Malerische Schauspiele. Band 1 Van Dyck's Landleben: Malerisches Schauspiel [Reprint 2019 ed.] 9783111499604, 9783111133515


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Andeutungen über malerische Schauspiele und damit verwandte Gegenstände
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Malerische Schauspiele. Band 1 Van Dyck's Landleben: Malerisches Schauspiel [Reprint 2019 ed.]
 9783111499604, 9783111133515

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Andeutungen über

malerische Schauspiele und damit verwandte

Gegenstände.

Ars non habet osorcra, nisi ignorantem.

Aas Kunst-Idyll: Van Dyck's Landleben,

ist

von Kennern sämtlicher darin vcreiniqtcr Künste freund­ lich gewürdigt, aber auch hie und da von Halb-Ken­ nern und Laien nicht gefaßt und auf mancherlei Weise gemißdeutet worden. Jetzt, da es, in Kleinigkeiten ver­ bessert und am Schlüsse in Nebendingen geändert, den Freunden der Poesie und Malerei von neuem über­ geben wird, sey mir gestattet. Einiges über die Art seiner Entstehung und über die Ansichten zu sagen, welche mich dabei geleitet haben. Vielleicht hätte, um Irrun­ gen vorzubeugen, dieß schon bei der ersten Auflage geschehen sollen. Allein dem schaffenden Künstler schwebt das, was er gewollt hat, zu klar vor Augen, als daß er nicht ein Gleiches von den Beschauern voraussetzen, als daß er cs nicht, theils sür unziem­ liche Anmaaßung, theils für zu weit getriebenes Mißtrauen gegen seine Bestrebung ansehen sollte, wenn er unternähme, sein eigner Erläuteret' zu werden. — Wie nur ein Licht ist, obwohl in mannichfachen Strahlenbrechungen, so giebt cs auch nur eine Kunst, obwohl sic sich verschiedener Mittel und Stoffe bedient, oder, wenn man' lieber will: Alle Künste sind Töchter einer Mutter, der begeisterten Menschcnseele, obwohl verschiedentlich ausgestattet, diese mit dem Tone, jene mit der Farbe, mit dem Worte, mit dem Umrisse, mit der Bewegung u. s. w. Getreu dieser gemeinschaftlichen Abstammung, wollen und können sie sich auch nie gänzlich trennen, mögen und dürfen sie auch ihre Reiche nickt so ängstlich und feindlich verhäaen, daß sich immer bestimmen ließ, wo das eine anfange, das andere ende, obschon jede von ihnen ihre eigene, den Andern unzugängliche Hauptstadt haben

mag. So sind z. B. Rede und Mimik fast stets so innig verschmolzen, daß sich eine Scheidung nicht den­ ken läßt. Und wem fiel nicht von selbst der Gesang ein? Wer dächte nicht an die Vereinigung mehrer Schwesterkünste Ln der Oper und im Ballet? Lassen sich aber Dicht - und Tonkunst, Ton-und Tanzkunst auf das genauste vereinigen, warum sollte nicht das Nämliche zwischen Dichte und Malerkunst statt finden? Wie nahe sich beide in vielfacher Hin­ sicht verwandt sind, ist schon von den Alten bemerkt und gezeigt worden. *) Aber diese Verschwisteruttg weiter hier ausführen, hieß Eulen nach Athen tragen. Derselbe Meister, welcher die Gränzen beider Herr­ scherinnen absteckte, stellte ihre Reiche natürlich auch in der Eigenschaft sich nahe berührender Nachbarstaaten dar. **) Nur darauf werde anjetzt kürzlich hinge­ deutet, daß die Fälle, wo ein Gemälde zu einem Gedichte, ein Gedicht zu einem Gemälde begeisterte, schwerlich zu berechnen seyn möchten. Auch giebt eS ja genug, theils gemalte, theils in Kupfer gestochene Dichtungen, einzeln oder in mehren Bildern ausgeführte *) Horaz

entlehnt, wie bekannt,

in seiner arte Der von ihmV. 361. ff., wiewohl nur in beschrankter Hinsicht, ausgestellte Satz: m pictura poesis, ist in allgemeine sprichwörtliche Redensart übergegangen. — Merkwürdig jst, was Cicero (Tusc. Quacst. V. u4.) vom Homer sagt: Traditum est etiam, Homerum coecum fiiisse. At

poetica, Beispiele von der Malerei: Siehe V. I. ff.

©jus picturam, non poesim, quae ora , qui locus Graeciae,

videmus.

Quae regio,

quae species formae, quae

pugna, quae acies , quod remigium, qui motiis heminum, qui

ferarum,

non ita expictus est,

,

ut,

quae ipse non

viderit, nos ut videremus effecerit?

**) Lessings Laokoon, oder: über die Gränzen der Malerei und Poesie. Berlin bei Voß. 1766.

Mythen und Allegorien,.. ganze in Bildern gedichtete Romane u. f» m, *) Ist aber solchemnach die Wechselwirkung der Poesie und Malerei, weder nach der Natur der Sache, noch nach der Erfahrung, in Zweifel zu ziehen; **) so mag immerhin des Paters Castell Farben; Clavier zwar ein Beweis seines Scharfsinns, aber nicht bv friedigend seyn! Zugegeben, daß die Abwechselung bunter Strahlen, die, wie die Dichtkunst blos das Gemüth, die Musik blos das Ohr, so blos das Auge in Anspruch nimmt, keinen hbhern Reiz gewähre, als etwa eine Blumenflur, der Abendhimmel, der Regen­ bogen, das Kaleidoscop, ein Feuerwerk; so bleibt doch hiermit zuförderst noch ganz unentschieden, ob sich nicht schon durch Verbindung der Musik und Malerei ein wahrhaft künstlerischer Genuß erzeugen, ob sich z. B. unter anpassender Musikbegleitung, durch sinnreich geordnete Abwechslung der Licht- Effecte und großer Naturgemäße, architektonischer Prospekte u. s. w. *) Hogarth — Bürgers Lenardo und Blandine, in einer Reihe von Kupfern dargestellt von Götz— Paul und Virginie, inglerchen die Geschichte vom verlornen Sohne in mehren Blättern — Rambergs Ctarchen, (Titelkupfer zum 6ten Bande von T Hümmels Werken i8i2.) das man mit Recht ein Seelengemalde in sechs Auszügen nennen könnte u. s. w. **} War' rch nrcht zu alt für die moderne, Leonische Mystck — das Gold der achten wachst wohl in jedem Dichtergemüth, wie das achte Gold der Maurerei im Herzen jedes Bledermanns — ich könnte über die Verschwlsterung der Malerei und Musik Dinge vorbringen, Dinge, wovon sich — unsre Phrlosophre nichts träumen laßt, Dinge, worüber sowohl nur, als den Lesern, der Verstand ausgreng! Aber wozu führt solches Nebeln und Schwebetn?

— bald erhabener, bald schöner, bald lieblicher, bald furchtbarer Gattung — gleichviel, ob der Wirklichkeit nachgeahmt, oder frei erfunden, auch, nach Dewandniß der Umstande, mit schicklicher Staffirung versehen — nicht etwas Aehnliches hervorbringen lasse, als durch das Ballet, welches sich doch auch nur auf Genuß deAuges und Ohres bezieht. *) Wollte man aber auch hierüber ohne Versuch ab« sprechen, so findet doch gewiß ein zu enges Band zwischen der Dicht - und Malerkunst statt , als daß sich nicht von ihrer Vereinigung durch Vermittelung der dritten, nämlich der Schauspielkunst, ein erfreu­ liches Ganze- erwarten .ließ. Scho» das Beispiel der Oper, wenigstens wie sie seyn soll, macht dieß höchst wahrscheinlich. Wird in ihr Dicht- und Ton­ kunst für die Hauptsache gehalten, doch ohne Schau­ spiel - und Malcrkunst entbehren zu können, so müßten in einer Darstellung jener zuerst angedeuteten Art, Dichtund Malcrkunst herrschen, doch gkcichergestalt von andern holden Schwestern umgeben. Betrachtungen dieser Art, die mir oft, obgleich dun­ kel, vorgeschwebt hatten — wie ich denn, falls Nei­ gung immer das Schicksal des Erdenpilgers bestimmte, wahrscheinlich mehr mit Farben, als mit Worten, gc*) Cs mangelt nicht ganz an erläuternden Beispielen. Servandoni, der erfindungsreichste, aber auch den größten Aufwand nicht scheuende Decoration - Maler, und daher das Schrecken der Völker genannt, gab zu Paris auf seine Rechnung Decoration - Schauspiele, welchen in der Folge, gleichsam zur Staffirung, kleine Pantomimen eingeflochten wurden. — Der geniale Abt Vogler ließ sich, wie man erzählt, in die Düffeldorfer Galerie ein Pianoforte schaffen, und suchte die vorzüglich­ sten Gemälde durch Musik auszudrücken.

dichtet haben würde *) — erhielten durch äußere Erscheinungen in meiner Seele eine Art von Anschaulich­ keit. Ich hatte viel und mancherlei von lebenden Ge­ mälden, von den Attltüden und mimischen Darstellun­ gen der Lady Hamilton und Frau HendelSchütz gelesen und gehört, doch ohne von diesen Dingen eine deutliche Vorstellung zu erlangen. Endlich am 2. December 1812. bei dem fünfzigjährigen Ju­ belfeste des bald darauf verstorbenen Cabinets- Mini­ sters und Staats - Secretairs, Grafensvon Hopfgartcn, sah ich in dessen edlem Familienkreise die ersten, durch lebende Personen dargestellten Gemälde. Sie waren unbeweglich in einer rahmenähnlichen Ein­ fassung und hinter Flohr, nicht nach vorhandenen Bildern, sondern nach einer freien, sinnreichen Erfin­ dung meines durch Gleichheit der Empfindungen und Studien innigst mit mir verbundenen Freundes, des Königl. Bibliothek-Sekretairs C. A. Semler, **) ge*) Schon in meinen ersten Jünglings-Jahren dichtete ich Etwas, das man in gewisser Hinsicht ein Maler - Schau­ spiel nennen könnte. Es find einige Scenen, welchen die bekannte Anekdote vom Hufschmidt zu Antwerpen, -Üuintin Messis, zu Grunde liegt. Doch verlegte ich die Geschichte nach Italien. S. Künstlerliebe in Lenardo's Schwärmereien, (Leipz. b. HeinsiuZ 1793, 1794.) Th. II. S. 214. ff. — Wie ich kürzlich in einet Literatur - Zeitung gefunden, ist derselbe Stoff, doch der Wahrheit getreuer, von Julius von Voß (in dessen: Erzählungen von schönen deutschen Mädchen für schöne deutsche Mädchen. Berlin, b. Schlesinger 1819.) dramatisch behandelt worden. **) Ich hoffe bei Freunden der Kunst Dank zu ver­ dienen, wenn ich sie bei dieser Gelegenheit auf eine Schrift desselben: Ideen zu allegorischen Zimmerverzierungen (Leipz., 180O aufmerksam mache, rii

ordnet, und stellten, mit steter Hindeutung auf die hohen Verdienste des gefeierten Jubelgreises- i) bie Religion, 2) das Ritterthum, z) die Va­ terlandsliebe und 4) die kindliche Vereh­ rung dar. Diese vier allegorischen, von Töchtern und Enkeln des Hauses vortrefflich ausgeführten Ddtstellungen sprachen den Hauptgedanken und die daran ge­ knüpften Anspielungen schon an sich so vollkommen aus, daß ste, nach meinem Dafürhalten, um cm schönes, völlig deutsches und abgerundetes Ganzes zu bilden, nicht einmal der bei jeder, auf verschiedene, doch immer höchst angemessene Weise, angebrachten Inschriften **) bedurft hätten; das in hohem Grads iührettds und erhebende Fest erhielt durch sie eine ganz eigene, still ergreifende künstlerische Weihe. Sie machten auf mich einen tiefen, unerlöschlichen Eindruck, und regten in mir jene frühern Gedanken von neuem an; aber immer noch wollte sich mir zu einer Art theatralischer Aus­ führung meiner Ideen kein gnügendes Bindungsmittel zeigen. Doch am 4. März isr4. war ich, auf freundliche Veranlassung der Künstlerin, bei den mimischen Dar­ stellungen der Frau Henriette Hendel - Schütz

welcher malerische Zusammensetzungen beschrieben sind, die nicht blos einzelne, abgerissene Gedanken, sondern wohl zusammenhangende, reiche Gedankenreihen, durch mythische Bilder klar für den Verstand und belebend für das Gefühl aussprechen. Man könnte jeden Cyklus ein gemaltes Gedicht nennen. *) Diese waren: 1. Vom Himmel ward ihm Muth und Kraft gegeben, 2. dem deutschen Mann' von alter Treu und Ehre. 3. Dem Vaterlande weihte er sein Leben, 4» Er, unser Vater, unser Stolz! Heil Ihm!

zugegen. Meine aufö höchste gespannte Erwartung gieng in Erfüllung^ ich ward überrascht und wunder­ bar aufgeregt — wie ich auch der Meisterin durch ein, am folgenden Morgen übersandtes Sonett zu er­ kennen gab. *) Aber so hingerissen, ja wahrhaft geblendet ich wahrend der Darstellungen war, so konnte ich mir doch in den Zwischenräumen nicht abläugnen, daß ich

*) Es ist durch Andere in jener Zeit zweimal, und dann in dem Stammbuche der Künstlerin, (Leipzig, b. Brockhaus, i8i50 doch niemals ganz richtig, mitgetheilt worden. Daher sey ihm hier eine Stelle vergönnt: Noch ringt die Brust mit stürmischen Gefühlen, Noch schwelgt der Blick in wechselnden Gestalten, Die zaubrisch-schön im Flug' vorüberwallten, Und nun, ein Geisterchor, mich reg' umspielen. Laß, Phantasie! die Flamme nicht erkühlen! Nur ein Gebild, nur eines laß dich halten — Ach! willst auch du den Fittig schon entfalten, Du Aetherkmd? — wohin? nach welchen Zielen? — Sie schwebt empor — schon fesselfreie Seele, Die Dichterin mit Blicken und Geberde — Zum Himmel auf schwebt Hendel - Rafaele! Doch, tauscht ein Traum ? steigt nicht aus Sternensphären Sie selbst, des Himmels Königin, zur Erde, Die sie verklärte, wieder zu verklären?K Daß letzteres auf das Schlußbild der Madonnen-Vor­ stellungen sich bezieht, bedarf wohl keiner Erinnerung. — Eine scherzhafte Epistel vom Jahr 1315. an Döbeln, die Vaterstadt derselben Künstlerin, steht in schon er­ wähntem Stammbuche S. 141. ff. und mt 4ten Bänd­ chen meiner gesammelten Gedichte S. 225. ff.

irgend Etwas vermisse. Fern sey cs von mir, hier einen Tadel auszusprechcn; es crgieng mir nur, wie in einer überreichen Galerie, wo das Auge, schnell von einem Gegenstände zum andern hingerissen, keinen Nuhepunct, kein bleibendes geistiges Resultat findet. War es wohl die Magie des ersten Eindrucks, war es die feierliche Ruhe der früher erblickten lebenden Gemälde, die mich damals so sehr angezogen hatte? War cs die Beweglichkeit, das allmählige Entstehen der letztem Gebilde und Gruppen, das Schwanken zwischen lebendem Gemälde, Attitüde und Pantomime, was mir jetzt den Genuß schmälerte? DaS aus sich selbst Entfalten war doch gewiß meisterhaft, jede Dar­ stellung, einzeln betrachtet, eine durch Blick, Gcberdc und Stellung vollendete Dichtung! Schon in der dritten, vierten Pause ward cs mir wahrscheinlich, daß hier die engere, dichterische Ver­ bindung, ich möchte sagen, die Einheit, des Ganzen abgehe, und daß diese, wenigstens für mich, durch den kunstgeschichtlichcn Zusammenhang nicht ersetzt werde. Noch che der Vorhang für diesen Abend gänzlich ge­ fallen war, lag deutlich die Möglichkeit vor mir, ein zusammenhängendes, den ganzen Abend ausfüllendes Kunst-Schauspiel zu geben, beweglich, dramatisch fortschreitend, bald allgemeine Kunst- Ideen aussprechend , bald das Gefühl und Wirken eines Künst­ lers, bald das einer ganzen Schule, versinnlichend, bald auch wirkliche Gemälde vors Auge führend. Bei öfterm Nachdenken über diesen Gegenstand wurden meine Ideen klärcr, aber sie erweiterten sich auch bis fast ins Unbegränzte. Ich entwarf den Plan, einen Cyklus solcher Theaterstücke zu dichten, deren jedes sich mit einer Malcrschule beschäfftigte; *)

•*) lind warum sollte dieß nicht gestattet seyn? Wem

tiit Vorsatz, von welchem mich freilich, unter andern weniger bedeutenden Gründen, die Erwägung, wie unüberschlich die Kunst, und wie kurz das Leben sey, längst zurückgebracht hat! Die alte Kunst, die Kunst des Mittelalters, die neuere Kunst, jede derr selben sollte, wie Zeit und heimischer Boden sie veri schiedcntlich gestaltet, in einem oder mehren Schauspiel len — dieß Wort im weitesten Sinne genommen, mithin Trauerspiel, Schauspiel im engeren Verstände, und Lustspiel darunter begriffen — behandelt, und so das Meiste und Vorzüglichste, was das Leben der Kunst gegeben, durch die Kunst dem Leben gleichsam zurück erstattet werden. Selbst die Chinesische Kunst und ähnliche Spielarten, falls man diesen anders den Namen der Kunst zugestehen will, sollten in einem Nachspiele, einer Operette, einer Posse oder dcrglci, chen vor das Auge treten. Nach den beschrankten Kenntnissen, die ich als bloßer Dilettant hatte erwerben können, schien mir die Niederländische Kunst, im leichten Gegensatze mit einem Theile der Italienischen, der für mich zum Am fange leichteste Stoff. Dieß, und vielleicht noch mehr der Umstand, daß ich schon im Jahr ign. aus einer Art Vorliebe für erstgenannte Schule, eine Anekdote aus Vandycks Jugendlcbcn dichterisch behandelt hatte, **) die mir jetzt zu Ausführung meiner Idee ganz wie erlesen schien, bestimmten mich, einen Versuch zu machen. So dichtete ich denn noch im Jahre 1814. den ersten und zweiten Aufzug, in Mitte des Jahres fallen nicht von selbst Shakspears Schauspiele aus der Englischen Geschichte ein! *) Siehe das Mädchen von Savelthem in der Roswitha ztes Bändchen S. 1. ff. und in meinen Gedichten Ztes Bändch. S. 224. ff.

I8IZ. aber das Vorspiel und die drei letzten Aufzüge des Stücks. Ihm zunächst und gleichsam als Gegenstück sollte die Italienische Schule folgen, wie wohl kaum zu sagen nöthig, an den Haupt-Heros beifri; ben, Rafael, sich anschließend, mit leichter Emmischung einiger damals in Rom lebender Niederländer, ja vielleicht auch mit Hinblicken auf die gleichzeitige Deutsche Kunst. Ich deutete diesen Vorsatz, bei einer Vorlesung der Handschrift von Van Dycks Landleben im Dresdner Dichterkreise, durch folgenden, jetzt von neuem übersehenen Prolog an: *) „ Es tragt kein eitel ruhmbegier'ges Streben Den reinen Dichter in der Dichtung Land; Nur was ein lichter Blick dem Geist gegeben. Das führt er aus mit Lust und flciß'ger Hand, Nicht sorgend, sich zum Höchsten zu erheben.

*) Ep ist in den Hamburger Originalien, doch sonderbar genug! nach einer sich von dem Herausgeber gestatteten und von mir leichthin genommenen Lrcenz, ohne das beigefügte, eine in denselben Blattern erschie­ nene Beurtheilung des Stücks berichtigende Nachwort, abgedruckt worden. —- Eine kleine, mit diesem Plane in Beziehung stehende Nebenarbeit: »Madonna della S e d ia (späterhin von H o u w a ld in dessen »Buch für Kinder gebildeter Stände “ Leipz. b. Göschen 1319. S. 59. st. )u dem angegebenen Zweck sehr schön überdichtet) befindet sich im zten Bdchen der Harfe S. 1. ff. und in meinen gesammelten Gedichten 4tes Bdchen S. z. ff. S. auch: Maler-Sonette m meinen Gedichten 4tes Bandch. S. 190. ff. der gute Geist, nach Kügelgen, Dante nach Hartmann (2ies Bdch. S. 10. u. 17.) der dankbare Sohn nach Tischbein Otcv Bdch. S.61.) Gerhard von Kügelgen, eine Fan­ tasie. 1820.

Bevor das Höchste leuchtend vor ihm stand. Nur das ziemt ihn gehorchend zu vollbringen, Wozu der Stunde macht'ge Geister dringen. So mög' auch Euch, Ihr Freunde, jetzt genügen An Nrederländ'schcm freundlichem Idyll, Wodurch nur matt der Sonne Strahlen fliegen. Zu der Euch einst die Muse führen will; Der Rahmen ist gespannt, die Farben liegen Gemischt schon — und ich ahne freudig/still: Früh oder spat führ' ich vor Eure Seele Das heil'ge Bild vom großen Rafaele! Bis dieß vollführt, laßt Vandyck Euch gefallen. Eh' ihm Hesperia jede Weihe gab. Und er, nach kurzem, ehrenreichen Wallen, Hinabsank — Fürsten ähnlich — in das Grab! *) Ihr, Hochgeweihte in der Künste Hallen! Blickt liebevoll auf Flamlands Flur herab. Wird, was ich wollte, von E u ch mit empfunden. Hat mir das Glück den schönsten Kranz gewunden." Van Dycks Landleben — so, nicht Van Dyck, hatte ich das Stück genannt, well nicht er allein sondern die Niederländische Schule, dessen Gegenstand ist, weil ich ihn nur als Jüngling darstellen wollte und konnte, und weil ich mich ansonst für verpflichtet gehalten haben würde, von seinem ganzen Kunst/ Leben und Wirken wenigstens den Umriß zu geben — erschien zuerst und wohl ausgestattet auf dem Dresd/ ner Hoftheater, und zwar, nach mancherlei von Ver/ Haltnissen herbeigeführtem Aufschub, am n. Novem/

*) Er starb zu London in seinem 42sten Jahre und ward, von den Vornehmsten und Edelsten zu ferner Ruhe­ stätte begleitet, in der Paulskirche beerdigt.

ber 1816. folglich durch Zufall am Tage St. Mar­ tins, des von Van Dyck gemalten Schutzpatrons des Dorfs Savelthem, wo das Stück spielt. Man läugne nun noch, daß es Schicksalstage giebt. Es fand günstige Aufnahme, die sich, je mehr die Zuschauer mit der Idee befreundet wurden, bei für Dresden sehr oftmaligen, zum Theil verlangten Wiederholun­ gen, eher mehrte, als minderte, so daß es sich bis jetzt noch stets einer zahlreichen Versammlung und freundlichen Theilnahme zu erfreuen gehabt hat. *)

*) Da ich, wenn ich mich nicht in Dresden aufhielt, schwerlich zu Ausführung dieses Plans gekommen seyn würde, so habe ich die erste Auflage Dresdens kunst­ liebenden Bewohnern zugeeignet. Das WidmungSonett mag, damit in der -werten Auflage Nichts man­ gele, was in der ersten sich vorfindet, hier eine Stelle einnehmen. „Lin Fremdling zog ich ein in Dresdens Auen, Durch regen Fleiß mein kleines Glück zu gründen. An hoher Kunst die Seele zu entzünden, Ließ das Betrieb des Lebens sie erlauen. Mir ward's zu Theil, das Herrlichste zu schauen, Den Edelsten von Euch mich zu verbinden, Ein treue- Weib in Leid und Freud' zu finden — Hier fand ich Liebe, Freundschaft und Vertrauen. So folg' ich denn der alten Meister Sitte — Wo mich die zweite Vaterstadt umfangen, Sey dieses Weihbild dankbar aufgehangen. Stets blühe Glück und Ruhm in Eurer Mitte; Stets mag zu Euch deS Wandrer- Sehnsucht wallen, Wie zu der Kunst, deS Gastrechts Tempelhallen." — Außer von dem Dresdner Theater, ist da- Stück von den Bühnen zu Wien, Berlin, Stuttgart, Darmstadt

Wahrscheinlich gab dieß Schauspiel auch Veran­ lassung, baß dem Verfasser kurz darauf (im Decem­ ber 18**6») eine Dichtung zur Geburtstagsfeier des Königs, *) und späterhin (im Oktober 1817.) die Dichtung eines Festspiels zur Vermählungsfeier der Prinzessin Maria Anna Carolina von Sachse» mit dem Erbgroßherzog e von Toscana über­ tragen ward. Wer die Schwierigkeit kennt, bei der­ gleichen feierlichen Veranlassungen, wo noch gar Man­ ches zu berücksichtigen ist, wovon dem Uncrfahrncu keine Ahnung herkommt, nicht „das ewig Gestrige, Was immer war und immer wiederkehrt. Und morgen gilt, wcil's heute hat gegolten “ **) zum Vorscheine zu bringen, und meine in Obigem angegebenen Pläne hiemit in Verbindung setzt, kann leicht beurtheilen, wie willkommen es mir war, bei letzterer, schwerlich je gleich passend sich darbietende» Gelegenheit, Bilder aus dem Lande der Gefeierten, sogenannte Hetrurische Vasen-Gemälde, der Dichtung einweben zu können. Der Erfolg, (am 15. November 1817.) obwohl vorläufig durch mancherlei, selbst von Künstlern und Kennern erregte Zweifel sehr bedenklich gemacht, mußte mir in jeder Hinsicht mehr als gnügen. Es läßt sich gar wohl von dem Verbrauchten abweichen. und Prag honorirt, auf den Theatern zu Petersburg, Hamburg, Leipzig, Braunschweig, Breslau, Bremen, Hannover aber, nachdem es in Druck erschienen, aufge­ führt worden. *) Das Dankopfer. Eine Rede mit Chören. Dres­ den, 1816. (nicht in den Buchhandel gekommen, doch späterhin in der Abendzeitung 1317. Ro. 9, als Beilage abgedruckt.) Schiller im Wallenstein.

wenn Intendanz, Theatermaler und Schauspieler sich nicht von oft sehr verdächtigen Vor s Entscheidungen leiten lassen, sondern brn Dichter, wie hier der Fall war, kräftig und mit Liebe zur Sache unterstützen!-------Dieses, wie wohl bei Festspielen auf hiesigem Theater kein Fall bekannt, noch dreimal, und zwar das letzte Mal (am Oct. 1819.) in Gegenwart der hohen Huldin, der es gewidmet war, wiederholte *) kleine Stück: der Weinberg an der Elbe, ward von meinem vielgeliebten Freunde Göschen gleiche förmig mit Vandycks Landleben, welches ich in der Handschrift eine Ausstellung für Kunstfreunde genannt hatte, gedrückt; beide sollten einzeln, aber auch vereinigt zu haben seyn. Zu diesem Behufe, auch damals noch dem Gedanken an einige ähnliche Dichtungen nachhängend, gab ich ihnen beliebter Kürze halber den gemeinschaftlichen Titel: Malcrisch c Schauspiele, **). was ausführlicher: Schaue spiele für Kennst und Freunde der Malcrkunst, zu nennen gewesen wäre. Nach Adelung heißt male­ risch, „in der Kunst des Malers gegründet." Das Recht Übrigens, diejenigen Leser und Zuschauer, für welche ein Dichter vorzugsweise geschrieben haben will, folglich auch die Richter, die er für compctcnt hält, zu bezeichnen, ist ja wohl unbestreitbar und zum Ueberflussc durch Göthc'S „Stella, ein Schauspiel für Liebende," einleuchtend gemacht.

Es bedarf keines Anführens, daß, wenn man über*) Den zu dieser Aufführung gedichteten Prolog s. in der Abendzeitung 1319. No. 239. Die bei den drei ersten Vorstellungen gebrochenen Prologe sind von Theodor Hell. **} Sie erschienen Leipz. b. Göschen i8i7* beide mit Portraits, ersteres mit 6, letzteres mit 3 Umrissen.

Haupt von malerischen Schauspielen sprechen darf, was doch wohl schon nach dem Worte: Schauspiel, so wie nach dem Beispiele der Oper und des Ballets, unbedingt zu bejaen ist, hiebei znfördcrst — will man nicht alle Begriffe unter einander mischen — nicht von solchen die Rede seyn könne, nach welchen etwa, was schwerlich je fehlen wird, ein geschickter Künstler eine oder die andere Zeichnung entwerfen kann. Giebt auch die Mi/ schung von Blau und Gelb das Grüne, so wird doch Niemand deshalb das Blaue oder Gelbe grün nennen! Eben so wenig sind darunter solche Schauspiele zu verstehen, worin etwa beiläufig ein Maler auftritt und über artistische Gegenstände spricht, wie z. B. in Emilia Galotti, im Fiesko, im deutschen Haus/ v a t c r u. s. w. Ein malerisches Schauspiel kann nur ein solches seyn, in welchem Dichtkunst und Malerei auf das engste verbunden sind, ein solches, welches zwar, in sofern ei der Poesie angehört, alle Gebildete, in so weit es aber der Malerkunst angehört, vorzugsweise die Kenner der­ selben in Anspruch nimmt — wie z. B. die Oper zwar Jedem, auch dem Laien, gefallen soll, doch nur von dem Kenner der Musik vollkommen gewürdigt werden kann. Ein Schauspiel, das vorzugsweise für Kenner der Malerei, mithin auch ihrer Geschichte, anziehend seyn soll, kann entweder ein solches seyn, daS dem Beschauer ungezwungen, ja mit innerer Nothwendigkeit, eine Mehr­ zahl malerischer Gegenstände, (gleichviel, ob vom Dichter erfunden oder aus vorhandenen Gemälden entlehnt,) durch Worte, Dekoration, Costum, Gruppirung ober eigentliches Bild, vors Auge führt; oder ein solches, das ihn Blicke in bas Leben und Wirken eines Malers, als solcher betrachtet, thun läßt; oder endlich ein solches, das ihm das Vorzüglichste und Eigenthümlichste —nicht Alles; denn ein Schauspiel ist kein kunstgeschicht-

liches Compcndium!— einer ganzen Malerschule ver­ gegenwärtigt. Die erste und dritte Gattung könnte man vorzugsweise unter dem Namen: malerische Schau­ spiele im engern Sinne, aufführen; denn auch bei der letzter» kan» das eigentlich Malerische selten fehlen. Es sey mir jedoch, mehrer Deutlichkeit wegen, hier ver­ gönnt, die erste Gattung Gemälde-Schauspiele, die zweite und dritte M a l e r - S ch a u sp i e l c zu nennen, diese letztem aber in lebcnsgeschichtlicheund kunst­ geschichtliche abzutheilen. Stücke der ersten Hauptgattung, Gemälde-Schau­ spiele, die vor dem Richtcrstuhle eines geläuterten Ge­ schmacks bestehen können, sind allerdings denkbar. Wenn der Liederdichter Gedanken und Melodie zugleich finden kann und soll, wenn er beide (die letztere immerhin nur im innern Ohre und ohne die Fähigkeit, sie in Noten zu sehen) zugleich im Geiste empfängt; warum sollen sich nicht auch Gedanke und Bild, (im eigentlichen Sinne des Wortes) sey dieß Bild Blüte seiner Phantasie, sey es Frucht-Dessen, waS er auf Gemälden gesehen hat, in ihm erzeuge» dürfen? Ist denn das Auge ein gröberes Sinncnwerkzeug, als das Ohr? Ist cs von geringerer Empfänglichkeit? Kann eS Empfangenes weniger an Empfangenes reihen? *) Ich sollte nicht meinen! Die im Eingänge erwähnten vier Tablcaux z. B. standen in einem sehr guten, allgemein verständlichen und verstan­ denen, wahrhaft dichterischen Zusammenhange. Darf man aber vollends Rede, Mimik und Musik zu Hülfe

*) Eben deshalb ist die Unmöglichkeit einer soge­ nannten Farben - Musik schwerlich darzuthun. Viel­ leicht sind nur die Instrumente noch nicht erfunden, aber doch erfindlich; vielleicht haben einstig« Jahr­ hunderte auch für das Auge ihre Mozarts und — ihre R o s s i n i' s.

nehmen, so ist eS ja augenscheinlich noch gewisser, daß etwas acht Künstlerisches erzeugt werden könne. „Bei Festfcicrn," — sagt ein bewährter Dichter und Künste kenner, im Vorworte zu vier, fast aus ähnlicher Am sicht entworfenen Scenen *) — ,»wo der Muse des Schauspiels nur ein beschränkter Zeitraum verstattet werden konnte, wählte man zuweilen einzeln bekannte Scenen aus Opern und Schauspielen^ zur Aufführung aus.. Das Zusammenhanglose blieb jedenfalls dabei störend. Dieß führte z» dem Versuche, die HauptMomente eines Schauspiels, mit Beseitigung aller Einleitung-Zwischen- und Ausfüllung- Parthiccn, zur gedrängten, dramatischen Handlung zu einen und neben dem, was Dichtkunst und Deklamation zu leisten haben, auch Tonkunst und Sccncrci in Anspruch zu nehmen."— Hiebei muß jedoch einschaltungweisc einer Mißdeu­ tung begegnet werden. Man könnte leicht, eine oder die andere von mir als unerläßlich angedeutete Vorausschung übersehend, mich beschuldigen, als wollte ich den sogenannten Guckekastcnstücken das Wort reden. Allein Guckckastcnstücke sind, richtig ins Auge gefaßt, nur solche, wobei alles auf eitle, gcist-und geschmacklose Schaulust, und mittelbar auf die Theater-Lasse berech­ net, wo die Dichtkunst, falls hiebei von selbiger über­ haupt die Rede seyn kan», nicht Herrscherin, nicht Ge­ sellschafterin, sondern dienende Magd, oft wohl noch weniger ist; **) Guckckastcnstücke sind solche, wo die Scencrei und, wenn man will, Fecrei als Hauptsache, Wort und Handlung aber, als, wohl auch entbehrliche.

*) S. das Schwert. Vier Scenen von Arthur vom Nordstern, in der Harfe 7. Bdchen @.71,ff. **) Wie man diejenigen Opern benennt, — und sie sollen nicht eben selten seyn, — wo ein ähnlicher Fall statt findet, ist mir nicht bekannt. Der Musik-Schub»

Dreingabe betrachtet wird. Dahingegen ist nicht abzu­ sehen, warum im Schauspiele **) dem Auge wohlgefäl­ lige Gegenstände, wenn sie nur an Ort und Stelle stehen, nicht mit Gewalt herbeigezogen sind, ängstlich vermieden werden müßten; warum die Umgebungen des wirklichen Lebens aus dem Grunde, weil sie angenehm sind, ent­ fernt werden sollten. Noch ist es wenigstens Nieman­ den eingefallen, SchakspearsGeistererscheinungen **)

karren-Künstler, der, den Klingel-Halb-Mond auf der Mütze, die große Trommel und fein ganzes Orchester vor und um sich, einige Jahr lang Europa durchfuhr, könnte vielleicht einen Gattung - Namen an die Hand geben. *) Schon das Wort giebt es, daß hiebei auch auf das Auge mitgerechnet ist, und ob ein blos auf das Lesen berechnetes Schauspiel nicht in vieler Hinsicht einem höl­ zernen Eisen gleiche, ob sich nicht wenigsten- in diesem Falle der Dichter sehr uunöthiger Weise Fesseln anlege, ohne welche er sich weit freier bewegen würde, ist, falls man sich nicht auf ein avros ifa beziehen, sondern selbst nachdenken will, noch keinesweges entschieden. **) Beiläufig: die Geistererscheinungen auf den mei­ sten Theatern sind bis jetzt keineswegs gnügend. Sie sollten nie, im Dorgrunde, nie in Hellem Lichte statt finden; durch Drappirungen von grauem Flohr, durch Waffenrüstungen von angelaufenem Stahl, so wie durch Vergrößerung der Gestalt, durch Rauch, durch die La? terna Magica und sonstige optische Vorrichtungen, wäre da gar Manches zu bewirken. Aber man muß Versuche machen und sich, wenn einer oder der andere mißglückt, nicht abschrecken lassen. — Ist es endlich dem Dichter und Künstler gelungen, den Zuschauer so weit zu brin­ gen, daß sein Puls stockt, das Auge starrt, da- Haar auf dem Wirbel sich hebt, und tritt nun der Bote der

und Heren, Semen, Schillers Krötnmg-zug in der Jungfrau, den Brautzug, das Rütli, den Mond, regmbogen, die beiden Rosse, den Schieferdecker im Tell, »der (der Aufzüge und Gruppen in des Epime, vides Erwachen u. s. w. gar nicht zu gedenken) Klär, chens Vision im Egmont, welche doch, streng gcnom, men, nur diesen, nicht den Zuschauern sichtbar werden kann, deshalb für verwerflich zu erklären, weil sie zu, gleich auf den Sinn des Auges wirken. — Uebrigens wird die bloße Sccncrei, die bloße Pracht der Gcwän, der u. s. w. nie ein Schauspiel lange erhalten; — manche prächtig ausgestattete Theatervorstellungen haben dieß durch Verschwinden der Zuschauer bei der zweiten, drit, tcn Vorstellung sattsam bewiesen —"Änd die Einheit des Orts, welche sich vielleicht nicht mit Unrecht die Haupt, stad t der tragischen Kunst nmncn ließ, so wie überhaupt die großartige Einfachheit an ihrer Stelle, bleibt hiebei allenthalben auch »»bestürmt, und noch vielmehr uncrobert! Wir gehen nun zu der zweite» Haupt, Abtheilung, nämlich zu den Maler, Schauspielen, und zu deren erster Unkerabthcilung, zu den leben sgc sch ich t, lichen über, zu denen, welche uns das innere Leben Unterwelt auf, mehr einem Kartenmanne oder einer Vogelscheuche, als einem Heldenschatten ähnlich, wohl schon mit einiger Aengstlichkeit nach dem Versenkungs» tret füßelnd, wer fühlt sich nicht auf das unangenehmste berührt? — Fueßli's Gespenst des Dion, sein Kö» nigsgeist am Strande des Meeres, mit dessen Wogen der königliche Mantel zusammenfließt, das find Gei» ster! — Ob übrigens, fall- die Geister nicht sprechen, die Wirkung nicht oft größer seyn würde, wenn nicht der Zuschauer sie sah, nur der Schauspieler sie zu sehen schien, dieß zu untersuchen, würde hier zu weit führen.

eines Malers, als solcher betrachtet, mithin auch wenig­ stens einen Theil seines künstlerischen Streben^, veran­ schaulichen. Die Dichter, den Freunden aller Wissenschaften und Künste nahe verwandt, haben sehr oft Vergnügen, ja auch künstlerischen Vortheil dabei gefunden, Künst­ ler t und Gelehrten - Leben jedes Fachs abzuschildern. In England, vorzüglich in Frankreich, sind fast alle ausgezeichnete Köpfe auf die Bühne gebracht worden, wenn es schon bte Dichter gewöhnlich ziemlich leicht damit genommen haben. In Deutschland haben wir vor Allen Goethc's Tasso, dann Petrarka, (von Frau Westphal), Cervantes in Algier, (von Kuffner), Shakspear als Liebhaber, (nach dem Französischen, von Curländer), Shakspears Beruf, (mir, wie mehre der folgenden, nur aus Winklers „Tagebuche der deutschen Bühnen," oder aus Correspondenz - Artikeln der Tageblätter be­ kannt), Luly und Quinault, (Oper nachdem Französischen), Milton, *) Haydn, **) Paul *) Vermuthlich auf die Anekdote sich gründend, daß der schlummernde Dichter, wie Oehlenschlagers Correggio, von einer durch Rang und Schönheit gleich ausgezeich­ neten, doch ihm unbekannt gebliebenen Dame auf'die Stirne geküßt wurde. **) Wahrscheinlich ist darin folgende Anekdote behan­ delt: Ein Königl. Prinz bat Haydn, dem Maler Josua Reynolds zu sitzen. Bei der ersten Sitzung schlief Haydn fast ein. Reynolds konnte sich nicht ent­ schließen, ihn so geistlos darzustellen, und brach die Sitzung ab. Das zweite Mal ging es nicht viel bester; man sah dem Tonkünstler ebenfalls Verdruß und Lange­ weile an. Man nahm zuletzt zu einer List seine Zu­ flucht. Als Haydn wieder schläfrig da saß, zog der

Gerhard (tott F. Naßmattn), die Rosen des Herrn von Malesherbes, von Kohebue u. s. w. Richten wir aber auf die Maler, als den Haupt/ gegenständ dieser Andeutungen, unser Augenmerk, so ergiebt es sich von selbst, daß man einen Maler nicht füglich anders, als in einer größer» oder geringern Ver/ bindung mit seinen Schöpfungen, mithin auch nicht füglich anders, als mit den Umgebungen, die auf jene gewöhnlich den bedeutendsten Einfluß haben, **) dar, stellen kann, wodurch denn freilich auch Stücke dieser Art malerisch im engern Sinne des Wortes werden, folglich sich der ersten Gattung, den Gemälde/Scham spielen, mehr oder weniger anschließen können. Von Maler/Schauspielen sind mir, außer Teniers und Michel Angelo, (vermuthlich Opern, deren Namen ich nur in Bühnen / Verzeichnissen gefunden habe) und mit Ausnahme einer Aufführung des unter Num/

Maler einen Vorhang auf, hinter welchem ein schönes, weißgekleidetes und rosenbekranztes Fraulein, einer Polyhymnia nicht unähnlich, sich befand und mit Haydn in deutscher Sprache eine Unterhaltung anspann. Haydn'ö Gesicht begann sich zu erheitern: er wurde immer beleb­ ter, und glich bald auch äußerlich einem genialen Künst­ ler. Das Gemälde gelang vortrefflich. — Für einen Operndichter, der so etwas anzufangen weiß, gewiß ein unvergleichlicher Stoff.' *) Soll doch Salvator Rosa sich in frühester Zeit in den wildesten Wald - und Gebirgs - Gegenden unter Banditen aufgehalten haben. Sagte es nicht die Ueberlieferung, der Dichter eines Schauspiels: Salva­ tor Rosa, müßte es so erfinden.' — Ließ sich doch Bern et wahrend des wüthendsten Sturms iu einem Mastkorbe festbinden!

mct i. angegebenen, folgende sämtlich erst nach Berne digung, größtentheils auch erst nach Herausgabe von Dandycks Landleben, bekannt worden. i. Rafael. Historische- Lustspiel (richtiger Drama) in Alexandrinen und einem Aufzuge, vo» I. F. Castelli. (Wien b. Strauß isio *)♦ Rafael hat sich in Florenz Alberti genannt und Cäci­ lien im Stillen sein Herz geschenkt, wie sie ihm. Fürst Chigi, ein Gönner der Kunst, der die späterhin Verwaiste beschützt, bringt sie mit sich, giebt sie für seine Gemahlin aus und nöthigt sie dem jungen Künst1er, der eine Cäcilia auf Verlangen des Pabsts Julius II. malen soll, zum Modell auf. Der Erfolg ist un­ gefähr derselbe, welcher von Alexander, Apcllcs und Kampaspe erzählt wird. Daß dieses Stück sehr uneigentlich historisch genannt worden sey, sieht jeder, der mit Rafaels Leben auch nur einigermaßen bekannt ist. Das Ganze gründet sich blos darauf, daß Rafael eine Cäcilia gemalt hat, aber nicht auf Verlangen des Pabsts, sondern des Cardinals Pucci, der dieß Ge­ mälde für eine Capelle zu Bologna bestimmt hatte, **) und daß Rafael einem reichen Kaufmanne aus Siena, Namens Chigi einmal, gegen hohen Ehrensold und weit getriebene Nachgiebigkeit, gedient zu haben scheint. +) Auch sprechen sich Rafaels großartiger Künstler- Cha­ rakter, so wie überhaupt südliche Gefühle, hier fast gar nicht aus, ein Mangel, dem durch Nennung ver­ schiedener Rafaelischer Schöpfungen, nämlich der Ga­ latea, der Schule zu Athen und der Schlacht des

*) 3n dessen »dramatischen Sträußchen für das Jahr

1819.* wieder abgedruckt. **) Auf der Dresdner Galerie befindet sich eine Copie dieser Cäcilia von Giulio Romano. t) Dergl. Ardinghello. ater Band S. 31.

Konstantin, nicht abgeholfen werden kann. Führte das Stück den Namen irgend eines unbekannten jun­ gen Maler-, so würde, Nachlässigkeiten, und hie und da Breite und Derbheit der Diction ausgenommen. Nichts dagegen zu erinnern seyn. Es läßt sich ein oder zwei Mal mit Vergnügen sehen, und die Secne, wo Cäeilia zum Modell dient, kann, gehörig darge­ stellt, wohl auch in künstlerischer Hinsicht befriedigen. 2. Adrian von Ostade. *) Singspiel in Einem Aufzug von Treitschkc. Musik von Jos. Weigl. Der Umstand, daß sich Ostade oft auf dem Lande aufhielt und Dauern bewirthete, um ihnen ihre ei­ genste Vcrgnügungswcise abzulauschen, ist hier benutzt, um Gemälde in seiner Manier, theils in sich bewe­ genden Gruppen, theils in wirklichen Bildern, theils durch lebende Personen dargestellt, vor das Auge zu bringen. Ob der eingewebten Liebesgeschichte etwas aus Ostade's Leben zum Grunde liegt, ist mir unbe­ wußt. Vielleicht sollte des Künstlers fröhlicher Cha­ rakter etwas mehr herausgehoben seyn; doch kommt hiebei viel auf den Darsteller an. Mit der kleinen Bedenklichkeit, ob auch Ostade in dem Dorfwirchshause und in so kurzer Zeit die Figuren der Schlußbilder so anordnen könne? darf es in einer Operette nicht zu streng genommen werden. Das Ganze ist gut angelegt, und besonders das Wesen des Farben­ reibers sehr belustigend. Auch dem Ernsthaftesten

*) Warum mag, bei der großen Dürftigkeit der neuern Operntexte, der lebensfrohe Berg hem noch nicht benutzt worden seyn? Er fang gewöhnlich, wenn er nicht arbeitete, und seine Lantippe von Ehegenoffin, die ihm alle- Geld wegnahm und über oder unter ihm wohnte, pochte dann gewöhnlich mit dem Stocke, um ihn ju Fortsetzung der Arbeit zu ermahnen.

3.6

wird dieß kleine Stück, durch die liebliche Musik veiv schönert, ein Lächeln ablocken. z. Correggio. Trauerspiel von Oehlenschläger. (Stuttgart, b. Cotta, 1816.) Dieses Trauerspiel verdient in jeder Hinsicht dcnBeifall, der ihm nicht blos von Kennern der Malerei und Dicht.' kunst, sondern von allen Gebildeten zu Theil worden ist, und wird schwerlich einen Leser oder Zuschauer ohne riefe Rührung und schöne Begeisterung von sich lassen. Mag der Geschichtsknndigc immer dagegen ausstellen, daß Allegri alter starb, als er hier angenommen ist, und daß sowohl seine große Dürftigkeit, als die Art seines Todes Erdichtung sind! *) Das Zusammen­ rücken ist dem Dichter vergönnt, so wie die Benutzung dessen, was man lange geglaubt hat, also im vorlie­ genden Falle der Maler-Legende. Etwas bedeutender möchte der Einwand seyn, daß Allegri bald zu un­ wissend, bald wieder recht gut unterrichtet erscheint, inglcichcn, daß der Künstler, der schon eine Nacht, eine Magdalena, „die Göttin der Waldfrömmigkeit" wie sie hier sehr schön genannt wird, eine M a d 0 n n a, eine Leda, eine Danae gemalt hat, der das anch’io ausspricht, sich unmöglich, wenn auch nur auf Augen­ blicke, so klein, so niedergedrückt fühlen könne; wie beim auch selbst Correggio'ü bekannte Gesichtßzügc mit dieser an sich selbst verzweifelnden Demuth und Schwäche schwerlich zu vereinigen sind. Indessen, wer Alles aus sich selbst nimmt, wie in der That bei Allegri der Fall gewesen zu seyn scheint, bei dem ist das Wissen oft Stückwerk, und in der Seele des Künstlers gränzen Selbstgefühl und Zagen sehr nahe *) Ich beziehe mich der Kürze halber auf den Arti­ kel: Correggio, von Gruber, im ConversatronLexicon.

an einander.

Wie der Plan de- Stücks einmal anger

legt, wie die Haupt - Idee: Freuden und Leiden des Künstlers, Kunst im Kampfe mit der Gemeinheit, einmal aufgefaßt ist, ließ sich der Charakter nicht füglich anders bilden; Erniedrigung und Erhebung, beide so sehr im Innern und Aeußern des Geweihten gegründet, tiefste Erniedrigung und dann fast Verklär rung, mußte» sich hier vereinigen. Im Ganzen ge/ nommen, ist das milde, liebenswürdige Wesen des Künstlers, ----------„eilt holder schein, den jede Wolke leicht verdunkeln kann," hier vollkommen ausgesprochen, falls auch, wie kaum zu laugnen steht, die Charaktere des Michel An ge lo und Giulio Romano mehr nach dem Leben und mit festerer Hand gezeichnet seyn sollten. Uebrigens, wie wird der Freund der Kunst so ganz in jenes Zeit-alter, so ganz in jenes Italien versetzt; wie findet er so überall erhebende Erinnerungen an ältere und gleich/ zeitige Italienische Maler, an Deutsche, sogar an einige Flamländer! Wie erblickt man Correggio's Schöpfungen so ganz wie aus diesem kindlichzartcn Gemüth nothwendig hervorgegangen! Und wie reich ist das Ganze an künstlerischen und dichterischen Ideen! — Mag es kein Correggio seyn, wie er war, er ist es, wie er seyn konnte, und wir geben gern das Portrait für dieß geistig höher stehende Ideal hin. 4. Rafael Sanzio von Urbino. Ein drar malisches Spiel in $ Acten von Georg Christian Braun. (Mit 6 Umrissen. Mainz, b. Kupferberg,

1819.) Es muß eine günstige Vormeinung erwecken, wenn man weiß, daß, wie hier der Fall ist, der Dichter eines Stücks schon eine kunstgeschichtliche Schrift über

denselben und über ähnliche Gegenstände geliefert hat; *) wer die Materialien um sich versammelt hat, kann leichtlich einen guten Bau ausführen. Indeß möchte der Kenner der Malerei und Dichtkunst durch dieseDrama schwerlich befriedigt werden. Schon die, nach Angabe des Verfassers zu Grunde liegende Haupt« Idee: „Wie verhält sich der große Künstler zu seinem Nebenbuhler; wie zu seinem Herrn oder Fürsten; zu der Zeit, in der er lebt, und endlich zur Wett?" dürfte bei einer Dichtung, die Rafaels Namen an der Spitze trägt, für zu eng, zu ärmlich, ich möchte sagen, für zu sehr an ein bürgerliches Sittengcmäldc streifend, anzusehen seyn. Vermuthlich hat die De« schränkthcit dieser Idee — denn von dem Verhältnisse des großen Künstlers zur Welt findet man wenig oder nichts hier — cs veranlaßt, daß uns dieser Ra« fael, so viel Schönes und Edles er theils selbst sagt, theils Andere über ihn sagen, und trotz seiner vorneh« men Umgebungen, bei weitem nicht glühend und genial, bei weitem nicht bedeutend und großartig genug, bei weitem nicht als der Göttcrjüiigling, der er war, bei weitem nicht, als Ille — — timuit quo sospite vinci Herum magna parens, et moriente mori,

erscheint. Dieses bewirkt aber zugleich, daß man an die Gunst, ja Verehrung, welche diesem Rafael von den Erhabensten seiner Zeit gewidmet wird, nicht recht glauben kann, zumal da diese Verehrung so weit geht, daß — damit das Stück eines mimischen Gemäldes *) Rafaels Leben und Werke. Von Georg Christian Braun. Wiesbaden, b. Schellenberg 1515. — De« Leonardo da Vinci Leben und Kunst. Don dems. Halle, b. Hendel, igiy.

nicht ermangelt — der Cardinal Bembo auf Vera«, lassung des Pabstes zu Verherrlichung Rafaels sogar ein Fest veranstalten muß, wobei, um die Schule von Athen und dm Paruassus vor's Auge zu führen, die Philosophen und andere große Geister des Alterthums erscheinen, und selbst die Nichte des Cardinals Bibicna eine ziemlich unwürdige Rolle spielt. Hier möchte man eher zu finden glauben, wie sich auch der größte Künstler, besonders in dieser Jugend, zu seinem Fürsten — und nun erst zu einem Julius II. — nicht verhalte. Hätte etwas dergleichen einmal dar« gestellt werden sollen, so hätten diese lebenden Gemälde durch Rafaels Kunstgenossen und Schüler zu Ehren des Pabsts veranstaltet werden müssen, etwa— obschon mit mchrem Anstande— wie dieß im Ar ding hello ge« schieht *) (der, beiläufig erwähnt, wohl jedem, der italienische Künstler dichterisch schildern will, auch in Hinsicht auf Kraft und Glut der Sprache zum Vorbilde dienen könnte.) Doch noch unzufriedener möchte der Kimdige nicht allein mit Rafael, als ziemlich girrenden Liebhaber, sondern noch mehr mit seiner Geliebten seyn. Ist auch dem Dichter das Zusammendrängen der Dcgö« benheitcn gestattet; ist cs ihm auch erlaubt, ergänzende Zusätze zu machen, ja, wenn er eS nöthig findet. Per« fönen einzuwebm, deren Existenz ebm so wenig, als ihre Nicht« Existenz zu erweisen steht; so kann doch diese Freiheit — läßt sich auch eine oder die andere Autori« tät dafür anführen — nicht so weit gehen, etwa» wider die bekannte, geschichtliche Wahrheit darzu« stellen, **) ja von sattsam historisch bekannten Charak,

*) ister Bd. S. 317. ff. **) Was die Geschichte sich einmal angeeignet hat, wird ihr der Dichter nie mit Glück mtreißen. Die Grundsätze, welch« «in Beurtheiler bei Anzeige des Ro«

teren gcio&c das Entgegengesetzte zu geben. Nu« ist aber Fornarina (der Name wird hier, sonderbar genug! als Eigmname gebraucht) sowohl nach geschicht­ lichen Nachrichten, als nach den von ihr vorhandenen Bildern, wohl jedem bekannt, und cs muß daher allgemein anstößig werden, „die wollüstige Bäckerin," wie sie in Oehlenschlägcrs Correggio mit Recht genannt wird, hier nicht blos als Bramantc's Tochter und späterhin Michael Angelo's Pflcgbefohlne, sondern auch als die kindlichste, reinste Unschuld, als liebende Schwärmerin, als dcmuthsvolle Fromme, als eine, von der gesagt wird: „Sie kann nur beten. Lieb' ist ihr zu weltlich." als eine, die von sich selbst sagt: „Ich bleibe Jungfrau und er (Rafael) bleibet Engel." zu. erblicken. Wie der Verfasser hierauf gekommen, ist kaum zu begreifen, man müßte denn annehmen, baß ihm bei seinem Rafael und der sogenannten For­ narina ein Vorbild vorgeschwebt habe, das hiezu nicht im Mindesten passe. Denn, steht schon nicht zu läugr ncn, daß der Dichter eines Rafaels, falls nicht wirk­ lich eine höhere Liebe desselben sich darthun lassen sollte, was hier unerörtert bleiben mag, eine dergleichen er­ schaffe« müßte; so kann doch auch die wirkliche For­ narina — überdieß mit Feinheit behandelt, ein höchst theatralischer Charakter — in einem Rafael nicht mangeln. — Uebrigens findet sich in diesem Drama allenthalben eine gebildete Sprache. Man trifft auf

«ans Ivanhoe (im Tübinger Sit. Bi. 1820. N. 35.) über historische Dramen und Romane geäußert hat, scheinen auch mir vollkommen gegründet.

viele schöne Kunst, Erinnerungen, auf wahrhaft dich, terische und künstlerische Ideen; dagegen fehlt cs aber auch nicht an mißrathcnen, ja lächerlichen Versen, z.

B..S. in. „Der kann die Hosen kaum den nassen Beinen Anfügen; welche Strengung aller Muskeln!"

Das hat Michael Angelo allerdings gemalt, allein deshalb muß es der Dichter nicht sagen. Von der Bühne gesprochen würden diese Worte das ganze Par« terre lachen machen, was doch unmöglich hier des Verfassers Absicht seyn konnte! — Die Charaktere, mit Ausnahme Rafaels, der Fornarina und Castiglio, nes, eines nach der Geschichte sehr edlen Mannes und zärtlichen Ehegattcns, *) sind gut gehalten. Der Auf, führung aber tritt theils die Menge der, oft prächti, gen Sccnercien — cs würden 12 bis 14 zum Theil sehr bedeutende Dekorationen erforderlich sey» — theils die Länge einiger Auftritte, (z. B. S. 145.) theils der Mangel an fortschreitender, anziehender Handlung, entgegen. — Die Bahn für junge, muth, und glut, volle Dichter ist noch offen; Rasacllo harrt noch seines Kranzes aus der Hand der ernsten Muse! 5. Albrecht Dürer. Dramatische Skizze von A. SB. Griesel. (Mit Dürers Portrait. Prag b.Calve 1820.) Der Vers, hat dieß Schriftchen selbst eine Skizze genannt und scheint cs damit sehr leicht genommen zu haben. Martin Schön, hier als DürerSchüler genommen, (was er nicht wohl seyn konnte, da er selbst spätstens 1499. starb, Dürer aber 1471, geboren ward, mithin bei Schöns Tode nur -8. Jahr alt gewesen seyn würde, wie den» auch als Schöns

*) S. unter andern seine Elegie auf den Tod seiner Hippolyta, wo schwerlich blos der Dichter trauert.

r» Lehrer Lupcrt Rust genannt wird) liebt Dürers Nichte und erhält nach kurzer Prüfung ihre Hand. Das ist die ganze Fabel, dieser Scenen, ächtes Künstler, gcfühl im Comcast mit Gewinnsucht, die Haupt-Idee. Die Charaktere sind ziemlich gehalten, (Melchior von Augsburg scheint durch Oehlenfchlägers Franz Battista erzeugt zu seyn) die Verse, größtcnthcils frei gereimt, nicht ohne Kraft. Wer Albrecht Dürer noch nicht kamite, wird ihn aus dieser Skizze nicht kennen lernen; wer ihn aber kennt, ihn zum Theil hier wieder finden. Für die Bühne ist diese Dichtung in keiner Hinsicht geeignet. 6. Die armen Maler. Lustspiel von Carl

Stein. Ein artiges Lustspiel, das jedoch einen großen Theil des Belustigenden von der altmodischen Tracht der Personen erhält. 7. Das Bild, Trauerspiel in 5 Aufzüge» von H 0 u w a l d. Dieses Schauspiel ist bereits mehre Male auf dem Dresdner, inglcichen, betn Vernehmen nach, auf einigen andern Theatern, mit dem größten, wohlver­ dienten Beifall gegeben worden. Der Held dessel­ ben ist ein deutscher Maler, Namens Lenz, der unter dem Namen Spinarosa sich eine Zeit lang in Italien aufgehalten, und, als Schüler Solimcna's in Neapel, ein Bild gemalt hat, das ohne sein Zuthun, durch Leitung der strafenden Nemesis, zu Kenntlich­ machung und Entehrung eines vermeintlichen Staats­ verbrechers am Hochgericht aufgehangen worden ist. Da das Stück noch nicht gedruckt i(i, *) enthalte ich

*) Cs erscheint zu Ostern 1321. bei Göschen. — Ein Bruchstück davon ist in der Dresdner Abendzeitung igig. R. 8i» und 82. mitgetheilt.

mich, die Fabel weiter zu entwickeln und bemerke nur, daß, wenn man nicht mit Unrecht die Dichter in musikalische und malerische abgetheilt hat, der Dichter dieses Trauerspiels, ohne deshalb den Wohlklang seiner Verse im mindesten zu verkennen, vorzugsweise zu der letztem Gattung zu zählen seyn möchte. *) — Die bis hieher berührten Dichtungen gehören sämtlich zu der zweiten, zu jener Gattung der malerischen Scham spiele, die wir iebensgeschichtliche Maler / Schau­ spiele genannt haben. Sie behandeln theils einzelne (wahre oder erdichtete) Maler-Anekdoten, theils die ganze Sinnes-und Kunstweise eines Malers. Die dritte Gattung hingegen, die kunstgeschichtlichen Maler-Schauspiele, beschränken sich nicht auf das Leben und Wirken eines Künstlers, sondern haben einen ganzen Kunst-Cyklus, z. D. die Wirksamkeit einer ganzen Maler-Schule (freilich einen gewissen Zeitpunkt derselben ins Auge gefaßt) zum Gegenstände. Hiebei muß (etwa mit Ausnahme der Verbindungscenen) Maler-und Dichtkunst stets Hand in Hand gehen, mithin das Ganze fast nie aufhören, malerisch auch im engern Sinne des Wortes zu seyn. Von dieser *) Ich habe diese Urtheile sämmtlich nach eigener Prüfung niedergeschrieben, eben so wenig gemeint, fremde Meinung zu beherrschen, ats mich von ihr be­ herrschen zu lasten. Wenn ein genannter Schriftsteller seine Ansichten mittheilt, so sagt er damit ja wohl nichts anders, als: dieß ist meine Ueberzeugung. Dir, lieber Leser, sey es nun anheimgestellt, ob Du meinem Urtheile, oder dem eines Andern, vielleicht dem eines Ungenann­ ten, mehr Glauben beimeffen willst. Das Beste aber ist: Du liesest daö Buch selbst, und flehest zu, ob ich die Wahrheit gesagt habe, und daher Deines fernern Vertrauens werth bin.

u Art ist tr.it, sey cs nun in Hinsicht auf die Tendenz, oder auf die Art der Behandlung, noch kein Beispiel bekannt, und ich glaube die bet Van Dycks Landleben zu Grunde liegende artistische Haupt, Idee um so mehr ohne Verletzung der Bescheidenheit neu nennen zu dürfen, da dieß Andere vor mir ausgesprochen haben. *) Eben deshalb aber, und weil hier von einem neuen Versuche — dessen zu oste Wiederholung übrigens, falls Haltung in die Sache kommen soll,-vieler Schwier rigkcitcn halber, die sich jedem Nachdenkenden von selbst zeigen, gar nicht zu befürchten steht — weil vielleicht von 'einer Erweiterung des theatralischen Ger bicts, wo das: Variatio delectat, gewiß vollkommene Amvendung findet, die Rede seyn kann, darf ich wohl auch einerseits auf größere Nachsicht Anspruch machen, andererseits aber, da hiebei zwei. Künste in engster Berührung stehen, nur solche Richter als kompetent ansehen, welche nicht blos Dramaturgen, sondern auch mit der Malerei und ihrer Geschichte vertraut, ja mit einer hinlänglichen Anzahl von Kunstwerken, wenig, stens zum Theil durch eigene Anschauung, bekannt sind. * ) S. z. B. Bvttigers Anzeigen über Dan Dycks Landleben in der Abendzeitung 1517. 9t. 4. ff. 1818. R. 218. — Beil, zur Allgem. Zeitung 9t. 157. vom 27. Decbr. 1316. — Klingemann (wenn ich nicht irre) S. Zeit. f. d. «leg. Welt 1319. 9t. 78. und sonst. — Der mir unbekannt« Recensent in der Jen. Sit. Zeit. 1819. 9t. 196. sagt unter andern! „9turKünst­ ler können dieses Stück darstellen; in deren Hand aber muß es, von der Hand des Decorateurs unterstützt, allerdings große, und, was unserer neueren dramatischen Schule fehlt, wohlthätige Wirkung hervorbringen. Wir zweifeln, ob irgend eine Nation eine ähnliche Dichtung auszuweisen habe."

Beurtheilern dieser Art wird es nicht entgehen, daß ich Van Dyck wirklich in die heimische Kunstwelt versetzt Habe, *) und daß in diesem Stücke, auch wo esin den Anmerkungen nicht angegeben ist, (mit beiläufiger leichter Berührung der Italienischen Schule) die Gattungen der Niederländischen vom Stillleben bis zum Bauertanze, von Frucht-, Blumen - und Feuerstücken bis zu den Nymphen, Heroen und Heiligen, bald durch wirkliches Bild, bald durch Costum, bald durch die Requisiten, bald durch sich von selbst gestaltende Gruppirung, bald durch beschreibendes Gespräch, vors Auge gestellt sind. Diese werden aber zugleich mit mir darüber einverstanden seyn, daß, falls ich mir nicht zu enge Gränzen setzen wollte, ein Lustspiel nicht ausreichend, wenn nicht zu weite, ein Trauerspiel zu bedeutend gewesen seyn würde. Hiebei muß ich abermals ein Mißverständniß berichtigen, welches wahrscheinlich durch undeutlich ab-oder unrichtig aufgefaßte Correspondenz - Nachrichten entstan­ den ist, wie denn, besonders anfänglich, Manche über diesen Gegenstand geschrieben haben, die davon, wovon es sich hier eigentlich handelt, keinen Begriff, ja das Stück weder gesehen noch gelesen hatten. Man hat nämlich bald von Aufstellung lebendiger Gemälde über­ haupt, bald solcher nach gewissen, aus hiesiger Galerie befindlichen, Bildern gesprochen. Aber eines so romig, als das andere, ist gegründete Das erstere nicht, weil die Schauspieler nur dasjenige zu thun brauchen, was das Stück mit sich brmqt, und die erforderlichen Gruppirunqen alsdann, ohne daß es eines ängstlichen Stellens bedürfte, schon von selbst herauskommen; *) Durchreisende, die am Morgen die Galerie, Abends im Schauspielhause den Dan Duck besuchten, sahen sich nicht selten dorthin zurück verseht.

das letztere nicht, weil (außer dem allbekannten Bilde von Rubens SSHnen) dem Dichter nirgends ein ein, zelnes wirkliches Bild vor Augen geschwebt hat, son, dern gleichsam die Gesamtheit mehrer, sondern nur die Gattungen der Niederländischen Schule im Allgemei, ncn. *) Die Portraits von Helena Forman sind durch Kupferstiche sehr vervielfältigt, müssen aber, so wie (nach der zweiten Auflage) das Bild des Van Dycks als St. Martin (wovon sich das Original zu Paris befindet) nach den jedesmal darstellenden

*) Auch hier mögen Andere für mich zeugen. »Es ifi Dorurlheit zu wähnen, daß eine Gemälde-Galerie, wie die Dresdner, dazu gehöre, um die dem Stücke ganz natürlich und ungesucht eingeflochtenen Tabteaux richtig darstellen zu können. Es sind, das aus Kupfer­ stichen überall bekannte Familienstück ausgenommen, durchweg nur Gruppirungen und Seenereien, welche die ganzen Gattungen berühren, und also von jedem ver­ ständigen Anordner (besonders da, wo eine Kunst- oder Zeichnen-Akademie vorhanden) sogleich erschaffen wer­ den können." Böttiger in der Ab. Zeit. N. 218. v. I. i8i8. — »Daß der Dichter sein Werk ein malerisches Stück genannt hat, scheint Manche zu der Meinung veranlaßt zu haben, es sey ursprünglich blos geschrieben worden, um auf der Bühne schöne Gemälde, denen ähn­ lich zu bilden, die sich auf der Dresdner Galerie befin­ den; allein nirgends geht aus dem Stücke selbst die Bestätigung dieser Meinung hervor, und die Bilder und Gruppen, welche durch die Situationen selbst und die Handlung der Personen in derselben entstehen, erscheinen durchaus nur als eine Nebensache, welche wohl das Wohl­ gefallen an der Darstellung vermehren kann, aber es keinesweges bedingt." Der Rec. Ln der Leipz. Lit. Zeitung

1820. N. izr.

Künstlern ruft Theater, Effect gemalt und solchergestalt, bis aufS Costum, gcwißcrmaasen erfunden werden. Die übrigen Bilder (im Arbeitszimmer des Rubens) können nach Belieben gewählt werden, *) wenn sie nur der gleichzeitigen Niederländischen Schule angc, hören, im Nothfalle aber auch ganz wegbleiben. Uebrigens versteht es sich von selbst, daß in einem Stücke, wo auch durch die Requisiten Gattungen einer Malerschule angedeutet werden sollen, diese Requisiten sorgfältiger, als dieß gewöhnlich geschieht, besorgt werden und von der Beschaffenheit seyn müssen, daß sie deutlich und angenehm ins Auge fallen. Gehen wir nun von der, so viel mir bekannt, nirgends angefochtenen artistischen Haupt-Idee: Darstellung der Niederländischen Kunst im leichten Gegensatze der Italienischen, schöne Wirklichkeit im Gegensatze zum Ideal, Reiz und Fröhlichkeit im Ge­ gensatze mit Schönheit und Geist, zu der drama­ tischen über! Diese ist keine andere, als Kampf zwischen irdischer und himmlischer Liebe, zwischen Leidenschaft (Van Dyck) und Liebe (Lenchcn) mit Kunst, beruf und Pflicht. Diese dramatische Ansicht ist von mehren Seiten bestritten worden, auch von einigen Kennern und Kenncrinnen, die ich verehre. Es sey mir erlaubt, mich zu vertheidigen; *) In Dresden waren hiezu 3 Rubens von hiesiger Galerie, nämlich Meleager und Atalant« (zur Seite Cupido, in der Luft die Zwietracht) — die R ü ck« kehr von der Jagd — und der Satyr, der Trauben preßt, (neben ihm ein junger Faun und zu dessen Füßen eine Tigerin) höchst vortrefflich vom Herrn Professor Pochmann in Wasserfarbe cvpirt wor­ den. Copien in Lelfarbe sind für die Bühn« nicht vor« theilhast.

Die gegen die moralische Tendenz dieser KunstIdylls gemachten Einwürfe sind in der neuesten Beur­ theilung desselben *) am gründlichsten und, so viel die Hauptsache anlangt, folgendermaasen aufgestellt: „In Van Dycks Landleben hat dem Dichter offenbar eine große Idee vorgeschwebt. Er ist nämlich, wenn wir nicht ganz in der Ansicht seines Werks irren, von dem Gedanken ausgegangen, daß der Mensch dem, was er für seine Pflicht, also für ein heiliges, von dem höchsten Gesetzgeber an ihn ergehendes Gebot erkennt, unbedingt rmd mit Aufopferung des höchsten irdischen Glücks huldigen müsse; allerdings ein erha­ bener, an sich unbezwcifclt wahrer Gedanke, dem jedes Mcnschenherz seine Zustimmung Unmöglich versagen kann. Allein in cinM Irrthum scheint der Dichter in so fern gefallen zu seyn, als er den Künstlerbcruf für eine solche Pflicht hält-, die Liebe dagegen, nämlich die edle, des Menschen allein würdige, jenem unter­ geordnet glaubt, und mm für ein Werk liebender Theil­ nahme begehre» zu können meint, wo der Mensch tiefer als der Künstler ficht, oder wo jener diesem gewisscrmaascn aufgeopfert wird. — Allein — cS scheint ein Irrthum zu bleiben, rocntt man von Kunst und Liebe eine über die andere stellen will. Beide sind nur Strahlen einer Sonne. ------- Der Irr­ thum wird hier um so auffallender, je weniger an sich Kunst und Liebe in Widerspruch stehen, Liebe viel­ mehr stets als die Poesie des Lebens betrachtet wurde, ja viele große Künstler gerade aus ihr die wahre Lebens­ kraft sogen, ihrem Berufe mit Freudigkeit genug zu thun. Der Mensch, der liebend beglückt, der einem *) S. die Recension in der Leipz. Lit. Zeit. 1320. N. 131., deren Würde ich, wenn ich auch nicht allenthal­

ben gleicher Meinung bin, nach Verdienst anerkenne.

sicbenswerchen Wesen sein Daseyn widmet, um als Mensch das zu werden, wozu ihn die Natur bestimmt hat, Stifter eines neuen Geschlechts von Menschen, die er zu stch wieder bildend herauf heben soll, kann j»«r einen geringern Werth haben, als der Künstler, und wenn er auch die fernste Nachwelt mit feinen Werken entzückte? Die Gesinnung allein macht den Menschen groß, nicht die Art seines Wirkens! “ — Hierauf wird die Fabel des Stücks mitgetheilt, wie sie der Herr Beurtheilet', größtcntheils richtig, aufgei faßt hat. Nur das eine muß ich bemerken, daß keines/ wegs Rubens, der Niederländer, sondern Nanni, der Italiener, die Haupttriebfeder in dem gegen Van Dycks und?cnchens Liebschaft gerichteten Plane ist.*) — „Dem natürlichen Gefühl" — fährt der geistvolle Dem'thcilcr fort -— „drängen sich sogleich bei dieser Fabel folgende zweifelnde Fragen auf: Ist Italien allein das Land, wo der Genius des Malers seine höchste Vollendung erreichen kann? Har nicht der Deutsche auch ohne den Einfluß von den, mit Recht bewunderten Werken Italienischer Meister, des Großen und Schönen viel erschaffen, was wohl mit jenen um die Palme streiten könnte? War cs denn zu fürchten, daß eine Vermählung zwischen Van Dyck und Lenchen, gefetzt sie hätte ohne Unrecht statt finden können," C— dieß ist aber nicht der Fall; denn sie war die Braut eines Andern!) — „den erstem auf der Bahn

.*) Rubens kommt erst an, da schon Alles im Gange ist, und sagt zu Nanni ausdrücklich: „Nicht also Freund! Spiel' dein« Rolle fort, Wie dir's gefällt; denn fest bin ich gesonnen; Kehrt er zum Bessern willig nicht zurück, So sieht «r nicht mein Antlitz, soll nicht wissen, Daß ich noch seines Namens nur gedenke!"

zu seiner Vollendung aufhalten würbe? Mußte nicht die Liebe hier die Kunst vielmehr unterstützen? Dankte nicht auch Rafaels unsterblicher Genius seine Kraft zu dem hohen Fluge, wenigstens zum Theil, der Liebe? Und gesetzt, der Maler Hütte durch die Verbindung mit einem so herrliche» Wesen, als sich Lenchcn offen, bart, verloren, mußte das nicht der Mensch gewinnen, und wer mag bestimmen, ob man sich durch Kunst, werke verdienter macht, als durch ein Leben voll nütz, licher Wirksamkeit im Kreise einer glücklichen Familie ? „Vielleicht wird man uns einwenden, daß auch der Irrthum, wenn er unverschuldet sey, etwas ästhetisch Großes haben könne, und daß, wenn Jemand seiner Pflicht oder dem, «aS er dafür halte, sein Lebens, glück opfere, dieß' eben so erhaben sey, als wenn Jedermann seine Ansicht theilen müsse; wir geben dieß zu, allein Van Dyck ist nicht in diesem Irrthume, er wird durch Andere zu seinem Entschlüsse bestimmt, die sich einbilden, seine Liebe sey nur eine flüchtige Spie, lerei, ein leicht verfliegender Sinnenrausch, und Lenchcn werde sich, wenn der Gegenstand ihrer Liebe entfernt sey, leicht in ihr Schicksal findrn. Van Dyck meint richtig," — (nie mit voller Ueberzeugung! Er sucht es sich zu überreden, sucht sich zu betäuben! Man sehe sein Hin, und Herschwankcn in der Unter, rcdung mit Paola (2. Aufz. 10. Auftr.) den Anfang seines Monologs (3. Aufz. 3. Auftr.) und den Mono, log (im 5. Aufz. 4. Auftr.) Selbst das unbefangene, arglose Lenchcn hat seine Unruhe, seinen innern Kampf wahrgenommen!) — „die Liebe könne ihn nicht hin, dem, groß als Künstler" — (auch gleich groß?) — zu werden.---------„Lenchcn tritt uns wahrhaft herzgewinnend, in der vollen Anmuth schöner Natur entgegen. Ihr ganzes Wesen trügt das Gepräge der zartesten Weib, lichkcit, verbunden mit einer Hoheit der Gesinnung,

die ihr die tiefste Achtung des LescrS sichert. An ihrem Schicksale muß man den innigsten Antheil neh­ men, «nd mit Bedauern sicht man sie das Opfer eilt« noch sehr bestreitbaren Lebensansichl werden. Dan Dyck erscheint neben ihr keineswegs in einem ganz vorthcilhaftcn Lichte;" (ich könnte das ganz zugeben, ohne deshalb wegen des End - Urthcls in Sorgen zu stehen, aber meiner Ueberzeugung nach kann ich cs nur zum Theil—) denn, nachdem er kaum der Gefahr einer unrechtmäßigen Liebe" — (zu Helena Rubens) — „entflohen, sehen wir ihn schon wieder einer neuen sich hingeben, und anstatt seines Herzens Neigung und Wollen wie ein Mann " — (er ist noch sehr Jüngling!) — „zu behaupten, laßt tt sich doch endlich durch fremden Einfluß zu einem Entschlüsse bringen, den er früher mit vieler Kraft bestritten hatt. —" Dieß sind die hauptsächlichsten, man wird mir es zugeben, ohne etwas auf die Hauptsache Bezug habendes hinwcgzulasscn, redlich mitgetheilten Anklagcpuncte. Sie sind wichtig; sic erhalten durch das, selbst im Tadel sich zeigende Wohlwollen, wie durch so manches, hier nicht mit angeführte höchst Beifällige, noch größere Bedeutung. Dennoch unternehme ich cs nicht ohne bescheidenes Vertrauen, Van Dycks, und so mittelbar mein eigener, Sachwalter zu werden. Ich gebe als solcher die allgeminen Sätze: Kunst und Liebe stehen nicht im Widerspruche — der Mensch muß nicht tiefer stehen, als der Künstler — die Ge­ sinnung macht den Menschen groß, nicht die Art des Wirkens — an sich, nicht aber durchgängig in der davon gemachten Anwendung, zu. Alle gegen die mora­ lische Tendenz des Stücks hier — und, wenn schon weniger gründlich, auch anderwärts — vorgebrachten Beschuldigungen laufen der Sache nach auf ein Lob und auf einen vermeinlichcn größer» Tadel hinaus.

nämlich, daß es mir gelungen, für Lenchen hohe Theil­ nahme zu erwecken, mithin selbige höher zu stellen als sie in der Wirklichkeit, (wo schwerlich von mehr, als von einem ländlichen Liebeshandel die Rede gewesen ist) gestanden haben mag; daß es mir aber mißlungen, für Van Dyck gleiche oder höhere Theilnahme zu er­ wecken. Ich selbst habe einen ähnlichen Vorwurf, doch, wie mir dünkt, mit größerm Rechte, dem hohen Manruanischen Sänger hinsichtlich des Aeneas und der Dido machen lassen; *) ich wußte daher wenigstens was ich wagte, utib könnte mich mit einem Größeren trösten. Wie aber, wenn das, weshalb man mich tadelt, ganz in meiner Absicht gelegen Hütte? Gegen­ einanderstellung der Niederländischen und Italienischen Kunst war meine artistische, Gegeneinanderstellunq der Liebe und Pflicht, der Leidenschaft und des KunstBerufs, meine dramatische Haupt-Idee. Um diese -eiden Ansichten zu versinnlichen, schien mir ein Nie­ derländisches Kunst-Idyll ** ) die geschickteste Gattung. Sollte nun aber auch in dieser Gattung eine Haupt­ person unerläßlich seyn — in einer frühern, freilich fehr flachen Beurtheilung hat man von einem Helden gesprochen, sogar' — in einem Idyll! noch dazu in einem Niederländischen! — das, was gewöhnlich KnallEffecte genannt werden, tadelnd vermißt, und Beherr­ schung der Kraft für Mangel daran angesehen! — WaS bewegt denn die Richter, mir Van Dyck als Helden

*) Carlo.

Eine Novelle. Aüllkchau b. Darnmann,

*801- S. 31. ff. **) Böttiger a.a. H. nennt es eine neue Gattung des höbern idyllischen Drama's, welche- ungestraft auch in die Regionen des Trauerspiel- sich versteigen dürfe, ein artistisch - naive- Drama.

aufzudrängen? Hclbc ich da- Stück büch mit gutem Bedacht nicht Ban Dyck — in welchem Falle ich mir wahrlich nicht seinen ersten Ausflug in die Welt zur Zeit der Handlung gewählt haben würde! — sondern Ban Dycks Landleben genannt! Einen Titel, einen Anknüpfungs-Punct mußte ich doch haben, und: Das Mädchen von Savelthem, wie die früher ent­ standene poetische Erzählung dieser Begebenheit über­ schrieben ist, hätt« doch zuverlässig für die Mehrstcn den Inhalt des Stücks so gut als gar nicht bezeichnet. Lenchen, die bereits Verlobte, spätechin durch zärtlichere Liebe zu Ban Dyck gezogen, ihren Gefühlm sich eine Zeit lang ohne Nachdenken hingebend, dann hoffend, dann bestürmt von den Warnungen eines Ehrenmannes, von dem Unwillen ihres Vaters, von der Verzweiflung ihres Verlobten und der Angst seiner alten Mutter, nach und nach selbst ahnend. Van Dyck werde an ihrer Seite nicht jede Vollkommenheit erreichen, faßt den Entschluß, ihre Schuld zu büßen und sich selbst der Pflicht und dem Glücke ihres Geliebten zum Opfer zu bringen. Sie, die, obwohl in ihrer niedern Sphäre, den Spruch befolgt: ,>Wie groß ist unsre Tugend, wen« imfer Herz bei ihrer Uebung bricht, “ *) sic, nicht Van Dyck, ist die moralische Heldin des Drama's, — wenn matt so will — sie nur ist mit voller Liebe behandelt und so weit idcalisirt, als cs die Gattung des Stücks dem Dichter gestattete. Weit mehr der Wirklichkeit genähert — was in einem Niederländi­ schen Gemälde ja wohl doppelt erlaubt seyn muß — ist Van Dyck. Kaum den Reizen seiner schönen Lehrhcrrin entflohen, läßt er sich von der Holdseligkeit der ') Schiller im Don Karlos.

artigen Bäuerin abermals umstricken, vergnügt sich auf dem Lande, denkt, ein ächter Niederländischer Künste Icr, nicht aufMorgen, und hält — was glaubt man nicht in jenen Jahren, einem Paar Himmelsaugen und Ro­ senlippen gegenüber! — das für Liebe, was nur Lei­ denschaft, zärtliches Wohlgefallen, auf keinen Fall wahre ewige Liebe ist. *) Wäre deren dieser Van Dyck wohl fähig gewesen? Gleich gar vielen jungen Künstlern ist er zwar gefühlvoll, feurig, edel, zu Zeiten wohl demü­ thig, aber auch höchst reizbar, höchst empfänglich für weib­ liche Reize, schwankend, durch Beifall verzogen, leicht­ sinnig, eitel, hochstrebend, genug ganz der Van Dyck im neunzehnten, zwanzigsten Jahre, welcher, wie be­ kannt, schon im zwei und vierzigsten in Schnellverdienst, Gunst der großen und Weiber, Pracht und Ueppig­ keit , gräflicher Vcrhcirathung, Spiel und Goldmacher« unterging. Ihn anders zu zeichnen, möchte leicht V e rzeichnen gewesen seyn. Daß Van Dyck das Mädchen wirklich verlassen hat, will ich hiebei gar nicht in An­ schlag bringen. Daß er aber, selbst wenn er Lenchcn im edleren Sinne de« Worts geliebt hätte — ist nicht auch Sieg über eine heftige Leidenschaft bei einem Jüng­ linge ein bedeutendes Opfer? — daß er aber, sag' ich, selbst in jenem Falle dennoch entschuldigt, ja gercchtfcr, tigt werden könnte, wird sich hoffentlich am Schlüsse zeigen. Für jetzt kommen wir zu der Frage: „Ist Italien allein das Land, wo der Genius des Malers seine höchste Vollendung erreichen kann? u. f. w." Dieß geradezu zu bcjacn oder zu verneinen, möchte gleich bedenklich seyn, obschvn die Ansicht der Antiken und colossalen Ruinen, der Genuß des Italischen Himmels, die Bc-

*) ,,Er ward geliebt," — sagt Thomas von ihm im „Kirchhofe" — ..ihn hielt ihr Reiz gefangen."

geiftmmg, welche ein classischer Boden hervorbringt, schwerlich durch irgend Etwas zu ersetzen seyn möchte. Hier kommt es aber auch geradezu nicht auf das Seyn, sonder» auf das Scheinen, auf das Dafürhalten an, und dieses, glaube ich, durfte bei Nannt und Van Dyck allerdings statt finden, weil die Meinung: nur in Ita­ lien könne der Künstler zur höchsten Vollkommenheit gelangen, schon damals von den Meisten für wahr gchalten wurde, und noch jetzt dafür gehalten wird. Wie viele Künstler von jeher, ja, daß besonders von der Niederländischen Schule *) fast alle bedeutende Künst­ ler in dieser Voraussetzung nach Nom gewandert stnd, besagt die Geschichte der Kunst; eben so bestätigt die Erfahrung, daß man sehr oft unterscheiden kann, was der Künstler vor und nach dieser Wallfahrt gearbeitet hat; über Rubens selbst ist, was im Stück von ihm gesagt wird, oft geäußert worben, nämlich: erwürbe noch größer worden seyn, hätte er sich länger in Italien aufgehalten. Und lebt nicht noch jetzt dieser Glaube? Möchte nicht „dahin, dahin, wo die Citronen blühn," jeder ziehen, der Großes in sich zu verspüren meint? Wird nicht jedes junge Kunstgcnie, dem die Götter einen Mäccn schenkten, dahin gesendet?