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German Pages 72 [76] Year 1999
Erika Timm Matronymika
Erika Timm unter Mitarbeit von Gustav Adolf Beckmann
Matronymika im aschkenasischen Kulturbereich Ein Beitrag zur Mentalitäts- und Sozialgeschichte der europäischen Juden
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Timm, Erika: Matronymika im aschkenasischen Kulturbereich : ein Beitrag zur Mentalitäts- und Sozialgeschichte der europäischen Juden / Erika Timm. Unter Mitarb. von Gustav Adolf Beckmann. -Tübingen : Niemeyer, 1999. ISBN 3-484-10792-8 © Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. TUSTEP-Satz: Stefanie Roll Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Nadele Verlags- und Industriebuchbinderei, Nehren
Inhalt
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Einführung: Matronymika - Beinamen oder Familiennamen nach einer Mutter, Ehefrau oder Schwiegermutter
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Matronymika in der jiddischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts
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Forschungslage
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen für die Entstehung von Matronymika
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4.1 Matronymika in Bibel und Talmud, bei den Sefarden und im islamischen Kulturbereich . . . 17
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4.2 Matronymika im mittelalterlichen West- und Mitteleuropa
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4.3 Die Führungsposition der Stadt Prag
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4.4 Ost contra West: Aufblühen der Matronymika im Osten, Verkümmerung im Westen 4.4.1 Im Osten 4.4.2 Im Westen 4.4.3 Zwei Gegenproben
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Matronymika im Verkehr mit dem Jenseits
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5.1 Im alten Orient
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5.2 Im mittelalterlichen Europa
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5.3 Bei den Chassidim in Osteuropa
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Bibliographie
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Register
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Einführung: Matronymika - Beinamen oder Familiennamen nach einer Mutter, Ehefrau oder Schwiegermutter
In der Namenforschung nennt man Tatronymika' bekanntlich solche Namen, die ein Individuum dadurch charakterisieren, daß sie den Namen seines Vaters angeben. Patronymika im engeren Wortsinn sind in unserem Jahrhundert z.B. noch die russischen Mittelnamen, deren Gebrauch ja erst in den letzten Jahren zurückgeht: Pjetrovic und Pjetrovna sind wirklich Sohn und Tochter eines Pjotr. In der internationalen Forschung wird das Wort aber meist in einem weiteren Sinne verwendet, nämlich für Familiennamen, die aus Patronymika im engeren Wortsinn entstanden sind. Solche Patronymika machen bei fast allen Völkern einen beträchtlichen Teil aller Familiennamen aus, auch bei den Aschkenasen. In der Regel gab es also in den Familien Abramovic, Abramov, Abramski, Abramson, Abrahams, Abraham, Abeles, u.a.1 irgendwann einen namengebenden Abraham, Avrom, im täglichen Leben vielleicht auch Äbele, der das Schicksal hatte, daß in der Generation seiner Kinder der Vatersname zum Familiennamen immobilisiert wurde und seitdem erblich ist. Ersetzt man nun in diesen Sachverhalten die männlichen durch weibliche Namen, so haben wir die sogenannten 'Matro-' oder 'Metronymika'.2 Der Terminus ist zwar etwas zu eng, weil Männer manchmal auch durch den Namen der Ehefrau oder der 1
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Die Variantenreihe ließe sich (hier wie in vielen folgenden Fällen) beträchtlich verlängern, besonders wenn man rein lautliche oder gar orthographische Varianten hinzunähme. Wir verweisen ein für allemal auf die einschlägigen Artikel z.B. bei Beider 1993 passim, H. und E. Guggenheimer 1992 passim, auf den Index von Keßler 1935: 139ff. und auf die sonstigen in der Bibliographie genannten Referenzwerke. Um ein Mißverständnis schon im Titel unserer Arbeit zu vermeiden, haben wir uns entschlossen, die lateinisch-griechische Mischform (mit -a-), nicht die rein griechische Form (mit -e-) zu benutzen.
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Einführung
Schwiegermutter statt der Mutter charakterisiert wurden. Aber wenn der Name erblich wurde, war das ja schon in den nächsten Generationen uninteressant oder sogar unerkennbar. Und so subsumiert man meist alle drei Möglichkeiten unter den Begriff 'Matronymika'. In der Regel gab es also irgendwann z.B. in den Familien Rivkind, Rivkin, Rivkes, Rives, Rivin, Riveles, Rivlin, Rivman, Rwesman, Rivkovic, Riveson u.a.3 eine namengebende Frau Rivke ('Rebekka'), im täglichen Leben vielleicht auch Rive, Rivele. Matronymika sind bei den meisten Völkern relativ selten, so bei den Slaven4 und den Deutschen,5 hingegen bei den Asch3
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Vgl. Anm. l - Eine sehr kleine, nur in der Ukraine (und bisher erst im 20. Jh.) nachweisbare Nebengruppe matronymischer Familiennamen hat als Grundlage nicht einen weiblichen Erstnamen (= heutigen 'Vornamen'), sondern eine movierte Form des Namens oder der Berufsbezeichnung des Ehemannes: Senderichin 'Abkömmling (-in) der Senderiche (Senders Frau)', Sojfertis 'Abkömmling von (-s) der sojferte (Frau des Sofer)'; Priblude 1987: 33 = 1973: 167. Beider 1993: 39 nennt diese Gruppe, die im Gegensatz zu dem Gros der jiddischen Matronymika slavisch inspiriert ist (vgl. Unbegaun 1972: 22), andromatronymics. Wir behandeln sie im folgenden nicht weiter. Knapp, aber zutreffend Priblude 1987: 31 f. = 1973: 167. Sehr ausführlich Unbegaun (1972: 21 f. mit Verweisen), der sie aber bei den Slaven immer noch »a small group« nennt (überwiegend außereheliche Kinder), während er in seiner Besprechung der jiddischen Matronymika (op. cit. 342-344) von einer »unusually high proportion« spricht. Bach 1952: 231-234, 251-252, 1953: 203f.; Bahlow 1976 passim. Der Detailreichtum besonders der zehnseitigen Bahlowschen Darstellung darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich hier meist um seltene Namen handelt, ausgenommen höchstens die schlesische Gruppe auf -ler, -ner, -scher. Exemplarisch sind Bahlows Schlußworte: »[...] was für neckische Tarngebilde der landschaftliche Formenreichtum hervorgebracht hat, wenn wir an Hebbel und Vernaleken, an Leifhart und Lauckhardt, an Köngeter und Eidenbenz, an Eitner, Grüttner, Hielscher usw. denken.« Bach (1951: 233) ist sogar überzeugt, daß eine allgemeine Tendenz dahin ging, mit der Zeit durch diese oder jene Umbildungen den Matronymika ihre Erkennbarkeit zu nehmen. Für den durchschnittlichen heutigen Deutschen sind diese Namen unanalysierbar, geschweige denn daß sie ihm als Kategorie faßbar würden. Auch Bahlow stellt soziale Prominenz der Mutter (manchmal der Ehefrau) als Hauptursache heraus, zeigt aber, daß man zumindest gelegentlich auch mit nur scheinbaren Matronymika zu rechnen hat, nämlich mit bäuerlicher Hörigkeit (Cuoni fron Heil-
Einführung
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kenasen überraschend häufig.6 Alexander Beider hat 1993 an einer erdrückenden Materialfülle gezeigt, daß Anfang des 20. Jahrhunderts im russischen Reich von allen Familiennamen der Aschkenasen etwa 15% Patronymika und immerhin über 7% Matronymika waren.7 Letzteres ist ein überraschendes Ergebnis besonders, wenn man bedenkt, daß die jüdische Kultur ja der Welt sogar den Begriff der Patriarchen und des Patriarchalischen gegeben hat und daß die Namenpraxis der Bibel und bis heute die der Synagoge, nämlich die ojfrufnemen, streng patronymisch im engeren Wortsinn sind.
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wige), persönlicher Heiligenverehrung (Wilhelmus de sancta Druda = St. Gertrud, Hs m. d. leyven Marien} oder Heiligennamen als Ortsnamen (»Katbreiner, soweit nicht zum Ortsnamen St. Kathrein«) (1976: 3, 8, 9, 11). - Relativ ergiebig an Matronymika ist in Europa Frankreich (Dauzat 1977: 218-223) und dort speziell die Normandie, wo - auch nach dem Urteil einheimischer Spezialisten - uneheliche Kinder sehr häufig matronymisch benannt wurden und die öffentliche Meinung schon seit langem gegenüber ledigen Müttern tolerant ist (Lechanteur 1947 passim); selten sind Matronymika hingegen im Elsaß, inexistent auf Korsika und im Baskenland (Dauzat op.cit. 220f.). Das sieht man am schnellsten vielleicht an dem folgenden Vergleich (zu dem uns ein Passus bei Kerler 1995: 333 inspiriert hat). Während von allen deutschen Namen, die Bahlow als Matronymika herausgearbeitet hat (Anm. 5), unseres Erachtens nur Eyth, Hebbel, Laukhard und vielleicht Vernaleken in eine deutsche Literaturgeschichte eingehen könnten, sind im Index von Lipzins einbändiger jiddischer Literaturgeschichte (1985) zumindest die folgenden Familiennamen ihrem Ursprung nach Matronymika: Bashevis, Basman, Bassin, Brainin, Dinezon, Dobrushin, Frumkin (2), (Glants-)Leyeles, Glikovsky, Goldovsky, Libin, Malkin, Margoshes, Meitlis, Radkinson, Raizman, Rives, Rivkin, Rocbman, Shprinzak, Slaves, Syrkin, Tsanin, Zeitlin (3), Zeldin, Zipper. (Wir lassen einige Zweifelsfälle beiseite.) Beider 1993: 16, Tafel 2.1.
Matronymika in der jiddischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts
Nun wurden im Zarenreich unver nderliche Familiennamen den Juden zwar 1804 vom Staat zur Pflicht gemacht und gerade deshalb als Kategorie nur sehr langsam popul r, aber sie wurden keineswegs von nichtj dischen Beh rden im einzelnen gepr gt. Deshalb k nnen wir in der jiddischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts noch erst die Patro- und Matronymika im engeren Sinne, dann ihre Immobilisierung zu Familiennamen unmittelbar beobachten. Selbst f r die Matronymika kann das eigentlich auch dem heutigen Leser der drei Klassiker nicht entgehen - allerdings sind diese Namen infolge lautlicher Ver nderungen, zum Beispiel durch Diminutiv- oder Koseformen, l ngst nicht immer auf Anhieb als Matronymika zu erkennen. Es kann dem Leser aber auch nicht entgehen, da solche Namen h ufig schon von vornherein ein bestimmtes Licht auf ihre Tr ger oder deren Familienverh ltnisse werfen. Greifen wir einige Beispiele heraus! Da gibt es bei Mendele im »Wintschfingerl« einen ΟοϋοΧΗ3~5ϊ!ί1ν'ι7 Lejhze-Temzes^ nach einer Temze (Koseform zu Tamare 'Tamara') und einen ]VS"p ΟΓΓ32ί Ben-Zien Zivjes2 nach einer Zivje ('Zivja');3 in der »Kljatsche« einen US^St p VxitlP Jisroel hen Zipe* Sohn der Witwe Zipe (zu Zipojre 'Zippora'), und einen ΟϋΦϋΠ~1701'' Josl-Dintsches5 nach einer Dintsche (zu Dine 'Dina'); in »Schlojme reh Chajims« einen OyV^j? "70Χ"1Χ7Π Herzet Kejles6 nach einer Kejle 1
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Mendele Mojcher Sforim, Geklihene werk, IV 127. ibd. IV 47. So hei t in 2 K 12.2 die Mutter des Joasch. Mendele, Geklibene werk, II 19 u. . ibd. II 146. Mendele Mojcher Sforim, Ale werk, II 80.
Matronymika in der jiddischen Literatur
(das ist bei den Aschkenasen ein schon mittelalterlicher Name wahrscheinlich germanischer Herkunft).7 hnlich ist bei Perez ein OSTSnin Visn Berl Chanzjes der Sohn der Marktfrau Chanzje (zu Π1Π Chane 'Hanna'), und des Nichtstuers Schmerl. Berl reflektiert:8
isn .nvnxnxD nsn IUTUH ,y»xa ·π BT·! ,νοχϋ ]ro Visn" pTiyi -px ^XTI ,f? :i ">in tzri / 'H tte nicht meine Mutter, sondern mein Vater, der M igg nger, die Familie ern hrt, dann w rde ich Berl Schmerls hei en'.
Weiter finden wir bei Perez einen 0!TO3T |ΊΓΓΚ Arn Dvosches? in einer anderen Erz hlung einen ntzm *?0>Γ Josl Dvosches,™ beide nach einer Dvosche (zu Dvojre 'Debora'); einen ""Π1Τ'"Ον>Π oVoU1·!! Chajem-Jojne-Witelsn nach einer Witl (der Name ist unklarer Herkunft),12 einen Ο^ρ^Π-ΊΤ^Χ 'l Reh Elieser-Chajkels™ nach einer Chajke (zu ΓΓΠ Chaje 'lebendiges Wesen'); einen ttWB *?Όφ Josl Pescbes14 nach einer Pesche, deren Namen man entweder an Moses' Ziehmutter Batja^ oder an Bat-$eva anzuschlie en hat. Und bei Scholem Alejchem finden wir kurz erw hnt einen O ltfip ΟΧΊΚ. Arze Basches™ nach einer Basche, f r deren Namen dasselbe gilt wie f r Pesche.17 7
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Beider 1993 s.v. Geli nach Salfeld 1898: 395. Das N rnberger Martyrologium nennt vier Kela (seit 1298), f nf Geila (seit 1287). Jizchok Lejbusch Perez, Der meschugener bauen, in: Ale werk, II 19. Nischt gut, ibd. III 164. A kapitl tilim, ibd. V 172. An opkumenisch, ibd. V 93. Max Weinreich (1973: 2.303f. = 1980: 641) bleibt bei seiner Etymologie (< j disch-romanisch Vita) zumindest den Nachweis schuldig, da Vita Frauenname sein konnte. Die Gleichsetzung mit Victoria (Mendele, Masoess Binjomin ha-schlischi [Geklibene werk, II 206ff.] »ΕΡΠ U ia 'Tante Vite' = Queen Victoria) ist wohl erst im Krimkrieg zustande gekommen. Fir Dojress -fir zwoess, ibd. III 175. Jojchenen melameds majs'elech, ibd. IV 57. Die Massoreten (l Ch 4.18) vokalisieren zwar ΓΓΠ3, aber schon Leviticus Rabba deutet das als PPTQ. Scholem Alejchem, Ajsnhan-geschichtes, in: Ale werk, X 73. Solcher Gebrauch von Matronymika im engeren Wortsinn findet sich gelegentlich auch in der deutschsprachig-j dischen Literatur des sp -
Matronymika in der jiddischen Literatur Getrennt davon halten sollte man aus Gründen, auf die wir noch eingehen werden, diejenigen Fälle bei Perez, in denen die matronymische Benennung nicht den Alltagsgebrauch repräsentiert, sondern in chassidischem Milieu bei religiösen Anlässen, insbesondere beim Verkehr mit dem Jenseits, benutzt wird. Im chassidischen Familiendrama »Di goldene kejt« betet Reh Mojsche:n OD^D nXD , f?» ,"VK ">XB Tx ?3 " 1 ? ,")S7B3XÜ (Tür meine Tochter bete ich, für Mirjams Tochter Lea'.) Und in der Geschichte von »Reh Jojchenen Gabe« schreibt dieser sich im Traum in das himmlische Buch der Gottgefälligen ein als mttT'p )1 "pX ('ich, Jochanan, Sohn der Sara'), eine andere Seele schreibt sich ein als ' "7*103 *f X ('ich, Berl, 19 Sohn der Judith'). Hingegen gilt als weltfremd im negativen oder positiven Sinne schon bei allen drei Klassikern,20 wer nicht nach seiner Mutter,
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teren 19. Jahrhunderts, wo diese an östlichen Schauplätzen spielt. Eduard Kulke (geb. 1831 in Nikolsburg in Mähren), Geschichten aus dem jüdischen Volksleben, S. 69 ('Der Kunstenmacher'): »Hindele Gelle's [...] - so genannt, weil ihre Mutter Gelle hieß -« (so wurde sie im Cheder genannt, doch 'jetzt' ist sie schon eine alte Frau). KarlEmil Franzos (geb. 1848 in Czortkow an der ukrainisch-galizischen Grenze), Halb-Asien III (= Vom Don zur Donau I), S. 89 ('Markttag in Barnow'): ein reichgewordener Pächter, offiziell Arthur Abeles (patronymisch!), beim Volk noch Aren Roseies (»Das heißt zu deutsch: [...] Aaron der Sohn der Rosel«, also matronymisch); op.cit. S. 164 ('Die Gezwungenen'): ein Naftali Feigeies, weil seine Mutter Feige geheißen hat. Ders., Der Pojaz (beendet 1893, Druck posthum 1905), S. 12: »In Barnow jedoch ward er nie anders genannt als 'Sender der Pojaz' oder noch häufiger 'Roseies Pojaz'. Denn die Rosele Kurländer [...] hatte ihn aufgezogen.« (Sie war aber nur seine Pflegemutter.) - In der neuhebräischen Literatur läßt Saul Tchernichowsky im dritten (letzten) Teil seiner Vers-Idylle Brit Mila (kurz vor 1910) den jungen Schmerl im Scherz den biblischen Satz: 'Und der Engel des Herrn rief Abraham abermals' (rvj#, in aschkenasischer Aussprache Isejnis/, Gn22.15) so 'mißverstehen', als heiße der Patriarch A-vrom Schejnis (= Sohn der Schejne). Deutsche Übersetzung nach Max Elk bei Thieberger-Rabin 1985: 452. Perez, Ale Werk, VI 174. ibd. V 312. Im negativen Sinn auch schon bei Eisik Meir Dick; vgl. Roskes 1993: 27, 34 (zitiert bei Kerler 1995: 335f.).
Matronymika in der jiddischen Literatur
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sondern nach seiner Frau benannt wird, so in Mendeles »Fischke der krumer« der ΟΜΓ?ΊΒ~ΓΡΠ Χ1Π~ΟΤΤ Chajim-Chone ChajeTrAJnes2* dessen Frau also wie er selbst einen Doppelnamen tr gt (wobei Trajne schon im Mittelalter aus Caterine entlehnt ist);22 ebenso bei Perez der S?1T"Q Vll D Mendl Brajnes2y (wobei Brajne urspr nglich Brojne 'die Braune' hei t)24 und THD^DTT ΟΠρΤΓΤΓΜ Chajim-Borech $ore-Rivkes.25 Scholem Alejchem schlie lich sagt von seinem ΟΠΠ110 *?K.j7Tn Chaskl Menuches:26
isn -isnx t^rix π ηΒ oi^x rx ,]s;ax] oa?n px ]xa asrt DII »a rx .ηχ-ι-ΟΗϋχ·1 -isnuxi χ rx nrn OXT ">*nx .wnxnw crnxi χ rx 'Wenn ein Mann nach seiner Frau benannt wird, ist er entweder eine vollst ndige Null, oder die Frau ist ein Drachen.'
Und wie leicht ein Mann zu seinem Namen kommen kann, erf hrt man explizit in einer Erz hlung von Berdyczewski: Als Berl noch Wassertr ger war, nannte man ihn schlicht Berzi; als er aber seine zweite Frau Tojbe geheiratet hatte, eine Frau mit Verstand und F hrungsgabe, die ihn nicht ruhen lie , bis er von seinem Platz in den hintersten Reihen des Bethauses ganz nach vorn vorger ckt war, hie er auf einmal ΟΧΠΊϋ *7"W3 Berl Tojhes.27 Nicht der Erz hler, wohl aber der Soziologe kann diese beiden F lle zu einem zusammenfassen: die soziale Pers nlichkeit der Frau - der Mutter oder der Ehefrau - mu eindrucksvoller sein als die des Mannes. Eine weitere Steigerung ist dann die Benennung nach der Schwiegermutter, und zur Kom die wird 21 22
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Mendele, Geklihene werk, III 57 u. . Salfeld 1898: 415f. (und 424): Χ}·ΠΙ? Worms 1349 (aus Frankreich), dieselbe Schreibung in Bray-sur-Seine belegt, 1326/27 G rlitzer J din Katharine, 1447 N rnberger J din Treyn. Perez, Ale werk, II 87ff. ber die R ckwirkung des Umlauts aus dem Diminutivum in den Basisnamen (Brajndl > Brajne) vgl. M. Weinreich 1980: 403, weitere Beispiele 635. Dem Rebns zibik, ibd. IV 36f. Majsessfun tojsnt ejn nacht, in: Scholem Alejchem, Ale werk, XI 365, 366. Micha Josef Berdyczewski, Wos es treft sich, in: Jidische kssovim [geschrieben zwischen 1902 und 1906], S. 163 f.
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Matronymika in der jiddischen Literatur
die Sache, wenn nach der Schwiegermutter wie nach einem ruhenden Pol alle Familienmitglieder benannt werden. Das ist im »Tevje der milchiker« das Schicksal des Menachem Mendel; er selbst sagt:28
crn am ira ]ix .αϋτ-χ jx o-Ogm-m ttnsm—p-a ra jya oon [...] f a [···! trogm-mt1?1 onon—p-a „trvnsnrK T·» )»» DII ητχ .o-Ottm-rjtt ? unsm—yna 'Ich bin ein Schwiegersohn von Boruch-Hersch Leje-Dwosjes, und meine Frau hei t Schejne-Schejndl Boruch-Hersch Leje-Dwosjes. [ . . . ] Ich hei e Menachem-Mendel Boruch-Hersch Leje-Dwosjes. So nennt man mich zu Hause in Kassrilewke.' Und Tevje erl utert das sp ter so:29
"ixi ,οχη oo^n »pnsfrnro fx »o^msn fx D^X p>a oon [...] ' l fit» rx "isnw ρτ [...] o»oynr-/Tifi' 7sn3»a"DniJo .paxi oisHnw ]rr ηχ «η»π-"ΐΐ"α ,]»ηχι ·ν« ηχ Τ-ΊΧ ΐΰ ϋο^π ,ΊΓ isJtJiijtsxa χ 'Kurzum, man nennt ihn zu Hause, das hei t in Kassrilewke, nach seiner Schwiegermutter: Menachem-Mendel Leje-Dwosjes [...] sein Schwiegervater ist ein alter Mann und hei t ebenfalls nach seiner Frau: Boruch-Hersch Leje-Dwosjes.' Benennung nach der eigenen Frau konnte brigens noch um 1900 durchaus Realit t sein. Israel Josua Singer, geb. 1894, berichtet in seinem autobiographischen Werk »Fun a welt wos is nischto mer« von seinem ersten Privatlehrer Reh Berischl Hin-
.snrn »am irr 710 Ρ>»$ι P"*»* pns» T·· oxn xn pa oxn ,nxn po r» arvi Π*τ OXTI .*i»Bisn isni»i r« ΟΧΊ tx ,]ττ ")»»a -pr ]» ooixnsn tzrnxi xn ^crn a .1» BH ,fn»a»i~nons H . TOW oxn snrn oxn .πχ-ιρ-ϋ··^ 'Schon da er unter dem Namen seiner Frau bekannt war, l t vermuten, da sie den Lebensunterhalt verdiente, nicht er. Berischl hatte berhaupt keinen Einblick in den Kurzwarenhandel, den Hinde betrieb.'
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ibd. III 219f. ibd. III 230. New York 1946, 160.
Matronymika in der jiddischen Literatur
Bei bestimmten Gelegenheiten benutzen aber auch die Klassiker Matronymika schon als Familiennamen im heutigen Sinne. In Mendeles »Wintschfingerl« sind Herr "73 "1 Rochlin (zu Rochl 'Rahel') und Herr pplVI Riwkin sehr sympathisch gezeichnet, aber ausdrücklich tOüfT ÜT^psn , » ÖB^XIM Ü"ö 'den Bart rasiert und nach deutscher Mode gekleidet',31 Akzise-Angestellter der eine und Seminarist der andere, kurzum der weltliche und der geistliche Maskil, und zur Aufklärung gehört offenbar die Anerkennung des Familiennamens. In Scholem Alejchems Briefroman »Menachem Mendel« ist Chinkes, dessen Name von Chinke (zu 'die Graziöse') abgeleitet ist, ein Spekulant, und Modernität soll hier wohl auch eine gewisse Entfremdung einschließen.32 Vollständig gesiegt haben die erblichen Familiennamen dann, allerdings unter Neureichen, in dem Briefroman »Marienbad« von 1911, und zwar gleichzeitig mit gewissen Russifizierungstendenzen. So heißt denn der junge Herzensbrecher aus Odessa bzw. Warschau, der ein jiddischrussisches Kauderwelsch redet, nicht Mejerl Mireles oder ähnlich, sondern jrWÜDinKö 'jT'Xn Mejerl Ma amtschik™ offiziell sogar ftPüasnitö ttfüvnXTTI»n pnxa Mark Davidowitsch Marjamtscbik.^ Die späteren Erzähler, von Scholem Asch bis zur Gegenwart, benutzen natürlich hier und da noch Matronymika im engeren Sinn, wenn sie von einem osteuropäischen Schtetl erzählen. So heißt in einer Erzählung Mojsche Kulbaks ein junger Mann SipO^T Oyp3$n~mn Siske Chane-Dobkes; die Mutter hatte also den Doppelnamen Chane + Dobke (zu Dobe = Dobre, 'die Gute', slavisch-komponentiges Pendant zu Gite). In derselben Erzählung wird eine Lebensmittelhändlerin DypTQT 71 Chane Dvorkes erwähnt.35 Bei Isaac Bashevis Singer gibt es in der Erzählung »Mendl bagreber« einen ÖL717v'p>~mi5T ÖTS Pinje Dvojre-Kejles?b in »Der schpigl« die Protagonistin "7* 31 32
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Mendele Mojcher Sforim, Geklibene werk, IV 280ff. Scholem Alejchem, Ale werk, III 63. ibd. XI 142 u. ö. ibd. XI 158 u. ö. Munje der fojgl-hendler un Malkele sajn wajb, gedruckt in der Anthologie A schpigl ojf a schtejn, S. 563 bzw. 561. In: Der schpigl un andere derzejlungen, S. 113.
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Matronymika in der jiddischen Literatur
'Zirl, Tochter der Rojse Glike'?7 ferner in »Two« einen Ezriel Dvoraks.™ Insbesondere herrscht matronymische Ausdrucksweise weiterhin in der Darstellung chassidischer Riten. In An-Skis »Dybbuk« finden wir 1 7 p TJJÖ Sender ben Henje (zu Chane)?* D'npm p1»! Nun Rivkes,4° auch npai p p··! Nisn ben Rivke·^ ferner den wundertätigen Rebben p "7 Asriel ben 42 Hodes (wobei Hadas ja in der Bibel Esthers ursprünglicher Name ist). Charakteristischerweise bezeichnet sich der Rebbe aber außerhalb des matronymischen Verkehrs mit der Geisterwelt durchaus mit patronymischem Stolz als Sohn des großen Zaddik liT^XBXT·» yVöWX '") R. Itschele Miropoljer.4* Ganz ähnlich dann in der din-tojre-Weh von Israel Josua Singers »Yoshe Kalb«: Kanah, son of Henye Peshe44 Israel Avigdor, son of Feige Leah45 (wo Fejge < Fejgele, Fojgl letztlich deutschkomponentige Nachbildung von Zippora ist) sowie Malcah, daughter of Shifrah.46 Und schließlich wird auch in Bashevis Singers »Majsess in a winternacht« die tote *p5 ~)S7ÜD$ü H »ÜD^X ^nrö^öV^D Zipe, di tochter fun Bejle-Mindl47 vor ein din-tojre zitiert, nur ist die Geschichte eine Parodie. Von solchen Fällen abgesehen, werden, wie gesagt, von der ersten nachklassischen Autoren-Generation ab bis heute die alten Matronymika durchaus als Familiennamen verwandt, so etwa Vater und Sohn Mirkin bei Scholem Asch48 (zu Mirke 37
ibd. S. 5.
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In: Old Love, S. 37. - Die Werke Bashevis Singers sind nur zu einem Teil in der Originalsprache in Buchform erreichbar. Wo das nicht der Fall ist, zitieren wir die autorisierten englischen Ausgaben und respektieren die Orthographie der Eigennamen. An-Ski, Gesamelte Schriften, II 88 u.ö. ibd. II 81 u.ö. ibd. II 86 u.ö. ibd. II 77. ibd. II 86. New York 1965, S. 238. ibd. S. 234 ibd. S. 114. In: Der schpigl un andere derzejlungen, S. 228. In der Roman-Trilogie Farn mabl ('Vor der Sintflut'), Peterburg,
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Matronymika in der jiddischen Literatur
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< Mire < Mirjam), die Witwe Ö^IXJS Perlis bei Bergeisen49 (zu Perel), der Dushkin bei Israel Josua Singer50 (zu Duschke < Dusche, slavischer Herkunft, 'Seele'). Ein Autor bedient sich solcher Namen deutlich überproportional, Bashevis Singer: üVsniya P^D Mendele Bejlik,51 Leib Belkes52 (beide zu Bejle < romanisch nV-a Bela}, Reitze Breindels,^ Ethel Brokeles^ (zu Bräche, wo Ikl statt Ixl offensichtlich Anglizismus ist), ein Chajkin,55 Mark Meitels* fpns» $3 Boris Merkin,57 ein Mirkin,™ Max Peshkin,59 Nathan Pesheles,60 Beruh und Alexander Zipkin,61 Mira Royskez,62 Esther Royskes,6* Benjamin Rashkes,6* Morris Rashkas,65 David und Sonya Sorkess.k(> Und Bashevis Singer weiß, was er tut; denn er läßt Mr. Pesheles sagen: »We probably had a grandmother named Peshe or Peshele.«67 Bashevis' glanzvollstes Matronymikon ist natürlich sein eigener Autorname. Von seiner Mutter snitf'FQ Bascheve erzählt er ja viel in seinem Buch »Majn tatns besdn-schtub«.6* Doch ist er nicht der einzige, der seinen Autornamen in dieser Richtung wählte. Der Dybbuk-Autor Samuel Rapaport soll sich An-Ski
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S. 59ff. und passim, Warsche, S. 64ff. und passim, Moskwe, S. 21 ff. und passim. In a fargrebter scbtot, S. 8. Steel and Iron, S. 230. Der kunznmacher fun Lublin, S. 57. Passions, in: Collected Stories, S. 485. Not for the Sabbath, in: Old Love, S. 169. Old Love, in: Collected Stones, S. 426 u. ö. The Enemy, in: The Image and other Stories, S. 91 u. ö. The Witch, in: Passions and Other Stories, S. 104 u.ö. Di kafeterje, in: Majsess fun hintern ojwn, S. 47. The Estate, S. 8 u.ö. Property, in: A Crown of Feathers and other Stories, S. 80. Enemies, A Love Story, S. 217 u.ö. The Manor, S. 290 u.ö., The Estate, S. l u.ö. The New Year Party, in: Collected Stories, S. 167. Escape from Civilization, in: Collected Stories, S. 576 u. ö. Remnants, in: The Image and other Stories, S. 103. The Manuscript, in: Collected Stories, S. 525. The Manor, S. 180 u.ö., The Estate, S. 6 u.ö. Enemies ..., S. 221. Tel-Aviv 1979, passim, speziell z.B. S. 147.
12
Matronymika in der jiddischen Literatur
nach seiner Mutter genannt haben, wobei freilich Anna statt Chane ziemlich un-dybbukisch klingt. Bei anderen schließlich, die auch ein Matronymikon wählten, können wir nur vermuten, nicht beweisen, daß es zu dem realen Vornamen der Mutter paßt. So wurde Arn Leyeles zum Schriftstellernamen für Arn Glanz, Boruch Rivkin für Boruch Weinryb, Zalmen Libin für Zalmen Hurwitz. Ähnlich übrigens in der neuhebräischen Literatur: Uri Nissan Gnessin schrieb kritische Essays unter dem Namen Uri Esthersohn, Yokheved Zhelezniak wurde zu Yokheved Bat-Miriam, Michel Levi Frumkin zu Rodkinson (Rode ist slavischer Herkunft), Yosef Aharonovitch schrieb manchmal als Ben-Sarah. Und selbst daß ein Abram Moseevitch Joffe zu dem Sowjetphilosophen Dehorin wurde, wird man nicht anders deuten können.69
69
Siehe jeweils die einschlägigen Artikel der EJ.
3
Forschungslage
Das bisher Gesagte dürfte reichlich gezeigt haben, wie interessant die aschkenasischen Matronymika sowohl mentalitäts- als auch sozialhistorisch sind. Anscheinend der erste, der rund zwanzig Matronymika auf -es als Typ erkannte, war Moritz Steinschneider im BodleianaKatalog 1852-60.l Als sozialhistorisches Problem hingegen kennzeichnete die Matronymika wohl zuerst Joseph Jacobs 1893, wenn auch nur in ganzen 11 Zeilen, und nicht mit Bezug auf die Aschkenasen, sondern auf die englischen Juden des 12. Jahrhunderts — dort also auf die matronymischen Angaben im engeren Sinne, vom Typ Abraham fU Bone.2 1910 wies J. H- Taviov wieder hin auf die aschkenasischen Matronymika mit der Endung -es und nannte dazu einige polnische Rabbiner des 16./17. Jahrhunderts.3 1926 hat dann Heinrich Flesch knapp hundert aschkenasische matronymische Familiennamen hauptsächlich aus Tschechien gesammelt, 1929 Smuel Waisnberg etwa ebenso viele aus der Ukraine.4 Hätte Waisnberg Fleschs Artikel gekannt, so hätte er erstmalig einen regionalen Unterschied bemerken können: in Tschechien gehen 75% der Namen auf -(e)s aus, keine auf -in, 20% sind endungslos; in der Ukraine hingegen gehen nur 30% auf -(e)s aus, 60% auf -in, keine sind endungslos. Seit dem Zweiten Weltkrieg berücksichtigen natürlich die zusammenhän' Am klarsten unter Nr. 7990 bei Gelegenheit des Namens Muskateis. 1893: 371. 3 Taviov 1910 in Taviov 1923: 326, zitiert nach Kerler 1995: 336. 4 Etwa sechzig, aber nur solche aus der hebräischen Komponente, findet man auch bei Rabinovitch (1926-27: zugänglich über das Register 6.350-352); informativ auch - mit etwa 50 Beispielen (darunter allerdings einigen fraglichen) - der einschlägige Abschnitt von Heinrich Löwe im Artikel Namen der Juden des Jüdischen Lexikons (1930). 2
14
Forschungslage
genden Darstellungen der jüdischen Familiennamenwelt unter vielem anderen auch die Matronymika, äußern sich jedoch so gut wie gar nicht zur regionalen Verteilung, so etwa M. H. Esel (hebräisch 1967), Avrom Priblude in »Sowetisch Hejmland« seit 1968 und in Buchform (1987),5 Benzion Kaganoff (englisch 1977) und das Wörterbuch von H. und E. Guggenheimer (1992); niemand vergleicht z.B. Fleschs und Waisnbergs Listen. Die Fachlinguisten haben sich wie anderwärts so auch hier erst spät für namenkundliche Themen interessiert. Immerhin widmeten Mose Altbauer 1958 und Dov Ber Kerler 1995 jeweils den größeren Teil eines Artikels den Matronymika: Altbauer beschreibt die Namen auf -es aus seiner um 1900 zum Habsburgerreich gehörigen ostgalizischen Heimat, weiß aber, daß weiter östlich im russischen Reich die Namen auf -in herrschten. Von der gelegentlichen Benennung nach der aktiveren Ehefrau abgesehen, scheint ihm der chassidische Hintergrund der Erscheinung evident; ihre unerforschten weiteren Vorstufen interessieren ihn nicht besonders. Kerler vermutet, daß der Typ Gitlin zunächst als Gitlins bloßes Allomorph von Gitlis war und erst sekundär mit der funktional ähnlichen slavischen Endung -in in Zusammenhang gebracht wurde. David Gold hat in der Haifaer »Jewish Language Review« besonders 1986 und 1987 zu Matronymika Stellung genommen6 und 1988 seine langjährige onomastische Erfahrung in das europäische Familiennamen-Handbuch von Hank und Hodges eingebracht. Der stärkste Impuls des letzten Jahrzehnts aber ist nochmals von einem Nichtlinguisten ausgegangen: seit den späten achtziger Jahren hat der damals noch Moskauer Computer-Software-Spezialist Alexander Beider lange Namenlisten aus sonst längst vergessenen amtlichen und halbamtlichen regionalen Publikationen des russischen Reiches von Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem 650-seitigen Wörterbuch jüdischer Familiennamen verarbeitet, das dann 1993 in Amerika erschien. Der Variantenreich5
6
Bemerkenswert gut auch der Abschnitt über jiddische Matronymika innerhalb der großen slavistischen Darstellung von Unbegaun (1972: 342-344). Z.B. 6 (1986) 66, 7 (1987) 153f., 161f., 175, 176.
Forschungslage
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turn, die präzise Lokalisierbarkeit in einem dialektologisch noch intakten jiddischen Sprachgebiet und die Abwesenheit anglisierender oder hebraisierender Tendenzen verleihen den Materialien eine bis dahin unbekannte Qualität. Fünf Seiten der Einleitung differenzieren die Matronymika nach ihren Bildungstypen und deren regionaler Verteilung. Als Extremwert kommt dort z.B. heraus, daß in Mstislavl' im östlichen Weißrußland nicht weniger als 39% aller jüdischen Familiennamen Matronymika waren, fast alle auf -in; Beider schließt zweifellos zu Recht, daß die KahalVerwaltung bei der Namenwahl mitwirkte. 7 Im Korpus des Buches findet man dann unter vielem anderen zu jedem der etwa 100 jiddischen weiblichen Vornamen einen Sammelartikel mit allen ihren matronymischen Reflexen.8 Die Zahl der eindeutig matronymischen Familiennamen beträgt auf diese Weise viele Hunderte, die Zahl der Vorkommensfälle etliche Tausende. Sehen wir von Steinschneiders, Jacobs' und Taviovs knappen Bemerkungen ab, so entnehmen alle Genannten ihre Haupt-
7 8
Beider 1993: 35-39, vgl. auch 16. Es geht essentiell um die Artikel Agnesin, Alte, Bäbe, Bashev, Bejl', Besel', Binin, Blyumin, Bodanin, Bones, Brojnis, Erokhin, Charna, Dajkhes, Dinin, Dobrin, Drazne, Drejzin, Dul'tsin, Dunie, Dvojrin, Egudes, Ejdel', Ejgel', Ejrush, Elin, Entel', Ester, Fialka, Finkel', Fojgel', Frejd, Frumin, Gadasa, Gail, Galis, Geli, Ginde, Ginendelis, Glikin, Golda, Grunin, Gutin, Jokbved, Kenin, Khain, Khanin, Khavin, Khejnis, Khvoles, Kresil, Krojn, Kunin, Lane, Lein, Liba, Linkind, Lyuba, Makhlin, Malka, Margolis/Margolitts, Mejt, Menukhin, Minin, Mirimov, Mushkat, Natin, Nekhamin, Ogttshevich, Osnas, Perel', Priva, Rajkbe, Rajtsin, Rejnin, Rivkin, Roda, Rojza, Rokheles, Rukhames, Shejnin, Shifre, Shprints, Shulich, Sbushan, Sima, Slava, Sofkin, Sojbel', Sonn, Tamara, Taube, Tiles, Tirtses, Trajne, Tsejtel', Tsinis, Tsiporin, Tsive, Tsvitkis, Velikin, Vite, Yakhnin, Zel'din, Zlatin, Zusin. Warum Beider für jeden Vornamen gerade diese Namensformen zum Lemma eines Sammelartikels machte, ist oft nicht ersichtlich; doch finden sich von allen belegten Namensformen aus Verweise auf den jeweiligen Sammelartikel. - Mit Berufung auf Beiders Materialfülle verzichten wir (anders als seit 70 Jahren die meisten unserer Vorgänger) auf eine eigene Liste. Doch sollte klar sein, daß 1) Matronymika von jedem Frauennamen gebildet werden konnten und 2) die Wahl der Endung nicht von dem Frauennamen selbst abhängt.
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ForschungsUge
materialien dem 19. und 20. Jahrhundert. Selbst bei Altbauer und Kerler ist der Ausflug zurück bis gegen 1600 ein äußerst kursorischer und bestätigt nur, daß bereits damals die matronymische Verwendung der jiddischen Genitive auf -es beliebt war - wie man es im wesentlichen seit Steinschneider weiß. Kerler betont denn auch, daß die Ursache des ganzen Gebrauchs eigentlich noch ungeklärt sei.9
Alexander Beider hat inzwischen (1994, 1996) zwei weitere Arbeiten zur jüdischen Onomastik veröffentlicht, diesmal über Prag und über das Königreich Polen, d.h. den bis zum Ersten Weltkrieg russisch beherrschten Kernteil des heutigen Polen. Erstere, eine 46seitige Schrift, war uns zunächst entgangen; unsere unten S. 28ff. und 44ff. folgenden Listen aus den Primärquellen Hock 1892 und Freudenthal 1928 sind also unabhängig von Beider erarbeitet und anders als seine Matronymikaliste (1994: 26ff.) organisiert. Das SOOseitige Buch über Polen konnten wir nach Fertigstellung der vorliegenden Arbeit noch vergleichen; es ist abermals ein kapitaler Beitrag zur jüdischen Onomastik, bringt aber zum Thema Matronymika fast nichts Neues.
9
Kerler 1995: 335.
Die familiensoziologischen Voraussetzungen für die Entstehung von Matronymika
Das Problem steht also im Raum als namenkundliches mit soziologischem Hintergrund. Ich selbst bin vor etwa 20 Jahren bei der Benutzung von Steinschneiders Katalog auf die Matronymika aufmerksam geworden, habe mich im Laufe der Jahre bemüht, innerhalb der jüdischen und speziell der aschkenasischen Kultur ihre Herausbildung von den frühesten Zeiten bis gegen 1800 zu verfolgen, und möchte hier die Ergebnisse in kürzester Form darlegen.1
4.1 Matronymika in Bibel und Talmud, bei den Sefarden und im islamischen Kulturbereich In der Bibel heißen bald Joab, bald seine Brüder 23mal 'Söhne der Zeruja'. Zeruja ist König Davids Schwester. Dank der sozialen Prominenz der Mutter wird hier also der sonstige patrilineare Benennungsmodus einmal überspielt - das einzige Mal in der Bibel. (Richtig erklärt hat das übrigens schon Hai Gaon in einem seiner Responsa.)2 1
2
Ein Wort der Entschuldigung im voraus zu allen Umschriftfragen. Wenn man Namen aus zeitlich, räumlich und linguistisch so unterschiedlichen Quellen und Editionen zu zitieren hat wie wir im folgenden, geht es ohne Kompromisse nicht ab. In Zweifelsfällen bevorzugen wir etablierte Formen. Hinweis darauf bei Landshuth 1867: S. VII. - Wenn hingegen ein ungenannter Kohen die Tochter eines reichen Barsillai heiratet und nun seine Nachkommen nach Barsillai statt nach ihm genannt werden (Esr 2.61, Neh 7.63), so wird zwar ausnahmsweise eine Generation lang matrilinear gedacht, aber der patrilineare Benennungsmodus formal beibehalten.
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen
Am Rande der biblischen Welt steht dann jene jüdische Märtyrerfamilie, bestehend aus einer Mutter mit ihren sieben Söhnen, deren heute unter der Bezeichnung 'Hanna und ihre sieben Söhne' gedacht wird, eine Bezeichnung, die so freilich erst im längeren »Josippon« erscheint.3 Von den fast zweitausend Tannaim und Amoraim geht es nur bei etwa sieben darum, ob ihr Name ein Matronymikon enthält. Aber das ist in den meisten Fällen unsicher. R. Abba Saul b. Batnit scheint unbestritten 'Sohn einer Batanäerin' zu sein, aber bei R. Jofcanan b. ha-Horanit und R. Jose b. (ha-)Durmaskit gibt es Überlieferungsvarianten, die nicht zur Deutung 'Sohn einer Frau aus Hauran bzw. Damaskus' passen, bei R. Sim'on b. Pazzi und R. Jehuda b. Pazzi ist das Geschlecht des Namens Pazzi strittig, bei Rabbah bar Hana und Rabbah (oder Abba) bar bar Hana ist nach mehrheitlicher Meinung Hana trotz der überlieferten Schreibung auf " der Männername. Doch selbst wenn man hier überall für den Frauennamen optierte, blieben dies okkasionelle Einzelfälle, die sich nicht zu einer Tradition zusammenfügen.4 Bei den Sefarden und den sonstigen Juden im islamischen Bereich gibt es gelegentlich Matronymika, von alten Beinamen wie Ihn Giqatilla (Chiquitilla) oder Ben Malca bis hin zu heutigen Familiennamen wie Benestber im Maghreb.5 Sie scheinen 3 4
5
EJ, Art. Hannah and her seven sons. Wir dürfen hier kursorisch verweisen auf die einschlägigen biographischen Artikel in der EJ, bei Hyman 1901-11 und Kasovsky 1976ff., sowie auf die einschlägigen Bemerkungen bei Bacher 1890-1903, 1892-99, 1913 und (speziell zum Thema Matronymika bei den Rabbinen) bei Landshuth 1867: S. VII und Lewin 1936: 359. Der Spezialist wird möglicherweise in den einzelnen Fällen, aber kaum über die Frage insgesamt anders urteilen. Vgl. etwa Eisenbeth 1936, Art. Beladina, Benatti, Benesther, H. und E. Guggenheimer 1992, Art. Benai'ssa, Benesther, Benita, Gik (ihn); EJ, Art. Malca/Malkah (hen, ihn). Freilich erklärt Laredo (1978: Nr. 607f., 390f. und 768f.) die drei letztgenannten Namen anders, scheint dafür aber einzelne andere Matronymika anzuerkennen (Nr. 299, 379f., 656f., 987-989, 1032), allerdings ohne sie je als Gruppe in den Blick zu bekommen. Insgesamt zeigen solche Diskrepanzen, wie gering der Stellenwert der Matronymika bei den mediterranen Juden sein muß.
Matronymika in Bibel und Talmud
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seltener als bei den Moslems selbst und von diesen aus erklärbar zu sein.6 Bei den Sefarden im christlichen Bereich kommt es in Anlehnung an die christlich-iberischen Gebräuche vor, daß die Familiennamen beider Elternteile, gelegentlich auch, daß nur der Familienname der Mutter fortgeführt wird; doch sind diese Familiennamen eben formal nicht Matronymika, sehr oft vielmehr Patronymika.7
4.2 Matronymika im mittelalterlichen West- und Mitteleuropa Wir kommen zum mittelalterlichen West- und Mitteleuropa. Hier fällt zwar viel Quellenmaterial für unsere Zwecke aus: nichtjüdische Quellen, weil sie ohne Interesse für innerjüdische Zusammenhänge nur den Hauptnamen nennen: Abraham Judaeus; und jüdische Quellen, weil sie ohne Rücksicht auf den Alltagsgebrauch nur den hebräischen Aufrufnamen geben: (R.) Avraham ben (R.) Ja(aqov. Doch bleiben noch genug Einblicke 6
7
Im Islam sind Matronymika relativ häufig, enthalten aber sehr oft nach ihn nicht einen Eigennamen, sondern ein kennzeichnendes feminines Appellativum. Außerdem ist die Tönung oft eine ganz andere als bei den Aschkenasen: die Skala reicht von der berühmten Ahnin und der dynastiestiftenden Haremsfrau über ethnische Fremdheit oder irgendwie unkonventionelle Lebensführung bis zur ledigen Mutter; Caetani/Gabrieli 1915: 138-141, 275f.; Enc.Isl., Art. Ihn; Schimmel 1993: 34; vgl. ferner Sublet 1991: 18. Beispiele für Matronymika bieten in der Enc.Isl. unter anderem die Artikel Ihn 'A'isha I-IV, Ihn Bäna, Ihn Blbi, Ihn al-Dumayna, Ihn al-Hahhäriyya, Ihn al-Itnäha, Ihn al-Kirriyya, Ihn al-Kütiyya, Ihn al-Labbäna, Ihn Maryam, Ihn al-Rümiyya, Ihn Mayyäda, Muhammad h. Habib, Muhammad Ihn al-Hanafiyya, Ziyäd h. Ahthi. Vgl. ferner die Artikel h. Yüsuf h. Täsbufin (S. 400f.) und Banü Ghäniya zur nicht seltenen politischen Bedeutung des Phänomens. Besonders steht eine unkonventionelle Herkunft einem Dichter zu Gesicht; deshalb häufen sich bei den Dichtern Matronymika so sehr, daß schon der 860 gestorbene Philologe Muhammad ibn Habib eine ganze Schrift Matronymics of poets schreiben konnte; Edition mit Einleitung und Kommentar Levi della Vida (1942). Vgl. z.B. Kellenbenz 1958: 38; EJ, Art. Mocatta.
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen
möglich, und zumal in England sind die Verhältnisse den frühaschkenasischen sichtlich ähnlich. In Jacobs Primärliste von englischen Juden des 12. Jahrhunderts werden 224 Personen genauer durch Nennung eines Elternteils charakterisiert; in 25 Fällen ist das die Mutter. Die Eintragungen sind dann, wie gesagt, vom Typ Abraham fU Bone. 16 Personen werden durch Angabe eines Schwiegerelternteils charakterisiert; dreimal ist das die Schwiegermutter. Insgesamt ist das also eine Matronymikaquote von 11-12%. Angesichts der Rigidität der mittelalterlich-jüdischen Sexualmoral schließt Jacobs - und kürzlich noch einmal Seror zweifellos zu Recht, daß es sich hier im großen und ganzen nicht um uneheliche Kinder handeln kann; bei zwei Matronymträgern hat Jacobs überdies die Väter ermitteln können.8 Die Mütter - und insbesondere die Schwiegermütter - scheinen sich also durch Aktivität und soziale Prominenz ausgezeichnet zu haben. In England waren damals ja die Juden wie in Deutschland von den meisten Sparten des Handels, insbesondere des Fernhandels, schon weitgehend auf den Geldverleih abgedrängt; den konnte die Frau ebenso gut wahrnehmen wie der Mann, wie es z.B. Cecil Roth beschrieben hat.9 Zumindest bei einer Matronymikon-Geberin des englischen 13. Jahrhunderts wird diese Prominenz schon im Namen selbst erkennbar: bei jener Contesse oder ha-Nessiah, die in den Namen des Autors Mose ben ha-Nessiah eingegangen ist.10 Auch aus Frankreich11 und aus Köln12 kennen wir im 13. Jahrhundert solche Fälle, wenngleich damals noch wesentlich seltener als in England; doch könnte der Unterschied minde8
9 10 11 12
Jacobs 1893: 345-364; 371. Seror 1995: 296f. Weitere Beispiele aus dem England des 13. Jhs. und aus Frankreich bei Seror 1981: 156f., wo Seror noch geurteilt hatte: »A vrai dire nous n'avons aucune interpretation plausible pour expliquer ce phenomene matriarcal dans la structure patriarcale de la vie juive.« Vgl. etwa Roth 1964: 115. EJ, Art. Moses hen ha-Nesi'ah. Vgl. unten S. 22 mit Anm. 20. Hoeniger/Stern 1888: Nr. l luttafilia Cippure, 68 Hanna filia Mammune, 69 Oggye quae uxorfuerat Vidansfilii Mammune, 103 Samuelem (Juäeum) contractum (crüppel) filium Aleidis de Sinzeke - alle undatiert, aber vor etwa 1275.
Matronymika im mittelalterlichen West- und Mitteleuropa
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stens teilweise darin begründet sein, daß auf dem Kontinent die Bürokratie weniger effizient und realistisch arbeitete als im normannisch-angevinischen Staat. Häufiger sind namengebende Frauen dann aber um 1400 z.B. im Mittelrheingebiet,13 in Erfurt 14 und in Nürnberg 15 zu belegen, und auch diesmal gewinnt zumindest eine von ihnen Kontur: die sehr erfolgreiche Koblenzer Geldverleiherin und Liegenschaftshändlerin Reynette. Ihr Mann unterschreibt eine deutschsprachige Urkunde charakteristischerweise: ich Moisse, Reynetten Mann,16 und in Bingen wirkt ihre Tochter Meide eben auch als Tochter der Reynette oder Reyne.17 Etwas modifizieren sollten wir unsere Vorstellungen von aktiven Aschkenasinnen des 13. und 14. Jahrhunderts aber noch an den Nürnberger Verhältnissen. Das dortige Memorbuch enthält zwei genaue Listen der 1298 und der 1349 in Nürnberg Ermordeten.18 In jeder Liste sind ungefähr die ersten vier Fünftel unauffällig insofern, als an der Spitze der Familien fast immer ein Mann steht; in den wenigen Fällen, wo dort scheinbar eine Frau steht, läßt sich meist plausibel machen, daß es sich um Verwandte der gerade vorher genannten Familie handelt, die also vermutlich mit in deren Haushalt lebten. Anders dann der letzte Teil jeder Liste (17% aller Familien in der ersten Liste, 26% in der zweiten): dort stehen Frauen manchmal allein, häufiger an der Spitze einer Familie, aber nie stehen Männer an der Spitze einer Familie. 13
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Ziwes 1995: 290ff., 297, 303, 309f.: Belege zwischen 1370 und 1442 aus Bingen, Speyer, Landau, darunter einmal 'Mosse, Bules Schwiegersohn', wobei Bule eindeutig Frauenname ist. Süssmann 1915: 58-91: zwischen 1380 und 1407 werden insgesamt 18 Personen (darunter 11 Männer) in 33 Belegen onomastisch über eine Frau (Mutter, Schwiegermutter, je einmal Großmutter und Schwägerin) definiert; das sind etwa 3% der jüdischen Einwohnerschaft von Erfurt. Stern/Salfeld 1896: 65ff., 79: Belege zwischen 1429 und 1466. Toch 1993: 41. Tochs äußerst informativer Artikel kann erstmalig das Material der Germania Judaica III umfassend heranziehen und ist die ideale sozialgeschichtliche Hintergrundslektüre auch zum Thema jüdische Matronymika im Deutschland des 13. bis 16. Jahrhunderts. Ziwes 1995: 291. Stern/Salfeld 1896: 172-181, 181-189; vgl. Salfeld 1898: 170-179.
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen
In der ersten Liste wird das nicht besonders erklärt, in der zweiten aber explizit gemacht: es sind die Witwen. Bei den Nürnberger Juden waren also damals im Durchschnitt etwas mehr als 20% der Ehefrauen verwitwet. Dieser Sachverhalt sollte uns weder demographisch noch sozialhistorisch überraschen. Zwar hatten in ganz Europa bis tief ins 19. Jahrhundert Frauen eine wesentlich geringere Lebenserwartung als Männer; das lag aber an der enormen Kindbettsterblichkeit. Diese kann in unseren Quellen nicht sichtbar werden, weil Witwer mit kleinen Kindern praktisch gezwungen waren, schnell wieder zu heiraten. Hatte eine Frau aber ihre Niederkünfte überlebt, so machte sich damals wie heute die größere biologische Zähigkeit des weiblichen Geschlechts bemerkbar, dank deren ja heute, seit der drastischen Reduktion der Kindbettsterblichkeit im 19. Jahrhundert, die Lebenserwartung der Frau die höhere ist. Und bei der damaligen Erwerbsstruktur der Aschkenasen wird es sicherlich nicht wenige Witwen gegeben haben, die sogar freiwillig auf eine Wiederverheiratung verzichteten: ein zweiter Ehemann bedeutete möglicherweise einen Bevormunder, aber keineswegs automatisch eine Ausweitung des Geschäftsvolumens.19 Wo aber Kinder oft schon ihre frühen Lebensjahre ohne Vater verbrachten, lag im Alltag auch onomastisch der Bezug auf die Mutter nicht fern. Vielleicht lassen uns unsere bisherigen Beispiele für Benennung über die Mutter, Frau oder Schwiegermutter noch insofern etwas unbefriedigt, als sie den Sachverhalt einfach voll ausdrükken ohne irgend eine idiomatische Wendung, die uns erst das typische Gefühl von 'Namen' statt bloßen Träzisierungen' geben könnte. Einzelne ältere Ausnahmen hätte es da, soweit wir sehen, erst in Frankreich gegeben; dort ist z.B. 1247 in Beziers ein Abraham de na Rosa belegt, also 'der Abraham von Frau Rosa', ohne die Präzisierung 'Sohn', 'Mann' oder 'Schwiegersohn'.20 Im 14./15. Jahrhundert werden nun solche idiomatisch komprimierten Ausdrucksformen auch bei den Aschkenasen gängig. 19
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Daß die Aschkenasin des Mittelalters erst als Witwe rechtliche Autonomie erreichte, betont Toch 1993: 41-43. Seror 1981: 156.
Matronymika im mittelalterlichen West- und Mitteleuropa
23
Dazu müssen wir aber einige grammatische Bemerkungen voranschicken. Im Mhd. bildete von den weiblichen Namen die eine Hälfte, die sogenannten 'starken', den Genitiv auf -e: Kriemhilt, Genitiv Kriemhilde.21 Als im Altjiddischen dann die Apokope eintrat,22 mußte automatisch auch dieses -e fallen. Das ist ein Grund dafür, daß es im Jiddischen bis ins 17. Jahrhundert endungslose weibliche Genitive gab, so noch in den Prager Briefen von 1619 mehrfach Bele tochtbr 'Bellas Tochter'.23 Die andere Hälfte der mhd. weiblichen Namen, die sogenannten 'schwachen', bildeten den Genitiv auf -e»;24 hierher gehört z.B. der gerade genannte Genitiv Reynetten. Auch das wirkt ins ältere Jiddisch hinein.25 Im 16. Jahrhundert kommt dazu der dritte Typ: man hängt die ursprünglich maskuline und neutrische Genitivendung -s auch an feminine Namen.26 Wir werden uns also nicht wundern, wenn in frühen Matronymika alle drei Möglichkeiten nebeneinanderstehen: Endungslosigkeit, -en und -es.27 Ein gera21 22 23
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Paul/Wiehl/Grosse 1989: § 190. Timm 1987: § 18.1, 18.2.1, vgl. §25. Landau/Wachstein 1911: Briefe 11 und 34. Ein zweiter Grund lag darin, daß man sich - zumindest im geschriebenen Jiddisch - noch scheute, an hebräische Namen deutsche Flexionsendungen anzuhängen; Lincoff 1963: 35: Hang gab 'Hannas Gabe'; Timm 1987: 368. Paul/Wiehl/Grosse 1989: § 190. Lincoff 1963: 48 verzeichnet finales T/f -enl-en im Genitiv und Dativ der schwachen Feminina noch für das 16. Jahrhundert. Das weiter unten zu nennende Blümeles in einem westjidd. Brief von 1562 ist insofern erst ein Grenzbeleg, als Hypokoristika formal noch Neutra sein könnten; doch zeigt damit gerade dieser Grenzbeleg die Haupteinfallspforte für das -5 ins Gebiet der weiblichen Namen und Personenbezeichnungen an. Voll beweiskräftig scheint uns das ebenfalls unten zu nennende Blumes beim Maharsal, also vor 1574. In den Prager Briefen von 1619 (Landau/Wachstein 1911) sind solche Formen schon ganz gewöhnlich; vgl. IWX1? Lanes (Brief 8A, Zeile 40), 1 Haves (8B.12), rVimü Treindels (30.23), T^sn Reles (30.24), nr-a tÖUO meiner memes (34.33), ttmxVo 1 Have Slawes (47.1). Leider hat Lincoff alle diese Belege übersehen und kann dieses -5 erst im modern-jiddischen Paradigma aufführen (1963: 46). Der endungslose Matronymika-Typ hat sich übrigens bis ins 20. Jh. in Litauen (mit Ausstrahlung nach Weißrußland) gehalten, manchmal sogar ohne -e (vgl. S. 15, Anm. 8), Beider 1993: 11, 37, 38 (Tabelle) und Art. Bejl', Besel', Bohe, Drazne, Dusbke usw. Der Typ auf -en
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen
dezu klassisches Beispiel bietet uns kurz nach 1600 der Autor des »Beer Mose« und des »Leqal? tov«: im Vorwort zum »Beer Mole« unterzeichnet er *7B"1SW ffiPO Mose Sertel, am Buchende ϊ*7ϋΊϋΙΡ ΓΤΦΟ Mose Sertlen, in den letzten Zeilen des Vorwortes zum »Leqafr tov« ebenso, Steinschneider und Cowley schlie lich m ssen anderswo die Form ΐΛϋΊΧΛΡ Sertels gefunden haben, die sie an erster Stelle nennen und so kanonisiert haben.28 (Der Name ist, wie Steinschneider v llig richtig schreibt, ein Hypokoristikon von Sara.)29 Gehen wir jetzt mit diesem Wissen um die Gleichwertigkeit dieser drei F lle an die ltesten Belege. Da ist in N rnberg 1338 lateinschriftlich belegt ein 'Seligmann genannt Jaknit'. Aber Jachnet ist ein Frauenname, und in einer hebr ischen Liste tritt uns wahrscheinlich derselbe Mann als Ehemann einer Jachnet entgegen.30
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ist wenigstens noch erkennbar in dem Fugen-« mancher Namen auf '-s hn' wie Khanenson, Malkenzon (Beider 1993: 38), wobei diese '-sohn'-Bildungen ihren Schwerpunkt wiederum in Litauen und Wei ru land hatten, doch auch sonst im ganzen Zarenreich immerhin bekannt waren (Beider op.cit. 38 einschlie lich Tabelle). Zur Verbreitung des -es-Typs s. Haupttext weiter unten. Steinschneider 1852-60: Nr. 6553, Cowley 1929: 492. Wobei -t- nicht Gleitlaut ist (Mirl ben tigt ja auch keinen Gleitlaut), sondern aus j dischfrz. Sarette stammt, das schon im N rnberger Memorbuch 16mal als ϋΉΧ auftritt (immer mit Jod!) und erst volksetymologisch in den Bannkreis von 'zart' ger t (richtig erkannt von Salfeld 1898: 418). Es lebt fort in neujidd. Zertl, und Moses Sertel(s) zeichnet sich lediglich dadurch aus, da er, wie seine Schreibungen zeigen, die Etymologie seines Namens kannte. Zu z- statt /- vgl. auch unten S. 25, Anm. 33. Stern/Salfeld 1896: 16, Nr. 67; Salfeld 1898: 220 mit Anm. 4. Der Name des Hyazinthsteins ist als Erstname unseres Wissens nur bei Juden zu belegen; er wird deshalb von dem christlichen Schreiber offensichtlich etymologisch nicht durchschaut und statt als Frauenname als m nnlicher Beiname (Zweitname) gedeutet. Im aschkenasischen Bereich ist der Name aber eindeutig Frauenname: so im N rnberger Martyrologium bei allen 5 Jachent, 9 Jachlin, 2 Jachnet und einer Jachula (Salfeld 1898 Register). Die Variante Jachna, 1345 in Schlesien belegt (Brann 1896-1917, Anhang III D 68a), lebt fort im rezent-jiddischen, freilich inzwischen altmodischen Jachne.
Matronymika im mittelalterlichen West- und Mitteleuropa
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In Erfurt lebten zwischen 1380 und 1407: ein Abraham Zcornike, Sohn einer Zcorna ('die Schwarze'), und Abrahams Sohn Seman Zcornike (erster Ansatz zum Erblichwerden eines ursprünglichen Matronymikons!); ferner ein Isaac Dohrusche, Sohn von 'Dobrusche der Meisterin'.31 Wieder in Nürnberg lebte um 1450 R. David 'Tevele' fmDltf Sprinz. Der Frauenname Sprinz war damals in seiner Familie als Beiname anscheinend schon seit Generationen gängig, kam dort aber gegen 1430 auch als Erstname einer Frau vor.32 Um 1430 soll in Frankfurt eine Rebekka Zerlin als Augenärztin gewirkt haben. Zerlin ist mit Sicherheit Koseform von Sara, und weibliche doppelte Erstnamen scheinen damals noch von äußerster Seltenheit zu sein; ein Matronymikon ist also das Wahrscheinlichste. Doch haben wir diesen Beleg nicht nachprüfen können.33 Weiter R. Aaron ^ÖI^B Plumel (= Blümel) aus Krems an der Donau, Rabbiner in Wiener Neustadt und Wien, gestorben 1421, 31
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Süssmann 1915: 65 und passim; 71 und 78 (vgl. 42 und 74). - Ein Matronymikon eigener Art liegt vor bei der Proselytin Esther 'Tochter unserer Mutter Sara', gestorben 1384 in Rothenburg (Kwasman 1987: Nr. 38). Stern/Salfeld 1896: 77 mit Anm. 2; J. Freimann 1903-04: II S. XXV Nr. 30; Stern/Salfeld op.cit. 58, 65, 66, 70, 76 und speziell 67 (Sprincz des Smoels swester); Salfeld 1898: 220 Anm. 4. - Der Name kommt sehr wahrscheinlich aus dem im Jüdisch-Romanischen gut belegten Esperanza, Speranza (Zunz 1876: 45) und ist nur volksetymologisch an mhd.-frühnhd. sprinze 'Sperberweibchen' angelehnt, wie auch bei den rheinischen Christen eine Heilige Esperentia zu 'unser Sprinzcbe' wurde (Salfeld 1898: 414f.). - Bei jüdischen Frauennamen auf -e ist seit dem 14. Jh. die lautgesetzlich zu erwartende Apokope im Westjiddischen recht gut belegt: vgl. etwa Bon, "fiVÜ/Tölz/Telz, Gut(t), Moit, Pair, Ritz/Reitz, Sprinz (Gattin des Joseph, Nürnberg 1349!), r^O/Treyn (Salfeld 1898: 389, 391 f., 397, 405, 410, 411, 414, 416); dazu Max Weinreich 1973: 2.297f. = 1980: 634f., vor allem aber 1973: 4.341 f. EJ, Art. Medicine, Sp. 1190. - Schon im Nürnberger Martyrologium sind von den 117 Belegen für Sara (und Koseformen) die Koseformen 35mal mit z- statt s- geschrieben (Salfeld 1898 Register), darunter einmal Zerlin. Zu weiblichen Doppelformen (die noch »sehr selten sind und höchstens [!] als Übertragungen ins Hebräische erscheinen«) vgl. Zunz 1876: 43.
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Isserleins Onkel und Hauptlehrer. Blume ~ Bliimel ist seit dem 13. Jahrhundert als Frauenname gut belegt.34 Sodann Mitte des 15. Jahrhunderts Rabbi Aharon BXplPIÖ Muskat, belegt in Maribor in Slowenien, Isserleins Schwager. Muskat als Frauennamen finden wir gelegentlich vom 14. bis mindestens ins 17. Jahrhundert. Dafür, daß bei Rabbi Aharon Muskat an den Frauennamen und nicht unmittelbar an das Gewürz gedacht ist, spricht sehr stark, daß seine eigene Nichte, Isserleins Tochter, wieder Muskat heißt.35 Ein Abraham Juta erscheint, wohl in Schlesien, in einem Rechtsgutachten des 1456 verstorbenen Rabbi Jakob Weil. Jut(t)a ist eine auch bei den Aschkenasen gutbelegte Koseform von Jebudiss.^ Josko Sheinowicz, ein Steuerpächter für Südostpolen, baute sich im Jahre 1500 ein Haus in Lublin. Ein Frauenname Schöne, allmählich also Schejne, ist seit dem 13. Jahrhundert reich belegt, ein männlicher Erstname *Schön ~ *Schejn hingegen unbekannt. Eindeutige Matronymika auf [-ovic] sind auch später bis ins 20. Jahrhundert in Polen, und ausstrahlend nach Litauen und Weißrußland, gut zu belegen, z.B. Sinovicb, Rejzelovich, Rivkovich.^7 Samuel Esther druckt in Oels in Schlesien bis 1535 als Nachfolger von Chajjim Schwarz.38
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J. Freimann 1903-04: II S. XX Nr. 14. Zunz 1876: 47: XDl'iD, 1252 gestorben. Im Nürnberger Martyrologium erscheint Blume fünfmal, immer als Frauenname. Muneles 1966: 6 bzw. 1966A: 91 kennt in Böhmen Plüml um 1400, Blüml 1416. J. Freimann 1903-04: II S. XX Nr. 13 (der Rabbi), S. XLIII Nr. 92 (die Nichte). - Hoeniger/Stern 1888: 165 Nr. 371 f.: Muscata, a. 1340 in Köln. Muneles 1966A: 91: Muschkat, a. 1478 in Böhmen. Wachstein 1912-17: Nr. 22 [I S. 22] Muschkat, gest. 1601 in Wien. Zunz 1876: 59: Muskot (Sefer Semot, Venedig 1657). - Vgl. in Prag die Familie U^BptölD unten in der Liste der Matronymika auf Prager Grabsteinen. Brann 1896-1917: Anhang III G 10, R. Jakob Weil RGA 35. - Im Nürnberger Martyrologium ist Xür 61 mal belegt (Salfeld 1898: Register). EJ, Art. Lublin. - Zehn Schona (seit 1235) im Nürnberger Martyrologium (Salfeld 1898: Register). - Beider 1993: 37 und Art. Shejnin. EJ, Art. Oles'nica.
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In einem noch unveröffentlichten jiddischen Brief, der 1562 von Minden in Westfalen nach Frankfurt geschickt wurde, sollen die Empfänger auch ttf'tl7Dv)l7:i 3j?V Jokev Blümeles grüßen.39 Der 1574 in Lublin verstorbene Maharsal (R. Salomo Luria) erwähnt in seinem Rechtsgutachten Nr. 37 eine Person, die in der englischen Übersetzung von Hurwitz (1938: 117) »Rabbi Moses Blumish« genannt wird; zu deuten ist die Graphic tt^ölVa aber zweifellos als Blumes.
4.3 Die Führungsposition der Stadt Prag Alles in allem kann man bis zu diesem Punkt, diesseits der Mitte des 16. Jahrhunderts, durchaus den Eindruck haben, daß sich die Matronymika im ganzen Aschkenasentum etwa gleichmäßig entwickeln, von Frankfurt und Nürnberg bis Lublin. Doch nun bildet sich der große Unterschied heraus: im Westen verkümmern sie wieder, von Prag an ostwärts blühen sie auf, wobei sie nicht nur auf Generationen hinaus in Prag selbst ihre größte Dichte erreichen, sondern sich dort auch verblüffend oft und bald als weitgehend erblich erweisen. Hierzu vergleiche man nun unsere folgende Aufstellung. Sie nennt nach Simon Hocks klassischem Werk (1892: passim) jeweils das Jahr der ersten Bezeugung eines matronymischen Familiennamens auf den Prager Grabsteinen. Wohlgemerkt geht es um die Daten, zu denen die Matronymika erstmalig auf den Grabsteinen erscheinen, nicht um Grabsteine vielleicht von Mitgliedern derselben Familien, auf denen ein Matronymikon (noch) nicht erscheint. Formal sind die Matronymika hier in der Regel Beinamen, d.h. sie folgen erst auf den (seit ältester Zeit obligatorischen) Vatersnamen, ersetzen ihn nicht etwa. Wie man sieht, liegt das Aufblühen der Matronymika essentiell vor der österreichischen Familianten-Gesetzgebung (ab 1726), kann also nicht durch diese bedingt sein.
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Der Brief wurde mit einigen anderen kürzlich im Staatsarchiv Minden gefunden. Die Herausgabe ist von Rosemarie Kosche und BerndWilhelm Linnemeier zu erwarten.
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Matronymische Familiennamen in Prag (nach Simon Hock; jeweils Datum des ersten Grabsteins) 1525 m^na (Margolies): Matronymischer Charakter sehr unsicher. Der weibliche Erstname Margalisia ~ Margalia - (X)1T'17J*1Ö u.a. ist seit etwa 1200 in England und Frankreich gut belegt (Seror 1989: 1 73 f.), aber anscheinend nicht in der weiteren Umgebung des ältesten Zweitnamensträgers, Jakob ^ aus Worms, gestorben vor 1512 in Regensburg. Benennung nach dem Appellativ (S)D'|t?na 'Perle' ist also nicht auszuschließen. 1549 U^riaD (Perles): Anders als bei ^ ~ Margolies ist das -s bei Perles mit Sicherheit Genitivzeichen. Perle als Erstname ist bei Salfeld (1898 Register) schon vor 1300 für fünf Personen belegt, immer als Frauenname. 1556
ttmx (Orjes): Von dem alten weiblichen Erstnamen XTVlX u.a. (belegt seit 1096, M. Weinreich 1973: 4.77), wohl < altfrz. orte 'golden' (vgl. Chryse, Golde, Zlate als jüdische Frauennamen). Später statt Orjes meist Orgel(e)s (-;'- > -g- hyperkorrekt; -ei- hypokoristisch).
1569 ÖTTU (Grünes): Der weibliche Eigenname ist zwar in älterer Zeit selten, doch immerhin schon 1388 als Gruna in Burgund belegt (von Seror 1989: 125 richtig gedeutet) und wird von Harkavy (Wb. 526) und Birnbaum (1918: 179) in ihren Listen zeitgenössischer jiddischer Namen aufgeführt. 1571 titottJi? (Ketzeles): Entweder zu einem Kosenamen 'Kätzchen' oder zum Erstnamen Kaczka (Böhmen a. 1498, 1499 bei Muneles 1966A: 71, 72). (Vgl. auch I0pitp> ' , erwähnt bei Hailperin 1945: 441 Anm. 3 zu a. 1764.) Dann Suffixtausch -ka > -el-.
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1573 Öl-D (Minnes): Minna,/ Minne als weiblicher Erstname ist mit verschiedenen Hypokoristika ab 1096 bis in die Neuzeit gut belegt; im Nürnberger Memorbuch sind 95 Minna, 5 Min(n)lin u.a. verzeichnet (Salfeld 1898, Register; vgl. auch Hoeniger-Stern 1888, Register). 1573 rmiD (Porjes): Biblisch ' 'fruchtbar' f., vielleicht aber nur sekundäretymologisch für älteres Pora, Pttra, "VID, das essentiell Kurzform zu Zippora war (vgl. Seror 1989: 282; Ja'aqov Margalit: *V1Ö IX ). Später Porges mit hyperkorrektem -/'- > -g-. Zum finalen s. unten zu Malkes. 1595 DTD (Roses): Rosa/Rose ist als weiblicher Erstname schon im Nürnberger Memorbuch (ab 1266 vier Rosa, ein Roslin) belegt und bis zur Gegenwart mit verschiedenen Hypokoristika sehr beliebt. 1599 ttkpliT (Hankeies): Zu 1 mit slav. hypokoristischem Suffix. Salfeld verzeichnet an Frauen 3 Chandlin, 9 Channlin, rund 120 Hanna, l Hanngut, 6 Hannlin und 3 Henna (letzteres beruht entweder auf der regional westjidd. Aussprache - /he/ oder ist schon Rückbildung aus Hennelin); dem steht ein einziger männlicher Chanin gegenüber, dessen Name aus Chananel, Chananja, Chanina oder Chanoch stammen kann, die durch 4, 2, l bzw. 2 Personen vertreten sind. Ähnlich dürfte das Stärkeverhältnis der hier interessierenden weiblichen und männlichen Namen auch später sein, so daß man im Zweifelsfall mit fast erdrückender Wahrscheinlichkeit für ein weibliches Hypokoristikon bzw. ein Matronymikon optieren darf. 1613 snttrna (Bassevi): Der Name von Salomos Mutter 'Batseba' ist auch bei den Aschkenasen schon seit dem Mittelalter beliebt (im Nürnberger Memorbuch 32mal ab 1096) und später mit vielfältigen Hypokoristika belegt. Das für Prag etwas unge-
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wohnliche Fehlen eines Genitiv-5 und die übliche lateinschriftliche Form Bassevi (EJ, Art. Bassevi) vergrößern die Wahrscheinlichkeit, daß zwischen der Prager Familie und den norditalienischen SDtt?~ra - Basevi (EJ, Art. Basevi) ein Zusammenhang besteht (vgl. auch unten S. 50, Anm. 1). 1615 ttfVüya (Metzeies): Laut Beider (1993 s.w. Metses und Mejt) ist Metse eine noch existierende Koseform von jidd. Majte ~ Mejte. Auch Salfeld verzeichnet ein Mezlin (Nürnberg 1349). Man braucht also wohl nicht auf den im Mhd. und Frühnhd. überaus gängigen christlichen Namen Metze (meist < Mechthild ~ Mathilde) zurückzugreifen. 1617 « (Henneies): Zu 1 ; vgl. oben zu Hankeies, 1617 ITD1?» (Malkes): Malka/Malke 'Königin' ist als weiblicher Erstname vom Mittelalter bis in die Gegenwart beliebt (1171 und 1298 im Nürnberger Memorbuch). Die Endung "" bzw. D~ statt des Genitiv-5 ist um 1600 nicht selten (vgl. z.B. 1 Chaves oben S. 23, Anm. 26). 1620 Uhu" (Jeiteles): Schon von Steinschneider 1852-60: Nr. 2871 als Matronymikon erkannt. Letztlich entweder Joie + ette (Seror 1989: 145) oder Juette < Judith (Seror 1989: 151) bzw. das häufige XDV < Judith, aber hier mit -ü- statt -#-, deshalb Diphthongierung; durch Suffix Umlaut, dann Entrundung. 1626 IZ^TX (Edels): Edel als weiblicher Erstname ist seit dem Mittelalter beliebt (Salfeld verzeichnet 4 Edel und 3 Edlin). Vgl. auch unten S. 50, Anm. 1. 1626 ttfSfrinxin/O'rirn (Dworeles): Zu Dworele (< Dwore 'Debora').
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1627 ttryiö/TVlÜÖ (Merles): Zu Merle, einem der zahlreichen Hypokoristika zu Mirjam. 1628
(Bindeies): Zu X113 Bone, das seit 1096 reichlich belegt ist (27 Bona und 9 Bonlin bei Salfeld) und nach Ausweis des Ostjiddischen (Harkavy) oft [u] hat, dann Umlaut und Entrundung, oder zu selbständigem 3 (Übersetzung von mm?), vgl. Kober 1926: 48.
1628 ttnsn (Redisch): Zu dem Komplex jiddischer weiblicher Erstnamen Rade/ Rode/ Rüde/ Redisch (Beider 1993 s.v. Roda, Zunz 1876: 47), der schon von Zunz als slavisch erkannt wurde, aber ein Etymon mit slav. -a- verlangt (wohl tschech. rada 'die Frohe'). [Anders Beider 1994: 1 1 f.] 1632 tir'wVBtan (Geles): Vgl. oben S. 5 mit Anm. 7. 1635 TVt&ÜD/tt^ttfBD (Patscheies): Zum böhmisch-jüdischen weiblichen Erstnamen Pacova, Patschi bei Muneles 1966A: 81, 82, 90. Vgl. die als Matronymika angeführten Familiennamen Pascheies, Paschkes, Paschkus bei Flesch 1926: 112 und die EJ, Art. Pacovsky. Besteht auch ein Zusammenhang mit Pesche u.a.? (Vgl. S. 5 mit Anm. 14-17, S. 11 mit Anm. 67, S. 45 mit Anm. 84.) 1636 OJttm (Duschenes): Zum weiblichen Erstnamen Dusena (zu tschech. duse, poln. dusza, ukrain./russ. dusa 'Seele'), belegt 1489 als Tuschana in Wiener Neustadt und etwa gleichzeitig mehrfach als Tuschel (M. Weinreich 1973: 4.264f.). Die Prager Familie ist wahrscheinlich benannt nach , Frau des Gerson Gronim, welche 1625 starb (Hock ad loc.). 1636 tt^pü^D (Flekeles): Als Matronymikon bezeichnet bei Flesch 1926: 112. Beider 1993 s.v. Fal'k hält Flekl allerdings für eine Koseform von Falk.
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen
1636 ekpn (Rikeles): Zu ^e (wohl < Rivke). 3 ΑΪ&Λ bei Salfeld w rden auch den Anschlu an rom. Rica gestatten, das aber mit Seror 1989: 227 wohl auch schon als Einformung von Rivka gedeutet werden kann. 1637 »"Tu (Tiles): Zum weiblichen Erstnamen Til(i)e, um 1300 belegt in K ln als Odilia ~ Dilige ~ Χ^Ή [diljs], in N rnberg als Ottilia ~ Tilia ~ Tilin; 1581 in Prag als Tyle, Witwe eines Baruch b. Isaak, vgl. Jakobovits 1935: 55. Lebt fort in der Koseform Tilly. 1640 «mxVo (Slawes): Zum slavisch-j dischen weiblichen Erstnamen Slawa: Eine XYl^O Slawa, gestorben schon 1346 in [Berlin-JSpandau, jetzt bei Brocke (1994: Nr. 36); dort auch Hinweis auf die Namensformen Slabe, Slafa, Slafeka, Slauka bei S ssmann (1915: 109). In B hmen 1489 belegt, Muneles 1 966 A: 77. Das Matronymikon belegt bei ttniX^O ΓΠΠ, Prager Briefe von 1619, Nr. 47.1. 1646 B^m (Necheles): Zu ΠΟΠ1. In B hmen ist die Vollform, wohl als endungsloses Matronymikon, schon belegt in dem Namen R. Jekle Nechama Senders, Prager Briefe von 1619, Nr. 6B.48f., die Koseform Nechla als Erstname schon 1459, Muneles 1 966 A: 91. 1646 O^n (Reseles): Resele, Diminutiv zu Rose; vgl. oben unter Roses. 1647 ΙίΠΟη/ΐΛΊΟΠ (Temerles/Temers): Beide Namensformen gehen auf Hypokoristika zu 'Tamara' zur ck; vgl. auch oben S. 4 zu Temze. 1657 »0)113 (Bunes): Vgl. oben S. 31 zu Bindeies. 1659
tt^i (Zimmeles): ΠΠϋρίΡ 'Freude' ist als Vollname im aschkenasischen Bereich anfangs Zweiges chlechtig; dann wird der Vollname mann-
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lieh, die Koseformen weiblich (so Harkavy, Stankiewicz, Beider). In den letzteren ist Substitution von [ts] statt des im Deutschen initial-vorvokalisch unüblichen [s] schon im Nürnberger Memorbuch vielfach belegt; die alternative Substitution ist [z]. Als Matronymikon betrachtet Zimmels (und Simmels) auch Flesch 1926: 112. 1661 nrn (Chajes): Chaje mit der Endung ) ~ anstatt Genitiv-s (vgl. oben S. 30 zu Afalkes); vgl. auch oben S. 5 zu Cbajkels. 1666 tPma (Braunes): Braune als weiblicher Erstname ist vom Mittelalter bis in die Neuzeit häufig belegt (ab 1096 im Nürnberger Memorbuch 40 Bruna, 22 Brunlin, l JOlTlD Bräunchen). 1673 TpuVo/tPVEbo (Slatkes): Zum böhmisch-jüdischen weiblichen Erstnamen Slatka, 1492 belegt, Muneles 1966A: 70. Gewöhnlich gestellt zu dem noch rezent-jiddischen Zlate (< tschech. zlata 'golden' f., vgl. Chryse, Orje, Golde oben unter Orjes). Zu fragen ist aber, ob die Formen auf [sl-] (das im Slav, nicht mit [zl-] verwechselbar ist) nicht auf tschech. sladka 'süß' f. zurückgehen (vgl. den standardjidd. Namen Sise). 1675 tPmj? (Kaunes): Zum weiblichen Erstnamen Kuna, z.B. 1345 in Schlesien belegt (Brann, Anhang III D 102); vgl. auch Beider 1993 s.v. Kunin. Jedenfalls erkennt Muneles (1966: 8) für Prag ein Matronymikon Kaunes an. In Frankfurt an der Oder finden sich Anfang des 19. Jh. bei der gesetzlichen Festlegung der Familiennamen Personen namens Koynes und Keynes (wohl Rückwanderer aus Osteuropa): Werwach 1927: 210. 1676
·?7 (Keles): Vgl. oben S. 5 mit Anm. 7.
1680 «fr-VÖ (Mireles): Zu Mirele (< Mirjam).
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1687 tttenü (Taubeies): 'Taube' als weiblicher Erstname ist schon im Nürnberger Memorbuch belegt (2 Tube und 2 Taube). 1712
ttfVa··! (Simmeies): Vgl. oben zu Zimmeles.
1726 »"nr? (Kindeies): Wenn eine Kosebezeichnung Kindl oder Kindele bis ins Erwachsenenalter üblich bleibt, so handelt es sich sehr wahrscheinlich um ein weibliches Wesen. 1736 W^sn (Relins): Laut Zunz 1876: 67 ist Rela als Koseform von Rakel spätestens im Bet-Semuel (also 1689) anerkannt; -ins würde Kerler als die von ihm postulierte, aber nur vereinzelt gefundene Zwischenstufe zwischen -es und -in interpretieren (1995: 346, 350). 1741 »0)3^7 (Libes): Xa**1? Libe als weiblicher Erstname ist schon im Nürnberger Memorbuch belegt (dreimal ab 1298, ferner Liblin, Libheit u. a.) 1749 Dons (Frimmes): Unklar. Im südlichen Ostjiddisch ist Frimis zu Prime < Prume belegt (Beider 1993 s.v. Frttmin), aber in Prag sollte man OÖ1"1D mit /u/ oder lyl erwarten. Rückwanderer aus Osteuropa? 1768 ttfröö (Meles): Wohl zu Mele, das bei Beider (1993 s.v. Malka) als Hypokoristikon von Malke aufgeführt wird. Auch alte westjidd. Aussprache von ^ Mahle ist nicht ganz auszuschließen; dieser (schon biblische) Name bildet ebenfalls ein Matronymikon; vgl. den Autor Moses b. Samuel W^iTD in Lemberg 1872 (Cowley 1929: 492). s.d. ttfrüpun» (Muschkateles): Vgl. das oben S. 26 über Muskat als weiblichen Erstnamen Gesagte. Für die Grabsteine mit diesem Matronymikon gibt Hock kein Datum an; doch sind in Prag zwischen
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1674 und 1706 die beiden Drucker Jeljiel b. Abraham und David b. Josef Muskateis belegt (Steinschneider 1852-60: Sp. 3010). s.d.
(Priwes): Hock gibt kein Datum. Priwe ist als weiblicher Erstname gut belegt, so in Wien schon 1414 (Wachstein 1916: 11); vgl. auch Zunz 1876: 66 und Beider s.v. Pnva. Noch in Israel Josua Singers »Di brider Aschkenasi« heißt eine wichtige Gestalt 011 Priwe (60ff. u.ö.). Sowohl die Ableitung von Zippora, (Zunz u.a.) wie die von Proha (Wachstein) bleiben sehr unsicher. Ist anzuknüpfen an tschech. Prva 'die erste'?
Wie erklärt sich diese ganz unbestreitbare quantitative Führungsposition der Stadt Prag? Die Prager Juden40 hatten zwar 1389 ein mörderisches Pogrom durchgemacht; sie erlebten weiterhin Mitte des 16. Jahrhunderts zwei Ausweisungsversuche und 1745 einen dritten, die jedoch jeweils nach zwei bis drei Jahren zurückgenommen wurden und sich deshalb demographisch kaum auswirkten. Vielmehr stieg die Prager Judenstadt allmählich, insbesondere während der langen und toleranten Regierung des in Prag residierenden Kaisers Rudolf II. (König von Böhmen 1575-1611), zur größten westjiddischen Gemeinde mit schätzungsweise sechstausend Einwohnern auf. 1622 konnte sie bei der Vertreibung der Protestanten aus Böhmen auch räumlich vergrößert werden; 1653 muß sie mindestens zehntausend Einwohner gehabt haben.41 Unter solchen Bedingungen kommt man auch bei vielen Gelegenheiten des Alltags nicht mehr mit einem Einnamensystem aus, sondern braucht Beinamen. Zugleich aber 40 41
Zum Folgenden EJ, Art. Prag, und die dort genannte Literatur. Diese Zahl ergibt sich daraus, daß damals in Prag etwa 2600 männliche Juden älter als 20 Jahre, fast tausend weitere älter als zehn Jahre (und damit steuerpflichtig) waren (nach Popper, zitiert bei Spiegel 1927: 182), daß in einer durch Kinderreichtum und Kleinkindersterblichkeit gekennzeichneten Gesellschaft die Null- bis Zehnjährigen zahlreicher als die Zehn- bis Zwanzigjährigen sein müssen und daß sich zweifellos ein nicht ganz unbeträchtlicher Anteil (vor allem Abhängige ohne eigenen Haushalt) der Erfassung entzog.
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f rdert das Bewu tsein, in einer schnell aufbl henden oder schon ber hmten Gemeinde 'dazuzugeh ren', den Familienstolz und damit (wie bei den christlichen Patriziaten zahlloser St dte) den bergang zur Erblichkeit der Beinamen. So erkl rt sich zweifellos der Zeitvorsprung und die Vorbildwirkung der 'Gro stadt'. Dazu kommt nun aber als j disches Spezifikum das wichtige Instrument der kest. Im stlichen Aschkenasentum (und zwar, wie z.B. die Prager Briefe von 1619 lehren, schon von Prag ab ostw rts)42 ist es durchaus ein geschlechtsdifferenzierendes Moment: weil der Brautvater eine Mitgift nicht in der als eigentlich angemessen erachteten H he zahlen kann, nimmt er den Schwiegersohn f r einige Jahre gratis in seinen Haushalt auf, in der Regel, damit dieser noch weiter (religi s) 'lernen' kann.43 In Osteuropa war noch f r die Klassiker die kest durchaus 42
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Vgl. auch bei Max Weinreich (1973: 3.229) das Zitat aus einem 1630 in Krakau geschriebenen Brief eines Frankfurter Talmudsch lers. Vgl. EJ, Art. Dowry, Sp. 186: »The custom of dowry in its original sense prevailed until modern times, especially among Jews of Eastern Europe. In these communities, the dowry often consisted of full board granted to the groom for several years so that he might continue his talmudic studies free from financial care. The custom was called in Yiddish kest and the financial arrangements of the dowry were detailed in a document called tena'im ('stipulations', 'conditions') signed at the betrothal ceremony; tenoim shraybn is derived from the term tena'im (see Ket. 102a-b).« Uriel Weinreich 1968: » OBp, Ή: room and board, esp. (fewfishj) that offered by a family to its new son-in-law to enable him to continue his studies without financial worries. - OOSJp *ΪΊΧ ]?T: to have board, esp. with one's parents-in-law.« Max Weinreich 1973: 1.221: "p** Tx ΪΤ'~0'ιϊ V3
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]ΧΓ7"ΐΒ 8 "1» 'Bei Nichtjuden gab es auch die kest f r Jungverheiratete, aber als eine rein konomische Institution, nicht um dem Schwiegersohn noch f r einige Jahre das Studium (von Bibel und Talmud) zu erm glichen - frei von der Sorge um den Broterwerb. Sp ter, wenn man schon auf eigenen F en stehen mu te, verdiente oft die Frau den Lebensunterhalt, damit der Mann unbeschwert studieren konnte.'
Die Führungsposition der Stadt Prag
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eine zeitgenössische Realität: sie erscheint z.B. bei Mendele im »Wintschfingerl«** im »Binjamin 7//.«,45 in »Slojme reh Chajims«*6 bei Perez in »Mendl Brajnes«,*7 bei Scholem Alejchem in »Ojlem habe«j4S - und bei Scholem Asch noch als Jugenderinnerung eines alten Mannes.49 Der Umwelt ist also die junge Frau von vornherein viel bekannter als ihr Ehemann, und da das 'Lernen' keine extrovertierte Angelegenheit ist,50 wird sie es meist auch noch sein, wenn die ersten Kinder kommen. Damit kann die Frau zum onomastischen Bezugspunkt werden, manchmal sogar für einen wenig aktiven Ehemann, leichter noch für die unmündigen Kinder.
4.4 Ost contra West: Aufblühen der Matronymika im Osten, Verkümmerung im Westen 4.4.1 Im Osten Auch weiter östlich von Prag gibt es Matronymika, wie wir bereits gesehen haben, aber sie sind noch lange dünner gesät und bis mindestens tief ins 18. Jahrhundert durchweg vom selben Typ wie die Prager, nämlich auf -es; die Bildungen auf -owicz, auf -in oder auf andere slavische Suffixe sind noch nicht produktiv. In Krakau werden Werke offensichtlich einheimischer Auto-
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Geklibene werk, IV 147. ibd. II 178. II. Teil, S. 359, 363 u. ö. der deutschen Übersetzung von Salomo Birnbaum (Nachdruck der Ausgabe Berlin 1924 in: Mendele Moicher Sfurim, Werke. Olten/Freiburg i.Br. 1962). Der Originaltext ist in keiner der Mendele-Ausgaben enthalten. Ale werk, II 87, 90. Ale werk, IX 171 u.ö. Deutsch Am fremden Strom in der Erzählsammlung Des Rebbens Pfeifenrohr, S. 81. Das Original ist uns gegenwärtig unzugänglich. Geradezu exemplarisch ist in Scholem Alejchems oben genannter Erzählung eingangs der Satz: "7f« ]OBT»1 ,O$T ^
...
nnD» ]
) ützn .DOiarmia am ütpuimpy
'So saß ich also in Swohil auf Kest, paukte More Newuchim [das Hauptwerk des Maimonides] und ging niemals aus dem Haus.' (!)
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen
ren gedruckt, so 1579 von Isaak ttfp'jlö Sulkes,51 1583 von Isaak b. Moses O^y Eies.52 In Polen leben um 1600 der Rabbiner Samuel Eliezer Edels oder Adels (der Maharsa) und der Gemeindevorsteher Israel b. Josef E(i)del(e)s, von denen sich der erste sicher, der zweite wahrscheinlich nach einer vermögenden und hilfreichen Schwiegermutter nennt, sowie Rabbi Joel Sirkes oder Serkes.5* In Prag, dann Wilna wird im 17. Jahrhundert eine Familie sichtbar, die sich erst Rivkes, dann Riveles und vom 19. Jahrhundert bis heute Rivlin nennt.54 Und im Pinkas des Vierländerrates (1580-1764) tauchen seit 1663 Matronymika auf:55 1663 UJj73n Rivkes, 1665/6 ttJ^liyn Hendeles, 1686 WS Zipes, 1723 «D^T Daiches,56 1728 *-) Raizes.57 Spätestens durch die habsburgischen Gesetze von 1787 und 1805 werden solche Namen auf -es, wie Altbauers Materialien zeigen, zum praktisch einzigen Matronymika-Typ in Galizien, bis an die Grenzen des Zarenreiches. Im Zarenreich selbst kommt der Familiennamen-Ukas auch schon 1804; aber erst in Alexander Beiders Materialien von 51
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Zur Etymologie von Sulke: Die durch ihre Ehescheidung seit 1492 bekannt gewordene Schwägerin von Jakob Pollak heißt in den hebr. Dokumenten Sara (EJ, Art. Pollack, Jacob hen Joseph, Sp. 833) und wird von Antonius Margarita 1530 lateinschriftlich Sulko genannt. Der Name ist also offenbar aus Sur- + -l (deutschkomponentiges Hypokoristikon) + -ke (slavischkomponentiges Hypokoristikon) entstanden. Er scheint damit zugleich das älteste Zeugnis für südjidd. lul < A2 zu sein. Steinschneider 1852-60: Nr. 5432, 5395, Cowley 1929: 276, 272. EJ, Art. Edels, Samuel Elieser ben Jttdah ha-Levi: geb. 1555 in Krakau, von 1585 bis 1605 in Posen von seiner Schwiegermutter Edel unterstützt; Israel b. Joseph Edels, Gemeindevorsteher in Lemberg, erwähnt EJ 6.1158; EJ, Art. Sirkes, Joel. Zum Matronymikon tPCOpTO vgl. M. Weinreich 1973: 2.316 = 1980: 654. EJ, Art. Rtvlin. Hailperin/Bartal 1990: jeweils über die Daten zugänglich. Die Etymologie von Daiche ist unbekannt; als Frauenname belegt seit dem Mittelalter (z.B. im Nürnberger Memorbuch als Diha, Dihlin, Deiha) bis in die Neuzeit. Ratze < ahd. Richenza; mit zahlreichen Varianten bis in die Neuzeit gut belegt; im Nürnberger Memorbuch: 14 Richenza, ferner Richza, Rihza, Riza, Reza, Richzelin, Rizlin.
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Ost contra West
Anfang des 20. Jahrhunderts lassen sich die Folgen statistisch einschätzen. Zu Illustrationszwecken geben wir hier eine Tabelle von Beider wieder:58 Distribution of Jewish Matronymics in Various Districts of the Russian Empire Percentage of Surnames by Suffix District Litauen mittl. Weißrußl. NO-Weißrußl. O-Weißrußland SW-Ukraine Bessarabien
son zon
s
man kind
Tel'shi 10.9 30.4 6.5 12.0 — 0.7 3.4 Igumen 1.4 8.4 2.2 Nevel' — MstislavP 1.4 — Letichev 5.5 46.1 30.8 Orgeev 1.7 56.7 20.0
in
ovich evich none
9.8 61.9 19.7 88.4 3.2 91.3 4.7 16.5 1.1 5.0 11.6
30.4 4.7
Insgesamt nehmen auch hier die Namen auf -es/(-is) wenigstens die zweite Position ein; aber einen nennenswerten Anteil, nämlich 30-60%, machen sie nur in den westlichen Randgebieten aus, in der Tabelle vertreten durch Litauen, die Südwest-Ukraine und Bessarabien. Hier liegt sichtlich westlicher Einfluß vor: man besteht sozusagen darauf, auch vor dem russischen Personenstandsbeamten seinen Namen mit der üblichen jiddischen Genitivendung lediglich in kyrillische Lettern zu übertragen, weil man weiß, daß diese Namensform weiter westlich, unter anderem von Prag bis Przemysl, die gängige ist, also immerhin den Flair des Habsburger- statt des Zarenreiches hat; die Endung -in, wie in Rochlin, Rivlin/Rivkin, Malkin, bleibt hier deutlich unter 20%. Genau umgekehrt ist es weiter im Osten, in der Tabelle leider nur vertreten durch Weißrußland: -in liegt über 60%, -es/'(-is) unter 4%. Die Donaumonarchie ist zu weit entfernt, als daß man ihre Namenspraxis natürlich und nachahmenswert finden könnte. Und da die Familiennamen in den ersten Generationen ohnehin fast nur im Verkehr mit den Behörden, d.h. in rus58
Beider 1993: 38. Die Lokalisierung der Orte wurde von uns hinzugefügt.
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Die familiensoziologischen Voraussetzungen
sischem Sprachkontext, verwendet werden, bequemt man sich zu einer russischen Form: z.B. wäre der Jossele Malkes des Alltags, Sohn eines Avrom, vor den Behörden ein Josif [/josjif/] Abramovich [/ts/] Malkin. Erst ganz langsam dringen diese Namen dann auch in den jiddischsprachigen Alltag ein, wie wir bei Mendeles Rochlin und Riwkin gesehen haben. Etwas weiter zurückverfolgen können wir die Endung -in, wenn wir Dokumente in russischer Sprache berücksichtigen, und zwar über die ganz wenigen Juden, die vor der ersten Teilung Polens unter moskowitischer Herrschaft geduldet wurden.59 Zu unserem Thema gehört schon 1563 Izrail', zyat' Sarki 'Israel, der Schwiegersohn einer Sarka', d.h. Sara, aber die Ausdrucksweise ist noch nicht erkennbar idiomatisch; 1637 folgt Yaktib, Gitlinov zyat', 'Jakob, der Güteische Schwiegersohn', mit einem Doppelsuffix, das man später wenigstens sporadisch in jiddischen matronymischen Familiennamen wie Gol'dinov, Zel'dinov findet. 1735 haben wir dann Lejba Frumcin', im Jiddischen wird unpalatalisiertes Frumkin das Normale sein, aber Palatalisierung ist bei Beider immerhin in der Variante Frimtsis belegt. Von jiddischer Seite selbst geschriebene Formen auf -in haben sich aber bisher, wie gesagt, erst nach 1800 gefunden. 4.4.2 Im Westen Wie steht es nun mit der Verkümmerung der Matronymika im Westen? Gewiß, die Grenze ist nicht scharf, es gibt eine Verebbungszone. Bei den außerordentlich engen Verbindungen der Prager mit der numerisch kleineren Wiener Gemeinde, wie sie z.B. aus den Prager Briefen von 1619 hervorgehen, fällt von dem böhmischen Glanz selbstverständlich ein Abglanz auf Wien und etwas später und schwächer z.B. auch auf Eisenstadt im Burgenland. Wenn etwa ein Rabbiner Salomon Mirels zuerst in Wien, später in Berlin, schließlich in Hamburg belegt ist, so müssen wir ihn natürlich als Wiener zählen, dürften aber von vornherein ver59
Die folgenden Zitate sind entnommen bei Beider 1993: 7; die Regesty i nadpisi. Svod materialov dlya istorü evreev Rossü, 3 Bde., Petersburg 1899-1913, waren uns nicht zugänglich.
Ost contra West
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muten, daß die Wiener Mirels ein Zweig der Prager Familie sind was sich in diesem Falle auch streng nachweisen läßt.60 In Eisenstadt wiederum werden nach 1700 Zweige der Margtilies und der Jeiteles heimisch. Ein Simon Wiener ist verheiratet mit Bella geb. Nenneies,61 ein David Kracauer mit Vogela geb. Paschkes; beide können ihre Frauen mitgebracht haben. Rebekka Rachel Kressel62 stammt irgend aus der Fremde, ohne daß ihr Grabstein ihre Herkunft präzisiert. Kurzum: Wien und Eisenstadt sind für Matronymika sichtlich schon Peripherie.63 Eine ähnliche Peripherie gibt es, wie zu erwarten, im damaligen nordostdeutschen Sprachgebiet. Ein Moses Sprinzes läßt 1689 in Dyhernfurth drucken; ein Amsterdamer Autor des Jahres 1718, Mordechai Gimpel b. Loser Hindels, stammt aus Zülz in 60
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Wachstein 1912(-17): Nr. 240. Ähnliche Fälle (über die Daten zugänglich): ^tnyff Sertel 1625 (Sohn des Prager Autors!), nv'rnö Margolies 1631 (mit derselben Einschränkung wie bei den Regensburger, den Prager, den Eisenstädter [vgl. S. 41, Anm. 63] und sonstigen Trägern dieses Namens; vgl. oben S. 28), P^ID Maries 1655 ('aus Prag'), S3Brn3 Batscbeba 1661 ('Batscheba, Tochter des Ascher Batscheba'; also der Prager Familienname, obwohl uns die Verbindung im einzelnen unklar ist), Pm Roses 1723 ('aus Prag'), Duscbenes 1757 (dgl.). Ferner, immerhin auch aus dem heutigen Tschechien: Dines 1720 ('aus Nikolsburg'). Es bleiben dann nur ganz wenige beziehungslose Namen: WT^XJ Goldes 1623, Ü3S7H Hennes 1625, P1?!»! Nenneies 1658 (vgl. die folgende Anm.). Der Frauenname Nanna, Nenchin, Nengin kommt mehrfach in Köln schon zwischen 1304 und 1315 vor. Da zwei der drei so heißenden Frauen auch Xlll Genanna bzw. Genengin genannt werden, ist Nanna usw. nur eine abgeschliffene Form (Kinderform?) von Genanna (Höniger-Stern 1888: Nr. 250, 256, 261, 271, 290, 291, 298, 321, 324). Genanna seinerseits ist von Gumperz (1955/56: 351 Anm. 35) richtig erklärt als 'die denselben Namen trägt (wie die Großmutter)'. Der Name Nencben hält sich bis nach 1800 (Klibansky 1924-1926: 80, 139). Der Frauenname Kress(el) ist seit 1298 (Salfeld 1898: 44) kontinuierlich belegt; mehrere Herkunftshypothesen sind in der Diskussion. Wachstein 1922 (über die Daten zugänglich): Nenneies 1701, Paschkes 1703, Jeiteles (ab) 1725, Margtilies (ab) 1727, Kressel 1769. Einzelne weitere erst nach 1800: so 1820 Zipperl, Tochter des Beer Reicheis, aus Nikolsburg; 1835 Hirsch Perles, dessen Vater 1821 als Rabbiner nach Eisenstadt berufen worden war.
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Oberschlesien; 1756 wird in Königsberg die neue Synagoge von Rabbi Levin Marens eingeweiht.64 Aber kommen wir zum westjiddischen Kernbereich. Auch da gibt es eine kleine Insel wenigstens relativer Resistenz: das Elsaß. In den Akten der Volkszählung von 1784 findet man noch klare Belege: die Kinder der Witwe Zorle Süssmann sind Zall Zorle, Fromel Zorle und Lessei Zorle, der Sohn der Witwe Bässel ist Lippmann Bässel. Auch Karl Emil Franzos läßt in seinem Roman »Der Pojaz« einen jüdischen Sergeanten der napoleonischen Heere, Maurice Ettelmann aus Colmar, auftreten. (Ettel ist Koseform von Esther.) Und noch heute gibt es elsässisch-jüdische Familiennamen wie Guitelmann [/gi/] und Guitelsohn [/gi/].65 In Schwaben finden wir einen spektakulären Fall: die Bankiersfamilie (von) Kaulla. Die Stammutter der Familie ist Chaile (< Hajele}/ Caroline (1739-1809), Tochter des Rafael Isaak. In der Generation ihres Vaters fehlt der Name Kaulla noch. Sie selbst erscheint 1768 erstmalig als Kaulla Raphael und war bald als Madame Kaulla bekannt. Der Name ist offensichtlich als ursprüngliche Koseform (vielleicht mit Anklang an kaulfej ~ standardjidd. kojl 'Kugel') von Chaile/Caroline nicht zu trennen. Ihr elf Jahre jüngerer Bruder und Associe Jakob Raphael Kaulla hat also wohl seinen Beinamen bereits nach seiner berühmten Schwester. Die Kinder von Madame Kaulla und dem zurückgezogen lebenden Toragelehrten Akiba Auerbach führten den Familiennamen Kaulla, ebenso die Nachkommen von Madame Kaullas Bruder.66 Umso eindeutiger negativ ist das Bild jedoch überall sonst. Im Frankfurter Raum, wo wir 1562 Jokev Blümeles vorgefunden haben, bieten die über 5900 Grabsteine des Frankfurter Friedhofs nur drei überhaupt diskutable Fälle. 1751 stirbt die Tochter 64
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Steinschneider 1852-60: Nr. 6479, 6222 = Cowley 1929: 470, 454. Jolowicz 1867: 91. - Marens zu Mirjam > Merjam > Mar jam. Paul Levy 1960: 47f. Er weist mit Recht darauf hin, daß Matronymika von einer veuve dirigeant SA famille avec hon sens et autorite stammen können. - Zu Etl als Koseform von Ester vgl. Stankiewicz 1969: 275 (und 273) und Beider 1993, Art. Ettel', Etel's, Etel'zon. Vgl. NDB 11 (1977) s.v. Kaulla mit Lit. - Für den Hinweis auf diese Familie danken wir dem Kollegen Stefan Rohrbacher, Duisburg.
contra West
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eines Gaon Salman o'jT'ö - aber das ist wieder der bereits genannte Rabbiner Salomon Mirels aus Wien-Berlin-Hamburg. 1764 stirbt die Frau eines Mendele m^Ü Teibesf7 1798 die Frau eines Lob Dl*1") Reines.™ Bei solchen vereinzelten Fällen drängt sich der Verdacht auf, daß es sich um Zuwanderer handelt - etwa so, wie dann 1831 auch die Jeideh (Jeiteles), über Würzburg aus Prag kommend, noch einen Frankfurter Familienzweig begründen.69 In diesem Zusammenhang ist es ferner bezeichnend, daß selbst SpezialUntersuchungen über jüdische Familiennamen in Deutschland die Kategorie der Matronymika weder dem Terminus noch der Sache nach in den Blick bekommen - so 1907 und 1917 für Frankfurt am Main Dietz und Adelheid Schiff, 1927 für Baden Dreifuß, von kleineren Arbeiten z.B. 1926 für Köln Kober, 1927 für Kassel Horwitz,70 für Frankfurt an der Oder Werwach, 1928 für das rechtsrheinische Rheinland Gänsen, 1929 für Mecklenburg Silberstein; 1935 schreibt Keßler für die jüdischen Familiennamen des ganzen Deutschen Reiches, Matronymika seien 'vereinzelt' geblieben.71 67
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Wenn Matronymikon, dann zu Taube, wobei der Umlaut (/taibe/) wieder aus dem Diminutiv geholt wäre (vgl. oben S. 7, Anm. 24). Horovitz 1901 (jeweils über die Daten zugänglich). Dietz 1907: 158. In Kassel legen sich allerdings 1808 einzelne die Namen Bellson und Jachson zu, ohne daß Horwitz (1927: 286) das kommentarbedürftig findet. Keßler 1935: 64. Er gibt sieben Beispiele ohne Quellen oder Lokalisierungsangaben, dann neun Beispiele für die (doch ganz seltenen!) Matronymika bei Deutschen. Umgekehrt war Keßler (op. cit. 87-89) freilich mit Gottschald (1932: 124) der Meinung, daß jüdische Neunamen des 19. Jhs. wie Blumen-feld, Braun-thal, Edel-stein, Freudenberg, Glück-stern, Gold-mark, Gut-freund, Perl-mann, Reichenheim, Rosen-stock, Schön-berger, Vogel-baum usw. in ihrem ersten Teil eine bewußte »Anknüpfung an alte jüdische Mütternamen« enthielten. Daß dies unbeweisbar ist und wohl höchstens gelegentlich zutrifft, haben unter anderem Levy 1960: 48 und Beider 1993: 39 betont. Stillschweigend ganz beiseitegeschoben hat diese Theorie Uriel Weinreich in dem Abschnitt 'Jewish Family Names' in Lektion 23 seines College Yiddish, wo er von den Kombinationen mit Gnn-, Gold-, Rojsn- usw. nur kurz sagt, sie hätten zur Zeit der Namens-
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4.4.3 Zwei Gegenproben Noch eindeutiger beweiskräftig als diese regionalen Sonden sind vielleicht zwei Gegenproben. 4.4.3.1 Max Freudenthal (1928) hat nach den amtlichen Unterlagen die jüdischen Besucher der Leipziger Messen von 1675 bis 1764 zusammengestellt. Bedenkt man, wie flüchtig der Kontakt des christlichen Registrators mit den einzelnen Besuchern gewesen sein muß, die zudem kein Eigeninteresse an einer möglichst präzisen Registrierung hatten, so wird man sich hier von vornherein nicht über Einzelheiten streiten wollen. Immerhin, in Freudenthals Register finden wir 28 (Quasi-)Familiennamen, die sicher oder wahrscheinlich auf Matronymika zurückgehen. Unsere folgende Liste zeigt die Heimatorte der betreffenden Messebesucher auf. Matronymische Familiennamen hei den jüdischen Besuchern der Leipziger Messe 1675-1764 (Quelle: Max Freudenthal 1928. Register) Baschewi: Bindeiis: Bobele:72 Bobenes:73 Chajes: Duschenes: Edels: Geidel:76
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Prag Prag Dresden, Harburg, Mainz, Mannheim Prag Prag Neuhaus,74 Prag Fauerbach,75 Prag Großglogau
gesetzgebung als elegant gegolten. Auf Vorbilder aus der deutschen Theater- und Romanliteratur der Zeit um 1800 hat Dreifuß (1927: 108) hingewiesen. Wir betrachten diese Namen als nicht zu unserem Thema gehörig. Zu Bohl als weiblichem Namen vgl. etwa M. Weinreich 1973: 1.201 = 1980: 191 f. und Beider s.v. Bähe. Zum «-Infix vgl. den parallelen Fall Duschenes oben S. 31. Wohl das in Südböhmen, heute Jindfichuv Hradec. Wohl eines der beiden in Hessen. Vgl. oben S. 30 zu Jeitel(es), mit hyperkorrektem /g/ < //'/.
Ost contra West Gentus:77 Gieseles:78 Hendel:79 Henschke:80 Hentschel:81 Jeiteles/Jeuteles: Kätzeles: Mantelinkes:82 Meles: Merle: Metzel: Perel/Berel:83 Pesche/Patsche/ Pötschel/Petsche/ Petschauer:84 Porgis/Borgis: Redisch: Schola:85 Schöne:87 77
78
79 80
81 82
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45 Lissa Prag Wien Prag Berlin Prag Prag Prag Prag P fa g P fa g Prag, Teplitz-Soborten u.a.
Berlin, Prag Posen, Prag, Witzenhausen Prag Mistelfeld86 Posen
So viel wie Jentes, /3S/ nach Analogie der deutschen lateinisierenden Namen auf -us falsch 'aufgetont'. Tentativ mangels brauchbarer Alternative gestellt zu Gisje, Hypokoristikon von Gite (vgl. Beider s.v. Gutin). Zu 1 . Vgl. oben S. 29 zu Hankeies. Als jüdischer Familienname am ehesten wie Hendel letztlich zu 3 (vgl. oben S. 29 zu Hankeies), aber mit essentiell demselben Palatalsuffix wie in bei Perez (vgl. oben S. 5). Vgl. die vorige Anmerkung. [Korrekturnotiz: Statt vom Frauennamen Mail (Stankiewicz 1969: 272) und dem Suffix -inke (ibd. 282) besser mit Beider (1994: 23) vom Männernamen Mentlin, Mendelinka; somit hier zu streichen.] Möglicherweise von Freudenthal zu Unrecht zusammengefaßt und teilweise zum Appellativ (statt Frauennamen) 'Perle* oder sogar zum Männernamen Ber(l) gehörig. Außer Pesche und Pac (vgl. oben S. 31 zu Patscheies) ist das Toponym Petschau/Becov beteiligt; von Freudenthal also zu Unrecht zusammengefaßt. Schale als Frauenname ist entweder Nebenform zu Stile (< Sulamit) oder überlebendes Hypokoristikon zu dem mittelalterlich-jüdischen Frauennamen Scolastra; vgl. den heutigen jüdischen Familiennamen Schales. Wohl das bei Lichtenfels. Appellativ 'schön' (vgl. den nord- und ostdeutschen Familiennamen Schöne) nicht ganz auszuschließen.
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Taubeies: Temerles: Tillis:
Prag Prag Prag
21 Namen (also 75%) lassen sich für Prag, 16 davon (also 57%) nur für Prag nachweisen. Wir dürfen das als eine signifikante Überrepräsentation bezeichnen, auch ohne uns der mühsamen Aufgabe zu unterziehen, allgemein den Anteil der Prager an den Messebesuchern zu berechnen, und wir dürfen auch hier für die fünf in Prag plus anderswo belegten Namen verdachtsweise Prager Ursprung annehmen, zumal es zweimal um Streuung innerhalb Böhmens geht. 4.4.3.2 Als zweite Gegenprobe sei die Bilanz der Namen bei Glückel von Hameln vorgeführt. Glückel nennt etwa 215 Juden namentlich.88 Dabei werden aber nur drei Matronymika ausgesprochen, nämlich Mirels und Orgels, die beide faktisch schon Familiennamen sind, sowie Tockels^ in der Wendung tV^pXB D^T^X Tockels Eidam'. Auf wen beziehen sie sich? Wolf und Benjamin Mirels wohnen in Berlin und sind Sohn und Bruder des Rabbis aus Wien, also Mitglieder der ursprünglich Prager Familie; Rabbi Samuel Orgels war aus Krakau nach Altona gekommen; 'Tockels Eidam' ist Rabbi Mordechai Tockels in Lissa, der sich nach seiner Schwiegermutter und Gönnerin nennt. Mit anderen Worten, bei Glückel lassen sich die ohnehin sehr wenigen Matronymika alle als östlicher Herkunft erkennen. Wie erklärt sich nun diese onomastische Auseinanderentwicklung von West und Ost? Wir glauben: sie spiegelt eine familienstrukturelle Auseinanderentwicklung. Im Osten dominiert, wie bereits gesagt, die Institution der kest in ihrer sozusagen 88
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Die Indizes der Ausgabe Kaufmann 1986 (im folgenden: K. plus Seitenzahl) und der Übersetzungen Pappenheim und Feilchenfeld bedürfen der Nachprüfung am Kaufmannschen Text, da z.B. der Rabbiner Gabriel Eskeles (so alle drei Indizes und sogar Feilchenfelds Text!) von Glückel nur " ' , genannt wird. Tocke(l) u.a. (~ mhd. locke 'Puppe') ist als Frauenname in älterer Zeit gut belegt, z.B. in den Prager Grabinschriften (Hock 1892) •7J7XÜ, r^XÜ, V'VIÜ 1615, ·?? , VlÜ 1694.
Ost contra West
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klassischen Form: materiell zugunsten des jungen Ehemannes, der aus der Fremde kommt und inmitten der Familie seiner Frau zunächst als 'Lerner' sogar ein relativ introvertiertes Leben führen soll. Sofern im Westen überhaupt der Begriff kest (oder singularisch kost)™ gebraucht wird, wird diese Institution ganz anders gehandhabt. Exemplarisches Anschauungsmaterial kann uns Glückeis Buch liefern. Für das junge Paar Glückel und Chajim nehmen beide Elternpaare die kest auf sich (K. 60f., 68) die Institution soll also geschlechtsindifferent einfach dem Wohl des jungen Paares dienen. Zunächst wohnen die jungen Leute - umgekehrt wie im osteuropäischen Regelfall - bei den Bräutigamseltern, erst dann bei den Brauteltern. Chajim, obwohl fromm, verbringt seine Tage nicht mit 'Lernen', sondern mit Broterwerb; auf Hamburg als definitiven Wohnsitz fällt die Wahl aus Erwerbsgründen (K. 68). Die jungen Leute nehmen nur einen Teil der möglichen kest-"Zeit in Anspruch, nämlich je ein Jahr in Hameln und Hamburg; denn Chajim möchte - wie die Kulturanthropologen sagen würden - nicht uxorilokal wohnen, sondern neolokal, im eigenen Heim, was ihm schon nach dem ersten Hamburger Jahr auch gelingt (K. 73). Von Chajims Brüdern haben sich sowohl Abraham als auch Samuel zwar in Polen in ihren 'Lern'-Jahren mit einer Rabbinertochter verheiratet (K. 62, 66); aber sie waren nicht als Bräutigame vermittelt worden, sondern als Studenten gekommen, und das muß ihnen eben auch onomastisch von vornherein einen Eigenstatus verschafft haben. Chajims Schwester Jente wohnt nach ihrer Heirat mit einem Mindener 'einige Jahre in Minden' (K. 64), wieder gegen die osteuropäische Regel. Von Glückeis und Chajims Söhnen heiratet Mordechai eine Tochter aus der reichen Familie Ballin in Hamburg selbst, aber das junge Paar bleibt zwei Jahre bei den Bräutigams-, nicht den Brauteltern (K. 193). Lob, Josef und Samuel ziehen bei der Heirat zwar zu ihren Schwiegereltern nach Berlin, Kopenhagen und Bamberg, aber nicht um weiter zu 'lernen'. Von Lob erfahren wir explizit, daß er sich sofort in Geschäfte stürzt, wobei ihm sein Schwiegervater nach Glückeis Erwartung beistehen soll, aber nicht beisteht (K. 212, 215, 217). 90
So bei Glückel K. 193, 213; stattdessen auch DUITÖ, K. 68.
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Als Glückeis und Chajims älteste Tochter Zippora nach Amsterdam heiratet, findet die Heirat, obwohl Chajim noch lebt und schon wohlhabend ist, in Kleve beim Bräutigamsvater statt, und der Bräutigam kommt nicht einmal kurzfristig nach Hamburg (K. 144-157). Ganz entsprechend bei der Heirat der dritten Tochter, Hanna, nach Hannover: kein Schwiegersohn kommt zu Chajim und Glückel nach Hamburg (K. 184). Auch als die vierte Tochter Hendele91 nach Berlin heiratet, bleibt das junge Paar dort (K. 227). Daß hier Witwe Glückel keine kest leistet, kann man nicht aus ihrem Witwenstand erklären; denn die Bräutigamsmutter ist auch Witwe - und möchte ihren Sohn bei sich behalten (K. 215f., 226f.). Kurzum, die &esi-Abmachungen sind so flexibel der jeweiligen Situation angepaßt, daß sie im Durchschnitt weitgehend geschlechtsindifferent sind, insbesondere kein introvertiertes 'Lernen' des Mannes begünstigen. Damit hören sie natürlich auch auf, Ursache und Stütze matronymischer Benennungen zu sein.92 Bei Glückel profitieren vom Fehlen der Matronymika nicht die Patronymika, sondern die geographischen Beinamen - für sie 91
92
Offensichtlich ist der etymologische Zusammenhang zwischen Hanna und Hendel schon nicht mehr allgemein bekannt. Daß hier die Eltern zwei verschiedene Namen meinen, wird durch Glückeis Graphien bestätigt: den Namen der dritten Tochter schreibt sie immer 1 Chane mit " (K. 128, 134 u.ö.), den der vierten Tochter ' Hendelchen (K. 191), ^ , ^lism Hendele (K. 215, 228) immer mit ~ . Auch das bekannte Gedicht Boschreibung fun Askenas un Polak, zweimal in Prag ohne Jahresangabe gedruckt (Steinschneider 1852-60: Nr. 3426f.), laut M. Weinreich (1929: 538) wohl beidemal um 1675-80, berührt die &est-Frage. Der (West-)Aschkenase betont als wesentlichen Unterschied gegenüber den Gebräuchen des polnischen Juden (v. 303f.): IS CH O1TÜ) ? " 1? '"»tllX 1KB TO flu fl« pol -) pS7j? -pT ICT Tarn Üttny "PO ra ,p»n ('auch pflegen wir für unsere Kinder keine Heiraten zu vermitteln, bevor wir nicht wissen, daß sie sich ernähren können') - was also 'Lernen' als Hauptberuf des Mannes von Anfang an ausschließt. Dem Prager Juden wirft er vor (365ff.), in Prag verspreche der Brautvater dem künftigen Schwiegersohn zwar drei Jahre kost (also in osteuropäischer Weise!), verweigere sie ihm aber schon nach vier Wochen; denn inzwischen sei das ganze Mitgiftgeld auf JTlim 1 nWö» 1 11 ('für den Kantor, den Synagogendiener und den Rabbi') draufgegangen.
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als Kauffrau die praktischste Ausdrucksweise. Auch ihren Mann nennt sie, wo sie einmal formal sein muß, R. Chajim V'IO V'OSM Hamel Segal (K. 192). Als erblich erweist sich der Name dann in der Generation von Glückeis Söhnen (K. XLV). Hätte Glückel in Prag oder weiter östlich gelebt, so wäre stattdessen wahrscheinlich sie selbst als geradezu prototypische Matriarchin-Witwe zur Namengeberin einer Familie *Glikeles, *Gliklis geworden. (Gliklis ist nach Beider wirklich in Wblhynien und Podolien belegt.)
5
Matronymika im Verkehr mit dem Jenseits
So weit also die Entwicklung selbst und die familiensoziologischen Faktoren.1 Mit dem Ideal des sozusagen hauptberuflichen 'Lerners', wie es sich ungefähr um 1600 nach Osteuropa zurückzog,2 geriet schon einer der religiösen Faktoren in unser Blickfeld; die anderen religiösen Faktoren bleiben nun zu betrachten. 1
2
Man kann noch fragen, wo in diesem Bilde die Italo-Aschkenasen ihren Platz gehabt hätten. Da der Name Adelkind im Nürnberger Martyrologium zweimal vertreten ist (ÜJO^IX , ^ ), und zwar als Frauenname (Salfeld 1898: 386f.), da überdies auch die anderen dortigen Adel-Turnen, das dortige Edel sowie das spätere einfache Adel (~ Odl - Udl) Frauennamen sind, liegt wahrscheinlich auch bei Cornelio und Daniel Adelkind ein Matronymikon zugrunde, das sogar schon in einen erblichen Familiennamen übergeht. Im 16. Jh. sind weiterhin die SnttfTQ (> Basevi) von Verona (mögen sie nun mit der Prager Familie zusammenhängen oder nicht) in die jiddische Literaturgeschichte eingegangen als Drucker von Paris un Wiene und Kü'-huch und sind jetzt auch aus einer jiddischen Urkunde des Jahres 1590 bekannt (Carpi 1993 passim; EJ, Art. Basevi). Im 20. Jh. gibt es, nach Schaerf (1925) zu urteilen, in Italien keine Adelkind mehr, wohl aber bekanntermaßen die Basevi. Unter den 1650 Familiennamen (von 9800 Familien) bei Schaerf op.cit. 16-29 können wir nur etwas mehr als ein Dutzend Matronymika finden: Ades (< Hades), Basevi, Beilinson, Breinin, Chajes, Czatzkis, Dina, Ghissin, Mires, Porges, Sprinzeles, Susin, Zipper. Aus lautlichen oder orthographischen Gründen scheinen uns nicht wenige davon erst in den letzten Jahrhunderten aus Osteuropa nach Italien gekommen zu sein, wobei die gemeinsame Zugehörigkeit von Teilen der Slavia und Teilen Norditaliens zur Habsburgermonarchie die Migration erleichtert haben dürfte. Von ihnen abgesehen, stellt sich also für unser Thema das Italo-Aschkenasentum essentiell zum Westen. 'Zurückzog' - denn wenigstens in gewissem Grade war dieses Ideal ja vor 1600 auch beim zentraleuropäischen Judentum bekannt. Toch (1993: 37) zitiert aus dem Ende des 12. Jhs. das Trauergedicht des R. Eleasar ben Juda von Worms auf seine ermordete Frau Dulcia: »Sie
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5.1 Im alten Orient In vielen Kulturen des Orients - von der altägyptischen über die hellenistische und die mandäische bis zur mohammedanischen3 nannte man sich im Verkehr mit dem Jenseits grundsätzlich matronymisch: 'Ich, A Sohn der B'. Die Sitte entstand möglicherweise im Dunkel der Vorgeschichte in mehr oder minder mutterrechtlichen Kulturen, bei denen die Vaterschaft viel unsicherer war als die Mutterschaft;4 aber auch wo die Sitte später nicht nur weitergetragen wird, sondern gelegentlich gerechtfertigt werden soll, geht die nunmehr rationalisierende Begründung gewöhnlich in die Richtung 'mater semper certa'. Die matronymische Formel findet sich dann z.B. auch auf einer griechischjüdischen Beschwörungstafel des 3. Jahrhunderts. Ludwig Blau betont, daß auf der Tafel keine Götzennamen vorkämen; der Zauber sei hier also mit dem Monotheismus nicht grundsätzlich unvereinbar.5 Was wichtiger ist, in der Form ploni ben plonit oderplani bar planita erscheint die Formel eine ganze Reihe von Malen im Talmud (Sabbat 66b-67a, Pesahim 112a, Joma 84a, Gittin 69a-b), nämlich in festen Heilungs- und ZauberabwehrSprüchen, teilweise im Munde hochberühmter Rabbinen wie Rav, Rabbi Hijja oder Abbaje. Abbaje erklärt ausdrücklich, seine
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speiste und kleidete ihn in Würde, so daß er Torastudium und gute Taten üben konnte; ihre Arbeit versieht ihn mit Büchern.« Und noch im Sefer middot (Isny 1542, fol. 22v) lesen wir: er sol gedenken, das in sein weih' behüt vor sündin, das er nit darf s nuss ('Unzucht') treiben mit anderen -weiben, un" das er mit seinem weih' kinder gewint, di' si3 im der-zicht un si' zu alem guten go-went, uri si' kocht im un tut im al sein bedurfnis im hous zum besten, drum is er müsig, das er kan thöre lernen un mizvess un maesim tovim ('gute Taten') kan tun zum besten, do helft si' im zu, darum sol er si' lib' haben [...]. Winkler 1930: 25, 74 (altägyptisch, mohammedanisch); Lewy 1931: 191 (hellenistisch, mit Lit.), 192 (mandäisch); Trachtenberg 1939: 115 (hellenistisch, mandäisch, arabisch); Enc. Isl., Art. Ihn (Sp. 691 unten; arabisch). Vgl. etwa Herodots berühmte Stelle (1.173) zum Mutterrecht bei den Lykern. Aus der umfangreichen neueren Literatur sei hier nur hingewiesen auf Wesel 1980: speziell 36—40. Blau 1898: 97ff.
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Amme habe ihn gelehrt, bei allen Heilformeln werde der Name der Mutter genannt (Sabbat 66b).
5.2 Im mittelalterlichen Europa In Europa hat dann z.B. das »Sefer Hasidim« die matronymische Formel in einem Spruch zur Abwehr der Erscheinung eines Toten.6 Auch der »Zohar« kommt mindestens zweimal auf diesen Gebrauch zu sprechen. Einmal erläutert dort Simeon b. Jochai, weshalb David in Psalm 86.16 Gott anrufe * $1 TOWP1? 'hilf dem Sohn deiner Magd' und nicht 'hilf dem Sohn Isais': in Bitten an den Himmel solle man um der absoluten Verläßlichkeit der Aussage willen den Mutternamen nennen. Später ist beim Thema Balak die Rede davon, daß Zauberer aus diesem Grunde immer den Mutternamen benutzen.7 (Eine merklich andere Begründung gibt allerdings um 1300 der italienische Kabbalist Menahem Recanati: man nenne beim Zauber den Mutternamen, weil »alle Magie von der Frau ausgehe«.)8 Natürlich reichen Talmud, »Sefer Hasidim« und »Zohar« aus, damit die Gebrauchsweise ständig im ganzen aschkenasischen Judentum bekannt blieb. Wenn z.B. schon in den frühen jiddischen Frauenbittgebeten, den »Tebinnot«? ständig die Formel wiederkehrt: ich maid tochter deiner maid, so ist das parallel zu der eben vorgeführten Deutung von Psalm 86 zu verstehen. Im Gebet10 bei Krankenbesuchen verwendet zwar Aharon ha-Kohen in seinem »Orhot fyajjim«, geschrieben 1330 auf Mallorca, noch den Vatersnamen; doch die Fassung von Landshuth, Berlin 1867, verlangt stattdessen den Mutternamen. Auch in den Gebeten bei der Leichenwaschung, auf dem Friedhof nach der Beerdigung, im 6 7
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Ed. Margaliot 1970: §237. Übersetzung Sperling u.a., I 280f. (= f. 84a des Originals), III 54 (=f.!7b). Trachtenberg 1939: 116. Z.B. in den Tehinnot Amsterdam 1648 und 1650 (Steinschneider 1852-60: Nr. 3169f., Cowley S. 575), die jetzt beide auf Microfiche zugänglich sind. Zu diesem und den folgenden Gebeten Lewy 1931: 189 f.
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Trauerhause nach dem 'Lernen' sowie allgemein während des Trauerjahres und zur 'Jahrzeit' ist im 19. Jahrhundert selbst in Deutschland, also außerhalb des chassidischen Einflußgebietes, der Muttername üblich. Alle diese Verwendungen des Mutternamens repräsentieren zwar weder den Alltags- noch den Synagogalgebrauch. Dennoch glauben wir, daß sie auf das aschkenasische Bewußtsein sozusagen rahmensetzend wirken mußten: sie machten es ein für allemal unmöglich, Matronymika lächerlich zu finden. Und das war viel; denn Seltenheit von Matronymika11 bei den meisten nichtjüdischen Völkern Europas setzt ja doch wohl ein gewisses Macho-Bewußtsein voraus: inmitten einer sich patrilinear definierenden Umgebung hieß 'man' nicht gern nach einer Frau.
5.3 Bei den Chassidim in Osteuropa Im chassidischen Bereich bestimmten nun diese religiös motivierten Mutternennungen nicht nur, wie wir schon ausgeführt haben, die Atmosphäre eines din-tojre, sondern reichten noch ein ganzes Stück weiter in den Alltag hinein. Einer der markantesten chassidischen Gebräuche bestand ja darin, daß die Gläubigen ihre Anliegen entweder selbst auf Zettel, sogenannte kwitlech, schrieben und diese dem Zaddik oder dem ihm assistierenden Gabbai überreichten oder aber ihre Anliegen dem Gabbai zur Niederschrift in eine Rolle vortrugen; der Zaddik gedachte dieser Anliegen dann in seinem Gebet.12 Natürlich drückte man sich deshalb auch schon bei der Formulierung der Anliegen matronymisch aus. Der Gebrauch war so markant, daß um 1800 auch der Prediger David von Makow in einer antichassidischen Satire die chassidischen Gläubigen matronymisch benannte: »Moses, den Sohn der Gitel« oder - wohl mit einer Spur Spott - »Samuel, 11
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Und erst recht ihre allmähliche, sozusagen systematische, wenn auch halbbewußte Zurückdrängung, wie sie Bach im Deutschen zu beobachten glaubt (vgl. S. 2, Anm. 5). Vgl. etwa einerseits Buber 1922: 222 und Lewy 1931: 191, andererseits An-Skis Dybbuk und Dubnow 1931 [1969]: 2.285ff.
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den Sohn der Ada oder der Zilla«.13 Im Alltag der Gläubigen nahmen diese Anliegen zweifellos einen viel prominenteren Platz ein als die dünn gesäten Gelegenheiten zum Gebrauch des offiziellen patronymischen ojfrufnomen. Nach Max Grunwald ging übrigens in manchen ungarischen Gemeinden die Vorliebe für diese Mutternennungen so weit, daß sie dort selbst auf den Grabsteinen die Regel sind14 - wohlgemerkt statt der Vaternennungen und nicht, wie in Prag die matronymischen Familiennamen, als verdeutlichender Zusatz. In einem berühmten Fall ist die Beziehung zwischen der hochreligiösen und der alltäglichen Mutternennung schon 1931 Gegenstand der Wissenschaft geworden, als Simon Dubnow sich in seiner »Geschichte des Chassidismus« mit R. Lejb tores befaßte.15 1701 war in Amsterdam erstmalig das kabbalistische »Sefer Razi'el« gedruckt worden; darin wird auch der Text eines Amuletts gegeben, in dem die Engel beschworen werden, »das Herz des Lob ben Sara für das Torastudium empfänglich zu machen [...] und ihn vor jeglichem Zauber und Ungemach zu bewahren.« Da Lob wie Sara gängige Namen sind, dürfte das, wie Dubnow ausführt, einfach im Sinne von ploni ben plonit gemeint sein. Von 1730-1791 lebte dann jener chassidische Zaddik, der unter dem Namen Lejb Sores so legendär wurde, daß so verschiedene Autoren wie Perez, Bashevis Singer, Martin Buber und Elie Wiesel seiner gedenken.16 Die Anhänger von Lejb Sores waren nun überzeugt, daß das »Sefer Razi'el« durch göttliche Fügung im voraus ihren Meister meine. Auch wenn man mit Dubnow das Zusammentreffen letztlich für Zufall halten wird, ist bemerkenswert, daß für die Anhänger der religiöse und der Alltagsgebrauch faktisch identisch waren. Wir dürfen deshalb für die chassidischen Einflußgebiete durchaus im Sinne Altbauers annehmen, daß der eine Gebrauch 13 14 15 16
Bei Dubnow op.cit. 2.287. Grunwald 1933: 161 Anm. 2. Dubnow 1931 [1969]: 2.41f. J. L. Perez, 'Schma Jisroel' oder 'der has', in: Ale werk, V 197; Isaac Bashevis Singer, The black wedding, in: An Isaac Bashevis Singer Reader, S. 101; Martin Buber, Schriften zum Chassidismus (Werke Bd. 3) 202 u.ö.; Elie Wiesel, Chassidische Feier, S. 65.
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den anderen quantitativ gefördert hat. Andererseits sind nun aber die jüdischen Gemeinden im England des 12./13. Jahrhunderts, im Koblenz oder Nürnberg der Zeit um 1400 und selbst im Prag des 16. Jahrhunderts nicht durch sozusagen proto-chassidisches Klima ausgezeichnet. Die noch stark spezialisierte religiös-matronymische Ausdrucksweise von Talmud, »Sefer Hasidim« und »Zohar« kann dort eine gewisse 'ermöglichende', rahmensetzende Funktion gehabt haben; aber gerade den zeitlich-räumlichen Ablauf kann sie nicht erklären. Hier scheinen uns die soziologischen Faktoren durchaus zu überwiegen. Jedenfalls wird man für die Gesamtheit des Phänomens 'aschkenasische Matronymika' auf keine von beiden Ursachenkategorien ganz verzichten können, so daß in deren Verschränkung eben das methodisch Interessante liegt.
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Register
Aufgenommen sind nur Matronymika (nicht weibliche Vornamen), und zwar die graphisch verschiedenen Formen einzelner Namen getrennt. Zu beachten ist, daß infolge räumlich und zeitlich unterschiedlicher Lautungen und durch das Zusammentreffen mehrerer verschiedener Umschriftsysteme häufig etymologisch verwandte Namen nicht mehr nahe beieinander stehen. - Seitenzahl kursiv: der Name steht in einer Anmerkung. Ada: s. Sohn Adelkind 50 Adels 38 Ades 50 Agnesin 15 Aleidis: s. filius Alte 15 An-Ski 11 Bäbe 15 Basches 5 Baschewi 44 Basevi 30, 50 Bashev 15 Bashevis J, 11 Basman 3 bass (bat) Rojse Glike 10 Bässel 42 Bassevi 29, 30 Bassin 3 Bat-Miriam 12 Batnit 18 Batscheba 41 Beilinson 50 BejP 15,23 Bejle-Mindl: s. tochter Bejlik 11 Beladina 18 Belkes 11 Bellson 43
ben ha-Nessiah 20 ben Henje 10 ben Hodes 10 Ben Malca 18 ben Rivke 10 ben Sara 54 Ben-Sarah 12 ben Zipe 4 Benaissa 18 Benatti 18 Benesther 18, 18 Benita 18 Besel' 15, 23 Bindeies 31, 32 Bindeiis 44 Binin 15 Blumeles 23, 27, 42 Blumes 23, 27 Blyumin 15 Bobe 23 Bobele 44 Bobenes 44 Bodanin 15 Bone: s. fil Bones 15 Borgis 45 Brainin 3 Brajnes 7, 37 Braunes 33
64 Breindels 11 Breinin 50 Brojnis 15 Brokeles 11 Erokhin 15 Bules Schwiegersohn 21 Bunes 32 Chaje-Trajnes 7 Chajes 33, 44, 50 Chajkels 5, 33 Chajkin 11 Chane-Dobkes 9 Chanzjes 5 Charna 15 Chinkes 9 Cippure: s. filia Czatzkis 50 Daiches 38 Dajkhes 15 daughter of Shifrah 10 de na Rosa 22 Deborin 12 Dina 50 Dines 41 Dinezon 3 Dinin 15 Dintsches 4 Dobrin 15 Dobrusche 25 Dobrushin 3 Drazne 15, 23 Drejzin 15 Dul'tsin 15 Dunie 15 Duschenes 31, 41, 44, 44 Dushke 23 Dushkin 11 Dvojre-Kejles 9 Dvojrin 15 Dvorahs 10 Dvorkes 9 Dvosches 5 Dworeles 30 Edels 30, 38, 38, 44 Egudes 15 E(i)del(e)s 38
Register Ejdel' 15 Ejgel' /; Ejrush 15 Eles 38 Elin 15 Entel' 15 Eskeles 46 Ester 15 Esther 26 Esthersohn 12 Etel's 42 Etel'zon 42 Ettel' 42 Ettelmann 42 Feige: s. son Feigeies 6 Fialka 15 fil Bone 13, 20 filia Cippure 20 filia Mammune 20 filii Mammune 20 filius Aleidis 20 Finkel' 15 Flekeles 31 Fojgel' 15 Frejd 15 Frimmes 34 Frimtsis 40 Frumcin 40 Frumin 15, 34 Frumkin 3, 12, 40 Gadasa 15 Gail 15 Galis 15 Geidel 44 Geles 31 Geli 15 Gelle's 6 Gentus 45 Ghissin 50 Gieseles 45 Gik: s. ibn Ginde 15 Ginendelis 15 Giqatilla: s. Ibn Gitel: s. Sohn
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Register Gitlin 14 Gitlinov zyat' 40 Gitlins 14 Gitlis 14 Glike: s. bass Glikin 15 Gliklis 49 Glikovsky 3 Gnessin 12 Golda /5 Goldes 41 GoPdinov 40 Goldovsky 3 Grünes 28 Grunin 15 Guitelmann 42 Guitelsohn 42 Gutin 15 ha-Nessiah: s. ben Hankeles 29, 30, 45 Hendel 45, 45 Hendeles 38 Henje: s. ben Henneles 30 Hennes 41 Henschke 45 Hentschel 45 Henye: s. son Hinde 8 Hindels 41 Hodes: s. ben ibn Gik 18 Ibn Giqatilla 18 Jachson 43 Jaknit 24 Jeidels 43 Jeiteles 30, 41, 41, 43, 44, 45 Jentes 45 Jeuteles 45 Jokhved 15 Judith: s. Sohn Juta 26 Kätzeles 45 Katzes 28 Kaulla 42, 42 Kaunes 33
Kejles 4 Keles 33 Kenin 15 Ketzeles 28 Keynes 33 Khain 15 Khanenson 24 Khanin 15 Khavin 15 Khejnis 15 Khvoles 15 Kindeles 34 Koynes 33 Kresil 15 Kressel 41, 41 Krojn 15 Kunin 15, 33 Lane 15 Leah: s. son Lein 15 Leje-Dwosjes 8 Leyeles 3, 12 Liba 15 Libes 34 Libin 3, 12 Linkind 15 Lyuba 15 Machles 34 Makhlin 15 Malca: s. Ben Malka 15 Malkenzon 24 Malkes 29, 30, 33, 40 Malkin 3, 39, 40 Mammune: s. filia, filii Marens 42, 42 Margolies 28, 41 Margoli(u)s 15 Margoshes 3 Margulies 41, 41 Marjamtschik 9 Maries 41 Meitels 11 Meitlis 3 Mejt 15, 30 Meles 34,45
66 Menuches 7 Menukhin 15 Merkin 11 Merle 45 Merles 31 Metses 30 Metzel 45 Metzeles 30 Minin 15 Minnes 29 Mireles 9, 33 Mirels 40, 41, 43, 46 Mires 50 Mirimov 15 Mirkin 10, 11 Muschkateles 26, 34 Mushkat 15 Muskat 26 Muskatels 13, 35 Natin 15 Nechama 32 Necheles 32 Nekhamin 15 Nenneles 41, 41 Ogushevich 15 Orgel(e)s 28, 46 Orjes 28, 33 Osnas 15 Pacovsky 31 Pascheles 31 Paschkes 31, 41, 41 Paschkus 31 Patsche 45 Patscheies 31,45 Perel' 15, 45 Perles 28, 41 Perlis 11 Pesche 45 Pesches 5 Peshe: s. son Pesheles 11 Peshkin 11 Petsche 45 Plumel 25 Forges 29, 50 Porgis 45
Register Porjes 29 Pötschel 45 Priva 15 Priwes 35 Radkinson 3 Raizes 38 Raizman 3 Rajkhe 15 Rajtsin 15 Rashkas 11 Rashkes 11 Redisch 31, 45 Reichels 41 Reines 43 Rejnin 15 Rejzelovich 26 Relins 34 Reseles 32 Reynette: s. Tochter Reynetten Mann 21 Rikeles 32 Riveles 2, 38 Rives 2,3 Rivesman 2 Riveson 2 Rivin 2 Rivke: s. ben Rivkes 2, 10, 38 Rivkin 2, 3, 12, 15, 39 Rivkind 2 Rivkovic 2 Rivkovich 26 Rivlin 2, 38, 38, 39 Rivman 2 Riwkin 9, 40 Rochlin 9, 39, 40 Rochman 3 Roda 15 Rodkinson 12 Rojse: s. bass Rojza 15 Rokheles 15 Rosa: s. de na Roseies 6 Roses 29, 41 Royskes 11
Register Royskez 11 Rukhames 15 Sara: s. ben, Sohn, Tochter Sarki: s. zyat' Schejnis 6 Schola 45 Scholes 45 Schöne 45 Serkes 38 Sertel 24, 41 Sertel(s) 24, 24 Sertlen 24 Sheinowicz 26 Shejnin 15, 26 Shifrah: s. daughter Shifre 15 Shprints 15 Shprinzak 3 Shulich 15 Shushan 15 Sima 15 Simmel(e)s 33, 34 Sinovich 26 Sirkes 38,38 Slatkes 33 Slava 15 Slawes 23, 32 Sloves 3 Sofkin 15 Sohn der Ada 54 Sohn der Gitel 53 Sohn der Judith 6 Sohn der Sara 6 Sohn der Zilla 54 Söhne der Zeruja 17 Sojbel' 15 son of Feige Leah 10 son of Henye Peshe 10 Sore-Rivkes 7 Sores 54 Sorin 15 Sorkess 11 Sprinz 25 Sprinzeles 50 Sprinzes 41 Sulkes 38
67 Susin 50 Syrkin 3 Tamara 15 Taube 15 Taubeies 34, 46 Teibes 43 Temerles 32, 46 Temers 32 Temzes 4 Tiles 15, 32 Tillis 46 Tirtses 15 Tochter der Reynette 21 tochter fun Bejle-Mindl 10 Tochter unserer Mutter Sara 25 Tockels 46 Tojbes 7 Trajne 15 Tsanin 3 TsejteP 15 Tsinis 15 Tsiporin 15 Tsive 15 Tsvitkis 15 Velikin 15 Vite 15 Witels 5 Yakhnin 15 Zcornike 25 Zeitlin 3 Zeldin 3 Zel'din 15 ZePdinov 40 Zerlin 25 Zeruja: s. Söhne Zilla: s. Sohn Zimmel(e)s 32, 33, 34 Zipe: s. ben Zipes 38 Zipkin 11 Zipper 3, 50 Zivjes 4 Zlatin 15 Zorle 42 Zusin 15 zyat' Sarki 40