Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41 3515135189, 9783515135184

Dieser Band enthält Beiträge zur Geschichte der Homöopathie und beleuchtet diese aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Zun

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German Pages 157 [162] Year 2023

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Nena Židov: Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg
Heike Gypser: Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA
Marion Baschin: Necessity Meets Commerce
Josef M. Schmidt: Die Homöopathie im Lichte ihrer antiken sozioökonomischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln
Silvia Waisse: Epistemological Frameworks of Homeopathy
Thilo Schlott / Melanie Schlott: Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin und seiner Ehefrau Sophie an den Homöopathen Samuel Hahnemann aus dem Jahr 1831
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Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41
 3515135189, 9783515135184

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Medizin, Gesellschaft und Geschichte

41 Franz Steiner Verlag

Medizin, Gesellschaft und Geschichte Jahrbuch des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung Gegründet von: Prof. Dr. Dr. h. c. Robert Jütte Herausgeberin: Dr. Marion Baschin Redaktion: Dr. Pierre Pfütsch Lektorat: Oliver Hebestreit, M.A. Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung Straußweg 17 D–70184 Stuttgart https://www.steiner-verlag.de/brand/Medizin-Gesellschaft-und-Geschichte

MEDIZIN, GESELLSCHAFT UND GESCHICHTE Jahrbuch des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung Band 41 (2023)

Franz Steiner Verlag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2023 www.steiner-verlag.de Layout und Herstellung durch den Verlag ab 02/2026: CC-BY-NC-ND Druck: Memminger MedienCentrum, Memmingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISSN 0939-351x ISBN 978-3-515-13518-4 (Print) ISBN 978-3-515-13527-6 (E-Book) https://doi.org/10.25162/9783515135276

Inhalt

MARION BASCHIN

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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NENA ŽIDOV

Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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HEIKE GYPSER

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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MARION BASCHIN

Necessity Meets Commerce

Wartime Homeopathy Kits as Historical Object Sources . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 JOSEF M. SCHMIDT

Die Homöopathie im Lichte ihrer antiken sozioökonomischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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SILVIA WAISSE

Epistemological Frameworks of Homeopathy

A Historical Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 THILO SCHLOTT / MELANIE SCHLOTT

Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin und seiner Ehefrau Sophie an den Homöopathen Samuel Hahnemann aus dem Jahr 1831 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Editorial

Die Betreuung und Herausgabe einer wissenschaftlichen Zeitschrift lässt sich nicht immer bis ins Detail planen. Nahezu drei Jahre lang hielt die Corona-Pandemie die Welt in Atem. Viele Forschungsarbeiten hat sie aufgrund langer Zeit geschlossener Archive und Bibliotheken verzögert oder gänzlich unmöglich gemacht. Veranstaltungen, auf denen Ergebnisse präsentiert werden konnten, fanden zunächst kaum, später vor allem im virtuellen Bereich statt. Es mag sein, dass diese Ereignisse dazu beigetragen haben, dass derzeit weniger Publikationen vorliegen bzw. Projekte nicht so weit gediehen sind, dass man in einem Aufsatz auf Teilergebnisse aufmerksam machen kann. Unabhängig von diesen Überlegungen bleibt es für eine Redaktion in jedem Fall eine spannende Frage, wie viele Zusendungen und Vorschläge wohl im Verlauf der Vorbereitungszeit eines jährlich erscheinenden Bandes eingehen. Für die aktuelle Ausgabe unserer Zeitschrift ergab sich die etwas überraschende Situation, dass keine geeigneten Beiträge zu der traditionell enthaltenen Rubrik „Sozial­ geschichte der Medizin“ zur Begutachtung eingereicht wurden. Das ist sehr bedauerlich, zumal Medizin, Gesellschaft und Geschichte als ein Medium konzipiert ist, in dem zwar die Geschichte komplementärer Heilweisen sowie des Pluralismus in der Medizin eine besondere Stellung einnimmt, doch diese zugleich in den Kontext allgemeiner medizinhistorischer Forschung eingebettet werden soll. Wir werben daher mit dem aktuellen Band dafür, für diesen Bereich Aufsätze einzureichen, und freuen uns auf Vorschläge. Der 41. Band der Reihe enthält sechs Beiträge, die sich alle mit historischen Entwicklungen der Homöopathie befassen. Das Spektrum ist jedoch sehr breit: Der Professionalisierung der Homöopathie bzw. deren Ausübung in der Praxis von Wundärzten und Ärzten in Slowenien bis zum Zweiten Weltkrieg geht Nena Židov nach. Mit pharmaziehistorischen Aspekten befassen sich Heike Gypser und Marion Baschin. Heike Gypser untersucht in vergleichender Perspektive die Entwicklung zweier Firmen, die sich als Großhersteller homöopathischer Wirkstoffe etablierten. Die Namen Schwabe sowie Boericke  & Tafel sind bis heute ein Begriff. Der Inhalt des Beitrags zu homöopathischen Kriegstaschenapotheken von Marion Baschin wurde anlässlich der bereits 2019 stattgefundenen Tagung des International Network for the History of

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Editorial

Homeopathy als Referat vorgetragen. Auf Bitten der damaligen Teilnehmenden wird nun diese englische Version publiziert, nachdem der deutsche Text bereits in der Zeitschrift Virus erschienen war. Josef M. Schmidt und Silvia Waisse widmen sich geistesgeschichtlichen und epistemiologischen Gesichtspunkten. Josef M. Schmidt hat seinen Vortrag, der auf dem 169. Deutschen Ärztekongress für Homöopathie 2021 in Weimar gehalten wurde, verschriftlicht, wobei der Vortragsstil beibehalten wurde. Silvia Waisse befasst sich mit dem Entstehen verschiedener Ansätze homöopathischer Theorie und Praxis. Neben den Ansätzen von Samuel Hahnemann und James Kent geht sie auch auf die Arbeiten späterer Autoren wie Anton Nebel und Hans-Heinrich Reckeweg ein. Außerdem setzen Melanie und Thilo Schlott die begonnene Editionsarbeit von Patientenbriefen aus dem Bestand B des Homöopathie-Archivs fort. Ergänzend zu dem 2022 erschienenen Werk über „Biedermeierliche Krankheitsbewältigung“ in der Reihe „Quellen und Studien zur Homöopathiegeschichte“ werden die noch nicht bearbeiteten Briefe der Familie des Grafen Georg Friedrich von Dürckheim-Montmartin vorgelegt und stehen somit für weitere Auswertungen zur Verfügung. Stuttgart, im April 2023

Marion Baschin



Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg



NENA ŽIDOV Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41, 2023, 9–24

The Role of Homeopathy among Surgeons and Physicians in Slovenia before World War II Abstract: First records of homeopathy and its founder Hahnemann appeared in the area of present-­

day Slovenia in the 1820s and records of first practitioners go back to at least the 1830s. In the 19th and at the beginning of the 20th century homeopathy was practiced in Slovenia by surgeons and physicians but also by lay homeopaths with aristocratic, bourgeois, clerical and other backgrounds. They treated humans as well as domestic animals. This article presents surgeons and physicians who practiced homeopathy up until World War II. Some of them combined homeopathic treatment with the official medicine, but with some of them it is not clear whether they only studied homeopathy or also practiced it. Only very few of them used only homeopathy. Most homeopathic surgeons and physicians lived in larger cities; both the supporters of homeopathy and patients who could not be helped by the official medicine turned to them for help. They were often criticized by the physicians and pharmacists. Homeopathy was important during the cholera epidemics. After World War I interest in homeopathy began to decline, however some physicians retained their homeo­pathic knowledge and used it to treat patients between the two World Wars, too. Interest in homeopathy was revived among physicians in Slovenia in the 1980s.

Einführung

Seit 2011 dürfen Apotheken in Slowenien (wieder) homöopathische Arzneimittel verkaufen. Die Verfahren zur Erlangung der Genehmigung waren langwierig, was nach Ansicht einer Vertreterin der slowenischen Arzneimittelbehörde (Agentur für Arzneimittel und Medizinprodukte der Republik Slowenien) darauf zurückzuführen sei, dass die Homöopathie in Slowenien keine Tradition habe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine der ersten Erwähnungen der Homöopathie findet sich im Jahr 1822 in der

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Nena Židov

deutschsprachigen Laibacher Zeitung1, die von 1778 bis 1918 in Ljubljana erschien. Sie brachte offizielle Regierungsmitteilungen und aktuelle Nachrichten aus dem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben. Erwähnungen von Hahnemann und der Homöopathie finden sich in den Folgejahren auch im Intelligenzblatt und im Illyrischen Blatt, die als Beilage zur Laibacher Zeitung erschienen. Über den Stand der Homöopathie im Gebiet des heutigen Slowenien in den 1830er Jahren berichtet Joseph Attomyr in seinem ersten und zweiten Brief in der Broschüre „Briefe über Homöopathie“.2 Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde Hahnemanns Heilmethode in Slowenien von Wundärzten und Ärzten, aber auch von Laienhomöopathen aus dem Adel, dem Bürgertum, dem Klerus und einigen anderen praktiziert. Sie behandelten sowohl Menschen als auch Haustiere. Unter den Adligen sind die Baronin Maria Wambolt (1848–1915) von der Burg Hopfenbach (slow. Hmeljnik) zu erwähnen, die die umliegende Bauernbevölkerung3 und ihre Schweine4 mit Homöopathie therapierte, und die spiritistische Baronin Adelma von Vay (1840–1925), die Magnetismus und Homöopathie zur Behandlung von Menschen einsetzte5. Bis zum Ersten Weltkrieg befassten sich auch zahlreiche Priester mit der Heilweise.6 Die meisten Wundärzte und Ärzte, die Homöopathie praktizierten, stammten aus dem Gebiet des heutigen Slowenien, einige waren dorthin eingewandert. In dem Zeitraum, in dem beide Berufsgruppen gleichzeitig tätig waren, werden Wundärzte in manchen Quellen als Ärzte bezeichnet. Zumindest einige Wundärzte und Ärzte begannen bereits in den 1830er Jahren, sich mit der Homöopathie vertraut zu machen und sie zu praktizieren. Schwierigkeiten bereiteten sie Fran Viljem Lipič (1799–1845), der zwischen 1823 und 1833 als Arzt in Ljubljana tätig war und unter anderem die Tätigkeit des medizinischen Personals überwachte. Er stellte fest, dass es für nicht wohlhabende private Wundärzte und Ärzte schwierig sei, über längere Zeit in Ljubljana über die Runden zu kommen, während es homöopathische Ärzte viel einfacher hätten.7 Neben Lipič sprachen sich damals auch einige andere Ärzte in Ljubljana gegen die Homöopathie aus, beispielsweise Ivan Zhuber, der Chefarzt des Krankenhauses von Ljubljana, und der Protomedicus Janez Schneditz.8 Im Jahr 1819 waren homöopathische Behandlungen im gesamten österreichischen Kaiserreich, zu dem auch Slowenien gehörte, zwar verboten worden, doch einige Wundärzte, Ärzte und Laienhomöopathen hielten sich nicht an die Verordnung.9

1  Laibacher Zeitung (1822), Nr. 61, S. 261. 2  Attomyr (1833/1998). 3  Židov: Baronica Maria Wambolt (2007). 4  Židov (2006); Židov: Homöopathische Behandlung (2007). 5  Židov (2015), S. 147–150. 6  Židov (2013). 7  Lipič (1834/2003), S. 303. 8  Luka Pintar (1909), S. 558; Borisov (1977), S. 237. 9  Attomyr (1833/1998), S. 9 f.

Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg

Während der Cholera-Epidemien von 1831 und 1836 erwies sich die Homöopathie als wirksamer als die damalige Schulmedizin, weshalb Kaiser Ferdinand I. von Österreich (1793–1875) das Verbot im Jahr 1837 aufhob, so dass Wundärzte und Ärzte nun (auch) mit Homöopathie behandeln durften. Es scheint, dass die Heilmethode in Slowenien nach dem Ersten Weltkrieg an Bedeutung verlor, worauf sie nach dem Zweiten Weltkrieg im Niedergang begriffen war und die Erinnerung an ihre Präsenz allmählich verblasste. In den 1980er Jahren wurde sie von Laien und Ärzten als eine der Methoden der Komplementärmedizin wiederentdeckt. In diesem Artikel werden die bisher gesammelten Informationen über Wundärzte und Ärzte vorgestellt, die im Gebiet des heutigen Slowenien bis zum Zweiten Weltkrieg ausschließlich oder zusätzlich mit Homöopathie behandelten. Bei einigen ist unklar, ob sie Homöopathie praktizierten oder nur ihre Wirkungsweise studierten. Die Informationen zu den hier behandelten Wundärzten und Ärzten sind nicht einheitlich, da über manche von ihnen umfangreichere biographische und weitere Angaben vorliegen, während andere nur spärlich erwähnt wurden. Die Präsenz der Homöopathie unter den beiden Berufsgruppen im Gebiet des heutigen Slowenien wird durch verschiedene Quellen belegt: erhaltene homöopathische Apotheken und Nachlässe von Personen10, die Homöopathie praktizierten, Erwähnungen der Homöopathie und von Homöopathen in Zeitungen und Werbeanzeigen, Archivquellen, erhaltene homöopathische Handbücher sowie Hinweise in der Literatur. Bei der Erforschung der Geschichte von Hahnemanns Heilweise in Slowenien ist zu berücksichtigen, dass das Land im Zeitraum 1804–1867 zum österreichischen Kaiserreich, 1867–1918 zu Österreich-Ungarn und in der Zeit zwischen beiden Weltkriegen zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, 1929 umbenannt in Königreich Jugoslawien, gehörte. Der Artikel stellt den ersten Versuch dar, die Rolle der Homöopathie unter Wundärzten und Ärzten zu skizzieren, die vor dem Zweiten Weltkrieg im Gebiet des heutigen Slowe­nien tätig waren. Damit sind nachfolgende Ausführungen ein Baustein einer Geschichte der Homöopathie in Slowenien. Ausbildung

Im Jahr 1782 wurde in Ljubljana ein medico-chirurgisches Lyzeum gegründet, in dem Wundärzte hauptsächlich in deutscher Sprache ausgebildet wurden. Im Jahr 1850 schloss man das Lyzeum. Bis 1863 wurden Wundärzte dann zumeist an der Grazer Chirurgenschule ausgebildet, die in diesem Jahr aufgelöst und in eine Fakultät umbenannt wurde.11 Die meisten der im Gebiet des heutigen Slowenien tätigen homöopathischen 10  Mehrere

homöopathische Hausapotheken und den Nachlass des homöopathischen Priesters Daniel Terček (1819–1887) verwahrt das Nationalmuseum Sloweniens. 11  Borisov (1977), S. 188, 222, 297.

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Nena Židov

Ärzte hatten Medizin in Wien, Graz, Padua oder Prag studiert. Eine vollständige medizinische Fakultät in Ljubljana wurde erst 1945 gegründet. Zuverlässige Informationen über die Wissensquellen der in Slowenien tätigen Wundärzte und Ärzte liegen nicht vor, aber es ist anzunehmen, dass manche während ihres Studiums mit der Homöopathie in Berührung kamen. Im Zeitraum 1882–1916 gab es sogar Stipendien für das Medizinstudium in Wien unter der Bedingung, dass sich die Studenten zusätzlich mit Homöopathie vertraut machen. Gegründet wurde der Stipendienfonds von Pavel Varaun [auch Waraun, Varavn, Varaven] (1824–1882), dem bekanntesten Wundarzt und Homöopathen des Landesteils Unterkrain (Dolenjska), geboren in Kärnten. Er besuchte die medico-chirurgische Anstalt in Ljubljana und lebte dann in Škocjan in Unterkrain. Man bezeichnete ihn auch als Arzt12, in seinem Zuhause bürgerte sich der Name „Doktor“ oder „Beim Heilpraktiker“ (Pri padarju) ein13. Es kamen zahlreiche Patienten aus ganz Slowenien und auch aus dem benachbarten Kroatien zu ihm, manchmal so viele, dass er auch nachts arbeitete.14 Varaun gründete neben dem Stipendienfonds für Medizin- und Homöopathiestudenten auch einen Fonds für Gymnasiasten.15 In seinem Testament schrieb er als großer Befürworter der Homöopathie, dass die Stipendien für arme Studenten, vor allem aus bäuerlichen Familien des Pfarrbezirks Škocjan, bestimmt seien, die an der medizinischen Fakultät in Wien studierten und sich auch der Homöopathie widmeten. Wenn es keine Bewerber aus der Gemeinde Škocjan gab, konnten sich auch Studenten aus dem Gebiet von Krško und dem ganzen Kronland Krain bewerben. Die Stipendiaten mussten sich verpflichten, nach Abschluss ihres Medizinstudiums mindestens fünf Jahre lang im Lande Krain, und zwar außerhalb der Stadt Laibach (Ljubljana), zu praktizieren. Die erste Stipendienausschreibung wurde 1882 veröffentlicht und die letzte bekannte Ausschreibung war für das Studienjahr 1916/17 bestimmt. Die Stipendien wurden von der Krainer Landesregierung vergeben16, die Anzahl der Stipendiaten ist jedoch leider nicht bekannt. Zweifellos bezogen auch die in Slowenien als Homöopathen tätigen Wundärzte und Ärzte ihr Wissen aus diverser homöopathischer Literatur.17 Anzeigen in Zeitungen belegen, dass einige Buchhandlungen in größeren Städten im 19. Jahrhundert vor allem deutschsprachige homöopathische Bücher führten. Auch homöopathische Fachzeitschriften dienten als Wissensquelle. So sind beispielsweise im Jahre 1855 Hummel (pensionierter Oberarzt in Laibach/Ljubljana), Kočevar (Arzt in Cilli/Celje), [ Josip] 12  Skubic (1903). 13  Ložar (1991), S. 150. 14  Trdina (1987), S. 433 f. 15  Bohinjec (1911), S. 99; Ribnikar (1999), S. 14. 16  Žužek (2009), S. 18. 17  Viele Bücher über Homöopathie befinden sich zum Beispiel in der Bibliothek des Franziskanerklosters

in Novo mesto, einige Exemplare aus dem 19. Jahrhundert besitzt auch die National- und Universitätsbibliothek in Ljubljana.

Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg

Mader (Arzt in Laibach/Ljubljana), Papež (Bezirksarzt in Neustadt/Novo mesto) und Jüttner (Arzt in Marburg/Maribor) sowie Kos (pensionierter Kreiswundarzt in Laibach/Ljubljana) unter den neuen Abonnenten der in Leipzig erschienenen Allgemeinen Homöopathischen Zeitung aufgeführt.18 Da die meisten homöopathischen Bücher und Zeitschriften deutschsprachig waren, konnten sich vor allem diejenigen mit der Heilmethode befassen, die der deutschen Sprache mächtig waren – dies wiederum waren Gebildete. In den späten 1870er Jahren übersetzte Anton Kobencl (?–1880) das Handbuch von Arthur Lutze (1823–1900) aus dem Deutschen und passte es für homöopathische Laien an, wobei aber nicht bekannt ist, ob seine Übersetzung auch gedruckt wurde.19

Versorgung mit Arzneimitteln

Zuverlässige Informationen darüber, woher die im Gebiet des heutigen Slowenien tätigen Wundärzte und Ärzte homöopathische Arzneimittel bezogen, liegen nicht vor. Jedenfalls aber ist bekannt, dass sie ab 1837, als die Homöopathie zugelassen wurde, in den Apotheken der größeren slowenischen Städte gekauft werden konnten, wovon Werbeanzeigen von Apotheken zeugen, die Einzel- oder Komplexmittel für verschiedene Zwecke (z. B. Reise- und Hausapotheken) anboten. Einige unter ihnen stellten homöopathische Mittel auch selbst her. Diese durften zunächst nur von Apotheken abgegeben werden. Höchstwahrscheinlich bezogen Homöopathen Arzneimittel und Hausapotheken auch aus dem Ausland. Die Situation änderte sich 1845, als ein kaiserlicher Erlass Wundärzten und Ärzten, die ausschließlich homöopathisch behandelten, erlaubte, kostenlose homöopathische Mittel zuzubereiten und abzugeben, wobei sie die Urtinkturen in Apotheken kaufen mussten.20 Konkreter wurde die Abgabe homöopathischer Arzneimittel durch eine Verordnung des österreichischen Innenministeriums von 1887 geregelt, wonach Wundärzte und Ärzte, die nur mit Homöopathie behandelten sowie die Verdünnungs- und Potenzierungsregeln befolgten, entsprechende Mittel den Patienten überlassen durften. Die Urtinkturen und Präparate, die zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel benötigt wurden, durften sie jedoch nicht von ausländischen Apotheken beziehen. Sie mussten unterschriebene Rezepte mit Angabe der Person, an die die Arzneimittel ausgegeben wurden, sowie der Art und Potenz der Medikamente verwahren. Die homöopathischen Hausapotheken der Wundärzte und

18  Allgemeine Homöopathische Zeitung 49 (1855), H. 12, S. 96, online unter https://books.google.si/books

?id=oy1YAAAAMAAJ&pg=PA89&lr=&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=3#v=onepage&q=Anmeldun gen&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 19  Soča 9 (1879), Nr. 5, S. 2; Edinost 5 (1880), Nr. 26, S. 1. 20  Deželni vladni list za kranjsko vojvodino, pervi razdelek [Landes-Regierungsblatt für das Herzogthum Krain, erster Abschnitt] 9 (1857), Nr. 187, S. 375 f.

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Nena Židov

Ärzte wurden von Amtsärzten beaufsichtigt und es wurde ein Verzeichnis der Anzahl an Homöopathen geführt.21 Als Wundärzte und Ärzte, die sich mit Homöopathie befassten, homöopathische Arzneimittel selbst herstellen durften, boten ihnen einige Apotheken Urtinkturen zu günstigen Preisen an.22 Um 1880 begann France Šumi, ein bekannter Süßwarenproduzent in Ljubljana, mit der Herstellung von homöopathischen Globuli bzw. Kügelchen für den Bedarf der Wundärzte und Ärzte, die homöopathische Mittel selbst zubereiteten. Den Werbeanzeigen nach zu urteilen stellte er sie zumindest noch Anfang der 1890er Jahre her.23 Auch nach dem Apothekengesetz von 1906 durften Ärzte, die ausschließlich mit Homöopathie behandelten, Hausarztapotheken haben. Die Urtinkturen mussten aus inländischen öffentlichen Apotheken bezogen und dem Kunden ein detailliertes Rezept gegeben werden.24 Trotz des nachlassenden Interesses an der Homöopathie in der Zeit zwischen beiden Weltkriegen ist aus Zeitungsanzeigen zu ersehen, dass einige Apotheken noch in den 1920er und 1930er Jahren homöopathische Mittel führten, beispielsweise die Trnkoczy-Apotheke (die diese Mittel auch herstellte) und die Apotheke von Gvido Bakarčič in Ljubljana sowie die „Apotheke zum Adler“ („Lekarna pri Orlu“) in Maribor. Erhaltene Rechnungen dokumentieren den Verkauf homöopathischer Arzneimittel im Jahr 1931 in der Apotheke von Joseph Bergmann in Novo mesto.

Wundärzte und Ärzte, die vor dem Ersten Weltkrieg Homöopathie praktizierten

Einer der Pioniere der Homöopathie in Slowenien war Matevž Faust Gradišek (1776– 1837), den Attomyr in seinen Briefen als einen ehrwürdigen alten Mann erwähnt, der dazu beigetragen habe, die neue Heilmethode im Krainer Land zu etablieren.25 Gradišek erwarb als Mitglied des Ordens der Barmherzigen Brüder gewisse medizinische Kenntnisse und schloss 1806 sein Medizinstudium in Prag ab. Von 1807 bis 1811 war er Prior des Klosters der Barmherzigen Brüder und des Zivilspitals in Ljubljana. Er behandelte auch mit Magnetismus und wurde höchstwahrscheinlich zwischen 1814 und 1818 zum Anhänger der Homöopathie, als er vorwiegend in Triest wohnte. Im Jahr 1824 zog er in ein Haus in der Nähe von Ljubljana, wo er Menschen unter anderem mit 21  Državni zakonik za kraljevine in dežele v državnem zboru zastopane [Reichsgesetzblatt für die im Reichs-

rathe vertretenen Königreiche und Länder] (1887), Nr. 27 vom 10. Juni, S. 357. 22  Beispielsweise die Apotheke „Pri zlatem orlu“ („Zum Goldenen Adler“) in Ljubljana. Slovenec 3 (1875), Nr. 39, S. 4. 23  Laibacher Zeitung (1892), Nr. 68, S. 569. 24  Državni zakon za kraljevine in dežele, zastopane v državnem zboru [Reichsgesetzblatt für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder] (1907), Nr. 4 vom 10. Januar, S. 30. 25  Attomyr (1833/1998), S. 9 f. Vgl. Baschin (2012).

Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg

Homöopathie behandelte. Die Tatsache, dass er sich mit ihr befasste, brachte ihn in Schwierigkeiten sowohl mit medizinischen als auch kirchlichen Autoritäten. Als 1836 in Krain eine Cholera-Epidemie ausbrach, hatten Gradišek und seine Mitarbeiter großen Erfolg mit homöopathischen Therapien. Von den 220 Patienten, die er behandelte, sollen nur fünf gestorben sein.26 Franz Šuklič [Schuklitsch] (1778–1860), Magister der Chirurgie, war nach den bisher vorliegenden Informationen der erste Arzt im Gebiet des heutigen Slowenien, der Homöopathie praktizierte. Er lebte in Sevnica in der Untersteiermark, zunächst als Bezirksarzt und später als Privatarzt. Šuklič litt unter starken Kopfschmerzen in Verbindung mit epileptischen Anfällen, die er mit Allopathie zu behandeln versuchte. Er wurde von mehr als zehn der besten Ärzte in der Gegend behandelt, jedoch ohne Erfolg. Im Jahr 1814 war Šuklič wegen der sich wiederholenden starken Kopfschmerzen und epileptischen Anfälle völlig verzweifelt. Auf Empfehlung von Baron Anton Moškon [Moscon], der in einer nahe gelegenen Burg27 lebte, mit Hahnemann befreundet gewesen sein soll und als großer Befürworter der Homöopathie galt, wandte sich Šuklič dieser Heilweise zu. Er schrieb an Hahnemann, der ihn zur Behandlung mit Homöopathie ermutigte. Šuklič las Hahnemanns Bücher „Organon“ und „Materia Medica“ und begann, homöopathische Mittel an sich selbst auszuprobieren, achtete auf seine Ernährung und gab den übermäßigen Kaffeekonsum auf. Er heilte seine Kopfschmerzen und hatte seit 1819 keine epileptischen Anfälle mehr. Als er geheilt war, begann er damit, andere Patienten in der Steiermark und in Krain mit Homöopathie zu behandeln. Im Jahre 1801 hatte er als Erster in der Steiermark 700 pockenkranke Kinder geimpft28, weshalb er oft im Zusammenhang mit dem homöopathischen Mittel Vaccinum erwähnt wird. Der Wundarzt Josip Kos [Koss] (1791–1862) wurde in Kranj (Krainburg) geboren. Sein Studium der Chirurgie und Geburtshilfe schloss er 1814 in Graz (Österreich) ab. Er diente zunächst als k. k. Kreiswundarzt und Geburtshelfer in Bistra bei Vrhnika und ab 1821 als Kreiswundarzt in Ljubljana. Neben der praktischen Chirurgie befasste er sich auch mit Homöopathie.29 Er praktizierte sie bereits zu einer Zeit, als sie verboten war, und hatte Probleme mit Ärzten.30 Nach 1848 arbeitete er als Privatarzt in Ljubljana.31 Trotz des Widerstands einiger dortiger Mediziner32 hatte er mit seinen homöopa-

26  Šilc (2000), S. 67, 77, 83, 89 f. 27  Baron Anton Moškon (1782–1822), ein renommierter Experte für Obstbäume, lebte in der Burg Pišece,

die sich vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Eigentum des Adelsgeschlechts Moscon befand. 28  Attomyr (1833/1998), S. 10, 27–29, 64. 29  Zalokar (1999), S. 34; Keber (2007), S. 104; Borisov (1977), S. 236 f. 30  Attomyr (1833/1998), S. 10. 31  Zalokar (1999), S. 34. 32  Luka Pintar (1909), S. 558.

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Nena Židov

thischen Behandlungen Erfolg. 1857 erwähnte ihn die Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs als Arzt, der in Ljubljana Homöopathie praktiziert.33 Kos schrieb auch über Homöopathie. Als 1849 im Gebiet des heutigen Slowenien erneut eine Cholera-Epidemie ausbrach, veröffentlichte er in der Zeitung Illyrisches Blatt eine Artikelserie über die Cholera in sechs Folgen mit dem Titel „Die Cholera Asiatica von 1848 und 1849: Auszug aus den Berichten mehrerer homöopathischer Ärzte von Riga, Magdeburg, Breslau und Königsberg: Für Freunde der Homöopathie“. In der letzten Folge schrieb er über die Behandlung der Cholera mit Hilfe der Homöopathie, basierend auf den Erfahrungen von Ärzten aus Riga, Magdeburg, Breslau und Königsberg. Aufgrund der bei den Patienten auftretenden Symptome erwähnte er mehrere homöopathische Mittel und ihre Kombinationen, wobei er Veratrum album hervorhob.34 Während der Cholera-Epidemie schrieb Kos einen Brief an die Gesundheitskommission, in dem er darauf hinwies, dass es noch kein wirksames Heilmittel gegen die Cholera gebe, weshalb Ärzte und Wundärzte gezwungen seien, verschiedene Mittel, darunter auch homöopathische, auszuprobieren.35 Anton Janez Grbec [Gerbetz] (1801–1873) stammte aus einer Arztfamilie in Škofja Loka. Von 1834 bis 1836 war er dort Distriktswundarzt36, bis 1872 arbeitete er als Arzt in Škofja Loka und Umgebung37. Er war ein angesehener Bürger und im Zeitraum 1868– 1870 Bürgermeister von Škofja Loka.38 Dass er auch mit Homöopathie behandelte, belegen seine Zeitungsanzeigen aus dem Jahr 1860, die er als „homöopathischer Arzt“ signierte.39 Josip [ Josef] Mader (1800–1868) studierte Medizin in Padua. Er zog 1848 von Innsbruck nach Ljubljana, wo er als homöopathischer Arzt tätig war.40 Seine homöopathische Hausapotheke befindet sich im Nationalmuseum Sloweniens. Er behandelte vor allem wohlhabendere und bekannte Bürger von Ljubljana. 1857 erwähnte ihn die Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs als Arzt, der in Ljubljana Homöopathie praktiziert.41 Ein ebenfalls bekannter Homöopath in Ljubljana war sein Sohn Ivan Janez [ Johann] Mader (1835–1899), der in Innsbruck geboren wurde und 1861 ein Medizinstudium in 33  Zeitschrift

des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs 1 (1857), Bd. 2, H. 8, S. 186, online unter https://books.google.si/books?id=G4xpAAAAcAAJ&pg=PP7&hl=sl&source=gbs_selected_pages &cad=2#v=onepage&q&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 34  Kos (1849). 35  Keber (2007), S. 119. 36  Borisov (1977), S. 115; Keber (2007), S. 66. 37  Košir/Kocijančič (1975), S. 134. 38  Štukl (1974), S. 102. 39  Laibacher Zeitung (1860), Nr. 124, S. 496; Amtsblatt zur Laibacher Zeitung (1860), Nr. 119, S. 298. 40  Intelligenzblatt zur Laibacher Zeitung (1848), Nr. 77, S. 1. 41  Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs 1 (1857), Bd. 2, H. 8, S. 186, online unter https://books.google.si/books?id=G4xpAAAAcAAJ&pg=PP7&hl=sl&source=gbs_selected_pages &cad=2#v=onepage&q&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023).

Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg

Wien abschloss. Er arbeitete einige Zeit als Sekundärarzt im städtischen Krankenhaus von Ljubljana und dann als homöopathischer Privatarzt. Er war bei Patienten sehr beliebt und galt als einer der gefragtesten Ärzte der Stadt.42 Sein Name taucht in den Memoiren einiger von ihm behandelter Patienten auf.43 Janez Mader war im Jahr 1861 Gründungsmitglied des „Ärztlichen Lesevereins in Laibach“ (Vorgänger der Slowenischen Ärztevereinigung) und im Jahr 1894 Gründungsmitglied der „Ärztekammer für Krain“ (Vorgängerin der Ärztekammer Sloweniens). Als einer der wohlhabendsten Bürger Ljubljanas spendete er viel Geld an verschiedene Einrichtungen. Er gehörte zu den Gönnern des Ärztevereins Krain und zahlte hohe Summen in den Arztwitwen- und Arztwaisenfonds der von 1866 bis 1935 existierenden Löschner-Mader-Stiftung ein.44 Franc Papež [Papesh, Papesch] (1803–1858), geboren in Novo mesto, schloss 1829 sein Medizinstudium in Wien ab. Er war als Arzt in Novo mesto, Radovljica, Mokronog und Trebnje tätig. Von 1851 bis 1858 arbeitete er als Bezirksarzt (Distrikts-Physiker) in Novo mesto. Für seine Tätigkeit während der Cholera-Epidemie im Jahre 1855 erhielt er eine besondere Auszeichnung des österreichischen Innenministeriums.45 Bei der Behandlung von Cholera empfahl er die Verwendung homöopathischer Arzneimittel, die bei rechtzeitiger Behandlung hervorragende Ergebnisse erzielt haben sollen.46 Franc Zemljič [Franz Semlits] (1809–1877) arbeitete von 1841 bis 1844 als Wundarzt in der Marburger Magdalenenvorstadt (Vorort von Maribor) und anschließend bis 1873 in Maribor.47 In der Magdalenenvorstadt hatte er auch eine eigene Praxis und eine homöopathische Apotheke, was den Apothekern der Stadt nicht passte.48 Im Jahr 1857 erwähnte ihn die Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs als „Chirurg, k. k. bezirksämtlicher Aushilfsarzt, der in Marburg (Maribor) Homöopathie praktiziert“.49 Anlässlich seines Todes 1877 rühmte man ihn als bekannten und ausgezeichneten Homöopathen.50 Ferdinand Jüttner [ Jütner] (1802–1876) zog 1834 von Mähren nach Maribor, wo er bis 1874 als Arzt tätig war.51 Sein Interesse an der Homöopathie zeigt sich darin, dass er

42  Laibacher Zeitung (1899), Nr. 98, S. 768. 43  Z. B. Mlakar (1930), S. 6; Gregorič (1932), S. 144. 44  https://www.shd.si/default.asp?mid=sl&pid=Zgodovina-homeopatije-na-Slovenskem

(letzter Zugriff: 21.3.2023). 45  Ivan Pintar (1935); Keber (2007), S. 103. 46  Keber (2007), S. 119. 47  Pertl (1986), S. 67. 48  Predin (1994), S. 110, 112. 49  Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs 1 (1857), Bd. 2, H. 6, S. 598, online unter https://books.google.si/books?id=G4xpAAAAcAAJ&pg=PP7&hl=sl&source=gbs_selected_pages &cad=2#v=onepage&q&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 50  Slovenski gospodar 11 (1877), Nr. 24, S. 189. 51  Marburger Zeitung 15 (1876), Nr. 46, S. 2; Pertl (1986), S. 65.

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Abonnent der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung war.52 Es ist jedoch nicht bekannt, ob er Homöopathie praktizierte. Bei seinem Tode bezeichnete man ihn als sehr bekannten und beliebten Arzt.53 Štefan Kočevar [Stephan Kotsevar/Kotschewar] (1808–1883) studierte Medizin in Wien. 1835 wurde er „Doktor der gesamten Heilkunde“ und Magister der Geburtshilfe, 1838 zusätzlich Doktor der Chirurgie. Mit seiner Arzttätigkeit begann er 1836 in Celje, und im selben Jahr wurde er Bezirksarzt in Podčetrtek. Er war bei der Bevölkerung sehr beliebt und wurde oft zu Patienten gerufen, denen andere Ärzte nicht mehr helfen konnten. Arme Leute behandelte er umsonst und gab ihnen auch kostenlos Medikamente. Im Jahr 1851 zog er nach Celje, wo er zum Bezirksarzt ernannt wurde. Dort war er bis 1881 tätig.54 1857 erwähnte ihn die Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs als Arzt, der Homöopathie in Cilli (Celje) praktiziert.55 Seine Tätigkeit als Homöopath führte zu Beschwerden von drei Apothekern, die insbesondere deswegen weniger Medikamente verkauften.56 Kočevar behandelte viele berühmte Slowenen mit Homöopathie.57 Ern(e)st Hilarius Frölich [Fröhlich] (1811–1882) studierte Medizin in Wien und war dort als homöopathischer Arzt tätig. Geboren wurde er im Kurort Rogaška Slatina, wo sein Vater Johann Nepomuk Frölich von 1804 bis 1836 als selbständiger Arzt und Kurdirektor arbeitete. Im Zeitraum von 1851 bis 1865 verbrachte er die Sommermonate in Rogaška Slatina, wo er die Aufgaben eines zweiten Kurarztes ausübte58 und zeitweise auch eine homöopathische Ambulanz führte. Er war Mitglied des „Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs“.59 Josip Nunčič [ Johann Nuntschitsch] (1825–1888) war ein in Videm bei Krško lebender Homöopath.60 Im Jahr 1847 schloss er sein medico-chirurgisches Studium am Lyzeum in Ljubljana ab.61 Er behandelte Patienten aus dem Pfarrbezirk Videm, in Notfällen wurde er auch zu Patienten in Krain und Kroatien gerufen.62 52  Allgemeine Homöopathische Zeitung 49 (1855), H. 12, S. 96, online unter https://books.google.si/books

?id=oy1YAAAAMAAJ&pg=PA89&lr=&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=3#v=onepage&q=Anmeldun gen&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 53  Slovenski gospodar 10 (1876), Nr. 17, S. 166. 54  Cvelfar (2006), S. 55, 65 f., 68. 55  Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs 1 (1857), Bd. 2, H. 8, S. 186, online unter https://books.google.si/books?id=G4xpAAAAcAAJ&pg=PP7&hl=sl&source=gbs_selected_pages &cad=2#v=onepage&q&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 56  Predin (1995), S. 120. 57  Z. B. Cvelfar (2006), S. 64; Ilešič (1910). 58  Kidrič (1937), S. 165. 59  Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs 1 (1857), Bd.  2, H.  7, S.  13, online unter https://books.google.si/books?id=G4xpAAAAcAAJ&pg=PP7&hl=sl&source=gbs_selected_pages &cad=2#v=onepage&q=Fr%C3%B6hlich&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 60  Slovenski narod 16 (1881), Nr. 114, S. 2 f. 61  Medicinal-Schematismus der österreichischen Monarchie N. F. 1 (1848), S. 227. 62  Slovenski gospodar 22 (1888), Nr. 48, S. 383.

Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg

Ivan Eržen war zu Beginn des 20. Jahrhunderts Krankenhausarzt am Kreiskrankenhaus Postojna. Im Jahre 1909 zog er nach Görz (heutiges Gorizia in Italien) und hatte dort ein zahnärztliches und zahntechnisches Atelier, in den 1930er Jahren arbeitete er schließlich als Arzt in Kranj. Während seiner Dienstzeit in Postojna wurde 1902 ein neues Wasserleitungssystem gebaut, worauf wegen schlechter Bauausführung eine Typhusepidemie in der Stadt ausbrach.63 Eržen hatte sehr gute Erfahrungen mit dem homöopathischen Mittel Kreosotum carbonicum bei der Behandlung von Typhus gemacht.64 Neben den aufgeführten Wundärzten und Ärzten gibt es noch einige weitere, über die leider (noch) keine genaueren Informationen vorliegen. In Ljubljana arbeitete beispielsweise der homöopathische Arzt Hummel, der 1855 unter den Abonnenten der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung als „pens. Oberarzt“ erwähnt wurde.65 1857 stellte ihn die Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs als Arzt, der in Ljubljana Homöopathie praktiziert, vor.66 Im Jahr 1864 warb der homöopathische Arzt Alojz Gollub (1798–1867) in Ljubljana mit Anzeigen für seine Dienste.67

Ärzte, die zwischen beiden Weltkriegen Homöopathie praktizierten

Obwohl das Interesse der Ärzte an der Homöopathie in der Zeit zwischen den Weltkriegen nachließ, gab es noch immer einige, die gewisse Erfahrungen mit Hahnemanns Heilmethode hatten, sie gelegentlich anwandten oder auch nur ihre Wirkungsweise untersuchten. Anton Brecelj (1875–1943) war Arzt, politischer Aktivist und Publizist. Er schloss 1901 sein Medizinstudium in Graz ab und arbeitete einige Zeit als Assistent in der dortigen Klinik. Von 1903 bis 1916 lebte er in Görz (heutiges Italien), zunächst als Privatarzt, dann als Primarius am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Im Jahr 1920 zog er nach Ljubljana, wo er zunächst im staatlichen medizinischen Dienst und ab 1922 als Privatarzt für Kinder- und innere Krankheiten arbeitete.68 Dass Brecelj auch homöopathische Arzneimittel verwendete, wird durch seine Aufzeichnung belegt, er habe „in homöopathischen Büchern viele wertvolle, in der Heilkunde brauchbare Körner

63  Čeč (2001), S. 38. 64  Brecelj (1937), S. 267. 65  Allgemeine Homöopathische

Zeitung (1855), H.  12, S.  96, online unter https://books.google.si/books? id=oy1YAAAAMAAJ&pg=PA89&lr=&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=3#v=onepage&q=Anmeldun gen&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 66  Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs 1 (1857), Bd. 2, H. 8, S. 186, online unter https://books.google.si/books?id=G4xpAAAAcAAJ&pg=PP7&hl=sl&source=gbs_selected_pages &cad=2#v=onepage&q&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 67  Laibacher Zeitung (1864), Nr. 168, S. 672. 68  Bednarik (1976); Marušič (1997).

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gefunden“.69 Als Leiter der medizinischen Abteilung des Allgemeinkrankenhauses der Barmherzigen Brüder in Görz versuchte er es mit der Homöopathie bei chronischen Krankheiten, denen die damalige Schulmedizin nicht gewachsen war, und erlebte Erfolge, die ihn davon überzeugten, dass „S. Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, ein sehr kluger Kopf war“.70 Im Krankenhaus in Görz erprobte er das homöopathische Mittel Kreosotum carbonicum bei Patienten mit Typhus und Paratyphus. Er stellte fest, dass der Krankheitsverlauf im Vergleich zu jedem anderen Medikament einfacher und kürzer sei, außerdem träten bei der Behandlung keine Komplikationen auf. Er schlug auch vor, die Wirksamkeit des homöopathischen Arzneimittels wissenschaftlich zu prüfen. Im Jahr 1937, als er als Kinderarzt in Ljubljana arbeitete, schrieb er über seine Erfahrungen mit dem homöopathischen Mittel Mercurius cyanatus bei der Behandlung von Halsentzündungen und Diphtherie. Es sei sowohl bei akuten als auch bei chronischen bzw. wiederkehrenden Erkrankungen wirksam. Er beobachtete auch die Wirksamkeit des Arzneimittels bei Tonsillitis-, Diphtherie- und Scharlach-Epidemien in Familien und Einrichtungen.71 Maks Kremžar (1901–1963) wurde in Ljubljana geboren und studierte Medizin in Ljubljana, Wien, Graz und Zagreb. Im Jahr 1929 nahm er eine Privatarzttätigkeit in Domžale auf, wo er das Vertrauen der Bevölkerung gewann.72 Es ist nicht bekannt, ob er Homöopathie zur Behandlung einsetzte oder sie nur studierte, aber 1935 veröffentlichte er eine Reihe von Artikeln über Homöopathie in der Zeitschrift Življenje in svet („Leben und Welt“).73 Hugo(n) Velker, der 1933 sein Medizinstudium in Prag abschloss74 und 1935 in das Verzeichnis der Ärztekammer für die Banschaft Drau aufgenommen wurde75 sowie in Maribor zu arbeiten begann, behandelte dort (auch) mit Homöopathie. Im Jahr 1936 bot er neben seinen Diensten (Augendiagnostik, Höhensonne usw.), für die er mit Anzeigen in lokalen Zeitungen warb, auch Homöopathie an.76 Er war aktives Mitglied des Ärztevereins Maribor.77 Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte er aus politischen Gründen nach Kanada.78 Robert Neubauer (1895–1969) schloss 1922 sein Medizinstudium in Wien ab. 1923 übernahm er die Leitung des Tuberkulose-Sanatoriums in Golnik. Während des

69  Brecelj (1938/39), S. 296. 70  Brecelj (1937), S. 266. 71  Brecelj (1937). 72  Bernik (1939), S. 269 f. 73  Kremžar (1935). 74  Mariborski večer 7 (1933), Nr. 57, S. 2. 75  Službeni list kraljevske banske uprave

Dravske banovine [Amtsblatt der Königlichen Banschaftsverwaltung der Banschaft Drau] 4 (1935), Nr. 35, S. 24. 76  Slovenski gospodar 70 (1936), Nr. 6, S. 11. 77  Slovenec 65 (1937), Nr. 38, S. 4. 78  Godeša (1995), S. 359.

Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg

Zweiten Weltkriegs war er Arzt in Ljubljana, nach dem Krieg leitete er das Amt für Tuberkulosebekämpfung und arbeitete für das Jugoslawische Rote Kreuz und die Weltgesundheitsorganisation. Im Jahr 1951 wurde er ordentlicher Professor an der Medizinischen Fakultät Ljubljana.79 Seine positive Einstellung zur Homöopathie zeigt sich in einer Notiz im Zusammenhang mit der Rezension eines französischen Buches über Hahnemanns Heilmethode: „Es ist nicht leicht für einen Arzt, der im Geiste der ‚Schulmedizin‘ erzogen wurde […], Kontakt mit der geistigen Welt der Homöopathie zu finden. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass das Studium der homöopathischen Denkweise für jeden nützlich ist.“80 Es ist allerdings nicht bekannt, ob er Homöopathie auch praktizierte. Schlusswort

Im Gebiet des heutigen Slowenien wurde die Homöopathie sowohl in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg als auch in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, als sie allmählich an Bedeutung verlor, von relativ wenigen Wundärzten und Ärzten praktiziert; besonders gering war die Zahl derjenigen, die ausschließlich homöopathisch behandelten. Im Jahr 1857 waren laut Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs als homöopathische Ärzte und Wundärzte Zemljič in Maribor, Kočevar in Celje sowie Hummel, Kos und Josip Mader in Ljubljana tätig.81 Im Jahr 1888 gab es drei Homöopathen in der Steiermark und einen in Krain.82 Wundärzte und homöopathische Ärzte arbeiteten vor allem in den größeren Städten, während auf dem Lande die Homöopathie hauptsächlich von Laien praktiziert wurde, überwiegend von Priestern. Manche Wundärzte und Ärzte behandelten sowohl mit der damaligen konventionellen Medizin als auch mit Homöopathie, andere wiederum nur mit Homöopathie. Ihre Dienste wurden sowohl von Anhängern der Heilmethode Hahnemanns als auch von Menschen, denen die damalige Schulmedizin nicht helfen konnte, in Anspruch genommen. Die Homöopathie stellte während der Cholera-Epidemien, als es zu wenige Ärzte und kein zuverlässiges Heilmittel gab, eine legitime Behandlungsmöglichkeit dar, so dass Wundärzte und Ärzte auch die Wirkung dieser Heilmethode ausprobierten.83 In der Zeit, als Homöopathie verboten war, gerieten sie in Konflikt mit den Gesundheitsbehörden. Auch nach der Aufhebung des 79  Fortič (1993). 80  Neubauer (1938). 81  Zeitschrift des Vereins der homöopathischen Ärzte Österreichs 1 (1857), Bd. 2, H. 8, S. 186; H. 6, S. 598, online

unter https://books.google.si/books?id=G4xpAAAAcAAJ&pg=PP7&hl=sl&source=gbs_selected_pages &cad=2#v=onepage&q&f=false (letzter Zugriff: 21.3.2023). 82  Die Ausübung der Homöopathie durch Ärzte in Österreich. In: Das Österreichische Sanitätswesen 1 (1889), H. 4, S. 26 f. 83  Keber (2007), S. 119.

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Verbots sahen sie sich mit dem Misstrauen der Ärzteschaft konfrontiert. Nach 1845, als die Homöopathen Arzneimittel selbst herstellen und abgeben durften, beschwerten sich Apotheker über die Konkurrenz und forderten die Behörden auf, sie vor den Homöopathen zu schützen.84 Die meisten der in den Städten tätigen Homöopathen waren auf gesellschaftspolitischem und medizinischem Gebiet aktiv, sie traten als Mäzene auf und spendeten Geld für wohltätige Zwecke. Einige unter ihnen, insbesondere Privatärzte, waren nämlich sehr wohlhabend. Aus den bisher gesammelten Daten lässt sich schließen, dass es in der Zeit zwischen den Weltkriegen nur sehr wenige Ärzte gab, die (auch) mit Homöopathie behandelten, und dass diese Heilweise an Bedeutung verlor sowie langsam in Vergessenheit geriet. Leider gibt es noch keine zuverlässige Antwort auf die Frage, warum die Homöopathie nach dem Zweiten Weltkrieg völlig versiegte. Nachdem die Erinnerung an ihre Präsenz in Slowenien nach dem Zweiten Weltkrieg gänzlich verblasst war, kam in den 1980er Jahren bei den Ärzten (wieder) ein Interesse an ihr als Methode der Komplementärmedizin auf. Einer der Ersten war Tomaž Hribernik in Preddvor, wovon auch die Inschrift auf seinem Grab zeugt: „Homöopath Dr. med. Tomaž Hribernik (1947–2005)“. 1992 wurde der Slowenische Homöopathieverein gegründet, der ursprünglich Ärzte, Zahnärzte und Pharmazeuten zusammenbrachte, die sich für Hahnemanns Heilmethode interessierten und Wissen über Homöopathie und homöopathische Behandlung erwerben oder dieses vertiefen wollten. Bibliographie

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Die Rolle der Homöopathie bei Wundärzten und Ärzten in Slowenien vor dem Zweiten Weltkrieg

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Nena Židov, Dr.

Slovenski etnografski muzej Metelkova ulica 2 SI-1000 Ljubljana [email protected]



Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA



HEIKE GYPSER Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41, 2023, 25–43

The Parallel Development of Two Large Homeopathic Manufacturers in Germany and the United States Abstract: Two companies played an important part in the manufacture of homeopathics: Boeri­

cke & Tafel in the United States of America and Schwabe in Germany. Boericke & Tafel was founded in 1853 in America, a homeopathic stronghold at the time, Schwabe not until 1866. There are many surprising parallels between the two manufacturers even though they were operating entirely independently of each other. The commonalities are presented in relation to the history of homeopathy in America on the one hand and within the context of the development of homeopathic pharmacies in Germany on the other. The company founders started off with homeopathic pharmacies which were gradually developed into large-scale industrial enterprises. Each company founded its own publishing house, issuing titles that had considerable influence on the development of homeopathy. Both enterprises advocated the correct process for manufacturing homeopathic medicines, their efforts resulting in the edition of homeopathic pharmacopoeias which continue to be authoritative to this day. The companies grew into nationally operating enterprises, and both were taken over by the sons of the original founders. Following a vibrant history, Boericke & Tafel eventually merged with Schwabe.

Einleitung

Eine beachtenswerte Entwicklung im Bereich der homöopathischen Arzneiherstellung im 19. und 20. Jahrhundert erfuhren zwei unabhängig voneinander tätige Firmen: die eine im Ursprungsland der Homöopathie, in Deutschland, nämlich das Unternehmen von Dr. Willmar Schwabe (1839–1917), die andere in den Vereinigten Staaten von Amerika, Boericke  & Tafel. Auffallend ist die parallele, wenngleich zeitversetz-

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te Entwicklung beider Hersteller, die bisher noch nicht verglichen worden ist. Dazu werden die jeweilige Unternehmenshistorie und die Biographien der Betriebsgründer vor- und gegenübergestellt. Zur Person Schwabe sind bereits ausführliche Publikationen erschienen und die Firmengeschichte ist in unterschiedlichen firmeneigenen Veröffentlichungen beleuchtet worden.1 Vergleichbares Schrifttum für das Unternehmen Boericke & Tafel liegt abgesehen von einem Kapitel in der Publikation der Verfasserin über die Geschichte der Hochpotenzherstellung in Amerika bisher nicht vor.2

Boericke & Tafel

Betrachten wir zuerst die Firma Boericke & Tafel in Philadelphia, der Hochburg der amerikanischen Homöopathie. Sie hatte im ausgehenden 19.  Jahrhundert bis in die 1930er Jahre hinein in den USA eine unvergleichliche Blüte erfahren. Den Anfang nahm die Homöopathie allerdings in New York City mit Hans Burch Gram, als er dort im Jahr 1825 seine homöopathische Praxis eröffnete. Burch, 1786 in Boston geboren, hatte sein Medizinstudium 1814 in Kopenhagen abgeschlossen, lernte in den Jahren 1823 bis 1824 die Homöopathie kennen und ging dann zurück nach Amerika. Hier scharten sich bald Schüler um ihn, die sich oftmals durch Eigenerfahrung der Heilweise Hahnemanns zuwandten, diese erlernten und später ausübten. Weitere Verbreitung erfuhr die Homöopathie durch eingewanderte Homöopathen, wie etwa den Schweizer Henry Detwiller (1795–1887) und den Deutschen William Wesselhoeft (1794–1858). Schließlich ließ sich der sächsische Arzt Constantin Hering (1800–1880), aus Surinam kommend, 1833 in Philadelphia nieder, wodurch die Homöopathie eine enorme Ausbreitung zunächst an der Ostküste der USA erfuhr. Die von Hering 1835 begründete erste Lehreinrichtung der Welt für Homöopathie, die Allentown Academy, später das von ihm mit aufgebaute Homoeopathic Medical College of Pennsylvania sowie das Hahnemann Medical College of Philadelphia trugen wesentlich zum Bekanntwerden der Heilmethode Hahnemanns bei. Weitere Lehreinrichtungen und Medical Colleges etablierten sich und um 1900 zählte man 22 dieser Ausbildungsstätten.3 Nach Veröffentlichung des Flexner-Reports4 sanken die Studentenzahlen an homöopathischen Medical Colleges dramatisch, was die Schließung der meisten von

1  Siehe hierzu Meyer/Friedrich (2016); Firma Dr. Willmar Schwabe (1939); Dr. Willmar Schwabe GmbH

(1966); Schwabe (1926). 2  Siehe hierzu Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011). 3  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 21–24, 30. 4  Abraham Flexner (1866–1959) erstellte in den Jahren 1909 bis 1910 ein Gutachten im Auftrag der Carnegie Foundation for Advancement of Teaching über die Ausbildung an allen medizinischen Lehreinrichtungen in den USA. Als Flexner-Report ging der Bericht in die Geschichte ein und hat wesentlich die ärztliche Ausbildung in Amerika geprägt. Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 35; Schott (1993), S. 376; https://en.wikipedia.org/wiki/Flexner_Report (letzter Zugriff: 21.3.2023).

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

ihnen zur Folge hatte. Flexner hatte die allopathischen Schulen als wissenschaftlich eingestuft, während die homöopathischen als veraltet angesehen wurden. Da faktisch alle Lehreinrichtungen ausschließlich durch Studiengebühren und Spenden finanziert wurden, etwa von Andrew Carnegie (1835–1919) und John D. Rockefeller (1839–1937), die in besonderer Weise die homöopathischen Medical Colleges unterstützt hatten, war das Ende einer fundierten Ausbildung homöopathischer Ärzte vorgezeichnet. Ab 1947 wurde nur noch am Hahnemann Medical College of Philadelphia Homöopathie als Wahlfach unterrichtet. Besonders im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatte die Homöopathie jedoch einen enormen Aufschwung und eine große Akzeptanz, bei Ärzten wie auch Laien, erfahren und breitete sich durch die Erschließung Amerikas weiter Richtung Westen aus. Ärztegesellschaften und Laienverbände wurden gegründet, darunter allen voran 1844 das noch heute aktive American Institute of Homeopathy.5 Etwa 230 homöopathische Krankenhäuser mit bis zu 2.046 Betten wie im Middletown State Homoeopathic Hospital konnten in den USA gezählt werden.6 Darüber hinaus gab es unzählige Publikationen und über Jahrzehnte fortgesetzte homöopathische Journale, wie beispielsweise das North American Journal of Homoeopathy, Transactions of the American Institute of Homoeopathy oder Homeopathic Physician mit bis zu 1.000 Druckseiten jährlich. Auf dem Höhepunkt traten schließlich Probleme innerhalb der homöopathischen Ärzteschaft auf, die zu einer inneren Spaltung in Bezug auf die Auslegung der homöopathischen Lehre, die Dosierung und Potenzhöhe der Arzneimittel führten, was neben dem Flexner-Report den Ausschlag für den Niedergang der Heilweise gab. Dazu kam die beginnende Vorherrschaft der pharmazeutischen Industrie, die Fertigpräparate auf den Markt brachte, wobei es für viele Patienten nicht mehr eindeutig erkennbar war, ob es sich um ein allopathisches oder homöopathisches Arzneimittel handelte. Selbst James Tyler Kent (1849–1916), einer der letzten einflussreichen amerikanischen homöopathischen Ärzte, dessen Hauptwerk, das „Repertory of the Homoeopathic Materia Medica“, noch heute von homöopathischen Praktikern zur Arzneimittelwahl herangezogen wird, und seine exzellent ausgebildeten Schüler wie Fredericia Eugenie Gladwin (1864–1931) oder Alonzo Eugene Austin (1868–1948) konnten den Zerfall der homöopathischen Welt in den USA nicht mehr aufhalten.7 In die Epoche des Aufschwungs der Homöopathie zu Zeiten Herings fiel die Gründung von Boericke  & Tafel. Der Firmengründer Francis Edmund Boericke (1826– 1901) stammte aus Glauchau in Sachsen.8 1849 emigrierte er in die Vereinigten Staaten und ließ sich in Philadelphia nieder. Hier übernahm er neben verschiedenen Tätigkeiten auch die Vertretung Sachsens als Konsul. Nachdem Boericke Erfolge mit Verkauf

5  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 23, 28 f., 35. 6  Gypser (2006), S. 4. 7  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 21–36, 154 f. 8  Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Georgen, Glauchau: Taufregister 1826,

hatte die Schreibweise seines Namens in Amerika geändert.

Nr. 160. Franz Edmund Böricke

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und Herstellung homöopathischer Arzneien erzielt hatte, absolvierte er ein Medizinstudium am Hahnemann Medical College in Philadelphia, das er 1863 abschloss und das ihn eingehend mit der Homöopathie vertraut machte.9 Den ärztlichen Beruf übte Boericke allerdings nie aus, nutzte aber seine Kenntnisse für die homöopathische Arzneiherstellung und unterrichtete diese später explizit für Ärzte an dem College. Des Weiteren war Boericke ab 1895 Mitglied des State Pharmaceutical Examining Board of Philadelphia. Vor diesem staatlich einberufenen Prüfungsausschuss, dem fünf praktizierende Apotheker angehörten, mussten die Pharmaziestudenten nach ihrer Lehrzeit und praktischen Ausbildung ihr Examen ablegen, um als Apotheker tätig werden zu können. Im Jahre 1853 eröffnete Boericke mit dem Deutschen Rudolph L. Tafel (1831–1893) zunächst eine Buchhandlung in Philadelphia für Literatur zum Swedenborgianismus, der in den USA als „New Church“ bekannt geworden war. Beide zählten ebenso zu den Anhängern dieser Glaubensgemeinschaft wie Hering. Da die Einkünfte aus der Buchhandlung sehr gering waren, begannen Boericke und Tafel auf Empfehlung Herings in ihrem Geschäft mit dem Verkauf homöopathischer Arzneien.10 Diese stammten zunächst aus dem Privatbesitz Herings und damit noch aus Deutschland, wo sie der Apotheker Christian Theodor Lappe (1802–1882) aus Neudietendorf herstellte.11 Samuel Hahnemann (1755–1843), der Begründer der Homöopathie und folglich auch Wegbereiter der homöopathischen Arzneiherstellung, stand in fachlichem Austausch zu pharmazeutischen Fragen mit Lappe, wie ein Briefwechsel der beiden von 1831 bis 1834 belegt.12 Hering korrespondierte ebenfalls mit Lappe und ließ sich von ihm noch in Surinam beliefern.13 Die Leitung des Arzneiverkaufs hatte er zunächst selbst übernommen. Als der Absatz homöopathischer Arzneien florierte, gaben Boericke und Tafel den Buchhandel gänzlich auf und widmeten sich ausschließlich der Herstellung und dem Vertrieb von Homöopathika14, was sicherlich zunächst noch durch Hering unterstützt und gefördert wurde. Nachdem sich Rudolph Tafel, der bereits mit 23 Jahren als Professor für moderne Sprachen an verschiedenen Universitäten Amerikas unterrichtete, noch im Jahr der Geschäftseröffnung aus dem Unternehmen zurückgezogen hatte,15 trat sein jüngerer Bruder Adolph Joseph Tafel (1839–1895) als neuer Partner an die Seite Boerickes, so

9  MCP Hahnemann University, Archives and Special Collections: Biographical Index of the Graduates of

the Homoeopathic Medical College of Pennsylvania; Bradford (1898), S. 779; http://www.julianwinston. com/archives/bt/bt_history.php (letzter Zugriff: 21.3.2023). 10  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 86. 11  Bradford (1892), S. 556, 572. 12  Briefe Lappes sind im Institut für Geschichte der Medizin (IGM) archiviert: IGM, Bestände A 1543, B 31604, B 33117, A 1544, B 33463, B 34230, A 154512, B 33249, B 31557. 13  Philipp (2003), S. 122. 14  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 86, 89. 15  O. V. (1893), S. 28.

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

dass der bereits bekannte, etablierte Firmenname Boericke & Tafel beibehalten werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits zwei weitere homöopathische Apotheken, Matthews & Houard sowie Rademacher & Sheek, in Philadelphia.16 Der in Ulm geborene Adolph Joseph Tafel kam als Vierzehnjähriger nach Amerika und arbeitete in verschiedenen Apotheken. Später diente er im Amerikanischen Bürgerkrieg als Major und nahm an der Schlacht von Gettysburg 1863 teil.17 Er war, wie sein Bruder und noch weitere Angehörige der Familie Tafel, Mitglied der New Church. Bereits 1887, also acht Jahre vor Boericke, wurde Tafel vom Gouverneur zum Mitglied des State Pharmaceutical Examining Board of Philadelphia berufen und fungierte als dessen Schatzmeister.18 Nachdem die Apotheke von Boericke und Tafel am 14. Dezember 1854 bis auf die Grundmauern abgebrannt war, wobei fast der gesamte Arzneibestand gerettet werden konnte, wurde sie rasch wiederaufgebaut. Bald schlossen sich mehrere Umzüge innerhalb Philadelphias an.19 Unter der neuen Geschäftsleitung Boericke  & Tafels waren Zukäufe einzelner Apotheken in Philadelphia (1857 und 1859), Buffalo (1864) sowie Baltimore (1868) möglich.20 Allerdings wurde die Apotheke in Buffalo von Tafel und die in Baltimore von Boericke allein und nicht unter dem Firmennamen aufgekauft. In der New Yorker Filial-Apotheke, die von 300 Broadway in die 550 Pearl Street und dann in die 145 Grand Street umgezogen war, wurde ab 1869 ein Großhandelslager für den Arzneiimport und -export eingerichtet, das von Tafel persönlich geführt wurde.21 Allmählich etablierten sich in Amerika immer mehr rein homöopathische Apotheken, so dass man bis 1892 von einer Zahl von etwa 120 ausgehen kann. Zu diesem Zeitpunkt hatten aber bereits 30 ihren Betrieb wieder eingestellt. Zur Firma Boericke & Tafel gehörten damals insgesamt 13 Apotheken, die in Baltimore, Chicago, Cincinnati, Minneapolis, New Orleans, New York, Oakland, Philadelphia, Portland, San Francisco und Washington, D. C. ansässig waren. Die meisten dieser Apotheken erlebten eine wechselvolle Geschichte und wurden mitunter bereits kurz nach der Eröffnung oder der Übernahme von Boericke  & Tafel wieder verkauft. Die Filiale in San Francisco leitete ein Neffe Boerickes, nämlich William Boericke (1849–1929), der etwa um 1890 eine Partnerschaft mit Edward Wheelock Runyon (1851–1937) eingegangen ist, die unter Boericke & Runyon firmierte und 1961 von Boericke & Tafel übernommen wurde.22

16  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 89. 17  O. V. (1895). 18  Bradford (1892), S. 558, 572 f. 19  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 89 f. 20  Bradford (1892), S. 552, 555, 558. 21  Cowperthwaite (1902), S. 837; Bradford (1892), S. 550, 558; Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung

(2011), S. 90. 22  Gypser: Homeopathic Pharmacies (2011), S. 78 f.; Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 91 f.

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Der Hauptsitz der Firma blieb aber weiterhin in Philadelphia, wo man die ursprüngliche Apotheke den immer größeren Geschäftserfolgen und dem ansteigenden Geschäftsvolumen anpasste und eine weitere Niederlassung in der 1216 Girard Street eröff­nete. Schließlich reichten auch diese Räumlichkeiten nicht mehr aus, und so bezog die Firma 1881 einen dreigeschossigen Neubau in der 1011 Arch Street23, wo sie bis 1992 verblieb. Im Erdgeschoss des Gebäudes befanden sich ein großzügiger Verkaufsraum, Lagerräume, ein Zimmer zur Reinigung der Glasgefäße und ein Maschinenraum. Zwei Aufzüge bedienten die oberen Etagen. Im Mittelgeschoss befand sich der Triturationsraum mit über 100 Mörsern – für jede Substanz wurde ein eigener Mörser benutzt – und acht Trituriermaschinen unter Glashauben, damit es zu keiner Kontamination kommen konnte. In einem Nebenzimmer waren zwei weitere Trituriermaschinen für besonders flüchtige und stark riechende Substanzen im Einsatz. Das Pistill dieser Apparaturen führte pro Triturationsprozess etwa 14.400 Umdrehungen aus. Ebenfalls auf dieser Etage wurden die Arzneimittel verschüttelt und verpackt. Im oberen Stockwerk stand jeweils ein Raum für die Verarbeitung von Rohr- und Milchzucker, der für die Triturationen benötigt wurde, zur Verfügung. Hier war auch die Tablettenpresse untergebracht. Darüber hinaus wurden in einem weiteren Saal die Tinkturen für die flüssigen Arzneizubereitungen unter Boerickes persönlicher Kontrolle hergestellt. Bemerkenswert ist, dass im gesamten Gebäude der für eine Apotheke typische Geruch fehlte, was laut Boericke erwünscht war, damit keine Kontamination eintreten konnte. Insgesamt wurden etwa 35.000 verschiedene Präparate vorrätig gehalten.24 Neben der Arzneiherstellung hatte man bereits in den frühen Anfängen der Firma einen Verlag, das Hahnemann Publishing House, der ausschließlich homöopathische Werke herausgab, gegründet. Die erste verlegte homöopathische Schrift war die von Hering 1867 herausgegebene „Dr. H. Gross’ Comparative Materia Medica“. Außerdem ging der zur New Yorker Apotheke von William Radde († 1862) gehörige Verlag durch Boerickes Ankauf ebenfalls in das Firmenvolumen ein.25

23  P. D. (1881), S. 468. 24  P. D. (1881), S. 469–472. 25  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 87, 90.

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

Abb. 1 Hering, Constantine (Hg.): Dr. H. Gross’ Comparative Materia Medica. Philadelphia; New York; London 1867, Titelblatt

Die bedeutendsten Publikationen für Homöopathie neben Journalen wie etwa The Homoeopathic Recorder, The Monthly Homoeopathic Review oder The North American Journal of Homoeopathy wurden von Boericke & Tafel verlegt. Dementsprechend befand sich im Firmengebäude auch eine ausgedehnte Bibliothek.26 Es wurde aber auch spezielle Literatur für Laien verlegt27, wie „Traveller’s Medical Repertory and Family Advisor for Homoeopathic Treatment of Acute Cases“, „Special Diagnosis and Homoeopathic Treatment of Disease for Popular Use“ oder „A Nursey Manual“28. Zu Handbüchern für diverse Krankheitserscheinungen konnten die dafür entsprechend ausgerichteten Haus- und Reiseapotheken zur Eigenbehandlung gleich mitgeliefert werden. Darüber hinaus veröffentlichte man umfangreich gestaltete Firmenkataloge, die Aufschluss über das Arznei- und Verlagssortiment gaben. In ihrem hauseigenen Quarterly Bulletin waren 1885 insgesamt 238 allopathische Apotheken aufgelistet, die das Sortiment von Boericke & Tafel führten. 1892 zählte der Firmenkatalog auf 164 Sei-

26  P. D. (1881), S. 471. 27  Siehe hierzu Baschin (2012). 28  „Traveller’s Medical Repertory and Family Advisor for Homoeopathic Treatment of Acute Cases“ 1879

von William Jefferson Guernsey verfasst; „Special Diagnosis and Homoeopathic Treatment of Disease for Popular Use“ 1893 von Tullio S. Verdi verfasst; „A Nursey Manual“ 1908 von Ruel Benson verfasst.

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ten das Arzneimittelsortiment und Druckerzeugnisse auf.29 Die Produktpalette hatte man in den Jahren um Komplexmittel und an die Homöopathie angelehnte Mittel, wie etwa Arnica-Haaröl, Arnica-Pflaster, „Eye Water B&T“ zur Augenspülung oder „Laneo“ gegen Haarausfall, erweitert.30

Abb. 2 Firmenkatalog von Boericke & Tafel, ohne Jahr31

Die Produkte von Boericke & Tafel wurden nicht nur in den eigenen oder ausschließlich homöopathischen Apotheken verkauft, sondern es wurden Verkaufskästen für den Ladentisch traditioneller Apotheken angeboten, die ein Sortiment der gebräuchlichsten Mittel enthielten. Außerdem vertrieb man die sehr beliebten Haus- und Reiseapotheken. Die Dilutionen oder Globuli wurden in bernsteinfarbene Flakons abgefüllt und auf den Etiketten fand man neben dem Arzneinamen und der Potenz zusätzlich eine Dosierungsanleitung. Für ihre Produkte erhielt Boericke & Tafel verschiedene Auszeichnungen, wie etwa eine Urkunde „For Excellence of Homoeopathic Medicine“ 1873 auf der Chile Exposition sowie weitere 1876 auf der Weltausstellung in Philadelphia und 1878 auf der Weltausstellung in Paris.32

29  Bradford (1892), S. 559. 30  Boericke & Tafel (1900), o. S. 31  Bei der falschen Angabe von 1835 statt 1853 als Gründungsjahr von Boericke & Tafel handelt es sich ver-

mutlich um einen Druckfehler. 32  Bradford (1892), S. 557 f.

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

Sowohl Boericke als auch Tafel waren immer um eine genaue Arzneimittelherstellung nach Hahnemanns Vorschriften bemüht, was sich auch in der Herausgabe eigener Werke zu diesem Thema widerspiegelt. Das Buch „Three Lectures on Homoeopathic Pharmaceutics“33 war beispielsweise ausschließlich für Ärzte gedacht und aus den Vorlesungen Boerickes am Hahnemann Medical College in Philadelphia hervorgegangen. Ein bedeutender Schritt für die amerikanische Pharmazie und die Homöopathie folgte 1882 durch die Herausgabe einer hauseigenen homöopathischen Pharmakopöe, „The American Homoeopathic Pharmacopoeia“.34 Bereits 1866 hatte Hering vorgeschlagen, dass Boericke mit dem Verfassen eine Pharmakopöe betraut werden sollte, die die ursprünglichen Herstellungsmethoden sowie auch die neuesten pharmazeutischen Erkennt­nisse enthalten sollte.35 Nur ein Jahr nach dem Erscheinen der Pharmakopöe endete die Partnerschaft zwischen Boericke und Tafel.36 Daraufhin führte Boericke den Verlag allein und Tafel mit zwei Söhnen Boerickes, nämlich Frank und Felix Boericke37, den pharmazeutischen Zweig. Nach dem plötzlichen Tod Tafels 1895 übernahm schließlich einer seiner Söhne, Adolph L. Tafel, die Leitung der Firma. Im Zuge des allgemeinen Niedergangs der Homöopathie in den USA wurden nach und nach einzelne Apotheken verkauft, so dass 1914 nur noch elf Geschäfte zu Boericke & Tafel zählten. In den Jahren von 1949 bis 1959 gab es noch jeweils eine Boericke-&-Tafel-Apotheke in Chicago, Pittsburgh und New York.38 Wann genau sich die Familie Boericke aus dem Geschäft zurückgezogen hat, lässt sich nicht feststellen. Der Gesundheitszustand des Firmengründers hatte sich ab 1886 zusehends verschlechtert, was der britische homöopathische Arzt Thomas Skinner (1825–1906) auf den Umstand zurückführte, dass Boericke durch eine gewisse Kontamination bei der Herstellung von Hochpotenzen39 erkrankt sei. Nachdem er die Geschäfte nurmehr vom Bett aus hatte führen können, verstarb Boericke nach langer Krankheit 1901.40 Eine gewisse Bekanntheit erreichte noch Garth Boericke (1893– 1968), ein Nachfahre, der die letzte Professur für Homöopathie am Hahnemann Medical College of Philadelphia bis 1958 innehatte.41 Unter dem Namen Boericke & Tafel wurde die Firma bis zu ihrem Verkauf allerdings von Hugo Tafel, einem Nachfahren

33  Siehe hierzu Boericke (1878). 34  Es handelt sich hierbei um Boericke & Tafel (1882). 35  Bradford (1898), S. 106 f. 36  Boericke & Tafel (1883) und Dudley/Farrington (1883), S. 111. 37  Es sind keine Lebensdaten angegeben, diese konnten auch nicht ermittelt werden. 38  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 93. 39  Als Hochpotenzen werden üblicherweise Potenzen über C 30 bezeichnet. In den

Vereinigten Staaten von Amerika wurden ab 1900 weit höhere Potenzen, und zwar bis zu einem Millionstel, maschinell erzeugt. Boericke hatte eine Apparatur zur Herstellung solch hoher Potenzen konstruiert. 40  Winston (1999), S. 86; Foulon (1891). 41  Winston (1999), S. 278–280; Rogers (1998), S. 195 f.

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Adolph J. Tafels, geführt. Seit 1987 gehört Boericke & Tafel der Unternehmensgruppe Schwabe und somit zu Schwabe North America.42 1992 erfolgte der Umzug aus der Arch Street in Philadelphia nach Santa Rosa in Kalifornien, wo bis heute unter dem traditionsreichen Namen homöopathische Arzneien hergestellt werden.43

Firma Willmar Schwabe

Wie Boericke  & Tafel ein fester Bestandteil der amerikanischen Homöopathie war und ist, so gilt Gleiches für die deutsche Firma Schwabe außerhalb Amerikas. Die Firmengeschichte von Schwabe begann in Deutschland 13 Jahre nach der Gründung von Boericke & Tafel. Der zögerliche Anfang einer professionellen homöopathischen Arzneiherstellung in Deutschland liegt wohl in einem bestimmten Umstand in der Frühzeit der Homöopathie begründet, nämlich dem Selbstdispensieren, das heißt, dass die Herstellung der benötigten Arzneien durch den homöopathischen Arzt selbst zu erfolgen habe. Dies lag an den von Hahnemann beschriebenen Potenzierungsvorgängen und seinem Misstrauen gegenüber den Apothekern.44 Nachdem der sogenannte Dispensierstreit 1820 zwischen Hahnemann und den Behörden in Leipzig entflammt war, wobei es um die Frage ging, ob Hahnemann die benötigten Arzneien selbst herstellen und abgeben durfte, kam es schließlich im Jahr 1836 zur Errichtung einer ersten Homöopathischen Dispensieranstalt, deren Konzession allerdings erst 1850 erteilt wurde. In dieser Apotheke war Carl Emil Willmar Schwabe vom 1. Juni 1863 bis Ende 1865 als Administrator tätig und hatte „genaue Kenntniß der homöopathischen Arzneimittel […] und ihrer Zubereitung“ erlangt.45 Hier wurde auch der Grundstein für sein ausschließliches und umfangreiches Wirken für die homöopathische Pharmazie gelegt. Anders als Boericke und Tafel entstammte Schwabe einer Apothekerfamilie. Sein Vater Carl Robert Schwabe (1809–1854) absolvierte seine Lehrzeit unter anderem bei dem Apotheker Heinrich Adolph Täschner (1786–1868), dem späteren Leiter der Leipziger Dispensieranstalt. Es ist also davon auszugehen, dass Willmar Schwabe bereits durch seinen Vater die Homöopathie kennengelernt hatte. Außerdem hatte der Vater eine Großhandlung für Apotheker samt Fabrikation pharmazeutischer Präparate mitbegründet, aus der er allerdings bereits nach einem Jahr wieder ausschied, was aber

42  Mündliche Mitteilung von Herrn Dr. Harald Orth, DHU Karlsruhe, April 2012. 43  Gypser: Apparative Hochpotenzherstellung (2011), S. 93. 44  Hahnemann wollte es nicht riskieren, möglicherweise aus den Händen der Apotheker Verfälschungen

zu erhalten, denn es sei für den Arzt eine Gewissenssache, dem Kranken die rechte Arznei zu geben, und deshalb solle er die „richtig gewählte Arznei dem Kranken aus seinen eigenen Händen verabreichen, auch sie selbst zubereiten“. Siehe Hahnemann (1921), § 265. 45  Michalak (1991), S. 90–94 und 101, Zitat S. 101.

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

vermutlich Willmar Schwabe einiges an Erfahrung im Bereich des Großhandels zuteilwerden ließ. Schwabe absolvierte seine Apotheken-Lehrzeit in Dresden, die Gehilfentätigkeit in Bielefeld, wo er sich ausgiebig mit Pflanzenchemie befasste. 1861 begann er sein Pharmaziestudium in Leipzig und legte 1862 das pharmazeutische Staatsexamen mit der Bestnote ab. Anhand der erhaltenen Vorlesungsmitschriften Schwabes wird seine fundierte Ausbildung, besonders in anorganischer und organischer Chemie, deutlich. Da er kein Abitur hatte, war eine Promotion in Sachsen nicht möglich. Er konnte jedoch in Jena, nachdem er sich persönlich an den Dekan gewandt hatte, mit seiner bereits in Teilen veröffentlichten Arbeit über ein von ihm entdecktes China-Alkaloid 1863 promoviert werden.46 Schwabe war mit einer Apothekertochter verheiratet und hatte mit ihr fünf Kinder, engagierte sich in der Kommunalpolitik, rief verschiedene Stiftungen ins Leben und errichtete drei Genesungsheime.47 Dem späteren königlich sächsischen Kommerzienrat und Geheimen Hofrat Schwabe war das Wohlergehen seiner Mitmenschen und vor allem seiner Angestellten zeit seines Lebens ein großes Anliegen. So wirkte er auch als Vorstand der Leipziger Ortskrankenkasse.48 Er hatte sich um eine gesetzliche Krankenversicherung bemüht und unter anderem Stipendien für Pharmaziestudenten an der Leipziger Universität ausgeschrieben.49 Schwabe war Mitglied einer Freimaurerloge, außerdem wurden ihm verschiedene Ehrungen zuteil und mehrere Orden verliehen. Durch seinen tüchtigen Geschäftssinn war es ihm gelungen, ein beträchtliches Vermögen zu erwirtschaften, das sich bei seinem Tod auf 3,7 Millionen Mark belief. Hinzu kamen noch eine Villa, Apotheken und weitere Geschäfte. Schwabe hatte testamentarisch verfügt, dass das Gemeinschaftsvermögen 30 Jahre lang erhalten bleiben müsse, falls die Firma weiterbestehen bliebe. Damit wollte er deren Fortbestand absichern, was ihm auch geglückt ist.50 Bald nach seinem Studienabschluss wurde Schwabe als Administrator bei der homöopathischen Apotheke Täschner & Co. in Leipzig tätig.51 Drei Jahre später eröffnete er sein eigenes homöopathisches Versandgeschäft und erhielt 1870 nach diversen Auseinandersetzungen mit der Stadt Leipzig, den Betreibern der Homöopathischen Dispensieranstalt sowie der Vereinigten Apotheken zu Leipzig die Konzession zur Einrichtung einer homöopathischen Apotheke. Diese eröffnete er unter dem Namen „Homöopathische Central-Apotheke zum Samuel Hahnemann“.52 Schwabe verfügte außerdem über eine behördliche Genehmigung für ein „Grosso- und Exportgeschäft 46  Friedrich/Meyer (2017), S. 140 f., 143, 145–149. 47  Jäger (1991), S. 174; Firma Dr. Willmar Schwabe (1939), S. 27. 48  O. V. (1916), S. 41. 49  O. V. (1917), S. 33 f. 50  Friedrich/Meyer (2017), S. 166–168. 51  Die Homöopathische Dispensieranstalt und die Homöopathische

Centralapotheke Täschner  & Co. sind identisch. Siehe auch Michalak (1991), S. 109. 52  Dinges (1996), S. 280; Friedrich/Meyer (2017), S. 151; Michalak (1991), S. 101.

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homöopathischer Fabricate“, was es ihm ermöglichte, auswärtige Apotheken und das Ausland mit pharmazeutischen Grundstoffen für die homöopathische Arzneibereitung zu beliefern. Bereits 1878 erwarb er die konkurrierende Homöopathische Central-Apotheke Täschner & Co. am Thomaskirchhof und wurde somit in der Stadt konkurrenzlos. 1880 kam die Firma „A. Marggraf, homöopathische Offizin“ dazu53, die er von Albert Theodor Marggraf (1809–1880) zum Kauf angeboten bekommen hatte. 1896 wurde die von Carl Gruner (1798–1875) gegründete Apotheke in Schwabes Unternehmen eingegliedert und als „Gruners Homöopathische Offizin“ offiziell weitergeführt. Die von Schwabe erworbenen Apotheken und Verlagsprodukte behielten ihre ursprünglichen Namen bei, so dass auf den ersten Blick nicht ersichtlich war, dass sie zu seinem Imperium gehörten. Das außerordentlich florierende Geschäft bedurfte rasch größerer Räumlichkeiten, so dass der Betrieb 1873 innerhalb Leipzigs und 1882 in die Querstraße 3 verlegt wurde.54 Im Gebäude des Unternehmens war ab 1871 noch eine Poliklinik und Beratungsanstalt untergebracht, in der 1890 etwa 30.000 Patienten behandelt wurden.55 Hierin unterschied sich Schwabe deutlich von Boericke & Tafel, die nie Behandlungsmöglichkeiten für ein breites Publikum angeboten hatten. Schwabe hatte von Beginn an aufgrund seines Grosso- und Exportgeschäfts Depots und Auslieferungslager in ganz Deutschland. Das erste ausländische Depot wurde 1895 in Amsterdam aufgebaut.56 Ab 1924 gab es Niederlassungen in Wien, Zürich, Brüssel, Kolumbien und Niederländisch-Indien. Eine Vertretung in Kalkutta, ehemals Britisch-Indien, wurde 1926 aufgebaut. Von hier aus belieferte man Burma und Ceylon. In Chile wurden die Produkte Schwabes ebenfalls ab 1926 vertrieben. In São Paulo hatte man sogar eine eigene Produktionsstätte aufgebaut und 1927 war Schwabe auch in Montevideo sowie Uruguay tätig. In China hatte man 1925 eine Vertretung, die aber bereits nach einem Jahr wieder schloss57, vermutlich, weil die Homöopathie dort nie wirklich Fuß fassen konnte. Parallel zur Apothekeneröffnung 1866 in Leipzig wurde ein eigener Verlag für homöopathische Literatur aufgebaut58, der sich neben dem pharmazeutischen Zweig hervorragend entwickelte. Schwabes Anliegen war es vor allem, Laien mit der Homöopathie vertraut zu machen, wozu seit der Verlagsgründung die Leipziger Populäre Zeitschrift für Homöopathie diente. Bis 1890 waren mehr als 150 eigene Presseerzeugnisse erschienen, die bis etwa 1920 auf rund 350 Titel angewachsen waren, darunter viel Laienliteratur, wozu die passenden Taschen- und Hausapotheken gleich mitge-

53  Marion Baschin gibt als Verkaufsjahr der Apotheke an Schwabe 1879 an. Baschin (2021), S. 4. 54  Schwabe (ca. 1911), S. 33–36. 55  Dinges (1996), S. 284. 56  Jäger (1991), S. 174. 57  Jäger (1991), S. 178; Schwabe (1926), S. 22–24. 58  Meyer/Friedrich (2016), S. 29.

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

liefert werden konnten. Selbstverständlich platzierte Schwabe in allen Presseerzeugnissen Werbung für seine Produkte, was für den überregionalen Handel von äußerster Wichtigkeit war.59 Weiterhin verlegte er neben Fachliteratur und Firmenkatalogen die seit 1832 erscheinende, also noch zu Lebzeiten Hahnemanns begründete und bis heute fortgesetzte Allgemeine Homöopathische Zeitung.60 Selbst eine dreibändige Zeitschrift für Homöopathische Pharmazie, die sich hauptsächlich der von Schwabe verfassten homöopathischen Pharmakopöe widmete, wurde herausgegeben.61 Eine eigene Druckerei und Buchbinderei sorgten dabei für rasche Arbeitsabläufe. Zu den vielfältigen Aufgaben im geschäftlichen Bereich trat Schwabes außerordentliches Interesse an der homöopathischen Arzneiherstellung hinzu, was sich 1872 – also zehn Jahre vor der Herausgabe der Pharmakopöe von Boericke & Tafel – im Erscheinen der dreisprachigen „Pharmacopoea homoeopathica polyglottica“ niederschlug. Eine wechselvolle Geschichte und weitere vier Auflagen, nun unter dem Titel „Pharmacopoea homoeopathica polyglotta“, sollten folgen. 1901 erschien sie als „Deutsches Homöopathisches Arzneibuch“, das auf Schwabes Bestreben hin als „Normalpharmacopöe“ anerkannt werden sollte. Diese diente als Grundstein für das heutige „Homöopathische Arzneibuch“, das nach langen Bemühungen 1934 die Anerkennung als offizielles Arzneibuch erfahren hatte.62 Wie bei Boericke  & Tafel übernahm nach dem Tod Schwabes dessen Sohn, Dr. Willmar Schwabe (1878–1935), 1917 als alleiniger Inhaber das Unternehmen.63 Neun Jahre später verlegte der Sohn die Firma ein weiteres Mal, und zwar nach Paunsdorf, einen Vorort Leipzigs.64 Das Werk wurde am 26. Juni 1926 offiziell eingeweiht. Insgesamt errichtete Schwabe auf einem 30.000 m2 großen Grundstück ein zwei- bis viergeschossiges Gebäude mit einer Fläche von 4.800 m2. Erwähnenswert sind das 200 m2 große Laboratorium, der Defekturraum mit direkter Zuleitung zu einem 3.000 Liter fassenden Spiritustank, der Distillierapparat, der 200 Liter destilliertes Wasser in der Stunde produzierte, das Milchzuckerlager, der Dispensier- und Dragierraum sowie separate Zimmer für die Verreibemaschinen und Tablettenherstellung. Die Druckerei und Buchbinderei waren hier ebenfalls untergebracht. Strom wurde mittels einer eigenen Trafoanlage erzeugt, darüber hinaus waren fünf Fahrstühle und sogar ein eigener Gleisanschluss vorhanden. Hinzu kamen Arzneipflanzenkulturen in Gewächshäusern

59  Willfahrt (1996), S. 273, 281. 60  Nach der britischen Zeitschrift The Lancet, begründet 1804, gilt die Allgemeine Homöopathische Zeitung

als zweitälteste bis zur Gegenwart fortgesetzte medizinische Fachzeitschrift der Welt. 61  Dinges (1996), S. 288. 62  Friedrich/Meyer (2017), S. 160–165. 63  Meyer/Friedrich (2016), S. 71. 64  Michalak (1991), S. 127.

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und auf weitläufigen Freiflächen.65 Die Firma Schwabe war nun die größte im Bereich der chemisch-pharmazeutischen Unternehmen in Leipzig.66

Abb. 3 Fabrik von Dr. Willmar Schwabe, aus: Dr. Willmar Schwabe (1932), o. S.

Nach dem Tod Schwabes ging die Leitung des Unternehmens wiederum an die Söhne über, jetzt in dritter Generation, und zwar an Dr. Carl Reinhold Willmar Schwabe (1907–1983), der Pharmazie und Medizin studiert hatte, sowie an den Apotheker und Diplomkaufmann Willmar Carl Wolfgang Schwabe (1912–2000).67 Nun richtete man sich verstärkt auf pflanzenanalytische Forschungen sowie auf die Herstellung von Phytopharmaka aus. Während des Zweiten Weltkrieges konnte die Firma weiterhin erfolgreich arbeiten und Gewinne erzielen, musste aber durch Bombenangriffe Verluste hinnehmen. Nach dem Krieg erfolgte der Prozess der Enteignung und am 1. Januar 1952 ging der Betrieb unter dem Namen „VEB Leipziger Arzneimittelwerk“ in Volkseigentum über. Zwischenzeitlich war 1947 eine Zweigniederlassung der neuen Firma Dr. Willmar Schwabe GmbH in Karlsruhe gegründet worden68 und 1961 wurde zusammen mit der 65  Schwabe (1926), S. 27, 31–38. 66  Jäger (1991), S. 180 f. 67  Friedrich/Meyer/Seyfang (2016), S. 210 f. 68  Jäger (1991), S. 185 f.

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

Firma Madaus die Deutsche Homöopathie Union (DHU) aufgebaut69. Madaus, 1919 in Bonn vom Arzt Gerhard Madaus (1890–1942) begründet, hatte seinen Sitz in Radebeul bei Dresden und zog 1947 nach Köln. Man hatte sich zwar auf die Herstellung von biochemischen Arzneimitteln und homöopathische Komplexmittel spezialisiert, war aber von Beginn an ein ernstzunehmender Konkurrent für Schwabe.70 In den Jahren 1976 und 1977 gelangte die Unternehmensführung in die Hände von Dr. Klaus-Peter Schwabe und Dr. Wolf-Dietrich Schwabe. Heute wird die noch immer in Familienbesitz befindliche Firma Schwabe in fünfter Generation geführt und erzielt mit 4.000 Mitarbeitern weltweit einen Umsatz von 900 Millionen Euro.71 Schlussbetrachtung

Es ist bemerkenswert, wie aus zwei homöopathischen Apotheken zwei sehr erfolgreiche Unternehmen auf zwei Kontinenten in ungefähr demselben Zeitraum unabhängig voneinander entstanden sind und eine parallellaufende Entwicklung aufweisen. Die Ursprünge beider Firmen lagen jeweils in der Gründung einer homöopathischen Apotheke, nämlich 1853 in den USA bzw. 1866 in Deutschland. Dabei kam die Gründung von Boericke & Tafel eher zufällig zustande und steht im Gegensatz zu Schwabe, der ein genaues Ziel vor Augen hatte, was durch seine Berufswahl und vielleicht auch durch seinen familiären Hintergrund bereits vorgegeben war. Den jeweiligen Firmengründern war es rasch gelungen, konkurrierende Apotheken zu übernehmen, wodurch sie sich auf dem heimischen Markt für homöopathische Arzneien behaupten konnten. Es folgten bei beiden Umzügen der Stammapotheken, und nachdem beide Firmen florierten und die Räumlichkeiten nicht mehr ausreichten, wurden große Firmengebäude nach damaligem neuesten Standard eingerichtet, wovon Beschreibungen überliefert sind. Mit wachsendem Erfolg und Produktionsaufkommen wandten sich beide Unternehmen von ihrer ursprünglich rein homöopathischen Ausrichtung ab und erweiterten ihr Sortiment um Produkte, die keine klassischen Homöopathika mehr waren, wie etwa Salben, Tees, Kosmetika und Kombinationspräparate, was aus den jeweiligen Firmenkatalogen zu ersehen ist.72 Die Expansion der Geschäftstätigkeit kam bei Boericke & Tafel durch den Erwerb oder die Eröffnung weiterer Apotheken in verschiedenen amerikanischen Großstädten und des Großhandelsdepots in New York zustande. Leider konnten keine Nachweise gefunden werden, in welchen weiteren Ländern, abgesehen von Indien, Boericke & Tafel aktiv tätig waren. Bei Schwabe war von Beginn an durch sein Grosso- und 69  https://www.schwabe.de/ueber-uns/wurzeln-geschichte/ (letzter Zugriff: 21.3.2023). 70  Baschin (2012), S. 170; Friedrich/Müller-Jahncke (2005), S. 1008. 71  https://www.schwabe.de/ueber-uns/schwabe-heute/ (letzter Zugriff: 21.3.2023). 72  Siehe hierzu Dr. Willmar Schwabe (1932); Boericke & Tafel (1937).

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Exportgeschäft dieser Weg vorgegeben, während er mit seinen Apotheken lokal tätig blieb. Boericke & Tafel hingegen hatten in ganz Amerika ihre Apotheken. Erstaunlich bleibt jedoch die Tatsache, dass diese Firma nie in Deutschland Fuß gefasst hat und umgekehrt Schwabe, bis zur Übernahme von Boericke & Tafel, nicht in Amerika. Dieser Umstand legt die Vermutung nahe, dass beide über die jeweilige Marktsituation unterrichtet waren und einen etwaigen harten Konkurrenzkampf scheuten. Parallel zur Arzneiherstellung bauten beide Firmen einen eigenen Verlag auf und prägten somit die homöopathische literarische Landschaft, indem sie Fach-, aber auch Laienliteratur verlegten. Natürlich konnten beide, allen voran Schwabe, ihre Presseerzeugnisse bestens als Werbeträger nutzen. In besonderer Weise hatten sich sowohl Schwabe als auch Boericke & Tafel an das Laienpublikum gewandt und mittels spezieller Literatur sowie der dazu passenden Taschenapotheken zu einer Verbreitung der Homöopathie beigetragen. Diese Firmenpolitik brachte enorme Umsatzsteigerungen, was mit dem ausschließlichen Verkauf homöopathischer Arzneimittel nicht möglich gewesen wäre, da bekanntlich nur wenige Globuli im Krankheitsfall verabreicht werden. Die Förderung der Laienhomöopathie wurde jedoch von Ärzten als problematisch angesehen, weil dadurch einer Verwässerung der Heilweise und einer Abwertung der homöopathischen Ärzte Vorschub geleistet wurde. Boericke & Tafel hat zu diesem Trend beigetragen, da die Firma Dosierungs- und Anwendungshinweise auf ihren Etiketten der Arzneiflakons abgedruckt hatte, wobei eine derartige Herangehensweise, nämlich eine Therapie nach Indikation, den Grundprinzipien der Homöopathie widerspricht. Boericke, Tafel und Schwabe waren zudem auf dem Sektor der Arzneibereitung sehr aktiv. Eine korrekte Arzneiherstellung nach Hahnemann war allen dreien ein großes Anliegen, was sie immer betonten. Allerdings finden sich diverse Abweichungen von Hahnemanns Vorschriften in den von ihnen herausgegebenen Pharmakopöen, wie etwa die Herstellung von D-Potenzen, das Befeuchten der Globuli, verschiedene Maßeinheiten und die Zuordnung der Pflanzen in bestimmte Klassen, nach denen die Tinkturen hergestellt werden sollen.73 Beide Produzenten verwendeten überdies Trituriermaschinen zur Herstellung großer Mengen von Verreibungen. Eine großindustrielle Arzneibereitung unter exakter Einhaltung der Hahnemann’schen Herstellungsregeln wäre nicht möglich gewesen. Im Unterschied zu Boericke und Tafel war Schwabe auch auf dem therapeutischen Sektor durch Eröffnung einer Poliklinik tätig. Ein ähnlich großes soziales Engagement wie von Willmar Schwabe lässt sich für Francis Boericke und Adolph Tafel nicht nachweisen. Beide, besonders Familie Tafel, waren aber in der New Church fest verwurzelt und vermutlich in diesem Umfeld karitativ tätig.

73  Siehe hierzu Schwabe (1872); Boericke & Tafel (1882).

Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

Beide Firmen wurden an die Söhne und wiederum deren Söhne übergeben und blieben im Fall von Boericke & Tafel in Familienbesitz, bis sie schließlich an die Schwabe-Gruppe ging. Noch heute werden unter dem Dach von Schwabe Arzneimittel unter dem Firmennamen Boericke & Tafel hergestellt. Bibliographie Archivalien



Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Georgen, Glauchau

Taufregister 1826, Nr. 160, Franz Edmund Böricke



MCP Hahnemann University, Archives and Special Collections, Philadelphia

Biographical Index of the Graduates of the Homoeopathic Medical College of Pennsylvania



Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Stuttgart (IGM)

Bestände A 1543, A 1544, A 154512, B 31557, B 31604, B 33117, B 33249, B 33463, B 34230

Literatur

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Die parallele Entwicklung zweier Großhersteller von Homöopathika in Deutschland und den USA

Willfahrt, Joachim: Wie der homöopathische Apotheker und Verleger Willmar Schwabe (1839– 1917) und seine Wegbereiter im Laufe des 19. Jahrhunderts der Homöopathie ein Millionenpublikum verschafften. In: Dinges, Martin (Hg.): Homöopathie. Patienten, Heilkundige, Institutionen. Von den Anfängen bis heute. Heidelberg 1996, S. 270–295. Winston, Julian: The Faces of Homeopathy. Tawa 1999.

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Heike Gypser, Dr.

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Necessity Meets Commerce Wartime Homeopathy Kits as Historical Object Sources



MARION BASCHIN Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41, 2023, 45–63

Zwischen Notwendigkeit und Kommerz Homöopathische Kriegstaschenapotheken als Objektquellen Kurzfassung: Im Homöopathie-Archiv des Instituts für Geschichte der Medizin in Stuttgart befin-

den sich zwei verschiedene homöopathische Kriegstaschenapotheken aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Diese handlichen medizinischen Einrichtungen waren dafür gedacht, die Soldaten in Zeiten der Krise mit homöopathischen Mitteln für die Selbstmedikation zu versorgen. Durch eine vergleichende Betrachtung dieser beiden Objekte können Fragen hinsichtlich deren Herstellung sowie der verschiedenen Ausführungen beantwortet werden. Dadurch werden außerdem Mechanismen des medizinischen und pharmazeutischen Marktes wie auch Praktiken der Selbstmedikation unter extremen Bedingungen deutlich.

Introduction

In 1926, the industrial magnate, Robert Bosch (1861–1942), purchased the extensive, private collection amassed by Richard Haehl (1873–1932), a physician and enthusiastic follower of Samuel Hahnemann (1755–1843), detailing the history of homeopathy. This collection primarily stemmed from the estate of Samuel Hahnemann, and contained his scientific works and handwritten documents – such as those relating to his main work “Organon”, patient journals plus wide-ranging correspondence, including more than 5,000 letters from patients to the founder of homeopathy. Haehl also managed to purchase further patient journals and manuscripts from the descendants of the lay homeopath, Clemens Maria Franz von Bönninghausen (1785–1864), one of whose sons married the adopted daughter of Samuel Hahnemann’s second wife. This estate

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Marion Baschin

included numerous items which had belonged to Hahnemann, such as home medical kits, medical utensils and various memorabilia, which Richard Haehl displayed for the public in his private museum. This original collection has now evolved to become the Homeopathy Archive, which joins the research library for the social history of medicine and the history of homeopathy, both of which are at the core of the Institute for the History of Medicine (IGM), part of the Robert Bosch Foundation. The collection of mainly handwritten documents and objects has been and continues to be systematically extended.1 This collection now includes more than 1,000 objects. In addition to numerous examples of pharmaceutical packaging for homeopathic remedies, promotional items from various pharmaceutical companies and objects such as framed pictures, busts or medals, there are also about 75 medical kits designed as home, pocket, travel, military or cabinet variants, registered and recorded in the so-called “database of objects”. In 2019, the annual conference by the “Verein für Sozialgeschichte der Medizin”, in Ingol­ stadt, focused on taking a closer look at selected objects from the Homeopathy Archive.2 For example, the collection includes a total of three “Schwabe military medical kits” and two “wartime medical kits” from the Hahnemannia society.3 Using these selected wartime homeopathy kits as an example, I will examine certain questions which could arise from all similar objects as sources. We are not only interested in the materials used and the contents of the medical kits themselves but also in the producers who made these available and what we can find out about their use during wartime. The substances contained therein and the instructions provided with them clearly show the level of knowledge needed for adequate use of these medical kits. In addition, we have consulted information from the pharmacy price lists, plus 1  Several

objects from the original collection were regrettably lost during a bombing raid in the Second World War. With regard to the development of the archive: Dinges (2016). An overview of the inventory can be found at IGM, Homeopathy Archive. Inventory register available online at: https://www.igmbosch.de/bestände.html (last accessed: 08/03/2023). 2  The author takes this opportunity to thank the organisational team for the invitation and all participants for the valuable discussion and helpful suggestions contributed in relation to this presentation. The conference took place in Ingolstadt, from 14 to 16 November 2019, under the motto “Objekte als Quellen der Medizingeschichte” (“objects as medical history sources”). The author also thanks Marina Hilber and the publishing house producing Virus: Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin for approval of the translation. The article was published in German with the title “Zwischen Notwendigkeit und Kommerz. Homöopathische Kriegstaschenapotheken als Objektquellen”. Baschin (2020). 3  The “Homöopath[ische] Feld-Apotheke Schwabe” (“Schwabe military homeopathy kit”) was not initially classified as a wartime medical kit. This was corrected during the presentation. The three examples of this are registered under the IGM object numbers 584–1, 584–2 and 584–3. They probably stem from the time of the Second World War. An empty specimen of the “Homöopathische Taschenapotheke für den Krieg” (“wartime pocket homeopathy kit”) used by the Württemberg homeopathic lay society Hahnemannia, is classified in the archive as IGM object number 230. Over the years, it had been used to store nails and screws, leaving it in not the best state. One kit, filled with medical containers and instructions for use, has been registered as IGM object number 601. These wartime medical kits probably date back to the First World War.

Necessity Meets Commerce

publications in lay journals of homeopathy, with regard to the sale and use of these medical kits.4

Homeopathy pocket kits in context

Samuel Hahnemann had already previously packaged his collection of remedies in a portable home and pocket medical kit.5 In his work, “Organon der rationellen Heilkunde”, first published in 1810, he outlines the basis for the homeopathy he developed. Although his idea of a therapeutic system, with the “similia” principle, a thorough medical history and a rejection of diagnoses, the testing of medication on healthy persons and the diluted or “potentised” individual remedies, are all factors which contributed towards homeopathy becoming a highly popular self-medication system, it was surely not Hahnemann’s ambition to create a method of treatment which was primarily designed for self-help. In contrast: he often spoke out against lay people practicing his teaching. However, his teaching method did not meet with the expected overwhelming positive response and Hahnemann found that it was an uphill struggle to convince doctors to use homeopathy. As a result, he began to treat existing patients and others who were sick himself, by administering homeopathic tinctures and globules (small sucrose balls). As homeopathy became increasingly better known and more pharmaceutical companies were willing to produce these special remedies, chemists started to develop a wide range of various home and pocket medical kits, which contained a selection of remedies for self-help or were targeted at the treatment of specific complaints. These various collections of homeopathic remedies were then sold in the now well-known wooden boxes. These were partially compiled in line with the specifications in lay guides, contained up to 250 or 400 remedies and had room for additional instruments used for preparation and dosage. These instruments were often stored in drawers within the wooden boxes and later became common in veterinary and larger home kits. The smaller versions of the home and pocket homeopathy kits did not feature drawers, as the remedies in these kits did not usually need to be measured or weighed out. Smaller leather cases or cases to fit in coat pockets were designed to transport the globules during travels. On the one hand, the necessity of such kits became clear as the lack of qualified doctors and the difficulties in procuring medicines meant that people were urgently reliant upon self-medication. On the other hand, the wide variety of remedies made available also began to show the increasing

4  These were the LPZ (Leipziger Populäre Zeitschrift für Homöopathie) published by the chemist Willmar Schwabe and the HM (Homöopathische Monatsblätter) which the Württemberg society Hahnemannia published. 5  Specific information about Hahnemann’s medical kits: Nolte/Sparenborg-Nolte (2007) or Philipp (2005).

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commercial interest of the pharmaceutical manufacturers.6 There were special medical kits for treating animals or ones designed specifically for the needs of the agricultural industry. These were named “Feld-Apotheken” (“outdoor medical kits”), which led to some confusion, as the portable wartime kits made by Schwabe were also given the name “Feld-Apotheke” (“military medical kit”).7 Pocket or home medical kits are not in general an invention by the homeopathy world. In contrast, it has long been a wide-spread practice to use freely available medicines for purposes of self-medication and to stock certain substances assumed to help with minor everyday ailments.8 There is evidence that there were different medical kits available, in particular those designed for “times of crisis”.9 Those used in wartime and for military pharmaceutical purposes play a particularly important role. Self-medication in times of crisis is also adapted to the circumstances at hand. In the majority of cases, the supply of medicines is administered by conventional medical channels. However, the military tends to be treated as a special case in many fields, particularly when it comes to medical matters and the medical health of the armed forces was therefore organised accordingly. As early as the 17th century, the military medical departments had their own pharmacopoeia. Due to what were often extreme conditions, the doctors at the front soon realised that the most suitable military medical kits should hold as few substances as possible and that these should be as universally applicable as possible.10 As a result, medicines using a non-water basis were preferred and the recommendation was often to completely avoid fluid-based medication. These medical kits were usually roughly hewn wooden boxes, featuring several drawers and transported on carts. It was only from the end of the 18th century that individual soldiers were granted a basic medical kit in the form of a first-aid box. Special emergency kits were designed for treating officers. These contained about 80 different medicines in the form of powders, tinctures and pills, including opium for pain, valerian for sedation and camphor for stabilising the patient. The same applies to medical officer bags from the Second World War, which also included ipecacuanha powder as an emetic to induce vomiting and thereby stimulate the breathing and blood circulation.11 This is only one example of a substance also used in homeopathic prepa-

6  In greater detail: Baschin (2012), in particular pp. 42–73 and 184–209 or Winterhagen (2018), in particular

pp. 132–142. 7  As already stressed, the “Feld-Apotheke” was, in this specific case, not initially recognisable as a wartime medical kit. The “outdoor medical kit” typically sold for agricultural use usually contained 8 or 17 remedies. See also: Schwabe: Illustrierte Preisliste [s. d.], p. 27; Schwabe: Illustriertes Preisverzeichnis [s. d.], p. 34; Schwabe (1890), p. 39. 8  See also: the most recent work by Hoefert/Brähler/Eichenberg (2017) and, for a brief historical overview with additional literary references, Baschin (2012), pp. 21–40. 9  A brief, object-oriented compilation with explanations can be found in Grün (1996). 10  Grün (1996), p. 35. 11  Grün (1996), p. 36.

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rations. However, in this case, the powder was measured out according to conventional medical use. Since 1874, powders have been compressed into tablet form, although these only enjoyed widespread use from the 1890s onwards, one example being morphine tablets. Tablets were packaged in sets of five and wrapped in paper. They were then placed in a glass or aluminium vial, sealed with a cork or aluminium screw top. Intravenous injections from vials were available from the First World War onwards.12 There were no official plans or intentions to provide homeopathic treatment for the soldiers at the front.13 However, there were wartime pocket homeopathy kits which included medication for these special situations. These were provided, for example, in small metal tins and designed for initial homeopathy at the front. In contrast to conventional medical kits, no “secret drawers” were planned, as these homeopathy kits did not contain any expensive medicines or ones with strong effects.14

Examining the objects



“Schwabe” homeopathy kit

From 1871, Carl Emil Willmar Schwabe (1839–1917) sold his meticulously produced remedies via the “central homeopathy pharmacy Samuel Hahnemann”. He was able to develop an impressive pharmaceutical empire with over 750 branches in the German Reich and to largely dominate the market until the 1920s.15 From the beginning, the Schwabe product range included an impressively large selection of home and pocket medical kits.16 However, in 1914, some time passed before the soldiers who had been sent to the front were discovered as a potential target group for the pocket homeopathy kits. This can be seen in the advertisements published in the lay journal Leipziger Populäre Zeitschrift für Homöopathie (LPZ). Initially, Schwabe offered:

12  Regarding

the history of the military pharmacology and the equipping of medical kits with further literature: Mönch (1981); Müller (1993); Kuderna (1997). 13  Eisele (2010). The above work also examines the homeopathic field hospitals, which are not part of this article. Although there were homeopaths at the front, their writings do not reveal the degree to which they were able to provide homeopathic therapies. In addition to the sources named by Eisele: Heppe (1916), for Dr. Eduard Willerding (1872–1915), staff and battalion doctor, who died of epidemic typhus, Dreuw (1916); Medicus (1914); Medicus (1915); Medicus (1916); Bartels (1941); Haehl: Die homöopathische Behandlung von Verletzungen (1941); Haehl: Die homöopathische Behandlung von Wunden (1941). 14  Grün (1996), p. 34. 15  Basic information about the early history of the company: Michalak (1991); Jäger (1991); Willfahrt (1996); Meyer/Friedrich (2016). 16  In summary Baschin (2012), pp. 167–171 and 190.

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Tourist medical kits for cyclists, tourists and travellers, made of sturdy leather and containing 16 substances for remedies to be applied inwardly and outwardly, the former partially in fluid form, partially as tablets, plasters, cotton wool and bandages for self-treatment of minor accidents and ailments incurred while travelling, with brief instructions for use17

in May, for the price of 10 marks. In addition to these medical kits, small packages of bandages were available, containing dressings, bandages, plasters and a triangular sling. It was exactly these products which were available from September 1914 as “special medical kits for soldiers, cyclists, tourists and travellers”. From our current perspective, this may seem a slightly odd list of target groups, the use in wartime being mentioned in the same breath as leisure pursuits. Furthermore, Schwabe also sold “marching tablets”, which were to be taken to counteract fatigue.18 By the end of the year, Schwabe had refined his product even further: “For our soldiers at the front! Special medical kits: wartime medical kit with 11 remedies and detailed instructions for use in a convenient portable metal tin, price with tablets 3.0 marks, price with fluid dilutes, ointments or globules 2.50 marks.”19 In addition to the previously mentioned marching medical kits, there were also “dysentery medical kits” with three remedies in tablet form, labelled with instructions for use by the doctor Hans Wapler (1866–1951) from Leipzig. These were also packed in cardboard boxes in a metal tin. Ointments for frostbite were also available.20 This brief history illustrates that the respective objects in the homeopathic archive are clearly not wartime pocket medical kits from the First World War, as they are in metal tins and do only contain 10 remedies (see fig. 1). The cases labelled “FeldApotheke” (“military medical kit”), made by Schwabe, are more likely to stem from the Second World War. It should therefore be noted, that the manufacturer seems to have developed his products further and to have changed their design. 17  The

advertisement in May as published in the LPZ 45 (1914), p. 139. Original: “Touristen-Apotheke für Radfahrer, Touristen und Reisende, von dauerhaftem Leder, enthaltend 16 innerliche und äußerliche Mittel, erstere teils flüssig, teils in Tabletten, Pflaster, Verbandwatte und Binde zur Selbsthilfe bei leichteren Unfällen und Erkrankungen auf der Reise mit kurzer Gebrauchsanweisung.” 18  The advertisement in September in LPZ 45 (1914), p. 244. 19  The first advertisement of this type in the LPZ 45 (1914), p. 318, followed by one in the LPZ 47 (1916), p.  18. Original: “Für unsere Krieger im Felde! Spezial-Apotheken: Kriegs-Apotheke mit 11 Mitteln und genauer Gebrauchsanweisung in bequem bei sich zu tragender Blechdose verpackt, Preis mit Tabletten Mark 3.–, Preis mit flüssigen Potenzen, Verreibungen oder Streukügelchen Mark 2,50.” 20  Once again, the unclear target group should be noted, especially the mentioning of “soldiers at the front” and “tourists” in the same breath, for example in the LPZ 47 (1916), p. 150, or when the opposite page advertises both the wartime medical kits and the kits for tourists. The medical kits for tourists were more extensive and expensive, according to the LPZ 47 (1916), pp. 170–171. Advertisements for the wartime medical kits can be found in this journal up until 1917. By 1918, there were no more advertisements of this type. For example, from LPZ 50 (1919), p. 115, there were only advertisements for tourist kits (cyclists, tourists and travellers, 16 remedies), as well as “Marching lozenges for tourists”. About Hans Wapler, head of the homeopathic policlinic in Leipzig for many years, Schroers (2006), pp. 156–157.

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Fig. 1 “Feld-Apotheke Schwabe” (“military medical kit Schwabe”, IGM object number 584–1)

From the outside, the three examples appear to differ little. They are about 2 centimetres high, just 21 centimetres long and about 8 centimetres wide. They are made of strong cardboard and have a cover which can be closed with a popper. The glass vials inside have aluminium lids and a screw thread to secure the cap. Paper labels reveal the content of the respective vial and its dilution. However, at a second glance, there are differences to be seen: one of the three remaining “military medical kits” features leather straps which hold the vials in place, while the other two have metal clips. The composition of substances also appears to have evolved, as two of the specimens contain gelsemium and not hepar sulphuris. The advertisements in the LPZ indicate use of the following product from 1939 onwards:21

21  See also LPZ 70 (1939), page unknown but after 204 and after 214 plus LPZ 71 (1940), page unknown

but before the index. The following “pocket military medical kit” was also included in the 1940 price list under the title “Homöopathische und biochemische Haus-, Taschen- und Tier-Apotheken” (“homeopathy and biochemical home, pocket and veterinary medical kits”) and was designed “for members of the military”. Schwabe (1940), p. 22. Original: “Homöopathische Taschen-Feldapotheken ‘Schwabe’ mit 10 wichtigen Einzelmitteln* und kurzer Gebrauchsanweisung zum Preise von RM 4.50/*) Inhalt: Aconitum, Arnica,

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Pocket military homeopathy kit “Schwabe” with 10 key remedies* and brief instructions for use at a price of 4.50 marks *) Contents: aconitum, arnica, arsenicum album, belladona, bryonia, ipecacuanha, mercurius solubilis, nux vomica, rhus toxicodendron and gelsemium, each in 0.1 g tablets. ///Company logo/// Dr. Willmar Schwabe – Leipzig.

As a result, the change in composition of the substances from gelsemium to hepar sulphuris must have taken place after 1940. However, the clips for securing the vials seem to look more recent than the leather straps of the object equipped with hepar sulphuris. The reason for this change is unknown. It may be that the clips were more complicated to make or that problems with the material led to the use of leather. However, no evidence for this can be found. The design of the labels varies. Sometimes the lettering only mentions the remedy. In other cases, the company logo and a portrait of Hahnemann can be found next to the lettering. However, both label designs were in use at Schwabe from 1934 onwards.22 The instructions for use contained inside are arranged according to the remedies. This is a non-typical approach in homeopathy, as the usual practice is to select the remedy based on the complaints described. The remedy is matched to the complaints by picking the symptoms caused in a healthy person which were the most similar to those the sufferer is experiencing.23 Each substance is followed by a brief alphabetical list of the complaints which the remedy should be used for. Aconitum for feverish colds, rheumatic and neuralgic pain; arnica for injuries, bleeding or fatigue after physical exertion; arsenicum album for diarrhoea; belladonna for throat ache, inflammation of the eyes or toothache; bryonia for rheumatic pain or coughs. Gelsemium is supposed to help with headache or nerve pain and fever. Hepar sulphuris, which replaced gelsemium, was intended for treating verrucas, pus and styes. These are complaints which are not mentioned in the other substances contained, so that a change in the composition of substances may have been intended to take into account additional, previously unknown symptoms with the aim of facilitating their treatment at the front. The substance ipecacuanha, also used in conventional medicine, was intended for use for coughs, gastritis, nausea, vomiting or diarrhoea. Mercurius solubilis was also considered for diarrhoea, colds and throat ache. Nux vomica was recommended for lack of appetite, gastritis or stomach complaints. Finally, rhus toxicodendron could be taken for blunt injuries, colds or aching limbs. The substances contained therein were in-

Arsenic. alb., Belladona, Bryonia, Ipecacuanha, Mercurius solubilis, Nux vomica, Rhus Toxicodendron und Gelsemium in Tabletten zu 0,1 g. / Dr. Willmar Schwabe – Leipzig.” 22  I would like to express my thanks to Frau Rehm, Karlsruhe, for the information about the various labels. About the use of the same, Hofmann/Riha (2015). 23  Baschin (2012), pp. 42–49.

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tended to treat the expected problems at the front, primarily pain, diarrhoea-related illnesses, such as typhoid, cholera, dysentery or the consequences of drinking unclean water but also for the chills and other effects from the prolonged exposure to wet conditions. In addition to the active substances used in conventional medicine, these also contained so-called polychrests such as pulsatilla, nux vomica or bryonia. This means “widely applicable substances, for which most symptoms are similar to the most common and frequently occurring symptoms of human illnesses, at least in Europe and for which homeopathic application is most useful”.24 The testing of remedies on healthy persons produced a variety of symptoms, indicating suitability for flexible application. With a certain degree of training, such as the members of the lay homeopathy societies usually had, the substances contained therein could be administered to treat numerous other complaints which were not contained in the “range of application” described by Schwabe.25 The substances were consistently measured out in the lower dilutions common at that time, D3 or D4. Schwabe recommended the following dosage: “in lighter cases, 3× daily, in acute cases […] 2–3 tablets every ½ hour – 2 hours.” The administration in tablets had the advantage that the substances could be measured precisely and easily counted out. Schwabe was the first company to introduce tablets for homeopathic remedies (in 1890/91) and they soon grew to become very popular, due to their easy and practical use. While advertisements around the time of the First World War offered the option of wartime pocket medical kits with globules or fluid dilutions, the medical kits available from the Second World War onwards show that tablets had become the preferred choice.26 In case the substances ran out, Schwabe recommended procuring “original Schwabe packages” which were available from every chemist. Letters to the lay journals of homeopathy give us information about the use of these substances in wartime environments. Although these do not specifically mention the “military kit” from Schwabe, they do prove that the soldiers were independently supplying themselves with several substances of their own preferences and that these were intended not only for their own use but also to satisfy requests from comrades in their units. In 1915, an anonymous writer informed the readers and Schwabe that, “When I was called up to serve in the war at the end of March, I also decided that self-help is the best help and I took several homeopathic remedies with me.” According to the explanation, the selected substances, rhus, dulcamara, aconitum, nux, sulphur and arsenicum were used primarily after the person had been exposed to prolonged cold or

24  Hahnemann

(2007), vol. 2, p. 1373; Hahnemann (2007), vol. 1, p. 408; Baschin (2012), p. 194. Original: “vielnützige Mittel, deren meiste Symptome mit den Symptomen der gewöhnlichsten und häufigsten Krankheiten des Menschen, wenigstens in Europa, an Aehnlichkeit übereinstimmen und daher sehr oft hülfreiche homöopathische Anwendung finden”. 25  Regarding the knowledge gained in the lay societies, Walther (2017). 26  Baschin (2012), p. 177; Meyer/Friedrich (2016), pp. 38–43.

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wet conditions or had contracted a cold.27 One special example appears to the author to have been a “new year’s request”, a poem of ten verses which praised homeopathy and finally requested that the chemist, Schwabe, should refill his medical kit as a charitable gift.28 Positive experiences with the wartime pocket medical kits were passed on within families. One father even equipped his son with such a kit when he was called up to serve in the Second World War. The son then wrote home from the front and described using the remedies. He was not the only one to profit from the remedies, his comrades also benefited. He describes their use for stomach upsets and sore muscles but also for the effects of excessive wine consumption and when he contracted a cold.29 These additional notes show that the homeopathic substances were used to treat similar complaints in both world wars. The type of warfare seems to have had no direct influence on the need of soldiers to heal themselves of minor health complaints.

“Pocket wartime homeopathy kit” from the Hahnemannia

The Hahnemannia society was established in 1868 and soon grew to become the “umbrella organisation” for the local Württemberg-based homeopathy societies.30 Around the year 1914, the Hahnemannia was comprised of 121 societies with an impressive total of more than 12,000 members. It is no surprise that the many members of these societies, most of whom were men, were called up to serve in the war.31 As a result, the umbrella organisation reacted at an early stage and produced a “wartime homeopathy kit” for the market as early as September 1914, also known as a “wartime pocket medical kit”. As announced, “thousands of homeopathy fans”, who “went out to the front to defend the threatened fatherland”, often bitterly missed the reliable and speedy help which the remedies had given them at home when they experienced the increasing health risks out at the front.32 In response, the Hahnemannia combined “14 of the most important substances for wartime needs in sturdy containers”. Together with “brief but clear instructions by Dr. med. hom. Haehl”, the medical kit was sold for 75 pfennigs.

27  N. N.: Mitteilung (1915), p. 152; N. N.: Homöopathie (1915). As early as the 19th century, Mossa (1888),

or in wartime 1870/71 according to N. N. (1911). 28  Hauer (1915). 29  N. N. (1940). 30  Walther (2017); Hattori (2002); Staudt (1996); Wolff (1987). 31  Baschin (2012), p. 217, also Walther (2017), pp. 155–157. 32  N. N.: An unsere Mitglieder (1914), plus the longer article, N. N.: Unsere homöopathische Kriegs­ apotheke (1914). The following quotes are taken from the last of these articles. Later on, the text was used almost word for word in Homöopathische Central-Apotheke (1917), pp. 74–75. About the Mauch pharmacy in Göppingen, Baschin (2012), p. 164. The chemist, Carl Müller was manager of this pharmacy from 1898 to 1921, before leaving to open his own business.

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The remedies were produced without profit by the chemist Carl Müller (1868–1932) at the central pharmacy, Mauch, in Göppingen. These were then available directly from there or from the Adler pharmacy in Stuttgart. It goes without saying that the Hahnemannia committee was aware that the “mass-produced” “little pocket medical kits” could not fulfil “all requirements”. However, that was not the purpose, as they were primarily designed to “satisfy the needs in wartime as far as possible”. In order to “answer the objections raised from various sources”, it was stressed that the pocket medical kits were not “first-aid bandaging kits”, since every soldier was issued with a packet of bandages which was adequate for emergency dressings. Furthermore, “the numerous medical staff and many surgeons available could ensure an adequate and full treatment of wounds.” The only substance in the medical kit to be applied externally was ledum which was intended for treating insect bites, as insects “are known to be frequent in late summer and in the river valleys which our troops are occupying”. The wartime pocket homeopathy kits were primarily intended to close the “gap” created by not having the own medical kit from home: In the event of catching cold, coughs, rheumatism, toothache, stomach complaints, diarrhoea etc., followers of homeopathy are more likely to turn to their pocket medical kit when they experience the first signs of sickness, than to swallow salicylic, aspirin or to wait and see how a minor ailment turns into something more serious.33

For this reason, no serious illnesses were mentioned in the instructions for use. In such cases, soldiers must “certainly entrust themselves to the care of the doctor”. The wartime medical kit “should and can only be of initial help in times of crisis”. From October 1914 this “help in times of crisis” could even be purchased from the central homeopathy pharmacy run by Hofrat Mayer in Cannstatt. Initially, the chemist was hindered in his efforts to produce the remedies, as his assistants had been called up and he did not have sufficient staff for the production. However, the societies were soon enthusiastically sending the wartime medical kits to their members who had been called up and the price for non-members rose to one mark.34 In addition to this medical kit, compiled together with Richard Haehl, the doctor Emil Schlegel (1852–1934) from Tübingen also offered a “wartime medical kit”, the contents of which are sadly unknown. This “small and practically designed” kit was sold by the local Gmelin pharmacy for the sum of 2.20 marks.35 In as far as these were 33  Original: “Bei Erkältung, Husten, Rheumatismus, Zahnweh, Magenbeschwerden, Durchfall usw. wird

der Anhänger der Homöopathie bei den ersten Anzeichen des Uebelbefindens viel lieber zu seiner Taschenapotheke greifen, statt Salizyl, Aspirin usw. zu schlucken oder untätig zuzuwarten, bis aus einem kleinen Uebel ein großes geworden ist.” 34  N. N.: Die Kriegs-Taschenapotheke (1914). 35  This refers to Emil Schlegel, born in Karlsruhe, studied in Tübingen, where he practiced as a homeo­ pathic doctor until 1928 and then moved to Lindau-Reutin, where he remained until his death. See also Schroers (2006), pp. 124–125. The advertisement in HM 39 (1914), page unknown but supplementary sheet

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actually the same products, they did not only contain homeopathic remedies. According to a smaller advertisement, the homeopathy society Aalen sent the wartime medical kits made by Dr. Schlegel to its members at the front. These contained four remedies; levico, uzara, electrolyte and Hensel’s marching lozenges.36

Fig. 2 “Pocket homeopathy kit” (IGM object number 601)

However, if we compare the “wartime pocket homeopathy kit” in the Homeopathy Archive (from the “Hahnemannia, Württemberg regional society for homeopathy, compiled by Richard Haehl, Stuttgart”) with the previous examples, there is one clear difference: according to the instructions for use included with it, the metal tin (approx. 9 cm × 7 cm × 3 cm) should contain 15 substances. In actual fact, the tin contained eleven bottles or vials with cork seals, resting in a protective bed of cotton wool. According to the labels, these were filled with ipecacuanha, rhus, china, bryonia, colocynthis, nux vomica, mercurius corrosivus, belladonna, arsenicum album, glonoin and camphora

before the supplement to no. 9. About Richard Haehl, in addition to the details in the text and also Schroers (2006), pp. 48–49. He had studied in Philadelphia and was closely connected to the lay society Hahnemannia as secretary. 36  HM 40 (1915), pp. B6-B7. The Aalen society had sent out 17 medical kits by the time the advertisement was published. Levico was supposed to be a “preventative wartime remedy” (“Kriegspräservativ”), uzara a “dysentery remedy”. The Heidenheim society sent the following substances as individual remedies to its members at the front: Levico to treat “fatigue and weakness”, uzara to treat “discomfort of the lower abdomen and dysentery”. HM 39 (1914), p. B66. The protocol reports from the lay societies confirm that these medical kits were either given to or sent to the society members, for example IGM, Bestand Varia, V 35: Protokollbuch Verein Metzingen, Sitzung 10, Dezember 1914 or IGM, Bestand Varia, V 64: Protokollbuch Laichingen, Sitzung Januar 1915.

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rubini.37 The substances aconitum, arnica, ferrum phosphoricum and veratrum album were not present. These might have been used so frequently that their vials were empty or they could have been lost over time. According to the general instructions, the recommended dosage would be to “take 3 to 5 granules (globules) at intervals of 1 ½–2 hours.” In contrast to the instructions from Schwabe, the case at hand also mentions taking remedies on an alternating basis, for which intervals of “1 ½ to 2 hours” should be kept. It seems, that within a relatively short period, the contents and instructions provided in the medical kits had been changed. For example, ledum, for external use, is no longer mentioned. The reason behind this change is unknown. It is possible that this remedy for insect bites had become superfluous during the winter months. However, the fact that it was no longer included later on indicates that there was no great demand for it. According to the advertisements, this “wartime medical kit from the Hahnemannia society” with “15 remedies and instructions for use, priced at 1 mark” and available from December 1914, was offered as an ideal “practical Christmas present for our soldiers at the front”.38 The globules offered by the Hahnemannia society are a more traditional form of homeopathic remedies. As with the tablets, they had the advantage of being easy to count out and were simple to transport and take. The instructions for use from Haehl have a different structure to those from Schwabe.39 According to the homeopathy specifications for compiling a medical history, the doctor named the potential symptoms, complaints or colloquial terms for ailments in alphabetical order. In addition to brief instructions for bandaging wounds in the event of burns or applying plasters to boils, a list of further self-care measures such as dressings or remedial baths were listed. In contrast to the original announcement, “more dangerous” ailments, such as appendicitis, were mentioned. However, an express caution was included, that “self-treatment is only recommended until professional medical help is available!” plus a recommendation to take preventative measures, such as camphora, when at risk of cholera, or belladonna, when there was a risk of contracting scarlet fever. In his detailed instructions, Haehl shows greater differentiation or classifies individual symptoms into different categories, although he closely followed the instructions from Hahnemann. For example, the entry for coughs is as follows:

37  IGM

object number 601. Only six bottles can be seen in the photo. The item dates back to December 1914, at the earliest. The label indicates that it was produced by the central homeopathy pharmacy Hofrat V. Mayer in Cannstatt. 38  HM 39 (1914), p. B69. Similar to HM 40 (1915), p. B6, and HM 41 (1916), p. B1. Also, Homöopathische Central-Apotheke (1917), pp. 74–75. 39  The following explanations are taken from the instructions for use supplied with IGM object number 601.

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Dry, irritable coughs, particularly during the night, after chills from draughts: aconitum, dry and convulsive; belladonna. Painful coughs with fever and loss of voice; ferrum phosph[oricum]; dry, painful, stabbing pain; bryonia. For a cough with the rattling sound of mucous in the airways and difficulty coughing up phlegm: ipec[acuanha].40

The medical kit from Schwabe does not refer to coughs when recommending aconitum and belladonna but instead mentions the common cold. Ferrum phosphoricum is not contained in the smaller kit from Schwabe. Both Haehl and Schwabe recommend bryonia for a dry cough. Both sets of instructions also agree on the use of ipecacuanha. On reading Haehl’s recommendations, it is noteworthy that various remedies are mentioned for the aftereffects of “excessive alcohol consumption”. One caution reads, “Alcohol is poison to the battleworthy soldier! It may seem to lend you strength but it will always leave you weaker!” In the event of injuries, remedies should also be taken internally. Chills from draughts or prolonged exposure to wet conditions are mentioned as constant health risks and the source of numerous ailments for those in active service. Anxiety and interrupted sleep are also mentioned. In so far, there seem to be no differences in the range of complaints covered in the instructions. The wartime pocket medical kits were intended for self-treatment of minor symptoms during both the First World War and the Second World War. During the war, the medical kits still produced by Mayer in Cannstatt and Mauch in Göppingen rose in price to 1.25 marks for members and 1.50 marks for non-members.41 According to the Hahnemannia society, around 12,000 medical kits had already been sent to the soldiers in active service by the middle of 1915.42 The wartime pricelist from the Mauch pharmacy in Göppingen sold a “durable, field-grey metal tin” for the price of 2 marks in 1917. “If the military unit is specified” the medical kit could be “suitably packaged and sent as military post to the place the unit is stationed”.43 At the end of the First World War, the price rose to 2.50 marks and 3 marks respectively.44 The “response from our soldiers” with regard to the “Hahnemannia wartime medical kits” was largely very positive.45 These had been sent out “in their thousands” and, according to the feedback, were used “for stomach and digestive complaints […], whether as a result of chills and prolonged exposure to wet conditions or in response to the irregular and unsuitable nutrition”. In the letters quoted, the substances were not only used by those affected themselves but also by comrades suffering from head40  Original:

“Trockener Reizhusten, besonders nachts, nach Erkältung durch Zugluft: Aconit, Trocken krampfartig: Belladonna. Schmerzhafter Husten mit Fieber und Heiserkeit: Ferrum phosph[oricum] Trocken, schmerzhaft, stechend: Bryonia. Bei Schleimrasseln und zähem Auswurf: Ipec[acuanha].” 41  HM 41 (1916), p. B46; HM 42 (1917), pp. B30 and B46. 42  See also Eisele (2010), pp. 218–219. 43  Homöopathische Central-Apotheke (1917), pp. 74–75. 44  HM 43 (1918), p. B15. 45  This and the following as specified by Wolf (1915).

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aches, diarrhoea and toothache. Words of appreciation were included, as well as the opinion that the successful use of the homeopathic remedies were good marketing and “publicity for the cause”. Furthermore, it was suggested that there was often no doctor available or that these and the medical officers were too far away and difficult to reach. After the end of the First World War, the Hahnemannia society came to the conclusion that the “wartime pocket medical kit” has been a “great blessing” and “protected many from the effects of severe diseases”. Many of those affected were introduced to homeopathy for the first time by these medical kits and became “enthusiastic fans”.46 Towards the end of 1919, the “wartime pocket medical kit” was given a new purpose.47 The central pharmacies in Cannstatt and Göppingen continued to produce these as simple medical kits for the home and for travels, for which the price was raised to 7 marks. Members were given a 20 % discount. During the Second World War, the lay journals do not include any further announcement for wartime pocket medical kits produced by the Hahnemannia society. However, as a note in 1940 confirms, they did exist and “societies and members” are encouraged to send these practical kits to those in active service “just as in the past world war”. They are “a great blessing for our soldiers at the front” and help “to ward off minor attacks on health and immunity at an early stage”. No information is available about the substances included in these. In another article, which quotes eight excerpts from letters sent by soldiers during wartime, we can read that the societies once again sent pocket medical kits to their members serving in the war and to their sons. An emphasis is placed on the “simplicity and harmless nature of these remedies” for maintaining good health and strength for the battle. The remedies produced are described as “little cardboard boxes or tins in which the most important homeopathic remedies are packed”. It seems that the letter writers were referring not only to the kits which were recommended by the Hahnemannia society.48 Conclusion

The objects introduced in this article show various concepts and procedures for producing wartime pocket medical kits. Apart from the fact that the products from Schwabe and the Hahnemannia society differ significantly in size, materials used and the number of substances contained in the kits, there are also different approaches in the instruction leaflets and methods of administering the remedies. The wartime pocket medical kit produced by the Hahnemannia society appears to the modern eye to be

46  HM 44 (1919), p. 1. 47  HM 44 (1919), p. B33. 48  HM 65 (1940), pp. 64–65.

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more compact and practical for transporting. It also contains 15 remedies, although these were present in smaller amounts and in the less modern form of globules. Both Schwabe and the Hahnemannia society provided medical kits during the two world wars. As we can see, Schwabe changed the materials used for his products between the two wars, moving from a metal tin to a leather case. There were also changes to the composition of the kits during the wartime years: substances were replaced or added. Due to lack of documents, we do not know which substances the Hahnemannia society added when they increased the contents from 14 to 15 remedies. The reasons for omitting ledum and replacing gelsemium with hepar sulphuris is also unknown. Both producers focussed on a few, broadly applicable substances. Both versions included aconitum, arnica, arsenicum, belladonna, bryonia, ipecacuanha, nux vomica, rhus toxicodendron, plus mercurius either in solubilis or corrosivus form. The range of applications for the remedies included in the kits should have been well known to the experienced members of a lay homeopathy society, so that the substances contained would in themselves be enough to suggest a range of additional uses. Further sources confirm the use of these wartime pocket medical kits by those in active service. They show that this type of self-help was understood to be supplementary and used accordingly. It was expressly stressed that neither of the kits were designed to be first-aid bandaging kits for treating wounds or for replacing conventional medical treatment. This intention applied equally to both World War I and World War II. There is no evidence to suggest that there was any special coordination of substances included to suit any particular type of warfare or any special requirements at any section of the front. However, it is noteworthy that, as in conventional medicine, the wartime pocket medical kits were designed to contain a few key remedies which could be used for a broad range of applications. In this, there seemed to be no major differences between these particular medical kits and any other pocket medical kits available. The form in which the substances were available, was in line with common knowledge of the time, that medicines for critical situations should be easy to measure out and simple to administer. It is therefore clear that the wartime medical kits were designed to suit the purpose at hand: the reduction of materia medica to what was most essential, for a quick response to the situation and clear overview of the application. The answers to the questions originally posed and the detailed examination plus comparison point beyond the actual objects and the homeopathy itself to medical care in extreme conditions and mechanisms in the medical and pharmaceutical market. The wartime pocket medical kits illustrate the need and wishes of the soldiers in active service for adequate first aid. They are also an integral part of the history of medical self-care.

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Marion Baschin, Dr.

Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung Straußweg 17 70184 Stuttgart [email protected]

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Die Homöopathie im Lichte ihrer antiken sozioökonomischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln



JOSEF M. SCHMIDT Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41, 2023, 65–90

Homeopathy in the Light of its Ancient Socio-Economic and Intellectual Roots Abstract: In this contribution the attempt is made to cast new light on homeopathy, its history

and epistemological status. For this, its historiography is extended by including the knowledge and methods of other disciplines, in particular classical philology, philosophy, sociology and economic history. The question newly posed here – What powerful traditions of thought was Hahnemann (still) able to draw on when he founded homeopathy as a rational art of healing? – can be answered paradigmatically: Firstly, the Western history of thought is rooted in what is here called ‘lógos thinking’, which can be traced back to the first minting of coins in the ancient Greek poleis in the 6th century BC. Secondly, the Greeks had tried very early on to conceptualize what is here called ‘hómoion thinking’, which derives from a primordial attraction of similars, as an (additional) principle in the philosophy of nature. And thirdly, what is here called ‘iásthai thinking’ also has roots going back to ancient Greece. The idea that ‘who/what causes wounds can also heal’ goes back as far as the myths surrounding the Trojan War. All three traditions of thought can be pursued throughout the history of medicine and there is evidence of their more or less prominent appearance in the individual eras. Since all three are constitutive of homeopathy, it is existential for homeopathy that they are always successfully balanced. Given their otherwise corroding effects, the balanced integration of all three ways of thinking seems to also be a highly topical and urgent socio-political task.

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Einführung

Homöopathie-Geschichtsschreibung beginnt üblicherweise mit Samuel Hahnemann und verfolgt die Entwicklung seines Vermächtnisses bis in die Gegenwart.1 Selbst wo man sich mit sogenannten Vorläufern beschäftigt, werden diese meist von einem modernen Standpunkt des Denkens aus behandelt und als nicht rational zurückgewiesen.2 Typisch neuzeitlich glaubt man allgemein, auf eine längere Vorgeschichte verzichten und Hahnemanns Neuansatz ganz aus sich selbst und der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Strömungen erfassen und bewerten zu können. Auf diese Weise können aber weder langfristige Entwicklungen und Fehlentwicklungen des Denkens, in denen die heutige Sicht der Dinge möglicherweise gefangen ist, als solche erkannt und begriffen noch die Situation, in der sich die Homöopathie derzeit befindet, realistisch eingeschätzt und gehandhabt werden. Hier soll der Versuch unternommen werden, die jahrtausendealten Denktraditionen aufzuspüren, die das Abendland seit jeher und damit auch Hahnemann bei der Begründung der homöopathischen Heilkunst prägten. Anhand einer Identifizierung von drei paradigmatischen Denkarten, die sich seit der griechischen Antike wie ein roter Faden durch die europäische Geistesgeschichte ziehen, lassen sich dann sowohl die Besonderheiten der Homöopathie als auch die Einseitigkeiten der modernen Medizin klarer als sonst möglich benennen und beurteilen. Die Entdeckung und erstmalige Präsentation der für die Homöopathie konstitutiven Denkarten mag als Beispiel dienen, wie unter Einbeziehung des Wissens und der Methodik anderer Disziplinen, insbesondere der Altphilologie, Philosophie, Soziologie und Wirtschaftsgeschichte, neues Licht auf die Homöopathie, ihre Geschichte und ihren epistemologischen Status geworfen werden kann.3 Lógos-Denken

Die Form des Denkens, die heute die ganze Welt beherrscht, mit allen damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen, und die im Folgenden lógos-Denken genannt wird, geht zurück auf die Monetarisierung Griechenlands im 6. Jahrhundert v. Chr. Zu Recht gelten die Griechen als die Erfinder der Wissenschaft (epistḗmē), und es ist kein Zufall, dass der dafür grundlegende Logos in den griechischen Kolonien in Ionien, also an der heutigen westtürkischen Küste, aufkam. Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr.

1  Haehl (1922), Jütte (2005) und viele andere mehr. 2  Tischner (1932). 3  Der vorliegende Beitrag ist die erweiterte Version eines Vortrags, den der Verfasser am 13.5.2021 auf dem

169. Deutschen Ärztekongress für Homöopathie in Weimar (via Zoom) gehalten hat, zum Thema „Homöopathie und moderne Medizin einst und jetzt: Möglichkeiten und Grenzen der Synergie“.

Die Homöopathie im Lichte ihrer antiken sozioökonomischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln

wurden dort in unmittelbarer Nachbarschaft, in Lydien, weltweit die ersten Münzen geprägt – zunächst aus Ḗlektron, einer variablen Mischung aus Silber und Gold, das dort in Mengen abgebaut wurde. Die Griechen übernahmen diese Erfindung sehr schnell und prägten eigene Silbermünzen, so dass im 6.  Jahrhundert v. Chr. bereits weite Teile Großgriechenlands, das sich von der ionischen Küste bis nach Unteritalien und Sizilien erstreckte, aus vollmonetarisierten Poleis bestanden. In eben dieser Zeit, also im 6. Jahrhundert v. Chr., entstand hier zum ersten Mal auf der Welt das, was wir heute als rationales Denken, im Unterschied zum mythologischen, zu bezeichnen gewohnt sind. Der neue Blick auf die Welt war präzedenzlos und wird klar, wenn man sich die Grundfunktionen von Geld vergegenwärtigt: Geld ist ein Tauschmittel, Zahlungsmittel, Wertmaßstab, Wertaufbewahrungsmittel und beruht auf allgemeiner Akzeptanz, Exklusivität und staatlicher Sanktion. Während in homerischer Zeit, also bis zum 7. Jahrhundert v. Chr., Austausch von Gütern noch ganz ohne Geld – auf der Basis von persönlicher Reziprozität von Geschenken oder kommunaler Verteilung von Opfergaben – stattfand und obwohl sich Fernhandel mit dem Nahen Osten (Ägypten und Babylonien) zum Teil schon mit Hilfe von Silbereinheiten, die allerdings mangels Prägung abgewogen werden mussten, vollzog, bedeutete das InUmlauf-Bringen von geprägtem Münzgeld sozusagen einen Quantensprung in der Geistesgeschichte der Menschheit.4 Im Gegensatz zu (ungeprägten) Gold- oder Silberstücken war bei einer geprägten Münze deren Tauschwert oder Geldwert, also das, was man dafür auf dem Markt bekommt, nicht mehr identisch mit ihrem Gebrauchswert, also dem Wert des reinen Materials, sondern wurde allein durch das aufgeprägte Zeichen bestimmt, beruhte also nicht auf dessen Natur (phýsis), sondern auf Konvention (nómos), wie später, im 4.  Jahrhundert v. Chr., Aristoteles erläutern sollte.5 Dies erforderte und förderte die Abstraktion, weg von den sinnlich wahrnehmbaren Qualitäten der Lebenswelt hin zu einem von allem anderen abgesonderten, rein geistigen Wert bzw. Wesen. Diese täglich von allen Marktteilnehmern zu erbringende Abstraktionsleistung gehörte bald wie selbstverständlich zur sozioökonomischen Lebenswelt – und musste sich auch im Denken der ersten abendländischen Philosophen niederschlagen. In der Tat finden sich dort alle Eigenschaften des neuen Geldes wieder: Homogenität, Unpersönlichkeit, Universalität, Grenzenlosigkeit, Abstraktheit usw.6 Die ersten uns überlieferten philosophischen Konzepte des Abendlandes stammen aus Milet, der damals führenden Handelsstadt an der ionischen Küste, die im 6. Jahrhundert v. Chr. als erste durchgehend monetarisiert war. Hier wirkten zu dieser Zeit Thales, Anaximander und Anaximenes.7 4  Seaford (2004). Vgl. Thomson: Forschungen Bd. 2 (1980). 5  Aristoteles: Ethica Nic. 1133a30, in: Aristoteles (1979), S. 100; Brodbeck (2009), S. 422 ff. 6  Seaford (2004), S. 149–172. Vgl. Seaford (2020). 7  Vgl. dazu, auch im Folgenden, Gigon (1968) und Schadewaldt (1979).

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Mit seiner angesichts der Vielfalt der Erscheinungen überraschenden, weil kontraintuitiven These (títhēmen), dass Wasser (hýdōr) das erste (prṓton) und einzige (mónon) Element (stoicheíon) sei8, begründete Thales von Milet Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. die Tradition des philosophischen Monismus, das heißt der Reduktion von allem auf eines, was erst und nur in einer voll monetarisierten Polis plausibel erscheinen mochte. Für seinen Schüler Anaximander von Milet war Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. das Grenzenlose (ápeiron) der Ursprung (archḗn) der seienden Dinge (tṓn óntōn), deren Werden aus ihm (génesís) und Vergehen in es (phthorán) nach der Notwendigkeit (katá tó chreṓn) geschieht; denn sie zahlen einander Strafe (díkēn) und Buße (tísin) für die Ungerechtigkeit (tḗs adikías) gemäß der Anordnung der Zeit (chrónou táxin).9 Das Apeiron wird als ewig (aídion), alterslos (agḗro), unsterblich (athánatou) und unverderblich (anṓlethron) beschrieben.10 – Hier wird der Kosmos erstmals als abstraktes, unpersönliches und grenzenloses Gebilde, in Analogie zur juristischen Praxis in der monetarisierten Polis, vorgestellt. Sein Schüler Anaximenes von Milet schrieb Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr.: „Wie unsere Seele (psychḗ) Luft (aḗr) ist und uns zusammenhält (sygkrateí), so umfassen (periéchei) den ganzen Kosmos Pneuma und Luft (aḗr).“11 Die Luft (aḗr) wird dabei als unkörperlich (asōmáton), grenzenlos (ápeiron) und reich (ploúsion) beschrieben, da sie nie ausgeht (mēdépote ekleípen).12 – Wieder ist es genau ein abstraktes und unpersönliches Prinzip, das Mikro- und Makrokosmos zusammenhält, diesmal die Luft, wieder in Analogie zur monetarisierten Marktwirtschaft in der Polis. Xenophan aus Kolophon, einer weiteren monetarisierten Polis unweit von Milet, propagierte nach seiner Verbannung gegen Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. in Elea in Kampanien (Unteritalien) – entgegen der anthropomorphen Göttervorstellung von Homer und Hesiod13 – einen größten Gott (eis theós mégistos), der weder an Gestalt (démas) noch an Verstand (nóēma) den Sterblichen (thnētoísin) gleicht (homoíios)14, auch nicht geboren wurde (gennásthai)15, der ganz (oúlos) sieht (orái), denkt (noeí) und hört (akoúei)16, der sich nicht bewegt (kinoúmenos oudén) oder irgendwo hingeht (oudé metérchesthai)17, gleichwohl aber mühelos (apáneuthe pónoio) mit des Nus’ (Ver-

8  Thales: Fragment B 3, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 80. 9  Anaximander: Fragment B 1, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 89. 10  Anaximander: Fragment B 2–3, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 89. 11  Anaximenes: Fragment B 2, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 95. 12  Anaximenes: Fragment B 3, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 96. 13  Xenophanes: Fragment B 11, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 132. 14  Xenophanes: Fragment B 23, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 135. 15  Xenophanes: Fragment B 14, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 132. 16  Xenophanes: Fragment B 24, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 135. 17  Xenophanes: Fragment B 26, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 135.

Die Homöopathie im Lichte ihrer antiken sozioökonomischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln

nunft) Denkkraft (nóou phrení) alles schwingt (pánta kradaínei)18. – Wenngleich hier Gott auch Wahrnehmung, Intelligenz und Wirksamkeit zugestanden wird, bleibt er doch ein abstraktes Wesen, das der Welt gegenübersteht, die andererseits ganz von ihm abhängt. Von Pythagoras aus Samos, der Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. in Kroton in Kalabrien (Unteritalien), ebenfalls eine durchgängig monetarisierte griechische Polis, wirkte, wissen wir über Aristoteles, dass für ihn die Zahl (arithmón) das Wesen aller Dinge (ousían pántōn) war19, die Dinge (tá ónta) durch Nachahmung (mimḗsei) der Zahlen (tṓn arithmṓn) existieren (eínai)20, die Zahlen (arithmoús) Ursachen (aitíous) des Wesens (tés ousías) für die anderen Dinge (toís állois) sind21, die Zahlen (arithmoús) die Dinge selbst (autá tá prágmata) sind22 und die natürlichen Körper (physiká sṓmata) aus Zahlen (ex arithmṓn) hervorgehen (poieín)23.  – Auch diese präzedenzlose und kontraintuitive Sicht, dass Zahlen den Dingen innewohnen bzw. diese konstituieren, konnte nur in Analogie bzw. als Reaktion auf die ebenso präzedenzlose Ausbreitung der Universalität des abstrakten Geldwertes im 6. Jahrhundert v. Chr. zustandekommen und Zeitgenossen plausibel erscheinen. Heraklit von Ephesos, wieder eine monetarisierte Polis in Ionien nördlich von Milet, thematisierte Anfang des 5.  Jahrhunderts v. Chr. explizit den wechselweisen Umsatz (antamoibḗ) von allem gegen das Feuer (pyrós tá pánta) und des Feuers gegen alles (pýr hapántōn) – so wie der Waren gegen Gold (chrysoú chrḗmata) und des Goldes gegen Waren (chrēmáton chrysós).24 Diese Weltordnung (kósmon) ist für alle Wesen (hapántōn) dieselbe (tón autón), ein ewig lebendiges Feuer (pýr aeízōon), erglimmend nach Maßen (aprómenon métra) und erlöschend nach Maßen (aposbennýmenon métra).25 Alles (pánta) wird das Feuer (pýr) richten (krineí) und einholen (katalḗpsetai).26 – Hier wird erstmals die Analogie zwischen dem weltbeherrschenden abstrakten Prinzip des Feuers und dem Zahlungsmittel und Wertmaßstab Gold ausgesprochen, das gegen alles getauscht werden kann, dadurch den Kreislauf der Waren in Gang hält, dabei selbst aber von allem Wandel unberührt bleibt. Die Seele (psychḗs) enthält nach Heraklit tiefen Logos (bathýs lógon échei)27 bzw. hat Logos (lógos), der sich selbst mehrt (heautón aúxōn)28. Alles (pántōn) geschieht

18  Xenophanes: Fragment B 25, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 135. 19  Aristoteles: Metaphysica 987a19, in: Aristoteles (1980), S. 17. 20  Aristoteles: Metaphysica 987b11, in: Aristoteles (1980), S. 18. 21  Aristoteles: Metaphysica 987b24, in: Aristoteles (1980), S. 19. 22  Aristoteles: Metaphysica 987b27 f., in: Aristoteles (1980), S. 19. 23  Aristoteles: Metaphysica 1090a32, in: Aristoteles (1980), S. 301. 24  Herakleitos: Fragment B 90, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 171. 25  Herakleitos: Fragment B 30, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 157 f. 26  Herakleitos: Fragment B 66, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 165. 27  Herakleitos: Fragment B 45, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 161. 28  Herakleitos: Fragment B 115, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 176.

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(ginoménōn) nach dem Logos (katá tón lógon).29 Gemäß dem Logos ist alles (pánta) eins (hén).30 Der Logos ist gemeinsam (xynoú).31 Mit dem Logos (lógōi) verkehren (homiloúsi) die Menschen am meisten (málista) andauernd (diēnekṓs).32 Die Wachen (egrēgorósin) haben eine einzige und gemeinsame Welt (héna kai koinón kósmon).33 Nur eines ist weise (hen tó sophón): sich auf den Gedanken zu verstehen (epístasthai gnṓmen), welcher alles auf alle Weise zu steuern weiß (hotéē ekybérnēse pánta diá pántōn).34 Logos meint hier also sozusagen das, was die Welt im Innersten zusammenhält bzw. dessen Erkenntnis. Während aber die Mehrheit der Menschen nur den ständigen Wandel der Erscheinungswelt sieht, sind nur wenige fähig, den wahren gleichbleibenden Hintergrund und vor allem die Dialektik von beiden Ebenen zu erfassen. So heißt es weiter: Das Weise (sophón) ist von allem (pántōn) abgesondert (kechōrisménon).35 Die Natur (phýsis) liebt es, sich zu verbergen (krýptesthai phileí).36 Unsichtbare Harmonie (harmoníē aphanḗs) ist stärker (kreíttōn) als sichtbare (phanerḗs).37 Man sollte recht verstehen (xyniásin), wie Auseinandergetragenes (diapherómenon) mit sich selbst (heōutṓi) zusammengeht (homologéei): gegenstrebige Vereinigung (palíntropos harmoníē) wie die des Bogens (tóxou) und der Leier (lýrēs).38 Parmenides, der wohl erst nach einem Studium bei Anaximander in Milet nach Elea in Kampanien (Unteritalien) auswanderte39, forderte, ebenfalls Anfang des 5.  Jahrhunderts v. Chr., explizit: Urteile (krínai) nach dem Logos (lógōi)40! Die Wahrheit (alētheíēs) bestand für ihn darin: Dasselbe (tó autó) ist Denken (noeín) und Sein (eínai).41 Was Parmenides unter Sein versteht, ist ungeboren (agéneton), unvergänglich (anṓlethrón), körperlich ganz (oulomelés), unerschütterlich (atremés), ohne Ziel (atéleston), ein Ganzes (pán), Eines (hén), ein Zusammenhängendes (synechés), ganz von Seiendem erfüllt (pán dʼ émpleón eóntos), unbeweglich (akínēton), aber auch in den Grenzen (én peírasi) großer Bande (megálōn desmṓn), ohne Ursprung (ánarchon) und ohne Aufhören (ápauston), ohne Entstehen (génesis) und Vergehen (ólethros), dasselbe (tautón) in demselben (én taútōi) und unbedürftig (oúk epideués). Die Notwen29  Herakleitos: Fragment B 1, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 150. 30  Herakleitos: Fragment B 50, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 161. 31  Herakleitos: Fragment B 2, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 151. 32  Herakleitos: Fragment B 72, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 167. 33  Herakleitos: Fragment B 89, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 171. 34  Herakleitos: Fragment B 41, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 160. 35  Herakleitos: Fragment B 108, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 175. 36  Herakleitos: Fragment B 123, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 178. 37  Herakleitos: Fragment B 54, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 162. 38  Herakleitos: Fragment B 51, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 162. 39  Nietzsche (1995), S. 282–284. 40  Parmenides: Fragment B 7, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 234 f. 41  Parmenides: Fragment B 3, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 231.

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digkeit (anágkē) hält es also in den Banden der Grenze (peíratos en desmoísin), die es rings (amphís) umzirkt (eérgei).42 Da es eine letzte Grenze (peíras pýmaton) gibt, ist es vollendet (tetelesménon) von allen Seiten (pántothen), einer wohlgerundeten Kugel (eukýklou sphaírēs) Masse/Würde (ógkōi) ähnlich (enalígkion), von der Mitte her (messóthen) überall (pántēi) gleichgewichtig (isopalés), ganz (pán) unversehrt (ásylon), von allen Seiten (pántothen) gleich (íson), gleichmäßig (homṓs), trifft es auf Grenzen (én peírasi kýrei). Die Rechtsgöttin (Díkē) hat es (das Sein) weder zum Werden (oúte genésthai) noch zum Vergehen (oútʼ óllysthai) in den Fesseln gelockert (chalásasa pédēisin), sondern hält es fest (allʼ échei).43 Die epistemologische Trennung zwischen geistiger Abstraktion und der Sinneswelt wird hier explizit und erreicht ihren Höhepunkt. Das Sein wird als eigene absolute Sphäre vorgestellt, losgelöst von allem Nichtseienden – als würde man ausschließlich auf den Geldwert fokussieren, ohne zu bedenken, dass dieser die Zirkulation der Waren braucht, ohne den es ihn selbst nicht gäbe. Als einzige Grenze des ansonsten autark gedachten Seins wird dessen Unveränderlichkeit gedacht – ganz in Analogie zum Geldwert, der als Einziges im Warenkreislauf invariant gehalten werden muss, damit nicht alles in Beliebigkeit ausufert. Parmenides hatte eine enorme Wirkung auf Platon und die gesamte abendländische Philosophie. Mit Anaxagoras aus Klazomenai, einer monetarisierten und ökonomisch fortschrittlichen Polis in Ionien nahe Kolophon, kam – nach seiner Flucht vor den Persern – die Philosophie schließlich im 5. Jahrhundert v. Chr. nach Athen. Seine Lehre, dass der Nus (noús) über alles (pántōn) die Herrschaft habe (krateí)44, wurde von den Athenern allerdings ebenso feindlich aufgenommen wie die Suche des Schülers seines Schülers Archelaos, Sokrates, nach der einzigen rechten Münze (mónon tó nómisma orthón), gegen die man alles (andere) vertauschen muss (antí hoú deí pánta taúta katalláttesthai), nämlich die Vernünftigkeit (phrónēsis)45. Hatten die vorsokratischen Philosophen durchgängig in autoritären Regimen (wie Milet, Ephesos, Samos oder Kolophon) gewirkt, wo die neue universelle Macht des Geldes in der Person des Tyrannen anschaulich und unmissverständlich verwirklicht war, stieß das neue lógos-Denken in Athen, das 508 v. Chr. unter Kleisthenes eine Demokratie geworden war, auf Widerstand, zumal eine Demokratie nicht auf erzwungenen, sondern freiwilligen Zusammenhalt ihrer Bürger angewiesen ist, der am ehesten durch gemeinsame Mythen, Traditionen und Werte gewährleistet wird und nicht durch abstraktes lógos-Denken, das vor allem den Egoismus jedes Einzelnen fördert.

42  Parmenides: Fragment B 8, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 235–240. 43  Parmenides: Fragment B 8, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 235–240. 44  Anaxagoras: Fragment B 12, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 37–39. 45  Platon: Phaidon 69a9 f., in: Platon (1900–1907), Bd. 1, S. 97.

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Um die Zersetzung vor allem der Jugend abzuwehren, wurden Anaxagoras und Sokrates tatsächlich zum Tode verurteilt.46 Die mit dem neuen lógos-Denken einhergehende Relativierung der Konventionen ließ dennoch nicht lange auf sich warten. Als Vertreter des neuen Geschäftsmodells der Sophisten, gegen Geld den neuen lógos zu unterrichten, sei hier nur Protagoras genannt, der im 5. Jahrhundert in Athen lehrte, dass aller Dinge (pántōn chrēmátōn) Maß (métron) der Mensch (ánthrōpos) sei, der seienden, dass sie sind (tṓn óntōn hōs éstin), der nicht seienden, dass sie nicht sind (tṓn oúk óntōn hōs oúk éstin).47 – Die absolute Trennung zwischen Sein und Schein wurde jetzt als Konstruktion denunziert und der Dekonstruktion und subjektiven Rekonstruktion einer zahlungskräftigen neuen Elite überantwortet. Mit Platon und Aristoteles erfolgte im 4. Jahrhundert v. Chr. in Athen schließlich die Aufarbeitung und Integration der gesamten vorsokratischen Philosophie in eine klassische kanonische Form, die das gesamte Denken des Abendlandes für immer prägen und bis heute bestimmen sollte.48 Hómoion-Denken

Neben dieser soeben genealogisch hergeleiteten Form des monetär getriebenen lógosDenkens gab es seit jeher auch eine andere mächtige Art des Denkens, das im Folgenden hómoion-Denken genannt wird. Dass sich Ähnliches, Verwandtes und Gleichartiges anzieht, miteinander befreundet ist, sich miteinander verbindet, sich angenehm ist, während sich Verschiedenes und Fremdes abstößt bzw. einander feindlich ist, mag jedem archaischen Menschen vertraut und selbstverständlich sein. Die Unterscheidung zwischen einander Gleichem und einander Verschiedenem, zwischen Eigenem und Fremdem und die zugehörige soziale Praxis des Einschließens und Ausschließens ist also eines der ursprünglichsten Ordnungs- und Orientierungsprinzipien der Menschheit. – Noch Äonen vor dem neuzeitlichen Dualismus von Subjekt und Objekt wurde einander Ähnliches nicht als Relation zwischen separaten Dingen, sondern als veritable Einheit empfunden, also etwa ein Clan und sein Totemtier, der Einzelne und die Gruppe, das Wasser

46  Sokrates’ Tod 399 v. Chr. durch den Schierlingsbecher ist bekannt. Von Anaxagoras ist überliefert, dass

auch er ca. 430 v. Chr. wegen Gottlosigkeit (asébeia) zum Tode verurteilt, jedoch durch Intervention seines Schülers Perikles wieder freigelassen wurde. Daraufhin soll er sich nach Lampsakos (in Mysien, an den Dardanellen) zurückgezogen haben und dort im Exil gestorben sein. Diogenes Laertius (1990), S. 78–80. 47  Protagoras: Fragment B 1, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 263. 48  Vgl. dazu das berühmte Diktum des englischen Philosophen Alfred North Whitehead: „The safest general characterization of the European philosophical tradition is that it contains a series of footnotes to Plato.“ Whitehead (1929), S. 39.

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des Regenmachers und der damit herbeibeschworene Regen usw. Magie, Astrologie, Alchimie usw. beruhen alle auf diesem sympathetischen Ähnlichkeitsdenken. Bei den Griechen spielten seit jeher verwandtschaftliche Bindung und Kultgemeinschaft eine große Rolle, so dass das Wort phíloi (Freunde) zunächst und vor allem auf die Verwandten (syggeneís) bezogen wurde.49 Erst mit den Vorsokratikern begann der Versuch, das diffuse und omnipräsente Zugehörigkeitsgefühl unter Gleichartigen als ein naturphilosophisches Prinzip zu konzeptualisieren, eben das hómoion-homoíōPrinzip. Hómoios (bzw. homoiótēs, Ähnlichkeit) meint hier Gleichheit der Gestalt und Erscheinung, der Form, der Eigenschaft, also eine qualitative Wesensgleichheit – während ísos eine quantitative Gleichheit, ein Mehr oder Weniger an Kraft, Macht, Ehre, Stärke, Größe, Zahl bezeichnet. Hómoios wäre also eher eine geometrische, ísos eine arithmetische Gleichheit. Hintergrund für diese Konzeptualisierungswelle des hómoion-Denkens war auch hier die Monetarisierung der griechischen Stadtstaaten im 6. Jahrhundert v. Chr. und die daraus resultierende lógos-Rationalität, die alles und jedes logisch begreifen wollte, hier eben das hómoion-Denken, das, obwohl es älter und umfassender ist, nun sozusagen in spanische Stiefel zu schnüren versucht wurde.50 – Da der heutige wissenschaftliche Affirmationshorizont aber durch und durch vom lógos-Denken geprägt ist, sind wir zunächst – rekonstruierend – auf diesen Zugang angewiesen. Die jedem geläufige Tatsache, dass Menschen gleicher Wesensart eine natürliche Zuneigung zueinander haben, wie dies noch bei Homer zu finden ist (tón homoíon ágei theós hos tón homoíon)51, wurde von den Vorsokratikern erstmals als Erklärungsprinzip auch von Vorgängen in der Natur bzw. im Kosmos zugrunde gelegt und rational zu begründen versucht. Der Begriff des Gleichen ergibt allerdings nur Sinn als Abgrenzung von bzw. in Konfrontation mit seinem Gegenteil, dem Begriff des Ungleichen. Auch Homer und Hesiod kannten etwa den Unterschied zwischen Menschen und Göttern bzw. zwischen verschiedenen Göttern untereinander. Als kosmisches Ordnungsprinzip mochte das Streben des Gleichen zueinander zwar das Phänomen des Wachstums erklären, aber nur Scheidung des Ungleichen und Verbindung des Gleichen machen noch keinen Kosmos. Dazu bedurfte es auch eines Gegenprinzips, nämlich die Mischung des Ungleichen bzw. Entgegengesetzten und dessen Zusammenhalt zugunsten des Ganzen. Erst wenn man beide (komplementären) Prinzipien zusammennahm, also hómoion-homoíō und enantíon-enantíō, ließen sich alle Phänomene der Natur verständlich machen. Während die Freundschaft des Gleichen als das natürliche Verhalten der Dinge angesehen wurde, musste die Einheit des Verschiedenen auf die Einwirkung einer besonderen Kraft zurückgeführt werden. 49  Vgl. dazu Thomson: Forschungen Bd. 1 (1980). 50  Vgl. dazu: „[…] Collegium Logicum. / Da wird der Geist Euch wohl dressiert, / In Spanische Stiefeln

eingeschnürt […]“. Goethe: Faust I, V. 1911–1913, in: Goethe (1977), Bd. 5, S. 200. 51  Homer: Odyssee 17,218, in: Homer (1917–1919), Bd. 4, o. S.

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Die Überwältigung des Entgegengesetzten erwies sich dabei als die Kehrseite der Freundschaft des Ähnlichen. So lässt sich zum Beispiel der Prozess der Ernährung und des Wachstums sowohl auf die freundschaftliche Vereinigung von Gleichem als auch auf die Überwindung bzw. Aneignung des Entgegengesetzten zurückführen.52 Während sich bei den milesischen Philosophen (Thales, Anaximander, Anaximenes) sowie bei Pythagoras in Kroton, also im 6. Jahrhundert v. Chr., noch keine Thematisierung eines Ähnlichkeitsprinzips findet, klingt der Gedanke bei Heraklit in Ephesos im 5. Jahrhundert erstmals an, wenn er erklärt, dass die unsterbliche Seele (áphtharton psychḗn) nach dem Tod des Körpers „zum Artverwandten zurückkehrt“ (anachōreín prós tó hómogenés)53, womit er wahrscheinlich das Urfeuer meinte. Mit Parmenides beginnt in Elea (Kampanien) im 5. Jahrhundert die systematische Anwendung des Ähnlichkeitsprinzips auf Physik und Erkenntnistheorie, im Rahmen seiner dialektischen Behandlung des Gleichen und Ungleichen. Im absoluten Zustand des Seins und der Wahrheit ist zwar kein Platz für ein dynamisches hómoion prós homoíon, gleichwohl kann die Einheitlichkeit des Seins nur von einem ebenso einheitlichen Denken (noeín) erkannt werden, so dass Parmenides sagen kann: Denken (noeín) und Sein (eínai) sind dasselbe (tó autó).54 Die Welt der Meinungen dagegen besteht aus Gegensätzen, die sich gegenseitig ausschließen, die nicht ineinander übergehen können (wie etwa die wechselnden Zustände der milesischen archḗ), sondern sich nur miteinander mischen und so die Scheinwelt entstehen lassen. Um die heterogenen Elemente – gegen ihre natürliche Abneigung, sich mit Gegensätzlichem zu mischen – zur Vereinigung zu zwingen, ist eine alles steuernde Göttin (daímōn hé pánta kybernái) nötig.55 Erst der Tod erlaubt die Auflösung der unfreiwilligen míxis und die Rückkehr zum Artverwandten. Erkenntnis wiederum hängt von der jeweiligen Mischung (krásin) bzw. dessen Übergewicht (pléon) ab56, so dass zum Beispiel je nach Dominanz von Licht oder Dunkelheit im erkennenden Geist dann die Welt bzw. das Sein ebenso wahrgenommen wird. Dass sozusagen die natürlichen Fliehkräfte der Gegensätze durch eine besondere Macht zur Mischung gezwungen werden müssen, ohne die sie sich gleich wieder trennen, erscheint vor dem Hintergrund einer monetarisierten Marktwirtschaft tendenziell egoistischer und konkurrierender Geldsubjekte, die gleichwohl von oben zu regulieren ist, plausibel. Empedokles von Akragas, eine griechische Polis in Sizilien, die 472 eine Demokratie wurde, konzeptualisierte im 5. Jahrhundert v. Chr. hingegen ein wesentlich belebteres Weltbild als Parmenides: Seine Elemente lieben, sehnen sich (phílen, potheítai,

52  Müller: Gleiches (1965), S. IX–XIX. 53  Herakleitos: Fragment A 17, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 148. 54  Parmenides: Fragment B 3, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 231. 55  Parmenides: Fragment B 12, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 242 f. 56  Parmenides: Fragment B 16, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 244.

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thélon), freuen sich (gaíōn) und haben Anteil am Denken (phrónēsin échein kaí nṓmatos aísan).57 Als alles bestimmende Mächte werden Liebe (philótēs) und Streit (neíkos) angenommen.58 Dabei bewirkt Freundschaft die Verbindung von Elementen, seien sie gleichartig oder verschieden. Feindschaft dagegen führt zu Trennung, jedoch nur unter Artfremden; das Gleichartige kann sich nicht verfeinden, das wäre Hass gegen sich selbst. In der Periode der philótēs vereinigt sich alles in Liebe. Dementsprechend sind im ursprünglichen kosmologischen Zustand der Kugel (sphaíros) alle Unterschiede, wie gleich versus ungleich oder verwandt versus fremd, aufgehoben. Unter der Herrschaft des neíkos bricht diese Einheit auseinander, zwischen das Artverschiedene legt sich trennender Streit; die Liebe muss sich auf Freundschaft mit dem Gleichartigen beschränken, wird also zur Eigenliebe, was aber den Zerfall des Alls in seine Elemente bedeutet. Einzelwesen können nur durch die gleichzeitige Wirksamkeit von philótes und neíkos existieren: Sie sind einerseits durch Streit aus dem kosmischen sphaíros ausgeschieden, andererseits werden sie durch Liebe zur Einheit ihres Wesens zusammengehalten. Ähnliches gilt für die Erkenntnis: Damit wir zum Beispiel durch Erde die Erde schauen können, durch Wasser das Wasser usw.59, muss eine Verwandtschaft zwischen dem Schauenden und dem Geschauten vorliegen, aber auch eine Verschiedenheit zwischen den einzelnen Elementen untereinander60. Vermöge seiner gleichmäßigen Mischung aller Elemente kann der Verstand alles erkennen, während die Sinne jeweils nur eine Teilwahrnehmung erlangen, jedes Mal nach demselben Prinzip der Ähnlichkeit. Zuletzt meinte Empedokles, der seinen Leib und Aufenthalt als fremd empfand61, zum Göttlichen zurückzukehren, ganz nach dem Prinzip hómoion prós homoíon. Anaxagoras aus Klazomenai, der, wie erwähnt, die ionische Aufklärung im 5. Jahrhundert nach Athen brachte, nahm eine unendliche Zahl von Qualitäten an, die aus der Urmischung, in der alle Dinge beisammen (homoú pánta chrḗmata) waren, vom Nus (noús) geschieden werden (krínein), indem er die Mischung (meígma) in eine Wirbelbewegung (perichṓrēsis) versetzt.62 Nach dem Grundsatz Gleiches zu Gleichem wird so eine immer weitere Differenzierung der ausgeschiedenen Teilmengen erreicht, bis sich Entmischung und Vermischung, Entstehen und Vergehen die Waage halten. In

57  Empedokles: Fragmente B 22,5; B 21,8; B 110,9; B 27,4; B 28,2; B 110,10; vgl. Fragment B 62,6, allesamt in:

Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 320, 324, 335, 353. 58  Empedokles: Fragmente B 17–22, 26, 35 f., 109, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 315–321, 323, 326–328, 351. 59  Empedokles: Fragment B 109, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 351. 60  Vgl. dazu „Kein Auge könnte je die Sonne sehen, wäre es nicht sonnenhaft (ou gár án pṓpote eíden oph­ thalmós hḗlion hēlioeidḗs mḗ gegenēménos)“. Plotin: Enneaden I,6,9,31 f., in: Plotin (1956–1971), Bd. 1, S. 24, sowie „Wär nicht das Auge sonnenhaft, / Die Sonne könnt es nie erblicken; / Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft, / Wie könnt uns Göttliches entzücken?“ Goethe: Zahme Xenien II, in: Goethe (1977), Bd. 1, S. 629. 61  Empedokles: Fragmente B 118 und B 126, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 1, S. 359 und 362. 62  Anaxagoras: Fragment B 1–12, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 32–39.

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allen Bestandteilen der Welt bleiben aber immer alle anderen Substanzen beigemischt, so dass auch deren Gleichartigkeit, also etwa zwischen Fleisch und Fleisch, Knochen und Knochen usw., nur relativ ist, je nach Vorhandensein der gleichen Grundstoffe. Nur der Nus ist rein (katharón) und unvermischt (amigé) und allein selbst für sich (mónos autós epʼ eōutoú).63 Die Weltentstehung geschieht zwar nach dem Grundsatz „Verwandtes wird zueinander gebracht“ (tá syggenḗ phéresthai prós állēla)64, doch geschieht diese Bewegung nicht, wie bei Empedokles, durch ein Wollen oder Sich-Sehnen, sondern wird den Spermata von außen, ohne eigene Anteilnahme, vom Nus aufgezwungen. Alles ordnet also der Geist (pánta diekósmēse noús)65, wie genau, erläuterte Anaxagoras jedoch nicht. Ernährung und Wachstum wird nach dem Gleichheitsprinzip erklärt. Dass zum Beispiel aus Nichthaar ein Haar werden kann, liegt daran, dass in jeder Nahrung unter anderem auch Haar enthalten ist und der Organismus Gleiches an sich zieht.66 Der Nus bleibt sich ganz wesensgleich (pás hómoiós), in Bezug auf den Mikrokosmos wie auf den Makrokosmos (kaí ho meízōn kaí ho eláttōn).67 Wahrnehmung (aísthēsis) geschieht durch Schmerz (metá lýpēs), durch Kontakt mit etwas, was der eigenen Natur zuwiderläuft, das heißt einem anhómoion bzw. enantía.68 Dies scheint zwar Empedokles’ Erkenntnistheorie zu widersprechen, beide Male basiert die Argumentation aber auf dem Ähnlichkeitsprinzip, zumal die Freude bei Kontakt mit einem hómoion ja unstrittig bleibt. Während Empedokles und Anaxagoras von einer Vielzahl von Qualitäten ausgingen, nahmen die Atomisten, also Leukipp und Demokrit aus Milet oder Abdera, einer wohlhabenden, seit dem 6. Jahrhundert monetarisierten Polis in Thrakien, im 5. Jahrhundert nur noch eine Vielzahl qualitativ gleichartiger Korpuskel im leeren Raum an, die sich bloß nach Größe und Gestalt unterscheiden. Jedes dieser sogenannten Atome oder idéai wird als einheitlich, unteilbar, unvergänglich und unveränderlich gedacht, ganz wie das Seiende (eón) des Parmenides. Was als Veränderung, Entstehen und Vergehen erscheint, ist nur Verbindung und Trennung der Atome.69 Der physikalische Monismus wird hier erstmals mit dem hómoion-homoíō-Prinzip begründet: Alle Atome müssen demnach qualitativ einheitlich sein, da nur Gleiches auf Gleiches einwirken bzw. von ihm Einwirkungen erfahren könne.70 Umgekehrt wird auch versucht, das Prinzip, dass Gleiches zu Gleichem geführt wird (phéresthai tá hómoia prós tá hómoia), aus mechanischen Ursachen begreiflich

63  Anaxagoras: Fragmente B 12; A 100, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 37, Z. 20, und S. 29, Z. 30. 64  Anaxagoras: Fragment A 41, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 15, Z. 25. 65  Anaxagoras: Fragment B 12, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 38, Z. 11. 66  Anaxagoras: Fragment B 10, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 37. 67  Anaxagoras: Fragment B 12, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 39, Z. 4 f. 68  Anaxagoras: Fragmente A 92 (29) und A 94, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 28, Z. 6 f., und S. 28, Z. 35. 69  Leukippos: Fragmente A 7 und A 19; Demokritos: Fragment A 37; vgl. Demokritos: Fragmente A 41 und

A 61, allesamt in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 73, Z. 8 f.; S. 76, Z. 19 f.; S. 94, Z. 1; S. 95, Z. 2 f.; S. 100, Z. 4. 70  Demokritos: Fragment A 135, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 114, Z. 25 f.

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zu machen, etwa beim Schütteln eines Siebes mit verschiedenen Getreidesorten und beim Anspülen von Steinen durch Brandung. Je nach Größe und Form der ansonsten gleichartigen Steine reagieren diese auf gleiche mechanische Einwirkung in gleicher Weise, so dass die kleinen bei den kleinen und die großen bei den großen zu liegen kommen.71 Mit gegenseitiger Anziehung oder Wahlverwandtschaft hat das nichts mehr zu tun. Die Atomisten kennen nur Druck und Stoß als Ursachen der Bewegung. Auf diese Weise bewirkt auch der kosmogonische Wirbel (díne) eine Sonderung des abgetrennten Atomgemenges durch Zusammenführung des Gleichen, wobei die kleinsten Atome zur Peripherie hin und die größten im Zentrum sich anordnen, was jeweils Feuer und Erde entspricht und Leichtigkeit und Schwere erklären soll. Im Sinne des hómoion-homoíō-Prinzips schafft laut Demokrit „Gleichheit der Gesinnung Freundschaft“ (homophrosýne philíēn poieí)72, wodurch an Stelle der Blutsverwandten als naturgegebene Freunde nun auch Gesinnungsfreunde treten. Im Corpus Hippocraticum73, das ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. in Kos, vor der ionischen Küste, entstand und medizinische Schriften unterschiedlicher Autoren und Schulen enthält, werden physiologische Ausführungen zu Entstehen, Wachstum, Ernährung und Aufbau des Organismus durchwegs nach dem hómoion-homoíō-Prinzip begründet, sei es nach Empedokles, Anaxagoras oder Demokrit; zum Teil auch mit dem enantíon-enantíō-Prinzip, was kein Widerspruch sein muss, denn Freundschaft des Gleichen und Feindschaft des Entgegengesetzten schließen sich nicht aus74. In der Schrift „Über die alte Heilkunst“ wird über die Gleichartigkeit hinaus die Angemessenheit der Diät bezüglich der individuellen Konstitution betont, aus dem hómoion wird dann das symphéron, das Zuträgliche.75 Wo es Gegensätze gibt, etwa warm und kalt oder feucht und trocken, gilt für die Therapie das Contrarium-Prinzip (tá enantía tṓn enantíōn estín iḗmata).76 Die Wirkung aber zum Beispiel von Purganzen wird nach dem hómoion-homoíō-Prinzip so erklärt, dass das Pharmakon den krankheitsbildenden Saft an sich zieht, mit sich zieht und ausscheidet.77 Mit den Sophisten des 5. Jahrhunderts wurde das hómoion-homoíō-Prinzip auch als Grundlage eines erkenntnistheoretischen Relativismus benutzt, insofern bei Protago71  Demokritos: Fragment B 164, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 176 f. 72  Demokritos: Fragment B 186, in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 183. 73  Hippokrates (1933–1940); Hippokrates (1839–1861). 74  Müller: Gleiches (1965), S. 112–150. 75  Hippokrates: De prisca medicina (perí archaíēs iētrikḗs), in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 1, S. 570–636;

vgl. De locis in homine (perí tópōn tṓn katá ánthrōpon), cap. 27, in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 6, S. 320, Z. 3. 76  Hippokrates: De flatibus (perí physṓn), cap. 1, in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 6, S. 92, Z. 10 f.; vgl. De victu salubri (perí diaítēs hygieinḗs), cap. 2, in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 6, S. 76, Z. 3; De locis in homine (perí tópōn tṓn katá ánthrōpon), cap. 42, in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 6, S. 334, Z. 1–10; De morbo sacro (perí hierḗs noúsou), cap. 18, in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 6, S. 394 ff.; De affectionibus (perí pathṓn), cap. 11, 36, 38, in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 6, S. 218, Z. 16; S. 246, Z. 13; S. 248, Z. 12. Vgl. Müller: Gleiches (1965), S. 142–145. 77  Hippokrates: De natura hominis (perí phýsios anthrṓpou), cap. 6, in: Hippokrates (1839–1861), Bd. 6, S. 44.

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ras der Mensch zum Maß aller Dinge erhoben wurde und jedem nur das Seine, Vertraute, Verwandte und ihm Gleiche gefalle (tó hómoion tṓ homoíō hēdý), was einem neuen Individualismus Vorschub leistete. Freundschaft wurde nun, gehäuft im 5. Jahrhundert, nicht mehr nur auf Blutsverwandtschaft (syggéneia) zurückgeführt, sondern auf Gleichheit des Charakters (homoiótropoi), der Interessen, Leistungen und Sympathien. Der Gleichheitsgedanke ließ sich sowohl in kosmopolitischer Absicht verwenden, indem die gleiche Natur aller Menschen, von Hellenen wie von Barbaren, betont wurde (phýsei pánta pántes homoíōs)78, als auch zum Zusammenhalt politisch Gleichgesinnter (hómoioi toís homoíois eúnoí) oder – über Staatsgrenzen hinweg – gleicher Stände und Klassen79. Platon transformierte im 4. Jahrhundert v. Chr. den tradierten Satz tó hómoion tṓ homoíō phílon80 insofern, als für ihn Freundschaft immer ein gemeinsames Drittes einschließt, um dessentwillen etwas geliebt wird, das Gute (agathón). Freundschaft ist also letztlich Liebe zum Guten, zum zuerst Geliebten (prṓton phílon)81, zum Göttlichen. Statt der bisher geltenden Gleichheit zwischen Liebendem und Geliebtem bestand Platon als Erster auf deren Ungleichheit, da es dem Verhältnis zwischen dem bedürftigen Menschen und dem Göttlichen entspricht. Das einzig legitime Gleich zu Gleich wäre die Vereinigung der Seele mit Gott, im Bereich des Geistes, wo nicht der Mensch, sondern Gott das Maß der Dinge ist.82 In der Angleichung an Gott (homoíōsis theṓ) nach Kräften (katá tó dynatón)83 verwirklicht der Mensch in sich die Ordnung des kósmos noētós, der intelligiblen Welt. Das schillernde vorsokratische Prinzip hómoion-homoíō wurde in der Ethik durch das platonische agathón-agathṓ ersetzt und damit der sophistische Relativismus durch die Idee des Guten überwunden. In seiner Kosmologie anerkannte Platon das phéres­ thai prós tá hómoia der Elemente als deren natürliche Verhaltensweise unter der Notwendigkeit (anágkē), was aber außerhalb des Bereichs des Vernünftigen liegt (alógōs kaí amétrōs).84 Erst durch Eingreifen der Gottheit, durch wohlgesinnte Überredung (hypó peithoús émphronos) der Ananke (Notwendigkeit) durch den Nus85, entsteht ein zweckvoll eingerichteter sichtbarer Kosmos. – Das hómoion-homoíō-Prinzip findet sich bei Platon also auf zwei verschiedenen Ebenen: einmal als Triebkraft im Bereich der

78  Antiphon: Fragment B 44, Fg. B col. 2,10 f., in: Diels/Kranz (1985), Bd. 2, S. 353. 79  Pseudo-Xenophon: Athen. Resp. 3,10, in: Pseudoxenophon (1913), S.  82; vgl.

Kommentar dazu auf S. 301–304. 80  Platon: Lysis 214b3 f., in: Platon (1900–1907), Bd. 3, o. S.; Platon: Nomoi 716c2, in: Platon (1900–1907), Bd. 5, S. 131; vgl. Platon: Symposion 195b6, in: Platon (1900–1907), Bd. 2, S. 182. 81  Platon: Lysis 219d, in: Platon (1900–1907), Bd. 3, o. S. 82  Platon: Nomoi 716c4, in: Platon (1900–1907), Bd. 5, S. 131. 83  Platon: Theaitetos 176b1, in: Platon (1900–1907), Bd. 1, S. 304; vgl. Platon: Politeia 500d1 und 613b1, in: Platon (1900–1907), Bd. 4, o. S.; vgl. Platon: Timaios 90d6, in: Platon (1900–1907), Bd. 4, o. S. 84  Platon: Timaios 53a8, in: Platon (1900–1907), Bd. 4, o. S. 85  Platon: Timaios 48a4, in: Platon (1900–1907), Bd. 4, o. S.

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anágkē und der phýsis, zum anderen aber als Ziel und Vollendung, wo es um die Angleichung an Gott durch den Nachvollzug der göttlichen Ordnung geht.86 Aristoteles schließlich reduzierte das alte Prinzip Gleiches zu Gleichem dahingehend, dass er das hómoion auf das in ihm angelegte tautón zurückführte und das phéresthai prós tó hómoion als Aktualisierung des Potentiellen verstand. War bei Platon die homoíōsis theṓ eine nur den Menschen betreffende Maxime, wurde bei Aristoteles der Drang des Stoffes nach Form (als nach seinem Guten) bzw. nach Verwirklichung des potentiell in ihm Angelegten ein allgemeines Naturgesetz.87 Die Bewegung hin zum Gleichen (phéresthai prós tó hómoion) geschieht nun dadurch, dass ein Stoff (hýlē) in seine Form (eídos) gelangt und somit ein dynámei ón zu einem energeía ón wird.88 So erklärt sich für Aristoteles der Zug der Elemente nach ihresgleichen (prós homoíon hikésthai), die Einwirkung auf Gleiches, die Artikulation des Embryos, die Ernährung durch Gleiches, die Erkenntnis des Gleichen durch das Gleiche und die Freundschaft der Gleichen. Vollendete Freundschaft (teleía philía) ist die derer, die sich der Tugend nach ähnlich sind (katʼ aretḗn hómoioi), und gipfelt in sublimierter Selbstliebe (philautía), die auch homoíōsis theṓ und theophilía impliziert.89 Iásthai-Denken

Neben dem lógos-Denken und dem hómoion-Denken gab und gibt es seit jeher aber auch altes Heilungswissen, das in keine der beiden genannten Kategorien passt und das im Folgenden iásthai-Denken genannt werden soll, also Heilungs-Denken, nach der griechischen Formel „ho trṓsas kai iásetai“90, das heißt wörtlich: Der verwundet hat, wird auch heilen – oder kurz: Der Verwundende heilt auch. Auf der Suche nach ältestem Heilwissen wird man in den Quellen freilich keine lehrbuchartige Definition erwarten können, sondern allenfalls Gleichnisse in Mythen bzw. aus vielen Erfahrungen abgezogene Merksätze. Als frühestes Zeugnis erscheinen uns die Kyprien, jenes Epos, das die Vorgeschichte der Ilias von Homer schildert und im 7. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist.91 Es enthält die Geschichte vom mysischen König Telephos, der von Achill mit dem Speer am Schenkel verwundet wurde. Nachdem die Wunde nicht heilen wollte, fragte der König das lykische Orakel Apolls in

86  Müller: Gleiches (1965), S. 187. 87  Vgl. Aristoteles: Physica 192a17 ff., in: Aristoteles (1950), o. S., und Aristoteles: Metaphysica 1072b3, in:

Aristoteles (1980), S. 252. 88  Aristoteles: Metaphysica 1050a15, in: Aristoteles (1980), S. 188. 89  Aristoteles: Ethica Nic. 1177b26 ff., 1178a2 ff. und 1179a23–32, in: Aristoteles (1979), S. 214 f. und 218; vgl. Müller: Gleiches (1965), S. 187–190. 90  Mantissae Proverbiorum, Centuria II, 28, in: Leutsch (1958), S. 763, Z. 1. Vgl. Müller: Gleiches (1965), S. 149 f. Vgl. Müller: Die Heilung (1965), S. 227, Anm. 2. 91  Davies (2019), vor allem S. 138–148.

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Patara (an der südionischen Küste) um Rat und erhielt die Antwort: „Nur wer die Wunde schlug, kann sie heilen“: ho trṓsas kai iásetai. Da begab sich Telephos ins Griechenlager, und wirklich machte Achill ihn gesund. Dieser paradoxe Orakelspruch war in der Folge Kernstück von elf Telephosdramen, unter anderem von Aischylos und Euripides im 5. Jahrhundert v. Chr., die leider alle verloren sind, die Aristoteles aber im 4. Jahrhundert v. Chr. zu den schönsten Tragödien zählte.92 Auch in der Römischen Kaiserzeit war er ein Topos, der gern zitiert wurde, unter anderem von Ovid93 und Plutarch94 im 1. Jahrhundert n. Chr. Bereits Euripides hat aber seinem bis auf Reste verlorenen Telephosdrama eine Wendung gegeben, dass Achill nicht gewusst habe, was mit der Wunde zu tun sei, und erst der listenreiche Odysseus den Rat gegeben habe, Späne von der Lanzenspitze in die Wunde zu schaben.95 Nach philologischem Sachverstand kann dies aber nicht die ursprüngliche Form der Erzählung gewesen sein, wenn man bedenkt, dass Homer bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. in der Ilias berichtet, dass Achill ein Zögling Chirons war, von dem er die Heilkunst erlernt habe. Der Schüler Achills, Patroklos, wiederum war als Wundarzt ebenbürtig gleichgestellt den ruhmreichen Söhnen des Asklepios, Machaon und Podeleiros.96 Chiron war ein Kentaur, halb Mensch und halb Pferd und auch sonst eine in jeder Hinsicht geteilte Natur: wild und mild zugleich, unsterblich und an einer unheilbaren Wunde leidend. Er selbst hatte die Heilkunst von Apoll gelernt und an Asklepios weitergegeben. Festzuhalten bleibt, dass in der älteren, nicht erhaltenen, aber rekonstruierbaren Fassung des Mythos der Weg zur Heilung offenbar durch das Orakel, letztlich durch den Heilgott Apoll, geoffenbart wurde, der also nur einen Wink gab – während die praktische Anwendung durch den Arzt Achill vollbracht wurde, indem er als Erster das richtige Mittel fand. Nach einer zweiten Tradition soll Achill das Heilkraut Schafgarbe (Achilleos) entdeckt und damit Telephos (zusätzlich) geheilt haben.97 Die Engführung und Verfälschung des Orakelspruchs wird auch deutlich bei Plinius im 1. Jahrhundert n. Chr., der in seiner Naturgeschichte das Kapitel „Heilmittel aus dem Rost“ damit illustrierte, dass er die tradierte Heilung des Telephos durch Achill durch ein „Abschaben des Rostes von seinem Schwerte“ erklärte.98 Dabei kann ein so unerhörter und paradoxer Gedanke wie „Was verwundet, das heilt auch“ schwerlich aus der Wundarznei hervorgegangen sein. Es musste ihm eine allgemeinere Überle-

92  Aristoteles: Poetica 1453a19–23, in: Aristoteles (1965), S. 20. 93  Ovid: Metamorphosen XII 112 und XIII 171, in: Ovid (2004),

S. 349 und 377; Amores II 9a,8 und Remedia amoris 47 f., in: Ovid (1961), S. 48 und 206; Tristia V 2,15 und Epistulae ex Ponto II 2,26, beide in: Ovid (1915), o. S. 94  Plutarch: De audiendo (perí tou akoúein) 46f5, in: Plutarch (1974), S. 94. 95  Euripides: Telephos Fragmente 696–727, in: Kannicht (2004), S. 579–589. 96  Homer: Ilias 11,807–848, hier v. a. 828–835, in: Homer (1920), Bd. 1, o. S. 97  Plinius: Naturalis historia, 25. Buch, 19. Kap., Abs. 42, in: Plinius (1996), S. 42–44. 98  Plinius: Naturalis historia, 34. Buch, 15. Kap., in: Plinius (1989), S. 106.

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gung zugrunde liegen, wie etwa auch die Schlange am Heilstab des Äskulap zeigt99, dass man Hilfe aus der Gefahr schöpfen kann, dass das Gefährliche und das Hilfreiche eins sind. – Neben reflexartigen Abwehrreaktionen auf Gefahren wie Tötung oder Eliminierung des Feindlichen hat ein Teil der Menschheit wohl schon früh erkannt, dass man durch Nutzbarmachung, Integration oder Zähmung des Bedrohlichen weiter kommt. Unter Philosophen war die Rede vom Stachel oder „Biss“ der Philosophie ein gängiger Topos. Für Platon war der wahre Eros ein Stachel (oístros), der durch eine anfängliche Verwundung sowohl die Sehnsucht (hímeros) nach Weisheit weckt als er dem Suchenden anschließend hilft, die Wege zur Erfüllung seiner Sehnsucht zu finden, wobei der Geliebte selbst „der einzige Arzt seiner größten Beschwerden“ ist (iatrón mónon tṓn megístōn pónōn).100 Lukian schilderte im 2. Jahrhundert n. Chr., wie ihn der Pfeil (bélos) eines weisen Philosophen mitten in die Seele wie ein Lichtstrahl traf, so dass ihm nur noch übrigblieb, „es eben wie Telephos machen zu müssen“ und „den, der ihn verwundet hat“ (tón trṓsanta), zu „bitten, dass er ihn heilt“ (iásthai parakaleín). Allerdings wird hier ebenso festgestellt, dass es auch „solche gibt, denen kein Pfeil etwas anhaben kann“. Eine gewisse Empfänglichkeit, sprich „natürliche Verwandtschaft [syggenḗs] mit der Philosophie“, sei Voraussetzung dieser Dynamik.101 Auch im jüdisch-christlichen Kulturkreis war der Gedanke der Heilsamkeit des Verletzenden geläufig: Im Buch Hosea des Alten Testaments, dessen Redaktion ab der Zeit des Babylonischen Exils im 6. Jahrhundert v. Chr. stattfand, betet der Prophet: „Lasst uns zurückkehren zu Jahwe. Denn er zerriss und er kann/wird uns heilen. Er verwundet und er kann/wird uns verbinden.“102 Im Buch Kohelet, das im 3. Jahrhundert v. Chr. entstand, lehrt der Prediger Salomo: „Die Worte der Weisen sind wie Stacheln und Nägel, eingeschlagen von den Herren der Versammlungen, sie wurden gegeben von einem Hirten.“103 Und der Apostel Paulus spricht im 1. Jahrhundert n. Chr. von einem „Stachel“ (skólops), der ihm ins Fleisch gestoßen wurde (edóthē moi tḗ sarkí), ein teuflischer Bote (ággelos sataná), der ihn misshandeln soll (hína me kolapsízē), damit er sich nicht überhebe (hína mḗ hyperaírōmai).104 Eine allgemein bekannte Form von heilsamer Erschütterung ist die Katharsis, auf die die klassischen griechischen Tragödien und Komödien abzielten. Von Platon wurden sie nur indirekt thematisiert105, Aristoteles aber definierte die Tragödie im 4. Jahrhundert v. Chr. in mustergültiger Form für die nächsten Jahrtausende. Für ihn ist eine 99  Vgl. dazu Leibbrand (1939). 100  Platon: Phaidros 252b1 und 255c1; vgl. 251aff. und 255aff., in: Platon (1900–1907), Bd. 2, S. 256 und 261;

vgl. S. 255 f. und 260 f. 101  Lukian: Nigrinus (Nigríou philosophía) 35–38, in: Lukian (1972), S. 43–45. 102  Altes Testament, Hosea 6,1, in: Steurer (2003), Bd. 4, S. 23. 103  Altes Testament, Kohelet 12,11, in: Steurer (2003), Bd. 5, S. 315. 104  Neues Testament, 2 Kor 12,7, in: Nestle u. a. (1983), S. 490. 105  Platon: Philebos 48aff., in: Platon (1900–1907), Bd. 2, S. 117 ff.

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Tragödie die Nachahmung einer ernsten Handlung, wobei „durch Mitleid und Furcht [diʼ eléou kaí phóbou] eine Reinigung eben dieser Affekte [tón toioútōn pathemátōn ká­ tharsis] bewirkt wird“.106 Durch Mitleid mit dem tragischen Schicksal des Helden und Furcht vor dessen Hybris, die an eigene Untiefen gemahnt, besteht für die Zuschauer die Möglichkeit, das eigene passive Leiden in bewusste Aktivität umzuwandeln und damit zu überwinden. Wie auch bei dem altgriechischen Sprichwort patheín matheín, das heißt durch Leiden lernen, ist dies aber eine seltene und große Sache, die nicht wohlfeil zu haben ist, sondern moralische Kräfte und Mut erfordert.107 Zusammenfassend und in groben Zügen lassen sich die bis hierher ausgeführten drei Denktraditionen etwa folgendermaßen charakterisieren: 1. Das lógos-Denken trägt die Signatur des Geldes, mit dessen Erfindung es seine geistige Karriere begann (Geld als Denkform, gestützt durch Monetarisierung des gesellschaftlichen Lebens und Handelns, das heißt Vergesellschaftung des Denkens in der Geldform):108 Es ist rational, abstrahierend, unpersönlich, unsinnlich, quantifizierend, generalisierend, nomothetisch, analytisch, sezierend, kategorisch usw. 2. Das hómoion-Denken stammt aus dem seelischen Empfinden von Verwandtschafts-Beziehungen, von Stammeszugehörigkeit oder Gesinnungsgleichheit bis hin zu intuitiv erfassbaren Korrespondenzen zwischen Organen, Pflanzen, Mineralen und Planeten. 3. Das iásthai-Denken beruht auf der sinnlich-körperlichen Erfahrung, dass Traumata durch das (oder Ähnliches), was sie hervorgerufen hat, geheilt werden können, wie zum Beispiel die Wunde des Telephos durch Achills Speer, aber auch Verwundungen vom „Stachel“ der Philosophie oder des Eros durch den jeweiligen Verursacher.

Die Wurzeln der Medizin

Die im Vorigen aus den verfügbaren Quellen rekonstruierten und als eigenständige Denkarten herausgearbeiteten geistesgeschichtlichen Strömungen bilden nun – so die These – den paradigmatischen Hintergrund, vor dem sich nicht nur die Homöopathie konstituierte, sondern sich jede Art von Medizin fragen müsste, inwieweit sie wirkliche Heilkunst sei. Die unterschiedliche Genealogie des lógos-, hómoion- und iásthaiDenkens aus verschiedenen sozioökonomischen Kontexten spiegelt sich auch in der jeweils unterschiedlichen Ausprägung bzw. Vorherrschaft der einzelnen Momente in den Epochen der Medizingeschichte wider. 1. So spielte das lógos-Denken, das aus dem Geist monetarisierter Ökonomien in autoritären Regimen stammt, die größte Rolle in Medizinsystemen, wo eine profes106  Aristoteles:

Poetica 1449b27 f., in: Aristoteles (1965), S. 10. Siehe auch Aristoteles: Politica 1341b32– 1342a28, in: Aristoteles (1957), S. 266 f. Vgl. Bernays (1880) und Vonessen (1980), S. 74–81. 107  Vonessen (1980), S. 73. 108  Brodbeck (2009).

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sionalisierte Ärzteschaft den Anspruch erhob, im Gegensatz zu ungebildeten Laien die eigentlichen Hintergründe der Abläufe des menschlichen Organismus zu erkennen und zu beherrschen – ganz in Analogie zur Haltung der Vorsokratiker, mit der elitären Erkenntnis des ominösen Einen (sei es Wasser, Luft, Feuer, die Zahl, der Nus oder das Sein) das Wesen des Kosmos und die Abläufe in der Gesellschaft durchschaut zu haben. Beispiele aus der Medizingeschichte reichen von den rationalistischen Teilen des Corpus Hippocraticum109 über Galen und die scholastische Medizin bis in die moderne High-Tech-Medizin und ihre reduktionistische Fokussierung auf Daten, Statistiken und evidenzbasierte Studien. 2. Das hómoion-Denken, dessen Konzeptualisierung innerhalb der Naturphilosophie und Medizin sich aus einer naturwüchsigen Sinnlichkeit und Vorliebe an Gleichartigem in einem eher demokratischen Umfeld herleitet, war immer stark vertreten in Medizinkonzepten, die großen Wert auf verschiedene Qualitäten und ein Eingebundensein in ein Geflecht von Beziehungen legten, sei es des Menschen zu seiner Umwelt oder der Organe und Körpersäfte zu den kosmischen Elementen. Die Humoralpathologie, die ursprünglich aus der Beobachtung von Entsprechungen, das heißt von hómoion-Beziehungen, und der Differenzierung verschiedener Qualitäten entstand, kann hier nur zur Hälfte als Beispiel dienen, da sie bald von ihrer anderen Hälfte, der Systematisierung und Dogmatisierung durch das lógos-Denken, überlagert und vereinnahmt wurde, was ihr aber immerhin Geltung bis ins 18./19. Jahrhundert verschaffte. Überwiegend vom hómoion-Denken geprägt war die Medizin des Paracelsus110, der sich dezidiert von der scholastischen lógos-Rationalität abwandte und stattdessen immer neue Mikrokosmos-Makrokosmos-Analogien, Signaturen von Pflanzen sowie Verwandtschaften von Gestirnen, Metallen, Körperteilen usw. suchte, um sie mit alchemistischen und magischen Mitteln zu beeinflussen111. 3. Das iásthai-Denken fällt insofern aus dem vermeintlichen Rahmen von drei nebeneinander stehenden, gleichwertigen Prinzipien, als es – im Unterschied vor allem zum ersten, etwas weniger zum zweiten – keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, Wissenschaftlichkeit, Quantifizierbarkeit, Standardisierbarkeit, Reproduzierbarkeit usw. erheben kann. Heilung durch das Verletzende ist, im weiten ursprünglichen Verständnis, eben kein Automatismus oder Naturgesetz, sondern eine hohe Kunst, die nur wenigen Eingeweihten zugänglich ist und wohl nur in geeigneten Einzelfällen glückt. Von der Heilung des Telephos durch seinen Kriegsfeind Achill bis zur kathartischen Läuterung der Furcht einzelner Theaterbesucher durch die Furcht um den tragischen

109  Vgl. Coulter (1975), S. 3–124. 110  Paracelsus (1929–1933); Paracelsus (1926–1932). 111  Braun (1993); Schipperges (1976); Benzenhöfer (1997); Anrich (1989).

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Helden war diese Art von Heilung nie ein Rezept für die Massen, sondern erforderte vom Patienten eine besondere Disposition und vom Arzt ein besonderes Geschick.112

Die Wurzeln Hahnemanns

Wie kam Hahnemann dazu bzw. wie gelang es ihm, diese drei fundamentalen Denkströmungen so in die von ihm begründete Homöopathie zu integrieren, dass diese – im Gegensatz zu nahezu allen anderen Medizinsystemen – auch methodisch relevant werden konnten? 1. Als Kind seiner Zeit, der Aufklärung, war Hahnemanns Bewusstsein überwiegend im Sinne des lógos-Denkens geprägt. Seine Schriften zeigen ihn, vor allem bis 1810, als einen, der die Medizin zu einer Wissenschaft, möglichst einer mathematischen, erheben wollte und seine neue Heilkunde entsprechend mit rationalen Theorien zu begrün­den versuchte.113 2. Als Kind seiner Zeit hatte er aber auch Teil an der Kultur und Stimmungslage der Empfindsamkeit und später der Romantik114, was zum einen sein hohes Pathos, was seine Sittlichkeit, sein hohes Menschenbild und seinen Gottesbegriff betrifft, erklären mag, zum anderen seine Liebe zu seinen Mitmenschen und ihren individuellen Besonderheiten, also die Vielfalt der Qualitäten des Lebens bzw. der Symptome der Patien­ten. Diese Vielfalt der Erscheinungen (und sein Ansprechen darauf, im Sinne des hómoion-Prinzips) konnte ein Rationalist damals aber nicht mehr dadurch retten, dass er sie etwa in ein natürliches Entsprechungssystem à la Signaturenlehre einordnete, schon deshalb nicht, um nicht in Zusammenhang mit Paracelsus gebracht zu werden, was für Aufklärer ein Tabu war. Reine lógos-Wissenschaft hat andererseits aber auch keinen Platz dafür, denn dort werden Qualitäten grundsätzlich zu Messwerten reduziert und nach kausal-mechanischen Gesichtspunkten verarbeitet. 3. Als Kind seiner Zeit war Hahnemann schließlich auch Freimaurer115, was auf rituell-mystische Initiations-Erfahrung schließen lässt, und hatte durch seine humanistische Bildung in der Elite-Schule St. Afra in Meißen und die Beherrschung der alten

112  In Einzelfällen mag sich auf diese Weise ein Individuum sogar selbst kurieren können. Nachdem sich

zum Beispiel Johann Wolfgang von Goethe in Marienbad ein letztes Mal leidenschaftlich verliebt hatte (1823, in Ulrike von Levetzow) und sein Heiratsantrag abgelehnt worden war, rettete der Dichter sozusagen seine liebeskranke Seele durch das Verfassen der „Marienbader Elegie“, die seinen qualvollen Zustand verdichtete und sehr offen zum Ausdruck brachte und die ihm sein Freund Carl Friedrich Zelter immer wieder vorlesen musste, bis er Wochen nach seinem Zusammenbruch langsam, aber sicher genas. So kam Goethe hier, wie Zelter sagte, „die Heilung vom Speer, der ihn verwundet hatte“. Zit. n. Zweig (1983), S. 133. Vgl. Goethe (2006), Bd. 1, S. 775, 781; Bd. 3, S. 614–618. 113  Schmidt (1990). 114  Kuzniar (2017). 115  Hoede (1968).

Die Homöopathie im Lichte ihrer antiken sozioökonomischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln

Sprachen sozusagen barrierefreien Zugang zur gesamten griechischen und lateinischen Originalliteratur. So ist es überaus unwahrscheinlich, dass er das iásthai-Prinzip, dass also das Verletzende auch heilen kann, nicht gekannt haben sollte. Im Übrigen war der Gedanke damals auch für profane Mediziner keineswegs abwegig, wie die erste Impfung mit Kuhpocken durch Edward Jenner 1796116, im Jahr der Erstpublikation von Hahnemanns neuem Prinzip117, zeigt. Hahnemann hat also weder einfach der modernen Medizin zu einem wissenschaftlichen Fortschritt verholfen noch eine Ähnlichkeits-Therapie im Sinne des tradierten hómoion-Denkens begründet noch eine esoterisch-elitäre Heilspraxis, die nur wenigen Eingeweihten zugänglich ist. Vielmehr hat er – unter Zugrundelegung der Idee systematischer Arzneimittelprüfungen an Gesunden  – vermocht, 1. seine neue Lehre als wissenschaftlich im Sinne einer experimentellen Pharmakologie darzustellen, 2. an das Ähnlichkeitsdenken anzuknüpfen, jedoch nicht direkt, etwa als Kurzschluss von einer vulgären Signaturenlehre auf eine nur intuitive Ähnlichkeitstherapie, sondern vermittelt über die objektivierbare Reaktion des Organismus auf Krankheits- bzw. Arzneireize, und 3. dem alten Heilprinzip gerecht zu werden, indem er es zu dem Konzept operationalisierte, dass die Verstimmung der Lebenskraft, die durch einen Krankheitsreiz verursacht wurde, durch einen ähnlichen Arzneireiz ausgelöscht werden könne, ja müsse.118

Die Wurzeln der Homöopathie

Die Homöopathie Hahnemanns hat also mehrere Wurzeln, mindestens die drei hier erstmals vorgeführten Denktraditionen: 1. Ihr Anspruch auf Wissenschaftlichkeit beruht auf dem lógos-Denken, 2. ihr Anspruch auf Individualisierung und Rettung der Qualitäten auf dem hómoion-Denken und 3. ihr Anspruch auf Heilung durch einen ähnlichen Krankheitsreiz auf dem iásthai-Denken. Im Gegensatz zur modernen Iatrotechnologie, die sich spätestens seit der Allianz von Medizin und Naturwissenschaft im 19. Jahrhundert so gut wie ausschließlich dem lógos-Denken verschrieben hat, ist die Homöopathie mindestens ein Zwitter, ja eigentlich ein „Tritter“, wofür es bisher nicht einmal ein Wort gibt, geschweige denn ein Konzept. Zusammengesetzt aus heterogenen und letztlich inkompatiblen Bestandteilen, ist sie ein fragiles Gebilde, das durch Überbetonung, Herausvergrößerung oder gar Absolutsetzung lediglich eines ihrer Aspekte Schaden nehmen würde. Sie ist daher von mehreren Richtungen her gefährdet und bedroht.

116  Jenner (1798). 117  Versuch über ein

neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen (1796), in: Hahnemann (2001), S. 212–250. 118  Hahnemann (2002).

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1. Versucht man die Homöopathie nur vom lógos-Denken her zu begreifen, zu beweisen oder zu widerlegen, wie das die sogenannte naturwissenschaftlich-kritische Richtung innerhalb der Homöopathenschaft vorhatte und heute die Vertreter einer evidence-based medicine fordern, werden einem die anderen beiden Dimensionen entgehen und man wird nicht mehr sehen, dass auch die exaktesten klinischen Studien immer zwei Schwachstellen und blinde Flecken haben werden: zum einen die Fähigkeit des einzelnen Therapeuten zur Simile-Findung, zum anderen der Vorbehalt des iásthai-Prinzips, dass Heilung auf diese Weise gelingen kann, aber nicht muss. 2. Versucht man die Homöopathie nur von einem schlichten hómoion-Denken her zu praktizieren, also Ähnlichkeits-Bezüge jeder Art zwischen Patient und Arzneimittel herzustellen, von botanischen, zoologischen, astrologischen bis hin zu psychoanalytischen und mythologischen Entsprechungen, wie dies bei einer nicht geringen Anzahl von heutigen Homöopathinnen und Homöopathen en vogue ist, so entgleiten einem auch hier die anderen beiden Dimensionen und man sieht nicht, dass damit sowohl der wissenschaftliche Anspruch der Homöopathie aufgegeben wird als auch der Kerngedanke der Katharsis, dass ein Heilmittel nicht nur oberflächlich passen und gefallen, sondern verwunden muss, was aber im Falle der Homöopathie nur in Arzneimittelprüfungen an Gesunden feststellbar ist. 3. Versucht man die Homöopathie nur noch von einem spirituellen iásthai-Denken aus zu verstehen und ihren Indikationsbereich auf alles, was einem begegnen kann, zu erweitern, indem man etwa auch Musikstücke, Märchen oder Gedichte „prüft“ und therapeutisch zu verwenden versucht, so entgleiten einem wieder die beiden anderen Dimensionen und man merkt nicht mehr, dass sich sowohl der eigene wissenschaftliche Anspruch als auch das Substrat der Simile-Beziehung immer weiter verflüchtigen.

Die Herausforderung

Zur Homöopathie gehört daher die bleibende Herausforderung, die sie konstituierenden Denkströmungen in der Waage zu halten und in eine gelungene konkrete Praxis zu integrieren. Dies betrifft nicht nur die homöopathische Therapie, Forschung und Lehre, sondern auch die berufspolitische Aufgabe, den Stellenwert der Homöopathie innerhalb der Gesellschaft und ihrer Subsysteme immer neu zu bestimmen, zu konsolidieren und zu verteidigen. Spätestens aber bei der Frage, ob bzw. inwieweit etwa Kooperation oder Synergien mit anderen konkurrierenden Heilmethoden möglich oder sinnvoll sind, wird es unumgänglich, den Zeitgeist mit in den Blick zu nehmen, der sich – zumindest im wissenschaftlichen Bereich – in den letzten Jahrzehnten als der Homöopathie gegenüber zunehmend verständnislos gezeigt hat. Hier erweisen sich die im Vorigen entwickelten Kategorien als nützlich, Entwicklungen oder Versäumnisse zu sehen, die man ohne sie nicht wahrnehmen, geschweige denn einordnen könnte. Was hier als konstitutive Basis jeder Art von Heilkunst ab-

Die Homöopathie im Lichte ihrer antiken sozioökonomischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln

gehandelt wurde, lässt sich ebenso gut auch auf andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens anwenden, wie etwa Kunst, Religion, Wissenschaft, Politik usw. Ohne das sich damit eröffnende Forschungsfeld annähernd umreißen zu können, mögen abschließend einige allgemeine Hinweise dazu genügen. 1. Im Zuge von Industrialisierung, Kapitalisierung, Kommerzialisierung, Globalisierung, Digitalisierung, in Verbindung mit einem allgemeinen Materialismus, Egoismus, Hedonismus und Agnostizismus, scheint sich das lógos-Denken in der modernen westlichen Welt verselbständigt zu haben. Das vorherrschende Paradigma ist der rationale homo oeconomicus, der allein aufgrund von quantitativen Daten vermeintlich logische Entscheidungen trifft – und dabei von der Vieldimensionalität des menschlichen Lebens und seiner Kultur(geschichte) nichts mitbekommt. Von einer solchen Position aus lassen sich aber weder die Homöopathie noch Kunst oder Religion noch die Mentalität anderer Kulturen oder Epochen begreifen. 2. Das hómoion-Denken, das offenbar zur anthropologischen Grundausstattung jedes (unverbildeten) Menschen gehört und das bereits die Vorsokratiker als eigenständiges naturphilosophisches Prinzip zu konzeptualisieren versuchten, ist seit jeher und nach wie vor  – wenngleich intellektuell vernachlässigt und unreflektiert, daher unbewusst  – wirkmächtig. Dass sich Ähnliches und Vertrautes anzieht und zusammenhält, während sich Unähnliches und Fremdes skeptisch bis feindlich gegenübersteht, zeigen historisch nicht nur die fortwährende Herausbildung von ethnischen, religiösen, ideologischen und nationalen Identitäten und ihre dementsprechenden Konflikte und gegenseitigen Kriege, sondern auch die gegenwärtige Zersplitterung der westlichen libertären Gesellschaften in immer homogenere Echokammern, denen sowohl das Interesse als auch die Bereitschaft zur Verständigung mit anderen ermangelt. Da es sich hier grundsätzlich um naturwüchsige Instinkte handelt, die als solche (mit Hilfe geeigneter Kategorien) zu erkennen und anzuerkennen wären, können aus dieser desolaten Situation weder rationalistische Beschwichtigungen noch emotionale Empörung helfen, sondern allenfalls eine Weiterführung von Platons und Aristoteles’ Ansatz, das hómoion-Denken (als ohnehin unumgänglich) aufzugreifen und von einer bloß naturalistischen auf eine ethisch weiterführende Ebene zu heben, indem man es auf ein gemeinsames Drittes, etwa die Idee des Guten oder Gott, bezieht (s. o.). Hier sind auch die westlichen Kirchen gefragt, inwieweit in ihnen neben markt- und machtorientiertem lógos-Denken noch genug seelsorgerisch ausgerichtetem hómoion-Denken Raum gegeben wird. 3. Das iásthai-Denken, seit jeher so etwas wie das Juwel der Heilkunst und im eigentlichen Sinne nur dazu Berufenen vorbehalten, kam spätestens seit der Allianz der Medizin mit den Naturwissenschaften, einschließlich ihrer methodischen Ausrichtung auf Quantifizierbarkeit, Reproduzierbarkeit und Standardisierbarkeit, der Kommodifizierung und Kommerzialisierung der Medizinprodukte und der Professionalisierung der Ärzteschaft unter die Räder. Entsprechend ratlos und – im philosophischen Sinne – sprachlos steht das Gros der heutigen Gesellschaft Phänomenen wie vermeintli-

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chen sogenannten Placebo-Wirkungen, aber auch Sinnhaftigkeit von Leiden, Hingabe oder Verzicht, der Dialektik von Reue und Absolution, von Tod und Auferstehung usw. gegenüber. Der Bedeutungsverlust des Kerngedankens des Christentums in der westlichen Welt macht sich offensichtlich auch in anderen Systemen der Gesellschaft bemerkbar. Die drei hier vorgestellten Dimensionen des Denkens wieder ins Gleichgewicht zu bringen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der alle in ihrem eigenen Bereich mitwirken können. In dem Maße, wie es gelingen sollte, neben dem heute alles dominierenden und vereinnahmenden lógos-Denken das hómoion- und iásthai-Denken zu rehabilitieren, wird auch die Homöopathie wieder einen besseren Stand in Wissenschaft und Gesellschaft einnehmen. Bibliographie

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Josef M. Schmidt, Prof. Dr. Dr.

Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin Lessingstr. 2 80336 München [email protected]



Epistemological Frameworks of Homeopathy A Historical Perspective



SILVIA WAISSE Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41, 2023, 91–125

Erkenntnistheoretische Hintergründe der Homöopathie Eine geschichtliche Perspektive Kurzfassung: In der homöopathischen Theorie und Praxis gibt es gegenwärtig unterschiedliche An-

sätze, die gleichzeitig existieren. Sie sind das Ergebnis der Entwicklung und Neu-Entwicklung von Konzepten und Methoden über einen längeren Zeitraum hinweg in Abhängigkeit von dem jeweiligen Wissenschafts- und Medizinverständnis. Was noch immer fehlt, ist dagegen eine breite Übersicht über die Entstehungsgeschichte dieser unterschiedlichen Ansichten vor dem soziokulturellen und intellektuellen Hintergrund ihres jeweiligen Erscheinens. Die vorliegende Untersuchung ist keine Beschreibung, Diskussion und sicherlich keine Kritik der unterschiedlichen, derzeit praktizierten homöopathischen Ansätze. Ihr Ziel ist vielmehr die Analyse des erkenntnistheoretischen Umfeldes dieser Varianten, ihrer Entstehung und Beziehung zu der jeweils aktuellen soziokulturellen und intellektuellen Stimmung.



Introduction: Varying epistemological frameworks for homeopathy across time

In a late piece from 2012, Peter Fisher skillfully summarized what homeopathy is, together with its basis of evidence.1 He devoted a special section of his paper to the major types of contemporary homeopathic practice, namely, individualized or classical, clini­cal, drainage – and the related concept of homotoxicology, and isopathy. Nothing is objectionable in Fisher’s treatment of this subject, but for an omission highly

1  Fisher (2012).

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relevant to historians of medicine. The categories he listed are coexisting survivors of approaches formulated over more than two hundred years, naturally within varying historical-scientific contexts. Historians of science, technology, and medicine (STM) have long concerned themselves with the nature of change in scientific knowledge. Does it increase in a continuously linear manner? Or do unbridgeable breaks occur over time? Does scientific knowledge develop driven by an intrinsic power of its own? Or as a function of external socio-historical determinants? Progress, breaks, revolutions, continuity, discontinuity, internalism, externalism: There is a rich technical vocabulary of STM historians to describe the dynamics of scientific knowledge. From this perspective, homeopathy once again seems to oppose the mainstream. Its concepts, theories, methods, and practices are not historically replaced by others, but actors in different epistemic crossroads created or re-created homeopathy according to coeval understandings of science and medicine. All such views survive to this day as grounds of clinical practice – these are the types Fisher described. This seems to be a unique phenomenon in the history of STM. Obsolete concepts such as “vital force” and “miasmas” are still ubiquitously invoked – for instance, in scientific journals, as well as in the curricula of professional training courses – side by side with the latest innovations arising from fundamental research and evidence-based medicine. Reasons for this state of affairs probably should be looked for in the sociology of STM – or the “psychology” of STM, if such a field does or may exist. Meanwhile, present-day historians still have to accomplish an unfinished task: Relating each historical approach to homeopathic practice to the overall sociocultural and intellectual frameworks within which they first emerged. Since the 2010s, this type of study has been widely known among STM historians as “historical epistemology”.2 Olivier Faure has argued that, rather than the history of science, cultural, ideological, and economic aspects are more likely to account for the survival of homeopathy over more than two hundred years.3 At Center Simão Mathias for Studies in History of Science (CESIMA), the research center to which this author is affiliated, we understand that both approaches are necessary and depict them as three overlapping spheres of analysis: epistemological, historiographical, and sociohistorical.4 Since everything in homeopathy begins with Samuel Hahnemann (1755–1843), the present article begins with the medical world at the turn of the nineteenth century. As I argue, Hahnemann entirely moved within the epistemological framework of medicine of his time. The so-called “pillars of homeopathy” – therapeutic similitude, experimentation on healthy subjects, single medicine, and small doses – were common themes 2  Rheinberger (2010), original in German Rheinberger (2007); for a comprehensive discussion, see Feest/

Sturm (2011). 3  Faure (2002). 4  Alfonso-Goldfarb/Waisse/Ferraz (2013).

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in the late eighteenth century. Also, the epistemological thread Hahnemann used to sew them together, namely a force allegedly exclusive to living beings, i. e. the “vital force”, impregnated the medical discourse until the 1840s. In addition, Hahnemann’s path began as an attempt to solve the main pharmacological riddle of his time: How do specific remedies work? Since ancient times, therapeutics had focused on the multifarious components of the individual constitution, resulting in a byzantine theory of indications.5 By contrast, in the 1700s, Peruvian bark and mercury became almost universally accepted as the effective specific treatments for two clear-cut disease entities, to wit intermittent fevers and syphilis, respectively.6 It is almost superfluous to recall that Hahnemann’s interest in these two conditions and corresponding medications was the trigger that ultimately led him to construct homeopathy as a complete system for conceptualizing and treating disease. The second section of the present study is devoted to the first successful re-creation of homeopathy, which took place in an entirely different world, not only because it literally happened in the “New” World but also because, in the hands of James T. Kent (1849–1916), homeopathy stopped looking for its grounds in science and medicine, but in metaphysics in their stead. The result was a shift from phenomenal to essentialist homeopathy: Rather than as phenomenal units of comparison, the essentialist approach considers symptoms to be pointers to an alleged deep-seated root, which Kent called “susceptibility”.7 According to him, such primeval susceptibility has moral grounds and goes back to the “primitive wrong of the human race.”8 Over time, Kent’s essential susceptibility was reframed in the light of varying sociocultural and intellectual contexts. As an illustration, I chose the case of Argentinian Neo-Kentianism, inasmuch as it has already been subjected to thorough socio-historical-epistemological analysis. While Kent and Neo-Kentianism delved deep into metaphysics and the human condition, Europe was convulsed by the rise of bacteriology. This is the subject of the third section of the present paper. The emblematic disease of that time was the then ravaging tuberculosis, which further monopolized scientific attention after Robert Koch (1843–1910) identified its infectious agent in 1882. These developments had an immediate resonance among homeopaths, particularly since they provided a scientific framework for the use of the controversial nosodes and isopathy.9 Within the new context thus arising from bacteriology, nosodes were reworked exemplarily by James C. Burnett (1840–1901) in Britain. Resorting to the same methods as his counterparts in mainstream medicine, Burnett found that his homeopathic preparation Bacillinum was not only useful for the treatment of clinically patent tuber-

5  Maclean (2002). 6  Maehle (1999). 7  Kent (1919), lecture 14. 8  Kent (1919), lecture 18. 9  Baschin (2017); Vieracker (2013).

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culosis, but also for the more puzzling tubercular predisposition. Next, he turned his attention to cancer along the same lines. The much broader implications for homeopathy of the new phenomena of bacteriology and the novel science of immunology now being brought to the fore were carried further by the Swiss physician Anton Nebel (1889–1961). Generations of French homeopaths merely learned that the joint work of Nebel and Léon Vannier (1880– 1963) helped form the basis of the so-called French School of homeopathy, according to which the ultimate cause of disease is constitutional impregnation by microbial toxins, whence treatment involves drainage – elimination of toxins – and detoxification. Nebel and Vannier, however, never worked together, but the latter systematized and widely publicized the former’s research.10 An immersion into Nebel’s writings provides the reader with first-hand experience of how homeopaths, following in Hahnemann’s steps, did not eschew the coeval interests of mainstream science and medicine, but rather the opposite, engaged deeply in bacteriological and immunological research. But for a few experts in this subject, one is surprised to learn this was a two-way street: Emil von Behring (1854–1917), the first winner of the Nobel Prize in medicine for his work on diphtheria antisera, openly acknowledged isopathy as one of the only two effective approaches to therapeutics. Early bacteriology and immunology lead us straight into major debates in the period from 1890 to the eve of the Second World War. As soon as specific microbial causes of definite diseases were established, efforts focused on finding means of prevention and cure – vaccines and antisera. New phenomena multiplied by the day: Bacterial toxins, antitoxins, antibodies, anaphylaxis. Bacteriologists were stunned by a bewildering fact: If microorganisms were a necessary cause for the occurrence of infectious diseases, they were not a sufficient cause.11 Increasing evidence demonstrated that, while massive proportions of the population had contact with pathogenic microorganisms, only a small fraction of people developed clinical signs of disease, and even smaller numbers severe-to-fatal illness. Any resemblance to ongoing debates regarding COVID-19 is not mere coincidence, but such observations are part and parcel of one and the same problem. At the turn of the twentieth century, differential susceptibility brought back to the foreground the age-old notion of predisposition and its host of cognates – constitution, temperament, diathesis, dyscrasia, terrain, soil, and so forth. The aforementioned developments took place in a world in crisis, from the pessimistic fin de siècle all throughout the interwar years. An overall feeling of decline took many shapes, including rejection of Western civilization, as emblematized, for example, by Oswald Spengler’s (1880–1936) “The Decline of the West” (1918). This motif acquired a life of its own and was reproduced everywhere; it suffices to remember Max

10  Erlach (2019), pp. 129–130. 11  Mendelsohn (2001).

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Weber’s (1864–1920) Entzauberung (disenchantment)12, and Sigmund Freud’s (1856– 1939) Unbehagen (discontentment)13. Among physicians, one reaction to that Zeitgeist was a thorough critique of scientific medicine and its specialization, increasing resource to laboratory methods at the expense of the traditional clinical approach, an analytical frame of mind, and, in Weimar Germany, also of the socialization of medicine with its consequent restrictions to the autonomy of doctors.14 One possible answer to such problems was holism, together with a search for its foundations in the very source of Western medicine, i. e. the Hippocratic corpus, as well as in authors held as heretics until then, notably Paracelsus (c. 1493–1541). The latter became especially relevant following the first modern edition of his complete medical and natural history works, between 1922 and 1933, by the German historian of medicine Karl Sudhoff (1853–1938). Therefore, it comes as no surprise that homeopaths in the interwar years also widely discussed Paracelsus, such as Nebel and his close associate Jules Gallavardin (1872–1917), Vannier, and Burnett and John H. Clarke (1877–1931) in Britain.15 By the same token, historians of medicine played a major role in this so-called Neo-Hippocratic program, including Pedro Laín Entralgo (1908–2001), Arturo Castiglioni (1874–1953), Maxime Laignel-Lavastine (1875–1953), Paul Diepgen (1878–1966), and Henry E. Sigerist (1891–1957). Synthesis was one further motif characteristic of this movement that was strong in Britain, France, and Germany. Synthesis against analysis, the whole before the parts. But it was also a synthesis of the whole of medicine, mainstream and alternative, orthodox and “heretical” – as the actors self-defined themselves.16 Major representatives of this trend among the French homeopaths were Vannier and René Allendy (1889– 1942).17 A postwar resultant of this movement was the last historical re-creation of homeopathy, which is the subject of the final section of the present paper. I allude to homotoxicology, formulated by Hans-Heinrich Reckeweg (1905–1985) in the 1950s. The present study is not a description, a discussion, or much less a critique of the various types of homeopathy currently in practice. Its overall goal is to describe the epistemological frameworks of such variants as they emerged over time, in their intimate relationship with the sociocultural and intellectual atmospheres within which they were born. Hahnemann’s and Kent’s work and ideas have been widely explored by generations of scholars. Therefore, in the first two sections, I have merely summarized their main epistemological aspects. In turn, the work of later authors, particularly 12  Harrington (1999). 13  Freud (1930). 14  Weisz (1998); Weisz (2001); Timmermann (1999); Timmermann (2001). 15  See Gallavardin’s series on Paracelsus published in Le propagateur de l’homoeopathie

in the 1910s; Van­ nier (1936); Clarke (1904). 16  For the French case see Thomaz (2016); Thomaz/Waisse (2018). For the German case, Timmermann (1999). For homeopathy within such a particular context in France, Bernard (2018). 17  Carrell/Lumière (1945).

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Nebel and Reckeweg, has been considerably less studied. Consequently, I have devoted significantly more attention to them.

Medicine in Hahnemann’s time: The heyday of the theory of the vital force

As was mentioned in the introduction, the so-called “pillars of homeopathy” – therapeutic similitude, experimentation on healthy subjects, single remedy, and small doses  – were common themes in medicine starting in the second half of the eighteenth century.18 Hahnemann succeeded in integrating all these concepts and methods through the unifying thread the theory of the vital force afforded, as well as by means of a crucial epistemological shift, i. e., from the generic notion of curing of one disease by another similar one (contemporarily as Übelkeitkur) to specific symptom similitude.19 The literature on the theory of the vital force in relation to homeopathy is confusing to this day, inasmuch as several authors still adduce it was a fringe concept proper to Romantic medicine/Naturphilosophie.20 Nothing can be farther than that. In the German-speaking world, the vital force was a direct offshoot of mainstream experimental physiology, as elaborated in the wake of Albrecht von Haller’s (1708–1777) work, particularly by Johann F. Blumenbach (1752–1840). Both men of science were staunch Newtonians in their representation of forces, especially the ones active in living beings – the term Lebenskraft (vital force) was coined by Haller himself.21 In addition, both were among the most outstanding physiologists of their time – there is no need to comment on Haller, known as “The Great”. Blumenbach, in turn, is currently remembered only for his contribution to physical anthropology. Yet, in his time, he was at the center of a wide network of physiologists.22 Confirmation of the influence of Haller and Blumenbach on Hahnemann’s understanding of the vital force is explicitly provided by himself: Therefore, all the physician can know about his subject, the vital organism, all he needs to know about, is restricted to that which the wisest among us, a Haller, a Blumenbach, a Wrisberg, among others, understood and taught as physiology, which one may call the ex-

18  For

therapeutic similitude and experimentation on healthy subjects, see Waisse (2008); for minimal doses, Waisse (2012). 19  See Tischner (1932–1939), vol. 2, pp. 166 ff.; Bayr (1989). For the rise and demise of the theory of the vital force see Waisse (2010); Waisse/Bonamin (2016). 20  See e. g. Dean (2004); Kuzniar (2017). 21  Haller (1756); Haller (1779); Blumenbach (1781); Blumenbach (1789/1791); Blumenbach (1828). 22  Schmitt (2006).

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perimental investigation of vitality, namely, the phenomena of the healthy human body that manifest to the senses and what their relationship is […].23

One may leave Heinrich A. Wrisberg (1739–1808) aside for having focused mostly on anatomy and embryology. Haller, Blumenbach, and Hahnemann agreed with the Newtonian topos: Causes are hidden, experimental philosophy (i. e. natural science) restricts itself to manifest, perceptible phenomena.24 Yet neither Isaac Newton (1643– 1727) could avoid speculating. In the “Queries” he appended to his “Opticks” (1704), he paved the path for a methodological transference of the forces active at infinitely large distances to those operating at infinitely small ones, i. e. within atoms (then known as corpuscles).25 During their spread in the eighteenth century, Newton’s ideas gave rise to two independent lines of research, one of them based on his theories on the ether, which had recourse to imponderable fluids and atom collisions to account for the phenomena in nature. The other line of research was based on Newton’s theo­ ries about force and sought explanations in the central atomic forces, i. e. attraction and repulsion. The former approach became known as mechanic, the latter as dynamic. This is the meaning of the word “dynamic” one must bear in mind upon discussing eighteenth and early nineteenth centuries theories of force26, including Hahnemann’s use of the term Dynamis and cognates, as, for example, in the much quoted § 9 of his “Organon of the Healing Art”27. The theory of the vital force ruled uncontested until the 1840s. It was the basis of the medical approach of all leading physicians in Hahnemann’s time, as the example of Christoph W. Hufeland (1762–1836) illustrates.28 The Newtonian roots of the French version of vitalism (Montpellier school) were discussed by Charles T. Wolfe and Motoichi Terada.29 But there is still more. Lebenskraft was the backbone of the modern “reform” of physiology achieved by the powerful professor of the newly founded University of Berlin, Johannes Müller (1801–1858), to which he devoted 100-page “Prolegomena” in his all-influential “Handbuch der Physiologie des Menschen”.30 Equally, the vital force animated the creation of the new science of organic chemistry by Justus

23  Hahnemann (1808/2001), original emphases; free translation of the German text on p. 505. 24  Newton (1687); in English translation, Newton (1999). 25  Newton (1730), Quest #31. 26  For notions of matter and force in the eighteenth century see Levere (1971); Harman (1982); Toulmin/

Goodfield (1962). 27  As basic reference I use the original German text of the 6th edition as standard, unless particular editions are needed for comparison, which is not the case in the present paper. See Hahnemann (1995). 28  Hufeland (1795); Hufeland (1818/1993). On Hufeland’s view of medicine, see Solon (2016). 29  Wolfe/Terada (2008). 30  Müller (1834–1840). For his characterization as an “unredeemable” vitalist, see Bois-Reymond (1860).

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von Liebig (1803–1873)31, whose methods revolutionized the entire system of science education and research around the world32. Hahnemann followed Haller in one more equally fundamental topic, namely, the nature of drug experimentation, which is at the origin of the single remedy “pillar” of homeopathy, as well as of the foundational self-experimentation with Peruvian bark. In a footnote to the “Organon” § 108, Hahnemann mentions Haller as the only physician to have had ever tested drugs for their characteristic effects on healthy individuals. Conveniently, Hahnemann passed over the crowd of previous self-experimenters he had widely quoted in his works on materia medica.33 He also “inadvertently” omitted the parts in Haller’s text that clearly indicate the Swiss physician had been the first to carry out a study of Peruvian bark exactly as Hahnemann did many decades later. For what Haller stated is: With every plant it should be done what was done with Peruvian bark. Take the medicinal plant alone, not compounded with any other medicine, in a dose initially low, then increasing it. Record its taste, smell, acrimonies, blandities. Any change in the pulse, urine, stomach, intestines, hot, cold, anxiety, general well-being, and any other [phenomenon] that might derive from such medicine. […] Because from the phenomena perceived in a healthy individual this same plant is transferred to the sick body […].34

In brief, a methodological prescription that resembles Hahnemann’s own, were it not that the application of the “proving symptoms” to the sick ought to follow the contraria principle. As Hahnemann built his system over time, he made changes in how he mentioned sources that had served him as reference. Thus the relevance he ascribed to Anton von Störck substantially decreased from “Fragmenta de viribus medicamentorum positi­ vis” (1805) along each successive edition of the “Organon”. Störck (1731–1803) was one of the leading physicians in Vienna in the eighteenth century, personal physician to the Austrian Empress Maria Theresia, Protomedicus (a position akin to that of health minister), dean of the medical school and Rector magnificus of the University of Vienna.35 Beginning in 1759, Störck conducted experiments with simple plant extracts – especially poisonous ones, many of which were then banned in medicine – on animals and himself, followed by clinical trials in sick individuals. In his research, he paid careful attention to proper identification of the materials tested, which were systematically experimented one at a time. So rigorous was his work, that the historian Christa Habrich qualified it as the first model of modern clinical and pharmacological experiment, well

31  Liebig (1852); on Liebig’s vitalism, see Lipman (1967). 32  Rocke (2021). 33  For a list, see Waisse (2008). 34  Haller (1771), p. 12 (free translation; “blandities” [my emphasis] denotes the opposite to acrimonies). 35  Müller-Jahncke (2013).

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designed and well recorded.36 Störck’s research was much appreciated in his own time, as is shown by extant translations and editions of his books in German, French, English, Dutch, Portuguese, and Turkish.37 Störck performed his initial experiment with hemlock (Conium maculatum L.), according to a complex research protocol that began with a thorough study of the substance, which then was tested through several routes of administration, in both animals and human beings, healthy and sick. Relevant for my purpose here, Störck observed that upon instilling some drops of hemlock solution on his tongue, he felt intense pain, attended with stiffness and swelling, which hindered his ability to speak. He then remembered “that acids efficaciously correct the effects of similar medicines [my emphasis] and moderate their causticity.” Consequently, he applied lemon juice on his tongue, which afforded him immediate and complete relief.38 The fact that Störck did not make much of this incident is indirect evidence for the wide spread of the notion of healing through like remedies in the second half of the eighteenth century. Interestingly, in his epoch-making translation of William Cullen’s materia medica, Hahnemann explicitly noted that acids were able to heal the same ill states they were able to cause.39 Yet Störck’s roving around therapeutic similitude took him much farther, to wit, to investigate the possible therapeutic uses of thorn apple (Datura stramonium L.). With a reputation of an extremely poisonous plant, thorn apple had been banned from medicine since remote times. Störck confessed to be clueless about its therapeutic potential. At this point he had a “hunch:” As thorn apple, by affecting the spirit, produces madness in the human being, will not it be possible to test whether, by affecting the ideas and the common sense of the mad and insane spirits, will not it make them healthy spirits? If, through a contrary motion, will not it make disappear convulsions in those that suffer from them?40

Experiment showed it did. When one remembers that Störck tested medicines in small doses, for instance, wolf bane (Aconitum napellus L.) diluted 1.8:100 in sugar, and pasque flower (Pulsatilla pratensis (L.) Mill.) in dilution 1:100, one may safely assert that therapeutic similarity, self-experimentation, single remedy, and small doses had already become well established in medicine at least thirty years before Hahnemann conducted his first known experiment with Peruvian bark. As was mentioned in the introduction, Peruvian bark and mercury were two drugs that attracted the attention of physicians in the eighteenth and early nineteenth cen-

36  Habrich (1991). 37  Waisse (2008). 38  Störck (1887), p. 71. 39  Cullen, William: Abhandlung über die Materia medica. Transl. & notes by Samuel Hahnemann. Leipzig

1790, as cited in Tischner (1932–1939), vol. 1, pp. 165 ff. 40  Störck (1887), p. 4.

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turies. Research on both led Hahnemann to formulate the grounds of homeopathy, as well as to put forward some explanations for the mechanism of action of drugs. Opium was the third drug under the pharmacological spotlight by this time. Since mid-eighteenth century, one leading authority in pharmacological experimentation, precisely with opium as his focus, was Charles Alston (1683–1760), professor of materia medica and botany at the highly reputed medical school of Edinburgh. The most remarkable aspect of Alston’s pharmacological work is his critical assessment and systematization of methods and techniques for the study of drugs, which he first applied to his study of opium in 1742.41 Alston’s was qualified as the “first wide-scoped modern study on opium.”42 The reason is that he systematically applied the following methods: 1) accurate botanical identification, 2) historical and etymologic analysis, 3) description of medicinal properties and therapeutic indications, 4) description of sensory qualities, 5) chemical analysis, 6) animal experimentation, 7) human and self-experimentation by several routes of administration, 8) in vitro experiments on various body fluids, and 9) literature review of clinical observations. One may read Hahnemann’s “Essay on a New Principle to Ascertain the Curative Powers of Drugs” (1796) – the so-called foundational writing of homeopathy – as a point-by-point answer to Alston, to finally conclude “Nothing remains, but experiment on the healthy human body.”43 Hahnemann did not mention Alston by his name, but if one has any doubt he was targeting the Scottish professor, a footnote in the “Essay” dispels all suspicions. For, indeed, Alston’s is the first known record of the double action of drugs, the so-called primary or direct action, followed an indirect or secondary action exactly opposite to the former. The primary is the direct action of the drug on the body, the secondary one is the body’s reaction to the drug stimulus. Alston had discovered this phenomenon during his thorough study of opium.44 Hahnemann made a point of describing such double action of opium in his foundational “Essay”.45 One cannot insist enough on the significance of the double-action concept in Hahnemann’s thought, as Marcus Z. Teixeira remarked in his two-decade studies devoted to demonstrating the scientific grounding of homeopathy on modern pharmacology.46 From Hahnemann’s to our time, the most debatable aspect of homeopathy is its use of not merely small, but of what came to be known as infinitesimal doses. This is to say, dilutions of the source-material as extreme as to surpass the threshold of the dispersion of matter. As is known, extracting an alleged “quintessence” from matter had been the main aim of alchemists since remote times, and in the premodern age,

41  Alston (1752); Alston (1770). 42  Maehle (1999), p. 148. 43  Hahnemann (1796/2001), p. 218. 44  Alston (1752), p. 167. 45  Hahnemann (1796/2001), p. 224. 46  Teixeira’s publications are too many as to be quoted here, for a summary see Teixeira (2022).

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of Paracelsus. Yet Hahnemann explicitly denied any tie to such tradition. In turn, the explanation he provided fully satisfied Hufeland, then the doyen of German-speaking conventional doctors. I have discussed the development of Hahnemann’s infinitesimal doses at length elsewhere.47 Here, it suffices to remind that he called his procedure dynamization, for he believed that somehow it released the Newtonian central atomic forces “hidden” within matter. Based on the aforementioned considerations, the continuity between Hahnemann’s thought and mainstream medical and pharmacological ideas and practices in his time cannot be put into question. The originality of Hahnemann’s system is how he put all these elements together, as follows: – Health is defined as the regular operation of the vital force. Consequently, disease manifests whenever the vital force is dysregulated, and healing involves aiding the vital force come back to its regular state. – Humans will never be able to grasp what the vital force is in its essence; actually, there is absolutely no need for such kind of knowledge, since it suffices to apprehend the manifestations of the vital force in the living body, i. e. symptoms – phenomena – in disease. – Agents able to alter the vital force must of necessity have the same nature, i. e. immaterial (dynamic, geistartig), be they the causes of diseases or the medicines that heal them. – A medicine is any substance able to alter the vital force; on healthy individuals it elicits proving symptoms, on the sick, it heals like symptoms. – Therefore, proving and cure derive from one and the same fact, to wit, from the ability of drugs to alter the vital force, provided they are of the same nature (dynamic, geistartig). – Pathological causes and medicines act exactly in the same manner; such action may be called “natural” and “artificial” disease respectively, with the proviso that living beings are only conditionally susceptible to the former, but unconditionally susceptible to the latter. – Two natural diseases cannot coexist in the body at one time; if similar, the strongest disease completely removes the weakest one; if dissimilar, the strongest one halts the course of the weakest one for a while, or both diseases combine into a more severe complex illness. – A stronger similar “artificial” (medicine-induced) disease makes “the sick mood (Stimmung) of the vital principle [become] very similar to that of the natural disease […].”48

47  Waisse (2012). 48  Hahnemann (1995), § 34.

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Whence a too high “amount” of “artificial disease” may cause an initial aggravation of the patient’s symptoms, which may be controlled through increasingly potentized remedies. Symptoms used as pointers for prescription ought to be those qualified as “the most striking, singular, unusual, and peculiar”49, as Hahnemann had observed in his foundational experiment with Peruvian bark and which triggered the shift from the generic Übelkeitkur to the specific simile of homeopathy.

Hahnemann’s main hypotheses, which he subjected to empirical verification, may be easily translated into logical terms. One may rephrase his arguments in the “Essay” as follows: Premise 1: “All similar diseases heal similar diseases” Premise 2: “All medicines cause similar diseases” ----------------------------------------------------------------------Conclusion: “All medicines heal similar diseases” As is evident, this is a valid classic predicate syllogism of the Barbara form (AAA-1) formulated by Aristotle. To predict future outcomes for his research program, Hahnemann had resource to propositional syllogistics of the if/then form (modus ponens): – If a medicine X elicits symptoms Y, then it will heal a disease exhibiting symptoms Y, and conversely – if medicine X cures symptoms Y, then it will elicit symptoms Y on a healthy individual. On subjecting Hahnemann’s construct to epistemological analysis, one finds it is consistent (i. e. there are no internal contradictions), it is complete (i. e. accounts for all cases), it provides explanations for all the phenomena within its scope, it allows the making of predictions, it enables novel experimental models, enunciates are refutable and may be translated into logical terms, and the construct provides appropriate methods. In short, everything that is required from any scientific theory or model.50 A hardcore Hahnemannian approach has been revisited in our time by the group led by Ubiratan C. Adler, reinforced by the rigorous clinical research methods of evidence-based

49  Hahnemann (1995), § 153. 50  For basic epistemology concepts, see Moser (2002).

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medicine.51 It is worth noticing that this group also sought to ground their approach in original studies of long-forgotten historical documents.52 This is not the place to discuss why Hahnemann’s homeopathy found a mixed, pro and con reception among the medical establishment of his time. From the contemporary perspective, his epistemological building fell down when the theory of the vital force, as understood in the nineteenth century, was refuted together with the formulation of the first law of thermodynamics, i. e. the law of the conservation of force (now energy). Independently announced in 1847 by three investigators, James P. Joule (1818– 1889), J. Robert von Mayer (1814–1878), and Hermann von Helmholtz (1821–1894), the latter specifically targeted the Newtonian vital force.53 To this day, no later scientific model has ever been able to give evidence for a “force” (now energy) exclusive to living beings.

An essentialist turn: The ultimate origin of human susceptibility to disease

The first successful re-creation of homeopathy took place within an entirely different sociocultural and intellectual setting. The epistemological point of departure of this new elaboration of homeopathy is an aspect I have not discussed in the previous section, to wit, Hahnemann’s theory of chronic diseases. In short, experience taught Hahnemann that, to obtain the full picture of disease, i. e. the sine qua non condition for accurate application of the therapeutic similitude principle, the physician had to trace back the entire history of the targeted illness. As a result, Hahnemann concluded that “psora” accounted for the vast majority of genuine chronic diseases, while syphilis and sycosis (gonorrhea) were much less significant.54 He clearly distinguished between acute and chronic diseases – the former could represent an abrupt reawakening of latent psora. However, some had no basis whatsoever on psora, but were the result of independent pathogens – epidemic and acute contagious diseases. In any case, both acute and chronic diseases had infection (Infektion) as their ultimate source. Certainly, Hahnemann adhered to the early nineteenth-century notion of contagion (Antsteckung), for which he unfortunately kept the name “miasma”, even though he had already moved on from the traditional concept of miasma as noxious environmental conditions. According to him, the peculiar aspect of chronic miasmas was that, following contagion, they impregnated the entire bodily constitution

51  See e. g. Adler et al. (2013). 52  Adler/Adler/Padula (2008). 53  Waisse/Bonamin (2016). 54  Summary in Hahnemann (1995), §§ 78 ff.; for the full development of Hahnemann’s theory of chronic

diseases, see Hahnemann (1828).

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of the patient unless they were removed through proper (homeopathic) treatment. By contrast, acute miasmas and epidemic diseases had a self-limited course. The psora miasma was tremendously contagious, practically no one could escape it. From here, there was only one step to make every single disease or ill state dependent on psora. The one who took such step was the North American homeopath James T. Kent. In his lectures on homeopathic theory, Kent read Hahnemann’s “Organon”, then sought to elucidate the ideas contained in its paragraphs. These explanations and comments were grounded on Kent’s own beliefs about the nature of health and disease, and, in the last instance, of human beings and the human condition as a whole. His beliefs in this regard were considerably shaped by the coeval understanding of the philo­ sophical writings of Emanuel Swedenborg (1688–1772). A reputed man of science, later in life Swedenborg claimed to have received a particular revelation about the true being and dynamics of the universe.55 His views found particularly favorable reception in Britain, which led to the creation of the New Jerusalem Church starting in the late 1780s, which eventually spread throughout the British Empire. Swedenborg’s writings reached the newly born United States in 1784, where they awakened much interest. Reading groups were created in Philadelphia and Boston, while westward expansion made Cincinnati one further influential center. It is worth remembering that Kent attended the eclectic medical school in this city, whose faculty significantly adhered to Swedenborgism.56 Although always small in absolute numbers – by 1900, Swedenborgian societies comprised just 6,926 members coast to coast – Swedenborg inspired elite intellectual movements, such as Transcendentalism, as well as homeopaths.57 However, much earlier he had been discussed by Founding Fathers Thomas Jefferson, John Adams, and George Washington.58 Swedenborg’s success in the nineteenth-century United States was due to his synthesis of reason and revelation, embodied in a call to examine the biblical text for its deeper spiritual meaning. Thus, Swedenborg emphasized the power of the human mind to go beyond the immediate and visible reality, or the plain letter of the text, to reach the unfathomable spiritual world. The path to follow such a journey was afforded by an intrinsic correspondence between these two realms, i. e. natural and spiritual, which, by principle, may be grasped by the human mind. The roots of ontological dualism in Plato, and the solution for the gap between both realms in an immanent immaterial substance, as posited by Neo-Platonists, are too well known to be discussed here. Equally well known is the role Neo-Platonism has played in all mystic and gnostic movements since its inception in the third century CE. This connection was not lost to the very 55  See Williams-Hogan (2016). 56  See Haller Jr. (1994). 57  See Treuherz (1984). 58  Hashim (2020).

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embodiment of Swedenborgism and Transcendentalism in the United States, Ralph Waldo Emerson (1803–1882).59 Kent synthesized all the aforementioned aspects in his reinterpretation of Hahnemann’s homeopathy. The result was an absolute preeminence of mind (thought and will) as the genuine nature of the human being, and the definition of sin as the essential historical and personal source of susceptibility to illness, as shown in the following sequence: wrong thinking leads to wrong willing, and consequently to wrong acting.60 Kent’s version was the swan song of so-called classical homeopathy in the United States. Yet it had deep influence across the world, initially through Margaret Tyler (1859–1943) and John Weir (1879–1971) in Britain, and Pierre Schmidt (1894–1987) in Switzerland and France. In any case, homeopathy entered a stage of global decline from the 1930s to the 1970s, mainly due to the success of conventional medicine. A revival of homeopathy in the last quarter of the twentieth century was associated to increasing criticism of mainstream medicine as a function of its high cost and production of iatrogenic diseases, dehumanization of the doctor-patient relationship, and the New Age movement.61 This is possibly the context for the Neo-Kentianism that became popular in the West through Georges Vithoulkas (b. 1932). However, historical-scientific studies of these developments are still too scarce to draw plausible conclusions. In turn, in a careful study, Conrado M. Tarcitano Jr. demonstrated that the 1930s–1970s gap was actually filled in by an earlier Neo-Kentian movement which, having originated in Argentina, spread globally. Tarcitano’s study clearly shows how sociocultural and intellectual contexts are crucial for the reframing of theories and methods. Let us see how.62 As was mentioned above, the 1930s were a decade of overall crisis in the West, which naturally affected also medicine. In addition to the effects of the global economic depression, Argentina had to contend with problems of its own, most notably demographic explosion, with consequent pressure on the healthcare system. Increasing medical specialization conspired to emphasize the purely clinical aspects of disease at the expense of the patient as a whole. Dissatisfaction with such state of affairs led a young doctor, Tomás P. Paschero (1904–1986), to seek an alternative, which he found in homeopathy, more particularly in Kent’s approach. For this reason, he spent a training season in the United States under the direct supervision of Arthur H. Grimmer (1874–1967), a former student of and assistant to Kent. Upon his return to Argentina, Paschero revolutionized the teaching and practice of homeopathy through the new views he had acquired. Yet, the sociocultural and intellectual context in Argentina in the 1930s was nothing like that of the turn-of-the-century United States.

59  Bregman (1990). 60  Kent (1919), lectures #14, #18 ff. 61  Dinges: Einleitung (1996); Dinges: Für eine neue Geschichte (1996). 62  Tarcitano Filho (2013); for a shorter version in English, Waisse (2017) – this article was published after

Tarcitano’s premature death in 2013. Once again I’d like to pay homage to this good friend and colleague.

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The interwar period in Argentina was an age of development that saw the rise of a liberal learned middle class, between a conservative Catholic oligarchy and the low-income classes, which first became an industrial proletariat under the regime of Juan D. Perón (1895–1974) in the 1940s. That educated middle class had cosmopolitan interests and opened the door to new ideas, including homeopathy and psychoanalysis. Indeed, homeopathy and psychoanalysis entered the Argentinian cultural horizon literally hand in hand: Close ties were soon established between early psychoanalysts, progressive pediatricians, and the circle of homeopaths around Paschero. The latter reframed Kent’s view of the human condition according to Freudian structural and dynamic concepts. Therefore, rather than sin, Paschero represented the essential basis of susceptibility to disease as a blockage to the free discharge of pulsion energy. The consequent system overcharge was qualified as the core aspect of “psora”. Reaction to such malfunction may take the shape of a pathological affirmation of the self – overgrowth, sycosis – or of withdrawal and self-destruction, i. e. syphilis. As a result of Paschero’s revision, the terms “sycosis” and “syphilis” lost any ontological connection to the diseases that bear such names, to become mere metaphorical expressions. Paschero’s brand of homeopathy did not spread only in Argentina, but also on the international stage through the Liga Medicorum Homeopathica Internationalis (LMHI). Aiming at setting global standards, in 1969 LMHI created an International Homeopathic Medical School, for which faculty Paschero was appointed to teach “homeopathic philosophy”. Interestingly, Paschero and the Mexican physician Proceso Sánchez Ortega (1919–2005), another reputed expounder of Neo-Kentian homeopathy, taught a short course after the LMHI congress of 1975 in Athens, under the coordination of their younger colleague, Georges Vithoulkas. Nevertheless, internal division did not take long to emerge within Paschero’s circle. One of his main collaborators, Alfonso Masi Elizalde (1932–2003), a conservative Catholic, soon manifested strong opposition to the immanentism intrinsic to Paschero’s views, as well as to the explanation of the fundamental origin of disease in Freud’s energy economy. Following Thomas Aquinas (1225–1274), Masi placed the origin of all pathological susceptibility not in the psychological, but in the metaphysical plane, to wit, in an imaginary participation in Adam’s sin through individual envy of one of the Divine attributes. Each such particular attribute thus defines the individualization that grounds prescriptions in Masi’s Neo-Kentian homeopathy. Just as in Paschero’s, also in his scheme everything that comes after “psora” (now understood as metaphysical sin) is a reaction in the sense of reaffirmation or withdrawal of the self, now rechristened as “egotrophy” (ego hypertrophy, former sycosis) and “egolysis” (former syphilis). Still, according to Masi, the metaphysical components of “psora” eminently manifest themselves in dreams, imaginations, “as if ” sensations, and so forth. Furthermore, one may identify common threads throughout all proving/patient symptoms, no matter in which sphere of the self they appear, which he called “themes”.

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The essentialist approach has gained in popularity ever since. One may find similar notions in the systems formulated by Jan Scholten and Rajan Sankaran, to mention just two among the main representatives of Neo-Kentian homeopathy in the present time.63 One may contrast this trend with the phenomenal tradition started by Hahnemann. The latter’s first disciples, such as Clemens von Bönninghausen (1785–1864) and Constantin Hering (1800–1880), devoted much effort to rigorously define which among the countless perceptible manifestations of disease  – symptoms, i. e. pheno­ mena by definition – were absolutely trustworthy to serve as a basis for prescriptions.64 This program currently continues in the statistical work of Lex Rutten and the groups chaired in Argentina by José E. Eizayaga, and in India by Raj K. Manchanda.65

Finding a place for nosodes: Tuberculosis and the “bacterial revolution”

Nosodes, i. e. medicines prepared from diseased tissues or discharges, were developed in the early years of homeopathy, to wit, in the 1830s, by Hering and Wilhelm Lux (1769–1849).66 On the one hand, nosodes gave rise to immediate controversy, on the other, their role in homeopathic therapeutics was not clear to anyone. This state of affairs changed dramatically in the late nineteenth century in the wake of the so-called “bacteriological revolution” and the rise of tuberculosis as the leading cause of morbidity and mortality. These two developments were intimately intertwined. In addition, this was possibly the time when homeopathy and mainstream medicine came epistemologically closest, without any of them having to renounce their respective fundamental assumptions. As soon as the causal relationship between microorganisms and certain diseases, most notably tuberculosis67, was established, a most unexpected problem was noticed. If microorganisms (then all bacteria) were a necessary cause of disease, they were not a sufficient cause. Bacteriologists, pathologists, clinicians, and social hygienists were all puzzled by the fact that most infected individuals did not develop clinical disease, much less severe or fatal illness. In consequence, differential susceptibility came to the foreground simultaneously with the earliest efforts to isolate and identify microorganisms and develop preventive and therapeutic means.68 Indeed, no sooner was the in63  See e. g. Scholten (2007); Scholten (2013); Sankaran (2004); Sankaran (2007). 64  Bönninghausen (1860); Hering (1879–1891). 65  See e. g. Rutten/Manchanda/Eizayaga (2021). 66  For a comprehensive history of nosodes and isopathy, see Baschin (2017); Vieracker (2013). 67  For a survey of theories on the origin of tuberculosis previous to the identification of Koch’s

bacillus, see Worboys (2001). 68  For a thorough discussion of the problem of differential susceptibility at the turn of the twentieth century, see Mendelsohn (2001).

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fectious nature of tuberculosis demonstrated, and the scientific community began admitting the causal role of microorganisms in the origin of many diseases, than a parallel focus of research centered on the “soil” on which such “seeds” were sown. The relative weight of each such factor was widely discussed by both mainstream and homeopathic physicians, in some occasions even with some degree of overlapping. The identification by Koch of the microorganism now known as Mycobacterium tuberculosis was closely followed by another puzzling discovery, to wit, that bacteria do not have to be necessarily present in diseased tissues to ensure the maintenance and spread of disease, which rather are the work of “poisons” microorganisms produce. Ludwig Brieger (1849–1919) launched this hypothesis in 1888 and named such bacterial poisons toxins.69 Experimental proof for the existence of toxins was provided that same year by Émile Roux (1853–1933) and Alexandre Yersin (1863–1943) working on diphtheria.70 Also diphtheria was one of the major diseases at that time, known as the “strangling angel of children”. Identification of the specific causative microorganism and its pathogenic toxin was followed by the development of effective treatment in 1900, for which Behring, an assistant in Koch’s laboratory, was awarded the first Nobel Prize in medicine or physiology the following year.71 A race ensued between rivals France and Germany to identify as many microorganisms and bacterial toxins as possible, as well as to develop antisera, alternatively known as antitoxins, following Behring’s approach. Behring had experimentally infected animals with diphtheria, then used the animals’ serum to (passively) immunize children. Any kinship to isopathy is not mere coincidence: Behring explicitly used the term “isopathy” to depict, in 1898, one of the only two possible approaches to the treatment of infectious diseases. One of such “principles of cure”, according to him, was the “etiological principle”, which ought to focus on toxins rather than on bacteria as such. The other was the “isopathic principle”, that Behring identified with Louis Pasteur’s (1822–1895) treatment of rabies (post-infection vaccination), vaccines in general, and Koch’s tuberculin.72 Homeopaths had long known about “tuberculins”, starting from Hering’s Phthisin and Lux’s Pneumophthisin – which the bacteriologist Ferdinand Hueppe (1852–1938) assimilated to Koch’s tuberculin and Edwin Klebs’ (1834–1913) antiphtisin.73 In the 1880s, several Anglo-Saxon homeopaths on both sides of the Atlantic tested new tuberculins, including Samuel Swan (1814–1893) and, more famously, James C. Burnett.74 69  For the progression from the notion of putrefaction to that of bacterial poisons and ultimately toxins,

see Cavaillou (2018). 70  Roux/Yersin (1888). 71  See Linton (2005). 72  Baschin (2017), pp.  144 ff. For Koch’s development of tuberculin, see Schmidt (1994); Gradmann (2006). 73  Baschin (2017), p. 142; Vieracker (2013), p. 62. 74  Anschutz (1900), pp. 41 ff.

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The same year that Behring published his work on the cure of diphtheria – together with the parallel research of Shibasaburo Kitasato (1852–1931) on tetanus75 – and Koch announced his alleged breakthrough cure of tuberculosis76, Burnett publicized an effective treatment for tuberculosis based on the use of a nosode prepared from cavity tissue, which he called Bacillinum77. Burnett further found that his nosode was also able to check the very outbreak of disease in individuals “phthisically-predisposed, […] what I have ventured to call consumptiveness.”78 In other words, individuals presenting a definite set of signs and symptoms, especially within one and a same family. As his close collaborator, John H. Clarke, observed, Burnett thus introduced a new perspective, i. e. the use of nosodes as diathetic homeopathy.79 As countless others, the Swiss physician Anton Nebel also focused on tuberculosis, not less because at some point he directed a sanatorium in Davos. Soon, he became aware that the new bacteriological age provided the ideal setting to rehabilitate the controversial nosodes and isopathy.80 While he had started his research in the second half of the 1890s, Koch’s strident announcement of his magic cure of tuberculosis made Nebel feel assured he was on the right track with his defense of isopathy. Therefore, he did not lose any time in setting up an ambitious research program and putting it into practice. Nebel’s program had one further fundamental aim: To demonstrate the effectiveness of high potencies. He knew that, to practicing homeopaths, high potencies were clearly effective. However, to persuade skeptics, the path was that of laboratory work. Mutatis mutandis, the same idea as that which the contemporary investigator Paolo Bellavite more recently stated: Clinical experience demonstrates effectiveness/ efficacy, while plausibility depends on fundamental research performed in the laboratory.81 Nebel set out to carry out both programs at once. The first task he assigned to himself was to draw the complete symptom picture of tuberculin, which he painstakingly compiled from the literature, both mainstream and homeopathic, and his own experimental provings. Initially, he chose to work with Koch’s tuberculin (henceforth TK), which the entire scientific and medical establishment in his time assumed to be a toxin, while actually it was an extract of bacterial culture in glycerin.

75  Behring/Kitasato (1890). 76  Koch (1890/1912). 77  I had resource to the third edition, from 1894, which Burnett edited in a manner particularly favorable

to historians. Instead of revising and making amendments to previous versions, he added not only new pre­ faces, but also all later material separately, so present-day readership has access to all three original editions. 78  Burnett (1894), pp. 133–134 (original emphasis). 79  Clarke (1904). 80  The following discussion is based on the publications by Nebel in Allgemeine Homöopathische Zeitung and Zeitschrift des Berliner Vereins Homöopathischer Ärzte cited in the Bibliography section. 81  Bellavite (2015).

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A relevant excursus seems to be necessary before going forward. One should bear in mind the special atmosphere at the turn of the twentieth century, when discoveries multiplied by the day. Such discoveries raised extraordinary enthusiasm night to morning and made bacteriologists “popstars” and common household names. Yet, such discoveries were made in the absence of any theory, as the case of TK illustrates in exemplary fashion. Following careful analysis of Koch’s laboratory notebooks, Christoph Gradmann demonstrated how the former developed his alleged cure of tuberculosis out of nowhere.82 In addition, TK was not a “toxin”, but an extract of mycobacteria-containing culture medium. Interestingly, for more than one hundred years, M. tuberculosis was known as one of the very few bacteria that do not produce toxins – only in 2014 the group chaired by Michael Niederweis isolated the first mycobacterial toxin.83 Coming back to Nebel, he hardly could hide his amazement upon finding that the scope of action of TK was as broad and profound as to amount to that of a true “polycrest” and a constitutional remedy. Indeed, the most outstanding among such a class of homeopathic medicines. Nebel went even so far as to assert that the most comprehensive description of TK’s actions had been given by Hahnemann himself! Nebel noticed that, while acute outbursts of disease caused severe-to-fatal miliary lung tuberculosis, chronic tuberculinism exhibited the most variable clinical manifestations one could imagine, to which Hahnemann had given the name of “psora”. On these grounds, Nebel came to see all tuberculinic/tuberculosis patients as having been deeply impregnated with the corresponding toxin, i. e. TK, while still in their mothers’ wombs. One should remember that all throughout the nineteenth century there was not a clear idea of whether consumption/phthisis, lung tuberculosis, and scrofula were one single or different diseases.84 At the turn of the century, the relationship between scrofula and lung tuberculosis was still a matter of debate. However, not to Nebel. According to him, the fact that both conditions were one and the same illness was obvious to each and every homeopath. Whereas Burnett timidly had called scrofula “consumptiveness”, Nebel had recourse to an undisputable source, namely the tuberculosis expert from Davos, Karl Turban (1856–1935), who had asserted that well before the tuberculous bacillus appears in the sputum, one may demonstrate an earlier clinical condition characteristic of lung tuberculosis.85 Thus emboldened, Nebel emphatically asserted that scrofula was an hereditary condition passed from tuberculous parents to their offspring, while he also made room for other hereditary and environmental factors, as e. g. parental alcoholism, malnutrition, and the modern lifestyle. In any case, scrofula devitalized the entire body constitution, impaired its resistance, and made it a 82  Gradmann (2006). 83  Danilchanka et al. (2014). 84  For a comprehensive account of beliefs and theories about tuberculosis, see Bynum (2012). 85  Turban (1905).

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fertile soil for the growth of the tubercular bacillus. The shift from scrofula to patent tuberculosis took place in adolescence as a result of the physiological changes triggered by puberty. Nebel was not alone in this regard. Kent too had investigated tuberculin – for reasons unknown, a preparation of his own, made from cattle tubercular glands (Tuberculinum bovinum).86 While he emphatically condemned isopathy and diathetic use, also he found that Tuberculinum was a “constitutionally deep” acting remedy, a true “antipsoric”. Perhaps unwillingly, he allowed for its use in “consumptiveness”, i. e. the inherited predisposition to tuberculosis, just as Burnett advocated. In turn, John H. Allen (1854–1925), a professor at the Hering Medical College in Chicago – which merged in 1902 with the Dunham Homoeopathic Medical College, whose star professor was Kent – characterized the “tubercular diathesis” as the hereditary transmission of combined psora and syphilis, which he named “pseudopsora”. As Kent had done for the general human susceptibility to disease, Allen too attributed this most destructive miasma to sin in no ambiguous terms, i. e. as the essential reason for human mortality.87 Nebel chose a different path to substantiate his hypothesis, one previously unheard of in the history of homeopathy: To develop experimental models of infectious diseases in laboratory animals. As any investigator does in the present time, Nebel first spent considerable time in achieving an experimental model that reproduced human tuberculosis. Once satisfied, he tested a number of experimental hypotheses, which he subjected to verification through clinical, and macro- and micro-anatomical observations. Since, according to him, the entire picture of scrofula/tuberculosis corresponded to a single disease complex, the cause of which was a toxin of bacterial origin, Nebel sought to obtain further elucidation through comparison to well-known poisons, for instance, mercury. His studies in this regard led him to observe that the organic combination of mercury with albumin stimulated chemotaxis, particularly of mononuclear leukocytes. While, on the one hand, the affected tissue evolved into necrosis and abscess formation, on the other, the leukocytes thus attracted bound mercury and carried it into the bloodstream, whence it arrived in all body tissues, particularly the ones in charge of mercury elimination. The results of this process were the well-known pathological changes associated with mercury poisoning. Thus, Nebel concluded “A noxious agent with a centripetal action activates the natural healing power in the shape of a centrifugal eliminatory crisis.”88 Perhaps subconsciously following in Hahnemann’s steps, Nebel carried the analogy from mercury to other “poisons”, in this case, the one allegedly behind the tuberculosis complex. The proving picture of TK seemed to him to point to the same process of toxin elimination as that occurring in mercury poisoning. His attention became pow86  Kent (1905). 87  Allen (1908/2012). 88  Nebel (1902), p. 209 (my emphasis).

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erfully attracted to the “glandular organs”, this is to say, to the lymph nodes and the spleen, and consequently to “mononuclear leukocytes”, while he admitted that he was not in any condition to make an educated guess about the possible role of the bone marrow in this process. Incidentally, when one remembers that monocytes are part of the mononuclear leukocytes and the parent cells of macrophages, and that the latter are the target of the mycobacterial toxin first identified in 2014, one cannot help but suspect that Nebel was not too far off the mark. Certainly, nothing of this was known in the 1900s. Fundamental research of homeopathy with macrophages has been one subject of the work of the contemporary investigator Leoni V. Bonamin during the past ten years.89 Nebel further hypothesized that TK in high potency not only promoted the excretion (elimination) of the naturally acquired toxin, but also partially detoxified the body from its effects. Part of the TK proving symptoms corresponded to elimination phenomena, for example profuse sweating. The lion’s share of disease manifestations, however, were due to the direct action of the toxin on body organs and tissues, which led to the multifaceted symptoms of acute lung tuberculosis and/or chronic tuberculinism. At this point of analysis, one can understand the origin of two mainstays of the socalled French School of homeopathy and homotoxicology, namely, toxin elimination and neutralization of toxin effects (detoxification). A third major innovation Nebel introduced is the so-called drainage. As is the case of each and every homeopath ever since Hahnemann, Nebel was also concerned with the phenomenon of homeopathic aggravation, i. e. the early increase of patient symptoms following a dose of a similar remedy. Consistently with his toxin impregnation theory and experimental infection model, Nebel hypothesized that, when administered to a TK-impregnated body (human patient or infected animal), homeopathic TK induced leukocyte migration to the center of tubercles, where they absorbed the natural, disease-causing TK, together with tissue debris. On reentering the bloodstream through the lymphatic system, leukocytes released the natural TK, which thus caused the countless symptoms of tuberculosis, the outcome of which was an apparent clinical aggravation. The larger the amount of natural TK pre-existing in the body, the more of it was released into the bloodstream, resulting in more severe so-called homeopathic aggravation. Nebel alternatively hypothesized that aggravation could depend on the amount of antibodies already available in the body as part of the more encompassing process of anaphylaxis as it was understood in his time. In any case, the solution to this problem involved improving the body ability to eliminate

89  See e. g. Santana et al. (2017).

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excess toxin, through a process Nebel seemingly took from Paracelsus and became known as channeling (canalisation) or drainage.90 As he was Swiss, Nebel first sought interlocution with German-speaking homeopaths. Unfortunately, the latter could not understand his work with tuberculosis and all but dismissed it.91 For this reason, Nebel turned to the Swiss-Southern French homeopathic community. Settled in Lausanne since 1905, Nebel received friends and colleagues on Sunday evenings, including among others Gallavardin, André Rouy (1893–1978), Henry Duprat (1878–1968) – and also Vannier. Generations of French homeopaths merely learned that the joint work of Nebel and Vannier helped set the basis of the so-called French School of homeopathy. However, they never worked together. Analysis of articles published in Le propagateur de l’homoeo­ pathie – the journal representing the interests of the Swiss-Southern French homeopathic group – shows that, while the latter’s focus was on Nebel’s program, Vannier was interested in symptom individualization.92 Be that as it may, Vannier divulgated Nebel’s concepts and he did so under his own name.93 Success was spectacular. From the theoretical-methodological point of view, Vannier informed the entire tradition of French homeopathy to this day – certainly, not without substantial criticism and reinterpretations.94 To practitioners, Vannier provided a practical map to navigate the complex ontological categories required for accurate homeopathic prescriptions, which he further presented to the wider community of scholars interested in a more humane understanding of health, disease, and medicine.95 According to Olivier Faure, Vannier reframed the entire homeopathic profession in France through the refashioning of teaching and practice institutions, the journal L’Homoeopathie Française, the establishment of a pharmacy, and divulgation in public lectures.96 Even more significantly, he found an effective way to fund the entire enterprise through the creation of an industrial laboratory, which, in addition, put an end to chronic problems with supplies and medicines. Through this part of his activity, Vannier set in motion the French homeopathic pharmaceutical industry, which, at the present time, has attained global reach – interestingly, with drainage medicines as its flagship. Finally, there is reason to believe that this shift in French homeopathy may have influenced the last re-creation of homeopathy, i. e. homotoxicology, as is discussed in the next section.

90  See Séror, Robert: Biographie du Dr. Antoine Nebel, URL: http://www.homeoint.org/seror/biograph/

nebel.htm (last accessed: 28/02/2023). 91  Biographical information was taken from Erlach (2009), pp. 238 ff., appendix on Nebel’s biography. 92  See e. g. Vannier (1910). 93  Vannier (1931); Vannier (1947). 94  See Rabanès (2015); Mériadec (2002); Coulamy (2015). 95  See e. g. Vannier (1951). 96  Faure (2002).

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What’s in a name? Toxins revisited

The concept of toxins emerged within the framework of conventional bacteriology to soon assume a crucial heuristic role in fundamental and therapeutic research. As an offshoot of Koch’s tremendous reputation, his tuberculin was almost globally mistaken for a bacterial toxin, which was also the case of Nebel. At any rate, this is how toxins entered the homeopathic epistemic universe. Nebel fully adhered to the scientific ethos of his time. He had no doubt that tuber­ culin was a bacterial toxin, while proof for its omnipresence in affected human bodies was provided more hahnemanniano, i. e. by the pathogenetic symptom picture elicited by the various types of homeopathic tuberculins. In turn, Vannier, who never conducted fundamental research, chose to adopt Paracelsus’ concept of poison as “the principle of each and every disease”, which he assimilated to Hahnemann’s notion of “miasma”, as well as to “Pasteur’s toxin”, before concluding that “in our time, toxin became the ultravirus.”97 Nevertheless, Vannier kept the term toxin as one of the cornerstones of his theoretical-methodological homeopathic approach. In his system, besides microbial poisons, he made room for alleged autogenous toxins, all of which ought to be both eliminated from the body (drainage) and neutralized (“toxinic isotherapy”).98 This view, which later homeopaths came to qualify as utter “imagination”99, in fact had sound roots in mainstream medical beliefs. The French concept of terrain  – to wit, the second factor in the disease equation – was heavily informed by the notion of hereditary, later also of acquired (including microbial) intoxication.100 For the purpose of illustration, I chose a work by the Parisian professor of pathology Charles Bouchard (1837–1915), devoted to the role of intoxication in disease.101 To Bouchard, predisposition to disease (“diathesis”) was the outcome of the interaction between two factors, namely nutritional status and infection. Nutrition could either help the body fight infection or, conversely, contribute to causing disease through abnormal accumulation of normal body components or production of abnormal materials, including those of bacterial origin. The underlying phenomenon in either case was intoxication. Treatment, in consequence, required the elimination of poisons as well as detoxification; these are the two therapeutic methods proclaimed by the entire French homeopathic tradition from Nebel onward. Theories of disease predisposition in Germany did not have recourse to a similarly widespread concept of intoxication until the rise of bacteriology. For this reason, it comes as a surprise that homotoxicology was developed by a German homeopath-

97  Vannier (1936), p. 159. 98  Vannier (1931), p. 23. 99  Mériadec (2002), pp. 98, 100. 100  Mendelsohn (2001). 101  Bouchard (1887).

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ic physician, Hans-Heinrich Reckeweg. This fact appears even more puzzling when it is considered that Reckeweg was a scion of the strong German tradition of so-called complex homeopathic remedies.102 After graduation, Reckeweg began his medical career in Berlin, in 1932, of which occasion he took profit to earn formal training in homeopathy.103 In just a few years, he developed a number of complex remedies, commercialized to this day, which led to the creation, in 1936, of a pharmaceutical company of his own, Heel – acrostic of “Herba est ex luce” (plants come from light). However, the rise of Nazism thwarted Reckeweg’s promising career. Having refused to join the National Socialist party, he was divested of his medical privileges. When the war broke out, he was recruited to a unit of rebellious physicians, who were demoted to menial, if not degrading, tasks. In time, Reckeweg was deployed to Rouen, then to Dunkirk, in France, until the end of the conflict. Was his stay in France somehow influential on his thought? The fact is that, upon returning home in Germany, Reckeweg brought an entirely new approach to homeopathy in his luggage. He devoted the years of 1948 and 1949 to refining his system, which he felt he was first ready to divulgate in 1952, in the prestigious medical journal Münchner medizinische Wochenschrift, and, three years later, in a book entitled “Homotoxine und Homotoxikosen: Grundlagen einer Synthese der Medizin”.104 There are several aspects in this book deserving close attention. To begin with, the mention of the term “synthesis” in the book’s subtitle. As was mentioned in the introduction, “synthesis” was a catchphrase in interwar European medicine. The historian Robert Jütte observed that the goal of unifying conventional and so-called alternative medicines passed unharmed from the prewar years, all throughout the Second World War, to be reborn from its ashes, like the mythical Phoenix, in the period after 1945 to this day.105 The only difference along such process involved changes of name: From “biological medicine”, to Neue Deutsche Heilkunde (new German medicine) to Ganzheitsmedizin (wholistic medicine).106 Scholars identified one key-character highly active along all these stages, noteworthily in intimate association with Nazism. I allude to Karl Kötschau (1892–1982), who developed his entire career under the protection of the Nazi regime, to the point of becoming one of the leading spokesmen for “biological medicine”, Neue Deutsche Heilkunde, and Ganz­ heitsmedizin. To this author’s surprise, Kötschau authored the foreword to Reckeweg’s book. One would expect a Nazi doctor to self-efface after 1945. To the scholarly community, the 102  Blessing (2010). 103  All biographical data on Reckeweg were taken from Doerper Reckeweg/Maschke (1996). 104  Reckeweg (1955); for a summary in English, see Reckeweg [s. d.] – to notice the return of the expres-

sion “biological medicine”, see main text. 105  Jütte (1996). 106  I chose to translate Ganzheitsmedizin as “wholistic”, instead of “holistic” medicine because the term “holism” was in circulation since 1926, nevertheless, it was not widely adopted in Germany.

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fact that Nazi doctors who were not condemned in the Nuremberg trial were able to keep on their work, and their ability to reconnect with colleagues they had contributed to persecute, is a source of utter puzzlement.107 In the case of Kötschau’s preface, he volunteered for this task. Yet Reckeweg was only too happy to agree, since according to his own words, they had been in contact for several years in the pursuit of Ganzheitsmedizin.108 Kötschau, indeed, saw Reckeweg’s work as a significant contribution to this goal.109 What did Reckeweg advocate? His point of departure was the notion of the toxin, in a way that strongly evokes Bouchard’s conception, certainly updated as a result of advances in chemistry and physiology. The synthesis Reckeweg intended to achieve concerned the deep division between the French and German nineteenth-century traditions, to wit, humoral and cellular pathology.110 Reckeweg bridged this gap by way of a dynamic conception. Disease allegedly evolves over time through six phases, the first three humoral and physiological, the latter three cellular and pathological. In the face of toxins, both exogenous and autogenous – which he called “homotoxins” (human toxins) – the body first reacts by seeking to neutralize and eliminate them. Failure of these attempts results in toxin-related tissue damage. Disease is the expression of the body defense against toxins; its manifestations vary across the body as a function of the embryological origin of tissues (Fig. 1). Within such context, homeopathic complex remedies similar to the respective disease syndrome – “homotoxin-simile” – allegedly work as antitoxins by stimulating “a supplementary defense system, which effectively supports the first defense mechanic [sic!] (called disease) as accelerated natural healing.”111 Reckeweg explicitly put forward a dynamic concept of body constitutions, against the traditional static view. Interestingly, the French homeopathic physician Marcel Martiny (1897–1982) sought to derive human constitutions also from the three embryonic layers.112 To account for his dynamic reframing, Reckeweg had recourse to the open system theory developed by Ludwig von Bertalanffy (1901–1972), the so-called flux equilibrium.113 Nevertheless, Reckeweg’s system is a purely theoretical construction, for which he selected scientifically obtained data, which he arranged according to a humoral-cellular pathology, toxin-triggered sequence that develops dynamically over time and manifests variably in the domains corresponding to each of the three pri-

107  See Pross (2009). One of the illustrative cases is that of the Jewish physician Otto Guttentag (1900–

1992) who had Kötschau be released from a prisoner camp. 108  Reckeweg (1955), p. xii. 109  To this day there is no in-depth scholarly study of Kötschau’s career; for relevant information, see Jütte (1996); Haug (1985); Heyn (2000). 110  Mendelsohn (2001). 111  Reckeweg [s. d.], p. 14 (original emphases). 112  For the history of constitutional thought in twentieth-century homeopathy, see Thomaz (2011). 113  Bertalanffy (1950).

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mordial embryological layers. Therefore, many aspects of his theory are hypothetical, particularly the so-called “homotoxons” (neutralized toxins), of whose existence and dynamics there is no evidence to this day. One is to expect further research to provide empirical proof for the epistemic categories of homotoxicology, as well as for the operation of homeopathic remedies within such context.

Fig. 1 Six phases of homotoxicosis and progression across tissues114



Final remarks

Since the beginning of time, healing practices depend on the collection of data manifested by the sick. Such data – the medical signs and symptoms – are perceived, sorted out, and interpreted according to varying theoretical frameworks. Nevertheless, in all medical systems, past and present, they constitute the first stage of clinical decision-making. It would be natural to allude to this initial state as ‘diagnostic,’ which indeed is the term currently in use. However, such a stage was conceived of in quite different manners in the course of time.

114  Reckeweg (1955), p. 7.

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The process that led to the present-day notion of ‘diagnosis’ evolved gradually, beginning in the seventeenth century, to acquire its current comprehension between the 1750s and 1850s.115 Until then, naming and/or explaining disease was not considered a mandatory step between collecting patients’ signs and choosing treatments. Physicians, instead, established a direct relationship between signs and treatments, according to the traditional formulas contraria contrariis curantur or similia similibus preservantur, whereupon clinical signs immediately indicated what needed to be done. The corresponding medical semiotic terms are indicans and indicatum, respectively. One has a highly illustrative example of the pervasive influence of this approach to medical thinking in the writings of Hahnemann himself: If the physician clearly perceives what is to be cured in diseases, that is to say, in every individual case of disease (knowledge of disease, indication), if he clearly perceives what is curative in medicines, that is to say, in each individual medicine (knowledge of medical powers), and if he knows how to adapt, according to clearly defined principles, what is curative in medicines to what he has discovered to be undoubtedly morbid in the patient, so that the recovery must ensue […] (choice of the remedy, indicated), as also in respect to the exact mode of preparation and quantity of it required (proper dose), and the proper period for repeating the dose; if, finally, he knows the obstacles to recovery in each case and is aware how to remove them, so that the restoration may be permanent, then he understands how to treat judiciously and rationally, and he is a true practitioner of the healing art.116

The excerpt above could have been written by any Western physician from the Renaissance to Hahnemann’s time: Clinical signs (indicans) point to overall instructions as to what the physician ought to do (indicatum), which may be accomplished through various means, e. g. medications.117 Innovation in the eighteenth century involved relating clinical signs to the pathophysiological processes that allegedly underlay a given disease, and consequently also its perceptible expression.118 The one who achieved such epistemological synthesis was the “teacher of all of Europe”, the master and inspiration of practically all the greatest physicians in the eighteenth century, from Haller to Cullen, Gerhard van Swieten, and also Carl von Linné, among countless others: Hermann Boerhaave (1668–1738).119 Deeply believing, or alternatively, succeeding in actualizing the tenet asserting that pathology is nothing but the reverse of physiology, hygiene is the method to preserve

115  Hess (1993), pp. 12–13, 19. 116  Hahnemann (1995), § 3 (original emphases). 117  For the logical underpinning of indication theory, see Maclean (2002); for a historical analysis of the

relationship between signs and medicines, Waisse (2014). 118  Hess (1998). 119  See e. g. Lindeboom (1968); Cook (2000); Cook (2007).

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health, and therapeutics is the method to restore health, to Boerhaave, physiology was naturally the core of medicine. However, no longer was a physiology deduced from hypothesized theoretical elements, but painstakingly constructed from the observation of particular bodies within the theoretical and methodological framework afforded by the recent early modern science. The result of such a double empiric and rational stairway was a new approach to the set of concepts that guided medical practice, i. e. the so-called indicationes (indications). Boerhaave’s medical approach can be summarized in some few words: Through the combined use of reason and experience, practice informs theory, which, in turn, guides practice. For this reason, his approach later became known as methodus empiricus-rationalis, which consistently and coherently informed the tripod of medical theory, practice and teaching.120 As concerns our interest here, Boerhaave’s view may be summarized, following the historian Volker Hess, as follows:

Fig. 2 Semiotic structure of Boerhaave’s empirical-rational method, adapted from Hess (1998), p. 210

The figure above depicts, in a nutshell, the epistemological grounding of present-day conventional medicine. Hahnemann did away with the right side of the picture, inasmuch as he strongly believed that the basic cause and essential nature of disease was a disarray of the vital force. Neither vital force nor its intrinsic dysregulation could ever be elucidated, this is to say, they are a true ignorabimus. To the physician, Hahnemann taught, it sufficed to collect the required individualizing signs and symptoms from the patient to identify the proper, homeopathic, treatment. Essentialist homeopathy and homotoxicology, in turn, brought back the theoretical explanation mode, upon asserting that signs and symptoms are pointers to an essential cause and nature of disease,

120  Probst (1972).

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be it sin, psychological or spiritual dilemmas, or toxins. In this way, from the epistemological point of view, conventional medicine on the one hand, and essentialist homeo­ pathy and homotoxicology on the other, are unexpectedly closer than conventional medicine and phenomenal homeopathy. Recent fundamental research in homeopathy succeeded in identifying molecular mechanisms to account for hitherto purely phenomenal associations between patient complaints and homeopathic medicines.121 One still has to wait to see how these innovations may influence clinical practice. Bibliography

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Acknowledgments

To Institut für Geschichte der Medizin staff, especially Dr. Marion Baschin and Mrs. Beate Schleh, for their help with the bibliography. To Mrs. Silvia Bartsch, from Heel company, for their kind help with Dr. Reckeweg’s work.

Silvia Waisse, Dr, MD, PhD

Pontifical Catholic University of São Paulo Professor, Graduate Program in History of Science [email protected]

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Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von DürckheimMontmartin und seiner Ehefrau Sophie an den Homöopathen Samuel Hahnemann aus dem Jahr 1831



THILO SCHLOTT / MEL ANIE SCHLOTT Medizin, Gesellschaft und Geschichte 41, 2023, 127–156

Patient Letters from 1831, Written to the Homeopath Samuel Hahnemann by Count Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht of Dürckheim-Montmartin and his Spouse, Sophie Abstract: In its early phase, the homeopathic method – having emerged in the crisis of 18th century

medicine in competition to other medical approaches and accused of being irrational and unscientific by members of the medical profession – depended heavily on influential supporters. At the time these were found mainly among its elite clientele, such as members of the moneyed bourgeoisie, the aristocracy and some royal families. This dependence on educated patients, who were privileged enough to be able to read Hahnemann’s work and write down structured daily records of their ailments in diaries would not change in the later phase of homeopathy either, when its practice by conventional physicians in the cities further endorsed its recognition in all strata of society. Conventional medical sources of that time contain hardly any personal patient descriptions of their illnesses and say little about why these individuals sought homeopathic treatment. The Archives of Samuel Hahnemann’s case journals in the Stuttgart Institute for the History of Medicine (IGM) are particularly valuable in this respect. Below we present transcripts of patient letters from such aristocratic clients or supporters of homeopathy, composed by the Count and Countess of Dürckheim-Montmartin in 1831, with additional biographical information, which complement the transcripts previously published by us.

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Thilo Schlott / Melanie Schlott

Einleitung

Im 19.  Jahrhundert entfaltete sich die Ausbreitung der Homöopathie als Alternativmedizin zur humoralpathologisch geprägten Heilbehandlung in unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, wobei die große Mehrheit der Bevölkerung immer noch von Wundärzten und Laienheilern mittels traditioneller Verfahren behandelt wurde und mit akademisch ausgebildeten Ärzten wenig oder kaum in Kontakt kam.1 Die homöopathische Therapie war keineswegs nur auf besonders Wohlhabende beschränkt, wie ein Blick auf die Leipziger Patientenschaft von Samuel Hahnemann (1755–1843) zeigt, in der sich z. B. auch Handwerker neben Vertretern aus Wissenschaft und Kunst wiederfinden lassen, anteilsmäßig dominierten jedoch Menschen aus den mittleren und hohen Schichten.2 In Hahnemanns Köthener Praxis bot sich ein etwas anderes Bild, denn die größte Gruppe waren städtische Kaufleute, Handwerker und einfache Dienstleister. Aristokratische Patienten machten schätzungsweise nur elf Prozent aus, es scheint aber, dass Letztere häufiger die Praxis von Hahnemann zwecks Konsultation und Therapie besuchten.3 Wenn der Anteil der adeligen Schicht am Patientenkollektiv auch relativ klein war, so erwiesen sich gerade Mitglieder der Aristokratie im 19. Jahrhundert als einflussreiche Förderer der Homöopathie. In Großbritannien wurde beispielsweise durch den Earl of Shrewsbury (1791–1852) die Homöopathie eingeführt, indem der Earl, müde der oft wirkungslosen traditionellen Heilmethoden, bei Hahnemann 1830 nach einem homöopathisch ausgebildeten Leibarzt für sich anfragte und ihm der Italiener Francesco Romani (1785–1854) empfohlen wurde, welcher später in London mit großem Erfolg praktizierte.4 Nur 20 Jahre später, um 1850, gründete der englische Homöopath Frederick Quin (1799–1878) mit finanzieller Unterstützung der Aristokratie das erste homöopathische Krankenhaus in London, in dem im ersten Jahr 5.156 stationäre und über 1.500 ambulante Patienten behandelt wurden.5 Samuel Hahnemann selbst unterhielt durchaus Kontakte zu höfischen Kreisen. So war er zunächst als Bibliothekar und Leibarzt bei einem Adeligen im heutigen Rumänien tätig oder war später in seiner Praxisausübung auf die Gunst von regierenden Fürsten angewiesen. Unter seinen adeligen Patienten war außerdem Prinzessin Luise von Preußen (1799–1882).6 Hahnemanns Bekanntheitsgrad basierte unter anderem auch auf den persönlichen Weiterempfehlungen seiner Patient:innen. Als weiteres wichtiges Instrument der Eigenwerbung im adeligen Umfeld wirkte 1813 seine damals medial aufgegrif-

1  Klinkhammer (1999); Jütte (2007). 2  Mortsch (2005). 3  Waisse (2017). 4  Ullman (2011). 5  Bosanquet/Lorentzon (1997); Nicholls/Morrell (1996). 6  Heinz (2011).

Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

fene homöopathische Typhustherapie nach der „Völkerschlacht“ zu Leipzig, welche den therapeutischen Nutzen homöopathischer Verfahren untermauerte.7 Seit einigen Jahren stehen verschiedene Patientenbriefe aus dem Fundus des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung (IGM) im Zentrum der wissenschaftlichen Arbeit der beiden Autoren. Ziel ihrer Forschung ist es, Patien­ t:innenbriefe zu transkribieren, die dahinterliegenden Biographien mittels Recherchearbeit in Archiven zu rekonstruieren, die Inhalte der Schriftstücke der weiteren Forschung zugänglich zu machen und sie auch in die Gestaltung der eigenen gesundheitswissenschaftlichen Lehre an der Hochschule Fulda einfließen zu lassen. Nachdem bereits Studien zu Briefen von zwei Pastoren, einem Amtmann und einer Hofdame durchgeführt worden waren, weckten bei den Recherchen im Archiv des IGM die Namen zweier hochrangiger Mitglieder der aristokratischen Schicht unser Interesse: Graf und Gräfin von Dürckheim-Montmartin. Ein Teil dieser Briefe konnte bereits transkribiert werden.8 Die weiteren überlieferten Schreiben sollen nun vorgestellt und um zusätzliche biographische Angaben ergänzt werden.9 Biographisches

Das Adelsgeschlecht derer von Dürckheim-Montmartin geht ursprünglich auf pfälzisch-elsässischen Uradel zurück, von dem mehrere Linien abzweigten. Die Linie, aus der Graf Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin (1794–1879) stammte, war 1778 durch eine Erbschaft seines Vaters Karl Friedrich Johann Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin (1770–1836) in Bläsheim (Elsass) in den Besitz des Thürnhofener Schlosses bei Feuchtwangen gelangt.10 Graf Georg Friedrich diente als Oberhofmeister und Kämmerer in der Zeit der Regentschaft von Königin Therese von Bayern (1792–1854) und war in dieser Funktion eine einflussreiche Persönlichkeit, vergleichbar mit einem Haus- und Kabinettsminister, dem die Leitung des königlichen Hofes und dessen Finanzverwaltung oblag. Mit 27 Jahren schloss er am 3. Juni 1821 in Baldern, Württemberg, die Ehe mit Sophie zu Oettingen, Prinzessin zu Oettingen-Wallerstein (1797–1880). Das Paar bekam neun Kinder, von denen vermutlich fünf früh im Säuglingsalter verstarben: Karl Anselm Friedrich Wilhelm Alfred Franz (1822–1896), Friedrich Alfred Ludwig Karl Wilhelm Theresius Ernst (1823–1888), Theresia Mathilde Sophie (1824–?), Maria Theresia (1826–1853), Maria 7  Drexler (2005). 8  Die bisherigen

Veröffentlichungen: Schlott/Schlott/Kreher (2015), Kreher/Schlott/Schlott (2016), Schlott/Schlott (2018) sowie Schlott/Schlott (2022). In Letzterer befinden sich die Transkriptionen der weiteren Briefe des Grafen und seiner Familie sowie zusätzliche Angaben zur Transkription. Diese erfolgt in Anlehnung an die Transkriptionsrichtlinien des IGM. 9  Für textliche Anregungen danken wir an dieser Stelle Dr. Marion Baschin. 10  Weiß (2012); Hörber (2013), S. 271–331.

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Thilo Schlott / Melanie Schlott

Sophia Rosa (1827–1828), Ernst Alfred Friedrich (1832–1899), Alois Otto (1833–?), Emil Norbert (1835–1836) und Sophia Theresia Maria Mechtilde (1838–?).11 Später entwickelte sich der Ort Steingaden zum Hauptsitz des Geschlechts, wo der Graf 1853 in der St. Johanneskapelle für sich und seine Familie eine Grabesgruft erwarb. Nur einige Kilometer entfernt wurde er auch unternehmerisch tätig, indem er 1849 im Zuge der beginnenden Industrialisierung des Deutschen Reichs 1848/49 bzw. des darauf wiederhergestellten Deutschen Bundes mit den Planungen für ein Eisenhüttenwerk in Halblech beim Forggensee begann. Das Werk wurde 1850 errichtet und diente als Gräflich Dürckheim-Montmartinsches Hüttenwerk der Herstellung von Stabeisen und Stahl. Bemerkenswerterweise hatte der Graf der Gemeinde Halblech zugesagt, im zukünftigen Werk alle anfallenden Kranken- und Soziallasten seiner Arbeiter zu übernehmen.12

Patientenbriefe im Überblick

Graf Georg Friedrich und seine Frau, Gräfin Sophie, schrieben im Jahr 1831 eine Reihe von Patientenbriefen an den Homöopathen Samuel Hahnemann, von denen bereits fünf von uns veröffentlicht wurden: B 31001 (vom 3. Januar 1831), B 31011 (vom 6. März 1831), B 31025 (vom 14. März 1831), B 31052 (vom 23. März 1831) sowie B 31106 (vom 16.  April 1831).13 Die nachfolgend gelisteten sieben Briefe bilden den Abschluss der Transkriptionsarbeit. Es liegen nun alle im Archiv des IGM verfügbaren DürckheimMontmartinschen Patientenbriefe in transkribierter Form vor: – B 31015: Krankentagebuch von Gräfin Sophie von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 30. Januar bis 6. März 1831 von ihr selbst über sich und die Tochter Resi (vermutlich Maria Theresia oder Theresia Mathilde Sophie); – B 31046: Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben am 28. Februar 1831 von ihm selbst über sich und seine Frau Sophie; – B 31052: Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben am 23. März 1831 von ihm selbst über sich, seine Frau Sophie und seine Mutter Amalie Philippine Luise; – B 31083: Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben am 7. April 1831 von ihm selbst über sich; – B 31133: Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 7. März bis 27. April 1831 von ihm selbst über sich; 11  Geneanet-Datenbank:

https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=de&n=eckbrecht+von+durckheim+ montmartin&oc=0&p=georg+friedrich+wilhelm+alfred (letzter Zugriff: 29.3.2023). 12  Nestmeier (2020). 13  Schlott/Schlott (2022).

Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

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B 31134: Krankentagebuch von Gräfin Sophie von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 5. März bis 26. April 1831 von ihr selbst über sich; B 31135: Krankentagebuch von Therese (vermutlich Maria Theresia oder Theresia Mathilde Sophie) von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 25. bis 26. April 1831 von Graf von Dürckheim-Montmartin und von Hahnemann bearbeitet am 5. Mai 1831.

Das Forschungsinteresse fokussierte sich in erster Linie auf die Briefe von Betroffenen, so dass im vorliegenden Fall die Eintragungen in die Krankenjournale nicht berücksichtigt wurden, zumal diese sich im Nachhinein als sehr umfangreich entpuppten.14 Die Krankenjournale von Samuel Hahnemann verfügen nur in seltenen Fällen über ein Register, so dass es bisweilen recht schwierig ist, die Notizen zu einzelnen Behandelten bzw. deren vollständige Behandlung zu rekonstruieren. Nach aktuellem Kenntnisstand befand sich die Familie des Grafen von Dürckheim-Montmartin seit 1829 bei Hahnemann in Therapie. Ein erster, sehr ausführlicher Eintrag und daher wohl die Erstanamnese für den „Herrn von Dürckheim aus Thürnhofen“ ist am 11. Juni 1829 verzeichnet. Knapp zwei Wochen später findet man neben Angaben zu seiner Konsultation auch ausführliche Beschreibungen für „Sie“, also seine Ehefrau Sophie. Im Abstand von jeweils zwei bis drei Tagen lassen sich dann zahlreiche Notizen zu den beiden finden. Ab Oktober erfolgten diese wöchentlich. Im Laufe der Zeit werden auch die Namen von Fritz (d. i. vermutlich Friedrich Alfred Ludwig Karl Wilhelm Theresius Ernst) und Carl (d. i. wahrscheinlich Karl Anselm Friedrich Wilhelm Alfred Franz) vermerkt.15 Im folgenden Journal D 34, welches den Zeitraum von Februar bis August des Jahres 1830 umfasst, werden die Behandlungen verschiedener Familienmitglieder fortwährend notiert.16 Dabei beziehen sich die Aufzeichnungen Hahnemanns, ebenso im anschließenden Journal D 35, häufig auf mehrere Mitglieder der Familie, so dass es kaum möglich ist, die umfangreichen Notizen lediglich einer Person zuzuordnen. Als letzter Eintrag lässt sich in D 36 am 11. August 1831 eine Verschreibung für den Sohn Fritz nachweisen, der an Durchfall litt. Danach findet sich der Name von Dürckheim-Montmartin nicht mehr, so dass die Familie wohl nur zwischen 1829 und 1831 in Behandlung war.17

14  Anders bei Heinz (2011). 15  IGM, D 33, S. 44 und S. 74 bzw. die Söhne ab S. 677 bzw. S. 708. 16  Das Krankenjournal ist publiziert und kommentiert: Fischbach-Sabel (1998). 17  IGM, D 35 und D 36, S. 50. D 36 umfasst den Zeitraum bis September 1832. Es wurde vollständig durch-

gesehen. Da einzelne Familienmitglieder in relativ regelmäßigen Abständen zuvor behandelt worden waren, ist es sehr wahrscheinlich, dass keine Konsultationen mehr stattfanden. In D 38 taucht der Name ebenfalls nicht mehr auf: Papsch (2007). D 37 wurde daher nicht gesichtet. Wir danken Dr. Marion Baschin für die Unterstützung bei der Durchsicht der Krankenjournale.

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Die Erkrankungsbilder des Grafen und der Gräfin, die in den Briefen beschrieben werden, sind von ihrer Art und Symptomatik her vielgestaltig. Den Grafen von Dürckheim-Montmartin quälte zum Beispiel häufig eine Rückenverspannung, die er als nervale Eigenzuckungen charakterisierte, welche zwischen den Schulterblättern begannen, in die Arme ausstrahlten und zu einer Art von Ermüdungsschmerz im Rücken führten. Diese Rückenschwäche unbekannter Genese scheint erblicher Natur gewesen zu sein, denn seinen Worten zufolge zeigten sowohl seine Mutter als auch seine Schwester ähnliche Beschwerden. Der Graf schrieb auch von aufgeregten Nerven, zischenden Ohren, innerer Angst und Unruhe sowie von einem heftigen, fast cholerisch wirkenden Ärger, der ihn immer wieder überfiel. Er litt häufig unter hartnäckigen Obstipationen, ebenso seine Frau, die in ihren Briefzeilen zusätzlich über innere Unruhe, Hitzewallungen, eine rote dicke Nase, schwere Träume und Grübeln klagte. Über die Tochter Resi (gemeint ist entweder Theresia Mathilde Sophie oder Maria Theresia) erfahren wir, dass sie eine Schwellung unter dem rechten Auge und an den Zehen Hühneraugen bzw. Frostbeulen hatte. Bibliographie Archivalien



Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Stuttgart (IGM)

Bestände D 33, D 35, D 36

Literatur

Bosanquet, Anna; Lorentzon, Maria: Patients at the London Homoeopathic Hospital, 1889–1923. Social profiles and clinical characteristics. In: British Homoeopathic Journal 86 (1997), H. 3, S. 166–172. Drexler, Leopold: Homöopathische Medizin – ihre Wurzeln und Entstehung. In: König, Peter (Hg.): Durch Ähnliches heilen. Homöopathie in Österreich. 2. Aufl. Wien 2005, S. 15–30. Fischbach-Sabel, Ute: Krankenjournal D 34. Transkription und Kommentar. Heidelberg 1998. Heinz, Inge Christine: „Schicken Sie Mittel, senden Sie Rath!“ Prinzessin Luise von Preußen als Patientin Samuel Hahnemanns in den Jahren 1829 bis 1835. Essen 2011. Hörber, Willi: Häuserbuch der Feuchtwanger Gemeinden. Bd.  2: Beschreibung der Häuser in den ehemaligen Gemeinden Krapfenau, Schloß und Rittergut Thürnhofen, die Orte Thürnhofen/Kaierberg. Feuchtwangen 2013. Jütte, Robert: Samuel Hahnemann. Begründer der Homöopathie. 3. Aufl. München 2007. Klinkhammer, Gisela: Naturheilkunde im 19. Jahrhundert: „Wir dürfen nicht fanatisch sein“. In: Deutsches Ärzteblatt 96 (1999), H. 31/32, S. A-2036 f.

Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

Kreher, Simone; Schlott, Melanie; Schlott, Thilo: Evangelische Geistliche in Hahnemanns Patientenschaft. Krankengeschichte in Briefen. In: Medizin, Gesellschaft und Geschichte 34 (2016), S. 111–207. Mortsch, Markus: Edition und Kommentar des Krankenjournals D 22 (1821) von Samuel Hahnemann. Inaugural-Diss. Ruhr-Univ. Bochum 2005. Nestmeier, Walter: Die Grafen von Dürckheim-Montmartin und ihr Eisenhüttenwerk in Halblech. Füssen 2020. Nicholls, Phillip A.; Morrell, Peter: Laienpraktiker und häretische Mediziner: Großbritannien. In: Dinges, Martin (Hg.): Weltgeschichte der Homöopathie. Länder – Schulen – Heilkundige. München 1996, S. 185–213. Papsch, Monika: Krankenjournal D 38. Transkription und Kommentar. Stuttgart 2007. Schlott, Melanie; Schlott, Thilo: Hahnemanns Patientenschaft. Die Krankengeschichte des Fernsdorfer Amtmanns und Rittergutbesitzers Gottlob Friedrich Lüdicke und seiner Familie in Briefen. In: Medizin, Gesellschaft und Geschichte 36 (2018), S. 153–178. Schlott, Melanie; Schlott, Thilo: Biedermeierliche Krankheitsbewältigung anhand ausgewählter Briefe  – Patientinnen und Patienten Hahnemanns zwischen praktischem Alltag und alltäglicher ärztlicher Praxis. Essen 2022. Schlott, Thilo; Schlott, Melanie; Kreher, Simone: Der „Blut hustende“ Klein Paschlebener Pastor Albert Wilhelm Gotthilf Nagel. Biographisch-medizinische Rekonstruktion auf der Grundlage von Patientenbriefen an Samuel Hahnemann. In: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 23 (2015), S. 79–104. Ullman, Dana: Die homöopathische Revolution. Prominente Befürworter aus Wissenschaft, Kultur, Politik und Sport. Kandern 2011. Waisse, Silvia: Private and institutionalised patients’ use of homeopathy in the early nineteenth century. In: Homeopathy 106 (2017), H. 4, S. 250–259. Weiß, Dietrich: Zur Geschichte des Ritterguts Thürnhofen. In: Feuchtwanger Heimatgeschichte 9 (2012), S. 99–136.

Internet

Geneanet-Datenbank: https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=de&n=eckbrecht+von+durckheim +montmartin&oc=0&p=georg+friedrich+wilhelm+alfred (letzter Zugriff: 29.3.2023).

Danksagung

Wir bedanken uns vielmals bei Frau Dr. Marion Baschin, Frau Sandra Dölker und Dr. Pierre Pfütsch vom Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart für die fachliche Unterstützung bei der Bearbeitung und Transkription der Briefe.

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Thilo Schlott, Prof. Dr. habil.

Hochschule Fulda – University of Applied Sciences Fachbereich Gesundheitswissenschaften Leipziger Str. 123 36037 Fulda [email protected]

Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin



Die transkribierten Briefe

B 31015 Krankentagebuch von Gräfin Sophie von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 30. Januar bis 6. März 1831 von ihr selbst über sich und die Tochter Resi (vermutlich Maria Theresia oder Theresia Mathilde Sophie) 1 Bericht seit dem 30ten Januar 2 der Gräfin Sophie v. Dürckheim Montmartin p. p 3* hatte den 7ten Jan Jod eingenommen 3 30ten früh die Periode eingetreten (seit 3 Monaten zum ersten) 4 sie währte bis zum 3ten Februar (hatte sich am 29.ten abend 5 kaum bemerkbar schon gezeigt) war nicht sehr stark. 6 meist dick ud zäh schleimig, – übrigens war mir während 8 dieser Zeit ziemlich gut; sobald es aufgehört hatte trat 9 wieder Hize Unruhe graue rothe Farbe starkes Athmen 10 ein – auch die Laune verschlimerte sich die mit dem 11 Eintritt der Periode heitere geworden war – 12 6ten Februar 10 Uhr Vormittags das Extra Pulver \Con. m./ genommen 13 7ten den gestrigen Tag nichts besonders bemerkt, gegen Abend 14 schon die Augen sehr empfindlich, brennend trännsiges 15 Zusamziehen –, diese Nacht unruhig geschlafen, ziemlich 16 viel geträumt, heute Morgen etwas Oeffnung gehabt. 17 den ganzen Tg sehr ungut schräkliche Unruhe, Wallungen 18 dicke gepresste Adern schwere volle Glieder, Hize, rothe 19 dicke Nase träge; Abends stark Zuhnehmen dieses alles. 20 es drängte sogar im Magen nahm den Apetit, die Augen 21 branten sehr, zogen krämpfig vorher große Scheine, ein 22 unüberwindlichen Schlaf überfiel ud peinigte mich den ganzen 23 Tag Abend – die Nacht schlief ich unruhig, wachte oft träumte 24 viel ud schwer, hatte viel Zahnklopfen schweren †…† Geschmake 25 aus dem Magen. 26 8ten den Morgen ud Mittag wie gestern, schwer heiß, unruhig 27 unstät, Hize im Kopf ud Körper, rothes Gesicht, dike 28 Adern, Leib aufgetrieben ud voll innerer Obstutionen 29 sehr starke Wahnungen von Grübeln 30 11ten diese Tage viele Wallungen ud Hize, doch die Augen 31 waren besser die Stimmung heitrer, gestern aber sehr 32 ärgerlich auch die Augen wieder entzündet, heute beides 33 noch ärger das rechte Auge im grossen Winkel ange=

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34 35 36 12ten 37

=schwollen heute solch arge Hize das es kaum auszuhalten vor büken konte ich mich gar nicht innere Obstritionen nicht gut geschlafen Auge schlim alle Morgen um 10 Uhr tritt das schlimmer wider ein

1 17ten 2 3 4 18ten 5 6 19ten 7 8 9 20ten 10 11 21ten 12 13 14 15 22ten 16 17 18 19 20 23ten 21 22 23 24 25 2. 26 27 28 29 30 31 32 33 26ten

B 31015 (2) alle diese Tage hatnäkige Obstritionen die Laune wird wieder schlimm Geistes Tagheit Unthätigkeit Leblosigkeit nimt sehr zu oft heiße Ohren die Nase immer diker ud glänzt ist roth. füchterlich peinliche Obstritionen sehr rothe erhizte Nase müd träg etwas Kopfschmerz unhtätig heute früh 6 Uhr heftige Schneidcolik ud Schmerz im Mastdarm dan Blut Abgang mit Schleim vermischt der Tag übrigens leidlich heute Oeffnung, viel Hize träg unthätig, anfang von meinem früheren Kopfschmerz. Die Augen trübe ud brennen Wallung heute Schmerzen die Augen (ich vergaß daß am 12ten an dem rechten Aug sich ein klein Geschwür entwikelte) ein rothen Flek auf dem linken Baken kömt wieder und ist sehr heiß Nase ud Gesicht roth, Wallung, Zahnklopfen Gestern gegen Abend wieder Augenschmerz abend blüthen im Gesicht besonders auf der Nase – die linke Bake besonders heiß – schwer, voll, träge, nicht gut geschlafen. laut Athmen oft starker Herzschlg heute – auf 4 Lavemat etwas Oeffnung gestern durch den Stuhlgag;1 Tag Blut viel Schleim. gestern unendlich Flecken ud heißes Toben des Blutes in allen Gliedern starken Herzschlg heiße rothe Flek auf den Wangen besonders auf der linken, die Adern an dem rechten Fuße gewaltig dik ud empfindlich wie blaugeschlagen nicht gut geschlafen Obstrition unthätig, faul unausstehliche Hize Gefühl in den Augen der rothe Fleck stelt sich mit allen seinen Folgen ein wie früher er fängt morgens 9 Uhr mit etwas Hize an steigt steigt imerwährend wird ganz blau ud troz alles bemühens Erhizung ud Andrg des Blutes nach oben zum vermindern gestern reichte er bis über die Nase dabei heftig Momentanes Zahnweh ud Bluten Wallg, heißen Kopf. Hände ud Leib dike Adern manchmal einen förmlichen Schweiß. Kalte Füeße, unruhe, starke Herzschlg unthtigkeit †…†Drang auf den Stuhl ohne Erfolg bis heute wie immer starke Obstrition ferner branten

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B 31015 (3)

1 die Augen sehr stark ud Gefühl v. Hize ud Krampf darrinnen 2 – dann wir früher bemerkt wieder der rothe Fleck mit allen 3 seinen Qualen, Hize, Schwindel Unruhe Unthtgkeit – auch 4 fange ich seit 4–6 Tagen wieder stark zu athmen an 5 Zahnklopfen – 6 29ten bis heute immer quälende Obstrition ubrigens 7 alles wie seit dem 23ten dabei auch noch oft grübeln in 8 ┌…┐ den Händen †…† ud klopfen im Halse. 9 2ten März diese Tage nicht gut geschlafen. immer Unruhe 10 Hize wallg Tagheit †…† Indolenz Vergesslichkeit Augenbrenn 11 ud Krämpfe Hize die Füeße sehr dik – sehr schwer 12 zumal von den Knien an 13 3ten März das linke Auge ward entzündet wirft eine 14 große färbige Scheibe um das Licht 15 während der lezten Zeit bemerke ich besonders 16 oft den starken Herzschlag brennend heiße Hände 17 die Stimung des Gemüths ist seither meist mehr oder 18 minder ärgerlich indolent, träg zanksüchtig unzufrieden 19 ud sehr vergesslich – ud ganz unfähig etwas sei es ernst 20 oder heiter mit Antheil ud so zum Sagen mit festen 21 Gedanken zum verfolgen ud zum bedenken. 22 Die Pulver eingenommen wie folgt 23 6ten Februar früh 10 Uhr das extra Pulver 24 17ten – – – N. I der neuen Sendung, 25 24ten – – N. II – – – – 26 3 te März N. III – – – – – 24*, 25*, 26* immer früh 6 Uhr18 27 Alles\4.5. & 6/ beym Alten, heftige Obstruktionen, kein Anzeichen von 28 Abgang der Regel.19 1 Für Resi 1* hatte d 28 Jan 7 a 7 No 1 caust d 17 Febr ? eingenom 2 (? NB caust)20 18  Die Zeilen mit einer Klammer verbunden und nebenstehend die Angabe zur Uhrzeit. 19  Die Zeilen 27 und 28 sind vom Grafen geschrieben worden. 20  Von diesem Einschub führt ein Strich zu dem Wort „Rothlauf “.

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3 diese hatte im Monat Februar eine Rothlauf artige Geschwlst 4 unter dem rechten Auge sie gieng bis über die Nase das Kind 5 klagte übrigens nichts dabei, als spannen in der Geschwulst die den 6 2–3 ud 4ten Tag sehr blau roth war sie vergieng sehr langsam ich 7 möchte sogar sagen daß ich jezt noch oft an dieser Stelle eine bläuliche 8 Röthe bemerke. – ihre Augen juken sie sehr viel. (bei Licht 9 brennen Sie sie öfters – auch sind die augendekel am Rande ud in 10 den Winkeln öfters geröthet – – oft eine sehr bleiche 11 Gesichtsfarbe – ud ein sehr aufgeregtes Wesen das sich besonders 12 durch vieles Schwazen außert; auch plagt sie oft Zahnweh zwar 13 an einem verdorbenen Zahn es kömt sehr schnell – ud klagte 14 stark, manchml wiederholt es sich oft und heftig in einem Tage 15 dann bleibt es wieder viele Tage aus 16 an den Zehen hat sie Hühner Augen ud Frostbeulen. 16* Vorgeschlagen für Sie veratr.. ud Alum [Sulphur]0, 99 auch [Acidum] mur (5) 16** \bloß/ Ihr d 14 März Extra Verat 1 Globulus [C30] Geschickt nichts ihm B 31046 Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben am 28. Februar 1831 von ihm selbst über sich und seine Frau Sophie B 31046 (1) 1* v. 11 Febr Sie hatte den 6. extra con m. ein Globulus [C 30] | Jod und plb eingenommen ud Plb. zwei Globuli | er bekam da extra Alum drei Globuli | den 27 Dez Lyc ein Globulus [C 30] den 20 Febr genommen\ | den 28 Jan beiden 7 a 7 nahmen den 17 ten Febr No 1 1 Thürnhofen \bey Feuchtwangen/ den 28t. Febr 1831. 2 Euer Wohlgeborn 3 sehe ich mich genöthigt wegen eines Simptomes welches mich, ich 4 darf wohl sagen Qualvoll belästigt, besondere Anzeige zu er,, 5 statten ud es Ihrer genauen Prüfung dringenst anzuempfehlen. 6 Schon öfters erwähnte ich nämlich in meinem Simptomen=Be,, 7 richten einer allgemeinen fippernt zuckenden Beweglich,, 8 keit der Nerven welche von dem Rücken zwischen den Schulter

Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

9 blättern ausgehend über die Achseln in die Arme gleichsam 10 ausströmen d den dortigen Nerven sich mittheilt. Eben 11 so klagte ich öfters über Ermüdungsschmerz im Rücken 12 der besonders nebst der Nerven Reitzbarkeit nach [Acidum] sich 13 heftig äusern. – Nachdem nun vor 4 Tagen wieder [Acidum] 14 kräftig (jedoch mit weniger Reitz als schon oft früher) ausge,, 15 übt worden war, stellte sich sogleich darauf allgemeine Er,, 16 schöpfung Abgeschlagenheit gesteigertes Nervenzittern ud 17 der eberwähnte Ermüdungsschmerz sich wieder heftig ein 18 Gestern war es damit ┌…┐schon arg doch heute Nacht litt ich 19 so sehr daran, daß ich v. Stunde zu Stunde einer Gewaltsamen 20 Nerven Crisis entgegen sehw zu müssen glaubte. 21 Bey dieser Gelegenheit habe ich mich nun überzeugt, dass der 22 sogenannte Ermüdungsschmerz in der Rückenwirbelsäule eine 23 besonders schmerzhafte Stelle zwischen d. Schulterblättern da 24 wo Sie anfangen – hat. Dieser so noch etwas weniger höher 25 als in der Mitte des Rückrads befindliche Schmerz 26 ist lähmend drückend und erzeugt zugleich diese Qualvolle 27* an [Acidum] Cl und Bronic 27 Nerven Irritation ud Beweglichkeit. So erscheint jedes Mal B 31046 (2) 1* calcare ud Spia/ 1 nach [Acidum]. Stellt sich aber auch auserdem von selbst ein 2 wenn im Allgemeinen durch hartneckige Obstruktionen 3 oder durch ┌…┐ Gemüths = Aspekte anstrengende KopfArbeit 4 die Nerven gereitzt sind. Ist die Disposition zu diesen 5 örtlichen Schmerz einmal vorhanden, dann \wird/ ┌wirft┐ es 6 heftig ud mit ihm d. Irritation d. Nerven\Bey d. geringstenen Veranlassung/. S. z. B. kostet es 7 mich jetzt eine quälende Anstrengung diese Zeilen zu 8 Papier zu bringen in den v. den mehrgedachten Schmerz 9 der lähmend ┌und mich gröste Nerve┐ auch Genick ud Schultern 10 einnimmt, – d. heftigste Nerven= Irritation ausströmt 11 Ich sage ausströmt, weil ┌zwischen┐ v. dieser Stelle an die 12 Nerven Bewegligkeit ausgeht. 13 Am 20t. nahm ich das mir v. Ihnen gesendet wordene Extra 14 Pulver. Es hatte einige Tage früher schon d. Oeffnung sich et,, 15 was gebessert und auch d. Verdauung war ┌…┐\besser/, dagegen litte 16 ich Freytag Samstag udd Sonntag furchtbar an Verstopfungen 17 un allen ihren sie begleitenden Beschwerden. D. Verdauung

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ist wieder schlecht, d. Gemüthsstimmung heftig, reitzbar ängstlich mürrisch. Gestern ud heute gieng es mit der Oeffnung etwas besser dagegen war sie wie auch früher nicht ergiebig nicht erleichternt. Der Schlaf ist gar zu schlecht weil die aufgeregten Nerven wenn ich in der Nacht erwache, mich immer lange wach erhalten.

1 den Morgen auf den Abend vorher statt gefundenen [Acidum] war 2 das Ohrenzischen auch so stark als jegmals ud das Gehör auf 3 dem rechten Ohr gedämpft. – Den Oertlichen Schmerz 4 zwischen den Schulterblättern und den damit verbundenen 5 Nervenreitz hatte ich so wie jetzt auch schon vor 12 Jahren. 6 Damals musste ich viel arbeiten hatte heftigen Kummer 7 und war förmlich inpotent. Durch [Acidum] wurde dieser Schmerz da,, 8 mals daher nicht erregt sondern kam nur jedes wie auch 9 jetzt, sobald ich mit Schreiben ud nachdenken beschäftigt war.21 10 Mit den Verstopfungen ists bey meiner Frau immer noch so 11 wie früher, nur alle 48 Stunden wird dem Mastdarm mit 3. 4 & 5 12 Lavements einige harte Knöllchen abgezwungen – wann 13 wird dieß anders werden!!! – Uebermorgen sollte die Periode 14 wieder eintreten, meine Frau hat aber gar kein Vorgefühl 15 davon. – Die Augen fangen wieder an sich zu röthen, die Ge 16 müthsstimmung ist reitzbar, auf d. Backenknochen sind wieder 17 täglich nach Tische hoch rothe Flecken, es meldet sich wie 18 vor 1 ½ Jahren das starke Schnaufen wieder, Wallungen 19 zittern d. Hände kalte Füße eingenommene Kopf p 20 sind an der Tagesordnung. Der Drang durch immerwährende 21* anac. 21 Bewegung immerwährend laufen Hülfe zu bekomen 22 ist so arg als jetzmals bey meiner Frau. – Sie steht um 23 6 Uhr morgens auf ud bringt den ganzen Tag keine 3 24 Stunden sitzend zu. – So mager als meine Frau jetzt ist war 25 sie so lange wir verheirathet sind noch nie, sah auch noch nie

21  Zwischen diesen Zeilen ist mittig ein geschwungener Strich.

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Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

1 so übel aus! – 2 Aus d. After ist bey ihr nenlich wieder Blut abgegangen 3 auch behauptet sie aufs Neue innen im After einen 4 Knoten zu haben welcher d. Abgang d. Oeffnung und 5 die Einbringung der Klistierröhre erschwern. 6 Die Pillen Sendung f. m. Frau ist richtig eingetroffen, ud 7 so erhielt ich gestern ┌…┐ d. Abschrift eines Aufsatzes ┌über┐ 8 Euer Wohlgeborn über d. CholeraAsiatica, und werde ihn zum 9 Besten der guten Sache nach München senden. 10 Nun muss ich schließen denn d. Schmerz im Rückrad und der 11 Nervenreitz nehmen so zu dass ichs nicht mehr aushalten 12 kann 13 Inden ich meine Frau dem reiflichen Nachdenken 14 euer Wohlgeborn dringend empfehle 15 zeichnet 16 Den ergebenst 17 Graf v. Dürckheim 18 Montmartin 18* P. S. Soeben sagt mir meine Frau das nicht so wohl ein Knoten im Mastdarm sondern eine Verengung in dem selben ud zugleich es zu fühlen wäre, als wenn v. After aus eine harte erhabene Leiste \am Mastdarm/ ┌am Mastdarm┐ in die Höhe ┌…┐ sich ziehe, welche dann gleichsam zu Zeiten den Durchgang ganz verschließe. Früher wenn nach hie und da weich gebundene Oeffnung abging, soll diese Leiste in den ┌…┐ Stuhlabgang förmlich eingedrückt zu be,, merken gewesen sein. – Ueberhaupt scheint bey ihr der Mastdarm sehr enge zu sein. 18** Den 31 März müssen Sie wieder 7 § haben dann ihr etwa anac. ?

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B 31052 Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben am 23. März 1831 von ihm selbst über sich, seine Frau Sophie und seine Mutter Amalie Philippine Luise B 31052 (1) 1 Thurnhofen bey Feuchtwang d. 23 März 1831. 1* Den 4. April an ptel 2 Euer Wohlgeborn 3 muss ich melden daß der Ermüdungsschmerz im Kreuze wie der 4 ganzen Rückenwirbelsäule sich immer gleichbleibt, dagegen 5 die Reitzbarkeit der Nerven auf eine sehr beängstigende 6 Weise zunimmt. – Die innere Angst verbunden mit Herzklopfen 7 das zittern aller Nerven im Rücken wie der Arme ist 8 besonders morgens ud Abends so heftich daß ich mir besonders 9 seit 3 Tagen kaum zu helfen weis. Gestern Abend war 10 es so arg daß ich mit der Besorgniß einschlief nie mehr 11 zu erwachen, denn ein Mensch der am Nervenschlag stirbt 12 kann nicht leicht mehr Vorgefühl davon haben als es der,, 13 malen bey mir d. Fall ist. – Merkwürdig ist es daß 14 auch meine Mutter eine Schwäche im Rücken schon 15 lange fühlt so daß schon vor mehreren Jahren sie auch 16 wie ich das Bedürfnis fühlte stets gekrümmt zu 17 sitzen. Meine Schwester Pauline dieselbe von der ┌nen┐ ich 18 Ihnen schon früher sprach, leidet dermaßen an 19 Rücken ud dass man \†…†sie beynahe täglich mit heißen Dämpfen gebrennet hat ud/ ihr Fontanelle daselbst setzen wollte 20 sie hat aber d. Alopathie entsagt ud wird wie ich höre 21 dermalen v. Dr. Stapf in Naumburg deshalb künftiich 22 behandelt. 23 Seit drey Tagen leide ich auch ziemlich an kalten 24 Füßen ud Andrang des Blutes nach d. Kopfe. Die Ver 25 dauung ist mittelmäßig der Stuhlgang nicht geregelt. 26 D. Ohren zischen fürchterlich stark. 27 Der Zustand meiner Nerven ist so stark dass der geringste 1 2 3

Entschluß etwas zu unternehmen mir Angst ud Herzklopfen verursacht. Der Ermüdungsschmerz im ganzen Rückrad ist sehr stark.

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Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

4 Haben Sie doch ja die Güte mir etwas Nerven beruhigend 5 zum riechen zu schicken, denn lange kann mein Körper 6 diesen verzehrend Zustand von Nervenbeweglichkeit un 7 möglich ertragen. Meine Gemüthsstimung ist zwar durch 8 Sorgen mancherley Art dermalen bewegt allein diese 9 Verstimmung hat die allergeringste Schuld an meinem 10 dermalen sehr bedenklichen Gesundheits Zustand. – 11 Sie haben keinen Begriff wie mager ich an d. Beinen bin. – 12 Die Regel ist bey meiner Frau noch nicht eingetreten, sie 13 hat vor ein paar Tagen d. extra Pulver eingenommen. Mit der 14 Oeffnung ists bey ihr noch immer beim Alten. 15 Es empfiehlt sich Ihnen 16 Euer Wohlgeborn 17 ergebenster 18 Graf A: v. Dürckheim Montmartin 1** 1* 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

B 31052 (3) heim22 4 April ihm heute extra ptl ein Globuli [C 30] P. †Suph† v. 15 März ihr (da er den 20 Febr Alum eingenommen) heute extra § Ptl. Sie bekam den 15 März Verat ein Globuli [C 30] Euer Wohlgeboren muss ich aufs Neue wegen mir Bericht erstatten, weil die Beschwerden im Rücken zu nehmen ud ich auch seit Abgang meines letzten Briefes erfahren habe, dass meine Mutter schon viele Jahre über Ermüdung im Rückrad klagt und sich im Sitzen nicht lange gerade erhalten kann. Bey ihr ists nicht weiter ausgeartet allein meine Schwester ud ich wir leiden beyde an Schmerzen im Rückrad. Wenn ich das Rückrad zwischen den Schulterblättern berühre, so schmerzt es mich als wenn man einen blauen Fleck hat. Von diesen empfindlichen Theilen geht auch de Nerven Reitz aus. Nach Abgang meines letzten Brief v. 24t. hatte ich etwa 2 Tage nach her wieder etwas mehr Ruhe, seit 3 Tagen ists \aber/ mit Ermüdungsschmerz ud Nervenreitz wieder Qualvoll. Durch kräftigen Naturtrieb auf,, gefordert habe ich mich nehmlich vorgestern zu [Acidum] verleiden lassen ud vergangene Nacht bekam ich im Schlaf eine starke Sammen=Er,, gießung Euer Wohlgeborn kann sich daher wohl denken in welcher erschöpft und zugleich in d. Nerven aufgeregten Zustande ich mich

22  Das Papier ist an dieser Stelle abgeschnitten, vermutlich hatte Hahnemann „Dürckheim“ notiert.

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17 dermalen befinde. – Es wirkt dies auch höchst nachtheilig auf den 18 Geist und ┌… schreib┐so wie dann auch durch Schreiben d. Nerven,, 19 reitz ud Rückenschmerz sehr zunimmt. – Zum ersten mal 20 in meinem Leben, that mir heute das Trab reiten im 21 Rücken weh auch bin ich im Allgemeinen ganz lasch. – 22 Mit der Oeffnung ud mit der Verdauung geht’s seit 3 Tagen sehr 23 schlecht. Gestern hat ich gar keine, heute nur wenig ud doch Brei 22 Artige Oeffnung. – Die ganze vergangene Woche litt ich sehr 23 sehr stark an Bein kalten Füßen, selbst d. Ausdünstungen da,, 24 von war kalt. – Die Ohren zischen heftig auch nacht’s mich 25 wieder in d. rechten Seite des Kopfes. – Dieser nervöse 26 Zustand bedarf wahrlich ernstlicher Berücksichtigung denn 27 ich fühle wie sehr Körper ud Geist darunter leiden ┌…┐ 28 ┌…┐┌…┐┌…┐┌…┐┌…┐ 29 Mit meiner Frau ist alles auch beym Alten ud auch die Regel 30 theils trotz d. genommen Extra Pulver bis jetzt auch immer 31 weg 1 Bey mir ist d. Gemüthsstimung zu heftigen Aerger geneigt 2 ┌…┐ meine Frau ist auch leicht gereitzt doch ist ihr Gem. 3 im Allgemeinen jetzt besser als vor einigen Wochen. 4 Es empfiehlt sich bestens 5 Euer Wohlgeborn 6 ergebenster 7 Graf A. v. Dürckheim Montmartin 7* Thürnhofen bey Feuchtwangen d. 29 März 31. 8 P. S. Nach der Ermüdungsschmerz, gibt es mir auch Stiche in der Rücken Wirbel Säule zwischen d. Schultern. Im Kreuze war d. Schmerz bisher mehr Ermüdungs artig. 9 Den 15 März vorgeschlagen für ihn ptl. für sie [Acidum] ┌…┐ carb v. Natr. m. [Acidum] mur.

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Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

B 31083 Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben am 7. April 1831 von ihm selbst über sich 1 S. 2 Wohlgeborn 3 Herr Hofrath D Hahnemann 4 in 5 Köthen 5* durch Einschluß.23 1 II 6 April v. 4 April 2 Da es heute schon 14 Tagen über die Zeit ist in welcher wir 3 gewöhnlich von Euer Wohlgeborn mit Pulver versehn werd, 4 ud die Post uns abermals nichts brachte, so kann ich es nicht 5 länger mehr verschieben Sie zu fragen was für eine 6 ┌…┐ Ursache Euer Wohlgeborn abhält uns mit Pulver p zu 7 versehen sowie auch mit Rücksicht meiner letzten Berichte 8 mir Hülfe zuzusenden. 9 Vor 4 Tagen hatte ich wieder einen Anfall von †…†ZahnschmGefühl 10 Kratzen nd Ohren Schmerz – alles in der rechten Seite des Kopfes 11 die Crisis gieng jedoch in 2 Tagen vorüber nach dem ich 2 mal 12 an Chamomilla gerochen hatte. Mit d. Verdauung geht es bald 13 gut bald schlecht mit d. Oeffnung mehr schlecht als gut. d. oertl. 14 Schmerz fühle ich häufig d. Schmerz im Rückenrad ud Kreuz sind 15 jetzt weniger weil ich [Acidum] unterlasse dagegen sind d. Nerven 16 besonders früh ud Abends sehr sehr aufgeregt reitzbar ud be,, 17 weglich. 18 Meine Frau sieht besser aus sonst ist aber alles bey ihr 19 noch beym Alten – D. Reinigung bleibt schon im 3t. Monat 20 immer noch aus dagegen zeigt sich hie ud da etwas weißer 21 Fluss

23  Die Reste eines Siegels sind auf dieser Seite noch erhalten.

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1 Gefällige Erwiederung Euer Wohlgeborn schuldigst ge,, 2 wärtigend zeichnet 3 dero 4 ergebenste 5 Graf v. Dürckheim 6 Montmartin 6* Thürnhofen bey Feuchtwangen d. 7. Ap: 31. 6** Allen Dreien 7 Globuli geschickt. was schon um 14 Tagen eher hätte geschehen sollen

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B 31133 Krankentagebuch von Graf von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 7. März bis 27. April 1831 von ihm selbst über sich B 31133 (1) 1* 5 Mai Er Dürckheim I Kalc extra [Tinctura] Suph nächstens, heute extra § [Zuckerkügelchen] Sigl N v. 4 Apr da ihm extra Ptl. ein Globulus [C 30] P sigl | den 20 Febr Alum | Lyc den 27 Dez. den 9 Apr eingenommen 1 Simptomen=Bericht des Grafen A. v. Durckheim 2* Allen Dreien den 8 Juny ihr 7 a 7 [Globuli] zu schicken 2 Montmartin 3 Den 7t. März Sehr schlecht geschlafen. Ermüdungsschmerz im Kreuze u Rükrad, die Nerven sehr aufgeregt 4 zischen der Ohren innere Angst ud Unruhe Mürrisch stille, zum heftigen Aerger geneigt. Um 8 ½ Uhr etwas Brei,, 5 Artige Oeffnung. Nachmittags brännen der Augen. Abends saures aufstoßen Sodbrännen. 6  Vom 8t. bis \evct/ 18t. Abwechselnt bald ganz schlecht bald beßerer Stuhlgang. Die Verdauung im Durchschnitt mehr schlecht 7 als gut. Der Schlaf schlecht immer mit lebhaften zum Theil schweren Träumen. Der Oertl Schmerz über dem 8  Nabel öfters zwickend drückend empfunden. Ermüdungsschmerz im Rüken ud Kreuze fast täglich besonders morgens 9 oder wenn ich schreiben muß. Die Nerven in sehr schlechten Zustande – Innere Angst ud Unruhe beynahe allen

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10 Morgen auch des morgens immer betäubt und müde. Oefters sehr kalte Füße. Das Schreiben greift mich immer 11 sehr an ud verursacht mir Nervenreitz ud ErmüdungsSchmerz ┌…┐ im Rükrad zwischen den Schultern. 12 18. Schlecht geschlafen. Die Oeffnung blieb aus, eingenommener Kopf, mißtrauisch Menschen scheu Neigung zum 13 Aerger, unzufrieden ud Mangel an Selbstvertraun – unerträgliche Gemüthsstimmung, im Geiste be,, 14 schränkt unfähich etwas schnell zu faßen, bey höchst aufgeregt reitzbaren Nerven leicht verwirrt. Es is diess 15 schon soweit gekommen daß mich eine quälende Angst befallen hat ich könnte einmal Geistesabwesend 16 werden. – Vom 19 bis 28 bereits berichtet. Den 29. wenig den 30. gar keine Oeffnung. Sehr in den Nerven 17 aufgeregt, Ermüdungsschmerz im Rükrad. Schmerz über d. Nabel wie berichtet. kalte Füße An d. Gesäßbacken 18 kleine Blutgeschwuere. Zahnschmerz im rechten Kiefer. Ohren zischen wie immer! 19  31. Sehr schlecht geschlafen. Um 9 Uhr ein ganz klein wenig feste Oeffnung. Eingenommener Kopf, sehr düstere 20 Stimmung kalte Füße. Alle Zähne d. rechten Kiefer stumpf zum Theil auch locker verursachen 21 mir einen empfindlich ziehenden Schmerz welcher auch d. Ohren ud Kopfknochen sich mittheilt. Frostiges 22 empfindlich gegen kühle Luft. Abends vermehrte Schmerzen d. Zähne p. p. 23  1 April schlecht geschlafen in der Nacht Zahnschmerz wie gestern, zischen d. Ohren, im rechten Ohr 24 bis gegen Mittag beynahe ganz taub. D. ganzen Tag hindurch Zahnschmerz mehr oder weniger empfindlich 25 Alle Zähne d. rechten Kiefer stumpf zum Theil auch locker. Gestern Abend nd heute früh an 26 Chamomilla gerochen. Das mesmerisiren will nicht helfen. Oeffnung heute wieder fast gar 27 nicht. Abends heftig von Schmerzen, sehr kalte Füße. 28  2. April wie gestern. Vom rechten Auge abwärts nach dem Augenzahn zu starkes reißen des Zahnfleischs 29 deshalb auch etwas geschwollen. Im allgemeinen äusern sich dieselben Schmerzen ud Simptome 30 wie ich vor 3 Jahren in stärkern ud anhaltenden Crisen zu überstehen hatte. 31 3. April wie gestern. Gefühl von Völle in der Lebergegend mit Oertl Schmerz über d. Nabel.

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32 Die Schmerzen ┌…┐ im Kopf p im Abnehmen. D. 4 ud 5t. wie in d. früheren Tagen d. Schmerz wenige B 31133 (2)

1 6, 7. 8 & 9t. wie früher. D. 9t. das extra Pulver Lit § genommen. 2  d. 10t. Schlecht geschlafen. Die Oeffnung um 8 Uhr ziemlich gut. Abends starkes Zahnweh im 3 rechten Kiefer. Es theilte sich dieser wimmernt und ziehende Schmerz den Ohren ud Kopfknochen mit 4  d. 11 Besser als gestern geschlafen. Beym erwachen und den ganzen Tag hindurch d. gestrigen 5 Schmerzen mehr oder weniger empfindlich. Um 8 Uhr etwas Oeffnung sehr starkes zischen d. Ohren 6 d. Nerven sehr reitzbar d. Gemüthsstimmung mißtrauisch ud sehr zu heftigen Aerger geneigt. 7  12. Ziemlich gut geschlafen. Um 7 1/2 Uhr Oeffnung wie gestern. Die Schmerzen wieder heftig. Die 8 Nerven aufgeregt ud sehr zu heftigen Aerger geneigte Stimmung. Dieß besonders morgens ud dabey 9 empfindlich unentschlossen. 10 13. Ziemlich gut geschlafen. Früh Ermüdungsschmerz im Rüken alle Nerven zwischen d. Schultern 11 und in d. Armen in Bewegung. Mürrisch ängstliche Gemüthsstimmung. Um 7 1/2 Uhr Oeffnung wie gestern 12 Die Vertauung seit einigen Tagen ziemlich gut. D. Schmerzen im Kopfe nahmen ab. Ein †…† 13 Backzahn ist locker und in d. Höhe gegangen, dieser ┌S┐ schmerzt heftig wenn ich ihn mit d. anderen Zähnen 14 berühre. ┌…┐ Mehrmals des Tages von Ohre in diesen Zahn herab ziehend heftig schneidender 15 Schmerz der kaum zu ertragen wäre wenn er nicht schnell vorüber gienge d. mesmerismuß 16 beseitigt ihn. 17  d. 14t Wie gester un nur noch dabey zwickend drückender Schmerz über d. Nabel. D. Hände laufe mir im 18 Bette immer an und Schmerzen mich spannend. 19  d. 15. Wie gestern aber wenig ud harte Oeffnung. Morgens müde und eingenommener Kopf. die Ver,, 20 tauung nicht gut. kalte Füße 21  D. 16t. Ziemlich gut geschlafen aber früh müde – Ermüdungsschmerz im Rücken aufgeregt be,,

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22 wegliche Nerven. Harte sehr unbefriedigende OEffnung. ┌…┐ Nachts angelaufene Hände ud spannend 23 Schmerz darinn besonders in d. Gelenken der Finger. Die Blutgeschwürchen an den Gesäßbacken 24 kommen immer wieder. 25  17 Wie gestern. Um 824 Uhr weich gebundene ud um 9 Uhr weiche Öffnung. Kalte Füße ud heißer Kopf 26  18. Von 1 bis 2 1/2 Uhr diese Nacht wach gewesen auserdem ziemlich gut geschlafen. D. Hände schon 27 nach Mitternacht angelaufen ud spannend schmerzend. Gestern Abend [Acidum] ud darauf die gewöhnlichen 28 Folgen, es hat daher auch heute die Reizbarkeit der Nerven und der Ermüdungsschmerz im Kreuze sehr zu,, 29 genommen. Auch auf die Blase wirkt [Acidum] denn ich musste diese Nacht wohl 7–8 mal uriniren ud hatte jedesmal 30 dabey ein förmliches Blasenkrampf=Gefühl. Die innere Angst ud Unruhe verbunden mit der Beweglichkeit 31  der Nerven ist Qualvoll. 32 19. Ziemlich gut geschlafen. Um 7 ¾ Uhr weichgebundene Oeffnung. Früh dieselbe innere Angst ud Unruhe Nerven 33 reitz Ermüdungsschmerz in Rücken wie gestern B 31133 (3) 1 Der Oertl Schmerz über d. Nabel sehr fühlbar. D. Ohren besonders das Linke zischen stark. 2 20. Wie gestern nur weniger Oeffnung und dabey Abgang einiger Tropfen Schleim aus der Harnröhre. Ein Simptom 3  welches lange ausgeblieben ist.\Nachts viel ud oft urinieren müssen/ Die Stimmung mißtrauisch sehr zu heftigen Aerger geneigt. Den ganzen 4 Tag sehr kalte Füße mit kalter Ausdunstung die Verdauung nicht gut. 5 21. Vergangene Nacht sehr schlecht geschlafen, schwere Träume, oft erwacht nd urinieren müssen. Eingenommen 6 Kopf d. Hände ┌…┐ ┌…┐ Im Bette angelaufen äußern besonders in d. Gelenken der Finger einen spannend 7 ziehenden Schmerz. Es wird dieser Schmerz täglich spürbar und scheint Gicht Artig zu sein. Um 7 ½ Uhr 8 etwas weniges theils fest theils weiche Oeffnung un 9 etwas weniger Brei Artigen Stuhlgang. Die Nerven

24  Hier wurde zunächst eine „9“ gesetzt, die in „8“ korrigiert wurde.

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9 furchtbar aufgeregt d. Beweglichkeit d. Nerven im Rücken ud in den Armen ist peinigend oft gesellt sich 10 heftig Herzklopfen dazu. Innere Angst und Unruhe besonders d. Morgens d. ganzen Tag Neigung zu heftige 11 Aerger. D. Schmerzen in d. Händen auch unter Tags. D. ganzen Tag empfindlich kalte Füße. Das Schreiben 12 greift mich gar entsetzlich an. Ich habe schon 14 Tage lang beynahe immer im Freien zugebracht ud doch sind 13 meine Nerven so reitzbar daß mich das bißchen Schreib dies Zeilen entsetzlich anstrengt. Es erregt mir 14 d. Schmerz im Rükrad nd den damit verbund Nervenreitz. 15  22. Schlecht geschlafen, schwere Träume sehr oft und viel uinirt ud dabey Gefühl v. Blasenkrampf. D. Ermüdungsschmerz 16 im Kreuze und d. Nervenreitz besonders diesen Morgen nach d. erwachen ud jetzt beym Schreiben dieser Zeilen 17 fühlbar. Um 8 Uhr etwas gebundene Oeffnung. Den ganzen Tag Aengstlich verdrossen \unentschlossen/ düster in grimmiger 18  aergerlich, unzufrieden mit mir selbst ohne zu wissen warum Mangel an Selbstvertrauen, Furcht 19 Geistesabwesend zu werden sehr sehr hipochonter!! Den Krampf in den Händen hatte ich schon lange 20 nicht mehr, heute bekam ich ihn aber ein paar mal sehr stark. Beym bürsten der Haare wurde mir 21 auf einmal die Hand steif ud blieb es mehrere Minuten lange es geschah dieß 2 mal. Diesen ┌habend.┐ 22 Abend habe ich peinlich kalt ud v. kalten Schweiße feuchte Füße und dabey glühend heißen Kopf. 23  23. Besser geschlafen. \Pulver No 1 genommen/ Um 4 Uhr ganz wenig fest gebundene Oeffnung. Eingenommenen Kopf, peinlich kalte Füße. 24 Stärkeres Ohrenzischen etwas Ohrenschmerz Krampfschmerz in den Händen. Die Gemüthsstimmungen etwas 25 weniges besser als gestern. – 26  24. Ziemlich gut geschlafen jedoch betäubt ud wie gewöhnlich beym erwachen besonders stark in den Nerv 27 aufgeregt. Schmerzen im Rükrad durch schreiben vermehrt. Weniger Oeffnung. Nach Tische gebläht. Gegen 28 Abend brännen der Augen. Heftig zur Irre ud Aerger geneigte Gemüthsstimmung. Neigung 29 zu Sinnlichkeit ohne Natur Verlangen ud unverkennbar von auf gereitzten Nerven herrührend

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30 Starkes zischen der Ohren besonders aber im Linken. Schmerzlich kalte Füße die nicht ein,, 31 mal durchs gehen sich erwärmen wollen danach aber kalt ausdünsten. Intolants un,, 32 fähig zu denken, zu arbeiten. – Diesen Abend schwappelt ud gluckt es ┌in┐ wieder mal 33 in meinem Magen als wenn ich bewege – als schüttle man eine Flasche Wasser. B 31133 (4) 1 25.) Ziemlich gut geschlafen aber morgens wie immer betäubt ud in d. Nerven aufgeregt. Um 2 Uhr heute Nacht 2 1/2 Stunde wach gewesen, wobei die Rückenschmerzen sehr empfindlich waren auch fühlte ich mich sehr gebläht. 3 Ich bin morgens immer müde ud fühle das Bedürfniß noch wachend zu ruhen gleichsam als wenn die Natur 4 es verlange um die Nerven zu besänftigen. – \Um 8 Uhr gebundene oeffnung/ D. Ohren zischen sehr stark auch ┌…┐ sind die Zähne des 5 rechten Kiefer wieder empfindlich. Die Schmerzen der Hände bey Nacht werden empfindlicher. Heute 6 früh waren sie wieder so sehr angelaufen daß es mich sehr spannte wenn ich sie schließen wollte. 7 Am meisten schmerzten mich die Gelenke d. Finger was auch noch unter Tag’s der Fall ist. auf den Ge 8  lenken da wo die Finger an der Hand angesetzt sind hatte ich heute früh hoch Rosen rothe Flecken 9 Eines Simptomes deßen ich früher schon gedachte muss ich auch wieder hier erwähnen, es betrifft dies 10 d. Kopfhaare ud d. Backenbart. Erstens sind nemlich Zeiten weise biegsam, haben eine schöne glänzende Farbe 11 ud eine natürliches Fett als waren sie pomadisiert was nie geschieht. In diese Zeit bin ich nicht ┌…┐\am/ wohlsten 12 dann ist der Backenbart kräftig stark ud gerollt wie er sein soll. – Auf einmal ändert sich dies die Haare ver, 13* Kali 13 lieren ihren Glanz sind drocken und steif unpreparirte Pferdehaare ┌…┐ mit dieser Veränd 14 zeigt sich dann der Backenbart weich will sich nicht rollen ud hat seine natürliche Lastigkeit ganz verloren 15 ud um solche Zeit ists auch mit d. Unterleib pp nicht in Ordnung. – ┌…┐ Nachmittag die Verdauung 16 nicht in Ordnung.

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17 26.) Gestern Abend wurden mir die Zähne des rechten Kiefer noch sehr empfindlich auch hal†…†25 18 über d. Wurzel des Augenzahnes da wo die Lippe an d. Kiefer angewachsen ist wieder neulich eine 19 Geschwulst in d. Große einer Bohne bekommen welche spannend schmerzt. Gestern Abend legte 20 ich mich wie gewöhnlich um 9 Uhr nieder konnte aber lang nicht einschlafen weil der Ermüdungs 21 Schmerz ud Nervenreitz sehr peinlich mich aufregte gegn zehn Uhr schlief ich ein erwachte aber 22 etwas vor 11 Uhr wieder. Trotz d. Nervenreitzes vermochte ich’s nicht einem auf ein mal ┌…┐ entstand 23 starken Natur=Verlangen zu widersetzen. Ich übte [Acidum]26 kräftig aus war darauf wohl etwas aufgeregt 24 ud diesen Morgen sehr müde, im allgemeinen aber ┌…┐ heute weniger erschöpft als es ┌…┐ \sonst/ 25  ┌oft┐ \gewöhnlich/ nach [Acidum] d. Fall ┌war┐ ist. – Dass ich besonders angegriffen wenn ich ┌…┐ ohne besondere Natur= 26 verlangen [Acidum] ausübe habe ich schon öfters bemerkt. – Um 6 Uhr diesen Morgen gebundene 27 Oeffnung – hätte ┌…┐ ergiebiger sein dürfen. Das linke Ohr zischt sehr stark im Rük= rad heftige Ermüdungsschmerz. D. Verdauung schlecht. 28  27. Ich habe gestern Abend vor schlafen gehen Briefe gelesen welche mich interessirten ud wurde dadurch so auf, 29 geregt daß ich erst ┌…┐┌…┐ gegen 12 Uhr einschlief ud um 5 Uhr schon wieder wach war. Ehe ich ein schlief musste ich gest 30 Abend gewiss 5–6 mal urinirn. Meine Nerven sind furchtbar aufgeregt im Rücken ud in den Armen ist alles 31 lebendig als wenn alle Nerven fippern ud zitterten. D. Schmerz im Rükrad ud auch im Kreuze hauptsächlich nur 32 im Rücken gar sehr empfindlich. D. Oeffnung ganz schlecht. Zische d. Ohren kalte Füße

25  Der Text ist durch Reparatur des Papiers verlorengegangen. 26  Es ist zu vermuten, dass das hier verwendete Kreuz „+“ vom Grafen für Geschlechtsverkehr oder Selbst-

befriedigung verwendet wird.

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B 31134 Krankentagebuch von Gräfin Sophie von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 5. März bis 26. April 1831 von ihr selbst über sich B 31134 (1) 1* 5 Mai sie Dürckheim vorgeschlagen für sie [Acidum] mur und Anacard. 1 Bericht bis 23ten April 1*  v. 21 Apr da ihr con ein Globulus [C 30] extr. | Verat | Jod d 16 Apr 7 a 7 beid D 26 Apr. eingenommen den 15 März d 19 März eingenomm 2 5te März angefangen bis zum 8ten stets den rechten Fuß geschwollen 3 um den Knoten besonders zurücken, ferner stark zu kämpfen 4 mit Wallung Unruhe spanen in den Händen brennen den 5 Augen die imer Scheine vorher ud krämpfig sind ganz glänzend 6 rothes Gesicht 7 12te bis heute starke Obstutionen, müde schwer dicker Leib viel 8 Augenkrampfe Abends einen ziemlichen schweren Schlaf. viele 9 Anmahnungen des Grübelns, Nachts schlechten Schlf, oftes Aufwachen 10 viel Hize ud schwere Träume dabei – auf der rechten Bake wie 11 blaugeschlagen oftes wie wen alles verschwinden wollte 12 12te27 starke Anmahnung des Grübelns – wehes Ohr eingenomenen Kopf 13 Drükenden Schmerz im Hinterkopf 14 13te durch Lavements etwas Oeffnung rothe Flek übers ganze Gesicht 15 bis an Halse dabei brennen wie jückends Blut linken baken als 16 laufe eine Ameise. Abends alles Blut im Kopfe Zähne bluten ud Flecken. 17 14te unter hie ud ds behaglichem befinden eine große Muede ud 18 schwere in den Füßen die dik ud spannend sind hühneraugen schmerzen 19 gewaltig – ein Abends unübewindlicher Schlaf. Nachts sehr übel geschlafen 28 20 15te ud unterbrochen, entzüdete Augen besonders das linke – Kopfschmerz 21 ger rothes Aussehen zeigte sich etwas hämro, Blut Obstution 22 schwere Adern. heisser voller Kopf. gewaltge Unruhe üble Laune 23 Mathtigkeit 24 16te Obstrition unruhig geschlafen ziemliche eingenome Kopf 25 Zahnklopfen – heute besonders Nachmittags eine Hizen ein Wallen 26 die mich zithern machte ud förmlich abspante Abends sehr aufgetrie 27  Die Daten sind ab hier korrigiert. An dieser Stelle in „12“, nachfolgend in „13“ sowie „14“. 28  Die Angabe des Datums ist unklar. Eine „9“ für „19te“ wäre chronologisch jedoch nicht

Eventuell ist es eine seltsam geschriebene „4“, logischer ist eine „5“.

folgerichtig.

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27 17te 28 29 30 31 18te 32 33 19te 34 20te 35 24te 36 37

abgeschlgen keine Otitution – ud einen fatalen Zustand musste immer ans grübeln denken ud sein kommen befürchten ganz abgespnte Beine – musste an meinem Fläschchen doch der Zustand stieg immer höher müde Beine schlecht schlaf lebhaftes Träumen durch Lavements Oeffng übriges wie gestern Schmz im hinterkopfe Abends ganz dik schlecht Schlaf heute so klopfen als möglich. da Extra Pulver genom Hühneraugen schmerzen gewaltig seit 3 Tagen 2 mal durch Lavements Oeffnung gehabt ubriges träg, †…†, müde, unthtig, bequem Augen schmz ud brennen auch Kopfschmz viele Hize ud Zahnschmz

B 31134 (2) 1 26te sehr quälende Obititione gelbes vezogenes Aussehen blaue 2 Striche um den Augen heiße Ohren träg dik die Hühneraugen 3 schmerzen zum schreien 4 29te die Augen schmerzen seit 5 Tagen dieselbe Stimung ud Empfindg 5 en wie vor der Entzdg imer trübes Sehen sind heiß ud krämpfen 6 bei Licht ud bei Tg einen Schein mit Strahlen ud breiten Regenboge 7 dike Füeße viele Hize 8 30te unruhig Schlaf. Obitrition schwellen der Adern Mangel an Appetit 9 die Augen brenen ud strahlen in den lezten 8 Tagen paarml 10 weißen Abgang bemerkt 11 31te abermls weißen Abgang paßable geschlafen aber übriges so unruhig 12 geistträg widerwrtig als wen möglich wehe Augen 13 1te April ungut geschlafen heute quälende Obitition nebst ganz 14 genommen Kopf ud Geist vedrßlich träg vergessen dike Füeße 15 6te bis heute mit quälende Obitritionen die mich viel leiden 16 machen Hize im Kopfe blutrothe Gesichtsfarbe ängstige 17 schwindliche Stimung träg widerwrtig unruhig †…† viel Wasser 18 im Munde Drang auf die Blase die Hand kanfte ud 19 8te schmerzt etwas an der Stelle wo sie vor 6 Monaten in Folge 20 eines kleinen Rizers geschwoen war heute sehr leidende 21 Augen ganz inerlich branten sie sehr die Lichter fließen 22 in einem vielfärbigen Kreiße zusammen 23 9te Migraine im Hinterkopfe imer graurothe Gesichtsfarbe 24 11te die Tage auch bei Nacht doch Hize ud Zahnschmz sehr gelitten 25 auch schwebe ich nur so gedankenlos ud träge hin blos materiell 26 schwindlig aufgetriebenen klopfenden Hals ud Leib dabei 27 nimt gewaltig überhand ud macht mich leiden ein treiben 28 wegen ud arbeiten des Blutes dabei zitternt nu fippert es

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29 30 31 32 13te 33 34 33

in allen Adern die an Arm ud Beinen fingerdik anlaufen das Gesicht sehr roth ein heiß Gefühl überall zumal in den Augen dies alles wen möglich noch gesteigert dike rothe Nase imer †…†wieder starken Herzschlag darf mich gar nicht büken so wallt ud steigt das Blut – zuweilen Colik als sollte Periode kommen Unsicherheit schlechter Schlaf

B 31134 (3) 1* 2 Tage nach Neumond 1 14te heute früh trat die Periode ein ohne Schmerzen, nur 2 etwas Colik ud schneiden im After etwas Bewegung 3 im Leibe der Kopf etwas leichter die Augen aber schlimm 4 16te die Tage gieng die Periode ziemlich; dabei sehr düster 5 gestimt wenig Appetit die Augen schlimm morgens vor 6 Krampf kaum zu öffnen 7 gestern war das Blut meist schwarzen Tropfen, heute 8 der Kopf etwas leichter die Augen etwas besser gewesen 9 doch nun gegen Mittag sehr unbehglich die Augen wie Blei 10 geschlagen 11 17te Gestern Mittag kam jener Anfall der F. v. Strauß 12 berichtete es war mir leidlich, die Periode gieng ordentlich 13 ud ziemlich stark. – vielleicht etwas Erkältg, auf einmal 14 wars als stolpere ich über etwas. – ich ging weiter stüzte 15 aber nochmal – in meinem Zimmer ward mir un 16 †…† nahm eines statt dem anderen sah meine rechte 17 Hand (die keine Kraft hatte) zweimal baken heiß, doch ich wollte 18 mich beschäftigen dan grübelte es im rechten Fuß – nun fühlte 19 ich daß es ganz kommen wird – ud gieng zu F. v. Strauß ud setzte mich aufs 20 Sopha. – nun wechselte es in Fuß – im Körper – im Halse 21 in der Zunge – im äußern Munde in Hand ud Arm – nach †…† 22 ; ½ Stunde halb ┌…┐ unsicheren doch nicht bewußtlosen Zustand 23 bekam ich sehr heftiges Kopfweh – mußte viel ud oft das Nachtgeschirr 24 brauchen das Kopfweh wurde immer arger diese Nacht trspirirte 25 ich etwas bin heute sehr schwer in allen Gliedern werde alle 26 Augenblik heiß ud rothl. klopft ud pocht in allen Blutgefäßen der 27 Herzschlg war gestern ud heute besonders groß ud stark 28 20te wie da bemerkt gieng es den ganzen Sontag fort imer gewaltige 29 Hize Blutdrg nach dem Kopfe leichte Schwindel eine Unruhe ein Treiben 30 ud schwere Glieder wie ich es einer noch kaum entsinen kann Sontg 31 ud Mntg starke Obstrition öfter Mahnung des Anfalls auch noch ein

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verzerrtes Gesicht Mntg kamen gräslich Zahnweh mit daran nichts als Blutklopfen Hize rothe Augen, das Zahnweh wühlte ud grub in einem obern Zahn links dan flogs herunter ud herüber Die Periode verlief nach ud nach im Zeitraum von 6 Tagen gestern noch sehr Zahnweh durch den ganzen Tg – abends etwas minder dabei vollen B 31134 (4)

1 Kopf ud immer ganz roth ud heiß – ein eignes Gefühl Die Arme 2 ganz unterbunden – heute früh wen ich etwas calmirter doch 3 fabig ud irrt es immer in mir heute früh giengen mit der 4 Oeffnung 2 Tropfen Blut weg. 5 21te es geht imer noch nicht gut morgens 9 Uhr fängt es an da 6 kömt ein krämpfiges Gefühl um den Händen (ganz kalt) 7 Arme Kopfe im Gesicht bald doppelt sehen bald unsehen 8 bald sehr starken Herzschlg unterbunden Arm ud Hand besonders rechts 9 dan heiße Ohren ud eine †…†lichkeit dabei eine Geistes Kraft= 10 =loesigkeit die ins weite gehen – eine bangigkeit ich kann 11 dann nichts thun ud nichts denken alles Blut geht auch in Kopfe 12 oft ganz kalte oft heiße Hände ud dabei ein schecklich Gefühl 13 von kalten Füeßen die aber dan oft nur halb so kalt sind 14 als ich sie fühle voller Herzschlag der mich überhpt jezt ziemlich 15 quält 16 24te der obige Zustand währt ziemlich fort 17 26te obige bemerkg seze ich immer fort doch mitunter 18 hatte ich den lezten Tagen ruhigere Momente ud hie ud 19 da eine etwas †…† natürlichere Gesichtsfarbe Pulver genommen 20 19te März ½ 10 früh das am 14/4 abgesandte Extrapulver 21 23te April früh nüchtern das 1te Pulver der neu Sendg 22 26te – ┌das┐ 10 Uhr früh das leztgesandte Extra Pulver 23 einige Extra Bemerkgn 24 Pillen muß ich jeden Tag 3 nehmen ohne Lavemente 25 folgt wundersatter Oeffnung die hie ud da übrigens etwas 26 weniger hart ist. 27 besonders moralisch finde ich mich angegriffen – nehmlich 28 eine Schwäche des Caracters auch in kleinen Sachen – dan 29 keine Energie – ein †Hindersen† ein †…†deln über gering 30 fügige oft noch wieder Pochen während der Geist an maßen† 31 angenehm oder unangeneh abgeleitet sehr träg ud wieder†…†

Patientenbriefe des Grafen Georg Friedrich Wilhelm Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin

B 31135 Krankentagebuch von Therese (vermutlich Maria Theresia oder Theresia Mathilde Sophie) von Dürckheim-Montmartin, geschrieben im Zeitraum vom 25. bis 26. April 1831 von Graf von Dürckheim-Montmartin und von Hahnemann bearbeitet am 5. Mai 1831 B 31135 (1) 1* 5 Mai Therese Dürckheim den 28 Jan ihr Caust ein Globulus C30 geschickt 3, 28, 31, 30, 5 = 89 hatte den 10 Dez Calc 3 Globuli │ den 9 Oct [Acidum] [Schwefel] 2 Globuli Anfang ihr heute Extra § Grpht 1 Globulus C30 1 noch ein paar Worte über Resi 2 die den 25ten April ihr erstes Pulver der letzten 3 Sendung nahm 4 Ein eigentliches Unwohlseyn hatte sie diese Zeit 5 nicht aber oft bleiches ja selbst übles Aussehen.– 6 Klagt oft rheumatische Schmerz in den Armen ud Beinen 7 besonders links – morgens oft üblen Geruch aus dem 8 Munde fällt manchen Tag leicht ud oft wie durch 9 Schwäche in den Beinen sehr oft Zahnschmerz der 10 gewöhnlich sehr schnell ud äuserst heftig kömt auch sich 11 oft durch Streichen mit starkem Schmerz vertreiben läst 12 leicht entzündete Augen wobei hptsächlich der Rand 13 sich röthet – starkes brennen ud juken darinen. 14 26t April seit 3–4 Tagen meinte Resi die linke 15 Bake müste geschwollen seyn doch man bemerkte 16 nichts bis \ehe/ gestern früh da erwachte sie morgens mit 17 einem Rothlf artigen Geschwulst unter dem linken Auge 18 Die gestern sie sehr jukte ud sich öfter in 3 große Punkte 19 theilte mittags ganz gegen das Auge zog. heute 20 ist es etwas †…† 21 Schlüsslich muss ich Ihnen bester Herr Hoftrath doch auch 22 erzählen daß Ferdinandchen 4 Zähnchen hatt oben 2 unten 23 2 – er fängt nun auch an an Tischen zu laufen ud ist 24 Gott sei Dank sehr munter †…† sehr groß ist er nicht 25 aber stark und körnig

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medizin, gesellschaft und geschichte



beihefte

Gegründet von Robert Jütte, herausgegeben von Marion Baschin.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0941–5033

37. Marion Baschin Wer lässt sich von einem Homöopathen behandeln? Die Patienten des Clemens Maria Franz von Bönninghausen (1785–1864) 2010. 495 S. mit 45 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09772-7 38. Ulrike Gaida Bildungskonzepte der Krankenpflege in der Weimarer Republik Die Schwesternschaft des Evangelischen Diakonievereins e.V. Berlin-Zehlendorf 2011. 346 S. mit 12 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09783-3 39. Martin Dinges / Robert Jütte (ed.) The transmission of health practices (c. 1500 to 2000) 2011. 190 S. mit 4 Abb. und 1 Tab., kt. ISBN 978-3-515-09897-7 40. Sylvelyn Hähner-Rombach Gesundheit und Krankheit im Spiegel von Petitionen an den Landtag von Baden-Württemberg 1946 bis 1980 2011. 193 S. mit 27 Tab., kt. ISBN 978-3-515-09914-1 41. Florian Mildenberger Medikale Subkulturen in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Gegner (1950–1990) Die Zentrale zur Bekämpfung der Unlauterkeit im Heilgewerbe 2011. 188 S. mit 15 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10041-0 42. Angela Schattner Zwischen Familie, Heilern und Fürsorge Das Bewältigungsverhalten von Epileptikern in deutschsprachigen Gebieten des 16.–18. Jahrhunderts 2012. 299 S. mit 5 Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-09947-9 43. Susanne Rueß / Astrid Stölzle (Hg.) Das Tagebuch der jüdischen Kriegskrankenschwester Rosa Bendit,

1914 bis 1917 2012. 175 S. mit 6 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10124-0 Sabine Herrmann Giacomo Casanova und die Medizin des 18. Jahrhunderts 2012. 214 S. mit 8 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10175-2 45. Florian Mildenberger Medizinische Belehrung für das Bürgertum Medikale Kulturen in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ (1853–1944) 2012. 230 S. mit 11 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10232-2 46. Robert Jütte (Hg.) Medical Pluralism Past – Present – Future 2013. 205 S. mit 3 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10441-8 47. Annett Büttner Die konfessionelle Kriegskrankenpflege im 19. Jahrhundert 2013. 481 S. mit 22 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10462-3 48. Annika Hoffmann Arzneimittelkonsum und Geschlecht Eine historische Analyse zum 19. und 20. Jahrhundert 2014. XVI, 217 S. mit 11 Abb., 63 Graf. und 32 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10455-5 49. Astrid Stölzle Kriegskrankenpflege im Ersten Weltkrieg Das Pflegepersonal der freiwilligen Krankenpflege in den Etappen des Deutschen Kaiserreichs 2013. 227 S. mit 18 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10481-4 50. Martin Dinges (Hg.) Medical Pluralism and Homoeo­ pathy in India and Germany (1810–2010) A Comparison of Practices 44.

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2014. 250 S. mit 30 Abb. und 12 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10484-5 Alois Unterkircher Jungen und Männer als Patienten bei einem Südtiroler Landarzt (1860–1900) 2014. 392 S. mit 18 Abb., 29 Graf. und 41 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10612-2 Marion Baschin Ärztliche Praxis im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts Der Homöopath Dr. Friedrich Paul von Bönninghausen (1828–1910) 2014. 318 S. mit 5 Abb., 33 Graf. und 61 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10782-2 Anja Faber Pflegealltag im stationären Bereich zwischen 1880 und 1930 2015. 251 S. mit 2 Abb. und 40 Graf., kt. ISBN 978-3-515-10685-6 Sylvelyn Hähner-Rombach (Hg.) Geschichte der Prävention Akteure, Praktiken, Instrumente 2015. 256 S. mit 8 Abb., 8 Graf. und 3 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10998-7 Melanie Ruff Gesichter des Ersten Weltkrieges Alltag, Biografien und Selbstdarstellungen von gesichtsverletzten Soldaten 2015. 281 S. mit 44 Abb. und 3 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11058-7 Florian Mildenberger Verschobene Wirbel – verschwommene Traditionen Chiropraktik, Chirotherapie und Manuelle Medizin in Deutschland 2015. 344 S. mit 12 Abb., kt. ISBN 978-3-515-11151-5 Nicole Schweig Suizid und Männlichkeit Selbsttötungen von Männern auf See, in der Wehrmacht und im zivilen Bereich, 1893 – ca. 1986 2016. 126 S. mit 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11176-8 Martin Dinges / Andreas Weigl (Hg.) Gender-Specific Life Expectancy in Europe 1850–2010 2016. 217 S. mit 2 Abb., 63 Graf. und 25 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11258-1

59. Jenny Linek Gesundheitsvorsorge in der DDR zwischen Propaganda und Praxis 2016. 242 S. mit 7 Abb. und 3 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11281-9 60. Philipp Eisele Pluralismus in der Medizin aus der Patientenperspektive Briefe an eine Patientenorganisation für alternative Behandlungsmethoden (1992–2000) 2016. 497 S. mit 4 Abb., 43 Schaubildern und 34 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11255-0 61. Nina Grabe Die stationäre Versorgung alter Menschen in Niedersachsen 1945–1975 2016. 425 S. mit 13 Abb., 30 Graf. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11332-8 62. Susanne Kreutzer / Karen Nolte (Hg.) Deaconesses in Nursing Care International Transfer of a Female Model of Life and Work in the 19th and 20th Century 2016. 230 S. mit 6 Abb. und 9 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11355-7 63. Pierre Pfütsch Das Geschlecht des „präventiven Selbst“ Prävention und Gesundheitsförderung in der Bundesrepublik Deutschland aus geschlechterspezifischer Perspektive (1949–2010) 2017. 425 S. mit 24 s/w-Abb., 22 Farbabb. und 64 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11638-1 64. Gabrielle Robilliard Tending Mothers and the Fruits of the Womb The Work of the Midwife in the Early Modern German City 2017. 309 S. mit 10 s/w-Abb und 4 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11668-8 65. Kristina Lena Matron Offene Altenhilfe in Frankfurt am Main 1945 bis 1985 2017. 303 S. mit 25 s/w-Abb., kt. ISBN 978-3-515-11659-6 66. Sylvelyn Hähner-Rombach / Karen Nolte (Hg.) Patients and Social Practice of Psychiatric Nursing in the 19th and 20th Century 2017. 211 S. mit 7 Tab., kt.

ISBN 978-3-515-11716-6 67. Daniel Walther Medikale Kultur der homöopathischen Laienbewegung (1870 bis 2013) Vom kurativen zum präventiven Selbst? 2017. 360 S. mit 19 Diagr. und 4 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11883-5 69. Florian Mildenberger Laienheilwesen und Heilpraktikertum in Cisleithanien, Posen, Elsass-Lothringen und Luxemburg (ca. 1850 – ca. 2000) 2018. 282 S. mit 16 s/w-Abb., kt. ISBN 978-3-515-12195-8 70. Pierre Pfütsch (Hg.) Marketplace, Power, Prestige The Healthcare Professions’ Struggle for Recognition (19th–20th Century) 2019. 256 S. mit 4 s/w-Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12294-8 71. Michael Teut / Martin Dinges / Robert Jütte (Hg.) Religiöse Heiler im medizinischen Pluralismus in Deutschland 2019. 139 S. mit 2 s/w-Abb., kt. ISBN 978-3-515-12423-2 72. Kay Peter Jankrift Im Angesicht der „Pestilenz“ Seuchen in westfälischen und rheinischen Städten (1349–1600) 2020. 388 S. mit 15 Ktn., kt. ISBN 978-3-515-12353-2 73. Nina Grabe Die stationäre Versorgung älterer Displaced Persons und „heimatloser Ausländer“ in Westdeutschland (ca. 1950–1975) 2020. 237 S. mit 11 Abb., kt. ISBN 978-3-515-12557-4 74. Ylva Söderfeldt Krankheit verbindet Strategien und Strukturen deutscher Patientenvereine im 20. Jahrhundert 2020. 117 S. mit 12 s/w-Abb., kt. ISBN 978-3-515-12654-0 75. Markus Wahl (Hg.) Volkseigene Gesundheit Reflexionen zur Sozialgeschichte des Gesundheitswesens der DDR 2020. 211 S. mit 5 s/w-Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12671-7 76. Martin Dinges / Pierre Pfütsch (Hg.) Männlichkeiten in der Frühmoderne Körper, Gesundheit und Krankheit

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(1500–1850) 2020. 536 S. mit 15 s/w-Abb., 7 Farbabb. und 4 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12646-5 Sebastian Wenger Arzt – ein krank machender Beruf? Arbeitsbelastungen, Gesundheit und Krankheit von Ärztinnen und Ärzten im ausgehenden 19. und 20. Jahrhundert 2020. 219 S., kt. ISBN 978-3-515-12751-6 Carlos Watzka Seelenheil und Seelenleid Die Diätetik der Emotionen im früh­ neuzeitlichen Katholizismus in Bayern und Österreich 2021. 800 S. mit 54 s/w-Abb., 13 Farbabb. und 7 Tab., geb. ISBN 978-3-515-12806-3 Christoph Schwamm Wärter, Brüder, neue Männer Männliche Pflegekräfte in Deutschland ca. 1900–1980 2021. 160 S. mit 5 s/w-Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12790-5 Sebastian Knoll-Jung Vom Schlachtfeld der Arbeit Aspekte von Männlichkeit in Prävention, Ursachen und Folgenbewältigung von Arbeitsunfällen in Kaiserreich und Weimarer Republik 2021. 597 S. mit 16 s/w-Abb., 4 Grf. und 8 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12972-5 Marcel Chahrour Der Medizinische Orient Wien und die Begegnung der europäischen Medizin mit dem Osmanischen Reich (1800–1860) 2022. 402 S., kt. ISBN 978-3-515-13193-3 Nina Grabe Ein freiwilliger Lebensabend im Land der Täter Die stationäre Versorgung älterer Juden und „rassisch“ verfolgter Christen in Westdeutschland (ca. 1945–1975) 2022. 176 S. mit 3 s/w-Abb., kt. ISBN 978-3-515-12990-9

ISBN 978-3-515-13518-4

9 783515 135184

ISSN 0939-351X

inwieweit antike Denktraditionen für die Homöopathie konstitutiv waren. Waisse befasst sich mit dem Entstehen verschiedener Ansätze homöopathischer Theorie und Praxis, unter anderem von Samuel Hahnemann, James Kent und Anton Nebel. Melanie und Thilo Schlott setzen die begonnene Editionsarbeit von Patientenbriefen aus dem Bestand B des Homöopathie-Archivs fort. Ergänzend zu dem 2022 erschienenen Werk über „Biedermeierliche Krankheitsbewältigung“ legen sie die noch nicht bearbeiteten Briefe der Familie des Grafen Georg Friedrich von DürckheimMontmartin vor.

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Medizin, Gesellschaft und Geschichte Medizin, Gesellschaft und Geschichte

Dieser Band enthält Beiträge zur Geschichte der Homöopathie und beleuchtet diese aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Zunächst geht Nena Židov der Professionalisierung der Homöopathie in Slowenien nach. Mit pharmaziehistorischen Aspekten befassen sich Heike Gypser und Marion Baschin, indem sie sich mit der Entwicklung zweier Großhersteller homöopathischer Wirkstoffe und der historischen Rolle von homöopathischen Kriegstaschenapotheken auseinandersetzen. Josef M. Schmidt und Silvia Waisse widmen sich geistesgeschichtlichen und epistemologischen Fragestellungen. Schmidt untersucht,

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