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German Pages 355
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 208
Marktmachtmissbrauch und Monopolisierung durch das Verbergen von Innovationen Eine Studie zum europäischen und US-amerikanischen Recht
Von Bastian T. Arnold
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
BASTIAN T. ARNOLD
Marktmachtmissbrauch und Monopolisierung durch das Verbergen von Innovationen
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 208
Marktmachtmissbrauch und Monopolisierung durch das Verbergen von Innovationen Eine Studie zum europäischen und US-amerikanischen Recht
Von Bastian T. Arnold
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 29 Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-12671-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
„Trade secrets are not entitled to the degree of protection that Microsoft claims [. . .].“1 Anthony Whelan, Juristischer Dienst der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in der mündlichen Verhandlung der Rechtssache Microsoft Corporation . /. Commission of the European Communities vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften „These are not just trivial trade secrets. This is hugely valuable information developed by a major corporation taking hundreds of man-hours to develop.“2 John D. Cooke, Richter am Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in der mündlichen Verhandlung der Rechtssache Microsoft Corporation . /. Commission of the European Communities „Last, there is no reason why secret technology should enjoy a higher level of protection than, for example, technology which has necessarily been disclosed to the public by its inventor in a patent-application procedure.“ Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 17. September 2007, Rs. T-201 / 04, Microsoft Corporation . /. Commission of the European Communities, Tz. 693
1 Zitiert nach: Paul Meller, Judges Stress Intellectual Property in Microsoft Appeal, New York Times, April 28, 2006, at C. 2 Zitiert nach: Paul Meller, Judges Stress Intellectual Property in Microsoft Appeal.
Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde von der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Jahre 2007 als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden bis zum März 2005 berücksichtigt. Die Untersuchung enthält einen Nachtrag zum Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in dem Verfahren Microsoft Corporation gegen die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 17. September 2007. Mein Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Winfried Veelken für die wertvolle und umfassende Unterstützung bei der Erstellung dieser Untersuchung und die Ermöglichung der Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl und der damit verbundenen Lehrtätigkeit im Kartellrecht und gewerblichen Rechtsschutz. Herrn Prof. Dr. Harald Herrmann danke ich für die sehr rasche Anfertigung des Zweitgutachtens. Zu bedanken habe ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Frank Bayreuther, der mich für das Kartellrecht und den gewerblichen Rechtsschutz begeistert hat, und Herrn Professor Joseph F. Brodley, der mich in seiner unnachahmlichen Art bei der Themenwahl für diese Untersuchung unterstützt hat. Ohne sie würde es diese Untersuchung nicht geben. Mein besonderer Dank geht an Herrn Rechtsanwalt Yalç\in Ç\inar und Herrn Atanas Gadjonov, der leider viel zu früh verstorben ist, für ihre Unterstützung bei der Anfertigung und Fertigstellung dieser Untersuchung. Schließlich bedanke ich mich bei meinen Eltern für ihr Interesse und ihre Bestärkung für die Erstellung dieser Untersuchung. München, November 2007
Bastian T. Arnold
Inhaltsverzeichnis Einleitung
27
A. Einführung in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
C. Themenabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung zu kollusiven Sachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung zu Koppelungsgeschäften und Produktintegration . . . . . . . . III. Abgrenzung zu unberechtigten Klagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abgrenzung zu Lizenzierungs- bzw. Offenbarungspflichten als Rechtsfolgen eines Kartellrechtsverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Abgrenzung zu Lizenzierungspflichten in Zusammenschlussfällen . . . . .
30 30 31 34 35 35
1. Kapitel Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
36
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
B. Arten der Geheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geheime Informationen über Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berichtende Informationen über den Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . III. Willkürlich festgelegte Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Neuigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37 37 38 39 39
C. Definition des Begriffs „geheime Innovation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Tatsächlicher Schutz von Innovationen durch Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . .
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E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen aufgrund von Rechtsvorschriften in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungen im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geheimhaltungspflichten seitens der Organe der EG . . . . . . . . . . . . . . a) Geheimhaltungspflicht gemäß Art. 287 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geheimhaltungspflichten in Fusionskontroll- und Kartellverfahren c) Geheimhaltungspflichten aufgrund der Transparenz-Verordnung . . d) Geheimhaltungspflichten mitgliedstaatlicher Behörden . . . . . . . . . . 2. Gruppenfreistellungsverordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Regelungen über den Geheimnisschutz zwischen Privaten . . . . . . . . .
45 45 45 45 46 48 48 50 52
12
Inhaltsverzeichnis II. III.
Mitgliedstaatliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtlicher Schutz aufgrund des TRIPS-Übereinkommens . . . . . . . . . . . .
54 56
F. Wesentliche Eigenschaften einer geheimen Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fehlende Ausschließlichkeitsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weiter Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Theoretisch unbegrenzte Schutzdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Begrenzte Möglichkeit der Zurverfügungstellung an Dritte . . . . . . . . . . . VI. Schwierigkeiten der Feststellung einer Geheimnisverwendung . . . . . . . . .
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2. Kapitel Bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Offenlegungsverweigerungen zu beachtende Rechtsvorschriften A. Zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtende Rechtsvorschriften . . . . . . . . I. Allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts (Art. 6 Abs. 2 EUV) . . II. Innerstaatliche Eigentumsordnung (Art. 295 EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Grenzen der zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtenden Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Offenlegungspflichten gegenüber EG-Organen bzw. mitgliedstaatlichen Behörden und deren Nachprüfungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Offenlegungspflichten gegenüber anderen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . III. TRIPS-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Kapitel Ökonomische Betrachtung
80
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
B. Ökonomische Bedeutung der Geheimhaltung von Innovationen . . . . . . . . . . . . .
80
C. Unternehmerische Gründe für die Geheimhaltung von Innovationen . . . . . . . . .
83
D. Ökonomische Bedeutung des rechtlichen Schutzes geheimer Innovationen vor Verrat und unbefugter Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
E. Ökonomische Kosten der Geheimhaltung von Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . .
87
F. Übersicht über die ökonomischen Folgen von Offenlegungsverweigerungen . . . 1. Direkte Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Indirekte Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88 89 93
Inhaltsverzeichnis G. Ökonomische Rechtfertigungsmöglichkeiten kartellrechtlicher Lizenzierungsbzw. Offenbarungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verhinderung einer Monopolausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Traditionelle Auffassung zur Gefahr der Monopolausdehnung . . . . . . 2. Kritik durch die Chicago School . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) One-monopoly-rent theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erleichterung von Preisdiskriminierungen als Grund für Geschäftsverweigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Gründe für Geschäftsverweigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik an der Auffassung der Chicago School . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhinderung der Verteidigung einer Monopolstellung . . . . . . . . . . . . . . . III. Exzessive Entwicklungsanstrengungen wegen der Aussicht auf Preisdiskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Keine Einschränkung von Innovationsanreizen bei fehlender innovativer Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Wettbewerbspolitische Handlungsempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4. Kapitel Geschäftsverweigerungen, Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten und das Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
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A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Tatbestand der Monopolisierung nach Section 2 Sherman Act . . . . . 1. Methoden zur Bestimmung unrechtmäßiger Verhaltensweisen . . . . . . a) Wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen eines Monopolisten . . . . b) Bestimmung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . c) Rechtfertigung aufgrund wettbewerbsfördernder Effekte . . . . . . . . 2. Bedeutung des Vorsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Tatbestand der versuchten Monopolisierung nach Section 2 Sherman Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich mit Art. 82 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Monopolmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Definition des Begriffes „Monopolmacht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Vermutung von Monopolmacht bei Bestehen eines Immaterialgüterrechtes oder Geschäftsgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonderfall Sekundärmärkte (aftermarkets) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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112 112
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C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Leitentscheidungen des Supreme Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
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Inhaltsverzeichnis 1. Abbruch bestehender Geschäftsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) United States v. Colgate & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co. c) Lorain Journal Co. v. United States . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. . . . . . . . . . . . . . e) Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc. . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen . . . . . . . . . . . a) Otter Tail Power Co. v. United States . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Entscheidung des Supreme Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Intent test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unilateral refusals to deal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Essential facilities doctrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Monopoly leveraging theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechte enthaltenden Erzeugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidungspraxis des Supreme Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entscheidungen der Court of Appeals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. . . . . . . . aa) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidung des Court of Appeals for the First Circuit . . . . b) Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co. . . . . . . . . . . aa) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidung des Court of Appeals for the Ninth Circuit . . . . cc) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation . . . . aa) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidung des Court of Appeals for the Federal Circuit . . cc) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Telecom Technical Services Inc. v. Rolm Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entscheidung des Court of Appeals for the Eleventh Circuit bb) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III.
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Inhaltsverzeichnis
III.
4. Diskussion in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Professor Mark Patterson: Keine Ausdehnung auf Märkte, in denen Immaterialgüterrecht ohne Nutzen für Abnehmer des Erzeugnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Chairman of the FTC Robert Pitofsky: Kritik und weitere Ausnahmen von kartellrechtlicher Immunität von Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendung des sacrifice of profits test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antitrust Modernization Commission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lizenzverweigerungen hinsichtlich der Vervielfältigung und Verbreitung von immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. SCM Corp. v. Xerox Corp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme der Kartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Immaterialgüterrechte als essential facilities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entscheidungen in den District Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Diskussion im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E. Verbergen von Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geschäftsverweigerungen an geheime Innovationen enthaltenden Erzeugnissen nach deren Markteinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Susser v. Carvel Corp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Telecomm Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nichtoffenlegungen von Innovationen vor deren Markteinführung . . . . . . 1. IBM-Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rückschlüsse aus den Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung des Court of Appeals for the Second Circuit . . . . . . c) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Digital Equipment Corp. v. System Industries, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Intergraph Corp. v. Intel Corp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung des Court of Appeals for the Federal Circuit . . . . . c) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das FTC-Verfahren In re Intel Corp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Standpunkt der FTC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis c) Der Standpunkt Intels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 d) Der Vergleich zwischen Intel und der FTC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 e) Bedeutung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 f) Rückschlüsse aus dem Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 g) Rückschlüsse aus dem Verfahren auf mögliche sachliche Rechtfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Befürchtung der missbräuchlichen Verwendung geheimer Innovationen aufgrund missbräuchlicher Verwendungen in der Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (1) Verhinderung der Verwendung der geheimen Innovationen in anderen Erzeugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (2) Verhinderung der Weitergabe des Inhalts der geheimen Innovationen an unberechtigte Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Fehlende Zusammenarbeit als sachliche Rechtfertigung . . . . . 190 (1) Zurückhaltung geheimer Innovationen um Lizenzierung von Immaterialgüterrechten zu erhalten . . . . . . . . . . . . . . . 190 (2) Zurückhaltung geheimer Innovationen bei fehlender Feedbackbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 cc) Selbsthilfe im Fall unangemessen hoher Kompensationsverlangen durch Inhaber von Immaterialgüterrechten . . . . . . . . . . 191 dd) Zerstörung des Vertrauensverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (1) Verhinderung der Verwendung der Geheimnisse bei Patentanmeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (2) Verhinderung des Zugriffs auf geheime Informationen, die in Immaterialgüterstreitigkeiten verwendet werden könnten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 ee) Kosten der Bereitstellung der geheimen Innovation . . . . . . . . . 194 ff) Kapazitätsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 6. Spezialfälle: Verweigerung der Lizenzierung von Nachrichten . . . . . . 195
IV.
a) Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc. . . . . . . . . . . . . . . 197 b) New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Verweigerungen der Lizenzierung geheimer Innovationen nach deren Markteinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc. . . . . . . . . . . . . . . 198 2. The Perfumer’s Workshop, Ltd. v. Roure Bertrand du Pont, Inc. . . . . . 199 3. Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. . . . . . . . . . . 200 a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 b) Entscheidung des Court of Appeals for the First Circuit . . . . . . . . 200 c) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
Inhaltsverzeichnis
17
4. Microsoft-Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entscheidung des Court of Appeals im Fall Massachusetts v. Microsoft Corp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt und Begründung des Vergleichs und der Sanktionen des District Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Offenlegungsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Überwachung der Vollständigkeit der Offenlegung . . . . . . . . . dd) Ausnahmen von den Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . c) Final Judgment des Judge Thomas Penfield Jackson . . . . . . . . . . . d) Prozesse privater Kläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) The David L. Aldridge Co. v. Microsoft Corp. . . . . . . . . . . . . . bb) In re Microsoft Corp. Antitrust Litigation . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Unterschiede zu Kartellverfahren in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. United Asset Coverage, Inc. v. Avaya Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Nichtoffenlegungen von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. United States v. E. I. du Pont de Nemours & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Christianson v. Colt Industries Operating Corp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung des Court of Appeals for the Seventh Circuit . . . . . c) Rückschlüsse aus der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Vergeben von geheimen Innovationen gegenüber Normungsorganisationen bzw. an Standardsetzung beteiligten Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . VII. Geheimhaltungen von Innovationen gegenüber Partnern von Forschungs- und Entwicklungskooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
203 203 205 205 208 208 209 210 211 211 212 212 213 214 216 216 217 217 217 218 219 222 225
5. Kapitel Geschäftsverweigerungen, Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten und das Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
226
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 B. Marktbeherrschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Definition des Begriffes „beherrschende Stellung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Vermutung von Marktbeherrschung bei Bestehen eines Immaterialgüterrechtes oder Geschäftsgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonderfall Sekundärmärkte (aftermarkets) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227 227 228 228
18
Inhaltsverzeichnis
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Leitentscheidungen des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abbruch bestehender Geschäftsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Commercial Solvents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) United Brands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Télémarketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen . . . . . . . . . . . a) ERT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) GB-Inno-BM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bronner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
229 229 229 229 229 230 231 231 233 233 233 234 235
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten . . . . . . . . . I. Volvo . /. Veng . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussanträge des Generalanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tetra Pak I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung des EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bedeutung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Magill . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entscheidung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussanträge des Generalanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festgestellte außergewöhnliche Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nichtbefriedigung der Interessen der Verbraucher . . . . . . . . . . bb) Fehlende sachliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vorbehalten eines abgeleiteten Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine ausgeglichenen Verhandlungspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedenkliches Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen . . . . . . . a) Übertragbarkeit der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Alternativer Erklärungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237 237 237 238 239 240 240 242 242 242 242 243 243 244 245 246 246 246 246 248 248 249 249 250 251 251 252
Inhaltsverzeichnis IV.
V.
VI.
Tiercé Ladbroke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entscheidung des EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IMS Health . /. NDC Health . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entscheidung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussanträge des Generalanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Potentieller vorgelagerter Markt für Lizenzen ausreichend . . . . . . b) Verhinderung eines neuen Produkts als notwendige Bedingung für einen Missbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Relevanz der Einbeziehung der Nutzer in die Entwicklung des geschützten Werkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen . . . . . . . a) Privilegierung auch für geheime Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mangelnde Befriedigung der Verbrauchernachfrage als mitentscheidendes Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Alternativer Erklärungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Microsoft . /. EG-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entscheidung der EG-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Beschluss des Präsidenten des EuG im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Eigene Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen . . . . . . .
19 253 253 254 254 254 256 258 259 260 260 261 262 263 263 264 266 267 267 269 271 273 274 276 277
E. Verbergen von Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 I. IBM-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 II. Tetra Pak II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
20
Inhaltsverzeichnis 6. Kapitel Rückschlüsse aus dem US-amerikanischen Recht für die Beurteilung des Verbergens von geheimen Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
A. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geschäftsverweigerungen an geheime Innovationen enthaltenden Erzeugnissen nach deren Markteinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nichtoffenlegungen von Innovationen vor deren Markteinführung . . . . . III. Verweigerungen der Lizenzierung geheimer Innovationen nach deren Markteinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Nichtoffenlegungen von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verbergen von geheimen Innovationen gegenüber Normungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Geheimhaltungen von Innovationen gegenüber Partnern von Forschungs- und Entwicklungskooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
282 282 282 283 284 292 293 294
B. Anforderungen an den Nachweis eines Geheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 C. Sachliche Rechtfertigungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
7. Kapitel Praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten an Geheimnissen bzw. Ausgestaltung der Lizenzierungsbedingungen
299
A. Verhinderung von Offenbarungen durch Lizenznehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 B. Feststellung einer angemessenen Lizenzgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 C. Verlust des Geheimnischarakters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 D. Räumliche Beschränkung der Lizenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 E. Zeitliche Beschränkung der Lizenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 F. Entwendung des Geheimnisses durch Konkurrenten schon vor Anordnung einer Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
Inhaltsverzeichnis
21
8. Kapitel Ergebnis und Zusammenfassung der Untersuchung
309
9. Kapitel Nachtrag – das EuG-Urteil in der Rechtssache Microsoft . /. EG-Kommission
311
A. Zusammenfassung des Urteils des EuG in Microsoft . /. EG-Kommission . . . . 311 B. Eigene Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 C. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . 314 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Gesetzesverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
Abkürzungsverzeichnis ABl. Abs. aff ’d AG a.k.a. Ala. L. Rev. Am. Econ. Rev. Anh. Antitrust Bull. Antitrust L.J. Antitrust Rep. art. Art. Aspen L. & Bus. AT&T Co. Aufl. Berkeley Tech. L.J. BGBl. BGH bzw. Calif. L. Rev. C.D. Ill. cert. Cir. C.J. cl. Co. Colum. L. Rev. Colum.-VLA J.L. & Arts Cornell J.L. & Pub. Pol’y Corp. D.C. D. Conn. D.D.C.
Amtsblatt Absatz affirmed (engl.) Aktiengesellschaft also known as (engl.) Zeitschrift Alabama Law Review Zeitschrift The American Economic Review Anhang Zeitschrift Antitrust Bulletin Zeitschrift Antitrust L.J. Zeitschrift Antitrust Reporter article (engl.) Artikel Verlag Aspen Law & Business American Telephone and Telegraph Company Auflage Zeitschrift Berkeley Technology Law Journal Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof beziehungsweise Zeitschrift California Law Review Central District of Illinois (engl.) certiorari (lat.) Circuit (engl.) Chief Justice (engl.) clause (engl.) Company (engl.) Zeitschrift Columbia Law Review Zeitschrift Columbia-VLA Journal of Law and the Arts Zeitschrift Cornell Journal of Law and Public Policy Corporation (engl.) District of Columbia (engl.) District of Connecticut (engl.) District of D.C. (engl.)
Abkürzungsverzeichnis D. Del. d.h. Diss. D. Kan. D. Mass. D. Md. D.N.J. DoJ D.R.I. EAGCP EBLR EBOR ECLR Econ. Innov. New Techn. ed. E.D. Mo. eds. EG EG-Kommission EIPR ELR E.L.Rev. EU EuG EuGH EUV EuZW EWCA Civ EWG-Vertrag EWR EWS ex rel. f. F. F.2d F.3d FCR Fed. Cir. Fed. Comm. L.J.
23
District of Delaware (engl.) das heißt Dissertation District of Kansas (engl.) District of Massachusetts (engl.) District of Maryland (engl.) District of New Jersey (engl.) United States Department of Justice (engl.) District of Rhode Island (engl.) Economic Advisory Group for Competition Policy Zeitschrift European Business Law Review Zeitschrift European Business Organization Law Review Zeitschrift European Competition Law Review Zeitschrift Economics of Innovation and New Technology editor (engl.) / edition (engl.) Eastern District of Missouri (engl.) editors (engl.) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrages von Nizza Kommission der Europäischen Gemeinschaften Zeitschrift European Intellectual Property Review Zeitschrift European Law Review Zeitschrift European Law Review Europäische Union Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Gerichthof der Europäischen Gemeinschaften Vertrag über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Nizza Zeitschrift Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Court of Appeal Civil Division (England & Wales) Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Zeitschrift Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht ex relatione (lat.) folgende Publikation Federal Reporter Publikation Federal Reporter, Second Series Publikation Federal Reporter, Third Series Publikation Federal Court Reports (Federal Court of Australia) Federal Circuit (engl.) Zeitschrift Federal Communications Law Journal
24 Fed Ct ff. Fn. Fordham Corp. L. Inst. Fordham Int’l L.J. F. Supp. F. Supp. 2d FTC F.T.C. Geo. L.J. Geo. Mason L. Rev. Geo. Wash. L. Rev. GRUR GRUR Int. Harv. J.L. & Pub. Pol’y Harv. J.L. & Tech. Harv. L. Rev. Hous. L. Rev. Hrsg. i. d. R. IEHC IIC Ill. Inc. Ind. Iowa J. Corp. L. i. S. d. i.V. m. J. J. Corp. L. J. Econ. Persp. JJ. JLS J. Marshall L. Rev. JMR JZ lit. L.L.C. LLP
Abkürzungsverzeichnis Federal Court of Australia folgenden Fußnote Schriftenreihe Annual Proceedings of the Fordham Corporate Law Institute Zeitschrift Fordham International Law Journal Publikation Federal Supplement Publikation Federal Supplement, Second Series Federal Trade Commission (engl.) Publikation Federal Trade Commission Decisions Zeitschrift Georgetown Law Journal Zeitschrift George Mason Law Review Zeitschrift George Washington Law Review Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Zeitschrift Harvard Journal of Law & Public Policy Zeitschrift Harvard Journal of Law & Technology Zeitschrift Harvard Law Review Zeitschrift Houston Law Review Herausgeber in der Regel Publikation High Court of Ireland Decisions Zeitschrift International Review of Industrial Property and Copyright Law Illinois (engl.) Incorporated (engl.) Indiana (engl.) Zeitschrift University of Iowa Journal of Corporation Law im Sinne des in Verbindung mit Justice (engl.) Zeitschrift The Journal of Corporation Law (University of Iowa) Zeitschrift Journal of Economic Perspectives Justices (engl.) Zeitschrift The Journal of Legal Studies Zeitschrift John Marshall Law Review Zeitschrift Journal of Marketing Research Zeitschrift Juristenzeitung Buchstabe Limited Liability Company (engl.) Limited Liability Partnership (engl.)
Abkürzungsverzeichnis L. Rev. Ltd / Ltd. Mass. m.b.H. Md. M.D. Fla. Minn. m. w. N. n. NBER N.D. Ala. N.D. Cal. N.D. Ga. N.D. Ill. N.J. nn. No. nom. Nr. N.Y. N.Y.U.L. Rev. OECD Ohio St. L.J. P p. para. pp. Proc. Natl. Acad. Sci. USA Q.J. Econ. Rand J. Econ. Rdnr. Rdnrn. rev’d RIW RJD Rs. S. S. Cal. L. Rev. S. Ct. S.D. Fla.
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Law Review (engl.) Limited (engl.) Massachusetts (engl.) mit beschränkter Haftung Maryland (engl.) Middle District of Florida (engl.) Minnesota mit weiteren Nachweisen note (engl.) National Bureau of Economic Research Northern District of Alabama (engl.) Northern District of California (engl.) Northern District of Georgia (engl.) Northern District of Illinois (engl.) New Jersey notes (engl.) number (engl. / franz.) nomen (lat.) Nummer New York Zeitschrift New York University Law Review Organisation for Economic Co-operation and Development (engl.) Zeitschrift Ohio State Law Journal Point (engl.) page (engl.) paragraph / paragraphs (engl.) pages (engl. / franz.) Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America Zeitschrift The Quarterly Journal of Economics Zeitschrift RAND Journal of Economics Randnummer Randnummern reversed (engl.) Zeitschrift Recht der Internationalen Wirtschaft Publikation Reports of Judgments and Decisions of the European Court of Human Rights Rechtssache Satz / Seite Zeitschrift Southern California Law Review Publikation Supreme Court Reporter Southern District of Florida (engl.)
26 S.D.N.Y. S.D. Tex. Slg.
sog. Stan. L. Rev. Stan. Tech. L. Rev. Supp. Tel. Tex. L. Rev. Trade Cas. (CCH) Trade Reg. Rep. TRIPS Tz. u. a. UrhG US U.S. USA U.S.C. U.S. Const. U.S. Dist. LEXIS u. U. v. / v Va. L. Rev. vgl. VO vol. wbl WRP WTO WuW Yale L.J. z. B. ZHR z. T. ZWeR
Abkürzungsverzeichnis Southern District of New York (engl.) Southern District of Texas (engl.) Publikation Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes / Publikation Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz sogenannt Zeitschrift Stanford Law Review Zeitschrift Stanford Technology Law Review Supplement (engl.) Telephone (engl.) Zeitschrift Texas Law Review Publikation Trade Cases (CCH) Publikation Trade Regulation Reporter (Agreement on) Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (engl.) Textzahl unter anderem Urheberrechtsgesetz United States Publikation United States Reports (engl.) / United States (engl.) United States of America (engl.) United States Code (engl.) U.S. Constitution (engl.) Datenbank: LEXIS United States District Courts unter Umständen versus (engl.) Zeitschrift Virginia Law Review vergleiche Verordnung volume (engl. / franz.) Zeitschrift Zeitschrift für österreichisches und europäisches Wirtschaftsrecht (wirtschaftsrechtliche blätter) Zeitschrift Wettbewerb in Recht und Praxis World Trade Organization (engl.) Zeitschrift Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift The Yale Law Journal zum Beispiel Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht zum Teil Zeitschrift Zeitschrift für Wettbewerbsrecht
Einleitung A. Einführung in das Thema Gegenstand dieser Untersuchung ist die Frage, ob das Verbergen einer Innovation einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 EG begründen kann.1 Zur Beantwortung dieser Frage werden US-amerikanische Lösungsversuche zur Beurteilung des Verbergens von Innovationen als Monopolisierung nach Section 2 Sherman Act herangezogen. In den letzten Jahren haben sich Gerichte und Literatur in der EU eingehend mit der Frage beschäftigt, ob die Verweigerung der Lizenzierung eines Immaterialgüterrechts den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen kann. Weder in der Rechtsprechung des Gerichthofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) noch in der europäischen rechtswissenschaftlichen Literatur finden sich indessen umfassende Ausführungen oder Untersuchungen zur kartellrechtlichen Einordnung der Nichtoffenlegung von geheimen Informationen bzw. Innovationen durch ein marktbeherrschendes Unternehmen. In der USamerikanischen Rechtsprechung und Literatur bestehen dagegen einige Anhaltspunkte dazu, inwieweit eine derartige Verhaltensweise eine Monopolisierung nach Section 2 Sherman Act darstellen kann. Diese Fragestellung ist nur auf den ersten Blick identisch mit der Problematik der Verweigerung einer Lizenz an einem Immaterialgüterrecht oder der Verweigerung der Mitbenutzung eines Netzes oder einer anderen Infrastruktureinrichtung. Denn der Anknüpfungspunkt für einen Missbrauchsvorwurf könnte schon in der Geheimhaltung der Innovation selbst gesehen werden und nicht erst in der Verweigerung der Offenlegung der geheimen Innovation. Dies gilt insbesondere in Konstellationen, in denen andere Unternehmen nicht die Verwendung einer Innovation begehren, sondern schon durch die Geheimhaltung 1 Die Artikel des EG wurden durch den Vertrag von Amsterdam umnummeriert. In der folgenden Darstellung werden jeweils nur die nach dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrages von Nizza einschlägigen Artikel verwendet. Um die Quellensuche zu erleichtern, wird jeweils die Originalzitierweise der Rechtsordnung verwendet, aus der die Quelle stammt. Soweit möglich werden dabei offizielle Entscheidungssammlungen verwendet. Bei Entscheidungen des EuGH bzw. des Gerichtes erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG) wird bei der ersten Zitierung der vollständige Fallname in der angewandten Verfahrenssprache genannt. US-amerikanische Entscheidungen werden mit den herkömmlichen Abkürzungen zitiert.
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Einleitung
geschädigt wurden, z. B. weil eine Innovation gegenüber Behörden oder Standardisierungsorganisationen geheim gehalten wurde. Falls die anderen Unternehmen jedoch auch die Verwendung der geheimen Innovation begehren, so stellt sich die weitere Frage, ob geheime Innovationen eher mit den Immaterialgüterrechten oder mit den Materialgüterrechten vergleichbar sind. Zu untersuchen ist damit, ob die für Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten durch die Rechtsprechung entwickelten Beurteilungsgrundsätze auch für die Verweigerung der Offenlegung von geheimen, nicht immaterialgüterrechtlich geschützten Innovationen gelten. Hinsichtlich der kartellrechtlichen Beurteilung von Geschäftsverweigerungen, die immaterialgüterrechtlich geschützte Leistungen oder sie verkörpernde Erzeugnisse betreffen, werden in der EU wie in den USA im Wesentlichen zwei konträre Auffassungen vertreten. Ein Standpunkt weist auf die gesetzlich vorgesehenen Ausschließlichkeitsrechte hin und folgert daraus, dass Lizenzverweigerungen keinen Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften begründen können, da der Inhaber des jeweiligen Immaterialgüterrechts mittels dieser nur sein gesetzliches Ausschließlichkeitsrecht ausübt. Ob diese Auffassung ohne weiteres auf Geschäftsgeheimnisse übertragen werden kann, erscheint zumindest deshalb fraglich, weil für Geschäftsgeheimnisse keine Ausschließlichkeitsrechte vorgesehen sind. Der konträre Standpunkt verweist dagegen darauf, dass die Ausnutzung eines Ausschließlichkeitsrechts auch zu Auswirkungen auf Märkten führen kann, für die das Ausschließlichkeitsrecht eigentlich keine Geltung beansprucht bzw. beanspruchen kann. Teilweise wird dabei auch argumentiert, dass auf geringen Leistungen beruhende Immaterialgüterrechte nicht dazu eingesetzt werden dürften, ganze Märkte zu monopolisieren. Wenn eine Anwendung der durch die Rechtsprechung entwickelten Beurteilungsgrundsätze zu den Immaterialgüterrechten auch auf geheime Innovationen zu bejahen wäre, stellt sich sodann die Frage, welcher Nachweis für das Bestehen einer geheimen Innovation geführt werden muss. Es könnte genügen, dass der Marktbeherrscher beweist, dass die Innovation geheim ist. Andererseits könnte auch zu fordern sein, dass der Marktbeherrscher den Nachweis erbringt, dass die geheime Innovation nicht nur tatsächlich, sondern nach mitgliedstaatlichen Regelungen auch rechtlich vor Verrat und unbefugter Verwendung geschützt ist. Schließlich könnte auch zu fordern sein, dass der Nachweis einer innovativen Leistung erbracht werden muss. Zudem könnten auch spezifische Rechtfertigungsgründe für das Verbergen geheimer Innovationen bestehen. Bei der Anordnung von Offenlegungen und ihrer Bedingungen könnten schließlich einige für Geheimnisse spezifische Gesichtspunkte beachtlich werden. Im Missbrauchsverfahren der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EG-Kommission) gegen Microsoft Corp. (Microsoft) hat dieser Fragenkomplex eine entscheidende Bedeutung. Hierbei und in der gerichtlichen Auseinanderset-
B. Gang der Untersuchung
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zung zwischen Microsoft und der EG-Kommission wurde von Microsoft die Verweigerung der Offenlegung von sog. Schnittstelleninformationen bestimmter Erzeugnisse neben dem Verweis auf das Bestehen von immaterialgüterrechtlichen Schutz auch damit begründet, dass diese Geschäftsgeheimnisse darstellen würden.
B. Gang der Untersuchung Ausgangspunkt der Untersuchung ist im ersten Kapitel eine Darstellung der wesentlichen Eigenschaften und Arten von Geheimnissen. Dabei wird auch der Begriff der geheimen Innovation für die Zwecke der Untersuchung definiert. Zudem wird auf den Schutz von Geheimnissen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eingegangen. Im zweiten Kapitel werden die bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Offenlegungsverweigerungen zu beachtende Rechtsvorschriften aufgezeigt. Dabei werden die zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtenden Rechtsvorschriften dargestellt. Danach wird auf Rechtsvorschriften eingegangen, die diese Vorschriften begrenzen können. Im dritten Kapitel wird eine ökonomische Betrachtung vorgenommen. Nach einer Untersuchung der Bedeutung der Geheimhaltung von Innovationen und der ökonomischen Gründe für den tatsächlichen und rechtlichen Schutz von geheimen Innovationen werden die Auswirkungen von Lizenzierungs- bzw. Offenlegungspflichten dargestellt. Schließlich werden mögliche ökonomische Rechtfertigungen für Lizenzierungs- bzw. Offenlegungspflichten vorgestellt. Die Untersuchung geht dann im vierten Kapitel bei der Darstellung des USamerikanischen antitrust law hinsichtlich der Beurteilung von Geschäftsverweigerungen im Allgemeinen über die speziellere Problematik der Geschäftsverweigerungen (und insbesondere der Lizenzverweigerungen) an Immaterialgüterrechten zu der vertieften Untersuchung der Verweigerung der Offenlegung geheimer Innovationen über. Mittelpunkt der Untersuchung ist dabei die Frage, ob die Geheimhaltung einer Innovation nach US-amerikanischen Recht einen Monopolisierungsvorwurf begründen kann. Ausgehend von der US-amerikanischen Rechtsprechung und Literatur werden in der Untersuchung sechs Fallgruppen gebildet werden: (1) Geschäftsverweigerungen an geheime Innovationen enthaltenden Erzeugnissen nach deren Markteinführung, (2) Nichtoffenlegungen von Innovationen vor deren Markteinführung (Markteinführung meint dabei bereits das erste Inverkehrbringen des jeweiligen Produkts ohne Eingehung einer Geheimhaltungsverpflichtung seitens des Erwerbers, da ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit zur Aufdeckung der geheimen Innovation durch Konkurrenten regelmäßig erheblich ansteigt. Denn diese können das Produkt auch erwerben.), (3) Verweigerungen der Lizenzierung geheimer Innovationen nach deren Markt-
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Einleitung
einführung, (4) Nichtoffenlegung von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung, (5) Verbergen von geheimen Innovationen gegenüber Normungsorganisationen bzw. an Standardsetzung beteiligten Unternehmen und (6) Geheimhaltungen von Innovationen gegenüber Partnern von Forschungs- und Entwicklungskooperationen. Dabei wird auch auf besondere Rechtfertigungsgründe eingegangen, die sich aus dem Wesen einer geheimen Innovation ergeben können. Im fünften Kapitel wird die Beurteilung von Geschäftsverweigerungen im Allgemeinen, die speziellere Problematik der Geschäftsverweigerungen (und insbesondere der Lizenzverweigerungen) an Immaterialgüterrechten und die Einordnung der Verweigerung der Offenlegung geheimer Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht dargestellt. Im sechsten Kapitel wird untersucht, ob sich die US-amerikanischen Lösungsvorschläge mit der Rechtsprechungspraxis des EuGH vereinbaren lassen. Zudem erfolgt eine Prüfung der Frage, ob die genannten Fallgruppen und die in den USA thematisierten, spezifischen sachlichen Rechtfertigungen in das europäische Wettbewerbsrecht übernommen werden sollten. Im siebten Kapitel wird auf die praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten an Geheimnissen und auf die Ausgestaltung ihrer Bedingungen eingegangen. Schließlich werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst. Bei der Untersuchung wird im Grundsatz davon ausgegangen, dass die jeweilige Innovation nicht anderweitig immaterialgüterrechtlichen Schutz erfährt. Teilweise wird aber auch auf die Behandlung von Innovationen eingegangen werden, die nicht nur geheim, sondern auch anderweitig immaterialgüterrechtlich geschützt sind.
C. Themenabgrenzung I. Abgrenzung zu kollusiven Sachverhalten Die Untersuchung geht nur auf einseitige Verhaltensweisen dominanter Unternehmen ein. Untersuchungsgegenstand sind nicht auf Abreden mehrerer Unternehmen beruhende Wettbewerbsbeschränkungen. Insbesondere wird nicht auf etwaige Verpflichtungen von Gemeinschaftsunternehmen gegenüber dritten Unternehmen eingegangen. Nicht untersucht werden folglich Absprachen zwischen mehreren Unternehmen, einem anderen Unternehmen Lizenzen an geheimen Innovationen zu verweigern.2 Ebenso wenig werden Konstellationen geprüft, in 2 Dabei ist jedoch anzumerken, dass vor der Entscheidung des EuGH in dem unter dem Namen Magill bekannt gewordenen Verfahren darauf hingewiesen wurde, dass
C. Themenabgrenzung
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denen zwei oder mehrere Unternehmen verabreden, eine Innovation geheim zu halten.3 Gegenstand der Untersuchung sind ebenfalls nicht in Verträgen über die Lizenzierung von geheimen Innovationen getroffene Geheimhaltungsverpflichtungen oder Wettbewerbsverbote, welche der Durchsetzung der Geheimhaltung dienen. Bei diesen Konstellationen liegt jeweils eine Vereinbarung zwischen zumindest zwei Unternehmen vor, die den Wettbewerb beschränken kann. Sie stellen damit keine einseitigen Verhaltensweisen dar. Meist steht bei diesen die Frage im Vordergrund, ob und inwieweit die Lizenzierung der geheimen Innovation ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot oder auch andere wettbewerbsbeschränkende Lizenzbedingungen rechtfertigt.4 II. Abgrenzung zu Koppelungsgeschäften und Produktintegration Nicht Gegenstand der Untersuchung sind zudem Koppelungsgeschäfte, selbst wenn sie geheime Innovationen oder die sie verkörpernden Erzeugnisse betreffen. Ein Koppelungsgeschäft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Abschluss eines Vertrages über ein (Haupt-)Erzeugnis an die Abnahme anderer Waren oder Dienstleistungen geknüpft wird.5 Es kann eine auf einer Vereinbarung beruhende Wettbewerbsbeschränkung darstellen. Geschäfts- und auch Lizenzverweigerungen unterscheiden sich von einem Koppelungsgeschäft augenscheinlich daher schon dadurch, dass bei Geschäftsverweigerungen keine vertragliche Beziehung (mehr) besteht. Eine Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerung kann aber auch die Folge der Ablehnung eines Koppelungsgeschäfts durch einen Abnehmer sein, wenn man mit dem EuGH nicht bereits die Abgabe eines Angebots unter einer Koppelungsbedingung für das Vorliegen einer Koppelung ausreichen lässt, sondern darin eine Verweigerung der Leistungserbringung sieht.6 Derartige gescheiterte Koppelungsgeschäfte sind ebenfalls nicht Gegenstand dieser Untersuchung, da das dodas Verhalten der beteiligten Fernsehanstalten auch auf ein abgestimmtes Verhalten der Fernsehanstalten im Sinne von Art. 81 EG untersucht werden könnte, vgl. Smith, Jonathan, Television Guides: The European Court Doesn’t Know ,There’s So Much In It‘, [1992] 3 ECLR 135, 138. 3 Eine derartige Konstellation findet sich beispielsweise auch in: Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d 263, 299–305 (2d Cir. 1979). 4 Als Beispielsfälle seien aus der US-amerikanischen Rechtsprechungspraxis genannt: A. & E. Plastik Pak Co., Inc., v. Monsanto, Co., 396 F.2d 710, 715 (9th Cir. 1968); CVD, Inc. v. Raytheon Co., 769 F.2d 842, 850–851 (1st Cir. 1985). 5 Immenga, Ulrich / Mestmäcker, Ernst-Joachim (Hrsg.), Bearbeiter: Möschel, Wernhard, EG / Teil 1, München, 4. Aufl. 2007, Art. 82 EGV Rdnr. 160. 6 EuGH, Urteil vom 3. Oktober 1985, Rs. 311 / 84, SA Centre belge d’études de marché – télémarketing (CBEM) SA . /. Compagnie luxembourgeoise de télédiffusion (CLT) et SA Information publicité Benelux (IPB), Slg. 1985, 3261, Tz. 26.
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Einleitung
minante Unternehmen bei diesen eine Bereitschaft zur Geschäftsaufnahme, z. B. hinsichtlich der Lizenzierung geheimer Innovationen gezeigt hat. Gegenstand der Untersuchung sind nur unbedingte Geschäfts- bzw. Offenlegungsverweigerungen. Erfasst sind damit jedoch auch solche Fälle, in denen ein dominantes Unternehmen eine Bedingung für seine Geschäftsaufnahme in der Erwartung nennt, dass diese von anderen Unternehmen keinesfalls akzeptiert werden kann. Zu erwähnen ist jedoch an dieser Stelle, dass in den USA problematisiert wurde, ob Entscheidungen zu Geschäftsverweigerungen auch auf erfolgte Lizenzierungen übertragen werden können bzw. müssen, mit der Folge, dass Lizenzverträge nur noch in den für die Beurteilung von Geschäftsverweigerungen diskutierten Ausnahmefällen gegen das Kartellrecht verstoßen könnten. Dies ist aber wohl abzulehnen, da ansonsten eine zu weit gehende Immunität von Lizenzverträgen vor kartellrechtlicher Haftung bestehen würde.7 Die Beurteilung von Fällen, in denen gerade keine Bedingung für den Lizenzvertrag gefordert wird, aber im Voraus angekündigt wird, an welche Abnehmer geliefert bzw. nicht mehr geliefert wird, wenn sie bestimmte Bedingungen nicht „freiwillig“ erfüllen, fällt in den USA gleichfalls schwer.8 Sie ist aber nicht Gegenstand der Untersuchung, da bei diesen der Abschluss von Verträgen angeboten wird. 7 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust: An Analysis of Antitrust Principles Applied to Intellectual Property Law vol. I, § 13.4b (Aspen L. & Bus. 2001 & Supp. 2005). Andererseits hat ein United States District Court (District Court) beispielsweise angenommen, dass angekündigte Lizenzbedingungen schon deshalb keinen Kartellverstoß darstellen können, da der Inhaber des zu lizenzierenden Patents selbst die Lizenzierung an sich rechtmäßig verweigern konnte, vgl. Townshend v. Rockwell International Corp., 2000 U.S. Dist. LEXIS 5070 (N.D. Cal. 2000): „Because a patent owner has the legal right to refuse to license his or her patent on any terms, the existence of a predicate condition to a license agreement cannot state an antitrust violation.“ In eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen des District Court in Intergraph Corp. v. Intel Corp., 88 F. Supp. 2d 1288, 1293 (N.D. Ala. 2000). Siehe andererseits aber auch die älteren Ausführungen in Atari Games Corp. v. Nintendo of America, Inc., 897 F.2d 1572, 1576 (Fed. Cir. 1990): „[A] patent owner may not take the property right granted by a patent and use it to extend his power in the marketplace improperly, i. e. beyond the limits of what Congress intended to give in the patent laws. The fact that a patent is obtained does not wholly insulate the patent owner from the antitrust laws.“ Siehe auch: Louis Kaplow, The Patent-Antitrust Intersection: A Repraisal, 97 Harv. L. Rev. 1813, 1845–1846 (1984). Vgl. auch die – jedoch nicht ausdrücklich zu kartellrechtlichen Vorwürfen getroffene – Stellungnahme durch den United States Supreme Court (Supreme Court) in Mercoid Corp. v. Mid-Continent Investment Co., 320 U.S. 661, 666 (1944): „The fact that the patentee has the power to refuse a license does not enable him to enlarge the monopoly of the patent by the expedient of attaching conditions to its use.“ 8 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.4b2; Christopher Sprigman, Antitrust and Intellectual Property Licensing in the Federal Circuit: Where Are We Now? Antitrust Rep., November 2001, 24, 33.
C. Themenabgrenzung
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Ebenfalls nicht erfasst von der Untersuchung wird die Konstellation der Integration eines Erzeugnisses in ein anderes (Haupt-)Erzeugnis. Durch die (oft technisch bewirkte) Integration wird der Abnehmer zwar nicht vertraglich gezwungen, das integrierte Erzeugnis abzunehmen. Faktisch nimmt er dieses jedoch mit ab.9 Dadurch können sowohl auf nachgelagerten Märkten tätige Konkurrenzunternehmen ausgeschlossen als auch die Verbraucher gezwungen werden, beide Erzeugnisse eines dominanten Unternehmens abzunehmen. Eine Geschäftsverweigerung findet in dieser Konstellation jedoch gerade nicht statt.10 Erfasst von der Untersuchung ist aber das Vorgehen eines Unternehmens, ein (Haupt-)Erzeugnis durch Verwendung geheimer Bestandteile so zu gestalten, dass nicht von diesem Unternehmen stammende Erzeugnisse nicht mit diesem Erzeugnis zusammen verwendet werden können.11 Dies kann dabei z. B. durch Geheimhaltung der Komponenten erfolgen, welche das Zusammenwirken der Erzeugnisse ermöglichen (sog. Schnittstellen).12 Durch eine derartige Produktgestaltung kann erreicht werden, dass die Abnehmer zwar nicht zum Kaufzeitpunkt, dafür aber zu einem späteren Zeitpunkt nur die anderen Erzeugnisse des Herstellers abnehmen können. Die Abnehmer sind zwar nicht gezwungen, in jedem Fall später die anderen Erzeugnisse des Herstellers abzunehmen. Falls die Abnehmer jedoch einen Bedarf nach derartigen Erzeugnissen haben, können sie diesen u. U. nur bei dem Hersteller des (Haupt-)Erzeugnisses decken. Voraussetzung dafür ist, dass der Hersteller aber den auf dem Markt des anderen Erzeugnisses tätigen Unternehmen Zugang zu denjenigen Informationen verweigert, die für andere Unternehmen notwendig sind, um eine Verwendung mit dem (Haupt-)Erzeugnis zu ermöglichen. Der Hersteller verweigert dann nicht die Belieferung mit seinen am Markt angebotenen Erzeugnissen, sondern er verweigert nur die Mitteilung der zur Herstellung der Verwendung mit dem (Haupt-)Erzeugnis notwendigen (u. U. geheimen) Informationen. Im Unterschied zu Koppelungsgeschäften und Produktintegration findet damit eine Geschäftsverweigerung und u. U. auch ein Verbergen von geheimen Innovationen statt. Bei dieser Vorgehensweise handelt es sich aber um einen Spezialfall der Geschäftsverweigerung. Denn für eine Geschäftsverweigerung ist im Allgemeinen 9 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3d. 10 Bei der Produktintegration findet zwar eine Art von Geschäftsverweigerung dergestalt statt, dass den Endabnehmern rein faktisch das isolierte Angebot der einzelnen Erzeugnisse verweigert wird. Diese beruht aber nicht auf einer Geheimhaltung von Innovationen. 11 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3a. Ein Beispielsfall zum Einsatz von nicht auf Geheimnissen basierenden Produktgestaltungen zur Herstellung von Inkompatibilität ist: Foremost Pro Color, Inc. v. Eastman Kodak Co., 703 F.2d 534, 542 (9th Cir. 1983). 12 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3a.
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Einleitung
nicht erforderlich, dass diese zur Verhinderung der Verwendung von Erzeugnissen anderer Unternehmen mit eigenen Erzeugnissen eines Herstellers eingesetzt wird. Sie kann z. B. auch schlicht dazu verwendet werden, andere Unternehmen von der Weiterveräußerung bzw. Weiterverarbeitung der Erzeugnisse eines Herstellers auszuschließen und damit dessen vertikale Integration zu ermöglichen. Zusammenfassend sind die zu untersuchenden Konstellationen dadurch gekennzeichnet, dass eine geheime Information bzw. Innovation vorenthalten wird, welche für das Tätigwerden auf einem Markt erforderlich ist und von auf dem Markt tätigen Unternehmen nicht (oder nur unter nicht rentablem Kostenaufwand) anderweitig beschafft werden kann. Nicht erfasst werden dagegen Konstellationen, bei denen im Vordergrund steht, dass Abnehmer auf bestimmte Bedingungen des dominanten Unternehmens eingehen müssen, da sie sich seine Erzeugnisse nicht anderweitig beschaffen können. Dennoch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in zwei jüngeren Entscheidungen von District Courts in den USA die Rechtsprechungspraxis zu Geschäftsverweigerungen an Erzeugnissen, die patentrechtlich geschützte Leistungen enthalten, zur Prüfung der Rechtmäßigkeit massiver Preiserhöhungen einer patentrechtlich geschützten Komponente einer Medikamentenkombination zur Behandlung von HIV herangezogen wurde.13 Der Hersteller der patentgeschützten Kombination hatte die Preiserhöhung nur gegenüber Herstellern anderer Komponenten vorgenommen, eine von ihm selbst hergestellte, den Komponenten enthaltende Medikamentenkombination jedoch ohne die Preiserhöhung für die Komponente vertrieben. III. Abgrenzung zu unberechtigten Klagen Nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind unberechtigte Klagen von Inhabern eines Immaterialgüterrechts bzw. Geschäftsgeheimnisses. Denn bei diesen ist für eine etwaige Missbräuchlichkeit der Geltendmachung neben anderen Voraussetzungen zumindest erforderlich, dass das geltend gemachte Recht tatsächlich nicht besteht oder zumindest objektiv keine Verletzung des Rechtes vorliegt.14 Bei den hier zu untersuchenden Konstellationen liegen aber Immaterialgüterrechte bzw. geheime Innovationen gerade vor. 13
Schor v. Abbott Laboratories, 378 F. Supp. 2d 850, 856 (N.D. Ill. 2005): „The court agrees with the parties’ implicit assumption that it is appropriate to analogize refusal to deal cases with the price increase at issue here because if a patentee has the right to refuse to sell its product altogether, it has the right to raise the price.“ Siehe auch: In re Abbott Laboratories Norvir Anti-Trust Litigation, 2005 U.S. Dist. LEXIS 24238 (N.D. Cal. 2005). 14 Vgl. beispielsweise aus der US-amerikanischen Rechtsprechung: Eastern Railroad Presidents Conference v. Noerr Motor Freight, Inc., 365 U.S. 127, 144 (1961); Professional Real Estate Investors, Inc. v. Columbia Pictures Industries, Inc., 508
C. Themenabgrenzung
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IV. Abgrenzung zu Lizenzierungs- bzw. Offenbarungspflichten als Rechtsfolgen eines Kartellrechtsverstoßes Nur am Rande sind Lizenzierungs- bzw. Offenbarungspflichten als Rechtsfolgen von Verstößen gegen kartellrechtliche Vorschriften Gegenstand der Untersuchung. Bei diesen geht es um Schadenskompensation und Sanktionierung dieser Verstöße. Mittels der Offenlegung eines Geheimnisses oder Lizenzierung von Immaterialgüterrechten soll dann beispielsweise der durch einen Verstoß entstandene Wettbewerbszustand beseitigt werden. In den USA wurden beispielsweise Lizenzierungspflichten an Patenten als Sanktionen für Verstöße gegen den Sherman Act ausgesprochen.15 In zwei Entscheidungen, die später aber beide aufgehoben wurden, ordneten die Gerichte die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen als Sanktion für Verstöße gegen den Sherman Act an.16 Dieser Rechtsfolge kommt aber auch bei den in dieser Untersuchung zu betrachtenden Konstellation entscheidende Bedeutung zu, so dass ein Ausschluss dieser Thematik nicht vollumfänglich erfolgen kann. V. Abgrenzung zu Lizenzierungspflichten in Zusammenschlussfällen Nicht thematisiert werden schließlich Lizenzierungspflichten in Zusammenschlussfällen. Denn bei diesen besteht kein Kartellverstoß in der Geheimhaltung von Innovationen. Vielmehr soll durch die Anordnung der Lizenzierungspflicht nur die Freigabe des jeweiligen Zusammenschlusses ermöglicht werden.17
U.S. 49, 60–61 (1993); Nobelpharma AB v. Implant Innovations, Inc., 141 F.3d 1059, 1071 (Fed. Cir. 1998). Siehe auch: EuG, Urteil vom 17. Juli 1998, Rs. T-111 / 96, ITT Promedia NV. /. Commission of the European Communities, Slg. 1998 II-2937, Tz. 60. 15 United States v. National Lead Co., 332 U.S. 319, 335–351 (1947); Besser Manufacturing Co. v. United States, 343 U.S. 444, 447 (1952). 16 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 613 F. Supp. 330, 331 (C.D. Ill. 1985); Intergraph Corp. v. Intel Corp., 3 F. Supp. 2d 1255 (N.D. Ala. 1998). 17 Ein Beispiel für (zwischen der Kartellbehörde und den Zusammenschlussbeteiligten vereinbarte) Lizenzierungsverpflichtung in einem Zusammenschlussfall findet sich beispielsweise in: In re CIBA-Geigy Limited, CIBA-Geigy Corporation, Chiron Corporation, Sandoz Ltd., Sandoz Corporation, and Novartis AG, No. C-3725, Decision and Order (FTC March 24, 1997).
1. Kapitel
Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen A. Allgemeines In einem Unternehmen können wertvolle Informationen prinzipiell auf zwei verschiedene Arten vorkommen.1 Einerseits können die Informationen in den Kenntnissen und Fertigkeiten seiner Mitarbeiter aufzufinden sein, die diese durch eigene Leistung (z. B. ein Studium) oder Förderung durch das Unternehmen (z. B. betriebliche Fortbildungen) erworben haben.2 Sie sind dadurch gekennzeichnet und vor dem Zugriff Dritter geschützt, dass sie in der Person des jeweiligen Mitarbeiters bestehen und nur durch seine Mitwirkung von Dritten nutzbar gemacht werden können.3 Andererseits können die Informationen losgelöst von den Kenntnissen der Mitarbeiter in dem Unternehmen selbst bestehen. Ein Beispiel dafür ist eine in einem Tresor aufbewahrte Aufzeichnung einer Geheimformel. Falls diese Informationen nicht geheim gehalten oder immaterialgüterrechtlich geschützt werden, können sie von Dritten auch ohne die Zustimmung des Unternehmens oder seiner Mitarbeiter genutzt werden.4 Nur angemerkt sei hier, dass in Deutschland die Begriffe „Geschäfts- und Betriebsgeheimnis“ voneinander unterschieden werden.5 Der Begriff „Betriebsgeheimnis“ wird im Hinblick auf technische Betriebsabläufe verwendet.6 Bei einem Betriebsgeheimnis handelt es sich um einen Teil des Know-how eines
1 Edmund W. Kitch, The Law and Economics of Rights in Valuable Information, 9 JLS 683, 684 (1980). 2 Siehe dazu die grundlegende Analyse von: Gary S. Becker, Human Capital: A Theoretical and Empirical Analysis, with Special Reference to Education 29–58 (The University of Chicago Press 1993). Siehe auch: Edmund W. Kitch, 9 JLS at 684. 3 Gary S. Becker, Human Capital 40; Edmund W. Kitch, 9 JLS at 689. 4 Edmund W. Kitch, 9 JLS at 689. 5 Hefermehl, Wolfgang / Köhler, Helmut / Bornkamm, Joachim, Bearbeiter: Köhler, Helmut, Wettbewerbsrecht, München, 24. Aufl. 2006, § 17 Rdnr. 4; Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Leitfaden für die Praxis, Berlin, 2004, Rdnr. 15. 6 Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rdnr. 15.
B. Arten der Geheimnisse
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Unternehmens. Der Begriff des Know-how umfasst nach deutschem Verständnis zudem aber auch nicht geheimgehaltene technische Informationen.7 Mit dem Begriff „Geschäftsgeheimnis“ wird dagegen eine geheime Information aus dem kaufmännischen Geschäftsverkehr bezeichnet.8 In dieser Untersuchung wird diese terminologische Unterscheidung nicht verwendet. Die Variationsbreite der in Unternehmen bestehenden Geheimnisse ist sehr weit. Der Inhalt eines Geheimnisses hat maßgeblichen Einfluss darauf, welche Folgen eine Geheimhaltung der Information für das Unternehmen, seine Konkurrenten und den Wettbewerb hat. Es ist daher angezeigt, die möglichen Inhalte der in Unternehmen bestehenden Geheimnisse kurz darzustellen, um den für diese Untersuchung erheblichen Begriff der „geheimen Innovation“ eingrenzen zu können.9
B. Arten der Geheimnisse I. Geheime Informationen über Innovationen Geheime Informationen über Innovationen beinhalten zum einen das Ergebnis der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit und der kreativen Leistungen der Mitarbeiter eines Unternehmens. Zum anderen umfassen sie aber auch die Forschung bzw. die kreativen Anstrengungen selbst, da aus diesen Rückschlüsse auf das Forschungsergebnis oder einen etwaigen Misserfolg getroffen werden können.10 Diese Informationen können technischer Natur – patentierbar oder nicht patentierbar – sein.11 Sie können aber auch kreativer Natur – und damit u. U. dem Urheberrecht unterfallend – sein. Sie können beispielsweise ein Produktionsverfahren, eine Geschäftsmethode oder ein Erzeugnis betreffen oder selbst ein Erzeugnis sein.12 Ein Unterfall der geheimen Innovationen sind auch geheime Pläne, Strategien oder Taktiken. Meist basieren diese auch auf kreativen Anstrengungen. Diese sind regelmäßig durch ihre Kurzlebigkeit gekennzeichnet. Sie werden oft nach 7 Vgl. Pfaff, Dieter / Osterrieth, Christian (Hrsg.), Bearbeiter: Pfaff, Dieter, Lizenzverträge: Formularkommentar, München, 2. Aufl 2004, S. 8. 8 Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rdnr. 15. 9 Die nachfolgende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr wird auch für den Zweck einer genaueren Begriffseingrenzung eine vereinfachende Einteilung der unterschiedlichen Geheimnisarten vorgenommen. 10 Russel B. Stevenson, Jr., Corporations and Information 9 (The John Hopkins University Press 1980). 11 Gordon L. Doerfer, The Limits on Trade Secret Law Imposed by Federal Patent and Antitrust Supremacy, 80 Harv. L. Rev. 1432, 1437 (1967). 12 Gordon L. Doerfer, 80 Harv. L. Rev. at 1437.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
kurzer Zeit der Öffentlichkeit bekannt. Die Nutzung einer geschäftlichen Methode erfordert beispielsweise in aller Regel auch, dass sie gegenüber Kunden und Abnehmern aufgedeckt wird. Oft wird es auch notwendig sein, die Methode Kapitalanlegern mitzuteilen, um diese von den zukünftigen Erfolgschancen einer Unternehmung überzeugen zu können.13 Daher hat die Vorenthaltung derartiger Informationen häufig eine geringere Bedeutung sowohl für einzelne Konkurrenten als auch das gesamte Wirtschaftssystem im Vergleich zur Vorenthaltung von anderen, langlebigeren Arten geheimer Innovationen.14 Eine Verpflichtung zur Offenlegung geheimer Pläne kann in Industriebereichen, die durch ein gewisses Maß an Geheimhaltung von Strategien gekennzeichnet sind, auch zu einer Störung des Wettbewerbs führen.15 Als Beispiel hierfür seien die geheimen Bietverfahren in der Bauindustrie genannt. Die Offenbarung geheimer Vorhaben oder Pläne gegenüber Konkurrenzunternehmen hat meist auch nicht die Verwendung dieser Informationen durch die Konkurrenten zur Folge, sondern nur eine Reaktion der Konkurrenten auf den Plan. In diese Kategorie fallen auch geplante oder ausgeführte Transaktionen, Werbekampagnen oder Marketingstrategien.16 In der US-amerikanischen Rechtswissenschaft wurde beispielsweise die Meinung vertreten, dass der Einsatz von Strohmännern oder Tarngesellschaften bei geschäftlichen Transaktionen auch für dominante Unternehmen rechtmäßig sei. Ziel dieser Mittel kann einerseits die Ermöglichung einer Transaktion mit Geschäftspartnern sein, die nicht oder nur zu anderen Konditionen mit dem dominanten Unternehmen kontrahieren würden. Andererseits kann Ziel auch die Tarnung der Partizipation an der Transaktion gegenüber staatlichen Behörden sein. Unabhängig davon, ob diese Ziele aus anderen als kartellrechtlichen Gründen zu missbilligen sind, sei für die kartellrechtliche Beurteilung entscheidend, ob die Transaktion selbst wettbewerbswidrig ist.17 II. Berichtende Informationen über den Geschäftsbetrieb Geheime Informationen können auch berichtender Natur über den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens sein. In diese Kategorie fallen beispielsweise Informationen über die in einem Unternehmen bestehenden Rechte und Geschäfts-
13 Jänich, Volker Michael, Sonderrechtsschutz für geschäftliche Methoden, GRUR 2003, 483, 487. 14 Russel B. Stevenson, Jr., Corporations and Information 11. 15 Russel B. Stevenson, Jr., Corporations and Information 10. 16 Siehe dazu: Gordon L. Doerfer, 80 Harv. L. Rev. at 1437. 17 Phillip E. Areeda / Herbert Hovenkamp, Antitrust Law: An Analysis of Antitrust Principles and Their Application vol. IIIA, P782l (2d ed., Aspen L. & Bus. 2002 & Supp. 2005).
B. Arten der Geheimnisse
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vorgänge. Ein weiteres Beispiel sind Kunden- und Lieferantenlisten.18 Diese Informationen können für ein Unternehmen sehr wertvoll sein. Die zu ihrer Gewinnung eingesetzten Anstrengungen sind jedoch weder erfinderischer oder kreativer, sondern geschäftlicher Natur. Am deutlichsten wird dies bei Informationen über den Geschäftserfolg eines Unternehmens, wie z. B. Statistiken. Diese haben ebenfalls berichtenden Charakter. Sie geben den Aufwand, Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens wieder.19 Sie unterscheiden sich von geheimen Innovationen aber schon dadurch, dass über den bloßen Vorgang der Zusammenfassung der Informationen hinaus keine Anstrengungen notwendig sind, um diese zu gewinnen. III. Willkürlich festgelegte Informationen Willkürlich festgelegte und geheim gehaltene Informationen sind beispielsweise Passwörter, Geheimcodes oder Kennziffern. Diese beruhen regelmäßig nicht auf innovativen Anstrengungen, sondern werden willkürlich festgesetzt. Die eingesetzte Verschlüsselungstechnologie und die mittels eines Passworts vor Zugriff anderer Personen geschützten Informationen können aber innovativer Natur sein. IV. Neuigkeiten Geheime Neuigkeiten sind nicht das Ergebnis innovativer Anstrengungen eines Unternehmens. Sie sind nur berichtender Natur. Zum Teil anders als bei berichtenden Informationen über den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens liegt ihr besonderer Wert für ein Unternehmen darin, dass das Unternehmen sie u. U. vor anderen Unternehmen veröffentlichen kann. Beispiele sind neben aktuellen Nachrichten von Nachrichtenagenturen noch nicht veröffentlichte Kurswerte von Börsen oder anderen Marktplätzen. Bei diesen liegt die Problematik nicht in der (weiteren) Geheimhaltung der Information, sondern in der Verhinderung der Veröffentlichung der Information durch andere Unternehmen vor der geplanten Veröffentlichung durch das sie kennende Unternehmen. Diese Informationen sollen veröffentlicht werden und verlieren mit der Veröffentlichung bzw. mit Ablauf einer (oft sehr kurzen) Zeitspanne nach Veröffentlichung jeden bzw. zumindest erheblich an Wert. Die (oft sehr kurze) Geheimhaltung der Information kann damit regelmäßig auch kein Anknüpfungspunkt für einen Missbrauchsvorwurf sein. Eher könnte der Missbrauch bei derartigen Informationen in der Praxis der Bereitstellung der Infor-
18 19
Gordon L. Doerfer, 80 Harv. L. Rev. at 1437. Russel B. Stevenson, Jr., Corporations and Information 11.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
mationen liegen, sei es durch Diskriminierung einzelner Unternehmen oder das Fordern überhöhter Preise für die Bereitstellung.20
C. Definition des Begriffs „geheime Innovation“ Der in dieser Untersuchung verwendete Begriff „geheime Innovation“ soll eine erfinderische, kreative oder auch auf dem Einsatz von sonstigen Anstrengungen beruhende Leistung bzw. Schöpfung beschreiben, die nicht nach immaterialgüterrechtlichen Vorschriften geschützt ist, aber durch Geheimhaltung vor dem Zugriff durch andere Unternehmen tatsächlich geschützt wird. Bedeutungslos ist dabei, ob die Innovation die Schutzvoraussetzungen immaterialgüterrechtlicher Vorschriften erreicht. Teilweise wird auch darauf eingegangen, wie Konstellationen zu behandeln sind, in denen eine Innovation geheim und zudem immaterialgüterrechtlich geschützt ist. Für Zwecke dieser Definition ist dabei auch unerheblich, welcher Umfang von Vorkehrungen zu der Geheimhaltung der Innovation getroffen wurde. Voraussetzung ist nur, dass diese nicht der Öffentlichkeit bekannt ist. Unerheblich ist damit auch, wie viele Personen Kenntnis von dem Inhalt der geheimen Innovation haben. Entscheidend ist nur, dass andere Unternehmen keine Kenntnis haben. Zu beachten ist, dass die Abgrenzung zwischen geheimen Innovationen und geheimen Produktbestandteilen bzw. -verfahren, die auf keiner erfinderischen, kreativen oder sonstigen Anstrengung beruhen, schwer fällt. Da diese geheim sind, hat gerade keine Patentanmeldung stattgefunden, aufgrund derer eine Patentierbarkeit bejaht oder abgelehnt wurde. Wegen ihrer Geheimhaltung ist auch generell nicht abschätzbar, welche Leistungen oder Anstrengungen zu ihrer Entwicklung getroffen wurden. Daher wird für diese Untersuchung auch schon eine geringere Leistungsanstrengung als ausreichend angesehen. Nicht untersucht werden dagegen geheime Informationen, die auf keinen oder geschäftlichen Leistungsanstrengungen basieren. Von der Begriffseingrenzung sollen zudem nicht solche geheime Informationen erfasst werden, die nur in der persönlichen Privatsphäre einer natürlichen Person bestehen. Zwar kann es einen Schnittpunkt zwischen dem Schutz der Privatsphäre einer natürlichen Person und dem Schutz der Geheimnisse eines Unternehmens geben, beispielsweise in der Aufbauphase eines Unternehmens.21 In diesen Konstellationen wird aber meist schon keine dominante Stellung des Unternehmens anzunehmen sein. 20 Lee, Ruben, Property Rights in Price and Quote Information, in Bouckaert, Boudewijn / De Geest, Gerrit (eds.), Encyclopedia of Law and Economics, Cheltenham, 2000, vol. II, 315, 322. 21 Siehe dazu: Hubmann, Heinrich / Götting, Horst-Peter, Gewerblicher Rechtsschutz, München, 7. Aufl. 2002, S. 86.
D. Tatsächlicher Schutz von Innovationen durch Geheimhaltung
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Schlussendlich sind auch solche Informationen aus der Definition auszuschließen, die zur Abwendung der Gefahr eines schweren Nachteils für die Sicherheit eines Landes geheim gehalten werden (sog. Staatsgeheimnisse) und die keine wirtschaftliche Verwendung gefunden haben oder finden sollen.
D. Tatsächlicher Schutz von Innovationen durch Geheimhaltung Die Geheimhaltung von Informationen kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen. Geheime Informationen, die nur die Mitarbeiter eines Unternehmens kennen bzw. die in deren Fähigkeiten verkörpert sind, können dadurch vor Weitergabe an Dritte geschützt werden, dass die Mitarbeiter von einer Weitergabe der Informationen sowohl tatsächlich (z. B. durch die Gewährung finanzieller Anreize oder aufgrund familiärer Bindungen zu dem Unternehmensinhaber) als auch durch vertragliche Vereinbarungen (z. B. durch Konkurrenzverbote oder durch Vertragsstrafen abgesicherte Geheimhaltungsverpflichtungen) abgehalten werden.22 Auf Informationsträgern gespeicherte Geheimnisse können zum einen durch körperliche Sicherheitsvorkehrungen geschützt werden.23 Beispielsweise kann eine auf Papier niedergeschriebene Geheimformel in einem Sicherheitsschrank aufbewahrt werden. Der Sicherheitsschrank sorgt dann für die Sicherheit der Geheimformel. Das Schloss des Schrankes ermöglicht dabei den Zugriff von Berechtigten auf die geheime Information. Zudem kann mittels einer Alarmanlage oder anderer Überwachungsvorrichtungen verhindern werden, dass andere Personen den Sicherheitsschrank aufbrechen bzw. mit einem nachgeahmten Schlüssel öffnen. Digital (also in Form der binären Zahlen 0 und 1) gespeicherte Informationen können in ähnlicher Weise vor dem Zugriff durch Dritte geschützt werden, indem beispielsweise der Datenträger (z. B. die Festplatte eines Computers) an einem sicheren Ort verwahrt und nicht mit der Außenwelt (z. B. dem Internet) verbunden wird. Zum anderen können auf Informationsträgern gespeicherte Geheimnisse aber auch verschlüsselt werden und damit dem Zugriff durch Dritte entzogen werden. Die Wissenschaft und die Methoden der Verschlüsselung von Informationen werden als Kryptographie bezeichnet.24 Mittels Verschlüsselung (encryp22 Norman R. Bottom, Jr. / Robert R. J. Gallati, Industrial Espionage: Intelligence Techniques and Countermeasures 269–273 (Butterworth Publishers 1984). 23 Eine Zusammenstellung verschiedener Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz analoger Informationen geben z. B.: Norman R. Bottom, Jr. / Robert R. J. Gallati, Industrial Espionage 255–268. 24 Bruce Schneier, Applied Cryptography 1 (2 ed., John Wiley & Sons 1996); Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, deutsche Übersetzung der englischsprachigen Originalausgabe RSA Security’s Official Guide to Cryptography, Bonn, 2001,
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
tion) kann eine Information derart verzerrt werden, dass nur derjenige in der Lage ist, die Information durch Entschlüsselung (decryption) zu verwerten, der den Schlüssel kennt.25 Die Information wird dabei durch die Verwendung eines Algorithmus (d.h. einer mathematischen Funktion) in eine unverständliche Form gebracht. Dabei ist regelmäßig der Algorithmus nicht selbst geheim, sondern nur der sog. Schlüssel, der neben der Information in die mathematische Funktion eingesetzt wird.26 Der Inhaber des Schlüssels kann später die unverständliche Information unter Verwendung des geheimen Schlüssels in eine verständliche Form umwandeln.27 Bis 1976 war nur das sog. symmetrische Verschlüsselungssystem zur Verschlüsselung von geheimen Informationen bekannt.28 Bei diesem wird jeweils derselbe Schlüssel eingesetzt, um eine Information zu ver- und später zu entschlüsseln.29 Bei geheimen Kommunikationen war damit problematisch, dass sowohl Sender als auch Empfänger der Information Kenntnis von dem Schlüssel haben mussten. Daraus ergaben sich zwei der größten Schwachstellen der Kryptographie, nämlich die Notwendigkeit des Austausches des Schlüssels vor Austausch der Information und die Kenntnis des Schlüssels durch Sender und Empfänger.30 Die Problematik des Austausches des Schlüssels wurde zwar durch auf mathematischen Berechnungen beruhende Systeme behoben, mit denen sich Sender und Empfänger auf einen Schlüssel verständigen können, ohne sich den Inhalt des Schlüssels mitteilen zu müssen.31 Jedoch erst mit dem Bekannt werden des sog. asymmetrischen Verschlüsselungssystems in den Jahren 1976 bis 1978 – welches aber angeblich schon vorher von verschiedenen Geheimdiensten verwendet worden ist – wurde auch die Problematik der Notwendigkeit der Kenntnis des Schlüssels durch Sender und Empfänger beseitigt.32 Bei diesem Verschlüsselungssystem kennt nur der Empfänger der Information den Schlüssel, der ihn in die Lage versetzt, um eine durch einen allgemein zuS. 34; Aaron Perkins, Comment, Encryption Use: Law and Anarchy on the Digitial Frontier, 41 Hous. L. Rev. 1625, 1628 (2005). 25 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 34; Aaron Perkins, 41 Hous. L. Rev. at 1627. 26 Bruce Schneier, Applied Cryptography 3. 27 Bruce Schneier, Applied Cryptography 3; Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 41 f.; Aaron Perkins, 41 Hous. L. Rev. at 1628. 28 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 125. 29 Bruce Schneier, Applied Cryptography 4; Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 36; David B. Walker, Privacy in the Digital Age: Encryption Policy – A Call for Congressional Action, 1999 Stan. Tech. L. Rev. 3, 14. 30 Bruce Schneier, Applied Cryptography 3. 31 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 125; David B. Walker, 1999 Stan. Tech. L. Rev. at 15. 32 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 125 f.; Baker, Stewart A. / Hurst, Paul R., The Limits of Trust: Cryptography, Governments, and Electronic Commerce, The Hague, 1998, 2.
D. Tatsächlicher Schutz von Innovationen durch Geheimhaltung
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gänglichen Schlüssel verschlüsselte Information zu entschlüsseln.33 Der allgemein zugängliche Schlüssel (der sog. public key) manipuliert die in Zahlen umgewandelten Informationen in einer Art und Weise, die sich nicht leicht umkehren lässt. Nur der Empfänger der Information besitzt einen Schlüssel (den sog. private key), der die Wiedergewinnung der ursprünglichen Informationen ermöglicht.34 Der Empfänger hat, vereinfacht ausgedrückt, Kenntnis von einer geheimen Falltür, mittels derer er an die ansonsten verborgenen Informationen gelangen kann.35 Asymmetrische Verschlüsselungssysteme können neben der Geheimhaltung auch für die Authentifizierung oder Verbindlichkeit einer Information sorgen.36 Zum einen kann mittels eines asymmetrischen Verschlüsselungssystems die Authentifizierung des Absenders einer Information vorgenommen werden. Zum anderen kann mit einem asymmetrischen Verschlüsselungssystem auch sichergestellt werden, dass der Inhalt der Information während der Übermittlung nicht verändert wurde. Der Einsatz eines asymmetrischen Verschlüsselungssystems zur Feststellung der Authentizität und Verbindlichkeit einer Information wird auch als „digitale Signatur“ bezeichnet.37 Das Verfahren der asymmetrischen Verschlüsselung wird im Falle der digitalen Signatur einfach umgedreht. Die zu sendende Information wird mit dem geheimen Schlüssel des Senders (private key) verschlüsselt. Mittels des allgemein zugänglichen Schlüssels (public key) kann diese dann von anderen Personen entschlüsselt werden.38 Wenn der Schlüssel des Senders nicht anderen Personen zugänglich gemacht worden ist, wird aber auch gewährleistet, dass die gesendete Information von ihm stammt und ihr Inhalt nicht verändert wurde. Denn eine andere Person kann die Information überhaupt nicht verschlüsseln. Im Grundsatz bestimmt sich die Sicherheit einer Verschlüsselung nach drei Faktoren: der Geheimhaltung des Schlüssels, dem zugrunde liegenden mathematischen Algorithmus und der Länge des Schlüssels.39 Die Geheimhaltung des Schlüssels setzt voraus, dass er von jeder Person, die ihn kennt, tatsächlich geheim gehalten wird. Der zugrunde liegende Algorithmus muss in sich mathematisch stimmig sein.40 Nicht sinnvoll oder erforderlich ist es, dass der Algorithmus und damit die Verschlüsselungsmethode selbst geheim ist. Vielmehr sollte 33 Bruce Schneier, Applied Cryptography 31; David B. Walker, 1999 Stan. Tech. L. Rev. at 17. 34 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 128. 35 Bruce Schneier, Applied Cryptography 31. 36 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 173. 37 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 173; Bruce Schneier, Applied Cryptography 37. 38 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 173. 39 Aaron Perkins, 41 Hous. L. Rev. at 1628. 40 Bruce Schneier, Applied Cryptography 152.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
diese der Überprüfung und Verbesserung durch Dritte zugänglich sein. Dieses Prinzip wird auch mit dem Ausdruck no security through obscurity bezeichnet.41 Es hat auch schon in dem US-Kartellrechtsstreit gegen Microsoft Bedeutung erlangt.42 Bei symmetrischen Verschlüsselungssystemen kann sich die Länge des Schlüssels beispielsweise aus der Anzahl der aneinander gereihten binären Zahlen (0 und 1, auch „Bit“ genannt) ergeben. Jede weitere Zahl eines Schlüssels verdoppelt die in Betracht kommende Anzahl von möglichen Schlüsseln.43 Bei Festlegung der Schlüssellänge muss aber auch die fortschreitende Rechnergeschwindigkeit von zur Schlüsselbrechung einsetzbaren Computer berücksichtigt werden, so dass auch immer längere Schlüssel verwendet werden müssen.44 In den letzten Jahren wurde regelmäßig eine Schlüssellänge von 128 Bit verwendet.45 Es darf zudem nicht übersehen werden, dass ein Verschlüsselungssystem auch mittels anderer (schnellerer) Vorgehensweisen, wie z. B. durch das Ausnutzen von Schwachstellen des Algorithmus oder aufgrund der Kenntniserlangung über die Art und Weise der Erzeugung des Schlüssels, gebrochen werden kann.46 Zu beachten ist auch, dass eine umfangreiche Verschlüsselung zu einer Einbuße der Geschwindigkeit bei der Kommunikation bzw. Entschlüsselung führen kann. Dies gilt insbesondere beim Einsatz asymmetrischer Verschlüsselungssysteme. Nichtsdestotrotz kann durch die Wahl eines ausreichend langen Schlüssels ein hohes Maß an Sicherheit geheimer Informationen erzielt werden, selbst wenn diese an andere Personen kommuniziert werden.47 Insbesondere asymmetrische Verschlüsselungssysteme ermöglichen heute jedem Unternehmen, Verschlüsselungen zur Geheimhaltung oder Authentisierung von Informationen zu minimalen Kosten vorzunehmen.48 Dabei wird die zukünftige Entwicklung zeigen, ob die fortschreitende Perfektionierung der Verschlüsselungstechnologien auch zu einem vermehrten Missbrauch dieser Technologie durch dominante Unternehmen führen wird. In einigen Rechtsstreitigkeiten wurden verschiedenen Unternehmen schon wettbewerbswidrige Verschlüsselungen vorgeworfen.49 41 Bruce Schneier, Applied Cryptography 152. Dieses Prinzip wurde bereits grundlegend beschrieben von: Kerckhoffs, Auguste, La cryptographie militaire, 9 Journal des sciences militaires, vol. IX, 5, 12 (Janvier 1883). 42 Siehe dazu 4. Kapitel: E.IV.4.d). 43 Bruce Schneier, Applied Cryptography 152; Aaron Perkins, 41 Hous. L. Rev. 1628. 44 Bruce Schneier, Applied Cryptography 153; Aaron Perkins, 41 Hous. L. Rev. at 1629 n. 32; Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 59. 45 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 59. 46 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 54 ff. 47 Burnett, Steve / Paine, Stephen, Kryptographie, S. 59. 48 Baker, Stewart A. / Hurst, Paul R., The Limits of Trust, 2. 49 Siehe dazu 4. Kapitel: E.IV.4.d).
E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen
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E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen aufgrund von Rechtsvorschriften in der EU I. Regelungen im Gemeinschaftsrecht 1. Geheimhaltungspflichten seitens der Organe der EG In Art. 287 EG und einigen Verordnungen sind Geheimhaltungspflichten der Organe der EG, ihrer Mitglieder, Beamten und sonstigen Bediensteten vorgesehen. Diese Geheimhaltungspflichten verdeutlichen den hohen Stellenwert der Behandlung von Geschäftsgeheimnissen im Gemeinschaftsrecht. Sie begründen zwar kein Recht zur Geheimhaltung gegenüber den Organen der EG, sehen aber bei Mitteilung an die Organe der EG deren Pflicht zur Geheimhaltung – insbesondere gegenüber Konkurrenten der mitteilenden Unternehmen – vor. Sie stellen damit im weitesten Sinne rechtliche Normen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen dar. Im Folgenden wird der Inhalt einiger dieser Rechtsvorschriften dargestellt. a) Geheimhaltungspflicht gemäß Art. 287 EG Art. 287 EG normiert u. a. die Pflicht der Beamten der Gemeinschaft zur Geheimhaltung von Informationen, die unter das Berufsgeheimnis fallen. Dazu gehören auch die Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen.50 Art. 287 EG sieht vor: „Die Mitglieder der Organe der Gemeinschaft, die Mitglieder der Ausschüsse sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft sind verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht preiszugeben; dies gilt insbesondere für Auskünfte über Unternehmen sowie deren Geschäftsbeziehungen oder Kostenelemente.“51
Definitionen der Begriffe „Geschäftsgeheimnis“ oder „Know-how“ enthält der Vertrag aber nicht.52
50 EuGH, Urteil vom 24. Juni 1986, Rs. 53 / 85, AKZO Chemie B.V. en AKZO Chemie U.K. Ltd. . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, Slg. 1986, 1965, Tz. 28. 51 Art. 122 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) sieht ähnliche Pflichten vor. 52 Lieberknecht, Otfried, Die Behandlung von Geschäftsgeheimnissen im deutschen und EG-Recht, WuW 1988, 833, 845.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
b) Geheimhaltungspflichten in Fusionskontrollund Kartellverfahren In der Kartellverfahrensverordnung Nr. 1 / 2003 finden sich Regelungen für den Umgang mit Geschäftsgeheimnissen durch die EG-Kommission in Kartellverfahren.53 In der EG-Fusionskontrollverordnung finden sich ebenfalls Regelungen über die Behandlung von Geschäftsgeheimnissen durch die EG-Kommission in Fusionskontrollverfahren.54 Diese wurden in den jeweiligen Durchführungsverordnungen der EG-Kommission konkretisiert.55 Bei diesen Regelungen geht es zum einen darum, dass die EG-Kommission nach der Rechtsprechung des EuG den betroffenen Unternehmen, die vollständige Ermittlungsakte zugänglich machen muss, damit sich diese gegen die ihnen zur Last gelegten Beschwerdepunkte sachgerecht verteidigen können, mit Ausnahme u. a. der Schriftstücke, die Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen oder sonstige vertrauliche Informationen enthalten.56 Zudem betreffen diese Regelungen den Ausschluss der Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen in Beschwerdepunkten oder Entscheidungen der EG-Kommission. Schließlich fordern diese Regelungen auch den Ausschluss der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen an Beschwerdeführer in Kartellverfahren. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen an einen Beschwerdeführer in keinem Fall Geschäftsgeheimnisse weitergeleitet werden. Ansonsten könnten Unternehmen versuchen, durch eine Beschwerde Einsicht in die Geschäftsgeheimnisse von Konkurrenten zu erhalten.57 53 Rat der Europäischen Union (Rat der EU), Verordnung (EG) Nr. 1 / 2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1, Art. 14 Abs. 6, 27 Abs. 2 und 4, 28, 30 Abs. 2. 54 Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 139 / 2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1, Art. 4 Abs. 3, 17, 18 Abs. 3, 19 Abs. 7, 20 Abs. 2. 55 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 773 / 2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission, ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 18, Art. 8 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 6 und 8, 15 Abs. 2, 16. EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 802 / 2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139 / 2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. L 133 vom 30.4.2004, S. 1 (Berichtigung in ABl. L 172 vom 6.5.2004, S. 9), Art. 15 Abs. 6 und 8, 17 Abs. 3, 18. 56 Vgl. z. B.: EuG, Urteil vom 17. Dezember 1991, Rs. T-7 / 89, SA Hercules Chemicals NV . /. Commissione delle Comunità europee, Slg. 1991 II-1711, Tz. 54; EuG, Urteil vom 19 Mai 1999, Rs. T-175 / 95, BASF Lacke + Farben AG . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1999 II-1581, Tz. 45; EuG, Urteil vom 20. März 2002, Rs. T-23 / 99, LR AF 1998 A / S, formerly Løgstør Rør A / S . /. Commission of the European Communities, Slg. 2002 II-1705, Tz. 170. 57 Siehe dazu: EuGH, AKZO Chemie B.V. en AKZO Chemie U.K. Ltd. . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, Slg. 1986, 1965, Tz. 28; EuGH, Urteil vom
E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen
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Das EuG hat im Zusammenhang mit einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der EG-Kommission, aufgrund der am Verwaltungsverfahren nicht beteiligten Dritten gestattet wurde, Beschwerdepunkte und ein Anhörungsprotokoll in nationalen Gerichtsverfahren vorzulegen, den Begriff des Geschäftsgeheimnisses folgendermaßen definiert: „Geschäftsgeheimnisse sind Informationen, durch deren Preisgabe die Interessen des Auskunftgebers nicht nur dann, wenn sie an die Öffentlichkeit erfolgt, sondern auch bei blosser Weitergabe an einen Dritten schwer beeinträchtigt werden können.“58
Die EG-Kommission hat in einer Mitteilung über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Kartellverfahren diese Definition fast vollständig übernommen und Beispiele für Geschäftsgeheimnisse gegeben: „Könnte die Preisgabe einer Information über die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens letzteres schwer beeinträchtigen, ist diese Information als Geschäftsgeheimnis zu betrachten. Beispiele für Informationen, die als Geschäftsgeheimnisse einzustufen sein können, sind etwa technische und / oder finanzielle Angaben in Bezug auf das Know-how eines Unternehmens, Kostenrechnungsmethoden, Produktionsgeheimnisse und -verfahren, Bezugsquellen, produzierte und verkaufte Mengen, Marktanteile, Kunden- und Händlerlisten, Vermarktungspläne, Kosten- und Preisstruktur oder Absatzstrategie.“59
In einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weitergabe von Informationen an einen Beschwerdeführer hat der EuGH festgestellt, dass eine Information nicht den Schutz als Geschäftsgeheimnis gegenüber anderen Unternehmen verliert, wenn sie bereits einer Gruppe von Unternehmen bekannt ist.60 Der oben erörterte Begriff der geheimen Innovation wird zwar auch von dieser Definition und den von der EG-Kommission gegebenen Beispielen erfasst. Die genannten Regelungen dienen zwar nur der Begrenzung der Einsicht und Weitergabe hinsichtlich der in Verfahrensakten der EG-Kommission befindlichen Geschäftsgeheimnissen eines Unternehmens. Nichtsdestotrotz zeigen sie, dass Geschäftsgeheimnisse – und damit auch geheime Innovationen – in der
17. November 1987, verbundene Rs. 142 / 84 und 156 / 84, British-American Tobacco Company Ltd and R. J. Reynolds Industries Inc. . /. Commission of the European Communities, Slg. 1987 I-4487, Tz. 21. 58 EuG, Urteil vom 18. September 1996, Rs. T-353 / 94, Postbank NV . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, Slg. 1996 II-921, Tz. 87. 59 EG-Kommission, Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag, Artikel 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139 / 2004, ABl. C 325 vom 22.12.2005, S. 7, Tz. 18. 60 EuGH, Urteil vom 29. Oktober 1980, verbundene Rs. 209-78 bis 215-78 und 218-78 Heintz van Landewyck SARL und andere . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1980, 3125 (FEDETAB), Tz. 46.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
EU von der EG-Kommission nicht ohne weiteres offengelegt werden dürfen und damit von den Unternehmen auch nicht offengelegt werden müssen. c) Geheimhaltungspflichten aufgrund der Transparenz-Verordnung Ein ähnlicher Rückschluss kann sich auch aus der sog. Transparenz-Verordnung ergeben, aufgrund derer die Organe der EG Zugang zu Dokumenten gewähren müssen, die von den Organen erstellt wurden oder bei ihnen eingegangen sind und sich in ihrem Besitz befinden. Die Organe verweigern nach der Transparenz-Verordnung den Zugang zu Dokumenten aber, wenn durch deren Verbreitung der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums beeinträchtigt würde.61 Spezielle verfahrensrechtliche Geheimschutzprivilegien finden sich auch in der Verordnung über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern62, in der Verordnung über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreiten den Stromhandel63 und in der Verordnung über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum.64 d) Geheimhaltungspflichten mitgliedstaatlicher Behörden Nach Art. 4 Abs. 4 S. 4 der Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen (EG-Tabak-Richtlinie) haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass bestimmte Messergebnisse über Tabakerzeugnisse zur Unterrichtung der Verbraucher mit allen geeigneten Mitteln verbreitet werden, wobei gegebenenfalls der Vertraulichkeit von Informationen, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen, Rechnung getragen wird.65 Nach Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten auch dafür zu sorgen, dass 61 Europäisches Parlament / Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 1049 / 2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43, Art. 4 Abs. 2. 62 Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 2026 / 97 des Rates vom 6. Oktober 1997 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. L 288 vom 21.10.1997, S. 1, Art. 29. 63 Europäisches Parlament / Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 1228 / 2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel, ABl. L 176 vom 15. Juli 2003, S. 1, Art. 10 Abs. 6 S. 2. 64 Europäisches Parlament / Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 550 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum, ABl. L 96 vom 31.3.2004 S. 10, Art. 16 Abs. 1.
E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen
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Inhaltsstoffe und ihre Mengen, die bei der Herstellung von Tabakerzeugnissen verwendet werden, zur Unterrichtung der Verbraucher mit allen geeigneten Mitteln verbreitet werden. Dabei ist jedoch dem Schutz der Information über besondere Produktformeln, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen, hinreichend Rechnung zu tragen.66 Gemäß Art. 16 Abs. 1 S. 3 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit haben die Mitgliedstaaten und die EG-Kommission die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ihre Beamten und Bediensteten zu verpflichten, die aufgrund dieser Richtlinie gesammelten Informationen, die ihrem Wesen nach in hinreichend begründeten Fällen dem Geschäftsgeheimnis unterliegen, geheim zu halten.67 Eine Ausnahme dazu sind Informationen über sicherheitsrelevante Eigenschaften von Produkten, die unter Berücksichtigung der Gesamtumstände veröffentlicht werden müssen, um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten.68 Nach der Richtlinie über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die nationalen Regulierungsbehörden – gegebenenfalls auch im Auftrag der Kommission – Informationen von den Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten, einholen, um ihre Aufgaben aus dieser Rahmenrichtlinie effizient erfüllen zu können.69 Dazu können auch Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen gehören. Denn Art. 5 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie sieht vor, dass die eingeholten Informationen mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen bzw. vertraulichen Informationen öffentlich zugänglich zu machen sind. Daher sieht die Rahmenrichtlinie in Art. 5 Abs. 4 Geheimhaltungspflichten für die mitgliedstaatlichen Regulierungsbehörden und auch die EG-Kommission vor. 65 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 37 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen, ABl. L 194 vom 18.7.2001, S. 26. 66 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 37 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen, Art. 6 Abs. 2. 67 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 95 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit, ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4. 68 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 95 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit, Art. 16 Abs. 1. 69 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2002 / 21 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
Nach der Richtlinie über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen können die Mitgliedstaaten in mitgliedstaatlichem Recht vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf: „Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen [. . .].“70
Weitere Geheimhaltungsverpflichtungen der Mitgliedstaaten finden sich zudem in Art. 16 der Verordnung zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe71, in Art. 19 der Richtlinie über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten72, in Art. 14 der Richtlinie über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten73 sowie in Art. 18 Abs. 1 der Verordnung über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum.74 2. Gruppenfreistellungsverordnungen Das Gemeinschaftsrecht stellt keine einheitliche Definitionen der Begriffe „Geschäftsgeheimnis“ bzw. „Know-how“ zur Verfügung.75 In der Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung hat die EG-Kommission die Begriffe „Know-how“ und „geheim“ für die Zwecke der Verordnung definiert:
70 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2003 / 4 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90 / 313 / EWG des Rates, ABl. L 41 vom 14.2.2003, S. 26, Art. 4 Abs. 2 lit. d). 71 Rat der EG, Verordnung (EWG) Nr. 793 / 93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe, ABl. L 84 vom 5.4.1993, S. 1. 72 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 98 / 8 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von BiozidProdukten, ABl. L 123 vom 24.4.1998, S. 1. 73 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2002 / 22 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl. L 108 vom 24. April 2002, S. 51. 74 Europäisches Parlament / Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 550 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum. 75 Ullrich, Hanns, Nationale Geschäftsgeheimnisse und Gemeinsamer Markt, RIW 1990, Beilage 23, S. 1, 13.
E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen
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„(1) Für diese Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen: [. . .] i) Know-how: eine Gesamtheit nicht patentierter praktischer Kenntnisse, die durch Erfahrungen und Versuche gewonnen werden und die i) geheim, d. h. nicht allgemein bekannt und nicht leicht zugänglich sind, ii) wesentlich, d. h. die für die Produktion der Vertragsprodukte von Bedeutung und nützlich sind, und iii) identifiziert sind, d. h. umfassend genug beschrieben sind, so dass überprüft werden kann, ob es die Merkmale ,geheim‘ und ,wesentlich‘ erfüllt; [. . .].“76
Die durch diese Gruppenfreistellungsverordnung gewährte Freistellung für Wettbewerbsbeschränkungen in Know-how-Vereinbarungen gilt bei Nichtüberschreiten der vorgesehenen Marktanteilsschwellen, solange das Know-how geheim bleibt, es sei denn, das Know-how wird infolge des Verhaltens des Lizenznehmers offenkundig.77 Mit Ausnahme der Vereinbarung von in Art. 4 der Verordnung aufgezählten Kernbeschränkungen und einigen anderen in Know-howVereinbarungen nach Art. 5 der Verordnung nicht freigestellten Verpflichtungen ist damit eine Freistellung der Regelungen in Know-how-Vereinbarungen und etwaiger wettbewerbsbeschränkender Verpflichtungen von Art. 81 Abs. 1 EG vorgesehen. Abgesehen von einer etwaigen Wettbewerbswidrigkeit nach Art. 82 EG – welche bei Nichtüberschreitung der in der Verordnung vorgesehenen Marktanteilsschwellen regelmäßig fern liegt – erlaubt das europäische Wettbewerbsrecht Wettbewerbsbeschränkungen in Know-how-Vereinbarungen im Sinne der Verordnung. Damit schützt diese Verordnung zwar nicht vor dem Verrat eines Geheimnisses. Sie erlaubt jedoch die Vereinbarung von Geheimhaltungsverpflichtungen in Know-how-Verträgen. Damit wird im Ergebnis aber auch die Schutzwürdigkeit von geheimen Know-how zumindest bei seiner Mitteilung an Dritte anerkannt. Ein ähnlicher Rückschluss ergibt sich auch aus der Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen, welche bei Erfüllung bestimmter Voraussetzung eine Freistellung für nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Übertragung von Know-how aufgrund einer solchen Vertikalvereinbarung, wie z. B. einem Franchisevertrag vorsieht.78 Das Wettbewerbsverbot muss aber auf einen Zeitraum von höchstens einem Jahr beschränkt sein sowie genauen Anforderun76 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 772 / 2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen, ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 11, Art. 1 Abs. 1. 77 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 772 / 2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen, Art. 2 Abs. 2. 78 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 2790 / 1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
gen über die sachliche und räumliche Beschränkung entsprechen. Die Nutzung und Offenlegung von nicht allgemein bekannt gewordenem Know-how kann dagegen zeitlich unbegrenzten Beschränkungen unterworfen werden. Die Definition des Begriffs „Know-how“ entspricht dabei der Definition in der Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung.79 Gleiches gilt auch für die Definitionen dieses Begriffes in anderen Gruppenfreistellungsverordnungen.80 3. Regelungen über den Geheimnisschutz zwischen Privaten Das Gemeinschaftsrecht sieht keine Regelungen für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen zwischen Privaten vor.81 Eine begrenzte Ausnahme zu dieser Aussage ist die Forderung der Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (sog. Computer-Richtlinie) nach der Einräumung von Umgehungsschutz für technische Schutzmechanismen für Computerprogramme im Sinne der Richtlinie.82 Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt zwar auch, dass die Bestimmungen der Richtlinie sonstigen Rechtsvorschriften u. a. für Geschäftsgeheimnisse nicht entgegenstehen. Aufgrund von Art. 7 Abs. 1 lit. c) dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten jedoch zusätzlich geeignete Maßnahmen gegen Personen vorzusehen, die Mittel in Verkehr bringen oder zu Erwerbszwecken besitzen, die allein dazu bestimmt sind, die unerlaubte Beseitigung oder Umgehung technischer Programmschutzmechanismen zu erleichtern. Andererseits ist nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie die Zustimmung des Rechtsinhabers nicht erforderlich, wenn die Vervielfältigung oder Übersetzung des Programmcodes (sog. Dekompilierung) des Computerprogramms unerlässlich ist, um die erforderlichen Informationen zur Herstellung der Interoperabilität eines unabhängig geschaffenen Computerprogramms
von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, ABl. L 336 vom 29.12.1999, S. 21, Art. 5 lit. b). 79 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 2790 / 1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, Art. 1 lit. f). 80 Vgl.: EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, ABl. L 203 vom 1.8.2002, S. 30, Art. 1 Abs. 1 lit. j); EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 2659 / 2000 der Kommission vom 29. November 2000 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung, ABl. L 304 vom 5.12.2000, S. 7, Art. 2 Nr. 10. 81 Ullrich, Hanns, RIW 1990, Beilage 23, S. 1. 82 Rat der Europäischen Gemeinschaften (Rat der EG), Richtlinie 91 / 250 / EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, ABl. 122 vom 17.5.1991, S. 42, Art. 7 Abs. 1 lit. c).
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mit anderen Programmen zu erhalten, sofern bestimmte Bedingungen eingehalten werden. Zudem lassen die Bestimmungen der Richtlinie laut einem ihrer Erwägungsgründe die Anwendung der Wettbewerbsregeln unberührt, wenn ein marktbeherrschender Anbieter den Zugang zu Informationen verweigert, die für die in der Richtlinie definierte Interoperabilität notwendig sind.83 Nach Auffassung der EG-Kommission zeigt diese Richtlinie, dass das Interesse an dem Schutz der erfinderischen Anstrengung, die der Software zugrunde liege, den Erfinder nicht dazu berechtige, die Nutzung der mit dieser Software verbundenen Informationen zur Interoperabilität für die Herstellung der Interoperabilität zu untersagen.84 Die EG-Kommission übersieht aber auch nicht, dass die Richtlinie kein Verpflichtung eines Unternehmen enthält, die fraglichen Informationen von sich aus preiszugeben.85 Als weitere Ausnahme ist der Schutz von verschlüsselten Diensten und Zugangskontrolldiensten zu nennen, der aufgrund der Richtlinie über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten durch die Mitgliedstaaten zu gewähren ist.86 Danach sind u. a. die Herstellung, Vertrieb und Besitz von Geräten oder Computerprogrammen zu verbieten, die dazu bestimmt oder entsprechend anpasst sind, den Zugang zu einem durch eine Zugangskontrollvorrichtung geschützten Fernsehdienst, Radiodienst oder Dienst der Informationsgesellschaft in verständlicher Form ohne Erlaubnis des Diensteanbieters zu ermöglichen. Eine weitere begrenzte Ausnahme stellt auch Art. 6 der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (sog. Multimedia-Richtlinie) dar.87 Diese sieht zwar in Art. 9 vor, dass sie andere Rechtsvorschriften u. a. in den Bereichen Betriebsgeheimnisse, Sicherheit, Vertraulichkeit unberührt lässt. In Art. 6 fordert sie aber von den Mitgliedstaaten die Einräumung von Umge83 Rat der EG, Richtlinie 91 / 250 / EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, vorvorletzter Erwägungsgrund. 84 Die Auffassung der EG-Kommission wird zusammengefasst wiedergegeben in: EuG, Beschluss des Präsidenten vom 22. Dezember 2004, Rs. T-201 / 04 R, Microsoft Corporation . /. Commission of the European Communities (noch nicht in der Slg. veröffentlicht, im Folgenden: Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission), Tz. 182. 85 Eine Wiedergabe der Auffassung der EG-Kommission findet sich wiederum in: Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 183. 86 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 98 / 84 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten, ABl. L 320 vom 28.11.1998, S. 54. 87 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 29 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
hungsschutz, u. a. für Zugangskontrollen oder Schutzmechanismen wie Verschlüsselung oder Verzerrung, welche dazu bestimmt sind, Werke oder sonstige Schutzgegenstände betreffende Handlungen zu verhindern oder einzuschränken, die nicht von dem Inhaber des jeweiligen Urheberrechts oder des dem Urheberrecht verwandten gesetzlich geschützten Schutzrechtes genehmigt worden sind. Damit soll dem Rechtsinhaber, der sich wirksamer technischer Schutzmaßnahmen für seine Urheberrechte oder verwandten Schutzrechte bedient, ein gewisser rechtlicher Schutz gegen deren Umgehung eingeräumt werden. In einem Erwägungsgrund der Richtlinie wird zwar auch darauf verwiesen, dass durch den einzuräumenden Schutz nicht die Forschungsarbeiten im Bereich der Verschlüsselungstechniken behindert werden dürfen.88 Zudem soll der aufgrund der Richtlinie zu gewährende Rechtsschutz nicht für technische Maßnahmen gelten, die den normalen Betrieb elektronischer Geräte und deren technische Entwicklung behindern.89 Daraus wird gefolgert, dass die technischen Schutzmaßnahmen nicht alleine den Zweck der Marktzugangsbeschränkung anderer Unternehmen verfolgen dürfen.90 Nichtsdestotrotz wird durch diese Richtlinie auch die Gewährung von Schutz für geheime Informationen bzw. Innovationen eines Unternehmens gefordert, wenn auch nur als flankierender Schutz für urheberrechtlich geschützte Leistungen. Der aufgrund dieser Richtlinien zu gewährende Schutz von beispielsweise geheimen Verschlüsselungen vor Umgehung hat damit aber einen begrenzten Anwendungsbereich auf Verschlüsselungen der genannten Werke, verwandten Schutzrechte und Dienste. Trotzdem zeigt er, dass auch geheimen Informationen bzw. Vorrichtungen eines Unternehmens Schutz gegenüber Privaten durch gemeinschaftsrechtliche Regelungen gewährt wird. II. Mitgliedstaatliche Regelungen Für geheime Innovationen, die nicht immaterialgüterrechtlich geschützt sind, besteht auch in den Mitgliedstaaten keine formelle Schutzrechtsposition. Der 88 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 29 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, Erwägungsgrund 48. 89 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 29 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, Erwägungsgrund 48. 90 Vgl. z. B.: Spindler, Gerald, Europäisches Urheberrecht in der Informationsgesellschaft, GRUR 2002, 105, 116. Anderer Auffassung ist jedoch: Arlt, Christian, Marktabschottend wirkender Einsatz von DRM-Technik – Eine Untersuchung aus wettbewerbsrechtlichem Blickwinkel, GRUR 2005, 1003, 1004. Vgl. auch: Lindhorst, Hermann, Schutz von und vor technischen Maßnahmen, Osnabrück, 2002, zugleich Diss. Universität Kiel, S. 136.
E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen
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Schutz wird zuvorderst tatsächlich durch eine umfangreiche Geheimhaltung erzielt. Das Bemühen um Geheimhaltung wird jedoch durch mitgliedstaatliche Rechtsvorschriften zum Schutz vor Verrat und unbefugter Verwendung unterstützt.91 Abhängig von der jeweiligen mitgliedstaatlichen Rechtsordnung ist der Schutz von Geschäftsgeheimnissen ein Teil der allgemeinen Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb bzw. des Deliktsrechts oder basiert auf spezifischen Vorschriften bzw. Rechtsprechung über den Schutz vertraulicher Informationen.92 Grundsätzlich sind dabei zwei Schutzkonzepte unterscheidbar.93 In den Ländern des common law werden geheime Informationen von einer gewichtigen Auffassung als property rights verstanden.94 In den kontinental-europäischen Rechtsordnungen wird dagegen regelmäßig von einem indirekten Schutz dergestalt ausgegangen, dass bestimmte Handlungen hinsichtlich geheimer Informationen verboten werden.95 Abgesehen von dieser dogmatischen Unterscheidung ist das rechtliche Schutzniveau von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in den Mitgliedstaaten der EU auch in unterschiedlichem Maße ausgeprägt.96 Übereinstimmung herrscht jedoch insoweit, dass Geschäftsgeheimnisse nicht gegen alle Nutzungen anderer Personen durch ein absolut wirkendes Ausschließlichkeitsrecht gesichert, sondern nur vor bestimmten Arten der unerlaubten Inanspruchnahme durch Dritte geschützt sind.97 Die Vereinbarung von vertraglichen Geheimhaltungspflichten wird in allen Mitgliedstaaten gewährt.98 Das weitere Schutzniveau ist aber unterschiedlich ausgeprägt und zwar insbesondere sowohl für den Schutz vor 91 Auf den Schutz von Know-how durch tatsächliche Geheimhaltung und den begrenzten Schutz durch nationale Rechtsvorschriften hinweisend: Schmidt-Diemitz, Rolf, Geistiges Eigentum und entwicklungspolitischer Wissenstransfer, GRUR Int. 1988, 287, 289. 92 Vgl. dazu die Dokumentation des von der EG-Kommission finanzierten IPRHelpdesk: IPR-Helpdesk, The Legal Protection of Trade Secrets (undatiert). 93 Reger, Gerald, Der internationale Schutz gegen unlauteren Wettbewerb und das TRIPS-Übereinkommen, Köln, Berlin, Bonn, München, 1999, zugleich Diss. Universität München, S. 239 f. 94 Vgl.: Cornish, William R., Der Geheimnisschutz im englischen Recht, GRUR Int. 1975, 153. 95 Ulmer, Eugen, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der EWG, München, Köln, 1965, Band I: Vergleichende Darstellung, S. 114. 96 Ulmer, Eugen, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der EWG, Band I, S. 237 f.; Schlötter, Richard, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und die Abwerbung von Arbeitnehmern: Eine rechtsvergleichende Untersuchung des englischen, französischen und deutschen Rechts, Köln, Berlin, Bonn, München, 1997, S. 227; Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen, Rdnr. 349. 97 Ullrich, Hanns, RIW 1990, Beilage 23, S. 1. 98 Vgl. m. w. N.: Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets: A Practitioner’s Guide § 14: 4.5 (2d ed., Practising Law Institute 2005).
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
gezielter Durchbrechung der unternehmerischen Geheimnissphäre als auch für den Schutz von auf diese Weise erlangten Geheimnissen vor Verwertung. Auch findet der Schutz neben privatrechtlichen Normen in einigen Mitgliedstaaten zudem durch strafrechtliche Normen statt.99 Das ungleiche Schutzniveau stellt nach Ansicht von Teilen der Rechtswissenschaft ein Hindernis für die rechtsgeschäftliche Übertragung geheimer Informationen dar, so dass eine Harmonisierung des Schutzniveaus gefordert wird.100 Zu untersuchen bleibt, ob der Nachweis des Unterfallens einer geheimen Innovation unter eine derartige mitgliedstaatliche Regelungen ausreicht, damit der Gesichtspunkt der geheimen Innovationen bei einer Prüfung eines Verstoßes gegen Art. 82 EG Bedeutung erlangen kann. Andererseits könnte auch auf die von dem EuG bzw. der EG-Kommission in anderen Zusammenhängen bereits verwendeten Definitionen abgestellt werden.101 III. Rechtlicher Schutz aufgrund des TRIPS-Übereinkommens In dem von den Mitgliedern der WTO getroffenen TRIPS-Übereinkommen ist der rechtliche Schutz geheimer Informationen vorgesehen.102 Das TRIPSÜbereinkommen findet auf alle Mitgliedstaaten der EU und die EG selbst Anwendung. Die relevante Regelung des Art. 39 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens lautet: „2. Natural and legal persons shall have the possibility of preventing information lawfully within their control from being disclosed to, acquired by, or used by others without their consent in a manner contrary to honest commercial practices so long as such information:
99 Rechtsvergleichend zum englischen, französischen, italienischen und deutschen Recht: Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rdnrn. 346–348. 100 So schon: Ulmer, Eugen, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der EWG, Band I, S. 237 f.; Schricker, Gerhard, European Harmonization of Unfair Competition Law – A Futile Venture? IIC 1991, 788, 800. Siehe auch in der jüngeren Literatur: Maier, Antonia, Der Schutz von Betriebsgeheimnissen im schwedischen, englischen und deutschen Recht, Köln, Berlin, Bonn, München, 1998, zugleich Diss. Universität München, S. 396 ff.; Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rdnr. 349. 101 Siehe dazu 1. Kapitel: E.I. 102 Das Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum) ist als Annex 1C Teil des Marrakesh Agreement Establishing the World Trade Organization, welches in Marrakesch am 15. April 1994 als Ergebnis der sog. Uruguay-Runde unterzeichnet wurde.
E. Rechtlicher Schutz geheimer Innovationen
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(a) is secret in the sense that it is not, as a body or in the precise configuration and assembly of its components, generally known among or readily accessible to persons within the circles that normally deal with the kind of information in question; (b) has commercial value because it is secret; and (c) has been subject to reasonable steps under the circumstances, by the person lawfully in control of the information, to keep it secret.“
In einer Anmerkung findet sich zudem eine weitere Definition des Ausdrucks a manner contrary to honest commercial practices: „For the purpose of this provision, ,a manner contrary to honest commercial practices‘ shall mean at least practices such as breach of contract, breach of confidence and inducement to breach, and includes the acquisition of undisclosed information by third parties who knew, or were grossly negligent in failing to know, that such practices were involved in the acquisition.“103
Der Begriff des Geheimnisses ist im TRIPS-Übereinkommen sehr weit gefasst.104 Das Wissen muss geheim sein, einen wirtschaftlichen Wert besitzen und angemessene Geheimhaltungsvorkehrungen zu seinem Schutz müssen getroffen worden sein. Geheim gehaltenes Wissen ist auch nach dem TRIPS-Übereinkommen nicht absolut, sondern lediglich gegen bestimmte Verhaltensweisen geschützt. Auf lautere Weise erlangte Geschäftsgeheimnisse können dagegen frei verwertet werden.105 Nichtsdestotrotz hat die weite Definition des Ausdrucks a manner contrary to honest commercial practices die Tendenz, dem Geschäftsgeheimnis absoluten Schutz zu verschaffen.106 Zudem verweist Art. 39 Abs. 1 des TRIPS-Übereinkommens auch auf Art 10bis der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums in der Stockholmer Fassung von 1967 (PVÜ), der eine Generalklausel des unlauteren Wettbewerbs enthält.107 Dagegen wird aber argumentiert, dass der Schutz nur relativer Natur sei, da er abhängig von dem Nachweis der Unlauterkeit ist.108 Zudem wurde eine
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Vgl. Anmerkung 10 bei Art. 39 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens. Ullrich, Hanns, Technologieschutz nach TRIPS: Prinzipien und Probleme, GRUR Int. 1995, 623, 630 Fn. 63; Reger, Gerald, Der internationale Schutz gegen unlauteren Wettbewerb und das TRIPS-Übereinkommen, S. 256 ff.; Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rdnr. 351. 105 Heinemann, Andreas, Das Kartellrecht des geistigen Eigentums im TRIPS-Übereinkommen der Welthandelsorganisation, GRUR Int. 1995, 535. 106 Ullrich, Hanns, GRUR Int. 1995, 623, 630 Fn. 63. 107 Art. 10bis Abs. 2 der Convention de Paris pour la protection de la propriété industrielle vom 20. März 1883 in der revidierten Fassung von Stockholm vom 14. Juli 1967 lautet: „Constitue un acte de concurrence déloyale tout acte de concurrence contraire aux usages honnêtes en matière industrielle ou commerciale.“ 108 Reger, Gerald, Der internationale Schutz gegen unlauteren Wettbewerb und das TRIPS-Übereinkommen, S. 252 f. 104
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
Ausdehnung der Haftung auf gutgläubige Personen im TRIPS-Übereinkommen nicht vorgesehen.109 Auch für den Fall der Kenntniserlangung über die Unlauterkeit nach Erwerb der Information wurde kein Schutz bestimmt.110 Kein Schutz ist schließlich vorgesehen für versehentlich an Dritte offenbarte Geheimnisse, selbst wenn diese Kenntnis von der Versehentlichkeit und dem Geheimnischarakter haben.111 Die Regelungen des TRIPS-Übereinkommens sind für eine völkerrechtskonforme Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen heranzuziehen. Zweifelhaft ist dabei, ob dies auch für primärrechtliche Vorschriften des EG gilt. Zu untersuchen bleibt darüberhinaus, ob der Nachweis der Voraussetzungen einer geheimen Innovation im Sinne des TRIPS-Übereinkommens ausreicht, damit dieses bei einer Prüfung eines Verstoßes gegen Art. 82 EG Bedeutung erlangen kann. Aus dem TRIPS-Übereinkommen lässt sich erkennen, dass geheime Innovationen als schutzwürdige Rechtsgüter international anerkannt sind, im Zusammenhang mit den Immaterialgüterrechten geregelt sind und fast ausschließlichen Rechtsschutz genießen sollen. Sowohl aus den Regelungen des TRIPS-Übereinkommens, den mitgliedstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften folgt, dass Geschäftsgeheimnisse einen gewissen rechtlichen Schutz erfahren sollen. Diese rechtlichen Vorschriften setzen implizit aber auch voraus, dass Informationen geheim gehalten werden dürfen. Bei einer allgemeinen Verpflichtung zur Offenlegung geheimer Informationen wären sie sonst bedeutungslos.
F. Wesentliche Eigenschaften einer geheimen Innovation I. Allgemeines Die Geheimhaltung einer Innovation ist eine der ältesten Formen des Innovationsschutzes. Die rechtlichen Vorschriften zum Schutz geheim gehaltener Informationen vor Verrat und unbefugter Verwendung existieren ebenfalls schon seit längerer Zeit.112 Diese Form des Innovationsschutzes hat Vorteile gegenüber dem Schutz durch das Patent- oder Urheberrecht und gegenüber anderen Formen des Immaterialgüterschutzes. Denn der Schutz entsteht automatisch durch die Geheimhaltung und kann einen großen Bereich von erfinderischen, kreati-
109 Die Verhandlungen über diese Frage werden dargestellt von: Reger, Gerald, Der internationale Schutz gegen unlauteren Wettbewerb und das TRIPS-Übereinkommen, S. 270 ff. 110 Siehe dazu: Reger, Gerald, Der internationale Schutz gegen unlauteren Wettbewerb und das TRIPS-Übereinkommen, S. 272 ff. 111 Siehe dazu: Reger, Gerald, Der internationale Schutz gegen unlauteren Wettbewerb und das TRIPS-Übereinkommen, S. 275 f. 112 Vgl. z. B.: Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets: A Practitioner’s Guide § 1: 1 (2d ed., Practising Law Institute 2005).
F. Wesentliche Eigenschaften einer geheimen Innovation
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ven oder auch nur mittels einem gewissen Aufwand erzielter Leistungsergebnisse erfassen. Geheime Innovationen sind oft dann besonders wertvoll, wenn die sie verwendenden oder enthaltenden Erzeugnisse noch nicht auf dem Markt eingeführt worden sind. Denn die erstmalige Markteinführung kann dem Unternehmen einen zeitlichen Vorsprung ermöglichen, den andere Unternehmen erst nach Kenntniserlangung der geheimen Innovation überwinden können.113 Die Markteinführung kann dabei sogar implizieren, dass die geheime Innovation offengelegt oder ihre Kenntniserlangung durch Konkurrenten zumindest erheblich erleichtert wird. Auf eine Verhinderung der Kenntniserlangung kommt es nicht mehr an, da sich der aus der geheimen Innovation ergebende Vorteil durch den sich aus der ersten Markteinführung ergebenden zeitlichen Vorsprung realisieren kann. Ein Geschäftsgeheimnis schützt dagegen nicht vor unabhängiger – d.h. nicht auf Verrat oder unbefugter Verwendung eines Geschäftsgeheimnisses basierender – Entwicklung durch andere Personen.114 Der Schutz durch Geheimhaltung bringt somit nicht nur dem Geheimhaltenden Vorteile, sondern auch der Allgemeinheit. Denn die Geheimhaltung kann, wenn überhaupt, nur eine tatsächliche, nicht aber eine rechtliche Einschränkung von Parallel- bzw. Fortentwicklungen durch andere Personen bewirken. II. Fehlende Ausschließlichkeitsrechte Gewerbliche Schutzrechte und auch Urheberrechte (im Folgenden zusammenfassend als „Immaterialgüterrechte“ bezeichnet) sind Eigentumsrechte. Ob Geschäftsgeheimnisse zu den Immaterialgüterrechten zu zählen und Eigentumsrechte sind, ist umstritten.115 Eine geheime Innovation ist tatsächlich und teilweise auch rechtlich vor dem Zugriff durch andere Personen geschützt. Andererseits folgt aus der Innehabung einer geheimen Innovation keine vollständige Kontrolle über die geheime Innovation, da andere Personen diese durch eigene Forschungsanstrengungen auch gegen den Willen ihres Inhabers erlangen können. Die Einstufung einer geheimen Innovation als Immaterialgüterrecht und als Eigentumsrecht hängt folglich 113
Siehe dazu genauer 3. Kapitel: B. Vgl. Gaul, Dieter, Der erfolgreiche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Neuwied, Berlin, Kriftel, 1994, S. 7. 115 Vgl. m. w. N.: Sołtysin ´ ski, Stanisław J., Are Trade Secrets Property? IIC 1986, 331, 350. Siehe auch im Zusammenhang mit der Einordnung von Know-how-Lizenzverträgen: Henn, Günther, Patent- und Know-how-Lizenzvertrag: Handbuch für die Praxis, Heidelberg, 5. Aufl. 2003, Rdnr. 30. Vgl. zu der Diskussion in den USA: Roger M. Milgrim, Milgrim on Trade Secrets vol. 1, § 2.01 (Matthew Bender 1967 & Supp. November 2005); Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets § 1: 4. 114
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
davon ab, welcher Schutzumfang als ausreichend für deren Annahme angesehen wird. Denn auch die Immaterialgüterrechte gewähren keine vollständige Ausschließlichkeit, was selbst im Patentrecht in der Konstellation der Doppelerfindung deutlich wird.116 Da ein Geheimnis Einkünfte für seinen Inhaber generieren kann und andere Unternehmen ebenfalls Kenntnis über den Inhalt des Geheimnisses erwerben wollen, kann es aus einer ökonomischen Perspektive als Eigentumsrecht eingestuft werden.117 Dagegen könnte sprechen, dass ein Geheimnis auch in einer Gesellschaft, in der kein Schutz durch Rechtsvorschriften gewährt wird, diese Eigenschaften hätte.118 Die dogmatische Frage der Einordnung von geheimen Innovationen hat aber für diese Untersuchung eine geringere Bedeutung. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung bzw. Einordnung geheimer Innovationen, sondern ihre Bedeutung bzw. Vergleichbarkeit zu anderen geschützten Innovationen. Der Inhaber eines Immaterialgüterrechts kann alle anderen Personen von der Benutzung bzw. bestimmten Arten der Benutzung des Rechts ausschließen. Die Immaterialgüterrechte haben folglich ausschließlichen Charakter.119 Dieser Ausschließlichkeit kommt bei den Immaterialgüterrechten eine besondere Bedeutung zu. Sobald der Inhalt eines Immaterialgüterrechtes bekannt gemacht wird – z. B. durch den Verkauf eines Produkts, in dem das Immaterialgüterrecht enthalten ist oder auch durch jede andere Veröffentlichung – kann es regelmäßig durch jedermann mit meist minimalem Aufwand nachgeahmt oder kopiert werden (sog. public good problem).120 Und bei Nichtgeltendmachung der Ausschließlichkeitsrechte durch ihren Inhaber (z. B. bei Unkenntnis über eine Nachahmung) ist eine tatsächliche Nutzung durch Dritte ohne weiteres möglich. Erst durch das Verbietungsrecht, das aus den ausschließlichen Verwertungsrechten der Immaterialgüterrechte folgt, wird sichergestellt, dass der Inhaber des Immaterialgüterrechts Nachahmungen verhindern und damit den Nutzen aus seiner 116
Vgl.: Sołtysin´ski, Stanisław J., IIC 1986, 331, 347. Steven N. S. Cheung, Property Rights in Trade Secrets, 20 Economic Inquiry 40, 51 (1982). Vgl. dazu auch die Definition von: Armen A. Alchian, Economic Forces at Work 130 (Liberty Press 1977): „A property right for me means some protection against other people’s choosing against my will one of the resources, said to be ,mine‘.“ 118 Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 51. Voraussetzung für diese Aussage muss aber wohl sein, dass in einer derartigen Gesellschaft der elementare Schutz des Individuums gewährleistet ist. Denn ohne Schutz vor Drohung oder Gewalt wird ein Individuum eine Information nicht dauerhaft geheim halten können. 119 Beier, Friedrich-Karl, Ausschließlichkeit, gesetzliche Lizenzen und Zwangslizenzen im Patent- und Musterrecht, GRUR 1998, 185. 120 Vgl.: Wendy J. Gordon, Fair Use As Market Failure: A Structural and Economic Analysis of the Betamax Case and Its Predecessors, 82 Colum. L. Rev. 1600, 1610– 1611 (1982). Siehe auch m. w. N.: Marina Lao, Federalizing Trade Secrets Law in an Information Economy, 59 Ohio St. L.J. 1633, 1639 n. 38 (1998). 117
F. Wesentliche Eigenschaften einer geheimen Innovation
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Tätigkeit und dem Aufwand ziehen kann, die zu der Entstehung des Immaterialgüterrechts geführt haben.121 An körperlichen Gegenständen bestehen im Vergleich dazu zudem Besitz und die darauf basierende Möglichkeit der Benutzung der Sache. Abgesichert werden diese durch rechtliche Regelungen über das Eigentum, die den Ausschluss Dritter von der Benutzung der Sache ermöglichen. Bei einem körperlichen Gegenstand ist der Eigentümer also erst dann auf die Ausschließlichkeit seines Eigentums angewiesen, wenn der Besitz an der Sache von Dritten beeinträchtigt wird. Ansonsten wird die Ausschließlichkeit seines Eigentums faktisch dadurch gewährt, dass diese konkrete Sache rein tatsächlich nicht von unendlich vielen anderen Benutzern gleichzeitig verwendet werden kann. Geschäftsgeheimnisse – und geheim gehaltene Innovationen als deren Unterfall – sind wie die immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen unkörperliche Güter. Sie erfahren ihren wesentlichen Schutz aber nicht durch rechtliche Vorschriften, sondern durch ihre tatsächliche Geheimhaltung. Denn sobald sie der Öffentlichkeit bekannt geworden sind, können und dürfen sie durch jedermann kopiert werden. Durch die Geheimhaltung werden sie dem Zugriff anderer Personen entzogen und zugleich wird dadurch die alleinige Benutzung durch den Geheimhaltenden sichergestellt. Dieser tatsächliche Umstand schützt nicht gegen unabhängige Zweitentwicklungen oder Nachahmungen durch andere Personen. Damit unterscheiden sich Geschäftsgeheimnisse in einem wesentlichen Punkt von den Immaterialgüterrechten. Bei Letzteren besteht Rechtsschutz bereits vor bloßer Aneignung durch Dritte, während Geheimnisse rechtlich nur vor in rechtswidriger Weise erfolgter Kenntniserlangung, Offenbarung oder Verwendung geschützt sind.122 Ähnlich dem Besitz bei Sachen gewährt die Geheimhaltung nur die Benutzung des Gutes und aus dieser folgt nur ein begrenzter rechtlicher Schutz vor Entzug des Gutes. Diese Ähnlichkeit zeigt sich auch daran, dass im deutschen Patentrecht der Begriff des „Erfindungsbesitzes“ verwendet wird. Darunter wird der tatsächliche Zustand verstanden, der die Benutzung einer Erfindung ermöglicht.123 Er ist gegeben bei subjektiver Erkenntnis des Erfindungsgedankens (durch Kenntnis der Erfindung oder die Möglichkeit der Kenntniserlangung) einer objektiv fertigen Erfindung.124 Dieser erfährt jedoch im Vergleich zu einem Patent nur begrenzten rechtlichen Schutz. Rein tatsächlich gewährt der Erfindungsbesitz jedoch Schutz schon dadurch, dass vor Offenlegung der Innovation 121
Beier, Friedrich-Karl, GRUR 1998, 185. Robert G. Bone, A New Look at Trade Secret Law: Doctrine in Search of Justification, 86 Calif. L. Rev. 241, 244 (1998). 123 Kraßer, Rudolf, Patentrecht, München, 5. Aufl. 2004, S. 361. 124 Schulte, Rainer (Hrsg.), Bearbeiter: Kühnen, Thomas, Patentgesetz mit Europäischem Patentübereinkommen, Köln, Berlin, München, 7. Aufl. 2005, § 6 Rdnr. 17. 122
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
an andere Personen bzw. die Öffentlichkeit nur aufgrund unabhängiger Doppelerfindungen die Benutzung durch andere Personen möglich ist. Von Bedeutung für diese Untersuchung könnte folglich sein, dass für Geschäftsgeheimnisse durch rechtliche Vorschriften keine den Immaterialgüterrechten vergleichbare Ausschließlichkeit gewährt wird. Rein tatsächlich gesehen haben Geschäftsgeheimnisse jedoch eine erhebliche ausschließende Wirkung, da der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses jeden anderen schon dadurch von der Benutzung des Geschäftsgeheimnisses abhalten kann, dass nur er das Geheimnis kennt.125 III. Weiter Anwendungsbereich Die unterschiedlichsten Arten von Informationen können durch Geheimhaltung vor dem Zugriff durch andere Unternehmen geschützt werden. Dafür ist insbesondere auch unerheblich, ob die Informationen die immaterialgüterrechtlichen Schutzvoraussetzungen erfüllen würden.126 Die große Vielfalt der der Geheimhaltung zugänglichen Leistungen zeigt sich speziell im Vergleich zu den nach urheberrechtlichen Vorschriften geschützten Werken bzw. Leistungen. Urheberrechtliche Vorschriften schützen nur die konkrete Darstellung bzw. den Ausdruck einer Idee, nicht jedoch die Idee selbst. Damit kann das Urheberrecht insbesondere nicht den Inhalt von Herstellungsverfahren oder Geschäftsabläufen schützen. Durch Geheimhaltung können dagegen auch diese Informationen geschützt werden. Ein bekanntes Beispiel für den Schutz eines Produktionsverfahrens ist die Geheimhaltung des Rezepts für die Herstellung des Getränkes CocaCola.127 Aus diesen Gründen kann auch die Geheimhaltung wesentlicher Teile eines Computerprogramms von entscheidender Bedeutung zu dessen Schutz sein, da das Urheberrecht keinen Schutz für die in einem Computerprogramm verkörperte Idee oder das zu seiner Erstellung angewendete Verfahren bzw. System bietet.128 Neben dem fehlenden Ideenschutz kann auch die Unsicherheit über 125
Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets § 1: 1. Gordon L. Doerfer, 80 Harv. L. Rev. at 1437. 127 Laut einer eidesstattlichen Versicherung des Senior Vice President und General Counsel der The Coca-Cola Co. – wiedergeben in Coca-Cola Bottling Co. of Shreveport, Inc. v. The Coca-Cola Co., 1985 U.S. Dist. LEXIS 16644 (D. Del. 1985) – wird das Rezept folgendermaßen geheim gehalten: „The written version of the secret formula is kept in a security vault at the Trust Company Bank in Atlanta, and that vault can only be opened by a resolution from the Company’s Board of Directors. It is the Company’s policy that only two persons in the Company shall know the formula at any one time, and that only those persons may oversee the actual preparation of [the product]. The Company refuses to allow the identity of those persons to be disclosed or to allow those persons to fly on the same airplane at the same time.“ 126
F. Wesentliche Eigenschaften einer geheimen Innovation
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die tatsächliche Reichweite des Urheberrechtsschutzes für eine Kombination von Geheimhaltung und Urheberrecht sprechen.129 Ein United States Court of Appeals (Court of Appeals) hat daher auch ausdrücklich festgestellt: „Trade secret protection [. . .] remains a ,uniquely valuable‘ weapon in the defensive arsenal of computer programmers.“130
IV. Theoretisch unbegrenzte Schutzdauer Um eine Innovation in Patentansprüche zu überführen, sind regelmäßig zwei Offenbarungen erforderlich.131 In einem ersten Schritt muss die Erfindung beschrieben werden, diese also in ein beschreibbares Objekt oder Verfahren umgewandelt werden. In einem zweiten Schritt müssen die Patentansprüche formuliert werden, um den Schutzbereich der Innovation abzugrenzen und darzustellen. Beides wäre bei Geheimnissen schädlich. Denn durch die Offenbarung würde das Geheimnis seinen Geheimhaltungscharakter und seinen tatsächlichen wie rechtlichen Schutz verlieren.132 Ein Geschäftsgeheimnis hat folglich auch keine durch Rechtsvorschriften vorgegebene Laufzeit, sondern kann unter Umständen (bei hinreichender Geheimhaltung und keiner anderweitigen Kenntniserlangung durch andere Unternehmen) für einen unbegrenzten Zeitraum bestehen. V. Begrenzte Möglichkeit der Zurverfügungstellung an Dritte Ein maßgebliches Merkmal der Immaterialgüterrechte ist es, dass es ihrem Inhaber offen steht, diese selbst oder mittels der Übertragung oder Einräumung von Nutzungsrechten bzw. Lizenzen an Dritte zu verwerten.133 Ähnliches gilt auch für geheime Innovationen. Da bei diesen keine Ausschließlichkeitsrechte bestehen, kann streng genommen zwar kein Recht lizenziert bzw. zur Nutzung eingeräumt werden. Es kann aber eine Offenbarung vereinbart werden.134 Für die Zwecke dieser Untersuchung soll der Einfachheit halber aber auch der Begriff der Lizenzierung für die entgeltliche Offenbarung 128 Siehe z. B.: Michael Greenberger / Robert Wasserman, Keeping Secrets, Texas Lawyer, June 14, 1993, 24. 129 Ullrich, Hanns, GRUR Int. 1995, 623, 629 Fn. 49. 130 Computer Associates International, Inc. v. Altai, Inc., 982 F.2d 693, 717 (2d Cir. 1992). 131 Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 49. 132 Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 49. 133 Vgl. z. B.: Hubmann, Heinrich / Götting, Horst-Peter, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 64. 134 Vgl. Pfaff, Dieter / Osterrieth, Christian (Hrsg.), Bearbeiter: Pfaff, Dieter, Lizenzverträge, S. 8.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
einer Innovation verwendet werden. Geheime Innovationen können daher von ihrem Inhaber selbst verwertet werden, aber auch von diesem Dritten zugänglich gemacht werden. Voraussetzung ist stets nur, dass das Geheimnis weiterhin geheim gehalten und nicht einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gegeben wird. Einer Lizenzierung einer geheimen Information können jedoch häufig zwei Hindernisse entgegenstehen: das von Kenneth Arrow allgemein für die rechtsgeschäftliche Verwertung von Informationen beschriebene „Informationsparadox“ und die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Wertes eines Geheimnisses.135 Das „Informationsparadox“ nach Arrow kann zu erheblichen Einschränkungen bei der Lizenzierung einer Information führen.136 Es besagt, dass ein potentieller Lizenznehmer den Wert einer Information für sich nur vollständig abschätzen kann, wenn er den Inhalt der Information kennt. Wenn der Lizenzgeber dem potentiellen Lizenznehmer die Information im Rahmen der Vertragsverhandlungen aber vollständig offen legt, so hat dieser sie ohne eigenen Kostenaufwand erworben, und kann sie daraufhin verwerten, falls kein ausreichender rechtlicher Schutz vor Verwertung durch den Lizenznehmer besteht.137 Im Falle von Geheimnissen bedeutet dies, dass ein Unternehmen regelmäßig nur dann bereit sein wird, eine geheime Information zu Zwecken der Lizenzierung zu offenbaren, wenn der potentielle Lizenznehmer sich schon vor der Offenbarung zumindest verpflichtet, deren Inhalt auch im Falle eines Scheiterns der Lizenzverhandlungen in keiner Weise selbst zu verwerten.138 Da der Nachweis der Verwendung einer geheimen Innovation durch ein anderes Unternehmen meist sehr schwer ist und der rechtliche Schutz damit quasi leer laufen kann, wird der Lizenzgeber regelmäßig auf einer Lizenzvereinbarung vor der vollständigen Offenlegung der Information bestehen. Der Lizenznehmer wird eine derartige Verpflichtungen aber nur eingehen wollen, wenn er den Inhalt der Information zumindest teilweise kennt. Denn nur dann kann er einschätzen, ob es für ihn in Betracht kommt, sich in dem abzuschließenden Lizenzvertrag jeder Möglichkeit der eigenen Entwicklung der Innovation zu begeben.139 135
Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 280. Kenneth J. Arrow, Economic Welfare and the Allocation of Resources for Invention, in The Rate and Direction of Inventive Activity: Economic and Social Factors 609, 614–616 (National Bureau of Economic Research ed., Princeton University Press 1962). 137 Kenneth J. Arrow, Economic Welfare and the Allocation of Resources for Invention 615. 138 Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 280. 139 Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 280; Kenneth J. Arrow, Economic Welfare and the Allocation of Resources for Invention 615. Die Möglichkeit der Umgehung dieser Problematik durch Teiloffenlegung und Kautionsstellung wird diskutiert in: James J. Anton / Dennis A. Yao, The Sale of Ideas: Strategic Disclosure, Property Rights, and Contracting, 69 Review of Economic Studies 513–531 (2002). Eine weitere Umgehung dieser Problematik könnte durch die Vereinbarung einer Lizenzgebühr 136
F. Wesentliche Eigenschaften einer geheimen Innovation
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Darüber hinaus ist es regelmäßig sehr schwer den Wert eines Geheimnisses zu bestimmen, da für die Lizenzierung einer geheimen Information i. d. R. kein Markt besteht, von dem ihr oder ein vergleichbarer Wert ablesbar ist. Der besondere Wert einer geheimen Innovation ergibt sich meistens daraus, dass sie nur ihrem Inhaber bekannt ist und von anderen Unternehmen schon deshalb nicht verwendet werden kann. Die Zurverfügungstellung an andere Unternehmen bringt das Risiko mit sich, dass das Geheimnis trotz entgegenstehender Abreden durch das andere Unternehmen Dritten bekannt gemacht wird. Damit könnte die Information sogar ihren Charakter und den rechtlichen Schutz als Geheimnis einbüßen. Diese Gefahr besteht bei den Immaterialgüterrechten dagegen nicht. Denn selbst wenn diese oder ihre Inhalte Dritten zugänglich gemacht werden, kann deren Inhaber auf Grund der Verwertungsrechte, die ihm aufgrund rechtlicher Vorschriften zustehen, anderen den Gebrauch des Inhalts des nun öffentlich bekannten Immaterialgüterrechtes untersagen. Zu beachten ist schließlich, dass der Wert eines Geheimnisses regelmäßig umso mehr abnimmt, als mehr Unternehmen in einem Industriezweig die geheime Information kennen.140 VI. Schwierigkeiten der Feststellung einer Geheimnisverwendung Eine Information eignet sich nur dann zur Geheimhaltung, wenn andere Unternehmen nicht oder nur mit erheblichen Anstrengungen die geheim gehaltene Innovation aus den Produkten (z. B. durch das sog. reverse engineering), Dienstleistungen oder aus anderen Verhaltensweisen des die Innovation geheim haltenden Unternehmens ableiten können.141 Denn geheime Innovationen sind rechtlich nur sehr begrenzt vor reverse engineering geschützt. Das TRIPS-Übereinkommen sieht beispielsweise keinen Schutz vor reverse engineering vor, wenn die Produkte, die das Geheimnis enthalten und an denen nunmehr das reverse engineering vorgenommen wird, rechtmäßig erworben wurden.142 Der Begriff des reverse engineering umfasst nach den unterschiedlichsten Verständnissen eine Vielzahl von Verhaltensweisen mit den unterschiedlichsten Handlungsmotiven. Am überzeugendsten ist es, darunter diejenigen Verfahren zu verstehen, mit deren Hilfe ein von einem anderen entwickeltes Erzeugnis im Detail analysiert wird, um Erkenntnisse über dessen Funktions- oder Herstellungsweise
abhängig von der Höhe der später mit der Innovation erzielten Gewinne erreicht werden, vgl. dazu: James Bessen, Patents and the Diffusion of Technical Information, 86 Economics Letters 121–128 (2005). 140 Edmund W. Kitch, 9 JLS at 709. 141 Edmund W. Kitch, 9 JLS at 690. 142 Maier, Antonia, Der Schutz von Betriebsgeheimnissen im schwedischen, englischen und deutschen Recht, S. 401.
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1. Kap.: Arten, Eigenschaften und Schutz geheimer Innovationen
zu erlangen.143 Bei Computerprogrammen kann ein reverse engineering beispielsweise dergestalt erfolgen, dass (ganz vereinfacht) mittels technischer Hilfsmittel eine Rückübersetzung des vom Computer direkt ausführbaren Programms (object code) in die vom Menschen lesbare Programmanweisungen (Quellcode bzw. source code) vorgenommen wird (decompilation).144 Die Ableitung der Funktions- oder Herstellungsweise von mittels Geheimhaltung geschützter Erzeugnisse ist regelmäßig schwierig. Ebenso verhält es sich mit der Feststellung und dem Nachweis der Verwendung eines missbräuchlich entwendeten Geschäftsgeheimnisses durch ein anderes Unternehmen. Bei diesen kann dann u. U. auch nicht aus nach außen tretenden Verhaltensweisen auf die Verwendung der Innovation geschlossen werden.145 Regelmäßig ist, wenn überhaupt, nur der Verrat oder die missbräuchliche Entwendung des Geheimnisses feststellbar und nachweisbar. Der Entwickler einer Technologie wird diese daher beispielsweise – falls diese patentfähig ist – zum Patent anmelden, wenn er erkennen kann, dass er Verstöße anderer Unternehmen gegen das Patent später leicht feststellen kann. Geht der Entwickler dagegen davon aus, dass er Verstöße nicht oder nur schwer feststellen und nachweisen können wird, liegt für ihn die Entscheidung nahe, seine Entwicklung geheim zu halten. Die dargestellten Eigenschaften geheimer Innovationen zeigen die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede zwischen Immaterialgüterrechten und geheimen Innovationen. Sie sind bei der vorzunehmenden ökonomischen Beurteilung und der daran anschließenden kartellrechtlichen Beurteilung zu berücksichtigen.
143 Harte-Bavendamm, Henning, Wettbewerbsrechtliche Aspekte des Reverse Engineering von Computerprogrammen, GRUR 1990, 657, 658. 144 Harte-Bavendamm, Henning, GRUR 1990, 657, 659. 145 Edmund W. Kitch, 9 JLS at 690.
2. Kapitel
Bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Offenlegungsverweigerungen zu beachtende Rechtsvorschriften A. Zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtende Rechtsvorschriften I. Allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts (Art. 6 Abs. 2 EUV) Durch den EG wurde eine Grundentscheidung für das System der Marktwirtschaft getroffen.1 So ist nach Art. 4 Abs. 1 EG eine Wirtschaftspolitik einzuführen, die „dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist“. Nach Art. 98 Abs. 1 EG handeln die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft „im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz von Ressourcen gefördert wird“.2 Die im EG vorausgesetzte Wirtschaftsordnung bedarf des Abschlusses von Verträgen zwischen Anbietern und Nachfragern über die Bewertung der jeweiligen Wirtschaftsgüter.3 Eine derartige Bewertung durch den Abschluss von Verträgen ist aber nur bei Vertragsfreiheit möglich.4 Ob die Vertragsfreiheit tatsächlich durch die Regelungen des EG selbst vorausgesetzt wird, kann für diese Untersuchung zurückstehen. Denn nach Art. 6 Abs. 2 EUV achtet die Union die Grundrechte, wie sie sich aus den gemeinsa1
Fikentscher, Wolfgang, Wirtschaftsrecht, München, 1983, Band I, S. 545. Anzumerken ist, dass in Art. I-3 Abs. 3 des Entwurfes eines Vertrages über eine Verfassung für Europa nunmehr folgende Formulierung verwendet wird: „Die Union wirkt auf [. . .] eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, [. . .] hin.“ 3 Fikentscher, Wolfgang, Wirtschaftsrecht, Band I, S. 545. 4 Vgl.: Canaris, Claus-Wilhelm, Verfassungs- und europarechtliche Aspekte der Vertragsfreiheit in der Privatrechtsgesellschaft, in: Badura, Peter / Scholz, Rubert (Hrsg.), Wege und Verfahren der Verfassungslebens: Festschrift für Peter Lerche, München 1993, S. 873, 890. Siehe auch: Riesenhuber, Karl, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, Berlin, 2003, zugleich Habilitationsschrift Universität Erlangen-Nürnberg, S. 239 ff. 2
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2. Kap.: Rechtsvorschriften zur Beurteilung von Offenlegungsverweigerung
men Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben.5 Das Recht, seinen Vertragspartner frei auswählen zu können und das Recht, über sein Eigentum frei verfügen zu können, sind anerkannte Grundsätze der Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten, teils sogar mit verfassungsrechtlichem Status.6 In den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten wird die Kontrahierungsfreiheit im Allgemeinen als ein wesentliches Element des freien Handels angesehen.7 Der EuGH und das EuG haben den Grundsatz der Vertragsfreiheit ohne Hinweis auf seine dogmatische Einordnung anerkannt.8 Der EuGH hat zudem das Eigentumsrecht und die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, anerkannt.9 Nach Art. 6 Abs. 2 EUV achtet die Union auch die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gewährleistet sind.10 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Vertragsfreiheit aus Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK11, dem Schutz des Eigentums, hergeleitet.12 Für den EGMR 5 Vgl. Art. 6 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Nizza vom 11. Dezember 2000. 6 Dies feststellend: Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 28. Mai 1998 in der Rs. C-7 / 97, Oscar Bronner GmbH & Co. KG . /. Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG, Mediaprint Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH & Co. KG und Mediaprint Anzeigengesellschaft mbH & Co. KG, Slg. 1998 I-7791 (im Folgenden: Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rs. Bronner), Tz. 56. Vgl. auch rechtsvergleichend: Kommission für Europäisches Vertragsrecht, Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts: Deutsche Ausgabe der Principles of European Contract Law von Christian von Bar und Reinhard Zimmermann, München, 2002, Teile I und II, Anmerkungen zu Art. 1: 102. 7 Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rs. Bronner, Tz. 53. 8 EuGH, Urteil vom 16. Januar 1979, Rs. 151-78, Sukkerfabriken Nykøbing Limiteret . /. Landbrugministeriet, Slg. 1979, 1, Tz. 19; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1999, Rs. C-240 / 97, Reino de España . /. Comisión de las Comunidades Europeas, Slg. 1999 I-6571, Tz. 99; EuG, Urteil vom 18. September 1992, Rs. T-24 / 90, Automec Srl . /. Commissione delle Comunità europee, Slg. 1992 II-2223, Tz. 51. 9 Vgl. z. B.: EuGH, Urteil vom 14. Mai 1974, Rs. 4-73, J. Nold, Kohlen- und Baustoffgroßhandlung . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1974, 491, Tz. 14. 10 Vgl.: Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, as amended by Protocol No. 11 bzw. Convention de sauvegarde des Droits de l’Homme et des Libertés fondamentales, telle qu’amendée par le Protocole nº 11. 11 Vgl.: Protocol to the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, as amended by Protocol No. 11 bzw. Protocole additionnel à la Convention de sauvegarde des Droits de l’Homme et des Libertés fondamentales, tel qu’amendé par le Protocole nº 11. 12 Ein Urteil des EGMR wird in diese Richtung interpretiert, vgl.: Streinz, Rudolf (Hrsg.), Bearbeiter: Streinz, Rudolf, EUV / EGV, München, 2003, Art. 16 GR-Charta Rdnr. 3. In diesem Urteil hat der EGMR implizit die Vertragsfreiheit insoweit anerkannt, als er die durch einen Mietvertrag über ein Kino und den Betrieb des Kinos erlangte Position des Mieters als geschützt ansah, vgl.: EGMR, Urteil vom 25. März 1999, Application no. 31107 / 96, Case of Iatridis v. Greece, RJD 1999-II, 75, Tz. 54.
A. Zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtende Rechtsvorschriften
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sind dabei auch wirtschaftliche Interessen, die den Betrieb eines Unternehmens betreffen, geschützte Eigentumspositionen.13 Ob darunter auch geheime Innovationen verstanden werden können, soll im Rahmen dieser Untersuchung nicht geklärt werden. Zumindest die Vertragsfreiheit umfasst aber in jedem Fall das Recht, über den Abschluss von Verträge über die Lizenzierung einer geheimen Innovation zu entscheiden. Entscheidend für diese Untersuchung ist, dass die Gewährleistung der Vertragsfreiheit, des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit anerkanntermaßen zu den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung gehören.14 Diese müssen daher bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechten bzw. Geschäftsgeheimnissen berücksichtigt werden. Diese Grundsätze gelten unabhängig von ihrer jeweiligen Herleitung nicht schrankenlos. So ist beispielsweise das Eigentumsrecht nicht schrankenlos gewährleistet, sondern Beschränkungen unterworfen, die tatsächlich den dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und die nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet.15 Nach Art. 3 Abs. 1 lit. g) EG umfasst die Tätigkeit der Gemeinschaft „ein System, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt“. Die Anwendung des Art. 82 EG stellt folglich ein öffentliches Interesse der Gemeinschaft da, welches die genannten allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts einzuschränken geeignet ist.16
13 Grabenwarter, Christoph, Europäische Menschenrechtskonvention, München, Wien, 2003, S. 415. 14 Die unternehmerische Freiheit findet sich auch in Art. 16 und das Eigentumsrecht findet sich in Art 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wobei nach Art. 17 Abs. 2 auch ausdrücklich das geistige Eigentum geschützt wird. Zum rechtlichen Status der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und ihre mögliche Bedeutung als Referenz für eine Beurteilung nach Art. 6 Abs. 2 EUV siehe: Schwarze, Jürgen, Der Grundrechtsschutz für Unternehmen in der Europäischen Grundrechtecharta, EuZW 2001, 517. 15 EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1979, Rs. 44-79, Liselotte Hauer . /. Land Rheinland-Pfalz, Slg. 1979, 3727, Tz. 23; EuGH, Urteil vom 11. Juli 1989, Rs. 265 / 87, Hermann Schräder HS Kraftfutter GmbH & Co. KG . /. Hauptzollamt Gronau, Slg. 1989, 2237, Tz. 15; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1994, Rs. C-280 / 93, Bundesrepublik Deutschland . /. Rat der Europäischen Union, Slg. 1994 I-4973, Tz. 78. 16 EuG, Urteil vom 23. Oktober 2003, Rs. T-65 / 98, Van den Bergh Foods Ltd . /. Commission of the European Communities, Slg. 2003 II-4653, Tz. 170. Für eine Untersuchung der Voraussetzungen einer Eingriffsrechtfertigung bei der Auferlegung von Zwangslizenzen siehe: Bartl, Ulrich, Immaterialgüterrechtliche Schranken im System des Art. 82 EG, Baden-Baden, 2005, zugleich Diss. Universität Saarbrücken, S. 295– 305.
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2. Kap.: Rechtsvorschriften zur Beurteilung von Offenlegungsverweigerung
II. Innerstaatliche Eigentumsordnung (Art. 295 EG) Früher war fraglich, ob die aus dem heutigen Art. 30 EG folgende Privilegierung von Immaterialgüterrechten auch im Bereich der Wettbewerbsregeln Geltung beansprucht oder eine Privilegierung aus dem heutigen Art. 295 EG folgen könnte. Aufgrund von Art. 30 EG sind Beschränkungen des freien Warenverkehrs, die zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind und die weder ein Mittel zur Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen, vom Verbot des Art. 28 EG ausgenommen. Der Schutz gewerblichen und kommerziellen Eigentums im Sinne des Art. 30 EG kann dabei nach der Rechtsprechung des EuGH durch die Gewährung von Urheberrechten17, dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten18 oder gewerblichen Schutzrechten erfolgen. Als gewerbliche Schutzrechte sind dabei das Patent-19, Gebrauchsmuster-, Sortenschutz-, Geschmacksmuster-20 und Markenrecht21, sowie der Schutz geschäftlicher Be17 EuGH, Urteil vom 18. März 1980, Rs. 62-79, SA Compagnie générale pour la diffusion de la télévision, Coditel, et autres . /. Ciné Vog Films et autres, Slg. 1980, 881, Tz. 16; EuGH, Urteil vom 20. Januar 1981, verbundene Rs. 55-80 und 57-80), Musik-Vertrieb Membran GmbH und K-Tel International . /. GEMA – Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, Slg. 1981, 147, Tz. 9; EuGH, Urteil vom 22. Januar 1981, Rs. 58-80, Dansk Supermarked A / S . /. A / S Imerco, Slg. 1981, 181, Tz. 11 f.; EuGH, Urteil vom 9. April 1987, Rs. 402 / 85, G. Basset . /. Société des auteurs, compositeurs et éditeurs de musique (SACEM), Slg. 1987, 1747, Tz. 11; EuGH Urteil vom 17. Mai 1988, Rs. 158 / 86, Warner Brothers Inc. og Metronome Video ApS . /. Erik Viuff Christiansen, Slg. 1988, 2605, Tz. 11. 18 EuGH, Urteil vom 28. Juni 1971, Rs. 78-70, Deutsche Grammophon Gesellschaft mbH . /. Metro-SB-Großmärkte GmbH und Co. KG, Slg. 1971, 487, Tz. 11 f. 19 EuGH, Urteil vom 31. Oktober 1974, Rs. 15-74, Centrafarm BV en Adriaan de Peijper . /. Sterling Drug Inc., Slg. 1974, 1147, Tz. 6 ff.; EuGH, Urteil vom 14. Juli 1981, Rs. 187 / 80, Merck & Co. Inc. . /. Stephar BV en Petrus Stephanus Exler, Slg. 1981, 2063, Tz. 4; EuGH, Urteil vom 9. Juli 1985, Rs. 19 / 84, Pharmon BV . /. Hoechst AG, Slg. 1985, 2281, Tz. 27. 20 EuGH, Urteil vom 14. September 1982, Rs. 144 / 81, Keurkoop BV . /. Nancy Kean Gifts BV, Slg. 1982, 2853, Tz. 14; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1988, Rs. 53 / 87, Consorzio italiano della componentistica di ricambio per autoveicoli e Maxicar . /. Régie nationale des usines Renault, Slg. 1988, 6039, Tz. 13. 21 EuGH, Urteil vom 3. Juli 1974, Rs. 192-73, Van Zuylen frères . /. Hag AG, Slg. 1974, 731, Tz. 7 / 10; EuGH, Urteil vom 31. Oktober 1974, Rs. 16-74, Centrafarm BV en Adriaan de Peijper . /. Winthrop BV, Slg. 1974, 1183, Tz. 3 ff.; EuGH, Urteil vom 15. Juni 1976, Rs. 51-75, EMI Records Limited . /. CBS United Kingdom Limited, Slg. 1976, 811, Tz. 8 / 11; EuGH, Urteil vom 15. Juni 1976, Rs. 86-75, EMI Records Limited . /. CBS Grammofon A / S, Slg. 1976, 871, Tz. 8 / 11; EuGH, Urteil vom 15. Juni 1976, Rs. 96-75, EMI Records Limited . /. CBS Schallplatten GmbH, Slg. 1976, 913, Tz. 5; EuGH, Urteil vom 22. Juni 1976, Rs. 119-75, Terrapin (Overseas) Ltd. . /. Terranova Industrie C. A. Kapferer & Co., Slg. 1976, 1039, Tz. 5 f.; EuGH, Urteil vom 23. Mai 1978, Rs. 102-77, Hoffmann-La Roche & Co. AG . /. Centrafarm Vertriebsgesellschaft Pharmazeutischer Erzeugnisse mbH, Slg. 1978, 1139, Tz. 6 f.;
A. Zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtende Rechtsvorschriften
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zeichnungen, geographischer Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen22 durch den EuGH anerkannt worden.23 Mitgliedstaatliche Normen, die notwendig sind, um dem Erfordernis der Lauterkeit des Handelsverkehrs gerecht zu werden, wurden dagegen vom EuGH im sog. „Cassis de Dijon“- Urteil nicht nach Art. 30 EG geprüft, sondern nur als nicht nach Art. 28 EG verbotene Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit angesehen.24 Voraussetzung dafür ist aber nicht nur, dass die staatliche Norm geeignet und erforderlich ist, diesen zwingenden Schutzzweck zu erreichen. Vielmehr ist auch notwendig, dass der Schutzzweck im Hinblick auf die Grundfreiheiten des Vertrages nicht auch mit den Warenverkehr weniger belastenden Mitteln erreicht werden könnte. Folglich hat eine Abwägung mit dem gemeinschaftsrechtlichen Erfordernis des freien Warenverkehrs stattzufinden. Für die Zulässigkeit einer derartigen staatlichen Norm werden daher höhere Anforderungen gestellt als bei einer Rechtfertigung nach Art. 30 EG. Umstritten ist jedoch, ob staatliche Normen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen unter Art. 30 EG fallen oder unter den strengeren Voraussetzungen nur des Art. 28 EG zu prüfen sind. Eine Ansicht verneint eine Anwendung von Art. 30 EG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH zur sklavischen Nachahmung und die ebenfalls nur relativ durchsetzbare Vermögensposition bei Geschäftsgeheimnissen.25 Die Gegenmeinung verweist u. a. darauf, dass auch die meisten der in Art. 30 EG genannten Vorbehaltsgründe Gegenstand allgemeiner Verbotsnormen und nicht subjektive Ausschließlichkeitsrechte sind.26 In seiner Entscheidung in der Rechtssache Consten und Grundig hat der EuGH schon sehr früh festgestellt, dass die Privilegierung des Art. 30 EG für Immaterialgüterrechte aber nicht den Anwendungsbereich des heutigen Art. 81 EG einschränkt.27 Aus der im Bereich der Wettbewerbsregeln anwendbaren ReEuGH, Urteil vom 10. Oktober 1978, Rs. 3-78, Centrafarm BV . /. American Home Products Corporation, Slg. 1978, 1823, Tz. 6 ff.; EuGH, Dansk Supermarked A / S . /. A / S Imerco, Slg. 1981, 181, Tz. 11 f.; EuGH, Urteil vom 3. Dezember 1981, Rs. 1 / 81, Pfizer Inc. . /. Eurim-Pharm GmbH, Slg. 1981, 2913, Tz. 6 f. 22 EuGH, Urteil vom 20. Februar 1975, Rs. 12-74, Kommission der Europäischen Gemeinschaften . /. Bundesrepublik Deutschland, Slg. 1975, 181, Tz. 15. 23 Zum Ganzen: Beier, Friedrich-Karl, Gewerblicher Rechtsschutz und freier Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt und im Verkehr mit Drittstaaten, GRUR Int. 1989, 603, 608 f. 24 EuGH, Urteil vom 20. Februar 1979, Rs. 120-78, Rewe-Zentral AG . /. Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, Slg. 1979, 649, Tz. 8; so auch EuGH, Dansk Supermarked A / S . /. A / S Imerco, Slg. 1981, 181, Tz. 15 ff. 25 Vgl. m. w. N.: Ullrich, Hanns, RIW 1990, Beilage 23, S. 1, 9. Zur Einordnung der sklavischen Nachahmung bei Art. 28 EG durch den EuGH siehe: EuGH, Urteil vom 2. März 1982, Rs. 6 / 81, BV Industrie Diensten Groep . /. J. A. Beele Handelmaatschappij BV, Slg. 1982, 707, Tz. 7. 26 So allgemein für die Vorschriften des Lauterkeitsrechts: Beier, Friedrich-Karl, GRUR Int. 1989, 603, 609.
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2. Kap.: Rechtsvorschriften zur Beurteilung von Offenlegungsverweigerung
gelung des heutigen Art. 295 EG ergebe sich, dass der Vertrag die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten unberührt lässt. Aus diesen beiden Feststellungen leitete der EuGH folgendes Ergebnis ab: „[Eine . . .] Anordnung, von den innerstaatlichen gewerblichen Schutzrechten nicht zur Verhinderung von Paralleleinfuhren Gebrauch zu machen, lässt den Bestand dieser Rechte unberührt und beschränkt nur ihre Ausübung, soweit dies zur Durchsetzung des Verbots des Artikels 85 Absatz 1 [jetzt Art. 81 Abs. 1 EG] erforderlich ist.“28
In der Literatur wurde diese Rechtsprechung dafür kritisiert, dass Art. 295 EG keine Differenzierung zwischen Bestand und Ausübung im Bereich der Wettbewerbsregeln bedinge. Art. 295 EG habe nur die Bedeutung, den Mitgliedstaaten die Entscheidung über die Gestaltung der Eigentumsordnung (insbesondere Verstaatlichung und Privatisierung) zu überlassen. Eine Privilegierung der Immaterialgüterrechte im Bereich der Wettbewerbsregeln sei daher nicht zwingend.29 Da Immaterialgüterrechte ihre inhaltliche Konturen erst durch die mit ihnen verknüpften Verbietungsrechte erhielten, sei die vom EuGH verwendete Trennungslinie sehr schwer zu ziehen.30 Der EuGH hat diese Rechtsprechung zu den Immaterialgüterrechten in vielen Entscheidungen zum heutigen Art. 81 EG fortgesetzt.31 Später sah der EuGH dann den „spezifischen Gegenstand“ des jeweiligen Immaterialgüterrechts als privilegiert an.32 In der Literatur wurde diese Unterscheidung ebenfalls als unpraktikabel kritisiert.33
27 EuGH, Urteil vom 13. Juli 1966, verbundene Rs. 56-64 und 58-64, Établissements Consten S.à.R.L. und Grundig-Verkaufs-GmbH . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1966, 322 (Consten und Grundig), 394. 28 Consten und Grundig, 394. 29 Marenco, Giuliano / Banks, Karen, Intellectual Property and the Community Rules on Free Movement: Discrimination Unearthed, [1990] 15 ELR 224, 226 n. 8; Vinje, Thomas C., The Final Word on Magill, [1995] 6 EIPR 297, 299. Siehe zu diesem auch ganz allgemein geführten Meinungsstreit: Grabitz, Eberhard / Hilf, Meinhard (Hrsg.), Bearbeiter: Schweitzer, Michael, Das Recht der Europäischen Union, München, 28. Ergänzungslieferung – Stand Oktober 2005, Band III, Art. 295 EGV Rdnr. 2; von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Berarbeiter: Bär-Bouyssière, Bertold, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Baden-Baden, 6. Aufl. 2003–2004, Band 4, Artikel 295 EG Rdnr. 9 f. 30 Guy, Diana / Leigh, Guy I. F., The EEC and Intellectual Property, London, 1981, para. 1.22; Götting, Horst-Peter, Entscheidungen Europarecht. Urheberrecht – Anmerkung, JZ 1996, 307, 310. 31 Siehe z. B.: EuGH Urteil vom 18. Februar 1971, Rs. 40-70, Sirena S.r.l. . /. Eda S.r.l. ed altri, Slg. 1971, 69, Tz. 5. 32 Siehe z. B.: EuGH, Urteil vom 25. Februar 1986, Rs. 193 / 83, Windsurfing International Inc. . /. Commission of the European Communities, Slg. 1986, 611, Tz. 45. Siehe auch: Wal, Gerard van der, Article 86 EC: The Limits of Compulsory Licensing, [1994] 4 ECLR 230, 232.
A. Zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtende Rechtsvorschriften
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Für den heutigen Art. 82 EG hat der EuGH ebenfalls schon früh festgestellt, dass ein Patent seinem Inhaber zwar einen besonderen Schutz gewähren würde. Aus diesem besonderen Schutz folge aber nicht, dass die Ausübung der Rechte aus einem Patent das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung oder den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung begründe. Etwas anderes könne aber dann gelten, wenn die Verwertung des Patents zu einer missbräuchlichen Ausnutzung dieses Schutzes ausartet.34 In seiner Entscheidung in der Rechtssache Hoffmann-La Roche . /. Centrafarm stellte der EuGH dann fest, dass die Ausübung eines Immaterialgüterrechts nicht schon deshalb gegen Art. 82 EG verstößt, weil sie durch ein marktbeherrschendes Unternehmen erfolgt.35 Soweit jedoch das Immaterialgüterrecht als Mittel eingesetzt wird, um eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung zu erreichen, sei darin ein Verstoß gegen Art. 82 EG zu sehen. In den nachfolgenden Entscheidungen hat der EuGH diese Ausführungen in einem gewissen Grad eingeschränkt.36 In Volvo . /. Veng stellte der EuGH fest, dass es auch ausreichend sei, wenn die Ausübung des Immaterialgüterrechtes zu missbräuchlichen Verhaltensweisen bei dem marktbeherrschenden Unternehmen geführt hat.37 In Magill bestätigte der EuGH aufgrund des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände eine Entscheidung der EG-Kommission, aufgrund derer eine Lizenzverweigerung selbst als missbräuchlich untersagt worden war und nicht nur der Einsatz der Immaterialgüterrechte als Mittel eines Missbrauchs.38 Ob die vom EuGH aus Art. 295 EG hergeleitete Privilegierung für Immaterialgüterrechte auch für Geschäftsgeheimnisse und geheime, nicht immaterialgüterrechtlich geschützte Innovationen im speziellen Geltung beansprucht, ist unklar. Bei diesen ist schon umstritten, ob sie von der Privilegierung des Art. 30 EG erfasst werden. Aus der Entscheidung des EuG in der Rechtssache Tetra Pak II könnte geschlossen werden, dass diese keine Privilegierung genießen sol33 Vgl. z. B.: Vinje, Thomas C., Magill: Its Impact on the Information Technology Industry, [1992] 11 EIPR 397, 399. 34 EuGH, Urteil vom 29. Februar 1968, Rs. 24-67, Parke, Davis and Co. . /. Probel, Reese, Beintema-Interpharm en Centrafarm, Slg. 1968, 86, 112. 35 EuGH, Hoffmann-La Roche & Co. AG . /. Centrafarm Vertriebsgesellschaft Pharmazeutischer Erzeugnisse mbH, Slg. 1978, 1139, Tz. 16. 36 So und zum Ganzen: Eilmansberger, Thomas, Der Umgang marktbeherrschender Unternehmen mit Immaterialgüterrechten im Lichte des Art. 86 EWGV, EuZW 1992, 625, 632. Siehe auch: EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993, verbundene Rs. C-92 / 92 und C-326 / 92, Phil Collins . /. Imtrat Handelsgesellschaft mbH und Patricia Im- und Export Verwaltungsgesellschaft mbH und Leif Emanuel Kraul . /. EMI Electrola GmbH, Slg. 1993 I-5145, Tz. 22. 37 EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1988, Rs. 238 / 87, AB Volvo . /. Erik Veng (UK) Ltd, Slg. 1988, 6211, Tz. 9. 38 EuGH, Urteil vom 6. April 1995, verbundene Rs. C-241 / 91 P und C-242 / 91 P, Radio Telefis Eireann (RTE) and Independent Television Publications Ltd (ITP) . /. Commission of the European Communities, Slg. 1995 I-743 (Magill), Tz. 50.
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2. Kap.: Rechtsvorschriften zur Beurteilung von Offenlegungsverweigerung
len.39 In dieser Entscheidung hat das EuG ausgeführt, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen Maschinen und die dazugehörigen Verbrauchsgüter nicht als ein untrennbares integriertes System und damit als Gegenstand eines Koppelungsverkaufs wegen der Gesichtspunkte der Technik, der Produkthaftung, des Gesundheitsschutzes und des Schutzes ihres Rufs bestimmen könne, falls diese Gesichtspunkte auch dadurch gewährleistet werden können, „[. . .] daß den Benutzern der Maschinen die technischen Merkmale, die die [Verbrauchsgüter] aufweisen müssen, um mit diesen Maschinen kompatibel zu sein, mitgeteilt werden, ohne daß dies gegen die gewerblichen Schutzrechte der Hersteller verstoßen würde.“40
Andererseits hat das EuG in dieser Entscheidung auch nicht explizit Stellung zur Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen bezogen.41 Zudem hat das EuG dabei auch ausdrücklich auf den nicht bestehenden Verstoß gegen die gewerblichen Schutzrechte des marktbeherrschenden Unternehmens hingewiesen. Falls Informationen geheim sind, könnten sie als gewerbliche Schutzrechte im Sinne dieser Entscheidung anzusehen und folglich eine andere Betrachtung angebracht sein. Der Präsident des EuG scheint vor kurzem in seinem Beschluss in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Microsofts gegen die EG-Kommission eine Privilegierung von geheimen Informationen bei der kartellrechtlichen Beurteilung einer Offenlegungsverweigerung zumindest in Erwägung gezogen zu haben.42 Worauf eine derartige Privilegierung zurückzuführen wäre, wird aber aus dem Beschluss nicht eindeutig erkennbar. Als Begründung käme insbesondere in Betracht, dass eine Privilegierung allein auf die wirtschaftliche Bedeutung geheimer Innovationen zu stützen und keine Einordnung geheimer Innovationen bei Art. 295 EG vorzunehmen wäre. Der Präsident des EuG könnte aber auch in die Richtung verstanden werden, dass er nur geheim gehaltene Informationen, die auch immaterialgüterrechtlich geschützt sind, privilegieren wollte. Denn der Präsident weist darauf hin, dass es eine grundlegende Frage darstellt, ob es zu berücksichtigen ist, dass eine Information geheim und hochwertig ist, wenn ein Recht des geistigen Eigentums in Frage steht.43 Der Präsident differenziert an 39 Vgl. dazu die Auffassung der EG-Kommission, zusammenfassend wiedergegeben in: Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 181. Die EG-Kommission verweist zur Begründung ihrer Auffassung auf die Gründe der Entscheidung: EuG, Urteil vom 6. Oktober 1994, Rs. T-83 / 91, Tetra Pak International SA . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1994 II-755 (EuG, Tetra Pak II), Tz. 84 und 139. 40 EuG, Tetra Pak II, Tz. 84. 41 So auch die Ausführungen Microsofts zusammenfassend wiedergegeben in: Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 126. 42 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 207. Siehe dazu auch 5. Kapitel: D.VI.3. 43 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 207.
B. Grenzen der zu beachtenden Rechtsvorschriften
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einer späteren Stelle dann auch zwischen als Gegenstand eines Rechts des geistigen Eigentums oder als Geschäftsgeheimnis geheim gehaltenen Informationen.44
B. Grenzen der zugunsten des Geheimnisinhabers zu beachtenden Rechtsvorschriften I. Offenlegungspflichten gegenüber EG-Organen bzw. mitgliedstaatlichen Behörden und deren Nachprüfungsbefugnisse Das Recht von Unternehmen bezüglich Aspekten ihrer Geschäftsvorgänge Vertraulichkeit zu bewahren wird von der EU gewahrt.45 In einigen Verordnungen und Richtlinien finden sich Offenlegungspflichten der Unternehmen gegenüber der EG-Kommission und teilweise gegenüber mitgliedstaatlichen Behörden. Diese stehen aber jeweils im Zusammenhang mit dem aufgrund dieser Rechtsvorschriften durchzuführenden Verfahren. Als Beispiele seien genannt: Die Art. 17 bis 21 der Kartellverfahrensverordnung Nr. 1 / 2003 enthalten Ermittlungsbefugnisse der EG-Kommission in Kartellverfahren. Danach darf die EG-Kommission u. a. von Unternehmen Auskunft verlangen und Nachprüfungen bei Unternehmen vornehmen.46 Ähnliches ergibt sich auch aus den Art. 11 und 13 der EG-Fusionskontrollverordnung.47 Die weiter oben schon erwähnte Richtlinie über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste sieht Mitteilungspflichten von Unternehmen gegenüber den Regulierungsbehörden vor.48 Die nationalen Regulierungsbehörden haben – eventuell auch im Auftrag der Kommission – Informationen von den Unternehmen einzuholen, die elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten, um ihre Aufgaben aus der Rahmenrichtlinie effizient erfüllen zu können. Die Informationen können dabei auch Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen betreffen. Nach Art. 4 Abs. 1 und 3 sowie Art. 6 Abs. 1 der bereits dargestellten EGTabak-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die Hersteller und Importeure von Tabakerzeugnissen dazu zu verpflichten, neben Prüfungsergebnissen über be44
Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 253. Siehe dazu 1. Kapitel: E.I. 46 Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 1 / 2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, Art. 18, 20. 47 Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 139 / 2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. 48 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2002 / 21 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. 45
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2. Kap.: Rechtsvorschriften zur Beurteilung von Offenlegungsverweigerung
stimmte Inhaltsstoffe ihrer Tabakerzeugnisse auch Informationen über Inhaltsstoffe, die bei der Herstellung von Tabakerzeugnissen verwendet werden, zu übermitteln. Dazu zählen auch besondere Produktformeln, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen.49 Nach der Verordnung über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel bestehen ebenfalls Auskunftspflichten gegenüber der EG-Kommission, die auch unter das Geschäftsgeheimnis fallende Informationen betreffen können.50 Weitere Offenlegungspflichten gegenüber mitgliedstaatlichen Behörden finden sich zudem in Art. 3, 4, 7 und 12 der Verordnung zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe.51 Diese Offenbarungspflichten der Unternehmen bestehen nur gegenüber der EG-Kommission und teilweise gegenüber mitgliedstaatlichen Behörden. Die Verordnungen und Richtlinien begründen dagegen keine Offenbarungspflichten gegenüber anderen Unternehmen. Die EG-Kommission und teilweise die mitgliedstaatlichen Behörden sind vielmehr aufgrund dieser Vorschriften zur Geheimhaltung der mitgeteilten Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen verpflichtet. Im Ergebnis dienen diese Vorschriften damit dem Schutz der Allgemeinheit vor bestimmten Gefahren bzw. der Durchsetzung von behördlichen Ermittlungsbefugnissen und nicht dem Erhalt der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen II. Offenlegungspflichten gegenüber anderen Unternehmen In der Gruppenfreistellungsverordnung der EG-Kommission für den Kraftfahrzeugsektor ist in Art. 4 Abs. 2 vorgesehen, dass die Freistellung von Art. 81 Abs. 1 EG für Wettbewerbsbeschränkungen in diesen Sektor betreffenden Vertriebsverträgen nicht gilt, wenn der Kraftfahrzeuglieferant unabhängigen Marktbeteiligten den Zugang zu den für die Instandsetzung und Wartung seiner Kraftfahrzeuge oder für Umweltschutzmaßnahmen erforderlichen technischen Informationen, Diagnose- und anderen Geräten und Werkzeugen nebst einschlägiger Software oder die fachliche Unterweisung verweigert.52 Zudem bestimmt die Vorschrift ausdrücklich: 49 Europäisches Parlament / Rat der EU, Richtlinie 2001 / 37 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen, Art. 6 Abs. 2. 50 Europäisches Parlament / Rat der EU, Verordnung (EG) Nr. 1228 / 2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel, Art. 10 Abs. 4. 51 Rat der EG, Verordnung (EWG) Nr. 793 / 93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe.
B. Grenzen der zu beachtenden Rechtsvorschriften
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„Zugang zu Gegenständen, die durch geistige Eigentumsrechte geschützt sind oder Know-how darstellen, darf nicht missbräuchlich verweigert werden.“53
Der Begriff des Know-how wird in der Gruppenfreistellungsverordnung definiert als „eine Gesamtheit nicht patentgeschützter praktischer Kenntnisse, die der Lieferant durch Erfahrungen und Erprobung gewonnen hat und die geheim, wesentlich und identifiziert sind.“54 In einem Erwägungsgrund der Gruppenfreistellungsverordnung ist ausgeführt, dass Rechte in Bezug auf Know-how in einer Weise ausgeübt werden müssen, die jeglichen Missbrauch ausschließt.55 Der Erwägungsgrund sieht auch sachliche Rechtfertigungen dergestalt vor, dass die Unternehmen berechtigt sind, „technische Angaben vorzuenthalten, die Dritten die Umgehung oder Ausschaltung eingebauter Diebstahlschutzvorrichtungen, die Neueichung elektronischer Anlagen oder die Manipulierung beispielsweise von Geschwindigkeitsbegrenzungsvorrichtungen ermöglichen könnten, soweit ein Schutz gegen Umgehung, Ausschaltung, Neueichung oder Manipulierung solcher Vorrichtungen nicht durch andere weniger restriktive Mittel verwirklicht werden kann.“56 Durch die in dem Art. 4 Abs. 2 enthaltende Regelung soll ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für Reparaturdienstleistungen geschützt und die Abschottung unabhängiger Reparaturwerkstätten verhindert werden.57 Ob dieses 52 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor. Die EG-Kommission ist in diesem Zusammenhang auch bereits gegen einige Kraftfahrzeughersteller vorgegangen: EG-Kommission, Pressemitteilung vom 14. September 2007, Kartellrecht: Kommission gewährt unabhängigen Werkstätten freien Zugang zu Reparaturinformationen der Kfz-Hersteller, IP / 07 / 1332. 53 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, Art. 4 Abs. 2 S. 4. 54 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, Art. 1 Abs. 1 lit. j). 55 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, Erwägungsgrund 26. 56 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, Erwägungsgrund 26. 57 EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, Erwägungsgrund 26.
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2. Kap.: Rechtsvorschriften zur Beurteilung von Offenlegungsverweigerung
Regelungsinstrument der Gruppenfreistellungsverordnung verallgemeinerungsfähig ist, muss aus mehreren Gründen als sehr fraglich erscheinen. Zum einen gilt sie speziell für den Kraftfahrzeugsektor, und dieses Regelungsinstrument ist in anderen Gruppenfreistellungsverordnungen nicht vorgesehen. Zudem führt das Nichterfüllen der Vorschrift nur dazu, dass die Gruppenfreistellung nicht gilt. Ein Verstoß gegen Art. 81 EG kann daher immer noch durch Art. 81 Abs. 3 EG ausgeschlossen sein. Zudem kommt ein Verstoß gegen Art. 81 EG gerade dann nicht in Betracht, wenn sich der Hersteller für einen Eigenvertrieb entschlossen hat, d.h. keine Vereinbarungen über ein Vertriebssystem mit unabhängigen Unternehmen geschlossen hat. Dann käme nur ein Verstoß gegen Art. 82 EG in Betracht, über welchen die Gruppenfreistellung gerade keine Aussagen trifft und auch nicht treffen kann, da vom Verbot des Art. 82 EG nicht freigestellt werden kann. Eine Übertragung der Regelung auf einseitige Verhaltensweisen bei Art. 82 EG erscheint problematisch. Ein Hersteller hat eine unter Art. 81 Abs. 1 EG fallende Vereinbarung getroffen, wenn er der Freistellung durch die Gruppenfreistellung bedarf. Die Verpflichtung zur Zugangsgewährung zu dem Knowhow kann daher auch als eine Form der „Sanktion“ bzw. der Beseitigung der wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen dieser Vereinbarung gesehen werden. Diese Verpflichtung ähnelt damit auch eher einer Rechtsfolgenanordnung als der Konkretisierung eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG. In der Konstellation des Eigenvertriebs hat der Hersteller dagegen keine Vereinbarung getroffen und regelmäßig erhebliche Investitionen für den Aufbau des Eigenvertriebs aufbringen müssen. III. TRIPS-Übereinkommen Nach Art. 8 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommen können für die Mitglieder der WTO das Treffen von Maßnahmen erforderlich sein, um den Missbrauch von Rechten des geistigen Eigentums zu verhindern. Dies meint auch die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht.58 Art. 8 Abs. 2 gilt dabei wohl auch für nicht offenbarte Informationen im Sinne von Art. 39 des TRIPS-Übereinkommens. Denn Art. 8 Abs. 2 findet sich im Kapitel der allgemeinen Bestimmungen und Grundprinzipen des TRIPS-Übereinkommens. Ansonsten würden nicht offenbarte Informationen auch mehr Schutz vor Einwirkung durch das Kartellrecht genießen als Immaterialgüterrechte. Art. 39 des TRIPS-Übereinkommens betrifft seinem Wortlaut nach zwar nur den rechtlichen Schutz für nicht offenbarte Informationen und nicht deren tatsächlichen Schutz durch Geheimhaltung. Dies würde aber auch nicht die Einwirkung auf den durch tatsächliche Geheimhaltung gewährten Schutz durch die Mitglieder der WTO ausschließen. Das 58
Heinemann, Andreas, GRUR Int. 1995, 535, 537.
B. Grenzen der zu beachtenden Rechtsvorschriften
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TRIPS-Übereinkommen braucht nämlich nicht die Voraussetzungen der Einwirkung auf den tatsächlichen Schutz vorsehen, wenn es schon nicht die Anerkennung dieses Schutzes gewähren sollte. Von Bedeutung ist aber, dass in einem Entwurf der Verhandlungen vorgesehen war, in Art. 39 folgende Regelung aufzunehmen: „There shall be no compulsory licensing of proprietary information.“59
Dieser Teil des Entwurfes wurde zwar nicht in den endgültigen Wortlaut übernommen. Er könnte aber doch zeigen, dass die Verhandlungspartner eine zwangsweise Offenlegung von nicht offenbarten Informationen nicht vorsehen wollten. Andererseits könnte der Verzicht auf diese Regelung auf die Anwendbarkeit des Art. 8 Abs. 2 auch auf nicht offenbarte Informationen hinweisen.
59 Der einschlägige Wortlaut des Entwurfes vom 23. Juli 1990 wird wiedergeben in: Gervais, Daniel, The TRIPS Agreement: Drafting History and Analysis, London, Second Edition 2003, P 2.353.
3. Kapitel
Ökonomische Betrachtung A. Allgemeines Im vorangegangenen Kapitel wurden u. a. rechtliche Grenzen der kartellrechtlichen Einwirkung hinsichtlich Offenlegungsverweigerungen an geheimen Innovationen dargestellt. Im Folgenden soll dagegen die ökonomische Bewertung der Geheimhaltung einer Innovation durch ein dominantes Unternehmen dargestellt werden. Dazu wird in einem ersten Schritt die wirtschaftliche Bedeutung der Geheimhaltung einer Innovation durch Unternehmen aufgezeigt. In einem zweiten Schritt werden die ökonomischen Gründe für die Gewährung rechtlichen Schutzes für eine derartige Geheimhaltung dargestellt. Sodann wird auf die ökonomischen Auswirkungen von Offenbarungspflichten eingegangen. Schließlich werden wettbewerbspolitische Rechtfertigungen für den Eingriff in die Geheimhaltungsmöglichkeiten eines Unternehmens betrachtet. Schon Eingriffe in die Kontrahierungsfreiheit eines dominanten Unternehmens bedürfen oft eines sorgfältigen Abwägens widerstreitender Argumente.1 Bei der Verweigerung der Offenlegung einer geheimen Innovation könnten weitere Aspekte zu berücksichtigen sein.
B. Ökonomische Bedeutung der Geheimhaltung von Innovationen Der rechtliche Schutz von Innovationen durch die Zuerkennung von Immaterialgüterrechten wird als ein bedeutender Anreiz für Innovationsanstrengungen gerechtfertigt. Die Aussicht auf immaterialgüterrechtlichen Schutz soll u. a. Anreize sowohl für die einzelne Person als auch die Allgemeinheit schaffen, in Forschung und Entwicklung zu investieren und damit den Wettbewerb in der gesamten Wirtschaft durch Innovationen zu verstärken, um damit als auch durch die Innovation selbst den Verbrauchern im Ergebnis Vorteile zu verschaffen.2 Innovationen selbst werden als ein erheblicher Faktor für wirtschaftliches 1 Auf diesen Gesichtspunkt wird hingewiesen in den Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rs. Bronner, Tz. 57. 2 Dazu grundlegend: Fritz Machlup, An Economic Review of the Patent System, Study No. 15 of the U.S. Senate Subcommittee on Patents, Trademarks and Copyrights of the Committee on the Judiciary, Washington, D.C., 1958. Siehe auch: Beier, Fried-
B. Ökonomische Bedeutung der Geheimhaltung von Innovationen
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Wachstum angesehen.3 In der ökonomischen Wissenschaft wird aber noch immer über die optimale Ausgestaltung und Dauer des Schutzes der Immaterialgüterrechte diskutiert.4 Die optimale Ausgestaltung muss nicht nur die Anreizgebung für grundlegende Innovationen, sondern auch für nachfolgende Innovationen berücksichtigen.5 Im Zusammenhang mit dieser Problematik steht auch die Beurteilung, inwieweit diese Rechte ausgenutzt werden dürfen und wann eine Ausnutzung der Rechte gegen das Kartellrecht verstößt.6 Angemerkt sei, dass in der Vergangenheit mitunter argumentiert worden ist, dass das Wettbewerbs- bzw. Kartellrecht im Konflikt mit dem Recht der Immaterialgüterrechte steht, da ersteres die Freiheit des Wettbewerbs gewähren solle, während Letzteres gerade durch die Gewährung von Monopolen den Wettbewerb einschränke. Mittlerweile besteht jedoch Übereinstimmung, dass ein Immaterialgüterrecht für sich alleine genommen kein Monopol gewähren kann und, dass auch das Recht der Immaterialgüterrechte auf langfristige Sicht durch die Stimulation von Innovationsanstrengungen den Wettbewerb fördert und nicht beschränkt.7
rich-Karl, Die Bedeutung des Patentsystems für den technischen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, GRUR Int. 1979, 227, 234. Ähnliches hatte auch schon Abraham Lincoln (16. Präsident der USA und Erfinder des U.S. Patent No. 6469) festgestellt, vgl. Second Lecture on Discoveries and Inventions, Delivered to the Phi Alpha Society of Illinois College at Jacksonville, Illinois on February 11, 1859, wiedergegeben in Roy P. Basler (ed.), The Collected Works of Abraham Lincoln vol. 3, 357 (Rutgers University Press1953): „[The patent system] added the fuel of interest to the fire of genius, in the discovery and production of new and useful things.“ Für eine differenzierende Betrachtung der Bedeutung des Patentsystems, vgl.: Janusz A. Ordover, A Patent System for Both Diffusion and Exclusion, 5 J. Econ. Persp. 43 (1991). 3 Vgl. z. B.: Joseph F. Brodley, The Economic Goals of Antitrust: Efficiency, Consumer Welfare, and Technological Progress, 62 N.Y.U. L. Rev. 1020, 1026 (1987). 4 Zur Diskussion hinsichtlich der Ausgestaltung des Patentschutzes vgl.: Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, Optimal Patent Length and Breadth, 21 Rand J. Econ. 106–112 (1990); Paul Klemperer, How Broad Should the Scope of Patent Protection Be? 21 Rand J. Econ. 113–130 (1990). Hinsichtlich der Dauer von Marken- und Urheberrechten siehe auch: William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 210–253 (Harvard University Press 2003). 5 Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, An Economic Analysis of Unilateral Refusals to License Intellectual Property, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA 12749 (1996). Siehe zum ganzen auch die aktuelle Studie über Profite und die daraus folgenden Anreize für innovative Tätigkeiten von: F. M. Scherer, The Innovation Lottery, in Expanding the Boundaries of Intellectual Property 3–21 (Rochelle Cooper Dreyfuss, Diane Leenheer Zimmerman / Harry First eds., Oxford University Press 2001). 6 Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12749. 7 Ward S. Bowman, Jr., Patent and Antitrust Law – A Legal and Economic Appraisal 1–3 (The University of Chicago Press 1973); Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12749.
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
Verschiedene Studien haben aber auch gezeigt, dass in vielen Industriezweigen dem Patentschutz eher nebensächliche Bedeutung beigemessen wird.8 Von größerer Relevanz sei die Möglichkeit eines Unternehmens, als erstes eine neue Entwicklung auf einem Markt anbieten zu können.9 Nur in den Branchen der pharmazeutischen und chemischen Industrie wurde der Patentschutz als essentieller Faktor für Innovationsanstrengungen ausgemacht.10 Der Schutz einer Innovation kann außer durch den Erwerb von Immaterialgüterrechten auch durch strategische Schutzmaßnahmen erfolgen, wie z. B. aufgrund der Nutzung des durch eine schnelle Umsetzung der Innovation erzielten zeitlichen Vorsprungs, der komplexen Gestaltung eines Erzeugnisses oder der Geheimhaltung des Inhalts der Innovation.11 Studien in den USA12 und in Europa13 zeigen immer wieder, dass ein Großteil der Unternehmen die Geheimhaltung von Innovationen, neben anderen strategischen Schutzmaßnahmen, als eine wichtigere Schutzmaßnahme als die Patentierung betrachtet. Empirische Studien zu den Vorteilen der ersten Markteinführung eines Erzeugnisses zeigen zudem, dass Unternehmen, die zuerst auf neu erschlossenen Märkten tätig werden, ihre Stellung auch in der Regel nach einem gewissen Zeitablauf behaupten können.14 Ein Grund dafür könnte auch sein, dass aufgrund der Pioneerrolle eine besondere Reputation erzielt werden kann.15
8 Siehe z. B.: Edwin Mansfield, Patents and Innovation: An Empirical Study, 32 Management Science 173, 174 (1986); Richard C. Levin / Alvin K. Klevorick / Richard R. Nelson / Sidney G. Winter, Appropriating the Returns from Industrial Research and Development, 1987 Brookings Papers on Economic Activity 783, 795; Wesley M. Cohen / Richard R. Nelson / John P. Walsh, Protecting Their Intellectual Assets: Appropriability Conditions and Why U.S. Manufacturing Firms Patent (or Not), NBER Working Paper No. 7552 (February 2000). 9 Richard C. Levin / Alvin K. Klevorick / Richard R. Nelson / Sidney G. Winter, 1987 Brookings Papers on Economic Activity at 795–796. 10 Siehe z. B.: Edwin Mansfield, 32 Management Science at 174. 11 Rammer, Christian, Patente und Marken als Schutzmechanismen für Innovationen, Studien zum deutschen Innovationssystem Nr. 11-2003, Mannheim, Dezember 2002 (Dezember 2002), S. 1. 12 Siehe z. B.: Richard C. Levin / Alvin K. Klevorick / Richard R. Nelson / Sidney G. Winter, 1987 Brookings Papers on Economic Activity at 795; Wesley M. Cohen / Richard R. Nelson / John P. Walsh, NBER Working Paper No. 7552. 13 Siehe z. B.: Arundel, Anthony, The relative effectiveness of patents and secrecy for appropriation, Research Policy 30 (2001) 611, 615, 622. Hinsichtlich der deutschen Industrie siehe: Rammer, Christian, Patente und Marken als Schutzmechanismen für Innovationen, S. 7. 14 Siehe z. B.: William T. Robinson / Claes Fornell, Sources of Market Pioneer Advantages in Consumer Good Industries, 22 JMR 305, 315 (1985). M. w. N. und dieses Ergebnis hinterfragend, vgl.: Jonathan D. Bohlmann / Peter N. Golder / Debanjan Mitra, Deconstructing the Pioneer’s Advantage: Examining Vintage Effects and Consumer Valuations of Quality and Variety, 48 Management Science 1175–1195 (2002).
C. Unternehmerische Gründe für die Geheimhaltung von Innovationen
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Die Möglichkeit, eine Information zu verwenden, die durch reverse engineering gewonnen wurde, schränkt dabei regelmäßig nicht die Anreize der Unternehmen ein, Innovationsanstrengungen zu treffen (und diese dann geheim zu halten). Denn der Inhaber eines Geheimnisses ist durch die mitunter hohen Kosten des reverse engineering und aufgrund seines Vorsprungs durch den schnelleren Markteintritt nicht schutzlos gestellt.16 Gerade der Aspekt dieses zeitlichen Vorsprungs gibt einen erheblichen Anreiz für Innovationsanstrengungen, da damit zumindest die Möglichkeit besteht, die Entwicklungskosten teilweise oder vollständig zurückzuholen.17
C. Unternehmerische Gründe für die Geheimhaltung von Innovationen Der Entschluss eines Unternehmens, eine Innovation geheim zu halten, kann mehrere Gründe haben. Ein Grund kann sein, dass deren Offenbarung diese sofort wertlos machen würde (z. B. im Fall einer zukünftigen Geschäftsstrategie). Als zweiter Grund kommt in Betracht, dass die Innovation nicht als Immaterialgüterrecht schutzfähig ist. Weiterhin kann ein dritter Grund in der Kalkulation ihres Inhabers liegen, dass keine andere Person innerhalb der Schutzdauer der in Betracht kommenden Immaterialgüterrechte, insbesondere eines Patents, eine ähnliche Innovation hervorbringen wird.18 Entsprechendes gilt, wenn die Innovation aufgrund ihres Wesens nur einer geringen Gefahr der Ableitung ihres Inhaltes aus den Erzeugnissen des Unternehmens durch andere Personen ausgesetzt ist.19 Selbst im Falle der Schutzfähigkeit der Innovation nach immaterialgüterrechtlichen Vorschriften kann es für deren Inhaber daher wirtschaftlich sinnvoller sein, diese geheim zu halten. Der Erwerb eines Immaterialgüterrechts kann zudem kostenintensiv sein. Noch kostenintensiver ist die Verteidigung eines vor Gericht oder bei den zuständigen Ämtern angegriffenen Immaterialgüterrechts. Dies gilt insbesondere bei Patenten, mitunter aber auch bei allen anderen Immaterialgüterrechten.20 Zu einer weiteren Verstärkung des Entschlusses für die Geheimhaltung kann es kommen, wenn gesetzliche Regelungen die Veröffentlichung der Innovation 15 Siehe dazu m. w. N.: Fleischer, Holger, Behinderungsmißbrauch durch Produktinnovation, Baden-Baden, 1997, S. 55. 16 Pamela Samuelson / Suzanne Scotchmer, The Law and Economics of Reverse Engineering, 111 Yale L.J. 1575, 1586 (2002). 17 Gordon L. Doerfer, 80 Harv. L. Rev. at 1461–1462. 18 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 356. 19 Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 41. 20 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 357.
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
vor der Entscheidung über die Erteilung des Immaterialgüterrechtes vorsehen, wie dies z. B. in einigen Rechtsordnungen für das Patenterteilungsverfahren bestimmt ist.21 Eine Geheimhaltung der Innovation ist nach deren Veröffentlichung ausgeschlossen, und bei Nichtgewährung des Immaterialgüterrechts könnte die Innovation sodann von jedermann genutzt werden. Darüber hinaus führt die beispielsweise mit der Patenterteilung regelmäßig verbundene Offenbarungspflicht dazu, dass Konkurrenten die technischen Kenntnisse erhalten, um Produkte zu entwickeln, welche die geschützte Innovation nicht verletzen.22 Entscheidend dabei ist auch, dass vor Offenbarung einer Innovation oder einiger ihrer Bestandteile ein Informationsungleichgewicht zwischen dem Entwickler der Innovation und anderen Unternehmen nicht nur über deren Inhalt, sondern auch über deren Bedeutung besteht.23 Sobald die Innovation offengelegt worden ist, können andere Unternehmen ihre Bedeutung für den technologischen Fortschritt und die Kostenstruktur ihres Entwicklers genauer abschätzen und damit leichter feststellen, ob eigene Entwicklungen notwendig sind, um konkurrenzfähig zu bleiben.24 Von geringfügigerem Gewicht sind die Informationsungleichgewichte über Inhalt und Bedeutung einer Innovation aber wohl dann, wenn die Innovation entweder von geringer Bedeutung ist oder wenn durch den Erwerb von Immaterialgüterschutz (insbesondere eines Patentes) die Konkurrenztätigkeit durch andere Unternehmen wirksam verhindert werden kann.25 Die Geheimhaltung eines Geheimnisses führt aber auch zu einem gewissen Kostenaufwand des geheimhaltenden Unternehmens. Dieser steht aber meist ungefähr in Korrelation mit dem Wert des Geheimnisses. Die Konkurrenz des Inhabers des Geheimnisses wird umso mehr Aufwendungen tätigen, das Geheimnis zu erfahren, umso wertvoller sie dieses einschätzt. Die vom Inhaber des Geheimnisses aufzuwendenden Schutzmaßnahmen entsprechen daher im Ergebnis ungefähr dem Wert des Geheimnisses. Anders als bei den Immaterialgüterrechten muss damit der Aufwand für den Schutz der Information nicht weit im Voraus getragen werden, sondern erst wenn sich der Wert des Geheimnisses herausgestellt hat.26
21 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 362. 22 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 357. Siehe dazu auch: Ignatius Horstmann / Glenn M. MacDonald / Alan Slivinski, Patents as Information Transfer Mechanisms: To Patent or (Maybe) Not to Patent, 93 Journal of Political Economy, 837–858 (1985). Anderes gilt im Fall der aber nur ausnahmsweise zu erteilenden Geheimpatente. 23 James J. Anton / Dennis A. Yao, Little Patents and Big Secrets: Managing Intellectual Property, 35 Rand J. Econ. 1, 2 (2004). 24 James J. Anton / Dennis A. Yao, 35 Rand J. Econ. at 2, 9. 25 James J. Anton / Dennis A. Yao, 35 Rand J. Econ. at 10–14.
D. Ökonomische Bedeutung des rechtlichen Schutzes geheimer Innovationen
85
Die Entscheidung, eine Innovation geheim zu halten, kann zudem dadurch intensiviert sein, dass die gesetzlichen Vorschriften vorsehen, dass im Falle der späteren Patentierung durch ein anderes Unternehmen dem geheimhaltenden Unternehmen ein Vorbenutzungsrecht gewährt wird. Umgekehrt wird der Anreiz zu dieser Vorgehensweise reduziert, wenn keine Aussicht auf ein Vorbenutzungsrecht besteht und das geheimhaltende Unternehmen damit fürchten muss, später von der weiteren Benutzung der Information ausgeschlossen zu werden.27 Abschließend anzumerken ist, dass es in einigen Fällen für das Unternehmen auch in Betracht kommen kann, der Öffentlichkeit die Entwicklung ohne den Erwerb immaterialgüterrechtlichen Schutzes zugänglich zu machen, um so einerseits zu verhindern, dass später Konkurrenzunternehmen die Verwendung der Entwicklung aufgrund später erworbener Immaterialgüterrechte untersagen können, und um sich andererseits die Kosten des Erwerbes des Immaterialgüterrechtes, insbesondere eines Patents zu ersparen. Dies kommt aber regelmäßig nur bei für das Unternehmen weniger wichtigen oder bedeutungslosen Innovationen in Betracht.
D. Ökonomische Bedeutung des rechtlichen Schutzes geheimer Innovationen vor Verrat und unbefugter Verwendung In der ökonomischen Wissenschaft werden zwei Hauptgründe für den rechtlichen Schutz einer geheimen Information vor Verrat und unbefugter Verwendung diskutiert. Zum einen wird die Anregung zu Innovationstätigkeiten und zum anderen die Verhinderung von kostenintensiven Ausspähungsversuchen bzw. Geheimhaltungsvorkehrungen angeführt.28 Die rechtliche Möglichkeit, eine Information geheim halten zu können, kann die Entwicklung von Informationen, die eine Innovation zum Gegenstand haben, anregen.29 Dies gilt insbesondere für diejenigen Fälle, in denen eine Patentierung der Innovation entweder nicht möglich oder im Verhältnis zu den in Aussicht stehenden Erträgen zu kostenintensiv ist. Der rechtliche Schutz eines Geheimnisses vor Entwendung und daran anschließende Verwendung durch Dritte ermöglicht dabei zu einem gewissen Grad die tatsächliche Geheimhaltung einer Information, da die tatsächlichen Möglichkeiten, die Offenbarung ei26 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 357. 27 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 361. 28 Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 262. 29 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 360.
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
nes Geheimnisses zu verhindern, prohibitiv teuer sein können.30 Rechtsvorschriften zum Schutz von Geheimnissen erleichtern zudem den zur Entwicklung einer verwertbaren Innovation notwendigen Austausch von Geheimnisbestandteilen, indem sie vor Offenbarung durch Mitarbeiter oder durch andere an der Entwicklung beteiligte Personen schützen.31 Es wird aber auch argumentiert, dass der wesentliche wirtschaftliche Grund für den rechtlichen Schutz von Geheimnissen sei, die kostenintensivsten Ausspähungen und Geheimhaltungsvorkehrungen zu verhindern. Denn im Grundsatz ist jedes Unternehmen bestrebt, geheime Informationen seiner Konkurrenten zu erfahren, gleichzeitig aber seine eigenen Informationen geheim zu halten. Der rechtliche Schutz von Geheimnissen müsse diese widerstreitenden Interessen in Einklang bringen. Wäre ein Unternehmen nicht durch rechtliche Vorschriften, z. B. vor der Offenlegung seiner Geheimnisse durch seine Mitarbeiter geschützt, so müsste es seine Unternehmensabläufe in einer Weise organisieren, die zu einer hohen Ineffizienz führen würde.32 Die Geheimhaltung einer Information ist z. B. kostenintensiv und damit weniger interessant für ein Unternehmen, wenn Wettbewerbsverbote ausscheidender Mitarbeiter (einer der effektivsten Wege, um die Offenbarung eines Geheimnisses zu verhindern, da ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot relativ leicht nachweisbar ist33) durch eine Rechtsordnung als verboten angesehen werden.34 Wirksame Regelungen zum Schutz von Geheimnissen vor Verrat und unbefugter Verwendung können daher dazu beitragen, dass Unternehmen geringere Kosten für deren tatsächliche Geheimhaltung aufwenden müssen.35 Zu beachten ist dabei schließlich auch, dass erst durch das Treffen von Geheimhaltungsvorkehrungen anderen Unternehmen signalisiert wird, dass es sich bei der betreffenden Information um ein Geheimnis handelt, welches nicht missbräuchlich entwendet werden darf. Ansonsten würden dritte Personen erhebliche Kosten aufwenden müssen, um zu verhindern, dass sie nicht versehentlich (rechtlich) geschützte Geheimnisse entwenden.36 30 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 364. 31 Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 264. 32 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 364. 33 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 365; Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 281; Edmund W. Kitch, 9 JLS at 690. 34 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 360. 35 David D. Friedman / William M. Landes / Richard A. Posner, Some Economics of Trade Secret Law, 5 J. Econ. Persp. 61, 71 (1991). 36 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 368.
E. Ökonomische Kosten der Geheimhaltung von Innovationen
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In den zwei jeweils in Betracht kommenden Extremkonstellationen sind die rechtlichen Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen aber einerseits überflüssig oder andererseits nutzlos.37 Eine durch Geheimhaltung vollständig effektiv geschützte Information benötigt keinen weiteren rechtlichen Schutz, um sie vor der Verwendung durch Dritte zu schützen. Falls dagegen die Information aus den Erzeugnissen des geheim haltenden Herstellers ohne weiteres (z. B. durch reverse engineering) ableitbar ist, dann helfen auch keine rechtlichen Vorschriften zum Schutz vor missbräuchlicher Entwendung der geheimen Information. Andere Unternehmen können dann die Information rechtmäßig gebrauchen. Zwischen diesen beiden Extremkonstellationen besteht aber der Anwendungsbereich für den rechtlichen Schutz innovativer Tätigkeiten.38 Die rechtlichen Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen haben ihren bedeutsamsten Zweck daher auch darin, Geheimnisse zu schützen, die mehreren Personen bekannt sind. Denn die Kosten, ein Geheimnis tatsächlich weiter geheim zu halten, steigen mit der Anzahl der es kennenden Personen.39 Durch vertragliche Abreden kann sichergestellt werden, dass das Geheimnis von der jeweiligen Person nur wie vereinbart verwendet wird.40
E. Ökonomische Kosten der Geheimhaltung von Innovationen Die Vorteile, die aus der Möglichkeit entstehen, eine Innovation geheim halten zu können, sind ein wesentlicher Anreiz für innovative Anstrengungen. Geschäftsgeheimnisse können aber auch Fortentwicklungen durch andere Personen einschränken, da die geheimgehaltenen Innovationen gerade nicht gegenüber der Allgemeinheit offengelegt werden. Die Sorge vor übermäßiger Geheimhaltung technischer Fortschritte war daher auch einer der Gründe für die Einführung des Patentsystems in den USA.41 Der Ermöglichung der Geheimhaltung einer Innovation durch tatsächliche Vorkehrungen und Rechtsvorschriften ist daher als wesentlicher wirtschaftlicher Kostenfaktor gegenüberzustellen, dass die jeweilige Innovation ansonsten im Wege der Offenbarung bei einer Patentierung oder auf anderem Wege bekannt geworden wäre.42 Diese Kosten sind jedoch regelmäßig dadurch verringert, dass die Verwendung einer bislang geheimen Information, die durch reverse engineering oder eine unabhängige Entwicklung
37
Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 44. Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 44. 39 Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 44. 40 Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 44. 41 Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets § 1: 1. 42 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 360. 38
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
gewonnen wurde, nicht verboten ist.43 Die rechtliche Zulässigkeit von reverse engineering bzw. unabhängigen Entwicklungen geheimer Innovationen hat auch zur Folge, dass derartige Anstrengungen angeregt werden.44 Als weitere Kosten sind damit aber auch die Aufwendungen anderer Unternehmen zu berücksichtigen, die (vergeblich) versuchen, die jeweiligen Innovationen herauszufinden bzw. selbst zu entwickeln.45 Dennoch ist festzuhalten, dass der Schutz einer Innovation durch Geheimhaltung mitunter nur von kurzer Dauer ist. Eine empirische Studie kam beispielsweise zu folgenden Ergebnissen: „According to the firms in our sample, information concerning development decisions [. . .] is generally in the hands of at least some of their rivals within about 12 to 18 months, on the average, after the decision is made [. . .]. [Information concerning the detailed nature and operation of a new product or process developed by the firms] is in the hands of at least some of their rivals within about a year, on the average, after a new product is developed [. . .]. For processes, this information leaks out more slowly [. . .]. But even in this case, it generally leaks out in less than about 15 months. The major exception is chemical processes which frequently can be kept secret for a number of years.“46
Weitere Kosten können beispielsweise auch dadurch entstehen, dass der rechtliche Schutz von Geheimnissen erst dann greift, wenn ein Verstoß eines Konkurrenzunternehmens gegen die jeweiligen rechtlichen Vorschriften aufgedeckt und (gerichtlich) geltend gemacht worden ist.47 Die Kosten der Feststellung eines Verstoßes und die der gerichtlichen Durchsetzung sind folglich ebenfalls den genannten Vorteilen gegenüber zu stellen.48
F. Übersicht über die ökonomischen Folgen von Offenlegungsverweigerungen Die ökonomischen Folgen einer Lizenz- bzw. Offenlegungsverweigerung lassen sich in zwei Kategorien unterteilen. Zum einen hat eine derartige Verweigerung gegenwärtige Auswirkungen (sog. direkte oder statische Effekte). Zum anderen zeitigt sie auch Auswirkungen für die Zukunft (sog. indirekte oder dynamische Effekte). Zusammen genommen ergeben sie die Auswirkungen einer Lizenz- bzw. Offenlegungsverweigerung.49
43 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 370. 44 Christopher Rebel J. Pace, The Case for a Federal Trade Secrets Act, 8 Harv. J.L. & Tech. 427, 441 (1995). 45 Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 267, 269. 46 Edwin Mansfield, How Rapidly Does New Industrial Technology Leak Out? 34 Journal of Industrial Economics 217, 219–221 (1985). 47 Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 277. 48 Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 277.
F. Ökonomische Folgen von Offenlegungsverweigerung
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1. Direkte Effekte Als Folge einer Lizenzverweigerung können die derzeitigen Kunden auf einem relevanten Markt höheren Preisforderungen als nach einer Lizenzierung dritter Unternehmen ausgesetzt sein. Die Lizenzverweigerung kann auch zu einer Einschränkung des Umfangs der angebotenen Produktauswahl oder zu einer niedrigen Produktqualität führen.50 Dies wird insbesondere für die Konstellationen augenscheinlich, in denen durch die Lizenzverweigerung nicht die Duplizierung eines Produktes, aber die Entwicklung von mit den Erzeugnissen des die Lizenz verweigernden Unternehmens zu verwendenden Produkten (sog. kompatible Erzeugnisse) verhindert wird.51 Für eine Vielzahl von (technischen) Erzeugnissen (z. B. Computersysteme) besteht das Bedürfnis der Nutzer diese mit anderen Erzeugnissen zu verbinden oder durch andere Erzeugnisse auf einen neueren technischen Stand zu bringen. Ein Hersteller hat ganz vereinfacht zwei Möglichkeiten seine Erzeugnisse auszugestalten. Einesteils kann der Hersteller versuchen, Verbindungen zu seinen Erzeugnissen zu erschweren. Anderenteils kann der Hersteller diese Verbindungen auch bewusst zulassen. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es zudem die Konstellation, dass der Hersteller unbewusst durch Verwendung bestehender Technologien Verbindungen zulässt. Eine weit verbreitete Vorgehensweise ist auch, Verbindungen zu eigenen Erzeugnissen des Hersteller zu ermöglichen und Verbindungen durch andere Hersteller zu erschweren oder auszuschließen.52 Kompatibilität oder auch Interoperabilität kann aber nicht nur durch Produktdesign erzielt bzw. verhindert werden.53 Kompatibilität kann in verschiedenen Ausmaßen und auch erst zu späteren Zeitpunkten durch Aufwendungen anderer Unternehmen oder der Verbraucher erzielt werden.54 Als Beispiele dafür seien nur Adapter, Emulatoren oder Konvertierungsprogramme genannt.
49 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 2 (April 22, 2002). 50 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 2. 51 Siehe dazu: Rahnasto, Ilkka, Intellectual Property Rights, External Effects, and Antitrust Law: Leveraging IPRs in the Communications Industry, Oxford, New York, N.Y., 2003, para. 4154–4177. 52 Garth Saloner, Economic Issues in Computer Interface Standardization, 1 Econ. Innov. New Techn. 135, 140 (1990). 53 Die Begriffe „Kompatibilität“ und „Interoperabilität“ werden teilweise gleichbedeutend für die Kennzeichung der Möglichkeit des Zusammenwirkens von Erzeugnissen benutzt. Teilweise wird unter Interoperabilität aber auch ein geringeres Niveau der Möglichkeit des Zusammenwirkens verstanden. 54 Joseph Farrell / Garth Saloner, Converters, Compatibility, and the Control of Interfaces, 40 Journal of Industrial Economics 9, 32 (1992).
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
Durch die Verhinderung von Kompatibilität kann eine Vielzahl von Nutzern (sog. installed base) auf die Erzeugnisse des Herstellers festgelegt werden. Eine Festlegung der Nutzer setzt jedoch voraus, dass diese an die weiteren Erzeugnisse des Herstellers gebunden werden, beispielsweise dadurch dass der Erwerb des weiteren Erzeugnisses auch den Austausch des zuerst erworbenen Haupterzeugnisses erfordert (sog. lock-in).55 Ein lock-in kann noch dadurch verstärkt sein, dass die Nutzer beträchtliche Aufwendungen getroffen haben, um das Haupterzeugnisse an ihre Bedürfnisse anzupassen.56 Voraussetzung für einen lock-in ist aber, dass die Nutzer zuerst das Haupterzeugnis des Herstellers erworben haben. Neben Informationsmängeln kann dabei eine bereits bestehende erhebliche installed base des Haupterzeugnisses des Herstellers ein wesentlicher Grund für den Erwerb seines Haupterzeugnisses durch neue Nutzer sein. Dabei können direkte Netzwerkeffekte (direct network effects) eine bedeutende Rolle für diese Entscheidung spielen. Diese treten dann auf, wenn das jeweilige Produkt mit Zuwachs an Nutzern einen immer größeren Nutzwert für den jeweiligen Nutzer hat, wie z. B. bei der Ausbreitung der Telefonnetze im letzten Jahrhundert.57 Für die Nutzer kann zudem von Bedeutung sein, dass für das Haupterzeugnis eine erhebliche Anzahl ergänzender Erzeugnisse und Serviceleistungen durch den Hersteller und u. U. auch andere Hersteller für das Haupterzeugnis entwickelt werden (sog. indirect network effects).58 Zudem können sie dann davon ausgehen, dass das Haupterzeugnis mit bereits bei den Nutzern befindlichen Erzeugnissen des Herstellers kompatibel ist.59 Ein lock-in der Nutzer kann es dem Hersteller ermöglichen, über Wettbewerbsniveau liegende Preise für später von den Nutzern zu erwerbende Erzeugnisse zu verlangen.60 Zudem kann ein lock-in Preisdifferenzierungen hinsichtlich verschiedener Nachfrageintensitäten der Nutzer erlauben.61 Bei Ermöglichung der Verbindungen zu sei55 Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 137. Für weitere Möglichkeiten der Erzielung eines lock-in vgl.: Paul Klemperer, Markets with Consumer Switching Costs, 102 Q.J. Econ. 375–394 (1987). 56 Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 137. 57 Michael L. Katz / Carl Shapiro, Network Externalities, Competition, and Compatibility, 75 Am. Econ. 424 (1985). Netzwerkeffekte sind nicht gleichbedeutend mit natürlichen Monopolstellungen. Natürliche Monopolstellungen sind durch Skaleneffekte auf der Produktionsseite gekennzeichnet, d.h. marginale Kosten und durchschnittliche Gesamtkosten nehmen mit steigender Produktion ab. Netzwerkeffekte beschreiben dagegen eine veränderte Nachfrage bei einer steigenden Anzahl von Nutzern, vgl.: Mark A. Lemley / David McGowan, Legal Implications of Network Economic Effects, 86 Calif. L. Rev. 479, 484 (1998). 58 Joseph Farrell / Garth Saloner, Installed Base and Compatibility: Innovation, Product Preancouncements, and Predation, 76 Am. Econ. Rev. 940, 942 (1986). Allgemein zu indirect network effects siehe: Michael L. Katz / Carl Shapiro, 75 Am. Econ. at 424. 59 Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 139–140. 60 Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 138. 61 Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 138.
F. Ökonomische Folgen von Offenlegungsverweigerung
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nen Haupterzeugnissen eröffnet der Hersteller dagegen Wettbewerb um die ergänzenden Erzeugnisse.62 Zu beachten ist dabei aber, dass durch Anstrengungen verschiedener Hersteller ergänzender Erzeugnisse, diese voneinander zu differenzieren, der Vorteil des Zusammenwirkens der Erzeugnisse untereinander verloren gehen kann.63 Zudem darf nicht übersehen werden, dass bei Konstellationen eines lock-in auf dem Markt des Haupterzeugnisses erheblicher Wettbewerb bestanden haben oder noch bestehen kann.64 Falls der Hersteller bisher Verbindungen zu Erzeugnissen anderer Hersteller geduldet hat, diese bei einer Fortentwicklung seiner Erzeugnisse jedoch ausschließt (bzw. eine Ankündigung über die Änderungen unterlässt), kann dies zu einem zusätzlichen lock-in und zudem zu einem Vertrauensverlust der Nutzer gegenüber den Erzeugnissen anderer Hersteller führen.65 Durch die Erschwerung von Kompatibilität kann ein dominantes Unternehmen rivalisierende Technologie teuerer machen und seine eigene Technologie für die bestehenden Nutzer attraktiver gestalten, da hinsichtlich der rivalisierenden Technologie die Kosten der Herstellung von Kompatibilität anfallen.66 Eine Lizenzverweigerung kann aber auch positive Effekte für die Verbraucher nach sich ziehen, insbesondere kann sie auch zu einer höheren Produktqualität beitragen.67 Die Herstellung von Inkompatibiltät kann dabei insbesondere auch die Folge einer Fortentwicklung eines Erzeugnisses sein.68 Eine Lizenzverweigerung kann auch eine Produktdifferenzierung des dominierenden Unternehmens ermöglichen.69 Eine Lizenzverweigerung kann darüber hinaus positive direkte Effekte herbeiführen, wenn eine Lizenzierung zwar zu einer Ermöglichung von Wettbe62
Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 143. Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 144. 64 Paul Klemperer, 102 Q.J. Econ. at 387–390. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch der sog. tipping effect, bevor dessen Eintritt erheblicher Wettbewerb zwischen den konkurrienden Systemen bestanden haben kann. Dieser beschreibt die Tendenz eines Systems nach Gewinnung einer gewissen Anzahl von Nutzern konkurriende System in der Popularität der Nutzer zurückzulassen, vgl. Michael L. Katz / Carl Shapiro, Systems Competition and Network Effects, 8 J. Econ. Persp. 93, 105– 106 (1994); Jerry Church / Neil Gandal, Network Effects, Software Provision, and Standardization, 40 Journal of Industrial Economics 85–103 (1992). 65 Vgl. m. w. N.: Garth Saloner, 1 Econ. Innov. New Techn. at 142. 66 Joseph Farrell / Garth Saloner, 40 Journal of Industrial Economics at 33. 67 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 2. 68 Für ein ökonomisches Modell der Anreize eines Unternehmens bei Einführung eines neuen Produktes auf Inkompatibilität mit bestehenden Produkten zu setzen: Michael L. Katz / Carl Shapiro, Product Introduction with Network Externalities, 40 Journal of Industrial Economics 55, 69 (1992). 69 Randal C. Picker, Copyright and the DMCA: Market Locks and Technological Contracts 14–17 (prepublication draft, January 9, 2005). 63
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
werb durch andere Unternehmen führen würde, diese Unternehmen aber eine schlechtere Kostenstruktur für das jeweilige Erzeugnisse als das die Lizenz verweigernde Unternehmen.70 Eine Lizenzierung würde in einer derartigen Konstellation eine effektivere Produktion durch eine kostenintensivere Produktion ersetzen.71 Eine freiwillige Lizenzierung erfolgt regelmäßig nur dann, wenn durch die Lizenzierung insgesamt größere Profite erzielt werden können, als wenn keine Lizenz erteilt wird.72 Dies kann dann der Fall sein, wenn das zu lizenzierende Unternehmen effizienter als das Lizenzgeber selbst ist. In einem derartigen Fall werden durch die Kostensenkung ein größerer Produktionsausstoß, niedrige Preise und damit Vorteile für die Verbraucher erzielt. Falls die Produktion durch das andere Unternehmen kostenintensiver ist, so findet nur eine Substituierung einer effektiveren Produktion durch die kostenintensivere Produktion statt. In einer derartigen Konstellation würde eine Verpflichtung zu einer Lizenzerteilung zu negativen Auswirkungen für die Verbraucher führen.73 Negative direkte Effekte könnten jedoch dann bestehen, wenn der Monopolist eine Lizenz gegenüber einem Unternehmen verweigert, dass effizienter produzieren könnte.74 Falls die Unternehmen jedoch in der Lage sind, ihre jeweilige Produktion untereinander zu koordinieren und damit Rücksicht auf ihre jeweiligen Kostenstrukturen zu nehmen, so können bei steigenden variablen Produktionskosten durch eine Lizenzierung direkte positive Effekte erzielt werden, selbst wenn der zu lizenzierende Konkurrent der weniger effiziente Produzent ist.75 Zur selben Zeit kann eine derartige Koordination aber auch zu wettbewerbsbeschränkenden Kollusionen der beiden Unternehmen führen.76 Falls die Kosten des Konkurrenzunternehmens maßgeblich von der Höhe der Lizenzgebühr bestimmt sind, so kann eine Lizenzierung dazu beitragen, dass die beiden Unternehmen nicht miteinander in Wettbewerb treten, sondern sich auf einen gemeinsamen Preis mittels der Lizenzgebühr einigen.77 Wird in einer derartigen Konstellation eine Lizenzierung angeordnet, so würde verhindert, dass Unternehmen in Wettbewerb treten.78 Anderes kann dann gelten, wenn die Unternehmen gerade keine Wettbewerber sind, sondern z. B. sich ergänzende Erzeugnisse produzieren.79 70
Richard J. Gilbert / Carl Richard J. Gilbert / Carl 72 Michael L. Katz / Carl Econ. 504, 509–510 (1985). 73 Richard J. Gilbert / Carl 74 Richard J. Gilbert / Carl 75 Richard J. Gilbert / Carl 76 Richard J. Gilbert / Carl 77 Richard J. Gilbert / Carl 78 Richard J. Gilbert / Carl 79 Richard J. Gilbert / Carl 71
Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12752. Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12752. Shapiro, On the Licensing of Innovations, 16 Rand J. Shapiro, Shapiro, Shapiro, Shapiro, Shapiro, Shapiro, Shapiro,
93 93 93 93 93 93 93
Proc. Proc. Proc. Proc. Proc. Proc. Proc.
Natl. Natl. Natl. Natl. Natl. Natl. Natl.
Acad. Acad. Acad. Acad. Acad. Acad. Acad.
Sci. Sci. Sci. Sci. Sci. Sci. Sci.
USA USA USA USA USA USA USA
at at at at at at at
12752. 12752. 12753. 12753. 12753. 12753. 12753.
F. Ökonomische Folgen von Offenlegungsverweigerung
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Damit bestehen zahlreiche Konstellationen, in denen die positiven Effekte einer Lizenzverweigerung die aus dieser für die gegenwärtigen Verbraucher resultierenden negativen Effekte ausgleichen bzw. sogar überwiegen können.80 Zudem darf auch nicht übersehen werden, dass für die Unternehmen, denen eine Lizenz verweigert wird, Anreize bestehen, ihre Kostenstruktur falsch darzustellen, um die Notwendigkeit einer Lizenzierungspflicht zu begründen.81 Weiter kann es für diese Unternehmen in Betracht kommen, kartellrechtliche Vorwürfe anzudrohen oder zu erheben, um seine Verhandlungsposition zu stärken.82 Konkurrierende Unternehmen können Offenlegungsverweigerungen durch Anstrengungen in reverese engineering umgehen. Anders als bei Immaterialgüterrechten sind sie dabei nicht vorrangig durch rechtliche Regelungen eingeschränkt, sondern rein tatsächlich durch die Schwierigkeiten bei der Aufdeckung der geheimen Innovation. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass ein reverse engineering durch die erhebliche Komplexität eines Produkts – insbesondere bei relativ schnell aufeinanderfolgenden Produktveränderungen bzw. -verbesserungen – auch in erheblicher Weise erschwert sein kann und damit der Wettbewerb bzw. Weiterentwicklungen anderer Unternehmen eingeschränkt sein könnten.83 Nach erfolgreichem reverse engineering oder auch bei einer geringen Bedeutung der geheimen Innovation für das Tätigwerden auf dem relevanten Markt sind die beschriebenen negativen Auswirkungen einer Lizenzverweigerungen dann beseitigt oder nur geringfügiger Art. 2. Indirekte Effekte Grundsätzlich wird der Wettbewerb (und auch das Interesse der Verbraucher) langfristig gefördert, wenn einem Unternehmen gestattet wird, seine Entwicklungen ausschließlich für seine eigene Geschäftstätigkeit zu verwenden. Denn die Entwicklung kann gerade auch ökonomisch wertvoll sein, wenn diese zu einer Preissenkung oder einer Produktionssteigerung führt.84 Die Aussicht, anderen Unternehmen Zugang gewähren zu müssen, mindert die Anreize der Unternehmen, in Entwicklungen zu investieren. Zudem würden Konkurrenzunternehmen die Anreize genommen, eine ähnliche Entwicklungen anzustreben, 80
Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 3. Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12753. 82 Siehe dazu: Gual, Jordi / Hellwig, Martin / Perrot, Anne / Polo, Michele / Rey, Patrick / Schmidt, Klaus / Stenbacka, Rune, Report by the EAGCP: An economic approach to Article 82, p. 46 (July 2005). 83 Pamela Samuelson / Suzanne Scotchmer, 111 Yale L.J. at 1660–1662. 84 So zur essential facilities doctrine: Keith N. Hylton, Antitrust Law: Economic Theory and Common Law Evolution 209 (Cambridge University Press 2003). 81
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
wenn sie Zugang zu den Entwicklungen anderer Unternehmen begehren könnten. Der Wettbewerb würde durch die Zugangsgewährung damit zwar u. U. kurzfristig zunehmen, aber langfristig nachlassen.85 Auch hinsichtlich geheimer Innovationen würden diese Anreize vermindert, wenn ihrem Inhaber nur eine angemessene Vergütung für die Mitteilung der geheimen Innovation an andere Unternehmen zugebilligt würde. Bei geheimen Innovationen tritt dabei noch die Problematik hinzu, dass die Lizenzierung an andere Unternehmen nicht nur die Profite ihres Inhabers begrenzen können, sondern auch zu einem Verlust des Geheimnischarakters aufgrund einer (weiteren) Offenbarung durch die zu lizenzierenden Unternehmen führen kann. Die Möglichkeit, eine Lizenz zu verweigern, kann für einige Unternehmen eine profitable Vorgehensweise sein.86 Jede erlaubte Lizenzverweigerung gibt daher auch allen Unternehmen einen Anreiz in neue Entwicklungen zu investieren, da sie diesen verdeutlicht, dass bei Erfolg ihrer Entwicklungstätigkeit auch aus einer Lizenzverweigerung Profite gezogen werden können.87 Durch eine Lizenzverweigerung kann ein Unternehmen die Intensität des Wettbewerbs auf dem betroffenen Markt verringern. In der ökonomischen Literatur wird vielfach diskutiert, ob die Verringerung der Wettbewerbsintensität zu größeren oder geringeren Entwicklungsanstrengungen auf dem jeweiligen Markt führt und damit negative indirekte Effekte mit sich bringt.88 Teils wird argumentiert, dass ein dominantes Unternehmen vermehrt in Forschung und Entwicklung investiert, um den Marktzutritt potentieller Konkurrenten zu erschweren und zudem in der Lage ist, mehr Vorteile aus seinen Entwicklungen zu ziehen als ein starkem Wettbewerb ausgesetztes Unternehmen und damit mehr Anreize hat, in neuere Entwicklungen zu investieren.89 Studien zeigen aber andererseits, dass Unternehmen, die Wettbewerb ausgesetzt sind, größere Anstrengungen aufwenden müssen, um sich von anderen Unternehmen mittels
85 Dies auch feststellend: Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rs. Bronner, Tz. 57. 86 Rahnasto, Ilkka, Intellectual Property Rights, External Effects, and Antitrust Law, para. 4.80. 87 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 4. 88 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 4. 89 Schumpeter, Joseph A., Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, deutsche Übersetzung der englischsprachigen Originalausgabe Capitalism, Socialism and Democracy, Tübingen und Basel, 7. Aufl. 1993, S. 165 ff.; Thomas M. Jorde / David J. Teece, Antitrust, Innovation, and Competitiveness 5 (Oxford University Press 1992). Teils wird auch vorgetragen, dass ein Monopolist aufgrund seiner Finanzkraft bzw. der Möglichkeit der Ausnutzung von Skaleneffekten vermehrt in Forschung und Entwicklung investieren würde. Hohe Finanzkraft und Skaleneffekte sind jedoch nicht Folgen einer Monopolstellung, sondern Folgen von Unternehmensgröße, vgl. Jonathan B. Baker, Promoting Innovation Competition through the Aspen / Kodak Rule, 7 Geo. Mason L. Rev. 495, 510 n. 65 (1999).
F. Ökonomische Folgen von Offenlegungsverweigerung
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Innovationen abzusetzen.90 Zudem wird argumentiert, dass ein Monopolist auch kein Interesse daran habe, dass neu entwickelte Produkte zu Marktanteilsverlusten bei seinem bestehenden Produktangebot führen.91 Anreize für innovative Anstrengungen würde zudem schon durch die Aussicht auf Profite und nicht erst auf Monopolprofite gesetzt.92 Wieder andere Stimmen argumentieren, dass weder Monopol noch umfassender Wettbewerb die förderlichsten Bedingungen für Innovationen schaffen, sondern Marktstrukturen zwischen Monopol und umfassenden Wettbewerb.93 Diese verschiedenen Theorien sind jedoch nicht notwendigerweise inkonsistent. Denn sie können miteinander in Vereinbarung gebracht werden, wenn beachtet wird, dass ein Unternehmen die Vorteile aus Forschung und Entwicklung auch ohne eine bestehende Monopolstellung im Falle bestehenden Wettbewerbs ziehen kann, wie z. B. bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme wirksamen Immaterialgüterschutzes.94 Aufgrund des derzeitigen Forschungsstandes scheint es aber nicht möglich, abschließend zu beurteilen, ob eine Verminderung der Wettbewerbsintensität auf einem Markt auch zu einer Verminderung der Innovationstätigkeit führt. Zudem besteht die Gefahr, dass potentielle Lizenznehmer nicht in Forschung und Entwicklung investieren, sondern schlichtweg nur an den Profiten des die Lizenz verweigernden Unternehmens teilhaben.95 Eine neuere, viel beachtete Studie über die Entwicklung der beiden Hochtechnologiezentren in den USA, dem Silicon Valley und dem Gebiet um die Route 128 in Massachusetts, könnte aber zeigen, dass Unternehmenserfolg auch in erheblichem Maße darauf zurückzuführen ist, dass eine Weitergabe von Wissen und Informationen durch die Kultur der Unternehmen erleichtert wird. Die Unternehmen im Silicon Valley stehen einem Informationsaustausch mit anderen Unternehmen aus der Region positiv gegenüber und pflegen eine Kultur des Wettbewerbs, aber auch der Zusammenarbeit. In der Industrieregion um die Route 128 in Massachusetts besteht dagegen eine Unternehmenskultur, die eine Informationsweitergabe in erheblichem Maße einschränkt, da sich die Unternehmen als autarke Organisationen verstehen und erheblichen Wert auf die Ge90 Porter, Michael E., The Competitive Advantage of Nations, London, 1990, pp. 117–119, 578–581. 91 Kenneth J. Arrow, Economic Welfare and the Allocation of Resources for Invention 620–622. 92 Andrew I. Gavil, Exclusionary Distribution Strategies by Dominant Firms: Striking a Better Balance, 72 Antitrust L.J. 3, 43 (2004). 93 William J. Baumol / Janusz A. Ordover, Antitrust: Source of Dynamic and Static Inefficiencies? in Antitrust, Innovation, and Competitiveness 85 (Thomas M. Jorde / David J. Teece eds., Oxford University Press 1992). 94 Jonathan B. Baker, 7 Geo. Mason L. Rev. at 510. 95 Jonathan I. Gleklen, Per se Legality for Unilateral Refusals to License IP is Correct as a Matter of Law and Policy 6 n. 34 (Antitrust Source, July 2002).
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
heimhaltung der von ihnen gewonnenen Informationen und Kenntnisse legen.96 Es wurde aber auch argumentiert, dass die Unternehmenskultur nicht die entscheidende Rolle für die unterschiedlichen Entwicklungen der beiden Regionen spielen könnte, sondern dass diese ebenso darauf zurückzuführen sein könnten, dass in Kalifornien anders als in Massachusetts Wettbewerbsverbote ausscheidender Mitarbeiter nicht wirksam vereinbart werden könnten.97 Die Geheimhaltung einer Information kann jedoch mitunter am effektivsten durch Wettbewerbsverbote ausscheidender Mitarbeiter sichergestellt werden, da ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot leichter nachweisbar ist als ein Verstoß gegen Geheimhaltungsverpflichtungen.98 Diese Studie könnte daher ein Indiz dafür sein, dass Offenlegungsverweigerungen zu einem Innovationsrückgang auf dem betroffenen Industriesektor führen können. Zu beachten ist andererseits aber auch, dass es einen optimalen Grad für Innovationsgeschwindigkeit und -intensität gibt und damit die Anreize für Investitionen in neuere Entwicklungen auch das erforderliche Maß überschreiten können.99 Zudem können Monopolisten diese Anreize auch dazu ausnutzen, die Richtung neuer Entwicklungen zu beeinflussen. Sie könnten beispielsweise nur solche neue Innovationen hervorbringen, die nur ihre Marktmacht oder Monopolgewinne erhöhen, für die Verbraucher aber keine Vorteile mit sich bringen.100 In der ökonomischen Literatur wurde argumentiert, dass die genannten indirekten Effekte einer Lizenzverweigerung nur schwer quantifizierbar sind und die Wissenschaft daher derzeit nur mittels empirischer Studien die optimale Vorgehensweise bei der Behandlung von Lizenzverweigerungen untersuchen kann.101
96 AnnaLee Saxenian, Regional Advantage: Culture and Competition in Silicon Valley and Route 128 3, 161 (Harvard University Press 1994). 97 Ronald J. Gilson, The Legal Infrastructure of High Technology Industrial Districts: Silicon Valley, Route 128, and Covenants Not to Compete, 74 N.Y.U.L. Rev. 575, 602–613 (1999); William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 365. 98 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 365. 99 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 4 n. 5. Dazu allgemein: William F. Baxter, Legal Restrictions on Exploitation of the Patent Monopoly: An Economic Analysis, 76 Yale L.J. 267, 269 (1966); Fritz Machlup, An Economic Review of the Patent System 44–73. 100 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 4 n. 5. 101 Jeffrey K. MacKie-Mason, What to Do about Unilateral Refusals to Deal? 4.
G. Rechtfertigungsmöglichkeiten von Offenbarungspflichten
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G. Ökonomische Rechtfertigungsmöglichkeiten kartellrechtlicher Lizenzierungs- bzw. Offenbarungspflichten I. Verhinderung einer Monopolausdehnung 1. Traditionelle Auffassung zur Gefahr der Monopolausdehnung Die herkömmliche Auffassung über die Gefahr der Monopolausdehnung (monopoly leveraging) wurde von US-amerikanischen Gerichten im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Koppelungsgeschäften entwickelt. Dabei wurde argumentiert, dass ein Koppelungsgeschäft eine Methode sein könne, um die in einem Markt bestehende Dominanz zur Verhinderung von Verkäufen anderer Unternehmen in einem anderen Markt einzusetzen und damit im Ergebnis auch den anderen Markt zu monopolisieren.102 Im Falle eines Monopols für einen Ausgangs- bzw. Rohstoff soll ein vertikal integriertes Unternehmen einen ähnlichen Effekt auch durch eine Verweigerung der Belieferung der Konkurrenten auf nachgelagerten Märkten erzielen können.103 Denn es ergäben sich keine andere Folgen für den Wettbewerb bzw. die Verbraucher als bei Koppelungsgeschäften. Voraussetzung dafür ist aber, dass auf dem nachgelagerten Markt kein Konkurrenzprodukt angeboten wird, welches auch ohne den Ausgangs- bzw. Rohstoff des Monopolisten hergestellt werden kann. Es muss also zu einem Ausschluss des Wettbewerbs auf diesem Markt kommen können. Zu beachten ist dabei auch, dass eine Vielzahl von missbräuchlichen Verhaltensweisen schwer nachweisbar sind; dagegen ist eine Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerung aber ohne weiteres dokumentierbar. Dies bedeutet, dass hinter dem Vorwurf der missbräuchlichen Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerung gescheitere Missbrauchsversuche anderer Art verborgen sein können, für die jedoch keine Beweise vorhanden sind. Beachtenswert in diesem Zusammenhang ist daher, dass in vielen Kartellrechtsstreitigkeiten um Belieferungsweigerungen die Lieferverweigerung die Folge anderer Verstöße sein könnte, wie z. B. verbotener Preisabsprachen, Koppelungen, Preisbindungen, Vertikalbindungen oder Zusammenschlüssen.104
102 Vgl. z. B.: Motion Picture Patents Co. v. Universal Film Manufacturing Co., 243 U.S. 502, 518 (1917); Times-Picayune Publishing Co. v. United States, 345 U.S. 594, 611 (1953); Fortner Enterprises, Inc. v. United States Steel Corp., 394 U.S. 495, 508 (1969). Siehe dazu zusammenfassend: Louis Kaplow, Extension of Monopoly Power through Leveraging, 85 Colum. L. Rev. 515, 517 (1985). 103 Marina Lao, Unilateral Refusals to Sell or License Intellectual Property and the Antitrust Duty to Deal, 9 Cornell J.L. & Pub. Pol’y 193, 220 (1999). Siehe auch: Fleischer, Holger, Behinderungsmißbrauch durch Produktinnovation, S. 41–44. 104 Herbert Hovenkamp, Economics and Federal Antitrust Law 273 (West 1985).
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
2. Kritik durch die Chicago School a) One-monopoly-rent theory Diese Theorie wurde jedoch von den Anhängern der Chicago School in Zweifel gezogen.105 Eine Marktmacht- bzw. Monopolausdehnung sei für den Monopolisten bei komplementären Gütern nicht sinnvoll (one-monopoly-rent theory bzw. fixed sum argument).106 Denn die Marktgegenseite sei nur bereit, einen (Monopol-)Gesamtpreis für die Befriedigung des jeweiligen Bedürfnisses zusammen für das monopolisierte Gut und das Komplementärgut zu zahlen. Seinen Monopolgewinn könne das dominierende Unternehmen daher schon auf dem von ihm dominierten Markt erzielen. Die Monopolausdehnung auf einen benachbarten Markt könne denn Monopolgewinn nicht erhöhen, da die Marktgegenseite nicht bereit ist, mehr als den (Monopol-)Preis zu zahlen, der schon auf dem monopolisierten Markt abgeschöpft wurde.107 Das Monopolunternehmen habe kein Interesse daran, beispielsweise seinen jeweiligen Abnehmer auf einem nachgelagerten Markt zu beseitigen, wenn es schon bei diesem seinen gesamten Monopolgewinn abschöpfen könne.108 Diese Feststellungen wurden auch ausdrücklich für Monopole getroffen, die durch Patente gestützt werden.109 Im Fall nicht komplementärer Güter würde ähnliches gelten, falls auf dem Markt, auf den das Monopol ausgedehnt werden soll, Wettbewerb herrscht. Denn dann könnte der Monopolist nicht mehr als den Monopolpreis für das eine Gut und den Wettbewerbspreis für das andere Gut verlangen. Die Preiserhöhung bei dem bisher nicht monopolisierten Gut würde von der Marktgegenseite nur als zusätzlicher Aufwand für den Erwerb des monopolisierten Gutes angesehen.110
105 Vgl. z. B.: Ward S. Bowman, Jr., Tying Arrangements and the Leverage Problem, 67 Yale L.J. 19, 21 (1957); Robert H. Bork, The Antitrust Paradox: A Policy at War with Itself 372–375 (2d ed., The Free Press 1993); Richard A. Posner, Antitrust Law 198–199 (2d ed., The University of Chicago Press 2001). Skepsis besteht aber auch außerhalb der Chicago School, siehe z. B.: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3c2. 106 Richard A. Posner, Antitrust Law 198–199: „A [fatal] weakness of the leverage theory is its inability to explain why a firm with a monopoly of one product would want to monopolize complementary products as well.“ 107 Richard A. Posner, Antitrust Law 199. 108 Für ein Beispiel zu dieser Konstellation, vgl.: Dennis W. Carlton, A General Analysis of Exclusionary Conduct and Refusal to Deal – Why Aspen and Kodak are Misguided, 68 Antitrust L.J. 659, 666 (2001). 109 Ward S. Bowman, Jr., Patent and Antitrust Law 54–56; William M. Landes /Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 373. 110 Richard A. Posner, Antitrust Law 199.
G. Rechtfertigungsmöglichkeiten von Offenbarungspflichten
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b) Erleichterung von Preisdiskriminierungen als Grund für Geschäftsverweigerungen Der Grund für Koppelungsgeschäfte, Geschäftsverweigerungen oder auch die vertikale Integration eines Monopolisten sei nicht der Versuch der Monopolisierung eines weiteren Marktes, sondern diese dienten der Ermöglichung oder Erleichterung von Preisdifferenzierungen bzw. Preisdiskriminierungen.111 Mittels eines Koppelungsgeschäfts oder auch einer vertikalen Integration könnten effektiver die unterschiedlichen Gebrauchsmaße bzw. Nachfrageintensität der Abnehmer gemessen und befriedigt werden.112 Die Auswirkungen von Preisdiskriminierungen auf den Wettbewerb und den Wohlstand der Verbraucher werden in der ökonomischen Literatur aber als unklar bis positiv eingestuft.113 Denn eine Preisdiskriminierung kann eine Erhöhung des Warenausstoßes des Monopolisten ermöglichen, da dieser bei einer Preisdiskriminierung auch an Abnehmer verkaufen kann, die nicht bei einem statischen Monopolpreis kaufen würden.114 Bei einer perfekten Preisdiskriminierung könne daher eine Wettbewerbsbedingungen entsprechende Versorgung der Abnehmer bestehen. Da aber eine perfekte Preisdiskriminierung in der Praxis nicht durchführbar ist, kann es durch diese aber ein zu geringes bzw. großes Warenangebot im Vergleich zu dem bei bestehendem Wettbewerb geben.115 c) Weitere Gründe für Geschäftsverweigerungen Neben der Vornahme von Preisdifferenzierungen können auch noch andere wettbewerbsfördernde Gründe für Koppelungsgeschäfte, vertikale Integrierungen oder Geschäftsverweigerungen eines Monopolisten bestehen.116 Zu nennen sind dabei beispielsweise:
111 Ward S. Bowman, Jr., 67 Yale L.J. at 23–24; Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 666–667; Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12750–12751; William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 373. 112 Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 666–667. So z. B. auch außerhalb der Chicago School: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.2e. 113 Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 667. M. w. N.: Phillip E. Areeda / Herbert Hovenkamp, Antitrust Law vol. IIIA, P756b5. 114 Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12751; Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.2e. 115 Vgl. nur (m. w. N.): Richard A. Posner, Antitrust in the New Economy, 68 Antitrust L.J. 925, 932 n. 10 (2001). 116 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.2.
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
Hintergrund dafür kann die Erzielung von Skaleneffekten durch den Verkauf mehrerer Komponenten in einem Produkt sein.117 Ein weiterer Grund könnte auch darin bestehen, dass der Monopolist dadurch Einsparungen in seiner Geschäftstätigkeit erzielen kann.118 Zudem kann es auch um den Schutz des guten Rufes eines Unternehmens gehen.119 Insbesondere kann es dem Monopolisten auch darauf ankommen mittels Lieferverweigerungen die Qualität seiner Produkte zu sichern.120 Dies kann auch ein wesentlicher Grund für die Geheimhaltung von Schnittstellen sein, wenn das Unternehmen befürchtet, dass minderwertige Komplementärerzeugnisse entweder Auswirkungen auf sein Ansehen bei den Verbrauchern oder auch zu Qualitätseinbußen bei den von ihm hergestellten Erzeugnissen selbst herbeiführen könnten.121 Einer derartigen Befürchtung kann zwar meist auch durch weniger restriktive Verhaltensweisen – wie z. B. Vorschriften über die ordnungsgemäße Ausgestaltung komplementärer Erzeugnisse für ein reibungsloses Zusammenwirken der Erzeugnisse – Rechnung getragen werden.122 In einigen Konstellationen können derartige Vorschriften aber auch wenig praktikabel, schwer durchsetzbar oder ihre Einhaltung nicht überprüfbar sein. Dies mag auch insbesondere dann gelten, wenn die Vorgehensweise des Monopolisten dazu dient, den Verbrauchern ein eigenes weit differenziertes Produktsortiment anzubieten. Von besonderer Bedeutung für diese Untersuchung ist auch, dass der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses bestrebt sein kann, seine Produkte und Komplementärprodukte unter Ausschluss anderer Unternehmen zu produzieren und zu vertreiben, um sich nicht dadurch der Gefahr des Verlusts des Geschäftsgeheimnisses auszusetzen, dass Lizenznehmer dieses Dritten offenbaren oder dieses bei nur teilweiser Offenlegung mittels reverse engineering vollständig aufdecken.123 117 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.2f. 118 Herbert Hovenkamp, Economics and Federal Antitrust Law 291. 119 Severin Borenstein / Jeffrey K. MacKie-Mason / Janet S. Netz, Exercising Market Power in Proprietary Aftermarkets, 9 Journal of Economics and Management Strategy, 157, 185 (2000); Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.2a. 120 Richard J. Gilbert / Carl Shapiro, 93 Proc. Natl. Acad. Sci. USA at 12751; William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 374; Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.2b. 121 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3c1. 122 Ward S. Bowman, Jr., 67 Yale L.J. at 28. 123 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 374; Phillip E. Areeda / Herbert Hovenkamp, Antitrust Law vol. IX, P1716f; Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.2d.
G. Rechtfertigungsmöglichkeiten von Offenbarungspflichten
101
Dies kommt gerade auch dann in Betracht, wenn auch das Komplementärprodukt selbst auf Geschäftsgeheimnissen des Monopolisten beruht oder Rückschlüsse auf die Funktionsweise des anderen Erzeugnisses des Monopolisten ermöglicht.124 Diese Problematik wird noch dadurch verstärkt, dass der Lizenzierung eines Geheimnisses durch Informationsungleichgewichte und Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Werts eines Geheimnisses regelmäßig erhebliche Hindernisse entgegenstehen.125 Diese Gründe lassen sich im Ergebnis so zusammenfassen, dass es sich bei diesen nicht um eine Monopolausdehnung zur Erreichung eines weiteren Monopolprofits, sondern um die Maximierung des schon bestehenden Monopolprofits handelt.126 Würde man aber die Maximierung des Monopolgewinns sanktionieren, so müsste auch der Erwerb des Monopols selbst verboten sein.127 3. Kritik an der Auffassung der Chicago School Die neuere ökonomische Literatur kritisiert die Beurteilung durch die Chicago School dahingehend, dass diese polypolistische Wettbewerbsstrukturen auf dem potentiell zu monopolisierenden Markt unterstellt. Im Fall einer Oligopolstruktur auf diesem Markt sei eine Monopolisierung bzw. Verdrängung der Konkurrenz leichter möglich und mitunter auch sinnvoll.128 So kann der Transfer einer Monopolstellung beispielsweise sinnvoll sein, um eine Monopolstellung auf einem Markt zu erzielen, der durch höhere Marktzutrittsschranken oder andere Nachfragestruktur als der derzeit monopolisierte Markt gekennzeichnet ist.129 Dies gelte zumindest für nicht komplementäre Produktmärkte bzw. für Produktmärkte, die nur für einen Teil der Marktgegenseite komplementär zum Monopolmarkt sind. Ein Grund für eine Monopolausdehnung durch Geschäftsverweigerungen könne sich insbesondere in der Fallkonstellation ergeben, in der das von dem Monopolisten hergestellte Gut nur teilweise ein Komplementärbestandteil für das Endprodukt (oder das vom Verbraucher zu befriedigende Bedürfnis) ist, also in Fällen, in denen die Verbraucher für das Endprodukt auch dann Verwendung haben, wenn dieses nicht den ansonsten komplementären Bestandteil des Monopolisten enthält.130 Voraussetzung für den Erfolg einer Marktmachtausdeh124 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 373. 125 Siehe dazu 1. Kapitel: F.V. 126 Ward S. Bowman, Jr., Patent and Antitrust Law 54–56, 240. 127 Ward S. Bowman, Jr., 67 Yale L.J. at 24. 128 Louis Kaplow, 85 Colum. L. Rev. at 537–539; Michael D. Whinston, Tying, Foreclosure and Exclusion, 80 Am. Econ. Rev. 837–859 (1990). 129 Siehe zu diesen Beispielen: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3c2.
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
nung durch Geschäftsverweigerung in diesen Fällen sei jedoch, dass für das Endprodukt eine durch Skaleneffekte gekennzeichnete Kostenstruktur besteht. Denn nur dann könne der Monopolist dem anderen Unternehmen die für den Erfolg des Endprodukts notwendigen Absatzmenge entziehen und damit dessen Geschäftstätigkeit unrentabel gestalten.131 Ein Mittel zur Monopolausdehnung durch den Monopolisten soll dabei nach neueren Vorschlägen in der Wissenschaft auch die Einflussnahme auf die Kostenstruktur des auf dem anderen Markt tätigen Unternehmens sein.132 Entweder würden die Kosten des anderen Unternehmens erhöht oder diesem würden die für eine rentable Kostenstruktur notwendigen Absatzmengen entzogen. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass eine Geschäftsverweigerung auch bei bestehender (Preis-)Regulierung auf dem Markt des verweigerten (Zwischen-)Erzeugnisses Bedeutung erlangen kann, wenn diese durch die Ausdehnung auf den nachgelagerten Markt umgangen werden kann, wenn dieser Markt keiner Regulierung unterliegt.133 II. Verhinderung der Verteidigung einer Monopolstellung Den Anhängern der Chicago School wird von ihren Kritikern für den Fall von (vollständig) komplementären Gütern (bzw. vor- und nachgelagerten Märkten) zugegeben, dass eine Monopolisierung des anderen bzw. vor- oder nachgelagerten Marktes zwar nicht zur Abschöpfung eines weiteren Monopolgewinns sinnvoll sei. Die Ausdehnung sei aber zur Verteidigung der bestehenden Monopolstellung sinnvoll. In der Literatur wird diese Vorgehensweise teilweise als defensive leveraging bezeichnet.134 Einerseits kann es dem Monopolisten dabei darauf ankommen, durch die Monopolisierung eines weiteren Marktes Marktzutrittsschranken für den monopolisierten Markt zu errichten.135 Nach neueren Vorschlägen in der ökonomischen Literatur könnte ein Grund für eine Marktmachtausdehnung daher die Verhinderung der Konkurrenz durch ein (noch) „minderwertiges“ Konkurrenzprodukt (meist ein anderer Ausgangs130 Michael D. Whinston, 80 Am. Econ. Rev. at 854–855; Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 667–668. 131 Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 667–668. 132 Siehe dazu 4. Kapitel: C.III.2. 133 Vgl. dazu eingehend: Janusz A. Ordover / Alan O. Sykes / Robert D. Willig, Nonprice Anticompetitive Behavior by Dominant Firms toward the Producers of Complementary Products, in Antitrust and Regulation: Essays in Memory of John J. McGowan 115, 126 (Franklin M. Fisher ed., The MIT Press 1985). 134 Robin Cooper Feldman, Defensive Leveraging in Antitrust, 87 Geo. L.J. 2079, 2087 (1999). 135 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3c2.
G. Rechtfertigungsmöglichkeiten von Offenbarungspflichten
103
oder Rohstoff) sein, welches dem Preisspielraum des Monopolisten bestimmte Grenzen setzen könnte.136 Die Marktgegenseite sei zwar nur bereit einen bestimmten Gesamtpreis für ein monopolisiertes Erzeugnis und einen komplementären Komponenten zu zahlen, der im Regelfall nicht den Monopolpreis für das monopolisierte Erzeugnis überschreitet. Der Monopolist ist damit regelmäßig nicht interessiert, Unternehmen von dem anderen Markt zu verdrängen. Falls dem Monopolisten aber Konkurrenz durch einen „minderwertigen“ Ausgangsoder Rohstoff droht, kann es für ihn sinnvoll sein, auch den Markt des Komponenten zu monopolisieren.137 Denn dadurch kann er dem Konkurrenzunternehmen auf dem Ausgangs- bzw. Rohstoffmarkt die Profitgrundlage entziehen. Falls es dem Monopolisten gelingt auch den Markt des Komponenten zu monopolisieren, kann er dann nämlich ohne weiteres den Preis des „minderwertigen“ Ausgangs- bzw. Rohstoffes unterbieten und so dieses Unternehmen aus dem Markt verdrängen, da er seinen Monopolgewinn auf dem Markt des Komplementärerzeugnisses abschöpfen kann.138 Eine derartige Strategie ist umso effektiver, umso mehr der Ausgangs- bzw. Rohstoff dem „minderwertigen“ Konkurrenzangebot überlegen ist.139 Entscheidend ist dabei insbesondere auch, ob der Monopolist durch Design seines Erzeugnisses eine (erhöhte) Festlegung der Marktgegenseite auf das mit dem Komponenten ausgestatteten Endprodukt erreicht hat.140 Andererseits kann der Monopolist auch bestrebt sein, Hersteller von Komplementärerzeugnissen zu verdrängen, weil er diese aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten als die wahrscheinlichsten Konkurrenten auf dem Monopolmarkt einstuft.141 Dieses Bestreben wurde auch als ein möglicher Grund für die Geheimhaltung von Produktänderungen eines dominanten Unternehmens gegenüber Herstellern von Komplementärerzeugnissen ausgemacht.142 Die Monopolausdehnung könne daher nicht nur zur Verhinderung der Konkurrenz durch ein „minderwertiges“ Konkurrenzprodukt sinnvoll sein, sondern auch auf die Ver136 Michael D. Whinston, 80 Am. Econ. Rev. at 839–840, 852–853; Dennis W. Carlton / Michael Waldmann, The Strategic Use of Tying to Preserve and Create Market Power in Evolving Industries, 33 RAND J. Econ. 194–220 (2002); Severin Borenstein / Jeffrey K. MacKie-Mason / Janet S. Netz, 9 Journal of Economics and Management Strategy at 186–187. Angedeutet wurde diese Theorie auch schon von: William F. Baxter, 76 Yale L.J. at 301. 137 Michael D. Whinston, 80 Am. Econ. Rev. at 852. Ähnlich auch: Janusz A. Ordover / Alan O. Sykes / Robert D. Willig, Nonprice Anticompetitive Behavior by Dominant Firms toward the Producers of Complementary Products 118–119; Janusz A. Ordover / Robert D. Willig, An Economic Definition of Predation: Pricing and Product Innovation, 91 Yale L.J. 8, 38–41 (1981). 138 Michael D. Whinston, 80 Am. Econ. Rev. at 853. 139 Michael D. Whinston, 80 Am. Econ. Rev. at 840. 140 Michael D. Whinston, 80 Am. Econ. Rev. at 839. 141 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 12.3c2.
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
hinderung eines gerade erst entstehenden und den Markt des Monopolisten wahrscheinlich ersetzenden Produktmarktes hinzielen. Im Falle zeitlich nacheinander entstehender Märkte könnte es dann zu einer zeitlichen Ausdehnung eines Monopols kommen.143 III. Exzessive Entwicklungsanstrengungen wegen der Aussicht auf Preisdiskriminierung Von den Kritikern der Chicago School wurde zudem geltend gemacht, dass die Aussicht auf die Möglichkeit der Preisdiskriminierung auch zu exzessiven Anstrengungen des Monopolisten in die Entwicklung komplementärer Erzeugnisse zu seinem Haupterzeugnis führen kann.144 Dies ist eine Problematik, die auch für die Geheimhaltungsentscheidung von Schnittstellen für die Erzeugnisse eines Monopolisten erhebliche Bedeutung spielen könnte. IV. Keine Einschränkung von Innovationsanreizen bei fehlender innovativer Tätigkeit Die Wettbewerbswidrigkeit einer Offenlegungsverweigerung könnte nach einer Ansicht dann angenommen werden, wenn keine Einschränkung von Innovationsanreizen droht, weil die dominante Stellung beispielsweise auf staatlicher Einräumung, Skaleneffekten oder Netzwerkeffekten beruht.145 Marktzutrittsschranken und etwaige Umstellungskosten der Marktgegenseite könnten dabei darauf beruhen, dass das nunmehr dominante Unternehmen zuerst auf dem relevanten Markt tätig geworden ist. Das dominierende Unternehmen habe aber bei seinem Marktzugang etwaige Marktzugangsschranken nicht überwinden müssen, wenn sie damals nicht bestanden.146 Dabei wird jedoch u. U. übersehen, dass das nun dominierende Unternehmen dafür andere Kosten bei der Markteinführung gehabt haben könnte, wie z. B. Entwicklungs- und Marketingkosten. Auch kann es zum Zeitpunkt seiner Markteinführung in Wettbewerb zu konkurrierenden Erzeugnissen gestanden haben. Der fehlende Wettbewerb bei Markt142 Richard S. Markovits, On the Possibly-predatory Character of Nonsystemsrivalry Investments and Systems Rivaly: Definitional, Functional, and Legal Analyses, 50 Antitrust Bull. 1, 74 (2005). 143 Robin Cooper Feldman, 87 Geo. L.J. at 2087–2096; Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 668–671; Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 21.3b. 144 Janusz A. Ordover / Alan O. Sykes / Robert D. Willig, Nonprice Anticompetitive Behavior by Dominant Firms toward the Producers of Complementary Products 121. 145 Gual, Jordi / Hellwig, Martin / Perrot, Anne / Polo, Michele / Rey, Patrick / Schmidt, Klaus / Stenbacka, Rune, Report by the EAGCP: An economic approach to Article 82, p. 46. 146 Randal C. Picker, Copyright and the DMCA 4. 24, 35.
H. Wettbewerbspolitische Handlungsempfehlung
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eintritt (oder Marktschaffung) durch das nunmehr dominante Unternehmen und die nun bestehenden Marktzutrittsschranken können schließlich auch die Folge einer innovativen Anstrengung und der Vorteile der ersten Markteinführung eines neuen Erzeugnisses sein. Unabhängig davon, dass diese Auffassung eine aufwendige und durch Gerichte oder Behörden kaum zu leistende Prüfung des Vorliegens einer innovativen Leistung bedingt, können derartige Gründe aber auch die Folge in der Vergangenheit liegender, innovativer Anstrengungen sein. Es ist daher Vorsicht angebracht, innovative Leistungen eines Unternehmens vorschnell zu verneinen oder eine kartellrechtswidrige Lizenzverweigerung anzunehmen.
H. Wettbewerbspolitische Handlungsempfehlung Offenlegungsverweigerungen können wettbewerbsfördernde, teilweise aber auch wettbewerbswidrige Gründe bzw. Auswirkungen haben. Ihre ökonomische Beurteilung wird zudem dadurch erschwert, dass nicht nur statische, sondern auch dynamische Effekte hinsichtlich zukünftiger Innovationsentscheidungen berücksichtigt werden müssen. Eine für alle Konstellationen Geltung beanspruchende Handlungsempfehlung für die Beurteilung von Offenlegungsverweigerungen dominanter Unternehmen kann daher aufgrund der in dieser Untersuchung aufgezeigten Vielzahl von möglichen Auswirkungen einer derartigen Vorgehensweise nicht getroffen werden. Regelmäßig wird es daher auf die Prüfung der Umstände des Einzelfalles ankommen.147 In der Mehrzahl der Fälle werden auch wettbewerbsfördernde Gründe für eine Rechtmäßigkeit der Offenlegungsverweigerung sprechen. Auch muss besonderer Bedacht daraufgelegt werden, dass Anreize für Innovationstätigkeiten durch eine vorschnelle Annahme von Lizenzierungspflichten eingeschränkt werden.148 Andererseits darf auch nicht übersehen werden, dass in der neueren ökonomischen Literatur Modelle entwickelt wurden, die daraufhin deuten, dass Geschäftsverweigerungen sowohl eine Monopolausdehnung als auch die Verteidigung einer Monopolstellung fördern können. Eine Übertragung dieser Modelle in justiziable Maßstäbe erscheint aber aufgrund ihrer Komplexität und Einzelfallabhängigkeit noch schwierig.149 Eine mögliche Vorgehensweise könnte aber sein, in einem ersten 147 So auch für die Beurteilung von Standardwechsel eines dominanten Unternehmens: Fleischer, Holger, Behinderungsmißbrauch durch Produktinnovation, S. 110. 148 Vgl. Gual, Jordi / Hellwig, Martin / Perrot, Anne / Polo, Michele / Rey, Patrick / Schmidt, Klaus / Stenbacka, Rune, Report by the EAGCP: An economic approach to Article 82, p. 45: „If the bottleneck is mainly due to the investment and innovation efforts of the dominant firm, the returns of this investment should not be expropriated and the competition authority should not interfere even at the cost of a static inefficiency (a temporary monopoly).“ 149 Robin Cooper Feldman, 87 Geo. L.J. at 2086–2087.
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3. Kap.: Ökonomische Betrachtung
Schritt zu überprüfen, ob das Verbergen einer geheimen Innovation wettbewerbswidrige Auswirkungen hat. In einem zweiten Schritt könnte dann untersucht werden, ob keine Einschränkung von Innovationsanreizen droht.150 Abschließend wäre sodann das Vorliegen wettbewerbsfördernder Gründe zu untersuchen.
150 Ähnlich: Gual, Jordi / Hellwig, Martin / Perrot, Anne / Polo, Michele / Rey, Patrick / Schmidt, Klaus / Stenbacka, Rune, Report by the EAGCP: An economic approach to Article 82, p. 46.
4. Kapitel
Geschäftsverweigerungen, Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten und das Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht A. Allgemeines Die für die Beurteilung von Geschäfts- und Lizenzverweigerungen alleine handelnder Unternehmen einschlägige Vorschrift in den US-amerikanischen Kartellgesetzen (antitrust laws) auf Bundesebene ist Section 2 Sherman Act.1 Dieser verbietet die Monopolisierung (monopolization) sowie den Versuch der Monopolisierung (attempted monopolization). I. Der Tatbestand der Monopolisierung nach Section 2 Sherman Act Nach der Definition des Supreme Court of the United States (Supreme Court) ist eine Monopolisierung gegeben, wenn Monopolmacht (monopoly power) auf dem relevanten Markt vorliegt und diese anders als durch Wachstum oder Fortentwicklung als Folge eines überlegenen Erzeugnisses, Geschäftssinnes oder historischen Zufalls willentlich erworben oder aufrechterhalten wurde.2 Neben Monopolmacht ist folglich auch ein Verhalten (conduct) erforderlich.3 Über die weitere Bezeichnung dieses Verhaltens besteht Uneinigkeit, z. T. wird es als 1 In den einzelnen Bundesstaaten der USA existieren ebenfalls antitrust laws. Diese sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Section 2 Sherman Act lautet: „Every person who shall monopolize, or attempt to monopolize, or combine or conspire with any other person or persons, to monopolize any part of the trade or commerce among the several States, or with foreign nations, shall be deemed guilty of a felony, and, on conviction thereof, shall be punished by fine not exceeding $ 100,000,000 if a corporation, or, if any other person, $ 1,000,000, or by imprisonment not exceeding 10 years, or by both said punishments, in the discretion of the court.“ 15 U.S.C. § 2 (2000 ed., Supp. III). 2 Diese regelmäßig zitierte Definition wurde durch den Supreme Court verwendet in United States v. Grinnell Corp., 384 U.S. 563, 570–571 (1966). Sie lautet im Original: „The offense of monopoly under § 2 of the Sherman Act has two elements: (1) the possession of monopoly power in the relevant market and (2) the willful acquisition or maintenance of that power as distinguished from growth or development as a consequence of a superior product, business acumen, or historic accident.“ 3 Vgl. zuletzt: Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. 398, 407 (2004).
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
wettbewerbswidrig (anticompetitive), ausschließend (exclusionary) oder auch räuberisch (predatory) umschrieben. Bei der Ermittlung, ob Monopolmacht unrechtmäßig erworben oder aufrechterhalten wurde, haben sich zwei Hauptprobleme gestellt, über deren Lösung in der Vergangenheit zwar immer mehr Einigkeit erzielt wurde, trotz allem aber noch gewisse Unsicherheiten bestehen: Das erste Hauptproblem ist die Bestimmung der korrekten Methode zur Feststellung, ob ein Verhalten unrechtmäßig im Sinne von Section 2 Sherman Act ist. Das zweite Kernproblem ist die Frage, welche Bedeutung dem Vorsatz bei der Feststellung eines Verstoßes gegen Section 2 Sherman Act zukommt. 1. Methoden zur Bestimmung unrechtmäßiger Verhaltensweisen Schon früh wurde festgestellt und es besteht insoweit noch immer Einigkeit, dass vom Verbot der Monopolisierung des Section 2 Sherman Act auf jeden Fall gegen andere Vorschriften der Kartellgesetze verstoßende Verhaltensweisen erfasst werden, wenn durch sie Monopolmacht erworben oder aufrechterhalten wurde.4 Noch nicht abschließend geklärt ist dagegen, welche Beurteilungsmaßstäbe für die Feststellung, wann andere Verhaltensweisen unrechtmäßig im Sinne von Section 2 Sherman Act sind, angewendet werden sollten. Dabei geht es insbesondere darum, ob auch wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen Section 2 Sherman Act unterfallen können, wenn sie von einem Monopolisten ausgeübt werden. a) Wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen eines Monopolisten Basierend auf der von Judge Learned Hand verfassten Entscheidung im Fall United States v. Aluminum Co. of America wurde eine Zeit lang davon ausgegangen, dass auch wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen den Vorwurf einer verbotenen Monopolisierung begründen können, wenn sie von einem Monopolisten ausgeübt wurden.5 Der Vorwurf der Monopolisierung konnte nur dann entfallen, wenn die Monopolmacht dem Monopolisten gewissermaßen auferlegt (thrust upon) oder aufgrund überlegener Fähigkeiten, Anstrengungen und Planung (superior skill, industry and foresight) erworben worden war.6 Beispiele 4 Vgl.: Standard Oil Co. of New Jersey v. United States, 221 U.S. 1, 61 (1911). Vgl. auch United States v. Griffith, 334 U.S. 100, 106 (1948). 5 United States v. Aluminum Co. of America, 148 F.2d 416, 431 (2d Cir. 1945). Siehe auch die ausdrückliche Zustimmung des Supreme Court zu den Feststellungen von Judge Learned Hand in American Tobacco Co. v. United States, 328 U.S. 781, 813–814 (1946). 6 Vgl. United States v. Aluminum Co. of America, 148 F.2d at 429–430.
A. Allgemeines
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hierfür sind, dass der relevante Markt aufgrund seiner Größe nur die Tätigkeit von einem – oder einigen wenigen – Unternehmen erlaubt bzw. Skaleneffekte die Tätigkeit von einem – oder einigen wenigen – Unternehmen bedingen (sog. natürliche Monopolstellungen) oder weil die Monopolmacht durch einen Zufall wie z. B. das unbeeinflusste Ausscheiden eines Konkurrenten erworben wurde. Auch in anderen Entscheidungen wurde davon ausgegangen, dass wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen gegen Section 2 Sherman Act verstoßen, wenn durch sie Monopolmacht willentlich und zielgerichtet erworben oder aufrechterhalten wurde und diese nicht aufgrund überlegener Fähigkeiten oder Erzeugnisse erlangt wurde.7 Die Entscheidung von Judge Learned Hand in United States v. Aluminum Co. of America wurde zudem teilweise so interpretiert, dass der Nachweis von Monopolmacht eine Vermutung der Monopolisierung begründe, die der Monopolist nur durch den Nachweis, dass ihm die Monopolmacht auferlegt bzw. zugefallen worden ist, widerlegen kann.8 Diese zwei Annahmen wurden immer wieder dafür kritisiert, dass sie gerade zum Verbot wettbewerbsfördernder Verhaltensweisen führen könnten.9 Die Annahme einer aus der Monopolstellung folgenden Vermutung für eine Monopolisierung wird nunmehr auch in weiten Teilen abgelehnt.10 Die Annahme, dass auch wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen gegen Section 2 Sherman Act verstoßen können, wurde zudem deswegen angegriffen, dass sie die Abgrenzung rechtmäßiger von unrechtmäßigen Verhaltensweisen erschwere.11 In Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. bezeichnete der Supreme Court die Frage, ob nichtausschließende Verhaltensweisen Section 2 Sherman Act verletzen können, als hypothetisch.12 Und in seiner jüngsten Leitentscheidung zu Section 2 Sherman Act – Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP – forderte der Supreme Court ausdrücklich den Nachweis wettbewerbswidrigen Verhaltens.13 Es muss daher davon ausgegangen werden, dass
7 Vgl. z. B. United States v. United Shoe Machinery Corp., 110 F. Supp. 295, 342 (D. Mass. 1953), aff’d per curiam, 347 U.S. 521 (1954). 8 Vgl. z. B. United States v. Grinnell Corp., 236 F. Supp. 244, 248 (D.R.I. 1964). Vom Supreme Court wurde diese Fragestellung in diesem Fall später offengelassen: United States v. Grinnell Corp., 384 U.S. at 576 n. 7. 9 Vgl. z. B. Olympia Equipment Leasing Co. v. Western Union Telegraph Co., 797 F.2d 370, 375 (7th Cir. 1986). 10 Vgl. z. B. Lektro-Vend Corp. v. The Vendo Co., 660 F.2d 255, 273 n. 20 (7th Cir. 1981); Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 903 F.2d 612, 620 n. 9 (9th Cir. 1990); United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d 34, 58–59 (D.C. Cir. 2001). 11 Vgl. Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 274. 12 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. 585, 611 n. 44 (1985). 13 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 407.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen nur noch in ganz besonderen Ausnahmefällen auf ihre Vereinbarkeit mit Section 2 Sherman Act kontrolliert werden. b) Bestimmung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen Die Bestimmung, ob eine Verhaltensweise eine Monopolisierung im Sinne von Section 2 Sherman Act darstellt, ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Denn einerseits sind die Gerichte bestrebt, Monopolisten nicht von Wettbewerb zu anderen Unternehmen abzuhalten. Andererseits entwickeln Unternehmen fortwährend neue und bisher unbekannte Vorgehensweisen, die vordergründig wettbewerbsfördernd oder wettbewerbsneutral erscheinen, bei genauerer Betrachtung aber zu Einschränkungen des Wettbewerbs führen können. Eine Abgrenzung ist naturgemäß schwer. In Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. hat der Supreme Court festgestellt, dass eine Verhaltensweise nicht schon augrund ihrer Auswirkungen auf einen Konkurrenten als ausschließend eingestuft werden kann.14 Vielmehr müsste auch untersucht werden, ob sie auch Auswirkungen auf die Verbraucher hat und den Wettbewerb in einer nicht notwendigen Weise beeinträchtigt hat.15 Bis vor kurzem war umstritten, ob die Ausübung von Monopolmacht ohne weiteres – also ohne die Folge oder die Gefahr des Erhalts eines Monopols oder Begründung eines Monopols auf einem anderem Markt – gegen Section 2 Sherman Act verstoßen kann. Insbesondere der Court of Appeals for the Second Circuit war in der Entscheidung Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co. der Ansicht gewesen, dass die Ausübung von Monopolmacht zur Erzielung eines wettbewerblichen Vorteils auf einem anderen Markt ausreichen könne, um einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act zu begründen, selbst wenn dadurch keine Monopolisierung des anderen Marktes erfolgt ist.16 Der Supreme Court hat diese Auffassung jedoch jüngst in einem Obiter dictum ausdrücklich abgelehnt.17 Zur Bestimmung, ob ein Verhalten wettbewerbswidrig ist, wurden von den Gerichten verschiedene Beurteilungsmaßstäbe entwickelt. Da für die Beurteilung von Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen zwar auf diesen Beurteilungsmaßstäbe basierende, aber doch spezielle Maßstäbe entwickelt wurden, wird hier auf eine genauere Darstellung dieser allgemeinen Beurteilungsmöglichkeiten verzichtet. 14 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 605. Ähnlich auch: Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. 447, 458 (1993); Brooke Group Ltd. v. Brown & Williamson Tobacco Corp., 509 U.S. 209, 225 (1993). 15 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 605. 16 Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 275–277. 17 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 415 n. 4.
A. Allgemeines
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c) Rechtfertigung aufgrund wettbewerbsfördernder Effekte Neben dem Vorliegen einer Monopolstellung muss folglich nachgewiesen werden, dass das Verhalten des Monopolisten wettbewerbswidrig ist und insbesondere einen wettbewerbswidrigen Effekt hat.18 Der Monopolist kann sodann darlegen und nachweisen, dass eine Rechtfertigung wegen wettbewerbsfördernde Gründe für sein Verhalten besteht. Dies erfordert den Nachweis, dass das Verhalten wettbewerblicher Natur ist, also beispielweise größere Effizienzen oder Vorzüge für die Verbraucher schafft.19 Im Allgemeinen ist ein Verhalten sachlich gerechtfertigt, falls es sich indirekt oder direkt auf eine Steigerung der Verbraucherwohlfahrt bezieht.20 Ein derartiger Vortrag des Monopolisten kann dann aber zum einen dadurch widerlegt werden, indem bewiesen wird, dass die jeweilige Rechtfertigung nur vorgeschoben ist.21 Fraglich ist jedoch, ob es dafür ausreichend ist, dass der Monopolist bei Vornahme des Verhaltens nicht durch die im Rechtsstreit vorgetragene Rechtfertigung motiviert war.22 Zum anderen kann der Nachweis geführt werden, dass die wettbewerbswidrigen Auswirkungen die wettbewerbsfördernden Auswirkungen überwiegen.23 Dabei kommt es einzig auf die Gegenüberstellung der Auswirkungen der Verhaltensweise an. Spezifische Absichten des Monopolisten sind nur insofern von Bedeutung, als sie Aufschluss über die wahrscheinlichen Auswirkungen einer Verhaltensweise liefern können.24 2. Bedeutung des Vorsatzes Für die Feststellung, ob eine Verhaltensweise als Monopolisierung zu qualifizieren ist, wird immer noch davon ausgegangen, dass der Nachweis der spezifischen Absicht der Monopolisierung nicht zwingend erforderlich ist.25 Soweit es sich bei dem Monopolisten um einen der Regulierung unterliegenden Versorgungsbetrieb handelt, ist jedoch eine spezifische Monopolisierungsabsicht erfor-
18 United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d at 58–59. Allgemein auch: Brooke Group Ltd. v. Brown & Williamson Tobacco Corp., 509 U.S. at 225–226. 19 United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d at 59. 20 Vgl.: Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d 1147, 1183 (1st Cir. 1994). 21 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. 451, 484 (1992). 22 So umstrittenerweise: Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d 1195, 1219 (9th Cir. 1997). 23 United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d at 59. Ganz allgemein auch: Standard Oil Co. of New Jersey v. United States, 221 U.S. at 61–62. 24 United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d at 59. 25 Vgl. United States v. Aluminum Co. of America, 148 F.2d at 432 und in jüngerer Zeit z. B. auch Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 602.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
derlich, da die Regulierung den Verhaltensspielraum des Monopolisten einschränkt.26 Zudem ist noch immer umstritten, ob der Nachweis der (spezifischen) Absicht eines Monopolisten genügen kann, um die Wettbewerbswidrigkeit einer (ansonsten neutralen) Verhaltensweise zu belegen. Dies ist mit der Frage verbunden, ob auch wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen – eben bei Vorliegen einer entsprechenden Absicht – als Monopolisierung eingestuft werden können. Der Supreme Court hat jedoch festgestellt, dass der Nachweis (spezifischer) Absicht nur bei der Überprüfung, ob ein Verhalten richtigerweise als wettbewerbswidrig eingeordnet wurde, von Bedeutung sei.27 Trotzdem schließen einige Gerichte bei ambivalenten Verhaltensweisen aus dem Vorliegen einer (spezifischen) Absicht noch immer auf eine Monopolisierung.28 II. Der Tatbestand der versuchten Monopolisierung nach Section 2 Sherman Act Eine versuchte Monopolisierung erfordert den Nachweis (1) eines wettbewerbswidrigen Verhaltens, (2) der spezifischen Absicht, einen Markt zu monopolisieren und (3) der hohen Wahrscheinlichkeit der Erzielung von Monopolmacht.29 Anders als bei dem Tatbestand der Monopolisierung muss damit nachwiesen werden, dass das wettbewerbswidrige Verhalten in der Absicht begangen wurde, das verbotene Ziel zu erreichen.30 Der bloße Nachweis, dass das Verhalten beabsichtigt war, reicht nicht aus.31 III. Vergleich mit Art. 82 EG Section 2 Sherman Act statuiert folglich ein allgemeines Monopolisierungsverbot. Damit ähnelt die Vorschrift Art. 82 EG, der den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbietet, unterscheidet sich aber auch von dieser 26 Vgl. z. B. Almeda Mall, Inc. v. Houston Lighting & Power Co., 615 F.2d 343, 354 (5th Cir. 1980); City of Groton v. The Connecticut Light & Power Co., 662 F.2d 921, 931–32 (2d Cir. 1981); City of Mishawaka v. American Electric Power Co., Inc., 616 F.2d 976, 985 (7th Cir. 1980). 27 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 602. 28 Vgl. z. B. Great Western Directories, Inc. v. Southwestern Bell Telephone Co., 63 F.3d 1378, 1386–1387 (5th Cir. 1995). 29 Vgl. Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. at 456: „Consistent with our cases, it is generally required that to demonstrate attempted monopolization a plaintiff must prove (1) that the defendant has engaged in predatory or anticompetitive conduct with (2) a specific intent to monopolize and (3) a dangerous probability of achieving monopoly power.“ 30 Vgl. Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 602. 31 Vgl. United States v. Aluminum Co. of America, 148 F.2d at 432.
A. Allgemeines
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Vorschrift.32 Bei einer ganz vereinfachenden Betrachtung bedeutet dies, dass nach Art. 82 EG wettbewerbswidrige Verhaltensweisen eines allein handelnden Unternehmens nur verboten sind, wenn sie von einem bereits marktbeherrschenden Unternehmen vorgenommen werden, während die Erlangung einer marktbeherrschenden Stellung als solche erlaubt ist. Nach Section 2 Sherman Act ist dagegen jede wettbewerbswidrige Verhaltensweise verboten, die zur Entstehung oder zum Erhalt eines Monopols geführt hat oder dazu mit hoher Wahrscheinlichkeit führen kann. Das Ausnutzen der Monopolstellung ist dagegen erlaubt, außer wenn es zu einer verbotenen Monopolisierung oder zu der Gefahr einer Monopolisierung geführt hat. Eine Konsequenz aus diesem Unterschied besteht beispielsweise darin, dass aufgrund von Section 2 Sherman Act – anders als bei Art. 82 EG – keine Kontrolle der Angemessenheit der Höhe der Preise eines Monopolisten stattfinden kann.33 Es besteht jedoch auch eine gewisse Ähnlichkeit zwischen beiden Vorschriften. Beide Vorschriften fordern eine bestimmte Dominanz auf einem relevanten Markt, wenn auch teilweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Eine Ähnlichkeit besteht zudem darin, dass für die Erfüllung des Section 2 Sherman Act ebenfalls ein wettbewerbswidriges Verhalten (anticompetitive conduct) gefordert wird.34 Schließlich kommt auch die Sanktionierung von sog. Strukturmissbräuchen nach Art. 82 EG, bei denen keine konkrete Missbrauchshandlung erforderlich ist, sondern schon die Erstreckung der marktbeherrschenden Stellung auf einen Drittmarkt ausreichend ist, einem Monopolisierungsverbot sehr nahe.35 Voraussetzung für eine Sanktionierbarkeit ist dabei jedoch, dass bereits eine marktbeherrschende Stellung zum Zeitpunkt des Strukturmissbrauchs vorgelegen hat. Zu beachten ist jedoch, dass die der Auslegung und Anwendung der beiden Vorschriften zugrunde liegenden ökonomischen Anschauungen in ihrer Ausgangsposition voneinander abweichen.36 Der in der EU vorherrschende Ansatz 32
Siehe dazu und zum Folgenden: Phillip E. Areeda, Essential Facilities an Epithet in Need of Limiting Principles, 58 Antitrust L.J. 841, 846–847 (1990); Heinemann, Andreas, Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung: Eine grundlagenorientierte Untersuchung zum Kartellrecht des geistigen Eigentums, Tübingen, 2002, S. 87 Fn. 221 und Beckmerhagen, Axel, Die essential facilities doctrine im US-amerikanischen und europäischen Kartellrecht, Baden-Baden, 2002, zugleich Diss. Universität Konstanz, S. 32. 33 Siehe beispielsweise Phillip E. Areeda, 58 Antitrust L.J. at 847. So zum US-amerikanischen Recht auch kürzlich der Supreme Court ausdrücklich in Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 407. 34 Heinemann, Andreas, Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung, S. 101 Fn. 288. 35 Heinemann, Andreas, Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung, S. 101 Fn. 288 und S. 453. 36 Vgl. z. B.: Bloch, Robert E. / Kamann, Hans-Georg / Brown, Jay S. / Schmidt, Jens Peter, A Comparative Analysis of Art. 82 EC Treaty and Sec. 2 of the Sherman Act, ZWeR 2005, 325, 337.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
geht zumindest teilweise auf den ordo-liberalen Denkansatz der Freiburger Schule zurück.37 Danach soll durch Gesetzgebung und staatliche Aufsicht sichergestellt werden, dass Träger wirtschaftlicher Macht nur Verhalten vornehmen, „als ob vollständige Konkurrenz bestünde“ – ein Ansatz, der in der Praxis der EG-Kommission aber nur eine geringe Bedeutung erlangt hat.38 Jede Form des Behinderungswettbewerbs soll verhindert werden. Dazu käme auch eine Einführung von Kontrahierungszwang in Betracht, „um zu erreichen, was in der vollständigen Konkurrenz der Marktautomatismus bewirkt.“39 Hintergrund dafür ist, dass durch die Wettbewerbsordnung nicht nur die ökonomische Sachgesetzlichkeit durchgesetzt, sondern „gleichzeitig ein soziales und ethisches Ordnungswollen verwirklicht werden soll.“40 Der Wettbewerb ist daher nach diesem Denkansatz eine für sich selbst schützenswerte Institution, welche der Erhaltung bzw. Ermöglichung der Freiheit dient.41 Teilweise durch diesen Denkansatz geleitet differenzierten die EU-Gerichte zwischen Behinderungs- und Leistungswettbewerb. Die Prüfung durch die Gerichte tendierte daher zuweilen zu einer Feststellung formaler Gesichtspunkte. Die Gerichte waren auch scheinbar mehr darauf bedacht, Verhaltensweisen dominanter Unternehmen nicht zu nachsichtig zu behandeln.42
37 Vgl.: David J. Gerber, Law and Competition in Twentieth Century Europe: Protecting Prometheus 232–265 (Clarendon Press 1998); Vickers, John, Abuse of Market Power (Office of Fair Trading September 3, 2004); Siehe auch das Statement bei dem Roundtable des OECD Competition Committee zum Thema Competition on the Merits – DAF / COMP(2005)27 – von: Barry E. Hawk, Article 82 and Section 2 (December 22, 2005). 38 Eucken, Walter, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Tübingen, 2. Aufl. 1955, S. 295. Vgl. auch Böhm, Franz, Wettbewerb und Monopolkampf, Berlin, 1933, S. 75. Dieser differenziert zwischen „Leistungswettbewerb“ und „Monopolkampf“ als Unterfall des „Nichtleistungskampfes“, der bei Verhaltensweisen anzunehmen sei, die ohne entsprechende eigene Leistungsanstrengung auf die Schwächung eines Rivalen abzielen. 39 Eucken, Walter, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 296. 40 Eucken, Walter, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 370. Vgl. auch Böhm, Franz, Wettbewerb und Monopolkampf, S. 4, 75, 369. Dieser führt aus, dass im Wirtschaftsleben im Zustand der „Machtlosigkeit“ (bzw. Konkurrenz) Gewinn nur durch Fortschrittlichkeit erzielt werden könne. Der „Mächtigte“ könne dagegen im Wirtschaftsleben, wie auch im gesamten sozialen Leben, durch fortschrittshemmende Methoden Gewinn auf Kosten anderer erzielen. Dabei geht es aber nicht allein um die Teilhabe der Marktgegenseite an entstehenden Effizienzen, sondern um den ökonomischen und sozialen Gesamteffekt. 41 Eucken, Walter, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 175–179. 42 Vgl. z. B.: Bloch, Robert E. / Kamann, Hans-Georg / Brown, Jay S. / Schmidt, Jens Peter, ZWeR 2005, 325, 337. Siehe auch das Statement bei dem Roundtable des OECD Competition Committee zum Thema Competition on the Merits von: Barry E. Hawk, Article 82 and Section 2.
B. Monopolmacht
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Die sachliche Rechtfertigung der Erzielung von Effizienzen hatte daher auch eine geringere Bedeutung.43 Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Untersuchung ist zudem, dass sich die Freiburger Schule für eine Begrenzung der Verleihung staatlicher Monopole und insbesondere auch für eine Einschränkung von Patenten z. B. durch eine Kürzung der Schutzfrist und den Ausbau von Zwangslizenzen einsetzte.44 Die wirtschaftliche Bedeutung der Verhinderung des sog. free riding an den Leistungsergebnissen der sie schaffenden Unternehmen und der Anregung von Investitionen findet im europäischen Wettbewerbsrecht daher auch erst seit einiger Zeit mehr als begrenzte Berücksichtigung.45 In den USA wird dagegen das Bestehen von Wettbewerb weniger als Ziel für sich selbst gesehen, sondern als Mittel zur Erzielung wirtschaftlicher Effizienzen und als Mittel des Schutzes der Verbraucherwohlfahrt.46 Die US-amerikanischen Gerichte sind daher auch eher zurückhaltend, selbst dominante Unternehmen von aggressiven Wettbewerbsverhalten abzuhalten. In den USA herrscht die Sorge vor, dass durch eine vorschnelle Annahme einer Wettbewerbswidrigkeit effiziente Verhaltensweisen verhindert werden können.47 Die Prüfung ist daher wenig formal, sondern abwägend und umfassend, wobei ein Schwerpunkt auch auf der Untersuchung der Erzielung von Effizienzen als sachliche Rechtfertigung liegt.48
B. Monopolmacht I. Definition des Begriffes „Monopolmacht“ Monopolmacht liegt nach der Rechtsprechung des Supreme Court dann vor, wenn ein Unternehmen in der Lage ist, die Preise zu steuern oder die Konkurrenz auszuschließen.49 Dies erfordert, dass das Unternehmen eine Preiserhöhung 43 Vgl. z. B.: Bloch, Robert E. / Kamann, Hans-Georg / Brown, Jay S. / Schmidt, Jens Peter, ZWeR 2005, 325, 339. 44 Vgl. z. B. Eucken, Walter, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 269. 45 Dies feststellend: Valentine Korah, The Interface Between Intellectual Property and Antitrust: The European Experience, 69 Antitrust L.J. 801, 803 (2002). 46 Vgl. z. B.: Bloch, Robert E. / Kamann, Hans-Georg / Brown, Jay S. / Schmidt, Jens Peter, ZWeR 2005, 325, 331. 47 Siehe z. B.: Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 414. Siehe auch: United States v. AMR Corp., 335 F.3d 1109, 1114–1115 (10th Cir. 2003). In der Literatur wird diese Position ebenfalls vertreten von: Frank H. Easterbrook, The Limits of Antitrust, 63 Tex. L. Rev. 1, 15–16 (1984). Die Gegenmeinung vertritt dagegen: Oliver E. Williamson, Delimiting Antitrust, 76 Geo. L.J. 271, 289 (1987). 48 Siehe z. B.: United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d at 58–59. 49 Siehe z. B. den Wortlaut der Entscheidung des Supreme Court in United States v. E. I. du Pont de Nemours & Co., 351 U.S. 377, 391 (1956): „Monopoly power is the power to control prices or exclude competition.“
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
über das bei wirksamem Wettbewerb bestehende Preisniveau vornehmen kann, ohne dabei so viele Verkäufe einzubüßen, dass die Preiserhöhung unprofitabel wird und eingestellt werden muss.50 Die bei Section 2 Sherman Act erforderliche Monopolmacht ist dabei die extreme Form der sogenannten Marktmacht (market power).51 Marktmacht ist beispielsweise für das Bestehen einer illegalen Koppelungsabrede im Sinne des Section 1 Sherman Act nachzuweisen.52 Zudem wird sie als Element bei der im Rahmen von Section 1 Sherman Act teilweise durchzuführenden Abwägung der wettbewerbsfördernden und wettbewerbswidrigen Wirkungen einer Vereinbarung (rule of reason analysis) berücksichtigt bzw. sogar gefordert.53 II. Keine Vermutung von Monopolmacht bei Bestehen eines Immaterialgüterrechtes oder Geschäftsgeheimnisses In älteren Entscheidungen stellten US-Gerichte immer wieder fest, dass ein Patent ein Monopol gewähren würde.54 Diese Entscheidungen betrafen zwar keine Vorwürfe der Monopolisierung, sondern ergingen in Patentstreitigkeiten. Zum Teil wurde aber auch die bei Koppelungsabreden für einen Verstoß gegen Section 1 Sherman Act nachzuweisende Marktmacht bei Patentierung bzw. urheberrechtlichem Schutz für das koppelnde Erzeugnis vermutet.55 Unberück50 William M. Landes / Richard A. Posner, Market Power in Antitrust Cases, 94 Harv. L. Rev. 937 (1981). 51 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 481: „Monopoly power under § 2 [Sherman Act] requires, of course, something greater than market power under § 1 [Sherman Act].“ 52 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S., at 462. Section 1 Sherman Act lautet: „Every contract, combination in the form of trust or otherwise, or conspiracy, in restraint of trade or commerce among the several States, or with foreign nations, is hereby declared to be illegal. Every person who shall make any contract or engage in any combination or conspiracy hereby declared to be illegal shall be deemed guilty of a felony, and, on conviction thereof, shall be punished by fine not exceeding $ 100,000,000 if a corporation, or, if any other person, $ 1,000,000, or by imprisonment not exceeding 10 years, or by both said punishments, in the discretion of the court.“ 15 U.S.C. § 1 (2000 ed., Supp. III). 53 Zudem muss bei Schadensersatzklagen wegen illegaler Preisabsprachen der Kläger für seinen Schadensnachweis die Auswirkung der Preisabsprache auf die Preisbildung beweisen, damit muss er aber im Ergebnis auch das Bestehen von Marktmacht nachweisen, vgl. William M. Landes / Richard A. Posner, 94 Harv. L. Rev. at 937–938. 54 Siehe z. B.: Continental Paper Bag Co. v. Eastern Paper Bag Co., 210 U.S. 405, 423 (1908); Zenith Radio Corp. v. Hazeltine Research, Inc., 395 U.S. 100, 135 (1969). Siehe insbesondere den Wortlaut der Entscheidung in Crown Die & Tool Co. v. Nye Tool & Machine Works, 261 U.S. 24, 37 (1923): „A patent confers a monopoly.“ 55 Für urheberrechtlich geschützte Erzeugnisse: United States v. Loew’s Inc., 371 U.S. 38, 45 (1962). Für patentierte Erzeugnisse angedeutet in International Salt Co.,
B. Monopolmacht
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sichtigt blieb dabei aber die Bedeutung anderer Technologien, welche geeignet waren, die durch Patent- oder Urheberrecht geschützte Technologie zu substituieren.56 Die US-Kartellbehörden United States Department of Justice (DoJ) und Federal Trade Commission (FTC) und weite Teile der Rechtswissenschaft wenden sich gegen die Annahme, dass aufgrund des Bestehens eines Immaterialgüterrechtes das Bestehen von Marktmacht bei einem Koppelungsvorwurf zu vermuten sei.57 Der Supreme Court hat darüber hinaus zu Section 2 Sherman Act festgestellt, dass das Bestehen eines Patents die Marktabgrenzung nicht obsolet mache und keine Vermutung für das Bestehen von Monopolmacht liefere.58 Interessanterweise nahm aber ein Court of Appeals in einem Obiter dictum an, dass eine geheime Innovation zumindest genauso viel Monopolmacht wie ein Patent gebe: „This would be true even if [the inventor] had not tried to get a patent [. . .]. It still could, and as a rational profit-maximizer presumably would, have tried to license the invention as a trade secret; and a trade secret known only to, and licensed by, one firm may create as much monopoly power as a patent (more, even, if the secret can be kept for more than 17 years).“59
Von Bedeutung dabei ist, dass das Gericht diesen Vergleich zog, obwohl der Inhalt geheimer Innovationen bei selbständiger Erfindung durch ein anderes Unternehmen – anders als bei patentgeschützten Innovationen – frei von diesem genutzt werden kann.60 Zur Frage der Vermutung der Marktmacht bei Koppelungsgeschäften über patentgeschützte Erzeugnisse ist diese Streitfrage jedoch noch hoch aktuell, da
Inc. v. United States, 332 U.S. 392, 395–396 (1947) und ausdrücklich als Obiter Dictum in Jefferson Parish Hospital District No. 2 v. Hyde, 466 U.S. 2, 16 (1984): „[I]f the Government has granted the seller a patent or similar monopoly over a product, it is fair to presume that the inability to buy the product elsewhere gives the seller market power.“ 56 So schon als Obiter Dictum in einem der Sondervoten (concurring opinions) in Jefferson Parish Hospital District No. 2 v. Hyde, 466 U.S. at 37 n. 7 (1984) (O’Connor, J., Burger, C.J., Powell & Rehnquist, JJ., concurring): „[A] patent holder has no market power in any relevant sense if there are close substitutes for the patented product.“ 57 DoJ & FTC, Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property § 5.3 (1995), reprinted in 4 Trade Reg. Rep. (CCH) } 13,132. Aus der umfänglichen Kritik der Literatur an dieser Rechtsprechung siehe beispielsweise Richard A. Posner, Antitrust Law 197–198. 58 Walker Process Equipment, Inc. v. Food Machinery & Chemical Corp., 382 U.S. 172, 178 (1965). 59 Brunswick Corp. v. Riegel Textile Corp., 752 F.2d 261, 267 (7th Cir. 1984). 60 Vgl.: Richard S. Vermut, A Synthesis of the Intellectual Property and Antitrust Laws: A Look at Refusals to License Computer Software, 22 Colum.-VLA J.L. & Arts 27, 29 n. 17 (1997).
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
mehrere Courts of Appeals diese Vermutung in der Vergangenheit sowohl teilweise anwendeten als auch ablehnten. So hat zuletzt der Court of Appeals for the Federal Circuit in einer Entscheidung im Jahr 2005 festgestellt, dass die für das Bestehen einer gegen Section 1 Sherman Act verstoßenden Koppelungsabrede nachzuweisende Marktmacht bei einer Patentierung des koppelnden Erzeugnis vermutet wird.61 Dieses Gericht hatte zwar in einer früheren Entscheidung zu Section 2 Sherman Act selbst befunden, dass das Bestehen eines Patents allein keine Monopolmacht beweise.62 Es sah sich bei seiner Feststellung zu Section 1 Sherman Act aber aufgrund einer früheren Entscheidung des Supreme Court gebunden.63 Der Supreme Court hat die Fragestellung vor kurzem nun dergestalt beantwortet, dass auch bei Section 1 Sherman Act keine Vermutung für das Bestehen von Marktmacht selbst bei Vorliegen eines Patentes anzunehmen ist.64 Festzuhalten bleibt damit, dass bei der Prüfung von Section 2 Sherman Act aus dem Vorliegen eines Immaterialgüterrechts weder zwangsläufig auf das Bestehen von Markt- oder Monopolmacht geschlossen noch diese vermutet wird. Für geheime Innovationen gilt nichts anderes, wie in den Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property des DoJ und der FTC auch ausdrücklich für die Frage des Bestehens von Marktmacht festgestellt wird.65 Diese Feststellungen wurden (auch im Hinblick auf Geschäftsgeheimnisse) in der Entscheidung des Supreme Court zur Frage des Bestehens einer Vermutung im Rahmen von Section 1 Sherman Act explizit angesprochen.66 Zur Feststellung des Bestehens von Monopolmacht ist folglich bei Vorliegen einer geheimen Innovation – wie auch ganz generell – zu untersuchen, ob ihr Inhaber in der Lage ist, auf dem relevanten Markt die Preise zu steuern oder die Konkurrenz auszuschließen. Der relevante Markt ist dabei mittels einer Marktabgrenzung zu ermitteln.67 Für den Vorwurf der versuchten Monopolisierung muss ebenfalls der relevante Markt abgegrenzt werden. Für diesen Markt muss sodann festgestellt werden, ob der Inhaber der geheimen Innovation die
61 Independent Ink, Inc. v. Illinois Tool Works, Inc., 396 F.3d 1342, 1351 (Fed. Cir. 2005). 62 In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d 1322, 1325 (Fed. Cir. 2000), cert. denied, CSU, L.L.C. v. Xerox Corp., 531 U.S. 1143 (2001). 63 Independent Ink, Inc. v. Illinois Tool Works, Inc., 396 F.3d at 1351. 64 Siehe dazu die Entscheidung des Supreme Court vom 1. März 2006: Illinois Tool Works Inc. v. Independent Ink, Inc., 547 U.S.___ (2006). 65 DoJ & FTC, Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property § 2.2: „The Agencies will not presume that a patent, copyright, or trade secret necessarily confers market power upon its owner.“ 66 Illinois Tool Works Inc. v. Independent Ink, Inc., 547 U.S. at ___. 67 Siehe dazu allgemein z. B.: United States v. E. I. du Pont de Nemours & Co., 351 U.S. at 395.
B. Monopolmacht
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Fähigkeit hat, den Wettbewerb zu verringern oder zu zerstören.68 D.h. es ist zu untersuchen, ob er eine bestimmte Machtstellung auf diesem Markt inne hat.69 III. Sonderfall Sekundärmärkte (aftermarkets) Von besonderer Bedeutung für die Feststellung des Bestehens von Monopolmacht bei Immaterialgüterrechten und auch Geschäftsgeheimnissen ist die Entscheidung des Supreme Court im Fall Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., dass auch Sekundärmärkte (aftermarkets) relevante Märkte im Sinne von Section 2 Sherman Act sein können.70 Sekundarmärkte sind – ganz generell – alle Märkte für Produkte oder Dienstleistungen, die einem anderen Produkt dienen und zeitlich nach diesem benötigt werden.71 Der Supreme Court befand, dass der Hersteller von bestimmten Erzeugnissen über Monopolmacht für die Ersatzteile und die Reparatur der von ihm hergestellten Erzeugnissen verfügen könne, selbst wenn er keine Monopolmacht auf dem Markt des Erzeugnisses inne hat. Voraussetzung sei aber, dass die Abnehmer bei Erwerb des primären Erzeugnisses aufgrund von relativ hohen Informationskosten die spätere Preisgestaltung des Herstellers für den Sekundärmarkt nicht antizipieren oder die Abnehmer aufgrund von relativ hohen Systemwechselkosten nicht ohne weiteres das primäre Erzeugnis auswechseln können.72 Sekundärmärkte können daher nach dieser Entscheidung als relevante Märkte eingestuft werden, selbst wenn der Markt des primären Erzeugnisses des Herstellers Wettbewerb ausgesetzt ist. Die Entscheidung des Supreme Court hat mehrere hundert juristische Kommentierungen und eine große Anzahl von Rechtsstreitigkeiten hervorgerufen. Eine neuere Untersuchung der Behandlung von Streitigkeiten über Kartellverstößen auf Sekundärmärkten hat jedoch gezeigt, dass sowohl die Federal Court of Appeals als auch die Federal District Courts die durch den Supreme Court aufgestellten Grundsätze zu Sekundärmärkten auf die unterschiedlichsten Arten nur sehr eingeschränkt angewandt haben.73 Trotzdem haben diese Entscheidungen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung auch für die kartellrechtliche Beurteilung von Verhaltensweisen von Inhabern von Immaterialgüterrechten oder 68
Siehe dazu allgemein z. B.: Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S., at 456. Siehe dazu allgemein z. B.: Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S., at 459. 70 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 482. Eine rechtsvergleichende Untersuchung zur Frage von Monopolmacht auf Sekundärmärkten wurde vor kurzem vorgenommen von: Wendenburg, Albrecht, Marktmacht auf Sekundärmärkten, Köln, Berlin, München, 2004, zugleich Diss. Universität Göttingen. 71 Carl Shapiro, Aftermarkets and Consumer Welfare: Marking Sense of Kodak, 63 Antitrust L.J. 483, 486 (1995). 72 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 477. 73 David A.J. Goldfine / Kenneth M. Vorrasi, The Fall of the Kodak Aftermarket Doctrine: Dying a Slow Death in the Lower Courts, 72 Antitrust L.J. 209–231 (2004). 69
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Geschäftsgeheimnissen. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass etliche Entscheidungen zu Kartellverstößen auf Sekundärmärkten immaterialgüterrechtlich geschützte Erzeugnisse betrafen. Dieser Umstand hat letztendlich auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits zwischen Eastman Kodak Co. und Image Technical Services, Inc. Bedeutung erlangt.74
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen I. Allgemeines Der Begriff der Geschäftsverweigerung (refusal to deal) umschließt als Oberbegriff auch die Begriffe der Lizenzverweigerung (refusal to license) und der Verweigerung der Offenlegung von Geheimnissen. Bei beiden geht es darum, dass ein Unternehmen gegenüber einem anderen Unternehmen Geschäftsbeziehungen verweigert. Bei einer Lizenzverweigerung wird dabei die Erteilung einer Lizenz an einem Immaterialgüterrecht verweigert. Bei der Verweigerung der Offenlegung eines Geheimnisses liegt die Geschäftsverweigerung gerade in dieser. Geschäftsverweigerungen können sich aber auch ganz allgemein auf körperliche Gegenstände oder auch Dienstleistungen beziehen. Diese können selbst wiederum (teilweise) immaterialgüterrechtlich geschützt sein oder Geschäftsgeheimnisse enthalten oder auf der Verwendung von Geschäftsgeheimnissen beruhen. Grundsätzlich ist im US-amerikanischen Recht danach zu differenzieren, ob die Geschäftsverweigerung gegenüber einem anderen Unternehmen von zwei oder mehreren Unternehmen abgesprochen (concerted refusal to deal) oder die Geschäftsverweigerung von einem alleine handelnden Unternehmen vorgenommen wurde (unilateral refusal to deal). Auf Absprachen basierende Geschäftsverweigerungen sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Als Leitentscheidungen des Supreme Court zu diesem Themenbereich seien aber die Entscheidungen United States v. Terminal Railroad Association of St. Louis und Associated Press v. United States der Vollständigkeit halber genannt.75 Bei der folgenden Darstellung der Leitentscheidungen des Supreme Court zu Geschäftsverweigerungen alleine handelnder Unternehmen werden diese in zwei Kategorien eingeordnet. Zu Beginn werden die Leitentscheidungen zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen und im Weiteren dann die Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen dargestellt.
74 Als eine weitere Entscheidung sei beispielsweise nur genannt: In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d 1322. 75 United States v. Terminal Railroad Association of St. Louis, 244 U.S. 383 (1912); Associated Press v. United States, 326 U.S. 1 (1945).
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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II. Leitentscheidungen des Supreme Court 1. Abbruch bestehender Geschäftsbeziehungen a) United States v. Colgate & Co. Die Entscheidung des Supreme Court im Fall United States v. Colgate & Co. enthält die Grundannahmen für die kartellrechtliche Behandlung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen.76 Der Supreme Court hielt fest: „In the absence of any purpose to create or maintain a monopoly, the act does not restrict the long recognized right of trader or manufacturer engaged in an entirely private business, freely to exercise his own independent discretion as to parties with whom he will deal; and, of course, he may announce in advance the circumstances under which he will refuse to sell.“77
Die Entscheidung steht damit für zwei Grundannahmen. Einerseits besagt sie, dass es seit langem anerkannt ist, dass ein alleine handelndes Unternehmen grundsätzlich berechtigt ist, seine Kunden frei zu wählen. Eine Ausnahme dazu besteht andererseits jedoch dann, wenn die Weigerung zur Erlangung oder Aufrechterhaltung einer Monopolstellung eingesetzt wurde. Obwohl diese Entscheidung des Supreme Court stets als erste Leitentscheidung für die kartellrechtliche Behandlung von Geschäftsverweigerungen zitiert wird, darf nicht übersehen werden, dass der Fall keinen Vorwurf der Monopolisierung betraf.78 Die Anklageschrift enthielt keinen Hinweis auf eine angebliche Monopolisierung.79 Vielmehr ging es nur darum, dass ein Hersteller gegenüber den Händlern Preise empfohlen und dabei angekündigt hatte, dass er bei Nichteinhaltung dieser Preise den jeweiligen Händler in Zukunft nicht mehr beliefern werde.80 b) Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co. In Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co. entschied der Supreme Court, dass die Motivation eines Unternehmens, mittels des Abbruchs einer einem anderen Unternehmen besondere Vorteile einräumenden Geschäftsbeziehung eine Monopolstellung zu erlangen, den Vorwurf einer Monopolisierung begründen kann.81 Das Unternehmen hatte Hersteller und Händler 76
United States v. Colgate & Co., 250 U.S. 300 (1919). United States v. Colgate & Co., 250 U.S. at 307. 78 Siehe dazu: Kenneth L. Glazer / Abbott B. Lipsky, Jr. Unilateral Refusals to Deal under Section 2 of the Sherman Act, 63 Antitrust L.J. 749, 751 (1995). 79 United States v. Colgate & Co., 250 U.S. at 302. 80 United States v. Colgate & Co., 250 U.S. at 306–307. 81 Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co., 273 U.S. 359, 375 (1927). 77
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
für Fotomaterialen aufgekauft und weigerte sich später einem noch unabhängigen Händler, Fotomaterialen zu Großhandelspreisen zu verkaufen.82 Der Vortrag des Unternehmens, die Geschäftsbeziehung abgebrochen zu haben, weil das andere Unternehmen Erzeugnisse eines dritten Unternehmens unter einem Vorzugsvertrag vertrieben hatte, wurde nicht zugelassen. Denn der Monopolist konnte nicht nachweisen, dass er zum Zeitpunkt des Abbruchs der Geschäftsbeziehung von diesem Vorzugsvertrag Kenntnis gehabt hatte.83 Entscheidend scheint aber für den Supreme Court gewesen zu sein, dass die Geschäftsverweigerung gegenüber dem unabhängigen Händler Teil einer größeren Verdrängungsstrategie sowohl auf Hersteller- als auch Händlerebene gewesen war.84 c) Lorain Journal Co. v. United States In dem Fall Lorain Journal Co. v. United States wurde einem Zeitungsunternehmen mit einer Monopolstellung auf einem lokalen Markt vorgeworfen, eine versuchte Monopolisierung vorgenommen zu haben, indem sie Anzeigen von Werbekunden, die nun auch bei einem konkurrierenden Radiosender inserierten, nicht mehr annahm.85 Der Supreme Court bekräftigte seine Feststellung aus United States v. Colgate & Co., dass jedes Unternehmen das Recht habe, seine Kunden frei auszuwählen.86 Dieses Recht sei aber, wie die meisten Rechte, nicht absolut oder uneingeschränkt.87 Das Recht dürfe nicht als Mittel zum Versuch der Monopolisierung eines Marktes eingesetzt werden. Dies sei jedoch der Fall, wenn ein Monopolist seine Monopolmacht einsetzt, um ihn bedrohende Konkurrenz zu vernichten.88 d) Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. Unter den neueren Entscheidungen des Supreme Court zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen ist der Fall Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. grundlegend.89 Der Inhaber von drei der vier Skigebiete in Aspen, Colorado hatte seine Beteiligung an dem Angebot eines in jedem der vier Skigebiete
82
Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co., 273 U.S. at
368. 83
Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co., 273 U.S. at
375. 84
Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co., 273 U.S. at
375. 85 86 87 88 89
Lorain Journal Co. v. United States, 342 U.S. 143, 149–150 (1951). Lorain Journal Co. v. United States, 342 U.S. at 155. Lorain Journal Co. v. United States, 342 U.S. at 155. Lorain Journal Co. v. United States, 342 U.S. at 154. Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. 585.
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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gültigen Sechstagestickets mit dem Inhaber des vierten Skigebietes eingestellt, nachdem dieser auf für ihn inakzeptable Vorschläge über die Verteilung der Einnahmen nicht eingegangen war.90 Später weigerte sich der Inhaber der drei Skigebiete u. a. Tickets zum eigenen Verkaufspreis an den Inhaber des vierten Skigebiets zu verkaufen.91 Der Supreme Court stellte weder allein auf die Motivation (bzw. Absicht) des Inhabers der drei Skigebiete ab noch wendete er die sog. essential facilities doctrine an.92 Vielmehr ging er von der Prämisse aus, dass auch ein Unternehmen mit Monopolmacht im Allgemeinen keine Verpflichtung hat, mit einem Konkurrenten ein gemeinsames Marketingprogramm durchzuführen.93 Eine der zentralen Aussagen des Sherman Act sei es, dass ein Unternehmen durch Wettbewerb mit anderen Unternehmen und gerade nicht durch Absprachen mit diesen wirtschaftlichen Erfolg suchen muss.94 Sich auf die Entscheidung im Fall Lorain Journal Co. v. United States stützend, war für den Supreme Court aber von mitentscheidender Bedeutung, dass eine wichtige Änderung an dem Absatzmodell der vier Skigebiete vorgenommen worden war, welches in einem wettbewerblichen Umfeld entstanden war und für mehrere Jahre bestanden hatte.95 Zwar akzeptierte der Supreme Court die Argumentation, dass auch die Änderung eines Absatzmodells nicht notwendigerweise wettbewerbswidrig sein muss.96 Die Änderung sei aber dann wettbewerbswidrig, wenn sie Auswirkungen auf die Verbraucher und den Wettbewerb in einer nicht notwendigen Weise beeinträchtigt hat.97 Nicht ausreichend, aber doch von Bedeutung sei, ob und inwieweit die Änderung des Absatzmodels Auswirkungen auf einen Konkurrenten hat.98 Mitentscheidend sei zudem, ob legitime wirtschaftliche Gründe für die Geschäftsverweigerung existierten.99 Dies sah der Supreme Court nicht als gegeben an, da ein Bedarf der Verbraucher an dem über mehrere Jahre angebotenen Ticket bestanden habe, die Wettbewerbsfähigkeit des anderen Skigebiets eingeschränkt worden sei und keine wirtschaftlichen Gründe für Änderung des Absatzmodells gegeben waren.100 In einer späteren Entscheidung interpretierte der Supreme Court seine Entscheidung dahingehend, dass die einseitige Beendigung einer freiwilligen und 90
Vgl. Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 592. Vgl. Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 593. 92 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 611 note 44. 93 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 600. 94 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 600, citing United States v. Citizens & Southern National Bank, 422 U.S. 86, 116 (1975). 95 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 604. 96 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 604. 97 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 605. 98 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 605. 99 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 605. 100 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 605–610. 91
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
damit vermutlich profitablen Zusammenarbeit daraufhin gedeutet habe, dass kurzfristig realisierbare Gewinne aufgegeben wurden, um ein wettbewerbswidriges Ziel zu erreichen. Ähnliches sei auch aus der Weigerung des Inhabers der drei Skigebiete, Tickets selbst zum eigenen Verkaufspreis an den Inhaber des vierten Skigebiets zu verkaufen, zu entnehmen gewesen.101 e) Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc. In Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc. ging der Supreme Court nur sehr oberflächlich auf die Frage ein, ob der Abbruch der Geschäftsbeziehung durch den Hersteller eines Erzeugnisses gegenüber einem Konkurrenten, der auf dem Markt für die Wartung der Erzeugnisse des Herstellers tätig war, eine Monopolisierung dieses Marktes darstellen kann.102 Zwar habe ein Unternehmen ein generelles Recht, Geschäfte mit seinen Konkurrenten zu verweigern.103 Die Geschäftsverweigerung eines Herstellers von Ersatzteilen für ein von ihm hergestelltes Erzeugnis könne jedoch gegen Section 2 Sherman Act verstoßen, wenn sie zu einer Monopolisierung des Marktes für die Wartung der Erzeugnisse führt.104 f) Zusammenfassung Die dargestellten Entscheidungen betrafen stets den Abbruch bestehender Geschäftsbeziehungen. Der Fall Lorain Journal Co. v. United States ist dabei als Spezialfall einzuordnen. Denn in diesem Fall wurde der Abbruch einer Geschäftsbeziehung gegenüber eigenen Kunden dazu verwendet, diese von Geschäftsbeziehungen zu einem dritten Unternehmen abzuhalten. In seiner späteren Entscheidungen scheint der Supreme Court davon abgerückt zu sein, einzig aus der Motivation oder des Absicht des Monopolisten bei einer Geschäftsverweigerung auf eine Monopolisierung zu schließen. Die dargestellten Fälle sind durch die Gemeinsamkeit gekennzeichnet, dass bisherige Vertragsbedingungen bestanden. Der Supreme Court konnte daher eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen anordnen, ohne sich mit der Ausgestaltung derer Bedingungen auseinandersetzen zu müssen. Problematischer ist dies dagegen, wenn – wie in den
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Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at
409. 102
Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 483. Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 483 n. 32. 104 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 483. Siehe dazu auch die durch den Court of Appeals for the Ninth Circuit im späteren Verlauf des Rechtsstreits vorgenommene Interpretation der Ausführungen des Supreme Court: Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1208. 103
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
125
im Folgenden zu besprechenden Konstellationen – schon die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung verweigert wird. 2. Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen a) Otter Tail Power Co. v. United States aa) Die Entscheidung des Supreme Court Die Entscheidung des Supreme Court in dem Fall Otter Tail Power Co. v. United States betraf erstmals die Frage, ob eine Monopolisierung vorliegt, wenn ein Monopolist die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit Konkurrenzunternehmen verweigert, um diese dadurch von ihrer Konkurrenztätigkeit auf einem (vertikal) nachgelagerten Markt abzuhalten.105 Ein Stromversorgungsunternehmen hatte eine Monopolstellung für die überörtliche Übertragung von Elektrizität inne und war gleichzeitig örtlicher Stromversorger in der Mehrzahl der Städte innerhalb seines überörtlichen Stromnetzes. Nachdem in einigen Städten die Verträge mit dem Stromversorgungsunternehmen über die kommunale Stromversorgung nicht verlängert und eigene kommunale Stromversorger gegründet wurden, weigerte sich der Monopolist, diesen Elektrizität zu Großhandelspreisen zu verkaufen oder für diese anderswo erworbene Elektrizität zu übertragen.106 Der Supreme Court sah in der Geschäftsverweigerung eine Ausschaltung der Konkurrenten und eine gegen Section 2 Sherman Act verstoßende Monopolisierung.107 Der Supreme Court merkte dabei auch an, dass keine technischen Hindernisse den Monopolisten von der Gewährung der nachgefragten Leistungen abgehalten hätten.108 Den Einwand der Selbstschädigung bei der Belieferung von Konkurrenten hielt der Supreme Court für nicht beachtlich.109 bb) Rückschlüsse aus der Entscheidung Anzumerken ist vorrangig, dass der Supreme Court in der Lage war, die Eingehung von Geschäftsbeziehungen anzuordnen, ohne deren Durchführung überwachen zu müssen, da bereits eine staatliche Behörde zur Regulierung der Geschäftsbeziehungen zwischen überörtlichen und örtlichen Stromversorgern bestand.110
105 106 107 108 109 110
Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. 366, 377 (1973). Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 371. Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 377. Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 378. Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 380. Vgl. Phillip E. Areeda, 58 Antitrust L.J. at 848.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Bei der Entscheidung des Supreme Court könnte eine Rolle gespielt haben, dass der monopolisierte Markt durch staatliche Behörden reguliert war, während der nachgelagerte Markt nicht oder einer geringeren Regulierung unterlag. In der Entscheidung des Supreme Court finden sich einige Anhaltspunkte für eine derartige Sachlage. Die überörtliche Übertragung von Elektrizität unterlag der Regulierung durch eine staatliche Behörde. Diese konnte zwar nicht ohne weiteres, aber doch in bestimmten Konstellationen, sogar eine angemessene Vergütung für die Übertragung von Elektrizität festsetzen.111 Zudem erzielte der monopolistische Stromversorger etwa 90 % seiner Einnahmen allein durch die örtliche Stromversorgung.112 Durch das Auftreten der neu gegründeten örtlichen Stromversorger fürchtete er daher auch eine erhebliche Verschlechterung seines unternehmerischen Erfolgs.113 Dies deutet darauf hin, dass der monopolistische Stromversorger beschränkt gewesen sein könnte, Monopolpreise für die Übertragung von Elektrizität bei den neuen regionalen Stromversorgern abzuschöpfen. Der Versuch der Aufrechterhaltung des Monopols auf dem nachgelagerten Marktes könnte daher zur Umgehung der Regulierung eingesetzt worden sein. Bei auf Immaterialgüterrechten oder Geheimnissen beruhenden Monopolstellungen wird regelmäßig keine staatliche Regulierung gegeben sein. Die Übertragung der Aussagen dieser Entscheidung auf diese Fallkonstellationen erscheint daher kaum möglich. b) Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP Die neueste Entscheidung des Supreme Court zu Geschäftsverweigerungen eines Monopolisten ist Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP.114 Diese Entscheidung betraf erstmals die kartellrechtliche Behandlung einer Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen durch ein Unternehmen, welches die begehrte Leistung vorher noch keinem anderen Unternehmen gegenüber erbracht hatte. Der Inhaber des lokalen Telefonnetzes in New York City, Verizon Communications, hatte nach Streitigkeiten über seine Verpflichtungen aufgrund von speziellen Regulierungsvorschriften mit einem anderen Telekommunikationsunter111 Vgl. die Ausführungen im Minderheitsvotum (dissenting opinion) zu der Ausgestaltung der Regulierung in diesem Fall: Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 390 n. 7 (Stewart, J. / Burger, C.J. / Rehnquist, J., concurring in part and dissenting in part). 112 Vgl dazu das Minderheitsvotum in Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 387 (Stewart, J. / Burger, C.J. / Rehnquist, J., concurring in part and dissenting in part). 113 Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 380. 114 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 407–416.
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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nehmen (AT&T) einen Vergleich geschlossen. Dieser sah vor, dass Verizon Communications bestimmte Telefondienstleistungen gegenüber AT&T erbringt, die AT&T sodann an Endkunden weiterverkaufen kann. Kurz nach Eingehung des Vergleichs beschwerte sich AT&T, dass Verizon Communications Aufträge seiner Kunden verloren oder verspätet behandelt habe. Kunden von AT&T erhoben Klage gegen Verizon Communications und begehrten Schadensersatz, da Verizon Communications ihre Aufträge diskriminierend im Vergleich zu seinen eigenen Kunden behandelt habe.115 Der Supreme Court begann mit einer Übersicht über die Schwierigkeiten und Probleme, die sich aus einer erzwungenen Teilhabe eines Unternehmens an den Einrichtungen eines anderen Unternehmens ergeben können. Eine erzwungene Teilhabe könne die Anreize des Inhabers, darüber hinaus aber auch die Anreize der die Teilhabe begehrenden Unternehmen, ökonomisch wertvolle Einrichtungen zu errichten, vermindern.116 Erzwungene Teilhaben würden die Gerichte dazu zwingen, den korrekten Preis, Menge und andere Bedingungen eines Geschäfts festzustellen. Dies sei aber eine Aufgabe, für die sie nur sehr schlecht geeignet seien.117 Die zwangsweise Begründung einer Verhandlungssituation könne zudem zu einer Abstimmung der beteiligten Unternehmen auch über andere Umstände führen. Dies sei aber eines der wesentlichen Übel, welche der Sherman Act verhindern soll.118 Aus diesen Gründen sei der Supreme Court bisher vorsichtig gewesen, Ausnahmen zu dem generellen Recht, Geschäfte mit anderen Unternehmen verweigern zu dürfen, anzuerkennen.119 Im Folgenden legte der Supreme Court dar, dass das Verhalten von Verizon Communications nicht mit dem in Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. beanstandeten Abbruch der Zusammenarbeit mit einem Konkurrenten vergleichbar sei. Da Verizon Communications nur aufgrund regulatorischer Vorschriften zu dem Vergleich mit AT&T bereit gewesen war, bestehe kein früheres Verhalten, aus dem auf die Gründe für das Verhalten von Verizon Communications geschlossen werden können.120 Entscheidend für den Supreme Court war auch, dass Verizon Communications die angeblich verweigerte Leistung bisher noch nie angeboten hatte und jetzt nur aufgrund der regulatorischen Vorschriften anbieten musste. 115 Vgl. Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 402–405. 116 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 407–408. 117 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 408. 118 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 408. 119 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 408. 120 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 409.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Die Leistungen hätten bisher nur im Innersten von Verizon Communications bestanden und könnten nunmehr nur aufgrund beachtlicher Aufwendungen anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.121 Ein Anwendungsfall der essential facilities doctrine, welche der Supreme Court auch in dieser Entscheidung weder anzuerkennen noch zu verwerfen beabsichtigte, war ebenfalls nicht gegeben, da Verizon Communications die Leistung bereits aufgrund der regulatorischen Vorschriften anzubieten hatte. Derartige Vorschriften würden die Anwendung der essential facilities doctrine ausschließen, wenn sie den zwangsweisen Zugang und seine Bedingungen vorsehen.122 Auch ganz grundsätzlich würde die Beurteilung einer Geschäftsverweigerung nach Section 2 Sherman Act weniger Vorteile für den Wettbewerb bringen, wenn schon regulatorische Vorschriften zur Behandlung dieser Problematik bestehen.123 c) Zusammenfassung Die bisher vom Supreme Court entschiedenen Fälle zu der Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen betrafen nur außergewöhnliche Konstellationen. Dessen Feststellungen können daher auch nur sehr begrenzt verallgemeinert werden. Der Supreme Court scheint der Annahme einer kartellrechtlichen Haftung aufgrund Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen kritisch gegenüber zu stehen. Noch distanzierter beurteilt der Supreme Court die Verweigerung von Leistungen, die bisher noch keinem anderen Unternehmen gegenüber erbracht wurden. Offen bleibt bei der Entscheidung des Supreme Court im Fall Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP aber, ob und inwieweit die essential facilities doctrine anwendbar ist, wenn keine regulatorischen Vorschriften bestehen und gerade auch kein Abbruch der vorherigen Zusammenarbeit im Sinne von Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. gegeben ist.
121 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 410: „The [services allegedly withheld] exist only deep within the bowels of Verizon; they are brought out on compulsion of the [Telecommunications Act of 1996] and offered not to consumers but to rivals, and at considerable expense and effort. New systems must be designed and implemented simply to make that access possible [. . .].“ 122 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 411. 123 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 412.
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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III. Tests Die Instanzgerichte und die Literatur haben versucht, die Entscheidungen des Supreme Court mittels der Entwicklung von kartellrechtlichen Beurteilungsmaßstäben (tests) für Geschäftsverweigerungen zu kategorisieren. 1. Intent test Aufgrund des sog. intent test wurde darauf abgestellt, ob die Geschäftsverweigerung in der Absicht vorgenommen wurde, Monopolmacht zu erlangen oder aufrechtzuerhalten. Die Entscheidungen des Supreme Court in den Fällen United States v. Colgate & Co., Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co. und Lorain Journal Co. v. United States werden regelmäßig diesem test zugeordnet.124 Auch mehrere Court of Appeals haben diesen test zur Beurteilung von Geschäftsverweigerungen verwendet.125 Dieser test wurde aber auch schon früh kritisiert.126 Später hat auch der Supreme Court festgestellt, dass das Vorliegen spezifischer Absicht nur von Bedeutung bei der Untersuchung ist, ob eine Geschäftsverweigerung aufgrund anderer Umstände richtigerweise als wettbewerbswidrig einzuordnen war.127 Trotzdem prüfen einige Gerichte bei ambivalenten Konstellationen noch immer, ob eine Monopolisierungsabsicht gegeben ist.128 Vorrangig prüfen sie jedoch, ob die jeweilige Geschäftsverweigerung bestimmte wettbewerbswidrige Auswirkungen hat.129 124 Zu beachten ist dabei, dass dem Fall Lorain Journal Co. v. United States der Vorwurf einer versuchten Monopolisierung zugrunde lag. Eine spezifische Absicht war daher in diesem Fall schon aus diesem Grund nachzuweisen. Der Fall United States v. Colgate & Co. basierte zudem schon nicht auf dem Vorwurf einer Monopolisierung. 125 Siehe beispielsweise: Six Twenty-Nine Productions, Inc. v. Rollins Telecasting, Inc., 365 F.2d 478, 485 (5th Cir. 1966), wobei es in diesem Fall um den Vorwurf einer versuchten Monopolisierung ging. The Poster Exchange, Inc. v. National Screen Service Corp., 431 F.2d 334, 339 (5th Cir. 1970); Mid-Texas Communications Systems, Inc. v. American Telephone and Telegraph Co., 615 F.2d 1372, 1388 (5th Cir. 1980); California Steel & Tube v. Kaiser Steel Corp., 650 F.2d 1001, 1003-04 (9th Cir. 1981); National Independent Theatre Exhibitors, Inc. v. Charter Financial Group, Inc., 747 F.2d 1396, 1402 (11th Cir. 1984); Mr. Furniture Warehouse, Inc. v. Barclays American / Commercial, Inc., 919 F.2d 1517, 1522 (11th Cir. 1990). 126 Vgl. z. B.: Byars v. Bluff City News Co., 609 F.2d 843, 860 (6th Cir. 1979). 127 Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 602. Vgl. auch Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 483. 128 Vgl. z. B.: Great Western Directories, Inc. v. Southwestern Bell Telephone Co., 63 F.3d 1378, 1386–1387 (5th Cir. 1995). 129 Vgl. z. B.: Byars v. Bluff City News Co., 609 F.2d at 861: „There are situations, however, where a refusal to deal as part of a vertical integration scheme is anti-competitive. That is, 1) where integration facilitates price discrimination so that the monopolist can reap the maximum monopoly profit from different consumers; 2) where integration increases first-level entry barriers so that
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
2. Unilateral refusals to deal Unter dem Stichwort unilateral refusal to deal prüfen die Gerichte nach Abstandnahme vom intent test Geschäftsverweigerungen alleine handelnder Unternehmen. Mittels dieses Beurteilungsansatzes wird jetzt untersucht, ob die Geschäftsverweigerung ausschließenden Charakter hat. Dabei werden die Auswirkungen der Geschäftsverweigerung auf die Verbraucher, den Wettbewerb (unter Berücksichtigung des von der Geschäftsverweigerung unmittelbar betroffenen Unternehmens) und den Monopolisten selbst untersucht. Dieser Beurteilungsmaßstab wird vorwiegend aus dem Fall Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. abgeleitet.130 Ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung ist, ob (kurzfristig realisierbare) Gewinne geopfert wurden, um Konkurrenz auszuschließen und (zusätzliche) Monopolmacht zu erzielen.131 Dies wird teilweise auch als sacrifice of profits test bezeichnet.132 Alternativ zu diesem test werden in der Literatur verschiedene andere tests zur Einordnung von Geschäftsverweigerungen und anderer Verhaltensweisen eines dominanten Unternehmens vertreten. Aufgrund des no economic sense test soll beispielsweise eine Verhaltensweise zu verbieten sein, wenn sie außer der Tendenz, den Wettbewerb zu verringern oder aufzuheben, keinen ökonomischen Sinn macht. Der sog. equally efficient firm test besagt dagegen, dass eine Verpotential competitors are stymied; and 3) where integration facilitates evasion of regulation of monopoly profits.“ Siehe auch: Rural Telephone Service Co. v. Feist Publications, Inc., 957 F.2d 765, 768 (10th Cir. 1992). Die urheberrechtlichen Fragestellungen des Rechtsstreits zwischen Rural Telephone Service Co. und Feist Publications, Inc. sind durch den Supreme Court in einer als Leitentscheidung zum Urheberrecht zu bezeichnenden Entscheidung behandelt worden: Feist Publications, Inc. v. Rural Telephone Service Co., 499 U.S. 340 (1991). Für die kartellrechtlichen Fragestellungen hatte der Supreme Court jedoch kein Rechtsmittel zugelassen: Feist Publications, Inc. v. Rural Telephone Service Co., 506 U.S. 984 (1992). 130 Vgl. Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 605. 131 Vgl. Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 610–611: „[T]he evidence supports an inference that [the firm] was not motivated by efficiency concerns and that it was willing to sacrifice short-run benefits and consumer goodwill in exchange for a perceived long-run impact on its smaller rival.“ Vgl. auch zuletzt Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 409: „The unilateral termination of a voluntary (and thus presumably profitable) course of dealing suggested a willingness to forsake short-term profits to achieve an anticompetitive end.“ Siehe auch Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Community Hospital, 910 F.2d 139, 148 (4th Cir. 1990). So auch schon ganz allgemein: Robert H. Bork, The Antitrust Paradox: A Policy at War with Itself 144. 132 Vgl. Thomas E. Kauper, Section Two of the Sherman Act: The Search for Standards, 93 Geo. L.J. 1623, 1628 (2005); Eleanor M. Fox, A Tale of Two Jurisdictions and an Orphan Case: Antitrust, Intellectual Property and, Refusals to Deal, 28 Fordham Int’l L.J. 952, 958–959 (2005).
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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haltensweise untersagt werden sollte, wenn sie Konkurrenten ausschließt, die wenigstens genauso effizient wie das dominante Unternehmen sind.133 Aufgrund des sog. consumer welfare test wird untersucht, ob das Verhalten eine Tendenz aufweist, die Wohlfahrt der Verbraucher durch höhere Preise oder ein geringeres Produktangebot zu vermindern. Verschiedentlich wurde argumentiert, dass die Wahrscheinlichkeit wettbewerbswidriger Auswirkungen einseitiger Verhaltensweisens eines Unternehmens danach bestimmt werden könne, ob die jeweilige Verhaltensweise unausweichlich und signifikant die Kosten eines Konkurrenten erhöht und ob diese Kostenerhöhung sodann die Ausübung von Monopolmacht erlaubt (raising rivals’ costs).134 Schließlich ist auch der von Professor Einer Elhauge vorgeschlagene test zu nennen, welcher insbesondere auch zur Einordnung von Geschäftsverweigerungen dienen soll.135 Dessen test stellt darauf ab, ob eine Verhaltensweise deshalb zur Förderung einer Monopolstellung geführt hat, weil sie die Leistungsfähigkeit von Konkurrenten eingeschränkt hat und etwaige Effizienzen des Monopolisten nur auf die Verringerung dieser Effizienzen der Konkurrenten zurückzuführen ist.136 Wenn die Verstärkung der Monopolstellung dagegen auf eine Investition in die Leistungsfähigkeit des Monopolisten zurückzuführen ist, sei das Verhalten rechtmäßig.137 Eine Geschäftsverweigerung hinsichtlich körperlicher oder auch unkörperlicher Gegenstände, welche durch Investitionen des Monopolisten entwickelt wurden, sei daher rechtmäßig, da diese die Anreize für derartige Investitionen erhält.138 Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn eine Diskriminierung zwischen Konkurrenten und anderen Unternehmen vorliegt. Denn durch seine Preisbestimmung könne der Monopolist auch gegenüber Konkurrenten die getroffenen Investitionen kompensieren.139 Die Diskriminierung könne aber auch durch andere Effizienzgesichtspunkte gerechtfertigt sein, wie z. B. den Ausschluss unzuverlässiger Käufer.140 133
Vgl.: Richard A. Posner, Antitrust Law 196. Siehe z. B.: Thomas G. Krattenmaker / Steven C. Salop, Anticompetitive Exclusion: Raising Rivals’ Costs to Achieve Power Over Price, 96 Yale L.J. 209, 292 (1986); David T. Scheffman / Richard S. Higgins, Twenty Years of Raising Rivals’ Costs: History, Assessment, and Future, 12 Geo. Mason L. Rev. 371–387 (2003). Für eine beispielhafte Anwendung dieses Tests auf Geschäftsverweigerungen siehe: A. Douglas Melamed, Exclusionary Conduct Under the Antitrust Laws: Balancing, Sacrifice, and Refusals to Deal, 20 Berkeley Tech. L.J. 1247, 1262–1266 (2005). 135 Für eine kritische Auseinandersetzung mit den genannten Tests und einer Befürwortung des Tests von Professor Einer Elhauge siehe: Organisation for Economic Cooperation and Development, Competition on the Merits, DAF / COMP(2005)27 Background Note (December 22, 2005). 136 Einer Elhauge, Defining Better Monopolization Standards, 56 Stan. L. Rev. 253, 256 (2003). 137 Einer Elhauge, 56 Stan. L. Rev. at 256. 138 Einer Elhauge, 56 Stan. L. Rev. at 297–298. 139 Einer Elhauge, 56 Stan. L. Rev. at 308–310. 134
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
3. Essential facilities doctrine Die Entscheidung des Supreme Court in den Fällen United States v. Terminal Railroad Association of St. Louis und Associated Press v. United States werden immer wieder als Ausgangspunkte für die Entwicklung der sog. essential facilities doctrine bezeichnet, obwohl der Supreme Court diese Terminologie in keinem der beiden Fällen verwendet hatte. Beide Fälle betrafen auf Absprachen basierende Geschäftsverweigerungen. Für nicht auf Absprachen beruhende Geschäftsverweigerungen eines Unternehmens hat der Supreme Court die essential facilities doctrine bisher weder anerkannt noch abgelehnt.141 Die Entscheidung des Supreme Court im Fall Otter Tail Power Co. v. United States wird von einigen Federal Court of Appeals und Teilen des Schrifttums zudem als Anwendungsfall der essential facilities doctrine auf einseitige Geschäftsverweigerung interpretiert.142 Zahlreiche Gerichte der unteren Instanzen haben untersucht, ob die essential facilities doctrine in Konstellationen anzuwenden ist, in denen ein Unternehmen das Innehaben einer für den Wettbewerb wesentlichen Einrichtung ausnutzt, um aktuelle oder potentielle Konkurrenten durch Ausschluss von der wesentlichen Einrichtung zu vernichten.143 Als Leitentschei-
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Einer Elhauge, 56 Stan. L. Rev. at 311. Vgl. Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. at 611 n. 44; Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 411. 142 Siehe beispielsweise aus der Rechtsprechung: Alaska Airlines, Inc. v. United Airlines, Inc., 948 F.2d 536, 543 (9th Cir. 1991) und aus der Literatur: Abbott B. Lipsky, Jr. / J. Gregory Sidak, Essential Facilities, 51 Stan. L. Rev. 1187, 1205 (1999); Robert Pitofsky / Donna Patterson / Jonathan Hooks, The Essential Facilities Doctrine under U.S. Antitrust Law, 70 Antitrust L.J. 443, 447 (2002). 143 Aus der umfangreichen Rechtsprechungspraxis der Gerichte seien nur folgende Entscheidungen der United States Court of Appeals genannt (die Entscheidungen, in denen diskutiert wurde, ob Immaterialgüterrechte essential facilities darstellen können, werden hier noch nicht besprochen, siehe dazu 4. Kapitel: D.III.4. im Detail): – Wegen Zugang zu Sportstadien siehe: Hecht v. Pro-Football, Inc., 570 F.2d 982, 992 (D.C. Cir. 1977); Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d 520, 539 (7th Cir. 1986). – Wegen Zugang zu Konzerthallen siehe: Flip Side Productions, Inc. v. Jam Productions, Ltd., 843 F.2d 1024, 1033 (7th Cir. 1988). – Wegen Zugang zu Messehallen siehe: Ferguson v. Greater Pocatello Chamber of Commerce, Inc., 848 F.2d 976, 982–983 (9th Cir. 1988). – Wegen Teilnahme an einer Messe siehe: Massachusetts School of Law at Andover, Inc. v. American Bar Association, 107 F.3d 1026, 1041 (3d Cir. 1997). – Wegen Aufnahme in eine Sportliga siehe: Mid-South Grizzlies v. The National Football League, 720 F.2d 772, 787 (3d Cir. 1983). – Wegen Abschluss eines Vertrages mit Fernsehsender über die Übertragung von Sportveranstaltungen siehe: United States Football League v. National Football League, 842 F.2d 1335, 1368–1369 (2d Cir. 1988). – Wegen Annahme von Werbeanzeigen siehe: Twin Laboratories, Inc. v. Weider Health & Fitness, 900 F.2d 566, 568–569 (2d Cir. 1990). 141
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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– Wegen Nutzung von Meldungen von Nachrichtenagenturen siehe: Paddock Publications, Inc. v. Chicago-Tribune Co., 103 F.3d 42, 44–45 (7th Cir. 1996). – Wegen Mitbenutzung der Einrichtungen eines Krankenhauses siehe: Tarabishi v. McAlester Regional Hospital, 951 F.2d 1558, 1568 n. 14 (10th Cir. 1991); Willman v. Heartland Hospital East, 34 F.3d 605, 612–613 (8th Cir. 1994); McKenzie v. Mercy Hospital of Independence, 854 F.2d 365, 370 (10th Cir. 1988), overruled on other grounds, Systemcare, Inc. v. Wang-Laboratories Corp., 117 F.3d 1137, 1145 (10th Cir. 1997). – Wegen Zugang zu den Patienten von Krankenhäusern siehe: Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Community Hospital, 910 F.2d at 150–151. – Wegen Annahme von Schienengütertransporten siehe: Delaware & Hudson Railway Co. v. Consolidated Rail Corp., 902 F.2d 174, 179–180 (2d Cir. 1990). – Wegen Zugang zu Schienennetz siehe: Laurel Sand & Gravel, Inc. v. CSX Transportation, Inc., 924 F.2d 539, 544 (4th Cir. 1991). – Wegen Erwerb von Anteilen an einem Kraftwerk siehe: North Carolina Electric Membership Corp. v. Carolina Power & Light Co., 1993-1 Trade Cas. (CCH) P70,264 (4th Cir. 1993). – Wegen Übertragung von Elektrizität siehe: City of Malden v. Union Electric Co., 887 F.2d 157, 160 (8th Cir. 1989). – Wegen Mitbenutzung von Hochspannungsstromleitungen siehe: City of Vernon v. Southern California Edison Co., 955 F.2d 1361, 1366–1370 (9th Cir. 1992); City of Anaheim v. Southern California Edison Co., 955 F.2d 1373, 1379–1381 (9th Cir. 1992). – Wegen Förderung von Gas in Pipelines siehe: Consul, Ltd. v. Transco Energy Co., 805 F.2d 490, 494 n. 11 (4th Cir. 1986); Illinois ex rel. Burris v. Panhandle Eastern Pipe Line Co., 935 F.2d 1469, 1482–1483 (7th Cir.1991); City of Chanute v. Williams Natural Gas Co., 955 F.2d 641, 647–650 (10th Cir. 1992). – Wegen Lieferung von Propangas siehe: Oahu Gas Service, Inc. v. Pacific Resources, Inc., 838 F.2d 360, 369 n. 4 (9th Cir. 1988). – Wegen Mitbenutzung eines Radiowellentransmitters und korrekter Aufnahme in ein Telefonbuch siehe: Caribbean Broadcasting System, Ltd. v. Cable & Wireless PLC, 148 F.3d 1080, 1088 (D.C. Cir. 1998). – Wegen Lieferung von Milchprodukten siehe: Ideal Dairy Farms, Inc. v. John Labatt, Ltd., 90 F.3d 737, 748 (3d Cir. 1996). – Wegen Mitbenutzung eines bestimmten Terminals eines Flughafens siehe: The Interface Group, Inc. v. Massachusetts Port Authority, 816 F.2d 9, 12 (1st Cir. 1987). – Wegen Mitbenutzung eines Reservierungssystems für Flüge siehe: Alaska Airlines, Inc. v. United Airlines, Inc., 948 F.2d at 542–546. – Wegen Bereitstellung von Telegraphieleistungen siehe: Olympia Equipment Leasing Co. v. Western Union Telegraph Co., 797 F.2d 370, 376–377 (7th Cir. 1986). – Wegen Bereitstellung von Telekommunikationsleistungen siehe: MCI Communications Corp. v. American Telephone and Telegraph Co., 708 F.2d 1081, 1132–1133 (7th Cir. 1982); Southern Pacific Communications Co. v. American Telephone and Telegraph Co., 740 F.2d 980, 1008–1011 (D.C. Cir. 1984). – Wegen Übernahme von Telefonbucheinträgen siehe: Illinois Bell Telephone Co. v. Haines and Co., Inc., 905 F.2d 1081, 1087–1088 (7th Cir. 1990). – Wegen Teilnahme an den Vorteilen einer Tochtergesellschaft eines Telekommunikationsunternehmens bei Herausgabe von Telefonbüchern siehe: Directory Sales Management Corp. v. Ohio Bell Telephone Co., 833 F.2d 606, 612–613 (6th Cir. 1987). Trotz der Vielzahl dieser Fälle ist anzumerken, dass auf die essential facilities doctrine gestützte Klagen nur in wenigen Fällen erfolgreich waren.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
dung hat sich die Entscheidung des Court of Appeals for the Seventh Circuit im Fall MCI Communications Corp. v. American Telephone and Telegraph Co. etabliert.144 Das Gericht entwickelte in dieser Entscheidung aus den vorausgegangenen Entscheidungen anderer Gerichte eine viergliedrige Prüfung zur Feststellung der Wettbewerbswidrigkeit der Verweigerung des Zugangs zu einer wesentlichen Einrichtung: „The case law sets forth four elements necessary to establish liability under the essential facilities doctrine: (1) control of the essential facility by a monopolist; (2) a competitor’s inability practically or reasonably to duplicate the essential facility; (3) the denial of the use of the facility to a competitor; and (4) the feasibility of providing the facility.“145
Voraussetzung für eine Haftung nach der essential facilities doctrine ist folglich, dass (1) ein Monopolist eine wesentliche Einrichtung besitzt, (2) ein Konkurrent diese tatsächlicher oder vernünftigerweise nicht duplizieren kann, (3) der Monopolist die Mitbenutzung der Einrichtung durch einen Konkurrenten verweigert und (4) die Bereitstellung der Einrichtung möglich wäre. Zur Begründung des daraus folgenden Verstoßes gegen Section 2 Sherman Act führte das Gericht aus, dass eine derartige Verweigerung die Möglichkeit biete, Monopolmacht von einem Markt auf einen anderen Markt zu transferieren.146 Die Gerichte sind über zwei unterschiedliche Arten von möglichen Monopolmachttransfers besorgt. Zum einen geht es um den Transfer der Monopolmacht von einer Produktionsstufe auf eine andere. Zum anderen soll der Monopolmachttransfer auf den Markt eines anderen Erzeugnisses verhindert werden. Hintergrund dabei ist immer, dass durch die Verweigerung des Zugangs zu einer wesentlichen Einrichtung ein (potentieller) Konkurrent gezwungen wird, auf zwei Märkten bzw. Produktionsstufen tätig zu werden.147 Die essential facilities doctrine ähnelt in ihrem Begründungsansatz damit der sog. monopoly leveraging theory. Zu einem gewissen Grad ähnelt die essential facilities doctrine den oben genannten Maßstäben zur kartellrechtlichen Beurteilung von Geschäftsverweige-
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MCI Communications Corp. v. American Telephone and Telegraph Co., 708 F.2d
1081. 145 MCI Communications Corp. v. American Telephone and Telegraph Co., 708 F.2d at 1132–1133. 146 MCI Communications Corp. v. American Telephone and Telegraph Co., 708 F.2d at 1132: „[A] monopolist’s control of an essential facility [. . .] can extend monopoly power from one stage of production to another, and from one market into another.“ 147 Vgl. Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d at 540: „The point of the essential facilities doctrine is that a potential market entrant should not be forced simultaneously to enter a second market, with its own large capital requirements.“
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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rungen eines Monopolisten.148 Diese Maßstäbe – und insbesondere der intent test – können aber auch über den Anwendungsbereich der essential facilities doctrine hinausgehend angesehen werden. Denn es ist unklar, ob bei diesen Maßstäben auch nachgewiesen werden muss, dass das vorenthaltene Erzeugnis oder die vorenthaltene Leistung nicht anderweitig erhältlich und die Bereitstellung wesentlich für wirksamen Wettbewerb ist.149 Und auch die essential facilities doctrine geht insoweit über die genannten Maßstäbe hinaus, als bei dieser nicht nachgewiesen werden muss, dass ein spezifisches Verhalten des Monopolisten ein zu einer Monopolisierung führendes wettbewerbswidriges Verhalten darstellt. Vielmehr genügt der Nachweis, dass Konkurrenten auf eine Einrichtung des Monopolisten im Sinne der soeben genannten Kriterien angewiesen sind.150 Auch die ausgesprochene Rechtsfolge ist bei den genannten Maßstäben von vergleichsweise begrenzter Natur. Denn bei diesen kann regelmäßig nur gegen das beanstandete, spezifische Verhalten vorgegangen werden. Die Anwendung der essential facilities doctrine zielt dagegen auf die Anordnung von Verpflichtungen zur angemessenen und diskriminierungsfreien Zugangsgewährung gegenüber u. U. auch mehreren Unternehmen.151 Sie unterscheidet sich von den anderen Beurteilungsmaßstäben auch dadurch, dass – bis auf die Feststellung der Zumutbarkeit der Bereitstellung der wesentlichen Einrichtung an einen Konkurrenten durch den Monopolisten – keine Untersuchung der Motive des Monopolisten vorgenommen wird. Die essential facilites doctrine ist in der US-amerikanischen Literatur erheblich kritisiert bzw. alternativ sind immer wieder Beschränkungen für ihre Anwendung vorgeschlagen worden.152 Unabhängig von einer inhaltlichen Auseinandersetzung wurde klargestellt, dass diese ein juristisches Konstrukt sei und kein ökonomisches Konzept der Unerlässlichkeit neben der herkömmlichen ökonomischen Analyse von Marktmacht und Geschäftsverweigerungen be148 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.3d. 149 Einen derartigen Nachweis nicht fordernd: Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1209. Einen derartigen Nachweis auch für die allgemeinen Regeln fordernd: Daniel M. Wall, Another Kodak Moment: How the Kodak Case Continues to Muddle Antitrust Law, Antitrust Rep., November 1997, 9, 13; Alan L. Silverstein, Essential Facilities and Refusals to Deal in Networking Industries Facing Rapid Technology Change, Antitrust Rep., September 1995, 3, 6. 150 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.3c1. 151 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.3d. 152 Phillip E. Areeda, 58 Antitrust L.J. at 852–853; Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 661 n. 4; Michael Boudin, Antitrust Doctrine and the Sway of Metaphor, 75 Geo. L.J. 395, 400–402 (1986); siehe auch Phillip E. Areeda / Herbert Hovenkamp, Antitrust Law vol. IIIA, P771c.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
stehe.153 Zwar sei vorgetragen worden, dass sie zur Regulierung natürlicher Monopole geeignet sei. Dagegen spreche aber, dass eine Regulierung nur bei detaillierten Kenntnissen einer Wirtschaftssparte möglich ist, die ein Gericht oder eine Jury nicht besitze.154 4. Monopoly leveraging theory Als weiterer Maßstab zur Beurteilung von Geschäftsverweigerungen eines Monopolisten wird zudem die sog. monopoly leveraging theory verwendet. Unter monopoly leveraging (Monopolausdehnung) wird der Transfer der auf einem Markt bestehenden Monopolmacht auf einen anderen Markt verstanden. Falls ein derartiges Vorgehen zum Erwerb oder zur Aufrechterhaltung von Monopolmacht auf einem anderen Markt geführt hat oder der Erwerb derartiger Monopolmacht greifbar nahe bevorsteht, liegt zweifellos ein Verstoß gegen Section 2 Sherman Act vor.155 Umstritten war jedoch bisher, ob auch der bloße Einsatz von Monopolmacht auf einem Markt zur Erzielung eines wettbewerblichen Vorteils auf einem anderen Markt, ohne die Gefahr der bevorstehenden Monopolisierung dieses Marktes ausreichen kann, um einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act zu begründen. Ausgangspunkt dieses Meinungsstreits war die Entscheidung des Supreme Court im Fall United States v. Griffith. In dieser Entscheidung hatte der Supreme Court festgestellt, dass Monopolmacht nicht dazu eingesetzt werden dürfe, ein (anderes) Monopol zu erzeugen.156 Gleichzeitig hielt der Supreme Court aber auch fest, dass der Einsatz selbst von rechtmäßig erworbener Monopolmacht zum Ausschluss von Konkurrenz, zur Erzielung eines wettbewerblichen Vorteils oder zur Ausschaltung eines Wettbewerbers gegen Section 2 Sherman Act verstößt.157 Diese Formulierung wurde vom Court of Appeals for the Second Circuit im Fall Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co. aufgegriffen und dahingehend interpretiert, dass der bloße Einsatz von Monopolmacht zur Erzielung eines wettbewerblichen Vorteils auf einem Markt für einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act ausreichen kann, selbst wenn es 153
Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 661 n. 4. Dennis W. Carlton, 68 Antitrust L.J. at 661 n. 4. 155 Siehe beispielsweise für den Fall des gleichzeitigen Erwerbs von Vorführrechten exklusiver Art an Filmen für Kinos mit Monopolstellung und Kinos ohne Monopolstellung in den jeweiligen Städten: United States v. Griffith, 334 U.S. at 108. Angedeutet wurde diese Auffassung auch schon in: Standard Oil Co. of New Jersey v. United States, 221 U.S. at 77. Vgl. auch die neuere Entscheidung des Supreme Court in: Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 483. Für den Fall einer Geschäftsverweigerung siehe beispielsweise: TV Signal Co. of Aberdeen v. American Telephone and Telegraph Co., 462 F.2d 1256, 1261 (8th Cir. 1972). 156 United States v. Griffith, 334 U.S. at 108. 157 United States v. Griffith, 334 U.S. at 107: „[T]he use of monopoly power, however lawfully acquired, to foreclose competition, to gain a competitive advantage, or to destroy a competitor, is unlawful.“ 154
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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nicht zu einer versuchten Monopolisierung des anderen Marktes gekommen ist.158 In einer späteren Entscheidung hatte das Gericht seine früheren Ausführungen jedoch sehr einschränkend interpretiert.159 Einige andere Court of Appeals hatten die Auffassung des Court of Appeals for the Second Circuit abgelehnt.160 Wiederum andere Court of Appeals hatten davon Abstand genommen, diese Auffassung anzuerkennen oder abzulehnen.161 Nur ein Court of Appeals hatte dagegen diese Auffassung übernommen.162 Da diese Auffassung jedoch jüngst durch den Supreme Court in einem Obiter dictum unter Verweis auf seine frühere Entscheidung im Fall Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan – welche schon als Ablehnung der Auffassung des Court of Appeals for the Second Circuit gedeutet wurde – ausdrücklich abgelehnt wurde, muss der Streit wohl als erledigt angesehen werden.163 Es ist wohl damit zu rechnen, dass die monopoly leveraging theory in Folge der Ablehnung der Auffassung des Court of Appeals for the Second Circuit durch den Supreme Court noch mehr an Bedeutung verlieren wird. Anders als bei Art. 82 EG ist für den Vorwurf einer Marktmachtausdehnung im US-amerikanischen Recht nunmehr jedenfalls die hohe Hürde des Nachweises der bevorstehenden oder erfolgten Monopolisierung eines anderen Marktes zu führen. In der rechtsvergleichenden Wissenschaft wurde zudem beobachtet, dass US-Gerichte die monopoly leveraging theory in neueren Entscheidungen oft nicht beachtet oder das Vorliegen ihrer Voraussetzungen verneint haben.164 5. Zusammenfassung Nach der Entscheidung des Supreme Court im Fall Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP deutet viel darauf hin, dass Geschäftsverweigerungen nunmehr überwiegend an den Kriterien aus Aspen Skiing 158
Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 276: „[T]he use of monopoly power attained in one market to gain a competitive advantage in another is a violation of § 2 [Sherman Act], even if there has not been an attempt to monopolize the second market.“ 159 Twin Laboratories, Inc. v. Weider Health & Fitness, 900 F.2d at 570. 160 Siehe z. B.: Alaska Airlines, Inc. v. United Airlines, Inc., 948 F.2d at 548; Fineman v. Armstrong World Industries, Inc., 980 F.2d 171, 204–206 (3d Cir. 1992). 161 Siehe z. B.: Association for Intercollegiate Athletics for Women v. National Collegiate Athletic Association, 735 F.2d 577, 586 n. 14 (D.C. Cir. 1984). 162 Kerasotes Michigan Theaters, Inc. v. National Amusements, Inc., 854 F.2d 135, 137 (6th Cir. 1988). Angedeutet wurde eine Akzeptanz dieser Auffassung auch in: Sun Newspaper, Inc. v. Omaha World-Herald Co., 713 F.2d 428, 429 (8th Cir. 1983). 163 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 415 n. 4, citing Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. at 459. 164 Toshiaki Takigawa, A Comparative Analysis of U.S., EU, and Japanese Microsoft Cases: How to Regulate Exclusionary Conduct By a Dominant Firm in a Network Industry, 50 Antitrust Bull. 237, 241.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. zu messen sind. Dabei wird sich klären müssen, ob der test der Aufgabe kurzfristig erzielbarer Profite zur Erzielung oder Aufrechterhaltung einer Monopolstellung zu einem späteren Zeitpunkt alle in Betracht kommenden Konstellationen (richtig) erfassen kann. Fraglich bleibt dagegen, ob und inwieweit die essential facilities doctrine anwendbar ist, wenn keine regulatorischen Vorschriften bestehen und gerade auch kein Abbruch der vorherigen Zusammenarbeit im Sinne von Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp gegeben ist. Die monopoly leveraging theory muss dagegen wohl als in ihrem Umfang sehr eingeschränkt durch den Supreme Court betrachtet werden. Gerichte der unteren Instanzen wenden nunmehr größtenteils die essential facilities doctrine bzw. die Kriterien aus Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. an.165
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten I. Einführung Die Verfassung der USA ermächtigt den Gesetzgeber zur Gewährung von zeitlich begrenzten Immaterialgüterrechten an Autoren und Erfinder: „The Congress shall have power [. . .] To promote the Progress of Science and useful Arts, by securing for limited Times to Authors and Inventors the exclusive Right to their respective Writings and Discoveries; [. . .].“166
Die Nichtausübung von Patent- und Urheberrechten hat in den USA grundsätzlich keine Rechtsfolgen. Für Patente wurde dies vom Supreme Court schon sehr früh festgestellt.167 Urheberrechte müssen ebenfalls nicht verwendet werden. Ihr Inhaber hat insbesondere das Recht, über die erste Veröffentlichung des geschützten Werkes zu entscheiden.168 165 Vgl. z. B.: Metronet Services Corp. v. Qwest Corp., 383 F.3d 1124, 1131–1134 (9th Cir. 2004); Covad Communications Co. v. BellSouth Corp., 374 F.3d 1044, 1048– 1050 (11th Cir. 2004); Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 364 F.3d 1288, 1294–1298 (11th Cir. 2004); New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc., 323 F. Supp. 2d 559, 567–573 (S.D.N.Y. 2004). 166 U.S. Const. art. I, § 8, cl. 8. 167 Continental Paper Bag Co. v. Eastern Paper Bag Co., 210 U.S. at 429. 168 Vgl.: 17 U.S.C. § 106 (2000 ed., Supp. III): „[T]he owner of copyright [. . .] has the exclusive rights to do and to authorize any of the following: (1) to reproduce the copyrighted work in copies [. . .]; (2) to prepare derivative works based upon the copyrighted work; (3) to distribute copies [. . .] of the copyrighted work to the public by sale or other transfer of ownership, or by rental, lease, or lending; [. . .].“ Auch die urheberrechtlichen Schrankenregelungen (fair use) werden vor der ersten Veröffentlichung sehr restriktiv ausgelegt. Siehe dazu z. B.: Harper & Row, Publishers, Inc. v. Nation Enterprises, 471 U.S. 539, 554–555 (1985).
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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Auch Geschäftsgeheimnisse müssen nicht verwendet oder gar lizenziert werden. Vielmehr stellt bei diesen das Treffen ausreichender Vorkehrungen zu deren Geheimhaltung eine Voraussetzung für deren Schutzfähigkeit dar. Zudem kann ein Geheimnis auch nur rein tatsächlich dann bestehen, wenn die zugrunde liegende Information erfolgreich geheimgehalten wird. Eine Lizenzierung des Geheimnisses an (zu viele) andere Unternehmen kann daher sogar zu einem Verlust des rechtlichen Schutzes führen.169 Und rein tatsächlich besteht bei einer Lizenzierung an andere Unternehmen oder Personen das erhöhte Risiko einer absichtlichen oder unabsichtlichen Offenlegung durch diese Unternehmen. Dagegen sind Markenrechte nur geschützt, wenn sie im geschäftlichen Verkehr verwendet werden, eine Verpflichtung zur Lizenzierung anderer Unternehmen ist jedoch nicht vorgesehen.170
169 Vgl. beispielsweise: Metallurgical Industries Inc. v. Fourtek, Inc., 790 F.2d 1195, 1200 (5th Cir. 1986): „[A] holder [of a secret] may divulge his information to a limited extent without destroying its status as a trade secret. To hold otherwise would greatly limit the holder’s ability to profit from his secret. If disclosure to others is made to further the holder’s economic interests, it should, in appropriate circumstances, be considered a limited disclosure that does not destroy the requisite secrecy.“ Siehe auch: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.2a. 170 Vgl. Section 1 Lanham Act (a.k.a. Trademark Act of 1946): „(a) (1) The owner of a trademark used in commerce may request registration of its trademark on the principal register hereby established by paying the prescribed fee and filing in the Patent and Trademark Office an application and a verified statement, in such form as may be prescribed by the Director, and such number of specimens or facsimiles of the mark as used as may be required by the Director. [. . .] (b) (1) A person who has a bona fide intention, under circumstances showing the good faith of such person, to use a trademark in commerce may request registration of its trademark on the principal register hereby established by paying the prescribed fee and filing in the Patent and Trademark Office an application and a verified statement, in such form as may be prescribed by the Director. [. . .].“ 15 U.S.C. § 1051 (2000 ed., Supp. III). Siehe dazu und insbesondere für aufgrund internationaler Abkommen erfolgte Markteintragungen, die auch ohne vorherige Verwendung im geschäftlichen Verkehr in den USA bzw. Verwendungsabsicht beantragt werden können, auch Section 8(b) Lanham Act: „(b) During the 1-year period immediately preceding the end of the applicable time period set forth in subsection (a), the owner of the registration shall pay the prescribed fee and file in the Patent and Trademark Office (1) an affidavit setting forth those goods or services recited in the registration on or in connection with which the mark is in use in commerce and such number of specimens or facsimiles showing current use of the mark as may be required by the Director; or (2) an affidavit setting forth those goods or services recited in the registration on or in connection with which the mark is not in use in commerce and showing that any such nonuse is due to special circumstances which excuse such nonuse and is not due to any intention to abandon the mark.“ 15 U.S.C. § 1058(b) (2000 ed., Supp. III).
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Das Recht, ein Immaterialgüterrecht nicht verwenden zu müssen, ist jedoch bedeutungslos, wenn nicht gleichzeitig das Recht besteht, anderen Unternehmen die Nutzung dieses Rechtes zu untersagen.171 Abgesehen von einigen Ausnahmen sind im US-amerikanischen Patent-, Urheber- bzw. Markenrecht keine Verpflichtungen zur zwangsweisen Lizenzierung von Immaterialgüterrechten gesetzlich vorgesehen.172 Auch die Gerichte haben nur in wenigen Ausnahmefällen aufgrund von öffentlichen Interessen im Ergebnis die Wirkung einer Zwangslizenz dadurch herbeigeführt, dass sie den Inhaber eines Immaterialgüterrechts auf seine Schadensersatzansprüche verwiesen und ihm seinen Unterlassungsanspruch versagt haben.173 Zum Teil sind die Gerichte auch nach Abwägung der Interessen des Inhabers des Immaterialgüterrechts und der Interessen des Verletzers zu einem derartigen Ergebnis gekommen.174 Bei Geschäftsgeheimnissen ergibt sich die fehlende Lizenzierungspflicht schon aus dem Recht, die Innovation geheim halten zu dürfen. Denn eine Geheimhaltung impliziert, dass die Information anderen Personen oder Unternehmen nicht mitgeteilt wird. Für Patente findet sich in 35 U.S.C. § 271(d)(4) auch eine bundesgesetzliche Regelung zur Rechtmäßigkeit der Nichtausübung bzw. Lizenzverweigerung: „(d) No patent owner otherwise entitled to relief for infringement or contributory infringement of a patent shall be denied relief or deemed guilty of misuse or illegal extension of the patent right by reason of his having done one or more of the following: [. . .] (4) refused to license or use any rights to the patent; [. . .].“175
Zu beachten ist jedoch, dass diese Vorschrift keine ausdrückliche Immunität vor Verstößen gegen den Sherman Act statuiert, sondern nur die bereits bestehende Rechtsprechung zum Patentmissbrauch (patent misuse) gesetzlich kodifizieren sollte.176 Teilweise wird jedoch auch argumentiert, dass aus dieser 171 Vgl.: Continental Paper Bag Co. v. Eastern Paper Bag Co., 210 U.S. at 430; Fox Film Corp. v. Doyal, 286 U.S. 123, 127 (1932); Stewart v. Abend, 495 U.S. 207, 228– 229 (1990). 172 Siehe beispielsweise folgende Vorschriften über gesetzliche Lizenzen bzw. Zwangslizenzen an Urheberrechten: 17 U.S.C. § 111(c); 17 U.S.C. § 112(e); 17 U.S.C. § 114(d)(2); 17 U.S.C. § 115; 17 U.S.C. § 116(b)(2); 17 U.S.C. § 118(b)(4); 17 U.S.C. § 119(a). Siehe auch: Pietzke, Rudolf, Patentschutz, Wettbewerbsbeschränkungen und Konzentration im Recht der Vereinigten Staaten von Amerika, Köln, Berlin, Bonn, München, 1983, S. 45. 173 Siehe beispielsweise: City of Milwaukee v. Activated Sludge, 69 F.2d 577, 593 (7th Cir. 1934). Angedacht auch in: Vitamin Technologists, Inc. v. Wisconsin Alumni Research Foundation, 146 F.2d 941, 946 (9th Cir. 1945). Siehe auch: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.2b. 174 Vgl. beispielsweise: Foster v. American Machine & Foundry Co., 492 F.2d 1317, 1324 (2d Cir. 1974); Abend v. MCA, Inc., 863 F.2d 1465, 1479 (9th Cir. 1988). Angedacht auch in: Campbell v. Acuff-Rose Music, Inc., 510 U.S. 569, 578 n. 10 (1994). 175 35 U.S.C. § 271(d)(4) (2000 ed., Supp. III). 176 Vgl.: Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1214 n. 7.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
141
Vorschrift eine kartellrechtliche Immunität von Lizenzverweigerungen an Patenten herzuleiten sein könnte.177 Die Rechtsprechung zur sog. patent misuse ist eine Besonderheit des USamerikanischen Rechts.178 Ein ähnliches Rechtsinstitut besteht auch im Urheberrecht (copyright misuse).179 Der (defensive) Einwand der patent misuse leitet sich aus dem allgemeinen Einwand der sog. unclean hands ab. Er bezieht sich auf die Verwendung eines Patentes zur Erzielung oder Erzwingung eines unfairen wirtschaftlichen Vorteils.180 Eine patent misuse liegt beispielsweise bei Verhaltensweisen eines Patentinhabers vor, die den Wettbewerb bei nicht patentierten Erzeugnissen beeinflussen oder sonst eine Ausdehnung über den Schutzbereich des Patents hinaus herbeiführen.181 Das Rechtsinstitut der patent misuse dient der Verhinderung von Verhaltensweisen, die zwar keine gesetzlichen Vorschriften verletzen, aber ein Patent wettbewerbswidrig ausnutzen, und damit als gegensätzlich zum öffentlichen Interesse betrachtet werden.182 Im Gegensatz zu Section 2 Sherman Act erfordert dieses Rechtsinstitut nicht den Nachweis von Monopolmacht, und es führt nicht zu Schadensersatzansprüchen anderer Unternehmen.183 Vielmehr begründet es nur einen defensiven Ein177
Vgl.: Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1187. Diese Feststellung aus rechtsvergleichender Sicht treffend: Dimitrios Riziotis, Patent Misuse als Schnittstelle zwischen Patentrecht und Kartellrecht – Eine rechtsvergleichende Darstellung, GRUR Int 2004, 367. Als Leitentscheidungen des Supreme Court zur patent misuse können bezeichnet werden: Motion Picture Patents Co. v. Universal Film Manufacturing Co., 243 U.S. at 516–517; Carbice Corp. of America v. American Patents Development Corp., 283 U.S. 27, 32–34(1931); Morton Salt Co. v. G. S. Suppiger Co., 314 U.S. 488, 493–494 (1942); Mercoid Corp. v. Mid-Continent Investment Co., 320 U.S. at 665–668. 179 Vgl. aus der umfänglichen Rechtsprechung der Courts of Appeals zur copyright misuse beispielsweise: Lasercomb America, Inc. v. Reynolds, 911 F.2d 970, 976 (4th Cir. 1990); Practice Management Information Corp. v. The American Medical Association, 121 F.3d 516, 521, 520–521 (9th Cir. 1997); A&M Records, Inc. v. Napster, Inc., 239 F.3d 1004, 1026–1027 (9th Cir. 2001). Der Supreme Court hat das Rechtsinstitut der copyright misuse bisher noch nicht anerkannt, vgl. dazu: Video Pipeline, Inc. v. Buena Vista Home Entertainment, Inc., 342 F.3d 191, 203 (3d Cir. 2003). Im Markenrecht ist eine misuse dagegen selbst unter Berufung auf einen Kartellrechtsverstoß nur schwer annehmbar, vgl.: Helene Curtis Industries, Inc. v. Church and Dwight Co., 560 F.2d 1325, 1336 (7th Cir. 1977); Carl Zeiss Stiftung v. V.E.B. Carl Zeiss, Jena Steelmasters, Inc., 298 F. Supp. 1309, 1314 (S.D.N.Y. 1969). Siehe dazu aber auch die aktuelle Entscheidung General Physiotherapy, Inc. v. Sybaritic, Inc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 3796 (E.D. Mo. 2006). 180 Vgl. z. B.: C.R. Bard, Inc. v. M3 Systems, Inc., 157 F.3d 1340, 1372 (Fed. Cir. 1998). 181 Vgl. z. B.: Mallinckrodt, Inc. v. Medipart, Inc., 976 F.2d 700, 704 (Fed. Cir. 1992); C.R. Bard, Inc. v. M3 Systems, Inc., 157 F.3d at 1372. 182 Mallinckrodt, Inc. v. Medipart, Inc., 976 F.2d at 704. 183 Das Vorliegen einer Monopolstellung war in der Vergangenheit schon deshalb kein Prüfungskriterium der patent misuse, da bei deren Prüfung häufig davon ausgegangen wurde, dass aufgrund eines Patents ein Monopol bestehen würde. Vgl. dazu 178
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
wand gegen die Inanspruchnahme aus patent- bzw. urheberrechtlichen Ansprüchen.184 Es wird immer wieder diskutiert, ob zur Feststellung eines Patent- oder Urheberrechtsmissbrauchs, ausschließlich auf die Rechtsprechung zu Section 2 Sherman Act zurückgegriffen werden sollte.185 Denn zwischen beiden besteht eine gewisse Ähnlichkeit, da beide wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verhindern sollen. Andererseits wurden durch die Gerichte auch immer wieder eigene Regelungen ohne Rückgriff auf das Kartellrecht aus dem Patent- bzw. Urheberrecht entwickelt.186 Ein gewichtiges Argument dafür könnte der Unterschied zwischen den Zielen der Rechtsfigur der patent misuse einerseits und den Zielen der kartellrechtlichen Vorschriften andererseits sein.187 Denn durch die Rechtsfigur der patent misuse soll nicht das Spannungsverhältnis zwischen Kartellrecht und Patentrecht gelöst, sondern nur durch die Gerichte Gerechtigkeit im Einzelfall gewährt werden. Für Geschäftsgeheimnisse besteht eine derartige Rechtsprechung nicht, wohl deshalb da bei diesen die rechtlichen Vorschriften nur Sanktionen für die rechtswidrige Erlangung (oder für auf rechtswidrigem Erwerb beruhende Verwendungen) des Geheimnisses vorsehen.188 z. B.: Motion Picture Patents Co. v. Universal Film Manufacturing Co., 243 U.S. at 510; Carbice Corp. of America v. American Patents Development Corp., 283 U.S. at 32; Morton Salt Co. v. G. S. Suppiger Co., 314 U.S. at 491; Mercoid Corp. v. MidContinent Investment Co., 320 U.S. at 666. Fraglich ist aber, ob dies nach der von einigen Gerichten vorgenommenen Annäherung der Prüfung der patent misuse an kartellrechtliche Prüfungsmaßstäbe weiter in dieser Absolutheit angenommen werden wird. Vgl. z. B.: USM Corp. v. SPS Technologies, Inc., 694 F.2d 505, 511 (7th Cir. 1982). 184 Vgl. dazu z. B.: C.R. Bard, Inc. v. M3 Systems, Inc., 157 F.3d at 1372. 185 Vgl. beispielsweise die Ausführungen von Judge Richard A. Posner in: USM Corp. v. SPS Technologies, Inc., 694 F.2d at 512: „If misuse claims are not tested by conventional antitrust principles, by what principles shall they be tested? Our law is not rich in alternative concepts of monopolistic abuse; and it is rather late in the day to try to develop one without in the process subjecting the rights of patent holders to debilitating uncertainty.“ 186 Vgl. z. B. zur copyright misuse: Lasercomb America, Inc. v. Reynolds, 911 F.2d at 978; Practice Management Information Corp. v. The American Medical Association, 121 F.3d at 521. Für die patent misuse vgl.: B. Braun Medical Inc. v. Abbott Laboratories, 124 F.3d 1419, 1426 (Fed. Cir. 1997); C.R. Bard, Inc. v. M3 Systems, Inc., 157 F.3d at 1372. Vgl. auch: Zenith Radio Corp. v. Hazeltine Research, Inc., 395 U.S. at 140. 187 Vgl. z. B.: C.R. Bard, Inc. v. M3 Systems, Inc., 157 F.3d at 1372. 188 Die Diskussion über ein Rechtsinstiut der trade secret misuse als rein wissenschaftlich und ohne Bedeutung in den Gerichten bezeichnend: Brett Frischmann / Dan Moylan, The Evolving Common Law Doctrine of Copyright Misuse: A Unified Theory and Its Application to Software, 15 Berkeley Tech. L.J. 865, 867 (2000). Der Einwand der trade secret misuse wurde beispielsweise erhoben – aber aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geprüft – in: Glitsch, Inc. v. Koch Engineering Co., 216 F.3d 1382 (Fed. Cir. 2000). Siehe auch zum Einwand der unclean hands gegen eine Inanspruchnahme aus Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen beispielsweise: The
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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Für die vorliegende Untersuchung kann zudem aus der Rechtsprechung zum Patent- bzw. Urheberrechtsmissbrauch wenig abgeleitet werden, da in der absoluten Geschäftsverweigerung kein Patentmissbrauch gesehen wird, was nunmehr auch in der oben genannten Vorschrift gesetzlich normiert wurde.189 II. Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechte enthaltenden Erzeugnissen 1. Allgemeines An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Verweigerung der Lizenzierung der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkstückes der Geschäftsverweigerung, andere Unternehmen mit Immaterialgüterrechte enthaltenden oder diese verkörpernden Erzeugnissen zu beliefern, ähnelt. Bei dieser Lizenzverweigerung wird bei wirtschaftlicher Betrachtung auch nur der Verkauf eines einzelnen Werkstückes verweigert. Denn bei dieser wird gerade keine Lizenz für Verbreitung (bis auf die des erworbenen Werkstückes) bzw. Vervielfältigung (bis auf die durch die Verwendung des Werkstückes notwendigen, teilweise nur vorübergehenden Vervielfältigungen, wie z. B. Speicherungen bei einem Computerprogramm) eines urheberrechtlich geschützten Werkes begehrt. Rechtstechnisch handelt es sich dabei zwar um eine Lizenzverweigerung, wirtschaftlich ähnelt dies aber der Geschäftsverweigerung der Nichtbelieferung mit Immaterialgüterrechte enthaltenden oder auf diesen beruhenden Erzeugnissen. Ein Unterschied besteht jedoch insoweit, als dass das Werkstück anders als auf Immaterialgüterrechte beruhende Erzeugnisse regelmäßig nicht einmalig weiterverkauft, sondern von dem es begehrenden Unternehmen fortlaufend verwendet werden soll. Für den Inhaber des Urheberrechts kann dabei die Schwierigkeit entstehen, die Nutzungsintensität durch das andere Unternehmen zu messen. Die beiden Fallkonstellationen werden dennoch nachfolgend zusammen dargestellt. Anders als bei Lizenzverweigerungen hinsichtlich der Verbreitung bzw. Vervielfältigung der geschützten Leistung besteht bei diesen beiden Konstellationen nämlich nicht die Möglichkeit, dass die geschützte Leistung des Lizenz-
Telex Corp. v. International Business Machines Corp., 510 F.2d 894, 939 (10th Cir. 1975); Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1169; Alcatel USA, Inc. v. DGI Technologies, Inc., 166 F.3d 772, 796–797 (5th Cir. 1999). Dieser Einwand ist aber allgemeinerer Art. 189 Vgl. z. B. Mercoid Corp. v. Mid-Continent Investment Co., 320 U.S. at 666. Vgl. andererseits auch die Ausführungen des Court of Appeals for the Ninth Circuit in einer Fußnote der Entscheidung A&M Records, Inc. v. Napster, Inc., 239 F.3d at 1027 n. 8. Das Gericht scheint dort festzustellen, dass bei Vorliegen eines Kartellrechtsverstoßes durch eine absolute Geschäftsverweigerung auch eine copyright misuse vorliegen könnte. Ohne Vorliegen eines Kartellrechtsverstoßes ist aber in einer absoluten Geschäftsverweigerung wohl keine misuse zu sehen.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
gebers durch das andere Unternehmen rechtmäßigerweise vervielfältigt und dann weitervertrieben wird. 2. Entscheidungspraxis des Supreme Court Der Supreme Court hat bislang noch nicht explizit zu der Frage Stellung bezogen, ob ein Monopolist durch die Weigerung, einen Konkurrenten mit einem auf einem Immaterialgüterrecht beruhenden Erzeugnis zu beliefern, gegen Section 2 Sherman Act verstoßen kann. In seiner Entscheidung in Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc. findet sich in einer Fußnote eine mittlerweile von Befürwortern und Gegnern einer kartellrechtlichen Haftung oft zitierte Anmerkung, die Aufschluss über die Auffassung des Supreme Court geben soll: „The Court has held many times that power gained through some natural and legal advantage such as a patent, copyright, or business acumen can give rise to liability if ,a seller exploits his dominant position in one market to expand his empire into the next.‘ [. . .].“190
Diese Feststellung ist im Zusammenhang mit der Beurteilung eines Koppelungsgeschäfts nach Section 1 Sherman Act erfolgt. Ihre Bedeutung für die Beurteilung einer Geschäftsverweigerung unter Section 2 Sherman Act ist daher zweifelhaft. Sie soll aber an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, da sie Ausgangspunkt für eine Entscheidung des Court of Appeals for the Ninth Circuit im weiteren Verlauf dieses Rechtsstreits und eine Entscheidung des Court of Appeals for the Federal Circuit in einem anderen Rechtsstreit war.191 Der Supreme Court hat jedoch hinsichtlich keiner der beiden Entscheidungen Rechtsmittel zugelassen.192 3. Entscheidungen der Court of Appeals a) Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. aa) Hintergrund Der Fall Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. hat für die vorliegende Untersuchung eine zweifache Bedeutung, da in diesem Fall ein Monopolist sowohl die Lizenzierung der Verwendung eines urheberrechtlich ge190
Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 479 n. 29. Vgl. einerseits die Ausführungen durch den Court of Appeals for the Ninth Circuit in: Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1215. Vgl. andererseits die Ausführungen durch den Court of Appeals for the Federal Circuit in: In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at 1326–1327. 192 Vgl.: Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 523 U.S. 1094 (1998); CSU, L.L.C. v. Xerox Corp., 531 U.S. 1143. 191
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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schützten Computerprogramms als auch die Offenlegung von geheimen Informationen gegenüber anderen Unternehmen verweigert hatte.193 Data General Corp. wartete als Hersteller von Computern etwa 90 % der hergestellten Computer selbst. Data General Corp. hatte für einen gewissen Zeitraum unabhängige Unternehmen bestärkt, ebenfalls diese Wartungsdienstleistungen anzubieten. Nachdem Data General Corp. seine Geschäftsstrategie geändert hatte, verweigerte Data General Corp. diesen Unternehmen die Lizenzierung eines urheberrechtlich geschützten Computerprogramms, welches der Feststellung von Fehlern bei der Wartung der Computer diente. Zudem hielt Data General Corp. Blaupausen der Computersysteme geheim, welche den unabhängigen Wartungsdienstleistungsunternehmen die Herstellung einer eigenen Diagnosesoftware ermöglicht hätten. bb) Entscheidung des Court of Appeals for the First Circuit Das Gericht nahm in seiner Entscheidung eine sachliche Rechtfertigung für die Lizenzverweigerung an und konnte daher offen lassen, ob die Lizenzverweigerung ausschließenden Charakter hatte.194 Das Gericht führte aus, dass das Bestreben eines Autors, andere von der Verwendung seines urheberrechtlich geschützten Werkes abzuhalten, eine Vermutung für das Vorliegen einer Rechtfertigung für etwaige unmittelbare Nachteile der Verbraucher begründe.195 Die Annahme einer Vermutung sei angebracht, um die Ziele der urheberrechtlichen Vorschriften und die durch diese gewährten Anreize zu bewahren. Da diese Anreize aber in bestimmten Ausnahmefällen nicht gefährdet seien und die Verweigerung, ein Urheberrecht zu lizenzieren, in bestimmten Konstellationen auch ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen könne, sei die Annahme einer unwiderleglichen Vermutung nicht erforderlich.196 Eine Entkräftung der Vermutung könne in Betracht kommen, wenn wie in dem Fall Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. ein Monopolist eine wichtige Änderung in einem Absatzmodell vorgenommen hat, welches in einem wettbewerblichen Umfeld entstanden war und für mehrere Jahre bestanden hatte.197 Da Data General Corp. schon bei der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zu den unabhängigen War193
Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1152–1155,
1189. 194 195 196
Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1184. Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1187. Vgl. Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1184
n. 64: „Wary of undermining the Sherman Act, however, we do not hold that an antitrust plaintiff can never rebut this presumption, for there may be rare cases in which imposing antitrust liability is unlikely to frustrate the objectives of the Copyright Act.“ 197 Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1188.
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tungsdienstleistern seine Monopolstellung inne hatte, ging das Gericht davon aus, dass aus der damaligen Geschäftsstrategie – anders als in Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. – kein Rückschluss auf die Verbraucherbedürfnisse in einem wettbewerblichen Markt getroffen werden könne.198 Als ein weiteres, mögliches Beispiel für eine Entkräftung der Vermutung nannte das Gericht den Fall des unrechtmäßigen Erwerbs des Urheberrechts.199 Bei einer internen Entwicklung der geschützten Leistung ist eine Entkräftung nach Auffassung des Gerichts jedoch wenig naheliegend. Falls das urheberrechtlich geschützte Werk zudem Vorteile für die Verbraucher auf dem Markt eines Erzeugnisses gebracht habe, auf dem die Unternehmen tätig sind, welchen die Lizenzierung des Werkes verweigert wurde, sei die Entkräftung der Vermutung wohl nicht zu führen.200 b) Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co. aa) Hintergrund Der Court of Appeals for the Ninth Circuit ist in seiner zweiten Entscheidung im Fall Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co. ebenfalls von der Annahme einer widerleglichen Vermutung der sachlichen Rechtfertigung des Bestehens eines Immaterialgüterrechts ausgegangen, wobei in diesem Fall sowohl eine Lizenz- als auch eine Lieferverweigerung vorlag.201 Ein Hersteller von Kopiergeräten, Eastman Kodak Co., hatte sich geweigert, unabhängige Wartungsunternehmen mit Ersatzteilen und Diagnosesoftware für diese Kopiergeräte zu beliefern. Der Supreme Court hatte im Laufe dieses Rechtsstreites schon vorher entschieden, dass die Sekundärmärkte für Ersatzteile bzw. Wartung von Erzeugnissen eines Herstellers relevante Märkte sein können.202 Daraus ergab sich dann im Fall eine Monopolstellung des Herstellers auf dem Markt der Ersatzteile für seine Erzeugnisse. Der Court of Appeals hatte sodann
198
Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1188. Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1188. 200 Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1189. 201 Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1218. 202 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. at 477. Zu beachten ist, dass bei der Entscheidung durch den Supreme Court noch der Vorwurf des Verstoßes gegen Section 1 Sherman Act (wegen der angeblichen Koppelung von Serviceleistungen an den Erwerb von Ersatzteilen durch die Geräteinhaber) maßgeblich war. Später wurde dieser Vorwurf jedoch aufgeben und der vom Supreme Court nur am Rande behandelte Vorwurf der Monopolisierung durch Belieferungsverweigerungen in den Vordergrund des Verfahrens gebracht: vgl. Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1201. Für eine Beurteilung der Erfolgsaussichten des Koppelungsvorwurfs in diesem Rechtsstreit siehe: David McGowan, Networks and Intention in Antitrust and Intellectual Property, 24 J. Corp. L. 485, 518 (1999). 199
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darüber zu entscheiden, ob die Lizenz- bzw. Lieferverweigerungen eine Monopolisierung des Marktes für die Wartung der Kopiergeräte darstellten. bb) Entscheidung des Court of Appeals for the Ninth Circuit In diesem Fall ließ das Gericht nicht die Feststellung der Wettbewerbswidrigkeit der Lieferverweigerung offen, sondern bejahte deren ausschließende Wirkung. Insoweit ging das Gericht noch von einer gewissen, wenn auch begrenzten Vergleichbarkeit zu dem Sachverhalt in Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. aus.203 Die Besonderheit des Falles lag darin, dass einige wenige der Ersatzteile auf Immaterialgüterrechten (Patente und Urheberrechte) beruhten.204 Das Gericht deutete an, dass unklar sei, ob der Markt für Wartungsleistungen auch dem Ausschließlichkeitsrecht eines Immaterialgüterrechts, auf dem ein Ersatzteil beruht, unterfällt.205 Da das Gericht aber eine Entkräftung der genannten Vermutung bejahte, thematisierte es diese Frage nicht weiter. Die Änderung der Geschäftsstrategie durch den Monopolisten wurde – wie in Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. – nicht als ausreichend zu Entkräftung der Vermutung angesehen. Denn auch Eastman Kodak Co. hatte schon bei der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zu den unabhängigen Wartungsdienstleistern seine Monopolstellung inne, so dass aus der damaligen Geschäftsstrategie kein Rückschluss auf die Verbraucherbedürfnisse auf einem wettbewerblichen Markt getroffen werden konnte.206 Ebenso lag kein rechtswidriger Erwerb der Immaterialgüterrechte vor. Das Gericht ging jedoch von einer weiteren Möglichkeit der Entkräftung der Vermutung aus; nämlich dann, wenn der Schutz des Immaterialgüterrechts nur ein Vorwand sei.207 Das Bestreben, Immaterialgüterrechte zu schützen, sei nur ein Vorwand, wenn Aussagen der Mitarbeiter des Kopiergeräteherstellers darauf hin deuten, dass dieses Bestreben bei der Entscheidung über die Geschäftsverweigerung keine Rolle gespielt habe.208 Gegen eine dahingehende Motivation des Unternehmens sprach nach Auffassung des Gerichts auch, dass die Geschäftsverweigerungen sowohl 203
Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1211. Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1214, 1219. 205 Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1217. 206 Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1219. 207 Vgl.: Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1219: „The presumption may also be rebutted by evidence of pretext. Neither the aims of intellectual property law, nor the antitrust laws justify allowing a monopolist to rely upon a pretextual business justification to mask anticompetitive conduct.“ 208 Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1219. Eastman Kodak Co. hatte diesen Rechtfertigungsgrund erst im Laufe des Rechtsstreits vorgetragen. Dies könnte bei dem Gericht zusätzliche Zweifel dahingehend hervorgerufen haben, wie das Unternehmen aufgrund dieses Rechtfertigungsgrundes gehandelt haben konnte, wenn es diesen überhaupt erst zu einem späten Zeitpunkt im Rechtsstreit erkennt. 204
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Teile betrafen, die auf Immaterialgüterrechten beruhten, als auch Teile, bei denen dies nicht der Fall war.209 cc) Rückschlüsse aus der Entscheidung Diese Entscheidung ermöglicht wenig Rückschlüsse auf die Beurteilung von Verweigerungen der Offenlegung geheimer Innovationen. Die Entscheidung, eine Innovation durch Geheimhaltung zu schützen, geschieht regelmäßig bewusst. Der Inhaber der Innovation ist auch regelmäßig bestrebt, den Geheimnischarakter der Innovation weiter zu erhalten. Denn bei geheimen Innovationen ist das Treffen hinreichender Geheimhaltungsvorkehrungen Voraussetzung für deren rechtlichen Schutz. Zudem sind Geheimnisse rein tatsächlich vor dem Zugriff Dritter nur dann geschützt, wenn sie geheim gehalten werden. Bei Immaterialgüterrechten besteht dagegen – mit Ausnahme des Verlusts des Markenrechts bei Nichtbenutzung über eine gewisse Dauer hinweg – keine Sanktion für die Nichtausübung oder das fehlende Bestreben, andere von der Verwendung der geschützten Leistung abzuhalten. Bei diesen könnte daher das Verhalten ihres Inhabers theoretisch auf andere Intentionen untersucht werden. Bei Geheimnissen wird dagegen stets die Intention der Geheimhaltung vorliegen. c) In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation aa) Hintergrund In dem mit dem Namen In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation bezeichneten Rechtsstreit warfen unabhängige Wartungsunternehmen ebenfalls einem Kopiergerätehersteller, Xerox Corp., Monopolisierung durch die Verweigerung der Belieferung mit Ersatzteilen und der Lizenzierung von Handbüchern bzw. Diagnosesoftware für die Wartung von Kopiergeräten vor.210 Die Ersatzteile waren patentrechtlich geschützt. Die Handbücher und die Diagnosesoftware waren urheberrechtlich geschützt. bb) Entscheidung des Court of Appeals for the Federal Circuit Der Court of Appeals for the Federal Circuit ging in seiner Entscheidung gesondert auf die Geschäftsverweigerung an den patentrechtlich geschützten Erzeugnissen und auf die Lizenzverweigerung an den urheberrechtlich geschützten Handbüchern und Programmen ein. Hintergrund dafür war, dass das Gericht als ausschließliches Rechtsmittelgericht in Patentstreitigkeiten für Fragen, die im 209 210
Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1219–1220. In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at 1324.
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Zusammenhang mit dem Patentrecht stehen, an seine eigenen Präzedenzfälle gebunden ist. Für Fragen zum Verhältnis zwischen Urheber- und Kartellrecht sah sich das Gericht aber an die Entscheidungspraxis des Rechtsmittelgerichts des Eingangsgerichts – in diesem Fall die des Court of Appeals for the Tenth Circuit – gebunden.211 Der Court of Appeals for the Federal Circuit nannte drei Fallkonstellationen, in denen ein Patentinhaber durch die Durchsetzung seines gesetzlichen Rechts, andere von der Herstellung, Verwendung und Verkauf der geschützten Erfindung auszuschließen, gegen Section 2 Sherman Act verstoßen kann. Ein Verstoß kommt dabei in Betracht (1) bei Hinweisen auf unrechtmäßige Koppelungsgeschäfte, (2) bei unrechtmäßigem Erwerb des Patentes durch Betrug gegenüber dem Patent- und Markenamt und (3) bei Führung von „Scheinprozessen“.212 Im Verhalten der Kopiergerätehersteller fehlten Anhaltspunkte für die ersten beiden Konstellationen. Unstreitig lag auch keine Führung des Prozesses durch den Kopiergerätehersteller nur zum Schein und zur Störung der geschäftlichen Beziehungen eines Konkurrenten vor. Die unabhängigen Wartungsunternehmen hatten nicht behauptet, dass die gerichtliche Durchsetzung der Patente durch den Kopiergerätehersteller unberechtigt erfolgt sei. Sie hatten dies nur für die Belieferungsverweigerung an sich geltend gemacht. Das Gericht zog sodann jedoch die zu den sog. „Scheinprozessen“ entwickelten Kriterien auch zur Beurteilung von Belieferungsverweigerungen heran und stellte fest, dass eine Belieferungsverweigerung ebenfalls nur dann gegen Section 2 Sherman Act verstoßen könne, wenn objektiv kein Recht, andere auszuschließen, besteht und subjektiv zur Störung der Geschäftsbeziehungen des Konkurrenten gehandelt wurde. Bei objektiven Bestehen eines Patents sei eine Untersuchung der Motive des Patentinhabers nicht angezeigt. Das Gericht lehnte es daher ab, wie der Court of Appeals for the Ninth Circuit in Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co. zu verfahren. Das Gericht hielt fest, dass selbst bei wettbewerbswidrigen Auswirkungen keine Untersuchung der Beweggründe eines Patentinhabers vorzunehmen sei, solange diese wettbewerbswidrigen Auswirkungen nicht in unrechtmäßiger Weise über den Geltungsbereich der gesetzlichen Patenteinräumung (scope of the statutory patent grant) hinaus ausgedehnt werden.213 211 212
In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at 1325. Vgl. In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at
1327: „In the absence of any indication of illegal tying, fraud in the Patent and Trademark Office, or sham litigation, the patent holder may enforce the statutory right to exclude others from making, using, or selling the claimed invention free from liability under the antitrust laws.“ 213 Vgl. auch In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at 1327–1328: „We therefore will not inquire into [the patentee’s] subjective motivation for exerting his statutory rights, even though his refusal to sell or license his patented in-
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Auch für die Beurteilung der Lizenzverweigerung an urheberrechtlich geschützten Werken lehnte der Court of Appeals for the Federal Circuit (diesmal unter Zugrundelegung der wahrscheinlichen Beurteilung durch den Court of Appeals for the Tenth Circuit, der eine derartige Lizenzverweigerung noch nicht zu beurteilen hatte) die Untersuchung der Motive des Inhaber eines Urheberrechts für eine Lizenzverweigerung ab.214 Anderes käme nur dann in Betracht, wenn das Urheberrecht unrechtmäßig erworben oder eingesetzt wurde, um eine über das gesetzlich eingeräumte Urheberrecht hinausgehende Monopolmacht zu erzielen.215 Eine kartellrechtliche Haftung dürfe nur angenommen werden, wenn die Einschränkung der Ziele urheberrechtlicher Vorschriften unwahrscheinlich sei. Der Court of Appeals for the Federal Circuit zieht zwar zur Begründung seiner Entscheidung die Auffassung und Begründungen des Court of Appeals for the First Circuit in Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. heran. Wie der Court of Appeals for the Ninth Circuit – nur gerade in die entgegengesetzte Richtung – änderte er diese aber erheblich ab. Aus einer widerleglichen Vermutung macht das Gericht eine Annahme der Legalität der Geschäftsverweigerung an immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen bzw. an diese enthaltenden Erzeugnisse. Denn das Gericht lässt einer Widerlegung nur bei Nichtbestehen eines Immaterialgüterrechts – und selbst dann nur bei Nachweis bestimmter Zielrichtungen des Monopolisten – oder bei Hinweisen auf ein unrechtmäßiges Koppelungsgeschäft zu. Ob daneben noch andere Entkräftungsmöglichkeiten bestehen, erscheint aufgrund der Entscheidung des Gerichts sehr zweifelhaft. Beachtlich ist zudem, dass die Entscheidung keinen Hinweis auf die Anwendbarkeit der in Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. genannten Kriterien zur Entkräftung der Vermutung gibt. Sowohl der Court of Appeals for the First Circuit als auch der Court of Appeals for the Ninth Circuit hatten die Anwendbarkeit der Kriterien dagegen grundsätzlich bejaht, haben aber aufgrund tatsächlicher Unterschiede von einer Vergleichbarkeit zu diesem Fall abgesehen. Obwohl in der Entscheidung nicht erwähnt, könnte auch von Bedeutung gewesen sein, dass aufgrund eines Teiles der Immaterialgüterrechte auch eine Vereinfachung der Wartung der Kopiergeräte ermöglicht wurde und dies in den Beschreibungen einiger Patente auch ausdrücklich erwähnt worden war.216 vention may have an anticompetitive effect, so long as that anticompetitive effect is not illegally extended beyond the statutory patent grant.“ 214 In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at 1329. 215 In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at 1329. 216 Siehe: Brief of Defendant-Appellee Xerox Corporation at 5, In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d, 1322 (Fed. Cir. 2000) (July 14, 1999). Siehe auch: Jonathan I. Gleklen, Antitrust Liability for Unilateral Refusals to
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cc) Rückschlüsse aus der Entscheidung Es ist zweifelhaft, ob aus dieser Entscheidung Rückschlüsse auf die Beurteilung von Offenlegungsverweigerungen getroffen werden können. Das Gericht stellte ausdrücklich auf die durch Bundesgesetz vorgegebenen Ziele und Anreize ab. Bei geheimen Innovationen besteht aber nur begrenzterer gesetzlicher Schutz, da diese im Wesentlichen durch tatsächliche Geheimhaltung geschützt sind. Zudem beruht dieser Rechtsschutz in den USA nicht auf Bundesgesetzen. Die Entscheidung stellt auch maßgeblich auf das durch Gesetz gewährtes Ausschließlichkeitsrecht eines Immaterialgüterrechts ab. Ein derartiges Verbietungsrecht besteht bei geheimen Innovationen ebenfalls nicht. Eine Einordnung, ob die Monopolmacht über den durch Gesetz – und sei es auch ein bundesstaatliches Gesetz – eingeräumten Schutz einer geheimen Innovation hinaus erzielt wurde, ist wegen des begrenzten gesetzlichen Schutzes der Geheimnisse kaum durchführbar. Anders als bei den Immaterialgüterrechten besteht kaum ein Anknüpfungspunkt, aus dem der (gesetzlich) eingeräumte Schutz einer geheimen Innovation ablesbar ist. Im Übrigen ist eine derartige Einstufung auch bei den Immaterialgüterrechten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, obwohl bei diesen umfangreiche gesetzliche Vorschriften über die eingeräumte Reichweite der Rechte bestehen. Schließlich darf auch nicht übersehen werden, dass eine geheime Innovation erhebliche Bedeutung für die unterschiedlichsten Märkte haben kann. Die Annahme einer Legalität einer Geschäftsverweigerung an aufgrund geheimer Innovationen hergestellten Erzeugnissen bringt zudem die Problematik mit sich, dass sich der Monopolist damit stets – durch die kaum nachprüfbare Behauptung, es bestünden geheime Innovationen auf irgendeiner Produktionsstufe – einer kartellrechtlichen Haftung entziehen könnte.217 Auch würden die Anreize für einen Monopolisten, (geheime) Innovationen zu entwickeln, bei einer kartellrechtlichen Haftung in einer derartigen Konstellation nur in geringem Umfang eingeschränkt, da es gerade nicht zu einer Offenlegung der Information kommt. Dazu kommt es nur bei einer Offenlegungspflicht. Anders als bei den Immaterialgüterrechten folgt die Stellung des Inhabers einer geheimen Innovation nicht nur aus der Innehabung eines Verbietungsrechts. Vergleichbar mit der Stellung des Inhabers eines körperlichen Gegenstandes hat er auch eine positive Nutzungsmöglichkeit inne. Denn nur er allein kann vor Entdeckung der Innovation durch andere Unternehmen diese rein tatsächlich nutzen. Die Pflicht, auf der geheimen Innovation beruhende Erzeugnisse an andere Unternehmen zu liefern, schränkt daher seine Anreize weniger License Intellectual Property: Xerox and its Critics, Spring 2001 Antitrust and Intellectual Property 11, 18 n. 50. 217 Siehe dazu eingehend: 4. Kapitel: E.II.2.
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ein als die eines Inhabers eines Immaterialgüterrechts bei der Annahme einer Belieferungspflicht. Erst die Offenlegungspflicht schränkt die Anreize, eine geheime Innovation zu entwickeln, erheblich ein, da dann der Inhaber der geheimen Innovation auch die tatsächliche positive Nutzungsmöglichkeit mit anderen Unternehmen teilen muss. Im Extremfall droht ihm sogar der völlige Verlust der Nutzungsmöglichkeit. Dies würde zu einem gewissen Grad der Verpflichtung zur Mitbenutzung (bzw. im extremsten Fall der Übereignung) eines körperlichen Gegenstandes entsprechen. Anders als bei körperlichen Gegenständen wird durch eine derartige Verpflichtung bei geheimen Innovationen nicht die Anreize für Investitionen generell, sondern die Anreize für Investitionen in Innovationsanstrengungen eingeschränkt. In Anbetracht der Bedeutung der Geheimhaltungsmöglichkeiten und der Vorteile, die aus der ersten Markteinführung einer Innovation fließen, und der Anreize, die den Unternehmen durch diese Gesichtspunkte eingeräumt werden, scheint deren Einschränkung wenig hinnehmbar. Nur falls diese Anreize nicht oder nur kaum eingeschränkt werden, sollte eine kartellrechtliche Haftung in Betracht kommen. In diesem Sinne angewandt hat die Entscheidung des Gerichts im Fall In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation dann eine gewisse Bedeutung für die Beurteilung von Offenlegungsverweigerungen an geheimen Innovationen. d) Telecom Technical Services Inc. v. Rolm Co. aa) Entscheidung des Court of Appeals for the Eleventh Circuit In einer neueren Entscheidung führte ein Court of Appeals aus, dass die Bedeutung der Patente eines Unternehmens an Ersatzteilen, deren Lieferung unabhängigen Wartungsunternehmen gegenüber verweigert worden war, nicht untersucht werden musste.218 Denn die Endkunden würden durch den Ausschluss der unabhängigen Wartungsunternehmen nicht schlechter stehen, insbesondere könnten diese damit wahrscheinlich der Berechnung eines Aufschlages der die Ersatzteile wiederverkaufenden Reparaturunternehmen entgehen. Die Kunden unabhängiger Wartungsunternehmen könnten von diesen als reparaturbedürftig identifizierte Teile an den Hersteller senden bzw. beim Hersteller bestellte Ersatzteile durch diese in ihre Geräte einbauen lassen. Der Court of Appeals stufte zudem in dieser Entscheidung die Verweigerung der Lizenzierung der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Computerbetriebssystems nicht als Monopolisierung ein.219 Entscheidend war dabei für diesen, dass es sich bei dem geschützten Computerprogramm – anders als im 218 Telecom Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 388 F.3d 388 F.3d 820, 827 (11th Cir. 2004). 219 Telecom Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 388 F.3d at 828.
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Fall Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. – nicht um Wartungssoftware für ein anderes Erzeugnis handelte. Es verschaffte damit nur einen wettbewerblichen Vorteil auf seinem eigenen Produktmarkt, nicht jedoch auf dem Wartungsmarkt für dieses Programm. Für Diagnosesoftware würden sich dagegen ähnliche Probleme wie bei der Verweigerung der Belieferung unabhängiger Wartungsunternehmen mit immaterialgüterrechtlich geschützten Erzeugnissen stellen.220 bb) Rückschlüsse aus der Entscheidung Die kartellrechtliche Beurteilung von Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten ist deswegen von besonderer Bedeutung, da ein Konkurrenzunternehmen eines Monopolisten auf einem Sekundärmarkt relativ häufig nicht in der Lage ist, den Nachweis eines Koppelungsgeschäfts zu führen. Denn der Monopolist kann statt des Verkaufs eines Erzeugnisses (z. B. eines Ersatzteiles) unter der Bedingung der Abnahme einer weiteren Leistung (z. B. der Reparaturdienstleistung) einen ähnlichen Effekt erzielen, indem er durch die Nichtbelieferung unabhängiger Unternehmen mit dem Erzeugnis den Käufern die Wahl hinsichtlich des Erwerb der weiteren Leistung nimmt. Falls das unabhängige Unternehmen nicht genügend oder gar keine Ersatzteile auf Lager vorrätig hat, ist eine effektive Wartungserbringung durch diesen fast unmöglich.221 Eine effektive Wartung ist beispielsweise auch dann erschwert, wenn die unabhängigen Wartungsunternehmen nicht über die Computerprogramme zur Diagnose von Fehlfunktionen des Produktes verfügen. Ähnliches gilt, wenn sie keine oder nur sehr eingeschränkte Informationen über die Funktionsweise des zu wartenden Produktes haben. Diese Argumentation wurde jedoch in der soeben dargestellten Entscheidung erheblich angezweifelt.222 Ein Court of Appeals hat es zudem beispielsweise abgelehnt, einen Kartellverstoß bei nicht erfolgtem Nachweis eines illegalen Koppelungsgeschäfts wegen der Verweigerung einer Lizenz gegenüber unabhängigen Wartungsunternehmen zur Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Diagnoseprogramms anzunehmen.223 220 Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1187; Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1218; In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d at 1329. 221 Vgl.: Jeffrey K. MacKie-Mason, Antitrust Immunity for Refusals to Deal in (Intellectual) Property Is a Slippery Slope 7 (Antitrust Source, July 2002). 222 So bereits für nicht immaterialgüterrechtlich geschützte Ersatzteile: Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1189. Dies für patentrechtlich geschützte Ersatzteile übernehmend: Telecom Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 388 F.3d at 827. 223 Service & Training, Inc. v. Data General Corp., 963 F.2d 680, 686 (4th Cir. 1992).
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4. Diskussion in der Literatur a) Professor Mark Patterson: Keine Ausdehnung auf Märkte, in denen Immaterialgüterrecht ohne Nutzen für Abnehmer des Erzeugnisses Nach einem Vorschlag von Professor Mark Patterson sollte bei der Beurteilung von Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechten darauf abgestellt werden, ob durch die Geschäftsverweigerung eine Ausdehnung auf den Markt eines Erzeugnisses oder einer Leistung stattfindet, für welches das Immaterialgüterrecht ohne Nutzen für die Abnehmer dieses Erzeugnisses oder dieser Leistung ist.224 Ein Nutzen für die Abnehmer soll damit festgestellt werden können, dass untersucht wird, ob die Ausdehnung auf den anderen Markt als Mittel einer Preisdiskriminierung angesehen werden kann. Falls die Ausdehnung auf den anderen Markt die Feststellung der Nutzungsintensität des Immaterialgüterrechts durch die Abnehmer ermöglicht, spreche viel dafür, dass das Immaterialgüterrecht auch bei dem anderen Erzeugnis oder der anderen Leistung von Nutzen für die Abnehmer sei. Wenn eine derartige Verknüpfung aber nicht gegeben ist, sei die Ausdehnung nicht durch das Bestehen des Immaterialgüterrechtes rechtfertigbar.225 Hintergrund für diese Auffassung ist, dass eine Monopolausdehnung dem Inhaber eines Immaterialgüterrechtes einen größeren Gewinn einräumen könnte, als es als Anreiz zur Entwicklung der Innovation notwendig ist.226 Als Beispielsfall führt Professor Patterson auch die Entscheidung des EuGH im Fall Volvo . /. Veng an, in der EuGH richtigerweise zwischen der Lizenzverweigerung zum Nachbau geschützter Leistungen und der willkürlichen Belieferungsverweigerung unabhängiger Reparaturunternehmen mit Ersatzteilen differenziert habe.227 Die Lizenzverweigerung könnte ein Mittel zur Feststellung der Nutzungsintensität der Abnehmer sei, denn bei Lizenzerteilungen könne diese Feststellung erschwert sein. Eine willkürliche Belieferungsverweigerung unabhängiger Reparaturunternehmen sei dagegen nur schwerlich als Mittel zur Feststellung der Nutzungsintensität der Abnehmer einzuordnen, da diese schon durch den Verkauf der Ersatzteile und kaum durch die Intensität der nachgefragten Reparaturleistungen möglich sei.
224 Mark A. Patterson, When Is Property Intellectual? The Leveraging Problem, 73 S. Cal. L. Rev. 1133, 1140–1141 (2000); Mark A. Patterson, Xerox and the Definition of Intellectual Property, Spring 2001 Antitrust and Intellectual Property 4. 225 Mark A. Patterson, 73 S. Cal. L. Rev. at 1143. 226 Mark A. Patterson, 73 S. Cal. L. Rev. at 1138. 227 Mark A. Patterson, 73 S. Cal. L. Rev. at 1144 n. 52. Zu Volvo . /. Veng siehe 5. Kapitel: D.I.
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b) Chairman of the FTC Robert Pitofsky: Kritik und weitere Ausnahmen von kartellrechtlicher Immunität von Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechten Der damalige Chairman der FTC, Robert Pitofsky, kritisierte den Court of Appeals for the Federal Circuit in einer mittlerweile häufig zitierten Rede dafür, dass dieser eine zu weitgehende Immunität für Lizenzverweigerungen ausgesprochen habe: In effect, the Federal Circuit has leaped from the undeniable premise that an intellectual property holder does not have to license anyone in the first instance to the unjustifiable conclusions that it can select among licensees to achieve an anti-competitive purpose or can condition a license (for example, you receive a license only if you agree not to do business with my competitor) to achieve an anti-competitive effect.228
Der Court of Appeals for the Federal Circuit habe also die Immunität für bedingungslose Lizenzverweigerungen auch auf den Abschluss von wettbewerbswidrigen Lizenzierungsbedingungen ausgeweitet. Auch ansonsten sei dessen Feststellung zu weitgehend, falls sie bedeuten sollte, dass auch bei Hinzutreten weiterer Umstände (z. B. des Bestehens eines Patentpools zweier Unternehmen) keine Prüfung der Auswirkungen einer Geschäftsverweigerung bei Bestehen eines Patents zu erfolgen habe.229 Gegen diese Stellungnahme wurde jedoch argumentiert, dass die Ausführungen des Court of Appeals for the Federal Circuit nicht derart weitgehend seien. Das Recht, eine Lizenz verweigern zu können, enthalte nicht das Recht, Geschäfte unter Bedingungen zu verweigern, die bei Einhaltung zu einer Monopolausdehnung führen können.230 c) Anwendung des sacrifice of profits test Einige Stimmen in der Literatur plädieren für eine Anwendung des sacrifice of profits test auch auf Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechten. Denn sowohl Section 2 Sherman Act als auch die Vorschriften zum Schutz von Immaterialgüterrechten unterschieden zwischen der Erzielung von Gewinnen, zu denen der Inhaber eines Immaterialgüterrechtes berechtigt ist, und des Verzichts
228 Robert Pitofsky, Antitrust and Intellectual Property: Unresolved Issues at the Heart of the New Economy (March 2, 2001). 229 Robert Pitofsky, Challenges of the New Economy: Issues at the Intersection of Antitrust and Intellectual Property, 68 Antitrust L.J. 913, 922–923 (2001). 230 R. Hewitt Pate, Refusals to Deal and Intellectual Property Rights, 10 Geo. Mason L. Rev. 429, 436 (2002). Siehe auch: David McGowan, Innovation, Uncertainty, and Stability in Antitrust Law, 16 Berkeley Tech. L.J. 729, 782–783 (2001).
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auf Gewinne zur Erzielung von zusätzlicher Monopolmacht.231 Problematisch dabei ist aber, dass es für den Inhaber eines Immaterialgüterrechts gerade profitabel sein kann, die Lizenzierung dieses Recht an anderer Unternehmen zu verweigern (und damit auf Gewinne zu verzichten), um (später) die Profite aus einer dominanten Marktposition zu ziehen, die auf seiner alleinigen Verwendungsmöglichkeit des Immaterialgüterrechts beruht.232 Denn einerseits wird der Inhaber Lizenzierungsbegehren abweisen, die ihn nicht vollständig den Verlust der Profite bei eigener Produktion und Vertrieb der auf dem Immaterialgüterrecht beruhenden Erzeugnisse kompensieren.233 Zum anderen kann er bei eigener Produktion und Vertrieb u. U. mehr Profite erzielen, da er die Nutzungsintensität der verschiedenen Nachfrager dann besser überwachen kann. Dieser test stößt daher auch an seine Grenzen, wenn eine Geschäftsverweigerung sowohl nützliche als auch schädliche Effekte hat.234 d) Antitrust Modernization Commission Die Intellectual Property Working Group der aufgrund eines Bundesgesetzes geschaffenen Antitrust Modernization Commission hat empfohlen, dass das Problemfeld der Geschäftsverweigerung an Immaterialgüterrechten keiner vertieften Untersuchung durch die Antitrust Modernization Commission bedarf. Die Fragestellung würde in Kartellrechtsstreitigkeiten nicht oft auftauchen und entscheidend sei in diesen Fällen der jeweils zugrunde liegende Sachverhalt.235
231 A. Douglas Melamed / Ali M. Stoeppelwerth, The CSU Case: Facts, Formalism and the Intersection of Antitrust and Intellectual Property Law, 10 Geo. Mason L. Rev. 407, 419 (2002). So auch: Brief for the United States as Amicus Curiae at 11–12, CSU, L.L.C. v. Xerox Corp., 531 U.S. 1143 (2001) (January 2001). 232 Jonathan I. Gleklen, Per se Legality for Unilateral Refusals to License IP is Correct as a Matter of Law and Policy 6–7. 233 Für ein Beispiel zu diesem Argument siehe: Jonathan I. Gleklen, Per se Legality for Unilateral Refusals to License IP is Correct as a Matter of Law and Policy 7 n. 40. 234 Bloch, Robert E. / Kamann, Hans-Georg / Brown, Jay S. / Schmidt, Jens Peter, ZWeR 2005, 325, 352. 235 Antitrust Modernization Commission, Intellectual Property Working Group, Memorandum: Intellectual Property Issues Recommended for Commission Study (December 21, 2004).
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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III. Lizenzverweigerungen hinsichtlich der Vervielfältigung und Verbreitung von immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen 1. Allgemeines Einige Entscheidungen des Supreme Court geben begrenzten Aufschluss über die Beurteilung von Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten, da diese zwar die Schnittstelle zwischen Kartellrecht und dem Schutz geistigen Eigentums, aber nicht Lizenzverweigerungen selbst betrafen.236 In mehreren Entscheidungen hielten Court of Appeals zudem fest, dass die Verweigerung der Lizenzerteilung an einem Patent, sei es gegenüber jedermann oder nur gegenüber bestimmten Unternehmen, keine Monopolisierung darstellen könne, da die Erteilung bzw. Verweigerung einer Lizenz das uneingeschränkte Recht des Patentinhabers ist.237 Diese Entscheidungen haben aber gemeinsam, dass die Hinweise auf die Rechtmäßigkeit der Lizenzverweigerung nur beiläufig bei der Überprüfung anderer, nicht nur einseitiger Verhaltensweisen eines Patentinhabers getroffen wurde. Der Fall SCM Corp. v. Xerox Corp. betraf dagegen eine Lizenzverweigerung an einem Patent. Bei Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten wurde auch von mehreren Gerichten und in der Literatur die Anwendung der essential facilities doctrine diskutiert. 2. SCM Corp. v. Xerox Corp. Der Fall SCM Corp. v. Xerox Corp. ist die Leitentscheidung zu Lizenzverweigerungen an Patenten, die von anderen Unternehmen erworben wurden und folglich nicht auf eigenen Innovationsanstrengungen des Monopolisten beruhen.238 Der Court of Appeals for the Second Circuit wies in diesem Fall einen auf einer Lizenzverweigerung an einem Patent basierenden Monopolisierungsvorwurf zurück. Das Patent war zu einem Zeitpunkt erworben wurden, zu welchem die zugrunde liegende Technologie noch nicht marktreif war, gab dem
236 Vgl.: Bement v. National Harrow Co., 186 U.S. 70, 90 (1902); United States v. United Shoe Machinery Co., 247 U.S. 32, 57 (1918). Vgl. insb. Hartford-Empire Co. v. United States, 323 U.S. 386, 432 (1945): „A patent owner is not in the position of quasi-trustee for the public or under any obligation to see that the public acquires the free right to use the invention. He has no obligation either to use it or to grant its use to others.“ Siehe dazu auch (u. a. diese Entscheidungen zitierend): R. Hewitt Pate, Competition and Intellectual Property in the U.S.: Licensing Freedom and the Limits of Antitrust (June 3, 2005). 237 United States v. Westinghouse Electric Corp., 648 F.2d 642, 647–648 (9th Cir. 1981); Miller Insituform, Inc. v. Insituform of North America, Inc., 830 F.2d 606, 609 (6th Cir. 1987). Angedeutet auch in: United States v. Studiengesellschaft Kohle, m.b.H., 670 F.2d 1122, 1127–1128 (D.C. Cir. 1981). 238 SCM Corp. v. Xerox Corp., 645 F.2d 1195 (2d Cir. 1981).
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Erwerber aber zu einem späteren Zeitpunkt eine Monopolstellung. Das Gericht gelangte zu der Überzeugung, dass ein Verhalten, welches durch das Patentgesetz erlaubt ist, gewöhnlich keinen Kartellverstoß darstellen kann, solange das Patent nicht unrechtmäßig erworben wurde.239 Die Lizenzverweigerung sei durch das Patentrecht erlaubt. Einen rechtswidrigen Erwerb schloss das Gericht aus, da das Patent nicht zu einem Zeitpunkt erworben worden war, zu dem der Erwerber schon eine Monopolstellung innehatte.240 Das Patentsystem würde erheblich untergraben werden, wenn die Gefahr einer potentiellen Kartellrechtshaftung für den Erwerber eines Patents schon vor der Marktreife der patentierten Erfindung bestünde.241 3. Stellungnahme der Kartellbehörden In den Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property des DoJ und der FTC wird festgehalten, dass selbst der Marktmacht besitzende Inhaber eines Immaterialgüterrechts – worunter die Guidelines auch Geschäftsgeheimnisse verstehen – keine Pflicht hat, dieses an andere Unternehmen zu lizenzieren.242 4. Immaterialgüterrechte als essential facilities a) Entscheidungen in den District Courts Einige wenige District Courts haben ohne weitere Prüfung angenommen, dass auch Immaterialgüterrechte bzw. andere Informationen essential facilities darstellten können, im Ergebnis aber aus unterschiedlichen Gründen eine Lizen239 Vgl.: SCM Corp. v. Xerox Corp., 645 F.2d at 1206: „Where a patent in the first instance has been lawfully acquired, a patent holder ordinarily should be allowed to exercise his patent’s exclusionary power even after achieving commercial success; to allow the imposition of treble damages based on what a reviewing court might later consider, with the benefit of hindsight, to be too much success would seriously threaten the integrity of the patent system. Where, however, the acquisition itself is unlawful, the subsequent exercise of the ordinarily lawful exclusionary power inherent in the patent would be a continuing wrong, a continuing unlawful exclusion of potential competitors.“ 240 SCM Corp. v. Xerox Corp., 645 F.2d at 1208. 241 Vgl.: SCM Corp. v. Xerox Corp., 645 F.2d at 1208: „The patent system would be seriously undermined, however, were the threat of potential antitrust liability to attach upon the acquisition of a patent at a time prior to the existence of the relevant market and, even more disconcerting, at a time prior to the commercialization of the patented art.“ 242 DoJ & FTC, Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property § 2.2: „[M]arket power [does not] impose on the intellectual property owner an obligation to license the use of that property to others.“
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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zierungspflicht abgelehnt.243 Ein District Court verneinte beispielsweise die Anwendung der essential facilties doctrine auf angeblich urheberrechtlich geschützte Inhalte eines Telefonverzeichnisses, da die zugrunde liegenden Informationen ohne Verstoß gegen urheberrechtliche Vorschriften anderweitig erlangbar waren.244 Ein anderer District Court führte aus, dass die essential facilities doctrine zwar in der Mehrzahl der Fälle auf materielle Gegenstände angewandt worden ist, andererseits aber auch kein Grund ersichtlich sei, der ihre Anwendung auf vorenthaltene Informationen zur Erstellung eines Telefonverzeichnisses ausschließt.245 Andere District Courts waren vorsichtiger und maßen dem Bestehen eines Immaterialgüterrechts besondere Bedeutung zu.246 So wurde in einer Entscheidung zwar die Anwendung der essential facilities doctrine auf ein urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm zur Feststellung von Fehlfunktionen eines Computers in Erwägung gezogen, aber nur unter der Prämisse, dass die für materielle Gegenstände aufgestellten Grundsätze nicht ohne weiteres auf Immaterialgüterrechte übertragen werden können. Denn anderenfalls würde jedes bedeutsame Patent oder Urheberrecht eine essential facility darstellen.247 Kurz nach der Entscheidung des Supreme Court im Fall Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP stellte ein District Court fest, dass 243 Siehe z. B.: Montgomery County Association of Realtors, Inc. v. Realty Photo Master Corp., 878 F. Supp. 804, 817 (D. Md. 1995). Den Aspekt eines möglichen Immaterialgüterschutzes eines Computerprogramms bei der ansatzweisen Prüfung der essential facilities doctrine völlig außer Betracht lassend: In re EVIC Class Action Litigation, 2002 U.S. Dist. LEXIS 14049 (S.D.N.Y. 2002). Für den Fall einer Marke siehe: Hudson’s Bay Co. Fur Sales, Inc. v. American Legend Cooperative, 651 F. Supp. 819, 843 n. 14 (D.N.J. 1986). 244 Rural Telephone Service Co. v. Feist Publications, Inc., 737 F. Supp. 610, 620 (D. Kan. 1990), rev’d on other grounds, 957 F.2d 765. 245 BellSouth Advertising & Publishing Corp. v. Donnelley Information Publishing, Inc., 719 F. Supp. 1551, 1566 (S.D. Fla. 1988): „Although the doctrine of essential facilities has been applied predominantly to tangible assets, there is no reason why it could not apply, as in this case, to information wrongfully withheld. The effect in both situations is the same: a party is prevented from sharing in something essential to compete.“ 246 Siehe z. B. für Markenrechte: Sun Dun, Inc. v. The Coca-Cola Co., 740 F. Supp. 381, 393–394 (D. Md. 1990): „This Court is [. . .] of the opinion that particular brand names within a product market are not the appropriate subject matter of an essential facilities claim. [. . .] The antitrust laws protect competition; they do not compel a manufacturer to share the value of the goodwill acquired through competition.“ 247 Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 761 F. Supp. 185, 192 (D. Mass. 1991). Die Kläger griffen die vom District Court getroffenen Festellungen zur essential facilities doctrine im Rechtsmittelverfahren nicht an, so dass der Court of Appeals for the First Circuit nicht über deren Richtigkeit entschied: Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1156 n. 13. Zu beachten ist, dass bei dieser Entscheidung die Verweigerung der Lizenzierung der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Computerprogramms untersucht wurde.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
kein Bedarf für die Anwendung der essential facilities doctrine in Bezug auf die Offenlegung von Informationen bestehe, wenn diese Informationen (Kurswerte einer Börse) schon aufgrund regulatorischer Vorschriften offenzulegen waren.248 Im Fall Intergraph Corp. v. Intel Corp. sah der District Court in immaterialgüterrechtlich geschützten Informationen essential facilities und ordnete die Weitergewährung dieser Informationen an, da auch patentrechtliche Vorschriften keine absolute Immunität vor kartellrechtlicher Haftung geben würden.249 Diese Entscheidung wurde jedoch später aufgehoben.250 In der Rechtsmittelinstanz wurde auch ausdrücklich festgestellt, dass der District Court die Bedeutung der Immaterialgüterrechte ungenügend und falsch gewürdigt habe.251 Damit hat bisher auch nur der Court of Appeals for the Federal Circuit neben einigen District Courts zu der Frage der Anwendung der essential facilities doctrine auf Immaterialgüterrechte Stellung genommen. b) Diskussion im Schrifttum Im kartellrechtlichen Schrifttum ist die Anwendbarkeit der essential facilities doctrine auch auf Immaterialgüterrechte umstritten. Eine Ansicht befürwortet die Anwendung der im Fall MCI Communications Corp. v. American Telephone and Telegraph Co. zusammengefassten Kriterien der essential facilities doctrine auch auf Immaterialgüterrechte. Zudem verlangt diese Ansicht auch nicht den Nachweis, zweier von einander klar abgrenzbarer Märkte.252 Die Gegenmeinung lehnt die Anwendbarkeit kategorisch ab, da Immaterialgüterrechte absolut privilegiert seien.253 Eine differenzierende Ansicht weist darauf hin, dass eine Monopolstellung, die auf ein Immaterialgüterrecht zurückzuführen sei, keine essential facility darstellen könne.254 Schon ganz grundsätzlich fände der Verzicht auf den Nachweis zweier voneinander getrennter Märkte keine Stütze in der Rechtsprechung.255 Zudem sei der Inhaber eines derartigen Rechts be248 New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc., 323 F. Supp. 2d at 568–570. 249 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 3 F. Supp. 2d at 1277–1279. 250 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d 1346, 1356–1358 (Fed. Cir. 1999). 251 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d 1362–1364. 252 Robert Pitofsky / Donna Patterson / Jonathan Hooks, 70 Antitrust L.J. at 461– 462. 253 Vgl. beispielsweise: Abbott B. Lipsky, Jr. / J. Gregory Sidak, 51 Stan. L. Rev. at 1218–1219. Vgl. auch: Phillip E. Areeda, 58 Antitrust L.J. at 850; Phillip E. Areeda / Herbert Hovenkamp, Antitrust Law vol. IIIA, P773e. 254 Lawrence A. Sullivan / Warren S. Grimes, The Law of Antitrust: An Integrated Handbook § 15.8c3. (West 2000); Paul D. Marquardt / Mark Leddy, The Essential Facilities Doctrine and Intellectual Property Rights: A Response to Pitofsky, Patterson, and Hooks, 70 Antitrust L.J. 847, 864 (2003).
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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rechtigt, den Nutzen der aus diesem Recht resultierenden Monopolstellung zu ziehen.256 Der Inhaber sei nicht verpflichtet, Wettbewerb mit seinem geschützten Erzeugnis zu ermöglichen. Anderes könne nur gelten, wenn er die aus dem Schutzrecht resultierende Monopolmacht einsetzt, um die Verbraucher – ähnlich einem Koppelungsgeschäft – mittels einer Geschäftsverweigerung zu zwingen, ein zweites Erzeugnis von ihm zu erwerben.257 Eine Anwendung der essential facilities doctrine sei aber in diesen Fällen entbehrlich, denn auch nach den allgemeinen Regeln zur Beurteilung von Geschäftsverweigerungen kann sich eine Haftung dann ergeben, wenn der Inhaber einer derartigen Monopolstellung unverhältnismäßige und vermeidbare Verhaltensweisen vornimmt, um diese Stellung zu sichern oder auf einen anderen separaten Markt auszuweiten.258 Fraglich bleibt dabei aber, wann ein „separater“ Markt bzw. ein „zweites“ Erzeugnisses vorliegt. Ungewiss ist, ob nur Märkte für Erzeugnisse in Betracht kommen, in denen das Immaterialgüterrecht keinerlei Verwendung gefunden hat bzw. die in keiner Weise auf dem Immaterialgüterrecht beruhen.259 In Betracht könnten aber auch solche Einrichtungen kommen, die schon unabhängig vom Bestehen eines Immaterialgüterrechts als wesentliche Einrichtungen einzustufen sind.260 Schließlich bleibt zu fragen, ob es ausreicht, wenn die Geschäftsverweigerung zur Absicherung der Monopolstellung und nicht zu deren Transfer auf einen anderen Markt eingesetzt wird.261 Noch weitergehend wäre es, wenn der Monopolmachttransfer auf Märkte von Erzeugnissen, die komplementär zum Erzeugnis des Monopolisten sind, erfasst wäre.262 In jedem Fall sind dies Fra255
Paul D. Marquardt / Mark Leddy, 70 Antitrust L.J. at 849–855. Lawrence A. Sullivan / Warren S. Grimes, The Law of Antitrust § 15.8c3.; Paul D. Marquardt / Mark Leddy, 70 Antitrust L.J. at 864. 257 Paul D. Marquardt / Mark Leddy, 70 Antitrust L.J. at 864 n. 54, 873–874. 258 Lawrence A. Sullivan / Warren S. Grimes, The Law of Antitrust § 15.8c3. 259 So z. B.: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.3c3. Vgl. z. B.: Drinkwine v. Federated Publications, Inc., 780 F.2d 735, 739–740 (9th Cir. 1985). In diesem Fall lag ein (wahrscheinlich) auf Immaterialgüterrechten beruhendes Erzeugnis (Zeitung) vor. Verweigert wurde aber nicht die Lieferung dieses Erzeugnisses, sondern der Vertrieb eines Erzeugnisses des anderen Unternehmens (Werbebeilagen) zusammen mit dem geschützten Erzeugnis. Das Gericht thematisierte die (wahrscheinlich bestehenden) Immaterialgüterrechte nicht und lehnte einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act im Ergebnis ab. 260 So z. B.: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.3c3. 261 Dies als Beurteilungsmaßstab für Geschäftsverweigerungen vorschlagend, aber gegen eine Einstufung von Immaterialgüterrechten als essential facilities argumentierend: Lawrence A. Sullivan / Warren S. Grimes, The Law of Antitrust § 15.8c3. 262 Paul D. Marquardt / Mark Leddy, 70 Antitrust L.J. at 864 n. 54. Als Beispielsfall wird genannt, obwohl in dieser Entscheidung nicht die Anwendung der essential facilities doctrine diskutiert wurde: Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d at 1217. Dies allgemein für die kartellrechtliche Beurteilung von Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechten vertretend: Marina Lao, 9 Cornell J.L. & Pub. Pol’y at 218. 256
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
gestellungen, die nicht nur für die Anwendbarkeit der essential facilities doctrine von ausschlaggebender Bedeutung sind, sondern sich ganz allgemein bei der Beurteilung von Geschäftsverweigerungen an immaterialgüterrechtlich geschützten Erzeugnissen stellen.
E. Verbergen von Innovationen I. Allgemeines Anders als Urheberrechte und Patente, die auf Bundesgesetzen beruhen, werden Geschäftsgeheimnisse (und damit auch geheime Innovationen) in den USA durch bundesstaatliche Vorschriften geschützt, von welchen die meisten auf dem Uniform Trade Secrets Act (UTSA) – einem von der National Conference of Commissioners on Uniform State Laws entworfenen Modellgesetz – beruhen.263 Ganz allgemein wird unter einem Geschäftsgeheimnis eine Information – beispielsweise über ein Erzeugnis, eine Vorrichtung, ein Verfahren oder eine Verwendung – verstanden, die durch ihre Geheimhaltung ihrem Inhaber einen wettbewerblichen Vorteil gibt.264 Solange der Inhaber angemessene Vorkehrungen zu der Geheimhaltung der Information getroffen hat, kann er jede missbräuchliche Entwendung sowie die Verwendung oder Offenbarung der missbräuchlich 263 The National Conference of Commissioners on Uniform State Laws, Uniform Trade Secrets Act with 1985 Amendments (August 1985). Vgl. auch: Roger M. Milgrim, Milgrim on Trade Secrets vol. 1, § 1.01 (Matthew Bender 1967 & Supp. November 2005). 264 Vgl. die Definition des Geschäftsgeheimnisses (trade secret) im UTSA: The National Conference of Commissioners on Uniform State Laws, Uniform Trade Secrets Act with 1985 Amendments § 1(4): „(4) ,Trade secret’ means information, including a formula, pattern, compilation, program, device, method, technique, or process, that: (i) derives independent economic value, actual or potential, from not being generally known to, and not being readily ascertainable by proper means by, other persons who can obtain economic value from its disclosure or use, and (ii) is the subject of efforts that are reasonable under the circumstances to maintain its secrecy.“ Von den Gerichten wurde auch immer wieder auf die Definition des sog. Restatement of Torts aus dem Jahr 1939 zurückgegriffen, vgl. American Law Institute, Restatement of the Law of Torts § 757, comment b (American Law Institute 1939): „Definition of trade secret. A trade secret may consist of any formula, pattern, device or compilation of information which is used in one’s business, and which gives him an opportunity to obtain an advantage over competitors who do not know or use it. It may be a formula for a chemical compound, a process of manufacturing, treating or preserving materials, a pattern for a machine or other device, or a list of customers. [. . .].“ Siehe dazu auch die Ausführungen des Supreme Court (das Recht des Staates Ohio wiedergebend) in Kewanee Oil Co. v. Bicron Corp., 416 U.S. 470, 474–475 (1974). Als Leitentscheidung zu dem Begriff des Geschäftsgeheimnisses ist hier zudem zu nennen: Metallurgical Industries Inc. v. Fourtek, Inc., 790 F.2d at 1199–1203.
E. Verbergen von Innovationen
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entwendeten Information verbieten.265 Dritten kann die Verwendung bzw. Offenbarung nur bei Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis von der Entwendung untersagt werden. Umstritten war für eine Zeit lang, ob bundesstaatliche Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen stets oder nur auch teilweise für eigentlich patentierbare Erfindungen durch das bundesgesetzliche Patentgesetz verdrängt sind (preemption). Der Supreme Court lehnte eine Verdrängung aber u. a. mit dem Argument ab, dass der bundesstaatliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen vergleichsweise schwach sei und es daher unwahrscheinlich sei, dass dieser im Falle wesentlicher Erfindungen von einer Patentierung abhalten würde.266 In der US-amerikanischen Diskussion ist dagegen noch immer ganz allgemein umstritten, ob bei der kartellrechtrechtlichen Beurteilung der Verwendung von Geschäftsgeheimnissen dieselben Grundsätze wie bei derjenigen von Patent- und Urheberrechten angewandt werden sollten. Teile der Rechtswissenschaft tragen vor, dass die bundesgesetzlichen Regelungen des Sherman Act den bundesstaatlichen Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen weniger Spielraum lassen müssten, als den bundesgesetzlichen Patent- und Urhe265 Vgl. die Definitionen im UTSA: The National Conference of Commissioners on Uniform State Laws, Uniform Trade Secrets Act with 1985 Amendments § 1(1)–(2): „(1) ,Improper means‘ includes theft, bribery, misrepresentation, breach or inducement of a breach of a duty to maintain secrecy, or espionage through electronic or other means; (2) ,Misappropriation‘ means: (i) acquisition of a trade secret of another by a person who knows or has reason to know that the trade secret was acquired by improper means; or (ii) disclosure or use of a trade secret of another without express or implied consent by a person who (A) used improper means to acquire knowledge of the trade secret; or (B) at the time of disclosure or use, knew or had reason to know that his knowledge of the trade secret was (I) derived from or through a person who had utilized improper means to acquire it; (II) acquired under circumstances giving rise to a duty to maintain its secrecy or limit its use; or (III) derived from or through a person who owed a duty to the person seeking relief to maintain its secrecy or limit its use; or (C) before a material change of his [or her] position, knew or had reason to know that it was a trade secret and that knowledge of it had been acquired by accident or mistake.“ Vgl. dazu auch die Leitentscheidung E. I. duPont deNemours & Co. v. Christopher, 431 F.2d 1012, 1014–1017 (5th Cir. 1970). Zur Frage des Umfangs von angemessenen Geheimhaltungsvorkehrungen vgl. Rockwell Graphic Systems, Inc. v. DEV Industries, Inc., 925 F.2d 174, 180 (7th Cir. 1991): „If trade secrets are protected only if their owners take extravagant, productivityimpairing measures to maintain their secrecy, the incentive to invest resources in discovering more efficient methods of production will be reduced, and with it the amount of invention.“ 266 Kewanee Oil Co. v. Bicron Corp., 416 U.S. at 489–490.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
berrechtsgesetzen.267 Dieses Argument läuft freilich dann leer, wenn man das Verhältnis von bundesstaatlichem Kartellrecht mit bundesstaatlichen Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen betrachtet. Die Regelungen zum rechtlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen erreichen aber in keinem Fall das durch Patent- oder Urhebergesetze gewährte Schutzniveau. Denn der Schutz von Geheimnissen wird im Wesentlichen durch die tatsächliche Geheimhaltung erzielt. Die beiden Bundeskartellbehörden sind dagegen in den Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property der Auffassung, dass im Zusammenhang mit der Verwendung von Geheimnissen stehende Verhaltensweisen kartellrechtlich nicht anders zu behandeln sind, als bei anderen Immaterialgüterrechten oder dinglichen Rechten an Sachen.268 Auch in der Literatur wird argumentiert, dass Lizenzierungsverweigerungen an Geschäftsgeheimnissen nicht mehr wettbewerbswidrige Auswirkungen als Lizenzierungsverweigerungen an Patenten hätten.269 Diese könnte sogar geringere Auswirkungen haben, da Geschäftsgeheimnisse nicht vor unabhängiger Eigenentwicklung durch andere Unternehmen geschützt sind.270 Der Supreme Court hat bisher zu dem Spannungsfeld zwischen Geschäftsgeheimnissen und Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen nur sehr beiläufig Stellung bezogen. Von einigen Courts of Appeals und District Courts wurde dieses Spannungsfeld jedoch schon thematisiert. Wie bei Geschäftsverweigerungen, die Immaterialgüterrechte betreffen, kann dabei auch nach Entscheidungen differenziert werden, die Erzeugnisse betreffen, die geheime Innovationen enthalten und Lizenzverweigerungen an dem Geheimnis selbst. Wie bei den Immaterialgüterrechten kann die Lizenzverweigerung dazu dienen, einem anderen Unternehmen von der Verwendung der geheimen Innovation, aber auch vom Vertrieb oder der Vervielfältigung abzuhalten. Darüber hinaus ist aber auch die Fallkonstellation zu beobachten, dass das Unternehmen 267 James C. Burling / William F. Lee / Anita K. Krug, The Antitrust Duty to Deal and Intellectual Property Rights, 24 Iowa J. Corp. L. 527, n. 1 and 547 n. 173 (1999); Phillip E. Areeda / Herbert Hovenkamp, Antitrust Law vol. III, P711c: „[T]here is presumptively less accommodation of federal antitrust to state trade secret law.“ Zweifelnd dagegen: Robert P. Merges / Peter S. Menell / Mark A. Lemley, Intellectual Property in the New Technology Age 1138–1139 (2d ed., Aspen L. & Bus. 2000). 268 DoJ & FTC, Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property § 2.1: „The Agencies apply the same general antitrust principles to conduct involving intellectual property that they apply to conduct involving any other form of tangible or intangible property. [. . .] Although there are clear and important differences in the purpose, extent, and duration of protection provided under the intellectual property regimes of patent, copyright, and trade secret, the governing antitrust principles are the same.“ 269 Vgl. z. B.: Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets § 8: 5.2: „A refusal to license a trade secret has no more anticompetitive effect than a refusal to license a patent; and thus the economic legitimacy of a refusal is presumptively as great as for the refusal to license a patent.“ 270 Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets § 8: 5.2 n. 66.
E. Verbergen von Innovationen
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Kenntnis über den Inhalt der geheimen Innovation benötigt, um eigene Erzeugnisse zu entwickeln, die gerade nicht die geheime Innovation verwenden. Zudem sind einige Spezialkonstellationen feststellbar. Insgesamt lassen sich sechs Fallgruppen abgrenzen: 1. Geschäftsverweigerungen an geheime Innovationen enthaltenden Erzeugnissen nach deren Markteinführung, 2. Nichtoffenlegungen von Innovationen vor deren Markteinführung, 3. Verweigerungen der Lizenzierung geheimer Innovationen nach deren Markteinführung, 4. Nichtoffenlegung von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung, 5. Verbergen von geheimen Innovationen gegenüber Normungsorganisationen bzw. an Standardsetzung beteiligten Unternehmen und 6. Geheimhaltungen von Innovationen gegenüber Partnern von Forschungs- und Entwicklungskooperationen. II. Geschäftsverweigerungen an geheime Innovationen enthaltenden Erzeugnissen nach deren Markteinführung 1. Susser v. Carvel Corp. Ein Court of Appeals stellte fest, dass der Inhaber eines geheimen Rezepts zur Herstellung von Eiscreme das Recht habe, zu entscheiden, an wen auch immer er die Eiscreme verkauft.271 Daher durfte der Inhaber des geheimen Rezepts in Verträgen mit Unternehmen, welche die Eiscreme für ihn herstellten, auch darauf bestehen, dass diese die Eiscreme (1) unter dem Versprechen der Geheimhaltung, (2) ausschließlich für ihn und (3) nur nach seinen Vorstellungen absetzen durften.272 2. Telecomm Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc. Kurz nach der Entscheidung des Court of Appeals for the Federal Circuit in dem Fall In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation stellte ein District Court fest, dass die Weigerung, auf geheimen Innovationen basierende Erzeugnisse zu liefern, weniger Schutz vor kartellrechtlichen Vorwürfen genießen würde, als die Weigerung auf Patent- oder Urheberrechten basierende Erzeugnisse zu liefern.273 Denn im Falle von auf Patent- oder Urheberrecht basierenden Erzeugnissen falle eine Geschäftsverweigerung in den Geltungsbereich 271 Susser v. Carvel Corp., 332 F.2d 505, 517 (2d Cir. 1964): „[I]t seems perfectly clear that as the possessor of a secret formula for its ice cream mix Carvel [Corp.] enjoyed the right to sell it to whomever it chose [. . .].“ 272 Susser v. Carvel Corp., 332 F.2d at 517. 273 Telecomm Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 150 F. Supp. 2d 1365, 1370 (N.D. Ga. 2000), aff’d on other grounds, sub nom. Telecom Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 388 F.3d at 827.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
(scope) dieser gesetzlich normierten Rechte. Ein entsprechendes gesetzlich normiertes Recht bestehe bei Geschäftsgeheimnissen dagegen nicht. Da die Definition für Geschäftsgeheimnisse sehr weit sei, würde fast jede wettbewerbswidrige Geschäftsverweigerung dem Zugriff durch die Kartellgesetze entzogen werden, wenn Geschäftsverweigerungen über geheime Innovationen verkörpernde Erzeugnisse demselben Schutz wie Geschäftsverweigerungen an auf Patenten oder Urheberrecht beruhenden Erzeugnissen haben würden.274 Zudem seien Geschäftsgeheimnisse verkörpernde Erzeugnisse nur vor ihrem ersten Verkauf besonders wertvoll. Nach der erfolgten Markteinführung der jeweiligen Erzeugnisse käme eine Immunität vor kartellrechtlichen Verboten im Falle von Geschäftsverweigerungen daher nicht mehr in Betracht.275 Aus dieser Entscheidung wird deutlich, dass das Ziel eines Marktbeherrschers, eine geheime Innovation schützen zu wollen, dann nicht mehr von Bedeutung sein könnte, wenn (1) er diese verkörpernde oder verwendende Erzeugnisse auf den Markt gebracht hat und (2) andere Unternehmen nur Belieferung mit diesen Erzeugnissen verlangen.276 Die oben genannte Entscheidung im Fall Susser v. Carvel Corp. scheint dies dagegen zu übersehen und gibt wohl nur den allgemeinen Grundsatz wieder, dass ein Unternehmen grundsätzlich nicht verpflichtet ist, mit anderen Unternehmen in Geschäftsbeziehungen zu treten. Berechtigter erscheint das Ziel der Geheimhaltung dagegen, wenn andere Unternehmen entweder Belieferung mit geheimen Innovationen verkörpernden Erzeugnissen vor deren erster Markteinführung oder Lizenzierung bzw. Offenlegung der geheimen Innovationen verlangen. Im ersten Fall ist nämlich der besondere Wert einer geheimen Innovation, der sich aus dem Vorsprung der ersten Markteinführung ergibt, gefährdet. Im zweiten Fall ist dagegen die geheime Innovation selbst gefährdet. Denn andere Unternehmen werden eine Offenlegung der geheimen Innovation überhaupt nur bedürfen, wenn diese – vor oder selbst nach Markteinführung der sie verkörpernden Erzeugnisse – tatsächlich geheim
274 Telecomm Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 150 F. Supp. 2d at 1370. 275 Telecomm Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 150 F. Supp. 2d at 1370. 276 Der Supreme Court hat auch schon zu Section 1 Sherman Act festgestellt, dass wettbewerbsbeschränkende Bedingungen bei Verkauf eines Erzeugnisses nicht aufgrund eines geheimen Herstellungsverfahrens legitimiert seien, wenn durch das Erzeugnis nicht das Geheimnis offengelegt wird. Ein Geheimnis gewähre anders als ein Patent gerade kein ausschließliches Recht über die Kontrolle des Verkaufs von mittels dem Geheimnis hergestellten Erzeugnissen, vgl.: Dr. Miles Medical Co. v. John D. Park & Sons Co., 220 U.S. 373, 403–404 (1911): „If a manufacturer, in the absence of statutory privilege, has the control over the sales of the manufactured article, [. . .] it is not because the process of manufacture is kept secret. In this respect, the maker of so-called proprietary medicines, unpatented, stands on no different footing from that of other manufacturers.“
E. Verbergen von Innovationen
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und nicht auf legale Weise aus den Erzeugnissen (z. B. durch reverse engineering) ableitbar ist. III. Nichtoffenlegungen von Innovationen vor deren Markteinführung 1. IBM-Fälle a) Hintergrund In den Jahren zwischen 1975 und 1980 wurde dem damals auf dem Gebiet der Computertechnologie marktführenden Unternehmen International Business Machines Corp. (IBM) in mehreren Prozessen vorgeworfen, dass es u. a. durch die Nichtoffenlegung der Schnittstelleninformationen vor ihrer ersten Markteinführung stehenden Computern gegen Section 2 Sherman Act verstoßen habe.277 IBM war der marktführende Hersteller von Zentralprozessoren für Computersysteme. Zudem vertrieb IBM in Konkurrenz zu anderen Unternehmen auch Peripheriegeräte (z. B. Diskettenlaufwerke), die mittels Schnittstellen mit dem Zentralprozessor verbunden wurden. IBM nahm Änderungen an den Schnittstellen vor und informierte andere Unternehmen vor Auslieferung der Zentralprozessoren nicht über diese Änderungen.278 Das Zusammenwirken zwischen Zentralprozessor und Peripheriegeräten mittels der Schnittstellen wurde mit dem Zusammenwirken zwischen Steckdose und Stecker bei der Stromabnahme verglichen.279 IBM trat diesem Vergleich entgegen und trug vor, dass Schnittstelleninformationen im Gegensatz zu Stromsteckern Rückschlüsse auf die Funktionsweise der sie verwendenden Geräte ermöglichen.280 b) Entscheidungen Die Gerichte untersuchten sowohl, ob die Änderungen der Schnittstellen als auch, ob die nicht rechtzeitige Offenlegung der geänderten Schnittstellen eine Monopolisierung im Sinne von Section 2 Sherman Act darstellen könnten.281 277 ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. 423 (N.D. Cal. 1978), aff’d, sub nom. Memorex Corp. v. International Business Machines Corp., 636 F.2d 1188 (9th Cir. 1980); California Computer Products, Inc. v. International Business Machines Corp., 613 F.2d 727, 744 (9th Cir. 1979). 278 ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. at 436. 279 ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. at 437. 280 ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. at 437. 281 Nur die Abänderung der Schnittstellen betrafen folgende Entscheidungen: Transamerica Computer Co. v. International Business Machines Corp., 481 F. Supp. 965,
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Von Bedeutung sind für die vorliegende Untersuchung nur die nicht erfolgten Offenlegungen: Ein District Court, dessen Entscheidung später vollständig von einem Court of Appeals bestätigt wurde, folgte den Ausführungen von IBM, dass eine Offenlegung der Schnittstellen die Erlangung wertvoller Informationen über die sie verwendenden Geräte durch andere Unternehmen ermöglichen würde.282 Dieses Gericht konnte auch nicht feststellen, dass die Konkurrenzunternehmen aufgrund der Änderungen nicht gegen IBM erfolgreich konkurrieren konnten. Vielmehr konkurrierten dies erfolgreich gegen IBM und waren auch in der Lage, den zeitlichen Vorsprung, den IBM aus Änderungen seiner Produkte in der Vergangenheit gezogen hatte, stetig zu verkürzen.283 Schließlich würden die Anreize für IBM, in Forschung und Entwicklung zu investieren, eingeschränkt werden, wenn IBM dieser zeitliche Vorsprung vollständig entzogen würde.284 Ein Court of Appeals führte aus, dass IBM nicht verpflichtet sei, anderen Unternehmen vor der Markteinführung Informationen über den Inhalt neuer Erzeugnisse zu geben: „IBM, assuming it was a monopolist, had the right to redesign its products to make them more attractive to buyers whether by reason of lower manufacturing cost and price or improved performance. It was under no duty to help [. . .] peripheral equipment manufacturers survive or expand. IBM need not have provided its rivals with disk products to examine and copy [. . .] nor have constricted its product development so as to facilitate sales of rival products.“285
c) Rückschlüsse aus den Entscheidungen Die Entscheidungen zeigen, dass ein gewisser Zusammenhang zwischen der Abänderung der Schnittstellen und der nicht rechtzeitigen Offenlegung der Schnittstellen bestehen kann. Trotzdem ist auch ein Unterschied zwischen beiden Verhaltensweisen zu beobachten. Denn technologische Weiterentwicklungen 1002–1009 (N.D. Cal. 1979), aff’d, 698 F.2d 1377, 1382–1383 (9th Cir. 1983). Zu den Rechtsstreitigkeiten zwischen IBM und den Herstellern von Peripheriegeräten gehört zudem der hier der Vollständigkeit halber genannte Fall The Telex Corp. v. International Business Machines Corp., 510 F.2d 894. 282 ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. at 437. 283 ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. at 437. 284 ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. at 437. 285 California Computer Products, Inc. v. International Business Machines Corp., 613 F.2d at 744.
E. Verbergen von Innovationen
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können die Abänderung von Schnittstellen erfordern. Daher haben die Gerichte auch untersucht, ob die Abänderung der Schnittstellen durch IBM durch Weiterentwicklungen bedingt war oder zum Ausschluss von Konkurrenten eingesetzt wurde.286 Die Geheimhaltung einer Innovation ist dagegen eine der Möglichkeiten zum Schutz der Innovation vor dem Zugriff anderer Unternehmen. Sie ist gerade nicht die Innovation selbst. Auch erfordert die Abänderung einer Schnittstelle nicht zwingend deren Geheimhaltung. Die Gerichte haben deshalb auch nicht untersucht, ob die Geheimhaltung durch den Fortschritt bedingt war. Vielmehr stand im Vordergrund, ob durch die Geheimhaltung der Änderungen ein Wettbewerbsnachteil für konkurrierende Unternehmen hervorgerufen worden ist. Die Fälle sind durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die relevanten Informationen nur bis zum Zeitpunkt der ersten Auslieferung des Erzeugnisses geheim gehalten werden konnten. Danach war eine Ableitung der relevanten Informationen aus den Erzeugnissen (durch reverse engineering) ohne weiteres möglich. Zudem stand fest, dass die Konkurrenzunternehmen mit dem marktführenden Unternehmen konkurrieren konnten und dies auch taten. Insbesondere muss beachtet werden, dass durch Schnittstelleninformationen auch Rückschlüsse auf andere Produktteile gezogen werden können. Ein andere Betrachtung könnte u. U. im Falle wirksamer Geheimhaltung, z. B. durch Verschlüsselung angebracht sein. Denn dort bleiben die Informationen auch nach Auslieferung des Erzeugnisses u. U. weiter geheim.
286 Vgl. einerseits ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. at 438–441 citing Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc., 537 F.2d 1307, 1330 (5th Cir. 1976): „Where there is a difference of opinion as to the advantages of two alternatives which can both be defended from an engineering standpoint, the court will not allow itself to be enmeshed ,in a technical inquiry into the justifiability of product innovations.‘[. . .].“ So auch: California Computer Products, Inc. v. International Business Machines Corp., 613 F.2d at 743–744. Vgl. andererseits Transamerica Computer Co. v. International Business Machines Corp., 481 F. Supp. at 1003, aff’d, 698 F.2d at 1382–1383: „If the design choice is unreasonably restrictive of competition, the monopolist’s conduct violates the Sherman Act. This standard will allow the factfinder to consider the effects of the design on competitors; the effects of the design on consumers; the degree to which the design was the product of desirable technological creativity; and the monopolist’s intent, since a contemporaneous evaluation by the actor should be helpful to the factfinder in determining the effects of a technological change.“
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
2. Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co. a) Hintergrund Das Unternehmen Eastman Kodak Co. (Kodak) war in den USA das vorherrschende Unternehmen im Bereich der Amateurphotographie.287 Es besaß eine dominante Stellung auf den Märkten für Amateurfotokameras, Filme und Fotopapier.288 Kodak brachte dann neue, im Vergleich zu Konkurrenzprodukten besonders kleine Fotokameras auf den Markt. Da die Fotokameras vergleichsweise klein waren, konnten auch nur kleinere als die bisher vertriebenen Filme verwendet werden.289 Gleichzeitig zu der Markteinführung der Fotokameras stellte Kodak neue qualitativ bessere Filme vor, die kleiner waren und daher in die neuen Kameras passten. Kodak hätte zwar auch die bisher vertriebenen Filme in einem kleineren Format anbieten können. Kodak entschied sich aber die neuen, qualitativ besseren Filme zu vertreiben, und zwar ausschließlich nur in dem neuen kleineren Format.290 Berkey Photo, Inc. (Berkey) stellte ebenfalls u. a. Fotokameras her. Berkey verklagte Kodak und warf Kodak u. a. vor, dass Kodak als dominanter Kameraund Filmhersteller gegen Section 2 Sherman Act verstoßen habe, indem es Konkurrenzunternehmen nicht über die Einführung einer neuen Kamera mit kleinerem Filmformat informiert habe.291 Kodak habe aufgrund seiner Monopolstellung bei Filmen und Kameras in der Vergangenheit andere Hersteller von der Einführung von Kameras mit neuen Filmformaten abgehalten. Kodak sei daher verpflichtet gewesen, seinen Konkurrenten auf dem Kameramarkt im Voraus über die Einführung der neuen Kameratechnologie zu informieren, damit diese zum selben Zeitpunkt wie Kodak mit neuen Kameras am Markt auftreten konnten.292 b) Entscheidung des Court of Appeals for the Second Circuit Das Gericht stellte zu Beginn seiner Entscheidung klar, dass ein Unternehmen regelmäßig seine Innovationen vor seinen Konkurrenten solange geheim halten darf, wie es dies selbst für sinnvoll erachtet und die Konkurrenten auf ihre eigenen Anstrengungen verweisen darf, den aus der Markteinführung eines neuen Erzeugnisses folgenden Vorsprung aufzuholen.293 Anderenfalls würden 287 288 289 290 291 292 293
Berkey Berkey Berkey Berkey Berkey Berkey Berkey
Photo, Photo, Photo, Photo, Photo, Photo, Photo,
Inc. Inc. Inc. Inc. Inc. Inc. Inc.
v. v. v. v. v. v. v.
Eastman Eastman Eastman Eastman Eastman Eastman Eastman
Kodak Kodak Kodak Kodak Kodak Kodak Kodak
Co., Co., Co., Co., Co., Co., Co.,
603 603 603 603 603 603 603
F.2d F.2d F.2d F.2d F.2d F.2d F.2d
at at at at at at at
267. 273. 277. 277. 279. 279. 281.
E. Verbergen von Innovationen
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die Anreize für Aufwendungen in Forschung und Entwicklung sehr wahrscheinlich beeinträchtigt werden.294 Zudem würde sich sonst eine erhebliche Rechtsunsicherheit für die Unternehmen ergeben. Diese müssten im Voraus abschätzen, ob eine Jury in der unterlassenen Offenlegung der Produktinnovationen gegenüber Konkurrenzunternehmen einen Kartellverstoß erblicken könnte.295 Gleich schwierig sei es zudem für die Unternehmen abzuschätzen, in welchem Umfang eine derartige Offenlegung erfolgen müsse und zu welchem Zeitpunkt Innovationen weit genug fortgeschritten sind, um offengelegt werden zu müssen.296 Aus diesen Gründen sei folglich auch ein Monopolist berechtigt, den Nutzen aus seiner Innovation zu ziehen, indem er diese zuerst auf den Markt bringt.297 Das Gericht prüfte weiter, ob diese Feststellungen auch für ein Unternehmen wie Kodak gelten können, welches Monopolstellungen in den miteinander verknüpften Märkten für Fotokameras und Filme einnahm. Das Gericht stellte bei seiner Prüfung einen mittlerweile vom Supreme Court abgelehnten test zur Feststellung einer Monopolisierung durch Monopolausdehnung (monopoly leveraging) auf.298 Nach diesem test ist die Ausübung von Monopolmacht zur Erzielung eines wettbewerblichen Vorteils in einem anderen Markt ausreichend, um einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act zu begründen, selbst wenn dadurch keine Monopolisierung des anderen Marktes erfolgt ist.299 Das Gericht kam aber zu dem Ergebnis, dass Kodak selbst bei Anwendung dieses tests nicht gegen Section 2 Sherman Act verstoßen habe, da Kodak seine Monopolmacht aus dem Filmgeschäft nicht eingesetzt habe, um einen wettbewerblichen Vorteil auf dem Markt für Amateurfotokameras zu erzielen. Zum einen hätte Kodak die Formatänderung bei den Kameras auch einführen können, wenn es keine Monopolstellung auf dem Markt für Filme gehabt hätte.300 Von Bedeutung und von Nachteil für die Konkurrenten auf dem Markt für Kameras war vorrangig die Geheimhaltung der Änderung des Kameraformats, nicht die der Innovationen im Bereich Film.301 Die kleineren Filme waren nur eine Folge der Änderung des Kameraformats, welche Kodak auch ohne seine Monopolstellung auf dem Markt für Filme durchsetzen hätte können. Denn auch dann hätte Kodak ausreichende Mengen der kleineren Filme selbst herstellen können. 294
Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 296 Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 297 Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 298 Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis 415 n. 4. 299 Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 300 Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 301 Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 295
281. 282. 282. 283. V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 275–277. 283. 283.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Zum anderen ergebe sich eine Pflicht zur rechtzeitigen Offenlegung des neuen Kameraformats auch nicht daraus, dass Kodak in der Vergangenheit mehrmals die Einführung kleinerer Kameraformate durch Konkurrenzunternehmen durch die Weigerung, dafür passende Filme bereitzustellen, zumindest erschwert hatte. Die Vorteile, die aus einer derartigen Offenlegung den Konkurrenten von Kodak zugekommen wären, stünden in keinem Zusammenhang mit den Nachteilen, die aus den früheren Erschwerungen bei der Einführung neuer Kameraformate entstanden sind.302 Sie würden u. U. sogar Unternehmen zukommen, die in der Vergangenheit überhaupt keine Nachteile erlitten hatten. Zudem kann es Kodak nicht aufgegeben sein, unvermittelt zu erkennen, mit welchen für Kodak nachteiligen Maßnahmen frühere schädigende Maßnahmen beseitigt werden könnten.303 Die Entscheidung des Court of Appeals wurde später durch den zuständigen District Court in einem Parallelverfahren wieder aufgegriffen und dahingehend wiederholt, dass eine Monopolisierung durch die Nichtoffenlegung von Kenntnissen über neue Erzeugnisse selbst durch einen Monopolisten nur in den seltensten Fällen angenehmen werden könne und erhebliche Anforderungen an den Nachweis einer Monopolisierung durch ein derartiges Verhalten gestellt würden.304 Sowohl die Verpflichtung zur Offenlegung derartiger Kenntnisse als auch die Unklarheiten bei der Anwendung eines derartigen Rechtssatzes würden von Forschungen und Innovationen abhalten.305 c) Rückschlüsse aus der Entscheidung Diese Entscheidung zeigt, dass der Einsatz von Monopolmacht zur Erzielung eines wettbewerblichen Vorteils auf einem anderen Markt nicht vorschnell angenommen werden sollte. Ähnlich argumentierte – auf diese Entscheidung hinweisend – auch ein District Court: „Naturally, the manufacturer has significant advantages in developing the maintenance services. [The manufacturer] knows the system before it is released to the public and can begin development of a diagnostic earlier; it has immediate contact with the owner, who will need maintenance in the future; and it has name recognition. While these advantages create significant barriers for [third party maintainers], according to Justice Douglas [in United States v. Grinnell Corp.] they represent historic accident – the natural benefit of being a manufacturer.“306
302 303 304 305 306
Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 284. Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 285. GAF Corp. v. Eastman Kodak Co., 519 F. Supp. 1203, 1228 (S.D.N.Y. 1981). GAF Corp. v. Eastman Kodak Co., 519 F. Supp. at 1229. Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 761 F. Supp. at 191.
E. Verbergen von Innovationen
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Dies ist insbesondere für die Beurteilung von Offenlegungsverweigerungen nach Art. 82 EG von Bedeutung, da der vom Court of Appeals for the Second Circuit angewandte test zumindest im Ansatz dem nach Art. 82 EG erforderlichen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ähnelt, der auch nicht die Monopolisierung eines weiteren Marktes erfordert. Nicht vollständig wurde in der Entscheidung geklärt, ob und wann das Geheimhalten von Produktinnovationen einen Einsatz von Monopolmacht zur Erzielung eines wettbewerblichen Vorteils auf einem anderen Markt darstellen kann. Das Gericht führte aber nachvollziehbar aus, dass durch eine Verpflichtung zur Offenlegung einer Innovation vor Markteinführung die Anreize für Aufwendungen in Forschung und Entwicklung sehr wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Zudem würde sich eine erhebliche Rechtsunsicherheit für die Unternehmen hinsichtlich Umfang und Zeitpunkt der Offenlegungspflicht ergeben. Schließlich zeigt die Entscheidung, dass gute Gründe dagegen sprechen, ein illegales Verhalten darin zu erblicken, dass ein Unternehmen nicht mittels Offenlegung eigener Innovationen frühere eigene Verstöße hinsichtlich Innovationen anderer Unternehmen beseitigt. 3. Digital Equipment Corp. v. System Industries, Inc. In einer anderen Entscheidung stellte ein District Court dagegen fest, dass ein Hersteller von Computern gegen Section 2 Sherman Act verstoßen könne, wenn sein gesamtes Verhalten die Absicht zeige, eine Monopolstellung zu erzeugen oder aufrechtzuerhalten. 307 Einer der Vorwürfe war dabei auch, dass der Computerhersteller seine Geschäftspolitik der Offenlegung von Schnittstellentechnologien vor Markteinführung seiner Produkte gegenüber dem Hersteller von peripheren Speichereinheiten (z. B. Diskettenlaufwerke) eingestellt hatte.308 4. Intergraph Corp. v. Intel Corp. a) Hintergrund Die Parteien dieses Rechtsstreits waren Intel Corp. (Intel), der dominante Hersteller von Hochleistungsmikroprozessoren für Computer und das Unternehmen Intergraph Corp. (Intergraph), ein Produzent von Computern, welche zur Erzeugung von computerunterstützten Grafiken eingesetzt werden.309 Intel belieferte Intergraph mit Hochleistungsmikroprozessoren zum Einbau in die von 307 Digital Equipment Corp. v. System Industries, Inc., 1990-1 Trade Cas. (CCH) P68,901 (D. Mass. 1990). 308 Digital Equipment Corp. v. System Industries, Inc., 1990-1 Trade Cas. (CCH) P68,901. 309 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d 1346, 1349 (Fed. Cir. 1999).
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Intergraph produzierten Computer. Intel ließ im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung Intergraph besondere Vorteile zuteil werden, die Intel nicht allen seinen Abnehmern gewährte, darunter u. a. Informationen über vor dem erstmaligen Vertrieb stehende Produkte (durch Übermittlung von Produktmustern), nicht allgemein bekannte technische Informationen und individualisierte technische Unterstützung.310 Nachdem Intergraph gegenüber Intel eine Patentverletzungsklage aufgrund eines Patents im Bereich der Mikroprozessortechnologie erhoben hatte, belieferte Intel zwar weiter Intergraph, stellte aber diese bevorzugte Behandlung ein.311 Intergraph machte geltend, dass es ohne die bevorzugte Behandlung nicht auf dem Markt für Computer, die zur Erzeugung von computerunterstützten Grafiken verwendet werden, konkurrieren könne.312 Da das Eingangsgericht in der Einstellung der bevorzugten Behandlung einen wahrscheinlich nachweisbaren Kartellrechtsverstoß sah, gab es Intel in einer einstweiligen Verfügung auf, Intergraph die besonderen Vorteile weiter zu gewähren.313 b) Entscheidung des Court of Appeals for the Federal Circuit Das Rechtsmittelgericht (Court of Appeals for the Federal Circuit) hob die einstweilige Verfügung auf, da es keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Nachweis eines Kartellrechtsverstoßes erkennen konnte.314 Das Gericht stellte zu Beginn ganz allgemein fest, dass einseitige Verhaltensweisen, die zwar die geschäftliche Situation eines anderen Unternehmens beeinträchtigen, aber nicht in der Absicht getroffen wurden, einen Markt zu monopolisieren, nicht gegen Section 2 Sherman Act verstoßen.315 Begründet wurde dies damit, dass die Kartellgesetze nur den Schutz des Wettbewerbs und nicht der einzelnen Wettbewerber oder einzelner Abnehmer bezwecken.316 Da Intel auf keinem Markt, insbesondere nicht auf dem Markt für Computer, mit Intergraph konkurrierte, konnte nach Auffassung des Gerichts durch eine Beeinträchtigung der geschäftlichen Tätigkeiten Intergraphs keine Monopolisierung eines Marktes hervorgerufen werden.317 Nachfolgend ging das Gericht im Einzelnen auf die vom Eingangsgericht dargelegten Begründungen für einen wahrscheinlichen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act ein.
310 311 312 313 314 315 316 317
Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph
Corp. Corp. Corp. Corp. Corp. Corp. Corp. Corp.
v. v. v. v. v. v. v. v.
Intel Intel Intel Intel Intel Intel Intel Intel
Corp., Corp., Corp., Corp., Corp., Corp., Corp., Corp.,
195 195 195 3 F. 195 195 195 195
F.3d at 1350, 1363. F.3d at 1350. F.3d at 1351. Supp. 2d 1255. F.3d at 1352. F.3d at 1354. F.3d at 1356. F.3d at 1355.
E. Verbergen von Innovationen
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Das Gericht führte aus, dass auch die essential facilities doctrine ein Konkurrenzverhältnis zwischen dem Inhaber der wesentlichen Einrichtung und dem Zugang begehrenden Unternehmen erfordere.318 Die Unternehmen müssten Konkurrenten auf der Ebene der wesentlichen Einrichtung oder auf einem der Einrichtung nachgelagerten Markt sein.319 Die Anwendung der essential facilities doctrine könne nur in Betracht kommen, wenn der Monopolist durch eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise beabsichtigt, den Wettbewerb auf einem nachgelagerten Markt zu beseitigen.320 Auch eine Monopolisierung durch eine Geschäftsverweigerung (refusal to deal) wurde verneint. Denn Intergraph hatte nicht den Nachweis erbracht, dass die Vorenthaltung der besonderen Vorteile den Zweck oder die Folge hatte, den Wettbewerb von Unternehmen mit Intel zu beeinträchtigen.321 Intel war daher auch nicht gezwungen, eine sachliche Rechtfertigung für die Vorenthaltung der besonderen Vorteile vorzutragen.322 Das Gericht sah auch den Vorwurf einer Monopolausdehnung als nicht erwiesen an. Intel hatte zwar Vorbereitung getroffen, in der Zukunft auf demselben Markt wie Intergraph tätig zu werden. Die Handlungen Intels betrafen jedoch nur Intergraph in einem starken Wettbewerb ausgesetzten Markt und nicht den gesamten Wettbewerb auf diesem Markt.323 Damit war es auch unerheblich, dass Intel die besonderen Vorteile Konkurrenzunternehmen von Intergraph gewährte, worin Intergraph eine ungerechtfertigte Diskriminierung gesehen hatte.324 Schließlich befand das Rechtsmittelgericht auch, dass das Eingangsgericht die Bedeutung der Immaterialgüterrechte Intels falsch eingeschätzt hatte. Das Eingangsgericht hatte festgestellt, dass die Immaterialgüterrechte Intels keine ausreichende Grundlage für die Vorenthaltung der besonderen Vorteile gegenüber Intergraph bieten würden.325 Das Rechtsmittelgericht führte dazu aus, dass bisher in keinem Präzedenzfall die Verweigerung eines Unternehmens, ein Patentoder Urheberrecht zu veräußern oder zu lizenzieren, als Kartellrechtsverstoß gewertet worden war.326 Das Rechtsmittelgericht wies dann jedoch ausdrücklich darauf hin, dass Intergraph nicht eine Lizenz an Intels Patent- und Urheberrechten begehrte, sondern zum einen eine bevorzugte Behandlung in Bezug auf die 318 319 320 321 322 323 324 325 326
Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph Intergraph
Corp. Corp. Corp. Corp. Corp. Corp. Corp. Corp. Corp.
v. v. v. v. v. v. v. v. v.
Intel Intel Intel Intel Intel Intel Intel Intel Intel
Corp., Corp., Corp., Corp., Corp., Corp., Corp., Corp., Corp.,
195 195 195 195 195 195 195 3 F. 195
F.3d at 1356. F.3d at 1357. F.3d at 1357. F.3d at 1359. F.3d at 1359. F.3d at 1360. F.3d at 1359. Supp. 2d at 1279. F.3d at 1362.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Immaterialgüterrechte Intels verkörpernde Erzeugnisse, noch bevor sie am Markt erhältlich sind, und zum anderen Zugang zu Geschäftsgeheimnissen Intels.327 Daher wies das Gericht zum einen auch darauf hin, dass der Supreme Court in einer Entscheidung festgestellt hatte, dass Geschäftsgeheimnisse nur solange von Wert seien, bis die sie verkörpernden Erzeugnisse erstmals am Markt vertrieben werden.328 Der Inhaber geschützter Informationen unterliege jedoch keiner Verpflichtung, diese Konkurrenten, Lieferanten oder Abnehmer zur Verfügung zu stellen.329 Zum anderen reiche die Abhängigkeit eines Abnehmers von der Belieferung mit einem Komponenten durch einen Hersteller nicht aus um die Belieferung durch den Hersteller verlangen zu können.330 Denn ein Verstoß gegen Section 2 Sherman Act erfordere, dass der Wettbewerb auf einem Markt beschränkt wird.331 c) Rückschlüsse aus der Entscheidung Diese Entscheidung ist ein weiterer Beispielsfall für den Abbruch von Geschäftsbeziehungen. Der Fall enthält im Grunde zwei voneinander zu unterscheidende Beendigungen von Geschäftsbeziehungen. Zum einen weigerte sich Intel, Produktproben, und damit auf Geschäftsgeheimnissen beruhende, Erzeugnisse vor Markteinführung zur Verfügung zu stellen. Zum anderen weigerte sich Intel auch, den Inhalt geheimer technischer Informationen offen zulegen.332 Die Entscheidung beruht in weiten Teilen auf der Feststellung, dass ein Verstoß gegen Section 2 Sherman Act nur bei einer Monopolisierung eines Marktes vorliegen kann, auf dem das dominante Unternehmen tätig ist. Nicht geklärt wurde jedoch, ob die vorenthaltenen, besonderen Vorteile überhaupt von derart entscheidender Bedeutung für den wettbewerblichen Erfolg Intergraphs waren, dass diese beispielsweise als essential facilities einzustufen gewesen wären. Abgesehen davon wird aus der Entscheidung aber auch erkennbar, dass das Vorliegen eines vor der Markteinführung stehenden innovativen Erzeugnisses einen Monopolisierungsvorwurf wegen einer Geschäftsverweigerung ausschließen kann.333 Das Gericht wies eigens darauf hin, dass Geschäftsgeheimnisse an 327
Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d at 1363. Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d at 1363. 329 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d at 1363. 330 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d at 1363. 331 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d at 1363. 332 Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass Intel auch technische Unterstützungsleistungen verweigerte. 333 Diese Entscheidung wird aber auch als ein mögliches Einfallstor für die Anwendung der essential facilities doctrine auf geheime Innovation gesehen, da der Court of Appeals diese im Wesentlichen wegen dem fehlenden Wettbewerb zwischen den betroffenen Unternehmen ausgeschlossen habe, vgl. Henry H. Perritt, Jr., Trade Secrets § 8: 5.2. 328
E. Verbergen von Innovationen
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Wert verlieren, wenn auf ihnen beruhende Erzeugnisse erstmals vertrieben worden sind. Diese Feststellung ist zwar in dieser Allgemeinheit nicht überzeugend, da viele Geschäftsgeheimnisse (insbesondere geheime Produktionsverfahren) über viele Jahre auch nach Markteinführung auf ihnen beruhende bzw. mittels ihnen hergestellten Erzeugnisse erfolgreich geheim gehalten wurden.334 Dennoch zeigt diese Feststellung ein Wesensmerkmal einiger Geschäftsgeheimnisse auf, welche bei Patent- und Urheberrechten nicht derart stark ausgeprägt ist. Die Möglichkeit, als erstes Unternehmen mit einem noch unbekannten Erzeugnis (oder einem Erzeugnis mit zumindest einigen unbekannten Merkmalen bzw. Eigenschaften) auf einem Markt auftreten zu können, kann erhebliche Wettbewerbsvorteile bieten. Damit sind bei Geschäftsgeheimnissen auch zwei Konstellationen zu unterscheiden. Denn die Geheimhaltung einer Innovation vor deren Markteinführung unterscheidet sich in erheblichem Maße von der Geheimhaltung einer Innovation, die bereits in vertriebenen Erzeugnissen verwendet wird. Bei Letzteren ist ein Ableitung der Information (durch reverse engineering) möglich und die aus der ersten Markteinführung fließenden Vorteile wurden bei diesen in der Regel schon realisiert. Bei Ersteren besteht deren besonderer Wert gerade in ihrer noch bestehenden Geheimhaltung und damit in den Vorteilen, die aus der ersten Markteinführung fließen können. Denn eine Entschlüsselung durch Konkurrenzunternehmen scheidet bei diesen aus. Auch eine Kenntniserlangung durch andere Unternehmen auf anderem Weg kann nur dann erfolgen, wenn ihr Inhaber Fehler bei der Geheimhaltung der Information begangen hat, wie z. B. die Information nicht vertrauenswürdigen Mitarbeiten mitgeteilt oder seine Forschungsstätte nicht hinreichend abgeschirmt zu haben. Dies zeigt jedoch, dass zumindest bei vor der Markteinführung stehenden Geschäftsgeheimnissen nicht in jedem Fall dieselben Maßstäbe wie bei den Immaterialgüterrechten bei der Beurteilung, ob deren Nichtlizenzierung wettbewerbswidrig ist, angewendet werden sollte.
334 So hat der Supreme Court in der vom Court of Appeals zitierten Entscheidung auch nicht ausgeführt, dass Geheimnisse nur vor der Markteinführung der sie enthaltenden Erzeugnisse von Wert seien. Vielmehr stellte der Supreme Court nur dar, dass der rechtliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen am effektivsten in der Entwicklungsphase sei, vgl. Bonito Boats, Inc. v. Thunder Craft Boats, Inc., 489 U.S. 141, 161 (1989): „The protections of state trade secret law are most effective at the developmental stage, before a product has been marketed and the threat of reverse engineering becomes real.“
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5. Das FTC-Verfahren In re Intel Corp. a) Hintergrund Im Juni 1998 leitete die FTC ein Verfahren gegen Intel ein, in welchem sie Intel vorwarf, gegen Section 5 Federal Trade Commission Act verstoßen zu haben. Intel habe eine illegale Monopolisierung, Versuche der illegalen Monopolisierung und unfaire Wettbewerbsmethoden im Sinne dieser Vorschrift begangen.335 Intel hatte zum Zeitpunkt des FTC-Verfahrens einen Marktanteil von etwa 80 % weltweit auf dem Markt für Mikroprozessoren inne. Die Computerhersteller Compaq Computer Corp., Digital Equipment Corp. und Intergraph hatten eigene Patente auf dem Gebiet der Mikroprozessortechnologie erteilt bekommen. Nachdem die Computerhersteller Patentverletzungsklagen gegen Intel erhoben hatten, weigerte sich Intel, diesen Unternehmen weiter im Voraus geheime Informationen über die technische Ausgestaltung neuer Mikroprozessoren Intels zu geben. Anderen Abnehmern stellte Intel die Informationen weiter zur Verfügung. b) Der Standpunkt der FTC Die Kartellbehörde FTC befand, dass das Unternehmen Intel auf dem Markt für Mikroprozessoren Monopolmacht inne habe und diese eingesetzt habe, um seine Monopolposition auf diesem Markt zu verfestigen.336 In einem ersten Schritt stellte die FTC in ihrer Beanstandung (complaint) fest, dass Intel die Abnehmer seiner Mikroprozessoren, die eigene Entwicklungen auf dem Gebiet der Mikroprozessortechnologie patentiert hatten, zur Lizenzierung dieser Entwicklungen zu zwingen versucht habe. Als Mittel dazu habe Intel die Weigerung eingesetzt, diesen weiter technische Informationen über seine Produkte zur Verfügung zu stellen.337 Die Vorenthaltung technischer In-
335 Die FTC ist nicht berufen, die Vorschriften des Sherman Act direkt anzuwenden und durchzusetzen. Sie kann jedoch Verstöße gegen Section 1 oder Section 2 Sherman Act als gegen Section 5 Federal Trade Commission Act (15 U.S.C. § 45) verstoßende, unfaire Wettbewerbsmethoden (unfair methods of competition) ahnden, vgl. z. B.: Fashion Originators’ Guild of America, Inc. v. FTC, 312 U.S. 457, 463 (1941). 336 In re Intel Corp., No. 9288, Complaint (FTC June 8, 1998). 337 In re Intel Corp., No. 9288, Complaint, P 11 (FTC June 8, 1998): „Intel has entrenched, and threatens to continue entrenching, its monopoly power in the relevant lines of commerce by, among other things, denying or threatening to deny technical information about Intel microprocessor products to Intel customers who have developed and patented innovations in microprocessor technology, as a means of coercing those customers into licensing their innovations to Intel.“
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formationen würde aber die Fähigkeit dieser Abnehmer verringern, auf IntelTechnologie basierende Computer in Konkurrenz zu anderen Computerherstellern zu entwickeln und zu vertreiben.338 Die FTC ging aber noch weiter. Durch die Vorgehensweise Intels würden auch die Anreize der Abnehmer Intels vermindert, Forschungen auf dem Gebiet der Mikroprozessortechnologie zu betreiben. Da die meisten Unternehmen, die Forschungen auf diesem Gebiet betreiben, ebenfalls durch Vergeltungsmaßnahmen Intels verletzbar seien, schränkten derartige Maßnahmen deren Anreize an, Forschungen auf diesem Gebiet zu betreiben.339 Intel würde durch die Drohung der Vorenthaltung der geheimen Informationen zudem erleichterten bzw. kostengünstigen Zugang zu den Technologien anderer Unternehmen erhalten. Für die Konkurrenten Intels auf dem Markt für Mikroprozessoren würde es schwieriger, gegen die Vormachtstellung Intels anzukämpfen, wenn sie nicht zu den gleichen Bedingungen wie Intel Zugang zu einer breiten Basis von Technologien anderer Unternehmen erhielten.340 Der Versuch der Verhinderung der Durchsetzung der Patente der Computerhersteller durch Intel könne zudem geeignet sein, den Aufbau eines auf der patentierten Technologie beruhenden Markennamens der Computerhersteller zu verhindern. Ohne einen bekannten Markennamen seien die Computerhersteller aber auch in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, ihren Kunden konkurrenzfähige Angebote für Computer ohne Intel-Technologie anzubieten.341 Im Ergebnis würde damit das bestehende Monopol Intels auf dem Markt für Mikroprozessoren verfestigt und der Wettbewerb hinsichtlich der Entwicklung neuer Mikroprozessortechnologien verringert.342 Intel habe die Störung der Vertragsbeziehungen mit Hauptabnehmern und damit den Verlust von schnell realisierbaren Vorteilen aus diesen Beziehungen in Kauf 338
In re Intel Corp., No. 9288, Complaint, P 13 (FTC June 8, 1998). In re Intel Corp., No. 9288, Complaint, P 39 (FTC June 8, 1998): „Because patent rights are an important means of promoting innovation, Intel’s coercive tactics to force customers to license away such rights diminishes the incentives of any firm dependent on Intel to develop microprocessor-related technologies. Because most firms who own or are developing such technologies are vulnerable to retaliation from Intel, the natural and probable effect of Intel’s conduct is to diminish the incentives of the industry to develop new and improved microprocessor and related technologies.“ 340 In re Intel Corp., No. 9288, Analysis of Proposed Consent Order to Aid Public Comment (FTC March 17, 1999): „[. . .] the alleged conduct tends to give Intel preferential access to a wide range of technologies being developed by many other firms in the industry. To the extent that firms desiring to compete with Intel are unable to obtain comparable access to such a wide range of technology, they can be seriously disadvantaged, thus making it more difficult for them to challenge Intel’s dominance.“ 341 In re Intel Corp., No. 9288, Analysis of Proposed Consent Order to Aid Public Comment, (FTC March 17, 1999). 342 In re Intel Corp., No. 9288, Complaint (FTC June 8, 1998), P 39. 339
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genommen, um langfristig weiter Vorteile aus dem Fortbestehen des Monopols ziehen zu können.343 Für das Verhalten Intels sei auch keine sachliche Rechtfertigung erkennbar. Das Bestreben, die eigenen Immaterialgüterrechte zu schützen, komme zwar nach der Rechtsprechung als sachliche Rechtfertigung in Betracht. Da Intel aber bezwecke, Zugang zu den Immaterialgüterrechten anderer Unternehmen zu erzwingen, sei die Annahme dieser sachlichen Rechtfertigung widerlegt.344 c) Der Standpunkt Intels Intel verwies immer wieder darauf, dass kein Nachweis dafür erbracht worden sei, dass durch das Vorgehen Intels eine Reduzierung der Innovationsanstrengungen bzw. der Innovationen auf dem Markt herbeigeführt worden sei.345 Zudem sei die Vorenthaltung der geheimen Innovationen schon deshalb sachlich gerechtfertigt gewesen, da diese geheim und teilweise auch immaterialgüterrechtlich geschützt waren.346 Darüber hinaus sei das Verhalten Intels aus mehreren weiteren Gründen sachlich gerechtfertig gewesen: (1) Die Offenlegung von geheimen Produktspezifikationen an Unternehmen, die eine Verletzung ihre Patente durch Intels Produkte behaupteten, bringe die Gefahr mit sich, dass die Unternehmen auf diesem Weg Informationen für ihre Patentverletzungsklagen erhalten könnten, die sie auf anderem Weg nicht erhalten würden.347 (2) Die Offenlegung an diese Unternehmen beinhalte auch die Gefahr, dass diese Unternehmen Teile der geheimen Informationen bei ihren aktuellen oder zukünftigen Patentanmeldungen oder etwaigen Vergleichsverhandlungen mit Intel über Verletzung von Immaterialgüterrechten berücksichtigen würden.348 (3) Die Vorenthaltung der Informationen sei notwendig, um mit anderen Unternehmen erfolgversprechende Verhandlungen über die gegenseitige Lizenzierung von Mikro343 In re Intel Corp., No. 9288, Complaint Counsel’s Pretrial Brief 47 (FTC February 25, 1999). 344 In re Intel Corp., No. 9288, Complaint Counsel’s Pretrial Brief 48–49 (FTC February 25, 1999): „[T]he most relevant cases that might be used to bolster Intel’s argument, do establish that a desire to protect intellectual property rights may justify an otherwise exclusionary refusal to license. But that presumption is overcome where, as here, Intel’s true purpose – the coercion of access to the intellectual property of others – is revealed by the statements of its own witnesses.“ 345 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 25 (Intel Corporation February 25, 1999). 346 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 48–56 (Intel Corporation February 25, 1999). 347 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 45 (Intel Corporation February 25, 1999). 348 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 44 (Intel Corporation February 25, 1999).
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prozessortechnologien zu führen.349 (4) Die Vorenthaltung der geheimen Innovationen sei gegenüber Unternehmen gerechtfertigt, die unangemessen hohe Kompensationen für ihre (oft geringfügigen) Immaterialgüterrechte fordern.350 (5) Geheime Informationen über vor der Markeinführung stehende Produkte müsse nur solchen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, von denen erwartet werden kann, dass sie Intel über Schwachstellen oder andere Erfahrungen mit den Produkten bei Einbau in die von ihnen hergestellten Computer informieren werden. Denn nur so sei eine sinnvolle Verwertung dieser Produkte durch Intel möglich.351 d) Der Vergleich zwischen Intel und der FTC Einen Tag vor der ersten administrativen Anhörung – und einige Monate vor der Entscheidung des Court of Appeals for the Federal Circuit im Rechtsstreit Intergraph Corp. v. Intel Corp. – gaben die FTC und Intel bekannt, dass sie sich auf einen Vergleich (consent decree) geeinigt hatten. In dem Vergleich mit der FTC verpflichtete sich Intel, auch gegenüber Abnehmern, die Verletzungen von Immaterialgüterrechten durch Intel behaupten, geheime Informationen über Mikroprozessoren, welche ihrer Art nach notwendig sind, um einem Abnehmer die Entwicklung eines Computersystems bis zum Zeitpunkt der Markteinführung des jeweiligen Mikroprozessors zu ermöglichen, weiterhin vorab zu gewähren.352 Dabei wurde in einer widerlegbaren Vermutung angenommen, dass ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten zwischen der Mitteilung der geheimen Informationen und der Markteinführung der Mikroprozessoren ausreichend ist, um die Entwicklung derartiger Computersysteme zu ermöglichen.353 Der Vergleich sah jedoch auch vor, dass Intel geheime Informationen über Mikroprozessortechnologie denjenigen Abnehmern vorenthalten darf, die Unterlassungsansprüche gerade gegen die Technologie geltend machen, die diese Information betreffen.354
349 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 42 (Intel Corporation February 25, 1999); Carl Shapiro, Navigating the Patent Thicket: Cross Licenses, Patent Pools, and Standard Setting, 1 NBER Innovation Policy and the Economy 119, 131 (2001). 350 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 42 (Intel Corporation February 25, 1999). 351 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 43 (Intel Corporation February 25, 1999). 352 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order (FTC August 3, 1999). 353 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order para. I. C. (FTC August 3, 1999). 354 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order para. II. A. (FTC August 3, 1999).
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Bei Vorliegen geschäftlicher Gründe, welche in keinem Bezug zu einer bestehenden Auseinandersetzung über Immaterialgüterrechte stehen, darf Intel ebenfalls von der Gewährung der geheimen Informationen absehen. Erwähnt wird dabei ausdrücklich der Fall, dass der Abnehmer Geheimhaltungspflichten gegenüber Intel verletzt oder Informationen in der Vergangenheit zweckentfremdet verwertet hat.355 Intel darf auch sicherstellen, dass die geheimen Informationen nicht für andere Zwecke als die Ermöglichung der Entwicklung von mit Intel Mikroprozessoren ausgestatten Computersystemen, wie z. B. der Entwicklung konkurrierender Mikrochips, verwendet werden.356 Auch ist Intel nicht verpflichtet, Informationen offen zu legen, die Intel bisher keinem anderen Unternehmen mitgeteilt hat.357 Darüber hinaus verpflichtete sich Intel auch nicht, an Unternehmen, die Rechtsstreite gegen Intel führen, Informationen zur Ermöglichung der Entwicklung von Computersystemen zu einem Zeitpunkt zu geben, zu welchem diese Unternehmen noch keine Entwicklungsschritte oder Pläne für deren Entwicklungen getroffen haben.358 Im Ergebnis wird daher durch den Vergleich nur die willkürliche Diskriminierung gegenüber Abnehmern (und gerade nicht gegenüber Konkurrenten) bei der Gewährung der geheimen Informationen verhindert. Die FTC stellte zudem klar, dass der Vergleich notwendigerweise eine abschließende Beurteilung ausschließt, ob durch das Verhaltens Intels der Wettbewerb nachweisbar beeinträchtigt wurde.359 Jedoch trug ein Commissioner der FTC den Vergleich nicht mit, da seiner Meinung nach kein substantieller Beweis dafür erbracht worden war, dass die Abnehmer Intels oder andere Marktteilnehmer als Reaktion auf das Vorgehen Intels ihre Anstrengung in Forschung und Entwicklung reduziert hätten.360 e) Bedeutung des Verfahrens Die besondere Problematik des Falles lag darin, dass die Geschäftsverweigerung vorrangig nur Unternehmen auf einem Markt betraf, auf dem Intel nicht 355 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order para. II. B. 2. (FTC August 3, 1999). 356 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order para. II. B. 5. (FTC August 3, 1999). 357 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order para. II. B. 6. (FTC August 3, 1999). 358 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order para. II. B. 4. (FTC August 3, 1999). 359 In re Intel Corp., No. 9288, Statement of Chairman Robert Pitofsky and Commissioners Sheila F. Anthony and Mozelle W. Thompson (FTC August 3, 1999). 360 In re Intel Corp., No. 9288, Statement of Commissioner Orson Swindle (FTC August 3, 1999).
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tätig war. Aus dem Verhalten Intels ergaben sich keine offensichtlichen Auswirkungen für den Wettbewerb auf dem Markt für Mikroprozessoren. Denn die tatsächlichen Konkurrenten Intels auf dem Markt für Mikroprozessoren waren von den Maßnahmen Intels scheinbar nicht betroffen. Als Konkurrenten Intels hatten sie noch nie eine bevorzugte Behandlung und damit auch in keinem Fall Zugang zu Intels Geschäftsgeheimnissen erhalten. Zudem bestanden zwischen Intel und denjenigen Konkurrenten, die auch Mikroprozessoren von Intel abnahmen, umfangreiche Abreden über gegenseitige Lizenzierungen von neuen Technologien, welche Patentstreitigkeiten – wie zwischen Intel und den oben genannten Computerherstellern – faktisch ausschlossen.361 Ein genauere Betrachtung deutet aber darauf hin, dass Intels Verhalten jedoch insoweit Auswirkungen auf den Wettbewerb mit diesen Unternehmen gehabt haben könnte, als Intel durch den erleichterten Erwerb neuer Technologien seinen Vorsprung vor seinen Konkurrenten vergrößert haben könnte. Grundsätzlich darf auch ein Monopolist neue Technologien erwerben. Fraglich ist jedoch stets, ob dazu Druck, der auf der Monopolmacht beruht, eingesetzt werden darf. Daher wurde beispielsweise auch argumentiert, dass durch den Vergleich zwischen Intel und der FTC das Verbot begründet wurde, über das Druckmittel der Vorenthaltung von „Schnittstelleninformationen“ an fremden Schutzrechten zu partizipieren.362 Problematisch dabei ist jedoch, dass eine derartige Vorgehensweise nur sehr zeitlich begrenzte Aussicht auf Erfolg haben würde. Denn die Abnehmer des Monopolisten würden bei einer derartigen Vorgehensweise eines Monopolisten sehr wahrscheinlich versuchen, ihre Innovationen ihrerseits von dem Monopolisten geheim zu halten oder Entwicklungsanstrengungen auf dem relevanten Gebiet einschränken oder gar völlig einstellen. Da Intel nicht selbst Computer herstellte oder vertrieb, schien die Einschränkung der Wettbewerbsmöglichkeiten einzelner Computerhersteller für Intel wenig sinnvoll zu sein. Anderes könnte aber möglicherweise dann gelten, wenn Intel durch seine Vorgehensweise auch die Anreize seiner Abnehmer, die bisher in die Entwicklung neuer Mikroprozessortechnologien investiert hatten, eingeschränkt haben könnte. Denn dann könnte Intel darauf abgezielt haben, seine Monopolstellung durch die Verminderung der Innovationstätigkeiten anderer Unternehmen für die Zukunft zu verfestigen. Die Abnehmer waren auf die Geschäftsbeziehungen mit Intel angewiesen, da sie Computer herstellten und in diesen die marktführenden Prozessoren verwenden mussten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Fraglich ist jedoch, ob die vorenthaltenen Vorteile
361 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 29 (Intel Corporation February 25, 1999); Carl Shapiro, 1 NBER Innovation Policy and the Economy at 131. 362 Heinemann, Andreas, Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung, S. 119.
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so entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen waren, wie von der FTC bzw. diesen geltend gemacht worden war.363 Das Rechtsmittelgericht war in dem Rechtsstreit zwischen Intergraph und Intel – anders als die FTC – auf diese Problematik nicht eingegangen. Denn das klagende Unternehmen Intergraph hatte die Produktion der auf seiner patentierten Technologie basierenden Mikrochips einige Jahre vor Prozessbeginn aufgegeben und plante nicht, die Produktion wieder aufzunehmen. Intergraph stand daher nach Ansicht des Gerichts weder im aktuellen noch im potentiellen Wettbewerb mit Intel.364 Ein Grund für die unterschiedliche Vorgehensweise des Gerichts und der FTC könnte somit darin liegen, dass sich das Gericht bei seiner Prüfung auf den gegenwärtigen Markt für Mikroprozessoren beschränkte. Es ging dagegen nicht auf die Märkte für bestehende oder zukünftige Mikroprozessorentechnologien ein.365 Das FTC-Verfahren spiegelt zudem die Kenntnis von mehreren gleich gelagerten Verhaltensweisen Intels wider.366 Im Rechtsstreit zwischen Intergraph und Intel stand daher auch die Geschäftsverweigerung Intels im Vordergrund. Im FTC-Verfahren erhielt dagegen die Frage besondere Beachtung, ob Intel die Geschäftsverweigerungen gegenüber den Computerherstellern einsetzen durfte, um von diesen die Lizenzierung verschiedener Patente zu erreichen. In dem gerichtlichen Verfahren stand folglich eine bedingungslose, im FTC-Verfahren dagegen eine bedingte Geschäftsverweigerung zur Prüfung an. Es wird argumentiert, dass erheblich kleinere Rivalen von relativ kleinen Innovationen abgehalten werden könnten, wenn sie mit einem dominanten Unternehmen konkurrieren, welches mit ihnen aber auch in Geschäftsbeziehungen kooperativer oder komplementärer Art steht und diese zu beenden androht.367 Denn in einer derartigen Konstellation seien die Nachteile, die für das dominante Unternehmen aus dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen resultieren können, relativ klein im Vergleich zu den Vorteilen, die aus der Verhinderung von Innovationstätigkeiten der kleineren Rivalen dem dominanten Unternehmen zufließen können.368 Dies ließe sich auch folgendermaßen beschreiben: wenn die erwarteten Kosten der gerichtlichen Durchsetzung eines Immaterialgüter-
363 Siehe dazu die Ausführungen Intels in: In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 37 (Intel Corporation February 25, 1999). 364 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d 1346 at 1355. 365 Debra A. Valentine, Abuse of Dominance in Relation to Intellectual Property: U.S. Perspectives and the Intel Cases IV (November 15, 1999). Siehe auch: Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.3c2. n. 23. 366 Debra A. Valentine, Abuse of Dominance in Relation to Intellectual Property IV. 367 Jonathan B. Baker, 7 Geo. Mason L. Rev. at 517. 368 Jonathan B. Baker, 7 Geo. Mason L. Rev. at 516.
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rechts höher sind, als die erwarteten Kosten der sich gegen die Inanspruchnahme verteidigenden Partei, so ist die sich verteidigende Partei regelmäßig in der Lage, einen für sich vorteilhaften Vergleich durchzusetzen. Die Aussicht, in eine derartige Situation zu geraten und damit nicht den vollen Wert einer Innovation durchsetzen zu können, kann die diese Benachteiligung erkennenden Unternehmen von Innovationsanstrengungen abhalten.369 Übertragen auf die Vorgehensweise Intels könnte dies bedeuten, dass Abnehmer Intels weniger in die Entwicklung neuer Mikrochiptechnologien investiert haben könnten. Denn sie mussten befürchten, bei Geltendmachung ihrer dadurch erworbenen Immaterialgüterrechte nicht nur den Risiken eines Rechtsstreits, sondern auch der Gefahr der Vorenthaltung der für ihren wirtschaftlichen Erfolg notwendigen Informationen ausgesetzt zu sein.370 Interessanterweise wurde in diesem Zusammenhang – ähnlich der europäischen Diskussion zu dem Rechtsstreit IMS Health – diskutiert, ob sich die Computerhersteller nicht durch vertragliche Abreden über die dauernde Gewährung technischer Informationen hätten schützen können, bevor sie sich in Abhängigkeit zu Intel begeben hatten.371 Es wurde aber auch vorgebracht, dass im Falle Intels kein Nachweis dafür erbracht worden sei, dass das Vorgehen Intels zu einer Reduzierung der Innovationsanstrengungen bzw. der Innovationen auf dem Markt selbst geführt hatte.372 Da es aber zu einem Vergleich zwischen der FTC und Intel gekommen ist, blieb die später zu klärende Frage der Nachweisbarkeit offen.373 Und selbst wenn eine Reduzierung der Innovationen nachgewiesen worden wäre, käme aber hinzu, dass selbst aus dieser nicht notwendigerweise der Nachweis eines Nachteiles für die Verbraucher folgt. Denn es müsste nachgewiesen werden, dass die Neuentwicklungen gegen die bestehenden Erzeugnisse aufgrund besserer Qualität oder niedrigerem Preis hätten konkurrieren können.374 Dagegen wurde argumentiert, dass ein derartiger Nachweis in der Konstellation der gleichzeitigen Konkurrenz und Abhängigkeit zu einem Monopolisten nicht notwendig sein solle, da er schwierig zu führen sei, in dieser Konstellation aber regelmäßig gegeben sei.375 Zudem hat ein Anbieter von Komplementärerzeugnissen zu dem Produkt des Monopolisten eine wichtige Rolle im wettbewerblichen Prozess. Denn durch seine Anwesenheit wird der Marktzutritt eines potentiellen Konkurrenten des Monopolisten erleichtert, da dieser dann nicht auf zwei 369 John E. Lopatka / William H. Page, Monopolization, Innovation, and Consumer Welfare, 69 Geo. Wash. L. Rev. 367, 410 (2001). 370 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 415. 371 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 414. 372 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 416. 373 In re Intel Corp., No. 9288, Statement of Commissioner Orson Swindle (FTC August 3, 1999). 374 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 371. 375 Jonathan B. Baker, 7 Geo. Mason L. Rev. at 517.
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Märkten gegen den Monopolisten konkurrieren muss.376 Dies ist jedoch bei Ausschluss der Erzeuger von Komplementärerzeugnissen nicht mehr der Fall. Der Nachweis, dass Intels Vorgehensweise einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung des bestehenden Monopols dargestellt habe, müsse auch reichen, um einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act zu bejahen. Denn ein Nachteil für die Verbraucher sei bei der Aufrechterhaltung eines Monopols nicht beobachtbar, da es gerade bei dem Fehlen von Wettbewerb bleibt und damit anders als bei der Begründung eines Monopols auch keine Änderung bei Preis oder Angebotsvolumen eintritt.377 Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die FTC bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zumindest den Nachweis der Verminderung von Innovationsanstrengungen bzw. Innovationen hätte führen müssen. Ob darüber hinaus auch eine Auswirkung auf den Wettbewerb nachzuweisen gewesen wäre, ist dagegen umstritten. f) Rückschlüsse aus dem Verfahren Ein erster Rückschluss aus der Entscheidung könnte sein, dass die Vorenthaltung geheimer Innovationen einen Kartellrechtsverstoß begründen kann, wenn diese zu einer Verminderung der Anreize anderer Unternehmen, in die Entwicklung neuer Erzeugnisse zu investieren und zu einem nachweisbaren Rückgang von Innovationsanstrengungen bzw. Innovationen führt. Der Rückgang der Entwicklungsanstrengungen muss folglich theoretisch möglich und auch praktisch erfolgt sein. Übersehen werden darf dabei jedoch nicht, dass nicht jede Vorenthaltung geheimer Innovationen zwangsläufig zu einer Reduzierung der Entwicklungsanstrengungen anderer Unternehmen führen muss. Voraussetzung ist zum einen, dass diese auf dem relevanten Gebiet überhaupt Forschungen betreiben. Zum anderen muss die vorenthaltene Innovation auch erhebliche, wenn nicht sogar wesentliche Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des betroffenen Unternehmens haben. Das Verfahren zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen die Vorenthaltung einer geheimen Innovation einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act begründen könnte. Ähnlich wie in der europäischen Diskussion zu der Verweigerung der Lizenzierung von Immaterialgüterrechten könnte es hierbei auch entscheidend auf daran ankommen, dass eine Reduzierung von Innovationen gegeben ist. Wo der EuGH die Verhinderung eines neuen Erzeugnisses fordert, genügt aber hier die Reduzierung der Anreize für Innovationsanstrengungen und Innovationen anderer Unternehmen. 376
Jonathan B. Baker, 7 Geo. Mason L. Rev. at 519. In re Intel Corp., No. 9288, Complaint Counsel’s Pretrial Brief (FTC February 25, 1999), pp. 6–7. 377
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g) Rückschlüsse aus dem Verfahren auf mögliche sachliche Rechtfertigungen Das Verfahren – und seine Aufnahme in der rechtswissenschaftlichen Literatur – gibt aber zuvorderst Rückschlüsse darauf, welche sachliche Rechtfertigungen für eine Vorenthaltung geheimer Innovationen von einem Monopolisten vorgebracht werden könnten. Teilweise lassen sich auch Aussagen darüber treffen, ob diese Gründe eine kartellrechtliche Haftung ausschließen würden. Dabei muss beachtet werden, dass regelmäßig schon das Bestehen eines Immaterialgüterrechts bzw. eines Geschäftsgeheimnisses als sachliche Rechtfertigung für die Verweigerung einer Lizenz oder eine Offenlegung angeführt werden wird. Im Folgenden werden jedoch sachliche Rechtfertigungen dargestellt, die zwar auch ihren Grund in der Natur oder im Wesen des Immaterialgüterrechts oder Geheimnisses haben, jedoch spezieller als diese allgemeine sachliche Rechtfertigung sind.378 Sie könnten daher insbesondere dann auch in Betracht kommen, wenn die genannte allgemeine sachliche Rechtfertigung widerlegt worden ist. aa) Befürchtung der missbräuchlichen Verwendung geheimer Innovationen aufgrund missbräuchlicher Verwendungen in der Vergangenheit Als sachliche Rechtfertigung für die Vorenthaltung geheimer Innovationen könnte die Befürchtung des Monopolisten in Betracht kommen, dass das Unternehmen, welches die Mitteilung des Inhalts der geheimen Innovation verlangt, diese missbräuchlich verwenden wird.379 Voraussetzung sollte dabei aber auf jeden Fall sein, dass der Monopolist eine missbräuchliche Verwendung aufgrund konkreter Begebenheiten in der Vergangenheit berechtigterweise befürchten darf, wie z. B. einer schon erfolgten missbräuchlichen Verwendung anderer geheimer Innovationen des Monopolisten oder auch anderer Unternehmen.380 Anderenfalls könnte der Monopolist gegenüber dem Begehren jedes Unternehmens auf Lizenzierung geheimer Innovationen diese Befürchtung geltend machen.381 Ein verlorener Prozess über die 378 Die nachfolgende Darstellung der speziellen Rechtfertigungsgründe erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 379 So auch: A. Douglas Melamed / Ali M. Stoeppelwerth, 10 Geo. Mason L. Rev. at 420: „[T]here are often legitimate reasons for one firm’s refusal to deal with another; the latter may, for example, be an opportunist, untrustworthy with trade secrets, or an unreliable shepherd of the former’s goodwill.“ 380 Beispielsweise wurde von der FTC in dem Verfahren in Sachen Intel ausdrücklich vorgebracht, dass Intel kein Grund für die Annahme hatte, dass die drei Computerhersteller, denen von Intel geheime Informationen nicht mehr zur Verfügung gestellt wurden, geheime Informationen Intels in der Vergangenheit missbraucht hätten: In re Intel Corp., No. 9288, Complaint (FTC June 8, 1998), P 19, P 29 and P 35. 381 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 422.
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missbräuchliche Verwendung eines Geschäftsgeheimnisses, welches lizenziert wurde, könnte ein Indiz für das Bestehen dieser Form der sachlichen Rechtfertigung sein. Zudem muss der Monopolisten wohl auch nachweisen, dass die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung nicht durch Vertragsabreden wirksam beseitigt und ein etwaiger Verstoß gegen die Vertragsabreden ohne erheblichen Kostenaufwand festgestellt und sanktioniert werden kann. Denn auch dann ist die Befürchtung faktisch ausgeschlossen.382 (1) Verhinderung der Verwendung der geheimen Innovationen in anderen Erzeugnissen Eine Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung geheimer Innovationen ist das Ausnutzen der geheimen Innovationen, um auf diesen beruhende – u. U. das Produkt des Monopolisten ersetzende – Erzeugnisse zu entwickeln und anzubieten.383 Im Vergleich zwischen der FTC und Intel wurde daher auch berücksichtigt, dass Intel geheime Informationen nicht für andere Zwecke als die Ermöglichung der Entwicklung von mit Intel Mikroprozessoren ausgestatten Computern zur Verfügung stellen muss.384 Gerade bei geheimen Innovationen kommt die Befürchtung dieser Gefahr eher in Betracht als bei immaterialgüterrechtlich geschützten Informationen. Die Geheimhaltung einer Innovation wird oft dann zu ihrem Schutz gewählt, wenn andere Unternehmen den Inhalt der Innovation nicht ohne erhebliche Anstrengungen und Aufwand aus den fertigen Erzeugnissen ablesen können. Wenn andere Unternehmen aber derartige, ihnen mitgeteilte geheime Informationen in anderen Erzeugnissen missbräuchlich verwerten, dann ist ein Nachweis der missbräuchlichen Verwertung auch für den Monopolisten meist nur sehr schwer zu führen. Diese Befürchtung sollte jedoch nicht in Fällen gelten, in denen der Monopolist nur um die Geheimhaltung seiner Erzeugnisse vor der Markteinführung bestrebt ist, nach Markteinführung das Geheimnis aber ohne weiteres aus den Erzeugnissen ableitbar ist. In einer derartigen Konstellation dürfte die Befürchtung des Monopolisten, dass die Innovation in anderen Erzeugnissen missbräuchlich verwertet wird, kaum zugelassen werden. Denn zum einen wird den anderen Unternehmen regelmäßig die Zeit fehlen, die Innovation rechtzeitig vor Markteinführung des Monopolisten in eigene Erzeugnisse oder gar Weiterentwicklun-
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Ähnlich John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 422. John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 422. 384 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order para. I. C. (FTC August 3, 1999). 383
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gen umzuwandeln. Zum anderen wird eine derartige missbräuchliche Verwendung dann auch an den Erzeugnissen erkennbar sein. Diese sachliche Rechtfertigung stellt im Grunde eine Ausprägung der allgemeinen sachlichen Rechtfertigung des Inhabers eines Immaterialgüterrechts dar, dieses schützen zu wollen. Für ihre Widerlegung kommen daher ähnliche Gesichtspunkte wie bei der allgemeinen sachlichen Rechtfertigung in Betracht. Nichtsdestotrotz geht diese sachliche Rechtfertigung über die allgemeine sachliche Rechtfertigung hinaus, da bei ihr konkrete Vorkommnisse über bereits erfolgte missbräuchliche Verwendungen vorgetragen werden. Damit ist diese sachliche Rechtfertigung auch schwerer zu widerlegen, als die allgemeine sachliche Rechtfertigung, Immaterialgüterrechte oder Geheimnisse vor dem Zugriff anderer Unternehmen schützen zu wollen. Es mag daher auch ein Stufenverhältnis zwischen diesen sachlichen Rechtfertigungen dergestalt angenommen werden, dass nach Widerlegung der allgemeinen sachlichen Rechtfertigung auf diese spezielle Rechtfertigung zurückgegriffen werden kann. (2) Verhinderung der Weitergabe des Inhalts der geheimen Innovationen an unberechtigte Dritte Die Befürchtung der Weitergabe an unberechtigte Dritte ist ein weiteres Beispiel für eine mögliche sachliche Rechtfertigung des Monopolisten für die Vorenthaltung einer geheimen Innovation gegenüber einem Unternehmen. Die sachliche Rechtfertigung mag insbesondere dann greifen, wenn derartigen Weitergaben durch das jeweilige Unternehmen in der Vergangenheit schon erfolgt bzw. für die Zukunft angekündigt worden sind und nachweislich nicht mittels vertraglicher Abreden wirksam verhindert werden können. Ein Spezialfall dieser sachlichen rechtlichen Rechtfertigung könnte auch der Nachweis fehlendender Sorgfalt bei der Geheimhaltung von bereits mitgeteilten Informationen durch das Unternehmen sein. Denn die Kenntniserlangung durch unberechtigte Dritte kann nicht nur durch aktive Weitergabe, sondern auch durch ungenügende Geheimhaltungsvorkehrungen ermöglicht werden. Diese Konstellation wirkt sogar noch schwerwiegender als die aktive (rechtswidrige) Weitergabe, da der (unberechtigte) Dritte bei unzureichender Geheimhaltung u. U. sogar auf legale Weise Kenntnis von dem Geheimnis erlangen kann und damit die weitere Verwendung des Geheimnisses durch ihn nicht unter Berufung auf gesetzliche Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verhindert werden kann.
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bb) Fehlende Zusammenarbeit als sachliche Rechtfertigung (1) Zurückhaltung geheimer Innovationen um Lizenzierung von Immaterialgüterrechten zu erhalten Die Zurückhaltung geheimer Innovationen kann ihren Grund darin haben, dass ihr Inhaber ebenfalls Lizenzen an Immaterialgüterrechten der die Lizenzierung der geheimen Innovation begehrenden Unternehmen erhalten möchte, die in Zusammenhang mit den geheimen Innovationen stehen. Diese Vorgehensweise kann einerseits daher rühren, dass der Inhaber der geheimen Innovation fürchtet, dass nach Offenlegung der Innovation die anderen Unternehmen feststellen können, ob ihre Immaterialgüterrechte durch die Verwendung der Innovation verletzt werden. Dieser Befürchtung kann aber u. U. auch durch die Vorgehensweise begegnet werden, dass die anderen Unternehmen auf die Erhebung etwaiger Verletzungsklagen im Voraus verzichten. Eine Teilhabe des Monopolisten an ihren Immaterialgüterrechten ist dafür nicht erforderlich. Dies wird deutlich, wenn der Monopolist zudem die Bereitschaft zur Lizenzierung von späteren Weiterentwicklungen seiner Innovation fordert. Denn bei diesen muss er keine Verletzungsprozesse fürchten, sondern ihm bleibt nur die Teilhabe an Entwicklungen anderer Unternehmen versagt, wenn die anderen Unternehmen die Lizenzierung verweigern. Andererseits kann diese Vorgehensweise aber ihren Hintergrund auch darin haben, dass der Monopolist zwei sich nachfolgende Monopolstellungen aufzulösen versucht.385 Problematisch dabei ist jedoch, dass diese Argumentation voraussetzt, dass der Monopolist nicht auch ohne die Androhung der Vorenthaltung seiner geheimen Informationen in der Lage ist, Lizenzen an den von ihm benötigten Immaterialgüterrechten zu erhalten.386 Aus dem FTC-Verfahren in Sachen Intel ist ebenfalls erkennbar, dass diese sachliche Rechtfertigung sehr skeptisch eingeschätzt wird, da ein derartiges Vorgehen nicht nur zur Beseitigung von zwei miteinander in Verbindung stehenden Monopole, sondern auch zur Verfestigung eines bestehenden Monopols führen könnte. Noch skeptischer sollte eingestuft werden, wenn die Zurückhaltung der geheimen Innovationen mit der fehlenden Bereitschaft zu später Rücklizenzierung von Weiterentwicklungen durch das andere Unternehmen gerechtfertigt werden soll. Denn die Entstehung von zweier in Verbindung stehender Monopole ist dabei kaum voraussehbar.
385 Randal C. Picker, Regulating Network Industries: A Look at Intel, 23 Harv. J.L. & Pub. Pol’y 159, 178 (1999); in eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen Intels in: In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 42 (Intel Corporation February 25, 1999). 386 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 412.
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(2) Zurückhaltung geheimer Innovationen bei fehlender Feedbackbereitschaft In Betracht käme auch, dass sich eine spezifische sachliche Rechtfertigung daraus ergeben könnte, dass das die Lizenz begehrende Unternehmen kundgetan hat, dass es nicht bereit ist, dem dominanten Unternehmen Informationen über die bei der Inspektion bzw. Verwendung der geheimen Innovation zu geben.387 Diese fehlende Bereitschaft kann insbesondere bei der Konstellation der bevorstehenden Einführung neuer Produkte von erheblicher Bedeutung für das dominante Unternehmen sein. Das dominante Unternehmen kann in einer derartigen Konstellation auf das Feedback seiner Abnehmer angewiesen sein, um beispielsweise noch bestehende Qualitätsmängel zu beseitigen bzw. eine Feinabstimmung mit den Produkten seiner Abnehmer zu erzielen. Eine derartige Abstimmung und Qualitätskontrolle liegt auch im Interesse der Verbraucher. Diese Informationen kann das dominante Unternehmen auch schwerlich bei fehlender Feedbackbereitschaft auf andere Weise erhalten. Insbesondere ein Abwarten des Feedbacks der Verbraucher scheint kaum zumutbar, da dann der gute Ruf des Unternehmens bereits in Mitleidenschaft gezogen worden sein kann. cc) Selbsthilfe im Fall unangemessen hoher Kompensationsverlangen durch Inhaber von Immaterialgüterrechten Der Monopolist kann aber auch in der prekären Lage sein, dass er erhebliche Investitionen für die Entwicklung seines Produkts aufgewendet hat, während das andere Unternehmen erheblich niedrigere Kosten bei Verlust einer Immaterialgüterstreitigkeit fürchten muss.388 Eine derartige Situation kann bei Immaterialgüterrechten viel leichter eintreten, als bei Materialgüterrechten. Denn erstens kann jedes einzelne produzierte Erzeugnis des Monopolisten gegen das Immaterialgüterrecht verstoßen. Zweitens ist der Verstoß meist nicht offensichtlich. Und drittens kann der Monopolist nicht nur einem Verletzungsprozess gegenüber ausgesetzt sein, sondern mehreren gleichzeitig.389 Ein Indiz für eine derartige Situation könnte daher beispielsweise sein, dass das andere Unternehmen eine Patentverletzungsklage für einen längeren, nicht erklärbaren Zeitraum aufgeschoben hat.390 Denn dann besteht für den Monopolisten die Gefahr, dass 387 Randal C. Picker, 23 Harv. J.L. & Pub. Pol’y at 177; in eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen Intels in: In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 43 (Intel Corporation February 25, 1999). 388 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 421; in eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen Intels in: In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 42 (Intel Corporation February 25, 1999). 389 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 423. 390 John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 421.
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neben den erheblichen Investitionen in die Entwicklung seines Produkts auch hohe Schadensersatzansprüche bei Verlust der Immaterialgüterrechtsstreitigkeit fürchten muss. Währenddessen muss das andere Unternehmen nur die Kosten bei der Entwicklung seiner Technologie und die Gefahr der Kostentragungslast bei Verlust des Prozesses fürchten. Trotzdem sollte diese sachliche Rechtfertigung nur sehr zurückhaltend berücksichtigt werden.391 Auf keinen Fall sollte diese sachliche Rechtfertigung schon dann angenommen werden, wenn der Monopolist nur fürchtet, dass das andere Unternehmen aufgrund zukünftiger Entwicklungstätigkeiten Immaterialgüterrechte erwerben könnten, mittels denen die Unternehmen dann dem Monopolisten unangemessen hohe Kompensationsforderungen stellen könnten.392 Denn die Gefahr der Einschränkung der Innovationsanstrengungen der anderen Unternehmen ist dabei erheblich größer als die kaum konkret einschätzbare potentielle Gefahr für den Monopolisten, später von diesen Unternehmen unangemessen in Anspruch genommen zu werden. Oftmals wird unklar sein, welche Innovationen in den nächsten Produktgenerationen von Bedeutung sein werden. Im Vergleich zwischen Intel und der FTC wurde eine pragmatische Lösung gefunden für die Befürchtung Intels einerseits, aufgrund der Androhung von Unterlassungsklagen gegen Schlüsseltechnologien erpressbar zu werden, und den Befürchtungen der Computerhersteller andererseits, durch die Vorenthaltung geheimer Produktinformationen erpressbar zu werden.393 Intel ist verpflichtet, die geheimen Informationen weiter zu gewähren, solange die Computerhersteller sich schriftlich verpflichten, keine Unterlassungsklagen zu erheben. Daraus wird erkennbar, dass die hier diskutierte sachliche Rechtfertigung – wenn überhaupt – nur greifen kann, wenn auch tatsächlich die Gefahr einer Erpressbarkeit besteht, z. B. bei der Androhung der Erhebung von Unterlassungsklagen. Zudem kann die Gefahr der Erpressbarkeit des Monopolisten eben durch Zusicherungen der anderen Unternehmen, z. B. keine Unterlassungsklagen zu erheben, abgemildert bzw. beseitigt werden. dd) Zerstörung des Vertrauensverhältnisses Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses ähnelt der Befürchtung der missbräuchlichen Verwendung mitzuteilender Geheimnisse aufgrund derartiger Vorfälle in der Vergangenheit. Der Unterschied zwischen beiden Konstellationen liegt nur darin, dass bei der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht bereits 391
John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 421. John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 422. 393 Die Problematik der Erpressbarkeit könnte u. U. auch durch Zuerkennung eines Schadensersatzanspruches hinsichtlich der durch den Abbruch der Geschäftsbeziehung entstandenen Schäden gelöst werden, vgl. John E. Lopatka / William H. Page, 69 Geo. Wash. L. Rev. at 419–420. 392
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eine missbräuchliche Verwertung in der Vergangenheit erfolgt ist, diese aber nun aufgrund der Änderung von Beziehungen zwischen den Parteien befürchtet wird. Freilich sind an diese sachliche Rechtfertigung höhere Anforderungen zu stellen, da hier die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung nicht ohne weiteres als indiziert angesehen werden kann. Da es sich bei Geschäftsgeheimnissen um sehr vertrauensbedürftige Informationen handelt, erfordert deren Austausch oft ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis zwischen den Unternehmen, meist sogar auf persönlicher Ebene. Dieses Vertrauensverhältnis kann jedoch zwischen zwei Unternehmen oder sogar zwischen den verantwortlichen Mitarbeitern erheblich gestört sein. Klassische Fälle sind dabei die anderweitig zu besprechenden Fälle der schon erfolgten missbräuchlichen Verwendung von früher mitgeteilten Geschäftsgeheimnissen oder das Bestehen gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen den Unternehmen bezüglich der relevanten Erzeugnisse. Dabei darf jedoch nicht angenommen werden, dass schon durch die Erhebung kartellrechtlicher Ansprüche mit dem Ziel der Offenlegung der geheimen Informationen das Vertrauensverhältnis zerstört sein kann, da sonst stets eine sachliche Rechtfertigung gegeben wäre. Es muss daher zumindest erforderlich sein, dass der Monopolist eine Beseitigung des Vertrauensverhältnis schon vor der ersten Vorenthaltung der jeweiligen geheimen Innovation nachweisen kann. (1) Verhinderung der Verwendung der Geheimnisse bei Patentanmeldungen Wenn die Innovation bisher als Geheimnis geschützt wurde, hat auch noch keine Offenlegung stattgefunden, und die Innovation gehört daher auch nicht zum Stand der Technik. Eine Patentanmeldung von Teilen der Innovation bzw. die Anmeldung von Weiterentwicklungen kann daher durch den Monopolisten nicht verhindert werden. Dies kann zwar auch in vertraglichen Abreden berücksichtigt werden. Der Nachweis einer Verwendung der Geschäftsgeheimnisse eines anderen Unternehmens bei der Patentanmeldung ist aber regelmäßig schwieriger und kostenaufwendiger als die Möglichkeit, dem anderen Unternehmen schon den Zugang zu den Geheimnissen von Beginn an zu verwehren. Zudem kann auch die berechtigte Einschätzung bestehen, dass Unternehmen nach Kenntniserlangung der geheimen Innovation bestehende Patentanmeldung dergestalt abändern, dass die geheime Innovation in Zukunft die in Aussicht stehenden Patente verletzen würde.394 Dabei geht es im Vergleich zu obiger Konstellation nicht so sehr um eine Aneignung der Bestandteile der geheimen 394 In eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen Intels in: In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 44 (Intel Corporation February 25, 1999).
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Innovation des Monopolisten, sondern um den Versuch, einen späteren Patentverstoß und dessen Feststellbarkeit vor Gerichten durch den Monopolisten herbeizuführen. Dabei ist gar nicht erforderlich, dass Teile der Innovation des Monopolisten in der Patentschrift verwendet werden, sondern eben nur, dass aufgrund der Kenntnis über dessen Produktgestaltung eine dementsprechende Erweiterung der Patentschrift veranlasst werden kann. Dagegen lässt sich nur eingeschränkt argumentieren, dass eine derartige Vorgehensweise durch die anderen Unternehmen auch als Vertragsverstoß gegen etwaige vertragliche Abreden zwischen dem Monopolisten und den Unternehmen geahndet werden könnte. Denn der Nachweis eines derartigen Vertragsverstoßes ist noch schwieriger und mit höherem Kostenaufwand verbunden, als die Feststellung, dass die geheimen Innovationen selbst zum Patent angemeldet wurden. (2) Verhinderung des Zugriffs auf geheime Informationen, die in Immaterialgüterstreitigkeiten verwendet werden könnten In eine ähnliche Richtung geht auch die Befürchtung, dass Konkurrenten die geheime Informationen in bestehenden oder zukünftigen Immaterialgüterrechtsstreitigkeiten für sich nutzbar machen könnten.395 Gerade in Patentstreitigkeiten kann ein derartiger Einblick in Verbindung mit der patentgeschützten Erfindung stehenden Informationen einen erheblichen Vorteil bieten. Dennoch sollte eine auf diese Befürchtung gestützte sachliche Rechtfertigung nicht vorschnell angenommen werden. Auf jeden Fall sollte das dominante Unternehmen aufzeigen müssen, dass eine Verbindung der geheimen Innovation zu immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen besteht. Schon bestehende Rechtsstreitigkeiten zwischen den beteiligten Unternehmen könnten für die Bejahung dieser sachlichen Rechtfertigung sprechen. ee) Kosten der Bereitstellung der geheimen Innovation Als sachliche Rechtfertigung könnte auch in Betracht kommen, dass die geheimen Innovationen nur sehr kostenaufwendig dritten Unternehmen bereit gestellt werden können. Dies wäre insbesondere auch dann von Bedeutung, wenn diese fortlaufend anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden müssen. Da die anderen Unternehmen das dominante Unternehmen aber für den Aufwand der (fortlaufenden) Bereitstellung kompensieren können, ist diese Rechtfertigung wenig schlagkräftig.396 395 Randal C. Picker, 23 Harv. J.L. & Pub. Pol’y at 177; in eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen Intels in: In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 45 (Intel Corporation February 25, 1999). 396 Vgl. Steven C. Salop / R. Craig Romaine, Preserving Monopoly: Economic Analysis, Legal Standards, and Microsoft, 7 Geo. Mason L. Rev. 617, 634–636 (1999).
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ff) Kapazitätsprobleme Das Minderheitsvotum in der Entscheidung des Supreme Court im Fall Otter Tail Power Co. v. United States hatte zu bedenken gegeben, dass sich gewisse Probleme bei der Beurteilung einer Geschäftsverweigerung daraus ergeben können, wenn die Kapazitäten des Monopolisten beschränkt sind.397 Diese Problematik stellt sich bei Immaterialgüterrechten nicht, da diese theoretisch unbeschränkt lizenziert werden können und durch eine Vielzahl von Lizenzierungen nur an Wert verlieren können. Bei der Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen besteht jedoch eine Parallele, da diese bei Bekanntgabe an eine Vielzahl von Personen ihren Charakter als Geheimnis verlieren können. Damit könnten bei diesen auch „Kapazitätsprobleme“ auftreten. Dies kann Bedeutung bei der sachlichen Rechtfertigung von Offenlegungsverweigerungen haben bzw. auf der Rechtsfolgeseite zu einer Begrenzung der zu lizenzierenden Unternehmen führen. Interessanterweise wurde dieser Problematik bisher nur wenig Beachtung zuteil. 6. Spezialfälle: Verweigerung der Lizenzierung von Nachrichten Die Verweigerung der Lizenzierung von Nachrichten, um die exklusive erstmalige Veröffentlichung bzw. den Verkauf der noch nicht veröffentlichten Nachricht durch ein Unternehmen sicherzustellen, ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung.398 Denn bei diesen Informationen liegt gerade keine innovative oder kreative Leistung vor, sondern nur eine Beobachtung tatsächlicher Vorgänge. Die Verweigerung der Lizenzierung dieser Informationen ist bei wirtschaftlicher Betrachtung zwischen der Verweigerung der Offenlegung von Produktinnovationen vor Markteinführung und der Verweigerung der Lizenzierung von geheimen Innovationen nach Markteinführung einzuordnen. Denn einerseits haben diese Informationen nur einen gewissen Wert, wenn sie noch nicht publik gemacht wurden. Andererseits geht es bei diesen um die Verwertung der Information selbst und nicht um die Möglichkeiten der Konkurrenten, ihre Erzeugnisse rechtzeitig an die des Monopolisten anpassen zu können. Zwei aktuelle Fälle (Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc. und New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc.) be397 Vgl. Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. at 391–392 (Stewart, J. / Burger, C.J. / Rehnquist, J., concurring in part and dissenting in part). 398 Außerhalb der Untersuchung liegen auch die sog. ,hot news‘ missappropriation theory und sich daraus möglicherweise ergebende Rechtfertigungsgründe für Lizenzverweigerungen. Bei den durch diese Theorie geschützten Informationen geht es um gerade veröffentlichte Nachrichten und deren sofortige Verwertung durch andere Unternehmen. Vgl. zu dieser Theorie: International News Service v. Associated Press, 248 U.S. 215 (1918); The National Basketball Association v. Motorola, Inc., 105 F.3d 841, 845 (2d Cir. 1997).
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
schäftigen sich mit der Frage, ob die Verweigerung der Verwertung derartiger Informationen durch andere Unternehmen einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act darstellen kann.399 Die Entscheidungen sind insofern von Bedeutung für diese Untersuchung, als sie den Ausschluss anderer Unternehmen von der unentgeltlichen Verwendung noch geheimer Nachrichten als eine sachliche Rechtfertigung annehmen. Im Ergebnis wird damit aber das Recht eines Unternehmens bestätigt, geheime Informationen unabhängig von kreativen oder innovativen Anstrengungen schützen zu dürfen. Vielmehr ist ausreichend, wenn ein Unternehmen das Ausnutzen seiner Anstrengungen bei der Gewinnung der Information (z. B. detaillierte Sportergebnisse) oder auch seines Ansehens hinsichtlich der Richtigkeit der Informationen (z. B. Börsenkurse) durch andere Unternehmen verhindern will. Nicht überzeugen kann die Kritik, dass durch diese Rechtsprechung eine Art von immaterialgüterrechtlicher Schutz für Informationen begründet wird, die nicht unter die gesetzlich vorgesehenen Arten der Immaterialgüterrechte fallen.400 Denn bei dem Schutz dieser Informationen kann es – auch wenn dies von den Gerichten nicht ausdrücklich betont wurde – um den Schutz des Wertes einer geheimen Information gegangen sein.401 Die Gegenprobe bestätigt dies: die Gerichte haben in beiden Fällen festgestellt, dass die relevanten Informationen nach ihrer Veröffentlichung und (entgeltlichen) Verwertung durch andere Unternehmen weitervertrieben werden durften. Teil399 Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 364 F.3d at 1294–1298; New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc., 323 F. Supp. 2d at 567–573. 400 Herbert Hovenkamp / Mark D. Janis / Mark A. Lemley, IP and Antitrust vol. I, § 13.3c3.: „[W]e would disagree with those courts that have found a legitimate business justification in the prevention of ,free riding‘ on the defendant’s information in the absence of any intellectual property right in that information. In the absence of intellectual property protection, ,free riding‘ on facts and ideas is affirmatively encouraged by intellectual property law. A desire to mimic intellectual property protection where the law has provided none should not translate into a defense to an otherwise proper antitrust claim.“ 401 In dem Rechtsstreit Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc. hatte der District Court noch auf die Bedeutung der Geheimhaltung der Informationen und den Verlust ihres Wertes bei Veröffentlichung als Grund neben den getätigten Anstrengungen für die Geschäftsverweigerung hingewiesen: Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 235 F. Supp. 2d 1269, 1281–1282 (M.D. Fla.2002). Der Court of Appeals scheint den District Court dagegen so zu verstehen, dass keine Geschäftsgeheimnisse vorlagen, vgl. Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 364 F.3d at 1298. Vom Supreme Court wurde der Schutz derartiger Informationen (und auch eine sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses von free riders an den Werten dieser Information) schon frühzeitig in den sog. „ticker cases“ anerkannt, vgl. Board of Trade of the City of Chicago v. Christie Grain and Stock Company, 198 U.S. 236, 250–252 (1905); Moore v. New York Cotton Exchange, 270 U.S. 593, 604–607 (1926). Für den Fall, dass sich mehrere Unternehmen über den Ausschluss derartiger Nachrichten gegenüber anderen Unternehmen einigen, vgl. die Leitentscheidung des Supreme Court in: Associated Press v. United States, 326 U.S. at 14–15.
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weise war dies sogar erwünscht. Verhindert werden sollte nur die erstmalige Verwertung oder der Verkauf der Information vor der erstmaligen (entgeltlichen) Verwertung durch ihren Inhaber oder unmittelbar darauf nachfolgend. a) Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc. Der Veranstalter von Profigolfturnieren in Nordamerika sammelte durch den Einsatz von zahlreichen Freiwilligen die jeweiligen Ergebnisse und Zwischenergebnisse der Golfturniere und verwaltete sie in einem Computerprogramm, um sie wenig später auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Presseunternehmen wurde die Benutzung dieses Computerprogramms nur unter der Bedingung erlaubt, dass diese die Ergebnisse nicht vor der Veröffentlichung durch den Veranstalter selbst veröffentlichen oder die Veröffentlichung durch Dritte ermöglichen durften.402 Das Gericht sah den Ausschluss anderer Unternehmen von der Verwertung dieser Informationen vor der ersten Veröffentlichung durch den Veranstalter als sachlich gerechtfertigt an. Der Veranstalter habe durch diese Regelungen nur seine mit Anstrengungen gewonnenen Informationen vor dem unentgeltlichen Zugriff anderer Unternehmen schützen wollen.403 Entscheidend war für das Gericht aber auch, dass der Veranstalter sich nur weigerte, die Information unentgeltlich herauszugeben, nicht aber diese zu verkaufen.404 b) New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc. Kurz nach der Entscheidung des Supreme Court im Fall Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP stellte ein District Court fest, dass die Verweigerung der Offenlegung bzw. Verwendung von Informationen (Kurswerte einer Börse) sachlich gerechtfertig sei, wenn diese Informationen wegen der Reputation der Börse wertvoll seien und vor der unentgeltlichen Ausnutzung durch Trittbrettfahrer (free rider) bewahrt werden sollten.405 Der District Court ging dabei zuerst gerade nicht auf angeblich bestehende Immaterialgüterrechte in Zusammenhang mit diesen Informationen ein. Im weiteren Verlauf des Verfahrens lehnte er auf immaterialgüterrechtliche Vorschriften gestützte Untersagungsansprüche ab.406 Problematisch bei dieser Entscheidung war, dass die entgeltliche Verwertung der relevanten Informationen durch dritte
402
Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 364 F.3d at 1291–1292. Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 364 F.3d at 1295–1296. 404 Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 364 F.3d at 1296. 405 New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc., 323 F. Supp. 2d at 571. 406 New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc., 389 F. Supp. 2d 527 (S.D.N.Y. 2005). 403
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Unternehmen auch nach ihrer Kundgabe an die Öffentlichkeit verhindert wurde. Das Gericht sah dies wegen der Reputation der Börse aber als rechtmäßig an. IV. Verweigerungen der Lizenzierung geheimer Innovationen nach deren Markteinführung In mehreren Entscheidungen von Federal Courts of Appeals wurde festgestellt, dass Monopolisten grundsätzlich keiner Pflicht unterliegen, ihre Technologie an Konkurrenten zu offenbaren. 1. Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc. In dem Fall Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc. nannte ein Court of Appeals als Beispielsfall für ein gegen Section 1 Sherman Act verstoßendes Koppelungsgeschäft folgende Konstellation: „In some instances, two products might be illegally tied through the technological relationship between them. If, for example, the systems software was designed to only be compatible with a specific hardware configuration, and that specific hardware configuration, because it is based on information held only by the seller, is only available from that seller, then a violation might be found. But such a violation must be limited to those instances where the technological factor tying the hardware to the software has been designed for the purpose of tying the products, rather than to achieve some technologically beneficial result.“407
Anders als in bisher besprochenen Fällen beanstandeten nicht Konkurrenten, sondern Abnehmer die Vorenthaltung geheimer Innovationen. Zum Betrieb eines Franchiseunternehmens hatten sie das notwendige Computerbetriebssystem und die notwendige Anwendungssoftware vom Lizenzgeber erworben. Der Erwerb der Computer selbst war durch die Franchiseverträge nicht geregelt. Die Abnehmer machten geltend, dass sie gezwungen waren, die Computer auch von dem Franchisegeber zu leasen, da nur die von diesem bereitgestellten Computer mit der Software kompatibel waren. In diesem Fall ging es damit nicht darum, ob ein Monopolist die Inkompatibilität von Erzeugnissen eines Konkurrenten herbeigeführt hatte. Entscheidend war, ob der Franchisegeber die Franchisenehmer zu einem Erwerb der Computer wegen der Inkompatibilität der Software mit anderen Computern gezwungen hatte. Bei den bisher genannten Fällen der Herstellung von Inkompatibilität mit Erzeugnissen von Konkurrenten war ein derartiges Vorgehen nur schwer möglich. Die Erzeugnisse der Konkurrenten hatten nur Ergänzungsfunktion zu dem Produkt des Monopolisten. Daher waren Abnehmer auch regelmäßig nicht gezwungen, diese abzunehmen, um das Erzeugnis des Monopolisten nutzen zu 407
Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc., 537 F.2d at 1330.
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können. In diesem Fall war dagegen die Nutzung der Software ohne Computer nicht möglich. Ein Zwang der Leasingnehmer, die Computer vom Leasinggeber zu erwerben, war daher theoretisch denkbar.408 Das Gericht gelangte zu der Überzeugung, dass die notwendigen Informationen vom Lizenzgeber nicht vorenthalten wurden, dass sie zudem anderweitig erhältlich waren und kein Beweis erbracht war, dass eine Konfiguration der Software zur Koppelung mit der Hardware vorgenommen worden war.409 Das Gericht führte aber auch an, dass gegen eine Koppelung in einem derartigen Fall auch sprechen würde, dass die gekoppelte Computerhardware gerade keinem Wettbewerb unterliege, was einen wettbewerbswidrigen Effekt der Koppelung ausschließen könnte. Falls die in der Hardware verkörperten Informationen nicht anderweitig erhältlich seien, sei der Wettbewerb um diese Hardware auch nicht beschränkbar.410 Eine derartige dominante Stellung wäre dann aber wohl ein Anknüpfungspunkt für Section 2 Sherman Act. Der Fall ist insofern von Bedeutung, als das Gericht hier angenommen hatte, dass eine Vorenthaltung der geheimen Information auch bei einem Koppelungsgeschäft nur dann von Bedeutung sein kann, wenn (1) die geheime Information nicht anderweitig erhältlich ist, (2) die Verwendung der geheime Information den Zweck der Koppelung zweier Erzeugnisse hatte und (3) der Einsatz der geheimen Information keinen technischen Vorteil bringen sollte. Dieser Fall wurde von einem anderen Gericht als Beispielsfall für die Verwendung des sog. intent test auf die Vorenthaltung geheimer Innovationen und Produktdesign genannt.411 2. The Perfumer’s Workshop, Ltd. v. Roure Bertrand du Pont, Inc. In einem anderen Fall stellte ein District Court fest, dass die Verwendung anderer Zusatzstoffe als ursprünglich in einer geheimen Formel zur Herstellung eines Parfums vorgesehen, nicht gegen Section 2 Sherman Act verstößt. Die Innehabung einer derartigen Formel begründe für sich keinen Verstoß, selbst wenn sie zu einer Monopolstellung geführt habe: „Owning the exclusive recipe for a product, albeit monopolistic, is not necessarily violative of the antitrust laws [. . .].“412
408
Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc., 537 F.2d at 1329. Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc., 537 F.2d at 1330. 410 Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc., 537 F.2d at 1330 n. 50. 411 Transamerica Computer Co. v. International Business Machines Corp., 481 F. Supp. at 1003 n. 104. 412 The Perfumer’s Workshop, Ltd. v. Roure Bertrand du Pont, Inc., 737 F. Supp. 785, 790–791 (S.D.N.Y. 1990). 409
200
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Und auch eine von einem Abnehmer behauptete Abänderung(-smöglichkeit) der Formel zur Verwendung eines Inhaltsstoffes, um den Markt dieses Inhaltsstoffes zu monopolisieren, stelle keine Monopolisierung dar: „[T]hat a specific choice of ingredients was made exclusively by [the perfume house] is inconclusive that such conduct rises to the ,predatory‘ level which threatens the marketplace as a whole.“413
3. Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. a) Hintergrund Wie bereits weiter oben angedeutet, hat der Fall Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp. für die vorliegende Untersuchung eine zweifache Bedeutung, da in diesem Fall der Monopolist neben der Lizenzierung eines urheberrechtlich geschützten Computerprogramms auch die Offenlegung von geheimen Informationen verweigert hatte.414 Data General Corp. hielt Blaupausen seiner Erzeugnisse geheim, welche unabhängigen Wartungsdienstleistungsunternehmen die Herstellung einer eigenen Diagnosesoftware zur Wartung der von Data General Corp. hergestellten Erzeugnisse ermöglicht hätte. b) Entscheidung des Court of Appeals for the First Circuit Das Gericht traf unter Zitierung der Entscheidung im Fall Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co. die allgemeine Feststellung: „Even a monopolist, however, ,may normally keep its innovations secret from its rivals as long as it wishes.‘ [. . .].“415
Als Ausnahme dazu führte der Court of Appeals nur die Konstellation an, dass der Monopolist seine Erzeugnisse (und damit auch die sie beschreibenden Blaupausen) abändert, um technische Fortschritte unabhängiger Wartungsunternehmen zu verhindern.416 Der District Court hatte in seiner Entscheidung zu der vom Court of Appeals nicht diskutierten Frage des Bestehens einer essential facility in Form des urheberrechtlich geschützten Diagnoseprogramms ausgeführt:
413
The Perfumer’s Workshop, Ltd. v. Roure Bertrand du Pont, Inc., 737 F. Supp. at
791. 414
Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1189. Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1189, citing Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 281. 416 Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1189. Gleiches hatte auch schon der District Court festgestellt: Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 761 F. Supp. at 191. 415
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„The case law has consistently affirmed that a manufacturer is under no obligation to pre-disclose or disclose its knowledge about its products so that competition may arise in the related peripheral hardware, software, and repair services markets. [. . .] The underlying thrust of [the third party maintainer’s] essential facilities claim is that if it cannot force [the manufacturer] to share its knowledge, the essential facilities doctrine requires [the manufacturer] to share the fruits of its knowledge. [. . .] The Sherman Act has not been interpreted to require manufacturers to abandon their advantage in creating accessories to their systems. If manufacturers of complex and innovative systems were required to share with competitors the development of accessories, because they had a possibly absolute advantage through producing the system, the incentives of copyright and patent laws would be severely undermined. Not only would the manufacturer, who is in the best position to create these accessories, have less incentive to do so, but also the impetus for competitors to reverse engineer and produce competing solutions would be reduced.“417
Der District Court unterschied folglich zwischen den geheimgehaltenen Blaupausen der hergestellten Computersysteme einerseits und dem zur Wartung der Computersysteme eingesetzten, urheberrechtlich geschützten Diagnoseprogramm andererseits. Da der Hersteller nicht verpflichtet sei, dass Wissen über seine Produkte zu offenbaren, käme auch nicht in Betracht, dass er die Früchte des Einsatzes dieses Wissens Dritten zu lizenzieren habe. Daraus wird erkennbar, dass der District Court aus der rechtmäßigen Geheimhaltung des Wissens des Herstellers auch die Legitimation für die Lizenzverweigerung des mittels dieses Wissens hergestellten Computerprogramms ableitet. Dies könnte darauf hindeuten, dass geheimen Innovationen noch größer Schutz vor kartellrechtlichen Vorwürfen wegen Nichtoffenlegung als Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten einzuräumen ist. In eine ähnliche Richtung geht auch die Entscheidung des Court of Appeals. Dieser geht bei Geschäftsgeheimnissen – anders als bei Immaterialgüterrechten – nicht von einer widerleglichen Vermutung für eine sachliche Rechtfertigung wegen des Bestrebens, andere von deren Verwendung abzuhalten, aus. Vielmehr sieht der Court of Appeals die Geheimhaltung als rechtmäßig an, solange ein Hersteller keine Änderungen an seinen Erzeugnissen vornimmt, um den technischen Fortschritt anderer Unternehmen zu verhindern. Diese Feststellung erinnert an die Ausführungen einiger Gerichte in den oben genannten IBM-Fällen. In diesen finden sich auch einige Ansatzpunkte für die Abgrenzung zwischen auf Innovationen beruhenden Abänderungen und zum Ausschluss von Konkurrenten vorgenommenen Abänderungen. Mit dieser Abgrenzung musste sich der Court of Appeals hier nicht beschäftigen, da schon keine Abänderungen vorlagen.
417
Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 761 F. Supp. at 192.
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c) Rückschlüsse aus der Entscheidung Der District Court hatte auch festgestellt, dass zwei Diagnoseprogramme durch unabhängige Wartungsunternehmen entwickelt worden waren.418 Für die kartellrechtliche Behandlung von Offenlegungs- oder Lizenzverweigerungen an geheimen Innovationen zeigt der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt zumindest eines: Gerichte sollten bei Behauptungen von Konkurrenten, dass sie auf eine Offenlegung der geheimen Innovation durch ihren Inhaber angewiesen sind, eine genaue Prüfung vornehmen, ob diese Behauptung richtig ist. Da geheime Innovationen, abgesehen von einem in bestimmten Konstellationen möglichen urheberrechtlichen Schutz, nicht immaterialgüterrechtlich geschützt sind, können Konkurrenten auf vielen verschiedenen Wege versuchen, die geheime Innovation selbst zu entwickeln oder anderweitig zu erwerben. Aus den Entscheidungen des Court of Appeals und des District Court könnte sich aber auch ergeben, dass eine Monopolisierung dann in Betracht kommen könnte, wenn geheime Produktbestandteile ständig willkürlich abgeändert werden. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dann aber nicht die Verweigerung der Offenlegung, sondern die Änderung des Erzeugnisses selbst.419 Dabei fällt aber auf, dass diese Konstellation dann auch den Streitigkeiten über die Offenlegung von Innovationen vor der ersten Markteinführung ähnelt. Denn im Ergebnis geht es jeweils um die Rechtmäßigkeit des zeitlichen Vorsprungs, den ein Unternehmen durch die Einführung eines neuen Produktes oder eben auch durch die bloße Verbesserung eines bestehenden Produkts erhält. Dies zeigt aber zumindest, dass die Abgrenzung zwischen vor der ersten Markteinführung stehenden und bereits einige Monate am Markt angebotenen innovativen Erzeugnissen schwer fallen kann. Leicht ist die Abgrenzung dagegen dann, wenn die geheime Innovation mit Markteinführung ohne weitere Schwierigkeiten erkennbar bzw. ableitbar wird. Für die Gerichte ist die Feststellung, ob eine Abänderung zur Abschöpfung des Vorteils einer erstmals am Markt einzuführenden Verbesserung eines Produkts oder nur zum Ausschluss von Konkurrenten vorgenommen wurde, mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Denn meist wird
418
Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 761 F. Supp. at 191. Vgl. dazu die Ausführungen des District Court in Transamerica Computer Co. v. International Business Machines Corp., 481 F. Supp. at 1002–1003: „Had IBM responded to the [plug-compatible manufacturers’] inroads on its assumed monopoly by changing the [. . .] interfaces with such frequency that they would have been unable to attach and unable to economically adapt their peripherals to the ever-changing interface designs, and, if those interface changes had no purpose and effect other than the preclusion of [plug-compatible manufacturers] competition, this Court would not hesitate to find that such conduct was predatory.“ Vom Court of Appeals wurde diese wohl als Obiter dictum zu bezeichnende Feststellung im Rechtsmittelverfahren nicht aufgegriffen: Transamerica Computer Co. v. International Business Machines Corp., 698 F.2d at 1382–1383. 419
E. Verbergen von Innovationen
203
eine Abänderung nicht einzig mit Blick auf den Ausschluss des Wettbewerbers erfolgen, sondern auch Produktverbesserungen mit sich bringen. Fraglich ist aber, wie die Konstellation zu handhaben ist, wenn die geheimen Innovationen schlicht zu umfassend sind, so dass eine anderweitige Entwicklungsmöglichkeit durch andere Unternehmen ausgeschlossen ist. Damit im Zusammenhang steht die Frage, wann ein Unternehmen hinreichende Vorteile aus der ersten Markteinführung einer neuen Innovation gezogen hat, so dass keine Gefahr der Einschränkung seiner Anreize oder der Anreize anderer Unternehmen besteht, in Innovationsanstrengungen zu investieren. Dabei könnte argumentiert werden, dass diese Vorteile solange gezogen werden dürfen, wie die Innovation geheim bleibt. Die andere Extremposition könnte lauten, dass sich diese Vorteile schon kurz nach der ersten Markteinführung von auf der Innovation beruhenden Erzeugnissen realisiert haben. Gerichte werden aber meist nicht in der Lage sein, abzuschätzen, ob sich die Vorteile der ersten Markteinführung einer Innovation schon realisiert haben. 4. Microsoft-Fälle a) Entscheidung des Court of Appeals im Fall Massachusetts v. Microsoft Corp. Der Kartellrechtsstreit zwischen dem DoJ und einigen US-Bundesstaaten einerseits und Microsoft andererseits wurde nach der Aufhebung der Entscheidungen des District Court durch den Court of Appeals for the District of Columbia Circuit durch Vergleich zwischen den USA und einigen der Bundesstaaten bzw. durch einen neuen Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der nicht dem Vergleich zustimmenden Bundesstaaten beendet.420 420 Das DoJ hatte schon im Juli 1994 eine Klage gegen Mircosoft erhoben. Dieser Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet. Das DoJ machte später geltend, dass Microsoft gegen den Vergleich verstoßen habe, vgl. United States v. Microsoft Corp., 147 F.3d 935 (D.C. Cir.1998). Auf eine weitere Klage des DoJ und der Klage einiger US-Bundesstaaten sowie des District of Columbia 1998 stellte der Richter Thomas Penfield Jackson nach einer langen Beweisaufnahme zuerst die bewiesenen Tatsachen der neuen Klagevorwürfe fest (Findings of Fact), vgl. United States v. Microsoft Corp., 84 F. Supp. 2d 9 (D.D.C. 1999). Nach dem Scheitern eines Mediationsversuches durch den Richter Richard A. Posner nahm er eine rechtliche Würdigung dieser Tatsachen vor (Conclusions of Law), vgl. United States v. Microsoft Corp., 87 F. Supp. 2d 30 (D.D.C. 2000). Als Sanktion für die festgestellten Verstöße ordnete er (in einem Final Judgement) u. a. an, dass Microsoft einen Vorschlag für die Aufspaltung des Unternehmens vorzulegen habe, vgl. United States v. Microsoft Corp., 97 F. Supp. 2d 59, 67 (D.D.C. 2000). Die Conclusions of Law wurden vom zuständigen Court of Appeals später teilweise aufgehoben. Das Final Judgement wurde vollständig aufgehoben und zu erneuten Entscheidung an einen anderen Richter des District Court zurückverwiesen, vgl. United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d at 118–119 (en banc), cert. denied, 534 U.S. 952 (2001). Die neue Richterin Colleen Kollar-Kotelly
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Der Court of Appeals for the District of Columbia Circuit hat auf das Rechtsmittel des U.S.-Bundesstaates Massachusetts gegen den durch das Eingangsgericht (District Court for the District of Columbia) abgeänderten, dem Vergleich zwischen Microsoft und den USA (und einigen Bundesstaaten) fast vollständig gleichenden Sanktionsausspruch ausgeführt, dass das Ausgangsgericht Microsoft verpflichtet hat, bestimmte seiner Schnittstellen für Anwendungsprogramme und Kommunikationsprotokolle des von Microsoft hergestellten Betriebssystems offenzulegen, obwohl die Nichtoffenlegung dieser Information keine Rolle bei der Feststellung des Verstoßes gegen die Kartellgesetze durch den Court of Appeals gespielt habe.421 Im Originalwortlaut der Entscheidung heißt es: „[N]ondisclosure of this proprietary information had played no role in our holding Microsoft violated the antitrust laws.“422
Hinsichtlich der Verpflichtung zur Offenlegung der Schnittstellen für Anwendungsprogramme hielt der Court of Appeals fest, dass diese nicht zu weitgehend seien dürften, da sonst die Anreize von Microsoft, Innovationsanstrengungen zu betreiben, eingeschränkt werden könnten und sogar eine vollständige Nachahmung des Betriebssystems durch Konkurrenten möglich werden könnte: „[A] forward-looking provision requiring overly broad disclosure could undermine Microsoft’s incentive to innovate and, more particularly, [. . .] could enable competitors to ,clone‘ Windows.“423
Im Prinzip soll daher nur eine begrenzte Offenlegung hinsichtlich derartiger Anwendungsprogramme erfolgen, die ein Potential besitzen könnten, die Monopolstellung von Microsoft auf dem Markt für Betriebssysteme für PCs zu erodieren.
ordnete eine erneute Mediation an. Das DoJ und einige der klagenden US-Bundesstaaten erzielten in der von Professor Eric Green geführten Mediation eine Einigung. Dieser Vergleich wurde von der Richterin als im öffentlichen Interesse i. S. d. Antitrust Procedures and Penalties Act („Tunney Act“) akzeptiert, vgl. United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d 144, 149 (D.D.C. 2002). Die Anordnung der Rechtsfolgen des Vergleichs zwischen den USA und Microsoft finden sich in: United States v. Microsoft Corp., 2002-2 Trade Cas. (CCH) P73,860 (D.D.C. 2002). Die wortgleiche Anordnung der Rechtsfolgen des Vergleichs zwischen den dem Vergleich zustimmenden US-Bundesstaaten und Microsoft finden sich in: New York v. Microsoft Corp., 2002 U.S. Dist. LEXIS 22858 (D.D.C. 2002) Einige der klagenden Bundesstaaten akzeptierten den Vergleich nicht. Der District Court hatte daher ein neues Final Judgment zu erlassen und zu begründen. Dieses entsprach im Wortlaut fast vollständig dem Vergleich, vgl. New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d 76 (D.D.C. 2002). U. a. der Bundesstaat Massachuetts legte gegen dieses Rechtsmittel ein. Der zuständige Court of Appeals wies das Rechtsmittel zurück, vgl. Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d 1199, 1215 (D.C. Cir. 2004). 421 Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1215. 422 Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1215. 423 Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1218–1219.
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Auch – und dies war einer der Gründe für die Verweigerung der Zustimmung des US-Bundesstaates Massachusetts zu dem Vergleich – sieht der Vergleich bzw. der Sanktionsausspruch eine Offenlegung von Kommunikationsprotokollen nur insoweit vor, als dass eine Grundverbindung zwischen nicht von Microsoft hergestellten Betriebssystemen (z. B. Serverbetriebssystemen) und Windows verwendenden PCs ermöglicht wird.424 Eine vollständige Interoperabilität wird dadurch gerade nicht ermöglicht. Der Court of Appeals sah darin trotzdem eine ausreichende Sanktion, da eine Verweigerung der Offenlegung dieser Protokolle kein Element der festgestellten Verstöße gegen den Sherman Act war: „[W]e did not hold Microsoft’s disclosure practices with respect to communications protocols violated § 2 of the Sherman Act. [. . .]“425 „It was not inappropriate [. . .] to require only the disclosures necessary to provide a basic link between non-Microsoft operating systems and PCs running Windows. That there are other methods for achieving the same or an even greater degree of interoperability – perhaps even methods allowing the ,full‘ and ,seamless‘ interoperability claimed by Massachusetts – does not render insufficient what is already the ,most forward-looking‘ provision in the decree.“426
b) Inhalt und Begründung des Vergleichs und der Sanktionen des District Court aa) Offenlegungsverpflichtungen Der Vergleich zwischen dem DoJ und einigen US-Bundesstaaten einerseits und Microsoft andererseits sieht u. a. vor, dass Microsoft verpflichtet ist, bestimmte seiner Schnittstellen für Anwendungsprogramme und Kommunikationsprotokolle des von Microsoft hergestellten Betriebssystems Windows (und Nachfolgeversionen) offenzulegen.427 Im Urteil des District Court zu den Rechtsfolgen für die festgestellten Verstöße gegen den Sherman Act in dem verbleibenden streitigen Verfahren zwischen Microsoft und den nicht dem Vergleich zustimmenden US-Bundesstaaten finden sich ähnliche Verpflichtungen:428 „D. [. . .] Microsoft shall disclose to [specified entities], for the sole purpose of interoperating with a Windows Operating System Product, via the Microsoft Devel-
424
Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1224. Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1222. 426 Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1224. 427 Vgl. die Anordnung der Rechtsfolgen des Vergleichs zwischen den USA und Microsoft in: United States v. Microsoft Corp., 2002-2 Trade Cas. (CCH) P73,860. Die wortgleiche Anordnung der Rechtsfolgen des Vergleichs zwischen den dem Vergleich zustimmenden US-Bundesstaaten und Microsoft findet sich in: New York v. Microsoft Corp., 2002 U.S. Dist. LEXIS 22858. 428 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 268–269. 425
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
oper Network („MSDN“) or similar mechanisms, the APIs and related Documentation that are used by Microsoft Middleware to interoperate with a Windows Operating System Product. For purposes of this Section [. . .], the term APIs means the interfaces, including any associated callback interfaces, that Microsoft Middleware running on a Windows Operating System Product uses to call upon that Windows Operating System Product in order to obtain any services from that Windows Operating System Product. [. . .] E. [. . .] Microsoft shall make available for use by third parties, for the sole purpose of interoperating or communicating with a Windows Operating System Product, on reasonable and non-discriminatory terms [. . .], any Communications Protocol that is [. . .] (i) implemented in a Windows Operating System Product installed on a client computer, and (ii) used to interoperate, or communicate, natively (i. e., without the addition of software code to the client operating system product) with a Microsoft server operating system product.“
Als Begründung dafür führte der District Court an, dass diese Offenlegungspflichten geeignet seien, zukünftige monopolisierende Verhaltensweisen zu beseitigen.429 Das Gericht bezeichnet sie daher auch als „forward-looking“ provisions.430 Der Missbrauchsvorwurf gegen Microsoft bestand im Wesentlichen darin, dass Microsoft wettbewerbswidrig gehandelt habe, um sog. middleware software anderer Unternehmen einzuschränken, eigene middleware zu stärken und im Ergebnis potentielle Angriffe auf seine Vormachtstellung bei Betriebssystemen für PCs zu verhindern.431 Middleware software sind Computerprogramme, die einerseits auf die Schnittstellen eines Computerbetriebssystems zugreifen, andererseits aber auch eigene Schnittstellen zur Verfügung stellen, auf die Entwickler anderer Computerprogramme zugreifen können.432 Diese können dadurch auch das Potential haben, ein Betriebssystem zu ersetzen oder dessen Bedeutung zu vermindern (sog. platform threat). Ausgangspunkt dafür ist, dass middleware mit den Betriebssystemen verschiedener Hersteller kompatibel sein kann und Programmierer von Anwendungsprogrammen dann statt den Schnittstellen des Betriebssystems die Schnittstellen der middleware nutzen, womit die Anwendungsprogramme sodann mit den verschiedenen Betriebssystemen kompatibel verwendbar wären. Durch die Offenlegung der Schnittstellen der von Microsoft selbst entwickelten middleware wird der Umfang der Interoperabilität 429
New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 171: „The Court agrees that the goal of facilitating interoperation between Microsoft’s PC operating system products and third-party middleware, as well as between Microsoft’s PC operating system products and third-party server operating systems, is consistent with the goal of ,ensuring that there remain no practices likely to result in monopolization in the future‘. [. . .].“ Siehe dazu auch die Ausführungen des District Court in seiner Feststellung, dass der Vergleich im öffentlichen Interesse i. S. d. Tunney Act sei: United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d at 187. 430 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 171. 431 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 172. 432 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 90 n. 14.
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rivalisierender middleware mit dem vorherrschenden Betriebssystem erhöht. Im Ergebnis könnte rivalisierende middleware dann eine Vielzahl von Anwendungsprogrammen unterstützen und selbst zu einer Plattform werden.433 Die von dem District Court aufgestellte Definition des Begriffs middleware enthält dabei aber auch Programme, welchen die von Microsoft benannten Experten selbst nicht das Potential als platform threat zuerkannt haben.434 Der District Court stellte auch klar, dass die von Microsoft angewandte Praktik, Schnittstellen und andere Technologien geheim zu halten, nicht als ein Teil des Verhaltens bezeichnet werden kann, welches der Grund für die Feststellung der Monopolisierungsvorwürfe war.435 Betriebssysteme für Server stellen dagegen strenggenommen keine middleware dar, da sie nicht auf dem ein Betriebssystem verwendenden PC installiert sind, sondern auf einem Server installiert sind, mittels dessen mehrere PCs miteinander verbunden sein können.436 Sie bieten aber auch die Möglichkeit, durch die Bereitstellung von Schnittstellen Programmabläufe von Anwendungsprogrammen für mit dem Netzwerk verbundene PCs zu ermöglichen.437 Nach Ansicht des District Court stellen sie einen der neuesten platform threats für das Betriebssystem Windows dar. Da diese jedoch in dem Rechtsstreit selbst keine Rolle spielten, bezeichnete das Gericht deren Offenlegung folgendermaßen: „[T]he requirement that Microsoft disclose and license the communications protocols utilized by its PC operating systems to communicate with Microsoft’s servers is the most forward-looking provision in the Court’s remedy.“438
Der District Court verlangte aber nur eine Offenlegung der Kommunikationsprotokolle, mit denen das Betriebssystem Windows ohne weitere Softwareprogramme (natively) mit von Microsoft hergestellten Betriebssystemen für Server kommuniziert. Da die Monopolisierungsvorwürfe den Markt für Intel-kombatible PC-Betriebssysteme betrafen, war eine Ausweitung der Sanktionen auf den Markt der Betriebssysteme für Server nach Ansicht des Gerichts nicht geboten. Die Ermöglichung der Interoperabilität einer Anwendung mit von Microsoft hergestellten Betriebssystemen für Server war damit nicht Gegenstand der Sanktionen.439 Vielmehr ging es nur um die Ermöglichung der Interoperabilität 433
New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 172. Siehe dazu: Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1216. 435 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 175. 436 Siehe dazu: Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1222; New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 129. 437 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 129. 438 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 173. Ähnlich auch die Ausführungen des District Court bei seiner Feststellung, dass der Vergleich im öffentlichen Interesse i. S. d. Tunney Act sei: United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d at 189. 439 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 173. 434
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
von rivalisierenden Serverprogrammen mit den von Microsoft hergestellten PCBetriebssystemen. Die Offenlegung der von Microsoft geheim gehaltenen Informationen sei in begrenztem Umfang anzuordnen, da sonst die Gefahr der Übernahme des von Microsoft entwickelten Betriebssystems durch andere Unternehmen bestehe (cloning).440 Die Offenbarung von internen Schnittstellen des Betriebssystems, die nicht für den Zugriff von Anwendungsprogrammen vorgesehen sind, könnte zudem eine Einschränkung der Innovationsanstrengungen von Microsoft herbeiführen. Denn Microsoft müsste sodann bei Fortentwicklungen des Betriebssystems auf das Vertrauen der Programmentwickler in diese Schnittstellen Rücksicht nehmen und könnte diese dann nicht ohne weiteres ändern.441 Zudem könnten diese internen Schnittstellen instabil sein. bb) Kompensation Die Offenlegung hat nur zu einer angemessenen und nicht diskriminierenden Lizenzgebühr zu erfolgen.442 Hintergrund dafür ist, dass eine Lizenzierung ohne Lizenzgebühr die nicht gebotene, strukturelle Maßnahme der Abspaltung eines der wertvollsten Vermögenswerte von Microsoft darstellen würde.443 Der District Court führte auch aus, dass eine genauere Bestimmung der Lizenzgebühr durch das Gericht eher unangemessen sei, da vorangegangene Entscheidungen zeigen, dass Gerichte besser nicht die Leitung von komplexen und umfangreichen Geschäftsangelegenheiten übernehmen sollten.444 cc) Überwachung der Vollständigkeit der Offenlegung Die Überwachung, ob Microsoft die Offenlegungsverpflichtungen vollständig erfüllt, erfolgt durch Vertreter des DoJ bzw. der US-Bundesstaaten. Diese haben auch ein Zugangsrecht zu den Quellcodes der jeweiligen Programme.445 Die Konkurrenten von Microsoft haben damit nur eine mittelbare Kontrollmöglichkeit mittels Hinweisgebung an diese Vertreter. 440
New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 175–176. New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 177. 442 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 271. 443 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 177–178, 236–237. Ähnlich auch die Ausführungen des District Court bei seiner Feststellung, dass der Vergleich im öffentlichen Interesse i. S. d. Tunney Act sei: United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d at 192. 444 Vgl. New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 178; United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d at 193. 445 Vgl. New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 183; United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d at 193. 441
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dd) Ausnahmen von den Offenlegungspflichten Der Sanktionsausspruch bzw. der Vergleich enthält Ausnahmen von den Offenlegungspflichten: „J. No provision of this Final Judgment shall: 1. Require Microsoft to document, disclose or license to third parties: (a) portions of APIs or Documentation or portions or layers of Communications Protocols the disclosure of which would compromise the security of a particular installation or group of installations of anti-piracy, anti-virus, software licensing, digital rights management, encryption or authentication systems, including without limitation, keys, authorization tokens or enforcement criteria; or (b) any API, interface or other information related to any Microsoft product if lawfully directed not to do so by a governmental agency of competent jurisdiction. 2. Prevent Microsoft from conditioning any license of any API, Documentation or Communications Protocol related to anti-piracy systems, anti-virus technologies, license enforcement mechanisms, authentication / authorization security, or third party intellectual property protection mechanisms of any Microsoft product to any person or entity on the requirement that the licensee: (a) has no history of software counterfeiting or piracy or willful violation of intellectual property rights, (b) has a reasonable business need for the API, Documentation or Communications Protocol for a planned or shipping product, (c) meets reasonable, objective standards established by Microsoft for certifying the authenticity and viability of its business, (d) agrees to submit, at its own expense, any computer program using such APIs, Documentation or Communication Protocols to third-party verification, approved by Microsoft, to test for and ensure verification and compliance with Microsoft specifications for use of the API or interface, which specifications shall be related to proper operation and integrity of the systems and mechanisms identified in this paragraph.“446
Hintergrund dafür war die Befürchtung, dass die Offenlegung der geheimen Informationen zu Sicherheitsrisiken für Microsoft und die Verbraucher führen kann. Im Mittelpunkt stehen dabei Risiken, die durch Computerviren, Hacker oder Fälschungen entstehen können.447 Der District Court wies dabei die Ausführungen der weiter klagenden Staaten und ihrer Experten zu dem von Microsoft verwendeten Sicherheitsmodell zurück.448 Diese hatten argumentiert, dass derzeit eine erhebliche Anzahl von Verbrauchern Angriffen Dritter (z. B. Hackern) schutzlos ausgesetzt wären, falls diese die geheimen Schnittstellen bzw. Kommunikationsprotokolle aufdecken würden. Das von Microsoft eingesetzte Sicherheitsmodell der Geheimhaltung dieser Informationen („security through obscurity“) sei weniger effektiv zum Schutz vor derartigen Risiken, als die Offenlegung der Schnittstellen und gleichzeitiger individueller Verschlüsselung des 446 Vgl. United States v. Microsoft Corp., 2002-2 Trade Cas. (CCH) P73,860; New York v. Microsoft Corp., 2002 U.S. Dist. LEXIS 22858; New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 266–277. 447 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 178–179, 237–239. 448 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 179.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
jeweiligen Datenaustausches.449 Das Gericht sah sich aber bei der Entscheidung über die Sanktionen für Kartellverstöße nicht berufen, festzustellen, welches Produktdesign am förderlichsten für die Bedürfnisse der Verbraucher ist.450 Übersehen wurde in der Argumentation der weiter klagenden Staaten unter Umständen aber auch, dass ein Schutz vor Fälschungen bzw. Nachahmungen der von Microsoft entwickelten Programme nicht durch eine individuelle Verschlüsselung beim Verbraucher erzielt werden kann. Der District Court stellte aber auch ausdrücklich klar, dass Microsoft nicht schon nach einer erfolgreichen Patentverletzungsklage, eine Offenlegung gegenüber dem verurteilten Unternehmen ablehnen könne. Die Verletzung der Immaterialgüterrechte müsse vielmehr willentlich geschehen sein.451 c) Final Judgment des Judge Thomas Penfield Jackson In dem ersten Final Judgment, in welchem Judge Thomas Penfield Jackson auch eine Aufspaltung des Unternehmens Microsoft angeordnet hatte, hatte dieser auch schon ohne weitere explizite Begründung eine Offenlegung von bestimmten geheimen Informationen als Sanktion vorgesehen: „b. [. . .] Microsoft shall disclose to [specified entities] in a Timely Manner, in whatever media Microsoft disseminates such information to its own personnel, all [Application Programming Interfaces], Technical Information and Communications Interfaces that Microsoft employs to enable – i. Microsoft applications to interoperate with Microsoft Platform Software installed on the same Personal Computer, or ii. a Microsoft Middleware Product to interoperate with Windows Operating System software (or Middleware distributed with such Operating System) installed on the same Personal Computer, or iii. any Microsoft software installed on one computer (including but not limited to server Operating Systems and operating systems for handheld devices) to interoperate with a Windows Operating System (or Middleware distributed with such Operating System) installed on a Personal Computer. To facilitate compliance, and monitoring of compliance, with the foregoing, Microsoft shall create a secure facility where qualified representatives of [any entity other than Microsoft that is engaged in the development and licensing (or other 449 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 238–239. Dieses Prinzip wurde weiter oben schon eingehender beschrieben (siehe 1. Kapitel: D). 450 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d at 179: „The task presently before the Court is not the redesign of Microsoft’s products to conform to Plaintiffs’ views regarding what product design would be best for consumers and competitors alike. Rather, this Court’s sole concern is to craft an effective remedy to redress Microsoft’s antitrust violations identified by the appellate court and restore competition to the monopolized market.“ 451 Vgl. United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d at 194.
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marketing) of software products intended to interoperate with Microsoft Platform Software, independent hardware vendors, and manufacturers or assemblers of a personal computer] shall be permitted to study, interrogate and interact with relevant and necessary portions of the source code and any related documentation of Microsoft Platform Software for the sole purpose of enabling their products to interoperate effectively with Microsoft Platform Software [. . .].“452
Der zweite Rechtsfolgenausspruch und der gleichlautende Vergleich bleiben hinsichtlich der Offenlegung der Kommunikationsprotokolle hinter diesem ersten Rechtsfolgenausspruch zurück, da sie Microsoft nur verpflichten, Kommunikationsprotokolle für Serversoftware offenzulegen, die in einem von Microsoft hergestelltem Betriebssystem für PCs verwendet werden. Erforderlich ist aber gerade nicht die Ermöglichung von vollständiger Kompatibilität.453 Judge Jackson hatte in seinen Findings of Facts auch die Vorenthaltung geheimer technischer Informationen gegenüber durch Microsoft gegenüber anderen Unternehmen festgehalten.454 In seinen Conclusions of Law ging er jedoch auf die Vorenthaltung der technischen Informationen nicht ein.455 d) Prozesse privater Kläger In einigen privaten Kartellrechtsprozessen versuchten Kläger nachzuweisen, dass das von Microsoft hergestellte Betriebssystem Windows95 als essential facility für verschiedene Anwendungsprogramme einzuordnen sei.456 aa) The David L. Aldridge Co. v. Microsoft Corp. Ein Kläger machte beispielsweise geltend, dass der Zugang zu einer essential facility verwehrt worden sei, indem Microsoft den Quellcode des Programms verschlüsselt bzw. gegenüber anderen Unternehmen nicht dessen Designdetails offengelegt habe.457 Ein District Court befand jedoch u. a., dass Microsoft zu
452
United States v. Microsoft Corp., 97 F. Supp. 2d at 67. Toshiaki Takigawa, 50 Antitrust Bull. at 249, 254. 454 Vgl. z. B.: United States v. Microsoft Corp., 84 F. Supp. 2d at 33. 455 United States v. Microsoft Corp., 87 F. Supp. 2d 30. 456 The David L. Aldridge Co. v. Microsoft Corp., 995 F. Supp. 728, 751 (S.D. Tex. 1998); In re Microsoft Corp. Antitrust Litigation, 274 F. Supp. 2d 743 (D. Md. 2003). In einem weiteren Fall lehnte ein Gerichte den Vorwurf der versuchten Monopolisierung des Marktes für Serverbetriebssysteme durch Nichtoffenlegung des Quellcodes der von Microsoft entwickelten Betriebssysteme für Sever ab, da es der Auffassung war, dass schon der Erwerb einer Monopolstellung durch Microsoft auf diesem Markt noch nicht gefährlich nahe bevorstand, vgl.: Bristol Technology, Inc. v. Microsoft Corp., 42 F. Supp. 2d 153, 168–172 (D. Conn. 1998). 457 The David L. Aldridge Co. v. Microsoft Corp., 995 F. Supp. at 755. 453
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
beidem berechtigt gewesen sei, da Microsoft rechtmäßigerweise seine technischen Fortschritte geheim halten durfte: „Because Microsoft could lawfully decline to reveal advances in technology, it did not offend the antitrust laws by failing to distribute design information about Windows95 to [a software manufacturer] or by encrypting the computer code for the operating system.“458
Damit sei schon nicht unrechtmäßigerweise der Zugang verweigert worden. bb) In re Microsoft Corp. Antitrust Litigation Ein anderer District Court ging ebenfalls davon aus, dass Microsoft nur den Vorteil der ersten Markteinführung und des daraus resultierenden Vorsprungs rechtmäßigerweise ausgenutzt hatte. Die essential facilities doctrine würde jedoch nicht schon bei einer kurzzeitigen Vorteilserzielung gegenüber anderen Unternehmen eingreifen, da diese dadurch gerade nicht vollständig in ihrer wettbewerblichen Tätigkeit eingeschränkt werden.459 Ganz grundsätzlich könnte eine Offenlegungspflicht auch erheblich Innovationen in der Zukunft bremsen.460 Problematisch sei darüber hinaus zu bestimmen, welche Teile des Computerprogramms wesentlich für die Tätigkeit der anderen Unternehmen seien. Gerichte hätten dazu nicht den nötigen technischen Sachverstand.461 e) Kritik in der Literatur Die Verpflichtungen zur Offenlegung der Schnittstellen und Kommunikationsprotokolle scheinen auf den ersten Blick innovationsförderlich. Problematisch dabei ist aber, dass Schnittstellen nicht nur geheim gehalten werden können, um einen wettbewerblichen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen zu erzielen (oder diese gar von Innovationen abzuhalten), sondern auch um Flexibilität bei der Entwicklung zukünftiger Erzeugnisse zu haben. Falls diese offengelegt werden müssen, kann es dazu kommen, dass Microsoft diese auch in zukünftigen Erzeugnissen verwenden (bzw. bereitstellen) muss, da die anderen Unternehmen auf diese zugreifen. Dies ist aber dann innovationshinderlich, wenn Microsoft später fortschrittlichere Schnittstellen entwickeln würde.462
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The David L. Aldridge Co. v. Microsoft Corp., 995 F. Supp. at 755–756. In re Microsoft Corp. Antitrust Litigation, 274 F. Supp. 2d at 746. 460 In re Microsoft Corp. Antitrust Litigation, 274 F. Supp. 2d at 745. 461 In re Microsoft Corp. Antitrust Litigation, 274 F. Supp. 2d at 745. 462 Robert W. Hahn, United States v. Microsoft: The Benefits of Settlement 6 n. 19 (January 2002). 459
E. Verbergen von Innovationen
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f) Unterschiede zu Kartellverfahren in der EU Anders als in der EU war die Nichtoffenlegung der Kommunikationsprotokolle des von Microsoft hergestellten Betriebssystems kein Gegenstand in den von den USA und einigen US-Bundesstaaten erhobenen Klagen. Ein Grund dafür könnte sein, dass im US-Kartellverfahren gegen Microsoft nicht der Vorwurf der Ausdehnung eines Monopols auf einen bisher nicht monopolisierten Markt erhoben wurde, sondern der Vorwurf der illegalen Verteidigung des bestehenden Monopols gegen Produkte, die das Potential gehabt haben könnten, Funktionen des von Microsoft vertriebenen Produkts zu ersetzen. Für diese Produkte sind Schnittstellen mit dem von Microsoft hergestellten Betriebssystem hilfreich, aber nicht unbedingt notwendig.463 Ein weiterer Grund für die nicht erfolgte Geltendmachung dieses Vorwurfs könnte auch sein, dass das DoJ auf diesen bewusst verzichtet hat, da er schwierig zu beweisen gewesen wäre und die Geltendmachung privaten Klägern mit den nötigen Ressourcen und Kenntnissen über ihren Bedarf an Zugang zu den jeweiligen Schnittstellen überlassen wollte. In der Rechtswissenschaft wurde aber diskutiert, ob die Nichtoffenlegung der Schnittstellen als Mittel zum Erwerb von Monopolstellungen auf den Märkten für Anwendungssoftware oder auch zur Sicherung der Monopolstellung von Microsoft auf dem Markt für PC-Betriebssysteme eingesetzt worden sein könnte.464 Die Rechtsfolgen in den USA und in der EU scheinen sich in einen gewissen Umfang zu überschneiden. R. Hewitt Pate, damaliger Assistant Attorney General for Antitrust im DoJ, stellte daher auch zu der Entscheidung der EG-Kommission fest: „With respect to the EC’s ,interoperability‘ remedy, which requires Microsoft to license technologies used by Microsoft server software to communicate with other Microsoft software on a network, there is considerably more overlap with the United States’ approach. Like the U.S. decree, the EC decision appears to focus on providing competing software developers with the opportunity to build products that communicate and interoperate with Windows-based PCs. The details of the EC’s requirements on this point remain to be seen, and we look forward to examining them.“465
Auch der Präsident des EuG kam in seinem Beschluss über den Antrag Microsofts auf eine einstweilige Anordnung zu dem Ergebnis, dass die Lizenzierungspflichten aus dem Vergleich zwischen Microsoft und den US-amerikani-
463 464
Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d at 1222. Siehe z. B.: Steven C. Salop / R. Craig Romaine, 7 Geo. Mason L. Rev. at 634–
636. 465 DoJ, Assistant Attorney General for Antitrust, R. Hewitt Pate, Issues Statement on the EC’s Decision in its Microsoft Investigation (March 24, 2004).
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
schen Kartellbehörden und der Entscheidung der EG-Kommission nicht grundverschieden seien.466 Zu einem gewissen Umfang bleiben die im Vergleich vorgesehenen Verpflichtungen aber hinter den durch die EG-Kommission in ihrer Entscheidung ausgesprochenen Sanktionen zurück, da sie nur Offenlegung von Kommunikationsprotokollen für die Kommunikation mit Serverbetriebssystemen vorsehen, die in einem von Microsoft hergestellten Betriebssystem für PCs verwendet werden. Die Entscheidung der EG-Kommission sieht dagegen die Offenlegung der Spezifikationen der Kommunikationsprotokolle der Serverbetriebssysteme selbst und auch diejenige für die Kommunikation zwischen Servern vor.467 Hintergrund dafür ist wohl auch der unterschiedliche kartellrechtliche Vorwurf. Während im US-amerikanischen Verfahren der Vorwurf der Verteidigung der Monopolstellung auf dem Markt für PC-Betriebssysteme im Vordergrund stand, geht es im von der EG-Kommission geführten Verfahren um der Verhinderung von mit diesem kompatiblen Erzeugnissen. Da in den USA das Potential gesehen wird, dass Netzwerksysteme bei einer fortschreitenden Entwicklung die von Microsoft hergestellten PC-Betriebssysteme teilweise ersetzen könnten, wurde im Vergleich die Offenlegung der in PC-Betriebsystemen enthaltenen Kommunikationsprotokolle vorgesehen. Aufgrund der Entscheidung der EG-Kommission soll es anderen Unternehmen dagegen auch ermöglicht werden, ein Betriebssystem für Netzwerkserver zu entwickeln, welches dann in ein schon bestehendes Microsoft-Arbeitsgruppennetzwerk integriert werden kann. Bei allen möglichen Gemeinsamkeiten ist aber entscheidend, dass in den USA keine Monopolisierung durch die Nichtoffenlegung der Schnittstellen oder Kommunikationsprotokolle angenommen wurde. Der Rechtsfolgenausspruch enthält zwar Verpflichtungen zur Offenlegung einiger dieser Informationen. Über Offenlegungspflichten hinsichtlich nicht vom Rechtsfolgenausspruch umfasster Informationen gibt er dagegen wenige Aufschlüsse. Die vorgesehenen Offenlegungspflichten stellen nur eine Sanktion für andere Kartellverstöße dar. Eine Einschränkung der Innovationsanstrengungen von Microsoft oder auch von anderen Unternehmen ist durch diese Sanktionen weniger zu befürchten, als durch die Annahme eines Kartellverstoßes durch die Nichtoffenlegung selbst. Denn die Unternehmen können die Sanktionsform der Offenlegungsverpflichtung durch die Nichtvornahme von Kartellverstößen vermeiden. 5. United Asset Coverage, Inc. v. Avaya Inc. In einer aktuellen Entscheidung hat ein District Court einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich der Lizenzierung von Software 466 467
Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 298. Siehe dazu auch 5. Kapitel: D.VI.2.
E. Verbergen von Innovationen
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zurückgewiesen. Das Unternehmen United Asset Coverage, Inc. (UAC) hatte angeführt, dass die Verweigerung der Lizenzierung von Software durch das Unternehmen Avaya Inc. (Avaya) gegen Section 2 Sherman Act verstoßen habe.468 Avaya vertreibt und wartet Telekommunikationssysteme, darunter u. a. auch Nebenstellenanlagen. UAC vertrieb bzw. wartete selbst keine Telekommunikationssysteme, sondern vermittelte die Wartung durch Avaya oder durch von Avaya lizenzierte Unternehmen. Die Software der Nebenstellenanlagen Avayas beruhte auf geheim gehaltenen Quellcodes. Die Software enthielt integrierte Wartungssoftware, die von Avaya freigeschaltet werden konnte. Authorisierten Abnehmern und Wartungsdienstleistern wurde von Avaya die Nutzung der Wartungssoftware für die Nebenstellenanlagen durch (zeitlich befristete) Freischaltung bzw. Passwortzugang gewährt. Nachdem UAC begonnen hatte, die Wartungssoftware selbst einzusetzen und mit einem Konkurrenten von Avaya eine Partnerschaft eingegangen war, begann Avaya damit, die Nutzung der Wartungssoftware denjenigen Abnehmern zu entziehen bzw. nicht mehr anzubieten, die nicht autorisierte Wartungsunternehmen beauftragten. Zudem bat Avaya diesen Abnehmern auch keine Wartungsdienstleistungen mehr an. Für den District Court war u. a. entscheidend, dass Avaya zu keinem Zeitpunkt in vertraglichen Beziehungen mit UAC gestanden hatte. Es lag kein Abbruch einer Geschäftsbeziehung, sondern die Verweigerung der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung vor.469 Beachtlich ist zudem, dass das Gericht als eine unter mehreren sachlichen Rechtfertigungen auch die langjährige Vorgehensweise Avayas ansah, dritten Unternehmen nicht die Nutzung der Wartungssoftware einzuräumen.470 Avaya hatte zwar geltend gemacht, dass die Freischaltecodes geistiges Eigentum Avayas seien. Das Gericht stellte aber nicht auf etwaige innovative oder kreative Leistungen oder Immaterialgüterrechte Avayas ab. Auch prüfte das Gericht nicht, ob die Lizenzverweigerung schon aus urheberrechtlichen Gründen gerechtfertigt sei, sondern stellte auf die tatsächliche Vorgehensweise Avayas ab anderen Unternehmen, nur begrenzten Zugang zu der Wartungssoftware mittels Freischaltung bzw. Passwortvergabe gewährt zu haben. Für das Gericht war insoweit ausreichend, dass Avaya erheblich in die Wartungssoftware investiert hatte, den Zugang zu dieser beschränkt hatte und davon ausging, dass die Wartungssoftware Avaya einen wettbewerblichen Vorteil verschaffte.
468 United Asset Coverage, Inc. v. Avaya Inc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 1841 (N.D. Ill. 2006). 469 United Asset Coverage, Inc. v. Avaya Inc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 1841. 470 United Asset Coverage, Inc. v. Avaya Inc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 1841.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
V. Nichtoffenlegungen von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung Mittels den vom Supreme Court in dem Fall Walker Process Equipment, Inc. v. Food Machinery & Chemical Corp. aufgestellten Kriterien werden von Gerichten Konstellationen geprüft, in denen ein Unternehmen eine Monopolstellung durch den Erwerb eines Patents unter Vorspielung falscher Tatsachen oder Unterdrückung des tatsächlichen Stands der Technik gegenüber dem Patentamt erzielt hat.471 Diese Konstellation ist zwar für die vorliegende Untersuchung nicht von Bedeutung, da bei diesen weder geheime Innovationen noch deren Verbergen eine Rolle spielen. Vielmehr geht es bei diesen Konstellation um Täuschungen gegenüber dem Patentamt. Vereinzelt finden sich aber auch Ausführungen in den Entscheidungen US-amerikanischer Gerichte zu der Frage, ob sich eine Monopolisierung aus dem Verbergen von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung ergeben kann. Bei dieser Konstellation handelt es sich um einen Spezialfall, da es nicht um eine Geschäftsverweigerung, sondern um das Verbergen von Teilen einer Innovation gegenüber dem Patentamt in der Patentanmeldung bzw. im Anmeldeverfahren geht. Anders als bei Täuschungen über den technischen Stand entsteht bei diesen ein Nachteil für andere Unternehmen nicht aus dem Erwerb des Patents, sondern aus der Vorenthaltung der nicht offengelegten Teilen einer Innovation. Dieser Nachteil ist nach der US-Entscheidungspraxis aber nicht zu missbilligen, wenn nur Teile geheim gehalten werden, die nicht nach patentrechtlichen Vorschriften (z. B. zur Ermöglichung der Ausführung der Erfindung oder als bestmögliche Beschreibung) gegenüber dem Patentamt offenzulegen gewesen wären. 1. United States v. E. I. du Pont de Nemours & Co. In dem Fall United States v. E. I. du Pont de Nemours & Co. ging der Supreme Court in der Sachverhaltsdarstellung darauf ein, dass die Offenlegung durch Patente nicht ausreichend gewesen sein, um das betroffene Erzeugnis herzustellen, da durch diese nur die Maschine zur Herstellung, nicht aber das Verfahren zur Herstellung des Erzeugnisses offengelegt worden sei.472 Der Su-
471 Walker Process Equipment, Inc. v. Food Machinery & Chemical Corp., 382 U.S. at 177. Siehe auch: Phillip E. Areeda / Herbert Hovenkamp, Antitrust Law vol. III, P706e. 472 United States v. E. I. du Pont de Nemours & Co., 351 U.S. at 382: „It seems to be agreed, however, that the disclosures of these early patents were not sufficient to make possible the manufacture of commercial cellophane. The inadequacy of the patents is partially attributed to the fact that the essential machine [. . .] was improved after it was patented. But more significant was the failure of these patents to disclose the actual technique of the process. This technique included the operational data acquired by experimentation.“
E. Verbergen von Innovationen
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preme Court ging jedoch nicht darauf ein, dass dieses Vorgehen eine Monopolisierung darstellen könnte, sondern erwähnte diese Vorgehensweise nur beiläufig zur Sachverhaltsbeschreibung. 2. Christianson v. Colt Industries Operating Corp. a) Hintergrund Colt Industries Operating Corp. (Colt) war der Hersteller eines Gewehrs, welches unter der Bezeichnung M-16 vom Heer der USA (United States Army) zum Standardgewehr ihrer Soldaten bestimmt worden war.473 Da Soldaten in Kampfeinsätzen regelmäßig darauf angewiesen sind, Teile ihrer Gewehre untereinander auszutauschen, war es erforderlich, dass neu hergestellte Ersatzteile in jedem noch im Gebrauch befindlichen M-16 Gewehr verwendet werden konnten.474 Colt hatte Toleranzwerte festgelegt, bei deren Beachtung eine Verwendung mit allen bisher hergestellten Gewehren sichergestellt war.475 Colt hielt diese geheim. Die Toleranzwerte waren nur mit massivem Aufwand von anderen Unternehmen aufgrund der Vielzahl der bereits von Colt vertriebenen M-16 Gewehre und Gewehrteile aus diesen ableitbar.476 Colt hatte immer wieder Weiterentwicklungen an Teilen des Gewehrs patentieren lassen, dabei aber nie die bisher verwendeten Toleranzwerte offengelegt.477 Nach dem Ablauf der Patentdauer der meisten der Patente warf Colt anderen Anbieter von Ersatzteilen für das M-16 vor, dass diese die geheimen Toleranzwerte aufgrund deren erheblicher Anzahl nur auf rechtswidrige Weise aus geheimen Zeichnungen erlangt haben konnten.478 Ein Konkurrenzanbieter machte geltend, dass Colt die Toleranzwerte in den Patentschriften hätte offenlegen müssen und durch die Vereinbarung von Geheimhaltungsabreden mit seinen Zulieferern den Markt der Ersatzteile für M-16 Gewehre monopolisiert habe.479 b) Entscheidung des Court of Appeals for the Seventh Circuit Das Gericht gelangte zu der Überzeugung, dass Colt in den jeweiligen Patentanmeldungen die Toleranzwerte nicht hatte angeben müssen. Die angemel473 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d 1292, 1295 (7th Cir. 1989). 474 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1294 n. 1. 475 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1294 n. 1. 476 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1295. 477 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1294. 478 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1295. 479 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1296.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
deten Erfindungen bezogen sich nach Auffassung des Gerichts nur auf Teile des Gewehrs, aber nicht auf das ganze Gewehr. Mittels der Patentanmeldungen musste daher nur Produktion oder Verwendung der einzelnen Teile ermöglicht werden, nicht aber die Herstellung eines ganzen Gewehres oder die Verwendungsmöglichkeit der Teile mit dem M-16.480 Die in den Patentanmeldungen beschriebenen Erfindungen waren daher ausführbar im Sinne des Patentrechts, und die Patentanmeldungen stellten deren bestmögliche Beschreibung im Sinne des Patentrechts dar.481 Da die Patentanmeldungen damit ordnungsgemäß im Sinne des Patentgesetzes waren, prüfte das Gericht nicht weiter, ob die Vorenthaltung der Toleranzwerte bei der Patentanmeldung Verstöße gegen Section 2 Sherman Act begründen konnten. Das Eingangsgericht hatte dagegen eine Unwirksamkeit der Patente und eine Monopolisierung des Marktes für M-16 Gewehre aufgrund der Vorenthaltung der Toleranzwerte in den Patentschriften und der Geheimhaltungsabreden zwischen Colt und seinen Zulieferern angenommen.482 c) Rückschlüsse aus der Entscheidung Zu beachten ist, dass das Gericht in der Geheimhaltung der Toleranzwerte keine Monopolisierung sah, da die Patentanmeldungen ordnungsgemäß waren.483 Ohne Verstoß gegen patentrechtliche Vorschriften war damit nach Ansicht des Gerichts auch kein Verstoß gegen das Kartellrecht möglich. Damit billigte das Gericht aber auch die Vorgehensweise des Patentanmelders Colt, die weit über den Ablauf der Patentdauer zur Herstellung von verwendbaren Ersatzteilen benötigten Toleranzwerte geheim zu halten und damit seine dominante Stellung auf dem Markt erheblich zeitlich auszudehnen. Dass die Toleranzwerte nur sehr schwer aus den Gewehren ableitbar waren, spielte für das Gericht keine Rolle. Andererseits ist aus der Entscheidung auch ablesbar, dass die Vorenthaltung der Toleranzwerte bei Bezug der Patente auf das ganze Gewehr nach Patentrecht zu missbilligen gewesen wäre. Ob sich aus dem Verstoß gegen das Patentrecht auch ein Monopolisierungsvorwurf ergeben würde, wird aus der Entscheidung nicht klar ersichtlich. Zu beachten ist, dass die Problematik der kartellrechtlichen Beurteilung des Verbergens von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung in diesem Fall nur angedeutet werden. Es spricht jedoch viel dafür, bei Nichtvorliegen eines Verstoßes gegen patentrechtliche Vorschriften 480
Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1300. Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d at 1301–1303. 482 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 613 F. Supp. at 331; Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 609 F. Supp 1174, 1183 (C.D. Ill. 1985). 483 William C. Holmes, Intellectual Property and Antitrust Law vol. 1, § 11.04 (West 1983 & Release 7 / 2004). 481
E. Verbergen von Innovationen
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eine derartige Verhaltensweise nicht als Monopolisierung anzusehen. Denn es stellt eine übliche Verhaltensweise vieler Patentanmelder dar, nicht Funktionsweise bzw. Herstellungsablauf des gesamten Produktes offenzulegen. VI. Vergeben von geheimen Innovationen gegenüber Normungsorganisationen bzw. an Standardsetzung beteiligten Unternehmen In den letzten Jahren trat bei der Standardsetzung durch Industriekonsortien mehrmals die Problematik auf, dass ein an der Standardsetzung beteiligtes Unternehmen die anderen Beteiligten vor der Standardsetzung nicht über bestehende bzw. in Anmeldung befindliche Immaterialgüterrechte an Teilen des Standards (teilweise sogar entgegen vereinbarter Offenlegungspflichten) informiert hatte.484 Zwischen Immaterialgüterrechten eines Unternehmens und durch Industriekonsortien festgelegten technischen Normierungen bzw. Standards können Konflikte entstehen, wenn der Standard die Verwendung geschützter Innovationen oder Technologien bedingt. Bei vereinfachender Betrachtung sind drei Formen von Standards zu unterscheiden.485 (1) Ein „de-facto-Standard“ liegt vor, wenn sich eine Vorgabe eines Unternehmens am Markt durchgesetzt hat, beispielsweise wegen der technischen Überlegenheit des den Standard enthaltenden Erzeugnisses oder der Marktposition des einführenden Unternehmens. (2) Ein „de-jure-Standard“ entsteht dagegen durch staatliche Festsetzung. (3) Ein Standard kann schließlich auch durch Übereinkunft mehrerer Unternehmen oder einer Vereinigung mehrerer unabhängiger Unternehmen entstehen.486 Für diese Untersuchung sind hier nur Vereinheitlichungen aufgrund Abreden 484 Siehe z. B.: Rambus Inc. v. Infineon Technologies AG, 318 F.3d 1081 (Fed. Cir. 2003). Siehe auch: In re Rambus Inc., No. 9302, Complaint (FTC June 18, 2002); In re Rambus Inc., No. 9302, Opinion of the Commission (FTC August 2, 2006); In re Dell Computer Corp., 121 F.T.C. 616 (FTC 1996). Siehe dazu auch: EG-Kommission, Mitteilung der Kommission vom 27. Oktober 1992 über gewerbliche Schutzrechte und Normen, KOM (92) 445, 4.0; siehe auch: EG-Kommission, Memo vom 23. August 2007, Antitrust: Commission confirms sending a Statement of Objections to Rambus, MEMO / 07 / 330. 485 Vgl. Mark A. Lemely, Intellectual Property Rights and Standard-Setting Organizations, 90 Calif. L. Rev. 1889, 1898–1900 (2002). 486 „Konsortialnormen“ (Vereinheitlichungen aufgrund einer Abrede einiger Unternehmen) werden im Gegensatz zu „institutionalisierten Normen“ (Vereinheitlichungen durch offizielle Normungsorganisationen) von einigen Autoren den „de-facto-Standards“ zugeordnet. Größtenteils warden diese beiden Standards aber als Unterfälle der „de-jure-Standards“ angesehen, siehe z. B.: David J. Teece / Edward F. Sherry, Standards Setting and Antitrust, 87 Minn. L. Rev. 1913, 1917–1918 (2003). Vgl. zu der hier verwendeten Terminologie m. w. N. auch: Kübel, Constanze, Zwangslizenzen im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht: Eine Untersuchung zu Patenten und Urheberrechten bei technischen Normen, Köln, Berlin, München, 2004, zugleich Diss. Universität Erlangen-Nürnberg, S. 8 ff.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
unter mehreren Unternehmen oder von Vereinigungen unabhängiger Unternehmen von Bedeutung. Die Nichtoffenlegung bereits patentierter bzw. zur Patentierung angemeldeter Innovationen gegenüber Normungsorganisationen kann zwar als Verbergen geheimer Informationen verstanden werden. Bei Verschweigen von zur Patentierung angemeldeten Innovation wird aber gerade nicht der Inhalt einer geheimen Innovation vor der Standardisierungsorganisation verborgen, sondern nur die Tatsache des Bestands einer (noch) geheimen Innovation.487 Dies zeigt sich auch daran, dass die Standardisierungsorganisation bei Kenntnis eines in Anmeldung befindlichen Patentes gerade darauf verzichten kann, den Standard auf dem Inhalt des Patentes beruhen zu lassen. Damit geht es weniger um die Verwertung des Inhalts der Innovation. Vielmehr geht es häufig um die Vermeidung der Verwendung der Innovation in dem Standard. Anzumerken ist freilich, dass nach Festsetzung eines die Innovation verkörpernden Standards andere Unternehmen auf eine Lizenzierung des jeweiligen Patentes angewiesen sein werden. Dies ist aber nicht die Folge des Verbergens einer geheimen Innovation, sondern die Folge des Verbergens des Bestehens einer Patentanmeldung (oder auch eines erteilten Patentes) und des Vertrauens der Standardisierungsorganisation auf die Aussagen der beteiligten Unternehmen.488 Nach Annahme des Standards und Patenterteilung ist die Innovation zudem nicht mehr geheim, so dass sie „nur“ aufgrund des patentrechtlichen Schutzes von anderen Unternehmen nicht frei nutzbar ist.489 In der Konstellation eines bereits erteilten Patentes wird nur der Bestand des Patentes gegenüber der Organisation verschwiegen. Zur Vorbeugung derartiger Konflikte zwischen dem Patent eines Unternehmens und einem festgesetzten Standard mehrerer Unternehmen wird regelmäßig die Vereinbarung von konkreten Offenbarungspflichten vor der Standardfestsetzung unter den beteiligten Unternehmen empfohlen.490
487 Hierbei wird vorausgesetzt, dass die Anmeldung bis zur Erteilung des Patentes von dem anmeldenden Unternehmen und vom Patentamt (aufgrund gesetzlicher Vorschriften) geheim gehalten wird. Falls die Anmeldung bereits veröffentlicht wird, ähnelt dies dann der Konstellation des Verschweigens eines bereits erteilten Patentes. 488 Mark A. Lemely, 90 Calif. L. Rev. at 1931; David J. Teece / Edward F. Sherry, 87 Minn. L. Rev. at 1983–1984. 489 Anderes gilt natürlich dann, wenn ein Geheimpatent erteilt wird. Diese Konstellation ähnelt dann der Konstellation einer noch geheimen Patentanmeldung. 490 Vgl. z. B. die Ausführungen des Court of Appeals for the Federal Circuit in Rambus Inc. v. Infineon Technologies AG, 318 F.3d at 1102: „When direct competitors participate in an open standards committee, their work necessitates a written patent policy with clear guidance on the committee’s intellectual property position. A policy that does not define clearly what, when, how, and to whom the members must disclose does not provide a firm basis for the disclosure duty necessary for a fraud verdict.“
E. Verbergen von Innovationen
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In der neueren Diskussion wird aber auch problematisiert, ob Standardisierungsorganisationen in derartigen Vereinbarungen auch die Offenlegung des Inhalts geheimer Innovationen verlangen dürfen sollten.491 Noch weitergehender wäre es, wenn die Inhaber derartiger Innovationen diese auch ohne derartige Vereinbarungen offenzulegen hätten. Problematisch ist dabei insbesondere die Verpflichtung zur Offenlegung geheimer Innovationen, die deren Inhaber gerade nicht patentieren, sondern als Geschäftsgeheimnis schützen will. Bei Nichteinhaltung dieser Pflichten könnte dann bei Vorliegen bzw. (bevorstehenden) Erwerb von Monopolmacht die Frage eines Verstoßes gegen Section 2 Sherman Act aufkommen. Denn die sonstigen Mittel zur Sanktionierung einer „Täuschung“ gegenüber einer Standardisierungsorganisation könnten in einer derartigen Konstellation leer laufen. Ein etwaiger Ausschluss von Ansprüchen des Inhabers der geheimen Innovation aufgrund Treu und Glaubens (bzw. widersprüchlichen Verhaltens) ist bedeutungslos, da dieser voraussetzt, dass die anderen Unternehmen Kenntnis über den Inhalt der geheimen Innovation erhalten haben. Schadensersatzansprüche aus Betrug oder Vertrag setzen dagegen zumindest die Vereinbarung von Offenbarungspflichten voraus.492 Bei oberflächlicher Betrachtung könnte für eine derartige Annahme sprechen, dass eine umfassende Offenlegung von Innovationen eine große Anzahl von Lizenznehmern und eine sachliche Diskussion über die Lizenzbedingungen bewirken kann. Zudem kann eine umfassende Offenlegung Fortentwicklungen und Beseitigung von etwaigen technischen Problemen durch beteiligte Unternehmen noch vor Festsetzung des Standards ermöglichen.493 Gegen eine Annahme derartiger Verpflichtungen (und noch mehr gegen eine daraus abgeleitete, kartellrechtliche Haftung) spricht jedoch, dass sie gegenläufig zu der anerkannten Möglichkeit der (weiteren) Geheimhaltung von geheimen Innovationen wäre.494 Sie hätten damit direkte negative Auswirkungen auf die Inhaber derartiger Innovationen.495 Ähnliche negative Auswirkungen könnten sich auch ergeben, wenn der Inhalt einer noch geheimen Patentanmeldung offengelegt werden muss. Denn damit könnte dem Erfinder der Versuch der (weiteren) Geheimhaltung der Innovation bei Nichterteilung eines Patentes unmöglich gemacht werden.496 Zudem könnten sie auch langfristige Auswirkungen durch Abschreckung zukünftiger Innovationsanstrengungen haben. Diese
491 Siehe z. B.: Daniel G. Swanson / William J. Baumol, Reasonable and Nondiscriminatory (RAND) Royalties, Standards Selection, and Control of Market Power, 73 Antitrust L.J. 1, 51–53 (2005). 492 Mark A. Lemely, 90 Calif. L. Rev. at 1936. 493 Daniel G. Swanson / William J. Baumol, 73 Antitrust L.J. at 51. 494 Daniel G. Swanson / William J. Baumol, 73 Antitrust L.J. at 52. 495 Daniel G. Swanson / William J. Baumol, 73 Antitrust L.J. at 52. 496 David J. Teece / Edward F. Sherry, 87 Minn. L. Rev. at 1965.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
Bedenken sind besonders dann von Bedeutung, wenn der Inhaber der geheimen Innovation aus rechtlichen (z. B. Gesetzesvorschriften) oder rein tatsächlichen (z. B. aufgrund der Marktbedingungen) Gründen an der gemeinsamen Standardfestsetzung teilnehmen muss. Aber auch sonst können sie greifen, da ein Unternehmen erst im Verlauf der oft langwierigen Standardfestsetzungsverfahren die betreffende Innovation gemacht haben kann oder auch schlichtweg das Bestehen der geheimen Innovation übersehen hat. Gegen die Annahme derartiger Verpflichtungen gegenüber Standardisierungsorganisationen spricht aber auch, dass sie wettbewerbswidrige Koordinationen zwischen den beteiligten Unternehmen ermöglichen können.497 Daher spricht viel dafür, dass eine kartellrechtliche Haftung nur bei der Verletzung einer Verpflichtung zur Offenlegung des Bestands einer (noch geheimen) Patentanmeldung in Betracht kommen kann.498 Aber auch bei Annahme dieser Verpflichtungen ist Vorsicht angebracht, da eine derartige Offenlegung eine spätere Geheimhaltung der Innovation bei Nichterteilung eines Patentes erschweren kann.499 Andererseits mag sich der Inhaber der (noch) geheimen Innovation dergestalt helfen, dass er nur den Bestand der Innovation der Standardisierungsorganisation mitteilt, aber nicht ihren Inhalt.500 Falls es zu einer Patenterteilung kommt, kann er dann der Verpflichtung zur Lizenzierung des Patentes nachkommen. Falls es dagegen zu keiner Patentierung kommt, kann er den Inhalt der Innovation weiter geheim halten. Der genaue Umfang derartiger Offenlegungspflichten ist aber nicht Gegenstand dieser Untersuchung. VII. Geheimhaltungen von Innovationen gegenüber Partnern von Forschungs- und Entwicklungskooperationen In den bisher besprochenen Konstellationen verwendet der Monopolist die geheimen Innovationen in eigenen Erzeugnissen. Zu untersuchen bleibt, ob auch die reine Geheimhaltung ohne deren eigene Verwendung durch ihren Inhaber einen Verstoß gegen Section 2 Sherman Act darstellen kann. Einem Unternehmen steht es frei, eine Innovation nicht zum Patent anzumelden oder anderweitig zu veröffentlichen.
497
Daniel G. Swanson / William J. Baumol, 73 Antitrust L.J. at 52. Mark A. Lemely, 90 Calif. L. Rev. at 1943. 499 Ähnlich auch: David J. Teece / Edward F. Sherry, 87 Minn. L. Rev. at 1965. Andererseits wird eine derartige Verpflichtung als regelmäßig weniger problematisch betrachtet, da sie nicht den Inhalt der geheimen Innovation betrifft, vgl. Mark A. Lemely, 90 Calif. L. Rev. at 1943. 500 Zum Zusammenspiel zwischen Offenlegungs- und Lizenzierungsverpflichtungen in den Bestimmungen von Standardisierungsorganisationen vgl. Janice M. Mueller, Patenting Industry Standards, 34 J. Marshall L. Rev. 897, 929–934 (2001). 498
E. Verbergen von Innovationen
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Die Verwendung einer geheimen Innovation in einem Erzeugnis kann erhebliche Vorteile im Wettbewerb schaffen. Derartige Vorteile können für eine gewisse Dauer bestehen, wenn die geheime Innovation von anderen Unternehmen nicht selbständig nachvollziehbar oder nicht (oder nur schwerlich) aus den Erzeugnissen des Inhabers der geheimen Innovation ableitbar ist. Die Vorteile können auch in der Möglichkeit der ersten Markteinführung eines neuen Erzeugnisses bestehen, durch die eine erhebliche Anzahl von Abnehmern gewonnen werden kann, da andere Unternehmen erst den Innovationsvorsprung aufholen müssen. Und selbst nach Aufholung des Innovationsvorsprungs kann es für die anderen Unternehmen schwer sein, Abnehmer für sich zu gewinnen, die nunmehr wegen unterschiedlichster Gründe das Erzeugnis des Inhabers der geheimen Innovation bevorzugen bzw. an diesen gebunden sind. Derartige Vorteile ergeben aber nicht zwangsläufig aus jeder Innovation. So kann diese beispielsweise keinen wirtschaftlichen, sondern nur wissenschaftlichen Wert haben. Es kann auch keine Nachfrage nach der Innovation oder auf ihr beruhenden Erzeugnissen bestehen. Konkurrenten können schon fortschrittlichere Erzeugnisse auf den Markt gebracht haben. Zudem kann es schlichtweg an einer (kostentragenden) Umsetzbarkeit der Innovation in eine praktische Anwendung mangeln. Trotzdem kann es für den Inhaber der geheimen Innovation wirtschaftlich sinnvoll sein, diese geheim zu halten, obwohl er durch ihre Lizenzierung an andere Unternehmen sofortige, wenn auch meist nicht erhebliche, Profite erzielen könnte. Denn andere Unternehmen könnten aus der Innovation die Forschungsstrategien, -erfolge und -misserfolge des Unternehmens ablesen. Die daraus folgenden Nachteile können in keinem Verhältnis zu den Profiten aus der Lizenzierung der Innovation stehen. Im Falle forschungsintensiver Unternehmungen (z. B. in der Pharmaindustrie) können derartige Informationen über Misserfolge eines Unternehmen zudem erhebliche nachteilige Auswirkungen für das Unternehmen haben. Darüber hinaus kann ein Unternehmen gerade bestrebt sein, anderen Unternehmen weder erfolgsversprechende Forschungswege aufzuzeigen noch diese von nicht erfolgsversprechenden Forschungstätigkeiten abzuhalten. Zudem kann das Unternehmen bestrebt sein, nicht durch die Lizenzierung seiner eigene Forschungsergebnisse Konkurrenz für seine bereits am Markt erhältlichen, auf anderen Innovationen beruhenden Erzeugnissen zu schaffen.501 Daher dürfen Unternehmen nicht – erst recht nicht durch die Furcht vor kartellrechtlicher Haftung – gezwungen werden, geheime Innovation entweder zu verwenden, zu lizenzieren oder zu offenbaren. Im Ergebnis könnte dies sonst sogar zu einer Verminderung von Innovationsanstrengungen füh-
501 Siehe dazu: Lawrence A. Sullivan / Warren S. Grimes, The Law of Antitrust § 15.8c5.
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4. Kap.: Verbergen von Innovationen im US-amerikanischen Recht
ren.502 Dafür spricht auch, dass der Inhaber der geheimen Innovation dadurch nicht im Sinne der Entscheidungen Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp. und Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP handelt. Denn oft wird schon keine bestehende Zusammenarbeit bestehen, die der Monopolist durch die Geheimhaltung der Innovation nun abbricht. Zudem wird regelmäßig keine Nachfrage der Abnehmer nach der Innovation oder auf ihr beruhenden Erzeugnissen bestehen. Schließlich liegt regelmäßig auch nicht der Ausschluss von Konkurrenten mit der Aussicht auf Erzielung von späteren Monopolprofiten vor. Denn selbst wenn deren Forschungsanstrengungen durch die Nichtoffenlegung weniger erfolgreicher Innovationen durch den Monopolisten beispielsweise erschwert sein können, führt dies nicht zwingend zu einem wirtschaftlichen Erfolg des Monopolisten in einem späteren Zeitpunkt oder dem Ausschluss anderer Unternehmen. Schließlich kann es, wie gezeigt, auch erhebliche wirtschaftliche Gründe für die Nichtoffenlegung der Innovation geben. Von den Gerichten wurde diese Thematik daher wohl – soweit erkennbar – bisher auch noch nicht thematisiert. Zu untersuchen ist aber, ob Konstellationen bestehen könnten, in denen eine derartige Geheimhaltung nur zur Schädigung eines Wettbewerbers und zudem des Wettbewerbs selbst erfolgt. Eine denkbare Konstellation könnte das Verbergen einer geheimen Innovation durch die Mitarbeiter eines Unternehmens gegenüber einem anderen an einer Forschungs- und Entwicklungskooperation beteiligten Unternehmen sein. Obwohl mit erheblichen Profiten aus der Patentierung und Umsetzung der Innovation in die Praxis zu rechnen ist, könnte das Unternehmen bestrebt sein, diese insbesondere vor seinem Partner geheim zu halten. Zum einen mag das Unternehmen wissen, dass sich das andere Unternehmen in einer wirtschaftlichen Notlage befindet und nur bei baldigem Forschungserfolg weiter überleben kann. Zum anderen könnte das Unternehmen erkannt haben, dass die Innovation aus den darauf beruhenden Erzeugnissen nicht ablesbar und damit von ihm ohne die Gefahr der Entdeckung durch seinen Partner genutzt werden kann. Diese Konstellation unterscheidet sich in erheblichem Maße von der Geheimhaltung fehlgeschlagener oder nicht umsetzbarer Innovationen. Die Innovation würde sofortige und erhebliche Profite ermöglichen und ihre Zurückhaltung hat nur den Zweck, eine spätere Monopolstellung zu ermöglichen. Trotzdem sollte aus der Geheimhaltung und gleichzeitigen Nichtverwendung einer bedeutenden geheimen Innovation kein voreiliger Schluss auf eine Monopolisierung getroffen werden. Gerichte sind gerade nicht dafür geeignet, die Bedeutung einer Innovation zu ermessen. Oft wird eine derartige Beurteilung auch erst ex post, also nach Erfolg der Innovation am Markt erfolgen, was eine gewisse präjudi502 Siehe dazu: Lawrence A. Sullivan / Warren S. Grimes, The Law of Antitrust § 15.8c5.
E. Verbergen von Innovationen
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zielle Wirkung nicht ausschließen lässt. Statt auf die Bedeutung der Innovation sollte vielmehr darauf abgestellt werden, ob die Mitteilung der Innovation an ein anderes Unternehmen aufgrund vertraglicher Abreden hätte erfolgen müssen. Unter Umständen sollten die hier skizzierte Konstellationen nur mittels vertragsrechtlichen Grundsätzen gewürdigt werden. VIII. Zusammenfassung Die Untersuchung des US-amerikanischen Rechts hat gezeigt, dass nicht alle Konstellationen des Verbergens von geheimen Innovation gleich behandelt werden sollten. In vielen Konstellationen wurde geheimen Innovationen zudem eine vergleichbare Bedeutung wie immaterialgüterrechtlich geschützten Informationen beigemessen. Darüber hinaus konnten aus dem US-amerikanischen Recht Rückschlüsse für mögliche sachliche Rechtfertigungen des Verbergens geheimer Innovationen hergeleitet werden.
5. Kapitel
Geschäftsverweigerungen, Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten und das Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht A. Allgemeines Nach Art. 82 EG ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen verboten, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Grundvoraussetzung für einen Verstoß gegen Art. 82 EG ist das Bestehen einer beherrschenden Stellung. Art. 82 EG verbietet aber nicht die beherrschende Stellung als solche, sondern nur deren missbräuchliche Ausnutzung. Darunter werden Verhaltensweisen verstanden, die die Struktur eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Präsenz des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, und die zur Folge haben, dass die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindert werden, die sich von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger unterscheiden.1 Der Missbrauch ist dabei ein objektiver Begriff.2 Subjektive Elemente haben nur Indizfunktion, keine konstitutive Bedeutung.3
1 Vgl. z. B.: EuGH, Urteil vom 13. Februar 1979, Rs. 85-76, Hoffmann-La Roche und Co. AG . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1979, 461, Tz. 91; EuGH, Urteil vom 9. November 1983, Rs. 322 / 81, NV Nederlandsche Banden – Industrie – Michelin . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, Slg. 1983, 3461, Tz. 70. 2 Vgl. z. B.: EuGH, Hoffmann-La Roche und Co. AG . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1979, 461, Tz. 91; EuGH, Urteil vom 3. Juli 1991, Rs. C62 / 86, AKZO Chemie BV . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, Slg. 1991 I-3359, Tz. 69; EuG, ITT Promedia NV . /. Commission of the European Communities, Slg. 1998 II-2937, Tz. 138. 3 So die überwiegende Auffassung in der Literatur, siehe dazu m. w. N.: von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Berarbeiter: Schröter, Helmuth, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Band 2, Artikel 82 EG Rdnr. 161.
B. Marktbeherrschung
227
Regelmäßig findet der Missbrauch auf dem Markt statt, auf dem das Unternehmen marktbeherrschend ist. Art. 82 EG erfordert nach der Rechtsprechung des EuGH aber keine Identität zwischen dem beherrschten Markt und dem Markt, auf dem der Missbrauch begangen wird. Voraussetzung ist nur, dass zwischen diesen Märkten enge Verbindungen bestehen.4 So sind Verhaltensweisen eines dominanten Unternehmens auf dem beherrschten Markt als missbräuchlich qualifiziert worden, mit denen dieser seine Position auf einem nicht beherrschten Markt aufzubauen oder zu verstärken anstrebte.5 Zudem wurde ein Missbrauch auch in bestimmten Praktiken auf einem nichtbeherrschten Markt gesehen, die der Konsolidierung oder Erweiterung einer beherrschenden Stellung auf einem anderen Markt dienten.6 Ein Verstoß gegen Art. 82 EG erfordert grundsätzlich auch keine kausale Verknüpfung zwischen der marktbeherrschenden Stellung und dem Missbrauch.7
B. Marktbeherrschung I. Definition des Begriffes „beherrschende Stellung“ Der EuGH versteht unter einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 82 EG die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrecherhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten.8 Der relevante Markt ist dabei mittels einer Abgrenzung in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht festzustellen.
4
EuGH, Urteil vom 14. November 1996, Rs. C-333 / 94 P, Tetra Pak International SA . /. Commission of the European Communities, Slg. 1996 I-5951 (EuGH, Tetra Pak II), Tz. 25-31. 5 Vgl. z. B.: EuGH, Urteil vom 6. März 1974, verbundenen Rs. 6-73 und 7-73, Istituto Chemioterapico Italiano S.p.A. and Commercial Solvents Corporation . /. Commission of the European Communities, Slg. 1974, 223, Tz. 25; EuGH, SA Centre belge d’études de marché – télémarketing (CBEM) SA . /. Compagnie luxembourgeoise de télédiffusion (CLT) et SA Information publicité Benelux (IPB), Slg. 1985, 3261, Tz. 16. 6 Siehe z. B.: EuGH, AKZO Chemie BV . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, Slg. 1991 I-3359, Tz. 75-82; EuGH, Tetra Pak II, Tz. 25. 7 EuGH, Urteil vom 21. März 1973, Rs. 6-72, Europemballage Corporation und Continental Can Company Inc. . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1973, 215 (Continental Can), Tz. 27. 8 Vgl. z. B.: EuGH, SA Centre belge d’études de marché – télémarketing (CBEM) SA . /. Compagnie luxembourgeoise de télédiffusion (CLT) et SA Information publicité Benelux (IPB), Slg. 1985, 3261, Tz. 16.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
II. Keine Vermutung von Marktbeherrschung bei Bestehen eines Immaterialgüterrechtes oder Geschäftsgeheimnisses Nach der Rechtsprechung des EuGH begründen Immaterialgüterrechte als solche zwar nicht eine beherrschende Stellung, können aber zu deren Schaffung und Aufrechterhaltung beitragen.9 Der technologische Vorsprung eines Unternehmens kann einem Unternehmen einen Wettbewerbsvorsprung sichern. Dieser hängt aber weniger von der Anzahl der vorhandenen Patente und dem Umfang des Know-how eines Unternehmen ab, sondern von deren Bedeutung für die Tätigkeit des Unternehmens auf dem relevanten Markt.10 Für geheime Innovationen ist eine derartige Feststellung bisher noch nicht getroffen worden. Für diese kann aber schwerlich anderes gelten. III. Sonderfall Sekundärmärkte (aftermarkets) Eine beherrschende Stellung kann auch auf einem eng dimensionierten Produkt- oder Dienstleistungsmarkt bestehen. So hat der EuGH den Markt der Ersatzteile für Registrierkassen eines bestimmten Herstellers als eigenen sachlich relevanten Markt angesehen.11 Zudem hat der EuGH einen eigenen sachlich relevanten Markt für die Erteilung für Konformitätsbescheinigungen eines bestimmten Kraftfahrzeugherstellers angenommen.12 Sekundärmärkte (aftermarkets) – d.h. Märkte für Produkte oder Dienstleistungen, die einem anderen Produkt dienen und zeitlich nach diesem benötigt werden – können daher auch im europäischen Wettbewerbsrecht eigene relevante Märkte sein.13
9 Vgl. z. B.: EuGH, Parke, Davis and Co. . /. Probel, Reese, Beintema-Interpharm en Centrafarm, Slg. 1968, 86, 112; EuGH, Deutsche Grammophon Gesellschaft mbH . /. Metro-SB-Großmärkte GmbH und Co. KG, Slg. 1971, 487, Tz. 16 f.; EuGH, EMI Records Limited . /. CBS United Kingdom Limited, Slg. 1976, 811, Tz. 36; EuGH, EMI Records Limited . /. CBS Grammofon A / S, Slg. 1976, 871, Tz. 33; EuGH, EMI Records Limited . /. CBS Schallplatten GmbH, Slg. 1976, 913, Tz. 19. 10 Siehe dazu m. w. N.: von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Berarbeiter: Schröter, Helmuth, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Band 2, Artikel 82 EG Rdnr. 108. 11 EuGH, Urteil vom 31. Mai 1979, Rs. 22-78, Hugin Kassaregister AB and Hugin Cash Registers Ltd . /. Commission of the European Communities, Slg. 1979, 1869, Tz. 7-10. 12 EuGH, Urteil vom 13. November 1975, Rs. 26-75, General Motors Continental NV . /. Commission des Communautés européennes, Slg. 1975, 1367, Tz. 7 / 9; EuGH, Urteil vom 11. November 1986, Rs. 226 / 84, British Leyland Public Limited Company . /. Commission of the European Communities, Slg. 1986, 3263, Tz. 5. 13 Siehe dazu umfassend: Wendenburg, Albrecht, Marktmacht auf Sekundärmärkten, S. 34–46.
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen I. Allgemeines Wie schon bei der Darstellung des US-amerikanischen Rechtes dargestellt, umfasst der Oberbegriff der Geschäftsverweigerung auch Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten und Verweigerungen der Offenlegung von Geheimnissen.14 Die im Folgenden dargestellten Leitentscheidungen des EuGH zu Geschäftsverweigerungen werden wie bei der Darstellung der Leitentscheidungen des Supreme Court in zwei Kategorien eingeordnet. Zu Beginn werden die Leitentscheidungen zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen und dann die Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen dargestellt.15 II. Leitentscheidungen des EuGH 1. Abbruch bestehender Geschäftsbeziehungen a) Commercial Solvents In dem sog. Fall Commercial Solvents hatte der EuGH den Abbruch einer Geschäftsbeziehung kartellrechtlich zu beurteilen.16 Das Unternehmen Istituto Chemioterapico Italiano S.p.A. hatte sich nach Rücksprache mit seiner Muttergesellschaft Commercial Solvents Corp. geweigert, das weltweit fast ausschließlich nur von dieser hergestellte Amninobutanol an ein Unternehmen zu liefern, dem vorher über mehrere Jahre große Mengen dieses damals zur Herstellung des Tuberkuloseheilmittels Etambutol einzig tauglichen Rohstoffes geliefert worden waren.17 Commercial Solvents Corp. hatte sich entschlossen, Etambutol nur noch selbst bzw. durch sein Tochterunternehmen herzustellen. Auf eine Beschwerde des nicht belieferten Unternehmens hin stellte die EG-Kommission einen Verstoß gegen Art. 82 EG fest und ordnete die weitere Belieferung des Unternehmens an. Der EuGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung missbraucht, wenn es sich in der Absicht, den von ihm gewonnenen Rohstoff für die Herstellung seiner eigenen Derivate vorzubehalten, weigert, einen (bisherigen) Kunden zu beliefern, der ebenfalls Hersteller 14
Siehe 4. Kapitel: C.I. Auf die umfangreiche Entscheidungspraxis der EG-Kommission zu Geschäftsverweigerungen wird nicht eingegangen. 16 EuGH, Istituto Chemioterapico Italiano S.p.A. and Commercial Solvents Corporation . /. Commission of the European Communities, Slg. 1974, 223 (im Folgenden: Commercial Solvents). 17 Neben Etambutol gab es damals aber auch noch andere Tuberkuloseheilmittel. 15
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
dieser Derivate ist, falls daraus die Gefahr resultiert, jeglichen Wettbewerb durch dieses Unternehmen auszuschalten.18 b) United Brands In der Rechtssache United Brands hatte die EG-Kommission beanstandet, dass das den Markt für Bananen dominierende Unternehmen United Brands Co. die Lieferung von unter der Marke Chiquita vermarkteten Bananen an ein dänisches Unternehmen, welches Bananen reifen ließ und dann weitervertrieb, eingestellt hatte, weil dieses bei einer Werbekampagne eines anderen Bananenherstellers mitgewirkt hatte.19 Der EuGH bestätigte die Entscheidung der EG-Kommission und führte zu Begründung seiner Entscheidung aus, „[. . .] dass ein Unternehmen mit beherrschender Stellung für den Vertrieb eines Erzeugnisses – mit dem Ansehen einer bekannten und von der Verbrauchern geschätzten Marke – seine Lieferungen an einen langjährigen Kunden, dessen Geschäftsgebaren den Gebräuchen des Handels entspricht, nicht einstellen darf, wenn die Bestellungen dieses Kunden in keiner Weise anomal sind.“20
Eine derartige Lieferverweigerung würde zum Nachteil der Verbraucher die Absatzmöglichkeiten beschränken und eine Diskriminierung darstellen, die sogar zur Ausschaltung eines Unternehmens von einem Markt führen könnte.21 Das Verhalten des gesperrten Unternehmens (neben Förderung der Werbung eines anderen Bananenherstellers stand auch noch im Raum, dass das Unternehmen Alleinvertreter des Hauptkonkurrenten von United Brands Co. auf dem dänischen Markt geworden war und die Reifung der Bananen nicht mit der gleichen Sorgfalt wie bei der Reifung der Bananen anderer Marken durchgeführt hatte) stelle lauteres Geschäftsgebaren dar.22 Der EuGH erkannte zwar an, dass auch ein marktbeherrschendes Unternehmen seine angegriffenen geschäftlichen Interessen in vernünftigen Masse verteidigen darf. Die Verteidigung des marktbeherrschenden Unternehmens dürfe aber durch die abschreckende Wirkung seines Vorgehens auf andere Händler nicht auf eine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung abzielen.23
18
Commercial Solvents, Tz. 25. EuGH, Urteil vom 14. Februar 1978, Rs. 27 / 76, United Brands Company and United Brands Continentaal BV . /. Commission of the European Communities, Slg. 1978, 207 (im Folgenden United Brands). 20 United Brands, Tz. 182 / 183. 21 United Brands, Tz. 182 / 183. 22 United Brands, Tz. 184 / 194. 23 United Brands, Tz. 184 / 194. 19
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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c) Télémarketing In dem oft nur als Télémarketing bezeichneten Fall hatte sich das den Fernsehsender RTL betreibende Unternehmen Compagnie luxembourgeoise de télédiffusion (CLT) – und dessen Tochterunternehmen – geweigert, Sendezeiten des Fernsehsender RTL für Telefonwerbesendungen weiterhin zu verkaufen, bei denen eine andere Telefonnummer als die des Tochterunternehmens von CLT verwendet wird.24 RTL hatte auf dem Markt der für französisch sprechende, belgische Fernsehzuschauer bestimmten Fernsehwerbesendungen nach Aussage des an den EuGH vorlegenden belgischen Gerichts eine „führende Stellung“, da die nationalen Sendeanstalten in Belgien zu diesem Zeitpunkt noch keine Werbesendungen ausstrahlten und die Werbesendungen anderer Sendeanstalten französischer Sprache nicht auf die belgischen Fernsehzuschauer ausgerichtet waren.25 Der EuGH stellte in seiner Antwort auf eine der zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen fest, dass ein Fernsehsender seine beherrschende Stellung auf dem Markt für die Ausstrahlung von Fernsehwerbesendungen missbraucht, wenn er sich ohne sachliche Rechtfertigung eine Hilfstätigkeit vorbehält, die von einem anderen Unternehmen auf einem benachbarten, aber getrennten Markt ausgeübt werden könnte, so dass jeglicher Wettbewerb seitens dieses Unternehmens ausgeschaltet zu werden droht.26 Die Bedingung Sendezeiten nur zu verkaufen, wenn gleichzeitig die Telefonzentrale der Tochtergesellschaft des Fernsehsenders für die Abwicklung von Telefonwerbesendungen beauftragt wird, stelle tatsächlich nur eine Weigerung dar, Sendezeiten einem Unternehmen zur Verfügung zu stellen, welches gegen diese Tochtergesellschaft konkurrieren könnte.27 Zur Begründung seiner Entscheidung berief sich der EuGH auf seine Entscheidung in Commercial Solvents und führte aus, dass die dort aufgestellten Grundsätze auch für ein Unternehmen gelten würden, dass eine beherrschende Stellung auf dem Markt einer Dienstleistung inne hat, welche für die Tätigkeit eines anderen Unternehmens auf einem anderen Markt unerlässlich ist.28 d) Zusammenfassung Anzumerken ist, dass der EuGH im Fall Commercial Solvents den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung nicht am Ausschalten des Wettbe24 EuGH, SA Centre belge d’études de marché – télémarketing (CBEM) SA . /. Compagnie luxembourgeoise de télédiffusion (CLT) et SA Information publicité Benelux (IPB), Slg. 1985, 3261 (im Folgenden: Télémarketing). 25 Télémarketing, Tz. 6. 26 Télémarketing, Tz. 26. 27 Télémarketing, Tz. 26. 28 Télémarketing, Tz. 25.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
werbs auf dem abgeleiteten relevanten Markt, sondern am Ausschalten eines, wenn auch wichtigen, Wettbewerbers festzumachen scheint. Generalanwalt Warner führte in seinen Schlussanträgen zwar aus, dass der Markt für Etambutol als ein eigener Markt betrachtet werden könne, da Etambutol die anderen Arzneimittel zur Behandlung von Tuberkulose eher ergänze, als dass es mit ihnen in Wettbewerb stünde.29 Der EuGH übernahm diese Ausführungen aber nicht und traf auch keine Feststellungen zu den Fragen, ob Etambutol nicht selbst einem weiteren Markt für Tuberkuloseheilmittel angehört und ob Commercial Solvents Corp. den Wettbewerb auf diesem weiteren Markt überhaupt hätte ausschließen können. Die Verweigerung der Lieferung eines Rohstoffes an ein Unternehmen kann aber keine nachteiligen Folgen für die Verbraucher haben, wenn das Enderzeugnis des beherrschenden Unternehmens selbst Wettbewerb ausgesetzt ist.30 Bei Zugrundelegung der Annahme, dass Etambutol mit keinem anderen Erzeugnis austauschbar war, könnte durch die Nichtbelieferung des wichtigsten Wettbewerbers mit dem für die Herstellung notwendigen Rohstoff jedoch auch eine Ausschaltung des gesamten Wettbewerbs auf dem relevanten Markt gedroht haben. Die Entscheidung in United Brands zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass der Marktbeherrscher zwar über einen nicht unerheblichen Marktanteil verfügt hatte, jedoch noch nicht jede Wettbewerbsmöglichkeit auf dem Markt beseitigt hatte. Für seine Abnehmer könnten daher noch Ausweichmöglichkeiten bestanden haben. Wie in Commercial Solvent stellt der EuGH in United Brands auch auf den Ausschluss eines (wichtigen) Wettbewerbers von einem Markt ab. Der entscheidende Gesichtspunkt für den EuGH scheint aber die abschreckende Wirkung der Lieferverweigerung auf andere Unternehmen auf dem betroffenen Markt gewesen zu sein. Im Fall Télémarketing spricht der EuGH in der Beantwortung der Vorlagefrage zwar von der Ausschaltung des Wettbewerbs seitens eines Konkurrenzunternehmens. Dennoch könnte es dabei im Ergebnis aber doch um die Ausschaltung jeglichen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt gehen, wenn der EuGH rügt, dass sich der Marktbeherrscher ohne sachliche Rechtfertigung eine Hilfstätigkeit vorbehält, die von einem anderen Unternehmen auf einem benachbarten, aber getrennten Markt ausgeübt werden könnte. Die Entscheidungen in den Fällen United Brands und Télémarketing deuten daher darauf hin, dass es dem EuGH darauf ankam, Wettbewerbsverzerrungen
29 Generalanwalt Warner, Schlussanträge des Generalanwalts Warner vom 22. Januar 1974 in den verbundenen Rs. 6-73 und 7-73, Istituto Chemioterapico Italiano S.p.A. and Commercial Solvents Corporation . /. Commission of the European Communities, Slg. 1974, 223, 268 f. 30 So auch: Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rs. Bronner, Tz. 58.
C. Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen
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zu verhindern und nicht, die Situation einzelner Wettbewerber zu bewahren. In Commercial Solvents scheint dies dagegen nur angedeutet zu sein. 2. Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen a) ERT In dem Fall ERT entschied der EuGH, dass der heutige Art. 86 Abs. 1 EG der staatlichen Einräumung eines ausschließlichen Rechts zur Ausstrahlung eigener Fernsehsendungen und eines ausschließlichen Rechts zur Übertragung fremder Fernsehsendungen an ein einziges Unternehmen entgegenstehen kann. Dies sei dann der Fall, wenn durch die Übertragung dieser Monopolrechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der das Unternehmen durch eine seine eigenen Programme bevorzugende diskriminierende Sendepolitik gegen Art. 82 EG verstößt, soweit durch die Anwendung des Art. 82 EG nicht die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe verhindert wird.31 b) GB-Inno-BM Hintergrund der Vorabentscheidung des EuGH im Fall GB-Inno-BM war eine Klage der das öffentliche Telefonnetz in Belgien betreibenden Régie des Télégraphes et Téléphones (RTT) gegen das Unternehmen GB-Inno-BM SA vor einem belgischen Gericht auf Unterlassung von Werbemaßnahmen für Telefonendgeräte ohne Hinweis darauf, dass diese nicht von RTT zugelassenen worden waren.32 GB-Inno-BM SA machte zu seiner Verteidigung geltend, dass die belgischen Rechtsvorschriften, welche RTT die Zulassung von Telefonendgeräten übertrugen, rechtswidrig gewesen wären. Zudem verstieße die selbst Telefonendgeräte vertreibende RTT durch ihre Klageerhebung gegen Art. 82 EG. Der EuGH stellte unter Hinweis auf seine Entscheidung in Télémarketing fest, dass ein Unternehmen, das auf dem Markt der Errichtung und des Betriebes eines Telekommunikationsnetzes ein gesetzliche Monopol besitzt, gegen Art. 82 EG verstößt, wenn es sich ohne objektives Bedürfnis den benachbarten, aber getrennten Markt für Telefonendgeräte vorbehält und auf diese Weise jeden Wettbewerb durch andere Unternehmen ausschaltet.33 Der EuGH verwies darauf, dass die Ausdehnung eines Monopols auf einen benachbarten Markt ei31 EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991, Rs. C-260 / 89, Elliniki Radiophonia Tiléorassi AE kai Panellinia Omospondia Syllogon Prossopikou . /. Dimotiki Etairia Pliroforissis and Sotirios Kouvelas and Nicolaos Avdellas and others, Slg. 1991 I-2925 (ERT), Tz. 37 f. 32 EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1991, Rs. 18 / 88, Régie des télégraphes et des téléphones . /. GB-Inno-BM SA, Slg. 1991 I-5941 (im Folgenden: GB-Inno-BM). 33 GB-Inno-BM, Tz. 18 f.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
nen Verstoß gegen Art. 82 EG bzw. Art. 86 i.V. m. Art. 82 EG darstellt, wenn sie auf eine staatliche Maßnahme zurückgeht.34 Dies sei dann gegeben, wenn einem selbst Endgeräte vertreibenden Unternehmen im Ergebnis die Befugnis übertragen wurde, nach Belieben zu bestimmen, welche Endgeräte an das öffentliche Netz angeschlossen werden können, womit dem Unternehmen ein eindeutiger Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern verschafft wird.35 c) Bronner Im Fall Bronner hatte die Verlagsgesellschaft Oscar Bronner beim Oberlandesgericht Wien beantragt, den Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag (und zwei seiner Tochtergesellschaften) aufzugeben, die von Oscar Bronner verlegte Zeitschrift Der Standard gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts in dessen landesweites Hauszustellungssystem aufnehmen.36 Im Jahr 1994 hatte Der Standard am Markt der österreichischen Tageszeitungen einen Marktanteil von 3,6 % bei der Druckauflage und von 6 % bei den Werbeeinnahmen. Der Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag verlegt selbst die Tageszeitungen Neue Kronen Zeitung und Kurier. Diese beiden Zeitungen hatten im Jahr 1994 am österreichischen Markt der Tageszeitungen einen Marktanteil von 46,8 % bei den Auflagen und von 42 % bei den Werbeeinnahmen. Für den Vertrieb dieser Tageszeitungen hatte der Verlag ein landesweites Hauszustellungssystem geschaffen, welches die Auslieferung der Zeitungen an die Abonnenten am frühen Morgen sicherstellte. Oscar Bronner machte geltend, dass die Postzustellung, die regelmäßig erst am späten Vormittag erfolgt, für den Verlag keine ebenbürtige Alternative zur Hauszustellung einer Tageszeitung darstelle. Zudem sei es für Oscar Bronner angesichts der geringen Abonnentenzahl der Zeitung Der Standard unrentabel, eine eigene Hauszustellung zu organisieren. Das Oberlandesgericht legte dem EuGH zur Vorabentscheidung u. a. die Frage vor, ob die Verweigerung der Aufnahme in das landesweite Hauszustellungssystem unter diesen Voraussetzungen den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt.
34
GB-Inno-BM, Tz. 24. GB-Inno-BM, Tz. 25 unter Berufung auf EuGH, Urteil vom 19. März 1991, Rs. C-202 / 88, République française . /. Commission des Communautés européennes, Slg. 1991 I-1223, Tz. 51. 36 EuGH, Urteil vom 26. November 1998, Rs. C-7 / 97, Oscar Bronner GmbH & Co. KG . /. Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG, Mediaprint Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH & Co. KG und Mediaprint Anzeigengesellschaft mbH & Co. KG, Slg. 1998 I-7791 (im Folgenden: Bronner). Angemerkt sei an dieser Stelle, dass der Verlag einer anderen von ihm nicht verlegten Zeitung, dem Wirtschaftsblatt, Zugang zu dem Hauszustellungssystem gewährt hatte, wobei diese auch andere Leistungen des Verlags nachfragte. 35
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Der EuGH antwortete, dass es keinen Missbrauch im Sinne von Art. 82 EG darstellt, wenn ein Verlag, der einen überragenden Anteil am Tageszeitungsmarkt in einem Mitgliedstaat inne hat und in diesem das einzige landesweite Hauszustellungssystem für Tageszeitungen betreibt, sich weigert, einem Konkurrenzunternehmen, das aufgrund der niedrigen Auflagenhöhe der von ihm herausgegebenen Zeitung nicht in der Lage ist, unter wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen allein oder in Zusammenarbeit mit anderen Verlegern ein eigenes Hauszustellungssystem aufzubauen und zu betreiben, gegen angemessenes Entgelt Zugang zum dem Hauszustellungssystem zu gewähren.37 Zur Begründung führte der EuGH aus, dass die Verweigerung einer Dienstleistung selbst für den Fall, dass die in Magill38 aufgestellten Bedingungen zur missbräuchlichen Ausübung eines gewerblichen Schutzrechts auf die Ausübung anderer Eigentumsrechte anwendbar wären, nur dann missbräuchlich sein kann, wenn diese geeignet ist, jeglichen Wettbewerb auf einem Markt auszuschließen, nicht objektiv zu rechtfertigen wäre und diese Dienstleistung für die Ausübung der Tätigkeit des Wettbewerbers unentbehrlich ist.39 Ob eine Dienstleistung unentbehrlich für ein Unternehmen ist, das auf einem bestimmten Markt tätig werden will, ist dabei zum einen danach zu bestimmen, inwieweit es andere Dienstleistungen gibt, die Alternativlösungen darstellen, auch wenn sie weniger günstig sind, und zum anderen danach ob technische, rechtliche oder wirtschaftliche Hindernisse bestehen, die geeignet sind, jedem Unternehmen, das auf diesem Markt tätig zu werden beabsichtigt, die Entwicklung – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsteilnehmern – von Alternativen unmöglich zu machen oder zumindest unzumutbar zu erschweren.40 Für die Annahme wirtschaftlicher Hindernisse muss dabei zumindest dargelegt werden, dass die Entwicklung dieser Dienstleistungen unrentabel wäre, wenn sie in vergleichbarem Umfang hergestellt bzw. erbracht würden wie von dem Unternehmen, das die bestehenden Dienstleistungen entwickelt und kontrolliert.41 d) Zusammenfassung Der EuGH stellt in den Entscheidungen ERT und GB-Inno-BM nicht auf das Ausschalten eines Wettbewerbers ab, sondern auf das Ausschalten des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt. Die Gefahr der Ausschaltung des Wettbe37 38 39 40 41
Bronner, Tz. 47. Siehe dazu 5. Kapitel: D.III. Bronner, Tz. 41. Bronner, Tz. 43 f. Bronner, Tz. 46.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
werbs war in diesen Fällen wohl auch gegeben, da die Kontrolle über den benachbarten Markt aufgrund gesetzlicher Vorschriften erfolgen konnte. Beiden Fällen ist daher auch gemeinsam, dass die Ausschaltung des Wettbewerbs aufgrund staatlicher Vorschriften u. U. erst ermöglicht wurde. In zwei anderen – in dieser Untersuchung nicht genauer dargestellten – Entscheidungen musste der EuGH dagegen nicht darauf eingehen, ob die Delegierung der öffentlich-rechtliche Aufgabe der technischen Übereinstimmungsprüfung von in anderen Ländern hergestellten Kraftfahrzeugen für die Zulassung zum Straßenverkehr auf den Hersteller bzw. einen Beauftragten mit Art. 86 i.V. m. Art. 82 EG vereinbar ist. Der EuGH stellte vielmehr nur fest, dass die Art und Weise der Ausübung dieser Befugnis möglicherweise einen Missbrauch darstellen kann.42 Der wettbewerbspolitische Hintergrund besteht bei all diesen Entscheidungen wohl im Wesentlichen darin, Marktzutrittsschranken zu überwinden, die trotz des fortschreitenden Abbaus von ehemaligen staatlichen Monopolen in bestimmen Industriesektoren immer noch bestehen.43 Diese Entscheidungen sind daher nur sehr begrenzt verallgemeinerungsfähig. Die Entscheidung des EuGH in Bronner ist in dreierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen stellt sie klar, dass die Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen hinsichtlich von Dienstleistungen durch ein marktbeherrschendes Unternehmen gegen Art. 82 EG verstoßen kann. Zum anderen verdeutlicht sie, dass eine Unentbehrlichkeit eines Produkts oder einer Dienstleistung nicht schon deshalb angenommen werden kann, weil eine eigenständige Entwicklung durch ein Konkurrenzunternehmen nur für dessen konkreten Tätigkeit und Erfordernisse unrentabel wäre. Nötig ist vielmehr eine Unentbehrlichkeit des Produkts oder der Dienstleistung für eines im gleichen Umfang wie das marktbeherrschende Unternehmen auf dem betreffenden Markt tätige Unternehmen.44 Schließlich verlangt der EuGH, dass die Verweigerung geeignet ist, jeglichen Wettbewerb auf dem abgeleiteten Markt auszuschalten. Ob bei Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechten dazu kumulativ notwendig oder auch alternativ ausreichend ist, dass die Verweigerung das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindert hat, blieb dagegen in der Entscheidung offen.
42 EuGH, General Motors Continental NV . /. Commission of the European Communities, Slg. 1975, 1367; EuGH, British Leyland Public Limited Company . /. Commission of the European Communities, Slg. 1986, 3263. 43 Vgl. in anderem Zusammenhang: von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Berarbeiter: Schröter, Helmuth, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Band 2, Artikel 82 EG Rdnr. 261. 44 Diese objektivierte Sichtweise ausdrücklich begrüßend, vgl.: Ackermann, Thomas, Essential Facilities: Ein Fall für die Regulierung? Osnabrück, 2003, S. 21 f.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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In einer Entscheidung über eine damals noch möglichen Einzelfreistellung nach dem jetzigen Art. 81 Abs. 3 EG der EG-Kommission stellte das EuG zudem fest, dass sich die Unerlässlichkeit einer Infrastruktur, eines Erzeugnissen oder einer Dienstleistung sich nicht alleine daraus ergeben kann, dass ein Unternehmen als erstes im Markt erhebliche Investitionen zur Anschaffung einer Infrastruktur getroffen hat. Es darf vielmehr wegen derer besonderen Eigenschaften und insbesondere der prohibitiven Kosten ihrer erneuten Bereitstellung oder der vernünftigerweise hierzu erforderlichen Zeit keine gangbaren Alternativen für die möglichen Konkurrenten geben, die auf diese Weise vom Markt ausgeschlossen würden.45 Die EG-Kommission hatte bei ihrer Einzelfreistellung für die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens die Auflage erteilt, dass die Gründerunternehmen Lokomotiven – die speziell für den Betrieb auf den verschiedenen nationalen Streckennetzen und auf der Strecke durch den Kanaltunnel angeschafft und ausgestattet waren – und deren qualifiziertes Personal Dritten unter den gleichen Voraussetzungen wie dem Gemeinschaftsunternehmen zu gewähren haben, da diese unerlässliche bzw. wesentliche Infrastrukturen seien. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anforderungen in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht in der Konstellation der Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen strenger sind als im Fall des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen.46 Denn der EuGH fordert stets, dass aufgrund der Verweigerung der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen eine Ausschaltung des Wettbewerbs droht. In seinen Entscheidungen zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen wird dagegen dieses Element nicht in dieser Deutlichkeit gefordert.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten I. Volvo . /. Veng 1. Hintergrund In Volvo . /. Veng war das Unternehmen AB Volvo (Volvo) Inhaber eines eingetragenen Geschmacksmusters für die Vorderkotflügel einer bestimmten Fahrzeugserie.47 Das Unternehmen Erik Veng (UK) Ltd (Veng) führte Karosserie45 EuG, Urteil vom 15. September 1998, verbundene Rs. T-374 / 94, T-375 / 94, T384 / 94 und T-388 / 94, European Night Services Ltd (ENS), Eurostar (UK) Ltd, formerly European Passenger Services Ltd (EPS), Union internationale des chemins de fer (UIC), NV Nederlandse Spoorwegen (NS) und Société nationale des chemins de fer français (SNCF) . /. Commission of the European Communities, Slg. 1998 II-3141, Tz. 209. Siehe dazu auch: Valentine Korah, 69 Antitrust L.J. at 823. 46 von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Berarbeiter: Schröter, Helmuth, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Band 2, Artikel 82 EG Rdnr. 251.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
teile, die ohne Genehmigung der Firma Volvo hergestellt worden waren, in Großbritannien ein und setzte sie dort ab. Die Karosserieteile wurden benötigt, um Karosseriereparaturen an von Volvo hergestellten Kraftfahrzeugen durchzuführen. Volvo erhob beim High Court of Justice of England and Wales (Chancery Division, Patents Court) gegen Veng Klage wegen Verletzung ihres ausschließlichen Rechts. Im Wege des Vorabentscheidungsverfahren stellte der High Court of Justice dem EuGH die Frage, ob: „[. . .] es prima facie einen Missbrauch einer [. . .] beherrschenden Stellung dar[stellt], wenn ein Hersteller es ablehnt, Dritten Lizenzen für die Lieferung solcher Karosserieteile zu erteilen, obwohl diese bereit sind, angemessene Lizenzgebühren für alle aufgrund der Lizenz verkauften Artikel zu zahlen [. . .]?“48
2. Entscheidung des EuGH Der EuGH stellte fest, dass eine dem Inhaber eines geschützten Geschmacksmusters auferlegte Verpflichtung, Dritten eine Lizenz für die Lieferung von Erzeugnissen, die das Muster verkörpern, zu erteilen, diesem Inhaber selbst dann, wenn dies gegen angemessene Vergütung erfolgen würde, die Substanz seines ausschließlichen Rechts nehmen würde. Die Weigerung als solche, eine entsprechende Lizenz zu erteilen, könne daher keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen.49 Der EuGH wies aber auch darauf hin, „[. . .] dass die Ausübung des ausschließlichen Rechts durch den Inhaber eines Musters für Kraftfahrzeugkarosserieteile gemäß Artikel 86 [jetzt Artikel 82 EG] verboten sein kann, wenn sie bei einem Unternehmen, das eine beherrschende Stellung einnimmt, zu bestimmten missbräuchlichen Verhaltensweisen führt, etwa der willkürlichen Weigerung, unabhängige Reparaturwerkstätten mit Ersatzteilen zu beliefern, der Festsetzung unangemessener Ersatzteilpreise oder der Entscheidung, für ein bestimmtes Modell keine Ersatzteile mehr herzustellen, obwohl noch viele Fahrzeuge dieses Modells verkehren, sofern diese Verhaltensweisen geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.“50
In der Entscheidung in der Rechtssache Consorzio . /. Renault vom selben Tag beantwortete der EuGH eine ähnliche Frage durch das Tribunale civile e penale Mailand in einer gleich gelagerten Konstellation mit gleichlautenden Ausführungen.51
47 EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1988, Rs. 238 / 87, AB Volvo . /. Erik Veng (UK) Ltd, Slg. 1988, 6211 (im Folgenden: Volvo . /. Veng). 48 Volvo . /. Veng, Tz. 4. 49 Volvo . /. Veng, Tz. 8. 50 Volvo . /. Veng, Tz. 9. 51 EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1988, Rs. 53 / 87, Consorzio italiano della componentistica di ricambio per autoveicoli e Maxicar . /. Régie nationale des usines Renault, Slg. 1988, 6039 (im Folgenden: Consorzio . /. Renault), Tz. 16.
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3. Schlussanträge des Generalanwalts Generalanwalt Mischo stellte in den Schlussanträgen ebenso fest, dass die Weigerung, eine Lizenz zu erteilen, nicht bereits als missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung angesehen werden kann, sondern „[z]ur beherrschenden Stellung und zum Immaterialgüterrecht muss ein zusätzliches Element oder ein zusätzlicher Umstand hinzutreten. Dieses Element könnte etwa in diskriminierenden Verkaufsbedingungen (z. B. Nichtbelieferung unabhängiger Reparaturwerkstätten mit Ersatzteilen) [. . .] bestehen [. . .].“52
In den Schlussanträgen des Generalanwalts findet sich also nicht die willkürliche Nichtbelieferung mit Ersatzteilen als missbräuchliche Verhaltensweise, sondern der Begriff der diskriminierenden Verkaufsbedingungen.53 Diskriminierung setzt aber stets eine Form der Ungleichbehandlung voraus. Vom EuGH wurde diese klarere Formulierung aber gerade nicht verwandt. Ein Übersetzungsfehler scheint auszuscheiden, da auch in den englischen und italienischen Originalfassungen der Urteile des EuGH die gleiche Diskrepanz zu den in französischer Sprache gehaltenen Schlussanträgen des Generalanwalts besteht. In der englischen Übersetzung der Schlussanträge heißt es: „discriminatory conditions of sale“ im Vergleich zu: „arbitrary refusal to supply spare parts“ in der englischen Originalfassung des Urteils des EuGH in der Rechtssache Volvo . /. Veng bzw. „il rifiuto arbitrario di fornire pezzi di ricambio“ in der italienischen Originalfassung des Urteils in der Rechtssache Consorzio . /. Renault. In den französischen Originalfassungen der Schlussanträge in den Rechtssachen Volvo . /. Veng und Consorzio . /. Renault heißt es dagegen jeweils: „conditions de vente discriminatoires“ im Vergleich zu „le refus arbitraire de livrer des pièces de rechange“ in den französischen Übersetzungen der Urteile des EuGH. In der Literatur wurde von einem Autor festgestellt, dass mangels einer generellen Belieferungspflicht der Hersteller eine Nichtbelieferung nur dann willkürlich sein kann, wenn eine Diskriminierung gegenüber unabhängigen Reparaturwerkstätten vorliegt, die von dem Hersteller beliefert werden.54 Ob der EuGH aber in diese Richtung zu verstehen ist, bleibt bei der Entscheidung unklar. Die Entscheidung könnte dagegen auch so verstanden werden, dass selbst bei bisherigem alleinigen Eigenvertrieb eines Herstellers Belieferungsverweigerungen gegenüber anderen Unternehmen missbräuchlich sein könnten.55
52 Generalanwalt Mischo, Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 21. Juni 1988 in der Rs. 238 / 87, AB Volvo . /. Erik Veng (UK) Ltd, Slg. 1988, 6211, Tz. 28. 53 So auch in: Generalantwalt Mischo, Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 21. Juni 1988 in der Rs. 53 / 87, Consorzio italiano della componentistica di ricambio per autoveicoli e Maxicar . /. Régie nationale des usines Renault, Slg. 1988, 6039, Tz. 61. 54 Eichmann, Helmut, Geschmacksmusterrecht und EWG-Vertrag, GRUR Int. 1990, 121, 132.
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4. Bedeutung der Entscheidung Vor der Entscheidung des EuGH in Volvo . /. Veng sah der EuGH es für einen Verstoß gegen Art. 82 EG als erforderlich an, dass das streitgegenständliche Immaterialgüterrecht als Mittel eingesetzt wird, um eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung zu erreichen. In Volvo . /. Veng stellte der EuGH dann aber fest, dass es auch ausreichend sei, wenn die Ausübung des Immaterialgüterrechtes zu missbräuchlichen Verhaltensweisen bei dem marktbeherrschenden Unternehmen geführt hat. Gegenstand der Entscheidung waren eigentlich Lizenzverweigerungen hinsichtlich der Vervielfältigung und Verbreitung von immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen. Sie enthält aber auch Ausführungen zu Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechte enthaltenden Erzeugnissen. Die streitgegenständlichen Ausführungen zur Lizenzverweigerung fallen dabei relativ kurz aus. In nachfolgenden Entscheidungen hat der EuGH diese Problematik aber eingehend aufgegriffen. Aus der Entscheidung wird aber zumindest deutlich, dass der EuGH besorgt war, dass die Annahme einer Lizenzierungspflicht dem Inhaber eines Immaterialgüterrechtes die Substanz eines ausschließlichen Rechts entziehen würde. Die als Obiter dictum zu bezeichnende Ausführung zu Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechte enthaltenden Erzeugnissen stellt die bisher einzige Auseinandersetzung des EuGH zu diesem Themenkomplex dar. Der EuGH scheint dabei für derartige Erzeugnisse keine anderen Voraussetzungen an einen Missbrauchsvorwurf zu stellen, als bei Belieferungsverweigerungen an keine Immaterialgüterrechte enthaltende Erzeugnissen. Dabei ist freilich problematisch, dass das Recht Dritte nicht mit Gegenständen zu beliefern, in dem ein Immaterialgüterrecht verkörpert ist, ein durch das Immaterialgüterrecht eingeräumtes Recht darstellt.56 5. Kritik in der Literatur Die Entscheidung des EuGH, dass die Weigerung, eine Lizenz an einem Immaterialgüterrecht zu erteilen, keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen kann, wurde in der Literatur zum überwiegenden Teil mit
55 Anzumerken ist freilich, dass ein ausschließlicher Eigenvertrieb von Ersatzteilen im Kraftfahrzeugsektor kaum anzutreffen ist. Auch ist schwerlich vorstellbar, dass der EuGH in derartiger Kürze diese Konstellation der Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen abhandeln wollte. 56 Siehe dazu die Beurteilung im US-amerikanischen Recht: 4. Kapitel: D.II. Für geheimen Innovationen ist diese Problematik dagegen von geringer Bedeutung, siehe dazu 4. Kapitel: E.II und 6. Kapitel: A.I.
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Zustimmung begrüßt.57 Zwar schaffe der Erwerb eines Immaterialgüterrechtes eine Marktzutrittsschranke für andere Unternehmen. Diese sei aber gerechtfertigt, weil den Unternehmen Anreize dafür gegeben werden müssen, in Forschung und Entwicklung zu investieren.58 Da die Lizenz genau für das Produkt verweigert wurde, auf welches sich das Immaterialgüterrecht der Hersteller bezog (nämlich die Anfertigung der Karosserieteile und nicht etwa auf die Verwendung der Karosserieteile auf einem abgeleiteten Markt, wie z. B. dem Reparaturmarkt), sei keinesfalls eine Monopol- bzw. Marktmachtausdehnung gegeben.59 Später wurde auch darauf hingewiesen, dass die vom EuGH als ein mögliches Beispiel für einer Missbrauch genannte Entscheidung eines Herstellers, für ein bestimmtes Modell keine Ersatzteile mehr herzustellen, obwohl noch viele Fahrzeuge dieses Modells verkehren, nur dann einen Verstoß gegen Art. 82 EG darstellen kann, wenn der Hersteller auch keine Lizenzen zur Herstellung dieser Ersatzteile an Dritte vergibt. Daraus folge dann aber, dass die Nichterteilung einer Lizenz auch einen Missbrauch im Sinne von Art. 82 EG begründen könne.60 Dagegen wurde geltend gemacht, dass ein Lizenzierungspflicht in dieser Konstellation nur dann bestehen würde, wenn der Hersteller sich entschieden hat, keine Ersatzteile mehr herzustellen und damit auf sein Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht (konkludent) verzichtet habe.61 Die Ausführungen des EuGH hinsichtlich Geschäftsverweigerungen an Immaterialgüterrechte enthaltende Erzeugnisse wurden dafür kritisiert, dass bei diesen offen bliebe, in welchen Fällen eine Nichtbelieferung unabhängiger Reparaturwerkstätten willkürlich sei.62 Andere argumentierten, dass der EuGH so zu verstehen sei, dass sachliche Gründe, wie z. B. Indizien, dass der unabhängige Händler den Qualitäts- und Sicherheitserfordernissen des Herstellers nicht genügt, einen Missbrauch im Sinne von Art. 82 EG ausschließen würden.63 57 Korah, Valentine, No Duty to License Independent Repairers to Make Spare Parts: The Renault, Volvo and Bayer & Hennecke Cases, [1981] 12 EIPR 381–386; Shaw, Josephine, The specific subject matter of design rights, [1989] E.L.Rev. 99–101; Beier, Friedrich-Karl, Mißbrauch einer beherrschenden Stellung durch Ausübung gewerblicher Schutzrechte? in: Westermann, Harm, Peter / Rosener, Wolfgang (Hrsg.), Festschrift für Karlheinz Quack, Berlin, New York, 1991, S. 15, 18. 58 Korah, Valentine, [1981] 12 EIPR 381. 59 Frank Fine, NDC / IMS: In Response to Professor Korah, 70 Antitrust L.J. 247, 252 (2002). 60 Flynn, James, Intellectual Property and Anti-trust: EC Attitudes, [1992] 2 EIPR 49, 53; ähnlich auch Vinje, Thomas C., [1992] 11 EIPR 397, 400. 61 Wal, Gerard van der, [1994] 4 ECLR 230, 234; Myrick, Ronald E., Will Intellectual Property on Technology still be Viable in a Unitary Market?, [1992] 9 EIPR 298, 301. 62 Korah, Valentine, [1981] 12 EIPR 381. 63 Mestmäcker, Ernst-Joachim / Schweitzer, Heike, Europäisches Wettbewerbsrecht, München, 2. Aufl. 2004, § 28 Rdnr. 122.
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II. Tetra Pak I 1. Hintergrund In dem sog. Fall Tetra Pak I hatte die EG-Kommission in dem Erwerbs einer ausschließlichen Patent- und Know-how-Lizenz bis zum Verzicht auf diese Ausschließlichkeit durch den Erwerber einen Verstoß gegen Art. 82 EG gesehen.64 Aufgrund der Eingrenzung des rechtlichen Rahmens durch das gegen die Entscheidung der EG-Kommission klagende Unternehmen hatte das EuG eigentlich nicht mehr über die Frage der Marktbeherrschung und des Missbrauch der beherrschenden Stellung zu entscheiden. 2. Entscheidung des EuG Das EuG führte aber trotz der vorgenommenen Eingrenzung des rechtlichen Rahmens aus, dass der bloße Erwerb einer ausschließlichen Lizenz durch ein Unternehmen in beherrschender Stellung für sich allein keinen Missbrauch im Sinne von Art. 82 EG darstellen würde. Vielmehr seien die Erwerbsumstände und seine Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur auf dem relevanten Markt, zu berücksichtigen. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Feststellung, dass der Erwerb der ausschließlichen Lizenz einen Missbrauch begründete, lag dabei darin, dass dieser die bereits beträchtliche Vormachtstellung der Erwerbers stärkte und damals allein die Befugnis, das durch die Lizenz geschützte Verfahren anwenden zu können, einem Unternehmen die Mittel an die Hand geben konnte, um mit der Erwerberin auf dem relevanten Markt wirksam konkurrieren zu können.65 3. Bedeutung der Entscheidung Bei diesem Fall handelt es sich um die Leitentscheidung zu Lizenzverweigerungen an Patenten und auch an Know-how, die von anderen Unternehmen erworben wurden und damit nicht auf eigenen Innovationsanstrengungen des beherrschenden Unternehmens beruhen. Das EuG geht daher auch nicht auf die Bedeutung der Einschränkung von Innovationsanreizen ein. Schon der Vergleich zu der Entscheidung Volvo . /. Veng zeigt, dass die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für einen Missbrauch bei eigener Entwicklung einer Innovation erheblich strenger sind. In nachfolgenden Entscheidungen des EuGH wurde dies noch deutlicher.
64 EuG, Urteil vom 10. Juli 1990, Rs. T-51 / 89, Tetra Pak Rausing SA . /. Commission of the European Communities, Slg. 1990 II-309 (Tetra Pak I), Tz. 23. 65 Tetra Pak I, Tz. 23.
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III. Magill 1. Hintergrund Der Hintergrund der Entscheidung in der Rechtssache Magill ist mittlerweile zwar weit bekannt, für den Zweck einer genaueren Analyse soll er aber hier dennoch wiedergegeben werden. Die insgesamt sechs Fernsehsender der Fernsehgesellschaften Radio Telefis Eireann (RTE), ITV und der British Broadcasting Company (BBC) konnten von den meisten Haushalten in Irland und vielen der Haushalte in Nordirland empfangen werden.66 Weder in Irland noch in Nordirland gab es einen umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführer für alle Fernsehsender. Die Fernsehgesellschaften ließen nur Programmvorschauen für ihre eigenen Sender veröffentlichen und widersetzten sich ihrer Wiedergabe durch Dritte unter Berufung auf den urheberrechtlichen Schutz ihrer wöchentlichen Programmvorschauen nach irischem Recht und nach dem Recht des Vereinigten Königreichs.67 Die drei Fernsehgesellschaften – ITV über das Tochterunternehmen Independent Television Publications Ltd (ITP) – verteilten die Programmvorschauen ihrer Sendungen auf Anfrage unter bestimmten Lizenzbestimmungen kostenlos an Tageszeitungen oder Zeitschriften. Diese konnten so die Programme des jeweiligen Tages sowie am Vorabend von Feiertagen die Programme von zwei Tagen veröffentlichen. Darüber hinaus war es gestattet, die „Höhepunkte“ der Woche zu veröffentlichen.68 Die Magill TV Guide Ltd (Magill) versuchte, einen umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführer herauszugeben, wurde daran aber von den Fernsehgesellschaften mittels einstweiliger Anordnungen gehindert.69 Augrund einer Beschwerde Magills erließ die EG-Kommission eine Entscheidung, in der sie einen Verstoß gegen den jetzigen Art. 82 EG feststellte und die drei Fernsehgesellschaften anwies, Dritten auf Anfrage ihre jeweiligen wöchentlichen Programmvorschauen auf nichtdiskriminierender Basis zur Verfügung zu stellen und die Wiedergabe durch Dritte zu gestatten. Eine eventuelle Lizenzgebühr sollte angemessen sein.70 Gegen die Urteile des EuG, welche die Entscheidungen der EG-Kommission bestätigten,71 legten RTE und ITP Rechtsmittel beim EuGH ein.
66 EuGH, Urteil vom 6. April 1995, verbundene Rs. C-241 / 91 P und C-242 / 91 P, Radio Telefis Eireann (RTE) and Independent Television Publications Ltd (ITP) . /. Commission of the European Communities, Slg. 1995 I-743 (Magill), Tz. 6. 67 Magill, Tz. 7. 68 Magill, Tz. 9. 69 Magill, Tz. 10. 70 EG-Kommission, Entscheidung 89 / 205 / EEC vom 21. Dezember 1998 in der Sache IV / 31.851 – Magill TV Guide / ITP, BBC and RTE, ABl. L 78 vom 21.3.1989, S. 43–51.
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2. Die Entscheidung des EuGH Bei der Beurteilung, ob die Lizenzverweigerungen Missbräuche einer marktbeherrschenden Stellung darstellen, verwies der EuGH auf seine Entscheidung in Volvo . /. Veng und stellte klar, dass sich die Voraussetzungen und die Modalitäten des Schutzes eines Urheberrechts mangels einer Rechtsvereinheitlichung innerhalb der Gemeinschaft nach nationalem Recht bestimmen und daher die Verweigerung einer Lizenz als solche keinen Missbrauch darstellen kann, da das ausschließliche Recht der Vervielfältigung zu den Vorrechten des Urhebers gehöre.72 Gleichzeitig machte der EuGH aber deutlich, dass sich aus seiner Entscheidung in Volvo . /. Veng ergibt, dass die Verweigerung der Lizenzierung eines Immaterialgüterrechts unter außergewöhnlichen Umständen den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen kann.73 Der EuGH verwies darauf, dass die Fernsehgesellschaften unter Berufung auf nationales Urheberrecht verhindern würden, dass Magill oder andere Unternehmen, wöchentlich Informationen über Fernsehprogramme zusammen mit Kommentaren und Bildern veröffentlichen können, welche sie ohne Zutun der Fernsehgesellschaften erhalten hatten.74 Zudem maß der EuGH der Tatsache Bedeutung zu, dass die Fernsehgesellschaften zwangsläufig die einzige Quelle für die Grundinformationen über die Programmplanung waren, die wiederum das unentbehrliche Ausgangsmaterial für die Herstellung eines wöchentlichen Fernsehprogrammführers sind.75 Der EuGH hielt daher fest, dass die Weigerung der Fernsehgesellschaften, Magill oder anderen Unternehmen Informationen über ihre Fernsehprogramme zur Verfügung zu stellen einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Art. 82 EG darstellte, da durch die Weigerung das Auftreten eines neuen Erzeugnisses (eines umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführers) verhindert wurde, das sie selbst nicht anboten und nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher bestand.76 Zur Qualifizierung des Verhaltens der Fernsehgesellschaften als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung kamen nach Ansicht des EuGH noch folgende Umstände hinzu: Die Weigerung der Fernseh71 EuG, Urteil vom 10. Juli 1991, Rs. T-69 / 89, Radio Telefis Eireann . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-485; EuG, Urteil vom 10. Juli 1991, Rs. T-76 / 89, Independent Television Publications Ltd . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-575. Die BBC legte keine Rechtsmittel ein gegen die Entscheidung des EuG, Urteil vom 10. Juli 1991, Rs. T-70 / 89, British Broadcasting Corporation and BBC Enterprises Ltd / Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-535. 72 Magill, Tz. 49. 73 Magill, Tz. 50. 74 Magill, Tz. 51. 75 Magill, Tz. 53. 76 Magill, Tz. 54.
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gesellschaften war weder durch die Tätigkeit der Ausstrahlung von Fernsehsendungen noch durch die der Herausgabe von Fernsehzeitschriften gerechtfertigt.77 Zudem behielten sich die Fernsehgesellschaften durch ihr Verhalten einen abgeleiteten Markt (den Markt der wöchentlichen Fernsehprogrammführer) vor, indem sie jeden Wettbewerb auf diesem Markt ausschlossen, da sie den Zugang zu den unentbehrlichen Ausgangsmaterial für die Herstellung eines solchen Programmführers verweigerten. 3. Schlussanträge des Generalanwalts Generalanwalt Gulmann empfahl in seinen Schlussanträgen, die Entscheidungen der EG-Kommission und des EuG aufzuheben.78 Der Generalanwalt ging dabei davon aus, dass die wesentliche Funktion eines Urheberrechts nicht durch eine Anwendung von Art. 82 EG eingeschränkt werden dürfen.79 Aufgrund einer genauen Analyse der Rechtsprechung des EuGH stellte der Generalanwalt aber auch fest, dass es nicht ausgeschlossen sei, aufgrund von Art. 82 EG den spezifischen Gegenstand eines gewerblichen Schutzrechtes einzuschränken.80 Ein marktbeherrschendes Unternehmen könne Art. 82 EG u. a. dann verletzen, wenn es die Erteilung einer Lizenz für neue Produkte verweigert, die mit denen des Schutzrechtsinhabers nicht konkurrieren.81 Um dem Inhaber eines Urheberrechts die Belohnung für seine kreativen Bemühungen zu gewährleisten, könne es jedoch nicht missbräuchlich sein, mittels dieses Urheberrechts die Entstehung eines Produktes zu verhindern, welches das Urheberrecht verletzt und mit den Produkten des Urhebers in Konkurrenz steht. Falls ein Produkt im Wesentlichen dieselben Bedürfnisse der Verbraucher befriedigt, seien die Interessen des Inhabers des Urheberrechts höher zu bewerten als die des Herstellers des konkurrierenden Produkts. Dies muss selbst dann gelten, wenn das konkurrierende Produkt sowohl neu als auch besser als das Produkt des Urhebers wäre.82 Der EuGH ist diesen Ausführungen nicht gefolgt. 77
Magill, Tz. 55. Generalanwalt Gulmann, Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann vom 1. Juni 1994 in den verbundene Rs. C-241 / 91 P und C-242 / 91 P, Radio Telefis Eireann (RTE) and Independent Television Publications Ltd (ITP) . /. Commission of the European Communities, Slg. 1995 I-743 (Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in Magill), Tz. 208. Ausdrücklich begrüßt wurden die Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann von: Kerckhove, Marleen van, The Advovate General Delivers his Opinion on Magill, [1994] 5 ECLR 276, 279. 79 Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in Magill, Tz. 84. 80 Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in Magill, Tz. 54. 81 Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in Magill, Tz. 96 ff. 82 Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in Magill, Tz. 97. So auch: Crowther, Peter, Compulsory Licensing of Intellectual Property Rights, [1995] E.L.Rev. 521, 526; Lugard, H.H. Paul, ECJ Upholds Magill: It Sounds Nice In Theory, But How Does It Work In Practice? [1995] EBLR 231, 233. 78
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4. Bedeutung der Entscheidung Die herausragende Bedeutung des Falles Magill ergibt sich schon daraus, weil in diesem Fall erstmalig eine Entscheidung der EG-Kommission bestätigt wurde, aufgrund derer eine Lizenzverweigerung durch marktbeherrschende Unternehmen als missbräuchlich untersagt worden war. Der EuGH hat mit seiner Entscheidung in diesem Fall aber auch die in Volvo . /. Veng begonnene kartellrechtliche Behandlung von Lizenzverweigerungen an immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen verfeinert. In Magill lag dabei eine Verweigerung der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung in Form der Verweigerung der Lizenzierung der Vervielfältigung und Verbreitung einer urheberrechtlich geschützten Leistung vor. Unklar blieb in dieser Entscheidung aber noch, inwieweit der EuGH eine Privilegierung für Urheberrechte oder andere Immaterialgüterrechte bei der kartellrechtlichen Behandlung von Lizenzverweigerungen annehmen wollte.83 Mehrmals wurde in der Literatur auch vorgetragen, dass sich der EuGH zwar nicht ausdrücklich auf die essential facilities doctrine – als ein im europäischen Wettbewerbsrecht eigenständig entwickeltes Rechtsinstitut oder auch als Übernahme aus dem US-amerikanischen Recht – berufen hat, die Entscheidungsgründe jedoch in weiten Teilen auf ihre Anwendung hinweisen würden.84 5. Kritik in der Literatur a) Festgestellte außergewöhnliche Umstände Der EuGH wurde dafür kritisiert, dass die festgestellten außergewöhnlichen Umstände, keinen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellungen der Fernsehgesellschaften begründen könnten. aa) Nichtbefriedigung der Interessen der Verbraucher Die bloße Nichtbefriedigung der Interessen der Verbraucher könne nur von Bedeutung sein, wenn eine erhebliche Verbesserung der Situation der Verbraucher zu erwarten ist.85 Schon im Anschluss an die Ausführungen des EuG in 83 Die Annahme einer Privilegierung durch den EuGH verneinend und für eine Gleichbehandlung von Immaterialgüterrechten und materiellen Gütern plädierend: Stapper, Thilo, Das essential facility Prinzip und seine Verwendung zur Öffnung immaterialgüterrechtlich geschützter de facto Standards für den Wettbewerb, Berlin, 2003, zugleich Diss. Universität Hamburg, S. 101, 109 f. 84 Crowther, Peter, [1995] E.L.Rev. 521, 524; Dolmans, Maurits, Article 86 – refusals to license may infringe competition rules, [1995] 5 EIPR News Section 150. Siehe auch (zurückhaltender): Deselaers, Wolfgang, Die „Essential Facilities“ – Doktrin im Lichte des Magill-Urteils des EuGH, EuZW 1995, 563.
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seinen Entscheidungen86 wurde diskutiert, ob die Nichtberücksichtigung von Verbraucherinteressen mit der in der Entscheidung Volvo . /. Veng aufgezeigten Missbrauchssituation – nämlich der Entscheidung, die Produktion von Ersatzteilen einzustellen – verglichen werden kann.87 Der Vergleich ist in weiten Teilen der Literatur aber abgelehnt worden, da die Fernsehgesellschaften die Verbrauchernachfrage zu einem gewissen, wenn auch geringeren als möglichen, Maß befriedigten.88 Das fehlende Angebot eines umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführers sei nicht gleich zusetzen mit der Einstellung der Produktion von Ersatzteilen für ein bestimmtes Produkt, welches dann nicht mehr verwendbar wäre. Denn dem Verbraucher werden nicht die Möglichkeiten genommen, fernzusehen oder sein Freizeitprogramm mittels eines Fernsehprogrammführers zu planen.89 Zu bestimmen, ob die Nachfrage der Verbraucher auf einem bestimmten Markt nach bisher nicht hergestellten Produkten durch das marktbeherrschende Unternehmen nicht gedeckt wird, sei zudem viel schwerer, als zu bestimmen, ob der Hersteller ein bisher hergestelltes Produkt trotz bestehender Nachfrage vom Markt nimmt.90 Zudem sei es ganz allgemein fraglich, ob die Gerichte abschätzen können, wann eine Verbesserung des Produkts erheblich genug wäre, um die Anordnung einer Zwangslizenz sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich rechtfertigen zu können.91 Konsequenz aus einer Gleichstellung wäre zudem, dass der Urheber sein Urheberrecht in gerechtfertigter Weise nur ausüben könnte, soweit eine Nachfrage auf dem Markt nicht besteht.92 Nach anderer Auffassung können diese Bedenken damit begegnet werden, dass hohe Anforderungen an den Nachweis eines Versorgungsdefizits bei den 85 Ebenroth, Carsten Thomas / Bohne, Michael, Gewerbliche Schutzrechte und Art. 86 EG-Vertrag nach der Magill-Entscheidung, EWS 1995, 397, 402 f. Auch in diese Richtung argumentierend: Myrick, Ronald E., [1992] 9 EIPR 298, 303; Montag, Frank, Gewerbliche Schutzrechte, wesentliche Einrichtungen und Normung im Spannungsfeld zu Art. 86 EGV, EuZW 1997, 71, 74. 86 EuG, Radio Telefis Eireann . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-485, Tz. 74 und EuG, Independent Television Publications Ltd . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-575, Tz. 59 sowie EuG, British Broadcasting Corporation and BBC Enterprises Ltd / Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-535, Tz. 61. 87 Doutrelepon, Carine, Mißbräuchliche Ausübung von Urheberrechten? Bemerkungen zur Magill-Entscheidung des Gerichts 1. Instanz des Europäischen Gerichtshofs, GRUR Int. 1994, 302, 305; Michel Waelbroeck, Bi-annual Review of EEC Competition Cases 1989–1991, 1991 Fordham Corp. L. Inst. 111, 136 f. (Barry E. Hawk ed. 1992); Flynn, James, [1992] 2 EIPR 49, 54. 88 Flynn, James, [1992] 2 EIPR 49, 54; Skinner, Tom, Magill: Consumer Interests Prevail, [1995] EBLR 90, 92. 89 Skinner, Tom, [1995] EBLR 90, 92. 90 Angedeutet von: Flynn, James, [1992] 2 EIPR 49, 54. 91 Montag, Frank, EuZW 1997, 71, 74. 92 Doutrelepon, Carine, GRUR Int. 1994, 302, 305.
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Verbrauchern gestellt werden.93 So dürfe zwar nicht jede unwesentliche qualitative oder preisliche Verbesserung des Produkts, zur Annahme eines „neuen“ Produktes führen, ein gewisses Konkurrenzverhältnis soll jedoch zwischen den Produkten des Inhabers des Immaterialgüterrechtes und dem „neuen“ Produkt bestehen dürfen.94 In Zusammenhang mit dieser Kritik steht auch die Frage, ob ein dominierendes Unternehmen das in der Verhinderung eines „neuen“ Produkts liegende missbräuchliche Verhalten dadurch ausschließen könnte, dass es das „neue“ Produkt selbst den Verbrauchern anbietet.95 Dafür spricht, dass eine Sanktionierung nach Art. 82 EG möglich ist, wenn das dominierende Unternehmen in diesem abgeleiteten Markt überhöhte Preise verlangt.96 bb) Fehlende sachliche Rechtfertigung Hinsichtlich des Kriteriums der fehlenden sachlichen Rechtfertigung wurde angeführt, dass diese kein Kriterium zur Feststellung eines Missbrauches sein könne, da die Rechtfertigung nur dann von Bedeutung sein kann, wenn bereits ein Missbrauch festgestellt wurde, für welchen das Unternehmen dann sachliche Rechtfertigungen vortragen kann.97 cc) Vorbehalten eines abgeleiteten Marktes Zudem wurde kritisiert, dass das Vorbehalten eines abgeleiteten Marktes zur Substanz eines Immaterialgüterrechtes gehört, welche auch beinhaltet, sich verschiedene Vermarktungsstufen vorbehalten zu können.98 In der Literatur wurde aber auch hervorgehoben, dass es bei der Entscheidung des EuGH entscheidend darauf ankam, dass die Fernsehgesellschaften nicht nur Inhaber der Urheberrechte an den endgültigen Programmvorschauen waren, sondern dass auch nur über diese die zugrunde liegenden Informationen über die Programmplanung erhältlich waren.99 Der Missbrauch könnte damit 93
Deselaers, Wolfgang, EuZW 1995, 563, 566. Pilny, Karl H., Mißbräuchliche Marktbeherrschung gemäß Art. 86 EWGV durch Immaterialgüterrechte – Die Magill-Entscheidung des EuGH als Schnittstelle zwischen europäischem Wettbewerbs- und nationalem Urheberrecht, GRUR Int. 1995, 954, 957. 95 Skinner, Tom, [1995] EBLR 90, 92. 96 Lugard, H.H. Paul, [1995] EBLR 231, 233. 97 Ebenroth, Carsten Thomas / Bohne, Michael, EWS 1995, 397, 403; Skinner, Tom, [1995] EBLR 90; Montag, Frank, EuZW 1997, 71, 74. 98 Ebenroth, Carsten Thomas / Bohne, Michael, EWS 1995, 397, 403; Skinner, Tom, [1995] EBLR 90, 91; Crowther, Peter, [1995] E.L.Rev. 521, 526; Montag, Frank, EuZW 1997, 71, 75. So auch: Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in Magill, Tz. 112. 94
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darin bestanden haben, dass sich das Verhalten monopolisierend auf einen Markt auswirkt, der über das Immaterialgüterrechtes hinausgeht, da die beherrschende Stellung auf dem Markt gerade nicht auf dem Immaterialgüterrecht, sondern auf der Informationsherrschaft der Fernsehgesellschaften beruht haben könnte.100 Entscheidende Bedeutung könnte auch dem Umstand zukommen, dass der Wettbewerb völlig ausgeschaltet wurde.101 b) Keine ausgeglichenen Verhandlungspositionen Gegen die Entscheidung wurde zudem vorgebracht, dass in Folge gerichtlicher Anordnung ausgehandelte Bedingungen nur selten zufrieden stellend sein werden, weil sie nicht auf ausgeglichenen Verhandlungspositionen beruhen. Denn es besteht eine Ungleichgewicht zwischen der Verhandlungsposition des Urhebers und der des Anspruchsstellers, da der Urheber selbst im Falle des Scheiterns der Verhandlungen die Verwertung des Werks zuzulassen muss – wobei dann ein Gericht die angemessene Vergütung für die Verwertung bestimmen würde.102 c) Bedenkliches Urheberrecht Oft wird argumentiert, dass es dem EuGH eigentlich darum gegangen sei, das bedenkliche bzw. schwache Urheberrecht an Programmvorschauen einzuschränken.103 Damit verknüpft ist die Frage, ob ein Missbrauch bei einer Lizenzverweigerung selbst bei Vorliegen außergewöhnliche Umstände ausscheidet, wenn das nicht lizenzierte Recht durch EG-Gesetzgebung anerkannt oder geschaffen worden ist.104 Da der EuGH aber gerade nicht auf die Fragwürdig99 Verkade, H.E.R.D.W. Feer, Comment, Court of Justice, Decision 06.04.1995 – Joined Case Nos. C-241 / 91 P and C-242 / 91 P („Radio Telefis Eireann v. Independent TV Publications“; Radio Telefis Eireann (RTE) v. Independent Television Publications Ltd. (ITP)), IIC 1996, 94, 96; Greaves, Rosa, Magill Est Arrivé . . . RTE and ITP v Commission of the European Communities, [1995] 4 ECLR 244, 246. 100 Bechtold, Rainer, EuGH: Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Ausübung des Urheberrechts – Anmerkung, EuZW 1995, 345, 346. 101 Diesem Gesichtspunkt wird auch ganz allgemein entscheidende Bedeutung zugemessen von: Abermann, Johannes, Die essential facilities doctrine, Linz, 2003, zugleich Diss. Universität Linz, S. 142. 102 Doutrelepon, Carine, GRUR Int. 1994, 302, 305. 103 Jehoram, Herman Cohen / Mortelmans, Kamiel, Zur „Magill“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, GRUR Int. 1997, 11, 12; Doutrelepon, Carine, GRUR Int. 1994, 302, 307; Vinje, Thomas C., Harmonising Intellectual Property Laws in the European Union: Past, Present and Future, [1995] 8 EIPR 361, 376; Götting, Horst-Peter, JZ 1996, 307, 309; Montag, Frank, EuZW 1997, 71, 75. Zweifelnd dagegen: Mennicke, Petra, ZHR 160 (1996), 626, 639. 104 Forrester, Ian S., Software Licensing in the Light of Current EC Competition Law Considerations, [1992] 1 ECLR 5, 19.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
keit der Urheberrechte der Fernsehgesellschaften eingegangen ist, lässt sich ein derartiger Schluss wohl nicht ziehen.105 Auch rein faktisch ist fraglich, ob es sich bei den Leistungen der Fernsehgesellschaften um nicht schützenswerte Leistungen gehandelt hat. So hat z. B. des Richter des irischen High Court festgestellt: „I am satisfied by the evidence that the B.B.C.’s weekly T.V. programme schedules [. . .] are the end product of a long process of planning, preparation, arrangement and revision which involves a great deal of work and experience and the exercise of skill and judgment.“106
Weiter wurde vorgebracht, dass es sachgemäßer gewesen wäre, einfache Informationen, deren Schutz über das nationale Urheberrecht als bedenklich angesehen werden, nicht dem Art. 30 EG unterfallen zu lassen, statt das Vervielfältigungsrecht über Art. 82 EG einzuschränken.107 d) Rechtsunsicherheit Auch wurde kritisiert, dass der vom EuGH in Volvo . /. Veng und Magill eingeschlagene Weg eines einzelfallbezogenen Vorgehens nicht befriedigend sei und zu Rechtsunsicherheit führe.108 Daneben sei unklar, ob schon bei Vorliegen einer der außergewöhnlichen Umstände ein Missbrauch vorliegen kann oder nur beim Zusammentreffen aller vom EuGH genannten Umstände.109 Falls nur der Nachweis der Verhinderung der Entstehung eines neuen Produkts genügen sollte, würde dies den Anwendungsbereich der Missbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden erheblich erweitern.110 105
Forrester, Ian S., [1992] 1 ECLR 5, 19. R.T.E. v. Magill T.V. Guide Ltd. (No.2) [1989] IEHC 2, para. 52 und auch wiedergeben in: EuG, British Broadcasting Corporation and BBC Enterprises Ltd . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-535, Tz. 8. 107 Doutrelepon, Carine, GRUR Int. 1994, 302, 307. Dasselbe Vorgehen wurde auch schon hinsichtlich der Geschmacksmusterrechte in Volvo . /. Veng vorgeschlagen, da mittels ihnen der gesamte Wettbewerb auf dem jeweiligen Ersatzteilmarkt ausgeschalten werden konnte, vgl. Eilmansberger, Thomas, EuZW 1992, 625, 632. Zudem wurde darauf verwiesen, dass eine Harmonisierung der Immaterialgüterrechte der Mitgliedstaaten die einzige sachgerechte Lösung wäre, wozu aber das Wettbewerbsrecht nicht das geeignete Mittel sei, vgl.: Jestaedt, Thomas, Anmerkung zum Urteil in Sachen in Magill (Radio Telefis Eireann und Independent Television Publications gegen Kommission), WuW 1995, 483, 485. 108 Pilny, Karl H., GRUR Int. 1995, 954, 957; Mennicke, Petra, ZHR 160 (1996), 626, 658; Bechtold, Rainer, EuZW 1995, 345, 346. 109 Für die erste Variante und das Kriterium der Vorbehaltens eines abgeleiteten Marktes: Montag, Frank, EuZW 1997, 71, 75; Deselaers, Wolfgang, EuZW 1995, 563, 565. 110 Eilmansberger, Thomas, Geistiges Eigentum und Kontrahierungszwang – Anmerkung zu EuGH RS C-241 / 91 P und RS C-242 / 91 P (RTE und ITP), wbl 1995, 232, 234 f. 106
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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6. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen a) Übertragbarkeit der Entscheidung Schon kurz nach der Entscheidung des EuGH wurde in einer Entscheidungsbesprechung die Prognose aufgestellt, dass die in Magill entwickelten Grundsätze in späteren Fällen eher bei der Verweigerung der Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen als bei der Lizenzierung von Urheberrechten zur Anwendung kommen werden.111 Denn regelmäßig wird es Konkurrenten möglich sein, die für einen Marktzutritt unerlässlichen, aber in ihrer konkreten Ausdrucksweise urheberrechtlich geschützten Informationen in anderer Form als das marktbeherrschende Unternehmens auszudrücken, und damit das Urheberrecht zu umgehen.112 So war für den EuGH auch entscheidend, dass die Fernsehgesellschaften „zwangsläufig die einzige Quelle für die Grundinformationen über die Programmplanung waren.“113 Ob er dieses bei geheimen Innovationen eher toleriert hätte, erscheint zumindest zweifelhaft. Der Hinweis auf das Bestehen der nationalen Urheberrechte – ebenso wie auf die nationalen Geschmacksmusterrechte in Volvo . /. Veng – und die kaum stattfindende Auseinandersetzung mit einer etwaigen Einschränkung von Innovationsanreizen könnte eher auf eine weniger strenger Voraussetzung für eine kartellrechtliche Haftung bei Offenlegungsverweigerungen hindeuten. Der EuGH scheint eher mit der Rechtfertigung des Eingriffs in nationale Eigentumsrechte beschäftigt als mit der Einschränkung von Innovationsanreizen. Von besonderer Bedeutung für diese Untersuchung ist, dass die EG-Kommission im Verfahren vor dem EuG noch die Auffassung vertreten hatte, dass die Programmvorschauen selbst weder geheim noch innovativ, noch forschungsbezogen waren.114 Die Missbräuchlichkeit der Verhaltens der Fernsehgesellschaften bestehe insbesondere in der Verhinderung des Auftretens jeglichen Konkurrenzerzeugnisses ohne Rechtfertigung durch Erfordernisse der Geheimhaltung, der Forschung oder der Entwicklung.115
111
Vinje, Thomas C., [1995] 6 EIPR 297, 299. Vinje, Thomas C., [1995] 6 EIPR 297, 299. 113 Magill, Tz. 53. 114 Jeweils zusammenfassend wiedergegeben in: EuG, Radio Telefis Eireann . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-485, Tz. 46; EuG, Independent Television Publications Ltd . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-575, Tz. 29; EuG, British Broadcasting Corporation and BBC Enterprises Ltd / Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-535, Tz. 30. 115 Jeweils auch zusammenfassend wiedergegeben in: EuG, Radio Telefis Eireann . /. Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-485, Tz. 47; EuG, Independent Television Publications Ltd . /. Commission of the European Communities, Slg. 112
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
Diese könnte darauf hin deuten, dass geheimen Innovationen von der EGKommission zumindest dieselbe, wenn nicht eine größere Bedeutung als Urheberrechten beigemessen wurde. Umso überraschender ist, dass die EG-Kommission in ihrem discussion paper zu Art. 82 EG nun folgende Auffassung vertritt: „Even if [information needed for interoperability] may be considered a trade secret it may not be appropriate to apply to [refusals to supply information in a way that allows an undertaking to extend its dominance from one market to another] the same high standards for intervention as those [for refusals to license an intellectual property right.]“116
b) Alternativer Erklärungsansatz Entscheidend für die Entscheidung des EuGH könnte gewesen sein, dass die Informationsherrschaft der Fernsehgesellschaften auf ihrer Tätigkeit als Fernsehsender beruhte. Die relevanten Informationen wären bei deren Tätigkeit wahrscheinlich sowieso entstanden, unabhängig von der Aussicht auf den Ausschluss anderer Unternehmen von der Verwertung der Informationen gegen Zahlung einer Lizenzgebühr. Eine Gefahr der Einschränkung von Innovationsanreizen war daher weniger greifbar. Dies könnte ein Grund sein, warum der EuGH kaum auf diesen Gesichtspunkt eingegangen ist. Eine Privilegierung von immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen war in Magill auch nur ansatzweise zu erkennen, da immerhin unklar blieb, ob die vom EuGH genannten Kriterien alternativ oder kumulativ zu verstehen waren. Da jedoch Immaterialgüterrechte vorlagen, konnte der EuGH diese nicht einfach unbeachtet lassen und ein Abstellen auf die Verhinderung eines neuen Erzeugnisses war in Magill aufgrund des Sachverhaltes auch unproblematisch möglich. Die Entscheidung des EuGH würde bei einem derartigen Verständnis kaum der Verallgemeinerung zugänglich sein, da meist nicht eindeutig erkennbar sein wird, ob die in Betracht stehenden immaterialgüterrechtlichen Leistungsergebnisse auch ohne die Aussicht auf immaterialgüterrechtlichen Schutz entstanden wären. Auch bei geheimen Innovationen wird meist nicht erkennbar sein, dass diese ohne Aussicht auf die alleinige Verwertung durch Geheimhaltung entstanden wären. Eindeutig erkennbar wird dies meist nur bei rein berichtenden Informationen seien, die auf keinen Leistungsanstrengungen beruhen.117
1991 II-575, Tz. 30; EuG, British Broadcasting Corporation and BBC Enterprises Ltd / Commission of the European Communities, Slg. 1991 II-535, Tz. 31. 116 EG-Kommission, DG Competition discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses (December 2005), Tz. 242. 117 Siehe dazu auch die Fälle Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc. und New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc. im US-amerikanischen Recht, vgl. 4. Kapitel: E.III.6, bei denen nur berichtende Informationen vor-
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IV. Tiercé Ladbroke 1. Die Entscheidung des EuG Im Fall Tiercé Ladbroke hatten sich die führenden französischen Pferderennvereine und ihr Interessenverband (sowie die Gesellschaften, denen die Vermarktung der Fernsehaufzeichnungen und der gesprochenen Kommentare über französischen Pferderennen für die Bundesrepublik Deutschland und Österreich übertragen worden waren) geweigert, der Gesellschaft Tiercé Ladbroke (eine Gesellschaft, die in Belgien Wetten für im Ausland stattfindende Pferderennen annahm) Ton- und Bildmaterial über die französischen Pferderennen für deren Wettannahmestellen in Belgien zu liefern.118 Das EuG sah in dieser Weigerung keinen Verstoß gegen Art. 82 EG. Für das EuG bestand ein entscheidender Unterschied zum Sachverhalt in Magill darin, dass Tiercé Ladbroke bereits auf dem Markt präsent war, für den die Lizenzierung der Immaterialgüterrechte an dem Ton- und Bildmaterial begehrt wurde.119 Im Gegensatz dazu waren die französischen Rennvereine als Inhaber dieser Immaterialgüterrechte weder selbst auf diesem Markt tätig noch hatten sie bisher Lizenzen für den belgischen Markt erteilt.120 Das EuG konnte damit nicht die Verhinderung des Wettbewerbs auf einem abgeleiteten Markts feststellen. Das EuG führte weiter aus, dass selbst dann kein Verstoß gegen Art. 82 EG annehmbar wäre, wenn die Präsenz der Rennvereine auf dem belgischen Markt für die Anwendung des Art. 82 EG nicht entscheidend wäre.121 Denn die Vorführung der Fernsehaufnahmen der französischen Pferderennen sei für die Annahme von Wetten nicht unerlässlich.122 Dies zeige sich daran, dass Tiercé Ladbroke bereits erfolgreich in Belgien Wetten für die französischen Rennen annahm, und dass die Vorführung der Fernsehaufnahmen erst nach der Abgabe der Wetten erfolgt und damit den Entschluss eine Wette bei Tiercé Ladbroke abzuschließen, nicht beeinflussen kann.123
lagen, eine Monopolisierung verneint wurde, da nur deren unentgeltliche Verwertung durch andere Unternehmen verhindert wurde. 118 EuG, Urteil vom 12. Juni 1997, Rs. T-504 / 93, Tiercé Ladbroke SA . /. Commission of the European Communities, Slg. 1997 II-923 (im Folgenden: Tiercé Ladbroke). 119 Tiercé Ladbroke, Tz. 130. 120 Tiercé Ladbroke, Tz. 130. 121 Tiercé Ladbroke, Tz. 131. 122 Tiercé Ladbroke, Tz. 132. 123 Tiercé Ladbroke, Tz. 132.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
2. Bedeutung der Entscheidung Die Entscheidung des EuG in Tiercé Ladbroke zeigt, dass die Unerlässlichkeit einer Leistung eines dominierenden Unternehmen nicht gegeben sein kann, wenn dass sie einfordernde Unternehmen auch ohne sie auf dem betreffenden Markt erfolgreich tätig ist. Dies kann auch für Offenlegungsverweigerungen bei geheimen Innovationen Bedeutung erlangen. Denn danach dürfte es nicht ausreichen, dass die Kenntnis der geheimen Innovation einem Wettbewerber Vorteile bringen würde. Vielmehr ist erforderlich, dass er überhaupt nicht auf dem Markt tätig werden kann. Die Entscheidung zeigt aber auch, dass eine Lizenzierungspflicht und damit wohl auch eine Offenlegungspflicht nur für solche Märkte in Frage kommen, auf denen der Marktbeherrscher selbst Produkte oder Dienstleistungen anbietet. V. IMS Health . /. NDC Health 1. Hintergrund Die Unternehmen IMS Health GmbH & Co. OHG (IMS Health) und NDC Health GmbH & Co. KG (NDC Health) erstellten und vertrieben Marktberichte über den regionalen Absatz von Arzneimitteln und Gesundheitserzeugnissen in Deutschland.124 Die Marktberichte wurden dabei nach geografischen Kategorien (sog. Bausteinen) strukturiert, denen die Daten zugeordnet werden. IMS Health erstellte seine Berichte auf der Basis einer Bausteinstruktur von 1.860 Bausteinen bzw. einer davon abgeleiteten Struktur von 2.847 Bausteinen, wobei jeder Baustein ein bestimmtes, geografisch definiertes Gebiet Deutschlands darstellt. Die Bausteine wurden unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien festgelegt worden, wie z. B. Verwaltungsbezirke, Postleitzahlenbezirke, Bevölkerungsdichte, Verkehrsverbindungen und geografische Verteilung von Apotheken und Arztpraxen. IMS Health hatte in der Vergangenheit einen Arbeitskreis eingerichtet, an dem Firmen der pharmazeutischen Industrie teilnahmen. Aufgabe des Arbeitskreises war es, Verbesserungen der Bausteinstruktur vorzuschlagen. Der Umfang des Beitrags dieses Arbeitskreis zur Bestimmung der Bausteine war zwischen den Parteien aber strittig. IMS Health verteilte die Bausteinstrukturen auch unentgeltlich an Apotheken und Arztpraxen. Dies hatte dazu beigetragen, dass die Bausteinstrukturen zu einem gebräuchlichen Standard geworden waren, an den die Kunden von IMS Health ihre EDV- und Vertriebsstrukturen angepasst haben. 124 EuGH, Urteil vom 29. April 2004, Rs. C-418 / 01, IMS Health GmbH & Co. OHG . /. NDC Health GmbH & Co. KG, Slg. 2004 I-5039 (im Folgenden: IMS Health . /. NDC Health).
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Die Pharma Intranet Information AG (PII), die ebenfalls nach Bausteinstrukturen formatierte Marktberichte über den regionalen Absatz von Arzneimitteln in Deutschland vertrieb, versuchte zunächst Strukturen mit anderen Bausteinen zu vertreiben. Aufgrund des offensichtlichen Zögerns der an Strukturen mit 1.860 oder 2.847 Bausteinen gewöhnten Kunden ging PII dazu über, Strukturen mit 1.860 oder 3.000 Bausteinen zu verwenden, die den von IMS Health verwendeten Strukturen sehr ähnlich waren. PII wurde später von NDC Health erworben. Auf Antrag von IMS Health untersagte das Landgericht Frankfurt am Main PII mit einstweiliger Verfügung, die Struktur mit 3.000 Bausteinen oder irgendeine andere Struktur zu verwenden, die von der Struktur mit 1.860 Bausteinen von IMS Health abgeleitet waren. Nachdem NDC Health das Unternehmen PII erworben hatte, wurde NDC Health mit einstweiliger Verfügung dasselbe Verbot auferlegt. Die einstweiligen Verfügungen wurden durch Urteile des Landgerichts bestätigt. Zudem wies das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Berufung von PII gegen die gegenüber PII ergangene einstweilige Verfügung zurück. Das Landgericht stützte seine Entscheidungen darauf, dass die von IMS Health verwendete Bausteinstruktur ein Datenbankwerk nach deutschem Urhebergesetz sei. NDC Health reichte im weiteren Verlauf eine Beschwerde bei der EG-Kommission ein, in der NDC Health geltend machte, dass die Weigerung von IMS Health, eine Lizenz zur Verwendung der von IMS Health verwendeten Bausteinstruktur zu erteilen, einen Verstoß gegen Art. 82 EG darstelle. Die EGKommission erließ daraufhin eine einstweilige Anordnung, in der sie IMS Health auferlegte, allen Unternehmen, die am deutschen Markt für regionale Absatzdatendienste tätig waren, eine Lizenz zur Verwendung der Bausteinstruktur von IMS Health zu erteilen.125 IMS Health erhob gegen die einstweilige Anordnung eine Nichtigkeitsklage beim EuG und beantragte den Vollzug der einstweiligen Verfügung auszusetzen. Der Präsident des EuG ordnete die Aussetzung des Vollzugs der einstweiligen Verfügung der EG-Kommission bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache an.126 Der Präsident des EuGH bestätigte später diese Entscheidung.127 Mit der Begründung, dass einstweilige Maßnahmen aufgrund einer bevorstehen-
125 EG-Kommission, Entscheidung 2002 / 165 / EC vom 3. Juli 2001 in der Sache COMP D3 / 38.044 – NDC Health / IMS Health: Interim measures, ABl. L 59 vom 28.2.2002, S. 18–59. 126 EuG, Beschluss des Präsidenten vom 26. Oktober 2001, T-184 / 01 R, IMS Health Inc. . /. Commission of the European Communities, Slg. 2001 II-3193. 127 EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 11. April 2002, Rs. C-481 / 01 P (R), NDC Health GmbH & Co. KG and NDC Health Corporation . /. Commission of the European Communities and IMS Health Inc., Slg. 2002 I-03401.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
den abschließenden Entscheidung der EG-Kommission nicht mehr dringlich seien, zog die EG-Kommission dann die einstweilige Anordnung zurück.128 IMS Health verfolgte vor dem Landgericht Frankfurt am Main weiter das Ziel, die Verwendung der Bausteinsstruktur durch NDC Health endgültig zu verhindern. Das Landgericht setzte dann das Verfahren aus, um dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Das Landgericht fragte den EuGH, ob es einen Missbrauch im Sinne von Art. 82 EG darstellt, „den Abschluss eines Lizenzvertrags über die Nutzung einer urheberrechtlich geschützten Datenbank mit einem Unternehmen zu verweigern, welches Zutritt zu demselben räumlichen und sachlichen Markt haben möchte, wenn die Teilnehmer der Marktgegenseite [. . .] jedes Produkt, welches von [dieser] Datenbank keinen Gebrauch macht, ablehnen, weil sie sich auf die Verwendung von Produkten auf der Basis [dieser] Datenbank eingestellt haben.“129
Für das Landgericht war zudem entscheidungserheblich, ob für die Bejahung des Missbrauchs durch eine derartige Lizenzverweigerung von Relevanz ist, „in welchem Umfang [. . .] Mitarbeiter der Marktgegenseite in die Entwicklung der [. . .] Datenbank einbezogen [waren und] welcher Umstellungsaufwand [. . .] den Nachfragern entstünde, wenn sie zukünftig das Produkt eines Konkurrenzunternehmens bezögen, welches von der [. . .] Datenbank keinen Gebrauch macht [. . .].“130
2. Die Entscheidung des EuGH Basis der Entscheidung des EuGH war, dass sich aus Magill ergebe, dass der Inhaber eines Immaterialgüterrechts, der den Zugang zu Produkten oder Dienstleistungen verweigert, obwohl diese „[. . .] für eine bestimmte Tätigkeit unerlässlich sind, bereits dann missbräuchlich [handelt], wenn drei Bedingungen kumulativ erfüllt sind: Die Weigerung muss das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindern, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht, sie darf nicht gerechtfertigt sein, und sie muss geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf einem abgeleiteten Markt auszuschließen.“131
Unter Hinweis auf das Urteil Bronner stellte der EuGH zuerst fest, dass die Mitwirkung der Marktgegenseite an der Entwicklung eines geschützten Werkes und die Umstellungskosten der Marktgegenseite vom Landgericht bei der Beantwortung der Frage zu berücksichtigen sind, ob die Verwendung eines geschützten Werkes unerlässlich ist für den Zugang eines Unternehmens zu dem Markt, auf dem der Inhaber des geschützten Werkes eine beherrschende Stel128 EG-Kommission, Entscheidung 2003 / 741 / EC vom 13. August 2003 in der Sache COMP D3 / 38.044 – NDC Health / IMS Health: Interim measures, ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 69–72. 129 IMS Health . /. NDC Health, Tz. 17. 130 IMS Health . /. NDC Health, Tz. 17. 131 IMS Health . /. NDC Health, Tz. 38.
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lung innehat.132 Denn die Einbeziehung der Marktgegenseite in die Entwicklung eines geschützten Werkes kann eine Abhängigkeit der Nutzer von dem Werk schaffen. Aufgrund dieser Abhängigkeit kann es für diese mit enormem technischen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden sein, sich auf ein anderes Produkt umzustellen. Die von einem potentiellen Konkurrenzunternehmen des Marktbeherrschers für den Umstellungsaufwand anzubietende Kompensation der Marktgegenseite kann dessen Tätigkeit unrentabel machen.133 Hinsichtlich der ersten Bedingung (der Verhinderung des Auftretens eines neuen Erzeugnisses) stellte der EuGH klar, dass das Unternehmen, welchem eine Lizenz verweigert wurde, sich nicht darauf beschränken darf, das Angebot des Inhabers des geistigen Eigentumsrechts auf dem abgeleiten Markt zu duplizieren. Das Unternehmen muss vielmehr beabsichtigen, neue Erzeugnisse oder Dienstleistungen anzubieten, die der Inhaber nicht anbietet und für die eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht.134 Denn die Abwägung zwischen den Interessen des Inhabers des Rechts des geistigen Eigentums am Schutz diese Rechts und seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit auf der einen und dem Interesse am Schutz des freien Wettbewerbs auf der anderen Seite spricht nur dann für das Interesse des freien Wettbewerbs, wenn die Lizenzverweigerung die Entwicklung des Marktes zum Nachteil der Verbraucher verhindert.135 Bezüglich der zweiten Bedingung (die fehlende sachliche Rechtfertigung) verwies der EuGH nur darauf, dass das vorlegenden Gericht zu prüfen hat, ob die Lizenzverweigerung durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.136 Die dritte Bedingung (die Geeignetheit, jeglichen Wettbewerb auf einem abgeleiteten Markt auszuschließen) kann nach Auffassung des EuGH zwar nur dann erfüllt sein kann, wenn ein vorgelagerter Markt für die jeweiligen Erzeugnisse oder Dienstleistungen von einem Markt unterscheidbar ist, auf dem diese Erzeugnisse oder Dienstleistungen für die Herstellung eines anderen Erzeugnisses bzw. die Erbringung einer anderen Dienstleistung verwendet werden.137 Aus Bronner ergebe sich aber, dass der vorgelagerte Markt auch ein potenzieller oder hypothetischer Markt sein kann. Dies ist aber schon der Fall, wenn die Erzeugnisse oder Dienstleistungen für eine bestimmte Tätigkeit unerlässlich sind und nach ihnen eine tatsächliche Nachfrage seitens der Unternehmen besteht, für deren Tätigkeit sie unerlässlich sind.138 Es genügt daher, wenn zwei verschiedene Produktionsstufen vorliegen, die dadurch miteinander verbunden 132 133 134 135 136 137 138
IMS IMS IMS IMS IMS IMS IMS
Health Health Health Health Health Health Health
. /. . /. . /. . /. . /. . /. . /.
NDC NDC NDC NDC NDC NDC NDC
Health, Health, Health, Health, Health, Health, Health,
Tz. Tz. Tz. Tz. Tz. Tz. Tz.
30. 29. 49. 48. 51. 42. 44.
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sind, dass das vorgelagerte Produkt ein für die Lieferung des nachgelagerten Produktes unerlässliches Element ist.139 3. Schlussanträge des Generalanwalts Die Entscheidung des EuGH orientierte sich im Wesentlichen an den Schlussanträgen des Generalanwalts Tizzano. So hatte schon Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen darauf hingewiesen, dass die bisher vom EuGH in den Fällen Commercial Solvents, Telemarketing, GBInno-BM, Volvo . /. Veng, Magill und Bronner untersuchten Liefer- bzw. Lizenzverweigerungen ausschließlich vertikal integrierte Unternehmen betrafen, die durch diese Weigerungen ihre beherrschende Stellung auf einem vorgelagerten Markt missbrauchten, um den Wettbewerb auf einem nachgelagerten Markt zu beschränken oder auszuschalten.140 Der Generalanwalt betonte auch, dass es der EuGH weder in Magill noch in Bronner für erforderlich gehalten habe, dass das marktbeherrschende Unternehmen die Erzeugnisse oder Dienstleistungen des vorgelagerten Marktes gesondert vermarktet.141 Aus Magill ergebe sich schließlich, dass die Weigerung, einem anderen Unternehmen Zugang zu einem durch ein Recht des geistigen Eigentums geschützten Erzeugnis zu gewähren, obwohl dieses Erzeugnis für die Tätigkeit auf einem abgeleiteten Markt unerlässlich ist, nur dann missbräuchlich ist, wenn das andere Unternehmen zudem „[. . .] beabsichtigt, Waren oder Dienstleistungen mit anderen Merkmalen herzustellen bzw. zu erbringen, die – auch wenn sie mit denen des Inhabers des Rechts konkurrieren – besondere Bedürfnisse der Verbraucher erfüllen, die von den existierenden Waren oder Dienstleistungen nicht befriedigt werden.“142
Unter Umständen könne dies auch aus der Entscheidung im Fall Volvo . /. Veng entnommen werden, in welcher eine Lizenzverweigerung nicht als missbräuchlich angesehen wurde, da die Lizenz gegenüber einem Unternehmen verweigert wurde, welches nur die Erzeugnisse des Inhabers des geistigen Eigentumsrechts nachahmen wollte.143
139
IMS Health . /. NDC Health, Tz. 45. Generalanwalt Tizzano, Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom 2. Oktober 2003 in der Rs. C-418 / 01, IMS Health GmbH & Co. OHG . /. NDC Health GmbH & Co. KG, Slg. 2004 I-5039 (im Folgenden: Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. IMS Health . /. NDC Health), Tz. 55. 141 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. IMS Health . /. NDC Health, Tz. 56. 142 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. IMS Health . /. NDC Health, Tz. 62. 143 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rs. IMS Health . /. NDC Health, Tz. 65. 140
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Die Ausführungen des Generalanwalts unterscheiden sich in zwei Gesichtspunkten von denen des EuGH. Zum einen griff der EuGH nicht das vom Generalanwalt vorgeschlagene Prüfungskriterium der Ware oder Dienstleistung mit anderen Merkmalen zur Qualifizierung der in Magill aufgestellten Bedingung der Verhinderung eines Angebots eines neuen Produkts auf.144 Zum anderen ordnete der EuGH seine Ausführungen zur Notwendigkeit und Bestimmung eines vorgelagerten Marktes und den Anforderungen an das Angebot eines neuen Erzeugnisses genau den in Magill aufgestellten Bedingungen (Geeignetheit, jeglichen Wettbewerb auf einem abgeleiteten Markt auszuschließen einerseits und Verhinderung des Auftretens eines neuen Erzeugnisses andererseits) zu und präzisierte damit im Ergebnis nur diese Bedingungen. Der Generalanwalt nahm dagegen die gesamte Rechtsprechung des EuGH zu Lizenz- und Lieferverweigerungen als Anknüpfungspunkt für die Notwendigkeit und Bestimmung eines vorgelagerten Marktes und entnahm aus Magill, dass für die Missbräuchlichkeit einer Lizenzverweigerung an geistigen Eigentumsrechten noch die Verhinderung des Angebots eines neuen Erzeugnisses hinzukommen muss. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass der Generalanwalt einen Missbrauch durch die Lizenzverweigerung an geistigen Eigentumsrechten nur bei der Verhinderung des Angebots eines neuen Erzeugnisse annehmen will. Währenddessen könnte argumentiert werden, dass der EuGH nur die Kriterien aus Magill konkretisieren wollte, aber offen gelassen hat, ob ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch eine Lizenzverweigerung auch bei Bestehen anderer außergewöhnlicher Umstände gegeben sein könnte. Dies könnte auch darin Bestätigung finden, dass der EuGH davon spricht, dass ein Missbrauch bereits bei Erfüllung der von ihm genannten Bedingungen, und nicht nur bei ihrer Erfüllung gegeben sei. 4. Bedeutung der Entscheidung Diese Entscheidung des EuGH erlangt ihre Hauptbedeutung durch ihre Klarstellung der Ausführungen des EuGH in Magill. Entscheidend dabei ist auch, dass der EuGH die in Magill aufgestellten Kriterien nunmehr ausdrücklich als kumulativ bezeichnet hat. Weder Magill noch IMS Health . /. NDC Health betrafen eigentlich die Verweigerung einer Leistung, die noch keinem anderen Unternehmen bisher gewährt worden war. Denn in beiden Fällen war die verweigerte Leistung, wenn auch unentgeltlich, anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt worden.145 144 Ingo Brinker, Essential Facility Doctrine and Intellectual Property Law: Where Does Europe Stand in the Aftermath of the IMS Health Case? 2004 Fordham Corp. L. Inst. 137, 148 (Barry E. Hawk ed. 2005). 145 In der Literatur wird jedoch darauf hingewiesen, dass wegen der Unentgeltlichkeit kein Handel für die jeweiligen Erzeugnisse durch die dominanten Unternehmen
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
Dennoch hat der EuGH auch diese Fallkonstellation in seiner Entscheidung unter Berufung auf Magill behandelt. Der EuGH führte aus, dass für die Anwendung der in Magill aufgestellten Kriterien ausreichend ist, wenn ein potentieller Markt für die von dem anderen Unternehmen unerlässliche Leistung besteht. 5. Kritik in der Literatur a) Potentieller vorgelagerter Markt für Lizenzen ausreichend Die Entscheidung des EuGH, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen durch eine Lizenzverweigerung gegen Art. 82 EG verstoßen kann, obwohl es zu keinem Zeitpunkt (entgeltliche) Lizenzen für das betreffende Erzeugnis (insbesondere für ein Immaterialgüterrecht) gewährt hatte, wurde in der Literatur teilweise begrüßt.146 Denn durch die Verweigerung einer Lizenz für ein Erzeugnis, welches für ein Tätigwerden auf einem nachgelagerten Markt unerlässlich ist, könne jeglicher Wettbewerb auf diesem nachgelagerten Markt ausgeschaltet werden, unabhängig davon, ob bereits eine Lizenz in der Vergangenheit erteilt wurde. Anderenfalls könnte ein marktbeherrschendes Unternehmen durch seinen Entschluss zu keinem Zeitpunkt eine Lizenz für ein derartiges Erzeugnis zu erteilen über die Anwendbarkeit des Art. 82 EG entscheiden.147 Der Verzicht auf die gesonderte Vermarktung des vorgelagerten Erzeugnisses wird nach einer Ansicht in der Literatur aber durch das Erfordernis der Angebotsverbesserung auf dem nachgelagerten Markt eingeschränkt.148 Über die Bedeutung des Kriteriums der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses besteht jedoch Uneinigkeit.149
eröffnet worden war, vgl.: Fine, Frank, NDC / IMS: A Logical Application of Essential Facilities Doctrine, [2002] E.C.L.R. 457, 459. Trotzdem unterscheidet sich diese Fallgestaltung von der Konstellation, dass das dominante Unternehmen die Leistung noch nie anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt hat und diese u. U. nun erst mit gewissem Aufwand bereitstellen müsste, wie z. B. in: Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 410. 146 Drexl, Josef, Intellectual Property and Antitrust Law – IMS Health and Trinko – Antitrust Placebo for Consumers Instead of Sound Economics in Refusal-to-Deal Cases, IIC 2004, 788, 798. 147 Conde Gallego, Beatriz / Riziotis, Dimitrios, Comment, IIC 2004, 571, 572 f.; Drexl, Josef, IIC 2004, 788, 799. 148 Jung, Peter, Die Zwangslizenz als Instrument der Wettbewerbspolitik, ZWeR 2004, 379, 404. 149 Für eine geringe Bedeutung bzw. Einschränkung der Bedeutung des Kriteriums eintretend: Leistner, Matthias, Intellectual Property and Competition Law: The European Development from Magill to IMS Health compared to recenct German and US Case Law, ZWeR 2005, 138, 152.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
261
b) Verhinderung eines neuen Produkts als notwendige Bedingung für einen Missbrauch In der Literatur wurde hervorgehoben, dass sowohl der EuGH als auch der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen anerkannt hätten, dass die Verweigerung der Lizenzierung eines Immaterialgüterrechtes nur dann gegen Art. 82 EG verstoßen kann, wenn die in Magill genannten Bedingungen kumulativ erfüllt sind.150 Die Verhinderung des Angebots eines neuen Produkts wäre damit eine notwendige Bedingung für einen Missbrauch. Dieses Ergebnis und die Begründung des EuGH, dass nur bei der Verhinderung eines neuen Produkts und damit der Entwicklung eines abgeleiteten Marktes aufgrund einer Abwägung zwischen dem Interesse am Schutz des Rechts des geistigen Eigentums und der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit seines Inhabers auf der einen und dem Interesse am Schutz des freien Wettbewerbs auf der anderen Seite ein Missbrauch angenommen werden kann, wurden in der Literatur kritisiert. Denn der freie Wettbewerb (bzw. das Interesse der Verbraucher) könne auch dann beschränkt sein, wenn der Inhaber eines Immaterialgüterrechtes nur die Duplizierung seines Angebots auf dem abgeleiten Marktes verhindert.151 So sei es z. B. den Verbrauchern (bzw. den Abnehmern) in IMS Health . /. NDC Health anders als in Magill gerade nicht am Angebot eines neuen oder besseren Produkts gelegen gewesen, sondern an einem Konkurrenzangebot zu dem bestehenden Angebot des Monopolisten.152 Andererseits wurde argumentiert, dass der Verbraucher bei einer reinen Duplizierung eines Erzeugnisses durch ein Konkurrenzunternehmen nicht unbedingt Vorteile erhalten würde, da das Erzeugnis keine anderen oder besseren Produkteigenschaften habe und aufgrund der Notwendigkeit der Zahlung der Lizenzgebühr an das dominierende Unternehmen auch nicht notwendigerweise günstiger sein müsse. Das Vervielfältigungsrecht sei gerade auch das Vorrecht des Inhabers des Immaterialgüterrechtes.153 Die Ausschließlichkeit eines Immaterialgüterrechtes werde eingeschränkt, wenn zu Lasten ihres Inhabers auf Umstände abgestellt wird, die eine Folge dieser Ausschließlichkeit sind, wie z. B. die Verhinderung der Duplizierung des von dem dominanten Unternehmen bereits angebotenen Erzeugnisses.154 Der Einsatz der Ausschließlichkeit zur Behinderung ohne eigene Tätigkeitsabsicht soll dagegen nicht privilegiert sein, weil dabei diese nicht funk150
Drexl, Josef, IIC 2004, 788, 789 f., 799 f. Conde Gallego, Beatriz / Riziotis, Dimitrios, IIC 2004, 571, 572; Drexl, Josef, IIC 2004, 788, 802; Heinemann, Andreas, Compulsory Licences and Product Integration in European Competition Law – Assessment of the European Commission’s Microsoft Decision, IIC 2005, 63, 71. Ähnlich auch: Leistner, Matthias, ZWeR 2005, 138, 150. 152 Drexl, Josef, IIC 2004, 788, 802 f. 153 Derclaye, Estelle, The IMS Health Decision: A Triple Victory, [2004] 27 World Competition 397, 403. 151
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
tionsgerecht ausgeübt werde.155 Die Einschränkung der Innovationsanreize könnte dann durch den Zusatznutzen für die Verbraucher und die Ermöglichung weiterer Weiterentwicklungen ausgeglichen werden.156 Ebenso könnte es vertretbar sein, die Ausschließlichkeit eines Immaterialgüterrechtes einzuschränken, wenn die Stellung des Inhabers des Immaterialgüterrechtes ohne dessen Zutun entstanden ist, z. B. weil andere Marktteilnehmer diese zu einem Standard bestimmen. Bei Geschäftsgeheimnissen ist ein derartiger Vorgang dagegen schwer vorstellbar, da Dritte bei Unkenntnis einer Innovation diese schwerlicher in ihre Erzeugnisse oder Tätigkeiten einbeziehen bzw. sich auf diese einstellen können. Vielmehr wird bei diesen die Stellung des Inhabers des Geheimnisses auf dessen Anstrengungen beruhen.157 Bei den Befürwortern dieses Kriteriums herrscht dagegen eine gewisse Unklarheit über dessen Auslegung. Einerseits wird beispielsweise ein Zusatznutzen für die Abnehmer in Gestalt eines innovativen weiterentwickelten Produkts gefordert.158 Andere fordern eine Angebotsverbesserung auf dem nachgelagerten Markt.159 Teilweise wurde auch gefordert, dass das Erzeugnis grundsätzliche Eigenschaften aufweist, die das Erzeugnis des Marktbeherrschers nicht hat.160 Die Kritiker versuchen dagegen über eine möglichst weite Auslegung dieses Kriteriums es weitestgehendest in seiner Bedeutung einzuschränken, indem sie beispielsweise nur fordern, dass das Erzeugnis zusätzliche Merkmale enthalten müsse, nach denen eine Verbrauchernachfrage besteht.161 c) Relevanz der Einbeziehung der Nutzer in die Entwicklung des geschützten Werkes In der Literatur wurde ausgeführt, dass die Umstellungskosten der Verbraucher ein Kriterium bei der Feststellung der Unerlässlichkeit sein könnten. Voraussetzung sei aber, dass das nun dominante Unternehmen bei seinem Markteintritt nicht gleich hohe Umstellungskosten zu tragen gehabt hätte.162 Die Ein154 Buhrow, Astrid / Nordemann, Jan Bernd, Grenzen ausschließlicher Rechte geistigen Eigentums durch Kartellrecht (Q 187), GRUR Int. 2005, 407, 417. Siehe auch schon die Stellungnahme vor der Entscheidung des EuGH von: Mestmäcker, ErnstJoachim / Schweitzer, Heike, Europäisches Wettbewerbsrecht, § 28 Rdnr. 131. 155 Buhrow, Astrid / Nordemann, Jan Bernd, GRUR Int. 2005, 407, 417. 156 Spindler, Gerald / Apel, Katharina, Urheber- versus Kartellrecht – Auf dem Weg zur Zwangslizenz? JZ 2005, 133, 138. 157 Siehe auch: Buhrow, Astrid / Nordemann, Jan Bernd, GRUR Int. 2005, 407, 417. 158 Spindler, Gerald / Apel, Katharina, JZ 2005, 133, 137; Wirtz, Markus M. / Holzhäuser, Michael, Die kartellrechtliche Zwangslizenz, WRP 2004, 683, 690. 159 Jung, Peter, ZWeR 2004, 379, 404. 160 Kaestner, Jan, Missbrauch von Immaterialgüterrechten: Europäische Rechtsprechung von Magill bis IMS Health, München, 2005, S. 231. 161 Vgl. m. w. N.: Leistner, Matthias, ZWeR 2005, 138, 152.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
263
beziehung der Nutzer in die Entwicklung sei dabei aber nur ein nicht über zu bewertendes Kriterium bei der Feststellung der Umstellungskosten.163 Schon vor der Entscheidung des EuGH wurde in der Literatur angemerkt, dass die Pharmaindustrie sich bereits vor Mitarbeit an der Erstellung der Bausteinstruktur mit IMS Health vereinbaren hätten können, dass IMS Health die zu entwickelnde Bausteinstruktur nach deren Entwicklung an potentielle Konkurrenten lizenzieren muss.164 Die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung hätte damit von der Pharmaindustrie selbst verhindert bzw. zumindest eingeschränkt werden können. Anderes könnte zwar dann gelten, wenn die Schutzfähigkeit der Bausteinstruktur sich erst später aufgrund der Änderung gesetzlicher Regelungen ergeben hat. Dass derartige Verträge zwischen der Pharmaindustrie und IMS Health nicht bestehen, könnte damit dafür sprechen, dass IMS Health die Bausteinstruktur nicht ohne die Aussicht auf ihre spätere ausschließliche Verwertung erstellt hätte.165 6. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen a) Privilegierung auch für geheime Innovationen Bei geheimen Innovationen wird regelmäßig die Konstellation vorherrschen, dass diese noch keinem anderen Unternehmen gegenüber offengelegt wurden. Die Entscheidung des EuGH in IMS Health . /. NDC Health hat daher auch für die Behandlung von Offenlegungsverweigerungen erheblich Bedeutung. In der Literatur wurde geltend gemacht, dass der EuGH in seiner Entscheidung nur auf Lizenzverweigerungen an Urheberrechten eingehen wollte. Die Behandlung von Lizenzverweigerungen an Patenten und Geschäftsgeheimnissen sei nach dieser Entscheidung weiter offen.166 Der EuGH hat in seiner Entscheidung – bei aller Kritik in der Literatur über deren Angemessenheit – eine Privilegierung von Immaterialgüterrechten angenommen. Unklar bleibt, ob diese Privilegierung auch für Geschäftsgeheimnisse oder zumindest geheime Innovationen gilt bzw. gelten sollte. Entscheidendes Kriterium für die Privilegierung war dabei eine Abwägung zwischen dem Interesse am Schutz des Rechts des geistigen Eigentums und der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit seines Inhabers auf der einen und dem Interesse am Schutz des freien Wettbewerbs auf der anderen Seite. Da der EuGH ausdrücklich den Begriff des Rechts des geistigen Eigen162 Hull, David W., Compulsory licensing of IP rights: The ECJ’s judgment in the IMS case, Competition Law Insight (June) 2004, 10, 11. 163 Hull, David W., Competition Law Insight (June) 2004, 10, 11. 164 Valentine Korah, 69 Antitrust L.J. at 828. 165 Valentine Korah, 69 Antitrust L.J. at 828. 166 Derclaye, Estelle, [2004] 27 World Competition 397, 402, 405.
264
5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
tums verwendet, muss wohl davon ausgegangen werden, dass er nicht nur urheberrechtlich geschützte Leistungen privilegieren wollte. Der EuGH stellt aber weniger auf die mögliche Einschränkung von Innovationsanreizen als auf das Interesse am rechtlichen Schutz des Immaterialgüterrechtes ab. Dies könnte darauf hindeuten, dass nur solche Informationen privilegiert sind, die rechtlichen Schutz genießen. Auch in den anderen Entscheidungen des EuGH finden sich wenige Hinweise auf den Schutz von Innovationsanstrengungen, sondern eher Hinweise auf die Bedeutung des mitgliedstaatlichen Schutzes dieser Rechte. Andererseits bestehen auch mitgliedstaatliche Vorschriften zum Schutz von körperlichen Gegenständen, denen der EuGH offensichtlich keine gleichwertige Privilegierung zukommen lassen will. Dies könnte dafür sprechen, dass der EuGH hauptsächlich einen Entzug des Vervielfältigungsrechts verhindern wollte. Obwohl bei geheimen Innovationen kein rechtliches Vervielfältigungsrecht besteht, folgt deren Wert aber auch aus der tatsächlichen Möglichkeit der alleinigen Verwendung bzw. Vervielfältigung. Die besondere Schutzbedürftigkeit geistigen Eigentums ergibt sich auch nicht aus dem Vorliegen rechtlichen Schutzes, sondern daraus dass dieser dem Innovations- und Risikoschutz dient.167 Dies spricht dafür, dass auch geheime Innovationen von der Privilegierung erfasst wären. b) Mangelnde Befriedigung der Verbrauchernachfrage als mitentscheidendes Kriterium In der Literatur wird vorgeschlagen, dass sich aus der Entscheidungspraxis des EuGH ergeben könnte, dass ein Missbrauch daher insbesondere bei Verweigerung einer für eine Tätigkeit auf einem Markt unerlässlichen Lizenz in Betracht kommt, auf dem das dominante Unternehmen sein Immaterialgüterrecht bisher nicht eingesetzt sei hat, d.h. bei mangelnder Befriedigung der Verbrauchernachfrage.168 Dieses Annahme darf aber auch nicht soweit interpretiert werden, dass das dominante Unternehmen auf dem betreffenden Markt überhaupt nicht tätig geworden ist. Denn das EuG hat in Tiercé Ladbroke eine Lizenzverweigerung an immaterialgüterrechtlich geschützten Leistungen in Bezug auf einen Markt als wenig problematisch angesehen, wenn: „[. . .] die Inhaber der Rechte am geistigen Eigentum, nicht auf diesem Markt präsent sind. Somit hat, da die [Inhaber] ihre Rechte am geistigen Eigentum auf dem belgischen Markt weder direkt noch indirekt ausgeübt haben, die streitige Weige167 Thyri, Peter, Immaterialgüterrechte und Zugang zur wesentlichen Einrichtung – Der Fall Microsoft im Licht von IMS-Health, WuW 2005, 388, 395. 168 Ähnlich auch: Lober, Andreas, Die IMS-Health-Entscheidung der Europäischen Kommission: Copyright K.O.? GRUR Int. 2002, 7, 16; Hull, David W., Competition Law Insight (June) 2004, 10, 12; Derclaye, Estelle, [2004] 27 World Competition 397, 403.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
265
rung nicht zu einer wie auch immer gearteten Einschränkung des Wettbewerbs auf dem belgischen Markt geführt.“169
Immaterialgüterrechte geben ihrem Inhaber auch das Recht, Fortentwicklungen bzw. Verbesserungen seines Erzeugnisses vorzunehmen. Bei geheimen Innovationen besteht die tatsächliche Möglichkeit zur (alleinigen) Fortentwicklung, da nur ihr Inhaber aufgrund der Kenntnis des Inhalts der Innovation diese fortentwickeln kann, solange andere Unternehmen die geheime Innovation noch nicht nachvollzogen haben. Falls der Marktbeherrscher das neue Erzeugnis, welches von Konkurrenzunternehmen bei einer Lizenzierung angeboten werden kann, jedoch selbst anbietet oder in Zukunft anbieten will, entsteht die Problematik, dass dieses Recht oder die tatsächliche Möglichkeit der Fortentwicklung eingeschränkt würde. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass bei einer (in Aussicht stehenden) Befriedigung der Bedürfnisse der Verbraucher durch den Marktbeherrscher ein Missbrauch ausscheiden muss.170 Darüber hinaus wurde angemerkt, dass das Erfordernis einer Produktinnovation keine praktikable Lösung für die Fälle bietet, in denen die Nutzung von Immaterialgüterrechten zum Zwecke der Herstellung von Interoperabilität begehrt wird.171 Dagegen spricht jedoch, dass bei dieser Konstellation regelmäßig nicht das Erzeugnis des Marktbeherrschers dupliziert werden soll, sondern die Verbindung mit einem kompatiblen Erzeugnis ermöglicht werden soll. Dieses wird aber häufig zumindest neue Eigenschaften haben. Nur bei einer sehr engen Bestimmung des Begriffs des neuen Erzeugnisses wäre dieses Kriterium u. U. zu einschränkend. Auch kann es wohl nicht genügen, wenn sich der Marktbeherrscher in einem Kartellverfahren unsubstantiiert darauf beruft, in Kürze ähnliche Erzeugnisse wie die von den Konkurrenzunternehmen geplanten Erzeugnisse anzubieten. Verbunden damit ist die Frage, ob der EuGH nur klarstellen wollte, dass im Falle des Vorbehaltens eines abgeleiteten Marktes durch die Verweigerung der Lizenzierung zu einem für das Tätigwerden auf dem abgeleiteten Marktes unerlässlichen geistigen Eigentumsrechts auch notwendigerweise die Verhinderung eines neuen Produkts treten muss. Falls der EuGH in dieser Richtung zu verstehen wäre, dann kämen noch andere Konstellationen des Missbrauchs durch Lizenzverweigerungen an geistigen Eigentumsrechten in Betracht, die nicht das Erfordernis der Verhinderung eines neuen Erzeugnisse bedingen.172 Im Ergebnis 169
Tiercé Ladbroke, Tz. 130. Bartmann, Jeannine, Grenzen der Monopolisierung durch Urheberrechte am Beispiel von Datenbanken und Computerprogrammen, Köln, Berlin, München, 2005, zugleich Diss. Universität Jena, S. 379. 171 Bartmann, Jeannine, Grenzen der Monopolisierung durch Urheberrechte am Beispiel von Datenbanken und Computerprogrammen, S. 379. 172 Bartmann, Jeannine, Grenzen der Monopolisierung durch Urheberrechte am Beispiel von Datenbanken und Computerprogrammen, S. 378. Eine ähnliche Annahme wurde schon vor der Entscheidung des EuGH in England durch den Court of Appeal 170
266
5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
wird mit dieser Argumentation aber wiederum auch nur versucht, das Kriterium der Verhinderung eines neuen Erzeugnisse zu beseitigen. c) Alternativer Erklärungsansatz Ein Erklärungsansatz für die Entscheidung des EuGH könnte auch sein, dass IMS Health mittels der Lizenzverweigerung erreichen wollte, dass NDC Health nicht die für eine kostendeckende Tätigkeit notwendigen Absätze seiner selbst entwickelten Strukturen tätigen kann (eine Form des defensive leveraging).173 Denn ein Konkurrenzunternehmen könnte u. U. nur dann Erfolg haben, wenn es neben seiner eigenen (derzeit für die Pharmaindustrie minderwertigen Struktur) auch die Struktur von IMS Health zur Herstellung von Marktberichten verwenden kann. Würde IMS Health die Bausteinstruktur aber an dritte Unternehmen lizenzieren, so bestünde die Gefahr, dass sich die Marktgegenseite in der Zukunft auch mit diesem Unternehmen über Veränderungen an der Bausteinstruktur verständigen, teilweise deren Strukturen übernehmen würden und die derzeitige Bausteinstruktur, wenn nicht sofort, dann doch nach einigen Jahren abgelöst würde. Solange aber nur IMS Health für die Pharmaindustrie akzeptable Marktberichte anbieten kann, würden die Veränderungen auch nur mit IMS Health abgesprochen werden. Eine derartige zeitliche Ausdehnung des Immaterialgüterrechtes ist aber nur schwerlich rechtfertigbar. Für geheime Innovationen ist eine ähnliche Vorgehensweise denkbar. Falls Kompatibilität zu Erzeugnissen verhindert wird, die ein Potential haben, das Erzeugnis des Marktbeherrschers in der Zukunft zu verdrängen, kommt ebenfalls der Gesichtspunkt des defensive leveraging in Betracht. Voraussetzung dabei ist aber stets, dass das Erzeugnis des Konkurrenten nicht auch ohne die Kompatibilität erfolgreich vermarktet werden könnte. Die vom EuGH aufgestellten Kriterien des Vorbehaltens eines abgeleiteten Marktes und Verhinderung eines neuen Erzeugnisses könnten diese Konstellation des defensive leveraging umschreiben. Das Kriterium der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses müsste bei einem derartigen Verständnis aber die längerfristige Verhinderung eines das Erzeugnis des Marktbeherrschers ersetzenden Erzeugnisses voraussetzen. Die Verhinderung der Entstehung von neuen, zum Erzeugnis des Marktbeherrschers nur komplementären oder kompatiblen, aber nicht in Konkurrenz stehenden, Produkten wäre dann dadurch kaum zu erfassen. Streng genommen betrafen die Fälle Magill und IMS Health . /. NDC Health auch nicht der Verhinderung derartiger Produkte, sondern nur von Erzeugnissen, die mit dem Erzeugnis des Marktbeherrschers in Konkurrenz standen.
(Civil Division) getroffen, vgl.: Intel Corporation v VIA Technologies Incorporated [2002] EWCA Civ 1905, para. 48, per Morritt V-C. 173 Siehe dazu 3. Kapitel: G.II.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
267
VI. Microsoft . /. EG-Kommission 1. Hintergrund Microsoft entwickelt und vermarktet bekannterweise Computersoftware, und zwar insbesondere Betriebssysteme für Personal Computer (PC) und Netzwerkserver.174 Betriebssysteme steuern die grundlegenden Funktionen eines Computers und ermöglichen es dem Benutzer, Anwendungen mittels des Computers zu starten und zu verwenden.175 Ein PC ist ein Computer mit einer Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, der dadurch gekennzeichnet ist, dass er jeweils nur von einer Person zur selben Zeit benutzt werden kann. Microsoft vertreibt Betriebssysteme für PCs unter der Marke Windows. Ein PC kann mittels eines Netzwerkservers auch mit einem Netzwerk verbunden sein.176 Ein derartiger Netzwerkserver bedarf ebenso eines Betriebssystems, welches die grundlegenden Funktionen für das Arbeiten in einem Netzwerk bereitstellt. Microsoft vertreibt Betriebssysteme insbesondere für solche Netzwerke, mittels denen eine relativ kleine Anzahl von Personen an mehreren PCs zusammenarbeiten kann (sog. Arbeitsgruppenserver). Diese Betriebssysteme erfüllen drei wesentliche Funktionen: sie ermöglichen (1) den Zugriff auf die auf dem Netzwerkserver gespeicherten Daten, (2) die Benutzung von Druckern durch mehrere Personen und (3) die Regelung der Zugriffs- und Benutzungsrechte auf die gespeicherten Daten und die Drucker.177 Das Unternehmens Sun Microsystems Inc. (Sun), welches u. a. auch Betriebssysteme für Netzwerkserver herstellt, beschwerte sich bei der EG-Kommission, dass Microsoft sich weigern würde, Sun die Technologie zu offenbaren, welche erforderlich war, um die Kommunikation zwischen den von Sun vertriebenen Betriebssystemen für Netzwerkserver und dem Windows-Betriebssystem zu ermöglichen (sog. Interoperabilität). Sun behauptete, dass die Offenlegung dieser Technologie erforderlich sei, um Sun zu ermöglichen, auf dem Markt der Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver zu konkurrieren.178 Nach der Übersendung von drei Mitteilungen von Beschwerdepunkten im August 2000179, August 2001180 und August 2003181 an Microsoft, erließ die 174 Der Sachverhalt dieses Rechtsstreits wird nur insoweit dargestellt, als er Bedeutung für die Untersuchung hat. Insbesondere werden nicht diejenigen Verhaltensweisen dargestellt, die Grundlage für nicht in dieser Untersuchung behandelte Missbrauchsvorwürfe sind. 175 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 9. 176 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 9. 177 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 10 f. 178 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 2. 179 EG-Kommission, Pressemitteilung vom 31. Juli 2000, Kommission eröffnet Verfahren gegen Microsoft wegen diskriminierender Lizenzvergabe und Verweigerung von Software-Informationen, IP / 00 / 906.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
Kommission am 24. März 2004 eine Entscheidung.182 In der Entscheidung kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass Microsoft neben der Verhaltensweise gekoppelter Verkäufe dadurch gegen Art. 82 EG verstoßen habe, dass es sich geweigert habe, Konkurrenten bestimmte Informationen zur Interoperabilität mit bestimmten Erzeugnissen Microsofts zur Verfügung zu stellen und deren Nutzung für die Entwicklung und den Vertrieb von Produkten zu gestatten, die mit Produkten von Microsoft auf dem Markt für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver konkurrierten.183 Microsoft erhob beim EuG Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der EG-Kommission und beantragte, die Durchführung der in der Entscheidung festgesetzten Abhilfemaßnahmen einstweilig auszusetzen. In dem Antrag auf einstweilige Anordnung bestritt Microsoft nicht seine beherrschende Stellung auf dem Markt für PC-Betriebssysteme, sondern beschränkte sich darauf, zu rügen, dass die fehlende Offenlegung der Informationen zur Interoperabilität und Zustimmung zur Verwendung dieser Informationen durch seine Konkurrenten ein missbräuchliches Verhalten darstelle.184 Im bisherigen Verlauf des Verfahrens und des Rechtsstreits war zwischen den Parteien insbesondere umstritten, inwieweit die Offenlegung der Informationen unverzichtbar für wirksamen Wettbewerb sein muss. Nach Auffassung Microsofts bestehen andere Möglichkeiten um Interoperabilität herstellen zu können. Es gäbe auch keine Beschwerden von Verbrauchern über den derzeitigen Stand der Interoperabilität. Zudem seien mehrere Konkurrenten auf dem relevanten Markt trotz fehlender Offenlegung der Informationen tätig. Die EG-Kommission war dagegen der Auffassung, dass eine Unerlässlichkeit der Information für den Wettbewerb auf dem relevanten Markt nicht notwendig sei. Denn es bestünden schon keine Urheberrechte, aufgrund derer Microsoft die Verwendung der offen zu legenden Informationen zur Herstellung von Interoperabilität verhindern könnte. Die Kriterien aus Magill bzw. IMS Health . /. NDC Health könnten damit auch keine Anwendung finden. Zudem seien die in IMS Health . /. NDC Health genannten Kriterien nicht abschließend.
180 EG-Kommission, Pressemitteilung vom 30. August 2001, Kommission eröffnet zusätzliches Verfahren gegen Microsoft, IP / 01 / 1232. 181 EG-Kommission, Pressemitteilung vom 6. August 2003, Kommission gibt Microsoft letzte Gelegenheit zur Stellungnahme vor Abschluss ihres Verfahrens, IP / 03 / 1150. 182 EG-Kommission, Entscheidung C(2004)900 final vom 24. März 2004 in der Sache COMP / C-3 / 37.792 – Microsoft (im Folgenden: EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft); EG-Kommission, Pressemitteilung vom 24. März 2004, Kommission schließt Untersuchung gegen Microsoft mit Abhilfemaßnahmen und Geldbuße ab, IP / 04 / 382. 183 EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Art. 2(a). 184 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 202.
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Nach Auffassung der EG-Kommission ist es auch ausreichend, dass eine Aufhebung des Wettbewerbs wahrscheinlich ist; die Aufhebung des Wettbewerbs muss noch nicht eingetreten sein. Zwischen den Parteien ist zudem umstritten, ob das vom EuGH in IMS Health . /. NDC Health genannte Kriterium der Verhinderung des Entstehens eines neuen Produktes, für das ein unbefriedigter Bedarf der Verbraucher besteht, erfüllt ist. Microsoft führte an, dass kein Beweis für die fehlende Zufriedenheit der Verbraucher erbracht worden sein. Ebenso sei nicht bewiesen worden, dass die Informationen benutzt werden würden, um neue Produkte zu entwickeln. Die EG-Kommission ist dagegen der Auffassung, dass es für das Kriterium des neuen Produktes ausreichend ist, dass das Produkt wesentliche Elemente enthält, die von dem Lizenznehmer beigesteuert wurden. Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass die Produkte des Inhabers des Urheberrechts und die zukünftigen Produkte des Lizenznehmers miteinander konkurrieren. Dies folge auch aus der wirtschaftlichen Überlegung, dass der Inhaber eines Urheberrechts ganz regelmäßig dieses an einen Dritten lizenzieren würde, falls dieser ein nicht konkurrierendes Produkt herstellen will. Die Rechtsprechung des EuGH wäre daher überflüssig, wenn sie nur den Fall der Verhinderung von nicht konkurrierenden Produkten erfassen würde. Später hat Microsoft noch eine weitere Nichtigkeitsklage gegen ein Schreiben der EG-Kommission erhoben. In dem Schreiben vom 1. Juni 2005 hatte die EGKommission Microsoft mitgeteilt, dass Microsoft ihrer Meinung nach verpflichtet sei, die Verteilung von Software, die von Wettbewerbern auf der Grundlage der offengelegten Spezifikationen entwickelt werde, an Dritte, die keine Lizenznehmer seien, in Quellcodeform zuzulassen, sofern die Software keine Erfindung von Microsoft enthalte, die die Kriterien der Neuheit und Erfindungshöhe erfülle.185 Der Präsident des EuG hat bisher nur über den Antrag auf einstweilige Anordnung entschieden. Nachfolgend werden die Entscheidung der EG-Kommission und dann der Beschluss des Präsidenten des EuG dargestellt. 2. Die Entscheidung der EG-Kommission Die Kommission stellte in ihrer Entscheidung fest, dass Microsoft eine beherrschende Stellung auf dem Markt für PC-Betriebssysteme inne habe, da Microsoft Marktanteile von über 90% besitze und erhebliche Marktzutrittsschranken aufgrund indirekter Netzwerkeffekte bestünden.186 Die indirekten Netz185 Vgl.: Klage, eingereicht am 10. August 2005 – Microsoft / Kommission, (Rechtssache T-313 / 05), ABl. C 257 vom 15.10.2005, S. 16–17. 186 EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Tz. 471, 430 ff., 448 ff. Zum Begriff des Netzwerkeffekts siehe auch 3. Kapitel: F.1.
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werkeffekte würden darauf beruhen, dass (1) Endverbraucher Betriebssysteme bevorzugen, auf denen sie eine Vielzahl von anderen Programmen verwenden können und dass (2) Softwareentwickler Programme für diejenigen PC-Betriebssysteme schreiben, die von den Verbrauchern bevorzugt würden.187 Auf dem Markt für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver habe Microsoft ebenso eine beherrschende Stellung, da Microsoft einen Marktanteil von zumindest 60% auf diesem Markt inne habe und mehrere Marktzutrittsschranken bestünden.188 Diese dominierende Stellung würde gerade auch durch Microsofts beherrschende Stellung auf dem Markt für PC-Betriebsysteme gestützt, da zwischen den beiden Märkten erhebliche Verknüpfungen bestünden.189 Die Kommission stellte weiter fest, dass Microsoft neben der Verhaltensweise gekoppelter Verkäufe dadurch gegen Art. 82 EG verstoßen habe, dass Microsoft sich geweigert habe, Konkurrenten bestimmte Informationen zur Verfügung zu stellen und deren Nutzung für die Entwicklung und den Vertrieb von Produkten zu gestatten, die mit Produkten von Microsoft auf dem Markt für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver konkurrieren.190 Zudem stellte die EG-Kommission fest, dass Microsofts Verhalten (1) Teil eines generellen Verhaltensmusters war191, (2) Beendigungen früherer Geschäftsbeziehungen beinhaltete192, (3) die Gefahr schuf, den Wettbewerb aufzuheben193 und (4) negative Auswirkungen auf die technische Entwicklung zum Nachteil der Verbraucher hatte194. Schließlich wies die EG-Kommission Microsofts Argument zurück, dass eine sachliche Rechtfertigung für die Verweigerung der Offenlegung der Informationen bestehe.195 Insbesondere gelangte die EG-Kommission bei der Prüfung, ob die Rechte des geistigen Eigentums, die Microsoft an Windows zustehen, eine sachliche Rechtfertigung bilden könnten, zu dem Ergebnis, „[. . .] dass bei genauer Betrachtung die negativen Wirkungen, die eine Verpflichtung zur Offenlegung der fraglichen Informationen möglicherweise auf die Innovationsanreize für Microsoft hätte, durch ihre positiven Wirkungen auf der Ebene von Innovationen im gesamten Wirtschaftszweig (einschließlich Microsoft) ausgeglichen werden.“196
187 188 189 190 191 192 193 194 195 196
EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission,
Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung Entscheidung
– – – – – – – – – –
Microsoft, Microsoft, Microsoft, Microsoft, Microsoft, Microsoft, Microsoft, Microsoft, Microsoft, Microsoft,
Tz. 449. Tz. 541, 499, 515 ff. Tz. 526 ff. Art. 2(a). Tz. 573 ff. Tz. 578 ff. Tz. 585 ff. Tz. 693 ff. Tz. 709 ff. Tz. 783.
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Die EG-Kommission verhängte in ihrer Entscheidung eine erhebliche Geldbuße.197 Zudem ordnete die EG-Kommission an, dass Microsoft allen Unternehmen, die ein Interesse daran haben, Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver zu entwickeln und zu vertreiben, die vollständigen und fehlerfreien Spezifikationen der in Microsoft-Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver implementierten Protokolle zur Verfügung zu stellen, mit denen Microsoft-Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver untereinander und mit Microsoft-Betriebssystemen für PCs zur Erzielung der Funktionen eines Arbeitsgruppennetzwerkes kommunizieren.198 Microsoft hat die Informationen zu aktualisieren, sobald es neue Versionen der jeweiligen Produkte auf den Markt bringt.199 Sollten die Informationen im EWR durch geistige Eigentumsrechte geschützt sein, soll Microsoft Anspruch auf eine angemessene Vergütung haben. Die EG-Kommission führte aber auch aus, dass die Anordnung nicht die jeweiligen Implementierungen der Spezifikationen betrifft.200 Diese Spezifikationen sind Beschreibungen der Aufgaben der jeweiligen Software, und gerade nicht die Software selbst.201 3. Der Beschluss des Präsidenten des EuG im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Der Präsident des EuG (Bo Vesterdorf) wies den Antrag von Microsoft auf einstweilige Anordnung zurück. Zusammenfassend kam der Präsident des EuG zu dem Ergebnis, dass Microsofts Argumente hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Entscheidung nicht als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen werden konnten.202 Es sei aber nicht die notwendige Dringlichkeit für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen gegeben. Microsoft habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Unternehmen Gefahr laufe, aufgrund der Durchführung der angefochtenen Entscheidung einen schweren und irreparablen Schaden zu erleiden. In Bezug auf die Weigerung, Informationen zur Interoperabilität zur Verfügung zu stellen, nahm der Präsident des EuG an, dass erst im Hauptsacheverfahren zu untersuchen sei, ob die verweigerte Preisgabe von Informationen einen gegen Artikel 82 EG verstoßenden Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt. Nach Ansicht des Präsidenten des EuG stellen sich in dem Rechtsstreit mehrere grundlegende Fragen.203 An erster Stelle sei fraglich, ob die vom EuGH in 197 198 199 200 201 202 203
EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Art. 3. EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Art. 5(a) der Entscheidung. EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Art. 5(b). EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Tz. 569. EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Tz. 24. Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 225. Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 205.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
seinem Urteil in der Rechtssache IMS Health . /. NDC Health aufgestellten Bedingungen für einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Falle der Nichtoffenlegung von Informationen notwendig oder nur ausreichend sind. Zwar konnte diese Fragestellung nach seiner Auffassung nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantwortet werden. Der Präsident des EuG verwies aber auf den relevanten Wortlaut der Entscheidung des EuGH in IMS Health . /. NDC Health.204 Die Entscheidung würde im Wesentlichen die vom EuGH bis dahin vertretene Auffassung über die Voraussetzungen zusammenfassen, unter denen die Weigerung, eine Lizenz für Rechte des geistigen Eigentums zu erteilen, einen Missbrauch darstellt.205 Zum anderen bestehe die grundlegende Frage, ob eine Weigerung, Informationen offen zu legen, ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, von Bedeutung ist, dass die in dem Recht verkörperten Technologien bisher geheim gehalten wurden und hochwertig sind.206 In seinem Beschluss stellte der Präsident des EuG zwar fest, dass die von Microsoft aufgrund der Entscheidung der EG-Kommission offenzulegenden Informationen offensichtlich grundverschiedenen von den Informationen in den Fällen Magill und IMS Health . /. NDC Health sind, welche in den jeweiligen Industriesektoren weit bekannt waren. Der Präsident des EuG kam aber zu dem Ergebnis, dass diese Frage nur im Hauptsacheverfahren beantwortet werden kann, da für die Entscheidung auch auf andere Parameter, wie den Wert der zugrundeliegenden Investitionen, den Wert der Informationen für das marktbeherrschende Unternehmen und den Wert, der im Falle einer Offenlegung an die Konkurrenten übertragen würde, eingegangen werden müsste.207 Die Frage, ob die von Microsoft offenzulegenden Informationen tatsächlich notwendig sind, um Interoperabilität zwischen den Microsoft-Betriebssystemen und den Betriebssystemen dritter Hersteller erzielen zu können, erfordert nach der Auffassung des Präsidenten eine umfassende Untersuchung der Fakten und des anwendbaren Rechts, die aber erst im Hauptsacheverfahren geschehen könne.208 Eine gewisse Bedeutung könnte dabei auch der sog. Computerrichtlinie zukommen, die in ihren Begründungserwägungen Interoperabilität als die Fähigkeit zum Austausch von Informationen und zur wechselseitigen Verwendung der ausgetauschten Informationen definiert und in einer Begründungserwägung feststellt, dass die Bestimmungen der Richtlinie die Anwendung der Wettbewerbsregeln nach Artikel 82 EG unberührt lassen, wenn ein marktbeherr-
204 205 206 207 208
Beschluss Beschluss Beschluss Beschluss Beschluss
Microsoft Microsoft Microsoft Microsoft Microsoft
. /. . /. . /. . /. . /.
EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission, EG-Kommission,
Tz. Tz. Tz. Tz. Tz.
206. 208. 207. 207. 213.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
273
schender Anbieter den Zugang zu Informationen verweigert, die für die in dieser Richtlinie definierte Interoperabilität notwendig sind.209 Der Präsident des EuG wies ebenso nicht Microsofts Vorbringen als offensichtlich unbegründet zurück, dass Microsoft selbst bei Vorliegen außergewöhnliche Umstände im Sinne der Rechtsprechung in den Fällen Magill und IMS Health . /. NDC Health nicht gegen Art. 82 EG verstoßen habe, da die Weigerung der Offenlegung der Informationen aufgrund des Wertes der durch die geistige Eigentumsrechte geschützten Information stets sachlich gerechtfertig sei.210 Der Präsident des EuG prüfte dagegen nicht Microsofts Argument, dass die Entscheidung der EG-Kommission nicht die Verpflichtungen aus dem TRIPS-Übereinkommen beachte, zu entscheiden, da Microsoft dieses Argument nicht so hinreichend vorgetragen hatte, dass eine sachgerechte Entscheidung erfolgen konnte.211 Im Rahmen seiner Prüfung, ob nach Offenlegung der Informationen über die Interoperabilität der Gebrauch dieser Informationen durch andere Unternehmen zu einem schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden führen könnte, stellte der Präsident des EuG fest, dass es eine unbestreitbare Tatsache sei, dass die Kenntnis über eine vorher geheim gehaltene Information anderen Unternehmen für immer erhalten bleibt, sobald sie diese Kenntnis einmal erworben haben.212 Der Präsident des EuG wies aber auch darauf hin, dass mittels von Vertraulichkeitsabsprachen, die auch durch Vertragsstrafeversprechen absicherbar sind, verhindert werden könne, dass die so erlangten Informationen nach Aufhebung der Entscheidung der EG-Kommission nicht weiter verwendet werden können.213 4. Bedeutung des Verfahrens Die Entscheidung der EG-Kommission und der Beschluss des Präsidenten des EuG erhalten ihre Bedeutung aus den genannten grundlegenden Fragen, die dieses Verfahren bzw. dieser Rechtsstreit aufwerfen. Von Bedeutung ist auch, ob die von der EG-Kommission verwendete Abwägung, dass eine Offenlegungsverweigerung nicht sachlich gerechtfertigt sei, wenn die positiven Auswirkungen auf die Innovationen im gesamten Wirtschaftssektor die Einschränkung der Innovationsanreize des betroffenen Unternehmens ausglichen, gerichtlicher
209 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 213. Vgl. auch den Wortlaut der Erwägungsgründe von: Rat der EG, Richtlinie 91 / 250 / EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen. 210 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 218–224. 211 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 201. 212 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 253. 213 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 268.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
Überprüfung standhält. Bedeutsam ist zudem, ob es ausreichend sein kann, dass die Offenlegung notwendig ist, um eine effektivere Leistung des Produkts eines anderen Unternehmens zu ermöglichen oder ob eine Unverzichtbarkeit für die wirtschaftliche Tätigkeit des anderen Unternehmens vorliegen muss. 5. Kritik in der Literatur Die Entscheidung der EG-Kommission wurde dahingehend kritisiert, dass keines der vom EuGH aufgestellten Kriterien erfüllt sei. Die nicht offengelegten Informationen seien nicht unerlässlich für die Tätigkeit anderer Unternehmen, was sich schon daran zeige, dass diese auf dem betreffenden Markt bereits tätig sind.214 Auch sei kein neues Erzeugnis verhindert worden, da die Konkurrenten kein derartiges Erzeugnis entwickelt oder angeboten haben.215 Ebenfalls sei es nicht zu einem Ausschluss des Wettbewerbs gekommen, da die anderen Unternehmen erfolgreich konkurrieren würden.216 Schließlich sei die Verweigerung auch sachlich gerechtfertigt, da auch ein Marktbeherrscher nicht verpflichtet sei, seinen Konkurrenten eine Information zur Verfügung zu stellen, die mit erheblichem Aufwand in Forschung und Entwicklung hervorgebracht worden ist.217 Im Ergebnis würde daher Microsoft durch die Entscheidung beeinträchtigt, aber auch der betreffende Industriesektor selbst könnte beeinträchtigt werden, wenn die Offenlegung zu einer weiteren Festlegung auf die Produkte Microsofts führt.218 Der größte Schwachpunkt der Entscheidung der EGKommission liege darin, dass sie keinen Nachweis darüber erbracht habe, dass nicht nur die Innovationsanstrengungen einzelner Konkurrenten möglicherweise eingeschränkt wurden, sondern der Fortschritt selbst eingeschränkt worden ist.219 In der Literatur wurde aber auch angeführt, dass auch ein sehr wertvolles Immaterialgüterrecht keine absolute Schranke gegen einen Missbrauchsvorwurf aufgrund einer Lizenzverweigerung begründen sollte. Aber auch der Ansatz der EG-Kommission, die Nachteile für die Innovationsanreize des marktbeherrschenden Rechtsinhabers gegen die Vorteile für das Innovationsstreben der ge214 Pardolesi, Roberto / Renda, Andrea, The European Commission’s Case Against Microsoft: Kill Bill? [2004] 27 World Competition 513, 549; Bartmann, Jeannine, Grenzen der Monopolisierung durch Urheberrechte am Beispiel von Datenbanken und Computerprogrammen, S. 301. 215 Pardolesi, Roberto / Renda, Andrea, [2004] 27 World Competition 513, 550. Diese Frage offenlassend: Bartmann, Jeannine, Grenzen der Monopolisierung durch Urheberrechte am Beispiel von Datenbanken und Computerprogrammen, S. 301. 216 Pardolesi, Roberto / Renda, Andrea, [2004] 27 World Competition 513, 550. 217 Pardolesi, Roberto / Renda, Andrea, [2004] 27 World Competition 513, 551. 218 Pardolesi, Roberto / Renda, Andrea, [2004] 27 World Competition 513, 564. 219 Le, Net, Microsoft Europe and Switching Costs, [2004] 27 World Competition 567, 570.
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
275
samten Branche abzuwägen, wurde als gefährliche bzw. wenig bestimmbare Vorgehensweise bezeichnet.220 Nach anderer Auffassung soll diese Vorgehensweise aus ökonomischer Sicht überzeugender als ein Abstellen auf die Verhinderung eines neues Produktes sein. Denn die Eröffnung von Innovationsanreizen sei ein geeigneteres Kriterium zur Bestimmung von Vorteilen für die Verbraucher als die Verhinderung eines Produktes, für das ein Bedarf der Verbraucher mangels Angebot auf dem Markt kaum nachprüfbar sei.221 In der Literatur wurde aber auch angeführt, dass es auf diese Frage nicht ankomme, wenn die vom EuGH aufgestellten Kriterien als nicht abschließend angesehen werden. Insbesondere eine Lizenzverweigerung als Folge des Abbruchs einer Geschäftsbeziehung, wie er auch im Falle Microsofts vorliegen könnte222, sei dann auch ohne die Verhinderung eines neuen Produktes sanktionierbar.223 Ein Abstellen auf die Umstellungskosten, die die Nutzer der von Microsoft hergestellten PC-Betriebssystemen bei einer Verwendung dieser mit nicht von Microsoft hergestellten Server-Betriebssystemen haben, könnte den Nachweis eines Nachteils für die Verbraucher bringen und damit den Schwachpunkt der Entscheidung der EG-Kommission beseitigen, keinen Nachweis für eine Einschränkung des technischen Fortschritts insgesamt geführt zu haben.224 In der Literatur wurde nach dem Beschluss des EuG ein neuer Test vorgeschlagen, um zu bestimmen, ob die Verweigerung des Zugangs zu einer wesentlichen Einrichtung missbräuchlich im Sinne des Art. 82 EG ist.225 Nach diesem 220 Ian S. Forrester, Article 82: Remedies in Search of Theories, 2004 Fordham Corp. L. Inst. 167, 193 (B. Hawk ed. 2005); Bartosch, Andreas, Der Zugang zu einer wesentlichen Einrichtung – eine Zwischenbilanz nach dem Beschluss des EuG-Präsidenten vom 22. 12. 2004 in der Rechtssache Microsoft, RIW 2005, 241, 247. 221 Lévêque, François, Innovation, Leveraging and Essential Facilities: Interoperability Licensing in the EU Microsoft Case, [2005] 28 World Competition 71, 76. 222 Keinen Abbruch von Geschäftsbeziehungen sieht dagegen, weil Microsoft nur neuere Informationen nicht zur Verfügung gestellt habe, die früheren aber immer noch erhältlich sind: Körber, Torsten, Geistiges Eigentum, essential facilities und „Innovationsmissbrauch“: Überlegungen zum Microsoft-Fall im Lichte der EuGH-Entscheidung IMS Health GmbH, RIW 2004, 881, 889. 223 Höppner, Thomas, Missbräuchliche Verhinderung „neuer“ Produkte durch Immaterialgüterrechte – Zur Anwendung von Art. 82 EG auf Lizenzverweigerungen, GRUR Int. 2005, 457, 460. 224 Le, Net, [2004] 27 World Competition 567, 584. Auf das Motiv der Veränderung der Marktstruktur zum Vorteil des Marktbeherrschers in dynamischen Märkten hinweisend: Zimmerlich, Antje, Der Fall Microsoft: Herausforderungen für das Wettbewerbsrecht durch die Internetökonomie, WRP 2004, 1260, 1266 f. Siehe auch: Stopper, Martin, Der Microsoft-Beschluss des EuG, ZWeR 2005, 87, 104 ff. 225 Thyri, Peter, WuW 2005, 388, 397 f.; ähnlich auch: Eilmansberger, Thomas, How to Distinguish Good from Bad Competition under Article 82 EC: In Search of Clearer and More Coherent Standards for Anti-competitive Abuses, [2005] 42 CML 129, 165.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
Test ist eine Zugangsverweigerung nicht missbräuchlich, sondern aufgrund des Leistungsschutzes sachlich gerechtfertigt, wenn die Inhaberschaft an der Einrichtung das Ergebnis einer zielgerichteten unternehmerischen Leistung ist.226 Dagegen kommt ein Missbrauch in Betracht, wenn die Inhaberschaft das Ergebnis einer allgemeinen Anstrengung im Wettbewerb ist oder gar nur erworben wurde, um Wettbewerber zu behindern.227 Informationen über Schnittstellen seien dabei typischerweise nur ein Nebenprodukt der Entwicklung und Erzeugung eines anderen Erzeugnisses. Selbst wenn ein gewisser Aufwand in deren Entwicklung investiert worden sei, stellten sie nur ein geringen Anteil des Know-hows dar, welches für die Entwicklung des u. U. blockierten Produkts eines anderen Unternehmens notwendig sei.228 In eine ähnliche Richtung geht auch die Argumentation eine Privilegierung von Kommunikationsprotokollen zu verneinen, wenn diese keinen schöpferischen Wert besitzen und eigentlich beliebig austauschbar wären.229 Ob dies im Falle der streitgegenständlichen Kommunikationsprotokolle völlig unzweifelhaft gegeben ist, erscheint fraglich.230 6. Eigene Beurteilung Es könnte argumentiert werden, dass die Anreize für Microsoft Betriebssysteme zu entwickeln, durch eine Offenbarung der Spezifikationen der Kommunikationsprotokolle an Dritte nicht geschmälert würden, denn Microsoft könnte aufgrund deren Geheimhaltung oder auch immaterialgüterrechtlichen Schutz nur die Herstellung von Interoperabilitität mit anderen Erzeugnissen verhindern, nicht aber die Erzeugung und Vertrieb der Produkte der anderen Unternehmen.231 Dies ist aber u. U. zu kurz gedacht, da die Anreize für Microsoft, zukünftige Kommunikationsprotokolle zu entwickeln, eingeschränkt sein könnten, da deren Verwendung durch andere Unternehmen aufgrund der Geheimhaltung nicht mehr verhindert werden könnte.232
226
Thyri, Peter, WuW 2005, 388, 398. Thyri, Peter, WuW 2005, 388, 398 f. 228 Eilmansberger, Thomas, [2005] 42 CML 129, 165. 229 Bartmann, Jeannine, Grenzen der Monopolisierung durch Urheberrechte am Beispiel von Datenbanken und Computerprogrammen, S. 302. Ähnliches hat auch die EG-Kommission vor dem EuG vorgetragen, vgl.: Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 184. 230 So machte auch Microsoft geltend, dass die geheim gehaltenen Informationen hochwertig sind, vgl. z. B.: Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 252. 231 In diese Richtung argumentiert: Houdijk, Joost, The IMS Health Ruling: Some Thoughts on its Significance for Legal Practice and its Consequences for Future Cases such as Mircrosoft, [2005] 6 EBOR 467, 494–495. 232 So auch Microsoft in seinen Ausführungen vor dem EuG, zusammenfassend wiedergeben in: Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 126. 227
D. Geschäfts- bzw. Lizenzverweigerungen bei Immaterialgüterrechten
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Die von der EG-Kommission festgestellten Umstände scheinen auch nur ausreichend zu sein, wenn die Rechtsprechung zumindest teilweise von den in Magill bzw. IMS Health . /. NDC Health aufgestellten Kriterien abrückt. Überzeugend erscheint zumindest bei den Ausführungen der EG-Kommission nicht ein erfolgreiches Vorbehalten eines abgeleiteten Marktes zu verlangen, sondern die drohende Ausschaltung des Wettbewerbs ausreichen zu lassen.233 Denn es kann kaum sinnvoll sein, die Kartellbehörden zum Abwarten zu zwingen, bis die Strategie des dominanten Unternehmens erfolgreich war. Dabei wird aber zu untersuchen bleiben, ob dieses Erfordernis im Falle des Vorgehens Microsofts tatsächlich erfüllt ist. 7. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen Dieses Missbrauchsverfahren und der daraus resultierende Rechtsstreit kann selbst als ein Fall des Verbergens geheimer Innovationen verstanden werden. Er hat daher besondere Bedeutung für diese Untersuchung. Eindeutige Rückschlüsse können aus der Entscheidung der EG-Kommission nicht gezogen werden, da diese gerade gerichtlicher Prüfung unterzogen wird. Auch der Beschluss des Präsidenten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wirft zwar die grundlegenden Fragen auf, gibt aber nur erste Einblicke in die möglichen Beurteilungsmaßstäbe. Nach der Entscheidung der EG-Kommission wurde in einem Leitfaden für die Praxis des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen festgestellt, dass der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz von Geheimnissen eines Unternehmens insbesondere im Hinblick auf einen funktionierenden Wettbewerb nicht ohne Grenzen gewährt wird.234 Die Entscheidung der EG-Kommission habe zur Folge, dass von Microsoft geheime technische Information offengelegt und Zwangslizenzen erteilt werden müssen, soweit diese Informationen immaterialgüterrechtlich geschützt sind.235 Hinsichtlich der Frage, ob die bisherige Geheimhaltung der offenzulegenden Information von Bedeutung ist, geht der Präsident von einer differenzierenden Betrachtung aus. Der Präsident des EuG will wohl nicht nur alleine darauf abstellen, dass die relevanten Informationen geheim sind. Vielmehr fordert er eine Berücksichtigung der Parameter wie den Wert der zugrunde liegenden Investition, der Wert der in Frage stehenden Information für die Organisation des beherrschenden Unternehmens und den an die Wettbewerber bei einer Offenle233 Siehe dazu EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Tz. 622. Dies ebenfalls befürwortend, vgl.: Houdijk, Joost, [2005] 6 EBOR 467, 492–493. 234 Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rdnr. 3. 235 Wodtke, Carolina / Richters, Swantje, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rdnr. 3.
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5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
gung übertragenen Wert. Auf Kriterien wie die Neuheit oder Erfindungshöhe der Innovation will er dagegen wohl nicht abstellen. Nicht völlig klar ist, ob der Präsident des EuG dies jedoch nur für solche geheim gehaltene Informationen annimmt, die auch immaterialgüterrechtlich geschützt sind. Darauf hindeuten könnte, dass der Präsident es als eine grundlegende Frage ansieht, ob zu berücksichtigen ist, dass eine Information geheim ist, wenn ein Recht des geistigen Eigentums in Frage steht.236 Zudem nimmt der Präsident des EuG später in seinem Beschluss eine Differenzierung zwischen als Gegenstand eines Rechts des geistigen Eigentums oder als Geschäftsgeheimnis geheim gehaltenen Information vor.237
E. Verbergen von Innovationen I. IBM-Fall Das hier nur als IBM-Fall bezeichnete Verfahren wurde von der EG-Kommission mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte an IBM wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung eingeleitet. In den Beschwerdepunkten war u. a. das Verhalten IBMs beanstandet worden, Schnittstelleninformationen seiner Computersysteme (dem sog. System / 370) erst bekannt zugeben, wenn diese bereits am Markt eingeführt worden waren.238 IBM war das auf dem Markt der Zentraleinheiten und Betriebssysteme für dieses Computersystem vorherrschende Unternehmen. IBM hatte sich nach der Neuentwicklung eines neuen Computersystems geweigert, die für den Anschluss komplementärer Anlagen erforderlichen Schnittstellen gegenüber mit IBM konkurrierenden Zusatzgeräteherstellern offenzulegen. Kernpunkt des Vorwurfes war, dass Hersteller von Zusatzgeräten (z. B. Druckern), die mit diesen Systeme kompatibel sein sollen, Informationen über die Schnittstellen neu auf den Markt gebrachter Systeme IBMs bedurften.239 Dieser Vorwurf wurde später auch auf das Vorenthalten von Schnittstelleninformationen erweitert, die in der Software IBMs enthalten waren und der Herstellung der Kompatibilität mit der Software anderer Hersteller dienten. Zudem wurde der Vorwurf auf die Vorenthaltung der Schnittstellen der Systemarchitektur (Systems Network Architecture) ausgeweitet, deren Kenntnis für die Verknüpfung und Zusammenwirken verschiedener Datenverarbeitungssysteme diente.240 IBM hatte die Beschwerdepunkte vor dem EuGH an236
Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 207. Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 253. 238 EG-Kommission, Vierzehnter Bericht über die Wettbewerbspolitik, Brüssel, Luxemburg, 1985, Tz. 94. 239 Siehe dazu: von Dryander, Christof / von Hehn, Paul-Adolf / Lohmann, Ulrich, Entwicklungen im EWG-Kartellrecht im Jahr 1984, RIW 1985, 352, 360. 240 EG-Kommission, Vierzehnter Bericht über die Wettbewerbspolitik. Tz. 94. 237
E. Verbergen von Innovationen
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gegriffen, die Klage wurde aber als unzulässig abgewiesen, da diese keine angreifbare Entscheidung darstellte.241 Das Verfahren wurde nach einer Einigung zwischen der EG-Kommission und IBM vorläufig eingestellt. Die EG-Kommission nahm eine einseitige Verpflichtungserklärung (undertaking) IBMs an, in der sich IBM u. a. verpflichtete, rechtzeitig ausreichende Schnittstelleninformationen zu liefern, damit Konkurrenzunternehmen ihre Software- und Hardwareentwicklungen an das von IBM entwickelte System anschließen konnten. Zudem verpflichtete sich IBM, Konkurrenten rechtzeitig angemessene Auskunft zu erteilen, damit diese über die Systemarchitektur des von IBM hergestellten Systems Verknüpfungen mit ihren Systemen vornehmen konnten.242 IBM behielt sich aber auch vor, angemessene und nicht diskriminierende Lizenzgebühren zu verlangen, wenn Rechte des geistigen Eigentums betroffen waren. Die Verpflichtungen wurden auf unbegrenzte Zeit eingegangen. IBM hat diese erst Mitte 1995 aufgrund der vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit beendet. Die EG-Kommission führte aus, dass durch diese Verpflichtungen die Stellung der Benutzer und der Konkurrenzunternehmen auf dem betreffenden Markt erheblich verbessert würden. Es sei damit zu rechnen, dass die Wettbewerbsstruktur gestärkt werde und die Benutzer die Möglichkeit haben werden, erheblich früher zwischen den Erzeugnissen verschiedener Hersteller auszuwählen. Auch würde ein größeres Angebot entstehen, da anderen Herstellern dadurch ein Anreiz geben wird, neue Produkte zu entwickeln, wenn sie wissen, dass die wesentlichen Schnittstelleninformationen zur Verfügung stehen.243 In der Literatur wurde festgestellt, dass es einen derart weitgehenden Eingriff in das geistige Eigentum unter dem Gesichtspunkt der Missbrauchsaufsicht durch die EG-Kommission bis dahin nicht gegeben habe.244 Der EG-Kommission wurde auch vorgeworfen, dass die Offenlegungsverpflichtung auf eine Marktstrukturverantwortung hinauslaufen würde, die marktbeherrschende Unternehmen zur aktiven Förderung wettbewerblicher Strukturen zwingen würde.245 241 EuGH, Urteil vom 11. November 1981, Rs. 60 / 81, International Business Machines Corporation . /. Commission of the European Communities, Slg. 1981, 2639, Tz. 21. 242 EG-Kommission, Vierzehnter Bericht über die Wettbewerbspolitik. Tz. 95. 243 EG-Kommission, Vierzehnter Bericht über die Wettbewerbspolitik. Tz. 95. 244 Loewenheim,Ulrich / Meessen, Karl M. / Riesenkampff, Alexander (Hrsg.), Bearbeiter: Axster, Oliver / Schütze, Joachim, Kartellrecht, München, 2005, Band 1, Anh. 3 Art. 81 Rdnr. 221. 245 Grabitz, Eberhard / Hilf, Meinhard (Hrsg.), Bearbeiter: Koch, Norbert, Kommentar zur Europäischen Union, München, 4. Ergänzungslieferung – Stand Juni 1990, Band II, Art. 82 Rdnr. 78. Für die Annahme einer Marktverantwortung bei Bestehen einer wesentlichen Geschäftsvoraussetzung eintretend, selbst wenn diese immaterialgüterrechtlich geschützt ist, vgl.: Bartl, Ulrich, Immaterialgüterrechtliche Schranken im System des Art. 82 EG, S. 341. Die Annahme einer Marktstrukturverantwortung findet aber im geltenden Recht keine Stütze, vgl. Fleischer, Holger, Behinderungsmißbrauch durch Produktinnovation, S. 72.
280
5. Kap.: Verbergen von Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht
Ein Beamter der EG-Kommission hatte in einer Rede auch auf die besondere Verantwortung eines Unternehmens in marktbeherrschender Stellung hingewiesen, eine kompetitive Marktstruktur zu bewahren.246 Argumentiert wurde aber auch, dass sich die Offenlegungsverpflichtung aus vorangegangenen eigenem Handeln ergebe, da ein marktbeherrschendes Unternehmen nicht einen Markt beseitigen dürfe, zu dessen Entstehung es selbst durch seine Preis- und Mengenpolitik maßgeblich beigetragen hat.247 In der Literatur wurde dieser Fall auch als Beispiel für die Verhinderung des reverse engineering dargestellt.248 IBM habe die komplexen Schnittstelleninformationen häufig geändert um damit Hersteller von Computerzubehörteilen zu benachteiligen.249 Ein Erklärungsansatz könnte daher auch sein, dass IBM durch die Nichtoffenlegung geänderter Schnittstellen das Vertrauen der Verbraucher in Erzeugnissen anderer Hersteller zu beseitigen versuchte. Diese konnten nicht sicher sein, dass die Hersteller auch in Zukunft mit ihren bereits bestehenden oder neuen Erzeugnissen Kompatibilität zu den Erzeugnissen IBMs herbeiführen können würden.250 Zu beachten ist dabei aber, dass der Versuch der Einschränkung des reverse engineering in der Industrie gängige Praxis ist und daher alleine wohl nicht den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung begründen kann. Etwas anderes könnte aber dann gelten, wenn es dem Marktbeherrscher nicht um den Schutz seiner geheimen Innovationen vor reverse engineering, sondern um die Verhinderung der Herstellung von Produkten geht, die als Ergänzung zu seinem Produkt dienen würden. Der Unterschied zu den IBM-Fällen in den USA251 wurde darin gesehen, dass in den USA keine Monopolisierung bei einer Offenlegungsverweigerung an für Kompatibilität notwendige Informationen anzunehmen sei, wenn das dominante Unternehmen nachweisen kann, dass durch eine Offenlegung Anreize für innovative Tätigkeit zum Nachteil der Verbraucher eingeschränkt würden.252 Die Auffassung der EG-Kommission tendiere dagegen dahin, einen Missbrauch anzunehmen, wenn die Offenlegungsverweigerung eine Strategie des dominan-
246 Auf diese Rede hinweisend: von Dryander, Christof / von Hehn, Paul-Adolf /Lohmann, Ulrich, RIW 1985, 352, 361 Fn. 91. 247 Vgl.: von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Berarbeiter: Schröter, Helmuth, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Band 2, Artikel 82 EG Rdnr. 259. 248 Pamela Samuelson / Suzanne Scotchmer, 111 Yale L.J. at 1661. 249 Pamela Samuelson / Suzanne Scotchmer, 111 Yale L.J. at 1661. 250 Siehe dazu: Richard Thomas DeLamarter, Big Blue – IBM’s Use and Abuse of Power 227 (Dodd, Mead & Company 1986). 251 Siehe dazu 4. Kapitel: E.III.1. 252 Eleanor M. Fox, Monopolization and Dominance in the United States and the European Community: Efficiency, Opportunity, and Fairness, 61 Notre Dame L. Rev. 981, 1015–1016 (1986).
F. Zusammenfassung
281
ten Unternehmens darstellt, durch Erhöhung der Kosten anderer Unternehmen die bestehende Dominanz zu erweitern.253 II. Tetra Pak II Wie schon weiter oben dargestellt, hat das EuG in der Rechtssache Tetra Pak II ausgeführt, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen Maschinen und die dazugehörigen Verbrauchsgüter nicht zum Gegenstand eines Koppelungsverkaufs machen darf, falls gewisse Befürchtungen des Marktbeherrschers auch dadurch beseitigt werden können, dass den Benutzern der Maschinen die technischen Merkmale, die die Verbrauchsgüter aufweisen müssen, um mit diesen Maschinen kompatibel zu sein, mitgeteilt werden.254 Dies könnte auf einen begrenzteren Schutz von Offenlegungsverweigerungen an geheimen Informationen vor kartellrechtlicher Haftung hinweisen. Das EuG hat in dieser Entscheidung aber nicht explizit Stellung zur Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen bezogen. Zudem hat das EuG dabei auch ausdrücklich auf den nicht bestehenden Verstoß gegen die gewerblichen Schutzrechte des marktbeherrschenden Unternehmens hingewiesen. Schließlich ist auch bedeutsam, dass in dieser Entscheidung ein Verstoß gegen Art. 82 EG nur in dem Koppelungsgeschäft gesehen wurde. Die Nichtoffenlegung der Informationen wurde nicht kritisiert. Vielmehr wurde die Offenlegung nur als weniger restriktive Vorgehensweise für den Marktbeherrscher zur Ausräumung der von ihm vorgetragenen Befürchtungen genannt. Der Marktbeherrscher bleibt nach dieser Entscheidung folglich frei in seiner Entscheidung, anderen Unternehmen die Informationen offen zulegen. Der EuGH ist in seiner Rechtsmittelentscheidung auf diesen Fragenkomplex auch nicht eingegangen.255
F. Zusammenfassung Schon die kartellrechtliche Behandlung von Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten ist im europäischen Wettbewerbsrecht nicht abschließend geklärt. Vielmehr stellen sich noch einige grundlegende Fragen. Ob die Rechtsprechung zu dieser Frage auch auf das Verbergen geheimer Innovationen zu übertragen ist, wurde bisher noch nicht geklärt. Die bisher ergangenen Entscheidungen zum Verbergen geheimer Innovationen sind teilweise sehr umstritten oder lassen keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Einordnung dieser Verhaltensweise zu. 253
Eleanor M. Fox, 61 Notre Dame L. Rev. at 1016. EuG, Tetra Pak International SA . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1994 II-755 (EuG, Tetra Pak II), Tz. 84. 255 EuGH, Tetra Pak II, Tz. 34–38. 254
6. Kapitel
Rückschlüsse aus dem US-amerikanischen Recht für die Beurteilung des Verbergens von geheimen Innovationen im europäischen Wettbewerbsrecht A. Fallgruppen I. Geschäftsverweigerungen an geheime Innovationen enthaltenden Erzeugnissen nach deren Markteinführung Im europäischen Wettbewerbsrecht wurde bis auf den Fall Volvo . /. Veng keine umfassende Diskussion über Belieferungsverweigerungen an Erzeugnissen geführt, die immaterialgüterrechtlich geschützte Leistungen enthalten oder auf diesen beruhen. Der Schwerpunkt der Diskussion lag auf Lizenzverweigerungen hinsichtlich der Vervielfältigung und Verbreitung immaterialgüterrechtlich geschützter Leistungen. Im US-amerikanischen Recht besteht darüber dagegen eine umfangreiche Diskussion, insbesondere wurde diese Konstellation von einigen Courts of Appeals teilweise unterschiedlich behandelt. Eine umfassendere Diskussion über die Privilegierung derartiger Geschäftsverweigerungen erscheint auch im europäischen Wettbewerbsrecht wünschenswert. Für die hier entscheidende Frage der kartellrechtlichen Beurteilung von Geschäftsverweigerungen an geheime Innovationen enthaltenden Erzeugnissen nach deren Markteinführung ist eine umfassende Auseinandersetzung mit dieser Diskussion nicht notwendig. Anders als bei den nachfolgend dargestellten Fallgruppen unterscheidet sich diese Fallkonstellation von der Belieferungsverweigerung an Erzeugnissen, die immaterialgüterrechtlich geschützte Leistungen enthalten oder auf diesen beruhen. Wie in den USA ein District Court überzeugend dargelegt hat, betrifft die Belieferungsverweigerung an auf Patent- oder Urheberrecht basierenden Erzeugnissen die Ausschließlichkeitsrechte dieser gesetzlich normierten Rechte. Ein entsprechendes gesetzlich normiertes Recht besteht bei Geschäftsgeheimnissen dagegen nicht. Zudem könnte fast jede wettbewerbswidrige Geschäftsverweigerung dem Zugriff durch die Kartellgesetze entzogen werden, wenn Geschäftsverweigerungen über geheime Innovationen verkörpernde Erzeugnisse dieselbe Privilegierung vor kartellrechtlicher Haftung wie Geschäftsverweigerungen an auf Patenten oder Urheberrecht beruhenden Erzeugnisse haben würden. Ihr Hersteller müsste sich nur darauf berufen, dass
A. Fallgruppen
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in seinem Produktionsverfahren an irgendeiner Stelle ein geheimes Verfahren oder eine geheime Komponente verwendet wird.1 Zwar besteht für diese Konstellation keine ersichtliche Entscheidungspraxis im europäischen Wettbewerbsrecht. Eine Übernahme der im US-amerikanischen Recht entwickelten Lösungsmöglichkeit scheint aber aus den genannten Gründen überzeugend. Nach Markteinführung eines Erzeugnisses besteht für den Hersteller die Gefahr, dass andere Marktteilnehmer aus dem Erzeugnis die verwendeten geheimen Innovationen ableiten können. Die Besorgnis des Verlusts der geheimen Innovation durch Belieferung anderer Unternehmen ist damit aber wenig stichhaltig, wenn diese das Erzeugnis aber anderweitig am Markt (z. B. von Endverbrauchern) erwerben können. Andererseits darf eine Markteinführung aber noch nicht angenommen werden, wenn das betreffende Erzeugnisse unter Vereinbarung von Geheimhaltungspflichten einigen anderen Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt wurde. II. Nichtoffenlegungen von Innovationen vor deren Markteinführung Beginnend mit den Entscheidungen in den sog. IBM-Fällen und später in den Fällen Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co. und Intergraph Corp. v. Intel Corp. haben US-amerikanische Bundesgerichte darauf hingewiesen, dass die Anreize eines dominanten Unternehmens für innovative Tätigkeiten erheblich eingeschränkt würden, wenn diesen der aus der ersten Markteinführung eines Erzeugnisses folgende Vorteil entzogen würde. Eine Verpflichtung zur Offenlegung einer Innovation vor deren Markteinführung aufgrund kartellrechtlicher Vorschriften wurde daher als sehr problematisch angesehen. Im europäischen Wettbewerbsrecht wurde diese Problematik nur im IBM-Fall gestreift. In diesem Fall ist aufgrund der Einigung zwischen der EG-Kommission und IBM keine endgültige Entscheidung der EG-Kommission ergangen. Der Fall wurde daher auch in die verschiedensten Richtungen gedeutet. Die kartellrechtswidrige Vorenthaltung abgeänderter Schnittstelleninformationen vor deren Markteinführung ist nur einer dieser Deutungsversuche. In einer derartigen Konstellation kann auch die Rechtmäßigkeit der Abänderung selbst untersucht werden. Die Gerichte haben jedoch Schwierigkeiten, die Bedeutung einer Innovation zu messen. Sie können nur schwerlich feststellen, ob eine Produktinnovation und insbesondere eine Produktabänderung für die Abnehmer wertvoll oder weniger wertvoll ist. Falls sie eine illegale Abänderung feststellen, wird auch regelmäßig eine illegale Geheimhaltung der Abänderung anzunehmen sein. Denn die Geheimhaltung verstärkt dann die negativen Folgen der Abänderung auf Konkurrenten, da diese dann die Abänderung auch 1 Siehe dazu: Telecomm Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 150 F. Supp. 2d at 1370.
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
nur verspätet nachvollziehen bzw. sich auf diese einstellen können. Die Rechtmäßigkeit von Produktabänderungen ist jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Besonders problematisch sind damit diejenigen Konstellationen, in denen die Abänderungen entweder innovativer Art ist oder die Gerichte im Zweifel über ihre Bedeutung sind. In dem discussion paper zu Art. 82 EG vertritt die EG-Kommission die Auffassung, dass Offenlegungsverweigerungen an geheim gehaltenen Informationen, die für Interoperabilität benötigt werden, weniger Schutz vor kartellrechtlicher Überprüfung als Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten haben sollten.2 Für noch nicht am Markt eingeführte Innovationen ist die Position der EGKommission gerade im Hinblick auf die erhebliche Einschränkung der Anreize dominanter Unternehmen wenig überzeugend. Regelmäßig können die relevanten Informationen auch nur bis zum Zeitpunkt der ersten Auslieferung des Erzeugnisses geheim gehalten werden, so dass andere Unternehmen – mit einer zeitlichen Verspätung – die zur Herstellung von Interoperabilität erforderlichen Informationen erhalten können. Zumindest für geheime Innovationen, die noch nicht am Markt eingeführt wurden, sollten die vom EuGH für Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten aufgestellten Kriterien angewandt werden sollten. Anderenfalls droht, wie auch in der US-amerikanischen Entscheidungspraxis aufgezeigt wurde, eine erhebliche Einschränkung von innovativen Anstrengungen. Nur in ganz außergewöhnlichen Fallgestaltungen dürfte damit eine Offenlegungspflicht für derartige Innovationen in Betracht kommen. Besondere Vorsicht sollte bei der Anordnung der Offenlegung patentierbarer Innovationen angewandt werden. Zum einen ist bei Nachweis der Patentierbarkeit jedenfalls auch der Nachweis einer durch das Kartellrecht zu berücksichtigenden ausreichenden Leistung und die Gefahr der Einschränkung von Innovationsanreizen erbracht. Zum anderen kann durch die Anordnung der Offenlegung der Inhaber der Innovation zu einer Patentanmeldung veranlasst werden, gegen die er sich vorher durch die Geheimhaltung aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen entschieden hatte. III. Verweigerungen der Lizenzierung geheimer Innovationen nach deren Markteinführung Die Offenlegung einer geheimen Innovation unterscheidet sich von der Verweigerung, einen körperlichen Gegenstand zu liefern, Zugang zu einer Einrich2 EG-Kommission, DG Competition discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, Tz. 242.
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tung zu gewähren oder eine Dienstleistung zu erbringen. Diese Leistungen können bis zur Erreichung einer bestimmten Kapazitätsgrenze ohne Wertverlust beliebig oft erbracht werden. Geheime Innovationen sind geistige Leistungen. Die geheime Innovation kann zwar auch beliebig oft lizenziert werden, kann aber mit jeder Lizenzierung einen Wertverlust erleiden. Und selbst bei Erreichung der Kapazitätsgrenzen bei körperlichen Gegenständen oder Dienstleistungen werden nicht die verwendeten Produktionsstätten oder -mittel entzogen. Bei einer geheimen Innovation kann dies jedoch der Fall sein. Die besondere Problematik einer Pflicht zur Offenlegung geheimer Innovationen ergibt sich gerade daraus, dass die geheime Innovation durch die Offenlegung ihrer Charakter als geheime Innovation verlieren kann. Ein derartiger Entzug muss zwar nicht zwangsläufig Folge einer Offenlegungspflicht sein, wenn eine Offenbarung nur an einige wenige Unternehmen erfolgt und diese effektiv zu deren Geheimhaltung verpflichtet werden. Bei einer Offenlegung an mehrere Unternehmen kann diese Problematik aber immanent werden. Dies umso mehr, wenn das Geheimnis einen besonderen Wert nur für eine begrenzte Anzahl von Unternehmen hat. Schließlich birgt die Offenbarung einer geheimen Innovation stets das Risiko einer späteren, wenn auch nur leichtsinnigen oder zufälligen, Offenbarung durch diejenigen Unternehmen, denen die Innovation offengelegt wurde. Sehr fraglich ist, ob dieser Problematik durch vertragliche Abreden wirksam begegnet werden kann. Die Anwendung der Rechtsprechungspraxis zu Geschäftsverweigerungen an körperlichen Gegenständen auf diese ist daher wenig passend. Die Offenlegung geheimer Innovationen unterscheidet sich aber auch von einer Lizenzierung eines Immaterialgüterrechts, da bei dieser das Immaterialgüterrecht bei seinem Inhaber erhalten bleibt, wenn es auch durch die Lizenzierung mitunter an Wert verlieren kann. Die Offenlegung kann in bestimmten Konstellationen daher fast mit einer Veräußerung (bzw. eines Verzichts) auf ein Immaterialgüterrecht verglichen werden. Bei geheimen Innovationen bestehen andererseits keine gesetzlich normierten Ausschließlichkeitsrechte. Auch existieren bei geheimen Innovationen keine Schranken und sehr begrenzte Möglichkeiten der Einschränkung auf der Ebene der Schutzrechtseinräumung. Die Möglichkeit des reverse engineering betrifft auch nicht die Notwendigkeit der Verwendung einer geheimen Innovation durch andere Unternehmen, sondern nur die Mittel, die zur Entschlüsselung eines Geheimnisses eingesetzt werden dürfen. Aus diesen Parallelen und Unterschieden zu den körperlichen Gegenständen und auch den Immaterialgüterrechten ergibt sich die Problematik, ob Offenlegungsverweigerungen an geheimen Innovationen bestimmte Privilegierungen erhalten sollten, die für Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten vom EuGH entwickelt wurden.
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
Die EG-Kommission vertritt in dem discussion paper zu Art. 82 EG, wie bereits oben dargestellt, die Auffassung, dass Offenlegungsverweigerungen an geheim gehaltenen Informationen, die für Interoperabilität benötigt werden, weniger Schutz vor kartellrechtlicher Überprüfung als Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten haben sollten.3 Die EG-Kommission hat die Öffentlichkeit zu Stellungnahmen hinsichtlich der im discussion paper vertretenen Positionen aufgefordert. Einige der bei der EG-Kommission eingegangenen Stellungnahmen enthalten Ausführungen zur Einordnung von Offenlegungsverweigerungen an Geschäftsgeheimnissen. Zahlreiche Organisationen, Rechtsanwaltskanzleien und Kommentatoren haben sich in Reaktion auf das discussion paper für eine Gleichbehandlung von Geschäftsgeheimnissen mit Immaterialgüterrechten bei der kartellrechtlichen Einordnung von Lizenzverweigerungen ausgesprochen.4 Einige Kommentatoren unterstützen dagegen die Position der EG3 EG-Kommission, DG Competition discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, Tz. 242. 4 Vgl. z. B.: The American Antitrust Institute (aai), Response to Public Consultation on the European Commission Directorate General for Competition Discussion Paper on the Application of Article 82 of the Treaty to Eclusionary Abuses, p. 13, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 048.pdf (March 31, 2006); American Chamber of Commerce to the European Union (AMCHAM EU), Comments on the DG competition discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, p. 36, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 100.pdf (April 4, 2006); Baker & McKenzie, Response to DG Competition’s Article 82 Consultation, p. 15, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 076. pdf (March 31, 2006); Confederation of Finish Industries (EK), DG Competition Discussion Paper on the Application of Article 82 to Exclusionary Abuses, p. 7, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 038.pdf (March 28, 2006); Eversheds LLP, Comments on the DG Competition Discussion Paper on the Application of Article 82 of the Treaty to Exclusionary Abuses, p. 8, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 074.pdf (March 31, 2006), Freshfields Bruckhaus Deringer, Response to DG Competition discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, p. 15, http: // ec.europa.eu /comm / competition / antitrust / others / 112.pdf (April 2006); International Chamber of Commerce (ICC), ICC Comments on the European Commission discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, p. 29, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 106.pdf (April 7. 2006); Joint Working Party of the Bars and Law Societies of the United Kingdom (JWP), Response to DG Competition Discussion Paper on the Application of Article 82 to Exclusionary Abuses, p. 8 http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 101.pdf (March 2006); Pharmaceutical Research and Manufacturers of America (PhRMA), Comments on DG Competition’s Staff Discussion Paper on Article 82 EC, p. 5, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 059.pdf (March 31, 2006); Carl Shapiro / John Hayes, Comments on the European Commission’s Discussion Paper on the Application of Article 82, p. 16, http: // ec.europa.eu / comm / compe tition / antitrust / others / 020.pdf (March 31, 2006); Union of Industrial and Employers’ Confederation of Europe (UNICE), DG Competition Discussion Paper on the Application of Article 82 EC to Exclusionary Abuses, p. 8, http: // ec.europa.eu / comm / com petition / antitrust / others / 021.pdf (March 31, 2006). Sehr kritisch (u. a. mit der Begründung, dass EuGH und EuG zu keinem Zeitpunkt von einer Differenzierung zwischen Immaterialgüterrechten und Geschäftsgeheimnissen ausgegangen sind): As-
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Kommission.5 Für die jeweilige Position wurden jedoch keine eingehenden Begründungen vorgebracht. Hinzuweisen ist auch darauf, dass weder in dem discussion paper der EG-Kommission noch in den Stellungnahmen danach differenziert wird, ob auf dem Geschäftsgeheimnis basierende Erzeugnisse bereits am Markt eingeführt worden sind. Im US-amerikanischen Recht lässt sich die Tendenz erkennen, dass Weigerungen, Produkte zu liefern, die immaterialgüterrechtlich geschützte Leistungen enthalten, nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zu kartellrechtlicher Haftung führen können.6 Lizenzverweigerungen über die Vervielfältigung oder Verbreitung immaterialgüterrechtlich geschützter Leistungen werden als noch privilegierter vor kartellrechtlicher Haftung angesehen.7 Stets wird dabei als Begrünsociation for Competitive Technology (ACT), Re: Comments regarding DG Competition discussion paper on the application of Article 82 to exclusionary abuses, pp. 12–13, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 079.pdf (March 31, 2006). Ebenfalls sehr kritisch (insbesondere unter Hinweis auf die Gleichstellung von Know-how und Immaterialgüterrechten in der Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung): ashurst, Comments by ashurst, DG Competition Discussion Paper on the Application of Article 82 of the Treaty to Exclusionary Abuses, pp. 36–37, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 066.pdf (not dated). Auch sehr kritisch (mit ähnlichem Begründungsansatz): The Computing Technology Industry Assocation, Inc. (CompTIA), Competition, Competitors, and Consumer Welfare: Observations on DG Competition’s Discussion Paper on Article 82, p. 28–29, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 092.pdf (February 2006). Sehr kritisch und umfassend (insbesondere unter Hinweis auf die Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen): International Intellectual Property Institute and Institute For Policy Innovation, Comments of International Intellectual Property Institute and Institute For Policy Innovation on DG Competition Discussion Paper of December 2005, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 099.pdf (March 31, 2006); United States Council for International Business, Submission to the Directorate-General for Competition on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, p. 28, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 018.pdf (March 30, 2006). 5 Vgl. z. B.: Associazione fra le società italiane per azioni (assonime), Comments on the DG Competition Discussion Paper on the application of article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, p. 22, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 031.pdf (March 31, 2006); European Broadcasting Union (EBU), EBU Comments to the Public Consultation on the EC Commission’s (DG Competition) discussion paper on the application of Article 82 of the EU Treaty to exclusionary abuses, p. 4, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 023.pdf (March 24, 2006). Die Stellungnahme der EG-Kommission wohl mit dem Argument unterstützend, dass Geschäftsgeheimnisse weniger rechtlichen Schutz genießen würden als Immaterialgüterrechte: Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht, Drexl, Josef, Comments of the Max Planck Institute for Intellectual Property, Competition and Tax Law (Munich) on the DG Competition discussion paper of December 2005 on the application of Article 82 of the EC Treaty to exclusionary abuses, pp. 22–23, http: // ec.europa.eu / comm / competition / antitrust / others / 047.pdf (March 31, 2006). 6 4. Kapitel: D.II. 7 4. Kapitel: D.III.
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
dung die mögliche Einschränkung der durch Gesetz bezweckten Anreizgebung für innovative Tätigkeiten genannt. Für geheime Innovationen wurde ebenfalls entschieden, dass ein Monopolist diese vor seinen Konkurrenten geheim halten darf. Anderes würde nur dann gelten, wenn der Monopolist seine Erzeugnisse abändert, um technische Fortschritte dritter Unternehmen zu verhindern.8 Der EuGH hat in seinen Entscheidung zu Lizenzverweigerungen an Immaterialgüterrechten die Einschränkung von Innovationsanreizen selten ausdrücklich angesprochen und regelmäßig nur mit den im nationalen Recht vorgesehenen Ausschließlichkeitsrechten argumentiert, um einer Privilegierung der Lizenzverweigerungen zu begründen. Es erscheint dennoch angebracht, die aus den US-amerikanischen Entscheidungen erkennbaren Bedenken über die Einschränkung von Innovationsanreizen bei einer Pflicht zur Offenlegung geheimer Innovationen nach deren Markteinführung nicht völlig außer Acht zu lassen, sondern bei der Prüfung eines Verstoßes gegen Art. 82 EG zu berücksichtigen.9 Eine formale Abstellung auf gesetzlich eingeräumte Ausschließlichkeitsrechte kann bei der notwendigen ökonomischen Betrachtung nicht überzeugen. Nicht zu letzt findet das Recht, eine Innovation geheim zu halten, auch mannigfaltigen Niederschlag im Gemeinschaftsrecht und in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten.10 Die Anwendung der vom EuGH in den Fällen Magill und IMS Health . /. NDC Health aufgestellten Kriterien sollte auch auf geheime Innovationen nach deren Markteinführung erfolgen. Die Entwicklung eigener Kriterien erscheint wegen der Parallelen zu den Immaterialgüterrechten nicht angebracht. Auch würde eine derartige Vorgehensweise noch weiter gehende Rechtsunsicherheit bei den betroffenen Unternehmen hervorrufen. Die vom EuGH genannten Kriterien können auch bei einer ökonomischen Betrachtung als wertvolle Parameter für die Feststellung eines Missbrauches einer marktbeherrschenden Stellung dienen. Das Kriterium des Vorbehaltens eines abgeleiteten Marktes kann im Zusammenspiel mit der Voraussetzung der Unerlässlichkeit der Lizenzierung bei Immaterialgüterrechten, körperlichen Gegenständen und auch geheimen Innovationen einen überzeugenden Parameter für wettbewerbswidrige Auswirkungen liefern. Die wenigsten wettbewerbsfördernden Gründe werden bedingen, dass jeder Wettbewerb auf einem Markt ausgeschaltet wird. Falls dies doch der Fall sein sollte, können sie über den Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung zur Geltung gebracht werden. Nicht ausreichend sollte dagegen sein, dass durch die fehlende Offenlegung Wettbewerb einzelner Unternehmen nur erschwert wird. Denn sonst besteht ein erhebliches Risiko, dass auch nicht wettbewerbswidrige
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Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d at 1189. Siehe dazu auch: Körber, Torsten, RIW 2004, 881, 890 f. 10 Siehe dazu 1. Kapitel: E. 9
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Verhaltensweisen eines dominanten Unternehmens untersagt werden. Zudem würden andere Unternehmen in erheblichem Maße an den Leistungsergebnissen des dominanten Unternehmen teilhaben können. Schließlich findet eine derartige Vorgehensweise auch keine Stütze in der Rechtsprechung des EuGH, der selbst für Lieferungsverweigerungen an körperlichen Gegenständen regelmäßig die Ausschaltung des Wettbewerbs oder zumindest eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs und nicht nur eines Wettbewerbers verlangt hat. Das weitere Kriterium der Verhinderung eines neuen Produktes kann bei Immaterialgüterrechten wie auch bei geheimen Innovationen ausschließen, dass andere Unternehmen nur das Leistungsergebnis des dominanten Unternehmens kopieren. Gerade bei Pioniererfindungen, seien sie patentiert oder geheim gehalten, kann durch diese Kriterium ausgeschlossen werden, dass andere Unternehmen am Leistungsergebnis des anderen Unternehmen partizipieren. Denn das Vorbehalten eines abgeleiteten Marktes wird bei derartigen Leistungen regelmäßig gegeben sein. Durch dieses Kriterium kann sichergesellt werden, dass die Anreize des beherrschenden Unternehmen und auch anderer Unternehmen für innovative Tätigkeiten nicht eingeschränkt werden. Über das Kriterium der sachlichen Rechtfertigung können Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit des potentiellen Lizenznehmers berücksichtigt werden. Falls die Kriterien des Vorbehaltens eines abgeleiteten Marktes und die Verhinderung eines neuen Produktes gegeben sind, sollte nicht aus dem Bestehen einer geheimen Innovation alleine eine sachliche Rechtfertigung abgeleitet werden. Für eine absolute Privilegierung derartiger Leistungsergebnisse findet sich kaum ein Rückhalt in der ökonomischen Analyse, der US-amerikanischen oder europäischen Rechtsprechungspraxis und den rechtlichen Regelungen zum Schutz von Geheimnissen. Bei einer restriktiven Handhabung aller Kriterien wird auch die Gefahr der Einschränkung der Innovationsanreize des dominanten Unternehmens in Grenzen gehalten. Eine Abwägung von Innovationsanreizen der unterschiedlichen Unternehmen gegeneinander ist dagegen wenig überzeugend. Zum einen ist sie von Rechtsunsicherheit geprägt. Wie der Court of Appeals for the Second Circuit im Fall Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co. festgestellt hat, kann ein dominantes Unternehmen nur sehr schwer im Voraus abzuschätzen, in welchem Umfang eine Offenlegung erfolgen müsse und zu welchem Zeitpunkt Innovationen weit genug fortgeschritten sind, um offengelegt werden zu müssen.11 Nicht weniger schwieriger ist es, diese Feststellung und die von der EG-Kommission vorgeschlagenen Abwägung zur Vermeidung eines Kartellverstoßes fortlaufend vornehmen zu müssen. Schließlich darf auch nicht übersehen werden, dass die potentiellen Lizenznehmer von heute die führenden Unternehmen von morgen 11
Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d at 282.
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
sein können. Ihre Anreize für innovative Tätigkeiten werden durch eine derartige Abwägung auch eingeschränkt, da sie erkennen können, dass sie derzeit die Nutznießer eines Missbrauchverfahrens sind, aber bei erfolgreichen Innovationen auch die Adressaten eines derartigen Verfahrens sein könnten. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Folge der Annahme eines Verstoßes durch die Nichtoffenlegung geheimer Informationen in einigen Fällen (z. B. im europäischen IBM-Fall durch Einigung und im Verfahren der EG-Kommission gegen Microsoft) die Verpflichtung zur rechtzeitigen Offenlegung zukünftiger Fortentwicklungen war. Bei einer derartigen Verpflichtung können die Anreize des dominanten Unternehmens für innovative Tätigkeiten aufgrund des Verlustes des Vorteils der ersten Markteinführung erheblich eingeschränkt werden. Gerade die Tendenz der Annahme einer derartig weitreichenden Sanktion spricht auch für eine restriktive Anwendung der vom EuGH aufgestellten Kriterien. Soweit die geheime Innovation auch immaterialgüterrechtlichen Schutz genießt, kann nichts anderes gelten, da der Gesichtspunkt der Geheimhaltung die Schutzbedürftigkeit der Innovation durch rechtliche Vorschriften nicht vermindert oder beseitigt. Interessant ist, dass in diesem Zusammenhang geltend gemacht wurde, dass die urheberrechtlichen Vorschriften ausreichend seien, um die Schnittstellenproblematik bei Computerprogrammen zu lösen. Denn die an sich urheberrechtlich schutzfähige Programmierung einer Schnittstelle sei nicht urheberrechtlich geschützt, wenn diese (z. B. aufgrund hoher Umstellungskosten der Marktgegenseite) zu einer Monopolisierung der zu Grunde liegenden urheberrechtlich nicht schutzfähigen Idee (d.h. die Idee der Schnittstelle an sich) führen kann.12 Dabei wird jedoch u. U. übersehen, dass eine Übernahme der Schnittstelleninformationen dann ausscheiden kann, wenn diese von ihrem Entwickler geheimgehalten werden. Diese Problematik lag dem von der EG-Kommission gegen IBM eingeleiteten Kartellverfahren zu Grunde.13 Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit des reverse engineering geheimer Informationen. Diese kann jedoch, insbesondere falls eine Vielzahl für eine Tätigkeit anderer Unternehmern notwendiger geheimer Informationen entschlüsselt werden muss, sehr kostenaufwendig sein. In einer derartigen Konstellation könnte sich ein Anwendungsfall des Art. 82 EG ergeben. Dabei muss sich jedoch ein eingehende Prüfung der tatsächlichen Umstände erfolgen. Insbesondere wird eine Unerlässlichkeit der Offenlegung nur in den seltensten Fällen zu bejahen sein, da die Schnittstellen aus den Erzeugnissen des dominanten Unternehmens ableitbar oder mittels technischen Hilfsmitteln umgehbar sind. Auch muss in diesem Zusammenhang die Feststellung des Urteils Bronner beachtet werden, dass eine Bereitstellung der 12 William M. Landes / Richard A. Posner, The Economic Structure of Intellectual Property Law 392. 13 Siehe oben 5. Kapitel: E.I.
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Leistung des dominanten Unternehmens nur unerlässlich ist, wenn sie ein Unternehmen vom Markteintritt abhält, welches im selben Umfang wie dieses tätig werden will. Eine neuere Problematik in diesem Zusammenhang ist durch die Reformen der urheberrechtlichen Regelungen in vielen Ländern zum größeren Schutz von technischen Schutzmaßnahmen urheberrechtlich geschützter Werke entstanden: Technische Schutzmaßnahmen sollen zwar regelmäßig dazu dienen, Produktbzw. Kommunikationssicherheit zu erreichen. Insbesondere soll verhindert werden, dass nicht vom Hersteller zertifizierte Produkte mit dem Produkt des Herstellers verbunden werden, da bei diesen z. B. eine höhere Gefahr einer Herbeiführung einer Fehlfunktion des Produkts des Herstellers bestehen könnte. Erzeugnisse anderer Unternehmen (z. B. Ersatzteile oder kompatible Produkte) können dann nur mit dem Produkt des Herstellers verbunden werden, wenn sie sich beim dem Kunden befindlichen, aber mit einem technischen Schutzsystem versehenen Produkt mittels Computertechnologie authentisieren können. Die Authentisierung erfolgt dabei über verschlüsselte und folglich geheim gehaltene Authentisierungsnummern oder -protokolle. Technische Schutzsysteme sind aber auch in den Verdacht geraten, ein Mittel zu sein, um anderen Unternehmen die Herstellung kompatibler Produkte zu erschweren oder unmöglich zu machen. Technische Schutzsysteme seien für diesen Zweck besonders gut geeignet, da bei diesen die Grenzlinie zwischen erlaubter Entschlüsselung und illegaler Umgehung von Verschlüsselungstechnologien nach den Reformen der urheberrechtlichen Regelungen in vielen Ländern eng beieinander liegen. Unternehmen, welche derartige technische Schutzsysteme zur Ermöglichung der Herstellung kompatibler Produkten zu umgehen versuchen, setzen sich damit vermehrt der Gefahr einer illegalen Umgehung von Verschlüsselungstechnologien aus. Zusammenfassend sehen sich diese Unternehmen der Problematik gegenüber, dass die Umgehung der technische Schutzsysteme teilweise verboten, aber auch technisch sehr schwierig ist.14 Anders als bei „nur“ urheberrechtlich geschützten Geheimnissen kommt also bei technischen Schutzsystemen eine Umgehung durch Entschlüsselung der geheimen Information und dann Umsetzung der zugrunde liegenden Idee in eine andere Ausdrucksform seltener in Betracht. Im denkbar schwierigsten Fall, einer urheberrechtlich geschützten und mit einem technischen Schutzsystem geheim gehaltenen Information, muss ein Anbieter von kompatiblen Produkten daher (1) ohne gegen urheberrechtliche Vorschriften zum Schutz technischer Schutzsysteme zu verstoßen, (2) die geheim gehaltene Information entschlüsseln, (3) diese dann in einer Form wiedergeben, die nicht das Urheberrecht an 14 Anderson, Ross, Security in Open versus Closed Systems – The Dance of Boltzmann, Coase and Moore (June 2002).
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
der Information verletzt, (4) obwohl meist zur Erzeugung von Kompatibilität genau die urheberrechtlich geschützte Ausdrucksform verwendet werden muss. In einer derartigen Konstellation könnte sich in naher Zukunft bald ein Anwendungsfall für Art. 82 EG ergeben.15 Ein Sonderproblem könnte sich schließlich auch bei dem Verbot des reverse engineering in einem Mitgliedstaat ergeben. In vielen Mitgliedstaaten werden die meisten Formen des reverse engineering einer geheimen Innovation als zulässig erachtet.16 In der deutschen Rechtsprechung und Literatur ist dessen Zulässigkeit jedoch insoweit umstritten, als dass einige Stimmen nicht jede Form von reverse engineering zulassen wollen.17 Das Verbot des reverse engineering in einem Mitgliedstaat sollte aber bei der kartellrechtlichen Beurteilung einer Offenlegungsverweigerung keine besondere Beachtung erhalten. Die auf die geheime Innovation angewiesenen Unternehmen werden dies zwar als Grund für ihren Bedarf der Offenlegung der Innovation vortragen. Bei tatsächlichen Erfolgsaussichten wird das reverse engineering in einem anderen Mitgliedstaat vorgenommen werden und die Information wird dann in relativer kurzer Zeit ihren Geheimnischarakter verlieren. Aufgrund der Harmonisierung durch die sog. Computer-Richtlinie ist diese Problematik zudem für den wichtigen Fall der Computerprogramme weitgehend entschärft.18 IV. Nichtoffenlegungen von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung Die Konstellation der Nichtoffenlegung von Teilen einer Innovation bei der Patentanmeldung wurde im US-amerikanischen Recht im Fall Christianson v. Colt Industries Operating Corp. am Rande gestreift.19 Aus dem Fall lässt sich 15 Die Verweigerung des Unternehmens Apple Computer, Inc., seine Digital Rights Management-Technologie zu lizenzieren, war schon Gegenstand eines abschlägigen Missbrauchsverfahrens in Frankreich, vgl.: Conseil de la concurrence, Décision nº 04D-54 du 9 novembre 2004 relative à des pratiques mises en œuvre par la société Apple Computer, Inc. dans les secteurs du téléchargement de musique sur Internet et des baladeurs numériques (9 Novembre 2004). Siehe dazu auch: Mazziotti, Guiseppe, Did Apple’s Refusal to License Proprietary Information enabling Interoperability with its iPod Music Player Constitute an Abuse under Article 82 of the EC Treaty? [2005] 28 World Competition 253–275. 16 Vgl. z. B. für das englische und schwedische Recht: Maier, Antonia, Der Schutz von Betriebsgeheimnissen im schwedischen, englischen und deutschen Recht, S. 388. 17 Vgl. m. w. N.: Harte-Bavendamm, Henning, GRUR 1990, 657, 660 ff.; der Umfang der Zulässigkeit des reverse engineering ist aber auch in anderen Rechtsordnungen umstritten, vgl.: Correa, Carlos M., TRIPs Agreement: Copyright and Related Rights, IIC 1994, 543, 549. 18 Rat der EG, Richtlinie 91 / 250 / EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Art. 6 Abs. 1. 19 Siehe oben 4. Kapitel: E.V.2.
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aber die überzeugende Feststellung entnehmen, dass ein Kartellverstoß bei Beachtung der patentrechtlichen Vorschriften über die offenzulegenden Bestandteile keinen Missbrauchsvorwurf begründen sollte. Wenn die Patentanmeldung ordnungsgemäß war, wäre es für ein dominantes Unternehmen auch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, einen Verstoß gegen Art. 82 EG zu erkennen. Zudem stellt es eine übliche Verhaltensweise vieler Patentanmelder dar, nicht die gesamte Funktionsweise bzw. Herstellungsablauf eines Erzeugnisses bei der Patentanmeldung offenzulegen.20 Bei einem Verstoß gegen patentrechtliche Offenlegungsvorschriften wäre in bestimmten Konstellationen über einen Missbrauchsvorwurf nachzudenken. Voraussetzung dafür wäre aber stets das Vorliegens einer marktbeherrschende Stellung. V. Verbergen von geheimen Innovationen gegenüber Normungsorganisationen In den USA wird in einer neueren Diskussion problematisiert, ob Standardisierungsorganisationen die Offenlegung des Inhalts geheimer Innovationen verlangen dürfen sollten.21 Noch weitergehender wäre es, wenn die Inhaber derartiger Innovationen diese auch ohne eine diesbezügliche Vereinbarung gegenüber der Standardisierungsorganisation offenzulegen hätten. Bei Nichteinhaltung dieser Pflichten könnte dann bei Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung auch ein Missbrauchsvorwurf in Betracht kommen. Wie schon bei der Darstellung der US-amerikanischen Diskussion hervorgehoben, könnte für eine derartige Annahme sprechen, dass eine umfassende Offenlegung von Innovationen zu einer großen Anzahl von Lizenznehmern und einer sachlichen Diskussion über die Lizenzbedingungen führen kann. Zudem kann sie Fortentwicklungen und Beseitigung von etwaigen technischen Problemen durch beteiligte Unternehmen noch vor Festsetzung des Standards ermöglichen.22 Gegen eine Annahme derartiger Verpflichtungen (und noch mehr gegen eine daraus abgeleitete, kartellrechtliche Haftung) spricht jedoch, dass sie zu einer erheblichen Einschränkung der Anreize der Unternehmen, innovativ tätig zu werden, führen könnten. Denn eine derartige Offenlegungspflicht würde die Unternehmen einiger ihrer anerkannten Verwertungsmöglichkeiten einer noch geheimen Innovation entziehen. Zudem kann sie zu einer wettbewerbswidrigen Koordination zwischen den beteiligten Unternehmen führen.23 Daher spricht 20 Siehe dazu schon: Beier, Friedrich-Karl, Zukunftsprobleme des Patentrechts, GRUR 1972, 214, 223 ff. 21 Siehe oben 4. Kapitel: E.VI. 22 Siehe oben 4. Kapitel: E.VI. 23 Siehe oben 4. Kapitel: E.VI.
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
viel dafür, auch im europäischen Wettbewerbsrecht keine kartellrechtliche Haftung selbst bei Verletzung einer vereinbarten Offenlegungspflicht einer geheimen Innovation anzunehmen. Anders als bei einer unterlassenen Offenlegung eines bestehenden oder in der Entstehung begriffenen Immaterialgüterrechtes wird der Standard auch ohne Rückgriff auf die geheime Innovation auskommen, da deren Inhalt bei der Standardsetzung eben auch nicht bekannt war. VI. Geheimhaltungen von Innovationen gegenüber Partnern von Forschungs- und Entwicklungskooperationen Die erste Markteinführung eines neuen Erzeugnisses kann ein entscheidender, wenn nicht der wichtigste, Faktor bei der Verwertung von Innovationen sein. Fraglich ist aber, ob sich ein Kartellrechtsverstoß daraus ergeben kann, dass ein Unternehmen einen derartigen Vorsprung nicht realisiert oder nicht realisieren will. Jedem Unternehmen steht es frei, eine Innovation nicht zum Patent anzumelden oder anderweitig zu veröffentlichen. Es können aber Konstellationen bestehen, in denen eine derartige Geheimhaltung nur zur Beeinträchtigung eines Wettbewerbers und des Wettbewerbs selbst erfolgt. Als Beispiel sei eine Forschungs- und Entwicklungskooperation genannt, bei der ein Unternehmen die auf seiner Seite gewonnen Innovationen nicht dem anderen Unternehmen mitteilt. Ein Verstoß gegen Art. 82 EG ist in dieser Konstellation schwerer als unter US-amerikanischem Recht vorstellbar, da Art. 82 EG den Missbrauch einer bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellung voraussetzt.24 Ein Marktbeherrscher kann aber nur in sehr begrenztem Umfang Forschungs- und Entwicklungskooperationen mit Konkurrenten für Fortentwicklungen auf dem beherrschten Markt eingehen. Zum anderen kann in dieser Konstellation erst die geheime Innovation der Grundstein für eine spätere marktbeherrschende Stellung sein. Zum Zeitpunkt des erstmaligen Verbergens der Innovation gegenüber dem Partner der Forschungs- und Entwicklungskooperation wird diese Stellung aber meist noch nicht einmal angelegt sein.
B. Anforderungen an den Nachweis eines Geheimnisses Die Abgrenzung zwischen geheimen Innovationen und geheimen Produktbestandteilen bzw. Produktionsverfahren, die auf keiner erfinderischen, kreativen oder sonstigen Anstrengung beruhen, ist schwer zu treffen. Da diese geheim sind, hat gerade keine Patentanmeldung stattgefunden, aufgrund derer eine Patentierbarkeit bejaht oder abgelehnt wurde. Fraglich ist, ob Gerichte – die bis auf die Ausnahme der Patentgerichte meist nicht dafür ausreichende technische 24
Zum US-amerikanischen Recht siehe 4. Kapitel: E.VII.
B. Anforderungen an den Nachweis eines Geheimnisses
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Kenntnisse haben – nunmehr die Prüfung der Patentierbarkeit vornehmen sollten und könnten. Ein Abstellen auf die Patentierbarkeit ist aber auch nicht überzeugend, da mittels Geheimhaltung gerade auch diejenigen Innovationen vor Zugriff anderer Unternehmen geschützt werden können, die nicht patentierfähig sind.25 Wenig überzeugend ist auch, auf urheberrechtlicher Vorschriften abzustellen. Deren Überprüfung mag zwar leichter zu treffen sein. Denn geheime Innovationen müssen nicht zwangsläufig auf einer Leistung im Sinne des Urheberrechts beruhen. Zudem würde der Marktbeherrscher bei einer Pflicht zum Nachweis der Bedeutung seiner Innovation oder des Umfangs der Geheimhaltungsvorkehrungen u. U. sogar dem jeweiligen Prozessgegner oder den Kartellbehörden den Nachweis der Unerlässlichkeit einer Innovation erleichtern oder abnehmen. Bei vollständiger Kenntnis der Bedeutung der Innovation könnten diese ihre Begründungen für die Notwendigkeit einer Offenlegungspflicht modifizieren. Es ist daher fraglich, welche Anforderungen an den Nachweis einer geheimen Innovation zu stellen sind, damit eine Privilegierung vor kartellrechtlicher Haftung für die Verweigerung derer Offenlegung anzunehmen ist. In den US-amerikanischen Entscheidungen, die das Verbergen geheimer Informationen betrafen, wurde nicht geprüft, ob trade secrets im Sinne von bundesstaatlichen Regelungen vorlagen. Die Gerichte ließen es ausreichen, dass Geheimnisse vorlagen. Insbesondere wurde auch nicht diskutiert, ob die jeweilige Information nach immaterialgüterrechtlichen Vorschriften schutzfähig war. Zudem wurde auch keine Prüfung angestellt, ob die geheim gehaltene Information neu oder hochwertig war. Ein Abstellen auf den Nachweis des Schutzes nach mitgliedstaatlichen Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen erscheint auch im europäischen Wettbewerbsrecht kaum hilfreich. Denn ein derartiger Nachweis würde keinen Aufschluss über die Erfindungs- bzw. Gestaltungshöhe der Innovation geben, da dies regelmäßig kein Prüfungskriterium dieser Rechtsvorschriften ist. Hohe Anforderungen an den Nachweis der Geheimhaltung sollten ohnehin nicht gestellt werden. Denn zum einen zeigt sich schon in dem Verlangen der anderer Unternehmen, die jeweilige Innovation zu offenbaren, dass die Innovation tatsächlich nicht generell bekannt ist, da sonst kein Bedarf auf Offenlegung bestehen würde. Zum anderen geben die mitgliedstaatlichen Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen nur einen Hinweis auf die Voraussetzungen für den rechtlichen Schutz eines Geheimnisses, nicht aber über den Umfang seines tatsächlichen Schutzes durch Geheimhaltung. Im Einzelfall mag ein Gericht entschieden haben, dass eine Information nicht alle Voraussetzungen eines Geschäftsgeheimnisses für den Schutz nach der jeweiligen mitgliedstaatlichen 25
Siehe dazu 3. Kapitel: C.
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
Regelung erfüllt, rein tatsächlich kann die betreffende Information aber in dem jeweiligen Industriesektor geheim sein. Ein anschauliches Beispiel für den Nachweis einer geheimen Innovation findet sich in dem FTC-Verfahren in Sachen Intel. Nachdem die Kartellbehörde in der Vorenthaltung von Informationen durch Intel gegenüber anderen Unternehmen einen Kartellverstoß gesehen hatte, machte Intel geltend, dass (1) Intel wesentliche Ressourcen zur Entwicklung dieser Informationen eingesetzt habe, (2) diese Informationen nicht generell bekannt seien und (3) Intel erhebliche Anstrengungen zur Geheimhaltung der Informationen getroffen habe.26 Der Court of Appeals for the Federal Circuit hatte in dem parallel laufenden Rechtsstreit Intergraph Corp. v. Intel Corp. dem Bestehen von Geschäftsgeheimnissen schon für sich alleine besondere Bedeutung beigemessen. Andererseits erscheint sehr fraglich, ob eine Einschränkung von Anreizen für innovative Tätigkeiten drohen kann, wenn eine Information offenzulegen ist, die auf keinerlei innovativen Anstrengungen beruht. So haben US-amerikanischen Gerichte in den Fällen Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc. und New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc. auch in der Verweigerung der unentgeltlichen Lizenzierung von rein berichtenden Informationen keine Monopolisierung gesehen. Bei der Verweigerungen einer Lizenz zu angemessenen Lizenzgebühren könnte dagegen eine Monopolisierung in einer derartigen Konstellation in Betracht kommen. Als Vorschlag soll hier angeführt werden, dass das marktbeherrschende Unternehmen zumindest nachzuweisen haben sollte, dass die Information Ergebnis einer innovativen Tätigkeit ist. Über den Inhalt der geheimen Innovation sollte dagegen kein Nachweis geführt werden müssen. Auch sollten keine hohe Anforderungen an das Leistungsergebnis gestellt werden. Vielmehr sollte nur ein Nachweis über die Art der innovativen Leistung und die zugrunde liegende Leistungsanstrengung geführt werden müssen. Bei einer derartigen Vorgehensweise wird den Geheimhaltungsinteressen des dominanten Unternehmens weitestgehendest Rechnung getragen. Gleichzeitig wird aber auch ausgeschlossen, dass Informationen eine Privilegierung erhalten, die auf keiner innovativen Tätigkeit beruhen.
C. Sachliche Rechtfertigungsmöglichkeiten Eingehender soll hier nur die sachliche Rechtfertigung des sog. rechtmäßigen wirtschaftlichen Verhaltens und insbesondere die Rechtfertigung der Wahrung der rechtmäßigen geschäftlichen Interessen des dominanten Unternehmens be26 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief 9 (Intel Corporation February 25, 1999).
C. Sachliche Rechtfertigungsmöglichkeiten
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trachtet werden.27 Auf die sachlichen Rechtfertigungen der Förderung eines im öffentlichen Interesse stehenden Zweckes bzw. des Überwiegens der wettbewerbsfördernden Auswirkungen einer Verhaltensweise wird dagegen nicht genauer eingegangen.28 Die Vorstellung einer gegebenenfalls positiven Wertung missbräuchlichen Verhaltens in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung hat sich bisher im europäischen Wettbewerbsrecht auch noch nicht etabliert.29 Die Vorgehensweise der EG-Kommission im Missbrauchsverfahren gegen Microsoft, die Einschränkung der Innovationsanreize des dominanten Unternehmens mit der Steigerung der Innovationsanreize andere Unternehmen abzuwägen, wurde zudem bereits an einer anderen Stelle dieser Untersuchung thematisiert.30 Die grundlegende Voraussetzung für eine sachliche Rechtfertigung ist, dass durch das Verhalten des dominanten Unternehmens ein rechtmäßiges Ziel verfolgt wird, das Verhalten vernünftig ist und angemessen zu dem verfolgten Ziel ist.31 Zwingende wirtschaftliche und technische Gründe können eine Geschäftsverweigerung rechtfertigen. Dazu zählt beispielsweise auch die finanzielle Unzuverlässigkeit des anderen Unternehmen.32 Wie schon bei der Darstellung des US-amerikanischen Rechts genauer dargestellt, könnten sich insbesondere aus dem Verfahren der FTC gegen Intel zahlreiche Anhaltspunkte für mögliche sachliche Rechtfertigungen für die Vorenthaltung geheimer Innovationen gegenüber anderen Unternehmen ergeben.33 Zwar wurde in diesem Verfahren nicht über die Rechtmäßigkeit dieser Umstände entschieden, sie geben aber doch Hinweise auf gewisse Rechtfertigungsmöglichkeiten. Einige der bereits diskutierten Rechtfertigungsmöglichkeiten sollen hier nochmals für eine Untersuchung ihrer möglichen Bedeutung im europäische Wettbewerbsrecht aufgegriffen werden: Als sachliche Rechtfertigung für die Vorenthaltung geheimer Innovationen kommt vorrangig die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe durch die die Lizenzierung begehrenden Unternehmen in Betracht. Vo27
Vgl. dazu z. B.: United Brands, Tz. 184 / 194. Siehe dazu eingehend: Loewenthal, Paul-John, The Defence of „Objective Justification“ in the Application of Article 82 EC, [2005] 28 World Competition 455, 464– 465. Auch soll nicht auf die Frage eingegangen werden, ob das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung Teil der Prüfung des Missbrauchs oder nach Feststellung eines Missbrauchs zu untersuchen ist. 29 Loewenheim,Ulrich / Meessen, Karl M. / Riesenkampff, Alexander (Hrsg.), Bearbeiter: Lübbig. Thomas, Kartellrecht, Band 1, Art. 82 Rdnr. 222. 30 Siehe dazu 5. Kapitel: D.VI. 31 Vgl. m. w. N.: Loewenthal, Paul-John, [2005] 28 World Competition 455, 465– 466. 32 von der Groeben, Hans / Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Berarbeiter: Schröter, Helmuth, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Band 2, Artikel 82 EG Rdnr. 256. 33 Siehe dazu 4. Kapitel: E.III.5.g). 28
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6. Kap.: Verbergen von geheimen Innovationen
raussetzung für die Anerkennung dieser Rechtfertigung sollte aber jedenfalls sein, dass das dominante Unternehmen eine missbräuchliche Verwendung aufgrund konkreter Begebenheiten in der Vergangenheit vernünftigerweise befürchten darf. Anderenfalls könnte der Marktbeherrscher gegenüber dem Begehren jedes Unternehmens auf Lizenzierung geheimer Innovationen diese Befürchtung geltend machen. Zudem kann eine Angemessenheit dieser Verhaltensweise nur angenommen werden, wenn die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung nicht durch Vertragsabreden wirksam beseitigt werden kann. Eine Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung geheimer Innovationen ist das Ausnutzen der geheimen Innovationen um auf diesen beruhende – u. U. das Produkt des Monopolisten ersetzende – Erzeugnisse zu entwickeln und anzubieten. Derartige Bedenken wurden auch schon in europäischen Missbrauchsverfahren von IBM bzw. Microsoft geltend gemacht. Voraussetzung für die Annahme dieser sachlichen Rechtfertigung muss aber zumindest sein, dass die offen zu legenden Informationen überhaupt Rückschlüsse auf die Erzeugnisse des dominanten Unternehmen über den bloßen Inhalt der Information hinaus erlauben. Eine weitere mögliche sachliche Rechtfertigung könnte auch der Nachweis nicht vorhandener Sorgfalt bei der Geheimhaltung von in der Vergangenheit mitgeteilter Informationen durch das andere Unternehmen sein. Denn die Kenntniserlangung durch unberechtigte Dritte kann nicht nur durch aktive Weitergabe, sondern auch durch ungenügende Geheimhaltungsvorkehrungen ermöglicht werden. Voraussetzung dafür sollte aber zumindest ein konkreter Nachweis der Unsorgfältigkeit des anderen Unternehmens sein, da dieser Einwand sonst praktisch gegenüber jedem Unternehmen geltend gemacht werden könnte. Eine weitere Lösung dieser Problematik könnte aber auch die Vereinbarung vertraglicher Geheimhaltungsabreden sein, da diese bewirken können, dass das andere Unternehmen seine Sorgfaltsanstrengungen erhöht. Ob das Nichtbestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen zwei Unternehmen eine sachliche Rechtfertigung darstellen kann, erscheint zweifelhaft. Die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung der geheimen Innovation ist einem derartigen Fall nicht ohne weiteres indiziert. Insbesondere darf es nicht ausreichen, dass das dominante Unternehmen ein eingeschränktes Vertrauensverhältnis wegen der Konkurrenz zu dem anderen Unternehmen behauptet. Anderenfalls könnte diese Rechtfertigung wiederum in jedem Fall geltend gemacht werden. Vielmehr sind konkrete Nachweise eines nicht zu beseitigenden Vertrauensverlustes zu führen. Denkbar ist zum Beispiel der Nachweis von Betriebsspionage des anderen Unternehmens gegen das dominante Unternehmen.
7. Kapitel
Praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten an Geheimnissen bzw. Ausgestaltung der Lizenzierungsbedingungen A. Verhinderung von Offenbarungen durch Lizenznehmer Die Aufdeckung eines Verstoßes gegen gesetzliche oder auch vertragliche Vorschriften zum Schutz von Geheimnissen vor Offenbarung stellt sich regelmäßig als sehr schwer dar.1 Geheime Informationen können anders als körperliche Gegenstände ohne feststellbare Spuren entwendet, Dritten offenbart und verwendet werden.2 Auch der Umstand, dass die geheime Information später bei einem anderen Unternehmen aufgefunden wird, lässt nicht zwangsläufig auf einen Verstoß schließen, da dieses Unternehmen die Information auch durch Entschlüsselung oder eigene unabhängige Entwicklung erhalten haben kann.3 Die Aufdeckung eines Verstoßes kann aber dann erheblich erleichtert werden, wenn es die Art der Information erlaubt, beabsichtigte aber durch andere Unternehmen schwer feststellbare Fehler einzuarbeiten. Denn dann kann bei Auftauchen dieser Fehler bei den Produkten eines anderen Unternehmens regelmäßig auf einen Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Geheimnisschutzvorschriften geschlossen werden. Weiter oben wurde schon eingehend diskutiert, ob die Vereinbarung von Vertraulichkeitsabreden diese Gefahr völlig beseitigen kann. Dagegen sprechen die bereits dargestellten Bedenken. Eine Möglichkeit bestünde daher auch darin, dem Marktbeherrscher zu erlauben, bestimmte Teile der geheimen Innovation falsch an die potentiellen Lizenznehmer zu übermitteln, um eine missbräuchliche Verwendung oder Weitergabe aufdecken zu können. Dabei müsste jedoch sichergestellt werden, dass diese Vorgehensweise nicht selbst eine Schädigung der anderen Unternehmen herbeiführen kann, wie z. B. durch eine Beeinträchtigung der durch die Offenlegung eigentlich möglichen Interoperabilität zwischen den jeweiligen Erzeugnissen. Gegen eine derartige Vorgehensweise spricht aber, dass die Überwachung dieser Voraussetzung für die Kartellbehörden vielleicht kaum oder nur unter Rückgriff auf technische Expertise erfolgen kann. 1 2 3
Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 278. Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 278. Robert G. Bone, 86 Calif. L. Rev. at 278.
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7. Kap.: Praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten
Nicht übersehen werden darf, dass der Marktbeherrscher zum Eigenschutz ohne Absprache mit den Kartellbehörden zu dieser Vorgehensweise greifen könnte. Dann kann er sich aber wiederum der Gefahr neuer Missbrauchsvorwürfe oder des Vorwurfes des Verstoßes gegen die ausgesprochene Sanktion aussetzen. Unbeachtet bleibt diese Problematik, wenn dem dominanten Unternehmen aufgegeben wird, der Weitergabe der geheimen Innovation durch die zu lizenzierenden Unternehmen an andere Personen zuzustimmen. Eine derartige Verpflichtung kann aber zum Verlust des Geheimnisses führen, wenn die Weitergabe nicht wiederum unter der Verpflichtung der Geheimhaltung erfolgt. Bei einer Weitergabe an eine Vielzahl von Unternehmen kann selbst bei Auferlegung von Geheimhaltungspflichten ein Verlust des Geheimnischarakters eintreten, wenn als Folge der Weitergabe die Innovation in allen interessierten Kreisen bekannt wird. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Innovation in Erzeugnissen (insb. Computerprogrammen) verwendet werden soll, die in Form der sog. open source vertrieben werden. Kennzeichnend für diese ist, dass ihr Quellcode zur Überprüfung und Fortentwicklung durch jeden Interessierten offengelegt ist.4 Eine derartige Verpflichtung kann daher u. U. zu dem völligen Entzug des Geschäftsgeheimnissen führen. Abgesehen davon, dass diese Sanktion sehr einschneidend ist, kommt zudem noch hinzu, dass sie zu einem entschädigungslosen Verlust des Geheimnisses führen kann. Bei Kenntnis des Geheimnisses durch alle oder die meisten interessierten Kreise kommt wohl nicht mehr in Betracht, dass das dominante Unternehmen noch entgeltliche Lizenzen für die geheime Innovation vergeben kann. Ähnliches gilt beispielsweise auch für das Schreiben der EG-Kommission vom 1. Juni 2005 an Microsoft. Gemäß dieses Schreibens sieht die EG-Kommission Microsoft dazu verpflichtet, der Verteilung von Software, die von Konkurrenten auf der Basis der offengelegten Spezifikationen des Windowsprotokolls entwickelt werde, an Dritte, die keine Lizenznehmer seien, in Quellcodeform zuzulassen, sofern die Software keine Erfindung enthalte, die die Kriterien der Neuheit und Erfindungshöhe erfülle.5 Ob eine derartige Verpflichtung unter den Gesichtspunkten der Grundrechte und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu rechtfertigen ist, scheint sehr fraglich.
B. Feststellung einer angemessenen Lizenzgebühr Schon bei den Immaterialgüterrechten bestehen erhebliche Schwierigkeiten für Kartellbehörden oder Gerichte, die angemessene Höhe der Lizenzgebühren 4 Für eine Beschreibung von open source Systemen, vgl. z. B.: Lawrence Lessig, The Limits in Open Code: Regulatory Standards and the Future of the Net, 14 Berkeley Tech. L.J. 759, 764–765 (1999). 5 Vgl.: Klage, eingereicht am 10. August 2005 – Microsoft / Kommission (Rechtssache T-313 / 05), ABl. C 257 vom 15.10.2005, S. 16–17.
B. Feststellung einer angemessenen Lizenzgebühr
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für ein zu lizenzierendes Schutzrecht festzustellen.6 Daher kann allein die Gefahr der Anordnung einer Lizenzierungs- oder Offenlegungspflicht durch Gerichte oder Kartellbehörden den Inhaber eines Immaterialgüterrechts dazu veranlassen, anderen Unternehmen, die eine Beschwerde bei den Kartellbehörden oder eine Klage androhen, freiwillig eine Lizenz einzuräumen.7 Denn meist wird es der Inhaber des Immaterialgüterrechts vorziehen, die Lizenzgebühr und -bedingungen nur mit dem anderen Unternehmen auszuhandeln. Denn nur so kann das Unternehmen vermeiden, dass es (1) überhaupt unternehmensinterne Daten und (2) darüber hinaus eben auch an Behörden oder Gerichte offenlegen muss.8 Vergessen werden darf dabei auch nicht, dass in einer Vertragsverhandlung andere Regeln (rechtlicher als auch tatsächlicher Natur) Anwendung finden, als bei einer Gerichtsverhandlung oder einer behördlichen Ermittlung. Offenbarungs- bzw. Lizenzierungspflichten erfordern insbesondere auf Hinblick der Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr oft Verhandlungen zwischen dem Monopolisten und den Unternehmen, denen gegenüber eine Lizenz erteilt oder eine Information offenbart werden muss. Die zwangsweise Begründung einer Verhandlungssituation kann aber zu einer Abstimmung der beteiligten Unternehmen nicht nur hinsichtlich der zu lizenzierenden Informationen, sondern auch über andere Umstände führen.9 Gerade dies soll durch das Kartellrecht aber verhindert werden. Im Falle von Geschäftsgeheimnissen bestehen noch größere Bedenken. Der Wert eines Geschäftsgeheimnisses wird regelmäßig schwerer zu bestimmen sein, als der eines Immaterialgüterrechts, da für Geschäftsgeheimnisse regelmäßig kein Angebotsmarkt besteht. Auch wird der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses dieses nur in wenigen Fällen Dritten gegen Entgelt zu Verfügung gestellt haben, so dass daraus nur selten der Wert des Geschäftsgeheimnis abgeleitet werden kann. Auch können andere Unternehmen nicht über den Wert des Geheimnisses befragt werden, da diesen durch die Behörden gerade nicht der Inhalt des Geheimnisses offengelegt werden darf. Daraus wird deutlich, dass schon die Bestimmung des Wertes des Inhalts eines Geheimnisses erheblichen Schwierigkeiten unterliegt. Der Wert eines Geheimnisses ergibt sich aber nicht nur aus dessen Inhalt, sondern auch daraus wie viele andere Unternehmen dessen Inhalt bereits kennen. Die Information darüber hat regelmäßig alleine der Marktbeherrscher. Eine Auskunft des Marktbeherrschers über den Umfang der Offenbarung an andere Unternehmen kann 6 Beier, Friedrich-Karl, GRUR 1998, 185, 188. Dies für erzwungene Geschäftsbeziehungen generell feststellend: Phillip E. Areeda, 58 Antitrust L.J. at 853. 7 Beier, Friedrich-Karl, GRUR 1998, 185, 189. 8 So auch: Beier, Friedrich-Karl, GRUR 1998, 185, 189 Fn. 33. 9 Vgl.: Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. at 408.
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7. Kap.: Praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten
durch die Kartellbehörden bzw. Gerichte nur schwer auf ihre Richtigkeit überprüft werden, da die Verwendung eines Geheimnisses durch andere Unternehmen nicht oder nur sehr schwer feststellbar ist. Die Kartellbehörden müssen sich daher „auf das Wort“ des Marktbeherrschers verlassen. Zudem nimmt der Wert des Geheimnisses auch in dem Umfang ab, umso mehr Unternehmen der Marktbeherrscher das Geheimnis offenlegen muss. Dies wird auch dann besonders problematisch, wenn der Marktbeherrscher einigen wenigen Unternehmen das Geheimnis bereits exklusiv offenbart hatte. Diese Problematik tritt aber auch bei den Immaterialgüterrechten auf, da auch deren Wert in dem Maße für den einzelnen Lizenznehmer abnimmt, in dem sie auch an andere Unternehmen lizenziert werden. Sehr fraglich ist, ob zur Bestimmung nicht diskriminierender Lizenzgebühren und -bedingungen auf andere Verträge über das fragliche oder anderes Knowhow des Monopolisten abgestellt werden könnte. Denn oftmals bestehen in diesen Verträgen Verschwiegenheitsverpflichtungen. Denn die Geheimhaltung der Lizenzgebühr und auch der -bedingungen sind oftmals von erheblicher wettbewerblicher Bedeutung für Lizenzgeber und -nehmer.10 Ein Abstellen auf die dem dominanten Unternehmen durch eine Lizenzierung entstehenden Gewinneinbußen beseitigt diese Problematik nicht, sondern verlagert sie nur auf die schwierige Feststellung dieser Einbußen. Die Problematik der genauen Bewertung geheimer Innovationen überschreitet jedoch den Untersuchungsgegenstand dieser Untersuchung und soll daher nicht weiter thematisiert werden.11 Nach einem Vorschlag von Judge Richard A. Posner könnte in technisch hoch komplexen Fällen auf dem Gebiet der neuen Technologien Elemente aus den sog. Schiedsverfahren übernommen werden.12 Das Gericht könnte jede Partei einer derartigen Kartellstreitigkeit auffordern, jeweils einen technischen Experten zu benennen. Beide Experten könnten sich dann zusammen auf einen – damit wahrscheinlich neutralen – Experten einigen, der dann als Gutachter vom Gericht ernannt wird. Problematisch dabei ist aber, dass z. B. in der Softwareindustrie viele qualifizierte Experten in der einen oder anderen Weise mit den Parteien oder anderen von dem Rechtsstreit betroffenen Unternehmen verbunden sind.13 Die Bedeutung dieser Möglichkeit zeigt sich auch daran, dass die 10 Diese Feststellung in einem anderen Zusammenhang treffend: David J. Teece / Edward F. Sherry, 87 Minn. L. Rev. at 1963–1964. 11 Zur Frage der Bewertung von Patenten und Know-how besteht eine umfassende wissenschaftliche Diskussion, vgl. m. w. N.: Wurzer, Alexander J. / Reinhardt, Dieter F., Bewertung technischer Schutzrechte: Praxis der Patentbewertung, Köln, Berlin, München, 2006. 12 Richard A. Posner, 68 Antitrust L.J. at 937. 13 Richard A. Posner, 68 Antitrust L.J. at 937.
C. Verlust des Geheimnischarakters
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EG-Kommission auf Vorschlag von Microsoft den Professor für Informatik Neil Barrett als Bevollmächtigten ernannt hat, damit dieser sie bei der Beurteilung der Frage, ob Microsoft die gegenüber Microsoft ergangene Entscheidung der EG-Kommission einhält, fachlich berät.14 Die Entscheidung der EG-Kommission sieht die Benennung eines derartigen Bevollmächtigten aus den Vorschlägen mehrerer geeigneter Experten Microsofts vor.15 Die EG-Kommission führt in der Pressemitteilung zur Ernennung des Bevollmächtigten aus: „Allein die Kommission ist dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass sich Microsoft uneingeschränkt an die Entscheidung von 2004 hält. Der Bevollmächtigte gibt der Kommission lediglich unparteiischen fachlichen Rat in Fragen der Einhaltung der Entscheidung. So kann sein Fachwissen beispielsweise herangezogen werden hinsichtlich der Interoperabilitäts-Abhilfemaßnahme, die darin besteht, dass Microsoft die vollständigen und genauen Schnittstellenspezifikationen offenlegen muss, mit denen nicht von Microsoft stammende Arbeitsgruppenserver uneingeschränkt mit Windows-PCs und -Servern kommunizieren können. Er könnte beurteilen, ob Microsoft die Protokollspezifikationen vollständig und tatsachengetreu offengelegt hat und ob der Konzern diese unter angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zur Verfügung gestellt hat.“16
Dies zeigt, dass auch in Betracht kommen könnte, dass die Beurteilung der Angemessenheit einer Lizenzgebühr durch einen unabhängigen Experten oder ein Expertengremium erfolgt.
C. Verlust des Geheimnischarakters Anders als ein Immaterialgüterrecht kann eine geheime Information bei übermäßiger Lizenzierung dann wertlos werden, wenn die Information dadurch den Charakter eines Geheimnisses verliert. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Information an fast jedes Unternehmen in einem Industriezweig offenbart werden muss. Umgangen könnte dies Problematik auch nicht dadurch werden, dass durch die gerichtliche Anordnung auch eine Weiterzahlung der Lizenzgebühr nach Offenkundigkeit des Geheimnisses vorgesehen wird. Denn durch eine derartige Anordnung würde das dominante Unternehmen besser gestellt, als wenn es keine oder eine freiwillige Lizenzierung vorgenommen hätte. Bedenklich dabei ist auch, dass die Erfordernisse an den Umfang von Geheimhaltungsverpflichtungen bei Lizenzierung von Geschäftsgeheimnissen von Rechtsordnung zu Rechtsordnung variieren. Durch die zwangsweise Offenlegung einer geheimen Information gegenüber einem anderen Unternehmen be14 EG-Kommission, Pressemitteilung vom 5. Oktober 2005, Wettbewerb: Kommission ernennt Bevollmächtigten als Berater für die Kontrolle der Einhaltung der Microsoft-Entscheidung von 2004, IP / 05 / 1215. 15 EG-Kommission, Entscheidung – Microsoft, Art. 7. 16 EG-Kommission, Pressemitteilung vom 5. Oktober 2005, IP / 05 / 1215.
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7. Kap.: Praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten
steht daher die Gefahr, dass der Marktbeherrscher in anderen Rechtsordnungen den rechtlichen Schutz für die Information als Geheimnis verliert. Damit unterscheiden sich Offenbarungspflichten an geheimen Informationen wesentlich von Lizenzierungsverpflichtungen bei Immaterialgüterrechten, da bei Letzteren durch die zwangsweise Lizenzierung in keinem Fall ein Verlust des Schutzrechtes, sondern nur ein Wertverlust eintreten kann. Zu bedenken ist auch, dass die unbefugte Weitergabe durch einen Lizenznehmer eine Kette von weiteren Offenlegungen in Gang setzen kann. Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisse wird dann regelmäßig nicht mehr in der Lage sein, zu beweisen, dass die weiteren Empfänger das Geheimnis auf unrechtmäßige Weise erlangt haben. Bei einer großen Anzahl von Offenlegungen wird der Nachweis von missbräuchlicher Entwendung oder unrechtmäßiger Offenlegung (bzw. von Kenntnis der rechtswidrigen Offenlegung) für diesen prohibitiv teuer.17 Bei Immaterialgüterrechten genügt dagegen der Nachweis der Verletzung des Immaterialgüterrechts, um eine weitere Verwendung zu verhindern. Nicht übersehen darf auch werden, dass eine offengelegte Innovation anders als ein lizenziertes Immaterialgüterrecht nicht einfach zurückgeholt werden kann, da die Feststellung der Verwendung oder Umgehungsversuche des lizenzierten Unternehmens aufgrund der nun erlangten Kenntnis schwer feststellund verhinderbar sein können.18
D. Räumliche Beschränkung der Lizenz Bei einer Zwangslizenz an Immaterialgüterrechten kann die Gefahr, dass auf dem zwangslizenzierten Immaterialgüterrecht beruhende Erzeugnisse in Rechtsordnungen geliefert werden, für welche die Zwangslizenz keine Geltung beansprucht, durch die Annahme der fehlenden Erschöpfung verhindert werden. So hat der EuGH beispielsweise festgestellt, dass ein Mitgliedstaat nach Art. 28, 30 EG das Recht hat, einem Patentinhaber zu erlauben, den Verkauf von Waren zu verhindern, die ein anderes Unternehmen aufgrund der Einräumung einer Zwangslizenz in einem anderen Mitgliedstaat hergestellt hat.19 Der EuGH begründete dies damit, dass dem Patentinhaber ansonsten sein Recht genommen werden würde, frei über die Bedingungen zu entscheiden, unter denen er seine Ware in Verkehr bringen will. Zum Schutz der sich aus einem Patent ergebenden ausschließlichen Rechte muss sich der Patentinhaber daher derartigen Einfuhren, denen er gerade nicht zugestimmt hat, widersetzen können.20 Der EuGH 17
Steven N. S. Cheung, 20 Economic Inquiry at 44–45. Spindler, Gerald / Apel, Katharina, JZ 2005, 133, 138. 19 EuGH vom 9. Juli 1985, Rs. 19 / 84, Pharmon BV . /. Hoechst AG, Slg. 1985, 1281, Tz. 25–27. 20 EuGH, Pharmon BV . /. Hoechst AG, Slg. 1985, 1281, Tz. 26. 18
E. Zeitliche Beschränkung der Lizenz
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unterschied in seiner Entscheidung auch nicht danach, ob der Inhaber der Zwangslizenz die Ware direkt in den betreffenden Mitgliedstaat verkauft hat oder ob ein Dritter, der die Ware auf dem Inlandsmarkt des Zwangslizenzinhabers erworben hatte, im Wege des Wiederverkaufs in den betreffenden Mitgliedstaat verkauft hat.21 Durch eine derartige Vorgehensweise kann verhindert werden, dass die Wirkung einer Zwangslizenz auf Gebiet eines anderen Staates erstreckt werden, der eine derartige Lizenz u. U. gerade nicht vorsehen will. Da bei Betriebsgeheimnissen keine gesetzliche Ausschließlichkeitsrechte bestehen, kann sich ihr Inhaber aber nicht auf die fehlende Erschöpfung berufen. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Verwendung der geheimen Innovation in den jeweiligen Erzeugnissen nur schwer feststell- und nachweisbar sein kann. Eine Offenlegungsverpflichtung kann daher auch Auswirkungen auf Rechtsordnungen haben, für die das betreffende Wettbewerbsrecht keine Geltung beanspruchen kann. Zwar kann in der Offenlegungsverpflichtung vorgesehen werden, dass die potentiellen Lizenznehmer ihre Erzeugnisse nicht in andere Rechtsordnungen vertreiben dürfen. Kaum ausgeschlossen werden kann dagegen, dass Dritte die Erzeugnisse am Markt erwerben und dann in andere Rechtsordnungen vertreiben. Der Präsident des EuG hatte im von Microsoft beantragten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur scheinbar eine ähnlich gelagerte Fragestellung zu beantworten. Microsoft hatte ausgeführt, dass das umstrittenerweise bestimmte Informationen über Interoperabilität der Erzeugnisse Microsofts benötigende Unternehmen Sun seine Erzeugnisse nicht im EWR entwickeln würde. Der Präsident des EuG wies diesen Einwand aber zurück, weil auch der EWR zu dem im Fall unstrittigen relevanten weltweiten Markt gehört.22 Die von Sun entwickelten Erzeugnissen werden wohl auch im EWR vertrieben, so dass es auf die Frage des Ortes der Entwicklung nicht ankommt. Dies unterscheidet sich aber von der Frage, ob offengelegte Informationen in räumlichen Märkten verwendet werden dürfen, für die das europäische Wettbewerbsrecht keine Geltung beanspruchen kann.
E. Zeitliche Beschränkung der Lizenz Der Präsident des EuG hat bei seiner Prüfung des Antrags von Microsoft auf einstweilige Anordnung ausgeführt, dass die Kenntnis über eine vorher geheim gehaltene Information anderen Unternehmen für immer erhalten bleibt, sobald sie diese Kenntnis einmal erworben haben.23 Der Präsident des EuG wies aber 21 Demaret, Paul, Patent- und Urheberrechtsschutz, Zwangslizenzen und freier Warenverkehr im Gemeinschaftsrecht, GRUR Int. 1987, 1, 6. 22 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 200. 23 Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 253.
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7. Kap.: Praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten
auch darauf hin, dass mittels von Vertraulichkeitsabsprachen, die auch durch Vertragsstrafeversprechen absicherbar sind, verhindert werden kann, dass die so erlangten Informationen nach einer Aufhebung der Entscheidung der EG-Kommission nicht weiter verwendet werden können.24 Diese Feststellung kann auch auf die Konstellation übertragen werden, dass die Verwendung der offengelegten Informationen durch andere Unternehmen nach Ablauf der Sanktionsdauer beendet werden muss. Ein ähnliches Problem stellt sich auch bei Lizenzverträgen über (geheimes) Know-how. Regelmäßig ist es dort auch durch die Vereinbarung entsprechender Pflichten handhabbar. Der Entscheidung des Präsidenten des EuG kann jedoch nicht völlig beigepflichtet werden. Die Offenlegung aufgrund behördlicher Anordnung beinhaltet die Besonderheit, dass Informationen unter Umstände auch an Konkurrenzunternehmen offengelegt werden müssen. Für den Marktbeherrscher besteht daher eine erhöhte Gefahr eines zweckwidrigen Gebrauchs durch diese Unternehmen. Insbesondere besteht die Gefahr, dass diese Unternehmen aufgrund der erlangten Informationen auch ein reverse engineering anderer Innovationen des Marktbeherrschers vornehmen könnten. Eine Gefahr, die durch Vertraulichkeitsabreden nur schwerlich beseitigt werden kann. Auch wird zwischen den Unternehmen nur ein sehr eingeschränktes Vertrauensverhältnis bestehen. Ein vorheriges Geschäftsverhältnis wird auch nur selten bestehen. Die Konstellation der behördlichen Anordnung einer Offenlegung ist daher auch nur sehr begrenzt mit einem freiwilligen Lizenzvertrag über Know-how vergleichbar. Denn bei diesem kann abgewogen werden, ob dem potentiellen Lizenznehmer Vertrauen entgegen gebracht werden kann. Dies natürlich umso mehr, als der Lizenznehmer im Hinblick auf den Einsatz des geheimen Know-how nicht oder nur am Rande im Wettbewerb mit dem Lizenzgeber steht. Auch kann der Lizenzgeber bei einer freiwilligen Lizenzierung über tatsächliche Sanktionsmöglichkeiten verfügen, die bei einer Anordnung der Offenlegung kaum einschlägig sein werden, wie z. B. die Einstellung zukünftiger Zusammenarbeit, soweit kartellrechtlich zulässig. Diese tatsächliche Sanktionsmöglichkeiten unterscheiden sich von den in Offenlegungsanordnungen vorsehbaren Sanktionsmöglichkeiten schon dadurch, dass bei diesen kein Nachweis eines zweckwidrigen Gebrauchs u. U. sogar in einem Rechtsstreit erfolgen muss. Der Lizenzgeber kann auch in einem bloßen Verdachtsfall tätig werden und kann damit Verstöße schon durch diese Aussicht auf tatsächliche Sanktion wirksam verhindern. Der Vergleich mit der Konstellation eines freiwilligen Lizenzvertrages ist daher nicht völlig treffend. Der Einsatz von Vertraulichkeitsabreden ist daher im Fall behördlicher Anordnung von Offenlegungsverweigerungen weniger wirksam als vom Präsidenten des EuG angenommen.
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Beschluss Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 268.
F. Entwendung des Geheimnisses vor Anordnung einer Offenlegung
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Oft werden in Lizenzverträgen auch (nachvertragliche) Konkurrenzverbote vereinbart. Diese erlangen ihre besondere Bedeutung daraus, dass der Lizenzgeber nicht den Nachweis der weiteren Verwendung seines Know-hows durch den Lizenznehmer nach Vertragsablauf feststellen oder (vor Gericht) nachweisen muss. Die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes muss bei der behördlichen Anordnung einer Offenlegung bestimmter Geheimnisse aber ausscheiden, da sie deren Zweck ad absurdum führen würde. Denn nach Sanktionsablauf oder Aufhebung der Entscheidung würde bei Bestehen eines Konkurrenzverbotes ein Zustand eintreten, der durch weniger Wettbewerb geprägt ist als der vor der Entscheidung. Nach Ablauf der Sanktion kann das dominante Unternehmen u. U. eine weitere Verwertung auch dadurch verhindern, dass er die geheimen Innovationen abändert oder fortentwickelt. Eine derartige Abänderung kann aber u. U. wiederum neue Kartellvorwürfe begründen und ist daher zur Lösung des Problems auch weniger geeignet. Diese Problematik kann sich durch Zeitablauf auch selbst erledigen, nämlich dann wenn aufgrund des technischen Fortschritts diese Informationen an Bedeutung verloren haben. Die Problematik hat aber entscheidende Bedeutung bei noch nicht rechtskräftiger Anordnung einer Offenlegung, die später aufgehoben wird.
F. Entwendung des Geheimnisses durch Konkurrenten schon vor Anordnung einer Offenlegung In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird diskutiert, ob die Verwendung des betreffenden Immaterialgüterrechtes eines marktbeherrschenden Unternehmens durch andere Unternehmen eigenmächtig oder erst nach Erlangung eines gerichtlichen Titels bzw. nach der Anordnung der Lizenzierungspflicht durch einer Kartellbehörde erfolgen darf.25 Die Legitimität einer missbräuchlichen Entwendung eines Geschäftsgeheimnisses wegen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung scheint wenig hinnehmbar. Denn die Entwendung wird oft auch mit einem Eingriff in Geschäftsablauf des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses einhergehen, sei es durch tatsächliche Spionage in dessen Betrieb oder durch Einwirken auf dessen Mitarbeiter bzw. Lizenznehmer. Derartige Verhaltensweisen sollten aber nicht dadurch durch das Kartellrecht gefördert werden, dass ihr Anwender Unterlassungs- bzw. Schadensersatzansprüchen durch eine Berufung auf eine Offenle-
25 Siehe dazu: Merveldt, Moritz Graf von, Der Ausschluss kartellrechtlicher Einwendungen im Patentverletzungsverfahren, WuW 2004, 19, 21 f; Wirtz, Markus M. / Holzhäuser, Michael, Die kartellrechtliche Zwangslizenz, WRP 2004, 683, 693 f.
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7. Kap.: Praktische Schwierigkeiten von Offenbarungspflichten
gungspflicht nach Kartellrecht entgehen kann. Diese Verhaltensweisen können einen über die bloße Entwendung des Geheimnisses hinausgehenden Schaden erzeugen. Sollten diese Vorgehensweisen durch Kartellrecht rechtfertigbar sein, würde dies zudem zu stärkeren Geheinhaltungsvorkehrungen bei den Inhaber geheimer Innovationen führen, welche den Ausfall des rechtlichen Schutzes aufgrund kartellrechtlicher Vorschriften fürchten könnten und dadurch zu umgehen hoffen würden. Bei der Entwendung von Geschäftsgeheimnissen ist dann zudem fraglich, ob diese Entwendung Ansprüche auf Lizenzierung ausschließt, da die Entwendung darauf hindeuten könnte, dass das für eine Lizenzierung notwendige Vertrauensverhältnis zu dem Inhaber der geheimen Innovation nicht besteht oder gestört ist.
8. Kapitel
Ergebnis und Zusammenfassung der Untersuchung In der EU besteht eine größere Skepsis hinsichtlich der Verhinderung von Kompatibilität mit Erzeugnissen anderer Unternehmen durch dominante Unternehmen. Dabei wird nicht die Innovationsentscheidung selbst kritisiert, sondern die fehlende Offenlegung der Schnittstellen eines Erzeugnisses durch den Marktbeherrscher. Gerade bei der Verhinderung innovativer Erzeugnisse von Konkurrenzunternehmen scheinen nach europäischer Vorstellung die Vorteile einer Lizenzierungspflicht für die Verbraucher überwiegen zu können. In den USA herrscht dagegen eine gewisse Vermutung für die Legitimität der Geheimhaltung auch die Kompatibilität mit anderen Erzeugnisse erleichternder Informationen vor. Davon ausgehend lassen sich aus der Untersuchung zusammenfassend folgende Thesen ableiten: Bei der kartellrechtlichen Beurteilung ist eine Differenzierung zwischen Lieferverweigerungen an geheime Innovationen verkörpernden Erzeugnissen und Lizenzverweigerungen an geheimen Innovationen vorzunehmen. Die Weigerung eines Marktbeherrschers, Erzeugnisse an andere Unternehmen zu liefern, die mittels einer geheimen Innovation hergestellt oder die geheime Innovation beinhalten, ist nicht anders zu beurteilen als jede andere Belieferungsverweigerung an körperlichen Gegenständen. Bei Geheimnissen besteht – anders als bei Patenten oder Urheberrechten – kein absolutes Recht, das dem Inhaber eines Geheimnisses erlaubt, andere Unternehmen von der Veräußerung der auf der relevanten Information beruhenden Erzeugnisse auszuschließen. Das Bestehen geheimer Innovationen an dem betreffenden Erzeugnis könnte zudem bei fast jeder Belieferungsverweigerung geltend gemacht werden, da der Geheimnisschutz – anders als bei Patenten oder Urheberrechten – relativ einfach zu erlangen, zu behaupten und nachzuweisen ist. Eine besondere Beurteilung müssen jedoch Lieferverweigerungen an geheime Innovationen verkörpernden Erzeugnissen vor deren ersten Markteinführung erhalten. Die Markteinführung eines neuen Erzeugnisses und die erste Phase nach Markteinführung können dem Hersteller des Erzeugnisses einen entscheidenden Vorteil im Wettbewerb geben. Bis zur Markteinführung kann eine Innovation bei Treffen ausreichender Vorkehrungen auch regelmäßig ohne weiteres geheim
310
8. Kap.: Ergebnis und Zusammenfassung der Untersuchung
gehalten werden. Regelmäßig erst mit Markteinführung besteht die Gefahr, dass die in dem Erzeugnis verkörperte geheime Innovation von anderen Unternehmen entschlüsselt wird. Zum Teil kann es nach Markteinführung nicht einmal mehr einer Entschlüsselung bedürfen, wenn sich die Innovation ohne weiteres aus dem Erzeugnis ergibt. Eine Belieferungsverweigerung vor Markteinführung kann folglich dem Schutz des sich aus der Markteinführung potentiell ergebenden Vorteils dienen. Daher ist sie kartellrechtlich anders zu beurteilen, als die Belieferungsverweigerung nach Markteinführung. Lizenzverweigerungen an geheimen Innovationen sind nur unter den Voraussetzungen, die für Immaterialgüterrechte von der Rechtsprechung entwickelt wurden, kartellrechtlich bedenklich. Die Weigerung, ein geheime Innovation vor Markteinführung des sie verkörpernden Erzeugnisses zu offenbaren, ist im Ergebnis nichts anders zu behandeln, als die Weigerung, geheime Innovationen verkörpernde Erzeugnisse vor Markteinführung anderen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Doch selbst nach Markteinführung kann die in einem Erzeugnis verkörperte geheime Innovation oder die zu der Herstellung des Erzeugnisses verwendete geheime Innovation weiter geheim geblieben sein. Denn durch erfolgreiche Geheimhaltung kann eine Innovation tatsächlich vor der Nachahmung durch Dritte geschützt werden. Die tatsächliche Geheimhaltung kann dabei sogar stärkeren Schutz als die gesetzlichen Vorschriften des Patent- oder Urheberrechts gewährleisten. Genau wie bei Immaterialgüterrechten ergibt sich der besondere Wert eines Geheimnisses also auch und nur daraus, dass es keiner anderen Person zur Verfügung gestellt wird bzw. werden muss. Die Verweigerung, eine geheime Innovation anderen Unternehmen zu offenbaren oder zu lizenzieren, sollte daher kartellrechtlich nicht anders beurteilt werden, als die Weigerung, eine Lizenz an einem Immaterialgüterrecht zu erteilen. Bei Lizenzverweigerungen an geheimen Innovationen sind besondere sachliche Rechtfertigungen bei der kartellrechtlichen Prüfung zu beachten. Zudem sind auf der Rechtsfolgenseite bei der Anordnung von Offenbarungspflichten an geheimen Innovationen einige Besonderheiten zu beachten bzw. problematisch. Noch nicht abzusehen ist, ob die EG-Kommission die Problematik der Lizenz- bzw. Offenlegungsverweigerungen in einem Leitlinienentwurf zu Art. 82 EG tatsächlich aufgreifen wird.1
1 Eine Einführung und Übersicht zu der von der EG-Kommission zu Art. 82 EG begonnen Diskussion, die zu einem Leitlinienentwurf führen könnte, findet sich unter: EG-Kommission, Article 82 Review (19.12.2005).
9. Kapitel
Nachtrag – das EuG-Urteil in der Rechtssache Microsoft . /. EG-Kommission1 A. Zusammenfassung des Urteils des EuG in Microsoft . /. EG-Kommission Das Urteil der großen Kammer des EuG in der Rechtssache Microsoft . /. EG-Kommission wurde sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis mit Spannung erwartet. Im Ergebnis hielt das EuG die Entscheidung der EG-Kommission fast vollständig aufrecht.2 Nur hinsichtlich der Benennung des Bevollmächtigten zur Überwachung ihre Entscheidung hob das EuG die Entscheidung der EG-Kommission auf. Zur kartellrechtlichen Beurteilung der Lizenz- bzw. Offenlegungsverweigerungen Microsofts verwies das EuG auf die Entscheidung des EuGH in Magill und IMS Health . /. NDC Health. Das EuG fasste diese Entscheidung dahingehend zusammen, dass Basis der Entscheidungen des EuGH sei, dass die Lizenzverweigerung eines Inhabers eines Immaterialgüterrechts nur in außergewöhnlichen Umständen gegen Art. 82 EG verstoßen kann. Das EuG hielt fest, dass es sich dabei im Besonderen um die folgenden drei außergewöhnlichen Umständen handelt: erstens muss sich die Weigerung auf ein Produkt oder Dienstleistung beziehen, die für eine bestimmte Tätigkeit auf einem benachbarten Markten unerlässlich ist; zweitens die Verweigerung von einer Natur ist, die jeglichen Wettbewerb auf einem benachbarten Markt ausschließen kann; drittens die Weigerung das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindert, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht.3 Das EuG merkte an, dass der Umstand der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses in der Rechtsprechungspraxis nur bei Lizenzverweigerungen hinsichtlich eines geistigen Eigentumsrechts aufzufinden ist.4 1 Dieser Nachtrag wurde nach Bewertung der Untersuchung durch die beiden Berichterstatter hinzugefügt. Aufgrund der besonderen Bedeutung des Microsoft-Verfahrens für diese Untersuchung soll noch kurz auf die für diese Untersuchung relevanten Teile des EuG-Urteils eingegangen werden. 2 EuG, Urteil vom 17. September 2007, Rs. T-201 / 04, Microsoft Corporation . /. Commission of the European Communities (noch nicht in der Slg. veröffentlicht, im Folgenden: EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission). 3 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 331 f.
312
9. Kap.: Nachtrag – das EuG-Urteil zu Microsoft . /. EG-Kommission
Das EuG kam zu dem Ergebnis, dass alle drei besonderen Umständen gegeben waren. Konkurrenzprodukte (also Arbeitsgruppenserver) würden ein hohes Maß an Interoperabilität mit den Micrsoftprodukten benötigen, um weiter konkurrenzfähig zu bleiben.5 Zum Beleg ging das EuG auf zahlreiche, von der EGKommission vorgetragene Gegebenheiten ein. Auch der zweite Umstand der Ausschaltung des Wettbewerbs auf einem abgeleiten Markt war nach Ansicht des EuG gegeben, da es nicht erforderlich sei, dass der Wettbewerb bereits beseitigt worden ist.6 Ein unbedeutender Verbleib von Wettbewerb spreche nicht gegen das Vorliegen des in der Rechtsprechung geforderten zweiten außergewöhnlichen Umstandes.7 Hinsichtlich des Umstandes der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses nahm das EuG eine in ihrem Umfang noch ungewisse Erweiterung der Rechtsprechungspraxis des EuGH vor, da das EuG festhielt: „The circumstance relating to the appearance of a new product, as envisaged in Magill and IMS Health [. . .] cannot be the only parameter which determines whether a refusal to license an intellectual property right is capable of causing prejudice to consumers within the meaning of Article 82(b) EC. As that provision states, such prejudice may arise where there is a limitation not only of production or markets, but also of technical development.“8
Das EuG führte unter Berufung auf die Rechtsprechungspraxis des EuGH darüberhinaus überzeugend aus, dass das Vorliegen geistiger Eigentumsrechte keine sachliche Rechtfertigung darstellen kann, wenn die Kriterien aus Magill bzw. IMS Health . /. NDC Health erfüllt sind. Beachtlich dabei ist jedoch, dass das EuG in diesem Zusammenhang ausführte, dass die EG-Kommission – konträr zu dem Verständnisses Mircosofts – nicht bloß die Anreize Microsofts gegenüber den Anreizen der anderen Marktteilnehmer abgewägt habe, sondern ordnungsgemäß festgestellt habe, dass keine sachliche Rechtfertigung Microsofts vorliegen würde.9 Eine mögliche Verletzung bzw. Nichteinhaltung des TRIPS-Übereinkommens wies das EuG schließlich knapp unter Hinweis auf den Vorrang des EG-Primärrechts zurück.10
4
EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 334. EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 388 und 414. 6 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 561. 7 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 563 und 593. 8 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 647. 9 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 710. 10 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 798. 5
B. Eigene Beurteilung
313
B. Eigene Beurteilung Die Entscheidungen des EuG ist in weiten Teilen faktenspezifisch und zeichnet sich durch eine umfangreiche Aufarbeitung der Aktenlage aus. Bedenklich ist jedoch die Feststellung des EuG, dass das Kriterium der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses bereits bei der Einschränkung des technischen Fortschritts gegeben sei.11 Dies stellt im Ergebnis eine Rücknahme der Privilegierung von Lizenzverweigerungen an geistigen Eigentumsrechten dar. Denn der Nachweis einer derartigen Einschränkung des technischen Fortschritts ist ungleich einfacher als der Nachweis der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses, nach welchem eine potentielle Verbrauchernachfrage besteht. Gerade dieses Erfordernis kann aber gerade dahingehend verstanden werden, dass es den grundlegenden Unterschied zwischen körperlichen Gegenständen und geistigen Eigentumsrechten in angemessener Weise berücksichtigt. Anders als bei körperlichen Gegenständen liegt der wesentliche Wert von geistigen Eigentumsrechten nicht in ihrer tatsächlichen Benutzungsmöglichkeit (z. B. Besitz an einer Sache), sondern in der Möglichkeit Dritte von der Benutzung auszuschließen. Genau darin liegt der spezifische Gegenstand geistiger Eigentumsrechte im Sinne von Art. 295 EG. Das Erfordernis der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses kann dabei wirksam dazu beitragen, dass nicht unzulässigerweise in den spezifischen Gegenstand geistiger Eigentumsrechte eingegriffen wird. Denn dieses Erfordernis stellt sicher, dass Konkurrenten sich nicht darauf beschränken können, das Erzeugnis des Marktbeherrschers nach erfolgter Lizenzierung schlicht nachzuahmen. Zwar hat auch das EuG in seinem Urteil mehrmals darauf hingewiesen, dass die von der EG-Kommission angeordnete Offenlegungsverpflichtung nicht dazu führen würde, dass Konkurrenten die Produkte Microsofts „klonen“ können.12 Faktisch führt die Einschränkung des Erfordernisses der Verhinderung eines neuen Erzeugnisses zu der Gefahr, dass Dritte an geistigen Eigentumsrechten marktberrschender Unternehmen nun möglicherweise leichter partizipieren können. Bei geheimen Innovationen besteht zwar eine tatsächliche Benutzungsmöglichkeit (wie bei körperlichen Gegenständen). Sie sind aber auch den geistigen Eigentumsrechten vergleichbar. Denn einmal offengelegt, können sie ohne weiteres uneingeschränkt nachgeahmt werden. Sie bedürfen daher desselben Schutzes vor kartellrechtlichen Einwirkungen wie geistige Eigentumsrechte.
11 Ein eingeschränktes Verständnis dieses Erfordernisses wurde bereits vor dem Urteil des EuG gefordert, z. B. von: Heinemann, Andreas, Gefährdung von Rechten des geistigen Eigentums durch Kartellrecht? – Der Fall „Microsoft“ und die Rechtsprechung des EuGH, GRUR 2006, 705, 712. 12 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 234, 241, 657 und 700.
314
9. Kap.: Nachtrag – das EuG-Urteil zu Microsoft . /. EG-Kommission
Hinzu kommt noch: Offenlegungsverpflichtungen sind kaum oder nur schwerlich rückgängig zu machen. Zudem sind geheime Innovationen – anders als geistige Eigentumsrechte – nicht territorial beschränkt bzw. ihre Lizenzierung praktisch nur viel schwerer territorial beschränkbar. Die Entscheidungspraxis der EG-Kommission und des EuG kann daher auch in anderen Rechtsordnungen Auswirkungen zeitigen. Bedenklich ist auch, dass das EuG scheinbar wenig besorgt ist über die möglichen Auswirkungen einer Offenlegung der Geschäftsgeheimnisse Microsofts. Microsoft hatte darauf vehement hingewiesen.13 Das EuG führte jedoch aus, dass Microsoft nur pauschale Ausführungen hinsichtlich der Einschränkung der Anreize Microsofts für zukünftige Entwicklungen im Falle eine Verpflichtung zur Offenlegung vorgebracht habe.14 Scheinbar ganz unbeachtet blieb die Einschränkung der Anreize anderer Unternehmen, die bereits marktbeherrschend sind oder dies werden können, obwohl die Anordnung von Offenlegungspflichten eine nicht unerhebliche Signalwirkung für andere Unternehmen haben kann. Gerade darauf wurde von Thomas O. Barnett, Assistant Attorney General in einer Stellungnahme auf das Urteil des EuG für das DoJ hingewiesen: „We are, however, concerned that the standard applied to unilateral conduct by the CFI, rather than helping consumers, may have the unfortunate consequence of harming consumers by chilling innovation and discouraging innovation.“15
C. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen Das EuG legt in seinem Urteil dar, dass es für die Offenlegungsverweigerung Microsofts keiner Entscheidung über eine etwaige Gleichstellung von Geschäftsgeheimnissen mit geistigen Eigentumsrechten bedürfe. Denn die EGKommission hatte eingeräumt, dass es keiner dahingehender Prüfung bedarf, wenn die Kriterien aus den Entscheidungen des EuGH in Magill und IMS Health . /. NDC Health gegeben seien.16 Das EuG kam zu dem Ergebnis, dass diese gegeben waren. Da Microsoft kein Rechtsmittel zum EuGH verfolgen wird, bleibt diese Frage vorerst höchstrichterlich ohne Entscheidung. Es ist aber wohl zu erwarten, dass nationale Gerichte entsprechende Vorlagefragen an den EuGH richten werden. Gerade die Einschränkung des Erfordernisses der Ver13
EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 788. EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 698. 15 DoJ, Assistant Attorney General for Antitrust, Thomas O. Barnett, Issues Statement on European Microsoft Decision (September 17, 2007). 16 EuG-Urteil Microsoft . /. EG-Kommission, Tz. 288 f. 14
C. Folgerungen für die Behandlung von geheimen Innovationen
315
hinderung eines neuen Erzeugnisses wird zur Häufung von Klagen auf Lizenzierung von geistigen Eigentumsrechten bzw. Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen führen. Diese werden wiederum höchstrichterlicher Klärung bedürfen. Hinsichtlich der Geschäftsgeheimnisse Microsofts hielt das EuG jedoch Folgendes fest: „First, the fact that the technology concerned is secret is the consequence of a unilateral business decision on Microsoft’s part. Furthermore, Microsoft cannot rely on the argument that the interoperability information is secret as a ground for not being required to disclose it unless the exceptional circumstances identified by the Court of Justice in Magill and IMS Health [. . .] are present, and at the same time justify its refusal by what it alleges to be the secret nature of the information. Last, there is no reason why secret technology should enjoy a higher level of protection than, for example, technology which has necessarily been disclosed to the public by its inventor in a patent-application procedure. Second, from the moment at which it is established that – as in this case – the interoperability information is indispensable, that information is necessarily of great value to the competitors who wish to have access to it. Third, it is inherent in the fact that the undertaking concerned holds an intellectual property right that the subject-matter of that right is innovative or original. There can be no patent without an invention and no copyright without an original work.“
Dies stellt zwar keine Anerkennung des besonderen Schutzbedürfnisses von geheimen Innovationen vor kartellrechtlicher Einwirkung dar. Es macht aber doch deutlich, dass das EuG sich deren Schutzbedürftigkeit bewusst ist.
Entscheidungsverzeichnis A. & E. Plastik Pak Co., Inc., v. Monsanto, Co., 396 F.2d 710 (9th Cir. 1968) A&M Records, Inc. v. Napster, Inc., 239 F.3d 1004 (9th Cir. 2001)
31
141
AB Volvo . /. Erik Veng (UK) Ltd, EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1988, Rs. 238 / 37, Slg. 1988, 6211 73, 238 AB Volvo . /. Erik Veng (UK) Ltd, Generalanwalt Mischo, Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 21. Juni 1988 in der Rs. 238 / 87, Slg. 1988, 6211 238 Abend v. MCA, Inc., 863 F.2d 1465 (9th Cir. 1988)
140
Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Community Hospital, 910 F.2d 139 (4th Cir. 1990) 130, 133 AKZO Chemie B.V. en AKZO Chemie U.K. Ltd. . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, EuGH, Urteil vom 24. Juni 1986, Rs. 53 / 85, Slg. 1986, 1965 45, 46 AKZO Chemie BV . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, EuGH, Urteil vom 3. Juli 1991, Rs. C-62 / 86, Slg. 1991 I-3359 226 Alaska Airlines, Inc. v. United Airlines, Inc., 948 F.2d 536 (9th Cir. 1991) 133, 137 Alcatel USA, Inc. v. DGI Technologies, Inc., 166 F.3d 772 (5th Cir. 1999)
132,
143
Almeda Mall, Inc. v. Houston Lighting & Power Co., 615 F.2d 343 (5th Cir. 1980) 112 American Tobacco Co. v. United States, 328 U.S. 781 (1946)
108
Aspen Skiing Co. v. Aspen Highlands Skiing Corp., 472 U.S. 585 (1985) 111, 122, 123, 129, 130, 132 Associated Press v. United States, 326 U.S. 1 (1945)
109, 110,
120, 196
Association for Intercollegiate Athletics for Women v. National Collegiate Athletic Association, 735 F.2d 577 (D.C. Cir. 1984) 137 Atari Games Corp. v. Nintendo of America, Inc., 897 F.2d 1572 (Fed. Cir. 1990)
32
Automec Srl . /. Commissione delle Comunità europee, EuG, Urteil vom 18. September 1992, Rs. T-24 / 90, Slg. 1992 II-2223 68 B. Braun Medical Inc. v. Abbott Laboratories, 124 F.3d 1419 (Fed. Cir. 1997)
142
BASF Lacke + Farben AG . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, EuG, Urteil vom 19. Mai 1999, Rs. T-175 / 95, Slg. 1999 II-1581 46 BellSouth Advertising & Publishing Corp. v. Donnelley Information Publishing, Inc., 719 F. Supp. 1551 (S.D. Fla. 1988) 159
Entscheidungsverzeichnis Bement v. National Harrow Co., 186 U.S. 70 (1902)
317 157
Berkey Photo, Inc. v. Eastman Kodak Co., 603 F.2d 263 (2d Cir. 1979) 110, 137, 170, 171, 172, 200, 289
31, 109,
Board of Trade of the City of Chicago v. Christie Grain and Stock Company, 198 U.S. 236 (1905) 196 Brief for the United States as Amicus Curiae, CSU, L.L.C. v. Xerox Corp., 531 U.S. 1143 (2001) (January 2001) 156 Brief of Defendant-Appellee Xerox Corporation, In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d, 1322 (Fed. Cir. 2000) (July 14, 1999) 150 Bristol Technology, Inc. v. Microsoft Corp., 42 F. Supp. 2d 153 (D. Conn. 1998)
211
British Broadcasting Corporation and BBC Enterprises Ltd . /. Commission of the European Communities, EuG, Urteil vom 10. Juli 1991, Rs. T-70 / 89, Slg. 1991 II535 244, 247, 250, 251 British Leyland Public Limited Company . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 11. November 1986, Rs. 226 / 84, Slg. 1986, 3263 228, 236 British-American Tobacco Company Ltd and R. J. Reynolds Industries Inc. . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 17. November 1987, verbundene Rs. 142 / 84 und 156 / 84, Slg. 1987 I-4487 47 Brooke Group Ltd. v. Brown & Williamson Tobacco Corp., 509 U.S. 209 (1993) 110, 111 Brunswick Corp. v. Riegel Textile Corp., 752 F.2d 261 (7th Cir. 1984)
117
Bundesrepublik Deutschland . /. Rat der Europäischen Union, EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1994, Rs. C-280 / 93, Slg. 1994 I-4973 69 BV Industrie Diensten Groep . /. J.A. Beele Handelmaatschappij BV, EuGH, Urteil vom 2. März 1982, Rs. 6 / 81, Slg. 1982, 707 71 Byars v. Bluff City News Co., 609 F.2d 843 (6th Cir. 1979)
129
C.R. Bard, Inc. v. M3 Systems, Inc., 157 F.3d 1340 (Fed. Cir. 1998)
141, 142
California Computer Products, Inc. v. International Business Machines Corp., 613 F.2d 727 (9th Cir. 1979) 167, 168, 169 California Steel & Tube v. Kaiser Steel Corp., 650 F.2d 1001 (9th Cir. 1981) Campbell v. Acuff-Rose Music, Inc., 510 U.S. 569 (1994)
129
140
Carbice Corp. of America v. American Patents Development Corp., 283 U.S. 27 (1931) 141, 142 Caribbean Broadcasting System, Ltd. v. Cable & Wireless PLC, 148 F.3d 1080 (D.C. Cir. 1998) 133 Carl Zeiss Stiftung v. V.E.B. Carl Zeiss, Jena Steelmasters, Inc., 298 F. Supp. 1309 (S.D.N.Y. 1969) 141
318
Entscheidungsverzeichnis
Case of Iatridis v. Greece, EGMR, Urteil vom 25. März 1999, Application no. 31107 / 96, RJD 1999-II, 75 68 Centrafarm BV . /. American Home Products Corporation, EuGH, Urteil vom 10. Oktober 1978, Rs. 3-78, Slg. 1978, 1823 71 Centrafarm BV en Adriaan de Peijper . /. Sterling Drug Inc., EuGH, Urteil vom 31. Oktober 1974, Rs. 15-74, Slg. 1974, 1147 70 Centrafarm BV en Adriaan de Peijper . /. Winthrop BV, EuGH, Urteil vom 31. Oktober 1974, Rs. 16-74, Slg. 1974, 1183 70 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 609 F. Supp 1174 (C.D. Ill. 1985) 218 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 613 F. Supp. 330 (C.D. Ill. 1985) 35, 218 Christianson v. Colt Industries Operating Corp., 870 F.2d 1292 (7th Cir. 1989) 217, 218 City of Anaheim v. Southern California Edison Co., 955 F.2d 1373 (9th Cir. 1992) 133 City of Chanute v. Williams Natural Gas Co., 955 F.2d 641 (10th Cir. 1992)
133
City of Groton v. The Connecticut Light & Power Co., 662 F.2d 921 (2d Cir. 1981) 112 City of Malden v. Union Electric Co., 887 F.2d 157 (8th Cir. 1989)
133
City of Milwaukee v. Activated Sludge, 69 F.2d 577 (7th Cir. 1934)
140
City of Mishawaka v. American Electric Power Co., Inc., 616 F.2d 976 (7th Cir. 1980) 112 City of Vernon v. Southern California Edison Co., 955 F.2d 1361 (9th Cir. 1992)
133
Coca-Cola Bottling Co. of Shreveport, Inc. v. The Coca-Cola Co., 1985 U.S. Dist. LEXIS 16644 (D. Del. 1985) 62 Computer Associates International, Inc. v. Altai, Inc., 982 F.2d 693 (2d Cir. 1992) 63 Consorzio italiano della componentistica di ricambio per autoveicoli e Maxicar . /. Régie nationale des usines Renault, EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1988, Rs. 53 / 87, Slg. 1988, 6039 70, 238 Consorzio italiano della componentistica di ricambio per autoveicoli e Maxicar . /. Régie nationale des usines Renault, Generalantwalt Mischo, Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 21. Juni 1988, Rs. 53 / 87, Slg. 1988, 6039 239 Consul, Ltd. v. Transco Energy Co., 805 F.2d 490 (4th Cir. 1986)
133
Continental Paper Bag Co. v. Eastern Paper Bag Co., 210 U.S. 405 (1908) 138, 140
116,
Covad Communications Co. v. BellSouth Corp., 374 F.3d 1044 (11th Cir. 2004) 138 Crown Die & Tool Co. v. Nye Tool & Machine Works, 261 U.S. 24 (1923)
116
Entscheidungsverzeichnis CSU, L.L.C. v. Xerox Corp., 531 U.S. 1143 (2001)
319
118, 144
CVD, Inc. v. Raytheon Co., 769 F.2d 842 (1st Cir. 1985)
31
Dansk Supermarked A / S . /. A / S Imerco, EuGH, Urteil vom 22. Januar 1981, Rs. 5880, Slg. 1981, 181 70, 71 Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 36 F.3d 1147 (1st Cir. 1994) 111, 143, 145, 146, 153, 159, 200 Data General Corp. v. Grumman Systems Support Corp., 761 F. Supp. 185 (D. Mass. 1991) 159, 172, 200, 201, 202 Décision nº 04-D-54 du 9 novembre 2004 relative à des pratiques mises en œuvre par la société Apple Computer, Inc. dans les secteurs du téléchargement de musique sur Internet et des baladeurs numériques, Conseil de la concurrence (9 Novembre 2004) 292 Delaware & Hudson Railway Co. v. Consolidated Rail Corp., 902 F.2d 174 (2d Cir. 1990) 133 Deutsche Grammophon Gesellschaft mbH . /. Metro-SB-Großmärkte GmbH und Co. KG, EuGH, Urteil vom 28. Juni 1971, Rs. 78-70, Slg. 1971, 487 70, 228 Digital Equipment Corp. v. System Industries, Inc., 1990-1 Trade Cas. (CCH) P68,901 (D. Mass. 1990) 173 Directory Sales Management Corp. v. Ohio Bell Telephone Co., 833 F.2d 606 (6th Cir. 1987) 133 Dr. Miles Medical Co. v. John D. Park & Sons Co., 220 U.S. 373 (1911)
166
E. I. duPont deNemours & Co. v. Christopher, 431 F.2d 1012 (5th Cir. 1970)
163
Eastern Railroad Presidents Conference v. Noerr Motor Freight, Inc., 365 U.S. 127 (1961) 34 Eastman Kodak Co. of New York v. Southern Photo Materials Co., 273 U.S. 359 (1927) 121, 122 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. 451 (1992) 116, 119, 124, 129, 136, 146 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Services, Inc., 523 U.S. 1094 (1998)
111, 144
Elliniki Radiophonia Tiléorassi AE kai Panellinia Omospondia Syllogon Prossopikou . /. Dimotiki Etairia Pliroforissis and Sotirios Kouvelas and Nicolaos Avdellas and others, EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991, Rs. C-260 / 89, Slg. 1991 I-2925 233 EMI Records Limited . /. CBS Grammofon A / S, EuGH, Urteil vom 15. Juni 1976, Rs. 86-75, Slg. 1976, 871 70, 228 EMI Records Limited . /. CBS Schallplatten GmbH, EuGH, Urteil vom 15. Juni 1976, Rs. 96-75, Slg. 1976, 913 70, 228 EMI Records Limited . /. CBS United Kingdom Limited, EuGH, Urteil vom 15. Juni 1976, Rs. 51-75, Slg. 1976, 811 70, 228
320
Entscheidungsverzeichnis
Établissements Consten S.à.R.L. und Grundig-Verkaufs-GmbH . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, EuGH, Urteil vom 13. Juli 1966, verbundene Rs. 5664 und 58-64, Slg. 1966, 322 72 European Night Services Ltd (ENS), Eurostar (UK) Ltd, formerly European Passenger Services Ltd (EPS), Union internationale des chemins de fer (UIC), NV Nederlandse Spoorwegen (NS) und Société nationale des chemins de fer français (SNCF) . /. Commission of the European Communities, EuG, Urteil vom 15. September 1998, verbundene Rs. T-374 / 94, T-375 / 94, T-384 / 94 und T-388 / 94, Slg. 1998 II3141 237 Europemballage Corporation und Continental Can Company Inc. . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, EuGH, Urteil vom 21. März 1973, Rs. 6-72, Slg. 1973, 215 227 Fashion Originators’ Guild of America, Inc. v. FTC, 312 U.S. 457 (1941)
178
Feist Publications, Inc. v. Rural Telephone Service Co., 499 U.S. 340 (1991)
130
Feist Publications, Inc. v. Rural Telephone Service Co., 506 U.S. 984 (1992)
130
Ferguson v. Greater Pocatello Chamber of Commerce, Inc., 848 F.2d 976 (9th Cir. 1988) 132 Fineman v. Armstrong World Industries, Inc., 980 F.2d 171 (3d Cir. 1992) Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d 520 (7th Cir. 1986)
137
132
Flip Side Productions, Inc. v. Jam Productions, Ltd., 843 F.2d 1024 (7th Cir. 1988) 132 Foremost Pro Color, Inc. v. Eastman Kodak Co., 703 F.2d 534 (9th Cir. 1983)
33
Fortner Enterprises, Inc. v. United States Steel Corp., 394 U.S. 495 (1969)
97
Foster v. American Machine & Foundry Co., 492 F.2d 1317 (2d Cir. 1974)
140
Fox Film Corp. v. Doyal, 286 U.S. 123 (1932)
140
G. Basset . /. Société des auteurs, compositeurs et éditeurs de musique (SACEM), EuGH, Urteil vom 9. April 1987, Rs. 402 / 85, Slg. 1987, 1747 70 GAF Corp. v. Eastman Kodak Co., 519 F. Supp. 1203 (S.D.N.Y. 1981)
172
General Motors Continental NV . /. Commission des Communautés européennes, EuGH, Urteil vom 13. November 1975, Rs. 26-75, Slg. 1975, 1367 228, 236 General Physiotherapy, Inc. v. Sybaritic, Inc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 3796 (E.D. Mo. 2006) 141 Glitsch, Inc. v. Koch Engineering Co., 216 F.3d 1382 (Fed. Cir. 2000)
142
Great Western Directories, Inc. v. Southwestern Bell Telephone Co., 63 F.3d 1378 (5th Cir. 1995) 112, 129 Harper & Row, Publishers, Inc. v. Nation Enterprises, 471 U.S. 539 (1985) Hartford-Empire Co. v. United States, 323 U.S. 386 (1945) Hecht v. Pro-Football, Inc., 570 F.2d 982 (D.C. Cir. 1977)
157 132
138
Entscheidungsverzeichnis
321
Heinemann, Andreas, Gefährdung von Rechten des geistigen Eigentums durch Kartellrecht? – Der Fall „Microsoft“ und die Rechtsprechung des EuGH, GRUR 2006, 705 313 Heintz van Landewyck SARL und andere . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, EuGH, Urteil vom 29. Oktober 1980, verbundene Rs. 209-78 bis 215-78 und 218-78, Slg. 1980, 3125 47 Helene Curtis Industries, Inc. v. Church and Dwight Co., 560 F.2d 1325 (7th Cir. 1977) 141 Hermann Schräder HS Kraftfutter GmbH & Co. KG . /. Hauptzollamt Gronau, EuGH, Urteil vom 11. Juli 1989, Rs. 265 / 87, Slg. 1989, 2237 69 Hoffmann-La Roche & Co. AG . /. Centrafarm Vertriebsgesellschaft Pharmazeutischer Erzeugnisse mbH, EuGH, Urteil vom 23. Mai 1978, Rs. 102-77, Slg. 1978, 1139 70, 73 Hoffmann-La Roche und Co. AG . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, EuGH, Urteil vom 13. Februar 1979, Rs. 85-76, Slg. 1979, 461 226 Hudson’s Bay Co. Fur Sales, Inc. v. American Legend Cooperative, 651 F. Supp. 819 (D.N.J. 1986) 159 Hugin Kassaregister AB and Hugin Cash Registers Ltd . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 31. Mai 1979, Rs. 22-78, Slg. 1979, 1869 228 Ideal Dairy Farms, Inc. v. John Labatt, Ltd., 90 F.3d 737 (3d Cir. 1996)
133
ILC Peripherals Leasing Corp. v. International Business Machines Corp., 458 F. Supp. 423 (N.D. Cal. 1978) 167, 168, 169 Illinois Bell Telephone Co. v. Haines and Co., Inc., 905 F.2d 1081 (7th Cir. 1990) 133 Illinois ex rel. Burris v. Panhandle Eastern Pipe Line Co., 935 F.2d 1469 (7th Cir. 1991) 133 Illinois Tool Works Inc. v. Independent Ink, Inc., 547 U.S.___ (2006)
118
Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 125 F.3d 1195 (9th Cir. 1997) 111, 124, 135, 140, 144, 146, 147, 148, 153, 161 Image Technical Services, Inc. v. Eastman Kodak Co., 903 F.2d 612 (9th Cir. 1990) 109 IMS Health GmbH & Co. OHG . /. NDC Health GmbH & Co. KG, EuGH, Urteil vom 29. April 2004, Rs. C-418 / 01, Slg. 2004 I-5039 254, 256, 257, 258 IMS Health GmbH & Co. OHG . /. NDC Health GmbH & Co. KG, Generalanwalt Tizzano, Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom 2. Oktober 2003 in der Rs. C-418 / 01, Slg. 2004 I-5039 258 IMS Health Inc. . /. Commission of the European Communities, EuG, Beschluss des Präsidenten vom 26. Oktober 2001, T-184 / 01 R, Slg. 2001 II-3193 255 In re Abbott Laboratories Norvir Anti-Trust Litigation, 2005 U.S. Dist. LEXIS 24238 (N.D. Cal. 2005) 34
322
Entscheidungsverzeichnis
In re CIBA-Geigy Limited, CIBA-Geigy Corporation, Chiron Corporation, Sandoz Ltd., Sandoz Corporation, and Novartis AG, No. C-3725, Decision and Order (FTC March 24, 1997) 35 In re Dell Computer Corp., 121 F.T.C. 616 (FTC 1996)
219
In re EVIC Class Action Litigation, 2002 U.S. Dist. LEXIS 14049 (S.D.N.Y. 2002) 159 In re Independent Service Organizations Antitrust Litigation, 203 F.3d 1322 (Fed. Cir. 2000) 118, 120, 144, 148, 149, 150, 153 In re Intel Corp., No. 9288, Analysis of Proposed Consent Order to Aid Public Comment (FTC March 17, 1999) 179 In re Intel Corp., No. 9288, Complaint (FTC June 8, 1998) 178, 179, 187 In re Intel Corp., No. 9288, Complaint Counsel’s Pretrial Brief (FTC February 25, 1999) 180, 186 In re Intel Corp., No. 9288, Decision and Order (FTC August 3, 1999) 181, 182, 188 In re Intel Corp., No. 9288, Intel Corporation’s Trial Brief (Intel Corporation February 25, 1999) 180, 181, 183, 184, 190, 191, 193, 194, 296 In re Intel Corp., No. 9288, Statement of Chairman Robert Pitofsky and Commissioners Sheila F. Anthony and Mozelle W. Thompson (FTC August 3, 1999) 182 In re Intel Corp., No. 9288, Statement of Commissioner Orson Swindle (FTC August 3, 1999) 182, 185 In re Microsoft Corp. Antitrust Litigation, 274 F. Supp. 2d 743 (D. Md. 2003) 211, 212 In re Rambus Inc., No. 9302, Complaint (FTC June 18, 2002) 219 In re Rambus Inc., No. 9302, Opinion of the Commission (FTC August 2, 2006) 219 Independent Ink, Inc. v. Illinois Tool Works, Inc., 396 F.3d 1342 (Fed. Cir. 2005)
118
Independent Television Publications Ltd (ITP) . /. Commission of the European Communities, EuG, Urteil vom 10. Juli 1991, Rs. T-76 / 89, Slg. 1991 II-575 244, 247, 251 Intel Corporation v VIA Technologies Incorporated [2002] EWCA Civ 1905 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 195 F.3d 1346 (Fed. Cir. 1999) 175, 176, 184 Intergraph Corp. v. Intel Corp., 3 F. Supp. 2d 1255 (N.D. Ala. 1998) 175
266
160, 173, 174, 35, 160, 174,
Entscheidungsverzeichnis
323
Intergraph Corp. v. Intel Corp., 88 F. Supp. 2d 1288 (N.D. Ala. 2000)
32
International Business Machines Corporation . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 11. November 1981, Rs. 60 / 81, Slg. 1981, 2639 279 International News Service v. Associated Press, 248 U.S. 215 (1918) International Salt Co., Inc. v. United States, 332 U.S. 392 (1947)
195 116
Istituto Chemioterapico Italiano S.p.A. and Commercial Solvents Corporation . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 6. März 1974, verbundenen Rs. 6-73 und 7-73, Slg. 1974, 223 227, 229, 230 Istituto Chemioterapico Italiano S.p.A. and Commercial Solvents Corporation . /. Commission of the European Communities, Generalanwalt Warner, Schlussanträge des Generalanwalts Warner vom 22. Januar 1974 in den verbundenen Rs. 6-73 und 7-73, Slg. 1974, 223 232 ITT Promedia NV . /. Commission of the European Communities, EuG, Urteil vom 17. Juli 1998, Rs. T-111 / 96, Slg. 1998 II-2937 35, 226 J. Nold, Kohlen- und Baustoffgroßhandlung . /. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, EuGH, Urteil vom 14. Mai 1974, Rs. 4-73, Slg. 1974, 491 68 Jefferson Parish Hospital District No. 2 v. Hyde, 466 U.S. 2 (1984)
117
Kerasotes Michigan Theaters, Inc. v. National Amusements, Inc., 854 F.2d 135 (6th Cir. 1988) 137 Keurkoop BV . /. Nancy Kean Gifts BV, EuGH, Urteil vom 14. September 1982, Rs. 144 / 81, Slg. 1982, 2853 70 Kewanee Oil Co. v. Bicron Corp., 416 U.S. 470 (1974)
162, 163
Kommission der Europäischen Gemeinschaften . /. Bundesrepublik Deutschland, EuGH, Urteil vom 20. Februar 1975, Rs. 12-74, Slg. 1975, 181 71 Lasercomb America, Inc. v. Reynolds, 911 F.2d 970 (4th Cir. 1990)
141, 142
Laurel Sand & Gravel, Inc. v. CSX Transportation, Inc., 924 F.2d 539 (4th Cir. 1991) 133 Lektro-Vend Corp. v. The Vendo Co., 660 F.2d 255 (7th Cir. 1981)
109
Liselotte Hauer . /. Land Rheinland-Pfalz, EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1979, Rs. 44-79, Slg. 1979, 3727 69 Lorain Journal Co. v. United States, 342 U.S. 143 (1951)
122
LR AF 1998 A / S, formerly Løgstør Rør A / S . /. Commission of the European Communities, EuG, Urteil vom 20. März 2002, Rs. T-23 / 99, Slg. 2002 II-1705 46 Magill TV Guide / ITP, BBC and RTE, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Entscheidung 89 / 205 / EEC vom 21. Dezember 1998 in der Sache IV / 31.851, ABl. L 78 vom 21.3.1989, S. 43–51 243 Mallinckrodt, Inc. v. Medipart, Inc., 976 F.2d 700 (Fed. Cir. 1992)
141
Massachusetts School of Law at Andover, Inc. v. American Bar Association, 107 F.3d 1026 (3d Cir. 1997) 132
324
Entscheidungsverzeichnis
Massachusetts v. Microsoft Corp., 373 F.3d 1199 (D.C. Cir. 2004) 213
204, 205, 207,
MCI Communications Corp. v. American Telephone and Telegraph Co., 708 F.2d 1081 (7th Cir. 1982) 133, 134 McKenzie v. Mercy Hospital of Independence, 854 F.2d 365 (10th Cir. 1988)
133
Memorex Corp. v. International Business Machines Corp., 636 F.2d 1188 (9th Cir. 1980) 167 Merck & Co. Inc. . /. Stephar BV en Petrus Stephanus Exler, EuGH, Urteil vom 14. Juli 1981, Rs. 187 / 80, Slg. 1981, 2063 70 Mercoid Corp. v. Mid-Continent Investment Co., 320 U.S. 661 (1944) 142, 143
32, 141,
Metallurgical Industries Inc. v. Fourtek, Inc., 790 F.2d 1195 (5th Cir. 1986) 162 Metronet Services Corp. v. Qwest Corp., 383 F.3d 1124 (9th Cir. 2004)
139,
138
Microsoft Corporation . /. Commission of the European Communities, EuG, Beschluss des Präsidenten vom 22. Dezember 2004, Rs. T-201 / 04 R 53, 74, 75, 214, 267, 268, 271, 272, 273, 276, 278, 305, 306 Microsoft Corporation . /. Commission of the European Communities, EuG, Urteil vom 17. September 2007, Rs. T-201 / 04 311, 312, 313, 314 Microsoft, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Entscheidung C(2004)900 final vom 24. März 2004 in der Sache COMP / C-3 / 37.792 268, 269, 270, 271, 277, 303 Mid-South Grizzlies v. The National Football League, 720 F.2d 772 (3d Cir. 1983) 132 Mid-Texas Communications Systems, Inc. v. American Telephone and Telegraph Co., 615 F.2d 1372 (5th Cir. 1980) 129 Miller Insituform, Inc. v. Insituform of North America, Inc., 830 F.2d 606 (6th Cir. 1987) 157 Montgomery County Association of Realtors, Inc. v. Realty Photo Master Corp., 878 F. Supp. 804 (D. Md. 1995) 159 Moore v. New York Cotton Exchange, 270 U.S. 593 (1926)
196
Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 235 F. Supp. 2d 1269 (M.D. Fla. 2002) 196 Morris Communications Corp. v. PGA Tour, Inc., 364 F.3d 1288 (11th Cir. 2004) 138, 196, 197 Morton Salt Co. v. G. S. Suppiger Co., 314 U.S. 488 (1942)
141, 142
Motion Picture Patents Co. v. Universal Film Manufacturing Co., 243 U.S. 502 (1917) 97, 141, 142 Mr. Furniture Warehouse, Inc. v. Barclays American / Commercial, Inc., 919 F.2d 1517 (11th Cir. 1990) 129
Entscheidungsverzeichnis
325
Musik-Vertrieb Membran GmbH und K-Tel International . /. GEMA – Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, EuGH, Urteil vom 20. Januar 1981, verbundene Rs. 55-80 und 57-80), Slg. 1981, 147 70 National Independent Theatre Exhibitors, Inc. v. Charter Financial Group, Inc., 747 F.2d 1396 (11th Cir. 1984) 129 NDC Health GmbH & Co. KG and NDC Health Corporation . /. Commission of the European Communities and IMS Health Inc., EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 11. April 2002, Rs. C-481 / 01 P (R), Slg. 2002 I-03401 255 NDC Health / IMS Health: Interim measures, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Entscheidung 2002 / 165 / EC vom 3. Juli 2001 in der Sache COMP D3 / 38.044, ABl. L 59 vom 28.2.2002, S. 18–59 255 NDC Health / IMS Health: Interim measures, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Entscheidung 2003 / 741 / EC vom 13. August 2003 in der Sache COMP D3 / 38.044, ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 69–72 256 New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc., 323 F. Supp. 2d 559 (S.D.N.Y. 2004) 138, 160, 196, 197 New York Mercantile Exchange, Inc. v. IntercontinentalExchange, Inc., 389 F. Supp. 2d 527 (S.D.N.Y. 2005) 197 New York v. Microsoft Corp., 2002 U.S. Dist. LEXIS 22858 (D.D.C. 2002) 205, 209 New York v. Microsoft Corp., 224 F. Supp. 2d 76 (D.D.C. 2002) 207, 208, 209, 210
204,
204, 205, 206,
Nobelpharma AB v. Implant Innovations, Inc., 141 F.3d 1059 (Fed. Cir. 1998)
35
North Carolina Electric Membership Corp. v. Carolina Power & Light Co., 1993-1 Trade Cas. (CCH) P70,264 (4th Cir. 1993) 133 NV Nederlandsche Banden – Industrie – Michelin . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, EuGH, Urteil vom 9. November 1983, Rs. 322 / 81, Slg. 1983, 3461 226 Oahu Gas Service, Inc. v. Pacific Resources, Inc., 838 F.2d 360 (9th Cir. 1988)
133
Olympia Equipment Leasing Co. v. Western Union Telegraph Co., 797 F.2d 370 (7th Cir. 1986) 109, 133 Oscar Bronner GmbH & Co. KG . /. Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG, Mediaprint Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH & Co. KG und Mediaprint Anzeigengesellschaft mbH & Co. KG, EuGH, Urteil vom 26. November 1998, Rs. C-7 / 97, Slg. 1998 I-7791 234, 235 Oscar Bronner GmbH & Co. KG . /. Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG, Mediaprint Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH & Co. KG und Mediaprint Anzeigengesellschaft mbH & Co. KG, Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 28. Mai 1998 in der Rs. C-7 / 97, Slg. 1998 I-7791 68, 80, 94, 232 Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. 366 (1973)
125, 126, 195
326
Entscheidungsverzeichnis
Paddock Publications, Inc. v. Chicago-Tribune Co., 103 F.3d 42 (7th Cir. 1996)
133
Parke, Davis and Co. . /. Probel, Reese, Beintema-Interpharm en Centrafarm, EuGH, Urteil vom 29.2.1968, Rs. 24-67, Slg. 1968, 86 73, 228 Pfizer Inc. . /. Eurim-Pharm GmbH, EuGH, Urteil vom 3. Dezember 1981, Rs. 1 / 81, Slg. 1981, 2913 71 Pharmon BV . /. Hoechst AG, EuGH vom 9. Juli 1985, Rs. 19 / 84, Slg. 1985, 1281 304 Pharmon BV . /. Hoechst AG, EuGH, Urteil vom 9. Juli 1985, Rs. 19 / 84, Slg. 1985, 2281 70 Phil Collins . /. Imtrat Handelsgesellschaft mbH und Patricia Im- und Export Verwaltungsgesellschaft mbH und Leif Emanuel Kraul . /. EMI Electrola GmbH, EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993, verbundene Rs. C-92 / 92 und C-326 / 92, Slg. 1993 I-5145 73 Postbank NV . /. Commissie van de Europese Gemeenschappen, EuG, Urteil vom 18. September 1996, Rs. T-353 / 94, Slg. 1996 II-921 47 Practice Management Information Corp. v. The American Medical Association, 121 F.3d 516 (9th Cir. 1997) 141, 142 Professional Real Estate Investors, Inc. v. Columbia Pictures Industries, Inc., 508 U.S. 49 (1993) 34 R.T.E. v. Magill T.V. Guide Ltd. (No.2), High Court of Ireland, [1989] IEHC 2
250
Radio Telefis Eireann (RTE) and Independent Television Publications Ltd (ITP) . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 6. April 1995, verbundene Rs. C-241 / 91 P und C-242 / 91 P, Slg. 1995 I-743 73, 243, 245, 249 Radio Telefis Eireann (RTE) and Independent Television Publications Ltd (ITP) . /. Commission of the European Communities, Generalanwalt Gulman, Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann vom 1. Juni 1994 in den verbundene Rs. C-241 / 91 P und C-242 / 91 P, Slg. 1995 I-743 243, 245 Radio Telefis Eireann . /. Commission of the European Communities, EuG, Urteil vom 10. Juli 1991, Rs. T-69 / 89, Slg. 1991 II-485 244, 247, 251 Rambus Inc. v. Infineon Technologies AG, 318 F.3d 1081 (Fed. Cir. 2003)
219, 220
Régie des télégraphes et des téléphones . /. GB-Inno-BM SA, EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1991, Rs. 18 / 88, Slg. 1991 I-5941 233 Reino de España . /. Comisión de las Comunidades Europeas, EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1999, Rs. C-240 / 97, Slg. 1999 I-6571 68 République française . /. Commission des Communautés européennes, EuGH, Urteil vom 19. März 1991, Rs. C-202 / 88, Slg. 1991 I-1223 234 Response of Carolina, Inc. v. Leasco Response, Inc., 537 F.2d 1307 (5th Cir. 1976) 169, 198, 199 Rewe-Zentral AG . /. Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, EuGH, Urteil vom 20. Februar 1979, Rs. 120-78, Slg. 1979, 649 71
Entscheidungsverzeichnis
327
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34
158
Service & Training, Inc. v. Data General Corp., 963 F.2d 680 (4th Cir.1992)
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Sirena S.r.l. . /. Eda S.r.l. ed altri, EuGH Urteil vom 18. Februar 1971, Rs. 40-70, Slg. 1971, 69 72 Six Twenty-Nine Productions, Inc. v. Rollins Telecasting, Inc., 365 F.2d 478 (5th Cir. 1966) 129 Southern Pacific Communications Co. v. American Telephone and Telegraph Co., 740 F.2d 980 (D.C. Cir. 1984) 133 Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. 447 (1993)
110, 112, 119, 137
Standard Oil Co. of New Jersey v. United States, 221 U.S. 1 (1911) Stewart v. Abend, 495 U.S. 207 (1990)
108, 111, 136
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Sukkerfabriken Nykøbing Limiteret . /. Landbrugministeriet, EuGH, Urteil vom 16. Januar 1979, Rs. 151-78, Slg. 1979, 1 68 Sun Dun, Inc. v. The Coca-Cola Co., 740 F. Supp. 381 (D. Md. 1990)
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Sun Newspaper, Inc. v. Omaha World-Herald Co., 713 F.2d 428 (8th Cir. 1983) Susser v. Carvel Corp., 332 F.2d 505 (2d Cir. 1964)
137
165
Systemcare, Inc. v. Wang-Laboratories Corp., 117 F.3d 1137 (10th Cir. 1997) Tarabishi v. McAlester Regional Hospital, 951 F.2d 1558 (10th Cir. 1991)
133 133
Telecom Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 388 F.3d 820 (11th Cir. 2004) 152, 165 Telecomm Technical Services Inc. v. Siemens Rolm Communications, Inc., 150 F. Supp. 2d 1365 (N.D. Ga. 2000) 165, 166, 283 Terrapin (Overseas) Ltd. . /. Terranova Industrie C. A. Kapferer & Co., EuGH, Urteil vom 22. Juni 1976, Rs. 119-75, Slg. 1976, 1039 70 Tetra Pak International SA . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 14. November 1996, Rs. C-333 / 94 P, Slg. 1996 I-5951 227, 281
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Townshend v. Rockwell International Corp., 2000 U.S. Dist. LEXIS 5070 (N.D. Cal. 2000) 32 Transamerica Computer Co. v. International Business Machines Corp., 481 F. Supp. 965 (N.D. Cal. 1979) 167, 169, 199, 202 Transamerica Computer Co. v. International Business Machines Corp., 698 F.2d 1377 (9th Cir. 1983) 168, 169, 202 TV Signal Co. of Aberdeen v. American Telephone and Telegraph Co., 462 F.2d 1256 (8th Cir. 1972) 136 Twin Laboratories, Inc. v. Weider Health & Fitness, 900 F.2d 566 (2d Cir. 1990) 132, 137 United Asset Coverage, Inc. v. Avaya Inc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 1841 (N.D. Ill. 2006) 215 United Brands Company and United Brands Continentaal BV . /. Commission of the European Communities, EuGH, Urteil vom 14. Februar 1978, Rs. 27 / 76, Slg. 1978, 207 230, 297 United Shoe Machinery Corp. v. United States, 347 U.S. 521 (1954)
109
United States Football League v. National Football League, 842 F.2d 1335 (2d Cir. 1988) 132 United States v. Aluminum Co. of America, 148 F.2d 416 (2d Cir. 1945) 112 United States v. AMR Corp., 335 F.3d 1109 (10th Cir. 2003)
115
108, 111,
Entscheidungsverzeichnis
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United States v. Citizens & Southern National Bank, 422 U.S. 86 (1975) United States v. Colgate & Co., 250 U.S. 300 (1919)
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United States v. E. I. du Pont de Nemours & Co., 351 U.S. 377 (1956) 216 United States v. Griffith, 334 U.S. 100 (1948)
115, 118,
108, 136
United States v. Grinnell Corp., 236 F. Supp. 244 (D.R.I. 1964) United States v. Grinnell Corp., 384 U.S. 563 (1966) United States v. Loew’s Inc., 371 U.S. 38 (1962)
123
109
107, 109
116
United States v. Microsoft Corp., 147 F.3d 935 (D.C. Cir. 1998)
203
United States v. Microsoft Corp., 2002-2 Trade Cas. (CCH) P73,860 (D.D.C. 2002) 204, 205, 209 United States v. Microsoft Corp., 231 F. Supp. 2d 144 (D.D.C. 2002) 207, 208, 210 United States v. Microsoft Corp., 253 F.3d 34 (D.C. Cir. 2001) United States v. Microsoft Corp., 534 U.S. 952 (2001)
204, 206,
109, 111, 115, 203
203
United States v. Microsoft Corp., 84 F. Supp. 2d 9 (D.D.C. 1999)
203, 211
United States v. Microsoft Corp., 87 F. Supp. 2d 30 (D.D.C. 2000)
203, 211
United States v. Microsoft Corp., 97 F. Supp. 2d 59 (D.D.C. 2000)
203, 211
United States v. National Lead Co., 332 U.S. 319 (1947)
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United States v. Studiengesellschaft Kohle, m.b.H., 670 F.2d 1122 (D.C. Cir. 1981) 157 United States v. Terminal Railroad Association of St. Louis, 244 U.S. 383 (1912) 120 United States v. United Shoe Machinery Co., 247 U.S. 32 (1918)
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United States v. United Shoe Machinery Corp., 110 F. Supp. 295 (D. Mass. 1953) 109 United States v. Westinghouse Electric Corp., 648 F.2d 642 (9th Cir. 1981) USM Corp. v. SPS Technologies, Inc., 694 F.2d 505 (7th Cir. 1982)
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Gesetzesverzeichnis 15 U.S.C. § 1 (2000 ed., Supp. III)
116
15 U.S.C. § 1051 (2000 ed., Supp. III)
139
15 U.S.C. § 1058(b) (2000 ed., Supp. III) 15 U.S.C. § 2 (2000 ed., Supp. III)
139
107
15 U.S.C. § 45 (2000 ed., Supp. III) 17 U.S.C. § 106 (2000 ed., Supp. III)
178 138
17 U.S.C. § 111(c) (2000 ed., Supp. III)
140
17 U.S.C. § 112(e) (2000 ed., Supp. III)
140
17 U.S.C. § 114(d)(2) (2000 ed., Supp. III) 17 U.S.C. § 115 (2000 ed., Supp. III)
140
140
17 U.S.C. § 116(b)(2) (2000 ed., Supp. III)
140
17 U.S.C. § 118(b)(4) (2000 ed., Supp. III)
140
17 U.S.C. § 119(a) (2000 ed., Supp. III) 35 U.S.C. § 271(d)(4) (2000 ed., Supp. III)
140 140
Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992
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Gesetzesverzeichnis
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Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung (EG) Nr. 1400 / 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, ABl. L 203 vom 1.8.2002, S. 30– 41 52, 77 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung (EG) Nr. 2659 / 2000 der Kommission vom 29. November 2000 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung, ABl. L 304 vom 5.12.2000, S. 7–12 52 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung (EG) Nr. 2790 / 1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, ABl. L 336 vom 29.12.1999, S. 21–25 51 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung (EG) Nr. 772 / 2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen, ABl. L 123 vom 27. April 2004, S. 11–17 51 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung (EG) Nr. 773 / 2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission, ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 18–24 46 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung (EG) Nr. 802 / 2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139 / 2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. L 133 vom 30.4.2004, S. 1–39 (Berichtigung in ABl. L 172 vom 6.5.2004, S. 9) 46 Marrakesh Agreement Establishing the World Trade Organization, signed in Marrakesh, Morocco on 15 April 1994 56 Protocol to the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, as amended by Protocol No. 11 68 Protocole additionnel à la Convention de sauvegarde des Droits de l’Homme et des Libertés fondamentales, tel qu’amendé par le Protocole nº 11 68 Rat der Europäischen Gemeinschaften, Richtlinie 91 / 250 / EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, ABl. 122 vom 17.5.1991, S. 42–46 52, 273, 292 Rat der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung (EWG) Nr. 793 / 93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe, ABl. L 84 vom 5.4.1993, S. 1–75 50, 76 Rat der Europäischen Union, Verordnung (EG) Nr. 1 / 2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1–25 46, 75 Rat der Europäischen Union, Verordnung (EG) Nr. 139 / 2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1–22 46, 75
352
Gesetzesverzeichnis
Rat der Europäischen Union, Verordnung (EG) Nr. 2026 / 97 des Rates vom 6. Oktober 1997 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. L 288 vom 21.10.1997, S. 1– 33 48 United States Department of Justice & Federal Trade Commission, Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property (1995), reprinted in 4 Trade Reg. Rep. (CCH) } 13,132 117, 118, 158, 164 Vertrag über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Nizza vom 11. Dezember 2000 68 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrages von Nizza vom 11. Dezember 2000 27 Vertrag über eine Verfassung für Europa vom 29. Oktober 2004
67
Sachverzeichnis aftermarkets 119, 228 Algorithmus 42, 43, 44 antitrust laws 32, 107, 147, 149, 159, 199, 204, 212 Antitrust Modernization Commission 156 asymmetrische Verschlüsselung 42 attempted monopolization 107 Beschwerdepunkte 46, 47, 278 Betriebsgeheimnis 36 Bit 44 Chicago School 98, 99, 101, 102, 104 common law 55 Computer-Richtlinie 52, 292 consumer welfare test 131 copyright misuse 141, 142, 143 decompilation 66 decryption 42 defensive leveraging 102, 266 Dekompilierung 52 direct network effects 90 direkte Effekte 89 Doppelerfindung 60 EG-Fusionskontrollverordnung 46, 75 EMRK 68 encryption 42, 209 equally efficient firm test 130 fixed sum argument 98 Forschungs- und Entwicklungskooperation 224, 294 forward-looking 204, 205, 206, 207 Franchisevertrag 51 free riding 115, 196
Geheimformel 36, 41 indirect network effects 90 indirekte Effekte 93 installed base 90 Integration 33, 34, 99, 261 intent test 129, 130, 135, 199 Konformitätsbescheinigungen 228 Koppelungsgeschäft 31, 97, 150, 161, 198, 199, 281 Kryptographie 41, 42 Kundenliste 39 Kurswerte 39, 160, 197 lock-in 90, 91 middleware software 206 Mikroprozessortechnologie 174, 178, 179, 181 monopolization 107, 112, 206 monopoly leveraging 97, 134, 136, 137, 138, 171 monopoly power 107, 112, 117, 134, 136, 137, 178 Multimedia-Richtlinie 53 Netzwerkeffekte 90, 269 Neuigkeiten 39 Nichtigkeitsklage 47, 255, 269 no economic sense test 130 no security through obscurity 44 object code 66 one-monopoly-rent theory 98
354
Sachverzeichnis
Passwort 39 patent misuse 140, 141, 142 Patentanmeldung 30, 40, 165, 193, 216, 218, 220, 221, 222, 284, 292, 294 Pharmaindustrie 223, 263, 266 platform threat 206 preemption 163 private key 43 property rights 55, 180, 209 public good problem 60 public key 43 PVÜ 57 Quellcode 66, 211, 300 raising rivals’ costs 131 refusal to deal 34, 120, 129, 130, 175, 187 refusal to license 120, 164, 180, 312 reverse engineering 65, 83, 87, 93, 100, 167, 169, 177, 280, 285, 290, 292, 306 Route 128 95, 96 rule of reason analysis 116 sacrifice of profits test 130, 155 Schlüssel 41, 42, 43, 44 Section 1 Sherman Act 116, 118, 144, 146, 166, 198
Section 2 Sherman Act 27, 107, 109, 110, 112, 116, 117, 118, 124, 125, 128, 134, 136, 141, 149, 155, 161, 167, 170, 171, 174, 176, 178, 186, 196, 199, 218, 221, 222 Sekundärmarkt 119, 153 Sicherheitsvorkehrungen 41 Silicon Valley 95, 96 source code 66, 211 Staatsgeheimnisse 41 Stand der Technik 193 Standardisierungsorganisationen 221, 222, 293 symmetrische Verschlüsselung 42
108, 119, 144, 173, 215,
28,
Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung 50, 52, 287 tests 129, 130, 171 trade secrets 7 Transparenz-Verordnung 48 TRIPS-Übereinkommen 55, 56, 57, 58, 65, 78, 273 unclean hands 141, 142 Uniform Trade Secrets Act 162, 163 Verpflichtungserklärung 279