Gedanken machten, ausgehend von der Gewissheit des Siegeszuges der Christenheit. In den Worten Richard Pierards: „The conferees believed that victory was in sight. They now had the means to conquer the world for Christ and pave the way for the establishment of the eschatological kingdom of God.“5 Für Stephen Neill bedeutet die Edinburgher Konferenz mit der Bildung des ersten Organs internationaler christlicher Zusammenarbeit außerhalb der katholischen Kirche – dem Internationalen Missionsrat – nichts anderes als einen revolutionären Durchbruch und den Beginn einer neuen ökumenischen Ära in der Geschichte der Kirche. 6 Die in Edinburgh versammelten – wohlbemerkt fast ausschließlich männlichen und weißen – Vertreter der weltweiten evangelischen Mis3 4

5

6

Warneck Gustav: Abriß einer Geschichte…, a.a.O., S. 71. Hervorhebung im Original. Neill, Stephen: A History of Christian Missions, Harmondsworth 1977 [zuerst 1964], S. 246. Von dieser Verquickung von Mission und Kolonialismus spricht auch Ferguson, Niall: Empire. The Rise and Demise of the British World Order and the Lessons for Global Power, NewYork 2003, S. 93–136. Pierard, Richard V.: The World Missionary Conference, Edinburgh 1910. Its shortcomings and historical significance, in: van der Heyden, Ulrich/Feldtkeller, Andreas (Hrsg.): Missionsgeschichte als Geschichte der Globalisierung von Wissen. Transkulturelle Wissensaneignung und -vermittlung durch christliche Missionare in Afrika und Asien im 17., 18. und 19. Jahrhundert, Stuttgart 2012, S. 305. Vgl. Neill, Stephen: A History of Christian Missions…, a.a.O., S. 544–545.

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sion dachten, so Hellmut Lehmann, „in diesen letzten Jahren abendländischer Machtentfaltung vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges noch groß von ihren Möglichkeiten und gaben die Parole aus: ‚Evangelisation der Welt in dieser Generation‘.“7 Umso größer war dann die Bestürzung, als der Ausbruch des Ersten Weltkrieges der neu gefundenen brüderlichen Einheit ein jähes Ende bereitete. So sprach man von einer Katastrophe, einem entsetzlichen Schlag, der „the international fellowship and love we began to learn at Edinburgh“ zutiefst gefährdete. 8 So steht der Beobachter vor der scheinbar paradoxen Situation, dass die erste wirklich internationale Zusammenkunft evangelischer Missionen auf dem Höhepunkt des „Missionsjahrhunderts“ mit der zuversichtlichen Voraussicht auf den Sieg des Christentums in nicht allzu weit entfernter Zukunft, der das kommende Ende der Welt beschleunigen soll, durch den bis dato verheerendsten Krieg abrupt unterbrochen und zunichtegemacht wird, und zwar in einer Situation, wo der Zeitgeist ganz allgemein vom Gefühl eines „Untergangs des Abendlandes“ beherrscht wird. Im Folgenden soll versucht werden, dem größeren Kontext dieser Situation nachzugehen und den Zusammenhang zwischen der frohen Erwartung vom nahenden Ende und den apokalyptischen Visionen des Untergangs herauszuarbeiten. MISSION UND ERSTER WELTKRIEG Es versteht sich von selbst, dass der Erste Weltkrieg die Tätigkeiten der Missionen in aller Welt zutiefst berühren und beeinträchtigen würde. Zumal die Arbeit der deutschen evangelischen Gesellschaften schwer unter den Auswirkungen der kriegerischen Auseinandersetzungen litt, 9 da die meisten von ihnen sich in Gebieten unter britischer oder französischer Hoheit befanden, wo die deutschen Missionsangehörigen „wie Feinde behandelt wurden“ 10. Hartmut Lehmann zufolge waren gegen 1917 mehr als drei Viertel der 1.600 deutschen Missionare im Ausland nicht imstande, ihre Arbeit zu verrichten.11 Dieser Zustand dauerte für die meisten Gesellschaften bis in die Zwanzigerjahre und betraf in manchen Fällen sogar die gesamte Zwischenkriegszeit. So hatte zum Beispiel die Norddeutsche Gesellschaft 1913 34 Missionare in Togo, von denen 1926 nur sieben zurückkehrten; 1938 gab es dort noch fünf Missionare und vier Laienpredigerinnen. Von den 7 8

Lehmann, Hellmut: 150 Jahre Berliner Mission, Erlangen 1974, S. 113. So J. H. Oldham, eine der führenden Figuren in Edinburgh; zit. nach Stanley, Brian: Christianity and the End of Empire, in: ders./Low, Alaine (Hrsg.): Missions, Nationalism and the End of Empire, Grand Rapids/Cambridge (U. K.) 2003, S. 4. 9 Einen guten Überblick bietet dazu Pierard, Richard: World War I, the Western Allies, and German Protestant Missions, in: van der Heyden, Ulrich/Liebau, Heike (Hrsg.): Missionsgeschichte – Kirchengeschichte – Weltgeschichte. Christliche Missionen im Kontext nationaler Entwicklungen in Afrika, Asien und Ozeanien, Stuttgart 1996, S. 361–372. 10 So Lehmann, Hellmut: 150 Jahre…, a.a.O., S. 115. 11 Vgl. Lehmann, Hartmut: Missionaries without Empire. German Protestant Missionary Efforts in the Interwar Period (1919–1939), in: Stanley, Brian/Low, Alaine (Hrsg.): Missions…, a.a.O., S. 36.

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84 Missionaren der Berliner Mission, die 1913 in Südafrika im Dienst waren, waren 1921 52 übrig. Schlimmer traf es die Berliner in Ostafrika: Dort hatten sie 1914 über fünfzig Mitarbeiter und 1921 keinen; 1936 waren fünf zurückgekehrt. 12 Die Rheinische Mission, nach Hartmut Lehmann die größte deutsche Gesellschaft in dieser Zeit, hatte nach dem Krieg fast die Hälfte ihrer zweihundert Missionare verloren. 13 Lehmanns Fazit: „For all German missionary societies the First World War was a catastrophe.“ 14 Die Auswirkungen des Krieges zogen die ganze Missionsarbeit in Mitleidenschaft. Den meisten Gesellschaften ging es wie den Berlinern 15, die ihr Missionsseminar bald nach Kriegsbeginn schließen mussten, da praktisch alle Zöglinge zum Kriegsdienst eingezogen und Inspektoren als Feldgeistliche einberufen wurden. Neuaussendungen ins Missionsgebiet kamen zum Stillstand, Geldüberweisungen wurden gestoppt, die Kommunikation zwischen dem Missionshaus und den Missionaren im Ausland funktionierte so gut wie gar nicht. In Bezug auf die Brüdergemeine in Südafrika heißt es ähnlich: „the mission field was cut off from its base in Herrnhut, official correspondence ceased, financial aid dried up“16. Mindestens zehn Jahre dauert dieser Notstand, denn erst 1924, das heißt in der Zeit von politischen Unruhen und dem drohenden völligen Zusammenbruch von Wirtschaft und Währung in Deutschland, ist es deutschen Missionen wieder erlaubt, Geld nach Übersee zu überweisen. Dadurch verliert die Mission größtenteils den Wert der ohnedies verminderten Gaben von Missionsfreunden und Hilfsvereinen vor Ort, während man auf dem „Missionsfeld“ weitgehend nur mit dem Verkauf von Missionsland wirtschaftlich überleben kann. 17 Neben der materiellen Not, der finanziellen Krise und dem Schwund an Personal wird die Sache der Mission auch von der allgemeinen Zeitstimmung nach dem Krieg in Deutschland erfasst. Der Kaiser hat abgedankt, das Deutsche Reich existiert nicht mehr, das Land muss territoriale Verluste in Ost und West hinnehmen, von den Kolonien ganz zu schweigen, Ernüchterung und Desillusion über Kaisertreue und Vaterlandsliebe sind weit verbreitet, radikale Auswege werden auf rechter wie linker Seite erprobt – wie kann man sich da noch wie zuvor für die Christianisierung heidnischer Völker in Übersee begeistern oder vom Sieg des Christentums schwärmen? Kirche und Religion verlieren vor diesem Hintergrund gewaltig an Anziehungskraft, auch an Rückhalt am Staat und der Öffentlichkeit. 12 13 14 15

Vgl. ebenda, S. 44. Vgl. ebenda, S. 45–46. Vgl. ebenda, S. 36. Ich richte mich im Folgenden hauptsächlich nach Lehmann, Hellmut: 150 Jahre…, a.a.O., S. 114 ff. 16 Krüger, B./Schaberg, P. W.: The Pear Tree Bears Fruit. The History of the Moravian Church in South Africa-West (II), 1869–1960, Genadendal 1984, S. 96. 17 Dass die Lage in Wirklichkeit viel komplizierter war, als hier kursorisch skizziert werden kann, lässt sich am Fall der Berliner Mission gut nachlesen in Schultze, Andrea: „In Gottes Namen Hütten bauen“. Kirchlicher Landbesitz in Südafrika: die Berliner Mission und die Evangelisch-Lutherische Kirche Südafrikas zwischen 1834 und 2005, Stuttgart 2005, bes. S. 149–151.

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Die zentrale Rolle, die die evangelische Kirche im wilhelminischen Reich als „Staatskirche par excellence“ 18 bei der Bildung eines deutschen nationalen Bewusstseins gespielt hatte, ist nach 1918 schlagartig abgebrochen, die Kirche befindet sich in einer Krise des Selbstverständnisses und der eigenen gesellschaftlichen Identität, wie Fritz Stern ausführt: Die Niederlage von 1918 bedeutete einen verheerenden Schlag für den deutschen Protestantismus: Das Bündnis von Thron und Altar brach auseinander, und der Altar stand nunmehr ungeschützt in einer feindlichen Umwelt. Die deutschen Protestanten – besonders stark vertreten in den vom wirtschaftlichen Niedergang am meisten betroffenen Provinzen des nördlichen und östlichen Deutschland – identifizierten sich mit der Demütigung der Nation. Niederlage und Revolution führten Protestanten und Katholiken enger zusammen, aber die Katholiken erfreuten sich der Unterstützung durch den Vatikan ... Die Protestanten fühlten sich bedroht und belagert. Beide Konfessionen klagten über den ‚gottlosen Staat‘. 19

Damit wird aber im Grunde eine Tendenz zur Säkularisierung fortgesetzt, die sich bereits im 19. Jahrhundert im Zuge des rasanten technischen Fortschritts in großen Teilen Europas in allen Konfessionen verbreitet und schon vor dem Krieg droht, die Religion ins Abseits zu führen, wie Eric Hobsbawm meint: „intellectually western religion was never more hard-pressed than in the early 1900s, and politically it was in full retreat“20. Auch die Solidarität und brüderliche Eintracht, die alle Teilnehmer der Edinburgher Konferenz keine vier Jahre vor Ausbruch der Feindseligkeiten so begeistert hatte, lösten sich angesichts der patriotischen Begeisterung bei Kriegsausbruch hüben wie drüben ziemlich abrupt auf. Pierard hat sicher recht mit seiner Behauptung, dass die Alliierten in dieser Hinsicht die größere Verantwortung tragen: Although there had been [sc. in Missionskreisen nach Edinburgh – G. P.] much talk about the ‚supranationality of missions‘, the idea that missionary work was the task of the entire church and not linked to any specific nation or country, the Allies clearly ignored this as they proceded [sic!] to conquer Germany’s colonies. Both there and in their own possessions they confiscated mission properties and interned or expelled missionaries of enemy nationality. 21

Auch Adrian Hastings spricht von der virulenten und aggressiven anti-deutschen Haltung, zumal aufseiten von prominenten englischsprachigen Missionsvertretern.22 Dass diese Einstellung sowie die extremen Maßnahmen gegen die deut18 Stern, Fritz: Deutschland 1933. Fünfzig Jahre danach, in: ders.: Der Traum vom Frieden und die Versuchung der Macht. Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert, erweiterte Neuaufl., Berlin 1988, S. 138–168; hier S. 160 19 Ebenda, S. 161. 20 Hobsbawm, Eric: The Age of Empire 1875–1914, London 2002 [zuerst 1987], S. 266. Siehe zu diesem Thema auch Glaser, Hermann: Spießer-Ideologie. Von der Zerstörung des deutschen Geistes im 19. und 20. Jahrhundert und dem Aufstieg des Nationalsozialismus, Frankfurt/Main 1985, S. 191–200. 21 Pierard, Richard: World War I…, a.a.O., S. 367. 22 Vgl. Hastings, Adrian: The Clash of Nationalism and Universalism within Twentieth-Century Missionary Christianity, in: Stanley, Brian/Low, Alaine (Hrsg.): Missions…, a.a.O., S. 15–33; hier S. 22 f. Pierard vertritt übrigens eine andere Meinung zu Oldham und Mott, vgl. Pierard, Richard: World War I…, a.a.O., S. 368.

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schen Missionen desaströse Folgen weltweit für die Sache von Mission und Kirche hatten, wie Hastings meint, ist also nur verständlich, zumal man auf deutscher Seite mit Verständnislosigkeit und Verbitterung auf Vorwürfe und Ablehnung vonseiten der britischen Amtsbrüder reagierte. Dabei darf man jedoch nicht aus dem Auge verlieren, dass auch fast alle deutschen Missionen und ihre Mitarbeiter sowie eine Großzahl der deutschen Kirchenführer und Gemeinden in der gesamten Epoche – und in vielen Fällen bis 1945 – deutsch-national eingestellt sind. Karl Dietrich Bracher verweist diesbezüglich auf einen weit verbreiteten „Pastorennationalismus“ in Deutschland, der nach dem Zusammenbruch von 1918 nicht verschwand, sondern sich unter anderem im Tenor der Kirchentage, der kirchlichen Jahrbücher oder Predigten „mit Dolchstoßlegende und Republikfeindlichkeit“ niederschlug, woran man erkennen könne, „wie stark die Kirche mit den gestürzten Mächten nicht nur organisatorisch, sondern vor allem innerlich und geistig verbunden war“23. Und Hermann Glaser zufolge war es 1933 „überdeutlich, daß der überwiegende Teil der protestantischen Geistlichkeit dem Nationalsozialismus positiv oder zumindest nicht ablehnend gegenüberstand“24. So wird die stolze Hervorhebung einer spezifisch deutschen, angeblich rein theologisch fundierten Grundeinstellung zur Mission – gemeint ist die Idee der „Volkschristianisierung“ – im Strudel der ideologischen Verwirrungen und Auseinandersetzungen der Zwischenkriegszeit zum Fokus der Behauptung eines deutschen Sonderwegs, den Siegfried Knak, langjähriger Direktor der Berliner Mission, noch 1938 bei der Weltmissionskonferenz in Tambaram, Indien, selbstbewusst auseinandersetzt. 25 Bei dieser Konferenz, die weniger als ein Jahr vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stattfindet, sind die Folgen der Differenzen zwischen den deutschen und – an erster Stelle – den angelsächsischen Missionen, die dabei die treibende Kraft des Internationalen Missionsrats vertreten, hinter den Kulissen zu spüren, insbesondere in der getrennten Erklärung der deutschen Delegation. 26 Auch wenn Timothy Yates Knak bescheinigt, er habe mit seinen Ausführungen zum Konzept der Volkschristianisierung „a very fine essay“ 27 vorgelegt, so befinden sich jedoch seiner Meinung nach Sprache und Ideen der Vertreter dieser Tradition so stark in der Nähe des nationalsozialistischen Sprachgebrauchs, dass man ihnen vorwerfen könne, „being sympathetic to, and even ideologically supportive of, such views in the crucial German decade of the 1930s“ 28. Auch das vom amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson eingegebene Leitthema des Versailler Friedensvertrags wirkte sich nachhaltig auf die Mission, ihre Tätigkeit wie ihr Selbstverständnis aus. Gemeint ist damit Wilsons Überzeu23 Bracher, Karl Dietrich, zitiert nach Glaser, Hermann: Spießer-Ideologie…, a.a.O., S. 194. 24 Glaser, Hermann: Spießer-Ideologie…, a.a.O., S. 195. 25 Vgl. Knak, Siegfried: Erfahrungen und Grundgedanken der deutschen evangelischen Mission. Ein Beitrag zur Weltmissionskonferenz in Tambaram 1938, Berlin 1938. 26 Vgl. Anonym: The World Mission of the Church. Findings and Recommendations of the Meeting of the International Missionary Council, Tambaram, Madras, India, Dec. 12-29, 1938, London/New York 1939, S. 180 f. 27 Yates, Timothy: Christian Mission in the Twentieth Century, Cambridge (U. K.) 1994, S. 121. 28 Ebenda, S. 37.

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gung, dass die „Missachtung der Rechte von kleinen Nationen und Völkern“ aufseiten der imperialen Großmächte ein entscheidender Auslöser des Krieges gewesen sei. 29 Wenn auch, wie Judith Scholter zeigt, die Hoffnungen vieler kleinerer Völker und Gruppen auf Unabhängigkeit nach dem Krieg enttäuscht wurden – allerdings nicht, und das verdient, hier festgehalten zu werden, in Osteuropa, im Balkan und in Nahost –, wirkte das Schlagwort von der „Selbstbestimmung“ wie ein Fanal für Nationen unter der vormaligen Herrschaft des Ottomanischen, Habsburger, Russischen oder gar des Britischen Reiches sowie für eine große Anzahl von kolonisierten Völkern in aller Welt, sodass man mit Fug und Recht den Anfang der Dekolonisierung mit den dadurch entfesselten Wünschen und Erwartungen ansetzen kann. Damit geht der Beginn der Auflösung der globalen Herrschaft der europäischen Kolonialmächte und der Infragestellung ihrer bis dahin unangefochtenen Dominanz auch auf kulturellem und politischem Gebiet einher. Dass dies auch die Vertreter einer christlichen Evangelisierung sowie die allein seligmachenden Ansprüche ihrer Botschaft betrifft, liegt auf der Hand. Die Kritik an der christlichen Mission jeder Couleur, sie sei lediglich die Verlängerung des westlichen Imperialismus gewesen, ist heute sicher nicht mehr – zumindest nicht in ihrer unqualifizierten Form – aufrechtzuerhalten; dafür ist das Thema zu vielschichtig und voller Widersprüche. Dennoch lässt sich nicht abstreiten, dass praktisch jede evangelische Missionsgesellschaft im 19. Jahrhundert einen eigenen nationalen Charakter hatte und von der damals universalen Überzeugung von der Überlegenheit der europäischen Kultur und Wissenschaft wie der absoluten Wahrheit der christlichen Lehre bestimmt war. Daher werden Bestrebungen seitens der einheimischen Christen nach größerer Verantwortung und mehr Mitspracherecht schon vor dem Ersten Weltkrieg breitflächig entweder als Aufmüpfigkeit („Äthiopismus“) bekämpft oder mit der Vermutung – oder besser Behauptung – abgetan, es fehle den afrikanischen Geistlichen vielleicht (noch) am richtigen Maß von „sittlicher Charakterfestigkeit, von Zuverlässigkeit in der Verwaltung von Geldmitteln, von ausdauernder Treue im Kleinen auch ohne den Stecken und die Aufsicht des Missionars“ 30. Umso größer muss man diese nationalen Bestrebungen in der Nachkriegszeit als unbequeme Herausforderung empfinden, auf die man mit Abwehr reagiert, wie Hastings feststellt: Perhaps the most pervasive and damaging form of missionary nationalism in the post-World War I period ... was its ingrained hostility to any local sentiment of nationalism or to the promotion of indigenous priests to positions of authority. 31 29 So Wilson wörtlich in einer Rede im Januar 1917; zit. nach Scholter, Judith: Wilson wird uns helfen. Die Unterdrückten der Erde hoffen auf den US-Präsidenten: Er soll den Kolonialismus beenden und ihnen die Freiheit schenken. Schon bald werden sie enttäuscht, Zeit-Online: www.zeit.de/zeit-geschichte/2017/02/erster-weltkrieg-woodrow-wilson-kolonialismus/kompl ettansicht (23.07.2017), S. 2. 30 So die Überlegungen eines führenden Missionstheologen und Mitglieds des Komitees der Berliner Mission: Richter, Julius: Der Aufbau unserer südafrikanischen Missionskirche. Referat auf der Generalversammlung am 21. Juni 1905, Berlin 1905, S. 23. 31 Hastings, Adrian: The Clash…, a.a.O., S. 18 f. Hastings bezieht sich hier an erster Stelle auf die Katholischen Missionen.

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DER POLITISCH-SOZIALE KONTEXT Geht man von dem schlaglichtartig gezeichneten Bild der europäischen Gesellschaft, hauptsächlich der Oberschicht, der Künstler und Intellektuellen aus, das Florian Illies in seinem unterhaltsamen Panorama des Vorkriegsjahres 1913 zeichnet, so kann man leicht zu der Schlussfolgerung kommen, dass es Europa im letzten Friedensjahr alles in allem und trotz einer gewissen nervösen Gereiztheit ganz gut geht.32 Tatsächlich erlebt Europa seit 1871 eine ununterbrochene Periode von Frieden und Fortschritt – sieht man von außereuropäischen und als peripher empfundenen Auseinandersetzungen wie dem Burenkrieg oder dem BoxerAufstand, von Herero- und Maji-Maji-Erhebungen oder von Krisen in Marokko und im Balkan einmal ab. Hoffnung, Optimismus, Zukunftsfreudigkeit wiegen ganz allgemein weit stärker als Pessimismus und Hoffnungslosigkeit. 33 Insbesondere das Deutsche Reich erfreut sich einer Zeit scheinbar unaufhaltsamen Wachstums. Die deutsche Bevölkerung beträgt 1913 65 Millionen und hat seit 1875 um erstaunliche 52 % zugenommen. 34 Berlin hat eine Einwohnerzahl von 3,7 Millionen (mit Vororten); dazu gibt es in Deutschland weitere 47 Großstädte (über 100.000 Einwohner). (Vergleichsweise waren es 1800 nur drei, 1850 fünf, 1871 acht.) In diesem Zeitraum kommt es zu einer Vervierfachung der deutschen Ausfuhr bei gleichzeitiger Versechsfachung der Industrieproduktion. Der unerhörte wirtschaftliche Aufstieg lässt sich allein am Vermögenszuwachs von jährlich drei bis vier Milliarden Mark ablesen. Während gegen 1890 30 % der Deutschen das steuerpflichtige Einkommen erreicht haben, sind es 1913 mit 60 % doppelt so viele. Wilhelm Treues Urteil, an der Prosperität in der Vorkriegszeit hätten alle Volksschichten teilgenommen, 35 ist also durchaus nachvollziehbar, denn Lebensstandard und soziale Sicherheit haben für alle zugenommen. Alle diese Entwicklungen stärken zusammen genommen in der gesamten Bevölkerung den Stolz auf Deutschlands Macht und Ansehen in der Welt, seine Großmachtstellung in Europa wie den Ehrgeiz, es mit anderen Nationen im Kampf um jenen ersehnten „Platz an der Sonne“ aufzunehmen. Die Deutschen sind in dieser Epoche, wie der Literaturhistoriker Helmut Hoffacker feststellt, auf sowohl geistes- als auch naturwissenschaftlichem Gebiet auf der Höhe der Zeit und führend in der Welt. Klassische Philologie und Geschichtswissenschaft, Chemie und Theoretische Physik (M. Planck, A. Einstein), einschließlich ihrer Umsetzung in Technologie, mögen davon Zeugnis ablegen. 36

32 Vgl. Illies, Florian: 1913. Der Sommer des Jahrhunderts, Frankfurt 1912. 33 Dies die Meinung von Hobsbawm, Eric: The Age of Empire…, a.a.O., S. 11. 34 Ich beziehe mich hier und im Folgenden auf Treue, Wilhelm: Gesellschaft, Wirtschaft und Technik Deutschlands im 19. Jahrhundert, München 1975, S. 269–280. 35 Vgl. ebenda, S. 277. 36 Hoffacker, Helmut: Im Zeichen des Imperialismus. Literaturgesellschaftliche Lage zwischen 1890 und dem Ersten Weltkrieg, in: Beutin, Wolfgang et al. (Hrsg.): Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 4. Aufl., Stuttgart 1992, S. 304–343, hier S. 304.

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Für Treue ist es überdies unzweifelhaft, dass die wilhelminische Übersee- und Kolonialpolitik und „die Entwicklung bei Kohle, Eisen und Stahl zur Entstehung einer wirtschaftlichen und politischen, schließlich auch menschlichen Wettbewerbssituation und Spannung“ in den Jahrzehnten vor 1914 beigetragen haben. 37 In Bezug auf die Veränderung und den allmählichen Schwund in der öffentlich bezeugten Religiosität besonders unter Protestanten in Deutschland in der Epoche 1871 bis in die 1930er-Jahre spricht Fritz Stern von einer „stillen Säkularisierung“, das heißt, „die Veränderungen wurden eher verheimlicht, als daß man es darüber zum Bruch kommen ließ; statt die Zäsur einzugestehen, behauptete man Kontinuität“ 38. Man ist fast versucht, diese Grundeinstellung auf die von der Hybris der Machtentfaltung, dem Rausch von materiellem Wohlstand, der Verblendung durch militärische Stärke, der internationalen Geltung von deutscher Bildung und Wissenschaft, der Überlegenheit des deutschen Geistes gleichsam hypnotisierte Bevölkerung zu übertragen. Nicht umsonst spricht Thomas Mann in seiner in der Kriegszeit konzipierten und veröffentlichten Schrift Betrachtungen eines Unpolitischen vom Zustand des deutschen Geistes als „machtgeschützter Innerlichkeit“. So gesehen trifft vielleicht das von Christopher Clark für die Führungsschicht in Europa am Vorabend des Ersten Weltkrieges gemünzte Stichwort von den „Schlafwandlern“ 39 auch für die sich im Windschatten des Größenwahns dieser Jahre befindenden Bevölkerung insgesamt zu: eine aus Verdrängung der Wirklichkeit hervorgegangene Blindheit. 40 In diesem Sinn – freilich aus gänzlich anderer Perspektive – sind wohl auch die Vertreter der Weltmission in der Zeit vor Ausbruch des Weltkriegs als Somnambule zu bezeichnen. Clarks akribische Forschungen führen ihn zur Folgerung, der Ausbruch des Krieges sei als Tragödie zu sehen, nicht als Verbrechen. 41 Und tatsächlich ist man fast versucht, hier die Schritte im Ablauf der griechischen Tragödie nach Aristoteles 42 wiederzuerkennen: Mit dem „anmaßenden Hochgefühl“ und „frevelhaften Hochmut“ der Hybris geht die Hamartia einher, die „Verkennung der Situation“, die den Helden für die Realität seiner Lage blind macht, sodass darauf folgerichtig die Peripetie folgt, der Glückswechsel als „unerwartet plötzliche Wendung im Schicksal des Helden“. Das ist der vorletzte Schritt, ehe die Katastrophe unabwendbar hereinbricht, welche die „Lösung des Konflikts“ mit sich bringt, „das Schicksal des Helden zum Schlimmen“ bestimmt und seinen Untergang besiegelt.

37 38 39 40

Ebenda, S. 272. Stern, Fritz: Deutschland 1933…, a.a.O., S. 156 f. Clark, Christopher: The Sleepwalkers. How Europe Went to War in 1914, London 2013. „… the protagonists of 1914 were sleepwalkers, watchful but unseeing, haunted by dreams, yet blind to the reality of the horror they were about to bring into the world.“ Clark, Christopher: The Sleepwalkers…, a.a.O., S. 562. 41 Vgl. ebenda, S. 561. 42 Die folgenden Ausführungen richten sich nach Angaben in Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur, 5. Aufl., Stuttgart 1969.

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MODERNE UND ENDZEITSTIMMUNG Mitten in den Wirren des Krieges erscheint der erste Band eines Werkes, das wie vorbestimmt erscheint, die rasende und letztlich ungewisse Stimmung jener Jahre beispielhaft auf den Nenner zu bringen: Der Untergang des Abendlandes von Oswald Spengler. Von dem damals mit großer Teilnahme rezipierten Werk ist heute vor allem noch der Titel als geflügeltes Wort erhalten geblieben, der gelegentlich „als ironische Bemerkung bei einem allzu wichtig genommenen Vorfall zitiert“ wird, wie der Duden lakonisch konstatiert. 43 Geradezu als – freilich unbeabsichtigter – Hohn erscheint der Wunsch des Verfassers am Schluss seines mit Dezember 1917 datierten Vorworts zur ersten Ausgabe des ersten Bandes, „daß dies Buch neben den militärischen Leistungen Deutschlands nicht ganz unwürdig dastehen möge“ 44. Spenglers großer Wurf einer organologischen Abfolge von Epochen der Universalgeschichte hat Kritik hervorgerufen, aber auch viele Bewunderer und einige Nachfolger gefunden bis hin zu Samuel Huntingtons gleichfalls Aufsehen erregender These von dem Zusammenprall der Kulturen (Clash of Civilizations, 1996). Huntingtons Werk ist übrigens als Reaktion auf Francis Fukuyamas Studie über das „Ende der Geschichte und den letzten Menschen“ (The End of History and the Last Man, 1992) zu verstehen, dessen Titel schon an Spenglers Hauptthese erinnert. Auf Spenglers Tafel zu den Geistesepochen, die sich nach seiner Darstellung analog zu den Jahreszeiten über Jahrtausende und in allen Kulturen vollziehen, interessieren hier besonders seine Ausführungen zur letzten Phase in diesem Prozess, zu dem „Winter“. Diese Epoche zeichnet sich demnach durch folgende Merkmale aus: „Anbruch der weltstädtischen Zivilisation; Erlöschen der seelischen Gestaltungskraft; das Leben selbst wird problematisch; ethisch-praktische Tendenzen eines irreligiösen und unmetaphysischen Weltstädtertums“. Es folgen fünf stufenweise ablaufende Schritte des Niedergangs, zuerst „Materialistische Weltanschauung: Kultus der Wissenschaft, des Nutzens, des Glückes“ bis zur abschließenden Phase, der „Ausbreitung einer letzten Weltstimmung“. 45 Dies ist die Auffassung der europäischen Kultur, wie Spengler sie für seine eigene Zeit versteht und auf die der Titel seines Werkes anspielt. Damit hat er sicherlich den Nerv seiner Zeit getroffen. Denn schon am Ende des 19. Jahrhunderts verbreitet sich eine Endzeitstimmung unter Gebildeten, Künstlern und Literaten, die aus dem Nachhinein als Seismographen der Epoche der Moderne gesehen werden können. So wird die Kunst der Moderne als Reaktion auf das um sich greifende Chaos verstanden, hervorgegangen aus dem Gefühl von der Zerstörung von Zivilisation und Vernunft, die im Ersten Weltkrieg ihren Gipfel erreicht, in einer geistigen Umwelt, die von Marx, Darwin, Nietzsche und Freud radikal infrage oder ganz auf den Kopf gestellt worden ist und in der der scheinbar ungebremste materielle Fortschritt in gebildeten Kreisen das Gefühl von Angst und Sinnlosigkeit 43 Vgl. Duden. Zitate und Aussprüche. Duden Band 12, Mannheim et al. 1993, S. 448. 44 Spengler, Oswald: Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte. Erster Band: Gestalt und Wirklichkeit, München 1923, S. XI. 45 Ebenda, nicht paginiertes Faltblatt, [S. 69].

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oder Absurdität des Lebens hervorgerufen hat, jener „transzendentalen Obdachlosigkeit“ des modernen Menschen, von der der junge Georg Lukács spricht. Wenn Gott, wie Nietzsche seinem Zeitalter vorhält, tot ist, dann ist das Ende aller Zeiten wohl in Sicht, wie die verschiedenen Schlagworte, Titel und Ausrufe dieser Epoche signalisieren, denn hier ist die Rede vom Fin de Siècle, das nur noch Verfallserscheinungen und Dekadenz hervorbringen kann, oder von den Letzten Tagen der Menschheit, wie im Titel eines Dramas von Karl Kraus, oder von der Menschheitsdämmerung, deren Erscheinung Kurt Pinthus mit seiner Anthologie der expressionistischen Lyrik dokumentieren will. Das ikonische Kunstwerk der gesamten Epoche ist das Bild Der Schrei (1893–1910) von Edvard Munch, das mit seiner Aura des Unerklärlichen und Unheimlichen in Hilde Zaloscers Worten „den Grundtopos des folgenden [d. i. des zwanzigsten – G. P.] Jahrhunderts, die Weltangst“, festhält. 46 Und der irische Dichter William Butler Yeats hat mit den 1919 verfassten und den Zerfall der Dinge und den Verlust der Mitte beschwörenden Versen eine Kurzformel für die ganze Epoche geprägt: „Things fall apart; the centre cannot hold;/Mere anarchy is loosed upon the world“ („Die Welt zerfällt, die Mitte hält nicht mehr;/Und losgelassen nackte Anarchie“ 47.) Das Gedicht verweist schon im Titel – The Second Coming (die Wiederkunft) – und dann im weiteren Verlauf unmissverständlich auf die Wiederkehr Christi als Offenbarung und Ende der Zeit: „Surely some revelation is at hand;/Surely the Second Coming is at hand [...]“ („Gewiß steht jetzt bevor die Offenbarung;/Gewiß steht jetzt bevor die Wiederkunft [...]“48). Zumal Kunst und Literatur des deutschen Expressionismus, der in etwa die Zeit 1910 bis 1925 umspannt, ist Ausdruck starker Gefühle, die zwischen sozialem Mitleid, existenzieller Not und Verzweiflung changieren. Liest man die Gedichte in Pinthus‘ Sammlung49, so fällt einem die Mischung aus visionärer Sprache, düsterer Abgrundstimmung und einer Sehnsucht nach Erlösung auf, ergänzt von den Erschütterungen der Kriegserlebnisse. Aus einem Der Krieg überschriebenen Gedicht von Franz Werfel, das laut Angabe am 4. August 1914 geschrieben wurde, seien hier als Beispiel einige Verse zitiert: Dir aber wehe, Stampfende Zeit! Wehe dem scheußlichen Gewitter Der eitlen Rede! Ungerührt ist das Wesen vor deinem Anreiten, Und den zerbrechenden Gebirgen, Den keuchenden Straßen, Und den Toden, tausendfach, nebenbei, ohne Wert .... 50 46 Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schrei, (3.10.2017). 47 Aus: W. B. Yeats, Das zweite Kommen, übersetzt von Walter A. Aue: www.lieder.net/lieder/ get_text.html?Textld=600.38 (30.09.2017). 48 Ebenda. 49 Vgl. Pinthus, Kurt: Menschheitsdämmerung. Ein Dokument des Expressionismus, Hamburg 1959 [zuerst 1920]. 50 Ebenda, S. 82–84.

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Und in seinem Gedicht mit dem schlichten Titel 1917 geht es Walter Hasenclever um Ähnliches, wo er den Zeitgenossen mahnt: „Wenn etwas in deiner Seele bebt,/Das dies Grauen noch überlebt,/So laß es wachsen, auferstehn/Zum Sturm, wenn die Zeiten untergehn./Tritt mit der Posaune des Jüngsten Gerichts/Hervor, o Mensch, aus tobendem Nichts!“ 51 Für Georg Trakl jedoch, einen österreichischen Dichter, bedeuten das ungeheure Blutvergießen und die erschreckende Menschenschlachtung, die er als Sanitäter bei der Schlacht von Grodek in Galizien Ende August, Anfang September 1914 erlebt, ein Ende ohne Zukunft, wie er es in einem seiner letzten Gedichte vor dem Freitod mit dem Titel Grodek ergreifend gestaltet: Am Abend tönen die herbstlichen Wälder Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen Und blauen Seen, darüber die Sonne Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht Sterbende Krieger, die wilde Klage Ihrer zerbrochenen Münder. Doch stille sammelt im Weidengrund Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle; Alle Straßen münden in schwarze Verwesung. Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain, Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter; Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes. O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz, Die ungebornen Enkel. 52

SCHLUSS Die freudige Erwartung des nahenden Weltendes aufseiten der Vertreter der christlichen Mission in der Vorkriegszeit findet in den düsteren Visionen der jüngeren Generation von Gebildeten und Künstlern vom nahe bevorstehenden Untergang der bekannten Welt eine scheinbar unvermittelte Resonanz. Beide verwenden eine apokalyptische Sprache, die sich Erlösung und Rettung aus einer aus den Fugen geratenen Welt ersehnt. Diesen Sprachduktus machen sich in derselben Zeit auch die aus den Wirren des Zeitalters hervorgetretenen extremistischen politischen Bewegungen zu eigen, um das niedergeschlagene Volk zu verführen: so der Marxismus-Leninismus mit seinem Versprechen, die gesellschaftlichen Widersprüche und die Entfremdung des Menschen im erhofften Heilszustand einer klassenlosen Gesellschaft endgültig aufzuheben, so gleichzeitig der Nationalsozialismus mit seinem Führerkult und dem Gerede von einer nationalen Auferstehung: 51 Ebenda, S. 252. 52 Trakl, Georg: Grodek, 2. Fassung, in: ders.: Das dichterische Werk, hrsg. von Walther Killy und Hans Szklenar, München 1972, S. 94–95.

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Hitlers Rhetorik war religiös gefärbt; er löste Politik in die Aura des Religiösen auf, und all die religiösen Begriffe, die längst säkularisiert worden waren, wurden zu Standardfloskeln seiner Appelle: Er versprach Rettung und Erlösung, Wiedergeburt und Seelenheil; zugleich schmähte er die Reichsfeinde als gottlos und satanisch. Dies alles geschah im Namen der Vorsehung. 53

Es ist diese Sprache mit ihren pseudoreligiösen, chiliastischen Versprechungen, die, wie Fritz Stern betont, die deutschen und an erster Stelle evangelischen Wähler weit mehr anzog als irgendein anderes Element von Hitlers Reden oder sein Programm.54 Und im Geist dieser Rhetorik vom Weltuntergang wurde binnen kürzester Zeit der vernichtendste Krieg der Weltgeschichte entfacht.

53 Stern, Fritz: Deutschland 1933…, a.a.O., S. 166. 54 Vgl. ebenda.

SIERRA LEONE’S NATIVE PASTORATE, THE FIRST WORLD WAR, AND THE REALIGNMENT OF MISSIONS IN WEST AFRICA Joseph Bosco Bangura INTRODUCTION The global military combat that engulfed the world from 1914 to 1918 did not only have Europe as its epicenter. Due to allied colonies and territories, the war was fought on all continents where any of them had established a presence. Across the African continent, recruits were hastily trained and deployed as porters and fighters, resulting in the deaths of many in a war whose purpose and plan they never understood. The war's impact was especially disruptive to mission agencies that were accused of harboring German sympathies, on account of which mission historiographers now argue that the war's consequences extended beyond enforcing military dominance over peers. Far from only involving the allied powers fighting against Germany in Europe, the war had considerable impact on the nature of Christian mission organizations around the world. Whereas the war did embolden the resolve of Africans to assume positions of authority and to offer church and pastoral leadership, this paper contends that African catechists and helpers who were trained at Fourah Bay College rendered self-denying service that was essential in the preservation of the infant church in Africa. 1 Consequently, the scope of this paper is fourfold: First, it examines Governor Charles MacCarthy’s creation of the Recaptive villages along the Freetown Peninsula and hinterland prefectures. Second, it analyzes the role of Fourah Bay College in educating liberated Africans to prepare them to assume positions of leadership. Third, it discusses the implementation of the native pastorate. And fourth, it considers the ramifications of the adoption of the native pastorate on missions in West Africa. GOVERNOR CHARLES MACCARTHY AND THE RECAPTIVE VILLAGES Sierra Leone’s modern history arose from the activities of Evangelical British anti-slave trade abolitionists, who vigorously fought to end Britain’s involvement in the infamous slave industry. Having presided over the case brought before the English courts by these resolute Evangelical British abolitionists, Lord Mansfield 1

Cf. Groves, Charles Pelham: The Planting of Christianity in Africa, London 1948, p. 19.

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delivered a ruling that not only absolved James Somerset of the prospect of being recaptured by Charles Stewart (his owner, a wealthy Boston customs official) and sent back to the laborious conditions of the plantations, but that would result in the outlawing of slavery in English law. The immediate consequence of this November 26, 1771, ruling was that it created a new social problem for London. Soon, scores of poor black men and women would escape the ravenous claws of slavery and head to London in search of liberation. To relieve London of the growing plight of poor black slaves, a new settlement was to be established in tropical Africa, where they would be resettled and encouraged to use the land profitably. In 1787, the choice was made that freed black slaves were to be resettled in a region nestled along the picturesque and leonine mountainous peninsula overlooking the Atlantic ocean in West Africa. It was from this idyllic scenery that the country eventually got its modern name, Sierra Leone. 2 British naturalist Henry Smeathman, who had conducted a four-year entomological study of the Freetown Peninsula, had used the colony’s lush vegetation and suitable topography to argue that it could be turned into a profitable experiment where various plantation agricultures might be established. In his reasoned rationale before the British parliamentary committee, Smeathman argued that if used properly, Freetown could support the development of a self-governed and prosperous nation-state. 3 His magnanimous oratory, supported by sound entomological evidence obtained from the field, convinced the parliamentary committee that Sierra Leone would indeed be the most ideal destination in tropical Africa to resettle freed slaves. This decision paved the way for putting Sierra Leone into contact with Christianity and led to its pivotal role in the early diffusion of the faith across West Africa. 4 Considered the first Protestant mission field in tropical Africa, 5 the Province of Freedom was chosen to resettle freed black slaves after the enterprise of slavery was disbanded. 6 Renamed Freetown, the province became a major hub for missionary, educational, and economic activity across British-controlled West Africa.

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Cf. Land, Isaac/Schocket, Andrew M.: New Approaches to the Founding of the Sierra Leone Colony, 1786–1806, in: Journal of Colonialism and Colonial Studie, no. 3, Baltimore 2008, DOI: 10.1353/cch.0.0021. Cf. Douglas, Starr: The Making of Scientific Knowledge in an Age of Slavery. Henry Smeathman, Sierra Leone and Natural History, in: Journal of Colonialism and Colonial History, no. 3, Baltimore 2008, DOI: 10.1353/cch.0.0029. Cf. Hanciles, Jehu J.: Euthanasia of a Mission. African Church Autonomy in a Colonial Context, Westport/London 2002; Olson, Gilbert W.: Church Growth in Sierra Leone. A Study of Church Growth in Africa’s Oldest Protestant Mission Field, Grand Rapids 1969; Shyllon, Leslie E. T.: Two Centuries of Christianity in an African Province of Freedom A Case Study of European Influence and Culture in Church Development, Freetown 2008; Sanneh, Lamin: West African Christianity. The Religious Impact, London 1983; idem: Abolitionists Abroad. American Blacks and the Making of Modern West Africa, Cambridge, MA/London 1999. Cf. Olson, Gilbert W.: Church Growth in Sierra Leone…, op. cit., p. 15. Cf. Sanneh, Lamin: Abolitionists Abroad…, op. cit., p. 41.

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Members of the Clapham Sect 7 (the core group of Evangelical British parliamentarians and abolitionists whose hatred for slavery led to the founding of Sierra Leone) envisaged the Province of Freedom as a Christian experiment where freed slaves would productively use the land for agriculture and eventually seek selfdetermination. 8 It was to Freetown that four groups of repatriated Africans – the Black Poor, Nova Scotians, Maroons, and Recaptives – were resettled, given university training at Fourah Bay College, and eventually dispersed to work as church men, school masters, and civil servants in the newly founded British colonies in West Africa. 9 At the heart of the resettlement project was the pioneering ingenuity of Irishborn Brigadier General Charles MacCarthy, who governed Sierra Leone from 1814 to 1824. Having served with the French, Dutch, and British armies, Governor MacCarthy was reassigned to Sierra Leone after the transfer of Senegal to France at the Treaty of Paris. It was this treaty that ended the Napoleonic wars and paved the way for expanded collaboration between Great Britain and France in Africa. With the disbanding of slavery, impounded slave ships were rerouted to Freetown, where arrested captains were tried and their cargo auctioned off. Proceeds from the sales were shared between the allied powers who controlled the West African seas. 10 Soon there was an increase in the population of liberated Africans, but a corresponding decrease in available livable space and the financial resources to cater for their diversified needs. 11 In Governor MacCarthy’s estimation, the Recaptive villages would not only decongest the tiny strip of land on which Freetown sits, but would further open the hinterland to British rule along the peninsula. It was also seen as a financially feasible way to manage the growing socioeconomic crises the province was experiencing due to its swelling population. 12 7

The Clapham Sect comprised a group of Evangelicals who worked for a variety of religious and philanthropic projects, including “the desire to convert the heathens, promoting civilization and Christianity in Africa.” The most prominent members of this group included John Venn (son of Henry Venn), William Wilberforce, Henry Thornton, Charles Grant, James Stephen, Zachary Macauley, Lord Teighmouth, and Granville Sharp. Stock, Eugene: The History of the Church Missionary Society. Its Environment, Its Men and Its Work, vol. 1, London 1899, pp. 41–42; Latourette, Kenneth Scott: A History of Christianity. Reformation to the Present, vol. 2, revised edition, London 1975, p. 1031; Shyllon, Leslie E. T.: Two Centuries…, op. cit., pp. 11–12. 8 Cf. Shyllon, Leslie E. T.: Two Centuries…, op. cit., p. 11; Sanneh, Lamin: Abolitionists Abroad…, op. cit., p. 41. 9 Cf. Sanneh, Lamin: Abolitionists Abroad…, op. cit., pp. 41–42; Olson, Gilbert W.: Church Growth in Sierra Leone..., op. cit., p. 67; Walls, Andrew: The Missionary Movement in Christian History, Maryknoll 1996, pp. 103–104; Sanneh, Lamin: West African Christianity…, op. cit., p. 71; Hanciles, Jehu J.: Euthanasia of a Mission…, op. cit., p. 7. 10 Cf. Scanlan, Padraic X.: The Colonial Rebirth of British Anti-Slavery. The Liberated African Villages of Sierra Leone, 1815–1824, in: American Historical Review, no. 4, Oxford 2016, p. 1088. 11 Cf. Royal Gazette and Sierra Leone Advertiser (Freetown), August 10, 1822. 12 Cf. Scanlan, Padraic X.: The Colonial Rebirth…, op. cit., p. 1095; Royal Gazette and Sierra Leone Advertiser (Freetown), April 4, 1818.

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To ensure the success of the system, the British colonial government entered into contractual agreements with the Church Missionary Society (CMS), agreements in which the latter provided missionaries who were paid a salary from the colony’s public purse. The missionaries were to serve as preachers, school masters, administrators of village civil registers, and supervisors of agricultural work under the tutelage of the Liberated African Department’s chief superintendent. 13 Governor MacCarthy’s proposal received parliamentary assent and resulted in the creation of fifteen villages where the newly arrived liberated slaves were resettled. 14 Regent village, which was under the clerical superintendence of the German-born CMS missionary Reverend William A. B. Johnson, became the most successful village. 15 It was at Regent village that missionary labors provided education and technologies that transformed liberated former pagan slaves “into assemblies of earnest converts.” 16 It should be mentioned that although the Recaptive village system was initially meant to relieve Freetown of its growing population menace, the project itself ended up achieving much more than was initially anticipated, as it succeeded in resettling about 8,000 liberated slaves. For this reason, the village system succeeded in introducing a regime of surveillance with which Great Britain tracked down the movement and location of freed slaves along the Freetown colony. The village system helped to solidify colonial borders, which were extended to those in the hinterlands and protectorate areas of modern-day Sierra Leone. Furthermore, by establishing a mechanism that stimulated economic growth, the village system was able to broaden the use of monetary currency that enabled freed slaves to purchase goods and other commercial services in a manner commensurate to the economics of Europe. To this may be added the fact that the village system made possible the distribution of labor across the Freetown colony. 17 Thus, it could be argued that the CMS, by its expressed willingness to work with the British government in the establishment of the Recaptive villages, demonstrated how Europe skillfully utilized Christianity, education, and commerce to cement its imperialistic hold on tropical Africa for years to come.

13 Cf. Ryan, Maeve: A Most Promising Field for Future Usefulness. The Church Missionary Society and the Liberated Africans of Sierra Leone, in: Mullingan, William/Bric, Maurice (eds.): A Global History of Anti-Slavery Politics in the Nineteenth Century, Basingstoke 2013, pp. 37–58. 14 The Recaptive villages that were created under this system were: Regent, Kissy, Gloucester, Waterloo, Wilberforce, Leopold, Charlotte, Bathurst, Wellington, York, Kent, and Hastings. See Scanlan, Padraic X.: The Colonial Rebirth…, op. cit., p. 1089. 15 Cf. Walker, Samuel Abraham: The Church of England Mission in Sierra Leone, London 1847, p. 83; Pierson, Arthur T.: Seven Years in Sierra Leone. The Story of the Work of William A. B. Johnson, London 1897. 16 Hanciles, Jehu J.: Anatomy of an Experiment. The Sierra Leone Native Pastorate, in: Missiology. An International Review, no. 1, London 2001, p. 6. 17 Scanlan, Padraic X.: The Colonial Rebirth…, op. cit., pp. 1097–1099.

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FOURAH BAY COLLEGE Governor MacCarthy’s creation of the Recaptive villages along the Freetown peninsula drew attention to the need to deliver primary and secondary education (as well as Christianity) to descendants of the liberated Africans. Having supported the efforts to resettle liberated black slaves in the newly created Recaptive villages, the CMS felt that a higher educational institution patterned after the English grammar school model would help both the returned and recaptured slaves receive western education that could complete the process of self-development initiated at the boys’ and girls’ schools. Consequently, Fourah Bay College was founded in 1827 to train clergy, evangelists, and catechists, as well as laity who served as school masters and civil servants. The curriculum was later reviewed to include programs that offered vocational training skills for freed black slaves, some of whom were recruited as civil servants in the British colonies across West Africa. 18 With the Province of Freedom coming under the complete colonial hegemony of Great Britain, and following the establishment of Fourah Bay College (where training opportunities were provided for the emerging black African workforce), the colony began to show signs of progress. The liberated Africans who had been resettled in the Recaptive villages excelled in education and went on to become the single most important factor to impact the nature of early African Christianity. 19 The Rt. Reverend Dr. Samuel Adjai Crowther was the most influential church man and the first black bishop of the CMS, who, after receiving training at Fourah Bay College, went on to lead a successful career in the CMS Niger mission. 20 The fact that within the space of a short time, Crowther had not only shown exceptional academic brilliance in New Testament Greek and other canonical languages, but had indeed progressed from being a liberated pagan slave boy to becoming a bishop, was enough proof of what could be achieved when the Gospel and education coalesced with each other in the service of the African missions. 21 By producing men (as well as women) 22 of his pedigree and stature, Fourah Bay College was pivotal in helping Great Britain solidify its grip over the education offered to the emerging African elite in much of West Africa. Sierra Leone went on to acquire the epithet “Athens of West Africa,” in recognition of its university education and the highly acclaimed tradition of western intellectualism for which Fourah Bay College had become famous. Thus, not only did Freetown provide education to liberated Africans who had been forcibly captured 18 Cf. Garlick, Phyllis L.: With the CMS in West Africa, London 1935, pp. 16–17. 19 Cf. Mwauwa, Apollos O.: Imperialism, Academy and Nationalism. Britain and University Education for Africans, 1860–1960, London 1997; Foray, Cyril P.: An Outline of Fourah Bay College, 1827–1977, Freetown 1979; Parack, Daniel J.: The Athens of West Africa. A History of International Education at Fourah Bay College, Sierra Leone, New York 2003. 20 Cf. Garlick, Phyllis L.: With the CMS in West Africa, London 1935, pp. 6–12. 21 See for instance Page, Jesse/Crowther, Samuel: The Slave Boy Who Became Bishop of the Niger, London 1889; Awoonor-Gordon, Arnold/Winston Forde, Adjai: The African Slave Boy who became a Bishop. A Personal Mémoir, United Kingdom 2017. 22 Cf. Garlick, Phyllis L.: With the CMS in West Africa…, op. cit., pp. 16–18.

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and bound for a life of slavery, but the province accorded them the opportunity to acquire western civilization and achieve personal growth. THE NATIVE PASTORATE Even though the Recaptive villages were designed with the intension of facilitating political pragmatism to relieve Freetown of its growing demographic dystopia, the village project was to prove more useful to the needs of the missionary vocation in tropical Africa than to the aspirations of the British colonialists. Here, the geographic dispersal of liberated African slaves provided new locations for the establishment of village churches, which were then incorporated as parishes into the Sierra Leone native church. According to the agreement, each village was to be overseen by a chief superintendent appointed by the Liberated African Department in London, with the day-to-day management of villages bequeathed to the resident CMS missionary. 23 Even if Governor MacCarthy’s intentions were never congruent with those of the CMS, nor convergent with the religious interests espoused by early Anglicanism, his love for weekly Recaptive churchgoing, for the celebration of festivals, for parish-level collections, and for the maintenance of vital statistics would prove quintessential for the establishment of the native pastorate. Having presided over and witnessed the initial success of the village system, Governor MacCarthy proposed that the peninsula villages be divided into parishes where a clergyman was to be settled. 24 Thus, with churches in each village now constituted into parishes, the framework was set for the future implementation of the native pastorate by the CMS in Sierra Leone. While Henry Venn could be credited for bringing to prominence the concept of “the settlement of a native church, under native pastors, upon a self-supporting system,” at which point the euthanasia of a mission would occur, 25 the fact that there was already an acute scarcity of funds to support the society’s expanding mission activities meant that it was only a matter of time before the mission stations gained full independence. Besides those factors, the unavailability of English men who were willing to serve long periods overseas as missionaries, the mounting pastoral responsibilities, and the high mortality rate among the few who dared to serve in the mission field ensured that Sierra Leone naturally emerged as a testing ground for Venn’s thesis. Given these factors, commentators like Jehu Hanciles have argued that “self-preservation rather than altruism … was the impulse which gave birth to it.” These challenges took a heavy toll on the society’s operation – so much so that in 1841, the society had to take drastic actions which

23 Cf. Scanlan, Padraic X.: The Colonial Rebirth…, op. cit., p. 1089. 24 Cf. Birks, Thomas Rawson (ed.): Memoir of the Rev. Edward Bickersteth, Late Rector of Watton, Herts, vol. 1, New York 1851, pp. 223–224, pp. 250–251. 25 Venn, Henry: Minute on the Employment and Ordination of Native Teachers, First Paper, CMS, G/AZ1/1, no. 71.

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streamlined several missions. 26 Be that as it may, the excellent among the liberated African slaves – who, after receiving basic education in the village schools went on to Fourah Bay College where their educational caprices were further embellished – were better positioned to assume leadership roles in the churches. Nevertheless, by this time everyone at CMS headquarters in London had already formed their opinions about the prospect of a native pastorate overseas. This was further aided by the fact that Venn had tendered his resignation as a local church pastor to devote more time to the work of the CMS as its secretary. In this new assignment, Venn demonstrated astute exuberance that combined the unique gifts of administration and statesmanship. 27 The native pastorate itself had two schemes that stimulated indigenous leadership and served as its precursory motivation. The first was the establishment of an auxiliary CMS which encouraged local support for missions and provided financial, personnel, and property contributions to its work, which had already gained momentum. The second was the fact that the native pastorate itself spurred the notion of an African self-reliance which would ripen and result in the “euthanasia of a mission.” 28 Venn’s conception of the native pastorate was to include what became known as the “three-self” concept: (i) self-support, (ii) self-propagation, and (iii) selfgovernment. However, the success of Venn’s model hinged upon three principles: (i) The raising and training of native pastors. This was the most crucial because, at that time, Fourah Bay College had already acquired an impeccable reputation as the most advanced tertiary educational institution in West Africa, with a highly developed curriculum for pastoral training. (ii) European supervision was to be gradually phased out until local leadership assumed full responsibility for their churches. And (iii) this was to culminate in the growth of self-reliant native congregations able to raise local support for pastoral ministry. 29 Having overseen the careful implementation of these strategies, the stage was set for the devolution of control to a native pastorate. On All Saints’ Day of 1861, the CMS (having satisfied itself that the conditions had been met for which the devolution of ecclesiastical control to well-trained native pastors could occur) handed over nine parishes to the native church in Sierra Leone. 30 Euphoria soon gave way to despair; the first ten years were beset by financial problems, racial tensions, and episcopal absenteeism. Progress was only garnered after nationalistic sentiments were fuelled across West Africa. 31 But the fact that the native pastorate was indeed implemented by the CMS at all – which resulted in the creation of the Anglican Church in Sierra Leone – did not render the project immunity to problems. The poorly paid status and training of native pastors and the reluctance of European missionaries (who, it has to be 26 27 28 29 30

Cf. Hanciles, Jehu J.: Anatomy of an Experiment…, op. cit., pp. 63–64, 67. Cf. Shenk, Wilbert R.: Henry Venn: Missionary Statesman, Maryknoll, NY 1983, pp. 16–66. Sanneh, Lamin: West African Christianity…., op. cit., pp. 63–68. Cf. Hanciles, Jehu J.: Anatomy of an Experiment…, op. cit., p. 68. Cf. Sanneh, Lamin: Translating the Message. The Missionary Impact on Culture, New York 2009, p. 163. 31 Cf. Hanciles, Jehu J.: Anatomy of an Experiment…, op. cit., p. 66.

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argued, had relatively minimal education) to completely relinquish power to their native colleagues have been mentioned as some of the factors that challenged the native pastorate. Consequently, Johannes Verkuyl questions the native pastorate’s ecclesiocentric bias, arguing that its distinguishing feature, the three-self formula, lacks sufficient grounding in the New Testament. By proposing that the concept “could be exploited to justify a dismantling and severing of existing relations between churches,” Verkuyl urges a more guarded appraisal of the precise motives that were served by the establishment of the native pastorate. 32 Another commentator, Stephen Neil, having described the native pastorate as a “premature and illconsidered” endeavor, adds: “… the complete withdrawal of the missionaries from participating in the affairs of the pastorate inflicted on the church a paralysis from which a whole century did not avail to deliver it.” 33 In spite of these telling criticisms, Venn’s optimism about the potential impact of the native pastorate was inspired by the significant missionary impact that had been achieved in Sierra Leone, the society’s oldest and most developed mission field. A little over thirty years after it had been established (from 1860 to 1890) the Sierra Leone native pastorate had transformed the nature of local church support in the Recaptive villages, as well as further afield in West Africa where the Fourah Bay College–trained African clergy were offering a wide array of pastoral and ecclesiastical services to the African church. 34 On this basis, and given its long experience in dealing with the dwindling of missionary personnel and financial resources, the Sierra Leone church’s native pastorate model was better placed to deal with the unintended repercussions of the war. IMPLICATIONS OF THE NATIVE PASTORATE ON MISSIONS IN WEST AFRICA It is no understatement to argue that the First World War unshackled Africa’s political destiny as it had been crafted in Berlin between 1884 and 1885. It has not escaped my notice that because this was a military conflict involving allied bickering over German colonies in Africa, it seriously obstructed Christian missionary activity in Africa. Certainly, while this was to be expected, suffice it to be noted that the war nonetheless facilitated a process that encouraged the devolution of church control to native Africans who had faithfully served alongside their missionary supervisors. As far as the African church was concerned, the push for church autonomy was a natural byproduct of the growing aspiration for political independence that was sweeping across Africa. 35 However, for the purpose of advancing African ecclesiastical historiography, two interrelated factors will be 32 Cf. Verkuyl, Johannes: Contemporary Missiology. An Introduction, Grand Rapids 1978, pp. 187–188. 33 Neil, Stephen: A History of Christian Missions, Harmondsworth 1986, p. 166, p. 221. 34 Cf. Hanciles, Jehu J.: Anatomy of an Experiment…, op. cit., p. 76. 35 Cf. ibidem, pp. 66–67.

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explored here: (i) the curtailment of all German missionary activities and the forceful impounding of their mission stations across Africa, and (ii) the drastic change which saw a major shift in public opinion from approval to outright loathing of the war itself. The final section reflects upon how these integral complexities hampered Christian missions in the West African sub-region. First, when the war commenced, it immediately became clear that it was only a matter of time before Africa (which had only recently been partitioned in Berlin) would be embroiled in what seemed to Africans an incomprehensible European conflict. Africa was taken aback by the fact that the very powers who recently partitioned it were suddenly at war with one another. The bewilderment was justified; the spillover effect of the European feuds would directly affect the German colonies in the region. 36 Togo, which prior to the war had been a German colony sandwiched by French Dahomey (now Benin) and British Gold Coast (now Ghana), was the epicenter and theater where allied military rancor was most noted in the West African sub-region. 37 Although Britain had initially projected a tolerant attitude toward German missionaries, as the war raged on their approach fundamentally changed. Between 1916 and 1917, Breman and Basil missionaries were deported from Togo on the accusation that they were exhibiting political sympathies that were intrusive to their missionary vocation. German missionary agencies operating in Togo (as well as those in Cameroon) were ordered closed and transferred to British hegemony.38 Groves’s assessment of the deleterious situation makes for somber reading: It was indeed a major injury to the Christian cause that after a single generation’s work in their own four colonies, missionaries from the land of Luther – for it was mainly Protestant missions that were concerned – should be abruptly cut off and their work left orphaned. 39

That this was the reality into which Christian missions had been thrust in West Africa supports the thesis that the rippling effects of the war extended beyond the political configuration foisted upon the African continent by the legacy of colonialism (in addition to the unresolved vestiges of Africa’s partition in Berlin). Having forced German missionaries out of the Togolese mission field, the task of rebranding the mission stations and churches was bequeathed to Africans, albeit grudgingly. In Sierra Leone, it was the CMS’s policy of a native pastorate – implemented between 1860 and 1890 – that went on to actually save the day when foreign missionaries were withdrawn from the field. The deployment of native African pastors (those who had been selected from among the Recaptives to receive training at Fourah Bay College in Freetown) to colonies of the British empire in West Africa provided the path to a truly indigenous church. The Recaptives (who eventually became the Krio people) not only represented the concentrated potential of Africa’s primary population resource – they also went on to be the single most 36 Cf. Hastings, Adrian: The Church in Africa, 1450–1950, Oxford 1994, p. 487. 37 Cf. Agbeti, Kofi: West African Church History. Christian Missions and Church Foundations, 1482–1919, Leiden 1986, p. 156. 38 Cf. Groves, Charles Pelham: The Planting of Christianity…, op. cit., p. 12. 39 Ibidem, p. 17.

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important factor to impact the texture of West African Christianity. After their liberation, many former slaves returned to their home countries after acquiring higher degrees at Fourah Bay College, which by now was affiliated with Durham University. From Crowther’s Niger mission to Hughes’s Gambia mission, native Sierra Leonean priests were at the helm of the missionary vocation in the West African field. 40 After being “relieved of the burden of bondage, the Re-captives were now to bear the new burden of Christian responsibility towards the rest of the continent.” 41 To this illustrious missionary enterprise they slowly entered, some as priests, others as school masters, catechists, and civil servants. Second, public opinion about the war saw a steady gravitation away from guarded approval to utter abhorrence, as Africans were unable to sensibly comprehend the precise motives of their European colonizers. The emerging African elite who had been trained in the tradition of European intellectual scholasticism at Fourah Bay College used the press to vent their revulsion at the war. This shift in public opinion was most vociferous after the allied powers began to adopt notions of divine providence, which they argued gave them the prerogative to justify their involvement in the war. For instance, in his speech to soldiers who were proceeding to the war front, the German kaiser is reported to have said: “Remember that the German people are the chosen people of God. On me, on me as German Emperor the spirit of God has descended. I am his weapon, his sword and his wizard. Woe to the disobedient! Death to the unbelievers!” 42 Of course, even though such sentiments were meant to arouse German sensibilities and inspire resilience in the soldiers heading out to war, they were quickly rebuffed. The lethal force of German military might had resulted in wanton tragedy upon humanity. The same commentator who reported the kaiser’s homily to his soldiers was subsequently compelled to proffer a rejoinder against the German argument for the war. The author writes: Well, Sir this staggers me … It is too repugnant and revolting to reason to imagine that a just and loving God can choose as his people a nation whose sole aim and determination is to conquer the world, not with the primary view of uplifting it and to further the progress of the human race, but mainly for the purpose of gratifying their own avariciousness, subjugating those in high places and to trample on the weak and feeble without any restraint. Can a nation who have violated solemn treaties calculated to ensure and endorse peace in the political economy of nations, without any manifest desire to set up a better system of things, be the chosen people of God? No. They are much rather the chosen people of the devil. 43

But anger against Germany soon gave way to a general sense of apathy, born as it were from the supposed thinness of European Christianity. African Christians marveled at what seemed to be an incessantly incapable European Christendom, which, in the face of tyranny, failed to offer an alternative moral compass that would have prevented the colossal human tragedy brought about by the war. In its 40 41 42 43

Cf. Agbeti, Kofi: West African Church History…, op. cit., pp. 31–45. Sanneh, Lamin: West African Christianity…, op. cit., p. 73. Sierra Leone Weekly News, 31 October 1914. Ibidem.

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June 17, 1916, edition (published two years after issuing a scathing criticism against the German kaiser) the Sierra Leone Weekly News sought to reawaken European Christian sensibilities when it observed: The European War is still the greatest wonder of the world. It is still the greatest evidence afforded of the exceeding thinness of the Christianity of European Christendom in the twentieth century. Whatever may be said …, it will certainly stand for long as witness against European Christianity in the twentieth century. 44

Thus, the war did not only obstruct Christian missions in West Africa, it also gave Africans much-needed moral fortitude in the face of intense human suffering to criticize Europe’s claim to superiority amidst the thinness and obfuscating ironies of European Christianity. Further, as support for missionary expeditions waned, African catechists began to assume prominent leadership roles in the mission of the churches they had labored to found and were by this time financially supporting as well. 45 CONCLUSION In spite of its shortcomings, the native pastorate thrived in Sierra Leone. This was because the project found a natural ally in the hinterland networks and peninsula clusters of Recaptive villages, where the newly created parishes had become confident of their ability to provide support in the form of financial, material, and personnel resources, crucial to the realization of the three-self formula. The project was further aided by the excellent training that had been delivered to liberated African slaves at Fourah Bay College. The introduction of the native pastorate provided a solid impetus upon which the devolution of church control to native African clergy gathered pace after the war. Consequently, the CMS’s native pastorate led to the birth of the Anglican Church in Sierra Leone as an independent denomination that survived the initial uncertainties of its founding. Today, this denomination has celebrated over a century of immaculate indigenous African Christian leadership, context-sensitive theologizing, and a vibrant commitment to missions. Thus, a realignment of Christian missions, predicated as it were on the war, could be said to have occurred in the West African sub-region.

44 Sierra Leone Weekly News, 17 June 1916. 45 Cf. Agbeti, Kofi: West African Church History…, op. cit., pp. 31–45.

POLITISCHE UND RELIGIÖSE VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE DYNAMISIERUNG DER EMANZIPATIONSBESTREIBUNGEN AFRIKANISCHER UNABHÄNGIGER KIRCHEN IN SÜDAFRIKA NACH DEM ERSTEN WELTKRIEG Ulrich van der Heyden Gemeinhin ist bekannt und es wurde zudem in den letzten Jahren durch eine Reihe von hervorragenden wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt, dass aufgrund der Ereignisse des Ersten Weltkrieges sich viele afrikanische Gemeinden in den verschiedensten Regionen in Afrika südlich der Sahara von den europäischen Missionskirchen zunehmend emanzipierten. 1 Der europäische – in dem Fall, der in diesen Ausführungen im Mittelpunkt steht, der deutsche – Missionar war nunmehr in der Regel nicht mehr vor Ort. Die durch den Krieg der europäischen Mächte entstandene Situation gebot den afrikanischen Christen, die Leitung ihrer Gemeinden selbst in die Hände zu nehmen und ihren Glauben ohne die inspirierende Hand des europäischen „Moruti“, in Südafrika bei den Northern Sotho die Bezeichnung für „Lehrer“ bzw. „Missionar“, zu leben. Die gesamte Organisation des christlichen Lebens musste, insbesondere wenn die Missionsstationen nicht von nicht-deutschen Missionsgesellschaften übernommen wurden, auf den betreffenden Missionsstationen neu gestaltet werden, was zu mehr oder minder ausgeprägten zukunftsweisenden emanzipatorischen Inspirationen in den christlichen Gemeinden führte. Eine solche historische Entwicklung lässt sich wohl besonders eindrucksvoll in den ehemaligen deutschen Kolonialgebieten beobachten, denn die deutschen protestantischen Missionare, die in diesen Ausführungen im Mittelpunkt stehen sollen, mussten bekanntlich aufgrund des Kriegsausbruchs im Jahre 1914 ihre Missionsfelder in Afrika vollzählig verlassen oder wurden interniert, da vor allem Frankreich und Großbritannien, die Hauptkonkurrenten des deutschen Kaiserreichs in Europa, dessen Kolonien besetzten. Der plötzliche kollektive Verlust der deutschen Missionare für die afrikanischen Gemeinden in diesem Ausmaß war eine Besonderheit in der Missionsgeschichte in Afrika und inspirierte die Selbstständigkeitsbestrebungen einheimischer Christen, wenngleich lediglich 6,7 Pro1

Vgl. beispielsweise Ludwig, Frieder: Der Erste Weltkrieg als Einschnitt in die Kirchen- und Missionsgeschichte (=Berliner Beiträge zur Missionsgeschichte, Nr. 6), Berlin 2003; Kpughe, Lang Michael: World War One in Africa. Implications on Christian Missions, in: Contemporary Journal of African Studies, Nr. 2, London 2017, S. 37–65; Pierard, Richard V.: Shaking the Foundations. World War I, the Western Allies, and German Protestant Missions, in: International Bulletin of Missionary Research, Nr. 1, Grant Rapids 1998, S. 13–19.

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zent des gesamten europäischen Evangelisierungsunternehmens auf dem afrikanischen Kontinent deutsche Missionare ausmachten. 2 In den direkten Kämpfen des Ersten Weltkrieges sowie seiner Auswirkungen waren die afrikanischen Bevölkerungen stärker involviert, als gemeinhin lange Zeit angenommen worden ist. Afrika selbst war bis auf Deutsch-Ostafrika kein Kriegsschauplatz. Weitgehend unberücksichtigt blieb jedoch bislang in der Afrika- wie in der Militärgeschichts- oder Missionsgeschichtsschreibung die in ihren Zielen antikolonial ausgerichteten Aktionen und Kämpfe der Afrikaner, die es oftmals verstanden, die militärischen Konflikte ihrer europäischen Kolonialherren für ihre eigenen Ziele auszunutzen. 3 Ebenso wenig bekannt ist die Tatsache, dass eine große Anzahl von aus den Kolonien stammenden Soldaten auf den europäischen Kriegsschauplätzen verheizt wurde. Man geht davon aus, dass allein bei der Schlacht an der Marne auf französischer Seite mehr als 450.000 indigene Soldaten aus den Kolonien kämpften: 150.000 aus Algerien, 140.00 aus Westafrika, 45.000 aus Indochina, 40.000 aus Tunesien, 35.000 Madagassen und 15.000 Marokkaner.4 Insgesamt kamen während des Ersten Weltkrieges etwa eine Million Soldaten allein aus Afrika zum Einsatz.5 WAS HABEN DIE KÄMPFE DES ERSTEN WELTKRIEGS DEN AFRIKANERN GEBRACHT? In der deutschen Kolonie Ostafrika, also in Nachbarschaft der damaligen Südafrikanischen Union, war die afrikanische Zivilbevölkerung die größte Gruppierung von den durch die Kampfhandlungen Betroffenen. Die Afrikaner brachten hier die meisten Opfer im Verlauf des Krieges der europäischen Kolonialmächte; sie wurden zudem von marodierenden Deserteuren und warlords im Dienste der einen oder anderen Kriegspartei drangsaliert. Vor allem deutsche und belgische Truppen machten sich unzähliger Kriegsverbrechen schuldig. Man geht davon aus, dass insgesamt mehr als hunderttausend Afrikaner durch Kampfeinsätze und an den Kriegsfolgen in Ostafrika starben, viele bei Unfällen als Träger für europäische Truppenverbände und durch Erschöpfung umkamen. Jedoch auch Tod durch Epi2

3 4 5

Vgl. Pierard, Richard: World War I, the Western Allies, and German Protestant Missions, in: van der Heyden, Ulrich/Liebau, Heike (Hrsg.): Missionsgeschichte, Kirchengeschichte, Weltgeschichte. Christliche Missionen im Kontext nationaler Entwicklungen in Afrika, Asien und Ozeanien, Stuttgart 1996, S. 361–372, hier S. 361. Vgl. hierzu die erste deutschsprachige Untersuchung von Braukämper, Ulrich: Afrika 1914– 1918. Antikolonialer Widerstand jenseits der Weltkriegsfronten, Berlin 2015. Rössel, Karl: Der Erste Weltkrieg und Kolonialsoldaten, in: iz3w. Informationszentrum 3. Welt, Nr. 340 und 341, Bielefeld 2014, Teil 1: S. 12–15; Teil 2: S. 15–19, hier Teil 1, S. 13. Recherche International e. V./Rheinisches JournalistInnenbüro: „Unsere Opfer zählen nicht“. Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg, Hamburg/Berlin, S. 30. Allgemein zu der Thematik vgl. auch Gleeson, Jan: The Unknown Force. Black, Indian and Coloured Soldiers through two World Wars, Rivonia 1994; Höpp, Gerhard/Reinwald, Brigitte (Hrsg.): Fremdeinsätze. Afrikaner und Asiaten in europäischen Kriegen 1914–1945, Berlin 2000.

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demien und Hungersnöten dezimierte noch nach Beendigung der Kampfhandlungen die afrikanische Bevölkerung.6 Neben der direkt erlebten Gewalt während des Kriegsverlaufs und dem Umgang mit Hunger, Zwangsarbeit, Krankheit, Beschlagnahmung der Ernten und des Viehs, Vertreibung und vor allem Rekrutierung in europäische Armeeeinheiten sowie den Zwangsanbau von als kriegswichtig angesehenen Agrargütern kam für die christlichen Gemeinden die Orientierungslosigkeit durch den Verlust der Missionare aus dem Norden, die soweit deutsche Staatsbürger, interniert oder ausgewiesen wurden, als Notfall hinzu. Denn gerade die Kirchen bzw. die Missionare galten bislang für nicht wenige Afrikaner als moralische Stützen in einer ohnehin in sich zusammenbrechenden traditionellen Welt. Die durch den Krieg in Gang gesetzten oder nunmehr verstärkten Prozesse innerhalb der christlichen Gemeinden im heutigen Tanzania bestimmen zwar deren Erinnerungskulturen, jedoch sind diese in Deutschland und selbst in der Wissenschaft kaum bekannt. Nicht nur in Deutschland stehen die Erinnerungen an die selbstbestimmten Entwicklungen auf den missionarischen Arbeitsfeldern im damaligen Deutsch-Ostafrika hinter der Erinnerung an die oftmals verklärten Kriegsgeschehen. Die Kämpfe der deutschen Schutztruppe und ihres Befehlshabers General Paul von Lettow-Vorbeck, 7 der sich lange den Truppen der Alliierten widersetzte, 8 wurden geradezu glorifiziert. INTERAKTIONEN BZW. KOINZIDENZ? Im Folgenden wird sich auf das Beispiel Südafrika konzentriert, wo trotz aller regionaler Besonderheiten vergleichbare Prozesse wie in den deutschen Kolonien, insbesondere in Deutsch-Ostafrika in der Missionsgeschichte zu beobachten sind. In beiden Regionen stellt sich nämlich die Frage, wie es möglich gewesen war, dass so schnell afrikanische Christen die Funktionen ihrer „Lehrer“ übernehmen konnten, als diese relativ abrupt nicht mehr zur Verfügung standen. Sicherlich gab es sogenannte Nationalhelfer oder Nationalarbeiter und sogar erste afrikanische Pfarrer, die zuweilen seit Jahren das Leben auf den Missionsstationen mitgestaltet

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Vgl. Pesek, Michael: Der preußische Leichentuchschneider, in: Südlink. Das Nord-SüdMagazin von INKOTA, Nr. 168, Berlin 2014, S. 28–29. Vgl. Michels, Eckard: „Der Held von Deutsch-Ostafrika“ – Paul von Lettow-Vorbeck. Ein preußischer Kolonialoffizier, Paderborn et al. 2008. Mit der Mystifizierung besonders befassend vgl. Schulte-Varendorff, Uwe: Kolonialheld für Kaiser und Führer. General LettowVorbeck. Mythos und Wirklichkeit, Berlin 2006; Zeller, Joachim: Das Ende der deutschen Kolonialgeschichte. Der Einzug Lettow-Vorbecks und seiner „Heldenschar“ in Berlin, in: van der Heyden, Ulrich/ders. (Hrsg.): Kolonialmetropole Berlin. Eine Spurensuche, Berlin 2002, S. 229–232. Vgl. Pesek, Michael: Das Ende eines Kolonialreiches. Ostafrika im Ersten Weltkrieg, Frankfurt am Main/New York 2010.

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hatten. 9 Aber wie konnten die einheimischen Gemeinden den Schritt von einer Kolonialmission hin zu einer selbstständigen afrikanischen Kirche gestalten? Das war sicherlich nicht nur eine personelle Frage. Ein bewusster Schritt hin zu einem Bestandteil der selbstständigen Kirche musste auf einen gedanklichen Vorlauf zurückgreifen. Aber waren solche Überlegungen und Erfahrungen bei den afrikanischen Christen auf den oftmals abgelegenen und für die afrikanischen Gemeindemitglieder nicht immer vernetzten Missionsstationen vorhanden? Es sei darauf hingewiesen, dass auf dem Territorium der heutigen Republik Südafrika bereits einige Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges in der Tat entsprechende Erfahrungen existierten. Hier hatten schon relativ frühzeitig kirchliche Emanzipations- und Unabhängigkeitsbestreibungen christlicher Afrikaner, 10 die zum Teil, wie in der damaligen Südafrikanischen Republik (Transvaal), welches von allen südafrikanischen Gebieten der deutschen Kolonie geografisch am nächsten lag, schon einige Male Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen gewesen sind. 11 Sie hatten die europäischen Missionsleitungen, wie die Kolonialadministration überrascht und erschreckt. Waren diese Entwicklungen in Ost- und Südafrika untereinander beeinflusst oder hat es hier lediglich zeitlich gering versetzte vergleichbare historische Entwicklungen gegeben? Oder waren andere Phänomene wie oktroyierte Ereignisse wie Kolonialkriege die entscheidenden Voraussetzungen für solche Entwicklungen? UNABHÄNGIGKEITSBESTREBUNGEN IN SÜDAFRIKA VOR DEM ERSTEN WELTKRIEG „Der Äthiopismus ist die richtige Sozialdemokratie in Südafrika.“12 Unter dieser Überschrift setzte sich der Missionar der Berliner Missionsgesellschaft Carl Prozesky Anfang des 20. Jahrhunderts mit den Anfängen der für die meisten europäi9

Vgl. Altena, Thorsten: „Ein Häuflein Christen mitten in der Heidenwelt des dunklen Erdteils. Zum Selbst- und Fremdverständnis protestantischer Missionare im kolonialen Afrika 1884– 1918, Münster/New York/München/Berlin 2003, S. 394 f. 10 Vgl. Kampfhausen, Erhard: Anfänge der kirchlichen Unabhängigkeitsbewegungen in Südafrika. Geschichte und Theologie der Äthiopischen Bewegung 1872–1912, Frankfurt am Main 1976. 11 Vgl. u. a. van der Heyden, Ulrich: Vom innerkirchlichen zum politischen Protest. Die Vorgeschichte der Bapedi-Nationalkirche im südafrikanischen Transvaal, in: Wagner, Wilfried (Hrsg.): Kolonien und Missionen. Referate des 3. Internationalen Kolonialgeschichtlichen Symposiums 1993 in Bremen, Münster/Hamburg 1994, S. 279–293; ders.: Die Entstehung der Afrikanischen Unabhängigen Kirchen in Südafrika. Ein Beispiel aus dem vormaligen Transvaal, in: Sitzungsberichte. Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, Nr. 93, Berlin 2007, S. 133–154; Schultze, Andrea: „In Gottes Namen Hütten bauen“. Kirchlicher Landbesitz in Südafrika. Die Berliner Mission und die Evangelisch-Lutherische Kirche Südafrikas zwischen 1834 und 2005, Stuttgart 2005. 12 Zitiert in Gensichen, Martin: Das Auftreten des Aethiopismus in der Kapkolonie, in: Missionsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden zu Berlin für das Jahr 1907, Berlin 1907, S. 155–162, hier S. 155.

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schen Missionare noch kaum fassbaren Phänomene der rasch an Einfluss gewinnenden Separation schwarzafrikanischer Christen von europäischen Missionsgesellschaften, die als äthiopische Bewegung in die Literatur eingegangen sind, auseinander. Da die Vertreter der äthiopischen Kirchen bereits unmittelbar nach dem sogenannten Burenkrieg von 1899 bis 1902 soziale Forderungen erhoben, wussten die Missionare keinen treffenderen Vergleich als den mit den Sozialdemokraten anzustellen, was darauf schließen lässt, welche politischen Ansichten die meisten deutschen, konservativ eingestellten Missionare um jene Zeit vertraten. Überall, so formulierte es der Missionsinspektor Theodor Bechler seiner Zeit, würden die „Äthiopier“ in Südafrika „wie Pilze aus der Erde“ schießen. 13 Ein solches Phänomen hatten die Missionare schon vor dem Ende des 19. Jahrhunderts beobachtet. Wie der erwähnte Missionar Prozesky standen auch andere Mitarbeiter europäischer Missionsgesellschaften um die Jahrhundertwende ziemlich ratlos vor der für sie völlig neuen Erscheinung einer zunehmenden Artikulation von religiöspolitischen, eng verbunden mit sozialen Forderungen im Süden Afrikas. Nachdem mit der Unterjochung der südlich des nördlichen Grenzflusses Limpopo siedelnden Venda im Jahre 1898 der militärische Widerstand der Afrikaner auf dem Territorium der heutigen Republik Südafrika gewaltsam gebrochen worden war,14 kamen neue Herausforderungen auf die Missionare zu. Denn die Formen des afrikanischen Widerstandes hatten sich gewandelt und beunruhigten die europäischen Missionsgesellschaften enorm. Selbst für die deutschen Missionare bedeutete das emanzipierte Auftreten von afrikanischen Christen in letzter Konsequenz eine Infragestellung ihrer Existenzberechtigung. Sollten die afrikanischen christlichen Gemeinden sich selbst verwalten und ihr eigenes Christsein ausleben, benötigten sie keinen europäischen Missionar mehr. Kann man zunächst noch von einer ausgesprochen religiösen Zielstellung eines passiven Protestes eines nicht unbeträchtlichen Teils der afrikanischen Christen auf dem Gebiet der heutigen Republik Südafrika seit den 1880er Jahren sprechen, hatten seine Inhalte und Formen nach einigen Jahren bereits einen ausgesprochen politisch motivierten Charakter, verknüpft mit sozialen Forderungen, angenommen. Wesentliche Voraussetzung dafür hatte der mit militärischen Mitteln ausgetragene burisch-britische Konflikt, der South African War von 1899 bis 1902, der als Burenkrieg hierzulande bekannt ist, geliefert. Der Krieg übte auf die Transformation des Charakters des schwarzafrikanischen Widerstandes eine Art Katalysatorfunktion aus.

13 Bechler, Theodor: Rasse, Volkstum und Herrnhuter Mission in Südafrika, in: Neue Allgemeine Missions-Zeitschrift, Gütersloh 1936, S. 413–420, S. 417. 14 Vgl. van der Heyden, Ulrich: Die letzten kolonialen Eroberungskriege in Südafrika. Die Unterjochung der Pedi und Venda Transvaals in den Jahren 1876 bis 1898, vornehmlich anhand deutschsprachiger Quellen, unveröffentlichte Dissertation, Berlin 1984.

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Eine solche beschleunigte Entwicklung der christlichen Selbstständigkeitsbewegungen, so eine zeitgenössische Einschätzung, ließe sich nicht mehr aufhalten15 und sei nach Beendigung des Krieges, so der Missionshistoriker Julius Richter, sogar „zur lodernden Flamme angefacht“ worden. 16 Der Missionsinspektor der Berliner Missionsgesellschaft, Karl Axenfeld, dessen besondere Aufmerksamkeit den neu entstandenen äthiopischen Kirchen galt, musste dann schon kurz nach Beendigung des Burenkrieges feststellen, den Transformationscharakter betonend: Wie er das gesamte Leben Südafrikas umgestaltet hat, so hat (der Burenkrieg – UvdH) auch der Eingeborenenbewegung eine neue, beachtenswerte, gefährliche, ja vielleicht verhängnisvolle Richtung gegeben... Durch den Krieg ist aus der ehemals kirchlichen Selbständigkeitsbewegung eine politisch-soziale geworden. 17

Die Verwunderung der europäischen Missionare über diesen Vorgang äußerte sich nicht zuletzt darin, dass für die separatistischen Bestrebungen von einem Teil ihrer eigenen Gemeinde zunächst keine einheitliche Bezeichnung gefunden werden konnte. Da es sich in Transvaal vor allem um eine selbstbestimmte Handlung von Angehörigen der ethnischen Einheit der Pedi handelte, wurde der Begriff „national“ gewählt, was sich auch in der Bezeichnung „Pedi-Nationalkirche“ ausdrückte. Mit der Bezeichnung „national“ war aber eher die Bedeutung „ethnisch“ oder „tribal“ gemeint. Später, etwa seit Ende des 19. Jahrhunderts, als es auch in anderen Regionen im Süden Afrikas zu Abspaltungen von christlichen Gemeinden oder zumindest größeren afrikanischen Gruppen von weiteren europäischen Missionskirchen kam, bürgerte sich in der Missionswissenschaft hierfür der Name „Äthiopismus“ oder „äthiopische Bewegung“ ein, wenngleich einige Wissenschaftler, gestützt auf Edgar H. Brookes, meinten, die Bezeichnung „Separatist Church Movement“ 18 sei zutreffender. Diese Schwierigkeit mit der begrifflichen Erfassung eines bislang nicht vorstellbaren Vorgangs in der Geschichte der christlichen Mission im südlichen Afrika macht nicht zuletzt deutlich, dass die europäischen Missionare diesem Phänomen eines erwachenden afrikanischen Selbstbewusstseins ebenso kritisch wie ratlos gegenüberstanden. Zwar hatte die äthiopische Bewegung in Südafrika – und darin unterscheidet sie sich meines Erachtens von der schon Jahrzehnte früher in Westafrika entstandenen unabhängigen Kirchen – intellektuelle Führer, die fast durchweg bei europäischen Missionaren auf den Missionsstationen ihr Wissen erworben hatten, jedoch ergriff die Idee einer selbständigen Kirche nicht nur diese intellektuellen 15 Bechler, Theodor: Unabhängigkeitsbewegungen der Farbigen in Südafrika (=Basler Missions-Studien, Heft 18), Basel 1903, S. 36. 16 Richter, Julius: Der Aufbau unserer südafrikanischen Missionskirche (=Beiträge zur Missionskunde, Heft 12), Berlin 1905, S. 13. 17 Axenfeld, Karl: Die Schlange im Grase. Blicke in die äthiopische Bewegung in Südafrika, in: Die Evangelischen Missionen. Illustriertes Familienblatt, hrsg. von Julius Richter, Bd. 1, Gütersloh 1905, S. 56–62, hier S. 59. 18 Brookes, Edgar H.: The Colour Problems of South Africa, Lovedale 1934, S. 34.

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afrikanischen Kreise, sondern hatte gerade nach Beendigung des Burenkrieges zumindest zeitweilig eine relativ breite Basis in der afrikanischen Landbevölkerung. Und diese Entwicklung setzte noch vor der Verkündung des Native Land Acts von 1913 ein, als mit diesem Gesetz quasi durch Enteignung der eingeborenen Bevölkerung eine der Grundlagen für die spätere Apartheid gelegt wurde, was selbstverständlich Protest bei den Betroffenen hervorgerufen hatte. Es kam innerhalb eines Jahrzehnts nach dem Burenkrieg zu einem geradezu explosionsartigen Anstieg der Zahl der unabhängigen kirchlichen Gruppierungen in Südafrika, meinte der Missionshistoriker und Bischof Bengt Sundkler.19 Es ist nicht verwunderlich, dass eine Anzahl der „Gründerväter“ der südafrikanischen Befreiungsorganisation African National Congress sich aus Vertretern von solchen unabhängigen Kirchen rekrutierte. 20 Diese hatten sich mit traditionellen Vertretern tribaler Herrscher sowie einigen Repräsentanten der ersten afrikanischen Intellektuellen zu Beginn des Jahres 1912 zur Gründung des ANC, der zunächst noch South African Native National Congress (SANNC) hieß, zusammengefunden. So war es schon bald nach dem Ende des opferreichen britisch-burischen Konfliktes mit der Dynamisierung der kirchlichen Unabhängigkeitsbestrebungen zugleich zu Erscheinungsformen eines frühen Nationalismus – so schätzten es nicht nur damalige Beobachter, sondern auch spätere Wissenschaftler ein – durch verschiedene Afrikanische Unabhängige Kirchen auf dem Territorium der heutigen Republik Südafrika gekommen. Kritische Beobachter aus Missionskreisen scheuten sich deshalb nicht, diese Entwicklung mit der nordamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung im 18. Jahrhundert oder mit westeuropäischen Emanzipations- bzw. panslawistischen Bestrebungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu vergleichen. 21 Aufmerksame Beobachter in Europa hatten schon relativ frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass äthiopische Kirchen hinter den von ihnen misstrauisch registrierten „Äußerungen des Freiheitsdranges“ zu Beginn des neuen Jahrhunderts standen. Der „erwachende Freiheitsdrang“ hätte vornehmlich seine Ursachen in der wirtschaftlichen Depression, in die Südafrika nach Beendigung des Burenkriegs gekommen sei, und dass sie gemerkt hätten, dass die Weißen (in diesem Fall vor allem die Buren) nicht unbesiegbar seien, meinten sie. Die äthiopische Bewegung stünde hinter den Forderungen nach gleichen Rechten zwischen den Schwarzen und Weißen, sei Inspirator der „Freiheitsbewegung“ im und nach dem Burenkrieg geworden, analysierte im Jahre 1905 treffsicher ein Hermannsburger Missionar, der sich um eine Bewertung der politischen und kirchlichen Entwick19 Sundkler, Bengt G. M.: Bantu Prophets in South Africa, 2. Auflage, London 1961, S. 330. 20 Vgl. Tshelana, Sipho: The Witness of the African Indigenous Churches in South Africa, in: International Review of Mission, no. 328, Genf 1994, S. 173–178; van der Heyden, Ulrich: Rassistische Motivationen der Missionare der Berliner Missionsgesellschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ihre politischen Konsequenzen, in: Wagner, Wilfried/van der Heyden, Ulrich/Kubitscheck, Hans Dieter/Rüger, Adolf/Scharf, Kurt/Stoecker, Helmut (Hrsg.): Rassendiskriminierung, Kolonialpolitik und ethnisch-nationale Identität, Münster/Hamburg 1992, S. 533–542, hier S. 540; Meli, Francis: South Africa belongs to Us. A History of the ANC, Harare/Bloomington, Indianapolis/London 1988, S. 7. 21 Vgl. Bechler, Theodor: Unabhängigkeitsbewegungen der Farbigen in Südafrika, Basel 1905, S. 4.

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lungen im Süden Afrika bemühte.22 In der ersten deutschsprachigen Monographie über den Äthiopismus in Südafrika verweist Theodor Bechler ausdrücklich auf den bestehenden Zusammenhang zwischen „äthiopischer Kirche und damit den Unabhängigkeitsbestrebungen der Farbigen Südafrikas.“ 23 Der Berliner Missionsinspektor Karl Axenfeld kam schon in einer 1907 veröffentlichten Studie über den Äthiopismus zu genau derselben Erkenntnis, wenn er schreibt: „Daß die Bewegung... mit schnellen Schritten das Gebiet (der kirchlichmissionarischen Protestebene – UvdH) verließ und ins politisch-soziale hinüberschritt, ist wesentlich eine Folge des englisch-burischen Krieges gewesen.“ 24 Ebenso resümierte ein zeitgenössischer Missionar nach dem Burenkrieg: „Das Ansehen des weißen Mannes unter den Farbigen hat durch den Krieg erheblich gelitten“ 25 und konkretisierte an anderer Stelle: „Die Bewegung, wie sie sich in den wenigen Jahren ihres Bestehens herausgebildet hat, stellt sich dar als eine sozial-politische in kirchlichem Gewande.“ 26 Mit den zutreffenden Einschätzungen zur Bedeutung des Burenkrieges für die Herausbildung eines explizit politischen, vielleicht auch nationalistischen Charakters der äthiopischen Bewegung standen die Missionare nicht allein da, sondern sie wurde später durch Forschungen von Wissenschaftlern unterstrichen. 27 In der Tat hatte der Burenkrieg zu einer Art Ernüchterung vom Bild der sich als Herrenmenschen betrachteten Europäer, die sich ja auch als solche gern inszenierten, bei den Afrikanern geführt. „Der Körper des Europäers“ hatte, so formulierte es Andreas Eckert in einem Zeitungsartikel aus Anlass des Beginns des Ersten Weltkrieges vielleicht etwas übertrieben, den „sakralen Nimbus“ verloren. 28 Bei Axenfeld ist es auf die Formel gebracht: „Der Respekt vor den Weißen sank, und die Furcht wich.“29 Ähnlich fasste es der Religionswissenschaftler und Pfarrer der Presbyterianischen Kirche in Kamerun, Nana Opare Kwakye, Jahrzehnte später aus Anlass des 100. Jahrestages des Ersten Weltkrieges am Beispiel der Basler Mission zusammen, als er zu dessen Folgen für Afrika unter anderem ausführte:

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Vgl. ebenda, S. 10 ff. Ebenda, S. 35. Axenfeld, Karl: Der Aethiopismus in Südafrika, Berlin 1907, S. 7. Sauberzweig-Schmidt, Gabriel: Der Einfluß des südafrikanischen Krieges auf den äußeren und inneren Zustand der Berliner Mission in Südafrika, in: Allgemeine Missions-Zeitschrift. Monatshefte für geschichtliche und theoretische Missionskunde, Bd. 31, Berlin 1904, S. 437– 453, S. 445. Sauberzweig-Schmidt, Gabriel: Der Aethiopismus. Die kirchliche Selbständigkeitsbewegung unter den Eingeborenen Südafrikas, in: Die Reformation, Nr. 43, Berlin 1904, S. 680. Vgl. van der Heyden, Ulrich: Der Einfluß der Unabhängigen Afrikanischen Kirchen in Südafrika auf den sogenannten Burenkrieg von 1899–1902. Eine Problemdarstellung, in: Bearth, Thomas/Möhlig, Wilhlem J. G./Sottas, Beat/Suter, Edgar (Hrsg.): Perspektiven afrikanistischer Forschung. Beiträge zur Linguistik, Ethnologie, Geschichte, Philosophie und Literatur, Köln 1994, S. 451–466. Eckert, Andreas: Entzauberte Europäer. Erster Weltkrieg in Afrika, in: Frankfurter Allgemein Zeitung, 17.12.2014. Axenfeld, Karl: Der Aethiopismus in Südafrika…, a.a.O.

Dynamisierung der Emanzipationsbestrebungen Afrikanischer Unabhängiger Kirchen 189 Die afrikanische Christenheit revidierte ihr Bild von europäischer Zivilisation und Christenheit. Sie hinterfragte ihre bis vorher sakrosankten Vorstellungen über die Europäer. Das spornte sie dazu an, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen und auch die Leitung der Kirche zu übernehmen. Das war nicht einfach, denn bis dahin hatte die Basler Mission die Kirche dominiert und auch bestens mit der britischen Kolonialregierung zusammengearbeitet. 30

ZUR HERAUSBILDUNG AFRIKANISCHER CHRISTLICHER UNABHÄNGIGKEITSBEWEGUNGEN IN DER SÜDAFRIKANISCHEN REPUBLIK (TRANSVAAL) Die erste Separation schwarzer Christen von europäischen Missionsgesellschaften in der heutigen Republik Südafrika begann, wie gemeinhin angenommen wird, Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts.31 Inzwischen dürfte aber nach neueren Erkenntnissen der Forschung davon ausgegangen werden, dass die Vorläufer der sich voll herausgebildeten äthiopischen Kirchen in Südafrika einige Jahrzehnte älter sind. Verdeutlichen lässt sich diese These vor allem an der Analyse der sogenannten Dinkoanyane'schen Separation von 1873, die als ideologischer Wegbereiter der siebzehn Jahre später entstandenen Bapedi-Nationalkirche betrachtet werden kann 32 und die die erste Afrikanische Unabhängige Kirche in der damaligen Südafrikanischen Republik (Transvaal) war. Bei der Analyse der Geschichte der Dinkoanyane’sche Separation, aus der in einer schwer zugänglichen Kluft sich einige Hundert Pedi niederließen und selbstständig, ohne europäischen Missionar, ihr Christensein praktizierten,33 konnte festgestellt werden, dass sich hier bereits Charakteristiken herausgebildet hatten, die Grundvoraussetzungen für die Herausbildung einer unabhängigen Kirche enthielten. Ob die Dinkoanyane'sche Separation ohne das gewaltsame Eingreifen der Buren, wodurch die unabhängige Christengemeinde zerschlagen worden ist, tatsächlich zu einer die typischen Kriterien aufweisenden äthiopischen Kirche sich entwickelt hätte, 34 muss dahingestellt bleiben. Trotz allem Unverständnis und aller Ablehnung der Separation von Dinkoanyane kam der damalige Direktor der Berliner Missionsgesellschaft Hermann Theodor Wangemann bei deren Analyse zu der beachtenswerten Erkenntnis:

30 Kwakye, Nana Opara: Die Gute Nachricht und ihre fehlbaren Boten, in: Eine Welt. Magazin aus Mission und Ökumene, Nr. 4, Hamburg 2014/2015, S. 15. 31 Vgl. Hofmeyr, Johannes W./Pillay, Gerald J. (Hrsg.): A History of Christianity in South Africa, vol. 1, Pretoria 1994, p. 167. 32 Vgl. van der Heyden, Ulrich: Vom innerkirchlichen zum politischen Protest…, a.a.O. 33 Vgl. hierzu van der Heyden, Ulrich: Wo Dinkoanyane die Buren schlug. Auf den Spuren der Afrikanischen Unabhängigen Kirchen im südafrikanischen Transvaal, in: Afrika-Post. Magazin für Politik, Wirtschaft und Kultur Afrikas, Nr. 9/10, Bonn 1996, S. 17–21. 34 Vgl. Sundkler, Bengt G. M.: Bantu Prophets…, a.a.O.; Dammann, Ernst: Das Christusverständnis in nachchristlichen Kirchen und Sekten Afrikas, in Benz, Ernst (Hrsg.): Messianische Kirchen, Sekten und Bewegungen im heutigen Afrika, Leiden 1965, S. 4 f.; Makhubu, Paul: Who are the Independent Churches?, Johannesburg 1991, p. 5 ff.

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Ulrich van der Heyden Dinkoanyane hat den Buren viel Schaden getan und ist endlich in seiner Rebellion untergegangen, aber die Schuld an der ganzen Rebellion tragen die Buren, die selbst den christlich Getauften unter den Farbigen nicht das Recht zugestehen wollten, welches einem jeden Menschen von Gottes wegen zusteht, das Recht einer freien Persönlichkeit. 35

Wie bereits erwähnt, wurden in den häufig auch als „voräthiopisch“ 36 bezeichneten kirchlichen Selbständigkeitsbestrebungen von schwarzen Christen in Afrika vor 1890 unter dem Deckmantel des religiösen Protestes politische Forderungen – mehr oder minder deutlich formuliert – vorgebracht. Dies geschah sicherlich nicht bewusst, sondern war mehr oder minder spontaner Ausdruck der Unzufriedenheit mit der auf allen Ebenen sicht- und spürbaren weißen Vorherrschaft; vor allem in der Kirche, wo zwar die Gleichheit des Menschen vor Gott gepredigt wurde, jedoch selbst im täglichen Leben der Gemeinde paternalistische oder sogar rassistische Vorurteile in der Praxis dominierten. Es muss zukünftigen Forschungen vorbehalten bleiben, ob die Einschätzung von Erhard Kamphausen auch auf die Missionsabspaltung bei den Pedi zutrifft, denn er resümierte in seinem Buch über die kirchlichen Unabhängigkeitsbewegungen in Südafrika: Die frühen Sezessionsbewegungen sind damit als Ausdruck des Widerstandes gegen die Vormachtstellung der europäischen Missionare und als Protest gegen die politische Entmachtung zu begreifen. Es lässt sich aber nicht nachweisen, dass die Forderungen und Zielsetzungen der Sezessionisten bereits die Formen des Äthiopismus, d. h. theologisch begründete und die Stammesgegensätze transzendierende Vorstellungen angenommen haben. 37

Die Bedeutung des Äthiopismus als Manifestation des afrikanischen Nationalismus wurde von der Wissenschaft schon in den 1930er Jahren, vor allem zunächst von Edgar H. Brookes, 38 erkannt und dann auch in weiteren Untersuchungen bewiesen. Wenn auch noch nicht ausdrücklich als Nationalismus definiert, so gab es diesen mit den typischen Inhalten doch schon mit der Entstehung der äthiopischen Kirchen. Karl Axenfeld meinte in einem Vortrag: „Der Aethiopismus ist das Erwachen der schwarzen Rasse zu dem Anspruche, kulturell, eventuell auch politisch der weißen Rasse nachzukommen, gleichzukommen und sie vielleicht aus dem schwarzen Erdteile zu verdrängen.“39 Hauptthemen des Äthiopismus waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts – und damit gehen dessen Forderungen über die 35 Wangemann, Hermann Theodor: Südafrika und seine Bewohner nach den Beziehungen der Geschichte, Geographie, Ethnologie, Staaten- und Kirchen-Bildung, Mission und des RacenKampfes, 4. Aufsatz, Berlin 1881, S. 57. 36 Greschat, Hans-Jürgen: Eine „voräthiopische“ südafrikanische Kirche. Die Sezession der BaLuther in Pediland im Jahre 1890, in: Glaube-Geist-Geschichte. Festschrift für Ernst Benz, hrsg. von Gerhard Müller und Winfried Zeller, Leiden 1976, S. 532–541, hier S. 536. 37 Kamphausen, Erhard: Anfänge der kirchlichen Unabhängigkeitsbewegung Geschichte und Theologie der Äthiopischen Bewegung, 1872–1912, Berlin 1976, S. 78. 38 Brookes, Edgar H.: The Colour Problems…, a.a.O., S. 35. Vgl. auch Tembe, Bingham: Methodische Grundlagen der Erforschung afrikanischer unabhängiger Kirchen in Südafrika. Eine Bewertung ausgewählter Literatur, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft, 2 Teile, Münster 1984, Teil 1: Nr. 3, S. 192–226 und Teil 2: Nr. 4, S. 257–279. 39 Axenfeld, Karl: Der Aethiopismus in Südafrika…, a.a.O., S. 3.

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des frühen Nationalismus oder Protonationalismus hinaus – das Bewusstsein von Menschenwürde, persönliche Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Streben nach politischer und sozialer Gleichheit.40 Deshalb wohl galt von Anfang an die besondere Aufmerksamkeit der Äthiopisten der Land- und Bildungsfrage. 41 Im Übrigen sind das alles Forderungen, die mit der Gründung des African National Congress 1912 auf der Tagesordnung bei der Gründung der Befreiungsorganisation im Süden Afrikas standen. Die durch Separation zum Ausdruck gekommene kirchliche, aber auch politische Emanzipation war zunächst Anzeichen dafür, dass es afrikanische Christen gab, die nicht nur ihren Glauben und die damit einhergehende Organisation selbst gestalten wollten, sondern auch konnten. Durch den zum Ende des Jahrhunderts einsetzenden Proletarisierungsprozess und das sich etablierende Wanderarbeitersystem im Süden Afrikas waren die sozialen und tribalen Grenzen ins Wanken geraten. Durch die damit einhergehenden Wertezerstörungen und die Vernichtung der kulturellen wie ethnischen Identität existierte kein funktionierender Rahmen mehr für die bisher üblichen Formen des Protestes. Als starke, allseits anerkannte oder zumindest akzeptierte Institution mit relativ langer historischer Verwurzelung war aber immer noch die christliche Kirche, vornehmlich in Gestalt der europäischen Missionskirchen, existent. Sie hatten sich für die Afrikaner als relativ kontinuierliche und stabile Institutionen erwiesen, die den Zusammenbruch des eigenen ethnischen und sozialökonomischen Systems augenscheinlich unbeschadet überstanden hatten. Sie gaben Wertmaßstäbe vor, definierten moralische und politische Normen und hatten im Großen und Ganzen – trotz personeller Veränderungen sowie qualitativ unterschiedlicher Verhältnisse und Beziehungen zur kolonialen Administration bzw. zur schwarzen Bevölkerung – ein gleichbleibendes Interesse an der Aufrechterhaltung des Status quo. Demzufolge waren die konservativen Werte der Missionare in den Augen der Afrikaner ruhende Pole in der sich ansonsten rasch verändernden gesellschaftlichen Situation in Südafrika. Jedoch diese konservativen, starren Modelle der Missionen konnten auf die Herausforderungen der neuen Zeit vor dem Ersten Weltkrieg mit dem vehementen Übergang zur Industrieproduktion, der Mechanisierung der Landwirtschaft und den damit verbundenen ethnischen Entwurzlungen vieler Afrikaner sowie deren erwachendes politisches Bewusstsein – das sich zunächst in noch völlig nebulösen Formen eines schwarzen Nationalismus ausdrückte –, keine befriedigenden Antworten geben. Und aus den nicht gerade reformwilligen und kolonialkritischen Missionskirchen gelang es den mit den kirchlichen und politischen Verhältnissen unzufriedenen Afrikanern durch die Gründung von eigenen, selbständigen Kirchen auszubrechen und sich auf diese Art und Weise öffentliche Aufmerksamkeit zu ver40 Vgl. beispielsweise Kamphausen, Erhard: Anfänge der kirchlichen Unabhängigkeitsbewegungen…, a.a.O., S. 58. 41 Vgl Tembe, Bingham: Integrationismus und Afrikanismus. Zur Rolle der kirchlichen Unabhängigkeitsbewegung in der Auseinandersetzung um die Landfrage und die Bildung der Afrikaner in Südafrika, 1880-1960, Frankfurt am Main/Bern/New York 1985.

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schaffen und sich zu konsolidieren. Somit hatten die Afrikaner die Möglichkeit, soziale und politische Forderungen in relativ geschützten Rahmen zu artikulieren. Wurden bis zu Beginn des Burenkrieges im Jahre 1899 in der Diskussion in Südafrika, aber auch in Europa und Nordamerika über die Ursachen der Entstehung und der anfänglichen Erfolge der äthiopischen Kirchen im Süden Afrikas vornehmlich innerkirchliche Gründe angegeben, wie die paternalistische Haltung der europäischen Missionare gegenüber ihren schwarzen Gemeinden – worauf auch die Ursachen der Dinkoanyane'schen Separation zurückzuführen ist – oder die Unzufriedenheit ordinierter afrikanischer Pfarrer oder sogenannter Nationalhelfer über die Ungleichbehandlung im Verhältnis zu ihren weißen Kollegen, so änderte sich dies nach Beendigung des Krieges. Dies gilt in der südafrikanischen Historiographie als weithin feststehende Tatsache. Bekannt ist ebenso, dass die äthiopischen Kirchen zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter dem Slogan „Afrika den Afrikanern“ zugleich, so Horst Gründer, „Zellen eines schwarzen Protonationalismus“ schufen. 42 Von anderen Historikern wurde der entstehende Äthiopismus ausdrücklich als „Frühform des religiösen Nationalismus“ 43 oder als „embryonaler Nationalismus“ 44 bezeichnet. Oder sogar als „to elimate foreign political dominance and economic exploitation“. 45 Über Südafrika und den dort große Bedeutung besitzenden Burenkrieg hinaus hat die Einordnung des Ersten Weltkrieges für die Geschichte der christlichen Mission in Afrika die Bedeutung, die Martin Greschat wie folgt zusammenfasst: „Aus der Friedensbotschaft des Evangeliums und der universalen göttlichen Liebe wurde die Verkündigung eines brutalen nationalen Götzen.“ 46 INTERAKTIONEN ZWISCHEN DEM KOLONIALEN SÜD- UND OSTAFRIKA Für die Christen Südafrikas hatte der Burenkrieg also die Reaktionen hervorgerufen, wie der Erste Weltkrieg eineinhalb Jahrzehnte später in den deutschen Kolonien in Afrika. Ist die Frage nach der Einbeziehung der Schwarzafrikaner in den Burenkrieg und demzufolge die Haltung der deutschen Missionare zu dieser ge-

42 Gründer, Horst: Welteroberung und Christentum. Ein Handbuch zur Geschichte der Neuzeit, Gütersloh 1992, S. 557. 43 Loth, Heinrich: Kolonialismus und Antikolonialismus in Südafrika unter religiösen Formen, in: Asien-Afrika-Lateinamerika, Nr. 4, Berlin 1976, S. 587–594, hier S. 590. 44 Korte, Werner: Wir sind die Kirchen der unteren Klassen. Entstehung, Organisation und gesellschaftliche Funktion unabhängiger Kirchen in Afrika, Frankfurt am Main/Bern/Las Vegas 1978, S. 25. 45 Katzenellenborgen, Simon Ellis: Southern Africa and the War of 1914–18, in: Foot, Michael R. D.: War and Society, London 1973, S. 117. 46 Greschat, Martin: Der Erste Weltkrieg und die Christenheit. Ein globaler Überblick, Stuttgart 2013, S. 13.

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waltsamen Auseinandersetzung recht gut erforscht, 47 so sind dahingehend die Haltungen der europäischen Missionare im Ersten Weltkrieg in Afrika – mit wenigen Ausnahmen 48 – kaum Gegenstand von Forschungen gewesen, ja die einschlägigen Quellen in den Missionsarchiven 49 harren weitgehend noch immer einer wissenschaftlichen Auswertung. Es kamen auch nach dem Ende des Ersten Weltkrieges die Vertreter der deutschen Missionsgesellschaften in Südafrika, wo es indes keine direkten Kampfhandlungen in dem Großen Krieg gegeben hatte, zu einer ähnlichen Schlussfolgerung, wie zuvor die Missionare aus Anlass des Burenkrieges. So heißt es in einem mit Schreibmaschine geschriebenen Aufsatz für eine durch Hektographieren vervielfältigten Zeitschrift der Berliner Missionare in Südafrika, die später dann auch in Druckform erschienen ist, wie folgt: „Das Machtgefühl der Farbigen ist ... besonders durch den Weltkrieg gehoben, an dem 100.000 südafrikanische Farbige teilnahmen, und dort den gottlosen Wandel sahen, Christen kennenlernten, wodurch die Geringachtung der Weißen sich in ihnen steigerte.“ Wohl damit die älteste Befreiungsbewegung auf afrikanischem Boden, den African National Congress (ANC), meinend, schrieb der Berliner Missionar Hermann Müller im Juli 1923 hierzu weiter: Eine wirkliche Macht über die Farbigen übt heutzutage der Farbigen-Kongress aus, eine Körperschaft, die versucht, und dies mit großem Erfolg, alle Farbigen, welcher Nation auch, zu vereinigen. Leider in erster Linie nicht, um die Farbigen geistig zu heben. Dies kann der Kongress ebenso wenig, als zuhause die Sozialdemokratie imstande ist, einen Staat segens-

47 van der Heyden, Ulrich: Der „Burenkrieg“ von 1899 bis 1902 und die deutschen Missionsgesellschaften, in: ders./Becher, Jürgen (Hrsg.): Mission und Gewalt. Der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt bei der Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000, S. 207–223; Heese, Hans: British, Boers and Berlin Missionaries. The Anglo-Boer War and its Aftermath, in: van der Heyden, Ulrich/Stoecker, Holger (Hrsg.): Mission und Macht im Wandel politischer Orientierungen. Europäische Missionsgesellschaften und ihre Tätigkeit in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945 in politischen Spannungsfeldern, Stuttgart 2005, S. 425–436. 48 Vgl. etwa Barrett, John C.: World War I. and the Decline of the First War of the American Protestant Missions Movements, in: International Bulletin of Missionary Research, no. 3, New Haven 2015, S. 122–124. Vgl. sowohl detailliert als auch unter komparatistischen Sichtweisen die erste deutschsprachige Monographie über die Bedeutung des Ersten Weltkrieges für die christliche Welt das Buch des Kirchenhistorikers Greschat, Martin: Der Erste Weltkrieg und die Christenheit…, a.a.O., hier insbesondere S. 131–152. Einen allgemeinverständlichen Einblick in die Thematik versuchten einige, konkrete deutsche Missionsgesellschaften untersuchende Artikel unter der Überschrift „Wendepunk Weltkrieg. Der Erste Weltkrieg – Umbruch in der Missionsgeschichte“, in: Eine Welt. Magazin aus Mission und Ökumene, Nr. 4, Hamburg 2014/2015, S. 4–20. Zur Frage der Rolle der Religion im Ersten Weltkrieg in vergleichender Perspektive, dabei jedoch nur am Rande das Geschehen in den Kolonien und Missionsgesellschaften betrachtend vgl. Besier, Gerhard: The Great War and Religion in Comparative Perspective, in: Internationale Zeitschrift für Theologie und Geschichtswissenschaft, Nr. 1, Göttingen 2015, S. 21–62. 49 Vgl. eine kleine Auswahl davon bei Rudolph, Barbara: Der Erste Weltkrieg in den Archiven der Missionswerke, in: Ökumenische Rundschau, Nr. 3, Leipzig 2014, S. 408–413.

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Ulrich van der Heyden reich zu regieren. Beide können nur zerstören... Der Kongress will Kultur ohne wahres Christentum... 50

Ein Beispiel: Der südafrikanische General Jan Christian Smuts hatte die in Deutsch-Ostafrika kämpfenden King’s African Rifles 51 zwischen 1916 und 1918 auf 31.000 Mann aufgestockt. Die zum Teil aus Südafrika stammenden Schwarzafrikaner wurden nicht nur mehr als Träger eingesetzt, sondern nahmen direkt an den Kämpfen gegen die Deutschen als ausgebildete Artilleristen, Fernmelder, Sanitäter, Aufklärer und Militärpolizisten teil. Sie kämpften also „offiziell“ gegen Weiße, in der damaligen weit verbreiteten Auffassung gegen „Herrenmenschen“. Eine solche Erfahrung prägte auch afrikanische Christen, die bislang tagtäglich mit Weißen auf den Missionsstationen und in deren Arbeits- und Verwaltungsumfeldern zu tun hatten. Natürlich hatten die nicht-weißen Südafrikaner, die am Ersten Weltkrieg außerhalb ihres Landes teilnahmen, nicht für ihre eigenen Interessen ihr Leben aufs Spiel gesetzt,52 ebenso wie die weißen Südafrikaner, 53 die in Deutsch-Ostafrika kämpfen mussten und damit, wie es der Missionshistoriker Julius Richter ausdrückte, drohte ganz Südafrika „an einer einem kriegerischen Abenteuer zu verbluten, an dem es im Grunde kaum ein Interesse hatte“ 54. Die Schwarzafrikaner hatten die Welt außerhalb Südafrikas kennengelernt, waren dort mit emanzipatorischen Auffassungen und antirassistischen Ideologien in Kontakt gekommen, die sie zuvor nicht kannten. Das stärkte ihr Selbstvertrauen und ihr Selbstbewusstsein und gab ihnen einen Eindruck davon, was sie in Zukunft erreichen könnten. Der Erste Weltkrieg, so resümiert der südafrikanische Historiker Bill Nasson, eröffnete vielen Afrikanern eine neue Sicht auf die Welt und ließ einige von ihnen bohrenden Fragen nach der Legitimität kolonialer Herrschaft stellen, 55 zumal, wie es Hew Strachan richtig formulierte, „the Great War was the prelude to the final stage of the scramble for Africa, played out at Versailles“ 56. Für weite Teile des kolonisierten Afrikas traf das zu, was Nana Opare Kwakye für die Beendigung des Ersten Weltkrieges einhundert Jahre später fest50 Müller, Hermann: Was müssen wir auf Grund unserer gemachten Erfahrungen auf wirtschaftlichem Gebiet weiter tun, um unsern Grundbesitz für die Fortführung unserer hiesigen Missionsarbeit fruchtbarer zu machen?, in: Die Brücke. Zeitschrift für die evangelische Mission in Süd-Afrika, Nr. 2, Pietersburg 1924, S. 4 (Hektographiert; vorhanden in Unisa, Hesse Collection, ADA 266 416805). 51 Vgl. Adams, Gregg: King’s African Rifles Soldiers versus Schutztruppe Söldner. East Africa 1917–1918, Oxford 2016. 52 Vgl. die ersten ernsthaften Forschungen zur Rolle Nicht-Weißer Soldaten aus Südafrika im Ersten Weltkrieg Grundlingh, Albert: Fighting their own War. South African Blacks and the First World War, Johannesburg 1987. 53 Vgl. allgemein hierzu Nasson, Bill: Springboks on the Somme. South Africa in the Great War, 1914–1918, Johannesburg 2007. 54 Richter, Julius: Geschichte der evangelischen Mission in Afrika, Gütersloh 1922, S. 516. 55 Vgl. Nasson, Bill: More Than Just von Lettow-Vorbeck. Sub-Saharan Africa in the First Wold War, in: Geschichte und Gesellschaft, Nr. 2, Göttingen 2014, S. 160–183. 56 Strachan, Hew: The First World War in Africa, Oxford 2007, S. 184.

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stellte: „Für Europa markierte der Erste Weltkrieg das zwischenzeitliche Ende einer Mission nach europäischen Konzepten. In Afrika schaffte er die Voraussetzung, dass die einheimische Bevölkerung vermehrt Verantwortung in Gesellschaft, Kirche und Politik übernahm.“57 Eine solche Entwicklung hatte sich eigentlich schon relativ früh nach Beginn des Krieges abgezeichnet und nicht erst nach Beendigung des Weltkrieges im Jahre 1918. Nach dem Friedensschluss von Versailles setzte jedoch die überregionale Bedeutung von Entwicklungen ein, die bereits unmittelbar nach dem „Abzug“ der deutschen Missionare von ihren afrikanischen Gemeinden deutlich geworden sind. So heißt es schon 1915 in einem Heft über den Einfluss des Ersten Weltkriegs auf die deutschen Missionsgesellschaften, dass sich die „heidenchristlichen Gemeinden“ schon bald „im allgemeinen besser bewähren, als man es zu hoffen gewagt hat“ 58. Dies zeigt nicht zuletzt, wie unvorstellbar es für viele Missionare und Missionsfreunde war, dass sie nach Kriegsende nicht mehr gebraucht werden sollten oder zumindest nicht mehr in ihren bisherigen Funktionen und ihren Vorstellungen von Missionskirche. Die ausgeprägtesten, zu Papier gebrachten Intentionen der deutschen Missionsgesellschaften richteten sich angesichts dieser Tatsache jedoch nicht in Richtung Selbstständigkeit der afrikanischen Gemeinden, sondern vielmehr auf Verbesserung ihrer Verhältnisse zu englischen Missionsgesellschaften nach der erhofften Beendigung des Krieges sowie einer emanzipierteren Haltung der deutschen Missionsgesellschaften innerhalb der britischen Kolonien.59 Es konnten die Entwicklungen, die weltweit auf den Missionsfeldern Ende des 19. Jahrhunderts/zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg in Übersee vor sich gingen, nicht an Südafrika vorübergehen. Auch hier wurden durch äußere Umstände, d. h. durch koloniale bzw. imperiale gewaltsame Konkurrenzgebahren ähnliche Prozesse der Selbstbestimmung der Christen hervorgerufen, wie auf den (ehemals) europäischen Missionsfeldern. Die historische Entwicklung in den ehemaligen deutschen Kolonialgebieten kann als symptomatisch für die südafrikanische indigene Christentumsgeschichte angesehen werden – und umgekehrt. Am ausführlichsten die Folgen des Burenkriegs sowie des Ersten Weltkriegs zusammenfassend, argumentiert der zeitgenössische Kirchen- und Missionshistoriker Carl Mirbt noch vor Beendigung des letztgenannten Krieges und des Abschlusses des Versailler Vertrages: Als England in dem Burenkrieg die Schwarzen bewaffnete und gegen die Buren fechten ließ, sind selbst auf englischer Seite große Bedenken in Bezug auf die Zweckmäßigkeit dieser Maßregel laut geworden. Die damals geäußerten Befürchtungen sind in Süd-Afrika in vollem Umfang eingetroffen. Die eingeborene Bevölkerung ist seitdem von einem in ständigem Aufstieg begriffenen Selbstgefühl beherrscht, das in dem von einigen Staaten der südafrikanischen Union zugestandenen politischen Wohlrecht nicht ein Ziel des Strebens, sondern das 57 Kwakye, Nana Opare: Die Gute Nachricht…, a.a.O., S. 15. 58 Studemund, Wilhelm: Der Weltkrieg und die deutsche evangelische Mission, Schwerin 1915, S. 31. 59 Vgl. ebenda, S. 35 ff.

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Ulrich van der Heyden Mittel für die Erringung von größerem Einfluß auf das öffentliche Leben erblickt. Seit dem Burenkrieg herrscht in Süd-Afrika ein neuer Geist: das ist allen Missionen fühlbar geworden. Hinter den zahlreichen einzelnen Konfliktfällen auf dem Gebiet der Schule, auf dem der Kirchenzucht oder dem des Gemeindebesitzes steht die sich emporragende Gestalt des Schwarzen, der nach einer anderen Stellung in seinem Lande verlangt als er sie bislang besaß. Nun sind England und Frankreich auf dem im Burenkrieg betretenen Weg weitergegangen. Von ihnen sind jetzt nicht nur einige Tausend, sondern große Massen von Eingeborenen zum Kampf gegen Weiße gedungen worden, man hat sie vor allem nach Europa gebracht … Die, welche diese Jahre überstehen, werden ihren alten Verhältnissen als andere Menschen gegenübertreten; die in Europa zugebrachte Zeit läßt sie in eine neue Welt hineinblicken und wird ihnen Gelegenheit bieten, ihre eigenen kritischen Beobachtungen zu machen. 60

Und der Berliner Theologe und Missionshistoriker Julius Richter hatte schon zwei Jahre zuvor, im Jahre 1915, davor gewarnt, dass angesichts der Tatsache, dass mehr als eine Milliarde Menschen, fünf Achtel der Menschheit, „einander in Waffen“ gegenüberstehen, das „titanenhafte Ringen“ dazu führen könne, dass die auf der Ersten Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910 beschlossene „Weltmission“ in Gefahr geraten könne, wobei er eine solche allerdings vornehmlich bei den europäischen Kriegskonkurrenten sah und nicht so sehr bei den missionierten Völkern.61 FAZIT Als Schlussfolgerungen der vorangegangenen Ausführungen mögen drei Thesen zur Diskussion gestellt sein: 1. Die Prozesse, die in Afrika, ausgelöst durch den Ersten Weltkrieg, eine dekoloniale Perspektive eröffneten, sind ohne vorhergehende separatistische, emanzipatorische Entwicklungen nicht denkbar. In erster Linie sind hier kirchliche Selbstständigkeitsbestrebungen und vor allem die bereits etablierten Unabhängigen Afrikanischen Kirchen zu nennen, die jedoch jeweils eigene Vorgeschichten aufweisen, in ihren Einflusssphären oftmals regional begrenzt blieben, zuweilen wieder ihren Einfluss verloren, jedoch insgesamt einen Prozess in Gang setzten, der das außereuropäische Christentum in Form der äthiopischen Kirchenbewegung etablierte. 2. Eine kirchliche Emanzipationsbewegung befruchtet und ist in gewisser Weise zugleich Bestandteil der politischen Prozesse, die in Afrika eine dekolonialen Perspektive eröffneten, die spätestens ab 1960 auch zu einer weitgehend verwirklichten staatlichen Dekolonisation der meisten bisherigen Kolonialgebiete auf dem „schwarzen Kontinent“ führte. 62

60 Mirbt, Carl: Die evangelische Mission Deutschlands unter dem Druck des gegenwärtigen Weltkrieges, Berlin 1917, S. 16. 61 Richter, Julius: Die Mission in dem gegenwärtigen Weltkrieg, Berlin 1915, S. 89. 62 Vgl. hierzu kompakt beispielsweise van der Heyden, Ulrich: Dekolonisierungsprozesse. Wie Staaten entstehen – Prozesse und Argumente der Dekolonisierung, in: Kollmer, Dieter H./Konopka, Torsten/Rink, Martin (Hrsg.): Wegweiser zur Geschichte. Zentrales Afrika, Pa-

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3.

Nicht wenige der afrikanischen Anführer der Unabhängigkeitsbestrebungen in Afrika nach dem Zweiten Weltkrieg haben immerhin auf Missionsschulen ihre Bildung erhalten, was nicht heißen soll, dass sie dort ihre politische Handlungsrichtschnur erworben haben. Kriege der „weißen Männer“, wie der Burenkrieg von 1899 bis 1902 und der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918, die bei vielen Afrikanern „ein Gefühl der Verwirrung und Desillusion“ hinterlassen haben, denn man hatte ihnen ja bisher „gelehrt, dass die Europäer zivilisierte Menschen seien und als Christen Nächstenliebe üben, den Krieg hassen und den Frieden lieben“, haben eine Dynamisierung der emanzipativen Bewegungen bei den afrikanischen Christen hervorgerufen. Anfänge oder Grundlagen dafür waren durch die Entstehung von Unabhängigen Afrikanische Kirchen mit ihren spezifischen Ursprüngen und Organisationsformen, die man weitgehend als äthiopische Kirchen bezeichnen kann, vorhanden. Durch die jeweiligen Kriegsereignisse wurden die kirchlichen wie auch die politischen Unabhängigkeitsbestrebungen befördert. Der Missionswissenschaftler Walter Freytag zog 1927 eine Art Bilanz der durch den Ersten Weltkrieg beschleunigten emanzipativen Entwicklungen der afrikanischen Christen: Der Missionar sei „nicht mehr Vater und Vordenker seiner eingeborenen Christen, sondern nur noch Helfer, Freund und älterer Bruder.“63 Jedoch erst einundeinhalb Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg hatte dieser lange Weg ein Ende gefunden. Ob auch auf ökonomischem und politischem Gebiet – das ist eine andere Frage und verlangt andere Antworten.

derborn 2015, S. 99–105; Kruke, Anja (Hrsg.): Dekolonisation. Prozesse und Verflechtungen 1945–1990, Bonn 2009. 63 Zitiert in Keiper, Martin: Die Sünde des weißen Mannes, in: Eine Welt…, a.a.O., S. 14.

DIE BEDEUTUNG DES ERSTEN WELTKRIEGES FÜR DIE KIRCHLICHE UNABHÄNGIGKEITSBEWEGUNG IN AFRIKA Frieder Ludwig EINFÜHRUNG UND BEGRIFFSKLÄRUNGEN Im Jahr 1917 waren die Entscheidungen auf den meisten afrikanischen Kriegsschauplätzen gefallen: Die Deutschen hatten ihre Kolonien Togo, Kamerun und Südwestafrika verloren. In Ostafrika waren die „Schutztruppen“ allmählich in den unwegsamen Südosten der Kolonie zurückgedrängt. Dennoch waren britische Kolonialbeamte weiterhin außerordentlich beunruhigt, wenn nicht alarmiert. Eine große Gefahr sahen sie nun in sich neu formierenden religiösen Bewegungen. Captain J. E. Philipps, britischer Intelligence and Colonial Officer in Uganda, skizzierte die Situation in verschiedenen Berichten und Memoranda an das Colonial Office in London folgendermaßen: Durch deutsche Jihad-Agenten habe sich der Panislamismus in Nord- und Ost-Zentralafrika ausgebreitet. Dieser dringe von Norden, aber auch von den Küstenregionen mit dem arabischen Bevölkerungsanteil vor. Gleichzeitig gewinne vom Süden her der Äthiopismus an Einfluss; etwa in Gestalt der „Ethiopian Church“. Philipps verwies auch auf John Chilembwes Rebellion in Nyassaland, die einen Vorgeschmack auf mögliche Probleme geboten habe. Auch der Nabingi-Aufstand in Rwanda und die Maliki-Bewegung in Uganda seien durch die Forderung „Afrika den Afrikanern!“ geprägt. Man müsse nun unbedingt verhindern, dass diese panafrikanischen Strömungen aufeinandertreffen. Dies geschehe am besten dadurch, dass man in Uganda eine Pufferzone („insulating chain“) kreiere und einen gemäßigten Nationalismus fördere. Auch in Ägypten solle man auf einen ägyptischen Nationalismus setzen, um der Ausbreitung des Panafrikanismus Einhalt zu gebieten.1 In seiner Analyse verwies der Kolonialbeamte Philipps also auf diverse durch den Weltkrieg ausgelöste oder sich verstärkende politische und religiöse Bewegungen – christliche, muslimische und traditional-religiöse –, in denen er eine Bedrohung der Kolonialherrschaft sah: Er nannte den „Panislamismus“, den „Äthiopismus“ und verschiedene „antieuropäische Sekten“. Deren Verbindung im Zeichen des „Panafrikanismus“ müsse unterbunden werden. Als Gegenmaßnahme schlug er vor, einen

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‚Memorandum on East and Central Africa‘ by Captain J. E. Philipps, M.C., and others, dating from 1917 to 1920, National Archives London WO 106/259, 15th February 1921.

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„gemäßigten Nationalismus“ zu unterstützen. Damit bediente sich Philipps bestimmter Begriffe, die unterschiedlich definiert und unterschiedlich zueinander in Beziehung gesetzt werden können und deshalb der näheren Erläuterung bedürfen. Der Panislamismus bezeichnet eine geistige Strömung, die als Reaktion auf das europäische Vordringen im Nahen Osten und auf dem indischen Subkontinent seit ca. 1870 insbesondere in Kreisen osmanischer Intellektueller entstand und einen ihrer Hauptvertreter in Jamâl ad-Dîn al-Afghânî hatte. Unter Abdülhamid II. (reg. 1876–1909) wurde der Panislamismus zur osmanischen Staatsdoktrin.2 Der Äthiopismus (oder auch Äthiopianismus) war eine Bewegung von Menschen afrikanischer Herkunft, die in verschiedenen Konstellationen afrikanische Identität und afrikanische Eigenständigkeit betonte. „Äthiopien“ oder „äthiopisch“ konnte dabei als Synonym für „afrikanisch“ verwendet werden – dies war etwa in einem frühen Dokument, dem im Februar 1829 in New York von dem Afro-Amerikaner Robert Alexander Young verfassten Ethiopian Manifesto, der Fall. 3 Andererseits konnte aber auch auf das reale oder imaginierte Land Äthiopien Bezug genommen werden. Führende Vertreter waren unter anderen Henry McNeal Turner (1834–1915), Politiker und Bischof der African Methodist Episcopal Church (AME) in den USA, Alexander Crummell (1819–1898), der nach seiner Ausbildung in den USA und Großbritannien als anglikanischer Missionar in Liberia und Sierra Leone wirkte, und Edward Wilmot Blyden (1832–1912), der auf St. Thomas in der Karibik geboren war und als Politiker und Wissenschaftler in Westafrika tätig war. 4 Alle drei waren international in die Netzwerke des black Atlantic 5 eingebunden und sowohl politisch wie theologisch gebildet. Für die Rezeption Äthiopiens war die Verheißung in Psalm 68:31 („Aus Ägypten werden Gesandte kommen, Äthiopien wird seine Hände ausstrecken zu Gott“) wichtig, aber auch der Bekehrung des äthiopischen Kämmerers in Apostelgeschichte 8: 26-40 kam eine Rolle zu: Edward Wilmot Blyden legte an diesem Beispiel dar, dass die Gründung dieser afrikanischen Kirche ohne missionarische Fremdkontrolle erfolgte, da Philipp nach der Taufe des Äthiopiers vom Geist entrückt wurde. Blyden forderte die Lösung afrikanischer Kirchen von europäischer Kontrolle; die erste „äthiopistische“ Kirche in Nigeria, die United Native African Church, entstand 1890 nach einem seiner Vorträge. Zehn Jahre später folgte die African Church. In Südafrika war 1892 die Ethiopian Church von Magena Mokone (1851–1936) gegründet worden.

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Szyska, Christian: Panislamismus, in: Bundeszentrale für politische Bildung, Islam-Lexikon, online unter: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/islam-lexikon/21614/panislamismus (20.03.2018). Milkias, Paulos/Metaferia, Getachew (Hrsg.): The Battle of Adwa. Reflections on Ethiopia’s Historic Victory against European Colonialism, New York 2005, S. 193. Zum Äthiopismus Kalu, Ogbu U.: Ethiopianism in African Christianity, in: ders. (Hrsg.): African Christianity. An African Story, Trenton 2007, S. 227–243; Duncan, Graham A.: Ethiopianism in Pan-African perspective, 1880–1920, in: Studia Historiae Ecclesiasticae, Nr. 2, Pretoria 2015, S. 189–218, online unter: http://www.scielo.org.za/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S1017-04992015000200013 (Zugriff: 10.12.2019). Vgl. Gilroy, Paul: The Black Atlantic: Modernity and Double Consciousness, London 1993.

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Eine zweite Welle afrikanischer unabhängiger Kirchen – von Phillips abwertend als antieuropäische Sekten bezeichnet – entstand meist um charismatische Evangelisten wie I. Shembe (ab 1911 in Südafrika) oder William Wadde Harris (ab 1913 in Liberia), die aufgrund ihrer Heilungsgebete, Visionen und geistlichen Unterweisungen von zahlreichen Menschen als Führungspersönlichkeiten anerkannt und häufig mit alttestamentlichen Propheten wie etwa Elja (1 Könige 17–19) verglichen wurden, da sie sich mit den traditionalen Religionen in ähnlich direkter Weise auseinandersetzten. 6 Die beiden Formen kirchlicher Unabhängigkeitsbewegungen sind zu unterscheiden, aber es finden sich auch Überschneidungen und Überlagerungen: Die unabhängigen Kirchen insgesamt wurden zu einem Symbol afrikanischer Selbstbehauptung und damit zu einem Ausdruck des afrikanischen kulturellen Nationalismus, der die Fähigkeiten und das Potenzial von Menschen afrikanischer Herkunft betonte und eher panafrikanischen Charakter hatte.7 Dadurch unterschied sich der kulturelle Nationalismus vom politischen Nationalismus, der auf die Befreiung von der Kolonialherrschaft und damit auf die Kon-

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Zum Begriff Sekte vgl. Hahn, Andreas: Sekte – ein problematischer Begriff, 2015, in: http://www.amd-westfalen.de/fileadmin/dateien/dateien_hahn/Sekte.pdf: „Das Wort ‚Sekte‘ entstammt dem Lateinischen (das zugrunde liegende Verb sequi bedeutet ‚folgen‘) und bezeichnet eine Partei oder Schule. In der traditionellen, theologischen Bedeutung meint man damit eine Abspaltung von einer Mutterreligion aufgrund von Sonderlehren, die über stilistische Fragen hinaus trennenden Charakter haben. Insofern birgt der Begriff Sekte immer auch Konfliktpotential gegenüber der Mutterreligion. Dieses Verständnis von Sekte ist zunehmend unbrauchbar geworden. Solange weitgehend homogene religiöse Verhältnisse herrschten mit einer dominierenden Religion – oder wie in Deutschland mit den beiden großen Konfessionen – und die ‚Sekten‘ eine Minderheit bildeten, konnte dieser Begriff in negativer Abgrenzung verwendet werden: Was eine ‚Sekte‘ war, bestimmte die Mehrheit. In der heutigen Situation einer religiösen Vielfalt und Ausdifferenzierung ist dies nicht mehr möglich und auch wenig sinnvoll. Die bloße historische Priorität kann kein Kriterium für die negative Qualifizierung als „Sekte“ sein – sonst wären auch die evangelischen Kirchen ‚Sekten‘ gegenüber der katholischen oder das gesamte Christentum gegenüber dem Judentum. ...“. Der Begriff „Afrikanische Unabhängige Kirchen“ oder im Englischen „African Independent Churches“ ist demgegenüber neutraler, aber schon deshalb nicht unumstritten, weil heute ja auch die ehemaligen Missionskirchen unter afrikanischer Leitung und von direkter europäischer Kontrolle unabhängig sind. „African Indigenous Churches“ und „African Initiated Churches“ sind mögliche Alternativen (für eine Diskussion vgl. Chitando, Ezra: African Initiated Christianity in Southern Africa, in: Bongmba, Elias (Hrsg.): Routledge Companion to Christianity in Africa, New York 2016, S. 285–296, insb. S. 286–287.) Ich denke, dass man im behandelten Zeitraum von Afrikanischen Unabhängigen Kirchen sprechen kann. Zum kulturellen Nationalismus vgl. de Moraes Farias, Paulo F./Barber, Karin: Self-assertion and Brokerage. Early Cultural Nationalism in West Africa, Birmingham 1990; zum Panafrikanismus vgl. Appiah Kwame, Anthony: Pan-Africanism, in: ders./Gates, Henry Louis (Hrsg.): Africana. The Encyclopedia of the African and African American Experience, New York 1999, S. 1484– 1486, S. 1484: „The Pan-Africanist Movement began in the nineteenth century among intellectuals of African descent who thought of themselves as members of a single ‚Negro‘ race…“

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trolle bestimmter (durch die koloniale Aufteilung geschaffener) Territorien ausgerichtet war.8 Mit der Idee des „gemäßigten Nationalismus“ hatte Philipps die politische Form des Nationalismus im Blick – ihm ging es darum, dem Panafrikanismus im wahrsten Sinne des Wortes Grenzen zu setzen und dessen Ausbreitung durch die Unterstützung nationaler Identitäten zu verhindern. Dass er sich dabei einen moderaten Nationalismus im Rahmen der britischen Kolonialherrschaft wünschte, versteht sich von selbst. Wie realistisch war nun die Analyse des Colonial and Intelligence Officers Philipps? Im Folgenden soll zunächst der Entwicklung des Panislamismus und insbesondere des Äthiopianismus und anderer kirchlicher Unabhängigkeitsbewegungen nachgegangen werden, um dann die frühen Ausprägungen des politischen Nationalismus zu beleuchten. PANISLAMISMUS In der Tat hatten die Mittelmächte in der Anstachelung muslimischer Rebellionen gegen die britische „Tyrannei“ in Ägypten, Indien, dem Sudan und Ostafrika große Möglichkeiten gesehen, die Kriegsgegner zu schwächen. Als das Osmanische Reich im November 1914 offiziell in den Krieg gegen die Entente eintrat, verlas der Schaich al-Islām als oberste religionsrechtliche Autorität in Istanbul eine Fatwa, in der er zum Jihad aufrief und es als religiöse Pflicht für alle Muslime in allen Ländern, ob jung oder alt, bezeichnete, den Krieg gegen Russland, Großbritannien und Frankreich und ihre Helfer und Unterstützer zu erklären. Im Verweigerungsfall würden sie den Zorn Gottes auf sich ziehen. 9 Die Fatwa wurde begleitet von weiteren Erklärungen und öffentlichen Demonstrationen 10 – sowohl in Istanbul wie in 8

Die Frage, inwieweit sie als „protonationalistisch“ eingestuft werden können, ist in der Forschung umstritten. Der Begriff „Protonationalismus“ wurde von Hobsbawm, Eric: Nations and Nationalism since 1870. Programme, Myth, Reality, 2. Aufl., Cambridge 1992, S. 46 folgendermaßen definiert: „In many parts of the world, states and national movements could mobilize certain variants of feeling of collective belonging which already existed and which could operate, as it were, potentially on the macro-political scale which could fit in with modern states and nations. I shall call these bonds ‚proto-national‘.“ Zu einer kritischen Verhältnisbestimmung von afrikanischen unabhängigen Kirchen und Politik vgl. Ranger, Terence O.: Religious Movements and Politics in Sub-Saharan Africa, in: African Studies Review, Nr. 2, Cambridge 1986, S. 1–70. 9 Proclamation of Holy War, in: www.turkeyswar.com/documents/jihad.html (Zugriff: 10.12.2019). 10 Vgl. Beşikçi, Mehmet: The Ottoman mobilization of manpower in the First World War. Between voluntarism and resistance, Leiden/Boston 2012, S. 63–64: „… the Ottoman proclamation of holy war was a process that involved issuing three different sets of documents with specific purposes. The first one was the original religious decree addressed to all the Muslims in the world … Secondly, an imperial declaration, titled ‚To My Army and Navy‘, was issued on 11 November 1914, in which Sultan Mehmed Reşad addressed the Ottoman troops directly and explained that it was their duty as Muslims to defend not only their country, but also the religion of Islam in the world. Thirdly, another declaration was prepared by the High Religious

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den Provinzen. In bestimmten Distrikten beteten auch die osmanischen armenischund griechisch-orthodoxen Gemeinschaften für den Sieg der Mittelmächte. 11 Der Aufruf zum Jihad zielte auch auf die große Zahl afrikanischer und asiatischer Muslime unter britischer und französischer Kolonialherrschaft. Eine Aufstandsbewegung in diesen Gebieten hätte die Entente geschwächt; deshalb wurden die Jihad-Aufrufe auch durch das Deutsche Reich unterstützt. Von der „Nachrichtenstelle für den Orient“ wurde die Propaganda koordiniert; ein besonderes Augenmerk galt den Sonderlagen für muslimische Kriegsgefangene. 12 Die Nachrichtenstelle veröffentlichte etwa während des Weltkriegs die in mehreren Sprachen herausgebrachte „Zeitung für mohammedanische Kriegsgefangene“, „El Dschihad“, die sich bemühte, muslimische Internierte davon zu überzeugen, dass der Sieg der Deutschen auch ihnen die Freiheit bringe und „das Joch“ beende. 13 Im September 1916 kam es auch zu einem Geheimtreffen zwischen deutschen Orientalisten und führenden muslimischen Vertretern in Berlin. Die Fatwas wurden erneuert und die Ermordungen des ägyptischen Khediven sowie der Sultane von Tunis und Marokko geplant, um Rebellionen zu provozieren. Das Deutsche Reich versprach, das Vorhaben mit fünf Millionen Reichsmark zu unterstützen. 14 Der Aufruf zu einem Jihad brachte deutsche Missionsgesellschaften, aber auch deutsche Orient- und Islamwissenschaftler in Erklärungsnot. Den kritischen Anfragen seines niederländischen Kollegen Snouck Hurgronje (1857–1936) begegnete Carl Heinrich Becker, damals Professor an der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn, mit dem Argument, dass dieser Jihad etwas völlig anderes sei als ein Religionskrieg:

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Council … as well as Sultan Mehmed Reşad V in his capacity as caliph of all Muslims. This third declaration was directed at all Muslims, and explained the contents of the religious decree in clearer, detailed language, thus trying to justify further why all Muslims should join the war against the Entente powers. All these documents were published in Arabic, Persian, Tatar, Urdu, as well as in Ottoman Turkish.“ Vgö- Beşikçi, Mehmet: The Ottoman…, a.a.O., S. 69. Vgl. dazu Höpp, Gerhard: Die Privilegien der Verlierer. Über Status und Schicksal muslimischer Kriegsgefangener und Deserteure in Deutschland während des Ersten Weltkriegs und der Zwischenkriegszeit, in: ders. (Hrsg.): Fremde Erfahrungen. Asiaten und Afrikaner in Deutschland, Österreich und der Schweiz bis 1945, Berlin 1996, S. 185–210. m-haditec GmbH: http://www.eslam.de/begriffe/e/el_dschihad.htm (Zugriff: 28.10.2017) (Zitat aus der ersten Ausgabe vom 5.3.1915). Die 86. Ausgabe der Zeitschrift wurde vom Deutschen Historischen Museum in Berlin ausgestellt: Stiftung Deutsches Historisches Museum: Lagerzeitung „El Dschihad“ für Kriegsgefangene muslimischen Glaubens (turko-tatarische Ausgabe), online unter: https://www.dhm.de/lemo/Bestand/objekt/d2y02465 (28.10.2017). Vgl. dazu auch Roy, Franziska/Liebau, Heike/Ahuja, Ravi: Soldat Ram Singh und der Kaiser. Indische Kriegsgefangene in deutschen Propagandalagern 1914–1918, Heidelberg 2014. Pesek, Michael: Jihad made in Germany. German propaganda in East Africa during the First World War, 1914–18, online unter: http://www.academia.edu/3677712/Jihad_made_in_Germany._German_propaganda_in_East_Africa_during_the_First_World_War_1914-18 (28.10.2017).

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Frieder Ludwig Es sind erwachende Nationalitäten, es ist das Asiatentum, das noch auf die überkommene Formel der gemeinsamen Religion hört, das damit aber bereits ganz andere Begriffe von Freiheit und Selbstbestimmung verbindet. 15

Sein Göttinger Kollege Enno Littmann vertrat ebenfalls die Ansicht, dass Deutschlands Engagement der Selbstbestimmung der Völker diene; er verwies in diesem Zusammenhang auf sein besonderes Forschungsgebiet Äthiopien: Die Kunde davon, dass Deutschland im Orient keine politischen Ziele verfolgt, dass es nicht auf Landerwerb ausgeht, sondern Absatzgebiete für seinen Handel sucht und das Prinzip der offenen Tür in gleicher Weise für alle Nationen aufrechterhält – diese Kunde war sogar bis zum fernen Abessinien gedrungen.

Ein Gouverneur im Norden des Landes habe ihm mitgeteilt, dass man sich in Äthiopien der Gefahr einer britischen Okkupation bewusst sei und dass „Deutschland das einzige Land sei, an das Abessinien sich in der Nöte würde wenden können“ 16. ÄTHIOPIEN Während des Krieges kam es durch den Regenten Lij Iyasu, der nach dem Tod Kaiser Meneliks II 1913 die Macht übernommen hatte, in der Tat zu einer Zuwendung zu den Mittelmächten; Wilfred Gilbert Thesiger, der britische Generalkonsul in Addis Abeba, beklagte dessen „intimate associations with adventures of the worst type and with Mohammedans, who are entirely pro-German“ 17. Li Iyasu verbrachte viel Zeit in den äthiopischen Provinzen und heiratete Töchter lokaler Führungspersönlichkeiten wie Ras Mengesha Seyoum von Tigre, Ras Hailu Tekle Haimenot von Gojam, Dejazmach Gumsa von Wollega, König Aba Jiffar von Keffa und anderen. Polygamie wurde von der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche nicht toleriert; und auch wenn Li Iyasu bestritt, zum Islam konvertiert zu sein, wurde er dessen doch verdächtigt. 18 Die Briten – zusätzlich alarmiert durch eine Expedition des deutschen Ethnologen und Freundes von Kaiser Wilhelm II, Leo Frobenius, nach Eritrea 191519 – taten alles, um diesen Eindruck zu verstärken und die ÄthiopischOrthodoxe Kirche für sich zu gewinnen. Der britische Major Hugh Drummond Pearson, der als Direktor of Surveys im Sudan Äthiopien 1916 und 1917 bereiste, berichtete etwa am 5. Februar 1916: 15 Becker, Carl Heinrich: Deutschland und der Heilige Krieg, in: Internationale Monatsschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik, Nr. 7, Leipzig 1915, S. 631–662, hier S. 655. 16 Vgl. Littmann, Enno: Der Krieg und der islamische Orient, in: Internationale Monatsschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik, Nr. 5, Leipzig 1915, S. 281–291, hier S. 284 17 W.G. Thesiger to Wingate in Kharthoum – 14 April 1916 (FO 371/2593) in Major Hugh Drummond Pearson, Letters from Abyssinia 1916 and 1917, edited by Frederic A. Sharf with commentary and annotations by Richard Pankhurst, Newburyport Press, 2004, S. 102, 103. 18 Vgl. Metaferia, Getachew: Ethiopia and the United States. History, Diplomacy, and Analysis, New York 2009, S. 21. 19 Vgl. How Ethiopian prince scuppered Germany's WW1 plans, online unter: http://www.bbc. com/news/world-37428682 (10.12.2019).

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We also have been very successful so far with the priests. I hope it is not very hypocritical of me, but I am playing up to them hard, as they are people of great influence; and we visit all the churches and present the priests with religious pictures of the patron saint of their particular church. 20

Im September 1916 wurde Li Iyasu aus der Orthodoxen Kirche exkommuniziert. Zewditu, die älteste Tochter Meneliks II., wurde Kaiserin; die Regentschaft übernahm Ras Tafari, der Gouverneur von Harar. Ras Tafari war über seine Großmutter väterlicherseits mit Menelik II verwandt; nach dem Tod Zewditus wurde er 1930 als Haile Selassie zum Kaiser gekrönt. Mit dem Machtwechsel waren die Weichen in Äthiopien in die Richtung einer Absicherung der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche gestellt; auch in anderen afrikanischen und asiatischen Ländern war die osmanische und deutsche Panislamismus-Variante in dieser Form nicht erfolgreich. 21 ÄTHIOPISMUS (ÄTHIOPIANISMUS) Der Machtwechsel in Äthiopien erregte international Aufsehen – zumal mit Kaiserin Zewditu nun seit langer Zeit eine Frau das Land repräsentierte: In verschiedenen Werken wird Zewditu als „the first woman to ascend the throne of Ethiopia since the Queen of Sheba“ eingeführt.22 Schon seit dem Sieg über Italien in der Schlacht von Adwa 1896 hatte Äthiopien an Bedeutung gewonnen: 1897 hatte der Afroamerikaner Benito Sylvain das Land besucht und im Jahr 1900 Äthiopien auf der Londoner panafrikanischen Konferenz 1900 repräsentiert. 23 1916 publizierte ein Pfarrer aus Baltimore, John William Norris, The Ethiopian‘s Place in History; zehn Jahre später erschienen J. E. Blayechettais The Hidden Mystery of Ethiopia und Drusilla Dunjee Houstons Wonderful Ethiopians of the Ancient Cushite Empire. Im Jahr 1922 besuchte A’Lelia Walker, eine der führenden Repräsentantinnen der Harlem Renaissance, Äthiopien; ihr wurde von Kaiserin Zewditu eine Audienz gewährt. 24 Im selben Jahr bemühte sich Ras Tafari, afro-amerikanische Fachkräfte für Äthiopien zu gewinnen 25, und am 3. August 1924 schrieb Marcus Garvey, Gründer der Universal Negro Improvement Association, an Kaiserin Zewditu.26

20 Pearsons from Achara Mariam, Lake Tsana: 7 February 1916, in: Major Hugh Drummond Pearson…, a.a.O., S. 70–71. 21 Vgl. Landau, Jacob M.: The Politics of Pan-Islamism. Ideology and Organization, Oxford 1990; Aydin, Cemil: The Politics of Anti-Westernism in Asia. Visions of World Order in PanIslamic and Pan-Asian Thought, New York 2007, S. 93–126 22 Vgl. z. B. Mockler, Anthony: Haile Selassie’s War, Oxford 1984, Reprint 2003, S. 4. 23 Vgl. Milkias, Paulos/Metaferia, Getachew (Hrsg.): The Battle of Adwa. Reflections on Ethiopia’s Historic Victory against European Colonialism, New York 2005, S. 203. 24 Vgl. Bundles, A’Lelia: Madam Walker Theatre Centre. An Indianpolis Treaure, Charleston 2013, S. 31; vgl. auch dies.: On Her Own Ground: The Life and Time of Madame C. J. Walker, New York 2001. 25 Vgl. Milkias, Paulos/Metaferia, Getachew (Hrsg.): The Battle of Adwa…, a.a.O., S. 205. 26 Vgl. The Marcus Garvey and Universal Negro Improvement Association Papers, Bd. V, S. 644.

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Garveys Universal Negro Improvement Association war eine 1914 gegründete politische Organisation, die nach Garveys Übersiedlung nach New York 1916 enorm an Auftrieb gewann; die Mitglieder rekrutierten sich auch aus den Kreisen heimgekehrter afro-amerikanischer Soldaten, deren Hoffnungen auf eine bessere soziale Stellung enttäuscht worden waren. Garvey wusste es, die Ressentiments zu bedienen; in einer Rede im Madison Square Garden am 30. Oktober 1919 rief er zu einem panafrikanischen Befreiungskampf auf: If we fight again, it will be to make the Negro free, and it will be the bloodiest war the world has ever seen. It will be a terrible day when the blacks draw the sword to fight for their liberty, I call upon you 400,000,000 blacks to give the blood you have shed for the white men to make Africa a Republic for the negro. 27

Garvey ging es darum, die Selbstachtung der Afroamerikaner zu fördern. Dies hatte auch eine religiöse Komponente: „You must forget the white gods“, so Garvey. „Erase the white gods from your hearts. We must go back to the native church, to our own true God.“28 Der kirchliche Äthiopismus in der UNIA wurde durch die Ernennung Alexander McGuires aus Antigua zum General-Kaplan der UNIA im August 1920 weiter gestärkt. McGuire, bisher der Anglikanischen (bzw. Episkopalen) Kirche verbunden, nahm nun den Titel „Erzbischof von Äthiopien“ an und betrachtete es als seine Aufgabe, eine universale Kirche für Menschen afrikanischer Herkunft zu organisieren. Bei der zweiten Generalversammlung der UNIA trug er seine Pläne zur Gründung einer „Church Ethiopic“ vor, mit denen er sich freilich nicht durchsetzen konnte. So gründete er am 2. September 1921 die African Orthodox Church. Diese breitete sich nach Südafrika (1924), nach Simbabwe (damals: Südrhodesien) und Uganda (1928) und später nach Kenia (1935) und Ghana sowie Nigeria (1944) aus. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Zeitschrift der UNIA, The Negro World. 29 Auch in Namibia (damals: Südwestafrika) war die Bewegung aktiv; in den AfrikaNachrichten von 1922 wird festgestellt, dass die Afroamerikaner „unseren Leuten den Anbruch einer neuen Zeit“ verkündigen. Sie stellen eine neue Kirche in Aussicht, die von den Eingeborenen geleitet würde. Sie predigen einen anderen Gott; der Gott der Weißen sei nicht der Gott der Schwarzen. Sie halten große

27 Dangerous Talk. Negro War Threats. Black Men „Sharpening Swords“ for Race War, New York, October 31, 1919, Enclosure in: ‚Memorandum on East and Central Africa‘ by Captain J. E. Phillips, M.C., and others, dating from 1917 to 1920, National Archives London WO 106/259, 15th February 1921. 28 Vgl. Padmore, George: Panafricanism or Communism? The Coming Struggle for Africa, London 1966, S. 92–97. 29 Vgl. Burlacioiu, Ciprian: „Within Three Years the East and the West Have Met Each Other in the African Orthodox Church.“ Die Genese einer missionsunabhängigen schwarzen Kirche im transatlantischen Dreieck USA-Südafrika-Ostafrika (1921–1950), Wiesbaden 2015; ders.: Expansion Without Western Missionary Agency and Constructing Confessional Identities. The African Orthodox Church Between the United States, South Africa, and East Africa (1921– 1940), in: The Journal of World Christianity, Nr. 1, New York 2016, S. 82–98.

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Versammlungen ab, weihten nachts die Gräber der Verstorbenen im Namen Garveys, des künftigen Präsidenten von Afrika. 30

Gerade in deutschen Journalen der 1920er wurde der Äthiopismus bzw. die „Gärungen unter den Farbigen Afrikas“ thematisiert; dies geschah freilich in der Absicht, die britische und auch die französische Kolonialpolitik, die zur Widerspenstigkeit herausfordere, zu diskreditieren. 31 Obwohl sowohl die Darstellungen in Deutschland wie auch die Berichte der äthiopistischen Bewegung selbst voreingenommen sind und zu Übertreibungen neigen, kann man den Ersten Weltkrieg wohl nicht als „Schwanengesang des Äthiopismus“ bezeichnen, wie es der eminente Kirchengeschichtler Ogbu U. Kalu getan hat. 32 Kalu hatte damit vor allem Westafrika im Blick, wo mit Edward Wilmot Blyden († 1912), James Johnson († 1917) und Mojola Agbebi († 1917) führende Vertreter der Bewegung im kurzen Zeitraum von fünf Jahren verstorben waren. In Südafrika hatte die 1892 gegründete Ethiopian Church von Magena Mokone ihren Zenit überschritten, aber neben der African Orthodox Church gewannen äthiopistische Kirchen wie die Church of God and Saints of Christ während und infolge des Krieges an Auftrieb.33 PROPHETISCHE UND CHARISMATISCHE KIRCHEN Freilich waren die Übergänge zu anderen Formen unabhängiger Kirchen zu nationalen Widerstandsbewegungen und auch zu Erneuerungsbewegungen in den traditionalen Religionen fluide. In seinem Memorandum hatte Phillips sehr diverse reli-

30 Afrika-Nachrichten, Leipzig 1922, S. 168, nach einem Bericht des Windhuker Missionars Meier, zitiert in: Engel, Lothar: Kolonialismus und Nationalismus im deutschen Protestantismus in Namibia, 1907 bis 1945, Bern/Frankfurt 1976, S. 194 31 Vgl. Afrika-Nachrichten, Leipzig 1925, S. 290 und dazu die Analyse von Engel, Lothar: Kolonialismus…, a.a.O., S. 195–196; vgl. auch Die äthiopische Propaganda, in: Neue Allgemeine Missionszeitschrift, Gütersloh 1925, S. 315: „Missionsdirektor D. Knak teilte in seinem Festbericht beim Jahresbericht der Berliner Missionsgesellschaft ein interessantes Schriftstück aus Südafrika mit. Es handelt sich um ein Geheimdokument mit der Überschrift: ‚Die Schwarzen über die Weißen, der unterirdische Funkspruch‘, das kürzlich entdeckt wurde. Es heißt in diesem Funkspruch, der bereits die Nummer 89 trägt, daß die schwarze Rasse ohne Waffen und Bundesgenossen, wie sie sei, sich allein durch die Kriege unter Weißen die Freiheit erkämpfen könne. Bücher, wie ‚Der Untergang des Abendlandes seien von den Schwarzen sehr ernst zu nehmen ... Man triumphiert darüber, daß den Negern erlaubt werde, im Rheinland Polizeidienste zu tun und eins der stärksten Völker durch einige bewaffnete schwarze Männer hilflos niederzuhalten. Dabei sei von besonderem Werte, daß man so für den europäischen Krieg ausgebildet werde.‘“ 32 Kalu, Ogbu U.: Ethiopianism in African Christianity, in: ders. (Hrsg.): African Christianity. An African Story, Trenton 2007, S. 227–243, S. 241: „It could be argued that after 1915 Ethiopianism as a movement started to lose momentum, so that by 1930 it had become disengaged from the religious terrain and merged into a larger Pan Africanist political movement that had operated since 1896 as a component of a larger ideology.“ 33 Lahuel, Badra: Ethiopiânism and African Nationalism in South Africa before 1937, in: Cahiers d'études africaines, Nr. 104, Paris 1986, S. 681–688.

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giöse Bewegungen subsumiert: Die von ihm erwähnten traditional-religiösen Nyabingi-Priesterinnen im Grenzland zwischen Uganda und Rwanda wandten sich gegen das Eindringen ausländischer Kräfte; während des Nyakishenyi-Aufstands im Jahr 1917 wurde eine Anglikanische Kirche sowie eine Moschee – beides Symbole fremden Einflusses – zerstört. 34 Auch wenn die Bewegung anti-missionarisch und anti-christlich geprägt war, hatte doch der christliche Milleniarismus die Bewegung beeinflusst. Es kam also zu einem Austausch und zu Wechselwirkungen in einem „Pool of Ideas“ 35. Manche afrikanische unabhängige Kirchen können sowohl als im Kontext traditionaler afrikanischer Religionen wie auch als charismatisch-christliche Erneuerungsbewegung verstanden werden. Ein Beispiel ist die Bewegung Garrick Sokari Braides (1883–1918) im südöstlichen Nigeria. Zentral für die Bewegung, die sich ab 1915 sehr schnell ausbreitete, waren die Berichte über Krankenheilungen, andere Gebets-Erhörungen, Visionen und Prophezeiungen. Eine wachsende Zahl von Menschen (einige Quellen sprechen von über einer Million Anhänger) sagten sich von den alten Gottheiten los und verbrannten deren Kultgegenstände („jujus“). Braide wurde als Prophet Elia II. anerkannt. Sein Einfluss beschränkte sich nicht nur auf das Niger-Delta, auch in der Ibo-Region entstanden „Garrick-Kirchen“. In seinem Aufsatz „A hundred years of change in Kalabari religion“ leitete die Braide-Bewegung in einen langfristigen Prozess religiösen Wandels ein und erklärt sie als Folge einer Weiterentwicklung des traditionellen Weltbilds. In der afrikanischen Religion, so Horton, gibt es die prinzipielle Unterscheidung zwischen einer Schöpfergottheit und den zahlreichen kleineren Gottheiten – wie zum Beispiel in der Kalabari-Religion den Wassergeister, den Heroen und den Ahnen. Die kleineren Gottheiten sind für den Schutz und die Aufrechterhaltung der gemeinschaftlichen Strukturen verantwortlich. Gelingt ihnen dies nicht, können sie auch abgeschafft werden: Sie sind von der Verehrung abhängig. Bedingt durch Eingriffe der Kolonialverwaltung, war das frühe 20. Jahrhundert für die Einwohner Kalabars eine Zeit dramatischer Veränderungen. Es wurde jedem Kalabari klar, dass das Leben in seiner bisherigen Form nicht weitergehen konnte. Vor diesem Hintergrund begreift Horton die Zerstörung von Kultgegenständen der traditionalen Religion, wie sie durch die Garrick-Braide-Bewegung vorgenommen wurde, als logisch und rational. 36 Andererseits kann die Bewegung auch als christlich-charismatische Erneuerungsbewegung begriffen werden: Nathaniel Ndiokwere und Lamin Sanneh haben darauf aufmerksam gemacht, dass durch die Übersetzung der Bibel in einheimische

34 Vgl. Hansen, Holger Bernt: The Colonial Control of Spirit Cults in Uganda, in: Anderson, David/Johnson, Douglas H. (Hrsg.): Revealing Prophets: prophecy in Eastern African history, London 1995, S. 143–163, insb. S. 146–148; auch Hopkins, Elizabeth: The Nyabingi Cult of Southwestern Uganda, in: Rotberg, Robert I./Mazrui, Ali A. (Hrsg.): Protest and Power in Black Africa, New York 1970, S. 258–336. 35 Boahen, A. (Hrsg.): General History of Africa: Africa under Colonial Domination, 1880–1935, London 1990, S. 280. 36 Vgl. Horton, Robin: A Hundred Years of Change in Kalabari Religion, in: Middleton, John (Hrsg.): Black Africa, London 1970, S. 192–211.

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Sprachen eine Neuinterpretation der christlichen Botschaft möglich wurde37, und in der Tat war die Heilige Schrift für Braide, der seine Karriere als Katechet der Anglikanischen Kirche begonnen hatte, zentral. Dabei finden sich Ansätze zu einer afrikanischen Theologie wie etwa in seiner Interpretation der Erzählung von Jakob und Esau (1 Mos 27). Der rechtmäßige Erbe Esau war von seinem Bruder Jakob um sein Erstgeburtsrecht betrogen worden. Der Vater Isaak, der den falschen Sohn gesegnet hatte, versuchte, Esau mit folgenden Worten zu beschwichtigen: „Du wirst der Sklave deines Bruders sein, doch eines Tages stehst du auf und wehrst dich und wirfst sein Joch von deinen Schultern ab.“ Braide sah das Schicksal der afrikanischen Bevölkerung symbolisiert in der Figur des Esau. Der eigentliche Segen Gottes, so seine Interpretation, stünde den schwarzen Menschen zu. 38 1 Kön 2 („Als David sein Ende nahen fühlte, sagte er zu seinem Sohn Salomo: Meine Zeit ist abgelaufen. Nun kommt es darauf an, dass Du deinen Mann stehst.“) legte er dahingehend aus, dass die Tage der europäischen Kolonialherrschaft ihrem Ende zugingen und dass es für die einheimische Bevölkerung an der Zeit sei, selbst Verantwortung zu übernehmen.39 In diesem Zusammenhang wertete er den Krieg als Strafe für die Europäer. „Dieser Krieg ist Gottes Züchtigung, Gottes Strafe“, sagte er später bei seinem Prozess aus. 40 Die Bewegung hatte sich abseits der großen Zentren im Niger-Delta entwickelt, aber sie wurde auch in Lagos wahrgenommen. Als die öffentliche Kritik an Braide – vorgetragen nicht nur durch britische Missionare und Kolonialbeamte, sondern auch durch afrikanische Anglikaner – zunahm, erschienen in der westafrikanischen Presse Darstellungen, die die Bewegung verteidigten. „The movement is the outcome of the way God has been pleased to use Mr. Garrick Braide“, wurde im Lagos Weekly Record im Februar 1917 festgestellt 41, und am 18. November 1918 hieß es in derselben Zeitung: The God of the Negro it would seem has arisen as a strong man from a deep sleep and ... already has begun to raise up instruments of his own sweet will. Prodigees like Garrick or William Waddy Harris are neither impossible nor false prophets. They are mere temporary manifestations of his own sweet will.

Zu den Organisatoren der Bewegung nach dem Tod Braides (er starb 1917 kurz nach der Entlassung aus der Haft) gehörte J. G. Campbell, der den Titel „Patriarch“

37 Vgl. Ndiokwere, Nathaniel I.: Prophecy and revolution. The role of prophets in the Independent African churches and in Biblical tradition, London 1981; Sanneh, Lamin: Translating the Message. The missionary Impact of Culture, Maryknoll 1989. 38 NAE, DEGDIST 7/1/34: Supreme Court, Rex vs. Garrick Braide 29.11. 1916, Aussage Braides. 39 NAE DEGDIST 7/1/34 Supreme Court, Rex vs. Garrick Braide, 27.11. 1916 (2nd main trial), Aussage Sunday George Will, S. 68a. 40 National Archives Enugu: DEGDIST 7/1/34: Criminal Record Book; Supreme Court of Nigeria, Degema District: Rex vs. Garrick Braide, 29.11. 1916. Zu Braide vgl. auch Ludwig, Frieder: Kirche im kolonialen Kontext. Anglikanische Missionare und afrikanische Propheten im südöstlichen Nigeria, 1879–1918, Frankfurt/Bern 1992. 41 S.A. Coker, The Truth About Garrick Braide Lately Designated Elijah II, in: Lagos Weekly Record, 10 Feb. 1917.

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annahm. Campbell war auch politisch aktiv; er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des National Congress of British West Africa in Nigeria. In seinen Veröffentlichungen griff er zum einen Nigerianer an, in denen er Kollaborateure der britischen Kolonialherrschaft sah. Dazu gehörte Hon. Kitoyi Ajasa, Mitglied des nigerianischen Konzils und Herausgeber des Nigerian Pioner. Dieser hatte sich über den National Congress lustig gemacht und unter anderem behauptet, dass die Organisation auch nicht ganz uneigennützig sei. Campbell bezeichnete die Bemerkungen als ungerechtfertigt; nur Verräter könnten sich über eine solche Aussage freuen. 42 Am Beispiel Nigerias zeigt sich also, dass es Verbindungen gab zwischen prophetisch-heilenden Kirchen, die eher an der Peripherie entstanden, und der äthiopistischen intellektuellen Szene in Lagos, der es um Emanzipation und Selbstbestimmung ging. Aber auch die Verbindungen zwischen Missionskirchen und unabhängigen afrikanischen Kirchen waren fluide; die Mitstreiter Braides gründeten erst eine eigene Kirche, nachdem sich die Anglikanische Kirche von ihnen getrennt hatte. Auch der von Philipps erwähnte John Chilembwe (1870–1915) ist nicht ganz eindeutig zuzuordnen, denn es finden sich sowohl charismatische wie äthiopistische Elemente in seiner Botschaft. Chilembwe wurde während des Ersten Weltkriegs in Nyassaland (Malawi) zu einer Führungspersönlichkeit, die die Europäer scharf angriff. Er bezog sich direkt auf die Kriegsereignisse. In der Nyasaland Times vom 26. November 1914 schrieb er: Wird es nach dem Ende des Krieges gute Aussichten für die Einheimischen geben? Werden wir anerkannt werden als jemand (Persönlichkeiten) – wie alle anderen auch, in den besten Interessen der Zivilisation und des Christentums, nachdem der große Kampf beendet ist? In Friedenszeiten schaffte es die Regierung nicht, den Unterdrückten zu helfen; in Friedenszeiten gab es alles nur für die Europäer. [...] Aber in Kriegszeiten wird nun erkannt, daß wir die Bedrängnisse mittragen und unser Blut in Gleichberechtigung vergießen müssen. 43

Am 23. Januar 1915 revoltierte eine Gruppe von Chilembwe geführter Afrikaner. Einige Europäer wurden umgebracht, aber die Frauen und Kinder blieben verschont. Kurz darauf ging die Kolonialverwaltung gegen die Bewegung vor, Chilembwe wurde auf der Flucht erschossen, seine Kirche zerstört. 44 Ähnliches gilt für die Bewegung Enoch Mgijmas, der aus der äthiopistischen Church of God and Saints of Christ 1918 exkommuniziert wurde. Der Grund dafür lag in Visionen, die in seiner Auslegung darstellten, dass die weißen Leute von den Afrikanern zermalmt werden würden. Nach der Exkommunikation gründete Mgijima die sogenannte Israeliten-Kolonie bei Queenstown, der er als „Bischof,

42 „An Open Letter from the Very Revd. J. G. Campbell, Patriarch of the West African Church and Presiding Patriarch of the Christ Army Church G.B.C, to the Hon. Kitoyi Ajasa, Member of the Nigerian Council & Editor of the Nigerian Pioneer.“ Der Brief wurde am 17. November verfasst, aber erst am 29. November 1920 veröffentlicht. 43 Shepperson, George/Price, Thomas: Independent African. John Chilembwe and the Origins, Settings and Significanc of the Nyasaland Native Rising of 1915, Edinburgh 1958, S. 234–235, zitiert auch in Hastings, Adrian: The Church in Africa 1450–1950, Oxford 1994, S. 484. 44 Vgl. Shepperson, George/Price, Thomas: Independent African…, a.a.O., S. 285.

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Prophet und Wächter“ vorstand.45 Da die ca. 300 Hütten ohne staatliche Erlaubnis errichtet worden waren, griff das Militär am 24. Mai 1921 ein; als sich die „Israeliten“ dem mit Speeren und Knüppeln bewaffnet entgegenstellten, wurden 117 von ihnen durch die Maschinengewehre der Gegenseite getötet. Eine längerfristige Folge dieser gewalttätigen Auseinandersetzung war die Einsetzung einer Untersuchungskommission, die auch den Gründen für die Entstehung und Verbreitung der unabhängigen Kirchen nachgehen sollte. Sie kam nach langer Zeit der Beratung zu dem Ergebnis, dass „die Bewegung geduldet werden sollte, solange sie nicht schädlich ist, und daß sie gefördert werden sollte, wo sie ehrenwerten Motiven entspringt und in gutem Einvernehmen mit der Regierung arbeitet“. Voraussetzung für die Anerkennung war ein zehnjähriges Bestehen und der Nachweis eines gesunden organisatorischen Wachstums mit einer Verfassung, Schulen, Gebäuden und anderen Ausbaumaßnahmen. Die Entscheidung über die staatliche Anerkennung lag bei der „Kommission für Eingeborenenangelegenheiten“. 46 Die ebenfalls von Philipps genannte Malakitenkirche entstand um 1913 in Uganda und gewann während des Weltkriegs an Einfluss. Der Name – Malakiten oder Bamalaki – bezog sich auf den Gründer, Malaki Musajakawa. Insider nannten die Bewegung auch K.O.A.B. – die Abkürzungen stand für „Katonda Omu Ayinza Byona“, übersetzt „Gott ist allmächtig“. Die Bewegung lehnte unter Bezug auf Jeremia 41,11 („Geh hinauf nach Gilead und hole Balsam, Jungfrau, Tochter Ägypten! Aber es ist umsonst, dass du viel Heilmittel gebrauchst; du wirst doch nicht heil.“) westliche Medizin ab und befürwortete Polygamie. Sie geriet ab 1921 in Konflikt mit der Kolonialverwaltung; 1926 wurde Malaki nach Norduganda exiliert, wo er an den Folgen eines Hungerstreiks starb. 47 ENTWICKLUNGEN IN DEN MISSIONSKIRCHEN Viele der unabhängigen Kirchen hatten sich von den Missionskirchen abgespalten, in denen durch den Weggang der meisten europäischen Missionare im Weltkrieg ein Machtvakuum entstanden war. Ein Bericht aus Kamerun hilft, die Situation zu verdeutlichen: Nach der Ausweisung fast aller deutschen und schweizerischen Mis-

45 Vgl. Sundkler, Bengt: Bantupropheten in Südafrika, Stuttgart 1964, S. 80, 81; Lahuel, Badra: Ethiopiânism and African Nationalism in South Africa before 1937, in: Cahiers d'études africaines, Nr. 104, Paris 1986. S. 681–688, hier S. 683: „The prophet Mgijima was dismissed by the Church of God and Saints of Christ because his visions threatened social order He claimed to have seen stone rolling down mountain side and sweeping away those at the foot as well as baboon which in the end benefited from the damage caused by two fighting white goats The as followers called themselves believed that these visions foreshadowed the White downfall …“ 46 Sundkler, Bengt: Bantupropheten…, a.a.O., S. 82, 83 unter Verweis auf die Kommissionsberichte von 1932 (sic!) und 1937. 47 Vgl. Oded, Arye: Religion and Politics in Uganda. A Study of Islam and Judaism, Nairobi 1995, S. 80.

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sionare im September 1914 übernahmen vielfach kamerunische Mitarbeiter Verantwortung.48 Dies geschah freilich nicht ohne Aushandlungsprozesse, denn die Autorität der neuen indigenen Kirchenleitungen wurde keineswegs selbstverständlich anerkannt. Dies wird überaus deutlich in einem Brief des Lehrers Andr. Etia in Bonebela (Duala) an Missionar Fritz Bärtschi vom 15. September 1915. Etia führte zunächst aus, dass die Sachen, die Bärtschi dem Häuptling übergeben habe, gestohlen und geraubt worden seien, besonders die Schulsachen und die Bücher, die in den Kisten waren. Sie nahmen Türen und Fenster(läden) aus allen Räumen mit. Die Schulbänke schlugen sie alle auseinander und machten sich davon Türen, Tische und Särge.

Außerdem waren die Räume stark verschmutzt, sodass eine großangelegte Reinigungsaktion durchgeführt werden musste. Bei einer Zusammenkunft von Christen aus verschiedenen Gebieten gab es eine „aufrührerische“ Fraktion, zu der insbesondere die „Ausgeschlossenen“ zählten. Diese erklärten Etia, dass er jetzt nichts mehr zu sagen habe in den Gemeindeangelegenheiten, denn wir alle seien ‚Gefallene‘, sie (die Ausgeschlossenen – F. L.) dagegen wollten die Gemeinde aufs Beste ordnen. – ‚Ich selber sei den Weissen Lehrer gewesen, aber weil diese nicht mehr da seien, sei es besser, ich gehe auch. ... Diese Ausgeschlossenen gedachten nämlich, wenn ich weg sei, ihre eigene Meinung in der Gemeinde aufzurichten, dass z. B. einer der zwei Frauen habe, trotzdem in der Gemeinde bleibe. Denn dieses Gebot (oder Verbot) sei von den Weissen aufgestellt, nicht von Gott! ... Sie verdrehten auch vielen Heiden die Köpfe mit ihren Reden: ‚Die deutsche Mission hat ein Ende!‘ Wir sagten ihnen freilich, wir seien weder auf die Deutschen noch auf die Engländer getauft, sondern auf Gott den Vater, den Sohn und den heil. Geist. 49

Dadurch, dass die kirchlichen Strukturen in der Umbruch- oder Wendezeit des Weltkriegs angefochten waren, mussten sich auch die Missionskirchen neu orientieren. Selbst in der katholischen Kirche vollzog sich ein tief greifender Einschnitt, denn auch hier waren die Gemeinden durch Basisbewegungen herausgefordert (in Indien etwa durch indigene katholisch-protestantische Vereinigungen). Papst Benedikt XV. mahnte Ende 1919 dazu, sich jeder politischen Betätigung zu enthalten, denn das Wirken der Missionare für die politischen Interessen anderer Mächte sei eine „wahre Pest“ (vera pestis) gewesen. Und in der Enzyklika Maximum Illud vom 30. November 1919 empfahl Papst Benedikt den Missionsoberen, lokale, indigene Priester „Diener des Heiligtums“ auszuwählen, sie zu erziehen und anzuleiten, damit sie später eine selbstständige Kirchenhierarchie bilden könnten.50 Die katholische Kirche ist in keinem Land ein Eindringling; noch ist sie irgendeinem Volk fremd. Es ist also nur richtig, dass diejenigen, die ihren heiligen Dienst ausüben, 48 „Licht im Dunkel“, in: Der Christen-Bote, Nr. 33, Stuttgart 19-08-1917, S. 263. Zur Situation in Kamerun vgl. Schulte-Varendorff, Uwe: Krieg in Kamerun. Die deutsche Kolonie im Ersten Weltkrieg, Berlin 2011. 49 Missionsarchiv Basel E-04.3, „Weltkrieg und Gefangenschaft“, Kamerun. Brief des Lehrers Andr. Etia in Bonebela (Duala). Bonebela, 15. September 1915. 50 Vgl. Nicht Herr, sondern Bruder, in: Der Spiegel, 10.09.1958, online unter: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41759064.html (10.12.2019).

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von jeder Nation kommen sollten, damit sie im Gesetz Gottes und auf dem Weg zur Erlösung führen können. Auch in der internationalen protestantischen Missionsbewegung gewannen nun die Themen Bildung und Ausbildung zur Übernahme von Selbstverantwortung an Bedeutung; dabei konnte man mit liberalen britischen Kolonialbeamten zusammenarbeiten. Die Idee eines „gemäßigten Nationalismus“ wurde in diesem Zusammenhang aufgegriffen und kam auch in den Diskursen westafrikanischer christlicher Eliten zum Ausdruck. Ein prominenter afrikanischer Vertreter dieses Gedankens nach dem Ersten Weltkrieg war Dr. James Emman Kwegyir Aggrey (1875–1927), der in den USA studiert hatte und 1927 stellvertretender Prinzipal des Achimota Colleges, einer Eliteschule in Accra (Ghana), wurde. Aggrey erklärte bei einer Missionskonferenz in Atlantic City 1922, dass Internationalismus Nationalismus voraussetze und dass es keinen Internationalismus oder Ökumenismus geben könne, bevor man guten Nationalismus habe. Nationalismus sei als Selbstachtung und Selbstrespekt zu verstehen, Pluralismus, nicht Homogenität die Ordnung der Zukunft. 51 Jede Art von Einseitigkeit war Aggrey fremd. Ein Bild, das er häufig gebrauchte und das später zum Emblem des Achimota Colleges werden sollte, war das Klavier mit seinen weißen und schwarzen Tasten: Es sei zwar möglich, nur auf den weißen Tasten zu spielen oder nur auf den schwarzen, aber man brauche beide, um harmonische Musik machen zu können.52 Aggrey hatte auch außerhalb der Kirchen auf die Entwicklung der Nationalbewegung Einfluss. Kwame Nkrumah, der erste Präsident Ghanas, schrieb, dass er durch Aggrey zum Nationalisten geworden sei.53 SCHLUSSBEMERKUNGEN Die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs waren in Afrika mit einer Vielzahl religiöser Dynamiken verbunden: Es kam zur Neuformierung traditionaler Religionen ebenso wie zur Neugründung afrikanischer unabhängiger Kirchen. Dabei waren die Übergänge, auch diejenigen von äthiopistischen zu charismatisch-prophetischen Kirchen, fließend. Kolonialbeamte versuchten, im Sinne ihrer jeweiligen Regierungsinteresses auf religiöse Bewegungen Einfluss zu nehmen. Das gelang freilich nur bedingt, denn die Vereinnahmungsversuche etwa der panislamischen Bewegung durch das Deutsche Reich waren nicht allzu überzeugend. Ebenso blieb der Äthiopismus ein wichtiger Faktor, auch wenn dessen Einfluss in der Wahrnehmung durch in dieser Zeit besonders sensibilisierte Kolonialbeamte und Missionare möglicherweise übertrieben wurde. Doch auch aufgrund dieser Übertreibungen und der 51 Zitiert in: Utuk, Efiong: From New York to Ibadan. The Impact of African Questions on the Making of Ecumenical Mission Mandates, 1900–1958, New York et al. 1990, S. 75, 83 ff. 52 U. a. zitiert in: Boamah-Wiafe, Daniel: Dr. James Emman Kwegyir Aggrey of Achimota: Preacher, Scholar, Teacher, and Gentleman, in: Conyers, James L. (Hrsg.): Black Lives. Essays in African American Biography, New York 1999, S. 182–196, hier S. 187. Vgl. auch Smith, E.: Aggrey of Africa, 1929. 53 Vgl. Nkrumah, Kwame: The Autobiography of Kwame Nkrumah, London 1957, S. 14.

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Sorge, die Kontrolle über die Dynamiken zu verlieren, entstanden neue Spielräume für die afrikanischen christlichen Eliten in den Missionskirchen. Angehörige dieser Eliten engagierten sich auch in den Nationalbewegungen ihrer Länder: 1912 wurde der African National Congress, 1923 die Nigerian National Democratic Party und 1929 die Tanganyika African Association gegründet. Ob diese Organisationen den „gemäßigten Nationalismus“ vertraten, den Philipps sich gewünscht hatte, sei einmal dahingestellt.

THE FIRST WORLD WAR AND ITS IMPACT ON LUTHERAN MISSION SOCIETIES IN INDIA Jayabalan Murthy INTRODUCTION “Every German is a potential spy.” 1 This was the common understanding of the British government regarding German missionaries during World War I. Due to this false ideology, the German missions and missionaries faced unique problems in their mission fields. The dubious perception of German missionaries and mission societies by the British created crises among the German Lutheran missions in India, and completely interrupted missionary activity from 1914–1918. In this paper I am going to explore the problems faced by German Lutheran missionaries, the accusations made by the British government and some English missionaries, and the essential steps taken by other Lutheran mission enterprises to help the German Lutheran missionaries and societies. THE FIRST WORLD WAR AND INDIA India’s involvement in the First World War as a branch of the British Empire had deep political, economic, social, and military implications. For the government, it proved a stunning problem to convince the Indian people to support the war efforts; for the Indian leaders it proved equally difficult to support the government in its wartime objectives while fighting for national aspirations. 2 The participation of India in the First World War was not reliant on the will of her people, for India was not a free nation. It was part of the British Empire; whenever Great Britain was at war India also became a party to it. But the recent British wars had not necessitated the support of the princes and the populace, so the Indian people had not been consulted. However, taking into account the magnitude of the first global war vis-à-vis the growing political consciousness in India, the British government thought it necessary to draw the cooperation of the princes and the people by adopting such subtle means, such as the king’s direct message to Indians for help. It was recognized that India enjoyed a special position in the Empire – and

1 2

Lucas, Bernhard: The Positions of German missionaries in India, in: The Harvest Field, no. 8, Madras 1915, p. 290. Cf. Budheswar, Pati: India and the First World War, Delhi 1996, p. 1

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with her vast population and resources she was expected to play a leading role in the war, superior to that of the other British colonies. 3 The Indian princes, from the very beginning, came forward to render all possible help. In fact, they were bound by treaty obligations to help the paramount power whenever called upon to do so. Moreover, their very survival as princes depended on the power of Britain. Their loyal help to the sovereign was part of their calculated selfinterest. Similarly, the landed aristocracy and the big mercantile class lent their support to safeguard their vested interests. The bureaucracy, of necessity, stood solidly behind the government and found itself in a better position to tighten its hold on the administration by means of rigorous censorship and the Defense of India Act of 1915. 4 First, India was drawn into the geographic range of the war. Mesopotamia was significant because it was on the northern route to India. East Africa became of vital interest whether for attack or defence, and India was involved from the outset. At once, Indian troops were offered for service. Indians took their part in the armies which fought in France and still more in Mesopotamia, Egypt, and East Africa. Among them were many members and adherents of the Christian church; but with these were a far greater number of Hindus and Muslims. Never before had India participated on such a scale in the western world. This fact led to a new understanding of the place that India had to take upon the world stage. 5 Indian Christian soldiers It very interesting aspects really Indian Christians involved in British Army? The answer is yes indeed the Indian Christians involved in British Army. Rev. A.G Cowie and sent two photographs of Indian Christian soldiers, writes from RawalPindi, North-West India: - “ The photographs are of the 71st Panjabi Christian Regiment. The congregation in Pinidi numbers 250. The military element is well to the force: detachments for musketry from the 71st Panjabis, and a good many members of the Army Mechanical Transport. The Whilom British cavalry lines are now motor-lorry news. A short time ago five of our young men went to join the 71st Panjabi Christian Regiment, one as a clerk one as a private, and there as officers. It was refreshing to see them come home on leave at Christmas. The photos show how well set up they are. 6

British officials attempted to form companies of Indian Christian soldiers in the Madras Presidency, but the attempt was not successful. 7

3 4 5 6 7

Cf. Budheswar, Pati: India and the First World War, Delhi 1996, p. 1. Cf. ibidem. Cf. Oldham, J. H.: A Survey of the Effect of the War upon Missions, in: The International Review of Missions, no. 4, Edinburgh 1919, p. 437. Indian Christian soldiers, in: The mission field, no. 749, London 1918, pp. 73–74 Cf. ibidem.

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WORLD WAR I AND GERMAN MISSIONS The outbreak of the First World War imposed difficulties on all German missions. Even those unhindered by conflict in their homeland often found it impossible to transmit money. Much travel was halted. Markets everywhere were in confusion. German missions were drastically affected, the since international cooperative missionary endeavor focused upon them. We must briefly examine their plight. 8 German Protestant missions conducted their work largely in British territory or in German colonies taken over by the allied powers. Conflicting statistics confuse the picture, but the German missionary society’s official report to the foreign office in Berlin shows that at the war’s outbreak nearly 1,900 missionaries, including wives and single women, held the field. They ministered to approximately 630,000 baptized Christians and were responsible for approximately 215,000 pupils in their schools. 9 GERMAN LUTHERAN MISSION ENTERPRISES IN INDIA Five German Protestant societies – the Gossner (Berlin II), Basel, Leipzig, Breklum, and Hermannsburg (German mission societies were usually named for their founder or the city in which the home office was located) – had fields in India. 10 One German source stated that 400 men and women (out of a total German Protestant missionary force of 1,417 in 1911) labored in 114 stations in five different fields on the sub-continent. 11 According to Austen Chamberlin, the secretary of state for India, the number may have been even greater. He reported to the House of Commons on June 23, 1915, that 627 “enemy alien” missionaries were there, most of them Germans.12 India was significant among the German fields. The Gossoner mission in the Ganges region, the Brekulm mission in the Vizagapatam district, the Hermannsburg and Leipzig works in south India, and the Basel enterprise on the southwestern coast were all notable operations. 13 Four of the societies were Lutheran. Their missionaries were mainly craftsmen and farmers with a deep faith and commitment to the work of Christ. They usually trained at the mission seminaries that each society operated rather than at university 8 9 10

11 12 13

Letter from S. Knak on behalf of the German missions to the international missionary council, October 9, 1934. On file at Edinburgh House and Day Mission Library. Cf. Hogg, W. R.: Ecumenical Foundations. A History of the International Missionary Council and its Nineteenth Century Background, New York 1952, p. 167. Cf. Pierard, Richard V.: The Preservation of Orphaned German Protestant Missionary Works In India During World War I, in: van der Heyden, Ulrich/Becher, Jürgen (eds.): Mission und Gewalt. Der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000, p. 497. Cf. Lehman, Arno: Der deutsche Beitrag, in: Brennecke, Gerhard (ed.): Weltmission in ökumenischer Zeit, Stuttgart 1962, p. 164. As of the beginning of April, the figures were: 115 interned, 70 under compulsory house arrest, and 442 still at liberty. Cf. House of Commons debates, 72, 23 June 1915–9, Ottawa, p. 1165. Lehman, Arno: Der deutsche Beitrag…, op. cit., p. 164.

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theological faculties. The largest was the Gossoner mission, which began working in India in 1845. Its founder was Johannes Gossoner (1773–1858), a remarkable individual of deep piety who had initially been a Catholic clergyman and then converted to Lutheranism. He ran a one-man missionary agency that was converted after his death into a regular organization, the Evangelical Mission Society of Berlin. (It was also known as Berlin II to distinguish it from the older Berlin Mission Society, whose fields were in Africa and China.) Although it did minor work in Assam, its main enterprise was the mission in Chota Nagpur, a region in Bihar two hundred miles west of Calcutta that was populated by aboriginal tribes. Headquartered at Ranchi, it launched successful work among several indigenous groups generically labeled as Kols.14 In 1868–69 an internal struggle broke out among the Gossner missionaries and the Anglicans decided to go into the field. Within a few years, both groups (and the Roman Catholics as well) had large, flourishing churches in Chota Nagpur. The Gossner missioners had 21 main stations, 308 schools, several hospitals (including the foremost leper asylums in India), and a Christian community numbering around 90,000, thus making it the largest German Lutheran body in India. 15 In Tamil Nadu in southeast India was the well-established mission of the Leipzig Evangelical Lutheran Mission society. It had built on the eighteenth-century tradition of German missionaries in the region, and in 1913 had 33 main stations staffed by 25 male missionaries and 9 female missionary-teachers, 260 schools, and a community of 19,408 Christians. It also worked closely with the small Swedish Lutheran mission in the area. Farther north, about halfway between Madras and Calcutta in Jeypore state, was the work of the Schleswig-Holstein Evangelical Lutheran Missionary Society (or Berkulm Mission). Founded in 1876 by the deeply devout pastor Chrstian Jensen (1839–1900) and headquartered in a village in far northern Germany, it sent its first missionaries to India in 1881. It possessed 12 main stations under the care of 23 male and 7 single women missionaries, with 60 schools and 14,000 baptized Christians. A short distance north of Madras was the field of the Hanover in Hermmansburg Missionary Society, which was opened by August Mylius in 1865. There, 13 expatriate workers ministered at 8 stations and 2,700 baptized Christians were reported.16 In southwestern India was the field of the Basel mission, a reformed body with its seat in Switzerland and its support base in southwestern Germany. It had substantial enterprises in West Africa (Gold Coast, Togo, and Cameroon) and China, as well as India, where the first missionaries arrived in 1834. In 1913 the Basel work was staffed by 99 European missionaries and teachers (plus spouses) who maintained 26 stations and 211 schools and reported 19,762 baptized Christians. One-third of the society’s entire budget was expended here. Many of its missionar14 The Kol are an ancient tribal community, one of the original inhabitants of northern and central India. 15 Cf. Chatterton, Eyre: A History of the Church of England in India, London 1924, pp. 282–297; Gibbs, M. E.: The Anglican Church in India, New Delhi 1972, pp. 236–240. 16 Cf. Oldham, J. H.: German Missions, in: International Review of Missions, no. 4, Edinburgh 1919, pp. 460–464.

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ies were actually engaged in the “Basel Industrials,” a handicraft enterprise (weaving and tile making) that was the defining feature of the mission. This provided a livelihood for Christians who were outcasts from their indigenous society because of their faith. Since the factories prospered, the income derived from the industrials helped to finance the rest of the mission operation.17 THE FIRST WORLD WAR AND THE DESTRUCTION OF GERMAN MISSION WORK At first it had appeared that the Germans would be allowed to continue ministering at their mission stations. The Anglican bishops in India issued a statement in which they counseled moderation. However, the rabid anti-German feeling that prevailed in Britain quickly spread to India, especially among the European and Europeanized ruling class. Within weeks after the outbreak of the war, the British-controlled government of India ordered the round-up and detention of all civilians of German and Austro-Hungarian nationality, including missionaries. Some of the latter were placed temporarily on parole; they were allowed to continue working but under strict supervision by local officials. They also had to sign a formal statement promising to engage in no hostilities against Britain. Others were transported directly to internment camps, where the men of military age were segregated from the older ones and placed in separate prisoner-of-war compounds. Soon after, family members were detained as well. The most notorious of these camps was Ahmadnagar (also called Ahmednagar; the following section presents a detailed account of this camp) 18 In 1916, women, children, and older men (mainly those over fifty-five) were repatriated to Germany on two voyages of the Golconda, an ageing and overcrowded steamer, while the younger men remained confined in either India or Egypt.19 This steamer made two disturbing journeys to Europe deporting women, children, and old men. Only fifty-two people who held Swiss, British, or other nonGerman passports were allowed to remain in India. Help was received from American, Swedish, and Danish Lutherans and some British mission societies to enable a portion of these ministries to continue functioning. 20 The deep doubt which the British authorities in India had toward the missionaries was reflected in an article published in The Nineteenth Century and After. The author mentioned that “in the present excited state of the German mind hymns of hate evoke almost the same pious and religious fervor as Hallelujahs.” According

17 Cf. Pierard, Richard V.: The Preservation of…, op. cit., p. 498. 18 The camp is described in von Tucher, Paul: Nationalism. Case and Crisis in Missions. German Mission in British India, Erlangen 1980, pp. 71–73. 19 Cf. ibidem. 20 Cf. Pierard, Richard V.: World War I, the Western Allies, and German Protestant Mssions, in: van der Heyden, Ulrich/ Liebau, Heike (eds.): Missionsgeschichte, Kirchengeschichte, Weltgeschichte. Christliche Missionen im Kontext nationaler Entwicklungen in Afrika, Asien und Ozeanien, Stuttgart 1996, p. 366.

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to thee German missionaries in India, their compassionate and understanding character and “the influence and respect they command among the population at large, as well as the medical, social and educational services they perform render them doubly dangerous in a crisis like the present.” They are “frankly and avowedly of hostile nationality,” and “it is dangerous to allow them too great latitude, merely because they are engaged in missionary enterprise.” The reason being that it would be impossible for them to render religious, moral, educational, and medical services to British subjects in a way that the “enemy sympathies in them” would be duly neutralized in the remote and isolated places where they labored. The higher Bristish authorities were not in a position to detect “the abuses of their influence, namely the subtle shades by which a sermon or conversations pass from the religious sphere and assume a political character.” “The chief impact of German missionary propaganda” is on the lowest classes, “whose ignorance and remoteness from educated opinion makes them easy victims to any political suggestions hostile to our Europe.” “In other words, the very existence of the German missionaries undermines the authority of the British raj among the common people. For the sake of security and tranquility they should be either interned or cleared out of India.” 21 Allegations against the German missionaries The accusations against the German missionaries are contained in the following three sentences: 1. They spread unrest and sedition in order to further German interests. 2. They have betrayed the confidence and hospitality extended to them. 3. Evidently, loyalty to Christ has been suppressed in favor of loyalty to Germany: they are Germans first and missionaries afterwards. 22 These accusations are so massive that if the German missionaries in India are such people, the English missionaries’ suggestions of internment and expulsion are quite correct. And indeed, they would be. 23 Reply by German missionaries to the allegations 24 But most respected and reverend colleague, have you anything in the way of real proof to show that we German missionaries or some percentage of our number are such disgraceful men and missionaries? If you can prove it, please prove it and do 21 Ali, A. Yusuf: German Missionaries in India, in: The Nineteenth Century and After 78 (August 1915), pp. 280–290. Cf. Pierard, Richard V.: The Preservation of Orphaned German Protestant Missionary Works In India During World War I, in: van der Heyden, Ulrich/Becher, Jürgen (eds.): Mission und Gewalt. Der Umgang christlicher Missionen mit Gewalt und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000, p. 497. 22 Cf. Harvest Field, no. 10, Madras 1915, p. 390. 23 Cf. ibidem. 24 The following statements of German missionaries are published in Harvest Field, but interestingly the missionaries are not identified.

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it publicly, for it is not right to hurl – not suspicions – real accusations of most shameful behavior into the face of one’s fellow workers in the sacred work without proving them in the least. As the English missionary says: if silence gives consent, then the hundreds of German missionaries must be held to approve of the cruel devastation of Belgium, of the wholesale rape, etc. Even if this argumentume silentio could be admitted as a proof, it could not prove that the German missionaries spread unrest and sedition and other things the correspondent asserts. But silence need not at all give consent.25 We do not speak at all with our Indian friends about the war and what is connected therewith. We let them believe the worst about Germany and never disturb them by saying, “Perhaps it might not be as bad as this.” And I say we have not the right to do so as prisoners of war on parole: it might lead to misunderstanding. We want to keep that parole honestly in the strictest sense possible. In that we are true friends of India we would rather hurt ourselves than India. Let me show briefly the position of the German missionary by my own example. To the best of my knowledge the other German mission workers, men and women, will admit to the accuracy of the statement with regard to themselves. 26 The following statement of a German missionary gives a clear indication of how loyal they are to the British. “I have worked in and for India for thirty years and I say with all due modesty that India and her welfare cannot be nearer the heart of most of my British fellow workers than it is to my heart. Now for many years I and my German colleagues have seen the excellent work of the British government in India, and I must say we have admired it. We have always gratefully enjoyed its protection and help, personally as well as with regard to our work. I have never doubted that Great Britain has received from God the calling to rule over India. In this sense I and my colleagues have done our work in India. I have never worked as a German but only as a missionary who did not forget that the inhabitants of India are British subjects whom I have to strengthen in their loyalty to Great Britain.” 27 This kind accusation and skepticism made prisoners of all German missionaries interned in Ahmadenagar. The following section will give a brief account of Ahmadenagar. Internment camp in Ahmadenagar Ahmadenagar’s history into the twentieth century is associated with the British raj and everything pertaining to the colonial power. Ahmadenagar, now a part of the Bombay Presidency, (in the Deccan about 100 miles east of Bombay ), was no longer confined to the task of defending itself against its warring neighbor states in the Deccan. With a permanent British military cantonment of enormous proportions, it witnessed the introduction of the concentration camp into Indian history 25 Cf. Harvest Field, no. 10, Madras 1915, p. 390. 26 Cf. ibidem, p. 392. 27 Cf. ibidem.

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during the Boer War. It became the recipient of the Boer prisoners and families from the Transvaal Republic and the Orange Free State of South Africa during the second Boer War (1899–1902).28 The concentration camps of the Boer War era marked an unprecedented development in the tactics of warfare. The British not only introduced the concentration camp system into the empire, but also added an interrelated dimension as a colonial world power. For among the Boer prisoners brought to Ahmadenagar were German missionaries serving in South Africa who had either expressed their sympathy with the Burghers or who had assisted them in their cause. Hermannsburger missionaries were among those brought to India, 29 while other Boer prisoners and families were quartered in Ceylon. 30 This phase of British colonial history at the turn of the century too often remains a forgotten chapter in the treatment of Christian missionaries. 31 German missionaries In Ahmadenagar During World War I, in the years 1915 and 1916, most of the German brethren of an estimated six hundred German missions personnel removed from the mission stations were brought to Ahmadenagar to await their transport home on the steamship Golconda. 32 Among the deportees were twelve members of the American Missouri Synod Lutheran Mission to India. 33 The missionary A. Hübener (Hübener was a German-American missionary) gave the following description of Ahmadenagar during World War I: The largest camp is the A Camp. Here about 1,000 prisoners of war are accommodated. Four long, extended one-floor infantry barracks are enclosed by a double row of barbed-wire fences. Between both of the fence enclosures, there are guard posts every so often. Inside the camp, there is very, very little room for moving around, for exercise and for games for the inmates. This limited space was then primarily required for hundreds of tents, which the majority of the prisoners had to use until the end of 1915. 34

Furthermore, it was reported by a prisoner of the camp that “the accommodations in tents and in Nissen huts (corrugated iron) were critical for one’s health and the general provisions were inadequate.” Then too they were treated as convicts, and

28 Cf. von Tucher, Paul H.: Nationalism…, op. cit. 29 Cf. Haccius, Georg: Hannover‘sche Missionsgeschichte (1865 bis Gegenwart), Hermannsburg 1920, vol. 3, p. 11. 30 Cf. von Tucher, Paul H.: Nationalism…, op. cit., p. 12. 31 Cf. ibidem. 32 Cf. Oepke, Albrecht: Ahmednagar und Golconda, Leipzig 1918, pp. 53–55. 33 Cf. ibidem. 34 Oepke, Albrecht: Ahmednagar und Golconda…, op. cit., pp. 53–55; Hübener, A.: Kriegsgefangen in Indien, in: Die Evangelisch-Lutherische Freikirche, Zwickau 1916, pp. 132–133. It is interesting to note that Hübener was a German-American missionary who provided this descriptive account of a very sad chapter of Christian missions in India. Cf. https://www.gaebler. info/2013/09/kriegsgefangen-in-indien/ (18.12.2019).

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the life in the broiling camp behind the barbed wire severely depressed them emotionally.35 Among the German missionaries transported to Central Internment Camp A in 1939 were two men who had previously visited Ahmadenagar as prisoners during World War I. Johannes Stosch originally entered the Gossner mission in British India in 1913,36 while Karl Heller of the Leipzig mission had begun his services in South India in 1908. 37 Dr. Friedrich Hübner, barely two years in India as a Breklum missionary, also knew Ahmednagar from World War I times. It was “very well known to me because of my father being there for two years, from 1914 to 1916, and from having a large book of photographs. I knew Ahmednagar from my childhood.”38 As World War II brought about a repeat performance at the Ahmednagar Camp, Carl Ihmels conveyed some encouraging news concerning the German men in internment. Those Germans who were already at Ahmednagar in 1914–18 could tell that the camp had been improved in the meantime. In particular, the roofs offered better protection from the dangerous radiation of the sun’s rays. Of course, at the beginning the younger men had to live in tents. 39 THE EFFORTS TO SAVE THE GERMAN MISSIONS The British government, however – bearing in mind the precedent of World War I, in which Oldham had played a decisive role – adopted a liberal policy. From the start, India’s ruling officers acted in consultation with the National Christian Council regarding the maintenance of German missions and very quickly released all internees. 40 As seen above, the outbreak of war stopped all transfers of money to the German missions and no new workers were permitted to go to the field. From an economic standpoint, the struggle could not have come at a worse time. During the summer, contributions of the mission societies fell to their lowest point of the year. The overseas works were always in difficulty at this time. As a result, the National Missionary Council (NMC), along with the Madras provincial council and the Anglican Bishop of Chota Nagpur in Bihar, Foss Westcott, set up a continental mission relief fund to assist the hard-pressed German missionaries. When the government of India responded to the bitter anti-German sentiment first by detaining missionaries and then announcing the repatriation of all women, children, and men of non-

35 Oepke, Albrecht: Ahmednagar und Golconda…, op. cit, pp. 132–133. 36 Sir Malcolm Darling, Letter to H.F. Frampton (Geneva: WCCA – IMC File, 17 November, 1939). Frampton was deputy secretary of the Home Department of the Indian government. 37 Interview Selma Heller, P. I. (Erlangen: May 28, 1970), Tr. p. 1, in: von Tucher, Paul H.: Nationalism…, op. cit. 38 Interview Paul Gäbler, P. I. (Erlangen: 9 November, 1970), Tr. p. 3, in: von Tucher, Paul H.: Nationalism…, op. cit., p. 73. 39 Interview Friedrich Hübner, P.I. (Kiel: 25 September, 1970) Tr. p. 4, in: von Tucher, Paul H.: Nationalism…, op. cit., p. 73. 40 Rouse, Ruth/Neil, Stephen: A History of the Ecumenical Movement 1517–1948, Geneva 1989, p. 306.

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military age not held as prisoners of war,41 the NMC rallied to their defense to justify the internment of the Gossner missionaries, who were charged with using proGerman textbooks in their schools, putting up pictures of the German emperor in the classrooms, praying for him in their services, spreading anti-British and proGerman propaganda among their converts, being disloyal toward the British authorities, and rendering help to the enemy.42 At the 1915 annual meeting, a strongly worded resolution was adopted expressing “deep thankfulness to God for the disinterested and self-denying labors of German missionaries in India.” The council “regrets and would wholly dissociate itself from those imputations of ulterior political motives which have been so freely made against them.” The resolution reaffirmed its sympathies with the German missionaries who had been separated from their work, stated its regret that fellowship had been interrupted, and deplored that the exigencies of the war had led to this interruption. It earnestly hoped that on the conclusion of peace, “it will be possible to resume this happy cooperation in the task of extending Christ’s kingdom.” 43 Most remarkable was the action of Foss Westcott (1863–1949) in rescuing the Gossner mission work in Bihar. Son of the eminent New Testament scholar B. F. Westcott, he had gone to India in 1899 as a missionary under the Anglican Society for the Propagation of the Gospel (SPG) and in 1905 was named bishop of Chota Nagpur (in 1919 he would become bishop of Calcutta and metropolitan of India). Westcott sought financial help from the government of India, the NMC, and the SPG to help cover the costs of the Lutheran educational and philanthropic works, and even utilized the Anglican missionary force in his diocese to assist in managing the operation. Westcott’s intention was to keep the Lutheran mission intact until Germans could return. He arranged for the indigenous Lutheran pastors to carry out the spiritual ministry, with Anglican missionaries giving advice and help when needed, but he rejected all applications from Lutherans wishing to transfer their membership to the Anglican Church. At the end of the war, the organization which Westcott had introduced was converted into an autonomous church, the Gossner Evangelical Lutheran Church of Chota Nagpur, to which American Lutherans gave some financial and organizational assistance. 44 With the expulsion of the Leipzig missionaries from South India, arrangements were made with the Church of Sweden mission (which had an outpost in the region) 41 The policy was announced on August 13, 1915. Cf. House of Commons Debates 74 (21 September 1915), p. 325. 42 Baggo, Kaj: A History of the National Christian Council in India 1914–1964, Nagpur 1965, p. 24. 43 Proceedings of the second meeting of the National Missionary Council, Matheran 12–16, November, 1915, p. 28. The vote was unanimous except for one American (W. F. Ferguson of Vepery Madras) who decided to abstain because he felt that as a citizen of a neutral nation he should not vote on such a subject. However, the other Americans present agreed to the resolution. A long debate ensued over whether to include a reference to political propaganda against the German missionaries; the matter was resolved by using the less pointed phrase “ulterior political motives.” Baggo, Kaj: A History of…, op. cit., p. 24. 44 Cf. Chatterton, Eyre: A History of the Church…, op. cit., p. 236; Swavely, C. H.: The Lutheran enterprise in India (1706–1952), Madras 1952, pp. 60–65. See also Westcott’s reports to the annual meetings of the NMC, 1916, pp. 38–40; 1917, p. 63; 1918, p. 52; and 1919, p. 67.

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to take over the field. Four missionaries who had Russian citizenship were allowed to stay. The Swedes received some financial help from the Danish mission and the Augustan and Ohio synods in the United States, and the ecumenical missionary councils in the area persuaded the government to continue its subsidies to the mission schools (Westcott had done likewise in the north). This also opened the way for the formation of an autonomous Tamil Evangelical Lutheran Church in 1919. 45 Contribution and correspondence of British missionaries in rescue missions As seen above, the British government ordered all Germans, including missionaries, to be interned or repatriated, and made arrangements to carry on their work in North India. We can see what arrangements were made in South India at end of this paragraph. Rev. J. H. Maclean (who was convener of the committee during the time that the Madras Representative Council had charge) wrote in Harvest Field: About the middle of August the German missionaries who were interned under the order of the Civil Government, as well as those still at large, received notice that they would be repatriated to Germany, or in the case of men under 45 years of age be sent as prisoners of war to Ahmednagar. So far a presence at their stations is concerned this order makes no change in the circumstances of the missionaries of the Basel and Schleswig Holstein societies; for all the members of the latter and all the German members of the former had already been removed from their stations. In the Hermannsburg Mission only one missionary, who happens to be a British subject, will be left. The new order affects the Leipzig Mission most seriously up till now only three of its missionaries had been removed from their stations, and missionaries who remained are two men and two women who are Russian subjects. 46

Various petitions for the modification of the order had been sent to Government, and the Bishop of Madras has had more than one interview with His Excellency the Governor about the matter. The Governor and British government had received the petitions very sympathetically, and several missionaries have been allowed to remain for reasons of health or other satisfactory cause. Some of the petitions have been sent to the Government of India, whose answer is awaited. The missionaries who are left had done their utmost to make satisfactory arrangements for their work before they go but not in all stations. All German Lutheran missions had received notice that their grants-in-aid for school work or medical work will cease with effect from 30th September 1915 (in the case of the Basel Mission 31st October 1915). The Missionary Educational Council of South India has taken the matter up and made a strong representation to Government through the Director of Public Instruction in the hope that a transfer of the schools may be affected in favor of such management as may be approved by Government. It is clear that no grants will be continued so long as Germans have any share in the control of the institutions. Whether Government will allow the management to be taken up by missionaries of neutral nationality, such as Swedes, Swiss or Americans, is not yet certain. If a sanction is 45 Cf. Flesich, Paul D.: Hundert Jahre Lutherischer Mission, Leipzig 1936, pp. 319–321, 327–33. 46 Harvest Field, no. 10, Madras 1915, p. 388.

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not given, it is understood that efforts will be made to form managing committees which shall be exclusively British, though they may receive funds from neutral countries or even from Germany.47 Such committees would consist of British missionaries, chaplains, or laymen, together with Indian Christians of education and Standing. It was believed that a number of British missionaries would be found willing to show their sympathy in this way if desired. Meanwhile, it is interesting to note that the Rev. G. E. Phillips, of the London Mission, had been lent by his society to the Leipzig mission, with the cordial approval of the German Missions Relief Committee of the Madras Representative Council of Missions. Mr. Phillips took up work as principal of the high school in Shiyali and was made available for help in the management of other schools if desired. 48 The German Missions Relief Committee has sent a letter to each missionary who is leaving the country or is interned at Ahmednagar. Such a letter of sympathy has been rendered necessary by the violent outburst in the press and by the opinions openly expressed by a few British missionaries. We are very glad to be assured by the leaders of the two larger societies (Leipzig and Basel) that in spite of all that have happened it is the desire of nearly all of their missionaries to return to their work when the war is over.49 The following report by Bishop of Chota Nagpur gives a glimpse of the cooperation among mission societies: A meeting of the Executive Committee of the Bihar and Orissa Provincial Council was held on April 13th at which I gave a full report of the steps which had been taken in this Province to meet the needs of Continental Missionaries during the present war. The Committee expressed their approval of the action taken. I was anxious at the beginning of the month as to whether we should be able to supply the needs of the Gossner Mission, but Dr. Aberly, the Secretary of the South India Fund, offered to return the Rs. 4,000 which had been sent him last November by the treasurer of the National Council, as they were not in present need of it. This offer the National Council accepted, and as the accounts show, that help enabled us to make the necessary contribution to bring the funds at the disposal of the respective Missions upto the minimum sum that they require. 50

The Rev. Lie. J. Stosch has received a promise from the Treasurer of the Gossner Mission that they will remit a sum of Rs. 5,100 monthly in future. This is most welcome news and will lighten the task that rests upon us. At the same time, I would very earnestly ask all contributors to continue their subscriptions, for we shall still need some Rs. 4,000 a month to meet the needs of the Gossner and Ganges Missions. Of this sum Dr. Aberly will, I hope, still be able to contribute Rs. 1,000, as he has been doing for two or three months past, but that still leaves us Rs. 3,000 to find.51 Herr H. Ohler, chairman of the German Missions Auschluss, writing to Oldham, of Edinburgh, said, ‘Our hearts have been touched by the kindness of our British friends in offering their fraternal help to German missionaries in distress, wherever such help is possible.’

47 Ibidem. 48 Cf. Harvest Field, no. 6, Madras 1915, pp. 246–247. 49 Cf. ibidem. 50 Cf. ibidem. 51 Cf. ibidem.

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That sentiment is fully shared by the German missionaries in this Province and includes friends of other nationalities as well. 52 Contributions of American Lutheran mission societies American Lutherans played a significant role in the rescue program. Being a neutral country, American missions could function unhampered, while their historic ties with the land of Luther made them sympathetic to the plight of the Germans. Thus it is impossible to say for certain whether the American connection was a reflection of ethnic solidarity or a regard for Lutheranism as a global movement. At the time of World War I there were over a dozen Lutheran churches in the United States. What one might call “mainline” American Lutheranism traced its beginning to Henry M. Muhlenberg, who gathered the widely dispersed frontier congregations among the Pennsylvania Germans into a single organization in 1748. 53 National Christian Council The National Christian Council was better prepared than the National Missionary Council in the years 1914–1918. Church leaders Hodge, Bishop Azariah, and Dr. Strock made their reports on what was termed the “situation created by the War.” 54 Hodge began by stating that the NCC had established a favorable contact with the home department and had offered the council’s guidance and services. He also reported that the NCC had proceeded to inform the Provincial Christian Councils as well as the mission societies directly affected – both the German and the neighboring missions – of how these German missions might be assisted in the event of another war. 55 AMERICAN LUTHERANS IN INDIA The American Civil War between the northern and the southern states was the cause of Hermannsburg coming to India. The world war in 1914, almost exactly fifty years later, was the cause of Ohio entering into the work of the Hermannsburg mission in India and becoming its successor in that work.56 The major figure in the Americanization of these Lutherans was Samuel S. Schmucker, who organized the general synod of the Evangelical Lutheran Church 52 Cf. ibidem. 53 Cf. Pierard, Richard V.: The Preservation of Orphaned…, op. cit., p. 502. 54 Hodge, Z.: Situation Created By The War. Minutes of the Meeting of the Executive Committee of the National Christian Council of India, Burma and Ceylon, Nagpur 27–29 September 1939, pp. 3–4. 55 Cf. ibidem, p. 4. 56 Cf. Oberdorfer, C. W.: Hermannsburg and Ohio Mission in The Lutheran Enterprise in India, Madras 1952, p. 97.

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in the United States in 1820 and helped start Gettysburg Theological Seminary to train its ministers. In 1842, the general synod sent its first missionary, “Father” John C. F. Heyer (1793–1873), to India. He established flourishing work among the Telugu-speaking people at Guntur and Rajahmundry, north of Madras. In 1863, the southern synods formed a separate body, which eventually came to be known as the United Synod of the Evangelical Lutheran Church in the South. Then confessionalist elements in the church, who were dissatisfied with the general synod’s advocacy of an “American Lutheranism” in harmony with the evangelicalism of the time, withdrew in 1867 and created the General Council of the Evangelical Lutheran Church in North America. As time passed, the three groups, all having a common origin in early American Lutheranism, increasingly cooperated with one another, and in 1918 joined together to create the United Lutheran Church in America.57 Fund for the Relief of German Foreign Missions When the war broke out, some German societies tried to channel funds to their Indian missions through American Lutheran intermediaries – most particularly Breklum (through the general council) and Hermannsburg (through the general synod and the Ohio Synod) – but this effort had nominal results. Then, early in the fall of 1914, Dr. John Aberly, who headed the general synod’s Guntur mission, secured permission from the governor of Madras to ask the American churches to provide financial support for the work of all four German Lutheran societies. The international mission boards of both the general synod and general council thereupon set up a “Fund for the Relief of German Foreign Missions” and appealed to their respective constituencies and the other Lutheran bodies in the United States for contributions. A joint committee of the two boards was created to administer the money collected, and each promised to donate $1,000 a month, though this goal was not reached. Reports in the general council’s missionary magazine from month to month clearly indicate that the income was not nearly enough to meet the needs of the German missions.58 In fact, in May and June of 1915, the general synod board had to incline into its general fund in order to fulfill its promise to the relief fund. By the end of June, the general council board had collected a mere $3,750; it sent no money at all in September and October because nearly no contributions were received during the summer months. In January 1916 it only remitted $500 to India. The heads of the Lutheran missions functioning in India declared at a meeting in early 1916 that $5,200 per month would be needed from neutral countries to keep the former German missions in operation. There is no evidence that anywhere near that amount was raised, even though the Swedish, Danish, and Norwegian synods in the United States all pledged to contribute to the cause.59 Although the money from America was inadequate to 57 Cf. Pierard, Richard V.: The Preservation of Orphaned…, op. cit., p. 502. 58 Cf. ibidem, p. 503. 59 J&P 4595. Annex 2: War Office to India Office, 8632 (M.I.9), 2nd June 1016, pp. 9–10; cf. Pierard, Richard V.: The Preservation of Orphaned …, op. cit., p. 504.

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sustain the German works at their pre-war level, it still forestalled the complete collapse of these Lutheran ministries. 60 CONTINUATION COMMITTEE Edinburgh created a continuation committee to carry on its work in 1910. It was to be a thirty-five-member body – ten each from Britain, North America, the European continent, and one each representing Australasia, India, China, Japan, and Africa. The conference’s business committee made the appointments and announced them on the last day. John R. Mott (1865–1955) an American Methodist and indefatigable organizer of missionary and student endeavors as well as chair of the WMC, was named chairperson, with Eugene Stock of the Church Missionary Society and German missiologist Julius Richter as vice chairs. The secretary was J. H. Oldham, a dynamic Scot who had helped organize the WMC. Scot essentially held the continuation committee together and made it function.61 First World War disrupted the prosecution of the plans for a comprehensive international missionary council. Indeed, for a time the conflict seemed to shatter hopes that such a body would ever come into being. However, the cooperation that had already begun made possible major achievements during the war years. Through the efforts of Oldham, a proposal of the British government to require a license of all non-British missionaries within the empire was withdrawn. Virtual assurance was obtained that no action would be taken without consulting the missionary societies. 62 Contribution of Continuation Committee In 1918, United States entered into the war, and a conference of British and North American missionary agencies formed an emergency committee of cooperating missions. It was composed of eight representatives of North American societies: eight from British societies and one each from such other countries as might wish to join. The purpose of this committee was to deal with relations between missions and governments in order to protect the interests of the missions of countries which had suffered from the war and to correlate plans among missionary agencies. This arrangement was made but there were unfortunate divisions among German missionary leaders and their constituency on the one hand and the Anglo-American wing of the missionary movement on the other. 63 German missionary societies’ property and the personal property of their missionaries should have been be dealt

60 Cf. Pierard, Richard V.: The Preservation of Orphaned…, op. cit., p. 504. 61 Cf. idem: The Ecumenical Movement and the Missionary Movement. You Can‘t Have One Without the Other, 8–9, in www.edinburgh2010.org (14.12.2019). 62 Cf. Rouse, Ruth/Neil, Stephen: A History of the Ecumenical Movement…, op. cit., p. 364. 63 Cf. ibidem, pp. 364–366.

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with along the lines of the provisions of Article 438 of the Peace Treaty of 1919. 64 This initiative was taken by Oldham, secretary of the continuation committee.65 Conflict in the Continuation Committee However, the continuation committee stretched out their hand to protect and help the German mission societies from British colonies. Cooperation existed until the United States entered into the war (April 6, 1917) largely in response to Germany’s unrestricted submarine warfare. One of President Woodrow Wilson’s first diplomatic moves was to appoint a mission to visit Russia in order to encourage the provisional government both to pursue the path toward democracy and to continue the military struggle against Germany. This mission was lead by Elihu Root66 and John R. Mott due to the latter’s wide international standing and experience. He had already been recognized by the White House, and his personal knowledge of Russia was felt to make him outstandingly fitted for this particular task. According to Keith Clements, Mott accepted the invitation with relatively little hesitation. This mission was called the Root mission. Mott spent several weeks in Russia visiting government officials. Once he addressed the congress of Cossack officers. He was fulsome in his praise of the Cossack tradition and spirit; just as stirring was his endorsement of their attitude: “your insistence that the way to bring about the desired peace is by an immediate offensive has the true ring.” But print media interpreted this speech (including the enthusiastic reception Mott received and the undisputed passing of the resolutions) as being in favor of the war.67 In a German newspaper in Shanghai, Mott was reported as saying that the Cossacks were the hope of Russia and the Germans the enemy of civilization and democracy. German missionaries in turn reported this in their correspondence home. 64 “The Allied and Associated Powers agree that where Christian religious missions were being maintained by German societies or persons in territory belonging to them, or of which the government is entrusted to them in accordance with the present Treaty, the property which these missions or missionary societies possessed, including that of trading societies whose profits were devoted to the support of missions, shall continue to be devoted to missionary purposes. In order to ensure the due execution of this undertaking the Allied and Associated Governments will hand over such property to boards of trustees appointed by or approved by the Governments and composed of persons holding the faith of the Mission whose property is involved. The Allied and Associated Governments, while continuing to maintain full control as to the individuals by whom the Missions are conducted, will safeguard the interests of such Missions. Germany, taking note of the above undertaking, agrees to accept all arrangements made or to be made by the Allied or Associated Government concerned for carrying on the work of the said missions or trading societies and waives all claims on their behalf.” 65 See also Rouse, Ruth/Neil, Stephen: A History of the Ecumenical Movement…, op. cit., pp. 364–366. 66 Renowned senator, former secretary of state, and Nobel Peace Prize winner. It clearly shows he was a prominent figure in public life, politics, and the military. See also Clements, Keith: Faith on the Frontier. A Life of J. H. Oldham, Geneva 1999, pp. 141–142. 67 Cf. bidem, pp. 141–143.

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231

His statement was twisted and carried in so many reports that it created violent reaction within Germany after the end of the war. Germans felt that Mott had betrayed them. They also deeply resented accusations from Anglo-American quarters that German missionaries in allied territories had served as enemy agents. 68 In late May 1917, coincident with the general assemblies of the Church of Scotland and the United Free Church of Scotland, the Glasgow Herald and the Times carried reports that after the end of the war German missions would be excluded from all British territories for many years. The matter was discussed at both assemblies. At the Church of Scotland assembly, J. N. Ogilvie, a member of the continuation committee, gave vent to some extreme remarks on the difficulty of reconciling German atrocities with the claims of German missions to be agents of the Gospel. It made German missionaries lose their trust in the continuation committee, especially 69 in Chairman John R. Mott and in Ogilvie. It ultimately led them to make a German declaration.70 The German Declaration In Europe, more than a year after the Panama congress, German members of the continuation committee attacked the body policy and status. Issuing a declaration in mid-summer 1917, they listed what they considered to be Mott’s offences against supranational missionary cooperation as it was symbolized in the continuation committee. They also listed the reported demands gleaned from two British newspapers – that of the general assemblies of the Church of Scotland and that of the United Free Church of Scotland – to exclude German missionaries from British territories and former German colonies for a long period of years after the war. Moreover, they noted certain unfortunate remarks (spoken in a moment of great sorrow brought on by a war-time tragedy and later much regretted) made by J. N. Ogilvie in the Assembly of the Church of Scotland. 71 7.3.1. The main objectives of the declaration 1st Protest against the forcible removal of German missionaries from their stations. 2nd Refuse to recognize Mott any longer as chairman of the continuation committee or anything that he said or did in its name as binding on them. 3rd Refuse to recognize Ogilvie’s continuation committee membership. 72 On the other hand, these German members affirmed their intention to abide by the principles outlined in the statements of the English Friends’ (Quakers) foreign missionary board and of the Swedish missionary conference on the supranationality 68 69 70 71 72

Cf. Rouse, Ruth/Neil, Stephen: A History of the Ecumenical Movement…, op. cit., p. 365. Cf. Hogg, W. R.: Ecumenical Foundations…, op. cit., p. 143. Cf. Rouse, Ruth/Neil, Stephen: A History of the Ecumenical Movement…, op. cit., p. 365. Cf. Hogg, W. R.: Ecumenical Foundations…, op. cit., p. 174. Cf. ibidem.

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of missions. The declaration included among its signers Bishop Hennig and Drs. Richter, Haussleiter, Würz, Axenfled, and Johannes Warneck. 73 CONTRIBUTIONS OF NATIVE LUTHERAN CHRISTIANS Native Lutherans played a vital role during the time. The following section briefly describes their contributions. Organizing for financial support According to Rev. Joel Lakara (Gossner Evangelical Lutheran Church) the missionaries had not organized the church for self-support. It was entirely unprepared for the emergency. Salaries of the mission workers were suddenly stopped. There was no organization of the Indian church, though for the sake of the mission workers the church was divided into Ilakas (districts) with the station as headquarters where all workers of the Ilaka assembled once a month, mainly for the distribution of salaries. The Christians in general were economically independent. Almost every family possessed land which they cultivated to earn their living. The missionaries expected to return to the field soon. Therefore they agreed to make a temporary arrangement with the Bishop of Chotanagapur (later the metropolitan of India) that he might have supervision over all the Lutheran schools with the aid of the government. The Gossner church will always remember with gratitude this generous act on the part of the bishop and the government. 74 President Rev. H. D. Lakaras While departing, the missionaries could not contribute anything to the organization of the church, but they entrusted this work to the Rev. Hanukh Dutta Lakra, by then the grand old man of the Gossner field. The very first request was to create a central authority to direct and lead the whole church. A committee was formed called the central committee, with Rev. Lakra as the president. This committee considered itself a temporary body to function until the return of the missionaries, who they believed would be back soon. Therefore, the comittee exercised only such powers as the transfer of pastors, the settling of disputes, and a general supervision of the church. The committee could not take any financial responsibility. Nonetheless, this committee gave the church someone to represent it and to coordinate its affairs. 75

73 Cf. ibidem. 74 Cf. Lakra, Joel: The Gossner Evangelical Lutheran Church 1845, in: Swavely, C. H.: The Lutheran enterprise in India…, op. cit., p. 60. 75 Cf. ibidem.

First World War and its Impact on Lutheran mission societies in India

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Contributions of the native pastors and catechists Temporary arrangements had been made to continue mission work, but the war did not end as soon as had been expected. The pastors and catechists at Gossoner mission continued their work as usual, though they did not receive any salary. Some congregations with mission lands could afford a livelihood for their workers. But many congregations were too small to undertake a living allowance. Pastors and catechists had to stop the studies of their sons and daughters because they were unable to meet the expenses of their schools. Cases were known in which mother and daughter had only one piece of cloth to wear between them; they used the fabric alternately as each went outside the home. Such was the plight of the church during the war.76

CONCLUSION It is quite beyond the scope of this paper to describe the total disruptive impact of World War I on Lutheran mission societies in India. It is an undeniable fact that the First World War created an enormous setback in India for German Lutheran mission societies and for the native Lutheran Christians. But even war created unity among the mission societies, who helped each other during the time of crisis. The setback on the mission fields also created a way to cultivate native Lutheran leaders. The above-mentioned facts and figures bare witness to the impact created by the First World War on Lutheran mission societies in India.

76 Cf. ibidem, p. 61.

THE FIRST WORLD WAR AND ITS IMPACT UPON THE DEVELOPMENT OF CHRISTIAN MISSIONS IN NORTH EAST INDIA Blateiskhem L. Nongbri

INTRODUCTION The First World War had a tremendous impact upon the western church – so also upon Christian missions the world over and the emerging indigenous churches. Almost all of the nations involved in World War I had colonies in in Asia, Africa, or the Pacific Islands. Further, many missionary organizations and personnel belonged to the nations at war with each other. As such, they were caught up in this web of complex international conflict. Since the end of World War I there have been many studies analyzing and reflecting upon the effects of the war on the life of the church in Europe, England, and America, and also upon churches in the mission field. However, the main objective of this study is to examine the impact of World War I on the development of Christianity in North East India (NEI) with special reference to Khasi Jaintia Hills District. During the colonial period, this district was one of the administrative units under the then Assam Province; today it is part of the state of Meghalaya, India. NORTH EAST INDIA: A SOCIO-CULTURAL SETTING North East India (NEI) as a region generally consists of seven states: Assam, Manipur, Nagaland, Meghalaya, Mizoram, Tripura, and Arunachal Pradesh, for which reason NEI is referred to as the Land of the Seven Sisters. However, this region was administratively and officially known as Assam Province during the colonial period. Politically, it occupies a position of strategic importance, as it is surrounded by international borders: China and Tibet in the north, Myanmar in the east, and Bangladesh in the south. The region is also noted for a large concentration of tribes. Some of the major tribes that inhabit the region are the Nagas, Mizos, Khasi-Jaintias, Garos, and Miris, along with many others. Nevertheless, the region is also inhabited by the Aryan races who migrated there and inhabited the Brahmaputra and Barak Valleys. The majority are Hindus and Muslims.

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Each tribe has its own form of traditional polity characterized by chieftainship. Linguistically they belong to different linguistic families: Tibeto-Burman and Austro-Asiatic. Traditionally, many of the tribes have their own religion and worldview underlined by a two-tier cosmology – that of the Supreme Being above and spirits below. They are generally differentiated from their neighboring Hindu societies by the absence of caste practices. Culturally they are very rich in festivals, music, and dance forms. BRITISH COLONIZATION OF NORTH EAST INDIA: A HISTORICAL NARRATIVE The treaty of Yandaboo, signed in 1826 between the British and the Burmese king, brought Assam under British dominion. Gradually, by the end of the nineteenth century, almost the entire region had come under the control of the colonial power. 1 In the course of time and with the emergence of many administrative challenges the British felt that a formal administrative structure should be formulated to administer these various tribal communities. Accordingly, these different communities were grouped into various administrative units initially known as the “Political Agency,” which developed later into a commissionership. Each region inhabited by major tribes was instituted into an administrative unit: Lushai Hills District, Naga Hills District, Khasi Jaintia Hill District, etc. The British adopted a complex administrative structure for the region, while the plains of Brahmaputra and Barak Valley were administered like any other district in India; the tribal region was administered as a backward tract according to the provision of the Government of India Acts of 1919. However, with the promulgation of the Government of India Act 1935, the hills areas were categorically divided into “Excluded and Partially Excluded” areas. No act of the Indian legislature or Assam legislature could apply to these areas except with the consent of the governor.2 The subjugation of the tribes under British rule brought a traumatic impact upon the life of the people and society. The British introduced a new political and judicial system with Bengali as the court language. Further, the prohibition of many social practices, plus the introduction of roads and communications (the telegraph and the post office) initiated the area into colonial modernity.3 Commenting on the same issue, F. S. Downs stated, “in fact the imposition by force of British administration was culturally traumatic for the tribes. It created a crisis in 1

2 3

See Baruah, S. L.: Comprehensive History of Assam, Delhi 1985; Syiemlieh, David: British Administration in Meghalaya. Policy and Pattern, New Delhi 1989; Kar, Parimal Chandra: British Annexation of the Garos, Calcutta 1970; Sema, P.: British Policy and Administration in Nagaland 1881–1947, New Delhi 1991; Rao, V. Venkata: A Century of Tribal Politics in North East India, 1874–1974, New Delhi 1976. See Rao, V. Venkata: A Century of Tribal Politics…, op. cit. Ganguly, J. B.: Continuity and Change in North-East India during the Colonial Period, in: Journal of NEICSSR, no. 2, Shillong 1999, pp. 1–2.

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which every aspect of their lives, of their cultures was affected.”4 Thus, it was in the context of being a British colony that the region was entrapped in the intricacies and complexities of World War I once the British government resolved to take up arms against Germany and its allies. THE FIRST WORLD WAR AND THE DEVELOPMENT OF CHRISTIAN MISSIONS IN NORTH EAST INDIA This analysis (as noted earlier) will focus mainly on the impact of World War I on mission agencies working in the region and on the development of Christianity in Khasi Jaintia Hills during and after the war. The major mission agencies working in this area were the Welsh Presbyterian mission of the Protestant tradition and the Salvatorian missionaries of the Roman Catholic Church. However, the impact of the war upon their mission enterprises and their respective churches differs in many respects, as will be revealed by the following analysis. It has been acknowledged widely that World War I did not confine its traumatic impact to the economic, social, and political fronts but that it also caused dramatic changes in the religious landscape of those countries involved and much more in the mission field. As James L. Barton writes in 1919, That foreign missionaries and their operations are seriously and fundamentally affected all will agree. It could hardly be otherwise when nearly every country in which foreign missionaries and their institutions are located is under the flag of one of the belligerent powers, and much mission territory is actually within the zone of war or of active military preparations. 5

The impact of World War I upon the Presbyterian mission and churches The Presbyterian mission in NEI was established by the Welsh Calvinistic Methodist Church (WCMC), also known today as the Presbyterian Church of Wales. 6 Rev. Thomas Jones and his wife Anne Jones left Wales on November 25, 1840, and landed in Kolkata on the April 23, 1841. 7 After a brief stay in Kolkata they

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Downs, F. S.: Administrator, Missionaries and a World Turned Upside Down. Christianity as a Tribal Response to Change in North East India, in: Indian Church History Review, no. 2, Calcutta 1981, pp. 98–113. Barton, James L.: The Effect of the War on Protestant Mission, in: Harvard Theological Review, no. 1, Cambridge 1919, pp. 1–35. Cf. Jones, David Ceri/Schlenther, Boyd Stanley/White, Eryn Mant (eds.): The Elect Methodists. Calvinistic Methodism In England and Wales, 1735–1811, Cardiff 2012. Cf. Syiemlieh, David: More on the Thomas Jones Saga, in: Proceeding of NEIHA, 12th Session, Dibrugarh University, Aizwal 2001, pp. 200–203; Jenkins, Nigel: Gwalia in Khasia, in: The New Welsh Review, no. 21, Lampeter 1993, pp. 60–61.

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proceeded to Sohra and arrived there on June 22, 1841. 8 Their work in the region experienced tremendous success. Thus by 1900 there were 13,878 Christians, with 19,335 hearers, 169 elders, and 374 churches and preaching stations. 9 It should also be noted that considering the small number of missionaries present in the field, it was mostly the efforts of the indigenous Christians, evangelists, and Bible women that were responsible for this growth. The WCMC was then one of the largest Protestant churches in Wales that belonged to the nonconformist tradition.10 The nonconformists were known for being pacifists who generally believe that war is inconsistent with their Christian faith. Further, the labor union and Labour Party disdained the idea of war between states. In general, the Welsh people have a high regard for German culture and much more for its role in the making of the Reformation. Considering this aspect, John Davies, a noted Welsh historian, duly observed, “it would therefore have been reasonable to assume that many in Wales would oppose the war. As will be seen, there was opposition on religious and on socialist grounds.”11 However, British propaganda was so persuasive that they were able to influence the Welsh and make them see Germany as an evil force that ought to be countered at any cost. The attacks on Serbia and Belgium, small nations, played a critical role in changing the attitude of the Welsh toward the war. They saw it as a moral and religious obligation to protect and liberate the “small nation.” This patriotic fervor affected the church leaders, the labor unions in the mining region, and the Labour Party. Thus, on August 29 the Labour Party declared its willingness to engage in the recruitment campaign. The chapels and churches gradually became recruiting centers with priests and nonconformist ministers serving as passionate recruiters. People were made to see that to fight against the Germans “was a moral and religious duty” 12 of all citizens. Consequently, Wales responded by sending 280,000 Welshmen to the war.13 Archdale Earle, chief commissioner of Assam, was very prompt in raising labor corps from this frontier; seventeen companies were raised from the then Assam province with four companies from Khasi Jaintia Hills. 14 Just like their counterparts in the home country, the Welsh missionaries in the mission field enthusi8 9 10 11 12 13 14

Sohra was the headquarters of the British administration in these hills, known as the “Cossyah Hills Political Agency.” It was constituted by the East India Company in 1835 with Colonel Lister as the first political agent. Statistic of the Churches in Khasi and Jaintia Hills, Sylhet, Cachar and Lushai Hills for the year ending December 31st 1900 (Bangor MS 36407, Archive, University of Wales, Bangor). The above account is only that of Khasi Jaintia Hills. See Jones, David Ceri/Schlenther, Boyd Stanley/White, Eryn Mant (eds.): The Elect Methodists…, a.a.O. Davies, John: A History of Wales, London 2007, p. 495. Ibidem, p. 496. Cf. ibidem, p. 500. Cf. Singha, Radhika: The Recruiter’s Eye on “the Primitive”. To France – and Back – in the Indian Labour Corps, 1917–18, in: Kitchen, James E./Miller, Alisia/Rowe, Laura (eds.): Other Combatants, Other Fronts. Competing Histories of the First World War, Newcastle upon Tyne 2011, p. 203.

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astically participated in the recruitment of “native” people for the Indian Labour Corp (LOC) side by side with “native” chiefs. Further, some of the missionaries accompanied the labor corps to France. Among the missionaries, Rev. D. E. Jones, who was working in the then Lushai Hills Distinct (Mizoram), accompanied the Lushai Labour Corp,15 while Rev. D. S. Davies and Rev. Shai Rabbooh Manner, a Khasi pastor, accompanied the Khasi Labour Corp to France in 1917.16 Along with them, many evangelists, school teachers, and Khasi young men responded positively. The majority of those who responded were “native” Christians. On the day of their departure in April of 1917, a prayer service for their safe return was held at Mawkhar Presbyterian Church, Shillong.17 However we cannot analyze its impact upon the missionary activities of the Welsh Presbyterian mission without considering the impact of the war upon the Welsh society and churches. Initially the people assumed that the war would last only a limited time. But as it prolonged, together with the intensity of violence, the death toll, and the suffering of humanity at large, the enthusiasm in Wales gave way to despair. Professor Kenneth O. Morgan commented, With the declaration of an armistice on 11 November 1918, Wales entered a prolonged period of reflection, soon turning to disillusion, cynicism, and even at times to despair. The mood of the post-war period, as in Britain generally but with a distinct national emphasis on Wales, soon turned sour. 18

Considering the impact of the World War I upon the religious landscape in Wales, J. Meirion Lloyd, one of the Welsh Presbyterian ministers and a missionary in North East India, commented, The churches in Wales had been crippled by losses on French battle fields. Unemployment, the movement of the population out of Wales, disillusion with leadership in the church and state had shaken the faith of many. Though it was not yet apparent the peak period of overseas mission support and interest would soon be over. 19

World War I did have a traumatic impact upon the churches and religious life of Wales. Thousands of its youth were conscripted for the war and many did not return. Thus, its socio-political impact aside, the war dealt a death blow to institutional religion. The inhumanity, death, and suffering caused by Christian nations from both sides and enthusiastically championed by church leaders compelled those who returned from the war and the people back at home – not only in Wales but across Europe and Americas – to critically question the creditability and integrity of the church and its leaders. As Prof. D. Densil Morgan duly observed, Yet it was apparent even then that the post-war Wales would be a new strange Wales, where the old values would be put aside and Christianity would be increasingly regarded as an 15 Cf. Rees, D. Ben: Vehicles of Grace and Hope. Welsh Missionaries in India, 1800–1970, Pasadena 2002, p. 82. 16 Cf. ibidem, p. 19 17 Cf. Jones, G. Angel: Ka History Jong Ka Balang (1841–1966), Shillong 1966, pp. 182 ff. 18 Morgan, Kenneth O.: Rebirth of a Nation. Wales: 1880–1980, Oxford 1982, p. 180. 19 Llyod, J. Meirion: History of the Church in Mizoram, Aizawl 1991, p. 219.

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Blateiskhem L. Nongbri anachronism. The religious indifference which had worried church leaders in 1914 had not been stemmed. 20

Therefore, World War I – along with other factors, including secularism and socialism – played a critical role in the growing decline of institutional religion in Wales. 21 Consequently, passion for missionary service gradually diminished. The same mood characterized the missionary movement during and after the war period in America. 22 This gradual decline of religiosity in Wales gave rise to a decline in enthusiasm for missionary work. Consequently, the church in the mission field was further challenged to take more responsibility in its management as well as its support and propagation. This process was reinforced by the spirit of nationalism among the natives, who were interested in having more say in the daily affairs of the church. Its impact upon the development and growth of the work in the mission field would have been drastic, but it was not so; unlike the Roman Catholic mission, the Presbyterian mission had emphasized self-rule, self-support, and selfpropagation from the beginning. So the immediate impact of World War I was limited compared to its effect upon the Roman Catholic mission in the same region. Firstly, the Welsh missionaries operated in NEI, a British colony, so they were free to continue with their activities in the usual manner. However, in the post-war period, considering the gradual decline of churches in Wales and the parallel dampening of missionary spirit, the church in the mission field experienced the gradual decline in the number of new arrivals. Nevertheless, the effect of World War I was further restricted because from the beginning the structural foundation of the church was Presbyterian in structure and democratic in principle. The first local church was founded in 1846 at Nongsawlia (Cherrapunjee). An administrative unit called a presbytery was founded in 1867. With the growth of the church, it was deemed necessary to reorganize the administration and structure of the mission. Therefore, at the presbytery meeting held at Sohra in October 1895 it was decided to divide the presbytery into five presbyteries: (1) Sohra-Shella (2) Shillong-Mawlai (3) Mawphlang-Khadsawphra (4) Jowai-Shangpung (5) Sylhet (now in Bangladesh). These four presbyteries would constitute the assembly, the highest administrative unit. These various units served as church courts with their respective powers. 23 This provided sufficient 20 Morgan, D. Densil: The Span of the Cross: Christian Religion and Society in Wales 1914– 2000, Cardiff 2011, p. 76. 21 Cf. Morgan, Kenneth O.: Rebirth of a Nation…., op. cit., pp. 198–202. 22 Cf. Barrett, John C.: World War I and the Decline of the First wave of the American Protestant Missions Movement, in: International Bulletin of Missionary Research, no. 3, London 2015, pp. 122–125. 23 Minutes of the Presbytery held at Sohra October 18th–21st, 1895 (Bangor MS 36406, Archive, University of Wales, Bangor). It was in this presbytery that they discussed the power and function of the presbyteries and of the assembly, so also the process to take the issue to the assembly. For each assembly meeting, representatives would be elected by the presbytery from among the thirty members. The minimum requirement was that the representative be a

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space for the development of indigenous leadership and a setting conducive to exercising the agency of the people. Thus the church was not directly administered by the missionaries but was subject to these various church courts in which the “native” Christians and leaders had a majority representation. Another factor that made the impact of World War I in the post-war period very limited was the presence of the “native” ministry. In September 1869, the presbytery was held in Nongsawlia and six candidates who had passed the Evangelist Examination were ordained. These six candidates were qualified as “Licensed Preachers.” They were U Timothy, U Juramon, U Samuel, U Ksan, U Badon, and U Sati. 24 This marked another milestone in the history of the church, as “natives” took upon themselves the responsibility of spreading the Gospel and the management of the church. The presbytery also resolved to exhort all the Khasi Christians “to undertake more of the burden of the work and to support the work more heartedly.” 25 It was also resolved that these evangelists would be supported by the collections of the local churches. 26 This marked the beginning of theological education for indigenous leaders. In the course of time and with the emergence of new churches, together with the spread of the Gospel to every nook and corner of Khasi-Jaintia Hills, the Welsh mission founded the Cherra Theological Institution in 1887 with Rev. Dr. John Roberts as the founding principal. 27 The year 1890 witnessed the most significant event in the history of Protestant Christianity because it was in this year that the “native” Christians were ordained to the pastoral ministry. This took place at the presbytery held at Nongsawlia (Sohra). The candidates were U Juramon Lyngdoh, U Iang Laloo, U Ksanbin, U Katphoh, and U Ksan Shella. 28 Rev John Roberts commented, At last here are four native ministers. On the whole they are good men, and we fully believe that they are good men, and we fully believe they are men of God. Their knowledge is full, their judgement is sound, their influence is considerable, and they can preach the Gospel truly well. The ability to rule has increased much here within the last few years, and I fully believe

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communicant member of a local church. All missionaries and ordained native pastors would be the ex-officio members of the general meeting of the assembly. Thus, here we see a democratic system similar to the traditional polity. The assembly meeting was to be held once a year between February and March. Minutes of the Presbytery held at Nongsawlia, September 4th–5th, 1869 (Bangor MS 36406, Archive, University of Wales, Bangor). Ibidem. Quarterly Meeting of Presbytery held at Nongsawlia, The Treasury, no. 69, Wrexham 1869, p. 340. The first batch of students was U Khnong, U Amirkha, U Sorkin, U Sahon, U Sahonrai, and U Jobinrai. The following subjects were taught: Systematic Theology, Scriptural Commentary, First Epistle to the Corinthians, Moral Philosophy, Logic, English, and Church History. Minutes of the District Commitee held at Shangpung 18th April, 1887 (Bangor MS 36406, Archive, University of Wales, Bangor). Cf. Thomas, E. W.: The Khasi Mission. The History of the Overseas Mission of the Presbyterian Church of Wales, Typescript, 1990, p. 101; Morris, John Hughes: The History of the Welsh Calvinistic Methodists’ Foreign Mission. To the end of the year 1904, 1910, reprint, New Delhi 1996, p. 189. Cf. Jones, G. Angel: Ka History…, op. cit., p. 70.

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Blateiskhem L. Nongbri that these men possess it in a satisfactory degree. We expect not indeed great things but thoroughly good things from them in the future. 29

Commenting on the context of the African churches, Louise Pirouet commented that, “The churches best placed to survive were those in which a beginning had been made to train African clergy.”30 This observation is found to be relevant in the context of North East India, as the establishment of the native ministry played a critical role in preventing the churches in the mission field from being affected by the reduction of missionary personnel during the war and post-war periods. Impact of World War I upon the Roman Catholic Mission The Synod of Catholic Bishops of North India which met at Allahabad in 1887 suggested the creation of Assam as a separate prefecture apostolic. The same was approved in 1889. This new mission station was entrusted to the Society of the Divine Saviour, popularly known as the Salvatorians. 31 It was on January 19, 1890, that Fr. Otto Hopfenmueller, the mission superior, Fr. Angelus Muenzloher, and two brothers, Marianus Schumn and Joseph Baechle, all from Germany, left for Assam. After a brief stay in Guwahati they left for Shillong and arrived there on the February 27, 1890. This marked a turning point in the history of Christianity in Northeast India.32 The Welsh missionaries who had taken for granted the Khasi-Jaintia Hills as their birthright, viewed them with suspicion and dislike and regarded the German fathers as “intruders.” Unfortunately, Fr. Otto was affected by meningitis and succumbed to it on August 21, 1890. This was followed by the death of Bro. Marianus Schumm ten days later. This was a great lost to the Catholic mission in the region. Nevertheless, by October 1890 they were reinforced with more personnel: three fathers, one brother, and three sisters. 33 These Salvatorian sisters were the first religious sisters to work in NEI.34 Since Fr. Otto died without handing over charge, Fr. Angelus Muenzloher was appointed mission superior for the interim period, which lasted until 1905. In his short stint as the superior, Muenzloher was able to procure a vast plot of land in the heart of Shillong, known as Lumtyngkong or, as the English people called it, Hopkinson Wood. The owner was General Hopkinson, who sold the plot to the Catholic missionaries on his return to England for Rs.5,000. Commenting on the significance of this event, Fr. C. Becker, the first prefect apostolic of Assam says, 29 Report of WCMFMS for the Year 1890, Dolgelley 1891, p. xii. 30 Pirouet, M. Louise: East African Christians and World War I, in: Journal of African History, no. 1, Cambridge 1978, p. 130. 31 Cf. Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission in North East India, Shillong 1989, pp. 1–5. 32 Cf. ibidem, pp. 7–13. 33 Cf. Bednarz, Julian: Salvatorians and Northeast India, in: Karotemprel, S. (ed.): The Catholic Church In Northeast India, 1890–1990, Calcutta 1993, p. 79. 34 The names of these sisters were Sr. Laurenzia, Sr. Scholastica, and Sr. Beneditta, all from Germany.

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It required great courage, foresight and spirit of enterprise to think of acquiring this property in spite of the poverty of the mission. It was really an act of rare farsightedness! By this timely acquisition of land the Administrator of Assam Mission laid the necessary foundation for later developments and the expansion of the principal mission station, Shillong, with all its manifold activities. 35

Immediately after the procurement of this land they build their residence. A chapel was blessed as St. Mary’s Church in June 1891. By December 8, 1891, they were able to baptize the first Catholics from among the Khasis – Ka Anna Sada Nongrum and her daughter Maria Shitmon Nongrum – in the new chapel at Shillong. The baptism was administered by Fr. Ignatius Bethan. 36 At the Shillong station they immediately constructed a school, an orphanage, and a residence for the sisters. Preaching centers were also founded in the vicinity of Laitumkhrah: Umpling, Malki, and Mawkhar. From Shillong, attempts were made to reach the Bhoi areas. The Salvatorians came in contact with the Bhoi people in 1907, at Thaiong village. Fr. Chrysostom Mayer was assigned to provide pastoral care from Shillong, and by the end of 1911 seventeen people were baptized. The prefect apostolic paid a visit to the Ri-Bhoi areas in 1914. 37 Besides Shillong, they opened new mission centers at Raliang in Jaintia Hills in 1892 with Fr. Johannes Gruchotas as the first resident priest. In Jaintia Hills the people requested the Catholic mission to send them missionaries and teachers. The prefect apostolic visited the area in June 1892 and baptized forty people, including Protestants. Following this, two fathers were stationed at Raliang: Frs. John Gruchot and Thaddeus Hoffmann. 38 At the turn of the century (1901) a new mission station was opened at Lamin by shifting it from Smit, which was originally founded in 1898, due to strong opposition from the local chief. A school was established there and by 1914 there were 129 Catholics, 23 catechumens, 3 catechists, 3 elementary schools, and 2 sub-stations at Sandai and Jongushen. 39 In 1902, a mission station was opened at Jowai, the headquarters of the Jaintia sub-division. From the Shillong region, the Salvatorians visited Maram village in West Khasi Hills, and by 1893 a few families in the Rangthong region had embraced Catholicism. 40 Though the Maram region was recognized as a “promising field,” they could not spare a missionary.41 In the Cherrapunjee areas, the work was not as successful as in the Jaintia Hills, though by 1899 there were about 12 Catholics, a chapel, and a school under Fr. Corbinian Bohnheim. By 1914, there were about 45 Catholics in Cherrapunjee.42 With regard to their work in the Shella area, the Salvatorians enjoyed immediate success. By 1895, there were 150 Catholics and 35 Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., p. 158. 36 Cf. Paviotti, Orestes: Ka Matti Jong U, translated by Fr. T. Resto, Shillong 1989, p. 10. 37 For a general study on the initial period of the introduction of the Catholic faith in the Bhoi region, see Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., pp. 176–183. 38 Cf. Paviotti, Orestes: Ka Matti Jong U…, op. cit., p. 10. 39 Cf. Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., p. 235. 40 Cf. Maliekal, George: History of the Catholic Church Among The Khasis, Shillong 2005, pp. 95–96. 41 Cf. Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., p. 176. 42 Cf. ibidem, pp. 204–205.

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many students, both boys and girls. Unlike in other mission fields, here the women influenced by Hindu culture were not free to mix with their male counterparts; they were confined to their houses. Seeing this, the Salvatorians felt the need for sisters. Salvatorian sisters arrived in Shella in 1896. They ran schools and an orphanage, and also visited women in their houses. However, the earthquake of 1897 destroyed all that they had established. This also affected all the other stations. Consequently, they shifted to Laitkynsew, a nearby village. In 1899, an orphanage and a chapel were constructed and a printing press was established to produce religious material. It was shifted to Shillong in 1907.43 This press contributed much to the enrichment of the Khasi literature. Further, a monthly journal, U Nongialam Katholik, was published from Laitkynsew to counteract “the unwarranted attacks of the Methodists against the Catholic religion.” 44 Despite all their difficulties, there were about 265 Catholics, 2 catechists, 2 primary schools, and 1 dispensary in the Laitkynsew area by the end of 1914. 45 From the beginning, the Salvatorians saw the need to play a larger role in the field of education. In 1910, the Salvatorian sisters in Shillong started the school for home science; other schools were established in the interior areas, such as Raliang, where emphasis was given to practical skills like weaving and knitting. The Salvatorians could also foresee the need for vocational training, so they set up a technical school in 1907, where Khasi youths were taught the trades of carpentry, smithery, shoemaking, etc. This was made possible by a substantial grant from Dr. Daniel O’Brien.46 In 1908, an M. E. School was opened, called St. Anthony’s School and Orphanage. The same year, in response to the appeal of Fr. Becker, the Loreto Sisters came to Shillong to start an English school for AngloIndians and the children of British officials. After the construction of the school building and convent, the school was opened in 1909. 47 They also gave due attention to agriculture – a farm was established in 1911. A government farm at Umlyngka was also placed under the management of the Salvatorians in 1912. 48 C. Becker attempted to establish an English school for boys. With a generous grant of land and financial assistance from the government, a school known as St. Edmund’s School, was established in 1916. Becker requested the Irish Christian Brothers to take charge of this school, and after much persuasion they relented. 49 43 Apart from the publication of the writings of individual missionaries that were already mentioned, the following represents the other publications of this press after it was shifted to Shillong: Laudate: Ka Jingduai bad Ka Jingrwai Khasi, Shillong 1914; Ki Mirtir Nikro kiba na Ukanda, Shillong 1914; Ka Purketori bad kaba Duwai na ka Bynta kiba Iap, Shillong 1914; Kaba burom ia ki Dur Bakhuid, Shillong 1914. 44 Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., p. 193. 45 Cf. ibidem. 46 He was an Irish Catholic who was working in Shillong as a civil surgeon. He took voluntary retirement when he reached fifty years old. He then went down to Assam to join the tea trade. Before he died he gave all his property and belongings to the Church. 47 Cf. Curran, C.: A Century of Catholic Educational endeavour in Northeast India, in: in: Karotemprel, S. (ed.): The Catholic Church…, op. cit., pp. 345–346. 48 Cf. Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., pp. 264–267. 49 Cf. Curran, C.: A Century of Catholic…, op. cit., pp. 346.

The First World War and the Christian Mission in North East India

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Fr. Christoph Edmund Becker, through a decree dated January 9, 1906, was appointed the first prefect apostolic of Assam. 50 He arrived in Shillong on March 17, 1906, to the warm welcome of priests and Khasi Catholics. It was under his leadership that the Salvatorian mission grew rapidly. New arrangements were made for the new missionaries, namely that they should proceed first to England for the study of the English language; on their arrival they would have to study the language of the mission station where they were appointed. Another important dimension was his emphasis on the need for proper training of the local Catholics as catechists. Accordingly, he founded the Catechetical Training Centre in 1907. Thus, by 1914 there were about forty-six catechists. 51 Becker also saw the need to organize educational policies according to government rules in order to be on par with the Protestant schools and to be eligible for government recognition and grants. Consequently, recognition was granted “without difficulty”; the number of schools which received recognition was twelve in 1910. 52 By 1914, their efforts had led to the emergence of a Khasi Catholic community of about 2,238, with 932 catechumens, 2 English high schools for boys and girls, 3 home science schools for girls run by the Salvatorians, and many primary schools in various villages and orphanages. 53 The First World War created havoc in the work of the Salvatorian missionaries because all of them were of German nationality. Thus, unlike their Protestant counterparts, they were declared enemies of the state and declared prisoners of war. They were asked to leave Shillong and were kept as prisoners of war in a camp at Ahmednagar. German prisoners from East Africa were also brought there. 54 In June 1915 it was communicated to them that they would be deported to the prison camp at Ahmednagar. Thus on July 9, 1915, the missionaries left Shillong and reached the prison camp after a five-day journey. They remained there until the end of March 1916, when they were repatriated to Germany. The Salvatorian sisters also had to leave the mission fields on the November 5, 1915. 55 Thus eleven Salvatorian priests, nine Salvatorian sisters, and five Salvatorian brothers were repatriated back to Germany. On his arrival in Germany, Fr. C. Becker received a letter from the papal secretariat dated July 21, 1916. It said,

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Cf. ibidem. Cf. Bednarz, Julian: Salvatorians and Northeast India…, op. cit., pp. 81–82. Cf. Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., p. 263. Cf. ibidem, p. 340. Cf. Paviotti, Orestes: Ka Matti Jong U…, op. cit., pp. 21–22. It is difficult to give exact figures from individual institutions as their reports usually give a general report of the whole of Assam. 54 Cf. Steinhach, Daniel: Power Majorities and Local Minorities. German and British Colonials in East Africa during the First World War, in: Panayi, Panikos (ed.): Germans as Minorities During the First World War. A Global Comparative Perspective, New York 2016, pp. 276–280. 55 For a detailed account on this issue, see Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., pp. 343–381.

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Blateiskhem L. Nongbri I congratulate you on your happy return home and I am glad to inform you that the Holy Father, to whom I reported the matter and at whose feet I laid your sentiments expressed by you on this occasion. He imparts his Apostolic blessing to you and other missionaries. 56

With this turn of events, the future of Assam mission was at stake. Their evangelistic work came to a stop and many schools and orphanages were left unmanned until the arrival of other missionary orders. This was a death blow. Further, the impact was very traumatic for the Salvatorian missionaries; they had labored in the region twenty-five years but they were unable to produce indigenous leadership who were capable of manning their institutions, schools, orphanages, and other related activities. Furthermore, until 1914 the Salvatorian order had no missionaries from other nationalities. No priests from among the “natives” were ordained, as in the case of the Presbyterian Church. Thus, considering the seriousness of the situation and aware of their immediate deportation, Fr. C. Becker requested that Archbishop Meulman – then in charge of the Diocese of Calcutta, which was then under the Jesuits from the Belgian province – take charge of the Shillong station. Thus, being of Belgian nationality, they were allowed to enter the Assam mission. The archbishop, after receiving papal approval, immediately responded by sending Fr. Paul Lefebvre to Shillong on June 24, 1915. In the same year, he was joined by another four priests: Fr. A. Boone, Fr. N. Krier, Fr. Grignard, and Fr. J. Vial. The first three were all Belgians; only Fr. Vial was French. The Holy See appointed Archbishop Meulman as the administrator. However, considering the distance of the place from Calcutta, he delegated his power to Fr. Lefebvre.57 In the hills, only Raliang and Shillong stations had resident missionaries. The other two priests settled in the plains. Two resident priests were posted in the Shillong mission station. They had to look after the Sohra and Laitkynsew stations. Fr. A. Grignard was stationed at Raliang and supervised Nongbah and Lamin. 58 Considering the vastness of the area, the Jesuits could do very little apart from providing pastoral care to their existing believers. Further, the girl’s school was left unattended after the departure of the Salvatorian sisters. To preserve its existence, Fr. Lefebvre requested that the “Sisters of our Lady of the Mission” (R.N.D.M) stationed at Dacca extend their help in taking care of girl’s education and the orphanage in Shillong. His request was accepted and they immediately sent five sisters to Shillong. 59 They founded the St. Mary’s Middle English School,60 took charge of an orphanage, and ran a dispen56 Cardinal Gasparri to Fr. C. Becker, Prefect Apostolic of Assam, dated July 21, 1916. Cited in Becker, Christoph: Early History of the Catholic Mission…, op. cit., p. 280. 57 Cf. Mathew, P. C.: The Jesuits in Assam During the First World War, in: The Catholic Church In Northeast India, 1890–1990, in: Karotemprel, S. (ed.): The Catholic Church…, op. cit., p. 129. 58 Cf. Paviotti, Orestes: Ka Matti Jong U…, op. cit., p. 16. 59 Cf. Edamattathu, Thomas/Rodrigues, Ida: Contribution of the Catholic Sisters to the Church in North East India, in: Karotemprel, S. (ed.): The Catholic Church…, op. cit., p. 298. Cf. Jarain, Richard: What the Jesuit have to say, in: Parish, U Khrist Jingshai: Golden Jubilee Celebration 1950–2000, Shillong 2000, p. 43. 60 This became one of the leading schools in the region. It gradually grew into a high school and a leading women’s college in India. For a detailed account of its growth, see St. Anne, M.: A

The First World War and the Christian Mission in North East India

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sary, a home for the aged, and a boarding school for Anglo-Indian girls.61 Due to lack of personnel, the cause of the Catholic Church in North East India greatly suffered. Meanwhile, the Jesuit authority expressed its inability to sustain the Assam mission and requested the Propaganda Fide to relieve them of the burden. 62 Thus, after the war the mission field was handed over to the Salesian mission, despite the fact that the Salvatorian authority pleaded before the papal authority to send them back to Assam. It was only in the 1920s under the Salesian mission that the Roman Catholics experienced dramatic growth in the Khasi Jaintia Hills, its main area of operation. World War I was a serious setback to the growth of the Catholic Church in the region, which made the mission authorities realize the need to promote indigenous leadership as soon as possible. To this end, in 1928 the Salesians opened a theological institution called Our Lady House in Shillong. This is known today as Sacred Heart Theological College and is affiliated with Salesian Pontifical University in Rome. During the war, and with few foreign personnel in the field, it was found that the “native” catechists played a critical role in keeping and spreading the Catholic faith in the region. Thus, Mgr. Ferrando wrote a letter to the rector major of the Salesians, Fr. P. Ricaldone, exclaiming, I wish to raise a loud cry so all those who love the mission may hear it: “Help us to maintain catechists, and still more catechists!” They are the extended hands and the spokemen of the missionary. Give me more catechists and we will have many more thousands of conversions each year. 63

Accordingly, the Khasi Catholic Congress was held at Cherrapunjee on May 24, 1924, with the sole purpose of mobilizing lay participation in the missionary activity of the Church. 64 CONCLUSION World War I had a tremendous impact on the life of the western churches and the religious landscape of so-called Christendom. Combined with multiple additional factors, it contributed to the gradual decline of Christianity. Considering the involvement of so-called Christian nations in the war, people started questioning the credibility of Christianity and its failure to prevent such a thing from occurring. Consequently, the post-war period also witnessed a decline in the enthusiasm for

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Seed is Sown, in: Borooah, Biju (ed.): Diamond Jubilee Souvenir: St Mary’s College, 1937– 1997, Shillong 1997, pp. 6–14. Cf. Kottupallil, George: Historical Survey of the Catholic Church in Northeast India, in: Indian Missiological Review, no. 3–4, Shillong 1990, p. 43. Cf. ibidem, p. 44. Ferrando, S.: Letter to the Rector Major dated August 24, 1936, cited in Maliekal, George: History of the Catholic Church Among the Khasis, Shillong 2005, p. 212. Cf. Maliekal, George: History…, op. cit., p. 173.

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missionary service. This radically reduced the number of personnel in foreign missions. Nevertheless, the intensity of the impact of World War I upon mission activities and indigenous churches was not uniform, but differed depending on the nationality of the missionaries and therefore on the nature of the indigenous churches.

DER BEITRAG EINHEIMISCHER MITARBEITENDER ZU DEN ANFÄNGEN DER KIRCHE IN TANGA UND IM DIGOLAND (TANSANIA) – MIT BESONDERER BEZUGNAHME AUF DIE AUSWIRKUNGEN DES ERSTEN WELTKRIEGES1 Christian Pohl ZEITLICHE UND GEOGRAFISCHE EINGRENZUNG SOWIE EINORDNUNG Der Beginn des Bearbeitungszeitraums ist durch den Anfang der Arbeit der Evangelischen Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika (EMDOA), später BethelMission, in der Stadt Tanga im Jahr 1890 vorgegeben. Als Ende bietet sich 1925 an, da in diesem Jahr nach einer Phase der kriegsbedingten Eigenständigkeit der einheimischen Kirche durch die Rückkehr deutscher Missionare ein neuer Abschnitt begann. Was die Kolonialgeschichte betrifft, so übernahm Anfang 1891 das Deutsche Reich die Verwaltung Deutsch-Ostafrikas. Zuvor war sie in den Händen der privaten Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (DOAG) gelegen, für die Kaiser Wilhelm II. schon 1885 militärischen Schutz zugesichert hatte. 2 Die Ortsbestimmungen „Tanga“ und „Digoland“ beschreiben die geografische Abgrenzung an der Küste Ostafrikas, dem heutigen Tansania. Sie ist inhaltlich begründet durch den historischen Zusammenhang der kirchlichen Arbeit in dieser Stadt und in ihrem Umland. Wohl gehörten die benachbarten Usambara-Berge ebenso zum Einzugsgebiet der Missionsgesellschaft, waren aber sowohl arbeitsorganisatorisch als auch landschaftlich und ethnisch von dem Küstenabschnitt um Tanga getrennt. Trotzdem ergab sich in späteren Jahren eine engere Kooperation zwischen der Küste und den Usambaras. So kann dieser Beitrag als lokale Studie bezeichnet werden, die aber in einem größeren Zusammenhang vielfältiger Kulturkontakte steht und deshalb in die ge-

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Dieser Artikel basiert auf meiner im LIT Verlag erschienenen Studie Pohl, Christian: Evangelische Mission in Tanga und im Digoland. Der Beitrag einheimischer Mitarbeitender zur Kirchwerdung 1890–1925, Berlin 2016. Zur Kolonialgeschichte vgl. z. B. Iliffe, John: A modern History of Tanganyika, Cambridge 1979, S. 88 ff. oder Klein-Arendt, Reinhard: Ein Land wird gewaltsam in Besitz genommen. Die Kolonie Deutsch-Ostafrika, in: Becker, Felicitas/Beez, Jigal (Hrsg.): Der Maji-MajiKrieg in Deutsch-Ostafrika 1905–1907, Berlin 2005, S. 28–48.

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Christian Pohl

teilten Geschichten (entangled histories) einzuordnen ist. 3 Als solche leistet sie einen Beitrag zur globalen Geschichte des Christentums, die interkulturell geprägt ist. DIE ENTWICKLUNG VOR DEM ERSTEN WELTKRIEG Im Jahr 1890 gründete Missionar August Krämer die Missionsstation Mbuyukenda in Tanga, die zum Ausgangspunkt der weiteren Aktivitäten an der Küste und in den Usambaras wurde. Die ethnische Zusammensetzung dieser Stadt war heterogen: Neben den lokalen Waswahili lebten hier Angehörige unterschiedlicher lokaler Völker, die Arbeitsmöglichkeiten vor Ort gefunden hatten. Außerdem gab es indische Migranten und die arabische Oberschicht, die zur alten Kolonialmacht gehörte. Mit dem Beginn der deutschen Kolonialphase kamen Europäer, besonders Deutsche, dazu, die aber zahlenmäßig eine kleine Minderheit bildeten. 4 Erste Phase: 1890–1895 (Aufbau) In der ersten Phase der Missionstätigkeit von 1890 bis 1895 lag der Schwerpunkt noch auf den deutschen Mitarbeitenden, was sowohl den Beitrag zum Aufbau der Kirche als auch die Berichterstattung betrifft. 5 Doch wurden bewusst sehr früh einheimische Mitarbeitende einbezogen, denn das Ziel war die Gründung einer eigenständigen Kirche vor Ort. Der Name des ersten lokalen Lehrers, der ab 1891 tätig war, wird mit Andreas Abdallah wiedergegeben. 6 In diesem Zeitabschnitt wurde die Grundstruktur für die künftige Arbeit gelegt und damit die Voraussetzung zur Kirchwerdung geschaffen. Der Schulbetrieb, ein grundlegendes missionarisches und gemeindebildendes Tätigkeitsfeld, wurde aufgenommen, die diakonische Arbeit begann, Gottesdienste wurden gehalten und Verkündigung in der Stadt durchgeführt. So entstand eine kleine Gemeinde mit dem dazugehörigen Leben in einem vom Islam geprägten Kontext. Die Zusammensetzung der ersten Christen war heterogen, sie stammten teilweise aus unteren sozialen Schichten und verschiedenen lokalen Völkern, sodass sie

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4 5 6

Zu „entangled histories“: Conrad, Sebastian/Randeria, Shalini: Geteilte Geschichten. Europa in einer postkolonialen Welt, in: ders./dies./Römhild, Regina (Hrsg.): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, 2. Auflage, Frankfurt am Main 2013, S. 39 ff. Der Begriff „entangled“ ist zwischen „shared“ (teilhabend) und „divided“ (getrennt) anzusetzen und enthält somit eine Ambivalenz. Zur Stadt Tanga vgl. Pohl, Christian: Evangelische Mission..., a.a.O., S. 37 ff. Zur Phase von 1890–1895 vgl. ebenda, S. 53 ff. Zu Andreas Abdallah: Nachrichten aus der ostafrikanischen Mission (im Folgenden NOM), Nr. 5, Bethel 1894, S. 72; Nr. 6–7, S. 103–107 [Jahresbericht 1893]. Zuvor ohne Nennung des Namens: NOM, Nr. 8–9, Bethel 1891, S. 120. Zur Schularbeit des einheimischen Mitarbeitenden vgl. auch NOM, Nr. 9, Bethel 1892, S. 157.

Einheimische Mitarbeitende und die Kirchwerdung in Tanga und im Digoland

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einen transkulturellen Personalverband formten. 7 Es ist anzumerken, dass die Missionsarbeit in der Stadt Tanga nicht ein bestehendes soziales Gefüge zerstörte, sondern in einer kulturell diversen Umgebung ein neues soziales Netzwerk schuf. Auf dem Missionsgrundstück Mbuyukenda bildete sich eine christliche Siedlung. Die Initiative dazu war ausdrücklich von einheimischen Christen ausgegangen, nicht von der Missionsgesellschaft. Dieser waren die Auswirkungen einer christlichen Siedlung bewusst und so wurden in den folgenden Jahren die damit verbundenen Implikationen missionsintern diskutiert, wie die Gefahr, eine christliche Enklave zu werden, oder die teilweise Abhängigkeit von der Mission als Arbeitgeber. Darüber hinaus wurde die Ausdehnung der kirchlichen Arbeit über die Stadt Tanga ins südliche Digoland vollzogen. Zweite Phase: 1896–1914 (Ausbau) In der zweiten Phase von 1896 bis 1914 wuchs der Beitrag der einheimischen Mitarbeitenden zur Kirchwerdung an und ihre Anzahl nahm zu. 8 Dabei schlug die kirchliche Arbeit tiefere Wurzeln und dehnte sich regional aus. Unter den lokalen Mitarbeitenden ist besonders Yakobo Lumwe (1888–1976) zu nennen. Er stammte aus einer wohlhabenderen Familie und verfasste später eine Autobiografie in zwei Teilen, die ein bedeutendes Dokument eines einheimischen Mitarbeitenden darstellt. 9

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Andreas Feldtkeller weist darauf hin, dass das Christentum von Anfang an „transkulturelle Personalverbände“ bildete, bei denen die „kulturelle und ethnische Herkunft dezidiert kein Zugangskriterium ist“. Feldtkeller, Andreas: Interkulturelle Theologie und Religionswissenschaft. Eine Verhältnisbestimmung, in: Interkulturelle Theologie. Zeitschrift für Missionswissenschaft, Nr. 2–3, Leipzig 2014, S. 235. Auch wenn es im Laufe der Geschichte des Christentums Veränderungen dieser Sozialform gab, so ist die Kirche Jesu Christi nur transkulturell zu fassen. Zur Phase von 1896–1914 vgl. Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 66 ff. Zur Autobiografie Yakobo Lumwes vgl. ebenda, S. 72 ff., S. 113 f. Zu seiner Person und Arbeit vgl. ebenda, besonders S. 83 ff. Autobiografie, Teil 1: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (SBB), Hs. or. 9970 („Abschrift des Lebenslaufes von Yakobo Nombe in Tanga“ = Handschrift – nicht Y. Lumwe – kiswahili), entspricht im Wesentlichen: Archiv- und Museumsstiftung der Vereinten Evangelischen Mission, Wuppertal (AMS VEM), M 184, 052–059 („Aus Yakobo Ngombes Leben“ = Maschinenschrift deutsch), letztere enthält die Datierung „November 1923“. Geringfügig verändert 1928 veröffentlicht in der Zeitschrift Beth-El, Kopie in: Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Anstalten, Bethel/Bielefeld (HAB), Slg B IX, 15,15. Dazu gibt es eine autobiografische Tonbandaufnahme aus dem Jahr 1962 durch den Afrikanisten Ernst Dammann, die 1986 in ihrem ersten Teil (von der Geburt bis zu seinen Heiratsplänen ca. 1905) verschriftlicht wurde: Universität Bayreuth (UBT, dieser Bestand wurde von mir bibliografiert), ED 1,1 ff [Lumwe, Autobiografie 1962/1986]; vgl. dazu UBT, ED 2-4.6 (u. a. Brief des Transkribenten David Sperling an Ernst Dammann) und Dammann, Ernst: Afrikanische Handschriften, Teil 1: Handschriften in Swahili und anderen Sprachen Afrikas, Verzeichnis der orientalischen Handschriften in Deutschland, Bd. XXIV, 1, Stuttgart 1993, S. 235.

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Christian Pohl

Zunächst hatte er seinen Arbeitsschwerpunkt im Schulbereich, arbeitete sich aber im Laufe der Zeit in alle Hauptfelder der gemeindlichen Tätigkeiten wie Gottesdienst, Seelsorge, Katechumenenunterricht und Evangelisation, außer Sakramentsverwaltung, ein. Obwohl die Leitungsfunktion noch immer von den ausländischen Mitarbeitenden wahrgenommen wurde, übernahm er mehrwöchige Vertretungen (1907/1910) mit Zuständigkeit für die gesamte Arbeit – ein Indiz für die wachsende einheimische Selbstständigkeit beim Aufbau der Kirche, wozu gleichfalls seine Teilnahme an der ökumenischen Konferenz 1911 zu werten ist. Wenn auch die Grundbezeichnung für einheimische Mitarbeitende Lehrer blieb, so kamen nun Katechist und Evangelist dazu. Ihre Qualifizierung wurde durch verschiedene Maßnahmen gefördert. Das theologische Denken Yakobo Lumwes war deutlich an der Bibel orientiert und christuszentriert. Kennzeichnend für ihn war die Verbindung, die er zwischen seiner Lebenswelt und biblischen Inhalten herstellte. Durch die Einbeziehung von Träumen in die Spiritualität formte er zusammen mit anderen Christen eine spezifische Variante des christlichen Glaubens. Er ging hiermit über die Vorstellungen der Missionare hinaus, die ihre eigenen Träume nicht artikulierten und aus einem Kontext stammten, in dem diesen allgemein keine große Bedeutung beigemessen wurde. Die einheimischen Christen griffen dabei einerseits auf die biblische Überlieferung zurück, andererseits konnten sie ihre eigene kulturelle Tradition aufnehmen, in der Träume eine Rolle spielen und es z. B. Erscheinungen von verstorbenen Eltern im Traum gab. Auf diese Weise schufen sie eine hybride, inkulturierte Form des Christentums. 10 Die Zahl der Gemeindeglieder wuchs in dieser Phase an. Die Gemeinde fand in der 1898 in Tanga auf Mbuyukenda erbauten Kirche ihren Mittelpunkt. Im Digoland gab es mehrere Schul- und Gemeindegründungen, bei denen einheimische Mitarbeitende eine entscheidende Rolle spielten. Ein herausragendes Beispiel für die Selbstausbreitung der Kirche ist der Beginn der Schul- und Gemeindearbeit in Manyinyi durch den Tischlermeister Paul Pera. Später wurde er

Autobiografie, Teil 2 (ab Beginn des Ersten Weltkrieges): AMS VEM, M 656, 385–393 („Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe“ = Maschinenschrift kiswahili), entspricht: AMS VEM, M 656, 352–384 („Aufzeichnungen des Yakobo Ngombe von 1914–1923“ = Handschrift deutsch, mit Begleitschreiben des Übersetzers Wilhelm Hosbach), entspricht: AMS VEM, M 184, 069–124 („Aufzeichnungen des Yakobo Ngombe von 1914–1923“ = Maschinenschrift deutsch, mit Begleitschreiben des Übersetzers Wilhelm Hosbach). Mögliche Abfassung: Ende 1923 bis Anfang 1925. 10 Yakobo Lumwe berichtet z. B. von einem Traum seines Pastorenkollegen Luka Sefu aus den Usambaras, der als Trost und Stärkung interpretiert werden kann: AMS VEM, M 656, 389– 389R (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe). Vgl. zum Thema Träume: Pohl, Christian: Evangelische Mission..., a.a.O., S. 88, 141, 144–145, 192, 227. Zu Träumen beim Volk der Wadigo z. B. Kayamba, H. M. T.: Notes on the Wadigo, in: Tanganyika Notes and Records, Nr. 23, Dar es Salaam 1947, S. 85 (Erscheinungen von verstorbenen Eltern); Hartnell, Malcolm R.: Strategic Considerations for Church Planting among the Digo of Kenya, Masterthesis, Pasadena 1996, S. 11, 69–70, 72, 83. Zu Träumen in der Bibel: Matth. 2,13 ff.; Gen. 41,1 ff. u. a.

Einheimische Mitarbeitende und die Kirchwerdung in Tanga und im Digoland

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Akida und Jumbe Mkuu des Volkes der Wadigo, der Bewohner des Digolandes. 11 Mit Unterstützung der Mission gründete er einen Schulbetrieb, aus dem eine Gemeinde hervorging. Erst ungefähr acht Jahre später gab es einen deutschen Mitarbeitenden in dieser Gegend. Auch Paul Pera verfasste eine zweiteilige Autobiografie, ein wichtiges historisches Dokument einheimischer Christen. 12 Wichtige Schritte auf dem Weg in Richtung einer selbstständigen Kirche stellte die Einführung des Ältestenamts und des Kirchenbeitrags im Jahr 1900 dar. Dazu gehörten auch jährliche Ältestenkonferenzen zusammen mit den Usambaras, die den gesamtkirchlichen Zusammenhalt förderten und im Laufe der Zeit an Einfluss gewannen. Im Ältestenamt bestand eine Parallelität zur Leitungskultur der Wadigo, deren Dörfern in der Gegend um Tanga in vorkolonialer Zeit Älteste vorstanden. 13 Die Aufnahme von und die Abgrenzung zu lokalen kulturellen Elementen stellten ein beständiges Thema der Konferenzen dar. Eine verbindliche Gemeindeordnung wurde im Jahr 1906 formuliert. Sie bezog traditionelles Denken ein und hatte so einen hybriden Charakter. Wenn auch der Einfluss der ausländischen Mitarbeitenden noch dominant war, zeigte sie doch ein fortgeschrittenes Stadium an, da nun nicht mehr die individuelle Entscheidung des deutschen Pastors im Vordergrund stand, sondern ein gemeinsam beschlossenes Dokument die Grundlage des Gemeindelebens bildete.

11 Das Amt des Akida wurde von der deutschen Kolonialregierung zur Verwaltung auf der mittleren Ebene (Distrikt, mehrere Dörfer) eingeführt und finanziert. Vgl. z. B. Iliffe, John: A modern History…, a.a.O., S. 209–210, 318–319. Die Position des Jumbe Mkuu wurde von der britischen Mandatsregierung im Rahmen des „indirekt rule“ eingesetzt. Diese Oberhäupter waren von den einzelnen Völkern zu wählen und agierten als Vorgesetzte der lokalen Führer. Vgl. z. B. ebenda, S. 333, er übersetzt „jumbe mkuu“ mit „superior headman“. 12 Zu Paul Pera und Manyinyi vgl. Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 187 ff. Primärquellen: SBB, Hs. or. 9966 [Pera, Autobiografie I, 1879–1901]. Zu Datierung/Ort: Auf Seite 28 dieses Teils der Autobiografie stellt er fest, dass seit seiner Taufe 1899 nun 27 Jahre vergangen sind. Folglich müsste er den ersten Teil des Lebensberichts noch im Jahr 1926 fertig gestellt haben, vermutlich im Laufe des Dezembers. Yakobo Lumwe teilt in einem Schreiben vom 22.11.1926 (AMS VEM, M 657/3, 144) mit: „Paulo hat seine Geschichte aufgeschrieben, aber noch nicht vollendet.“ Die Briefe P. Peras aus dieser Zeit tragen den Absenderort Gombero, wo er als Jumbe Mkuu arbeitete, sodass wohl auch der Lebensbericht dort abgefasst wurde. SBB, Hs. or. 9967 [Pera, Autobiografie II, 1901–1927]. Zu Datierung/Ort: Datum am Ende der Autobiografie (S. 47): 03.02.1927. Er legt diesen Teil dem Brief an Missionar Franz Gleiß vom 05.02.1927 bei (SBB, Hs. or. 9968), mit der Bitte um Weiterleitung an Missionar Siegfried Delius. Dieses Schreiben wurde in Gombero abgeschickt, sodass anzunehmen ist, dass auch die Abfassung des zweiten Teils des Lebensberichts dort stattfand. 13 Zu den Ältesten beim Volk der Wadigo vgl. z. B. Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 40; Baumann, Oscar: Usambara und seine Nachbargebiete. Allgemeine Darstellung des nordöstlichen Deutsch-Ostafrika und seiner Bewohner, Berlin 1891, S. 152.

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DER ERSTE WELTKRIEG UND SEINE AUSWIRKUNGEN Der Übergang: 1914–1916 Mit dem Ersten Weltkrieg begann im Sommer 1914 eine Übergangsphase im kirchlichen Leben, die Mitte 1916 damit endete, dass die Gemeinden in Tanga und Umgebung von einheimischen Mitarbeitenden geleitet wurden. 14 Der Kriegsbeginn leitete eine Periode ein, in der sowohl die Kommunikation mit Deutschland als auch das finanzielle Management des kirchlichen Lebens schwierig waren. Der zweite Teil der von Yakobo Lumwe verfassten Autobiografie (siehe oben), den er auf eigene Initiative erstellte und der von 1914 bis 1923 reicht, liefert wertvolle Informationen über diesen Zeitabschnitt. Anfang November 1914 machte die Schlacht von Tanga die Evakuierung der Gemeinde aus Mbuyukenda notwendig. An ihr war Yakobo Lumwe maßgeblich beteiligt, ein Hinweis auf seine inzwischen etablierte Position. 15 Nur wenige Christen kehrten danach in die Stadt zurück, die meisten siedelten sich im Digoland an und bedingten so ein Anwachsen der dortigen Gemeinden. Einige zogen nach Vunde bei Manyinyi, wohin das Wirkzentrum Paul Peras (siehe oben) verlegt worden war. Lehrer Lumwe versorgte die Restgemeinde in Tanga, da der letzte an der Küste anwesende Missionar Siegfried Delius nun für den gesamten Bereich, d. h. auch für das Digoland, zuständig war. Dadurch wurde die Entwicklung in Richtung Übernahme der Arbeit durch die lokalen Christen eingeleitet. Einige Monate arbeitete Yakobo Lumwe als politischer Agent für die deutsche Kolonialregierung, was das differenzierte Verhältnis der einheimischen Mitarbeitenden zur fremden Macht demonstrierte. 16 Denn einerseits kooperierte er mit ihr, andererseits nutzte er seine Stellung zum Wohl seiner Landsleute durch Verhaltensweisen wie „sly civility“ (schlaue Höflichkeit, vorgetäuschte Bürgerlichkeit). „Sly civility“ eröffnet Subalternen die Möglichkeit, als selbstständig Agierende aufzutreten, ohne eine offene Konfrontation anzugehen.17 So rettete er des Landesverrats angeklagte Einheimische vor Gefängnis und Tod, indem er für sie entlastende Berichte verfasste. Schon in dieser Übergangsphase gab es eine Akzentverschiebung in der Arbeitsverteilung auf die lokalen Christen. Die im Rückblick auf diese Zeit von den Missionaren verwendete Terminologie „Missionsmitarbeitende“ für einheimisches und deutsches Personal reflektierte diese Entwicklung.

14 Zur Übergangsphase 1914–1916: Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 112 ff. 15 Zur Beteiligung Yakobo Lumwes an der Evakuierung: Delius, Siegfried: Die Schlacht von Tanga, von Pastor und Missionar Siegfried Delius († 1935), in: Mitteilungsblatt des Traditionsverbandes ehemaliger Schutz- und Überseetruppen, Nr. 68, Berlin 1989, S. 113. Vgl. auch NOM, Nr. 1/2, Bethel 1919, S. 11 f. 16 AMS VEM, M 656, 385 (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe); dazu auch S. Delius in: AMS VEM, M 230/2, 248 R.249. 17 Vgl. z. B. Bhabha, Homi K.: Die Verortung der Kultur, Stauffenburg Discussion, Bd. 5, Tübingen 2011, S. 146 (hier auch Hinweise auf die Bedeutungsbandbreite von „sly civility“).

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Die Eigenständigkeit: 1916–1924 Die sich anschließende Phase der „Eigenständigkeit“ kann in zwei Perioden eingeteilt werden, die der „Selbstbestimmung“ von 1916 bis 1920 und die der „Selbstverwaltung“ von 1920 bis 1924. Die Selbstbestimmung: 1916–1920 Mitte des Jahres 1916 übernahm der Lehrer und Evangelist Yakobo Lumwe die Leitung der Gemeinden in Tanga und im Digoland, da kriegsbedingt kein deutscher Missionar mehr an der Küste tätig war. 18 Dieses Ereignis ist insofern von kirchenhistorischer Bedeutung, als es die Selbstbestimmung der einheimischen Gemeinden einleitete und die lokalen Mitarbeitenden ab diesem Zeitpunkt das kirchliche Leben gestalteten. Missionar Siegfried Delius schilderte die kirchliche Situation so: Seit Anfang Juni 1916 waren die Gemeinden an der Küste ohne Missionare; aber sie waren trotzdem nicht führerlos. Gott hatte unserer Mission in Tanga in Jakobo Ngombe [Yakobo Lumwe] einen Helfer und Mitarbeiter geschenkt und heranwachsen lassen, welchem ich bei meinem Scheiden mit gutem Gewissen die Pflege der Christen, die Aufsicht über die Schulen, die Sorge für das Missionseigentum überlassen konnte. 19

Einen Monat später wurde die Stadt Tanga von britischen Truppen eingenommen, die damit die deutsche Kolonialherrschaft in diesem Küstenabschnitt beendeten.20 Wenige Jahre danach (1920) wurde das Festland als Tanganyika Territory, das als Mandatsgebiet verwaltet werden sollte, offiziell Teil des britischen Empires. Weder einheimische noch deutsche Mitarbeitende hatten die Eigenständigkeit der Kirche so früh erwartet. Wohl gab es inzwischen einige fachlich qualifizierte Lehrer und Katechisten, doch die finanzielle Unabhängigkeit war nicht Gegenstand der Bemühungen gewesen. Dieses Versäumnis ist der Strategie der Missionsgesellschaft anzulasten, die wohl das Ziel einer selbstständigen Kirche anvisiert, aber es in größere zeitliche Entfernung gerückt hatte. Deshalb war die wirtschaftliche Situation einer der Problembereiche, denen die einheimischen Mitarbeitenden gegenüberstanden. Zeitweise waren sie gezwungen, im Nebenerwerb Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine der Folgen war die vorübergehende Einstellung der Unterrichtstätigkeit. Zu den internen Schwierigkeiten kam Druck von außen vor allem durch islamische Gegner des Christentums, die die neuen politischen Kräfteverhältnisse nutzten, um gegen die aus der deutschen Missionsarbeit hervorgegangenen Gemeinden vorzugehen. In dieser Situation organisierte Yakobo Lumwe Treffen aller Mitarbei18 Zur Selbstbestimmung 1916–1920 vgl. Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 127 ff. 19 Delius, Siegfried: Vom Fischerdorf zur Hafenstadt. Bilder aus der Entwicklung der Stadt Tanga und der Missionsarbeit in Tanga und im Digolande, 2. Auflage, Bethel 1926, S. 45–46. 20 Einnahme am 7. Juli unter General Smuts, zum Datum vgl. z. B. NOM, Bethel 1916, Nr. 7–8, S. 43.

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tenden, um sich auszutauschen, Beschlüsse zu fassen und das kirchliche Leben gemeinsam zu gestalten. 21 Auf diese Weise nahm er die von ihm übernommene Verantwortung wahr. Die einheimischen Verantwortlichen bewiesen ihr eigenständiges Profil beispielsweise dadurch, dass sie die angebotene Übernahme der kirchlichen Arbeit durch die befreundete anglikanische UMCA (Universities‘ Mission to Central Africa) aus konfessionellen Gründen ablehnten und damit gleichzeitig bewusst auf eine finanzielle Absicherung verzichteten. 22 Dazu hatten sie die gesamtkirchliche Dimension im Blick, indem sie z. B. Kontakte zu den Christen in den Usambara-Bergen und im Bondeiland pflegten. Aus der Ferne stand ihnen Missionar Franz Gleiß so gut es ging bei. Er hatte wegen der schweren Erkrankung seiner Ehefrau Laura von der britischen Mandatsverwaltung eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung für die Usambara-Berge bekommen. 23 Insgesamt ging die Zahl der Gemeindeglieder leicht zurück, u. a. bedingt durch Übertritte zum Islam, doch es gab auch Neuzugänge durch Taufen. Ethnisch und sozial waren sie weiterhin divers, womit sich ihre transkulturelle Ausrichtung verfestigte. Die Anzahl der einheimischen Mitarbeitenden blieb zunächst ungefähr stabil, ein Hinweis auf ihre hohe Identifikation mit ihrer Tätigkeit. Nichtchristen nahmen wahr, dass die Gemeinden ohne Präsenz der deutschen Missionare weiter existierten, ein Indikator für die Verwurzelung der Kirche im lokalen Kontext. Unter anderem hatte dazu die Übersetzung von Bibelteilen ins Kidigo und ins Kiswahili beigetragen. 24 Den einheimischen Christen war dadurch der Weg in die Mündigkeit eröffnet worden, denn wer die Bibel selbst lesen kann, kann sich ein eigenes Urteil in Glaubensfragen bilden. Damit hatten die Missionare ihre Deutungshoheit abgegeben, was im Raum des Protestantismus nicht hoch genug einzuschätzen ist, da die Heilige Schrift als norma normans fungiert. Für das einheimische Personal war der Bezug auf die Bibel ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens und ihrer Arbeit. Gerade in der Periode ohne ausländische Missionare hatten die einheimischen Christen und Mitarbeitenden die Möglichkeit der eigenverantwortlichen Interpretation der Bibel und ihrer Anwendung im Gemeindeleben. Darüber hinaus war die Verwurzelung vor Ort durch die Beteiligung der einheimischen Christen bei der Produktion von Schriften und Liedern gefördert worden. So hatten sie schon bei der Entstehung des ersten Liederbuchs auf Kidigo 21 Die erste Konferenz ohne ausländische Missionare fand am 26. Juli 1916 in Kibafuta (Digoland) statt, vgl. AMS VEM, M 656, 385R.386 (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe). Weitere Treffen folgten, wie z. B. im Dezember 1916 in Kilulu (Digoland), vgl. AMS VEM, M 656, 386R (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe). 22 Dazu Yakobo Lumwe: AMS VEM, M 656, 387R (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe), vgl. auch NOM, Nr. 4–6, Bethel 1920, S. 1; NOM, Nr. 5/6, Bethel 1919, S. 48. 23 Ab April 1920 wurde ihm ein Arbeitsverbot auferlegt: NOM, Nr. 7–9, Bethel 1920, S. 1. Zur Aufenthaltsgenehmigung: Delius, Siegfried: Vom Fischerdorf zur Hafenstadt…, a.a.O., S. 48; Menzel, Gustav: Die Bethel-Mission. Aus 100 Jahren Missionsgeschichte, Neukirchen-Vluyn 1986, S. 262. 24 Zur Bibelübersetzung: Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 244–245. So hatte Missionar Hans Günther z. B. schon 1911 ein Evangelium ins Kidigo übersetzt, vgl. AMS VEM, M 230/2, 243.

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maßgeblich mitgearbeitet. 25 Dazu kamen ihre Beiträge bei anderen schriftlichen Produkten wie Zeitschriften, Kalendern und der Bibelübersetzung. 26 Hier ist vor allem Yakobo Lumwe zu nennen, der aufgrund seiner Sprachbegabung eine Schlüsselposition einnahm. Das Desiderat der Sakramentsverwaltung konnte nur unzureichend durch den vorerst in den Usambaras verbliebenen deutschen Pastor ausgefüllt werden. Deswegen wurden im Februar 1920, auch auf Bitten der Gemeindeglieder, sieben einheimische Pastoren von Missionar Franz Gleiß ordiniert. 27 Unter ihnen befand sich Yakobo Lumwe, der für die Küste (Tanga und Digoland) zuständig war. Über 300 Personen nahmen an diesem besonderen Gottesdienst teil, und die einheimischen Pastoren teilten das erste Mal ein Abendmahl aus. Am Nachmittag schloss sich eine festliche Veranstaltung an, in der die neuen Amtsträger an ihre Wirkungsstätten abgeordnet wurden. Diese Ordination markiert insofern einen entscheidenden Schritt in der Kirchwerdung, als die einheimischen Mitarbeitenden nun die Gesamtheit der kirchlichen Funktionen wahrnehmen konnten – und ist deshalb von herausragender ekklesiologischer Relevanz. „Das Datum der Ordination … gehört sicher zu den wichtigsten der Kirchengeschichte Usambaras.“ 28 Sie hat ebenso historische Bedeutung, weil sie die erste Ordination von lokalen Mitarbeitenden einer aus der Reformation hervorgegangenen Kirche auf dem ostafrikanischen Festland war. 29

25 Liederbuch: Maneno ga chinyemi, o. O. 1911 [mit handschriftlicher Notiz: „Toleo jipya 1986“ – auf Deutsch: „Neue Auflage 1986“, vermutlich handelt es sich dabei um einen Nachdruck; Herausgeber der ersten Auflage war die EMDOA]. Vgl. dazu Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 241–244 sowie Frucht in Geduld. Bericht über die Arbeit der Evangelischen Missions-Gesellschaft für Deutsch-Ostafrika im Jahre 1911, Bethel 1912, S. 9. 26 Vgl. dazu Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 245–251. Zum Beispiel arbeitete Yakobo Lumwe bei dem gemeinsamen Kalender der evangelischen Missionen mit, ein Hilfsmittel für einheimische Mitarbeitende, das Bibeltexte für die täglichen Andachten und kleine Geschichten enthielt. AMS VEM, M 657/3, 004 (Lumwe, Brief an F. Gleiß, 05.12.1922). Vgl. auch: Nachrichten aus der Bethel-Mission (im Folgenden NBM), Nr. 1–2, Bethel 1923, S. 8 ff; SBB, Hs. or. 9974 (Lumwe, Brief an S. Delius, 05.12.1922); AMS VEM, M 657/3, 016 (Lumwe, Brief an F. Gleiß, 29.12.1923). 27 NOM, Nr. 4–6, Bethel 1920, S. 3; NBM, Nr. 5, Bethel 1936, S. 84. Vgl. auch die Aufzeichnungen Yakobo Lumwes: AMS VEM, M 656, 389 (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe). 28 Menzel, Gustav: Die Bethel-Mission…, a.a.O., S. 244. 29 Einige Monate später, im September 1920, wurde Martin Nganisya in Dar es Salaam im Arbeitsbereich der Berliner Mission ordiniert. Als Jugendlicher war er nach seiner Befreiung aus der Sklaverei eine Zeit lang in Tanga in der Obhut der EMDOA und später als Koch in den Usambaras gewesen (Ordination am 08.09.1920, vgl. Kopie der „Certification of Ordination“ in UBT, ED 20. Zum Aufenthalt in Tanga u. den Usambaras: Dammann, Ernst: Afrikanische Handschriften…, a.a.O., S. 243–244). Die Leipziger Mission nahm zunächst keine Ordinationen Einheimischer vor. Die anglikanische UMCA hatte schon früher lokale Mitarbeitende ordiniert, im Jahr 1901 Cecil Majaliwa, einen Myao aus dem Süden des ostafrikanischen Festlandes. Vgl. Sundkler, Bengt/Steed, Christopher: A History of the Church in Africa, Cambridge 2000, S. 532. Bereits 1870 waren zwei Diakone, John Swedi u. George Farajallah, von der UMCA ordiniert worden, vgl. ebenda, S. 526.

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Ohne die durch den Ersten Weltkrieg verursachte Situation wäre sie vermutlich nicht so früh vorgenommen worden. Die Selbstverwaltung: 1920–1924 Ab August 1920 kann von der Selbstverwaltung der Kirche gesprochen werden, da kein ausländischer Missionar mehr in ihrem Arbeitsgebiet tätig war. 30 So leitete dieses Jahr die zweite Periode der Eigenständigkeit ein, die bis 1924 dauerte. 31 In dieser Zeit leisteten die einheimischen haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitenden die gesamte Arbeit in der Kirche und das Management der Verwaltung ohne die Assistenz auswärtiger Missionare. Die jährlichen gesamtkirchlichen Ältestenkonferenzen der Küste und der Berge, in die auch die hauptamtlichen Lehrer und Pastoren einbezogen waren, können als Synode bezeichnet werden. Sie koordinierten das Leben der Gesamtkirche und trafen Rahmenentscheidungen. Nur im Zusammenspiel der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden war es möglich, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Nach manchmal kontroversen Diskussionen, bei denen sich gelegentlich die beiden mitarbeitenden Gruppen gegenüberstanden, wurden verbindliche Beschlüsse gefasst. 32 Die Pastoren, die sich regelmäßig zu eigenen Sitzungen trafen, bezeichneten sich in dieser Zeit gelegentlich als Missionare und wurden so auch von der Missionsgesellschaft genannt. 33 Damit übernahmen sie einen Titel, der vorher exklusiv auf die ausländischen Mitarbeitenden angewendet worden war, und demonstrierten dadurch ihr Selbstbewusstsein. Ein besonderes Instrument des Austausches untereinander war ein Zirkular, das in zwei Durchgängen für das Jahr 1921 eingerichtet wurde. In dieses Heft trug jeder der Ordinierten mehrfach Beiträge zu seinen Tätigkeiten und dem Gemeindeleben ein. 34 30 Neben Ehepaar Gleiß (Arbeitsverbot!) und ihrer Pflegerin Magdalene Trittelvitz durften bis März 1922 auch noch Diakon Bokermann mit seiner Frau ausschließlich zur Leitung des Krankenhauses in Lutindi bleiben, da von den britischen Behörden kein entsprechendes Personal gefunden werden konnte. Vgl. NOM, Nr. 4–6, Bethel 1920, S. 3; NBM, Nr. 1–2, Bethel 1922, S. 15. Die wenigen übrigen deutschen Missionare in den Usambara-Bergen mussten aufgrund eines Ausweisungsbefehls Tanganyika im September 1920 verlassen. Vgl. Delius, Siegfried: Vom Fischerdorf zur Hafenstadt…, a.a.O., S. 48; AMS VEM, M 656, 390 (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe); NOM, Nr. 7–9, Bethel 1920, S. 2; Nr. 10–12, Bethel 1920, S. 1. 31 Zur Selbstverwaltung 1920–1924: Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 147 ff. 32 Zu den Ältestenkonferenzen vgl. z. B. NBM, Nr. 3–6, Bethel 1921, S. 12–19; zu den Pastorenkonferenzen vgl. z. B. NOM, Nr. 10–12, Bethel 1920, S. 2; NBM, Nr. 3–4, Bethel 1922, S. 20–26. 33 Yakobo Lumwe schrieb z. B. in einem in den Nachrichten aus der Bethel-Mission veröffentlichten Brief über seinen Pastorenkollegen Hiyobu Kuyonga aus den Usambaras: „Der Missionar Hiob aus Hohenfriedeberg kam, um mir in meinem Dienst zu helfen.“ (NBM, Nr. 5–6, Bethel 1923, S. 40–41. Ähnlich formuliert in seinem Brief vom 12. Februar 1923. AMS VEM, M 657/3, 001-003 in deutscher Übersetzung. Die Missionsgesellschaft bezeichnete einheimische Pastoren als Missionare, vgl. z. B. NBM, Nr. 5–6, Bethel 1923, S. 40, 45. 34 Zum Zirkular: Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 154–155. Primärquellen: Erstes Zirkular: SBB, Hs. or. 9965, Uzumbe wa Mulungu uvyoyenda Shambalai na Mpwai

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Neben den genannten gesamtkirchlichen Konferenzen gab es sowohl in den Usambara-Bergen als auch an der Küste monatliche regionale Lehrerkonferenzen zur Besprechung der laufenden Arbeit vor Ort, an die sich je nach Gegebenheit Beratungen mit den Ältesten anschlossen. 35 In Tanga und im Digoland war Yakobo Lumwe als einziger Pastor federführend. Er wurde von Lehrern unterstützt, deren Zahl aber zurückging und deren Engagement zeitweise reduziert war. Die Ursachen dafür lagen vor allem in der genannten wirtschaftlichen und politisch-religiösen Situation. Trotzdem genossen beide Berufsgruppen großes Ansehen und es gab immer wieder durch Taufen Zugänge zu den Gemeinden, die missionarisch aktiv waren. Probleme bereiteten weiterhin die Finanzen, deren Akquirierung sich als schwierig herausstellte. Ein Grund lag in der mangelnden Bereitschaft der Gemeindeglieder vor allem im Digoland, Kirchenbeitrag und Schulgeld regelmäßig zu leisten. In der Stadt Tanga schufen die Mitarbeitenden das neue kirchliche Zentrum Kana einschließlich einer christlichen Siedlung, da die alte Missionsstation Mbuyukenda nicht mehr genutzt werden konnte. Im Jahr 1923 gab es schon elf Privathäuser. 36 Auch auf diese Weise demonstrierten sie ihre Handlungsvollmacht. Bezeichnend war die lokale Bauart des neuen Kirchengebäudes aus Naturmaterial. Einerseits war sie bedingt durch die knappe Finanzlage, andererseits ist sie als ein Hinweis auf die Verwurzelung der Gemeinde im lokalen Kontext zu werten. Der Druck seitens der Gegner der christlichen Gemeinden ging zurück, sodass sich die Situation graduell entspannte. Trotz zum Teil widriger Umstände existierte diese Kirche weiter, die durchaus denkbare Alternative wäre ihre Auflösung gewesen. Für das Fortbestehen und die Weiterentwicklung lassen sich unterschiedliche interne Faktoren festmachen: die Mündigkeit der Christen im Umgang mit der Bibel, die sich entwickelnde Verwurzelung des Glaubens im lokalen Kontext und nicht zuletzt das Engagement der Mitarbeitenden. Zu den internen Gesichtspunkten kommen externe Umstände hinzu: die finanzielle Unterstützung durch die Missionsgesellschaft bis zur Mitte dieser Phase, auch wenn sie auf ein Minimum (Wie das Reich Gottes sich ausbreitet in Usambara und an der Küste). Februar bis April 1921; acht Artikel in Kisambaa, sieben in Kiswahili, davon drei Y. Lumwes vom 04. u. 19.03. sowie 16.04. Zweites Zirkular: SBB, Hs. or. 10041 (selber Titel wie das erste). Mai bis Oktober 1921; zehn Artikel in Kisambaa, zwei von Y. Lumwe in Kiswahili vom 18.06. u. 08.09; ein Autor ist kein Pastor. Auch F. Gleiß leistete Beiträge, er unterschrieb nur mit „Gl“, vermutlich weil ihm von den Behörden Missionsarbeit verboten worden war, vgl. Dammann, Ernst: Afrikanische Handschriften…, a.a.O., S. 227. E. Dammann vermutet, dass F. Gleiß dieses Berichtssystem initiierte, nennt aber keine Belege für seine These. 35 Zu den Usambaras: z. B. NBM, Nr. 2, Bethel 1928, S. 26–27. Zur Küste: z. B. Lumwe, Beiträge im Zirkular der Pastoren: SBB, Hs. or. 9965 (19.03.1921) u. SBB, Hs. or. 10041 (08.09.1921). NBM, Nr. 9–12, Bethel 1923, o. S. (dritte Seite im Artikel „Das Reich Gottes wird weiter gebaut in Ost-Afrika“). 36 AMS VEM, M 656, 392R (Kriegserlebnisse des Jakobo Ngombe). Y. Lumwe verwendet hier den Begriff „kibanda“, was Häuschen, Hütte meint, d. h., es waren keine großen oder luxuriösen Gebäude. Bis heute ist Kana das Zentrum der Lutheraner in Tanga, wo sich der Dekanatssitz befindet. Es liegt unweit der Stelle, an der Pastor Lumwe Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu bauen begonnen hatte.

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reduziert war, und die britische Mandatsmacht, die dem Christentum zumindest nicht feindlich gegenüberstand, wenn es auch immer wieder Reibungspunkte gab. Darüber hinaus ist als Gemeinschaft der Christen die von ihr geglaubte transzendente Rückkoppelung zu benennen, die keine Garantie für ihre jeweils konkrete historische Gestalt darstellt, aber das Vertrauen beinhaltet, dass der Herr der Kirche gegenwärtig ist und seine Hand über sie hält. Die differenzierte Eigenständigkeit: 1925/1926 Die Phase der differenzierten Eigenständigkeit der Jahre 1925/1926 wurde durch die Rückkehr der deutschen Missionare 1925 in das Tanganyika Territory eingeleitet. 37 Pastor Yakobo Lumwe empfing sie zusammen mit lokalen Christen. 38 Die Situation war im Vergleich zur Ankunft August Krämers, des ersten Missionars im Jahr 1890, nun grundlegend verschieden: Damals hatte es noch keine einheimischen Mitarbeitenden gegeben, nun waren sie Hausherren und Gastgeber für die ankommenden deutschen Missionare. In den zurückliegenden Jahren hatten sie die Gemeinden selbstständig versorgt und Yakobo Lumwe hatte sich in Tanga über die einheimische Gemeinde hinaus Ansehen erworben. Die einheimischen Pastoren hatten zusammen mit Katechisten und Lehrern in der gesamten Kirche (Berge und Küste) die Arbeit geleistet, an der vor dem Krieg über 30 ausländische Mitarbeitende beteiligt gewesen waren. Die deutschen Missionsmitarbeitenden reisten nach kurzem Aufenthalt an der Küste in die Usambaras weiter, wo ihr Arbeitsfeld lag. Dort wurde auch Franz Gleiß stationiert, der 1926 folgte und zum deutschen Ansprechpartner für Tanga und das Digoland wurde. 39 Dadurch war seitens der Missionsgesellschaft ein deutlicher Schwerpunkt auf das Engagement in den Bergen gelegt; nach Tanga und Umgebung kehrte bis ins Jahr 1933 kein deutscher Mitarbeiter zurück. 40 Grundsätzlich wollte man nicht mehr alle Stationen mit Europäern besetzen, nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus konzeptionellen Gründen der Priorität lokaler Mitarbeitender. Insgesamt kamen bis Ende 37 Zur differenzierten Eigenständigkeit 1925/1926: Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 173 ff. 38 NBM, Nr. 5, Bethel 1925, S. 79 ff (Lumwe, Brief an F. Gleiß, 14.03.1925) u. SBB, Hs. or. 9974 (Lumwe, Brief an S. Delius, 07.04.1925). Zur Rückkehr insgesamt, vgl. z. B. NBM, Nr. 1, Bethel 1925, S. 2–3; Nr. 12, Bethel 1925, S. 189–190 und Gleiß, Franz (Hrgs.): Die Rückkehr. Briefe. Wie trafen die Missionare E. Johanssen und W. Hosbach die verlassenen Gemeinden in Tanga, Digo und Usambara bei ihrer Rückkehr an?, Bethel 1926; ders. (Hrsg.): Rund um Afrika. Reiseberichte der ersten nach Ostafrika wieder ausziehenden BethelMissionare, Bethel 1926. 39 Die Ankunft von F. Gleiß mit anderen Missionsmitarbeitenden am 13.11.1926 in Tanga wird im Brief Y. Lumwes vom 22.11.1926 an S. Delius beschrieben (AMS VEM, M 657/3, 143). Vgl. dazu auch NBM, Nr. 5, Bethel 1927, S. 66–67. 40 Der Afrikanist Ernst Dammann begann 1933 seine Arbeit an der Küste. Zu seiner Ankunft: Dammann, Ernst: 70 Jahre erlebte Afrikanistik. Ein Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte, Marburger Studien zur Afrika- und Asienkunde, Serie A, Bd. 32, Berlin 1999, S. 48; NBM Nr. 1, Bethel 1934, S. 9 ff.

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1928 ca. zwölf deutsche Mitarbeitende – darunter vier Ordinierte, verglichen mit den Vorkriegszahlen deutlich weniger als die Hälfte. Auf einheimischer Seite gab es im gesamten Arbeitsgebiet (Berge und Küste) sechs einheimische Pastoren, ca. 100 Lehrer, 60 Schulen und eine Vielzahl von Ältesten, also eine deutlich höhere Zahl an Personal als auf ausländischer Seite. 41 An der Küste blieb Yakobo Lumwe weiterhin der einzige Pastor für Tanga und das Digoland. Damit konnte die erworbene Eigenständigkeit hier in höherem Maße als in den Bergen fortgesetzt werden. Die einheimischen Mitarbeitenden hatten die Rückkehr der deutschen Missionare gewünscht, da sie personelle Unterstützung benötigten und sich finanzielle Hilfen für die Kirche versprachen. Von dem transkulturellen Ansatz ihrer Ekklesiologie her war es selbstverständlich, mit ausländischen Christen zusammenzuarbeiten, setzten sie sich doch auch untereinander aus Angehörigen unterschiedlicher Völker zusammen. Die Abgrenzung von Fremden im Namen einer kulturell exklusiven Unabhängigkeit spielte dabei keine Rolle. In einem Brief an Pastor Ernst Johanssen von der Bethel-Mission hatte Yakobo Lumwe im Jahr 1924 geschrieben: Wir Schambala, die Digo und die Nyamwesi, wenn wir eins sind, so haben wir den wahren Reichtum in Christ. Wenn die Europäer und wir Schwarzen eins sind in Gott, wird die Welt überwunden werden und wird glauben an den Sohn Gottes. 42

Die Missionsgesellschaft erkannte die inzwischen erworbene Selbstständigkeit der Kirche und der Mitarbeitenden positiv an und interpretierte sie als Handeln Gottes. 43 Die zurückgekehrten Missionare wurden nun bisweilen als Gehilfen des lokalen Personals bezeichnet und man sprach von ihrer Mitarbeit in der einheimischen Kirche, eine Umkehrung des vorherigen Usus. 44 Trotzdem beanspruchten sie die Gesamtleitung der Kirche, ohne dies zur Disposition zu stellen, was zunächst akzeptiert wurde, u. a. weil sie als die Väter im Glauben betrachtet wurden. Ihre Tätigkeiten konzentrierten sie auf wenige Bereiche wie Ausbildung und Finanzen – das kirchliche Leben wurde weiterhin von den einheimischen Mitarbeitenden gestaltet, die sich deutlich in der Überzahl befanden. Als Subjekte mit Handlungsvollmacht vertraten die Letztgenannten in Sachfragen eigenständige Positionen, die sie in den Diskurs einbrachten. Trotzdem war die lokale Kirche noch nicht formell unabhängig und die Rolle der deutschen Missionare lieferte in den folgenden Jahren Anlass zu kontroversen Diskussionen. Freilich war beides, die personelle und die finanzielle Unterstüt41 Zu den Zahlen: NBM, Nr. 12, Bethel 1925, S. 191; NBM, Nr. 1, Bethel 1930, S. 23 [Statistik 01.01.1929]. 42 AMS VEM, M 657/3, 111 (Lumwe, Brief an E. Johanssen, 13.11.1924, in deutscher Übersetzung). 43 „Die Selbständigkeit, die unsere Gemeinden inzwischen erworben haben, sehen wir als ein Geschenk unseres Gottes an und möchten sie gern pflegen und stärken. Die Missionsarbeit soll in Zukunft hauptsächlich von den eingeborenen Mitarbeitern getan werden.“ NBM, Nr. 12, Bethel 1925, S. 191 [Jahresbericht 01.10.1924 bis 1925]. 44 In den Nachrichten aus der Bethel-Mission wurden die deutschen Missionsmitarbeitenden als „Helfer und Gehilfen der schwarzen Diener Jesu“ bezeichnet. NBM, Nr. 1, Bethel 1925, S. 4.

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Christian Pohl

zung, der ausdrückliche Wunsch der einheimischen Christen gewesen. Der Weg in die Unabhängigkeit forderte von beiden Parteien, den vermeintlich Dominanten und den vermeintlich Subalternen, ein Loslassen gewohnter Strukturen. Trotzdem war in dem Verhältnis Missionsgesellschaft – einheimische Kirche durch die Anerkennung der Selbstständigkeit, die sie erworben hatte, und die Schwerpunktlegung auf einheimische Mitarbeitende im kirchlichen Leben eine grundlegende Veränderung vollzogen. Die einheimischen Mitarbeitenden leisteten nun den entscheidenden Beitrag zum Aufbau der Kirche. Der Rückbau der europäischen Dominanz, der hier bewusst betrieben wurde, wäre so und zu diesem Zeitpunkt auf kolonialer Ebene nicht möglich gewesen. Im Raum der Kirche aber war er u. a. wegen der anderen Zielrichtung, nämlich ein unabhängiges System vor Ort zu schaffen, und der von Yakobo Lumwe immer wieder beschriebenen, in Gott gegründeten, transkulturellen Einheit realisierbar. Schließlich ist auf die Stagnation und den Rückgang der Gemeinden im Digoland hinzuweisen – nicht in der Stadt Tanga –, der vermutlich schrittweise in den 1920er- bis 1960er-Jahren stattfand. 45 Die Quellenbasis dafür ist aus unterschiedlichen Gründen eher schmal. Zur Analyse dieser Entwicklungen sind umfangreichere Untersuchungen nötig, die im Rahmen dieser Studie nicht geleistet werden konnten. EIN KURZER AUSBLICK Aus missionshistorischen Gründen blieben die Küste (Tanga mit Digoland) und die Usambara-Berge kirchlich miteinander verbunden und gründeten 1959 mit der Annahme der Kirchenverfassung die unabhängige Usambara-Digo-Kirche. 46 Im Jahr 1963 gehörte sie als Nordost-Diözese zu den Gründungsmitgliedern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tanganyika, 47 die 1964 ihren Namen in EvangelischLutherische Kirche in Tansania änderte, da in diesem Jahr die Vereinigte Republik Tansania aus Tanganyika und Sansibar bestehend gegründet wurde. Das Festland war im Jahr 1961 politisch unabhängig geworden, die Inseln im Jahr 1963.

45 Zu Stagnation und Rückgang der Gemeinden im Digoland: Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 232 ff. Folgende Ursachen deuten sich an: Der Erste Weltkrieg und seine Folgen, der Einfluss anderer Religionen wie der des Islams und der lokalen Religion. Dazu kommen kirchliche Faktoren, beispielsweise die Frage der Abgrenzung zum kulturellen Kontext, die Haushalterschaft, die Anzahl der einheimischen Mitarbeitenden, die Schwerpunktsetzung der Missionsgesellschaft auf die Usambara-Berge und nicht auf die Küste usw. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die einheimischen Mitarbeitenden – über lange Zeit ohne Missionare – kirchliches Leben aufrechterhielten und weiterentwickelten. 46 Zum Ausblick ebenda, S. 184–186. Zur Annahme der Kirchenverfassung Waltenberg, Heinrich: Historia ya Kanisa la Usambara-Digo (ELCT-North-Eastern Diocese), Soni 1990, S. 8. 47 Zur Gründung der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ngeiyamu, Joel: Die EvangelischLutherische Kirche in Tanzania heute, in: ders./Triebel, Johannes (Hrsg.): Gemeinsam auf eigenen Wegen. Ev.-Luth. Kirche Tanzanias nach hundert Jahren, Erlangen 1994, S. 101 ff.

Einheimische Mitarbeitende und die Kirchwerdung in Tanga und im Digoland

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RESÜMEE In einer kulturell heterogenen Umwelt entstand eine abgegrenzte, aber nach außen einladende Gemeinschaft, die christliche Kirche, die transkulturell angelegt ist. 48 Einheimische Mitarbeitende wirkten von Anfang an bei der Kirchwerdung mit, ihr inhaltlicher und organisatorischer Beitrag stieg im Laufe dieses Prozesses an. In einigen Fällen initiierten sie Schul- und Gemeindegründungen, an anderen waren sie maßgeblich beteiligt. Während der durch den Ersten Weltkrieg bedingten Phase der Eigenständigkeit führten sie ihr kirchliches Leben selbstständig weiter. Auch nach der Rückkehr der Missionare bis zur formellen Unabhängigkeit der Kirche war ihre Mitwirkung substanziell. Sie waren Akteure mit Handlungsmacht, die durch die Aufnahme der Einflüsse deutscher Missionare und lokaler Komponenten eigene Akzente setzten und dadurch der Kirche ihr spezifisches Profil gaben, das hybriden Charakter hat. Ohne ihre Leistung wäre die Kirchwerdung in Tanga und im Digoland nicht möglich gewesen, sodass von einem Zusammenwirken mit den ausländischen Missionaren gesprochen werden kann. Gleichzeitig wird durch dieses Geschehen die lebendige Kraft des Evangeliums sichtbar. Dieser Durchgang hat gezeigt, dass der Beitrag der einheimischen Mitarbeitenden zur Kirchwerdung bis 1914 anstieg und der Erste Weltkrieg eine Phase der Eigenständigkeit einleitete, die ab 1925 in differenzierter Weise weitergeführt wurde. Der Erste Weltkrieg hatte auf der einen Seite einen Imageverlust der Europäer und damit auch der christlichen Mission zur Folge, weil sich christliche Völker bekämpften. Auf der anderen Seite wurde er Anstoß zur Eigenständigkeit der einheimischen Mitarbeitenden und Gemeinden, da in der Folge die deutschen Missionare Ostafrika zu verlassen hatten und die lokalen Christen ihr kirchliches Leben selbstständig gestalteten. Der Erste Weltkrieg kann somit tatsächlich als ein wichtiger Einschnitt und Anschub im Prozess der Kirchwerdung Tangas und des Digolandes bezeichnet werden.

48 Zum Resümee: Pohl, Christian: Evangelische Mission…, a.a.O., S. 266–267.

ZWISCHEN AUTONOMIE, AUTOCHTHONIE UND POLITISCHEM TROTZ Die Entwicklung einer selbstständigen evangelischen Ewe-Kirche nach dem Ersten Weltkrieg Gilbert Dotsé Yigbe

PROBLEMSTELLUNG Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags sind drei historische Fakten, die in den 1930er-Jahren in Bezug auf Togo wahrgenommen werden konnten. An erster Stelle ist ein Vortrag des deutschen Missionars Diedrich Westermann unter dem Titel „Volkwerdung und Evangelium unter den Ewe“ zu erwähnen, den er im Mai 1936 bei der Jahrhundertfeier der Norddeutschen Mission hielt. An zweiter Stelle ist die Gründung des sogenannten Cercle des amitiés françaises zu nennen, die zeitlich mit Westermanns Vortrag zusammenfiel und eine Reaktion der französischen Kolonialverwaltung auf – drittens – den Aufstand vom Januar 1933 gegen die französische Kolonialmacht in Togo war. Der Aufstand wurde von den duawo, von den Vertretern des Volkes, organisiert. Bezeichnend ist hier die Rekurrenz des Begriffs „Volk“. Theoretisch von der von Pierre Nora geleiteten Studie unter dem Titel „Les lieux de memoires“ und ihrer deutschen Rezeption durch Etienne François und Hagen Schulze 1 ausgehend möchte ich zeigen, dass zwei Volksideen (der deutschen Romantik und der französischen Revolution) seit Jahrzehnten das politische Leben und die m. E. sterile politische Debatte in Togo prägen. DIEDRICH WESTERMANNS „VOLKWERDUNG UND EVANGELIUM UNTER DEN EWE“ ALS PRÄMISSE Bei der Jahrhundertfeier der Norddeutschen Missionsgesellschaft und zum Ausklang einer langen Polemik, die Anfang der 1930er-Jahre durch die Veröffentlichung einer Kirchenordnung der Ewe-Kirche entfacht wurde, hielt der Missionar Diedrich Westermann im Mai 1936 einen Vortrag unter dem bezeichnenden Titel „Volkwerdung und Evangelium unter den Ewe“. 1

François, Etienne/Schulze, Hagen: Deutsche Erinnerungsorte, München 2009.

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In diesem Vortrag wies Westermann auf einige Möglichkeiten hin, wie die Norddeutsche Missionsgesellschaft zur Volkwerdung der Afrikaner beitragen konnte bzw. beigetragen hatte. Als erstes im damaligen Deutsch-Togo nannte er die Ewe-Sprache, die durch die Norddeutsche Mission seit Mitte des 19. Jahrhunderts gründlich erforscht war, damals zu den am besten bekannten afrikanischen Sprachen gehörte und eine den Verhältnissen entsprechend recht gute Literatur für den Gebrauch in der Kirche, in der Schule und zu Haus besaß. Durch die Mission hatte das Ewe eine einheitliche Schriftsprache erhalten, und diese war zu einem bedeutsamen Band der Einigung unter den Ewe-Stämmen geworden. 2 Angesichts des plötzlichen Abgangs der deutschen Missionare von Togo mitten im Krieg, der Teilung der Kolonie nach dem Krieg und der exklusiven Französisierung des französischen Mandatsgebietes in den 1920er-Jahren warnte Westermann die togoische Jugend vor der Gefahr, die eigene Muttersprache geringzuachten. Er erkannte, dass der Nachdruck, den [die deutschen evangelischen] Missionare auf die Verwendung der Muttersprache legten, doch dahin geführt hatte, dass von den besten Führern des [togoischen] Volkes immer wieder und oft mit großem Ernst und tiefem Verständnis betont wird, wie unentbehrlich für die Kirche wie für das Volkstum die Erhaltung und Pflege der Muttersprache sei, damit nicht ein Geschlecht aufwachse, das seinem eigenen Mutterboden sich entfremdet fühlt. 3

Westermann schließt seinen Vortrag ab, indem er betont, dass dank der evangelischen Ewe-Kirche die beiden britischen und französischen Teile des ehemaligen Deutsch-Togo sich nicht auseinanderlebten; die Ewe-Kirche habe mit Takt und Energie darauf bestanden, dass die Verbindung der beiden Teile aufrechterhalten werde. Dem Volke selber sei es ein eigenes Anliegen geworden, seine Einheit zu bewahren. Man könne damals, wenn auch in beschränktem Maße, von einem gemeinsamen Volksbewusstsein der Ewe reden; es habe seine stärksten, ja fast seine einzigen Wurzeln in der Volksgemeinschaft, die sich in der Kirche angebahnt habe.4 Mein vorliegender Beitrag setzt sich mit diesem Volksverständnis Westermanns auseinander, das sich die Ewe den Franzosen zum Trotz angeeignet haben; des Weiteren wird der Frage nachgegangen, welche Folgen diese Haltung der Ewe für die spätere politische Entwicklung ihres Landes hat. „WIR SIND EIN VOLK“ – EIN TOGOISCHER GERMANOPHILER IRRWEG Die Anwendung der 1989 bei den Leipziger Demonstrationen skandierten Parole zur Analyse dekolonialer Perspektiven ab den 1920er-Jahren in Afrika mag manche Historiker seltsam anmuten. Aber in der Tat könnte man sich fragen, ob nicht durch die evangelische Missionierung seit Mitte des 19. Jahrhunderts und die Teilung DeutschTogos nach dem Ersten Weltkrieg und die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten

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Vgl. Westermann in Schöck-Quinteros, Eva/Lenz, Dieter (Hrsg.): 150 Jahre Norddeutsche Mission 1836–1986, Bremen 1986, S. 202. Ebenda, S. 206. Vgl. ebenda, S. 207.

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für die togoischen Kolonisierten keine historische Wahlverwandtschaft zwischen Deutschland und seiner sogenannten Musterkolonie zustande gekommen war und Togos politische Lage unter kolonialen Umständen in den 1920er- und 1930er-Jahren nicht als tragisches Omen für die politischen Geschicke des deutschen Volkes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelten kann. Zurück zu Westermanns Vortrag. Der wurde zwar sozusagen in den Klauen des NS-Terrorregimes gehalten, aber abgesehen davon kommt der mehrfache Gebrauch der Begriffe „Ewe-Volk“ bzw. „Ewe-Volkstum“ nicht von ungefähr. Die ideologischen Wurzeln von Westermanns Auffassung vom Volk liegen in der deutschen Romantik beim Weimarer Konsistorialrat Johann Gottfried Herder, für den die Seelen der Völker sich in ihren Märchen und Liedern offenbaren. Ein Volk sei weitaus mehr als die Summe seiner Mitglieder: spirituelle menschliche Gemeinschaft, Kollektivindividuum, Gedanke Gottes. Der Einzelne hatte danach nicht die Möglichkeit seinem Volk zu entgehen; er war schicksalhaft Mitglied seines Volkes, an das er durch seine Muttersprache zeitlebens gebunden blieb. 5

Es ist das „Volk“ im Sinne einer Gemeinschaft derjenigen, die eine gemeinsame Sprache, eine gemeinsame Kultur besitzen und die sich dessen bewusst sind. Westermanns Vortrag ist ein summarischer Überblick über die lexikographischen und ethnographischen Arbeiten der deutschen evangelischen Missionare in Togo, denn sie hatten sich von Anfang an intensiven Studien der Ewe-Sprichwörter, -Anthroponyme, -Märchen und -Lieder hingegeben und somit den Ewe-Volksgeist im Nachhinein gewürdigt, den die Ewe nach Abgang der deutschen Missionare in den 1920er-Jahren demonstrativ zur Schau stellten. Unwiderlegbare Anzeichen dieses Ewe-Volksgeistes kamen durch die im Mai 1922 in Kpalime (ca. 120 km nordwestlich von Lomé) einberufene Synode der evangelischen Ewe-Kirche und die Gründung des Deutsch-Togo-Bundes im September 1924 zum Ausdruck. Osɔfɔ Erhardt Kofi Paku – ein einheimischer Zeuge In seinem 1984 in Ewe veröffentlichten Geschichtsbuch über Togo legt Pastor Erhardt Kofi Paku Zeugnis ab über die verheerenden Folgen der Teilung DeutschTogos für die geteilten Völker und insbesondere für das Ewe-Volk. Pakus eigene Stellungnahme äußert er dadurch, dass er den jeweiligen britischen bzw. französischen Teil als ein „zerschnittenes Togo“ (Togo kakɛ), im Grunde ein wertloses, lächerliches Togo bezeichnet. Zur Begründung erwähnt Pastor Paku nicht nur die einengenden und minderwertigen geografischen Bruchstücke, sondern auch die damit einhergehenden Schikanen. Anekdotenhaft erzählt er über Bauern, die im französischen Teil wohnten und deren Felder im britischen Teil lagen und die täglich die Lebensmittel und

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François, Etienne/Schulze, Hagen: Deutsche Erinnerungsorte…, a.a.O., S. 273.

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selbst die Gewürze verzollen mussten, die sie zum Kochen von zu Hause aufs Feld oder umgekehrt vom Feld nach Hause mitnahmen. Durch die rücksichtslosen, vermeintlich deutschfeindlichen Maßnahmen der französischen Kolonialverwaltung war die einheimische Bevölkerung verzweifelt: Sie wusste nicht, was sie mit der plötzlich verbotenen deutschen Währung, der Mark, anfangen sollte, über die einige in großer Menge verfügten. Die einheimische Bevölkerung konnte auch nicht fassen, warum die deutsche Sprache und selbst ihre eigene Muttersprache Ewe bei der Behörde und in der Schule verboten wurden und die zahlreichen germanophonen und ewephonen Lehrer, Arbeiter usw. plötzlich arbeitslos wurden. Unter diesen Umständen konnten die einheimischen Bauern auch ihre Agrarprodukte nicht verkaufen und die unmittelbaren Folgen hiervon waren gähnende Armut und eine sehr hohe Arbeitslosenquote. Außerdem wurde die von der deutschen Kolonialverwaltung eingerichtete soziale Ordnung infrage gestellt, die soziale Hierarchie in den Städten und Dörfern durcheinandergebracht und die Bezirke gründlich umgestaltet. Die Synode der evangelischen Ewe-Kirche vom 18. bis 22.05.1922 in Kpalime Anfang der 1920er-Jahre waren drei Missionare der Norddeutschen Mission in ihr Missionsgebiet an der Goldküste und nach Togo zurückgekehrt. Sie hatten von der britischen Kolonialregierung die Erlaubnis erhalten, im englischen Mandatsgebiet Togos die Arbeit zu beginnen. Anders lagen die Verhältnisse im französischen Mandatsgebiet von Togo. Nach der Rückkehr der deutschen evangelischen Missionare wurde ihnen vom Gouverneur der Goldküste jegliche Verbindung mit den Gemeinden des französischen Gebietes untersagt. 6 Unter diesen Umständen kamen im Mai 1922 aus beiden Gebieten des geteilten Deutsch-Togo Vertreter der „Bremer“ Gemeinden in Kpalime (im französischen Gebiet) zusammen. Bei dieser Gründungssynode der sogenannten selbstständigen Ewe-Kirche wurden wichtige Beschlüsse gefasst, nämlich: 1. Die Ewe-Kirche will und muss eins bleiben; 2. Die Gemeinden wollen weiter versuchen, die schwierige Arbeit der Selbständigkeit und Selbstunterhaltung zu lernen und zu üben bis zur Rückkehr ihrer eigenen Missionare; 3. Sollte die Ewe-Kirche aber durchaus von einer anderen Missionsgesellschaft übernommen werden, so soll dieselbe imstande sein, die ganze Ewe-Mission allein zu übernehmen, damit die bisherige Einheit derselben erhalten bleibt. Eine Teilung soll durchaus vermieden werden. – Hier kommt die Schottische Mission in Betracht, weil sie sich schon bereit erklärt hat, den größten und älteren Teil unseres Arbeitsfeldes zu beaufsichtigen, und weil ihre Arbeitsweise der unsrigen am ähnlichsten ist; 4. Sollte die weltliche Macht aber dagegen andere Maßnahmen aufzwingen, so ist die Ewe-Kirche fest entschlossen, ihre Einheit

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Vgl. Brief an das Auswärtige Amt vom 9.04.1930 zitiert nach Schöck-Quinteros, Eva/Lenz, Dieter (Hrsg.): 150 Jahre…, a.a.O., S. 99–100.

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dennoch aufrechtzuerhalten. 5. Die betreffende Mission soll aber vorher die nötige Vereinbarung mit dem Vorstand der Norddeutschen Mission in Bremen treffen. 7

Einheit und Selbstständigkeit waren die Schlüsselwörter bei dieser Gründungssynode der Ewe-Kirche, die sich selbstbewusst und trotzig zeigte, indem sie nicht nur Bedingungen stellte, sondern auch selbst die Schottische Mission notfalls als erwünschten Nachfolger der Norddeutschen Mission auswählte, der sie treu blieb. Die Loyalität der Bremer Mission gegenüber zu einer Zeit, als die deutsche Sprache streng verboten wurde und die Rückkehr der deutschen Missionare ins französische Mandatsgebiet gar nicht infrage kam, galt als eine trotzige Reaktion auf die von der französischen Kolonialverwaltung getroffenen deutschfeindlichen Maßnahmen. Ansonsten erwies sich die Ewe-Kirche durch die bei dieser Synode gefassten Beschlüsse als Fürsprecher des Ewe-Volkes und nahm unmissverständlich Stellung im politischen Feld ein. Päpstlicher als der Papst – der Deutsch-Togo-Bund Das radikale politische Pendant zur selbstständigen Ewe-Kirche war der Verein Deutsch-Togo-Bund, dessen Sitz in Akkra (an der damaligen Goldküste) und dessen langjähriger Vorsitzender und Galionsfigur Johannes Kofi Aƒenyowu Agboka war. Hauptziel des Bundes war der Kampf um die Rückkehr der Deutschen nach Togo. Dieser Kampf äußerte sich durch eine absolute Ablehnung der Französisierung Togos. Gegenmaßnahmen gegen die französische Kolonialverwaltung wurden ergriffen, z. B. durch die Gründung einer deutschen Schule, der sogenannten Togobundschule. In den 1930er-Jahren trug der Deutsch-Togo-Bund demonstrativ seine Zuneigung für das NS-Terrorregime zur Schau, was die französische Kolonialverwaltung 1936 dazu führte, den sogenannten Cercle des Amitiés Françaises zu gründen.8 Der Deutsch-Togo-Bund war keine politische Partei, lehnte in den 1940er-Jahren jedes nationalistische Autonomieangebot ab; wahrscheinlich wollten die Bundmitglieder bis zur Wiedervereinigung West- und Osttogos abwarten. Merkwürdigerweise war der Bund mit der nationalistischen Partei der CUT (Comité de l’Unité Togolaise) eng verbunden, deren Vorsitzender und späterer erster Präsident des unabhängigen Togo, Sylvanus Olympio, auch ein Sympathieträger des Deutsch-Togo-Bundes war. Ansonsten zeichnete sich der Bund bis in die 1960er-Jahre durch seinen regen Briefkontakt mit Vereinen und Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland aus.

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Schöck-Quinteros, Eva/Lenz, Dieter (Hrsg.): 150 Jahre…, a.a.O., S. 106. Vgl. Gbedemah, Seti Yawo Gableame: La mission de Brême au Togo. La promotion d’une meilleure qualité de vie, Lomé 2012, S. 75.

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DIE STRATEGISCHE REAKTION DER FRANZÖSISCHEN KOLONIALVERWALTUNG – „IHR SEID EIN VOLK, ABER NICHT DAS VOLK“ Die Reaktion der französischen Kolonialverwaltung auf die germanophile Stellungnahme der Ewe seit den 1920er-Jahren ist eigentlich eine Konfrontation des Herderschen Auffassung vom „Volk“ mit dem Volksbegriff der Französischen Revolution. „Wer ‚wir sind ein Volk‘ sagt, meint eine Gemeinschaft, die sich von der Nation zumindest insoweit unterscheidet, als sie staatliche Institutionen nicht umfasst“. 9 „Volk“ im Sinne der Französischen Revolution ist Träger der Souveränität und der politischen Entscheidungsgewalt. Im damaligen kolonialen Kontext wurden mit dieser französischen Auffassung vom „Volk“ die Weichen für die Bildung einer künftigen togoischen Nation gestellt. Somit wurden sowohl die Ewe-Kirche als auch der Deutsch-Togo-Bund mit ihrer Fixierung auf Süd-Togo und ihrer Deutschlandbesessenheit umgangen. Denn zum Volk als Nation gehörte, wer sich zu ihm bekannte, und offensichtlich war dies vonseiten der Ewe-Kirche mit ihren bei der Synode im Mai 1922 gefassten Beschlüssen und des Deutsch-Togo-Bundes bestenfalls nur ein Lippenbekenntnis. Im Grunde genommen bekannten sie sich nicht zum unter der französischen Kolonialherrschaft aufkommenden Volk. Bischof Jean-Marie Cessou und die katholische Kirche als strategische Kontrahenten des Ewe-Volksgeistes Abgesehen von ihrer germanophilen Stellungnahme war die evangelische Ewe-Kirche sowieso nicht der ideale offizielle Partner für die französische Kolonialverwaltung. Frankreich war wenigstens zu der damaligen Zeit mehrheitlich katholisch, und die katholischen Missionsgesellschaften hatten in der französischen Kolonialideologie und -praxis eine wichtige Rolle gespielt. 10 In der Tat war es die katholische Kirche, die der neuen Herausforderung gerecht wurde mit der Gründung neuer kirchlicher Gemeinden und der Erforschung der Sprachen in Nord-Togo. Gleich nach der Gefangennahme und der Ausweisung der deutschen Priester von der Steyler Gesellschaft des Göttlichen Wortes (SVD) im Jahre 1917 fiel nach einer kurzen Übergangszeit der Lyoner Société des Missions Africaines (SMA) das Vikariat des französischen Mandatsgebietes anheim. Jean-Marie Cessou, Jahrgang 1884, wurde 1908 zum Priester der SMA, zunächst Apostolischer Administrator und 1923 zum ersten Bischof von Lomé geweiht. Er gründete katholische Gemeinden in Nord-Togo und forderte die Priester 9 François, Etienne/Schulze, Hagen: Deutsche Erinnerungsorte…, a.a.O., S. 273. 10 Zum Beispiel Trichet, Pierre: L’équipement d’une mission. Dakar en 1858, in: Lenoble-Bart, Annie (Hrsg.): Missionnaires et Églises en Afrique et à Madagascar (XIXe–XXe siècles), Turnhout 2005, S. 249–262; ders.: Une réponse aux besoins de l’époque: les vil-lages de liberté. Rapport de Jules Moury (1911), in: Lenoble-Bart, Annie (Hrsg.): Missionnaires et Églises…, a.a.O., S. 363–373.

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in seinen zahlreichen Rundbriefen dazu auf, die im Norden des französischen Mandatsgebietes gesprochenen Sprachen gründlich zu erforschen. In seiner Obhut wurde ein anderes gemeinsames Alphabet zur Verschriftlichung dieser Sprachen in Nord-Togo angenommen, obwohl bereits 1913 eine Rechtschreibung für die im Süden gesprochene Ewe-Sprache endgültig festgelegt wurde. Unter Cessous Leitung haben die französischen katholischen Priester der SMA in den 1930er- und 1940er-Jahren dieselben ethnographischen, lexikographischen und Übersetzungsarbeiten über die in Nord-Togo gesprochenen Sprachen durchgeführt, genauso wie die evangelischen Pastoren der Norddeutschen Mission in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Ewe-Sprache in Süd-Togo erforscht hatten. Die Fokussierung der in Nord-Togo gesprochenen Sprachen war eine strategische Maßnahme zur Ablenkung und Minderung vom lokalen Übergewicht des Ewe und vor allem, um die germanophilen Ewe als alleinigen einheimischen Gesprächspartner zu umgehen, während die französische Sprache sich allmählich als Bindeglied etablierte – nicht nur zwischen der einheimischen Bevölkerung und der französischen Kolonialverwaltung, sondern auch zwischen dem Norden und dem Süden. Die evangelische Ewe-Kirche zwischen der Pariser und der Norddeutschen Mission Angesichts der raschen Entwicklung und der Übermacht der katholischen Kirche im ganzen französischen Mandatsgebiet und der Tatsache, dass dieses Gebiet den deutschen Missionaren ganz verschlossen war, die Ewe-Kirche dagegen der französischen Kolonialverwaltung die Zusammenarbeit verwehrte mit der Hoffnung, dass ihre deutschen Missionare bald nach Togo zurückkehren würden, wurde die evangelische Ewe-Kirche in den 1920er-Jahren u. a. auch wegen ihrer räumlichen Eingrenzung auf den Südwesten des Mandatsgebietes fast zur Randgruppe. Zwar hatte die Ewe-Kirche Anfang der 1920er-Jahre versucht, ihre Einheit trotz der Teilung aufrechtzuerhalten, aber 1927 kam der französische Pastor Charles Maître im Auftrag der Pariser evangelischen Mission zur Sondierung nach Togo. 1929 kam er für längere Zeit nach Lomé zurück. Als Vertreter der Pariser Evangelischen Mission bei der französischen Kolonialbehörde in Togo sollte er auch das nach dem Versailler Vertrag beschlagnahmte Eigentum der Norddeutschen Mission erlangen und verwalten und das Schulwesen neu gestalten. Ein Blick auf seinen intensiven Briefwechsel mit Gottfried Stövesandt, dem damaligen Inspektor der Norddeutschen Mission, zeigt, dass Ende der 1920er-Jahre über die vermeintlich selbstständige Ewe-Kirche hinweg eine Brücke zwischen der Pariser und der Norddeutschen Mission zur Überwachung der einheimischen Pastoren und zur Besprechung der wichtigsten Fragen in Bezug auf die evangelische Kirche in Togo (und nicht nur in Bezug auf die Ewe-Kirche!) gebaut wurde. Dabei stellte sich heraus, dass die Ewe-Kirche praktisch zwar eine autochthone Kirche geworden war, deren viel verkündete Autonomie aber eine Illusion war. Denn in der Tat stand die Ewe-Kirche Ende der 1920er-Jahre unter der deutsch-französischen Vormundschaft.

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Die deutsch-französische Zusammenarbeit im Bereich der evangelischen Mission in Togo bekommt Symbolcharakter, denn dadurch befruchteten sich die oben erwähnten Volksideen gegenseitig: die kulturelle Volksidee der deutschen Romantik vertreten durch Herder und die politische Volksidee der französischen Revolution. Nun stellt sich die Frage, ob es den Togoern gelungen ist, sich an die neue Realität anzupassen bzw. ob sie eine Lehre daraus gezogen haben. EN GUISE DE CONCLUSION: VOM DEUTSCH-TOGO-BUND ZUM RASSEMBLEMENT DU PEUPLE TOGOLAIS Ungeachtet der deutsch-französischen Zusammenarbeit Ende der 1920er-Jahre in Togo gerieten die Ewe-Kirche in ihrer ursprünglichen Form und der Deutsch-TogoBund in ihrer Anhänglichkeit den Deutschen gegenüber in eine historische Sackgasse. Der Aufstand von Januar 1933 in Lomé hatte offiziell eine unmittelbare wirtschaftliche Ursache. Bezeichnend aber war, dass sich die Anführer dieses Aufstandes als duawo, als Vertreter des Volkes bezeichneten. Zweifelsohne waren diese duawo zum Teil auch Mitglieder des Deutsch-Togo-Bundes. 11 Ihre Volksidee war trotz der oben erwähnten deutsch-französischen Zusammenarbeit ins Völkische geraten und sie machten keinen Hehl aus ihrer Sympathie für das NS-Terrorregime. Diese Ewe-Deutsch-Fixierung kennzeichnete das politische und kulturelle Leben in Togo bis Anfang der 1970er-Jahre, als der Deutsch-Togo-Bund offiziell aufgelöst wurde.12 Parallel zur Volksidee der Ewe-Kirche und des Deutsch-Togo-Bundes traf die französische Kolonialverwaltung Maßnahmen im Sinne des Aufbaus einer togoischen Nation nicht nur mit den Ewe, sondern auch mit allen Völkern des französischen Mandatsgebietes. Heute ist es ein öffentliches Geheimnis, dass das sogenannte RPT/Unir-Regime, das die togoische Politik seit dem Putsch von 1963 führt, ein zeitlich verlängerter Arm der französischen Kolonialherrschaft ist. Das Wort „Peuple“ in RPT ist also im jakobinischen Sinne zu verstehen. Aufgrund des blutigen Putsches im Jahre 1963 und der unbedingten militärischen Unterstützung, die dem RPT-Regime zugrunde liegen, verstehen die Nostalgiker des Deutsch-Togo-Bundes und die meisten Anhänger der heutigen politischen Opposition das RPT-Volk im lateinischen Sinne von „vulgus“ und schauen auf dieses „Volk“ herab. Tatsache ist aber, dass die Auflösung des Deutsch-Togo-Bundes 1974 unmittelbar auf die Gründung des RPT im Jahre 1969 folgte. Nun bleibt nur zu hoffen, dass Togo bald aus der seit Jahrzehnten währenden politischen Sackgasse herauskommt. Edel ist auch, wer Kompromisse schließen kann.

11 Vgl. Gbikpi-Benissan, François: Le système scolaire au Togo sous mandat français. Bd. 1: Sa mise en place, Paris 2011, S. 89–92. 12 Vgl. Paku, Erhardt Kofi: Togo ŋutinya tso 1482 vaseɖe 1980, Lomé 1984, S. 112 ff.

VOM GEHILFEN ZUM PRÄSES: PASTOR ANDREAS AKU IM DIENST DER BREMER MISSION IM EWE-LAND Kodzo Abotsi

EINLEITUNG „Die Mobilmachungen und Kriegserklärungen in Europa Ende Juli/Anfang August 1914 trafen die europäischen Kolonialisten in Westafrika durchaus überraschend.“ 1 Der Erste Weltkrieg fand auf dem Gebiet der deutschen Kolonie Togo vom 6. bis zum 25. August 1914 statt. Die alliierten Truppen von der britischen Kolonie Gold Coast einerseits und von der französischen Kolonie Dahomey andererseits besiegten die deutsche Truppe in nur drei Wochen und entschieden vom 26. August an über die Organisation des Togogebiets. Die Folgen des Kriegsverlustes betrafen nicht nur die politischen Fragen in Togo, sondern auch die Aktivitäten der deutschen Missionsgesellschaften vor Ort. Die Siegermächte hatten eigentlich entschieden, dass alle Deutschen das Gebiet verlassen müssen. So mussten die Missionare ihre Arbeit aufgeben und die Weiterführung der Missionierung ihren afrikanischen Mitarbeitern überlassen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich in diesem Rahmen mit der Norddeutschen Missionsgesellschaft (NMG), deren einheimische Mitarbeiter nach der Abreise der deutschen Missionare eine lokale Kirche gründeten – die „Evangelische Ewe-Kirche“. Die Situation wurde damals in Deutschland durch den folgenden Ausdruck erfasst: „Die Missionshäuser zerfallen. Die Kirche wird gebaut“ 2. Es geht darum, den Prozess der Gründung der Ewe-Kirche darzustellen und besonders zu zeigen, wie die afrikanischen Missionsmitarbeiter verfahren sind. Die Arbeit gibt einen Einblick in die Biografie von Pastor Andreas Aku, dem ersten Präses der Ewe-Kirche. Sein Engagement zeigt, dass die afrikanischen Mitarbeiter der Bremer Mission schon vor den Kriegszeiten einen gewissen Wunsch nach Selbstständigkeit hatten. Dies hatte sie dazu veranlasst, sich in Vereinen zusammenzuschließen, um aktiv bei der Missionsarbeit mitzuwirken. In den Kriegszeiten stellte diese Erfahrung für sie die Basis für die Übernahme der Missionsarbeit und die Organisation des Missionsfeldes dar.

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Sebald, Peter: Togo 1884–1914. Eine Geschichte der deutschen „Musterkolonie“ auf der Grundlage amtlicher Quellen, Berlin 1988, S. 585. Zitiert nach Wiegräbe, Paul: Zwischen die Zeiten, in: Schöck-Quinteros, Eva/Lenz, Dieter (Hrsg.): 150 Jahre Norddeutsche Mission. 1836–1986, Bremen 1986, S. 104.

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DIE TÄTIGKEIT DER BREMER MISSION IM EWE-LAND Die NMG war am 9. April 1836 aus einer Konföderation von lutherischen und reformierten Vereinen in Hamburg gegründet worden – der Sitz wurde 1851 nach Bremen verlegt. Nach Versuchen in Neuseeland und Indien wurden vier Missionare 1847 nach Westafrika gesandt. Dies waren Luer Bultmann, Karl Flato, Jens Graff und Lorenz Wolf. 3 Sie waren an der sogenannten Sklavenküste in die EweGemeinschaft gekommen, nämlich in das Dorf Peki-Blengo (im heutigen Ghana), wo Lorenz Wolf ab dem 14. November 1847 die Evangelisierung begann. Dieser erste Versuch musste aber nach einigen Jahren unterbrochen werden, denn die vier Missionare waren wegen der für sie neuen klimatischen Umstände verstorben. 4 Anfang 1852 folgte ein zweiter Versuch, auch in Peki-Blengo, welcher ebenfalls fehlschlug. 1853 wurden weitere Missionare unter der Leitung von Missionar Wilhelm Däuble nach Westafrika entsandt. Sie kamen am 2. September 1853 in Keta (im heutigen Ghana) an und begannen die Missionsarbeit dort von vorn. 5 Viele Missionsstationen wurden in den folgenden Jahren in der Region gegründet. Damals war das Togogebiet noch keine deutsche Kolonie, erst 1884 begann die Kolonisation in Togo. Diese Sachlage hatte die Organisation der Missionsarbeit betroffen und geprägt: „Die Geschichte der Norddeutschen Mission im Ewelande zerfällt in zwei klar voneinander geschiedene Perioden, deren Grenzscheide die 1884 einsetzende deutsche Kolonialpolitik bedeutet.“6 Mit dem Anfang der deutschen Kolonisation 1884 in Togo wurden die Grenzen des Gebietes mit den benachbarten Kolonien – der französischen Kolonie Dahomey im Osten und der britischen Gold Coast Colony im Westen – durch mehrere Verträge bestimmt. Schon 1885 vereinbarte die deutsche Administration in Togo – unter der Leitung des Konsuls Heinrich Randad – mit der britischen Administration eine Grenzlinie zwischen Togo und Gold Coast von der Küste aus in Richtung des Hinterlandes. 7 Die von den Kolonialmächten zwischen Togo und Gold Coast gezogenen Grenzen teilten das Missionsfeld der Bremer Mission auf. Die Missionsstationen befanden sich deshalb bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges auf den Gebieten der britischen Kolonie Gold Coast und der deutschen Kolonie Togo. Das Missionsfeld der Bremer Mission war in Hauptstationen und Nebenstationen strukturiert. 1910 hatte die Mission acht Hauptstationen, dazu gehörten 153 Nebenstationen mit einer Gesamtanzahl von 8.274 Christen.8 30 Jahre nach Beginn der deutschen Kolonisation in Togo brach der Erste Weltkrieg aus. Auch wenn manche Kolonialmächte dachten, dass ein europäischer 3 4 5 6 7 8

Vgl. Gbedemah, Gableame S. Y. G.: La mission de Brême au Togo. La promotion d’une meilleure qualité de vie, Lomé 2012, S. 12. Vgl. ebenda, S. 13. Vgl. ebenda, S. 14. Schreiber, August Wilhelm: Bausteine zur Geschichte der Norddeutschen Missions-Gesellschaft, in: Schöck-Quinteros, Eva/Lenz, Dieter (Hrsg.): 150 Jahre Norddeutsche Mission…, a.a.O., S. 84. Vgl. Sebald, Peter: Die deutsche Kolonie Togo 1884–1914. Auswirkungen einer Fremdherrschaft, Berlin 2013, S. 40. Vgl. Schreiber, August Wilhelm: Bausteine zur Geschichte…, a.a.O., S. 89.

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Krieg nicht in den Kolonien stattfinden sollte, hat es Krieg in mehreren Gebieten Afrikas gegeben. Die deutsche Kolonie Togo wurde von den französischen und britischen Truppen angegriffen – östlich aus der französischen Kolonie Dahomey und westlich aus der britischen Kolonie Gold Coast. Die deutschen Truppen widmeten der transkontinentalen Funkstation in Kamina besonderes Interesse. Sie verließen die Hauptstadt Lome und gingen ins Hinterland, um die Funkstation zu verteidigen. Jedoch drei Wochen nach dem Anfang der Kampfhandlungen wurde den Deutschen klar, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war. In der Nacht vom 24. zum 25. August sprengten sie selbst die Funkanlage. Am Nachmittag des 25. Augusts sandte Major Hans Georg von Doering als Stellvertretender Gouverneur von Togo den Alliierten ein Kapitulationsangebot. Die Kapitulation der Deutschen hatte für die Zukunft Togos weitreichende Folgen. Das Gebiet der Togokolonie wurde in eine französische und eine britische Besatzungszone aufgeteilt. Das Missionsfeld der Bremer Mission erstreckte sich nach der Teilung Togos über drei Territorien: Die Hauptstationen Peki und Keta befanden sich in Gold Coast, vier weitere Hauptstationen waren in der britischen Besatzungszone in Ho, Amedzofe, Akpafu und Kpando und die vier letzten, Lome, Agu-Nyogbo, Atakpame und Agome-Kpalime, lagen in der französischen Besatzungszone. Nach der Teilung der Kolonie kam es zur Ausweisung aller Deutschen aus dem togoischen Gebiet. En octobre 1917, sonna l’heure de détresse générale. Les ordres d’expulsion se multiplièrent rapidement. Les traces allemandes s’effacèrent progressivement. Du côté protestant, seuls le pasteur Bürgi et son épouse avaient bénéficié de leur nationalité suisse pour assurer la continuité de la Mission de Brême pendant une brève période de l’après-guerre. 9

Erst nach mehreren Jahren konnten die ausgewiesenen deutschen Missionare nach Westafrika zurückkehren, nämlich im Jahr 1923 in die britische Besatzungszone. Dies aber war in der französischen Zone nicht möglich. Die französische Administration hatte die Rückkehr von Deutschen in ihre Besatzungszone nicht gestattet, die deutschen Missionare konnten erst nach der Unabhängigkeit Togos im Jahre 1960 eine wirkliche Zusammenarbeit mit der Kirche in der französischen Zone organisieren. Die Evangelisierungsarbeit blieb also in den Händen derer, die als „Gehilfen“ bezeichnet worden waren, der einheimischen Mitarbeiter der Mission. DIE AFRIKANISCHEN MITARBEITER DER BREMER MISSION UND DIE GRÜNDUNG DER EWE-KIRCHE Nachdem die Missionare aus dem Ewe-Land ausgewiesen worden waren, hatten ihre afrikanischen Mitarbeiter die Evangelisierungsarbeit übernommen. Die einheimische Elite der Bremer Mission wollte die Missionsarbeit nicht aufgeben. Pastoren, Katechisten, Evangelisten und Lehrer aus Gold Coast und den beiden 9

Ahadji, Valentin A.: Rapports entre les sociétés des missions et le gouvernement colonial allemand au Togo de 1884 à 1918. Thèse de doctorat de 3è cycle. Institut d’Allemand d’Asnières. Paris III. Sorbonne Nouvelle, Paris 1976, S. 322.

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Besatzungszonen Togos – 166 Missionsarbeiter und Vertreter – versammelten sich in einer Synode, um die Organisation des Missionsfeldes zu besprechen. Diese Synode fand vom 18. bis zum 22. Mai 1922 in Kpalime statt. Eine der wichtigsten Entscheidungen aus der Synode ist die offizielle Gründung der „Evangelischen Ewe-Kirche“ als lokale Kirche. In Bezug auf die Teilung des Missionsfeldes beschlossen die Teilnehmer u. a. folgende Maßnahmen, um die Kirche einig zu halten. 1. Die Ewe-Kirche will und muss eins bleiben. 2. Die Gemeinden wollen weiter versuchen, die schwierige Arbeit der Selbständigkeit und Selbstunterhaltung zu lernen und zu üben bis zur Rückkehr ihrer eigenen Missionare. 3. Sollte die Ewe-Kirche aber durchaus von einer andern Missions-Gesellschaft übernommen werden, so soll dieselbe imstande sein, die ganze Ewe-Mission allein zu übernehmen, damit die bisherige Einheit derselben erhalten bleibt. Eine Teilung soll durchaus vermieden werden. […]. 4. Sollte die weltliche Macht aber dagegen andere Maßnahmen aufzwingen, so ist die EweKirche fest entschlossen, ihre Einheit dennoch aufrecht zu erhalten. 10

Als erster Präses der Ewe-Kirche wurde Pastor Andreas Aku erwählt. Als Synodalsekretär wurden für die französische Besatzungszone Pastor Robert Domingo Baëta und für die englische Zone Pastor Robert Kwami benannt. Die Reaktion der einheimischen Mitarbeiter der Bremer Mission lässt sich nicht nur im Zusammenhang mit der Ausweisung der deutschen Missionare verstehen, sondern auch in ihrem eigenen schon vor den Kriegszeiten bestehenden Wunsch nach mehr Selbstständigkeit sehen. Die Norddeutsche Missionsgesellschaft hatte diese Afrikaner als Mitarbeiter angestellt, um die Schwierigkeiten der Missionierung in Westafrika zu überwinden. Die ersten nach Afrika entsandten Missionare hatten sehr unter dem afrikanischen Klima gelitten. Wie oben erwähnt, starben die ersten vier Missionare der Bremer Mission nach wenigen Jahren. Viele andere wurden krank und manche von ihnen starben ebenfalls. Von 124 Männern und Frauen, die zwischen 1847 und 1890 ausgesandt wurden, hatten 57 nach kurzer Zeit den Tod gefunden, 43 waren gezwungen gewesen, das westafrikanische Arbeitsgebiet zu verlassen. 11

Finanzielle Probleme erlaubten es der Missionsgesellschaft jedoch nicht, kontinuierlich neue Missionare nach Afrika zu senden. Personalmangel war daher das Hauptproblem der Mission bei der Ausweitung des Missionsfeldes. So wurden Afrikaner in den Missionsdienst einbezogen und als Mitarbeiter angestellt. Die afrikanische Arbeitskraft bei der Mission bestand deshalb nicht mehr nur aus Hausjungen oder Hausmädchen, aus Köchen, Handwerkern, Trägern, Ackerbauern und Viehzüchtern, sondern auch aus Lehrern und Predigern. 12 Darüber hinaus 10 Staatsarchiv Bremen (im Folgenden StaB) 7,1025-102/4, zitiert nach Schöck-Quinteros, Eva/Lenz, Dieter (Hrsg.): 150 Jahre Norddeutsche Mission…, a.a.O., S. 106. 11 Ustorf, Werner: Die Missionsmethode Franz Michael Zahns und der Aufbau kirchlicher Strukturen in Westafrika. Eine Missionsgeschichtliche Untersuchung, Erlangen 1989, S. 93. 12 Vgl. Azamede, Kokou: Transkulturationen? Ewe-Christen zwischen Deutschland und Westafrika, 1884–1939, Stuttgart 2010, S. 11–12.

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muss angemerkt werden, dass die Bremer Mission Afrikaner zur „Eigenverantwortlichkeit“ erziehen wollte, um so eine selbstständige lokale Kirche unter den Ewe zu gründen.13 Um diesen Mitarbeitern eine geeignete Ausbildung anzubieten, eröffnete die Bremer Mission ein Seminar. Einige Seminaristen, darunter Andreas Aku, wurden nach Deutschland geschickt, wo sie innerhalb von zwei bis vier Jahren eine theologische und fachliche Ausbildung für die Missionsarbeit erhielten. Sie waren anschließend unter ihren Landsleuten in der Ewe-Gesellschaft im Missionsdienst angestellt und werden in der neueren Literatur als „Ewe-Württemberger“ bezeichnet. 14 Die Mitarbeiter der Bremer Mission arbeiteten in den Missionsstationen als Lehrer, Evangelisten, Katechisten bzw. Pastoren. Sie wirkten als Vermittler zwischen den deutschen Missionaren und der lokalen Bevölkerung und wurden von der Mission als „Gehilfen“ bezeichnet. Diese Bezeichnung weist auf das Verhältnis zwischen den weißen Missionaren und ihren afrikanischen Mitarbeitern hin. Die „Gehilfen“ wirkten unter der „Leitung“ und der „Aufsicht“ der weißen Missionare. Der erste Paragraf im ersten Teil der „Instruktion und Ordnung für Lehrer und Katechisten der Bremer Mission“ lautet: Du stehst als Lehrer den Missionaren als Gehülfe im Predigt- u. Lehramt zur Seite u. bist ihrer Leitung u. Aufsicht unterworfen; insbesondere ist der Vorsteher der Stationsschule dein Vorgesetzter, dem du Gehorsam zu sein schuldig bist. 15

Trotz der Ordnungen der Mission zeigte sich manchmal, dass die Missionsmitarbeiter in manchen Fällen ihr eigenes Verständnis vom christlichen Glauben entwickelten und versuchten, ihre Auffassungen in die Praxis umzusetzen. Es soll hier angemerkt werden, dass die Missionsarbeit sich nicht ausschließlich auf die Verkündung des Evangeliums beschränkte, sie enthielt auch kulturelle und soziale Interaktionen.16 Die Missionsmitarbeiter waren also nicht immer mit den Haltungen der Missionare einverstanden, manche Missionsmitarbeiter kritisierten deshalb die Missionare bzw. die Missionsordnungen. Das war der Fall bei Isaac Kwadzo, einem der einheimischen Mitarbeiter der Bremer Mission, der von 1891 bis 1895 in Deutschland studierte. Isaac Kwadzo hatte schwierige Erfahrungen 13 14 15 16

Vgl. Ustorf, Werner: Die Missionsmethode…, a.a.O., S. 200 ff. Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 13 ff. StaB 7,1025 – 39/2: Schulordnungen. Vgl. u. a. Ahadji, A. Y.: Identité culturelle et environnement colonial. Le cas des communautés ewe (Togo) face aux sociétés des Missions chrétiennes 1847–1914, in: Revue CAMES, Série B, Nr. 2, Ouagadougou 2000, S. 67–75; Alsheimer, Rainer/Sawitzki, Sonja: Mission als 3. Raum. Eine Kulturanalyse der Norddeutschen Mission am Beispiel des Strebens in Afrika, in: Oloukpona-Yinnon, Adjaï Paulin (Hrsg.): Le Togo 1884–2004. 120 ans après Gustav Nachtigal. Connaître le passé pour mieux comprendre le present, Lomé 2007, S. 221–239; Oloukpona-Yinnon, Adjaï Paulin: „Vom Gehilfen“ zum „Osofo“. Der Wandel im Status der afrikanischen Mitarbeiter der Norddeutschen Mission in Togo, in: van der Heyden, Ulrich/Stoecker, Holger (Hrsg.): Mission und Macht im Wandel politischer Orientierungen. Europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, Stuttgart 2005, S. 149–158; Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O.; Ustorf, Werner: Die Missionsmethode…, a.a.O.

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während seiner Reise nach Deutschland und während seines dortigen Aufenthalts gemacht. Aus seiner Korrespondenz mit einer Missionsfreundin namens Minna lässt sich seine Meinung über die Mission ablesen. Von der Missionsarbeit können Sie genau viel lesen; aber ich bin von den Heiden gekommen, habe die Europäer kennen gelernt, deshalb schreibe ich Ihnen ehrlich: „Alles was von der Mission geschrieben wird ist nicht ganz wahr.“ Daher nehme ich es auf mich, Ihnen die Sache zu erklären, durch meine Gedichte. 17

Isaac Kwadzo hatte Gedichte geschrieben, in denen er die Handlungen der Missionare beschreibt. Er beschuldigte die deutschen Missionare des Unrechts, der Heuchelei, der Unehrlichkeit und des Rassismus. 18 Andere einheimische Mitarbeiter kritisierten die Mission sogar offen. Ein herausragendes Beispiel dafür ist der Brief von Hermann Yoyo an den Missionsvorstand über die Polygamie in der Kirchengemeinde. Von 1884 bis 1887 war Hermann Yoyo in Deutschland. Er gehörte zu den drei ersten Ewe-Schülern, die für die Ausbildung in Deutschland ausgewählt wurden, und studierte zusammen mit Andreas Aku und Reinhold Kowu im Pfarrhaus in Ochsenbach. Nach seiner Rückkehr nach Westafrika versuchte er, die Interpretation der Bibel an die EweKultur anzupassen. 1896 schrieb er dem Missionsvorstand einen Brief, in dem er die Vorstellung der Bremer Mission über die Ehe infrage stellte. Tatsächlich war die Polygamie eines der kontroversesten Themen der Missionierung in Afrika. Die Bremer Mission erlaubte nur die Monogamie; kein Gemeindemitglied durfte polygam sein. Alle neuen Gemeindemitglieder, die vorher polygam gelebt hatten, mussten bis auf eine einzige auf alle übrigen Frauen verzichten. Hermann Yoyo fand diese Ordnung falsch und vertrat die Meinung, dass keine Stelle in der Bibel die Polygamie verbot. Nach seinem Verständnis „gehörte zur Gemeinde, wer glaubte – nicht unbedingt der, der im Eheleben europäische Normen befolgte“ 19. Weil der Missionsvorstand nicht mit ihm einverstanden war, entschied Yoyo 1897, aus der Mission auszutreten. Das Engagement und die Selbstbehauptung der einheimischen Mitarbeiter der Bremer Mission lassen sich aber nicht nur in diesen Kritiken bemerken. Andere Missionsmitarbeiter übten nicht so viel Kritik an der Organisation der Mission. Sie wollten aber, dass die einheimischen Mitarbeiter nicht nur als „Gehilfen“ betrachtet werden, sondern als echte Mitarbeiter, die ebenso fähig waren, die Missionsarbeit ohne die weißen Missionare durchzuführen. Robert Stephen Kwami, der künftige Synodalsekretär der Ewe-Kirche in der englischen Zone, erklärte schon im Jahre 1911 wie folgt: Die Tage unserer Kindheit sind längst vorüber, jetzt braucht man uns nicht mehr an der Hand zu führen, wir müssen selbst gehen, wir müssen selbstständig werden. Unsere Leute haben

17 StaB 7,1025-29/5, vgl. Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 77. 18 Vgl. Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 77–78. 19 Ustorf, Werner: Die Missionsmethode…, a.a.O., S. 235.

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mehr Vertrauen zu uns als zu den Missionaren, daher ist unsere Pflicht, ihnen die Notwendigkeit ihrer Selbstständigkeit klarzumachen. 20

Die afrikanischen Mitarbeiter der Bremer Mission müssen deshalb nicht als brave Mitarbeiter betrachtet worden, die die Missionsarbeit nach der Abreise der deutschen Missionare übernommen haben, sondern als selbstbewusste und engagierte Missionsmitarbeiter, die schon vor den Kriegszeiten nach mehr Autonomie strebten. PASTOR ANDREAS AKU Ausbildung und Dienst bei der Bremer Mission Andreas Aku gilt als einer der wichtigsten und berühmtesten Mitarbeiter der Bremer Mission, sowohl in der deutschen Kolonialzeit als auch in den Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg. Seine „Tüchtigkeit“, „Strenge“ und „Festigkeit“ bei der Arbeit wurden sowohl von den Missionaren als auch von den Mitarbeitern hochgeschätzt. 21 Sein Engagement für die Missionsarbeit und für die Entwicklung des Ewe-Volkes verlieh ihm große Achtung bei den Landsleuten. Akus Karriere bei der Mission ist ein bedeutender Beweis für die Selbstbehauptung der afrikanischen Missionsmitarbeiter. Andreas Aku kam ursprünglich aus dem Dorf Waya. Er war nach seiner eigenen Einschätzung etwa 1863 in diesem Dorf geboren worden.22 Seine Eltern waren keine Christen. Aku wuchs in dem Dorf Waya bei ihnen auf. Als Neunjähriger begann er 1872, die Schule in Waya zu besuchen. Er nahm mit anderen Schülern am Taufunterricht von Herrn Missionar Illg teil und erhielt die Taufe am 19. März 1876 mit dem Taufnamen Andreas, den er selbst ausgewählt hatte. Mitte 1878 wurde er von Missionar Jüngling konfirmiert, der ihn anschließend zur Lehramtsausbildung nach Anyako ins Seminar mitnahm. Von 1884 bis 1887 war Andreas Aku in Deutschland, „um weiter in der Christenheit Europas zu lernen, das christliche Leben kennen zu lernen“ 23. Er gehörte zu den drei ersten Ewe-Schülern, die für die Ausbildung in Deutschland ausgewählt wurden. Im dritten Jahr seines Aufenthalts in Deutschland erhielt er eine besondere Lehramtsausbildung: Nachdem A. Aku zwei Jahre im Pfarrhause zu Ochsenbach mit den beiden anderen [Hermann Yoyo und Reinhold Kowu – K. A.] gelernt hatte, wurde er allein in die evangelische Schullehrerbildungsanstalt Lichtenstern bei Löwenstein im Bezirk Heilbronn geschickt, um dort im letzten Jahre seines Aufenthaltes in Deutschland auch in Schulhalten weiter eingeführt zu werden. … Die Zeit seines Aufenthalts in Lichtenstern war schnell vorüber. Aber diese kurze Spanne Zeit der streng christlichen, seminaristisch-pädagogischen Ausbildung in Lichtenstern 20 Robert S. Kwami 1911: StaB 7,1025-6/4, zitiert nach Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 196. 21 Baëta, Robert: Nachruf auf Andreas Aku, den ersten Präses der Ewe-Kirche (1934), in: SchöckQuinteros, Eva/Lenz, Dieter (Hrsg.): 150 Jahre Norddeutsche Mission…, a.a.O., S. 155 ff. 22 Vgl. ebenda, S. 143; Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 121. 23 Lebenslauf von Andreas Aku zitiert nach Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 123.

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Kodzo Abotsi genügte, den festen Charakter und die geordnete und geheiligte Lebens- und Arbeitsweise dieses teuren Mannes zu bilden und bis zum Tode zu bezeichnen. 24

Während ihres Aufenthaltes in Deutschland reisten die Ewe-Schüler gelegentlich, um Missionsfreunde und verschiedene Versammlungen und Sonntagsschulen zu besuchen. Dort wurden sie manchmal aufgefordert, über ihre Heimat zu sprechen. Beispielsweise hielt Andreas Aku anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der NMG in Bremen eine Missionsansprache während der Nachmittagsversammlung. 25 Andreas Aku und seine beiden Ewe-Kollegen kehrten im September 1887 nach Afrika zurück. Sie waren ab diesem Zeitpunkt im Missionsdienst angestellt. Andreas Aku war nach seiner Rückkehr Lehrer in Keta, wo er zuerst mit Missionar Bürgi an der Mittelschule arbeitete und dann mit den Missionaren Knüsli und Härter im Seminar unterrichtete. Außerdem übernahm er Aufgaben des Predigeramtes: „er hatte sonst auch den Herren Gemeindevorstehern Binetsch, Längle und Oßwald zu helfen, indem er manchmal eine Predigt übernahm“ 26. Aku war auch schon vor seiner Ausbildung in Deutschland als Lehrer bei der Mission tätig gewesen. Er war nach seinem Studium im Seminar aufgrund des Lehrermangels in Keta und Ho angestellt – von Anfang 1882 bis 1884. 27 Andreas Aku wurde nach seiner Rückkehr aus Deutschland nach Lomé versetzt, wo er eine Hauptstation der NMG gründen sollte. Er kam am 19. Februar 1895 in Lomé an. Ab Februar 1897 arbeitete er in dieser Station zusammen mit dem Missionar Oßwald. 1888 verlobte sich Andreas Aku mit Karoline, dem Hausmädchen von Missionar Binetsch. Die Hochzeit fand am 10. Januar 1889 statt. Sie hatten elf Kinder, wovon drei starben. Er wurde am 6. März 1910 in der Christuskirche in Lomé von Präses Bürgi zum Pastor ordiniert und reiste im Jahre 1911 erneut nach Deutschland, um an dem 75-jährigen Jubiläum der NMG teilzunehmen. Anlässlich dieser Reise hielt er viele Ansprachen in verschiedenen Gemeinden: Nach dem Feste besuchte er [Andreas Aku – K. A.] viele Gemeinden und Missionsfeste besonders in Norddeutschland und hielt Ansprachen. Auch nach Süddeutschland kam er, wo er unsere ehemaligen Erzieher, Herrn und Frau Pfarrer Binder und ihre Kinder mit anderen Bekannten besuchte. Auch in der Schweiz war er ganz kurz. … Nach drei Monaten kam er nach Lomé zurück. 28

Engagement und Selbstbehauptung vor dem Ersten Weltkrieg Andreas Aku war kein rebellierender Mitarbeiter wie Hermann Yoyo oder andere, die aus dem Missionsdienst ausgetreten waren oder entlassen wurden. Allerdings galt Aku auch nicht als unterwürfig gegenüber den Missionaren. Seine Selbstbe24 25 26 27 28

Baëta, Robert: Nachruf auf Andreas Aku…, a.a.O., S. 148–149. Vgl. ebenda, S. 148. Vgl. ebenda, S. 150. Vgl. Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 123. Baëta, Robert: Nachruf auf Andreas Aku…, a.a.O., S. 154.

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hauptung lässt sich in erster Linie anhand der Kritik feststellen, die er besonders gegen die Missionare richtete. Er wurde zwar einerseits von den Missionaren aufgrund seines Engagements geschätzt, wurde aber andererseits von manchen des Hochmuts bezichtigt. So wurde er letztendlich sehr unterschiedlich von den Missionaren beurteilt.29 Aku hatte eigens große Anstrengungen unternommen, um seinen Landsleuten auf vielerlei Wegen zu helfen. Ihm reichte die Lehrerarbeit in den Missionsschulen nicht aus. Er führte selbst soziale Initiativen in die Kirchengemeinde ein, so gründete er z. B. einen Jünglings- und einen Männerverein. Diese Vereine wurden von ihm unterstützt, vor allem stellte er ihnen sein persönliches Eigentum zur Verfügung. So zum Beispiel sein Wohnhaus, wo die Vereinsmitglieder tagten. Aku besaß mehrere Grundstücke, er gehörte zu den wenigen Einheimischen, die während der Kolonialzeit eigene Privatgrundstücke erworben hatten. 1914 besaß er bereits fünf Grundstücke in Lomé.30 Aku kämpfte auch für die Selbstständigkeit der Ewe-Kirche. Genau wie seine Kollegen betrachtete er die afrikanischen Mitarbeiter nicht als einfache „Gehilfen“. Diese Mitarbeiter der Bremer Mission versammelten sich in einem Verein namens „Verein der in Deutschland ausgebildeten Missionslehrer“. Unter der Leitung Akus veranstaltete dieser Verein vom 24. bis 25. Januar 1907 seine erste Mitgliederversammlung in Kpalime, eine zweite Versammlung fand ebenfalls in Kpalime vom 21. bis 22. Juli 1909 statt. Bei der Eröffnung der ersten Versammlung versuchte Aku, seinen Kollegen zu zeigen, wie eine solche Zusammenkunft hilfreich für sie sein könnte: Schon vor etwa 5 bis 6 Jahren kam dieser Gedanke auf, eine allgemeine Zusammenkunft der Lehrerschaft zu halten. Wir meinten eine solche Zusammenkunft könnte zwischen uns nähere Bekanntschaft und Einigkeit bringen und wir könnten von einander Kenntnisse, Rat und Stärkung für unsere gemeinschaftliche Lehrerarbeit erhalten. 31

Durch die Mitgliederversammlungen des Vereins hatten die afrikanischen Mitarbeiter einen Ideenaustausch untereinander ermöglicht. Die Mitgliederversammlungen waren Konferenzen, bei denen nicht nur biblische Ansprachen gehalten wurden, sondern auch Vorträge. Die Vorträge wurden von einem oder zwei Mitgliedern vorbereitet und präsentiert, worauf eine Diskussion folgte. Bei der ersten Konferenz 1907 wurden folgende Themen besprochen: Was können wir tun, die Lehrer von Fleischessünden zu bewahren? Christliche Ehe und Familienleben Was können wir tun, damit unsere Gemeinden der Mission mehr helfen können? 32

29 Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 127. 30 Vgl. Sebald, Peter: Togo 1884–1914…, a.a.O., S. 485; Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 127–128. 31 StaB 7,1025 – 29/1: Andreas Akus Rede, Kpalime Januar 1907. 32 Ebenda.

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Die zweite Konferenz fand 1909 mit u. a. folgenden Themen statt: Gemischte Ehe betreffend. Verehelichung eines Gemeindegliedes mit Heiden, Ausgeschlossenen oder mit einem Christen aus anderer Konfession Darf man auch Kinder von Ausgeschlossenen taufen? Wie bekommt man eine allgemein gültige Ordnung in allen unseren Gemeinden? 33

Anhand der besprochenen Themen lässt sich erkennen, dass die Missionsmitarbeiter einen Rahmen für sich geschaffen hatten, in dem sie wichtige Fragen der Missionierung ihres Volkes besprechen konnten. Diese wichtigen Themen waren z. B. die Heirat in ihren verschiedenen Aspekten, was eine viel umstrittene Frage im Kontext der Missionierung war. Auch die Missionsmitarbeiter, die nicht in Deutschland ausgebildet worden waren, durften an der zweiten Konferenz teilnehmen und wurden Mitglieder des Vereins. Andreas Aku war Vorsitzender des „Vereins der in Deutschland ausgebildeten Missionslehrer“. In dem Bericht der ersten Konferenz wird folgendes vermerkt: „Andreas Aku wünscht, dass jedes Mal ein neuer Vorsitzender gewählt werden soll; aber die Anwesenden alle sind gegen diesen Vorschlag“ 34. Die fünftägige Synode nach dem Ersten Weltkrieg zur offiziellen Gründung der Ewe-Kirche wurde ebenfalls unter seinem Vorsitz geführt. Tatsächlich geht die Organisation dieser Synode auf die Initiative des „Vereins der in Deutschland ausgebildeten Missionslehrer“ zurück. Die Führungsposition von Andreas Aku vor dem Ersten Weltkrieg unter seinen afrikanischen Kollegen hatte ihn dafür vorherbestimmt, zum Präses für die neu gegründete Ewe-Kirche gewählt zu werden. Andreas Aku als Präses der Ewe-Kirche Als der Weltkrieg 1914 ausbrach, wurden alle unsere jungen Missionare als Kriegsgefangene nach Dahomey und Frankreich geschickt. Die wenigen älteren Missionare, denen durch das britische Gouvernement erlaubt wurde, zu bleiben und unter Einschränkungen weiter zu arbeiten, wurden nun gezwungen, mehr bewährte eingeborene Kräfte zu ordinieren, um als Pastoren die schwere Last der Verantwortlichkeit mit ihnen zu tragen. So wurden alle unsere zehn Hauptstationen mit je einem oder zwei eingeborenen Pastoren besetzt, bevor die zurückgebliebenen deutschen Missionare im Jahr 1918 ausgewiesen wurden. Nur Herr und Frau Bürgi, ihrer schweizerischen Nationalität wegen, blieben allein zurück bis September 1921 und kehrten dann aus Gesundheitsrücksichten heim. Die Arbeit wurde darauf in die Hände der eingeborenen Pastoren, Katechisten und Lehrer allein gelegt und der älteste von ihnen unser lieber Pastor Aku, wurde von sämtlichen Arbeitern der Ewekirche zum Präses an Stelle von Missionar Bürgi erwählt und eingesetzt, was auch vom Vorstande in Bremen bestätigt wurde. Im Mai 1922 forderte der neue eingeborene Präses Pastor Aku die ganze Ewekirche zu einer großen Synode, der ersten in der Geschichte der Ewe-Mission in Palime auf. Diese wurden von allen eingeborenen Pastoren, Katechisten, älteren Lehrern und Evangelisten und von dazu bestimmten Presbytern aus der ganzen Mission besucht. Zusammen waren es 166

33 Ebenda. 34 Ebenda.

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Missionsarbeiter und Vertreter, die fünf Tage lang über den Fortgang des Werkes berieten. Präses Aku führte den Vorsitz in diesen wichtigen Beratungen. 35

Den Worten des Synodalsekretärs der französischen Zone, Robert Baëtas, zufolge hatte Andreas Aku seine Tätigkeit als Präses mit großer Verantwortlichkeit und Loyalität ausgeübt, „erfüllt von tiefer Gottesfurcht“. 36 Er bereiste regelmäßig die Bezirke, um die Gemeinden zu ermutigen, und arbeitete ständig daran, dass die Ewe-Kirche stark und unabhängig wird und sich ausbreitet. 37 Über seine Tätigkeit in der Kirche hinaus übernahm Andreas Aku vor und nach dem Ersten Weltkrieg außerkirchliche Verantwortung. Er vertrat seine Landsleute sowohl bei der Mission als auch bei der deutschen Kolonialregierung. Unter seiner Leitung wurde 1909 eine Petition von der Gemeinde in Lomé an den Inspektor der Bremer Mission geschickt. Die Gemeinde bat darin u. a. um die Errichtung einer Fortbildungsschule. Eine andere Petition wurde am 24. Mai 1909 an die deutsche Kolonialregierung geschickt. Unterzeichner waren ein prominenter einheimischer Kaufmann namens Octaviano Olympio sowie Andreas Aku. Die beiden forderten darin gleiche Rechte für Europäer und Einheimische in der Togokolonie. 38 Um die Interessen seiner Landsleute zu verteidigen, wurde Aku 1925 als Mitglied in den Stadtrat von Lomé, den „Conseil des Notables“, gewählt. Dort spielte er, so Robert Baëta, eine wichtige Rolle, indem er „an den großen Friedensverhandlungen zwischen den beiden streitenden politischen Parteien von Anecho“ teilnahm. 39 Er wurde auch oft als Beisitzer in Gerichtsverhandlungen herangezogen. Die verschiedenen Kolonialmächte, die nacheinander im Togogebiet tätig waren, würdigten ihn. Ihm wurde von der deutschen Regierung eine „Medaille vom Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg“ verliehen. Später wurde er auch vom französischen Gouvernement geehrt, das ihn zum „Ritter des Schwarzen SternOrdens von Benin“ (Chevalier de l’Ordre de l’Etoile Noire de Benin) machte. Bis zu seinem Tod hatte Andreas Aku für die Selbstständigkeit der Ewe-Kirche und für die Verbreitung des Evangeliums im Ewe-Land gekämpft. Außerdem setzte er sich für die Entwicklung und Entfaltung der einheimischen Völker Togos ein. SCHLUSSGEDANKEN Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war für die afrikanischen Mitarbeiter der Bremer Mission in Togo eine Zeit großer Schwierigkeiten und Herausforderungen. Der Pastor Robert Kwami, der schon 1911 äußerte, dass sie, die afrikanischen Mitarbeiter, selbstständig die Missionierung führen konnten, hatte die Aus35 36 37 38

Baëta, Robert: Nachruf auf Andreas Aku…, a.a.O., S. 155. Ebenda. Vgl. ebenda, S. 156. Vgl. Azamede, Kokou: Transkulturationen?..., a.a.O., S. 129–130; Sebald, Peter: Togo 1884– 1914…, a.a.O., S. 545. 39 Baëta, Robert: Nachruf auf Andreas Aku…, a.a.O., S. 156.

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weisung der deutschen Missionare 1918 sehr bedauert. Er erklärte: „Ich schäme mich nicht, zu gestehen, daß ich die ganze Nacht geweint habe, weil ich nicht weiß, wie es weitergehen soll“ 40. Die einheimischen Mitarbeiter versuchten daraufhin, Lösungen für die Schwierigkeiten zu finden. Sie waren solch einer Herausforderung gewachsen, weil sie sich schon in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg engagiert hatten, unter sich Antworten für die schwierigen Fragen der Missionsarbeit zu finden. Daher waren sie keine passiv Ausführenden, die einfach das taten, was die Missionare von ihnen verlangten, sondern aktiv Handelnde, die versuchten, selbst an der Organisation der Missionsarbeit mitzuwirken.

40 Zitiert nach Wiegräbe, Paul: Zwischen die Zeiten…, a.a.O., S. 104.

GERMAN MISSIONARY H. W. SCHOMERUS Trendsetter or “Salt Betrayer” C. S. Mohanavelu INTRODUCTION Explanation of the title: “Trendsetting” is a process of setting norms, methods, and like procedures that others may follow. To put it more simply, it is a sort of trailblazing process in which one forsakes the routine and oft-beaten track. “Salt,” in a broader sense, refers to the pay or honorarium which a paymaster gives a person to perform a particular task or mission. A “betrayer” is one who receives such payments but does not at all carry out the work or mission assigned by the paymaster. How far a particular German missionary named Hilko Wiardo Schomerus (1879–1945) betrayed his paymaster – the Leipzig Evangelical Lutheran Mission in Leipzig, (LELM) – or, to be more specific, how far and why he deviated from his mission of spreading the Gospel among the Tamil people, form the nucleus or the crux of this paper. As to what brought the Germans to South India more than half a millennium ago, how they happened to be in Tamil Nadu from 1706 onward, what those inquisitive Germans did in Tamil Nadu over the following three hundred years, and above all, how the fathomless German fascination for the indigenous Tamil language and literature, society and culture, diseases and medicines, etc., dragged them away from their very mission of spreading the Gospel, I have already made detailed reference in my earlier publications and conference papers; 1 hence, I will not repeat myself here. Here it will suffice to examine how far this particular German missionary, Schomerus, deviated from his assigned mission to go deep into the realm of the Siava Siddhantha cult.

1

Annotated Bibliography for Tamil Studies conducted by Germans in Tamil Nadu during 18th and 19th Centuries, a virtual digital archives project, post-doctoral major research project, funded by the University Grants Commission, New Delhi, and published by Stanford University, California, October 2014, 538 pages. Access code: http://purl.stanford.edu/xh950zd4962.

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SUBJECT MATTER We have a slight sketch of this German missionary by Valentina Stache Rosen.2 Hilko Wiardo Schomerus was born on January 7, 1879, in Marienhafe, had basic schooling in Emden and Leipzig, and received training as a missionary. Even before coming to Tamil Nadu, Schomerus had learned the Tamil language. The LELM sent him to India in 1902. He took over the mission in Erode in southwest Tamil Nadu. From the beginning of his tenure, Schomerus evinced keen interest in the Tamil language and literature. Valentina says he even “dreamt in Tamil.” 3 For cross-checking, we present here his life-sketch data from the Google search engine: “Hilko Wiardo Schomerus (7.1.1879 Marienhafe/Ostfriesland – 13.11.1945 Halle) war von 1926–1945 Professor der Religionsgeschichte und Missionswissenschaft der Universität Halle. Schomerus hatte am Seminar der Evangelischlutherischen Mission zu Leipzig studiert und war von 1902 bis 1912 im Dienst der Leipziger Mission als Missionar in Südindien tätig. Aufgrund seiner Arbeit zum Saivasiddhanta, die von Söderblom und Otto sehr positiv aufgenommen wurde, bekam er 1912 Urlaub und studierte in Kiel bei Deussen und Schaeder. Schließlich wurde er Assistent bei Söderblom in Leipzig, hörte bei Windisch und Wundt Vorlesungen. Auf Schaeders Betreiben wurde ihm 1923 von der Theologischen Fakultät der Universität Breslau der Doktortitel h. c., später auch der Titel eines Professors verliehen. 1926 erfolgte seine Berufung nach Halle. Bedingungen und Möglichkeiten der christlichen Mission in einem Gebiet mit eigenständiger alter Kultur und Religion standen im Mittelpunkt seiner Arbeiten. Seine guten Kenntnisse dravidischer Sprachen, vornehmlich des Tamil, verhalfen ihm dazu, wichtige Quellentexte des Hinduismus im Original zu verstehen und auf der Grundlage von Textkenntnis und persönlicher Erfahrung vergleichende Studien zu Hinduismus und Christentum zu unternehmen, um so bei den angehenden Theologen und Missionaren ein gewisses Verständnis für eine ihnen fremdartige Geisteswelt zu wecken… Verzeichnis ausgewählter Publikationen von Hilko Wiardo Schomerus: 1. 1912: Der Saiva-Siddhanta, eine Mystik Indiens. Nach den Tamulischen Quellen. Leipzig. 2. 1919: Indische Erlösungslehren. Ihre Bedeutung für das Verständnis des Christentums und für die Missionspredigt. Leipzig. 3. 1923: Die Hymnen des Manikka Vasaga. Texte zur Gottesmystik des Hinduismus. Jena. 4. 1925: Sivaitische Heiligenlegenden (Periyapurana und Tiruvatavurar-Purana) aus dem Tamil übersetzt. Jena. 5. 1925: Indien und das Abendland. Wernigerode. 1928: Politik und Religion in Indien. Leipzig.

2 3

Cf. Rosen, Valentina Stache: German Indologists, New Delhi 1990, pp. 194–195. Ibidem, p. 194.

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6. 1931: Buddha und Christus. Halle. 1932: Ist die Bibel von Indien abhängig? München. 7. 1932: Parallelen zum Christentum als religionsgeschichtliche und theologisches Problem. Gütersloh. 8. 1936: Mission heute. Halle. 1941: Indische und christliche Enderwartung und Erlösungshoffnung, Gütersloh. 9. 1981: Arunantis Sivajñanasiddhiyar. Die Erlangung des Wissens um Siva oder um die Erlösung. Unter Beifügung einer Einleitung und Meyakantadevas Sivajñanabodha aus dem Tamil übersetzt und kommentiert. Hrsg. v. Hermann Berger, A. Dhamotharan und Dieter B. Kapp, 2 Bde. Wiesbaden [aus dem Nachlaß; Bd.1, S. XI-XV enthält einen biographischen Abriß von H.-W. Gensichen]. After a ten-year tenure as a missionary, Schomerus went back to Germany with his family in 1912. In 1913, he joined a Swedish professor named Soederblom and studied the history of religions. At this juncture, the First World War broke out (on July 28, 1914) and continued until November 11, 1918. During the war, Schomerus could not return to India and hence spent this period working as a clergyman in Rendsburg 4 while translating much Saiva Sidhantha literature. In this way, the First World War acted as a catalyst and enabled Schomerus to add more and more to his translations of Tamil literature into German. He was also able to write a few religion-related articles. In January 1918, Schomerus was appointed reader at Kiel University at the recommendation of Professor Soederblom. In 1929, he returned to India. During World War II, when only a few students attended the university, Schomerus devoted much of his time to literary pursuits. He prevailed upon the Russian occupation army to reopen the University of Halle, but he died on November 13, 1945, at sixty-seven years old. A survey of his works on Tamil religion, especially Saiva Siddhantha, merits mention here. Schomerus authored the following works: 5 1. Indische Erlösungslehren, Ihre Bedeutung (Indian Doctrines of Salvation and Their Significance), Leipzig, 1919 2. Die Anthroposophie Steiners und Indien (The Anthroposophy of Steiner and India), Leipzig, 1922 3. Die Hymnen des Manikkavasaga aus dem Tamil übersetzt (The Hymns of Manikkavasaga Translated from Tamil), Jena, 1923 4. Sivaitishe Heiligenlegenden, Periyapurana und Tiruvadavurarpurana aus dem Tamil übersetzt (Shaivaite Holy Legends, Periyapurana and Tiruvadavurarpurana, Translated from Tamil), Jena, 1925 5. Politik und Religion in Indien (Politics and Religion in India), Leipzig, 1928 6. Indien und das Christentum (India and Christianity), 3 volumes, Halle/Berlin, 1931–1933

4 5

Cf. ibidem. Cf. ibidem, p. 195.

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7. Buddha und Christus. Ein Vergleich zweier großer Weltreligionen (Buddha and Christ: A Comparison Between Two Great World Religions), Halle 1931 8. Parallelen zum Christentum als religionsgeschichtliches und theologisches Problem (Parallels to Christianity as a Religious-Historical and Theological Problem) , Gütersloh, 1932 9. Meister Ekkehardt und Manikkavasagar, Mystik auf deutschem und indischem Boden (Master Ekkehardt and Manikkavasagar: Mysticism in Germany and India), Gütersloh, 1936 10. Indische und Christliche Enderwartung und Erlösungshoffung (Indian and Christian Eschatology and Hope of Salvation), Gütersloh, 1941” Besides these monumental works, Schomerus also contributed the chapter on Tamil, Kannada, Telugu, and Malayalam literature to Glasenapp’s book Literatures of India. A detailed investigation is very much needed here. Schomerus “worked” as a missionary in Tamil Nadu for only ten years, but continued his quest into Tamil religion for a further thirty-three years in Germany. Now let me examine a more debatable aspect of the work of Hilko Wiardo Schomerus. We, the Tamil people, are immensely grateful to Schomerus for the deep study and publication of the voluminous Tamil Saiva Siddhantha literature. But was it this purpose for which the LELM sent him to Tamil Nadu? How many native Tamils did he really “convert”? German missionary William Tobias Ringeltaube (1770–1816) was quite right when he observed 6 that the activities of the German missionaries – who were sent to Tamil Nadu for the spread of the Gospel – caused “spiritual paralysis.” This was because the indigenous Indian society, with its multifaceted linguistic, cultural, and socioeconomic features, fascinated dozens of the Germans who visited India from 1505 onward. From tiny ants to huge elephants, from small herbs to large banyan trees, from nascent infants to age-old centenarians, from the rich riding the palanquins to the poor walking barefoot, not a single observation escaped the watchful German eye. This unending German quest resulted in thousands of diary and letter reports, travel accounts, and even indigenous literature and artifact collections. The Germans wrote voluminous reports about the indigenous legends and fables, rites and rituals, customs and manners, feasts and festivals, and sent those documents (together with many palm-leaf bundles) in ships back to Germany and Denmark. These treasures are now preserved in the Francke Foundations in Halle, Germany. Most of the Germans’ time, it appears, had been spent keenly observing and analyzing the indigenous lifestyles of various sections of native Tamil society. And here, the term lifestyles encompasses a vast spectrum, from the routine day-to-day activities of the native Tamil people to that which could be gleaned from their indigenous literature – grammatical, lexical, epic, lyrical, dramatic, theological, medical, philosophical, moral, juridical, and folk.

6

Cf. Lehmann, Arno: Es begann in Tranquebar. Die Geschichte der ersten evangelischen Kirche in Indien, Berlin 1956, p. 300.

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Learning the Tamil language, interacting with the native Tamil people, educating them, learning the indigenous religious tenets, identifying the different strata of indigenous Tamil society, and especially learning the Tamil medical secrets and the indigenous flora and fauna would have consumed most of the Germans’ time – how did the missionaries find time for conversion of the native Tamils? “The missionaries shall attend to and only to the conversion of the heathens and to nothing else,” was one of the explicit orders issued by the Danish Crown 7 to each Lutheran German missionary. But how far the German Lutheran missionaries obeyed this royal order is very much up for investigation. There is no source material – primary, secondary, or even tertiary – to exactly ascertain the number of native Tamil conversions that each German missionary effected in Tamil Nadu. In this context, we can also refer to what Anders Nørgaard has to say. 8 After giving a graphic account of the mission activities, the author offers just the yearwise list of the number of converts. Further, he says: 9 “From the figures one cannot make a reliable picture of the scope of the mission work…” This implies that the number of converts given in the list cannot be considered fully dependable. Thus, what I had been searching for – that is, a detailed list of how many native Tamils each German missionary “really converted,” if possible with the original and baptismal names of the converts – cannot be exactly ascertained as yet. It would certainly be worthwhile to know the names of all the native Tamil citizens who were converted to the Christian faith. Ziegenbalg’s diary entry 10 dated October 8, 1714, gives the name of one Tamil convert as Malaiyappan. There was another native convert named Timotheus who was taken to Copenhagen by Heinrich Pluetschau. Aside from these instances, we do not get any other source material for the names of native Tamil converts. A few German missionaries lived as missionaries in Tamil Nadu for just a few years; a few more lived and worked there longer. Johann Peter Rottler (1749–1836) spent an unbroken sixty-year period in Tamil Nadu, and we have no information about the names or number of native Tamil people he really “converted.” The exact conversion data would have been highly informative and statistically valuable. To return to the present investigation on Schomerus, it is amazing to discover how he acquired such vast knowledge of Tamil religion – namely, the Saiva Siddhantha cult. His tenure as missionary would have been insufficient to do this kind of in-depth research of an ancient religion. Did he find any time at all for conversion – the very purpose and mission assigned to him? Many eyebrows in Leipzig would have been raised to find in his diaries not a single entry recounting native conversion! He set aside the orders of his paymasters – the LELM in Leipzig – and showed greater interest in Tamil language, religion, and culture. This is what I brand “salt betrayal.” 7 8 9 10

Ibidem Cf. Nørgaard, Anders: Mission und Obrigkeit, Gütersloh 1988, pp. 308–311. Ibidem, pp. 308–309. Cf. Anonymous: Life of B. Ziegenbalg, 2nd ed., Tranquebar 1893, p. 27. See also Missions Diarium, 1706–1719, dated Anno 1714, 8 Oktober.

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To get a sense as to precisely why this German missionary was drawn into the realm of Saiva Siddhantha philosophy, here is Saiva Siddhantha in a nutshell, according to N. R. Murugavell: 11 Many religions of the world, such as Judaism (B.C. 1500–1200), Shintoism (B.C. 604), Zoroastrianism (B.C. 660), Taoism (B.C. 604), Jainism (B.C. 600), Buddhism (B.C. 560), Confucianism (B.C. 55), Christianity (4 A.D.), Islam (570 A.D.) and Sikhism (1469 A.D.) have their dates of origin and names of their founders. Saivism is a pre-historic religion and has been followed from times immemorial...

Renowned historian Sir John Marshall reportedly observed 12 that “…Saiva religion is the most ancient religion of the world...” And about the universal nature and practicability of this ancient religion, Murugavell quotes from Maraimalai Adigal thus: 13 ... the fundamental and the most important principles of Saiva Siddhantham, seem to bear a close resemblance to modern European and American thoughts as developed by John Stuart Mill, William James, F. C. S. Schiller, James Ward and others...

On the commendable nature of Saivism, Murugavell also observed thus: 14 The Saiva Siddhantha philosophy is rational – not superstitious, logical – not dogmatic, practical – not unworldly and otherworldly, universal – not parochial and sectarian, liberal – not fanatic, scientific – not fantastic and whimsical, comprehensive – not elusive, progressive – not reactionary, charming and enlightening – not dull and drab.

Saivam, in the strictest sense of the term, means vegetarianism. But in the religious sense of the term, it refers to a separate religious cult like Vaishnavism. Siddhaantham is philosophy. Thus, Saiva Siddhaantham, in a broader sense, betokens certain philosophical dogmas which percolate between the Creator, the created, and the ones that prevent the created from uniting with the Creator. The following lines will explain this religious concept. In Saiva Siddhaantham, the Creator or God is called pathi; all the souls (the created ones – all living creatures) which experience birth and death are called pasu; and the bondage which prevents the pasu from uniting with the pathi is called the paasam. This paasam can be classified into three kinds: aanavam (the “ego”), kunmam (deeds and their effects), and maayai (the illusion). Because of paasam, the pasu suffers from not uniting with the pathi. When pathi approaches pasu, then paasam vanishes. An ordinary analogy will simplify this theory. When snow falls on the leaves of a plant, the leaves bend down and suffer due to the weight of the snow. When the sun shines, the snow vanishes and the leaves become happy as the burden of the snow goes away. Likewise, when the pathi – the Creator – approaches the pasu – the living creatures – the paasam vanishes and pathi and pasu unite, resulting in religious ecstasy. 11 12 13 14

Murugavell, N. R.: Saiva Siddhantham, Chennai 1984, p. 323. Ibidem, p. 324. Ibidem, p. 327. Ibidem, pp. 327–328.

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CONCLUSION Even after nearly half a century of contact with Germany (and, to be more specific, nearly thirty years after I first visited the Franckens archives in Halle) I am dismayed to state that I now wonder if this institution can produce any source material to contradict my gentle but pointed accusation that there is no source material containing the pre- and post-baptismal names of each native Tamil convert. This kind of fathomless German fascination should be duly acknowledged and accepted. Herein lies the strength and beauty of the Tamil language and literature, society and culture, feasts and festivals, legends and fables. Recently, the South Asia Institute at Heidelberg University procured the manuscripts of Schomerus from his son and published 15 two volumes: Arunandhi’s Sivagnana Siddhiyar and Meikanda Deva’s Siva gnana Bodham. It is noteworthy to find that the late Professor Hans Werner Gensichen included a biographical sketch of Schomerus in the first volume (pages XI to XV). It is my humble suggestion that the South Asia Institute in Heidelberg or the Cologne University take up the thread and bring out many more such as-yetunpublished manuscripts – containing dozens of original source materials about Tamil language and literature, society and culture, religion and faith – above all to keep glowing the very torchlight which the first German Lutheran missionary, Ziegenbalg, left on the sands of the coastal hamlet Tarangampaadi more than three centuries ago!

15 Cf. Berger, Hermann/Dhamotharan, A./Kapp, Dieter B. (eds.): Arunantis Sivajnanasiddhiyar. Die Erlangung des Wissens um Siva oder um die Erlösung. Unter Beifügung einer Einleitung und Meykandadevas Sivajnanabodha aus dem Tamil übersetzt und kommentiert, 2 vols., Wiesbaden 1981.

DER SCHICKSALHAFTE LEBENSWEG DES MARTIN AKU (1913–1970) Adjaï Paulin Oloukpona-Yinnon

DER ERSTE WELTKRIEG – EIN HISTORISCHER PARADIGMENWECHSEL Der Erste Weltkrieg war nicht nur eine Katastrophe in jeglicher Hinsicht, sondern auch ein weltweites Experimentierfeld für neue Ideen, neue Konstellationen, neue Beziehungen zwischen Kolonisierten und Kolonialherren. Bis zum Ersten Weltkrieg hatten Kolonialkriege nur in den Kolonien stattgefunden. Ihrer Natur gemäß waren sie Kriege von Kolonialherren gegen Kolonisierte in den Kolonien. Nun wurde 1914 der Kriegsschauplatz nach Europa verlegt und die Kriegsparteien neu gemischt und neu definiert. Zum ersten Mal kämpften auf dem Schlachtfeld des Ersten Weltkrieges beispielsweise französische Kolonialherren gemeinsam mit ihren schwarzen Untertanen – den sogenannten „Tirailleurs Sénégalais“ 1 – gegen den „deutschen Feind“. Auf den Schlachtfeldern entdeckten zum ersten Mal schwarze Soldaten den „weißen Mann“ und die Kehrseite der sogenannten Zivilisation. Viele Afrikaner, die in den Kolonien einen stillen Widerstandskampf gegen die weißen Kolonialherren führten, fanden im Ersten Weltkrieg plötzlich eine Bestätigung für ihren eigenen Befreiungskampf und eine Berechtigung für ihren Wunsch nach Unabhängigkeit. Dies beschleunigte den Dekolonisierungsprozess. Der Ausgang des Krieges führte dazu, dass für die Völker der früheren deutschen Kolonien das Prinzip der Selbstbestimmung ausdrücklich im Versailler Vertrag 1919 festgelegt wurde. So wuchs die junge Elite jener Länder mit dem Gefühl der baldigen Selbstständigkeit auf. Das ist auch der Fall für den jungen Togoer Andreas Martin Komla Aku (1913–1970), einen Vertreter jener Übergangsgeneration von Afrikanern, die die Zeit von der europäischen Kolonisation zur tatsächlichen Selbstständigkeit Afrikas zu überbrücken hatten. In diesem Beitrag ist in erster Linie von ihm die Rede. Die Initiative zu dem Paradigmenwechsel von 1914 und dem damit verbundenen Beginn der Dekolonisierung kam nämlich nicht von den europäischen Kolonialmächten, sondern ging von den kolonisierten Völkern aus. Der darauffolgende, notwendig gewordene Selbstbestimmungsprozess in den Kolonien wurde 1

Die 1911 von Général Mangin gegründete „Force Noire“ (schwarze Armee), bestehend aus afrikanischen Soldaten im Dienste der Kolonialmacht Frankreich. Vgl. Mangin, LieutenantColonel Charles: La Force Noire, Paris 2011, neueste Ausgabe; 1. Ausgabe: 1910.

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durch einen langen und harten Befreiungskampf erzwungen. Der Wunsch nach Unabhängigkeit ging nicht von einem Land, auch nicht von einer einzelnen Person aus: Es war ein globaler, vielstimmiger Denkanstoß von verschiedenen Persönlichkeiten aus der ganzen Welt. Einer der bekanntesten Verfechter der Idee der Dekolonisierung war der bengalische Dichter Rabindranath Thakur, genannt Tagore (1861–1941), der 1913, also kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, den Nobelpreis für Literatur verliehen bekam. Neben Mahatma Gandhi beteiligte er sich am Widerstandskampf gegen den britischen Kolonialismus in Indien. Er schrieb nicht nur Gedichte, sondern auch Kampfschriften, beispielsweise im Jahre 1916 eine Protestschrift, in der er die Machenschaften der Europäer in den Kolonien als eine „kannibalische Politik“ bezeichnete, „die ihre Nahrung von anderen Völkern zieht, indem sie deren Zukunft verschlingt“. Er rief auf: „Wir prophezeien ohne Zögern: Das kann nicht so weiter gehen.“ Und er wandte sich mahnend an die Europäer: „Denn es gibt auf dieser Welt ein moralisches Gesetz, das für alle gilt, sowohl für Individuen als auch für organisierte Gesellschaften. Sie können nicht weiterhin im Namen Ihrer Nation dieses Gesetz brechen, und gleichzeitig als Individuen von dessen Vorteilen profitieren.“ 2 Was Tagore mit diesen Worten öffentlich sagte, hatten auch andere Kolonialgegner in anderen Ländern gedacht und mit anderen Worten formuliert, so z. B. in Togo, einer damaligen deutschen Kolonie, wo togoische Journalisten im Exil ab 1911 zum Widerstand gegen den deutschen Kolonialismus aufgerufen hatten. Frank Kuassi Garber, einer der bekanntesten einheimischen Gegner der deutschen Kolonialverwaltung in Togo, veröffentlichte im April 1914 einen Artikel in der Zeitung African Times and Orient Review 3 in Nigeria unter dem ironischen Pseudonym „A voice in the Wilderness“. Darin heißt es u. a.: Togoland in its previous state, before the advent of the German civilizers, lived a happy and simple life. Although there were the usual disadvantages found in every native state, life, liberty and property were held sacred. … The great wants of the country are two: 1. Freedom of Education. Not only German, but French and English education should be encouraged to the highest level. 2. Freedom of Trade. Encouragement should be given to the natives to ship their produce to foreign ports, where they can obtain the best market value. The first will enable the people to hold their own with the English and French colonists who surround them, and the second will enable them to amass wealth for themselves, and produce a revenue for the Government. … Given freedom of trade, wealth from this source alone is inevitable. … Introduce equitable laws, and administer justice and Togoland will be a beauteous blossom for the button-hole of His Imperial Majesty! Fine roads are essential to a country, but a thick population of loyal and wealthy subjects is still better.“

2

3

Zitiert aus dem Französischen in: Porra, Véronique: L’Afrique dans les relations francoallemandes entre les deux guerres. Enjeux identitaires des discours littéraires et de leur réception Frankfurt am Main 1995, S. 261, von mir ins Deutsche übersetzt. Originalquelle: Demain, Pages et Documents, II, Nr. 11–12, 1916, S. 305–309. African Times and Orient Review, 7. April 1914, S. 65; der genannte Artikel wurde eine Woche später in der Gold Coast Leader in Cape Coast abgedruckt.

Der schicksalhafte Lebensweg des Martin Aku

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Auch „in the Wilderness“ Togos gab es also Aufrufe zum Kampf gegen die deutsche Kolonialmacht. Und als der Krieg tatsächlich ausbrach und die alliierten Truppen die Kolonie Togo sehr schnell besetzten, wurde das Ende der deutschen Kolonialherrschaft in Togo ironisch als eine koloniale „Götterdämmerung“ bezeichnet und von vielen Togoern gefeiert: Great God what do I see and hear? The end of all powerful Germans!” 4, „Hurrah! Hurrah! Hurrah! … Togo will be delivered out of the hands of the Germans as the children of Israel from the lands of Pharaoh. … Should God hear no prayer? When for 30 years the Germans made our lives intolerable. … God has fought the battle for us already and let us forget the past and be hopeful for the future. 5

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges gab es in Togo neue Herausforderungen wie die plötzlich notwendig gewordene Verselbstständigung der Ewe-Kirche durch den Einsatz einheimischer Pastoren. In diesem Zusammenhang wurde Andreas Aku – einer der in Deutschland ausgebildeten schwarzen Mitarbeiter der Bremer Mission in Togo – 1921 der erste schwarze Präses der Ewe-Kirche. Dessen Sohn Martin, der auch im Schoß der Bremer Missionare aufwuchs, gehört jener Generation an, die den Kampf um die Befreiung Togos vom Kolonialjoch führte. ANDREAS AKU (1863–1931) – DER VATER ALS VORBILD FÜR DEN SOHN Charakteristisch für Andreas Akus Grundeinstellung ist nicht nur seine Treue zur Norddeutschen Missionsgesellschaft, sondern auch die Tatsache, dass er als Leitwort für sein Leben Bismarcks Motto „patriae inserviendo consumor“ 6 (Im Dienst für das Vaterland zehre ich mich auf) 7 wählte. Den missionarischen Auftrag „Dienst am Menschen“ verstand er sowohl politisch als auch religiös: Der Kirche und der Heimat dienen, wobei er dies auf sein eigenes Land Togo bezog. Andreas Akus Weltanschauung war von Franz Michael Zahn (1833–1900), dem langjährigen Inspektor der Norddeutschen Missionsgesellschaft, maßgeblich beeinflusst. Zahn wuchs in einer bürgerlich-konservativen Familie pietistischer Prägung auf, jedoch geleitet von idealistischer Humanität. Diese Weltvorstellung war für Zahn das Fundament für die Gründung der Ewe-Kirche in Westafrika. Sein Gedankengut beeinflusste die afrikanischen Missionsarbeiter stark. Ustorf

4 5 6

7

Gold Coast Leader, 12.9.1914, Nr. 631, Editorial: 19. September 1914: Gold Coast Leader, 29. 8. 1914, Nr. 629, S. 5: The English in Togoland, by A Native of Aneho. Vgl. Oloukpona-Yinnon, Adjaï Paulin: „Inserviendo consumor (Im Dienen verzehre ich mein Leben)“. L’autobiographie inédite du pasteur Andreas Aku (1863–1931), in: ders./Riesz, János (Hrsg.): Plumes allemandes – Biographies et autobiographies africaines („Afrikaner erzählen ihr Leben“). Actes du Colloque International de Lomé à l’occasion de la réédition de la traduction française de l’anthologie de Diedrich Westermann Onze Autobiographies africaines (1938), du 21 au 23 février 2002. Volume 1: Les Contributions au Colloque, Lomé 2003, S. 99–109. Bismarcks Lebensmotto (Vgl. 3. Band seiner Autobiographie Gedanken und Erinnerungen).

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nannte ihn „einen missionarischen Querdenker in der Zeit des Imperialismus“ 8, denn er war grundsätzlich kein Freund des Kolonialismus, und schon gar nicht der deutschen Kolonialregierung in Togo. Andere Missionare in Togo plädierten für eine enge Zusammenarbeit der Mission mit der Kolonialadministration. 9 Zahn aber hielt an seinem Kurs fest und machte nur selten Kompromisse. Er war auch der Meinung, der weiße Missionar sei begabter als der schwarze; deshalb müsse der Weiße den Schwarzen leiten. Andreas Aku versuchte sein Leben lang, Zahns Vorstellung von der Missionsarbeit und von der Zusammenarbeit zwischen Mission und Administration zu entsprechen, wobei er aber auch im Zeitgeist verhaftet war. Auch er war kein Freund der deutschen Kolonialverwaltung in Togo. Er hatte u. a. 1909 gemeinsam mit zwei weiteren Togoern eine Petition an die deutsche Kolonialverwaltung geschrieben, in der er sich für die Rechte der Kolonisierten einsetzte, u.a. für die Gleichheit von Schwarz und Weiß vor dem Gericht. Auch als Mitglied des „Conseil des Notables“ 10 – der Vertretung der Eingeborenen in der französischen Kolonialverwaltung –, trat er als Verfechter der Rechte der Kolonisierten auf. Dass er diese Einstellung auf seinen Sohn Martin übertrug, darüber gibt es keinen Zweifel und lässt sich aus Martin Akus Aussagen über seinen Vater erschließen. Zwei Aspekte davon werden in seiner Autobiografie 11 hervorgehoben: einerseits die Religion (S. 385: „Für mich … galt das Christentum als ein heiliges Vermächtnis meines Vaters, als das kostbarste Gut, das er mir übergeben hatte.“) andererseits die Erziehung zur Heimat- und Vaterlandsliebe (S. 340–341): Ordnung und Pünktlichkeit waren die beiden Faktoren, an die sich mein Vater streng hielt, vielleicht darum, weil er wußte, dass sie nicht gerade die Stärke unserer Rasse sind. Ich bin ihm dankbar für diese Erziehung. … Im großen und ganzen, wenn ich auf das Leben meines Vaters zurückblicke, auf mein Verhältnis zu ihm und auf den Einfluss, den er auf uns Kinder ausgeübt hat, bin ich ihm außerordentlich dankbar dafür, dass ich unter der Wirkung einer so gewissenhaften Persönlichkeit habe aufwachsen dürfen. … Heimat- und Vaterlandsliebe waren für meinen Vater eine Selbstverständlichkeit. An sich selbst dachte er kaum, nur an sein Volk und an die Erfüllung seiner Pflichten diesem Volke gegenüber. Nur so konnte er, als er zum Vertreter und Sprecher seines Volkes von der französischen Regierung in Lome ernannt wurde, mit der ganzen Unerschrockenheit und Uneigennützigkeit, die ihm eigen waren, die Interessen seines Volkes vertreten, auch dann, wenn alle anderen Landsleute aus Furcht oder Eigennutz ihn im Stiche ließen. Er kannte keine Menschenfurcht, auch vor den höchsten Regierungsbeamten nicht.

8

Ustorf, Werner: Frank Michael Zahn. Erinnerung an einen missionarischen Querdenker in der Zeit des Imperialismus, in: Evangelikale Missiologie, Nr. 1, Gießen 1989, S. 8–12. 9 Seeger, Matthäus: Gemeinsame Aufgaben der Mission und der Kolonialregierung im Togoland, in: Evangelisches Missionsmagazin, Nr. 36, Berlin/Darmstadt 1892, S. 319–332. 10 Vgl. Bassa, Komla Obuibé: Le Conseil des Notables au Togo. Du mandat à la tutelle (1922– 1958). Tribunes d’expression d’une future opposition, in: Outre-Mers. Revue d’histoire, Nr. 370–371, Saint-Denis 2011, S. 83–98. 11 In Westermann, Diedrich: Afrikaner erzählen ihr Leben. Elf Selbstdarstellungen afrikanischer Eingeborener aller Bildungsgrade und Berufe und aus allen Teilen Afrikas. Mit 23 Abbildungen auf Kunstdrucktafeln und einer Karte, Essen 1938, S. 337–405.

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Martin Akus Erziehung ruhte in erster Linie auf dem doppelten Grundsatz seines Vaters: Ehrfurcht vor Gott und Dienst am Menschen. Auguste Bonnecarrère, der französische Gouverneur in Togo von 1922 bis 1931, würdigte Andreas Akus politische Leistung aus Anlass dessen Todes 1931 mit warmen Worten. Togo ehrte den großen Mann damit, dass in Lomé heute noch eine Straße seinen Namen trägt: „Rue du Pasteur Aku“. Damit ist Andreas Aku zu einer Nationalfigur Togos geworden. Wie verhielt es sich aber mit seinem Sohn Martin? MARTIN AKU: BILDUNG UND AUSBILDUNG Als Martin Aku 1913 - also kurz vor Kriegsausbruch – geboren wurde, stand eine Epoche vor ihrem Ende. Er ist im selben Jahr geboren wie Aimée Césaire (1913– 2008), der Autor des Essays Discours sur le Colonialisme (1950), ein eifriger Gegner des Kolonialismus. Martins Lebenserfahrung bezog sich nicht mehr auf die deutschen Missionare und Kolonialbeamten in Togo, weil die meisten Deutschen schon 1914 die Kolonie verlassen mussten. Er war noch nicht einmal zehn Jahre alt, als sein Vater 1921 die Leitung der Ewe-Kirche - und somit die höchste Stellung in der Hierarchie der Evangelischen Kirche in Togo - übernahm. Er wuchs also im Schatten jenes Mannes auf, der das Geschick der Norddeutschen Missionsgesellschaft in Togo in seinen Händen hielt. Der Vater, durch den er die besten Voraussetzungen für Bildung und Ausbildung erhielt, war ihm stets Vorbild. Martin Aku besuchte zwar die Missions-, dann die Regierungsschule in Lomé, verhielt sich aber zu den neuen französischen Missionaren wie zu den Kolonialbeamten recht kritisch. Im Gegensatz zu seinem Vater war es für ihn nicht mehr die Trennlinie zwischen Mission und Administration, sondern zwischen Europäern und Afrikanern. Es begann eine neue Ära für die Kolonie Togo, die plötzlich von zwei neuen Kolonialmächten regiert wurde: Frankreich und England. Schon nach sechs Jahren Grundschule in Togo folgte Martin Aku 1928 dem Missionar Gottfried Stoevesandt nach Deutschland. Dieser war in jenem Jahr auf Inspektionsreise in Togo: „The German Protestant pastor Gottfried Stoevesandt was so impressed with Aku’s intellectual ability that he invited him to attend secondary school in Germany. His relatively poor but influential parents agreed.” (Rich 2012: 150). Martin Aku genoss in Deutschland – unter der Obhut seines „Pflegevaters“, wie er den Missionar Gottfried Stoevesandt nannte – die volle Unterstützung der Bremer Mission und die besten Voraussetzungen für seine Ausbildung. Als Missionszögling besuchte er die Schule in Bremen und bestand daselbst sein Abitur. Erst dann durfte er in einer anderen deutschen Stadt sein Medizinstudium beginnen. Jeremy Rich, ein Biograf Akus, kommentiert 12: For the handful of Togolese students able to continue their education in Europe between World War I and World War II, the medical field was the most attractive subject of their studies. Aku passed the German baccalaureate examinations and with the support of the Bremen 12 Rich, Jeremy: Martin Aku, in: Gate, Henry Louis/Akyeampong, Emmanuel/Niven, Sten J. (Hrsg.): Dictionary of African Biography, Bd. 1, Oxford 2012, S. 150.

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Adjaï Paulin Oloukpona-Yinnon Protestant mission entered medical school. He received his degree in medicine and had residencies in French and English hospitals.

Unter deutscher Kolonialverwaltung hatte kein Togoer studieren dürfen, schon gar nicht Medizin 13. In der Kolonie Togo gab es keinen einzigen einheimischen Arzt, keinen Rechtsanwalt oder Ähnliches. Viele Afrikaner sahen Missionare und Kolonialbeamte als Verbündete auf dem Kolonialfeld, wenn es um die Probleme der Eingeborenen ging. Ob Martin Aku auch diese Ansicht teilte, ist nicht gewiss, aber er hatte in Deutschland die Gelegenheit, die Verkettung von Missions- und Kolonialarbeit deutlicher zu sehen und kritische Einsichten dazu zu äußern. Doch wurde sein Leben in Deutschland unruhiger und schwerer seit der Machtergreifung Hitlers 1933. Im Wintersemester 1935/36 begann er sein Medizinstudium in Tübingen, musste dann aber wegen der nationalsozialistischen Rassenpolitik nach Basel ausweichen. Auch in der Schweiz fühlte sich Martin Aku nicht in Sicherheit und zog schließlich nach Frankreich um. So musste der schwarze Medizinstudent schon als junger afrikanischer Intellektueller in Europa die traurige Realität des Rassismus am eigenen Leib erfahren. Sehr früh sah der Afrikanist und Togo-Experte Diedrich Westermann in Martin Aku den Vertreter der angehenden Übergangsgeneration der Afrikaner, wie er sie in seinen Büchern Der Afrikaner heute und morgen (1937) und Afrika als europäische Aufgabe (1941) darstellte 14. Wohl deshalb wählte er ihn für seine schon zitierten Autobiografien Afrikaner erzählen ihr Leben. Elf Selbstdarstellungen afrikanischer Eingeborener aller Bildungsgrade und Berufe und aus allen Teile Afrikas (1938) aus. Martin Aku sprach ein ausgezeichnetes Deutsch und war unter den elf Ausgewählten der einzige, der seine Autobiografie direkt in deutscher Sprache schrieb. Diese Schrift ist übrigens die einzige nennenswerte Quelle zur Erfassung der Leitgedanken von Martin Aku, denn später veröffentlichte er nichts Wichtigeres. Als er von 1946 bis 1951 als Abgeordneter für Togo im französischen Parlament saß, hielt er sehr wenige öffentliche Reden und verfasste noch weniger politische Schriften, aus denen man sein Leben besser verstehen könnte. Bei Akus Autobiografie handelt es sich um eine programmatische Schrift in zwölf Kapiteln, in denen er seine Meinungen über alle Aspekte des Lebens eines Afrikaners formuliert. Es beginnt mit seinem Leben als Schwarzer unter den Weißen in Deutschland und endet mit dem Kapitel „Schwarz und Weiß in Afrika“, das folgende Aussage über die Begegnung von Schwarzen und Weißen in Afrika macht (S. 403–404): Sehr viele Europäer schließen die Augen und haben kein Verständnis für die große Wandlung, die in Afrika innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeit vor sich gegangen ist und noch vor sich geht. Neue Menschen sind schon geformt durch das Schicksal der Zeit, andere 13 Firla, Monika: Siru Pedro Olympio, Matthias Yawo Anthony und Martin Aku. Drei togolesische Mediziner in Deutschland 1914–38 und ihr weiterer Lebensweg, Stuttgart 2005. 14 Ganz kritikfrei ist Westermanns Bild des Afrikaners nicht: Vgl. Bürger, Christiane: Deutsche Kolonialgeschichte(n). Der Genozid in Namibia und die Geschichtsschreibung der DDR und BRD, Bielefeld 2017.

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sind im Werden. Damit aber treten neue Ideale, neue Lebensauffassungen und auch neue Forderungen auf. Trotzdem handeln viele Europäer so kurzsichtig, dass sie noch an ihren alten Anschauungen über den afrikanischen Menschen festhalten und sich uns gegenüber so verhalten, als wären die hundert Jahre intensiver Berührung mit den europäischen Menschen einfach spurlos ans uns vorübergegangen. Dies sind bedauerliche Missverständnisse, die zu Spannungen führen, die nicht notwendig sind und die zu unser aller Vorteil sehr bald behoben werden müssen. Denn unsere Interessen und Ziele schließen die der Europäer durchaus nicht aus, sondern beide ergänzen sich.

Martin Akus Auffassung vom komplementären Zusammenleben von Schwarz und Weiß in Afrika stellte er bewusst gegen die gängige rassistische Politik der Kolonialbeamten. Er ärgert sich über den Rassenstolz der Weißen und meint (S. 337–338): Die Geburt eines Menschen und damit seine Bestimmung ist einfach Schicksal, mit dem er sich abzufinden hat. … Wichtiger ist die Frage, was der Mensch aus seiner schicksalhaften Bestimmung macht. Hierauf kann jedes Volk, jeder einzelne Mensch stolz sein. … Ja, es kommt wahrhaftig nur darauf an, was man aus seinem Schicksal macht!

Dass die Schwarzen auf ihre Hautfarbe und auf ihre Kultur stolz sein sollen, bleibt ein Leitmotiv seiner Autobiografie. Er selber trat in Deutschland überall ganz bewusst afrikanisch auf, wie sein Bild in seiner Autobiografie es zur Genüge zeigt. Gern trug er eine afrikanische Tracht als Ausdruck seiner kulturellen Identität. Viele Aussagen in seiner Autobiografie dokumentieren seine Einstellung zum Rassismus und zum Kolonialismus, wie er sie in Deutschland erlebt hatte (S. 374): Auf der Straße versetzte meine Erscheinung die Leute in Aufregung. Finger deuteten auf mich und unzählige Augen waren auf mich gerichtet, neugierig, mitleidsvoll. Die Kinder schrien hinter mir her: ‚Neger, Neger, Schornsteinfeger‘, und sangen noch andere Lieder dazu. Ich kam mir wie ein Weltwunder vor. Unter diesen als einziger Farbiger zu leben, dieses Bild Tag für Tag, wisst ihr, was das bedeutet für einen Menschen, der von sich eingenommen war und ein fast übertriebenes Gefühl hatte? Könnt ihr euch vorstellen, welche Einflüsse diese dauernden Erlebnisse auf meine Entwicklung hätten machen können?

Als Vertreter einer von Rassismus und Diskriminierung geplagten „Rasse“ wuchs Martin Aku mit einem besonders geschärften Selbstbewusstsein auf. Er sprach aber nicht nur von seinem Leben in Deutschland, sondern äußerte auch berechtigte Kritik am Schulsystem in Togo, zunächst weil – so Aku –„unsere Lehrer uns nicht auf den Wert unserer Muttersprache und auf die Notwendigkeit ihrer Weiterentwicklung aufmerksam machen. Wir schämten uns nicht, wenn wir unsere eigene Muttersprache nicht richtig schreiben konnten.“ (S. 356) Er betonte „die Verantwortung unserer eingeborenen Lehrer“ (S. 399–400), kritisierte besonders das Schulsystem nach europäischem Muster und beklagte, dass (S. 356–357) unser Schulbesuch nur den einzigen Zweck [hatte], uns mit einem Haufen von Wissen zu belasten, das uns befähigen sollte, im Dienste des Europäers unser Leben zu fristen. Aber diese Anschauungen kann ich nie und nimmer teilen. Meine Erfahrungen, besonders in Deutschland, haben mich gelehrt, an einen höheren Sinn und Wert des Lebens zu glauben. Hier hat die Erziehung eine größere Aufgabe zu leisten. Ich hoffe, dass wir es auch bald in Afrika einsehen.

Martin Aku schwärmte von seinem Medizinstudium: „Das Lebensziel aber, das ich dank meiner Erziehung habe erringen dürfen, wird seine Erfüllung finden in

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meinem Beruf“ (S. 398); er betonte überhaupt die großen Aufgaben der afrikanischen Jugend für die Zukunft des Kontinents (S. 404): Die junge Generation in Afrika glaubt nie und nimmer an eine schicksalhafte Bestimmung der Menschen dunkler Hautfarbe zu einem sklavischen Dasein, denn sie sieht, wie die Tatsachen dagegen sprechen, und sie wird sich immer mehr ihrer Kraft, ihrer Fähigkeit und Sendung bewusst. Sie anerkennt wohl eine Aristokratie der Leitung, doch nicht die der Farbe und weiß innerhalb der weißen Menschen zwischen Persönlichkeiten zu unterscheiden. Wir werden immer mehr in unserer Überzeugung bestärkt, dass wir einander brauchen und deshalb aufeinander angewiesen sind. Diese Erkenntnisse sollten den Weg zu einem besseren Verständnis ebnen.

Die Autobiografie endet mit einem zukunftsorientierten Glaubensbekenntnis (S. 404– 405): Was auch kommen mag, wir blicken getrost in die Zukunft. Ohne Murren fügen wir uns unserem Schicksal und wollen danach streben, die Idee, die wir in uns tragen, unser Volk und seine Entwicklung der Erfüllung entgegenzubringen, zu verwirklichen – nicht im Vertrauen allein auf unsere Kraft, sondern auf den, der uns diese gewaltigen Aufgaben gestellt hat.

Aus diesen Worten lässt sich nicht nur der Missionszögling erkennen, sondern auch der zukünftige Politiker, der in dem 25-jährigen Aku steckte. Seine Autobiografie war seinerzeit eine richtungsweisende Schrift, die aber noch heute aktuell ist. Obwohl der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges vieles ins Wanken brachte, konnte Martin Aku sein Medizinstudium abschließen und 1944 zum Dr. med. promovieren, aber nicht in Deutschland und auch nicht in der Schweiz, sondern in Frankreich. 1942 heiratete er die von der französischen Insel Martinique stammende spätere Ärztin Josèphe Etifier, sicherlich auch ein bewusstes Zeichen geistiger Nähe zur afrikanischen Diaspora. Drei Kinder bekam das Ehepaar 15. Nach seiner Promotion kehrte Martin Aku 1945 endgültig in seine Heimat Togo zurück. Was dann aus dem promovierten Mediziner wurde, war nicht zu erwarten. DER POLITIKER MARTIN AKU ZWISCHEN NATIONALISMUS UND PANAFRIKANISMUS Als Martin Aku sein Medizinstudium in den Kriegsjahren abschloss, stand für ihn fest, dass er in die Heimat zurückkehren musste. Schon vor seiner endgültigen Rückkehr signalisierte er sein politisches Engagement. Wie oben bereits zitiert, erklärte er sich entschlossen, für „unser Volk und seine Entwicklung“ zu arbeiten (S. 404). Den Kopf voller Ideen, die in seiner Autobiografie schon ausformuliert waren, schien er den Kampf, den sein Vater – mit anderen Togoern – gegen die deutschen und die französischen Kolonialbehörden geführt hatte, fortsetzen zu wollen. Da sein Vater – Andreas Aku – damals noch in den Kreisen der Nationalisten in guter Erinnerung und hoch angesehen war, war es für den Sohn eine gro15 Vgl. Azamede, Kokou Godwin: „Ja, es kommt wahrhaftig nur darauf an, was man aus seinem Schicksal macht!“ Problématique du destin national de Martin André Aku (1913–1970), in: Oloukpona-Yinnon, Adjaï Paulin/Riesz, János (Hrsg.): Plumes allemandes…, a.a.O., S. 114.

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ße Herausforderung, die Nachfolge des Vaters anzutreten, wobei beim Sohn ein Paradigmenwechsel erfolgte. Martin Aku gehörte jener Generation von afrikanischen Vordenkern des Antikolonialismus an, die zwischen den beiden Weltkriegen den Kampf um die Unabhängigkeit Afrikas führten. Er ist – wie oben schon erwähnt – im selben Jahr geboren wie der aus den Antillen stammende Aimée Césaire (1913–2008), dessen erste antikoloniale Schrift Cahier d’un Retour au Pays Natal (1939) ca. zur gleichen Zeit erschienen ist wie Martin Akus Autobiografie (1938). Erwähnt wurde auch schon der an der Goldküste geborene und in den USA promovierte afrikanische Pastor und „Freedomfighter“ Dr. James Emmanuel Kwegyir Aggrey (1875– 1927), dessen Wort Martin Aku zitiert (S. 374): „Whoever is not proud of his color, is not fit to live.“ Dr. Aggrey, ein überzeugter Panafrikanist, ist der Autor einer Geschichte, die heute noch weiter erzählt wird 16: die „Geschichte vom Adler, der nicht fliegen wollte“. Diese märchenhafte Geschichte, die dazu dient, alle schwarzen Völker zum Selbstbewusstsein und zum Kampf um den Fortschritt zu motivieren, endet mit einer Aufforderung an die Afrikaner 17: Völker Afrikas! Wir sind nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, aber Menschen haben uns beigebracht, wie Hühner zu denken und noch denken wir, wir seien wirklich Hühner. Aber wir sind Adler. Darum, breitet Eure Schwingen aus und fliegt! Und seid niemals zufrieden mit den hingeworfenen Körnern. … Es ist wünschenswert, dass wir den Spaß am Fliegen wieder entdecken.

Panafrikanismus als politische Ideologie bedeutete für Aggrey, dass die Schwarzen in Afrika und in der Diaspora derselben „Nation“ angehören und denselben Kampf um ihre Befreiung führen müssen 18. Martin Aku teilte uneingeschränkt Dr. Aggrey’s nationalistisches und panafrikanistisches Gedankengut und identifizierte sich mit dessen Kampf um die Würde aller Schwarzen. Nationalismus war für die Generation von Dr. Aggrey nichts anderes als Panafrikanismus, denn schon während der Zeit der Sklaverei in Amerika benutzten die Schwarzen das Wort ‘Nation’, um sich von anderen Völkern abzugrenzen. In diesem Sinne schreibt Martin Aku in seiner Autobiografie (S. 374): Immer wieder musste ich an das Wort von Aggrey denken: ‚Whoever is not proud of his color, is not fit to live.‘ Ja, ich litt für meine Rasse, für mein Volk, für die zweihundert Millionen Menschen afrikanischer Abstammung, dieses Bewusstsein war für mich ein Trost, ich fühlte mich in die Rolle eines Helden versetzt.

Weitere „Freedomfighters“ dieser Generation sind Martin Akus Landsleute Nicolas Grunitzki (1913–1969, Sohn eines ehemaligen deutschen Kolonialkaufmanns in Togo) und Dr. med. Siru Pedro Olympio (1898–1969, Sohn des Kaufmanns 16 Addai, Patrick/Michelena, Jokin: Ein Adler bleibt immer ein Adler. Afrikanische Fabel für alle Zweibeiner, 2012, online unter: http://nlp-seminare.at/hypnose/metaphern-adler.htm, Zugriff am 6.2.2018. 17 Aggrey, James/Erlbruch, Wolf: Der Adler, der nicht fliegen wollte, deutsche Übersetzung, 4. Auflage, Wuppertal 1985. 18 Der Panafrikanismus war somit die politische Dimension der „Négritude“ als kultureller Bewegung.

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Octaviano Olympio). Zu nennen ist auch der nigerianische Dichter, Journalist und Politiker Dennis Chukude Osadebay (1911–1994) 19, Autor einer Autobiografie Building a Nation: An Autobiography 20. In dieser Konstellation geistiger Panafrikanisten begann Martin Akus politische Laufbahn in seiner Heimat Togo in jener Zeit des Kampfes um die Selbstständigkeit, eine Zeit, die für Togo – national wie international – eine entscheidende Wende bedeutete: Dem Land wurde schon das Recht auf die „Selbstbestimmung“ zuerkannt. Togos Weg in die Unabhängigkeit wurde somit vorgezeichnet. Junge Togoer predigten nun die Eigenverantwortung in der Entwicklung des Landes und führten – mal gemeinsam, mal gegeneinander – den Kampf um die Unabhängigkeit. Sie haben fast alle in Europa studiert und sprachen mehrere europäische Sprachen. Aku stellte sich aktiv an die Seite von Sylvanus Olympio (1902–1963), dem Gründer der Partei CUT (Comité de l’Unité Togolaise), Partei der „Nationalisten“ – wie sie sich nannten. Das politische Programm der Partei lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Von der französischen Kolonialverwaltung in Togo Reformen zu erkämpfen, die die Kolonie erst zur Autonomie, dann zur Unabhängigkeit führen sollen“ 21. Martin Aku engagierte sich auf der Seite der „Nationalisten“, die in ihm sicherlich das Ebenbild seines Vaters Andreas sahen. Bei den Wahlen von 1946 zur Bestimmung eines Vertreters für Togo im französischen Parlament in Paris wurde Martin als Kandidat der Partei CUT aufgestellt. Der Gegenkandidat war Nicolas Grunitzky, Gründungsmitglied der PTP (Partei der „Fortschrittlichen“). Dieser wurde von der französischen Kolonialregierung unterstützt, weil seine Partei keine sofortige Unabhängigkeit – also keine endgültige Ablösung Togos von Frankreich – anstrebte. Doch Martin Aku besiegte seinen Gegner Nicolas Grunitzky und wurde somit der erste Vertreter Togos im französischen Parlament für die Legislaturperiode vom 10. November 1946 bis 4. Juli 1951. Hier begann für ihn die harte Realität der Macht. Als Togos Abgeordneter im französischen Parlament hielt sich Martin Aku – der überzeugte Panafrikanist – fern von den anderen Vertretern afrikanischer Länder und wurde Mitglied einer bis dahin unbekannten französischen Partei, der „Union Républicaine Résistante“ (Republikanische Widerstandsunion), unter dem Dachverband der Fraktion „Groupe parlementaire des Indépendants d’Outrer Mer (IOM)“, unterstützt von der französischen rechtsorientierten MRP („Mouvement Républicain Populaire“). Das brachte ihm viel Kritik von den meisten afrikanischen Politikern dieser Zeit ein. Im Grunde aber entsprach Akus Haltung durchaus der offiziellen Linie des Führers seiner Partei, Sylvanus Olympio, der liberal und antikommunistisch eingestellt war. 22 Offensichtlich erfolgte bei Martin Aku – aufgrund der Machtverhältnisse – der Übergang von seinen panafrikanistischen 19 Vgl. www.famousbirthdays.com, Zugriff am 19.2.2018 20 Lagos 1978. 21 „Obtenir pour le Togo des réformes politiques, économiques et sociales lui permettant d'accéder plus tard au self-governement et à l'indépendance.“ Vgl. https://fr.wikipedia.org/wi ki/Martin_Aku, Zugriff am 6.10.2017. 22 Vgl. http://mivapedia.com/africa-encyclopedia/martin-aku/, Zugriff am 19.9.2016.

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Idealen zur pragmatischen Realpolitik des Nationalismus. Groß waren die Erwartungen der Bevölkerung sowie der anderen togoischen Politiker, aber hart war die Desillusion über die Realität der Macht. Ein Beispiel für diese Realpolitik war die Beziehung Togos zum Nachbarland, zur Goldküste (heute Ghana): In den Reihen der Anhänger der nationalistischen Partei CUT (Akus Partei) erwarteten viele Leute die sofortige Wiedervereinigung der Ewe-Völker der ehemaligen deutschen Kolonie Togo und somit auch die Wiedervereinigung des geteilten Landes Togo. 23 Dies entsprach jedoch nicht der Ansicht der französischen Kolonialmacht und schon gar nicht der britischen Kolonialregierung, die den östlichen Teil Togos verwaltete. Jeremy Rich weist auf einige widersprüchliche Aspekte von Akus politischen Stellungnahmen im französischen Parlament hin 24: Aku paradoxically was conservative on issues that concerned the French African Empire as a whole, even as he fervently called for political reforms in his homeland. The French government’s efforts to create separate African and European electoral colleges in 1947 infuriated Aku. … Yet he joined coalitions of moderate African parliamentary deputies rather than adhere to the more radical Rassemblement Démocratique Africaine (sic!) voting bloc. … Aku also faced competition from more dynamic leaders like Sylvanus Olympio in his own party.

In diesen ersten Jahren der praktischen Ausübung der politischen Macht erfolgte zwangsläufig bei Martin Aku der Übergang vom panafrikanischen Ideal zur pragmatischen Realpolitik, offensichtlich zu spät. Der Politiker Martin Aku hatte – als promovierter Mediziner – sicherlich enormes Wissen und kreative Ideen für die Entwicklung seines Landes, aber eigentlich keine praktische Erfahrung, weder in der Politik noch in der Diplomatie. Sein Ideal des Panafrikanismus wurde zu einer fernen Utopie gegenüber der „nationalistischen“ Ideologie seiner Partei CUT, die offensichtlich die Gründung eines selbstständigen Ewe-Staates anstrebte. 25 In den partei-internen Debatten wurde klar, dass er als „der Sohn des Andreas Aku“ angesehen wurde. Die Vaterfigur brachte ihm zwar viel Sympathie, wurde ihm aber sozusagen zur Last, ja zur Belastung, die allmählich zu seiner politischen Ausgrenzung führte. Martin Akus Wahl ins Parlament – bzw. seine Entsendung nach Frankreich – wurde zu einer Form von „politischem Exil“: Fern vom alltäglichen politischen Kampf in der Heimat schwanden seine Popularität und sein pragmatischer Umgang mit der Politik. Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode gründete Martin Aku 1950 eine eigene politische Zeitung: „Espoir du Togo – Hebdomadaire pour la défense des

23 Ab Oktober 1947 war Sylvanus Olympio als Delegierter der „All Ewe Conference“, fast jedes Jahr in New York, um bei der UNO für die Wiedervereinigung der Ewe-Völker zu plädieren. 24 Rich, Jeremy: Martin Aku…, a.a.O., S. 151. 25 Ebenda: „The CUT party was largely made up of Ewe speakers, many of whom dreamed of creating an independent Ewe state that would combine territory from Ghana with Togo. Aku prudently distanced himself from such plans, but he did campaign for eventual independence for Togo and for immediate political reforms and autonomy. His main opponent, the future president of Togo Nicolas Gruitzky, was more conciliatory to the French. Aku won easily the elections of November 1946 with 73 percent of all votes cast.“

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intérêts togolais“ 26 (Hoffnung Togos – Wochenzeitschrift zur Wahrung togoischer Interessen). Das Blatt soll gleichzeitig in Lomé und in dem Pariser Vorort Brévannes erschienen sein, kam aber offensichtlich nicht über die erste Nummer vom 15. Juli 1950 hinaus. Martin Aku erzielte im französischen Parlament keine wesentliche Reform für die unmittelbare Zukunft Togos, wie es seine Partei 1946 bei den Wahlen angekündigt hatte. Obwohl er im Parlament politisch wichtige Funktionen übernahm und mit bekannten und bedeutenden afrikanischen Politikern wie Lamine Gueye und Léopold Sedar Senghor 27 zusammenarbeitete, erfolgten weder wichtige Maßnahmen für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Togoer noch ein entscheidender Schritt für die Unabhängigkeit des Landes. Die Wähler in Togo sahen also keine konkreten Ergebnisse und Erfolge von Akus parlamentarischer Arbeit in Frankreich. Im Juli 1951 gab es erneut Wahlen in Togo und Martin Aku war wieder der Kandidat der CUT und trat wieder gegen den Kandidaten der PTP-Partei (Parti Togolais du Progrès), Nicolas Grunitzky, an, der ihn diesmal schlug. Nach der bitteren Niederlage zog sich Martin Aku tief enttäuscht aus dem politischen Leben zurück und versuchte nun, seinem Mediziner-Beruf nachzugehen. Allerdings musste er auch dabei Schikanen hinnehmen. Die französische Kolonialverwaltung erkannte sein Doktordiplom nicht an und erteilte ihm vorerst keine Genehmigung für die Eröffnung einer Arztpraxis in Togo. Er musste zunächst nach Keta ausweichen. Hinzu kamen Probleme in der Ehe: Seine Frau verließ Togo, dabei nahm sie die drei Kinder der Familie mit. Martin Aku – der Pfarrerssohn und Missionszögling, Panafrikanist und Kolonialismuskritiker, der erste Vertreter Togos im französischen Parlament – erholte sich eigentlich nie richtig von den Folgen seiner Blitzkarriere in der Politik. Er starb am 17. Juni 1970 in Lomé. ABSCHLIESSENDE GEDANKEN Liebevolle Eltern, ausgezeichnetes Familienleben, die besten Voraussetzungen für Bildung und Ausbildung, das alles hatte Martin Aku. Mit 15 verließ er das Elternhaus für einen längeren Aufenthalt in Deutschland. Er war erst 18 Jahre alt, als er seine wichtigste Stütze, seinen Vater, verlor. Er lebte dann als Missionszögling in der Obhut der Bremer Mission, die ihm die volle Unterstützung gewährte. Mit 25 hatte er schon seine Autobiografie geschrieben. Mit 33 rückte der promovierte Arzt als erster vom Volk gewählter Vertreter seines Landes ins französische Parlament und damit in die erste Reihe der Politik. Ein außergewöhnlich erfolgreicher Lebensweg, den er selbst für eine Form von Gottesfügung hielt. Zu Beginn seiner Autobiografie schreibt er nämlich über seine ersten Erfahrungen in Deutschland (S. 338): 26 Vgl. Euvrard, Gil-François: La presse en Afrique Occidentale Française des origines aux indépendances et conservée à la Bibliothèque Nationale. Mémoire dirigé par France Pascal, Villeurbanne 1982, S. 21. 27 Vgl. http://la-loupe.over-blog.net/article-aku-andreas-martin-60773356.html, Zugriff am 12.3.2018.

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So begann ich mein Schicksal, meine Bestimmung zu lieben, da ich sie nicht nur als Schicksal, sondern als gütige Fügung und heilige Aufgabe zu verstehen begann. Was gibt es Herrlicheres, als dazu erwählt zu sein, mitzuhelfen an der Gestaltung unserer völkischen Gemeinschaft und Eigenart und an der Bildung des kommenden neuen afrikanischen Menschen!

„Schicksal“ – das war das Leitmotiv seiner Autobiografie, ein Wort, das in seinen Bekenntnissen und Einsichten immer wieder auftaucht. Die breite Skala der Aussagen darüber beginnt mit: „Die Geburt eines Menschen und damit seine Bestimmung ist einfach Schicksal, mit dem er sich abzufinden hat. … Wichtiger ist die Frage, was der Mensch aus seiner schicksalhaften Bestimmung macht“ (S. 337) und endet mit „Ohne Murren fügen wir uns unserem Schicksal“ (S. 405). Martin Aku war also der festen Überzeugung, dass er für sein Land Togo eine „heilige Aufgabe“ hatte. Er nahm mit großer Begeisterung den Kampf auf, setzte darin die ganze Kraft seines jugendlichen Idealismus. Er glaubte fest daran, er sei von Anfang an dafür ausgerüstet (S. 341): „… wenn jetzt das Leben mit seinen Verwicklungen und Verlockungen an mich herantritt, habe ich einen festen Maßstab in der Hand, an dem ich prüfen kann. Es ist ein Widerstand in mich hineingelegt, der es mir ermöglicht, in allen Stürmen zu bestehen.“ Das waren aber Worte eines jungen, zu früh ins Rampenlicht gerückten Studenten, der – außer zwei Weltkriegen – noch nicht viel vom Leben „erfahren“ hatte. Das Wesentliche wusste er damals noch nicht, nämlich: Politik entsteht zwar aus Idealen, lebt aber vom pragmatischen Kampf der Realpolitik. Das Unwissen über die Realpolitik wurde ihm offenbar zum Verhängnis.

BECOMING A CHRISTIAN, BECOMING A TROUBLEMAKER The Rise and Fall of Franz ǀHoesemab of Windhoek, 1893 to 1933 Jakob Zollmann Christianity was imagined by European contemporaries interested in “colonial questions” as one of the decisive tools of empire. It was considered a central part of the quest to develop the “civilization” and to increase “the moral and material well-being of the indigenous populations” – a task the European powers subscribed to in the preamble of the General Congo Act (February 1885). It was thus assumed that the belief in a Christian God and the Holy Church as the assembly of believers around the world would also have transformative effects on the individual who was to be guided toward and converted to Christianity, leaving behind her or his “pagan,” “uncivilized” status and finding a rightful place as a morally uplifted, loyal member of a society remodeled according to colonial mores and needs. 1 The Lutheran doctrine of the Two Kingdoms furthered a tendency to divide the world into pagan and Christian. For many German Protestant missionaries in southern Africa (formed by Lutheran theology, pietism, and romanticism with their emphasis on the individual and his or her personal efforts to live a Christian life) a “Christian” culture thus stood in opposition to a “pagan” culture. 2 However, throughout colonial Africa the experiences of administrators, military officers, and settlers with African converts were more ambiguous and challenging than any blueprint of the effects of Christianization could have foreseen. Christianity neither led uniformly toward an unquestionable acceptance of colonial rule nor to the recognition of “Christian” culture as defined by missionaries or colonial administrators. On the contrary, from the early days of formal colonialism onward, Christianity might have had – seen from the status quo of the colonial order – “revolutionary effects” 3. The examples are numerous: In German Southwest Africa, the Nama-leader Hendrik Witbooi repeatedly used his Christian 1 2 3

For a recent overview, see Gladwin, Michael: Mission and Colonialism, in: Rasmussen, Joel D. S./Wolfe, Judith/Zachhuber, Johannes (eds.): Oxford Handbook of Nineteenth-Century Christian Thought, Oxford 2017, pp. 282–304. Cf. Pakendorf, Gunther: For there is no power but of God. The Berlin Mission and the Challenges of Colonial South Africa, in: Missionalia. Journal of the Southern African Missiological Society, no. 3, Pretoria 1997, pp. 255–273. Levtzion, Nehemia: Final Discussion, in: Lincoln, Bruce (ed.): Religion, Rebellion, Revolution. An Interdisciplinary and Cross-Cultural Collection of Essays, New York 1985, p. 293.

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faith to justify not only his military campaigns (komandos), 4 but also to defend argumentatively the independence of his realm from any overlords, including the Germans. 5 As is well established, from the early twentieth century Africans engaged in Christian prophetic movements rose to challenge the colonial order, responding to societal change and political crises. 6 Throughout Africa during high imperialism, western missionary efforts were not the only ones to multiply; socalled Ethiopianism and other African independent churches also gained more and more followers – much to the chagrin of the European missionaries. 7 Furthermore, the merits of Christian conversions did not remain unchallenged among colonial personnel. In German East Africa, German officers admittedly preferred Muslim soldiers, describing them as “more responsible and more loyal” than Christians or Animists.8 Open and escalating conflicts between mission personnel and colonial officials were common throughout the colonial world. 9 The following account of a Christian African leader who made himself first indispensable to the missionaries and colonial authorities and later defied the orders of his religious and administrative superiors in Windhoek (the capital of German Southwest Africa, today Namibia) is an illustration of the narrow line that African actors at times managed to walk between accommodating the expectations of missionaries and officials on the one hand and their own aspirations on the other. The “case of Franz ǀHoesemab” 10 is thus not merely another history of individual African resistance against the daily impositions of colonialism. The subject of resistance has been dominant in writings about African history; since the 1960s, “resistance” was seen as a historiographic means to “Africaniz[e] African history.” 11 On the other hand, for some time, historians have been reluctant to 4

Cf. Hardung, Christine: Zur Rolle der Religion in (imaginierten) Gewaltgemeinschaften Mauretaniens und des südwestlichen Afrika (19./21. Jahrhundert), in: Speitkamp, Winfried (ed.): Gewaltgemeinschaften in der Geschichte. Entstehung, Kohäsionskraft und Zerfall, Göttingen 2017, pp. 209–232, p. 216. 5 Cf. Hendrik Witbooi to Maharero, Hoornkranz, 30 May 1890, in: Heywood, Annemarie/Maasdorp, Eben: The Hendrik Witbooi Papers, no. 34, Windhoek 1995, p. 50. 6 Cf. Adas, Michael: Prophets of Rebellion. Millenarian Protest Movements Against the European Colonial Order, Chapel Hill 1979; Anderson, David/Johnson, Douglas H. (eds.): Revealing Prophets. Prophecy in Eastern African History, East African Studies Series, London 1995. 7 Cf. Chirenge, J. Mutero: Ethiopianism and Afro-Americans in Southern Africa, 1883–1916, Baton Rouge 1987. 8 Cf. Bührer, Tanja: Die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika. Koloniale Sicherheitspolitik und transkulturelle Kriegführung 1885 bis 1918, München 2011, p. 138. 9 Cf. Habermas, Rebekka: Skandal in Togo. Ein Kapitel deutscher Kolonialherrschaft, Frankfurt am Main 2016, pp. 139–140. 10 Cf. Engel, Lothar: Kolonialismus und Nationalismus im deutschen Protestantismus in Namibia 1907 bis 1945. Beiträge zur Geschichte der deutschen evangelischen Mission und Kirche im ehemaligen Kolonial- und Mandatsgebiet Südwestafrika, Frankfurt am Main 1976, pp. 88–102; Oermann, Nils-Ole: Mission, State, and Church Relations in South West Africa under German Rule, Stuttgart 1999, pp. 162–166; Zollmann, Jakob: Koloniale Herrschaft und ihre Grenzen, Göttingen 2010, pp. 260–268. 11 Cooper, Frederick: Decolonizing Situations. The Rise, Fall, and Rise of Colonial Studies, 1951–2001, in: French Politics, Culture & Society, no. 2, New York 2002, pp. 47–76, 56.

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discuss the “non-European foundations of European imperialism,” 12 although the sheer necessity of the “African elites to help the [colonial officials] govern” the colonized is by now a well-established element of colonialism. Also, African intermediaries were aware of the “dependence” of the colonial officialdom and thus of the inalienability of their “help.” 13 They therefore held their own bargaining power and could use it to their own advantage 14 – as the actions of Franz ǀHoesemab exemplify. Church records indicate thatǀHoesemab was born in 1874. However, there are no indications of where he was born in pre-colonial Namibia or who his parents were. The only indication given is his “tribal” background, which is always mentioned in German sources, describing him as a “Bergdamara.” During the German colonial era the “Bergdamara” – the German Colonial Encyclopedia (printed in 1920, but written before World War I) also mentions their self-designation, “Haukoin,” and the (pejorative) denomination “Klippkaffern” credited to the neighboring Ovaherero – were often attributed a particularly low status among the “tribes of GSWA.” German ethnologists (and missionaries) considered the “Bergdamara” incapable of forming “even larger tribal communities” and saw them without any “Kultur in a higher sense.” Historically, it was said, “Bergdamara” were a “slave people” (Sklavenvolk), “subdued,” “despised,” and “mercilessly killed by Herero and Hottentotts” before the arrival of the Germans, who found them an “utterly intimidated people,” scratching out a “meagre existence.”15 Such victimizing discourse about this “poor tribe” had in fact changed over the course of several decades. Pre-colonial missionary reports emphasized the “bestiality” and “brutality” of the “Bergdamara” in their fight against the Ovaherero. This discourse had a clear legitimating impact, aimed at colonial intervention to end the “permanent warfare” among Africans.16 Historian Brigitte Lau summarized this form of self-congratulatory German writing dominated by the missionary Heinrich Vedder (1876–1972) – still called the “leading ethnographer of the Damara”17 – under the ironic title “Thank God the Germans came.”18 12 Cf. Robinson, Ronald: Non-European Foundations of European Imperialism. Sketch for a Theory of Collaboration, in: Sutcliff, Roger Owen-Bob (ed.): Studies in the Theory of Imperialism, London 1972, pp. 117–142. 13 Cf. Roberts, Richard: Review of Miers and Klein (eds.): Slavery and Colonial Rule in Africa (1999), in: Journal of African History, no. 2, Cambridge 2000, p. 307. 14 Cf. Lawrance, B. N./Osborn, E. L./Robert, R. L.: Introduction. African Intermediaries and the ‘Bargain’ of Collaboration, in: idem (eds.): Intermediaries, Interpreters and Clerks. African Employees in the Making of Colonial Africa, Madison 2006, pp. 3–34. 15 Art. “Bergdamara”, in: Deutsches Kolonial-Lexikon, vol. I, Leipzig, 1920, pp. 167–168; cf. Wegner, P.: Die Bergdamara in Deutsch-Südwestafrika und die Arbeit der Rheinischen Mission an ihnen, Barmen 1907; Henrichsen, Dag: Herrschaft und Alltag im vorkolonialen Zentralnamibia. Eine Studie über die Geschichte des Herero- und Damaraland im 19. Jahrhundert, Basel 2011, S. xixf. 16 Cf. Pfeffer, Clemens: Koloniale Repräsentationen Südwestafrikas im Spiegel der Rheinischen Missionsberichte, 1842–1884, in: Stichproben. Wiener Zeitschrift für kritische Afrikastudien no. 22, Wien 2012, pp. 1–33, 12. 17 Barnard, Alan: Hunters and Herders of Southern Africa. A Comparative Ethnography of the Khoisan Peoples, Cambridge 1992, p. 201.

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The main settlement areas of the “Bergdamara” were reported to be in the western and southern part of “Hereroland, especially in the Erongo Mountains … and the Komasland,” described as “the sanctuary of the wild Bergdamara.” However, thousands of “Bergdamara” (out of an estimated 19,600 in 1912), whose “intelligence is remarkable,” had in the meantime settled among European settlers and were “much valued as workers and servants … Also the mission gained quick access to this frugal people.” 19 The paternalist overtones were characteristic of the colonial literature. The fact that the “Bergdamara” Franz ǀHoesemab was baptized by Rhenish missionary Freerk Meyer (1847–1923) only as an adult in 1893 may indicate that his parents were not Christians, as they may have otherwise had him baptized when he was still a child. Whether or not he bore, prior to his baptism, another, non-European first-name is also unknown. ǀHoesemab was baptized in Otjimbingue, located in southern Hereroland and until 1890/91 the administrative seat of the German colonial authorities under Commissioner Curt von François. More importantly, Otjimbingue, the seat of the Zeraua royal house of the Ovaherero, was one of the oldest mission stations in Hereroland, founded in 1849 by the Lutheran Rhenish Mission Society (RMS). The increased commercial opportunities between the harbor at Walvis Bay and the Ovaherero, Oorlam, and Nama communities farther inland – who were particularly interested in guns, ammunition, and alcohol – made Otjimbingue an important stopover. The Rhenish mission station (with the missionaries pursuing their own trade in cattle, hides, and European commodities like any other European traders) attracted not only Africans, but also a number of German settlers, miners, and traders in the pre-colonial period. In 1866, Missionary Carl Hugo Hahn (1818–1895) founded the Augustineum, a seminary and training college with the aim to educate African mission assistants (Missionshelfer). However, the Augustineum remained in Otjimbingwe only until 1890 when it was moved to Okahandja. 20 It is therefore impossible that ǀHoesemab was a student at this institution, as he was not yet baptized in 1890 and as a fifteen- or sixteen-year-old boy would have been considered too young to be a mission aid. However, ǀHoesemab did attend the mission school for children. The schooling of African children – which had the purpose of converting them to Christianity and bringing them Kultur – was an important factor in Rhenish missionary efforts throughout Southern Africa. Furthermore, the missionary arguments in favor of opening schools in the colonies served at the same time as an “appeal to rescue African orphans or slaves [that] proved highly effective for raising funds in Europe.” 21 However, prior to 1900 missionaries in Namibia were not 18 Lau, Brigitte: ‘Thank God the Germans Came’. Vedder and Namibian Historiography, in: Heywood, Annemarie (ed.): Brigitte Lau. History and Historiography, four Essays in reprint, Windhoek 1995, pp. 1–16; on Lau, cf. Saunders, Chris: Some Roots of Anti-colonial Historical Writing about Namibia, in: Journal of Namibian Studies, no. 3, Bochum 2008, pp. 83–93, 84. 19 Art. “Bergdamara”…, op. cit., p. 168. 20 On pre-colonial Hereroland, see Henrichsen, Dag: Herrschaft und Alltag…, op. cit. 21 Johnson, Hildegard B.: The Location of Christian Missions in Africa, in: Geographic Review, no. 2, Oxford 1967, pp. 168–202, p. 178.

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particularly successful in their efforts at conversion. This had repercussions for their schools. Very few schools such as the Augustineum were maintained for any length of time. Financial difficulties restricted expansion, as did the reluctance of the African population to convert. Prior to 1900 the number of baptisms was low. Historians have repeatedly shown that Africans were “using missionaries for their own purposes” and had varying reasons for attending mission schools or sending their children there. 22 Throughout the nineteenth century, missionaries seemed important to many Africans, most of all because of their access to modern goods (including weapons and alcohol) and their ability and willingness to teach reading and writing in the native languages. Due to the work of missionaries, texts written in African languages (including the widely spoken Cape Dutch) circulated and were read by Africans long before the colonial era. 23 Thus, the differences between the indigenous language and the colonial language were not as striking as has been described in other colonial contexts in Africa. The teacher-missionaries often preferred Cape Dutch as the language of instruction. The German language became attractive for Africans only when it was evident after 1890 that the Germans would indeed set up an administrative body which would encroach more and more on their everyday life. Those Africans able to communicate directly with the new power brokers thus had an undisputable advantage. The curriculum of the mission school in Otjimbingwe, as in other mission stations in central and southern Namibia, included reading and writing in Cape Dutch and possibly also in Otjiherero or the Nama language, plus singing and the Bible. 24 The mission schools were first of all not “places of Bildung, but a means for Erziehung.” 25 The fact that ǀHoesemab was fluent in the German language (spoken and written) early on indicates that the teaching of German to Africans was, although certainly not a main educational aim of missionaries, already practiced in the early days of German colonialism. Later on, the question of whether African children should learn German as a foreign language or whether they should be taught all or most subjects (German, mathematics, history, geography/Heimatkunde, natural science, and singing) in German from an early age was a constant bone of contention in GSWA. 26 German colonial administrators were yet undecided on whether 22 Berman, Edward H.: African Responses to Christian Mission Education, in: African Studies Review, no. 3, Cambridge 1974, pp. 527–540, p. 527. 23 Cf. Henrichsen, Dag: “Iss Worte!” Anmerkungen zur entstehenden afrikanischen Schriftkultur im vorkolonialen Zentralnamibia, in: Marfaing, Laurence/Reinwald, Brigitte (eds.): Afrikanische Beziehungen. Netzwerke und Räume, Münster 2001, pp. 329–338. 24 Cf. Adick, Christel: Muttersprachliche und fremdsprachliche Bildung im Missions- und Kolonialschulwesen, in: Bildung und Erziehung, no. 3, Köln/Weimar/Wien 1993, pp. 283–298, 286; Kienetz, Alvin: The Key Role of the Orlam Migration in the Early Europeanization of South West Africa (Namibia), in: International Journal of African Historical Studies, no. 10, Boston 1977, pp. 553–572, 562. 25 Eckl, Andreas: Grundzüge einer feministischen Missionsgeschichtsschreibung. Missionarsgattinnen, Diakonissen und Missionsschwestern in der deutschen kolonialen Frauenmission, in: Bechhaus-Gerst, Marianne/Leutner, Mechthild (eds.): Frauen in den deutschen Kolonien, Berlin 2009, pp. 132–145, 142. 26 Cf. Adick, Christel: Muttersprachliche…, op. cit., p. 293.

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or not the spread of the German language among Africans was advisable for their self-declared “civilizing mission.” 27 In Otjimbingue, the teaching of German to pupils may have also been facilitated by the fact that this was the town where Rhenish missionaries had set up the first school for German settler children in 1876. Assuming that ǀHoesemab grew up in Otjimbingue or nearby, the schooling facilities were certainly not yet strictly segregated and thus African pupils may have interacted with German comrades more frequently than was later thinkable. 28 Since the pioneering study of Jacob Ade Ajayi on the influence of mission schools in Nigeria on the “making of a new [African] elite” (1965) many examples of similar elite-making effects of Christian missionary efforts through education throughout colonial Africa have been analyzed. 29 ǀHoesemab’s rise in the new African social hierarchies created by the colonial state was based on the language skills he learned from the missionaries in Otjimbingwe. By the late 1890s, when, after his peace with Hendrik Wibooi, Governor Theodor Leutwein had more thoroughly established the colonial state in central Namibia, German language skills had become sought after among Africans. Of course, though speaking German was essential, it was not the only condition for ǀHoesemab’s future success. Until further research opens new sources, we will not know how or why ǀHoesemab made his way from Otjimbingwe to the colonial capital of Windhoek in the mid- or late 1890s. Windhoek was then a small town of about 700–800 inhabitants; however, it was constantly growing. In 1903, Missionary Carl Wandres (1858–1933) counted 2,054 Africans living in the town, of whom 526 were Christians. Around 500 “whites,” most of them Germans, the majority being officials or soldiers, lived in Windhoek at that time.30 Since 1898 the German administration had tried to encourage the African population to live in separate compounds, called Werft, outside the inner city where most of the Germans had their houses. Windhoek, like most other colonial towns thus developed into a “dual city.”31 However, around 1900 many Africans working for Germans were living either in the same mansions as their employers or had their huts (Pontoks) nearby on the same plot. Over the course of the 1890s, several “tribal” – as the Germans called them – compounds had developed at the fringes of the German inner city. In 1896 the officer Fr. von Bülow identified three distinct quarters in the eastern parts of 27 Cf. Steinbach, A.: Sprachpolitik und Zivilisierungsmission im Britischen Empire. Die Verbreitung der englischen Sprache im 19. Jahrhundert in Ceylon und den Protected Malay States, in: Barth, Boris/Osterhammel, Jürgen (eds.): Zvilisierungsmissionen. Imperiale Weltverbesserung seit dem 18. Jahrhundert, Konstanz 2005, pp. 149–168; Zollmann, Jakob: Communicating Colonial Order. The Police of German South-West-Africa (c. 1894–1915), in: Crime, History & Societies, no. 1, Genève 2011, pp. 33–57, 46 f. 28 On these questions see Zollmann, Jakob: Children of Empire. Childhood, Education and Space in German South West Africa, c. 1880–1915, in: Journal of Namibian Studies, no. 1, Bochum 2015, pp. 71–124. 29 Ajayi, J. F. Ade: Christian Missions in Nigeria, 1841–1891. The Making of a New Elite, London 1965. 30 All numbers in Zollmann, Jakob: Koloniale Herrschaft…, op. cit., p. 219. 31 Gründer, Horst/Johanek, Peter (eds.): Kolonialstädte. Europäische Enklaven oder Schmelztiegel der Kulturen?, Münster 2001, p. vii.

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the town: those for the “Hottentotts,” the “Berg-Damaras,” and the “Bastards.” 32 Later on, further “tribes” were given their own quarters at the große Werft established after 1910. This pattern of ethnically segregated compounds was based not on (precolonial) reservations or on Namibian peoples’ antagonisms against one another. Rather, it was a concrete element of Governor Theodor Leutwein’s often-quoted divide et impera policy, 33 which was inscribed into the urban space of colonial Windhoek. Officials were eager to exploit these antagonisms for the profit of the colonial order’s stability. Segregating the different African language or cultural groups living in a given colonial territory was a major colonial concern. 34 “Racial dualism was thereby anchored in a politically enforced ethnic pluralism.” 35 However, the production and enforcement of this form of “ethnic pluralism” proved to be very demanding for colonial officials. The German administration (and more specifically the colonial police force) tried, mostly in vain, to control the behavior of Africans in these Werften. This included the restriction of access to these “native compounds” and of alcohol production and consumption there. These colonial policing efforts were often extremely intrusive, if not brutal, and were executed by both German and African police personnel. However, it became evident to colonial officials in the local administration that without support from within by African authorities, the Werften could not be controlled or administered. Therefore, the position of African foremen (Vormänner or Werftälteste) was established. 36 In 1900, Franz ǀHoesemab was appointed foreman of the Windhoek “Bergdamara-Werft.” His “sophisticated German,” 37 his ability to influence “his” people, and his way of negotiating on friendly terms with colonial officials were decisive for his appointment by the Windhoek administration. Barely one year later, the Rhenish mission also appointed ǀHoesemab to one of the highest positions an African could achieve in the mission hierarchies: he was made school master (Schulmeister) in Windhoek’s mission school for “Damara-children,” succeeding Franz Gértzie, who lost his position due his “alcoholism and sodomy.” Together with missionary J. Diehl, ǀHoesemab taught the children of “his” Werft according to the mission curriculum. Missionary Carl Wandres, head of the Lutheran Nama and Damara congregation in Windhoek from 1900 and a renowned specialist of 32 v. Bülow, F. J.: Drei Jahre im Lande Hendrik Witboois, Berlin 1896, p. 174. 33 Bley, Helmut: Kolonialherrschaft und Sozialstruktur in Deutsch-Südwestafrika 1894–1914, Hamburg 1968, p. 63; Kundrus, Birthe: Moderne Imperialisten. Das Kaiserreich im Spiegel seiner Kolonien, Cologne 2003, p.190. 34 Cf. Becher, Jürgen: Die nichteuropäische Bevölkerung Dar es Salams, Tangas und Taboras unter deutscher Kolonialherrschaft, in: Gründer, Horst/Johanek, Peter (Hrsg.): Kolonialstädte – Europäische Enklaven oder Schmelztiegel der Kulturen?, Münster 2001, p. 219; Osterhammel, Jürgen: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen, Munich 2003, p. 71. 35 Mamdani, Mahmood: Citizen and Subject. Contemporary Africa and the Legacy of late Colonialism, Princeton 1996, p. 7; see Berman, Bruce J./Lonsdale, John: Unhappy Valley. Conflict in Kenya & Africa, London 1992, p. 95. 36 See Zollmann, Jakob: Koloniale Herrschaft…, op. cit., pp. 260–261. 37 Joh. Olpp to Mission Director in Barmen, 7.5.1913, in: Engel, Lothar: Kolonialismus und Nationalismus…., op. cit., p. 91.

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their language, 38 thought highly of ǀHoesemab, lauding him in the annual report as someone who “adores to teach.” Furthermore, Wandres described ǀHoesemab as “a total abstainer” – learning only later that this was in fact not the case. 39 Around 1900, ǀHoesemab was thus among the second-generation Namibian “African church leaders, theologians and Christians” 40 who would shape the church over the coming decades. When in 1906 Missionsdirektor Spieker from Barmen visited Windhoek to “inspect” the RMS mission works in GSWA, he noted: “Around 2,000 people live on the Damarawerft under the leadership of Franz ǀHosemab.” 41 Since 1907 the position of the foremen had been formalized according to Section 13 of the Native Control Decree. The colonial official in charge of “native affairs” (mostly the Bezirksamtmann, the local district commissioner) “normally [had] to use the intermediation of a foreman” when dealing with the inhabitants of the Werft under his supervision. The foreman was to be appointed by this colonial official, who had to take into consideration “the requests of the natives that are put under his control.” The foreman, in turn, was to be “held responsible for the conduct of the Werft” – which was thus seen by the colonial officials as a unitary social body that could only be guided by trustworthy Africans under German leadership. 42 Given the length of his tenure as foreman, German colonial officials had reason to be satisfied with ǀHoesemab’s administration of the Damarawerft. This can also be seen from the fact that he was the only one among the Windhoek foremen who received a monthly salary from the Windhoek district office (Bezirksamt) of around thirty marks or possibly more. Only in 1912 did the district commissioner managed (by pointing to ǀHoesemab’s salary) to secure the necessary funds to pay the other foremen an income for their work. The fifteen- to twenty-mark salary they finally received was comparable to the salary of an African policeman in German employ (though barely a tenth of what German policemen received) and put the recipients on the upper scale of the African income hierarchies in 38 Meinhof, Carl (mit Beiträgen von Hermann Hegner, Diedrich Westermann und Carl Wandres): Lehrbuch der Nama-Sprache, Berlin 1909. 39 Archives of the Evangelical-Lutheran Church in the Republic of Namibia, Windhoek (AELCRN), vol. 36, Bl. 41 (Gemeinde-Chronik, 1901); Bl. 52. AELCRN, C I 1.40, Bl. 78, Missionar Wandres: Jahresbericht der Station Windhoek 4, 1902. 40 Ludwig, Frieder: Profile der afrikanischen Christentumsgeschichte. Einleitung, in: Koschorke, Klaus (ed.): Außereuropäische Christentumsgeschichte (=Periplus), Berlin 2006, pp. 35– 59, 36. 41 Archiv der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM-RMG), 2.533a [Micro-Film in NAN Windhoek], Bl. 223 f., Report of Spieker 1906. 42 “§ 13. Die mit der Werftaufsicht betraute Person soll sich im Verkehre mit den Bewohnern der ihm unterstellten Werft in der Regel der Vermittlung eines Vormannes bedienen, den er aus der Zahl der Eingeborenen ernennt und der für das Verhalten der Werft verantwortlich zu machen ist. Bei der Bestellung des eingeborenen Vormanns sollen tunlichst die Wünsche der ihm zu unterstellenden Eingeborenen berücksichtigt werden.” Verordnung, betr. Maßregeln zur Kontrolle der Eingeborenen, vom 18. August 1907, in Deutsches Kolonialblatt, vol. 18, Berlin 1907, p. 1181; Köbner, Otto Max/Gerstmeyer, Johannnes (eds.): Die deutsche Kolonial-Gesetzgebung, vol. 11, Berlin 1908, p. 345.

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GSWA. 43 Historians of colonialism have repeatedly emphasized that one of the preconditions for “collaboration” was the interest of important segments of the colonized societies in the continuation of the colonial system. Financial benefits and other privileges thus remained important elements in the upkeep and daily workings of the colonial “native administration.” 44 In comparison to other foremen appointed to head the other Werften in Windhoek, it is notable that Franz ǀHoesemab was always mentioned by his name in the German administrative files. His influence on the African population in Windhoek went well beyond the Damara community, as was known to his German interlocutors. ǀHoesemab’s popularity among Africans, however, was a challenge to German attempts at creating not only spatial, but also mental patterns of “ethnic pluralism.” In late 1911, the Windhoek district commissioner Fromm “attached great importance to the fact . . . that the Hottentots are not under the control of foreman Franz [ǀHoesemab],” but were “under the elder David [Zwaartbooi] and his councilor Hendrik. . . . For obvious reasons the main nations must not be shuffled together.” 45 The writings about ǀHoesemab make evident that he was considered important and taken seriously by the German officials. He worked together with the Windhoek “native commissioner” Bohr and the police sergeant stationed on the Werft on a daily basis. He wrote down complaints, confirmed sickness, acted as interpreter (even in court cases, which was normally reserved for missionaries), and liaised between African workers and German employers, some of whom addressed him as “Dear Herr Franz,” wrote letters to him, and gave him presents, hoping to obtain from him the necessary workers for their businesses. German policemen complained about his “intrusions.” They heard “everywhere complaints that he [ǀHoesemab] holds off natives from work if they work for those whites who do not regularly make presents to Franz.” 46 He was never reluctant to stand his ground. Keeping the pipe in his mouth, ǀHoesemab was self-confident enough not to remind a German police sergeant that he was not his superior: “I am not a soldier.” 47 ǀHoesemab was also in charge of the security of his Werft (burglaries were a constant problem) and organized a guard for this purpose. His administrative duties due to his position as foreman were, from a missionary perspective, quite onerous. Wandres on the one hand hoped for a marked Christian influence on the Damarawerft since ǀHoesemab was considered a man of the mission, but on the

43 National Archives of Namibia, Windhoek (NAN) BWI 36, E 1 f, Bd. 2, Bl. 21, BA Windhuk to Governor, 23.4.1912; Bl. 20, Governor to BA Windhuk, 12.5.1912. 44 Osterhammel, Jürgen: Kolonialismus…, op. cit., p. 71; cf. Lawrance, B. N./Osborn, E. L./Roberts, R. L.: Introduction. African Intermediaries and the ‘Bargain’ of Collaboration, in: idem (eds.): Intermediaries, Interpreters and Clerks. African Employees in the Making of Colonial Africa, Madison 2006, pp. 3–34, 10. 45 NAN BWI 37, E 1 g, Bd. 2, Bl. 3, Windhoek district commissioner Fromm to Secretary Bohr, 11.10.1911: “müssen die Hauptnationen nicht zusammengeworfen werden.” 46 NAN BWI 37, E 1 g, Bl. 28, Police to BA Windhuk, 10.6.1908. 47 NAN BWI 36, E 1 f, Report to BA Windhuk, 22.10.07.

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other hand Wandres lamented that the “Werftälteste [Franz] … is more often absorbed because of this [worldly] office.” 48 It was, as elsewhere in colonial Africa, received wisdom of the German “native administration” not to meddle in the internal affairs of Africans (without however legally defining them). Since the German “native commissioner” had orders to avoid direct intervention as far as possible, the foremen were made all the more important as it was up to them to settle disputes on “their” Werft and to assess when it was wise to involve the German officials. In this context, ǀHoesemab also met from time to time with the head of the “native division” of the governorate of GSWA, Kurt Streitwolf, to discuss matters generally relevant to “native policy” (Eingeborenenpolitik) in the colony. One issue of general interest and particular urgency for Windhoek’s Damara population was the question of reparation payments (or deliveries in kind) promised by the governorate for the losses in stocks during the Herero War (1904–7). During the war – or “rebellion” as the German contemporaries called it – the Damara had stayed “faithful” (treu) to their German overlords because the Germans had assured ǀHoesemab in 1904 and afterward that all stock losses would be replaced. More than this, the Damara were promised they would be given their “own place” outside Windhoek in !Keres for their herds. Vague assurances about political autonomy, whatever its meaning, were also given. However, after the war the Germans required all Africans to ask the governor (!) for authorization to own cattle or horses, which amounted to a de facto prohibition, as such a permit was only given under exceptional circumstances based on the “worthiness of the native.” Additionally, the reparations of the Damaras’ stock losses never occurred seriously, except for the delivery of a small number of goats that were distributed on his Werft by ǀHoesemab and Wandres in 1908. More goats were distributed in 1912, many of which died of scabies soon thereafter. ǀHosemab personally fared better. In 1909 he bought two head of cattle and asked afterward for the governor’s authorization (the process was supposed to be vice versa). 49 However, whereas their leader could hope to create a sizeable cattle herd over the next years, in 1913 most Damara were still waiting for compensation for their losses of almost ten years before. For them, many living in abject poverty and thus lacking the means to purchase livestock that would have improved their diet, it appeared, as some critical German witnesses also noted, that it did not matter anymore that they had stayed “faithful” to the Germans. They were politically and economically no better off than the former “rebels,” the Ovaherero and the Nama. Even colonial officials noted a “marked discontent” among the Damara. Some feared a new “rebellion.” 50 Franz ǀHoesemab was pressing the administration for more and healthier livestock for his people. But he was also not shy to express his disappointment with 48 AELCRN, C II.1.13, Wandres: remarks, 1908. 49 NAN BWI 36, E 1 e, Bl. 87, Governor to BA Windhuk, 19.6.1909; Bl. 90, Gouv to BA Windhuk, 10.6.1909. 50 NAN ZBU 2365, Geheimakten VII m, Bl. 5–7, G. Redecker to Governor, 12.5.1913.

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the Rhenish mission. This disappointment peaked after Wandres had been sent to Keetmanshoop and missionary Gustav Becker arrived as his replacement in 1911. Furthermore, in 1912 another mission teacher, Nowack, started working on the “Damara-Werft.” In both cases ǀHoesemab, who had been at the helm of the Damara community now for over ten years, had neither been consulted nor informed beforehand, a treatment that served as a reminder of his subordinate position in the mission hierarchy. It was, given ǀHoesemab’s standing in the community, an insult he was not to forget in the coming months. 51 On one occasion in late 1912, ǀHoesemab openly tested his power over Windhoek’s Damara population compared to that of missionary Becker and another foreman, Zedekia, who had “found 19 pots of beer in the Pontoks” of a smaller Werft in Klein-Windhoek, the consumption of which the Rhenish mission had prohibited for Christians. Zedekia informed Becker about this transgression, who then cancelled the sacrament, thus punishing more than just the disobedient Damara. Disappointed, the parishioners turned to ǀHoesemab who, eager to win over clientele, defended both the wrongdoers and those who had to suffer the consequences without having produced or consumed alcohol. He quarreled with Zedekia and reprimanded him, explicitly reminding Zedekia that he was only installed by the colonial administration while he, ǀHoesemab, was elected by the Damara. 52 Hoesemab was, given the broad support he enjoyed not only from “his” people but also from native commissioner Bohr, destined to win this conflict. Like other colonial officials, Bohr was not particularly well disposed toward missionaries, who caused, in his opinion, too much unnecessary perturbation with their strictures on the Werft. Bohr stood behind ǀHoesemab for the time being. From the state official’s point of view it was especially important to keep up good relations with an African leader who had proven his loyalty to the colonial government as well as his popularity among and influence with the population of Windhoek’s Werften. Without any doubt, during the negotiations about more substantial reparations – and most of all the proprietorship over !Keres – ǀHoesemab would otherwise have played a leading role. However, the year 1913 proved disastrous for him not only with regard to his relations to the Rhenish mission, but also in his standing with the German colonial administration. Franz ǀHoesemab, the self-confident, outspoken, well-dressed leader of “his Berg-Damara” became, for a colonial subject, too self-confident, too outspoken, too well-dressed. 53 As discontent had already been brewing for a time, the trouble began to break open due to a seemingly frivolous issue. Damara men, including ǀHoesemab, proudly wore top hats, especially when going to church on Sunday and during wedding ceremonies in Windhoek. In early 1913, the Rhenish missionaries, aware that these hats allegedly 51 Engel, Lothar: Kolonialismus und Nationalismus…, op. cit., p. 89. 52 AELCRN, V 36, Bl. 79 f., Gemeinde-Chronik, 1912. 53 A photograph of “Schulmeister Franz [ǀHoesemab] and [his] wife in Windhuk” is reprinted on the back cover of Hartmann, Wolfram (ed.): Hues Between Black and White. Historical Photography from Colonial Namibia, 1860s to 1915, Windhoek 2004 (from NAN photo archives, Nr. 13776; Nr. 28223).

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made the men the laughingstock of the white population, concluded at a conference to order their parishioners not to wear top hats. Still, despite Becker’s admonitions and repeated orders to the Damara church elders that Damara men must not wear top hats, younger men in particular continued to defy the order. When Becker was supposed to hold a wedding ceremony, he noticed that “all the young people came with top hats, while usually only two or three or only the bridegroom came with top hats. This was open resistance.” 54 In their interpretations of this “top-hat episode,” historians differ: Lothar Engel sees a confrontation between colonial-missionary demands for obedience and counter-demands for “Damara independence,” for which the top hat served as “symbol” indicating the possibility of equality with the white population.55 Rather than simply intending to “upset Becker,” Philipp Prein emphasizes the generational conflict between Damara elders and the young men: On the one hand, young men used the hats as a “means of expressing social achievement and prestige,” (after all: they afforded the top hats), signifying “upward mobility . . . in defiance of elderly authority.” On the other hand, “perhaps Damara youth ridiculed [the] acquaintance and acceptance of colonial norms” by their elders as expressed by their wearing of top hats – but only until the missionary master ordered them to stop mimicking the Germans. 56 Missionary Becker himself did not give much consideration to the generational aspect of this dispute. He assumed, based on his static understanding of “African” society, that the youth would never act without the consent of the elders. He focused instead on the challenge to his and the mission’s authority. Was this dispute a sign not only that he was losing influence, but that the Damara congregation might secede from the Rhenish mission? Becker put the responsibility for this “open resistance” squarely on ǀHoesemab, who gained the support of both the elders and the young after he involved the state administration in this dispute with the missionary. ǀHoesemab asked the native commissioner for permission to wear top hats and Bohr assured him, much to the chagrin of Becker, that nobody was allowed to forbid them to do so. Again the state official, after being actively involved by ǀHoesemab, was protecting the foreman against the insinuations of the mission. Becker and the other missionaries of the Rhenish mission, however, concluded that the conduct of ǀHoesemab was unacceptable. Despite a meeting in April 1913 of the Damara elders with Becker and missionary J. Olpp, at which the former (including ǀHoesemab) grudgingly accepted that nobody wearing a top hat would be admitted to a church service, Franz ǀHoesemab was dismissed from his position as mission teacher and preacher in the Damara parish on April 29. Formally, he was accused of having illegitimate children; “sodomy” was considered incompatible with his position in the congregation. Missionary Olpp explained 54 Report Becker, 23.9.1913, quoted in Prein, Philipp: Guns and Top Hats. African Resistance in German South West Africa, 1907–1915, in: Journal of Southern African Studies, no. 1, Abingdon 1994, pp. 99–121, 118. 55 Engel, Lothar: Kolonialismus und Nationalismus…, op. cit., p. 90. 56 Prein, Philipp: Guns and Top Hats…, op. cit., p. 118.

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ǀHoesemab’s disobedient behavior by virtue of his “tribal” origin: “Franz is typical for his people, a former slave people.” He argued that “Bergdamara” were not used to liberty and power, circumstances that made them “cheeky and cocky.” 57 In early May 1913 the Rhenish mission tried to convince the colonial government that ǀHoesemab, given his political capabilities and oratory skills, was a “political danger” to the colony and should therefore also be dismissed as foreman of the Damarawerft. A high-ranking colonial official, Gustav Redecker, who was himself born in Otjimbingwe and was considered an expert on “native affairs,” agreed that ǀHoesemab was a “megalomanic,” but this, Redecker argued, was due to ǀHoesemab’s “false treatment at the hands of us whites.” Like the head of the “native department” of the governorate, Streitwolf, he rejected the demands of the Rhenish mission to dismiss ǀHoesemab from his foremanship (“a political mistake”). 58 Emboldened by this seeming neutrality of the colonial administration in the dispute between him and the missionaries, ǀHoesemab went a step further in his defiance of the Rhenish mission by opening a decolonial perspective for his parish: prohibiting his people from attending the mission school and the mission church, ǀHoesemab himself “continued to preach and teach. In the middle of 1913 he . . . formally reclaimed his offices by founding his own independent church and school. The majority of Damara followed Franz.” 59 The colonial state in the person of Native Commissioner Bohr still refused to intervene since ǀHoesemab gave no indication of disloyalty toward the German colonial government. Missionary Becker complained of ǀHoesemab’s “arrogance.” He described the year 1913 as absorbed by the dispute with schoolmaster Franz ǀHoesemab. He is a highly gifted, towering spirit, the mission has appointed him as a schoolmaster and deputy church leader; the government made him foreman on the Werft, the whole Bergdamara people, even beyond Windhoek, recognized him as an authority, he was flattered by many whites and asked for his influence in their favor. This was too much for a Bergdamara,” who “felt like a captain elected by his entire people. Evidently Becker complained extensively about the lack of support from the government in the affair. He considered Native Commissioner Bohr “fickle,” letting ǀHoesemab “get him down.” The governor’s decision not to dismiss ǀHoesemab was, according to Becker, “resented by White and Black.” Worse still for the Lutheran, the “Romans” (Windhoek’s Catholic missionaries) “endeavored” to win over ǀHoesemab. They hoped to use his influence, which reached far beyond Windhoek, for their own missionary activity. 60 On the other hand, in June 1913 Native Commissioner Bohr – after the matter had been discussed in the Territorial Council (Landesrat) – showed that he was convinced of the “person of the much57 58 59 60

Quot. in: Engel, Lothar: Kolonialismus und Nationalismus…, op. cit., p. 90. NAN ZBU 2365, Geheimakten – VII m, Bl. 5–7, Redecker to Governor, 12.5.1913. Prein, Philipp: Guns and Top Hats…, op. cit., p. 119. AELCRN, V 36, Bl. 79–82, Gemeinde-Chronik,1913; cf. Oermann, Nils-Ole: Mission, State…, op. cit., p. 164.

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named foreman Franz,” whom, he argued, the authorities should “bolster up as a foreman.” This seemed advantageous to him because ǀHoesemab “in full accordance with his so-called Werft council had indicated to the missionary [Becker] for the Nama-speakers that interference in pure tribal matters by him is not welcome anymore.” ǀHoesemab wanted to negotiate only with the government. Bohr was pleased because without the “interference of the mission” the government’s measures (such as compulsory vaccination and the examination of sexually transmitted diseases) would be much easier to conduct. 61 However, when ǀHoesemab became politically active during several trips to Usakos and Karibib, where he allegedly called for the appointment of chiefs in accordance with traditional customs, the government intervened based on renewed advice from the Rhenish mission. In the settler community, concerns were raised about another “rebellion,” potentially led by ǀHoesemab. Governor Seitz dismissed the troublemaker in November 1913 as Werft foreman. Furthermore, he was relegated to Lüderitz for two years for “political reasons”; even banishment to Cameroon had been contemplated. 62 His family was “taken care of. Franz blames the mission for his misfortune.” Despite the relief about Franz’s deposition, the missionaries deplored the reluctance of the Damara to return to church services. An increase in “drinking, dancing, and fornication” on the Werft, which led to the deposition of two church elders, was, according to Becker, still due to ǀHoesemab’s influence. In August 1915, ǀHoesemab returned to Windhoek after the German surrender to the South African troops and was “soon appointed by the South Africans as a Werft foreman.” In 1918 he returned for the first time to Becker’s church services, but he was again dismissed in 1919 and expelled from Windhoek to Okatimba because he was involved in controversies over dominance in the Damara Werft. 63 In 1923 ǀHoesemab resigned from the “evangelical mission” and lived, as the congregation register recorded, “in adultery,” but, confessing all his transgressions and paying all outstanding fees, he was readmitted in 1932. In 1933 ǀHoesemab lost an election for the Damara chieftainship, organized by the South African colonial authorities, but they still appointed him to the position of “Chief of Windhoek Bergdamarawerft.” 64 Over the course of forty-odd years, Franz ǀHosemab used the opportunities and skills offered to him as a talented mission pupil and later as an efficient church and government administrator. Clearly profiting economically and politically from the colonial system, he gave, on the one hand, “the impression of a collaborative headman.” 65 As a skilled tactician, he recognized the tensions within the colonial fabric – between administrative levels and between the two missions 61 NAN ZBU 2365, Geheimakten – VII m, BA Windhuk to Governor, 30.6.1913; Bl. 26 f., report. 62 NAN ZBU 162, A VI a 8, Bl. 89, Annual Report Native Commissioner Windhoek, 31.3.1914; cf. Oermann, Nils-Ole: Mission, State…, op. cit., pp. 164–165. 63 AELCRN, V 36, Bl. 83, Gemeinde-Chronik, 1915; Bl. 92, Gemeinde-Chronik 1919; Engel, Lothar: Kolonialismus und Nationalismus…, op. cit., p. 100. 64 AELCRN, VI 36.2, Bl. 144, Taufverzeichnis, Nr.68/69; V 36, Bl. 133 f., Chronik, 1933. 65 Prein, Philipp: Guns and Top Hats… op. cit., p. 119.

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– and he knew how to exploit them for his own benefit and that of the people who put their trust in him. He stood at the “relay point between colonial state and colonized society” and, because of his knowledge of the German administration as a “middleman,” he kept “a foot in each of the two camps.” 66 “Segregation as a technique of rule” opened for him the opportunity to take a position at the top of at least a part of the African population of Windhoek, which he would never have reached without the colonial state. On the other hand, the same abilities that determined his rise in the new colonial hierarchies for Africans precipitated his fall. As Nils-Ole Oermann argues about the “case of Franz Hoesemab,” the Rhenish mission “had opened Pandora’s box”: by teaching African children and youth and educating young evangelists, the mission created a “new local elite” that it was, however, unable to permanently control. The former pupils could turn against their teachers when they felt unfairly treated. The power position this “new elite” reached due to its mission education could then be used against the mission itself and help, for example, ǀHoesemab “to dissociate himself from the [Rhenish mission]. A mission dispute turned into a political affair.” 67 The “case of Franz Hoesemab” is once more an example that “resistance and collaboration” are to be seen “as rational, alternative strategies to Africans trying to defend their interests.” 68 A decolonial perspective emerged in 1913, as ǀHoesemab’s opponent, Becker, recognized when he lamented the Damaras’ “open resistance” under the leadership of ǀHoesemab, making possible even his independent church services and finally culminating in calls for renewed chieftaincies. 69 The First World War opened a few new political opportunities in this respect. ǀHoesemab seized them immediately upon his return, trying to resume his old power position and participating in elections for chiefs. Other former mission pupils and evangelists and African mission teachers would continue his quest for greater independence from the mission institutions. 70

66 Osterhammel, Jürgen: Kolonialismus…, op. cit., p. 74. 67 Oermann, Nils-Ole: Mission, State…, op. cit., p. 162. 68 Walraven, K. v./Abbink, J.: Rethinking Resistance in African History. An Introduction, in: idem (eds.): Rethinking Resistance. Revolt and Violence in African History, Leiden 2003, pp. 1–40, 2. 69 Report Becker, 23.9.1913, quoted in Prein, Philipp: Guns and Top Hats…, op. cit., p. 118. 70 Cf. Engel, Lothar: Die Rheinische Missionsgesellschaft und die deutsche Kolonialherrschaft in Südwestafrika 1884–1915, in: Bade, Klaus (ed.): Imperialismus und Kolonialmission. Kaiserliches Deutschland und koloniales Imperium, 2nd edition, Wiesbaden 1984, p. 142–164, 161–162; Sundermeier, Theo: Wir aber suchten Gemeinschaft. Kirchwerdung und Kirchenspaltung in Südwestafrika, Witten 1973.

AUTORENVERZEICHNIS Kodzo Abotsi, Doktorand am Département d’Allemand an der Université de Lomé, Togo. Prof. Dr. Jules Kouassi Adja, Université Alassane Ouattara/Bouaké, Département d’Etudes Germaniques, Côte d’Ivoire. Dr. Joseph B. Bangura, Postdoctoral Fellow an der Theologischen Fakultät der North-West University, Potchefstroom, Südafrika. Prof. Dr. Andreas Feldtkeller, Professor für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Vincent P. Gucha, Doktorand am Institut für Ökumenische Theologie und Orientalische Kirchen- und Missionsgeschichte der Universität Göttingen. Dr. Hans F. Heese, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung Geschichte, Universität Stellenbosch, Südafrika. Ullrich Relebogilwe Kleinhempel, Evangelischer Pfarrer, Religionswissenschaftler, tätig im Schuldienst, Fürth/Schweinfurt. Prof. Dr. Klaus Koschorke, Professor Emeritus für ältere und weltweite Christentumsgeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität München; Visiting-Professor an der Hope University Liverpool, Großbritannien. Prof. Dr. Dr. Frieder Ludwig, Professor für Globale Studien und Religion an der VID Specialized University in Stavanger, Norwegen. Dr. C. S. Mohanavelu, independent Post-doctoral Researcher, Chennai, Indien. Jayabalan Murthy, Reverent candidate in Tamil Evangelical Lutheran Church, Chennai, Indien. Prof. Dr. Blateiskhem Nongbri, Associate Professor, Department of History of Christianity and Missiology at John Roberts Theological College, Shillong, Indien. Prof. Dr. Gabriel K. Nzalayaimisi, Sokoine University of Agriculture, Department of Agricultural Extension and Community Development, Morogoro, Tanzania. Prof. Dr. Adjaï Paulin Oloukpona-Yinnon, Professor Emeritus für deutsche Literatur an der Université de Lomé, Togo. Prof. Dr. Gunther Pakendorf, Associate Professor Emeritus an der School of Languages and Literatures der Universität Kapstadt; Extraordinary Associate

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Autorenverzeichnis

Professor am Department of Modern Foreign Languages, Universität Stellenbosch, Südafrika. Dr. Christian Pohl, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Bayreuth. Dr. Francisca Selvanayagam, Research Director St. Ignatius College of Education, Tirunelveli, Indien. Dr. Harald Sippel, Privatdozent an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Martin Tamcke, Professor für Ökumenische Theologie unter besonderer Berücksichtigung der Orientalischen Kirchen- und Missionsgeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen. Prof. Dr. Dr. Ulrich van der Heyden PhD, Visiting-Professor an der University of South Africa, Pretoria; wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Dr. Helge Wendt, Research Scholar am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Prof. Dr. Dotsé Yigbe, Professor für Germanistik, allgemeine und vergleichende Literatur; Prodekan der sprach- und literarturwissenschaftlichen Fakultät, Université de Lomé, Togo. Dr. Jakob Zollmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center for Global Constitutionalism des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung.

Der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 war nicht nur ein globales Ereignis aus militärhistorischer Perspektive, sondern hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die protestantischen und katholischen Missionsgesellschaften in den Kolonien in Afrika und auf dem indischen Subkontinent. Vielerorts übernahmen „Einheimische“ verantwortungsvolle Positionen und eine „Nationalisierung“ der Kirchenorganisationen fand statt. Das leitete den weltweiten Dekolonisationsprozess im globalen Süden mit ein. Die Autorinnen und Autoren untersu-

ISBN 978-3-515-12070-8

9 783515 120708

chen den Ersten Weltkrieg als Teil einer langen Übergangszeit und betrachten die Mission im Kontext von Politik, Krieg und dem Frieden von Versailles. Die durch den Weltkrieg geänderten Sichtweisen und die Auswirkungen des Krieges auf Individuen werden ebenfalls herausgearbeitet. So wird der Fokus auf die langen Krisen- oder Umbruchzeiten gelegt und Abweichungen im Bewusstsein, der Organisation und der Tätigkeiten der handelnden Gruppen dargestellt.

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