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German Pages 544 Year 2022
w e i s e, s ämtl ic h e werke x i v
ausgaben deutscher literatur des xv. bis xviii. jahrhunderts herausgegeben von Hans-Gert Roloff
c h ris tian weise s ämtl ic h e werk e
christian weise sämtliche werke herausgegeben von
hans-gert roloff
vierzehnter band schauspiele i bearbeitet von
nicolas von passavant
De Gruyter
ISBN 978-3-11-074353-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-074361-6 ISSN 0179-0900 Library of Congress Control Number: 2021948996 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: SatzBild, Sabine Taube, Kieve Druck: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Die Triumphirende Keuschheit
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Christian Weise
PERSONEN des Lust-Spiels.
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I.
Carl. Koͤnig von Neapel.
II.
Rodoman. Oberhoff-Marschall.
III. Clarisse. Rodomans Liebste. IV. Belise. Clarissens Muhme. V.
Justinian. Der Belisen Bruder.
VI. Amyntas. Ein Frantzoͤsischer Graff. VII. Gaston. Ein Rath. 10
IIX. Floretto. Rodomans Knecht / hernach Graff Heinrich. IX. Melane. Clarissens Kammer-Magd. X.
Sibylle. Belisens alte Amme.
XI. Pickelhaͤ ring. Rodomans Knecht. XII. Ephialtes. Pickelhaͤ rings Vatter / Thorwaͤrter. 15
XIII. Dromo. Ein Haͤscher. |
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ERSTE HANDLUNG. Clarisse, Floretto. Clarisse. Mein Floretto / so weist du nicht was Liebe ist. Floretto. Gnaͤdigste Gebieterin / ein Knecht hat in seinem betruͤ bten Zustande wenig Ursache an dergleichen Wollust zu gedencken.
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Clarisse. Wann ich aber deinen Zustand gluͤ ckselig mache / so wirst du es alsdann ohne Zweiffel wissen. Floretto. Meine Pflicht bestehet im Gehorsam / und ausser dem wird mir keine andere Zuneigung anstehen.
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Clarisse. So wilst du gehorsam seyn. Floretto. Ein Knecht darf nicht um seinen Willen gefragt werden. Clarisse. Wann ich nun sagte / du soltest verliebt seyn. Floretto. So wuͤ rde meine Unwissenheit das Verbrechen des Ungehorsams entschuldigen. |
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Clarisse. Wann ich sagte / du soltest meine Magd mit verliebten Augen ansehen. Floretto. Die Augen / die meiner gnaͤdigsten Herrschafft zu gefaͤlligen Diensten gewidmet sind / lassen sich nicht auf eine Magd kehren. Clarisse. Wann ich aber sagte / du soltest mich lieben.
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Floretto. So wolte ich hoͤchlich bitten / einen armen elenden Knecht mit dergleichen Hoͤhnerey zuverschonen. Clarisse. Wann ich dir aber zum Zeichen einer wuͤ rcklichen Affection die Haͤnde druͤ ckte. 5
Floretto. So wolte ich mich vor gluͤ ckselig schaͤtzen / daß E. Gn. dero kurtzweilige Gedancken an mir auslassen wolte. Clarisse. Wann ich dir ferner meinen Mund zu belieblichen Kuͤ ssen darreichte.
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Floretto. So wolte ich sagen / es stuͤ nde mir nicht an / die Roͤßgen von meines gnaͤdigsten Herrn Stocke zu brechen. Clarisse. Wann ich dich selbsten kuͤ ssen wolte. | Floretto. So muͤ ste ich ungehorsam werden und darvon gehn. (Geht ab.)
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Clarisse. Elende Clarisse / ist diß die Herrschafft derer sich ein freygeborner Mensch uͤ ber die leibeigenen Sclaven zu ruͤ hmen hat. Ist Floretto mein Knecht / ach nein / wer uͤ ber mich gebieten kan / darf sich eines so veraͤchtlichen Titels nicht theilhaftig machen. Ich bin seine Gefangene / und werde mich durch die vielfaͤltigen Stricke seiner unvergleichlichen Annehmlichkeit / entweder in die aͤuserste Vergnuͤ gung / oder in die erbaͤrmlichste Verzweifelung leiten lassen. Du wunderliches Gluͤ cke / kanst du wol zugeben / daß so ein albernes und einfaͤltiges Gemuͤ the den allerschoͤnsten und zierlichsten Leib besitzen soll / und daß die liebenswuͤ rdigste Person / alle angebotene Gunst-Gewogenheit so kaltsinnig ausschlagen kan / warum hast du nicht dergleichen Suͤ ssigkeit meinem Rodoman eingepflantzt / welchem ich die schuldige Freundlichkeit nicht
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anders als unter dem Gedaͤchtniß meines wehrtesten Floretto abstatten | kan. So muß der schoͤne Floretto allezeit unverstaͤndig / die arme Clarisse allzeit ungluͤ ckselig seyn. (Rodoman tritt auf.) Rodoman. Liebste Clarisse wie so alleine?
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Clarisse. Welche von ihrem Gebliebten verlassen wird / muß wol alleine seyn. Rodoman. Welche von ihrem Gebliebten in Gedancken begleitet wird / kan niemals ohne Gesellschaft seyn. Clarisse. Welche sich vor ihren eigenen Gedancken fuͤ rchtet / kan aus fremden Gedancken schlechten Trost schoͤpfen.
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Rodoman. Und warum fuͤ rcht ihr euch liebste Clarisse. Clarisse. Weil ich verliebt bin / liebster Flo – – – Rodoman. Rodoman. So solte ich mich auch fuͤ rchten? Clarisse. Daß weiß ich nicht / meine Liebe ist furchtsam.
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Rodoman. Hab ich Ursache darzu gegeben. Clarisse. Der mich lieben soll / liebet mich nicht. Rodoman. Die Treu die sie erkennen soll / erkennet sie nicht. Clarisse. Ach mein Engel / ach soltest du nur | den hundersten Theil meiner inbruͤ nstigen Begierden in deinem Hertzen fuͤ hlen.
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Rodoman. Ach meine Seele / solte nur der Schatten von meiner vollkommenen Leidensregung in dein Hertze fallen. Clarisse. Ach liebster Flo – – – Rodoman verzeuchst du noch. Rodoman. Liebste Clarisse zweifelst du noch. 5
Clarisse. Wo sind die Kuͤ sse die mich vergnuͤ gen sollen? Rodoman. Hier sind die Lippen / so dich befriedigen wollen. Clarisse. Wo ist das Hertze / das mein Ebenbild in sich druͤ cken soll?
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Rodoman. Schweig mein Kind hier hast du alles was du wuͤ nschen und begehren kanst. Clarisse. (Schliest die Augen zu.) Seyd willkommen ihr sanften Bisse / ergoͤtzet euch auf meinen Lippen / und vergoͤnnet mir / daß ich bey der suͤ ssen Zusammenfuͤ gung meine Seele mit der euren vertauschen moͤge.
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Rodoman. Meine Clarisse wollt ihr mich mit geschlossenen Augen lieben? Clarisse. Ich bin in meiner Blindheit scharf- | sichtig genug / ach mein edelster Reichthum / mein Schatz / an dem mein Leben haͤnget / so hab ich die volle Freyheit meine verliebten Traͤume auszuschuͤ tten. Ja ja / ich sage und bekraͤfftige es / du bist mein liebster Flo – – – Rodoman. Redet weiter / liebste Clarisse / Rodoman weiß vor Freuden nicht / was er antworten soll. (Pickelhering kommt.)
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Clarisse. Itzt bin ich in dem Paradiesse. Rodoman. Und ich bin an der Goͤtter Tafel. Clarisse. Der suͤ sse Nectar macht mich truncken. Rodoman. Und mich ersaͤuft er gantz. Clarisse. Diß ist der Fruͤ ling meiner bluͤ henden Ergetzlichkeit.
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Rodoman. Dieß ist der Herbst meiner fruchtbringenden Liebes- Vergnuͤ gung. Pickelhering. Aergert euch nicht / aͤrgert euch nicht / es sind Ehleute / die Flitterwoche juckt sie noch in der lincken Knie scheibe / botz tausend wie gehts uͤ ber die armen Maͤulgen her / wer sie nachzehlen solte / muͤ ste neue Ziffern erdencken / die alten waren viel zu wenig. | Seht doch / seht wie die Schmaͤtzgen herumfliegen / es waͤre nicht gut / wann sie summten wie die Mey-Kefer / es wuͤ rde manche Complimente unbeantwortet bleiben. Mein Herr ist bey seiner Liebsten ein Narr wie ich. Da sollt ich einmahl im Wein-Keller ein Ding holen / es heist / es heist / nun wie heists dann / es ist naß / wie Jungfer-Wasser / und ist roth wie Blut / und springt im Glase wie Leimthosen- Bier / und schmeckt auf der Zunge wie Bienen-Dreck / es heist irgend Ro Ro / Belsazer / oder Rosacer. Ja das solt ich meinem Herrn holen / ich holts / ich trugs / ich brachts vor unser Haus / da dacht ich: dein Vatter hat dich deßwegen unter die Leute geschickt / daß du was erfahren sollst / du must doch auch kosten / was der Belsazer fuͤ r ein Ding ist / ich satzte an / ich nippte / aber Sanct Velten / wie hieng das Ding aneinander / ich mochte beissen wie ich wolte / es hatte kein Gelencke / und gieng an einem Stuͤ cke immer fort biß der Bettel aus war. Ich halte immer mein Herr ist auch in der Angst / und die Maͤulgen kleben an- | einander wie Hechtsuppe / halt ich muß sehn / ob
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ich ihm das Gelencke treffen kan. Herr / Herr / geschwind / geschwind. Clarisse. Wer ist der mich aus meiner freudenreichen Entzuͤ ckung verstoͤren darf. 5
Rodoman. Er soll es theuer genug bezahlen. Du nichtswuͤ rdiger Vogel ist dieß die Manier seinem Herrn aufzuwarten? Pickelhering. Herr ist dieß die Manier / wann man zum Herr Koͤnig kommen soll / daß man sich bey der Frauen zu tod loͤffelt.
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Rodoman. Schweig du Bestie / aber soll ich zu Ihrer Majestaͤt kommen. Antwortest du nicht / Vogel / soll ich dir die Rede mit diesem Stocke aus dem Leibe langen. Pickelhering. Schweig du Bestie / schweig du Bestie / ich kan nicht zugleich reden und schweigen.
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Rodoman. Du sollst aber zugleich reden / was ich haben will / und verschweigen was mir zuwider ist / sieh da du Mißgeburt. (schlaͤ gt ihn.) Pickelhering. O Herr ich will gerne keine Miß- | geburt seyn / last mich nur mit der ungebrannten Asche zufrieden / ihr wist ja / daß ich kein Feuer riechen kan.
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Rodoman. Was sagst du aber / soll ich zu Ihrer Majestaͤt kommen? Pickelhering. Ich weiß nicht / der Mann / vor dem alle den Hut abnehmen / und er danckt ihnen nicht / der sagt er moͤchte gern mit euch reden / ob ihr aber sollt zu ihm kommen / das ist eine andere Frage / und da moͤgt ihr darvor sorgen.
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Rodoman. So hat ers gesagt. Pickelhering. Ich bin kein Pfaffen-Kind / wollt ihrs nicht kleiben / so moͤgt ihrs mauren / ich habe die Briefe darvon daß ich alles zweymal sage. (Laͤ uft davon.)
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Rodoman. Es muß etwas wichtiges unter der Hand seyn / dessen Ihre Majest. mich berichten will. Aber ach du grausamer Befehl / der du mich aus den Armen meiner Hertzallerliebsten heraus zeuchst / muß ich dann mitten in der Ernde von meiner suͤ ssen Arbeit aufhoͤren.
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Clarisse. Geht und verichtet des Koͤnigs Befehl / dann der uͤ ber unser Leben zu gebieten hat / kan uns auch mit gu-〈M r〉tem Recht in der Lebens-befriedigung verstoͤren. Rodoman. So lebe dann wol meine Seele. Clarisse. Ich folge dir mein Liebster.
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Rodoman. Der Himmel behuͤ te mein Liebgen. Clarisse. Und die Goͤtter erfreuen mein ander ich. (Rodoman geht ab.) Clarisse. Unverstaͤndiger Rodoman / so must du unwissend deines Leibeigenen Knechtes Stelle vertretten / und diejenigen Liebkosungen / die ich seiner gewuͤ nschten Gegenliebe zu ertheilen gedencke / jetzund an seiner Statt einnehmen / deine Hoͤfligkeit war es nit / die ich aus mir selber brachte / deine Worte entzuckten mich nicht. Derselbige / den ich mit geschlossenen Augen durch das scharffe Perspectiv meiner
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Gedancken sahe / derselbige war der Zweck und das einige Ziel meiner dunckelen und zweyfaͤltigen Redens-Art. Ach du wunderschoͤner Floretto / wann werden die brennenden Seufzer deine Gegenliebe aufblasen / und wann wird die vielfaͤltige Thraͤnen-Flut dein steinernes Hertz erweichen koͤnnen. Floretto / mein allerliebster Floretto.
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(geht ab.) | Floretto.
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〈Floretto.〉 Du gerechter Himmel / zu welchem Ungluͤ ck hast du mich noch aufgehoben / ist dann noch mehr daß ich verlieren kan / ausser meiner Freyheit / und soll ich nun einer neuen Gefangenschaft unterworffen seyn. Was bedeuten die unordentlichen Blicke / die ungewoͤhnlichen Geberden / die verwirrten Reden / derer sich meine Frau gegen mir gebraucht / will sie mich an das Narrenseil aller schimpflichen Verachtung anknuͤ pfen oder – – – (Melane kommt von hinten und haͤ lt ihm die Augen zu.)
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Wer ist da / wer haͤlt mir die Augen zu / soll mir ins kuͤ nftige auch das Gesichte verboten werden / ich bitte / man lasse mich loß / oder ich entsreisse mich mit Gewalt.
melane. Mein lieber Floretto / ich wars. Floretto. Sieh da / seyd ihr alle Tag so kurtzweilig. melane. Ja aber nur bey eures gleichen. Floretto. Meines gleichen achten solchen Schertz nicht hoch.
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melane. Es ist kein Wunder / thut ihr doch 〈M 2 r〉 gegen unserer Frauen / als wann sie ein Hund waͤr. Floretto. Melane / habt ihr die Gedancken beym Juden versetzt oder lebt ihr itzt im schweren Monden. melane. Wie so / mein lieber Floretto / ists nicht war / sie thut so freundlich mit euch / sie redt mit euch / sie streuchelt euch / ich halte sie riesse das Hertz aus dem Leibe / und gebe euch die Helffte darvon / und ihr seht gegen ihr aus / als wie ein leibhafftiger Holtzbock. Ach du niedliches Honigtoͤpfgen / soll dann meine Frau einen Essigkrug an dir haben.
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Floretto. Wann hat euch meine Frau zum geheimen Rathe gemacht? Ihr meint gewiß / weil ihr den Scherbel ausputzen muͤ st / so wuͤ st ihr um alle ihre Heimligkeiten / ich verstehe schon wie ich mich in dergleich Haͤndel schicken soll. melane. Wann ich an euer Stell waͤr / ich wolte mich weit besser drein schicken.
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Floretto. Das moͤcht ihr thun / ich aber werde doch zu euch langsam in die Schule kommen. (geht ab.) melane. Da geht das einfaͤltige Bauers-Buͤ fgen / wann es nicht ein bißgen | rauh ums Maul waͤre / so daͤcht ich / die Schweine haͤttens ihm in der Kindheit weggefressen. Sind das nicht schwere Zeiten / meine liebe Grosse-Mutter hat lang darvon gepredigt / sie sagte / vorzeiten wolten sie gerne / da duͤ rften sie nicht / nun wolten sie gerne und koͤnnen nicht. Es gehet meiner Frau nicht alleine so / ich arme Hure kan auch ein Liedgen davon singen. Ach Pickelhering / mein liebster Pickelhering / wie hast du mein jungferlich Hertze eingesatzen / ach strotze doch nicht so / als
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wie ein verdorrter Pickling / oder laß dich zum wenigsten durch das Rosenwasser meiner treuen Liebe erweichen. (Pickelhering kommt gelauffen.)
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Pickelhering. Ja wer ein Narr waͤr und liesse sich den schmutzigten Berenheuter um den Ring fiedeln / ich halte meinen Fetzer wol so hoch / als ein ander seine Nase / da solt ich ein Ding bekommen / es heist mit dem ersten Buchstaben ein Kuͤchenschilling / da ist mein Herr so liberal mit / als wann er sie gestolen haͤtte. Er mag in der Jugend viel gesamlet haben / dann da er zur 〈M 3 r〉 Clarisse auf die Freythe gieng / da kont er kein Wort reden / er muste mit dem Steisse hinten naus wackeln / als wann er noch uͤberbucken wolte. Aber dem sey / wie ihm sey / mir ohne Schaden. Melane. Liebster Pickelhering wo seyd ihr dann allzeit.
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Pickelhering. In Kleidern / wann ich nicht bade. Melane. Was macht ihr aber so manches liebes langes mahl. Pickelhering. Ich schniebe / daß ich nicht ersticke. Melane. Ihr muͤ st ohne Zweifel viel zu verrichten haben.
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Pickelhering. Den Kammer-Maͤdgen schmier ichs gleich auf die Zaͤhne / was ich zu verrichten habe. Melane. Pickelhering wie sehet ihr doch so sauer. Pickelhering. Ich habe heute noch kein Nonnen-Fuͤ rtzgen ge fressen. Melane. O seyd ihr irgend boͤse auf mich.
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Pickelhering. Ja Meithele / es verlohnte sich der Muͤ h mit euch. Melane. Ich hab euch nichts zu Leide gethan. Pickelhering. Ihr sollt mir auch was zu Leide thun. | Melane. Drum koͤnnt ihr mich ja lieb haben. Pickelhering. Daß dich mein Leibgen druͤ cke / lieb haben werd ihr meynen / ey sagt doch recht / brennt euch der kalte Gruͤ tze auch so sehr aufs Hertze / oder ists nur euer hoͤflicher Schertz.
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Melane. Mein Engel / mein Hertze. Pickelhering. Ich hoͤre auf dieser Seite nicht / geht nur fuͤ rs ander Ohresloch.
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Melane. Ich sterbe vor Liebe. Pickelhering. Viel Gluͤ cks auf die Reise. Melane. Ich ersteche mich. Pickelhering. Ja wanns nicht weh thaͤte. Melane. Ich erhencke mich.
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Pickelhering. Geht nur an Dorf-Galgen / so faͤllt euch kein Ziegel auf den Hals. Melane. Ich ersaͤuffe mich. Pickelhering. Es mangelt sonst im Wasser an Stockfischen. Melane. Soll ich dann verderben liebster Pickelhering.
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Pickelhering. Ich kans wol leiden. Melane. Ach nur ein Blickgen. Pickelhering. (kehrt sich um) Da mein Schatz liebaͤugele dich fein satt. 5
Melane. Ach ein freundliches Schnipgen. Pickelhering. Geld und Gut hab ich nicht / wem 〈M 4 r〉 mit freundlichen Schnipgen gedient ist / dem bin ich bereit. (schlaͤ gt sie am Hals und laͤ uft davon.)
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Melane. Ach der Kaufman der die Barmhertzigkeit aus Ost-Indien hat herbringen sollen / ist gewiß mit seinem Schiffe untergangen / dann sie ist treflich theuer. Ich halte Pickelherings Mutter hat sich an einem Pflaster-Steine versehen / daß er so hart ums Hertz ist / oder verstehet etwan der junge Lecker noch nicht / wo Barthel Most holt / halt / es ist um ein Versuchen zu thun / ich wills ihn durch seinen Vatter zuverstehen geben (klopft an) hola / hola. Ephialtes. Nu nu / zerbrecht mir nur die Thuͤ r nicht / was gibts dann haussen.
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Melane. Ach lieber Herr Thorwaͤrter / verzeihet mir doch großguͤ nstig / daß ich euch solche Ungelegenheit mache / ich habe gar was nothweniges mit euch zu reden. Ephialtes. Machts nicht lange / ein Beampter wie ich / kan nicht lang Audienz geben. |
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Melane. Da wolt ich nur an euren Pickelhering gedencken / er kommt immer zu mir / heist mich sein Schaͤtzgen / sein Laͤm-
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gen / sein alles miteinander / bald zwickt er mich in Arm / bald sticht er mich mit dem Finger in die Seite / und wann er mich hertzt / so thut er als wann er mich gar fressen wolte / neulich hube er mir den Rock auf und klitschte mich / und rieß mir ein Stuͤ cke vom Hemde / das wollt er so lange mit zu Bette nehmen / biß er mich selber nein kriegte / weil ich nun mit den Thalpossen nicht auskommen kan / so wolte ich nur fragen / obs euer Wille waͤr. Ephialtes. Wie? wer? was? wen? mein Sohn? Pickelhering? in den Arm? in die Seite? auf den Steiß? zu Bette nehmen? Geh du garstiger Misfincke / pack dich aus meinem Gesichte / mit meinem Willen sollt ihr nimmermehr zusammen in ein Bette kommen. Melane. Ihr duͤ rft auf mich nicht boͤse seyn / warum habt ihr ihn nicht anders erzogen / wollt ihrs besser haben / so schaft mir Friede vor dem Angst-Vogel.
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(geht ab) 〈M 5 r〉 Ephialtes. O ich armer alter Mann / hab ich nicht ein Haus-Creutze bey meinen schweren und grossen Ampts-Sorgen. Ihr Leute gedenckt an mich / wo ich den Schelmen in der Boßheit ertappe / so hacke ich ihm den Kopf in dreyhundert Stuͤ cke und werffe ihm den Hirnschedel zum Fenster hinaus. Wie muß es doch immermehr kommen / daß vornehme Leute solche ungerathene boͤse Kinder haben / ich singe / ich sage / einen Quarck fasst Er. (Pickelhering kommt und singt: da mein Herr Vatter in Franckreich zog / da hertzt er meine Frau Mutter. Ephialtes kommt und schmeist ihn hinters Ohr.) Pickelhering. Nu wieder was neues.
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Ephialtes. Du Sau / du Sau. Pickelhering. Seyd ihr doch mein Vatter. Ephialtes. Du Erz-Sau / du Stern-Sau / du Gift-Sau / du Stral-Sau / du Donner-Sau. 5
Pickelhering. Ihr Ertz-Vatter / ihr Stern-Vatter / ihr Gift-Vatter / ihr Stral-Vatter / ihr Donner-Vatter. Ephialtes. Du wilde Sau / du Speck-Sau / du Comiß-Sau / du ErtzSau. |
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Pickelhering. Wann werde ich so lang Thorwaͤrter gewesen seyn / und werde so viel Schweine von der Thuͤ re gepruͤ gelt haben / wie ihr / so will ich auch einen grossen Kuchen-Zeddel von Sauen hermachen. Ephialtes. Gib her du Sau. Pickelhering. Wolt ihr eine Wurst haben.
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Ephialtes. Das zerrissene Hemde gieb her. Pickelhering. Die alte Sibylle flickt mirs gestern / es ist nicht zerrissen. Ephialtes. Das zerrissene Maͤgdehemde gieb her. Pickelhering. Haben die Maͤgde auch Hemder an.
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Ephialtes. Gucke nur den schmutzigten Kammer-Maͤdgen an den Puͤ rtzel / du Sau. Pickelhering. O ich werde heuer kein Stern-Gucker.
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Ephialtes. Aber der Melane kanst du wol Klitscher geben / kanst ihr das Hemde zerreissen und die Zipfel mit zu Bette nehmen / kanst sie in den Arm zwicken / kanst sie mit dem Finger in die Seite stechen / kanst sie mein Schaͤtzgen / mein Laͤmgen heissen. O im Schwein-Stall mit einer solchen 〈M 6 r〉 Sau / ich weiß alles sie hat mirs selber gesagt. Geh / geh / da hast du einen Schreckenberger / sieh wo du fortkommst / ich mag dein Vatter nit mehr seyn.
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(geht ab.) Pickelhering. Das ist mir ein saftiges Kammer-Maͤdgen / ein eingemachtes Raben-Aeßgen / da verklagt mich das Kluncker- Fuͤ chsgen beym Vatter und schreibt mirs fuͤ r / wie ichs machen sol. Ja ich muͤ ste meinen Zwirn gestolen haben / daß ich ihn an einen solchen Kittel vernehen wolte. Ach nein / ich bin ein Wein-Koster / den Kosten gieß ich auf die Gasse. Ihr Leute wann das Schwamdruͤ ckergen herauskommt / so sprecht es ist unvonnoͤthen / daß sie sich weiter vergebens anmelden will. (geht ab.)
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ANDERE HANDLUNG. Belise.
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〈Belise.〉 So oft ich mir die Clarisse vor Augen stelle / so oft muß ich mich uͤ ber die Unbestaͤndigkeit der menschlichen Freude beklagen. Sie war eine Zierde dieses Hofes / ein Auszug aller lustigen | Erfindungen / ein kurtzer Begriff aller freymuͤ thigen Hoͤfligkeit. Es lachte und lebte alles an ihr / und wer das Gluͤ cke hatte in ihrer belieblichen Gesellschaft zu seyn / duͤ rfte sich keine betruͤ bte Gedancken in Sinn kommen lassen. Jetzund aber schlaͤgt sie die muntern Augen nieder / und verwickelt sich in allerhand melancholische Verdrießligkeit / die schoͤne Sonne verkreucht sich hinter die Wolcken / und die Blumen / welche sich bey ihrer Ankunft herfuͤ rthaten / werden von ihrem Liechte nicht mehr erfreuet. Die gebrochenen und wieder erholeten Seufzer verschliessen den Worten die Strasse / und wann sie reden will / muß sie den thraͤnenden Augen die Pflicht leisten. Ich wolte sagen / sie waͤre verliebt / wann sie nicht den Kern von allen Cavalliern in den Armen haͤtte. (Clarisse und Floretto kommen.)
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Belise. Aber sieh da / wann man des Wolffes gedencket / so koͤmmt er / ich muß etwas auf die Seite tretten / biß sie den Knecht abgefertiget hat. Clarisse. Flor〈etto〉 du bists gewesen. Floretto. Was belieben Ihrer Gnaden.
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Clarisse. Du hast mich gekuͤ tzelt. Floretto. Ich werde heute nicht anfangen 〈M 7 r〉 meiner schuldigen Ehrerbietung zuvergessen.
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Clarisse. Du must es gewesen seyn. Floretto. Womit hab ichs dann verschuldet / daß ich nunmehr in solchem unbilligen Verdacht gezogen werde. Clarisse. Du hast es gestern verschuldet. Floretto. Gestern Ihre Gnaden.
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Clarisse. Ja gestern / wer war es / als ich gestern meinen Rodoman kuͤ ssen muste / der mir so einen sanften Tritt auf den Fuß gab / war es nicht der muthwillige Floretto. Floretto. Ich muß endlich Schertz verstehen / dann was Ihr Gnaden mir nach eigenen Belieben aufbuͤ rden wollen / kan ich nicht von mir weltzen.
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Clarisse. Ich schertze nicht Floretto. Floretto. (kniet) Ist dann nichts uͤ brig dadurch ich meine Unschuld bekraͤftigen kan. Clarisse. Steh auf einfaͤltiger Floretto / du hast mir deßwegen keinen Mißfallen erwiesen: Ist mir doch ein hurtiger und lustiger Knecht lieber als eine ungeschickte hoͤltzerne Liechtbutze.
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Floretto. Ich bin aber nicht lustig. Clarisse. Gleichwol habe ich diese Nacht einen lustigen Traum von dir gehabt. | Floretto. Ich bin gehorsam und glaͤube Sachen / die ich mir nicht einbilden kan.
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Clarisse. In Warheit es traͤumte mir / als haͤttest du meines Rodomans Kleidung angezogen und kaͤmest in mein Cabinet / ich stund auf / wolte meinen Liebsten umfangen / und meiner Gewonheit nach versuchen / ob ich mit meinen Kuͤ ssen seiner Hoͤfligkeit koͤnnte zuvor kommen: Sieh da / so warest du es / dessen aber ungeacht war ich so entzuͤ ckt / daß ich wol tausend Liebkosungen von dir einnehmen muste / ich habe die Zeit meines Lebens dergleichen Liebes-Rede nie gehoͤret / dergleichen brennende Kuͤ sse nie empfunden / dergleichen Gemuͤ ths-Reitzung nie ausgestanden / als zu der Stunde / da ich durch die scharffsinnige Einbildung / in die feste Verbuͤ ndniß deiner schneeweissen Arme gelocket ward / bedencke nun selbsten bey dir / ob ich nit Ursach genug habe / dich den muthwilligen Floretto zu nennen. Floretto. Ein Traum ist ein Traum / und sein nichtiges Schattenwerck belustiget sich oftermahls in unmoͤglichen Dingen. Clarisse. Wie koͤmmt es aber / daß ich dein lu- | stiges Gemuͤ the nicht so wol am Tage bey wachenden Augen / als in der Nacht im Dunckeln erkennen kan.
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Floretto. Am Tage bin ich mir selbsten aͤhnlich / in der Nacht steht es allen lustigen Gemuͤ thern frey / meine Gestalt mit fremden Farben zu veraͤndern. Clarisse. Doch moͤcht ich gerne sehen / ob es dir am Tage so wol anstehen solte / versuch es mein Floretto.
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Floretto. Am Tage sieht mich niemand vor den Rodoman an. Clarisse. So zeuch seine Kleider an. Floretto. Ein knechtischer Leib sol kein solches Kleid entheiligen.
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Clarisse. Ein freyes Gemuͤ the sol kein solches Kleide ausschlagen. Floretto. Es kommen viel Sachen zusammen / die mir nicht anstehen. Clarisse. Bey mir soll dir alles anstehen. Floretto. Meine Vernunft sagt mir was anders.
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Clarisse. Mein Wille gebeut dir was anders. Floretto. Ihr Befehl versuchet mich. Clarisse. Dein Einfalt betruͤ bet mich. Floretto. Ich halte mich hier zu lang auf / Ihre Gnaden leben wol. Clarisse. So wilst du mich verlassen. |
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Floretto. Das Gebot Ihres Geliebten / meines Herrn / treibt mich darzu. (geht ab.) Clarisse. Entweder Floretto ist nicht klug genug / oder ich bin nicht schoͤn genug / sonst wuͤ rde er ja meinem klaren und deutlichen Ansinnen nicht so widerspenstig begegnen / ich liebe und lasse mir die aͤngstlichen Begierden Tag und Nacht das Hertz abfressen / und ein schlechter unansehnlicher Knecht wil mir die schuldige und nothduͤ rfftige Huͤ lfe versagen. (Belise præsentirt sich)
Loses Kind was machst du hier.
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Belise. Loses Kind was redest du hier? Clarisse. Ich schertze. Belise. Mit ernsthaftigen Gedancken. Clarisse. Es ist sonst nicht mein Brauch. 5
Belise. Drum ist es was neues. Clarisse. Ach laß mich zu frieden. Belise. Es ist waar ich bin nicht Floretto. Clarisse. Das sind vortrefliche Reden. Belise. Und das ist eine vortrefliche Liebe.
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Clarisse. Sieh da Naͤrrgen wilst du ein Hoͤltzgen haben. Belise. Sieh da Muͤ hmgen wilst du den Floretto haben. | Clarisse. Was heissen aber die Kinder-possen. Belise. Verliebten Leuten kans niemand recht machen. Clarisse. Das koͤmmt gar duͤ rre.
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Belise. Wann man sich in einen Knecht verliebt. Clarisse. Und wem geht dieß an. Belise. Die jenige die mit mir redet. Clarisse. Ist Rodoman ein Knecht.
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Belise. Wann Floretto seine Kleider anzeucht. Clarisse. Ich muß lachen. Belise. Das Weinen stuͤ nde dir besser an. Clarisse. Hab ich nit ein kluges Muͤ hmgen. Belise. Wann ich die Klugheit verlohren haͤtte / so suchte ich sie schwerlich bey dir wieder.
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Clarisse. Was hast du dann jetzund bey mir zu suchen. Belise. Die Ehre wil ich suchen / welche du einem geringen Knecht aufopferst. Clarisse. So darf ich meinen Knecht nicht vexiren.
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Belise. Aber nicht Liebeshaͤndel mit ihm treiben. Clarisse. Das thu ich nicht. Belise. So lang als Floretto nicht wil. Clarisse. Du hoͤrest allezeit das Graß wachsen. Belise. Ach Clarisse Clarisse / es stehet | schlecht genug / daß du deinen Ehren-Stand in den Abgrund der knechtischen Verachtung erniedrigen wilst / solte sich eine solche ansehnliche und beruͤ hmte Dame nicht eher in den Finger beissen / als daß sie ihrem Nahmen so einen unertraͤglichen Schimpf anziehen wolte.
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Clarisse. Muͤ hmgen wann du predigen wilst / so thue meiner weissen Katze die Leichpredigt / die ist gestern in die Sechswochen gestorben. Belise. Wer die Wahrheit sagt / der ist nicht angenehm. 5
Clarisse. Ich halte du hast den Floretto selber lieb. Belise. Es muͤ ste mich geluͤ sten. Clarisse. Es waͤr auch deiner Schoͤnheit noch wol wehrt. Belise. Wann du seine Magd bist / koͤnt ich ihn wol zum Liebsten haben.
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Clarisse. Muͤ hmgen das war wol gegeben. Belise. Ich kans nicht besser geben als du es machst. Clarisse. Muͤ hmgen verzeih mir / daß ich dir nicht laͤnger Gesellschaft leiste / ich habe sonst zu thun. (geht ab.)
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Belise. Gruͤ sse den Floretto meinetwegen. | Was sol ich thun / sol ich die Unbesonnenheit der leichtsinnigen Clarisse anklagen / oder sol ich mich uͤ ber die standhaftige Tugend des tapfern Floretto verwundern. Clarisse hat endlich nicht unrecht / daß sie bey dem Feuer der liebreitzenden Schoͤnheit warm wird / aber Floretto hat auch nicht unrecht / in dem er die unziemlichen Begierden eines schwachen Weibesbildes mit verstaͤndiger Langmuͤ thigkeit zu brechen weiß. (Gehet ab.)
Die Triumphirende Keuschheit II
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Ephialtes, Sibylle. Ephialtes. Du alter beschmutzter Hoͤlle-Riegel / wilst du nit von der Thuͤ re weggehen. Sibylle. Ach mein freundlicher lieber Herr / ich mein es so gut mit euch / ihr koͤnnet es nicht glauben.
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Ephialtes. Und ich mein es so gut mit dir / ich moͤchte dich immer auf dem Schiebkarn ins Wasser schicken. Sibylle. Ach liebe Liebe / wie brennest du mich. Ephialtes. Du duͤ rres Reißgebund / bist du nicht lange verbrannt. Sibylle. Ihr sollt auch mein liebes Vaͤter- | gen seyn / ich wil euch lieb und wehrt halten / ach nehmt mich nur.
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Ephialtes. Was solte ich mit einer alten zubrochnen Baßfiedel machen. Sibylle. Ihr werdet ja das wissen. Ephialtes. Du alter Rumpelkasten / es waͤr gleich als wann ich den Kopf zwischen die Stubenthuͤ re steckte.
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Sibylle. Seyd ihr doch auch nicht jung. Ephialtes. Denckt doch das verschimmelte Inventarium wil sich mit mir vergleichen. Du lahme Himmelweisse / du bist im Trojanischen Kriege schon eine Marcketenner-Hure gewesen und wilst mir jetzt meine Jugend vorwerffen. Sibylle. Mein lieber Herr erzuͤ rnet euch nicht / ihr seht wol / verliebte Leute koͤnnen ihre Kurtzweil nicht lassen.
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Ephialtes. Kan ein ehrlicher Mann nicht in Anfechtung gerathen / denckt nur nach / da hat sich das Rabenaaß in mich verliebt / nun ich habe auch Fleisch und Blut / und es laͤsset sich mit solchen Possen nicht lange schertzen / fuͤ rwar / es ist mir angst und bange darbey. Sibylle. Mein Englichen nun wirds bald. Ephialtes. Ja aufs neue Jubeljahr. |
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Sibylle. Ach warum nicht heute / O mein Hertzgen / mein Goldkaͤfergen / mein Seiden-Wuͤ rmgen / mein Maykaͤtzgen / mein Laͤmmer-Schwaͤntzgen. Ephialtes. Ach meine Kohlmeise / meine Distelfincke / mein Spulwuͤ rmgen / mein Misthaͤmmelgen / wann nichts draus wuͤ rde / so waͤr mirs am liebsten.
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Sibylle. Ey redt doch nicht solch possirlich Ding / ihr werd nicht ein Kind seyn / und werd mich armes Weib in solchen Schanden stecken lassen. Ephialtes. Heute gehts nicht fort / hoͤrt morgen wieder her. (geht ab)
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Sibylle. Strotzt der Thorwaͤrter nicht / wie eine verroste Hellebarte / ich mag freundlich thun / ich mag gute Woͤrtgen geben / es hilft eines so viel als das ander / ja wer ein Jahr oder funfzig zuruͤ cke haͤtte / so moͤchte sich der schaͤbichte Krippenstoͤsser wol nicht lange bedencken / das liebe Alter / das liebe Alter / ist in den letzten Zeiten gar zu veracht. Was fang ich nun an / einen Mann muß ich haben / und soll ich ihn mit den Fingern aus der Erden kratzen.
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(Pickelhering kommt.)
Halt / | da kommt des Thorwaͤrters Sohn / vielleicht / nimmt mich der zur Mutter an.
Pickelhering. Mein Vatter hat gewiß Haͤckerling im Kopfe / er dacht / ich wuͤ rde mit einem Schreckenberger die gantze Welt ausreisen und da ich auf ein Viertel-Stuͤ ndgen ins Wirths-Haus geh / ist er auf einmal fort / ich halte / ich bin noch so viel schuldig. Nein / mein Vatter soll mir das nicht weiß machen / ich weiß mich in die Geld-Mittel besser zu schicken. (Pickelhering laͤ uft. Sibylle laͤ uft neben ihm und will ihn einholen.) Pickelhering. Ein Schreckenberger macht vierthalben Orts-Creutzer / ein halber Orts-Creutzer / macht sieben Pfenning Rheinisch / ein halber Pfenning Rheinisch / gilt ungefaͤhr einen Krebs-Pfennig / vor einen halben Krebs-Pfennig / krieg ich gleich so viel Bier als mir an der kleinen Finger Spitze kleben bleibt. Haͤtt ich nur Adam Riesens Rechenbuch bey mir / ich wolts meinen Vatter vor die Nase schmieren / daß er mich so besch – – betrogen hat. |
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Sibylle. Ich arme alte Frau / ich kan nicht mehr / steht doch stille. Pickelhering. Ja wer die Schreckenberger noch zu vier Pfennigen resolviren koͤnte / so meynt ich mein Vatter haͤtte mir wollen ein Hurengeld geben.
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Sibylle. Wann hat dann das Gelaͤufe ein Ende / ach mein guͤ ldner Pickelhering / verzieht doch. Pickelhering. Ich muß sehn / ob ich meinen Vatter uͤ ber die Schreckenberger miteinander kommen kan / holla / es geht drauf loß.
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Sibylle. (haͤ lt ihn) Mein liebster Pickelhering / wie wirds dann. Pickelhering. Sa sa Sibylle seyd ihrs (traͤ gt sie auf den Armen und wirft sie hernach nieder.)
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Sibylle. Mit euren Possen / ich wolte so schoͤne Sachen mit euch reden. Pickelhering. Schoͤne Sachen werd ihr meynen / nun schwatzt doch fort. Sibylle. Erstlich muͤ st ihr wissen / daß ihr mein Sohn seyd.
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Pickelhering. Zum andern muͤ st ihr wissen / daß ihr geschossen seyd. Sibylle. Ihr duͤ rft nicht dencken daß ich | mich im Brandewein voll gesoffen haͤtte / ihr seyd gewiß mein Sohn. Pickelhering. Ihr heist ja nicht Pickelhering / und ich heisse ja nicht die alte Sibylle, wie kan ich dann euer Sohn seyn.
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Sibylle. Euer Vatter der sahe meine schoͤne Ducaten / meine alten Thaler / meine Doppelduͤ tgen meine Achzehenpfenniger / meine Margen-Groschen und all mein Reichthum / da bat er mich / ich solte doch seine Frau werden. Nun / wer schlaͤgts gerne alten ehrlich Leuten ab / ich sagte ja / und wir sind bald ein Paar / gelt Pickelhering ich bin deine Mutter.
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Pickelhering. (Kraut sich im Kopfe) O ich armer Buͤ rstenbuͤ nderGesell / ich dachte / ich waͤre der eintzige Erbe / zu meines Vatern Guͤ tern / aber nun seh ich wol / ich werde noch ein halb Dutzent Bruͤ der und eine halbe Mandel Schwestern bekommen. Was hat doch mein Vatter der alte Zebedeus gefressen /
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dass er sich auf seine alten Tage mir zum Possen will ankommen lassen. Sibylle. Fromm / fromm / lieber Pickelhering / ich werde ja gut genug zu euer 〈N r〉 Mutter seyn. Gelt die warmen Suppen schmaͤcken euch gut / und wann man unterweilen ein Biergelt kriegt / so thuts treflich sanfte.
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Pickelhering. Es sind zwey Fragen / erstlich ob die warmen Suppen gut schmaͤcken / und darnach / ob ich euch zur Mutter haben wil / eins ist waar / das ander gehet auf Steltzen. Sibylle. Lassts immer auf Steltzen gehen / wanns nur fortkoͤmmt / seht / da habt ihr meine Hand / alle Tage sechs Pfennige zu Biere / und vier Pfennige zu einer Semmel / und zwey Pfennige zu Nuͤ ssen / und die Woche einen Groschen extra, den moͤgt ihr hinthun / wo ihr wollt. Pickelhering. Aber wollt ihr mir das Gelt alle Tage baar auszahlen.
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Sibylle. Auch wol auf acht Tage voraus. Pickelhering. Ich nehm aber kein ander Gelt / als lauter Frantzoͤsische Wildemans-Thaler. Sibylle. Wie ihr wollt / wie ihr wollt / man Schatz / guten Tag unterdessen / ich muß zu meiner Belise gehen.
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(geht ab.) Pickelhering. Hertze Stieff-Mutter / kleckt hin / leckt wieder her: Wann ich nicht wuͤ - | ste / daß ich klug waͤre / so wuͤ rde ich fuͤ rwar uͤ ber den thoͤrichten Haͤndeln zum Narren / mein Vater / der verstorbene Gasconier, wil mir das Loͤffeln verbiethen /
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und er thuts selber / ach / wann die alte Sibylle gienge / und liesse ein Epitaphium in eine Spittel-Stube aus ihr machen / und mein Vater der Schweintreiber bliebe bey seiner Nahrung / ich wolte doch wol die Pfennge allein verzehren. 5
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(Ephialtes koͤ mmt und geht in tieffen Gedancken.) Pickelhering. Botz tausend / ist das nicht der neue Liebhaber / der Schaͤfer Coridon, wo muͤ ssen jetzt seine fuͤ nf Sinne seyn / er hat sie gewiß in die neue Welt nach einem verliebten Liede geschickt. Ach die schoͤne Galathee kan sie einem ehrlichem Kerlen nit die Purle im Bauche machen / sachte / sachte / (springt um ihn herum) Ouy Ouy Ouy Ouy Ouy Ouy. Ephialtes. Du ungehangener verlauffener Dieb / bist du wieder da. Pickelhering. Ouy Ouy Ouy. 〈N 2 r〉 Ephialtes. Du unreiner Geist / must du mich allezeit besitzen.
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Pickelhering. Ouy Ouy Ouy. Ephialtes. Ich werde mit dir nicht lange Ermel machen / geh oder ich werde boͤse. Pickelhering. Ouy Ouy Ouy.
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Ephialtes. Du thummes Affengesichte / was ist dann das vor eine Sprache. Pickelhering. Ouy Vater Ouy Vater. Ephialtes. Halts Maul oder rede was bessers.
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Pickelhering. Herr Vatter / viel Gluͤ cks zum neuen Ehstande / aber doch Ouy Ouy Ouy. Ephialtes. Ich lasse dich noch an Ketten anschliessen. Pickelhering. So wil ich euch wol bey eurer Liebsten verklagen / Ouy Ouy.
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Ephialtes. Du Schelm / du hast was vor. Pickelhering. Die alte Sibylle eure Jungfer Braut laͤst euch freundlich gruͤ ssen / Ouy Ouy. Ephialtes. O du elender Donner / stich dich nicht in den Braͤutigam / geh deiner Wege und stecke die Zunge tieffer in Quarck / eh du davon reden wilst. Pickelhering. Ich werds nicht wissen / sie hat es selber erzehlt / ihr alter Schimmelkopf / ihr moͤcht eure grosse A B C Tafel wol besser in Ehren halten / als auf die | Weise / es ist eine trefliche Sache um einen verruntzelten Loͤffel-Knecht. Ouy Ouy.
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(laͤ uft davon.) Ephialtes. Eines von euch beyden muß das Leben lassen / hats Sibylle gesagt / so wil ich ihr mit einem Strohhalme ein Bein stellen / daß sie den Hals zehnmahl druͤ ber brechen sol: Hats aber mein leichtfertiger Vogel Pickelhering aus dem Finger gesogen / so wil ich Riemen aus ihm schneiden / und wil ihn mit zu tode peitschen. (geht ab.)
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Floretto.
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〈Floretto.〉 Sol ich diesen Brief behalten / oder sol ich ihn in den Winckel der Vergessenheit werffen. Melane die verschmitzte Dirne hat mir den Possen heimlich gnug mitgespielet / da sie mir die Hand bieten wil / laͤsst sie dieses Papyr zuruͤ cke und wischt davon / doch es sey darum / ich wil ihn lesen. Mein Floretto!
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Die Feder wuͤ rde sich vor meiner Erniedrigung schaͤmen / wofern ich nicht in deiner geringen Person eine hochschaͤtzbare Trefligkeit verehren muͤ ste / und darzu / was koͤnte mir die uͤ brige Schamhaftigkeit nuͤ tzen / wann ich 〈N 3 r〉 sterben solte. Ich habe einen Fuß schon in dem Grabe / wo mich deine gewuͤ nschte Gegenliebe nicht zuruͤ cke zeucht. Doch wie geht dieß zu / ich befehle meinem Diener und er ist ungehorsam / ich begehre von meinem Freunde / und er ist undiesthaftig / ich bitte von meinem Herrn / und er ist unbeweglich. Ach ich weine / ist dann dieß nicht genug / nun so wil ich sterben / um zu erweisen / daß ich nicht anders leben kan / als wann ich heissen soll deine Geliebte. Clarisse
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(Floretto zureist ihn.)
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〈Floretto.〉 Geh du nichtswuͤ rdige Mißgeburt / aller veraͤchtlichen Schandschriften / zerreisset euch ihr verfluchten Buchstaben / und beschweret das unschuldige Papyr nicht. Entweichet aus meiner unbefleckten Hand / damit das verzehrende Rach- Feuer des zornigen Himmels nicht eurentwegen auch uͤ ber mich komme. Empfanget den gebuͤ hrenden Lohn von einem großmuͤ thigen Knechte / der in seinem Hertzen uͤ ber alle Bottmaͤssigkeit triumphiren kan. Aber ach / wie werde ich mich endlich vor allem unziemli- | chen Anlauf beschuͤ tzen / was
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vor Waffen werd ich der heimlichen Gewaltthaͤtigkeit entgegen setzen / ich schwebe – – – – Belise. Sieh da Floretto seyd ihr so allein. Floretto. Ihre Gnaden belieben vielleicht dero geliebte Fr. Muhme zu besuchen.
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Belise. Ich vermeynte sie hier anzutreffen. Floretto. Ihre Majest. die Koͤnigin hat ihrer vor einer halben Stunde begehrt / solt es aber einige Nothwendigkeit betreffen / wollt ich leicht Gelegenheit finden / die Bottschaft auszurichten. Belise. Seyd ohne Muͤ h / ich wolte etwas kurtzweilen / aber hoͤrt Floretto / kan ich nicht erfahren / was ihr vor ein Landsmann seyd.
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Floretto. Ach warum wollen ihre Gn. mich durch die Erinnerung meines geliebten Vatterlandes betruͤ ben. Belise. Ich wil euch nicht betruͤ ben / ich wil euch vielmehr Trost zu sprechen / antwortet nur auf meine Frage.
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Floretto. Gnaͤdiges Fraͤulein / ich bin ein Deutscher / jetzt aber ein elender Italiaͤnischer Sclave. Belise. Ein Deutscher / aber aus welcher Provintz. Floretto. Mein jetziger Zustand hat mir den 〈N 4 r〉 Mund verschlossen / daß ich alles / was mich angeht / verschweigen muß. Belise. Versichert euch was ihr mir erzaͤhlet / solt ihr zu eurem Schaden nicht gesagt haben / eroͤffnet mir nur die Begebenhei-
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ten eures Lebens / dann ich weiß nicht / was ich vor eine hohe Ankunft aus euer Stirne lesen kan.
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Floretto. Allergnaͤdigstes Fraͤulein / kan dieß wol moͤglich seyn / daß meine Niedrigkeit bey dero hohen Person einige Erleichterung des Ungluͤ cks finden solle. Belise. Wie gesagt / ihr habt euch nichts boͤses / sondern lauter gutes zu versehen / halt mich nur in meinem Verlangen nicht auf.
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Floretto. So wil ich auch mein Stillschweigen brechen / und der jenigen meine ungluͤ cklichen Zufaͤlle offenbahren / zu dero gnaͤdigsten Befoͤrderung ich mich gaͤntzlich ergeben wil. Ich bin ein Deutscher / mein Vatterland ist Sachsen / und meine Eltern zaͤhlen sich unter die vornehmsten Grafen desselben Landes. Der Krieg / welcher sich vor langer Zeit zwischen Conraden dem rechtmaͤssigen Besitzer dieses Koͤnigreichs und Carlen dem Frantzosen / in diesem Lande herumgefressen / hat mei- | nen Herrn Vatter den tapferen Ludwig bekandt genug gemacht / also daß ich gleicher Gestalt veranlasset worden / mich folgender Zeit in Arragonische Dienste zubegeben / um wieder die gewaltthaͤtige Besitzung dieses Koͤnigreichs zu fechten. Doch mein Unstern war so groß / daß ich bey der ersten Gelegenheit mein Pferd und meine Freyheit verlohr. Ich war meiner Person wegen so sorgfaͤltig / daß ich mich vor einen schlechten Soldaten ausgab / in Meynung / es moͤchte mir zu unertraͤglichem Schimpfe ausschlagen / wann ich durch Benehmung meines Herrn Vatters den Feinden die Victori herrlicher machen wolte / also bin ich in der Gefangenschaft blieben / habe den Nahmen Heinrich mit Floretto vertauscht / und nachdem ich die Flucht oftermahls vergebens vor die Hand genommen / bin ich dem Rodoman geschencket worden / da ich nichts zu klagen habe als – – – Belise. Redet weiter / es traͤgt euch keine Gefahr.
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Floretto. Nichts nichts / ich habe die Rede beschlossen. Belise. Ich wil es wissen / der Beschluß war noch nicht da. 〈N 5 r〉 Floretto. Ich wolte sagen / ich waͤr ein Knecht. Belise. Seht mich nicht vor so einfaͤltig an / ihr wolt ohn Zweifel auf mein Muͤ hmgen klagen.
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Floretto. Ich weiß nicht / ihr Gnaden verschonen mich mit der Frage. Belise. Ich wil euch nicht beschwerlich seyn / habt nur schoͤnsten Danck vor den ausfuͤ hrlichen Bericht eures Lebens und vergewissert euch / daß alle diese Erzehlung noch zu eurem Vortheil gereichen sol.
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Floretto. Ihre Gnaden bete ich an als eine Gottheit / die mir in der dunckeln Nacht meines Elendes einen suͤ ssen Blick der belieblichen Hofnung sehen laͤsst. Belise. Ihr doͤrft mir mit so hohen Worten nicht schmeicheln / aber seyd gewiß / daß ich euch gewogen bin / lebet wol.
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(Gehet ab.) Floretto. Des Himmels Segen begleite Ihre Gnaden. Ach wolte GOtt / daß dieß der Anfang meines neuen Gluͤ ckes waͤre. (geht ab.) Pickelhering. 〈Pickelhering.〉 Gelt ich habs meinem Vatter brav gesagt / der alte Ehbrecher mag wol selber | eine Sau seyn / die Melane ist
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allezeit auf dem Ruͤ cken schoͤner / als die alte verschrumpelte Sibylle um die Nase. Ich habe zum Element meine Kinderschu vertreten / und wer mich vor ein Jungen ansieht / der hat sein Tage keinen Jungen gesehen. Zum Schilling bin ich zu groß / und zu den Ohrfeigen zu klein / mein Vatter thut mir an beyden keinen Dienst. Aber halt / wann ich meinen Vatter ein bißgen beschaͤmen koͤnte / ich wil mich vor die alte Sibylle anziehen / und wo er mich nothzuͤ chtiget / so sol ihm der boͤhmische Dorf-Teufel das Licht halten. Adieu ihr Herren / in der Gestalt seht ihr mich nicht wieder. (Clarisse koͤ mmt und ruft.) 〈Clarisse.〉 Pickelhering wo hinaus / steh. Pickelhering. Es ist wol schlimm / wo die Weiber das Regiment haben / nun da bin ich / was giebts junges.
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Clarisse. Wo lieffst du hin. Pickelhering. Nirgendhin / ich gieng nur da herum. Clarisse. Ich sehe dirs am Maule an / daß du hast wollen weggehen / bekenne / oder du solst dich im Hunde-Loche auflesen.
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Pickelhering. Wann ihr mir alles am Maule 〈N 6 r〉 ansehen koͤnnet / warum fragt ihr dann / ich wolt ein bißgen auf den Marckt gehen. Clarisse. Und was hast du auf dem Marckte zu schaffen. Pickelhering. Ich wolte nur nach der Uhr sehen / welche Zeit es waͤr.
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Clarisse. Es sind faule Fische / aber wo ist Floretto.
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Pickelhering. Er war erst da. Clarisse. Was thaͤt er. Pickelhering. Er redte mit euer Jungfer Muhme. Clarisse. Was hatte er mit ihr zu reden. Pickelhering. Sie mochte auch nicht wissen / was die Glocke waͤr / so fragte sie ihn.
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Clarisse. Ich halte sie haben die Stunden an den fuͤ nf Fingern abgezehlt. Pickelhering. Ich weiß nicht / es gieng schon auf zwoͤlfe / da ich kam / ich habe den Zeiger nicht lauffen sehen.
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Clarisse. Hoͤre Pickelhering / ich will dir eine Kanne Wein spendiren / wo du sagst / was sie miteinander geredt haben. Pickelhering. Frau / ich lag im Winckel und schlief / das sah ich wol / daß sie das Maul immer gegeneinander aufsperrten / ob sie miteinander gespracht haben / das weiß ich eigentlich nicht. |
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Clarisse. Schelm / wilst du auf die hinter Fuͤ sse tretten. Pickelhering. Ich wolte gerne auf den Gaͤnse-Fuß tretten / ich habe keinen. Clarisse. Geh du Stocknarr / ich mag dich nit mehr sehen. Pickelhering. Grossen Danck vor die gute Abfertigung. (laͤ uft davon.)
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Clarisse. Nun mein Floretto / bist du da zerrissen / thut dirs auf dieser Seite weh. Steht die Belise im Lichten / daß du an der Clarisse die Liebe nicht erkennen kanst. Ich habe mich lange darfuͤ r gefuͤ rcht / doch das ist mir angenehm / daß ich in Zeiten darhinter komme. Entweder / mein Kopf soll keinen Anschlag mehr wissen / oder Belise soll den Floretto verliehren. (geht ab.)
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DRITTE HANDLUNG. Pickelhering in der Sibylle Kleidern. 〈Pickelhering.〉 Da koͤmmt die verliebte Seele / ihr Herren last euch nicht geluͤ sten / ich habe nur die Kleider geborgt / den andern Zierrath / ihr wuͤ st es wol / hat sie selber behalten. Wie wird meinem 〈N 7 r〉 Vatter das Hertze im Leibe wackeln / wann er mich sehen wird. Ach liebe Liebe / du warmer Peltz-Fleck meiner Gedancken / laß doch den Donner-Keil deiner Freundligkeit in die hole Weide meiner Unwuͤ rdigkeit hinein spatzieren. Aber vor allen Dingen muß ich mich in den alten Weiber Complimenten execiren / laß sehn ein bons dis in folio, der kommt so / nein nein / das war ein kleiner / ich kan ihn kaum in octavo einbinden lassen / so / der war recht / ein verliebt Augen-Schwermergen so / ein spitzig Maͤulgen so / ein Kniefix so / botz tausend das war ein Kniefix mit dem Fetzer / noch einmal so so / es wird sich schon geben / wie das Griechische
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(Ephialtes kommt in der Melanen Kleidern)
doch was will Melane das Raben-Aaß / halt ich will ihr auch einen Wurm schneiden.
Ephialtes. Ich muß auf meine alten Tage naͤrrische Haͤndel vornehmen / da plagt mich die Sorge wegen meines leichtfertigen Sohns aͤrger als eine Purgation / im Leibe / die Leute sprechen er loͤffelt mit der abgenuͤ tzten Kammer-Magd / und ich glaube | gleichwol die Sache nicht gerne / eh ich sie seh / drum hab ich mich in ihre Kleider geworffen und halte den Muf vors Maul / obs angehen will / daß er mich verkennet. Pickelhering. Guten Morgen / mein freundliches liebes Kammer- Kaͤtzgen.
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Ephialtes. (neigt sich) hu hu. Pickelhering. Hu hu / habt ihr kein Maul / guten Morgen. Ephialtes. (neigt sich) nu nu. Pickelhering. Nu nu / hu hu / guten Morgen. 5
Ephialtes. (redet klein) grossen Danck. Pickelhering. Du junges Rabenfell grossen Danck / du redtst treflich klein / du pfeifst gewiß durch ein eng Loͤchlichen. Ephialtes. (klein) Ja / ja.
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Pickelhering. Je daß du nicht ein Knecht bist / aber hoͤrt doch / habt ihr nicht meinen Liebsten gesehen / das liebe fromme Hertze / mich deucht immer / wann ich ihn kriege / so druͤ ckt mich der Alp / ach der gute ehrliche Thorwaͤrter / habt ihr ihn nicht gesehen. Ephialtes. (grob) Leckt mich im Leibe.
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Pickelhering. Du grobe Keule wollen wir miteinander dahin / vor meinem liegt auch kein Schloß / ich frage nach meinem Liebsten. | Ephialtes. Daß mir nicht der Liebste wegkommt / er muß sich darnach sehnen.
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Pickelhering. Du junge Alraupe / was darfst du dein Maul druͤ ber zerreissen. Ephialtes. Du altes Brumeisen / was darfst du dich solcher Haͤndel beruͤ hmen.
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Pickelhering. Du junger Kluncker-Mutz / was gehts dich an. Ephialtes. Du altes Hunde-Fell / es geht mich wol so viel an / als dich. Pickelhering. Du junger Schand-Nickel / dir zum Possen will ichs thun.
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Ephialtes. Du alter Ruͤ ssel-Zahn / so soll dir der Hencker an der Staupen Saͤule darvor dancken. Pickelhering. Der Thorwaͤrter ist mein Liebster und wann sich alle junge Gecken die Krause zerrissen. Ephialtes. Du alte Gacke / es geht schon fort / schiers kuͤ nftig auf den 32. Februarius / ach nein / ich lobe meinen Pickelhering.
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Pickelhering. Du elende Hure / verbrenne dirs Maul nicht uͤ ber deinen Pickelhering. Ephialtes. Bin ich ein Hure / so bin ich eine mit Ehren / ich bin noch mit keinem Schinder-Knecht darvon gelauffen.
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Pickelhering. Ho ho / das gibt Halsbrechens. (Sie fallen uͤ bereinander und | schlagen sich. Rodoman / Clarisse und Floretto kommen.) Rodoman. Ich halte der Hencker hat sich leibhefftig von der Kette loß gerissen / daß so ein grausamer Tumult vor meinem Loͤsament entsteht. Clarisse. Das Lumpen-Geschmeisse hat mich biß auf den Tod erschreckt.
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Rodoman. Wer sind sie dann. Floretto. Ich will die Gespenste bald wegbannen / was seyd ihr vor Lands-Leute? (reist ihnen die Kleider vom Leibe.) 5
Pickelhering. Wer will mich nun in meiner eigenen Gestalt sehn. Floretto. O Himmel was seh ich / Pickelhering und sein Vatter / ihr alter Ziegenbock / was faͤhrt euch vor ein Freude in die Achsel.
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Rodoman. Ihr Schaum von allen leichtfertigen Menschen / gebt Rechenschaft / wer hat den Tumult angefangen. Ephialtes. Herr / mein Sohn – – Pickelhering. Herr / mein Vatter – – Ephialtes. Nein / mein Sohn – – Pickelhering. Nein / mein Vatter – –
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Rodoman. Schweigt ihr Hunde / Floretto laß ihnen das Bette im Hunde-Loch aufschlagen / biß sie den Rausch ausschlaf- | fen / du aber bleib in deinem Losament biß auf weitern Bescheid. Floretto. (schlaͤ gt zu) Fort fort ihr Lumpen-Gesinde. (geht mit ihnen ab.)
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Rodoman. Allerliebste Clarisse so kan ich nicht so gluͤ ckselig seyn / die Ursache euer Traurigkeit zu erfahren.
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Clarisse. Eine schoͤne Gluͤ ckseligkeit / die aus Erkaͤntniß meiner Traurigkeit entspringen soll. Rodoman. Ein Artzt ist gluͤ ckselig / wann er des Patienten Kranckheit versteht. Clarisse. Ein Patient ist ungluͤ cklich / wann er sein Anliegen nicht aussprechen kann.
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Rodoman. Aber der Patient ist wunderlich / der keinen Mangel hat. Clarisse. Mein Rodoman / ich bin eures Mitleidens unwuͤ rdig / meine Person ist viel zu schlecht / als daß die Maͤngel so mir zusetzen / einigen Gegen-Schmertzen in euch erwecken sollten / ja wol / ich bin wunderlich / warum nicht gar naͤrrisch.
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Rodoman. Ach mein Kind / was soll die unziemliche Auslegung meiner Worte bedeuten. | Clarisse. Es ist nicht das erste mahl / daß meine Liebe verstossen wird.
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Rodoman. Sollen meine Reden so angenommen werden / so will ich schweigen. Clarisse. Immer hin / es wundert mich / daß ihr mir bißher das Maul gegoͤnnet habt. Rodoman. Liebgen seht mich doch an / und lachet nicht. Clarisse. Das will ich ohn dieß thun. Rodoman. Haben wir bald ausgeschertzt. Clarisse. Nein / last mich gehen / ihr sehet ja / daß ich unpaß bin.
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Rodoman. Ich will euch nicht beschwerlich seyn / aber sagt nur / ob euch was beliebt.
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Clarisse. Der Schlaf beliebt mir / darum verlast mich hier allein / und wofern ihr mir einige Gefaͤlligkeit zu erweisen bedacht seyd / so last mir den Floretto auf den Dienst warten. Rodoman. Es sey also / ruhet wol mein Kind. (geht ab.)
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Clarisse. So gehet das Argerniß meiner Gedancken dahin / und befreyet mich von der Plag seiner unzeitigen Liebes-Reitzung. Ach Floretto bist du noch nicht hier / verzeuchst du deine halb tode Clarisse mit neuem Leben zu beseligen. Komm | dann sie will ihr aͤuserstes versuchen / und dieweil du nichts begehren kanst / als was du siehst / solst du mich eher sehen / als du mich begehret hast / und was der unberedte Mund nicht hat vollbringen koͤnnen / soll dieser schneeweisse Leib durch seine stumme Wolredenheyt bey dir verrichten. Schickt euch / ihr verliebten Gliedmassen / zu aller ersinnlichen Annehmlichkeit / ihr verliebten Minen / ihr entzuͤ ckten Verstellungen / spielt euer Kraft zusammen und begeistert mein letztes Vornehmen durch eine liebselige Empfindlichkeit. Ach Floretto wo verzeuchst du. Floretto. Ihr Gnaden haben meiner begehrt. Clarisse. Ja / und zwar aus unterschiedenen Ursachen.
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Floretto. E. Gnaden Unpaͤßlichkeit hab ich mit betruͤ btem Gemuͤ the vernommen. Clarisse. Ich weiß jetzund von keiner Unpaͤßlichkeit / aber was macht deine liebste Belise.
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Floretto. Wann jemand mehr zugegen waͤr / meynt ich nicht / daß diese Reden mich angehen solten. Clarisse. Gar zu viel gehen sie dich an / ich weiß euren heimlichen Verstand gar wol. | Floretto. Belise erkennet ihren Stand und ich meine Niedrigkeit / im uͤ brigen kan ich allen unbillichen Verleumdern das Maul nicht stopfen.
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Clarisse. Doch es muß gewaltig suͤ sse schmaͤcken / wann ihr eure Liebs-Haͤndel in verstolener Lieblichkeit einernten koͤnnet. Floretto. Gnaͤdige Gebieterin / ich bin der Sachen ein Kind. Clarisse. Muß dieses nicht lustig zugehen / wann die Rosenrothen Wangen sich in ein subtiles Gelaͤchter einlassen / und die Corallen-Lippen mit tausend verzuckerten Hertzens-kuͤ ssen glichsam schwanger gehen / wann alle fuͤ nff Finger sich in das zarte Lilien-Feld verscharren / ach wer wolte so beredet seyn / die Vergnuͤ gung vorzustellen. Ein Schertz treibet den andern / ein Kuß verhindert den andern / ein Blick verzehrt den andern / ein Grifgen – – ach ich mag nicht weiter reden / ich werde selbst verliebt davon. Da Floretto / nimm den Fliegen-Wedel und gib Achtung / in dem ich dem suͤssen Schlafe nachhaͤnge / daß mich keine Fliege verunruhige. |
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Floretto. An meiner Aufachtsamkeit will ich nichts ermangeln lassen. (Sie legt sich / unterdessen wird gesungen.) Ach Floretto laß dein Gluͤ cke Dir nicht aus den Haͤnden gehn / Lerne doch in diesem Stuͤ cke
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Deine Wolfahrt recht verstehn / Weil die Schoͤnste von der Welt Gleichsam dir zu Fusse faͤllt. 5
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Schau doch her / sie legt sich nieder Brauche der Gelegenheit / Diese Stunde kommt nicht wieder Wo man ihre Gunst verstreut Jetzund hast du noch die Wahl / Fuͤ rchte dich ein andermahl. Brich die Rosen von den Wangen / Welche dir zu Ehren bluͤ hn / Welche dich und dein Verlangen / Als Magneten an sich ziehn / Nimm das wollen-weiche Pfand / Ihrer Finger in die Hand. Schau die Alabaster Ballen / An der unbefleckten Brust / Wie sie auf und nieder fallen / Aus Begierde zu der Lust / Welche das verliebte Ziel / Bloß in dir erlangen wil. | Wilst du sie noch mehr betruͤ ben / Dieser Leib und was sie hat / Stellt sich gantz in dein Belieben / Drum erfahr es in der That / Daß Clarisse wird allein / Dem Floretto guͤ nstig seyn. Floretto. Du guͤ tiger Himmel / so haben sich alle Verfolgungen auf meinen Kopf zusammen geschworen / ach verleihe mir in meiner Unschuld zum wenigsten ein solches Hertze / das unter den unvergleichlichen Versuchungen dannoch unuͤ berwindlich bliebe / die Lust reitzet mich / aber sie sol mich nicht
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anreitzen / sie locket mich / aber sie sol mich nicht ins Netze bringen / der Schein dieser gegenwaͤrtigen Wollust ist viel zu gering / als er die Groͤsse des nachfolgenden Ungluͤ cks vor meinen Augen verbergen solte. Nun ertheile mir die Gnade / und erhalte meine Schwachheit in dem Vorsatze lieber zu sterben / als in dergleichen Unreinigkeit zu willigen.
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Clarisse. Floretto. Floretto. Ihr Gnaden / hier bin ich. Clarisse. Lange er mir zu trincken. | Floretto. Von Hertzen gern. (er giebt.)
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Clarisse. (ergreifft ihn) Geh nicht weg / du kanst wol bey mir sitzen. Floretto. Ihr Gn. halten mich nicht / ich kan nicht sitzen. Clarisse. Aber ich bitte. Floretto. Was mir zu thun moͤglich ist / kan ich ungebeten verrichten.
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Clarisse. Vor wem fuͤ rchst du dich / bleib hier. Floretto. Ich kan nicht / ich mag nicht / ich wil nicht. Clarisse. (faͤ llt auf die Erde / und fasset ihn bey den Beinen.) Ach du eintziger Aufenthalt meines Lebens / du allerschoͤnster Angelstern meiner verliebten Gedancken / du lieblicher Morgenstern meiner inbruͤnstigen Hofnung / du troͤstlicher Abendstern meines unaussprechlichen Seelen Schmertzens; Siehst du nicht / wer sich zu deinen Fuͤ ssen erniedriget / ach es ist die un-
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gluͤckselige Clarisse, die betruͤbte / verachte / die v erlassene Clarisse, welche sich aller andern Lustigkeit entschlagen hat / um dem hertzvielgeliebten Floretto aufzuwarten. Floretto. Ihr Gn. bemuͤ hen sich nicht / es ist vergebens. | 5
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Clarisse. Ach laß doch aus dem uͤ berfluͤ ssigen Meere deiner vortreflichen Freundligkeit nur den geringsten Tropfen auf meine durstige Seele rinnen / und wo dein Hertz ein harter Kieselstein ist / so laß doch etliche Funcken auf meine Brust fallen / welche sich zu lauter Zunder und Asche verzehret hat. Floretto. Ihr Gn. vergeben mir / ich brauche Gewalt. Clarisse. (haͤ lt ihn bey dem Rocke) Ach beliebt dir Reichthum / suchst du die Freyheit. Mein Kind / mein Engel / alles sol dir zugesagt seyn / vergnuͤ ge mich nur durch einen Gegenblick.
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Floretto. (laͤ st den Rock fahren) Ich wil mich an meinem Rodoman so nicht versuͤ ndigen. (geht fort.)
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Clarisse. Du armer unschuldiger Rock / so darfst du nicht mehr den artigen Leib bedecken / und must du meinen unwuͤ rdigen Haͤnden / als ein betruͤ bter Raub / hinterlassen werden. Sol ich mich an dir ergetzen / solst du meinen brennenden Begierden Wasser zutragen. Ach nein / ich bin verlohren / lieben wolt ich gern / aber ich soll nicht / hassen 〈O r〉 soll ich / aber ich kan nicht / doch warum solte ich nicht koͤnnen / auf Clarisse / deine Hoheit ist nicht gantz verdunckelt / und du darfst deiner Macht nicht so gar vergessen / wer sich unter deine Freunde nicht rechnen wil / sol sich mit Schmertzen unter deinen Feinden befinden / und wer sich deiner Liebe unwuͤ rdig macht / sol deiner Verfolgung biß auf den Tod unterworffen seyn. Der ver-
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fluchte Floretto, der undanckbare Vogel sol die Frucht seiner hartnaͤckigen Natur bald empfinden. Die Liebe ist ein Feuer / wer es mit Kuͤ ssen nicht leschen kan / muß es mit Blute daͤmpfen / und was die sehnliche Begierde bitter macht / soll die verzweifelte Rache wieder versuͤ ssen. Mich deucht / ich sehe schon / wie sich die harten Ketten um seinen stoltzen Leib schlingen / wie die Geiseln um seine Lenden rauschen / wie sich das Fleisch von seinen Rippen absondert / und wie das vermaledeyte Hertz vor meinen Fuͤ ssen von Hunden gefressen wird. Halt du Schandbube / nun wil ich grausam seyn / nun wil ich mich nicht erbitten lassen / nun wil ich mich an deinen Thraͤnen erlustigen. O helfft / helfft / | habt ihr eure Frau gantz allein gelassen / ist niemand hier / der sich meiner annimmt / helfft mir von dem Verraͤther / von dem Ertzboͤsewichte. Rodoman, Ephialtes, Pickelhering.
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Rodoman. O Himmel / wer wil uns im Hause verrathen. Clarisse. Ach erloͤst mich / Gewalt / Gewalt. Rodoman. Liebste Clarisse, was vor Gewalt. Clarisse. Floretto der Schelm / der Schandbock. Rodoman. Wie Floretto. Clarisse. Ach Floretto der stinckende Widehopf. Rodoman. Und was – – – Clarisse. Floretto das schaͤndliche Unthier. Rodoman. Warum aber – –
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Clarisse. Floretto, der unverschaͤmte Ehren-Dieb. Rodoman. Erzehlt doch – – – Clarisse. Floretto, der giftige Basiliske. Rodoman. Ist es nicht – – – 5
Clarisse. Floretto, mein Knecht / mein Sclave. Rodoman. Und was hat dann Floretto gethan? Clarisse. Gethan? O der ehrvergessene Strasenraͤuber. 〈O 2 r〉 Rodoman. Es sey also / aber wo durch hat er solche Titul verdienet?
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Clarisse. Solt er sie nicht verdienet haben / ein schoͤn Ehgemahl / das einem nichtswuͤrdigen Knechte gegen seiner L iebsten uͤ berhelffen darff. Rodoman. Clarisse plagt mich nicht / ich wil wissen was vor gehet.
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Clarisse. Floretto wil euer Ehbette besudeln / ist das nicht genug. Rodoman. Floretto? aber auf was Masse.
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Clarisse. Ist auch fragens werth / ich hatte mich auf das Bette gestreckt / und versuchte / ob ich durch die geschlossenen Augen den verlangten Schlaf anlocken koͤnte. Ihm aber hatte ich Befehl gegeben / die unnuͤ tzen Fliegen von dem Bette abzutreiben / doch der henckermaͤssige Galgenvogel vergaß seiner Person so weit / daß er erstlich durch heimliche Griffe / hernachmals durch allerhand liebkosende Reden / endlich durch
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offentliche und unziemliche Gewalt / meine Ehre / meine Treu / und was mir auf dieser Welt am liebsten ist / bestuͤ rmen duͤ rfte. Ach ist niemand der Rache sucht / Rache / Rache. Rodoman. Ich habe genug gehoͤret / gebt euch zu frieden / liebste Clarisse / keine Mar|ter sol so grausam seyn / die ich nit euch zu befriedigen uͤ ber den verzweiffelten Floretto ausschuͤ tten wil. Geht und sucht den Sclaven / und wann er da ist / so verschliesst ihn in das grausamste Gefaͤngniß / alsdann erwartet unsern weitern Befehl. Clarisse. Die Boßheit muß gestrafft werden.
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Rodoman. Gebt euch zu frieden / so lange Rodoman Rodoman ist / sol Clarissen Ehre unverletzt seyn. (gehen ab.) Pickelhering. Ist das nicht ein Schelme / daß er seinem eigenen Herrn in die Meelbirnen gehen will.
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Ephialtes. Ich weiß vor Boßheit nicht / ob ich ein Maͤdgen oder ein Buͤ fgen bin. Pickelhering. Der Huren-Sohn hat uns neulich genug geplackt / wir wollen ihn wieder bezahlen. Ephialtes. Es hat sich wol bezahlt / wer ihn vor gefunden haͤtte. Pickelhering. Ums finden hats gute Wege. Vatter geht ihr dahin / ich wil dorthin gehen / wer ihn am ersten findt / der soll kommen / und sols dem andern sagen. Ephialtes. Nun es bleibt dabey / ich verlasse mich drauf.
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Pickelhering. Ja ja / auf mich kan sich einer wol verlassen. (gehen ab.) 〈O 3 r〉 Floretto.
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〈Floretto.〉 Wil jemand ein Schaaf sehen / welches sich dem reissenden Wolffe mitten aus den Zaͤhnen entrissen hat? Wil jemand eine Taube sehen / welche sich vor dem grimmigen Habicht verbergen muß? ach / der sehe den armen und verfolgten Floretto an; Hier steht die Wand / auf welche alle Ungluͤcks-pfeile zufliegen / hier ist das gebrechliche Ziel / welches die unzehlichen Schoͤsse aller Verfolgung auffangen soll. Ich bin ein elender Schilf / welcher sich vor dem hereinbrechenden Sturm-Winde buͤ cken muß / eine schwache Meyenblume / welche durch die vielfaͤltigen Regenguͤ sse beschweret und zur Erde gebeuget wird. Meine Stirne ist eine Tafel / daran ein Kur tzer Auszug alles Ungluͤ cks vorgebildet wird / und mein Hertz ist ein verwirrtes Nest / darinn eine Widerwaͤrtigkeit die andere ausbruͤ ten muß. (Pickelhering koͤ mmt.)
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Ach zu welcher Gefahr bin ich noch uͤ brig blieben?
Pickelhering. Lustig / der Vogel ist gefangen / harr du Courtisan ex professo / ich wil dich galanisiren lehren / es man- | gelt nur an meinem Vatter / der wird dir die Katzen-Messe singen. (geht ab.)
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Floretto. Mein Haupt ist als ein leeres Faß / daraus aller Rath und Trost mit einem Hauffen gestossen ist / ach wo sol ich mich hinwenden.
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(geht ab.) Ephialtes, Pickelhering. Ephialtes. Ist er da. Pickelhering. Da stehet er. Ephialtes. Fort doch / ich zittere gar vor Freuden / daß ich den ungehangenen Dieb einstecken sol.
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Pickelhering. Er laͤsst euch auch bitten / ihr solt geschwinde darzu thun / es verlangt ihn sehr nach einem solchen schoͤnen Quartier-Meister. Ephialtes. Nu wo ist er dann.
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Pickelhering. Hier hier. Ephialtes. Ich seh ihn nicht. Pickelhering. Ich sehn ihn auch nicht. Ephialtes. Du Dieb / du hast ihn gewiß lauffen lassen. Pickelhering. Er ist von sich selber weggelauffen. Ephialtes. Du unnuͤ tzer Bereheuter / geh dort hin / ich wil auf diese Seite gehen / und wer ihn findet / der sagts dem andern. 〈O 4 r〉 Pickelhering. Ihr werdet die jungen Narren ausnehmen. (gehen ab.)
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Floretto.
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〈Floretto.〉 Ist dann der Himmel mit lauter Wolcken uͤ berzogen / und wil der froͤliche Schein einiges Trostes nicht durchdringen; ich weiß nicht / ob ich an meine ordentliche Verrichtungen gedencke / oder ob ich der boßhaftigen Clarisse aus den Augen gehe / wann ich hier bleibe / bin ich meines Lebens nicht sicher / wann ich entfliehe / stuͤ rtze ich mich in den aͤrgesten Verdacht (Ephialtes kommt)
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und darzu wo wil ich hinlauffen.
Ephialtes. Still / still / das Maͤußgen tantzt wieder auf den Baͤncken herum / wir wollens bald in der Falle haben. (gehet ab.)
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Floretto. Unter mir und neben mir / find ich wenig Labsal / mein Gluͤ cke muß von oben kommen. (gehet ab.) Ephialtes, Pickelhering. Ephialtes. Du unachtsames Pfingst-Kalb nun will ich dir weisen / wie man die Leute aussteubern soll.
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Pickelhering. Ja ja Vatter / ihr gebt einen guten Spuͤ rhund. | Ephialtes. Siehst du ihn dort gehen. Pickelhering. Ja ich sehn ihn / ihr meynt ja den Hund dort.
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Ephialtes. Du Schlauraffen-Gesichte / den Floretto meyn ich. Pickelhering. Ja ja / ich seh ihn auch. Ephialtes. Nun greiff zu. Pickelhering. Vatter / der Dieb hat sich unsichtbar gemacht / wer kein ehrlicher Kerle ist / der kan ihn nicht sehen.
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Ephialtes. Siehest du ihn dann. Pickelhering. Das verstehet sich / da geht er. Ephialtes. So fang ihn doch. Pickelhering. Nein der Herr Vatter geht vor. Ephialtes. Und wann ich mein Tage kein ehrlicher Kerle seyn solte / so sehe ich nichts.
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Floretto. Es ist beschlossen die Flucht ist besser als ein ungewisser Verzug. Pickelhering. Vatter / da ist das schoͤne Ebenbild / lasts ja nicht lauffen.
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Ephialtes. Wo hinaus Landsmann? Floretto. Dir soll ich gewiß Rechenschaft geben. Ephialtes. Das must du thun / und wann du nicht mit gutem wilst / so hab ich und mein Sohn ein Paar Pruͤ gel / die sollen bald mit deinem Scheddel Cameradschaft machen. 〈O 5 r〉
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Floretto. Vergreift euch nicht an mir / es soll euch nicht ungestraft hingehen. Pickelhering. Je mehr man mit den Leuten complimentirt / je mehr wollen sie geleckt seyn / seht Vatter / so machts. 5
(sie gehen auf ihn loß) Floretto. Was bedeutet dieser grausame Anfall / womit hab ich diesen Schimpf verschuldet? Pickelhering. Du Großsprecher / bist du nun in unser Gewalt / da da hast du den Zinse mit dem Capital wieder.
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Floretto. Verschonet meiner / oder es soll euch sauer ankommen. Pickelhering. Vatter der Kerle bild sich noch was ein. Ephialtes. Ins Loch / ins Loch / wann so ein junger Geelschnabel gern ins suͤ sse Loch kriechen will / muß man ihm ein ander Loch weisen / fort / fort.
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Floretto. Ich geh / und lasse die Unschuld meine Gefertin seyn. Pickelhering. Wo dir mit Geferten gedient ist / so will ich dir ein paar Ohrfeigen zustellen / die kanst du mit auf den Weg nehmen. (Clarisse kommt und sagt:)
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〈Clarisse.〉 Habt ihr das Ottergezuͤ chte noch nicht bezwungen / ich halt es geht euch ab | wie Pech vom Ermel / reist ihn fort / die Sonne erblast noch / wie sie einen solchen Unmenschen laͤnger bescheinen soll.
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Floretto. Bedenckt doch – – – Clarisse. Last ihr den Ertz-Vogel noch reden / halt ihm das Maul zu / oder besetzt ihm den heillosen Rachen mit tausend Maulschellen / schafft ihn fort / und wo ihr auf der geringsten Unachtsamkeit betroffen werdet / so soll der Galgen nach euch schnappen.
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Pickelhering. Ich wolte nicht unachtsam seyn / und wann ich mein Tag nicht hencken solte. Clarisse. Es steht euch beyden auch zu rathen. (geht ab.) Pickelhering. Nun Monsieur Floretto / der Herr spatziere. (sie gehen ab.)
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DIE VIERTE HANDLUNG. Der Schau-Platz verwandelt sich in Floretto Gefaͤ ngniß. Belise.
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〈Belise.〉 Ich bin lange genug verschwiegen gewesen / ich habe meinem heimlichen Anliegen Zeit genug gelassen. Meine Seele nun must du dem Munde et-〈O 6 r〉liche ungewoͤhnliche Worte zu gute halten: Floretto der Preiß von allen adelichen Tugenden / hat den Preiß meiner uͤ berwundenen Liebe / seine stattliche Ankunfft hat die wenigste Achtbarkeit bey mir vermehret / seine Großmuͤ thigkeit / sein unbeflecktes Leben / und seine uͤ berauszierliche Gestalt / haben mich erstlich in ein blosses Gefallen / hernachmals in die heftigste Leidensregung gebracht / daß ich mein Leben ohne ihn kein Leben heissen muß. Aber wo ist mein werthester Floretto / hat ihn nit die unverantwortliche Falschheit der geilen Ehbrecherin zu dem beschwerlichsten Gefaͤngniß verdammet / muß sich der zarte Leib nicht in die Eisen schicken / und muß die Unschuld nit uͤ ber sich triumphiren lassen. Ungerechte Muhme / was hat Floretto verschuldet / und wofern er einiger Missethat schuldig befunden wird / was habe dann ich gethan / daß ich mit ihm gestrafft werde / weist du nicht / daß meine Seele in seinem Leibe wohnet / und daß ich alles Schmertzens durch ihn theilhafftig werde / halte deine Grausamkeit zuruͤ cke und befoͤrdere zum wenigsten durch seine Quaal meinen | Tod nicht. Hier ist der Schauplatz aller verfluchten Ungerechtigkeit / hier ist der Schatten aller rachgierigen Falschheit. Sol dieses edle Licht diese Drachen-Hoͤle erleuchten / soll der unschaͤtzbare Schatz in dieser Mordgrube seinen Werth verbergen / und soll die arme Belise ihren Trost in dieser furchtsamen Einoͤde suchen. Ach freylich / muß ich ihn hier suchen: Floretto?
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Floretto. Ach ist noch ein Mensch uͤ brig / der meinen Nahmen gedencken kan? Belise. So lange als Belise lebt / kan Floretto nicht vergessen seyn. Floretto. Ach Belise nun ist mein Ungluͤ ck vollkommen.
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Belise. Wann der Mond am dunckelsten wird / muß er wieder zunehmen. Floretto. O ich armer Erdwurm. Belise. Ich kenne viel Wuͤ rme die gegen den Fruͤ ling fliegen lernen. Floretto. O ich elendes Kind der Finsterniß.
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Belise. Die Voͤlcker / so die laͤngste Nacht haben / koͤnnen sich auch des laͤngsten Tages getroͤsten. Floretto. Ich bin lebendig begraben. Belise. Das Gold verleuret in der Grube die Kostbarkeit nicht. | Floretto. Ich bin schon tod. Belise. Der Phœnix findet sein Leben auch in der Asche wieder. Floretto. Mein Gefaͤngniß ist allzu schaͤndlich. Belise. Desto herrlicher wird die Erloͤsung seyn. Floretto. Liebste Belise sollt ihr Graff Heinrichen hier suchen?
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Belise. Setzt doch dieses auch hinzu / daß ich meinen Liebsten / und meine Seele hier suchen muß.
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Floretto. Belise kan ohn den verdammten Floretto doch vergnuͤ gt werden. Aber Floretto sieht seine Freude und seine verlangte Belise zum letzten mahl. Belise. Die Sterne gehen unter / und kommen wieder / und die Tugend / wann sie versteckt ist / kann nicht ewig verborgen bleiben.
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Floretto. Ich wolte mich wol troͤsten / ich bin auch in meinem Gewissen freudig genug / aber in dem ich sehe / daß ich die Hofnung eurer Besitzung verlassen muß / ach so will mir das Hertz zu Wachs werden. Belise. Verlast euch auf den guͤ tigen Himmel / eure Unschuld wird euch noch an das Licht bringen. |
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Floretto. Freylich muͤ ssen wir das beste hoffen / aber auf allem Fall / liebste Belise, gute Nacht. Belise. Floretto gebet euch zu Frieden.
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Floretto. Ich wils thun / doch wo ich sterbe / so denckt / wer ich gewesen bin / wie mich das Gluͤ cke / als einen leichten Ball / zu lauter Ungluͤ cks-Spielen herumgeworffen hat / und hiermit zu tausend guter Nacht. Belise. Wo Floretto stirbt / kann Belise nicht leben bleiben / doch es kan noch viel versucht werden.
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Floretto. Alsdann soll unsre Zusammenkunfft desto froͤlicher seyn; doch itzo kan ich nichts thun / als daß ich betruͤ bten Abschied nehme. Allerliebste Belise lebet wol / und wo ich als
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ein unschuldiges Opfer vor der Clarissen Suͤ nde buͤ ssen muß / so last mich doch den Trost mit in das Grabe nehmen / daß ich von der jenigen beklaget werde / die in Besitzung meines Hertzens die erste und die letzte gewesen ist / lasset euch mein keusches und heiliges Feuer auch in der Asche gefallen / damit ich durch das selige Andencken eures hertzlichen Mitleidens meine Seele in der abscheulichen Todes-Noth besaͤnftige. Nun | wir sehen einander schwerlich wieder / drum sey auch dieses die letzte gute Nacht. (Belise weinet.)
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(Pickelhering kommt.) 〈Pickelhering.〉 Ich halte der Hencker schlaͤgt sich gar mit meinem Vatter / da geh ich nur und will ein Zaͤhrgen Brandewein aufs Hertze nehmen / so fuͤ hrt ihn das Ungluͤ ck auch weg / ich halte / er meynt / es sind Narrenpossen / als wann man den Bauren die Schotten huͤ tet / Vatter / Vatter / Vatter / wo steckt ihr.
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Ephialtes. Nun schrey doch fein laut / man weiß sonst nicht / daß du da bist. Pickelhering. Es ist auch wahr / wann jemand unterdessen den armen Suͤ nder gestolen haͤtte.
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Ephialtes. Er ist uns gewiß genug / er dient weder zu sieden noch zu braten / wer wolt ihn stelen. Pickelhering. Vatter / ich weiß wol / worzu er dient / sehet ihr nicht den jungen Haͤscher da. Ephialtes. Ja lerne du mich Haͤscher kennen / es ist unsre Jungfer.
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Pickelhering. Es mag unsre Jungfer oder ihre Mutter seyn / wer in unser Gehaͤge | faͤllt / der hats zu verantworten. Hoͤrt junges Mensch / wie lang ists / daß ihr ein Haͤscher seyd. Belise. Sieh da / Grobian / redtst du auch mit vornehmen Leuten. 5
Pickelhering. Wann ich an euer Stelle waͤr / ich wuͤ rffe mit losen Worten um mich. Belise. Geh du Bauer / und schuͤ tte die Unhoͤflichkeit bey deines Gleichen aus. Pickelhering. Jungfer sind dieß die Titel alle.
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Belise. Haben dann alle Drescher Feyer-Abend gemacht / daß mir der Flegel hier im Wege liegt. Pickelhering. Jungfer ihr meynt ja mich? Belise. Laß mich gehen du Unflat.
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Pickelhering. Jungfer / nun kommt das Reden auch an mich / was habt ihr vor Igel zu buͤrsten / daß ihr in unser vier Pfaͤle kommt / stehts einem ehrlichen Maͤdgen zu / daß sie im Haͤscher-Loche alle Winckel auskreucht. Belise. Ich sehe wol / hier ist nichts zu erhalten / ich muß gehen.
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Pickelhering. Ey Jungfer wart doch / biß ihr gehet / die Knechte haͤtten gern ein Trinck-Geld. Belise. Pech und Schwefel dir auf deinen Kopf / du ungeschliffener Holluncke.
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Ephialtes. Nun Pickelhering / laß sie ein mahl | gehen / du siehest ja / daß es unser Jungfer ist. Pickelhering. Jungfer nur ein Schmaͤtzgen. Belise. Ach geh und stecke den Sau-Ruͤ ssel in ein Kuͤ h-Fenster. Pickelhering. Last mir doch ein kleines Pfand zuruͤ cke.
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Belise. Thorwaͤrter helfft mir doch von dem Ungethuͤ m. Ephialtes. Geht Jungfer / geht / (sie geht ab) du machsts gar recht mit ihr / die jungen Spritzen muͤ ssen auch allen Quarck beschnopern. Pickelhering. Hat sie ein Hertz in ihrem Leibe / so komm sie noch ein mahl. Aber das Ding hat mein Schelm traun soll mich was zu bedeuten / wo wir nicht fleissig wachen / so betreugt uns das junge Raben-Aaß mit sehenden Augen. Ephialtes. Weiber-List hat kein Ende / es ist fuͤrwar kein Kinder- Spiel; aber wie greiffen wir die Sache recht an.
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Pickelhering. Sehet Vatter / wir beyde wollen alle vier Ecken einnehmen / trettet dorthin / trettet gegenuͤ ber auch / auf beyden Ecken zugleich. Ephialtes. Tritt du erstlich / ich will dir nachtretten. Pickelhering. Ich wolts wol machen / ihr koͤnnt | mirs doch nicht nachthun / bleibt nur da stehen / ich will euch die Zeit mit einem lustigen Liedgen vertreiben. Ephialtes. Nun laß doch hoͤren.
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Pickelhering singt.
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1. Wer sich will entfernen Weit von aller Noth und Pein / Muß mein Handwerck lernen Und mit mir ein Haͤscher seyn / Dieses ist ein koͤstlich Leben Voller Herrlichkeit / Und die sich darein begeben Hats noch nie gereut. 2. Giebt es viel zu lauffen / Nun so giebt es auch dafuͤ r Wiederum zu sauffen Manches liebes Kaͤnngen Bier. Und wo lang es in der Woche Was zu naschen setzt / Warten wir im Haͤscher-Loche Selten auf die letzt. 3. Andre Leute muͤ ssen Sehn wo ihr Geburts-Brief sey / Doch wir Haͤscher wissen / Nichts von dieser Quackeley Vierzehn Vaͤtter keinen rechten Geht bey uns schon an Wer nur sonsten wacker fechten Und sein Handwerck kan. | 4. Wann die albern Bauren / In die Stadt zu Marckte gehn / Warten wir und lauren / Ob sie auch den Zoll verstehn / Alles ist in unsern Haͤnden / Ochsen / Kuh und Kalb / Und da geht es an ein pfaͤnden / Alles zweymahl halb.
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5. Manche Leute schencken / Auf dem Dorfe fremdes Bier / Und eh sie es dencken / Stellen wir uns an die Thuͤ r / Und da schleppen wir die Faͤsser In die Stadt hinein / Weil sie unserm Magen besser / Als den Bauren seyn. 6. Wo wir was erfahren / Huren oder Maͤgde-Pack / Ziehn wir sie zu paaren / Saͤuberlich in unsern Sack / Und indem wir sie verhindern / Daß kein ander kan / Dreßeln wir den kleinen Kindern / Noch die Ohren an. 7. Wil ein ander preisen / Seine grosse Ritter-That / Sind wir Stahl und Eisen / Und gesegnen ihm das Bad / | Und wo er sich noch erzuͤ rnen Und braviren wil / Wuͤ rtzen wir ihm unsre Birnen Mit dem Flegel-Stiel. 8. Nun die andern moͤgen / Sich nach ihrer guten Lust / Auf was bessers legen / Mir ist gleichwol dieß bewust / Daß ein Haͤscher vor neun Zeugen / Bey dem Richter gilt / Drum so weiß ich ihm die Feigen / Der uns Schelmen schilt.
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Pickelhering. Vatter / gelt das ließ sich hoͤren. Ephialtes. Mein lieber Sohn / wo hast du den schoͤnen Lobgesang herkriegt. Pickelhering. Ich hab ihn gedruckt. 5
Ephialtes. Weist du nicht / wer ihn gemacht hat. Pickelhering. Es muß ein guter Kerle gewest seyn / ich kaufte mir vergangen ein halb Pfund Hollaͤndischen Kaͤse / da war er nein gewickelt.
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Ephialtes. Das ist noch groß Gluͤ cke / daß die lieben Verse wieder an ihren Mann kommen sind. Pickelhering. Bey mir verdirbt nichts / ich bin ein gewaltiger Liebhaber davon. Ephialtes. Ich lobe dich drum / aber singe doch noch eins. |
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Pickelhering. Ich wil ihr wol hundert zu gleiche singen. (er hustet und intonirt lange.) (Justinian und Amyntas kommen.) Ephialtes. Aufschub / Aufschub / wer kommt da?
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Pickelhering. Vatter / nehmt geschwind den Bart ins Maul / die Picke auf den Nacken / still / still / wer das erste Wort redt / sol sechs Kannen Bier und einen Karpen Straffe geben. Amyntas. Hilff Gott / was vor ein elendes Schauspiel habet ihr an eurem Koͤnige erlebt.
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Justinian. Mein Freund / wer in unserm Lande bekandt ist / dem kommen dergleichen Zufaͤlle nicht seltzsam vor. Amyntas. Was hoͤr ich / ist es moͤglich / daß dergleichen abscheuliche Gebrechen in eine Gewohnheit gerathen. Justinian. Es ist kein Ort in der Welt / der nicht seine eigene Plage habe / wir sind mit dieser behafftet.
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Amyntas. Aber kan ich nicht erfahren / worinn die Hauptursach bestehet. Justinian. Es ist eine gewisse Art von Ungeziefer / welches etliche Spinnen / etliche von ihrer Geburts-Stadt / so zu reden / Taran tulen nennen / diese haben so ein durchdringendes subtiles | Gift bey sich / daß so fern ein Mensch von ihnen verletzet wird / keine Artzney kraͤftig genug ist / dergleichen schaͤndliche und erbaͤrmliche Wirckungen abzuhalten. Amyntas. So ist der Koͤnig auch von einer solchen kleinen Bestie uͤ berwunden worden.
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Justinian. Der Ausgang bezeugts / wiewol mir auch durch einen Knaben eben dessen berichtet sind. Amyntas. Dieß solte mich aber in Ewigkeit wunder nehmen / daß in einer gemeinen Kranckheit kein Huͤ lfs-Mittel sollte vorhanden seyn.
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Justinian. Es sind Mittel genug da; mehrentheils werden die Pa tienten durch die Music zu rechte gebracht. Amyntas. Eine neue Art von Cliestiren, so man durch die Ohren anbringt.
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Justinian. Es scheinet laͤcherlich / doch haͤlt es seine Proben. Amyntas. Ich gesteh es gerne / daß ich hierinnen zu einfaͤltig bin.
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Justinian. Kuͤ rtzlich von der Sache zu reden / die Music wircke so viel / daß die Patienten aus ihrer faulen Mattigkeit sich in einen heftigen Tantz einlassen / dadurch die Glieder erwaͤrmet / die | Schweißloͤcher geoͤffnet / und das ausgebreitete Gift an allen Orten abgefuͤ hret wird. Amyntas. Ich wolte dieß in seinen Wuͤ rden lassen / wann ich sehen solte / daß dergleichen Cur dem Koͤnige was nutze.
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Justinian. Ihr fragt nit unrecht / doch muͤ st ihr gedencken / daß ein grosser Unterschied ist / so wol unter dem Gift der Spinne / als unter der Complexion der Menschen / derhalben wird auch ein unterschiedlicher Handgriff im Musiciren erfordert. Amyntas. Haben dann alle Musicanten den Handgriff verlernet.
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Justinian. Es ist ein seltzsam Wildpret um einen Musicanten / der alle und jede Affecten in seiner Gewalt hat. Amyntas. Sol aber der Koͤnig also verderben?
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Justinian. Meine Schwester hat mich berichtet / als solte sich einer von des Ober-Hof-Marschalks Knechten im Gefaͤngniß befinden / welcher den Ruhm in der Music vor andern gehabt / dieser kan vielleicht unser Gluͤ cke wieder gesund machen. Amyntas. Warum verziehen wir / wann wir Rath wissen? Justinian. Ich komme gleich von dem Rodo- | man, aber da ich ihn ansprechen will / ist er nicht zugegen.
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Amyntas. Wo man vor des Koͤniges Wolfahrt sorgt / laͤst sich alle Gewaltthaͤtigkeit entschuldigen / sind wir nicht starck genug den Gefangenen loß zu machen. Justinian. Die Noth muß zur Tugend werden / sehet / sehet / dort steht die Wache.
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Amyntas. Wer wolte sich vor diese elenden Creaturen entsetzen / folgt mir nach / Justinian. Gluͤ ck zu / Gluͤ ck zu ihr Pursche. (Pickelhering weist auf den Vatter / der Vatter auf P ickel〈hering〉. Keiner will antworten.) Justinian. Ich halte die Zunge ist euch nicht geloͤst (entbloͤ st den Degen) / ich werde muͤ ssen ein Wurmschneider werden.
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Pickelhering. Vatter thut doch das Maul auf. Ephialtes. Ha ha / Straffe / Straffe. Pickelhering. Vatter antwortet ihr den Leuten / es hat sich wol gestraft.
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Amyntas. An deiner Antwort ist uns nichts gelegen / wo sind die Schluͤ ssel zum Gefaͤngniß. 〈P r〉 Pickelhering. Habt ihr etwan eure Schluͤ ssel verlohren / und wollt euch nach unsern andere machen lassen. Amyntas. Sieh da Fantaste / wer laͤst fragen. Pickelhering. Ich dachte / eine Frage stuͤ nde frey. Amyntas. (entbloͤ st den Degen) Mache mir nicht viel Federlesens / die Schluͤ ssel wil ich haben.
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Pickelhering. Wollt ihr euch fuͤ r mich hencken lassen. Amyntas. Gib mir die Schluͤ ssel / du solst hencken. Pickelhering. Da Vatter / gebt ihr sie. Ephialtes. Nein gib du sie. (sie werffen die Schluͤ ssel einander zu.) 5
Justinian. (nimmt die Schluͤ ssel) Auf die Masse solten wir den Tag zubringen / der Koͤnig ists / dem wir hierinnen dienen. (Amyntas und Justinian gehen ab.) Pickelhering. Vatter sind sie weg. Ephialtes. Du magst deinen Hals mit Baumoͤl einschmieren.
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Pickelhering. Wo ich hencken muß / so werden die Todmacher gewiß aufs Rad gelegt. (Justinian und Amyntas bringen den Floretto.) Justinian. Lasst euch nichts anfechten / wir sind | maͤchtig genug euch zu beschuͤ tzen.
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Floretto. Ich wil gerne folgen / dann es kan mir nicht aͤrger gehen / als ich bißhero gelebt habe. Amyntas. Zweifelt an der guten Belohnung nicht / ihr werdet euch den Koͤnig selbst / und nebenst ihm das gantze Land verbunden machen.
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Floretto. Dem Himmel wil ich dancken / wo er meinen Seiten einige Empfindligkeit einfloͤsen wil.
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(Sie gehn ab.) Pickelhering. Vatter / es ist kein ander Mittel da / ihr muͤ st hencken. Ephialtes. Die Reih koͤmmt erst an dich / warum wehrst du dich nicht.
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Pickelhering. Ich werde gleich dem Vatter vorgreiffen. Ephialtes. Ich halte / es gehet einem wie dem andern. Pickelhering. O Vatter / wann ich doch meinen Hals verstecken koͤnte / ich bin gar zu kuͤ tzlich drum / ich kans fuͤ rwar nicht leiden.
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Ephialtes. Muß / ist ein boͤß Kraut. Pickelhering. O wie weh wirds thun / O wie weh wirds thun / O wann ich mich doch in eine Mauß verwandeln koͤnte / wie wolte ich in das erste Maͤuse-Loch kriechen / Vatter ihr seyd wol wunder-〈P 2 r〉lich / daß ihr mir nicht zwey Haͤlse gemacht habt / wann einer vor die Hunde gienge / so haͤtte ich ja den andern zum besten.
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Ephialtes. Wer dir zehn Haͤnde gemacht haͤtte / daß du dich wehren koͤnnest. Pickelhering. O Venus, O Juno, ihr Goͤtter des Haͤscherloches / O Mars, O Vulcanus, ihr Goͤttinnen der Oepfel-Kammer / O Cupido, du Patron aller finsterer Laternen / O Sonne / Mond und Sterne / O Luft / Feuer / Wasser / O Blitz / Donner und Hagel.
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(Der Koͤ nig koͤ mmt / stellt sich ungeberdig / hat einen blossen Degen in der Hand / und geht bald auf Pickelheringen / bald auf den Ephialtes loß / sie agiren possirlich miteinander / endlich lauffen die beyde darvon und lassen den Koͤ nig allein.) 5
Justinian, Amyntas, Floretto.
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Justinian. Nun Floretto / nun ists Zeit / jetzt koͤnt ihr eine Probe ablegen / welche das gantze Koͤnigreich mit hoͤchster Danckbarkeit erkennen sol. Sucht alle Lieblichkeit zusammen / und lasset des Koͤ- | nigs Gesundheit den Mittel-punct / euer suͤ ssen Erfindung seyn. Amyntas. Ich erwarte mit hoͤchstem Verlangen / wie die Sache hinaus lauffen wird.
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Floretto. Der heilsame Klang bestehet nicht in meiner Kunst / Gott muß meine Haͤnde leiten / zu dessen gnaͤdigster Regierung ich mich allerseits befehle. (Floretto spielet auf / der Koͤ nig faͤ ngt bald darauf an zuspringen / und nachdem er genug getantzt / faͤ llt er vor tod auf die Erde.) Amyntas. O Himmel / der Koͤnig stirbt / ist dieß die schoͤne Cur. Justinian. Mein Freund / urtheilet nicht vor der Zeit.
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Floretto. Es ist vonnoͤthen / daß er unverzuͤ glich zu Bette gebracht werde. (Der Koͤ nig wird von den Dienern in das Bette gelegt.) Justinian. Liebster Floretto / welche Gnade wird maͤchtig genug seyn / eure Dienste zu belohnen.
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Floretto. Die blosse Erkaͤntnuͤ ß meiner dienstbaren Willfaͤhrigkeit / sol mich vergnuͤ gen. Justinian. Nein Floretto / ihr habt viel Leute 〈P 3 r〉 erfreuet / euer Lohn sol auch in vielen Stuͤ cken bestehen. Floretto. Wofern ich so wuͤ rdig bin / etwas zu begehren / wil ich mit meiner Freyheit vorlieb nehmen.
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Justinian. Die Freyheit sol die wenigste Vergeltung seyn. Floretto. Ein armer Sclave kan nicht mehr begehren. Justinian. Ein Koͤnig kan aber mehr schencken. Amyntas sol ich bittselig seyn / so goͤnn er mir die Ehre und begleite mich biß in mein Losament / vielleicht giebt uns des Floretto Gegenwart / mehr Anlaß von dieser musicalischen Cur zu reden. Amyntas. Ich thu es nicht gerne meinem Herrn beschwerlich zu seyn / doch in dergleichen Faͤllen bin ich lieber unhoͤflich als ungehorsam.
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Justinian. Keins von beyden. (Sie complementiren und gehn ab.) Ephialtes, Pickelhering. Pickelhering. O Vatter / wer sich nur solte zu tode sauffen / daß man der Marter loß kaͤme. Ephialtes. Du lieber Sohn / du hast ja sonst | einen anschlaͤgischen Kopf / ist dann kein Rath mehr da.
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Pickelhering. Mein Rathhaus ist eingefallen / ich wuͤ ste itzt keinem Jungen ein Schnipgen abzugewinnen / geschweige / daß ich solte solche Reichshaͤndel vornehmen. Ephialtes. Pickelhering auf die Seite / die Frau ist da. 5
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(Clarisse 〈kommt〉) 〈Clarisse.〉 Ich bin in meinen rachgierigen Gedancken noch nicht eins / und wann ich mir die grausamste Marter vor Augen stelle / scheint es doch / als wann sie meinem Gemuͤ the kaum die Helfte koͤnne genug thun. Floretto muß zwar gewiß sterben / aber durch welche Thuͤ re seine vermaledeyte Seele den Ausgang finden wird / das steht noch bey meiner Erfindung. Itzt wolt ich gleichsam als zum Vorgericht sehen / wie sich der eigensinnige Ertztoͤlpel unter den Geiseln verhalten wird / das sey ihm geschworen / so lang als ein weiß Plaͤtzgen an seinem Leibe seyn wird / sollen die Sclaven nicht aufhoͤren / eine Sarabande nach der andern aufzuspielen? Hola / was steht ihr da / heist dieß gewacht. 〈P 4 r〉 Pickelhering. Wann der Vogel aus dem Gebauer ist / so hats mit der Wache gute Wege.
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Clarisse. Was sagst du? Pickelhering. Floretto ist weg. Clarisse. Schlaff ich oder wach ich / wer ist weg? Pickelhering. Euer Spaßgalan / der euch liebet / wuͤ st ihr doch wol.
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Clarisse. Bekenne du Hund / wer ist weg.
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Pickelhering. Je Floretto ist weg / da kamen Kerlen mit blossen Degen / und fochtelten vor unsern Augen herum / da dacht ich / ob ich gehenckt oder erstochen werde / es ist mir eins so lieb als das ander / drum gaben wir ihnen die Schluͤ ssel mit guten / sie haͤttens doch sonst mit Leibs und Lebens-Gefahr genommen. Wo sie aber mit dem Schelmen hingelauffen sind / kan ich nicht wissen / ich hatte gleich die Wache / und konte nit abkommen / sonst haͤtte ich ihm nachgesehen. Clarisse. Ist keine Furie in der Hoͤlle / die Zeit hat / ist kein Blitz und Donner im Himmel / der herab fahren kan / ist kein Drache und Basilisce / der mir zu Huͤ lffe kommen wil / ich zerberste vor Grimm. |
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(sie faͤ llt Pickelhering an / und schlaͤ gt ihn.)
Du unnuͤ tzer Floh du stinckigte Wantze / so / so wil ich dir den Kopf einknicken / so wil ich dir ein Haar nach dem andern ausrauffen / in Schwefel und Pech solst du gesotten werden / das Fell wil ich dir lassen uͤ ber die Ohren ziehen / mit vier Pferden wil ich dich zerreissen lassen.
Pickelhering. Ach Frau / es waͤr an der Helffte genug / ich bin fuͤ rwar unschuldig. Mein Vatter. – – – – Clarisse. Dein Vater / wo ist der Schelm / (sie faͤ llt uͤ ber den Ephialtes) du verschimmelter Katzen-Kopf / heist das gewacht / zu Pulver wil ich dich verbrennen lassen / sie sollen dich bey den Beinen aufhencken / wie einen Juden / ich wil dich biß an den Hals in die Erde graben / und wil nach deinem Kopfe der Kegel schieben. Ephialtes. O Barmhertzigkeit / Barmhertzigkeit / O / mein Sohn Pickelhering.
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Clarisse. Dein Sohn / (sie faͤ llt uͤ ber Pick〈elheringen〉) ich wil dich zerzerren / die Sonne soll durch dich scheinen / ich wil dich in eine Lampe setzen / und wil dich zu Tacht 〈P 5 r〉 verbrennen / O / wer leiht mir Naͤgel genug / daß ich dem Schelm das Gesicht zerkratzen kan. Pickelhering. Ich wil euch gerne meine Naͤgel leihen / kratzt nur meinen Vater.
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Clarisse. Dein Vatter / (sie faͤ llt uͤ ber den Eph〈ialtes〉) die Augen wil ich dir ausgraben / und wil dir heiß Bley in die Gruben schuͤ tten / die Ohren wil ich dir abschneiden und wil sie vor die Hunde werffen / (sie laͤ st ihn gehn) O du Bestie / O ich kan nicht mehr / Dromo, Dromo, wo bist du? Dromo. Ihr Gn. was haben sie zu befehlen?
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Clarisse. Ich wolte noch lange fragen / siehst du nicht das Rabengeschmeisse / fuͤ hre mirs in das tiefste Loch / das zu finden ist / und wo keine Schlangen und Kroͤten drinnen sind / so sieh / daß du anderweit Compagnie schaffst. Verrichte meinen Befehl / so lieb als dir dein Leben ist. (geht ab.)
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Dromo. Ich muß die Arbeit theilen / Pickelhering bleib du unterdessen hier / (er bindt ihn an) wann ich mit deinem Vatter fertig bin / sol deiner auch gedacht werden / fort Alter. | (fuͤ hrt den Ephialtes weg.)
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Pickelhering. Wer wil einen Hasen sehen / dem das Fell biß an den Kopf abgestreiffelt ist / wer wil eine wilde Sau sehen / die das Weidemesser noch im Leibe stecken hat / ach der sehe den armen und gemarterten Pickelhering an. Mein Kopf ist wie ein
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duͤ rrer Kuͤ hfladen / darinnen kein Goldkaͤfer einiges Trostes Herberge hat / mein Poetenkasten ist wie ein Ameißhauffen / dem die Eyer gestolen sind / und meine Invention-Kammer / ist wie ein Kirmes-Kuchen / da die Rosinen abgeklaubt seyn. Ach die Brandtewein Flasche meiner Weißheit hat ein Loch bekommen / und das Zerbster Bier meiner Erfahrenheit ist sauer worden. Die Citronen meiner Froͤligkeit haben sich in Tann zapfen verwandelt / und die Pomerantzen meiner Zuversicht sind zu Pferd-Oepfeln worden. O / es ist um mich und um alle Haͤscher geschehen / O haͤtte ich mich erstechen lassen / so duͤ rffte ich jetzt nicht Hengelbeeren fressen / O / wer jetzt ein Kind im Leibe haͤtte / so muͤ sten sie mich zum wenigsten die Sechswochen aushalten lassen. O wann doch allen Scharfrichtern und Schinder-〈P 6 r〉knechten die Haͤnde verkrummten / daß mich keiner anknuͤ pfen koͤnte. O wann doch alle Holtz wuͤ rme nichts anders fressen wolten / als Galgen-Holtz. O Tod / O Tod / wie bist du so bitter.
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(Melane 〈kommt〉) 〈Melane.〉 Was hoͤr ich / hoͤr ich nicht meinen Liebsten Pickel hering / ach Pickelhering / lebst du noch.
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Pickelhering. Bin ich nicht genug geplagt / wollt ihr mir auch vollends den Kopf warm machen. Melane. Mein Tausend-Schatz verstehet mich doch recht / ich bringe gute Zeitung. Pickelhering. Was ist mir mit euer guten Zeitung gedienet O – – – Melane. Ihr sollt loß kommen / schweigt nur stille. Pickelhering. Sol ich loß kommen.
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Melane. Freylich freylich / ich wil euch loß bitten. Pickelhering. Was wird aber draus / wann ihr mich loß bittet. Melane. Ihr muͤ st mich nehmen.
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Pickelhering. O Meister Hans / knuͤ pf auf / knuͤ pf auf / ich mag mich nicht loß bitten lassen. Melane. Es ist ja besser / daß dir eine Frau | das Bette waͤrmt / als wann du am Galgen erfrieren solst. Pickelhering. Meister Hans knuͤ pf auf / knuͤ pf auf / es traͤffe mir ein / dem Galgen entlieff ich / und kaͤme ins Fegefeuer.
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Melane. Ihr macht euch wunderliche Einbildung. Pickelhering. Last mich zu frieden / und macht mir das Leben nicht sauer / ich hab ohn dieß wenig zum besten. (Dromo 〈kommt〉) 〈Dromo.〉 Nu Monsieur Pickelhering / das Losament ist bestellt.
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Pickelhering. (leget sich nieder) Ich bin tod. Dromo. Das Sterben sol zeitlich genug an dich kommen / fort / oder mein Stecken macht mit deinem Buckel Bruͤ derschaft. Pickelhering. Ich bin tod. Dromo. So bin ich lebendig. (er schleppt ihn fort.)
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Melane. Du freundliches Zuckerbildgen / nun seh ich dich nit mehr / O was thu ich mir vor ein Leid an. (geht ab.) |
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DIE FUͤNFTE HANDLUNG. Amyntas, Gaston. Amyntas. So lebt der Koͤnig. Gaston. Er lebt und ist wol auf. Amyntas. Und ist von allen verwirrten Gedancken befreyet.
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Gaston. Er ist nicht allein bey vollkommenem Verstande / sondern er nimmt allbereit des Reiches Angelegenheit wieder in acht. Amyntas. Ich / als ein Auslaͤnder / kan mich nicht gnugsam daruͤ ber verwundern. Gaston. Ich / als ein Einheimischer / kan mich nicht gnugsam druͤ ber erfreuen.
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Amyntas. Diese Wuͤrckung haͤtt ich in dem schwachen Saiten- Spiele nicht gesucht. Gaston. Floretto ist uns auch als ein Engel vom Himmel unverhofter Weise zugeschickt worden.
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Amyntas. Man siehet hieraus / wie das Verhaͤngniß selber vor der Koͤnige Wolstand Sorge traͤget. Gaston. Unser Koͤnigreich erkennet die Gnade am besten. Amyntas. Ist aber Floretto mit einiger | danckbaren Mildigkeit angesehen worden. Gaston. Ich weiß nicht / ob ich meinen Augen und Ohren trauen sol / er gibt sich vor des tapfren Ludwigs aus Sachsen Sohn
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aus / kein Knechtischer Habit hat sich in Fuͤ rstlichen Schmuck verwandelt / und welcher sich Floretto nennen ließ / wird itzt von allen Grossen als Graff Heinrich beehret. Amyntas. Also hat die Music noch eine Wuͤ rckung gehabt. 5
Gaston. Die Vernunftlosen macht sie verstaͤndig / und die Knechte macht sie zu Grafen. Amyntas. Die rechte Warheit zu bekennen / ich habe an dem Floretto nichts gemercket / das sich zu der Knechtischen Niedrigkeit als von Natur gereimet haͤtte.
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Gaston. Seine Tugenden sind unvergleichlich / und seine Verdienste verdoppeln unsre allgemeine Zuneigung. Amyntas. Es soll mich nicht gereuen / daß ich den jenigen in Knechts-Gestalt erkennet habe / welchen ich kuͤ nftig / als meinen vornehmsten Freund lieben will. |
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Gaston. Wer wolte auch so einer Person nicht zugethan seyn. Amyntas. Ich halte dafuͤ r / es muͤ ste einer der Tugend selbst Kampf anbieten / wann er diesen vollkommenen Auszug aller treflichen Qualitaͤten verachten wolte.
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Gaston. Welchen der Koͤnig seiner Liebe wuͤ rdig schaͤtzt / darf kein Unterthan hassen. Amyntas. Ich erwarte sein erwuͤ nschtes Anschauen mit heftigem Verlangen.
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Carl der Koͤnig / Floretto, Justinian, Amyntas, Gaston. Carl. So hat der Koͤnig im Himmel unser Koͤnigreich auf Erden bestaͤtigt / und ist die unzeitige Freude aller Wiederwaͤrtigen zu Schimpff und Spotte worden. Ja freylich muß die herrliche Zeitung durch alle Welt ausgebreitet werden / daß Carl auf seinem Thron in fester und unverruͤ ckter Gluͤ ckseligkeit sitze / und daß er seinen Zepter allen Feinden zu Trotze durch das Neapolitanische Reich schimmern lasse. Allerliebster Floretto / verzeiht uns / daß wir euch bey diesem Nahmen nennen / welcher uns das Gedaͤchtniß | eurer Verdienste am besten erhalten kan. Allerliebster Floretto / euch haben wir unser Leben und unsre Wolfahrt zu dancken / ihr seyd der liebliche West / der unser gescheitertes Schiff von den gefaͤhrlichen Klippen abgefuͤ hret hat. Ihr seyd der unvergleichliche Kuͤ nstler / der allen Rost von unser Koͤniglichen Krone abgewischt hat. Mit einem Worte / daß wir Koͤnig sind / das habt ihr zu Wege bracht. Floretto. Großmaͤchtigster Koͤnig und Herr! das Ansehen E. M. ist freylich so groß / daß niemand deroselben etwas nahe kommen kan / der nicht zugleich das Opfer aller gehorsamsten Dienstleistung darstellen muß: Aber daß ich solte so gluͤ ckselig gewesen seyn / die geringste Gefaͤlligkeit aus eigenen Vermoͤgen abzustatten / darf ich mich nicht beruͤ hmen / aus Beysorge / der Himmel moͤchte mich eines unbillichen Raubes beschuldigen. Meine Faust hat dergleichen Wuͤ rckung nicht gehabt: Meine Saͤiten sind mit ihrer wolgestimten Vereinigung so maͤchtig nicht gewesen; Der Himmel der E. M. allezeit mit unzertrennter Gewogenheit angesehen hat / der | hat mich auch nicht anders als einen geringen Werckzeug gebrauchen wollen / und mein Gluͤ cke bestehet hierinne / daß ich dem guͤ tigen Verhaͤngniß gleichsam als vor einem Dolmetscher gedienet habe. Carl. Es ist an dem / derselbe der uͤ ber uns wohnet / und der alle Sachen durch seine allein weise Regirung wol auszufuͤ hren
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weiß / derselbe muß die Erstlinge unserer Danckbarkeit haben / wo wir uns der kuͤ nftigen Gluͤ ckseligkeit nicht unwuͤ rdig machen wollen. Doch duͤ rft ihr allen Ruhm nit ausschlagen. Zum wenigsten ehren wir euch / als einen himmlischen Werckzeug / und versehen uns durch euch zu kuͤ nftiger Ersprießlichkeit. Floretto. So tief als ich mich unter diese Loberhebung setze / so sehr will ich mich bemuͤ hen / E. M. zuerweisen / daß die teutsche Treu auch in fremden Grund und Boden bekleiben kann.
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Carl. Wir sind euer Treu versichert genug / nehmet nur zu Bekraͤftigung unserer gnaͤdigsten Erkaͤntniß diesen geringen Anfang einiger Belohnung / und empfanget diesen Stab / als | Stadthalter von Calabrien. Floretto. E. M. ist wie ein gesegneter Stern / der mit seinem heilsamen Einflusse auch die geringsten Klee-Blaͤtgen nit uner quicket laͤst. Carl. So lang als Carl Koͤnig ist / soll Graf Heinrich keinem Klee-Blate zuvergleichen seyn.
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Floretto. Derohalben E. M. zu gehorsamster Folge / nehm ich die aufgetragene Ehre in tiefster Demuth an / und verpfaͤnde bey derselben alles / was mein Leben und meine Ehre betreffen kan. Carl. Habt ihr noch was mehr zu fordern / so entdeckt nur euer Gemuͤ th / und seyd gewiß / daß wir euren Vortheil auch mit unserm Schaden befoͤrdern wollen. Floretto. Mein Hertze wird ohne dieß durch die vielfaͤltige Wol thaten gleich als durch einen heftigen Platz-Regen zur Erden gebeuget / doch E. M. unbegreifliche Gnade ferner zuversu-
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chen / so bitte ich / gegenwaͤrtigen Printz Justinian zu vermoͤgen / daß er in die Heyrath zwischen mir und seiner geliebten Fraͤulein Schwester willigen moͤge. Carl. Ihr habt beyderseits einander wol | verdient / doch Printz / eure Meynung wird hier von noͤthen seyn.
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Justinian. Großmaͤchtigster Koͤnig und Herr. Ich kan meine Schwester niemals besser versorgt wissen / als wann sie E. M. zur Belohnung / und Graf Heinrichen zur Vergnuͤ gung ausersehen wird. Carl. Gaston geht demnach und vermoͤget Belisen anherzukommen. (er geht) Und ihr Graf Heinrich sollt sehen / daß eure Ergetzlichkeit meine Wollust ist.
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(Gaston bringt Belisen) Belise. E. M. Befehl anzuhoͤren / erscheine ich allhier. Carl. Wertheste Belise, die getreuen Dienste / so euer Herr Vatter dieser Krone erwiesen / und die er folgender Zeit auf einen tapfren Sohn uns zum besten fortgepflantzet hat / zwingen uns heftig genug euer Aufnehmen zu befoͤrdern. Weil demnach unser Hof das Gluͤ cke hat den Kern von allen edlen Gemuͤ thern in diesem Tugendhaften Grafen zu besitzen / seyd ihr als ein schoͤnes Band ersehen worden / welches uns die Erhaltung eines so koͤstlichen Kleinodes gewiß und be- | staͤndig machen soll. Liebet Graf Heinrichen / dann wo ihr solches thut / folget ihr dem Befehl eures Koͤniges / ihr ehret den Rath eures Herrn Bruders / und absonderlich erfuͤ llet ihr das verlangende Begehren eures ungefaͤrbten Liebhabers. Belise. Ich bin ein schwaches Weibsbild / und die Richtschnur meines Lebens muß von den jenigen herkommen / welche ich
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an Vatterstatt zu ehren verbunden bin. Und dannenhero was von denselben nach eigener Beliebung vor gut befunden wird / kan und soll von mir nicht ausgeschlagen werden. Ich nehme das Gluͤ cke an / das vielleicht andere mehr begehret / auch wol besser verdienet haͤtten / und weil ich mein Vergnuͤ gen mit Worten nicht aussprechen kan / will ich meine Danckbarkeit mehr mit Stillschweigen / als mit einer unvollkommenen Wolredenheit an den Tag geben. Carl. (stehet auf und schlaͤ get ihre Haͤ nde zusammen.) So kommet naͤher zusammen ihr Perlen unsers Hofes / verbindet euch zu | einer ewigen Liebe / und wann ihr euer suͤ sses Gluͤ cke einnehmen werdet / so gedenckt an euren Koͤnig / welcher der Nachwelt zum besten euch die erfreulichste Fruchtbarkeit anwuͤ nschet. Dann ihr koͤnnt doch euren Verdienste hoͤher nicht bringen / als wann ihr eure Tugend in vielen Zweigen der gan tzen Welt werdet vorstellen. Justinian. Liebste Schwester / euch hab ich zu dancken / daß ich durch euch mit dem tapfersten Menschen von der Welt in genauere und bestaͤndige Verbuͤ ndniß tretten kan. Erkennet meine bruͤ derlich-gesinnte Zuneigung / und nechst Bestaͤtigung euer selbst eigenen Gluͤ ckseligkeit / lasset euch meine Freundschaft befohlen seyn / welche nirgend besser ruhen wird / als in dem jenigen / der mit dem hoͤchst-annehmlichen Schwager Nahmen mein Hertz und meine Liebe zu sich gerissen hat. Amyntas. Wofern ich mich in diese Freude mit einmischen darf / werd ich zufoͤrderst auf beyden Seiten umstaͤndig anhalten mir die geringste Stelle unter dero Freunden und Diener zuertheilen / nechst diesen aber der schoͤnen | Vermaͤhlung alles selbstbeliebten Wohlergehens anwuͤ nschen.
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Gaston. Ich darf nichts mehr darzu setzen / dann was Gott anordnet und der Koͤnig vollzeucht / muß wol seinen gluͤ cklichen Fortgang haben. Carl. Was uͤ brig ist / versparen wir auf das Beylager / welches durch unsere Vorsorge morgendes Tages diesen Hof erlustigen soll. Jetzund moͤgen die neuen Verliebten die verborgenen Hertzens- Freude / in ihrer Einsamkeit gegeneinander aus lassen.
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(sie gehen ab.) Floretto, Belise.
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Belise. Wie stehts mein Engel / soll ich euch nach unser Verknuͤ pfung sprachloß sehen. Floretto. Allerliebste Belise, es mangelt mir an uͤ berschweng licher Freude nicht / aber es mangelt mir an Worten / damit ich des Hertzens Zufriedenheit vorstellen soll.
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Belise. Ist es nicht genug / wann ich sage / ich bin eure liebste Belise. Floretto. Es ist freylich genug / doch also kan ich auch nicht mehr sprechen / als ich bin euer liebster Heinrich. | Belise. Warum nicht mein liebster Floretto, dann ich weiß nicht / weßwegen ich diesem Nahmen so guͤ nstig bin / darunter ich die erste Suͤ ssigkeit eurer Person erkennet habe.
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Floretto. So will ich euer liebster Floretto seyn. Belise. Ach verzeiht meinem Vorwitze / darff ich aber euch meinen liebsten Floretto heissen.
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Floretto. Gleich als wann mein Belieben nit in eurem Belieben stuͤ nde. Belise. Und ich erweise euch keinen Ungefallen daran.
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Floretto. Ich bin euer Diener / warum wollte ich nicht euer Floretto seyn. Belise. Ach nein mit dieser Auslegung mag ich keinen Floretto haben. Floretto. Liebste Belise, so macht die Auslegung selber.
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Belise. Ich will einen Floretto haben / der mein Liebster / mein Hertz / mein Eigenthum / mein alles in allen ist / und den ich meinen liebsten Floretto nennen kan. Floretto. Ich laß es gern geschehen / doch ihr habt den Floretto noch nicht deutlich genug beschrieben.
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Belise. Wer ins kuͤ nftige mein Liebster seyn | will / muß mein Versehen zu bessern wissen. Floretto. Ihr sollt sagen / Floretto empfinde eine Liebe / die mit nichts zuvergleichen ist. Belise. Meynt ihr daß Belise ihre Liebe wolle mit etwas vergleichen lassen.
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Floretto. Daß weiß ich nicht / ich muß das beste hoffen. Belise. Ihr muͤ st mir in eurer Hofnung mit gutem Exempel vorgehen.
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Floretto. Nicht allein in der Hofnung / sondern vielmehr in der That / seht liebste Belise. (er kuͤ st sie) Belise. Was heist das Muthwill. Floretto. Beliebt euch die Wahre nicht / so gebt mirs wieder.
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Belise. Das kan ich wol thun / immerhin. (sie kuͤ st) Floretto. Mein Kind / es war das rechte nicht / ich begehre es auch nicht. (er kuͤ st)
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Belise. So will ich keines von beyden haben / da nehmt alles zugleich. (sie kuͤ st) Clarisse. Liebste Belise, wer haͤtte vermeynt / daß sich unsere unbegreiffliche Bestuͤ rtzung so bald in dergleichen Kurtzweil verwandeln sollte. 〈Q r〉
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Belise. Hab ichs nicht vermeynt / so hab ichs doch gehofft. Floretto. Ach gebe Gott / daß dieser Tag vollkommen gluͤ ckselig heisse / damit der Anfang meiner Gemuͤ ths-Befriedigung zugleich das Ende aller Truͤ bseligkeit sey. Ihr liebreichen Armen schliest euch zusammen. In euch wil ich leben / in euch wil ich mich vergnuͤ gen / in euch wil ich dermaleins den lebenssatten Geist vom Leibe absondern.
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Belise. Mein Engel nehmt mit mir vor lieb / und weil meine Unwuͤ rdigkeit euren Tugenden nimmermehr die Wage halten kan / so lasset meine verliebte Begierde euch zu gefallen denselben Mangel allerseits ersetzen. 5
Floretto. Wir wollen uns auf beyden Theilen keiner Unwuͤ rdigkeit schuldig machen. (Rodoman und Clarisse kommen.)
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Aber was bringen die unverhoften Gaͤste.
Rodoman. Seyd zu frieden / liebste Seele / ich vergebe euch den Fehler eurer Gedancken / und ich weiß / daß Floretto als der Inhalt aller Tapferkeit euch vor das Unrecht selbst dancken wird. In Ansehung dasselbe gleichsam den | Grund zu seiner gegenwaͤrtigen Herrligkeit geleget hat. Clarisse. Lasset mich demnach bittselig seyn / und wofern ich mich der vorigen Zuneigung bedienen darf / so vermoͤget den vortreflichen Cavallier durch einen Zuspruch zu einer langgewuͤ nschten Versoͤhnung. Rodoman. So folget mir dann. Tapfrer Cavallier / mit was vor Entschuldigungen sollen wir unsere begangene Unhoͤfligkeit ausbuͤ sen / indem derselbe von uns zwar unwissend / als ein geringer Knecht gehalten worden / den man doch nechst dem Koͤnige mit hoͤchster Ehre belegen sollen. Und mit was vor Thraͤnen werden wir das Unrecht abwischen / welches meine unbesonnene Liebste aus uͤ bereilter Schwachheit ihrer Jugend auf sich geladen hat. Unser einiges Vertrauen gruͤ ndet sich auf die großmuͤ thige Tugend seines Hertzens / welches ein demuͤ thiges Erkaͤntnuͤ ß verwirkter Ubelthat an Statt gebuͤ hrender Rache annehmen / und uns kuͤ nftiger Gnade und Wolwollenheit versichern wird. Der Himmel beselige den schoͤnen Wech-
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sel / und lasse seine dienst-begierigen 〈Q 2 r〉 Freunde niemahls in vergebener Hofnung verbleiben. Floretto. Zuviel zuviel / grosser Rodoman / die Ehrerbietung ist mir nechst der liebwerthen Stimme so tief eingepraͤgt / daß ob ich zwar meine Freyheit wieder gefunden / ich doch in freywilliger Dienstbarkeit desselben verbleiben wil / der aus jetziger Aufwartung meine vormahlige Liebe preisen und ermessen sol. uͤ tzen die Drum was ist Unhoͤfligkeit / was ist unrecht / worzu n Entschuldigungen / und was sollen die Thraͤnen abwaschen. Ich weiß von nichts / und also wird es unvonnoͤthen seyn um einige Vergebung anzuhalten. Ich bitte vielmehr mir zuverstatten / daß ich meine offt versaͤumte Schuldigkeit ins kuͤ nfftige mit dero guten Belieben einbringen moͤge. Clarisse. Wehrter Floretto und also darf ich meine suͤ ndhaftigen Augen wieder aufheben.
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Floretto. Werthe Clarisse sie hat niemahls Ursache gehabt dieselben niederzuschlagen. Clarisse. Aber liebste Belise, wie werde ich die Beleidigung euer Person aussoͤhnen. Belise. Liebste Clarisse, was die Vergessen- | heit schon in ihrer Gewalt hat / sol man durch kein unzeitiges Andencken hervor suchen. Wir leben vergnuͤ gt und wuͤ nschen euch dergleichen Gluͤ cke. Im uͤ brigen wird uns keine Zeit noch Gelegenheit in unsrer Pflicht nachlaͤssig finden. Rodoman. Nun der Himmel segne eure Liebe. Clarisse. Und befoͤrdere die voͤllige Vereinigung.
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Rodoman. Und lasse das deutsche Gebluͤ te in unsern Graͤntzen fruchtbar seyn. Clarisse. Und bestaͤtige dessen Aufnehmen in Ewigkeit. Floretto. Und verbinde uns aufs neue durch diesen Handschlag. 5
(Sie geben einander die Haͤ nde.) Sibylle, Melane. Sibylle. Nun ists Zeit / wann wir was erhalten wollen. Melane. Ach mein Hertze prophezeyt mir nichts Gutes.
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Sibylle. Die Herren werden sich ja schaͤmen / daß sie ihre Boßheit uͤ ber das liebe Armuth ausschuͤ tten werden. Melane. Ihr seht wol wo der Zaun niedrig ist / da moͤgen alle uͤ berspringen. Sibylle. Es ist freylich war / aber mit Kla-〈Q 3 r〉gen wird nichts ausgericht / kommt mit ich wil das Wort fuͤ hren.
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Melane. Ich wuͤ ste vor grossen Jammer nicht ein Woͤrtgen aufzubringen. Sibylle. O allergnaͤdigste Herren / O / O. (sie weint.) Floretto. Was soll dieser Aufzug?
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Sibylle. O allergnaͤdigste Herren / ich bin eine ehrliche Frau und das ist auch ein ehrliches Mutter-Kind / es kan uns kein
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Mensch was leichtfertiges nachreden / wir sind unser Lebtage so fromm und so getreu gewesen / daß uns kein Mensch mit Wiederwillen von sich gelassen hat. Rodoman. Sibylle, ihr macht viel Worte / ihr muͤ sset eine boͤse Sache haben.
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Sibylle. Freylich ist sie boͤse / und kein Mensch kan sie wieder gut machen / ausgenommen E. G. allergnaͤdigste Herren. Belise. Geht ihr altes Windspiel und lasset euch vor den Leuten nit so auslachen. Floretto. Mein Kind / wir muͤ ssen doch ihr Anbringen vernehmen. Sibylle. Ich habe keine Toͤpfe in der Kuͤ che zerbrochen / ich habe auch keinen silbern Teller verlohren / ich habe auch keine Perlen-Schnur gestolen / ich habe auch kein Blat aus dem Gebet- | buche gerissen / ich habe auch keine Suppe auf die Teppiche vergossen.
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Clarisse. Ich hoͤre viel boͤses / das ihr unterlassen habt / aber wo bleibt das gute / so ihr gethan habt. Sibylle. O ich arme Frau / nun soll nichts gutes an mir seyn / da stehet ja auch die gute Melane kan ihr jemand nachsagen / daß sie einen Frosch hat ins Gruͤ nkraut gethan / oder daß sie eine Spinnewebe hat lassen im Fenster hencken / oder daß sie die Feuermauer hat angesteckt / oder daß sie ein Bret auf dem Boden zutretten hat / oder / oder / oder – – – Belise. Mit euren Possen / sagt / was ihr haben wollt / oder oder oder wir wollen euch Beine machen.
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Sibylle. Gebt mir doch ein bißgen Bedenckzeit / haben doch die Hunde Zeit / eh sie der Koch aus der Kuͤ che schlaͤgt / O wie bring ich die Sache nun an. Floretto. Alte Leute werden wieder zu Kindern. 5
Sibylle. Verzeih es Gott den jungen Leuten die ihre Freude daran haben. Rodoman. Wollt ihr sonst nichts mehr.
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Sibylle. Nun es muß doch einmal ausbrechen / Ach steckt dann der Thorwaͤrter mit seinem lieben frommen Sohne 〈Q 4 r〉 noch im Hunde-Loche / die guten ehrlichen Hertzen sollen sie dann noch ihr Leben lassen. Rodoman. Wer gesuͤ ndiget hat / muß gestraft werden.
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Sibylle. O allergnaͤdigster Herr / sie habens vielleicht nicht gerne gethan / und ich will keine ehrliche Frau seyn / wo sie es ins kuͤ nftige mehr thun werden / ich weiß sie werden so fromm seyn als wie ein Schoͤps in der Schafscheere. Rodoman. Sie sitzen schon in der armen Suͤ nder Stube / und daraus ist keine Erloͤsung.
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Sibylle. Ey Herr / was vexieret ihr euch viel / ich werde es irgend nicht wissen / daß ihr die Schluͤ ssel darzu habt. Rodoman. Was geht aber euch daran ab / ob die Buben leben oder nicht.
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Sibylle. Ich wolte nicht gerne / daß ihr an meiner Stelle waͤret und haͤttet euch in den alten Herren so verliebt / als wie ich / mich deucht immer es wuͤ rde euch in dem Leibe reissen / von der ar-
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men Melane mag ich nichts sagen / man siehts ihr ohne dieß an den Augen an / daß sie Pickelheringen lieb hat. Rodoman. Du elendes Gesindgen / wie kan stinckende Butter und garstiger | Speck so leicht zusammen finden. Aber hoͤrt / ist es euer rechter Ernst / und soll ich die zwey Ubelthaͤter dem kuͤ nftigen Ehestande zu Ehren loß lassen.
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Sibylle. Wann es nicht Suͤ nde waͤre / so wolte ich bey meiner armen Seelen schweren / es ist warhaftig war / und wann alles war waͤre. Clarisse. Melane was sprichst du?
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melane. Ich kan es auch nicht laͤugnen. Rodoman. Euch zu Gefallen will ich sie einen Tag eher hencken lassen / damit ihr den folgenden Tag darauf gewiß Hochzeit macht. Sibylle. O gnaͤdiger Herr / wie reimt sich dann das zusammen / es solte eine schoͤne Hochzeit werden.
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Rodoman. Sie werden an den Hals gehenckt / und der gehoͤrt so eigentlich nicht zu dem Ehstande / sie fressen kaum nicht so viel. Sibylle. Was waͤre uns dann mit solchen Hungerleidern gedient / wer nicht isst / der kan auch nicht – – leben. Rodoman. So last euch an ihre statt aufknuͤ pfen. Sibylle. Das war wieder eins. Rodoman. Einer muß gleichwol zum wenigsten dran. 〈Q 5 r〉
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Sibylle. Keiner waͤr viel besser.
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Clarisse. Liebster Rodoman wir haben noch ein Viertelstuͤ ndgen uͤ brig / daß sich auf einige Kurtzweil anwenden laͤst. Wann wir die Gefangenen liessen hieher bringen / und verlobten sie miteinander / es waͤren gleichwol zwey schoͤne Paͤrgen / die bey morgenden Beylager koͤnten mit durchwischen. Rodoman. Wir duͤ rfen hier nicht nach unsern Gefallen leben. Floretto. Sie haben zu befehlen / und was mich anlangt / wolt ich die Lust eher suchen / als verhindern.
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Belise. Ich bitte selbst / er mißgoͤnne uns die Ergoͤtzlichkeit nicht. Rodoman. Nach dero Belieben. Dromo lauf und bringe den Thorwaͤrter hieher / den Sohn laß noch stecken. (sie setzen sich)
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Sibylle. Nun wird mir das Hertz um sieben Stein leichter / ja wer nun die verliebten Sachen nicht alle vergessen haͤtte. Ach wo bleibt der Kerle / daß er nicht fort gehet / koͤmmt mir doch ein jeglicher Augenblick laͤnger vor / als sonst tausend Jahr. (Dromo bringt den Ephialtes) |
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O das Gold-Engelgen / da kommt es her / daß ich dich zur gluͤ ckseligen Stunde wieder seh.
Rodoman. Ephialtes, du alter unnuͤ tzer Karn-Gaul / dein Gewissen wird dich selbst uͤ berzeugen / daß du den Galgen verdient hast. In dem aber so wol dein Leben / als dein Tod / in unsern Haͤnden steht / so wollen wir von beyden dir Wahl lassen.
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Ephialtes. Gnaͤdiger Herr / ich bitte um nichts mehr / als um ein reputirlich Leben / oder um einen reputirlichen Tod. Floretto. Die Reputation hat euch treflich eingenommen. Ephialtes. Es muß auch seyn / wer wolte sich ins kuͤ nftige sonst zu einem Thorwaͤrter gebrauchen lassen.
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Rodoman. Du solst reputirlich genug tractiret werden / sage nur / wilst du leben oder sterben. Ephialtes. Ich armer alter Mann / ich komme bald genug zum sterben / wann es seyn koͤnte / daß ich leben duͤ rffte / so waͤre mir es ein grosser Dienst.
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Rodoman. So wollen auch wir / daß du leben solst. Ephialtes. (kniet) Ach allergnaͤdigster Herr / mit was vor demuͤ tigen Worten soll 〈Q 6 r〉 ich meine grosse Danckbarkeit gegen so eine unverhofte Gnade erweisen. Ist die Suͤ nde vergeben / und darf ich wieder mit gutem Gewissen an mein Ampt gehen. Rodoman. Du hast volle Vergebung / und damit du siehest / welcher masse alles nach deinem Wunsche ergehe / so nimm deine liebste Sibylle zum ehlichen Gemahl an / und wo du morgen bey dem angestellten Beylager mit aufwarten willst / soll dir zu Ehren eine sonderliche Tafel hinter dem Kacheloffen aufgeschlagen werden. Ephialtes. Herr / das Leben ist mir lieb / aber – (er kraut sich im Kopfe) Rodoman. Hast du noch nicht genug?
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Ephialtes. Ich habe gar zu viel / mit der Liebsten moͤchte es wol noch Anstand haben. Rodoman. So willst du vielleicht lieber hencken. Ephialtes. Was mach ich / was sprech ich / was thu ich? 5
Sibylle. Ey mein Vaͤtergen / sagt doch immer ja. Ephialtes. Ja / doͤrffe ich sagen / was ich dencke. | Rodoman. Fort / die resolution muß schleunig seyn / wilst du sie haben.
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Ephialtes. (sachte) Leben sterben / leben sterben / leben sterben. (laut) Ja. Rodoman. Gebt einander die Haͤnde (sie geben) kuͤ st einander (sie kuͤssen) streichelt einander etc. Sibylle. Ists doch / als wann ich jung waͤr / als ein Maͤdgen von 15. Jahren.
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Ephialtes. Mein groͤster Trost ist / daß ich mich noch alle Tage kan aufknuͤ pfen lassen / wann mir der Schlafgesell nicht gefaͤllt. Sibylle. Werdet ihr mich nur recht kennen lernen / wie ichs mache / wann ich das Haupt-Kuͤ ssen hinter dem Nacken habe / so wird euch euer Leben nit leid seyn.
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Ephialtes. Ich fuͤ rchte mich allezeit davor. Rodoman. Was euren Wahlschatz beyderseits betrift / moͤget ihr Morgen darauf bedacht seyn / itzt muͤ ssen wir auch Pickelheringen holen lassen / Dromo fort und bringe ihn hieher.
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Clarisse. Er wird Kurtzweil genug machen. Belise. Ich bin ihm noch was schuldig / wann er ein bißgen vexiret wird / kan es ihm nicht schaden. 〈Q 7 r〉 Floretto. Daran soll kein Mangel seyn. (Dromo bringt Pickelhering.) Pickelhering. Ihr ehrlichen Leute seyd ihr noch da/ ich erfreue mich euer guten Gesundheit. Gehts euch noch wol dadrunten. O ich bin gantz entzuͤ cket / als wann ich aus einer andern Welt kaͤme. Fuͤ rwar wann ich nicht so eben wuͤ ste / daß ich im Hunde loche gestecket haͤtte / ich meynte ich waͤr gar in Nobis Kruge gewesen. Es ist keine Kroͤte und Schlange auf dem Erdboden die nicht Bruͤ derschaft mit mir gemacht hat. Die Eydexen haben unter meiner Hals-Krause junge ausgebruͤ t / und die Wid hopfe bauten mir das Nest gar ins Maul. Ich habe die Struͤ mpfe stets mit einer Blind-Schleiche zugebunden / und wann mir ein Hosen-Nestel fehlte / riß ich nur einer grossen Ratte den Schwantz ab. Die Fleder-Maͤuse waren meine Schu-Rosen / und um die Hosen hieng mir lauter Ottergezichte herum / als wann es ein Frantzoͤsch Modeband waͤr. Das Futterhemde war mit grossen Wand-Laͤusen gefuͤ ttert / und die Kostgaͤnger auf dem Kopfe waren wie die Mey- | Kaͤfer groß. Mit einem Worte / es gieng mir / als wann mir die Schaben allenthalben waͤren dran kommen / ich wolte lieber siebenmal sterben / als sechsmal in die Moͤrdergrube kriechen. Nun studiere ich allmehlich auf ein schoͤn Abschieds-Liedgen / weil ich doch auf der Welt am laͤngsten gelebt habe und mein Tod vor der Thuͤ re ist. Dromo. Pickelhering des Redens wird zu viel / wo du nicht ein Ende machst / so schneide ich dir die Worte mit dem Pruͤ gel vor dem Maule weg.
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Pickelhering. Du grosser Lindwurm / wilst du auch Bruͤ derschaft mit mir machen? Dromo. Nein / mein Pruͤ gel soll es thun. Pickelhering. Laß mich gehen du Dreybeinigter Esel. 5
Dromo. Halt ich will sehen / wieviel du Beine hast / eins / zwey / drey / vier etc. (er schlaͤ gt ihn um die Beine.) Pickelhering. Hoͤr auf du Trampelthier / du zehlst zu viel / zu viel / zu viel. Dromo. Wie heiß ich nun.
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Pickelhering. Du Dieb / du kanst uͤ ber dreye zehlen / sonst wolt ich dirs wol sagen. Rodoman. Dromo, wie lange sollen wir warten? | Pickelhering. Da bin ich / Herr. Rodoman. Weist du auch was du verdienet hast?
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Pickelhering. Da ich ein Haͤscher war / verdiente ich alle Tage 18. Pfenning / nun hab ich im Hundeloch der Schlangen und Kroͤten gehuͤ tet / davor weiß ich nicht / was die Gebuͤ hr ist. Rodoman. Die Gebuͤ hr ist leicht auszurechnen / du hast multi plicirt / wann der Hencker dividirt, so kommt das Facit an Galgen. Pickelhering. Von dieser Rechnung weiß Adam Riese nichts. Rodoman. Destomehr solst du davon wissen.
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Pickelhering. Ich weiß nicht / was das Ding heissen soll. Rodoman. Mit einem Worte / du sollst hencken. Pickelhering. Ich kan aber meinen Hals nicht entrathen. Rodoman. Doch wir koͤnnen einen solchen Vogel wol entrathen. Pickelhering. Ach waͤr ich ein Vogel / so wolte ich mir ein StorchsNest auf die hoͤchste Linden bauen / daß mich kein Mensch erreichen sollte.
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Rodoman. Dein Nest soll hoch genug werden. | Pickelhering. Aber zum Element / wo steck ich dann mein Fressen und Sauffen hinein / der Bauch will gleichwol das seinige haben.
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Rodoman. Da magst du davor sorgen. Pickelhering. Am besten waͤr es / die Possen blieben gar nach. Rodoman. Das Urtheil ist fertig / in zwey Stunden bist du so gut / als ein Kloͤppel in einer Feld-Glocke.
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Pickelhering. Herr erschreckt mich nicht sosehr / wann ich das Podagra davon kriegte / so hienge mirs die Zeit meines Lebens darnach an. Rodoman. Halt das Maul / und schicke dich zum Tode. Pickelhering. Ich werde ja meinen zukuͤ nftigen Kindern noch duͤ rfen ein Testament machen.
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Rodoman. Du must viel zu vermachen haben / und dazu / wo hast du deine Kinder?
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Pickelhering. Wann ich in drey Jahren eine Frau nehme / so hab ich in sechs Jahren vier kleine Pickelheringe im Hause herum lauffen. Rodoman. Dieser Sorgen wollen wir dich uͤ berheben. Pickelhering. Fragt doch zuvor ob ich will? Rodoman. Dromo geh und hole den Scharf- | richter / sage er soll einen Strick mit bringen der fein lange weh thut.
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Pickelhering. Ey Bruder bleib da / was haben wir mit dem unehrlichen Kerlen zu thun / du siehest wol / daß sich der Herr vexiret. Rodoman. Dromo laß dich nicht aufhalten. (er geht)
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Pickelhering. Herr / ihr werdet ja nicht aus Schimpf Ernst machen / ey das traͤfe mir schlimm ein. Rodoman. Du hast unser Genade genug gemißbrauchet. Pickelhering. Und ist kein ander Mittel da. Rodoman. Du bist nicht werth / daß wir dir antworten.
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Pickelhering. Das soll gewiß mein letzter Trost seyn. Belise. Hoͤre Pickelhering / was gibst du mir ich will eine Vorbitte vor dich einlegen.
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Pickelhering. Ach schoͤne Jungfer / wann das geschehen solte / ich wolte euer ewiger Schwammdruͤ cker werden. Belise. O du garstiger Pengel / dazu brauch ich dich nicht. Pickelhering. Ich will sonst alles thun / was ihr haben wollet. Belise. Auf dieses Wort lege ich eine Vorbitte ein. |
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Rodoman. Euch die Bitte nicht zuversagen / soll er beym Leben bleiben. Doch mit der Bedingung / daß er alles verrichte / was ihr haben wollet. Belise. Pickelhering weil du numehr durch meine Unterhandlung beym Leben erhalten wirst / so begehre ich nichts von dir als daß du dich unverzuͤ glich mit meiner Melane in ein Eheverloͤbniß einlassest.
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Pickelhering. Itzund besinne ich mich erst / ich will hencken. Belise. Heist dieses alles gethan / was ich haben will. Pickelhering. Ich dachte nicht an das beschissene Raben-Aaß.
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Belise. Unterdessen hilft nichts davor / du hast es einmal zugesagt / und wann du nicht wilst / laß ich dir einen zehenfachen Staub-Besen geben / und darnach solst du doch hencken. Pickelhering. Wie ich wol sehe / so fall ich immer tieffer in Quarck. Belise. Zusage macht Schuld.
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Pickelhering. Endlich wann es ja seinen Fortgang haben sollte / so last mich doch die Moͤhre besehen / daß ich keinen blinden Kauf thu. | Belise. Melane komm her und præsentire dich. 5
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Melane. Gar gerne / wie wils / mein Gold-Schatz. Pickelhering. Nicht zum besten. Nun du schoͤnes Muster laß dich nun auch betrachten. Die Haare sind so goldgelb / wie ein Carfunckel vor dem Ofenloch / was sind dann das vor weisse Dinger im Haaren / ach es wird eine sonderliche Manier von dem Arabischen Buder seyn. Botz tausend / es ist doch / als wann die Liebe ein wenig anfienge. An der Stirne ist dieß das beste / daß sie nicht geschminckt ist / Oder wo sie sich hat schmincken wollen / ist sie gewiß uͤ ber die Spuͤ lich-Gelte kommen. Die Brocken kleben ihr noch in den Runtzeln herum. Ihr niedlichen Katzen-Augen koͤnnt ihr nicht nach der Seite sehen / wie die Gaͤnse / wann es Wetterleucht. Und was sage ich zu der Nase / fuͤ rwar wo die Nase bey einen Menschen des gantzen Leibes Scheißhaus heist / so trift es da ein / es ist mir leid / daß ich nichts im Vorrathe habe / ich weichte das liebe Naͤsgen selber ein. Wann ich die Backen anseh / so ist mir immer / als wann sie | daß innwendige vom Pinckel-Topfe heraus gekehrt haͤtte / da sieht man was die rechte Leibfarbe thun kan. Maͤdgen thu das Maul auf / hast du die Zaͤhne noch alle / wiewol am Fressen mag dirs nicht mangeln. Belise. Pickelhering / du hast genug besichtiget / erklaͤre dich numehr. Pickelhering. Ich kaͤme gern ein bißgen tieffer in die Schrift. Belise. Vor dießmal nicht / sage ja oder nein.
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Pickelhering. Will sie mich den haben. Melane. Ja ich will euch haben / und ich laß euch keinen Friede / biß ihr mich nehmt. Pickelhering. Nun so gebt mir sie doch her / daß ich einmahl von ihr komme.
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Melane. (giebt die Haͤ nde) Also sind wir Ehleute. Pickelhering. Ja nun sind wir ein Leib miteinander. Melane. Und du hast mich recht lieb. Pickelhering. Ich wolte / du waͤrest ein Kuh-Fladen / und ich ein Gold-Kaͤfer / so sollt uns in Ewigkeit nichts voneinander trennen.
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(Sie kuͤ ssen und uͤ berwerffen sich.) Rodoman. Sacht an / sacht an / ihr neuen | Liebhaber / spart euch etwas auf Morgen / da sollt ihr erst recht Hochzeit machen. Clarisse. Ich habe mich satt gelacht / es wird nunmehr Zeit seyn / gegenwaͤrtige Liebgen der Beschwerung unser Anwesenheit zu befreyen.
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Floretto. Die Annehmlichkeit dero Gegenwart wird uns entzogen werden. Clarisse. Die Zeit vermehret uns zum Aufbruch. (Sie stehen auf)
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Rodoman.
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Kommt ihr Voͤlcker ruͤ hmt mein Gluͤ cke / Welches mir in diesem Stuͤ cke Gar zu schoͤn und freundlich lacht / Und von Ludewigs Geschlechte Mir aus einem bloͤden Knechte Diesen Freund und Schwager macht. Clarisse.
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Aller Zierrath meiner Jugend / Schoͤnheit / Ehre / Lust und Tugend Wolten gleich zu Grund gehen / Dannoch weil Floretto lebet Und der Schande wiederstrebet / Kan ich wieder feste stehen. | Floretto. Ihr Sicilianer Graͤntzen Seht den teutschen Lorber glaͤntzen / Daß ein Knecht nunmehr regiert / Und in diesem schoͤnen Lande Uber Hochmuth / Schmach und Schande / Durch die Keuschheit triumphirt. Belise.
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Tapfre Teutschen seyd zu Frieden Daß ein Zweig von euch geschieden Und hieher versetzet ist / Alldieweil er bey dem Triebe Seiner Pracht und meiner Liebe Alles ausser mir vergist.
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Rodoman. Unser Koͤnig Carl regiere Und die Keuschheit triumphire Durch die suͤ sse Liebes-Macht / Itzo bringt die Lust auf Morgen Zwischen Hofnung / Lieb und Sorgen Eine schoͤn und gute Nacht. (Sie gehen ab.)
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Die beschützte Unschuld / Lust-Spiel
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〈235〉 PERSONEN. 1. Hercules Hertzog zu Ferrar. 2. Camillo geheimer Cammer Juncker. 3. Flavio Ober-Hoffmeister. 5
4. Borgia Hoff-Juncker. 5. Poncinello des Camillo Diener. 6. Leonore des Camillo Liebste. 7. Sophie Ihr Cammermaͤdgen. 8. Cæcilie des Borgia Cammermaͤdgen.
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9. Bastardo ein Bandit. 10. Diego ein alter Bote. 11. Filippo des Falvio Cammerdiener. 12. Simplicio des Camillo Cammerdiener. 13. Gyraldo des Hertzogs Leibpage.
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14. Claudio der Wachmeister mit seinen andern Haͤschern und dem Scharffrichter.
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ERSTE HANDLUNG. Hercules, Camillo, Flavio.
Hercules. Liebster Camillo so geht die Reise so schleunig fort. Camillo. E. Durchl. gnaͤdigsten Verordnung ist allerdings nachgelebet worden.
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Hercules. Es hat in euren Belieben gestanden. Doch je zeitlicher ihr Abschied nehmt / desto eher haben wir uns euer Wiederkunft zu erfreuen. Camillo. E. Durchl. wolle dero unterthaͤnigsten Diener mit dergleichen Ehrbezeigungen nicht belaͤstigen. Ich werde in meiner gantzen Reise keiner Freude theilhafftig seyn / als biß mich das guͤ nstige Gluͤ cke zu dero hoͤchstgeschaͤtzten Handkuß zuruͤ cke bringen wird.
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Hercules. Wir lieben eure Tugend / und verwundern uns uͤ ber euren Qualitaͤten. Drum denckt unsertwegen so offt an Italien / als wir eurentwegen an Franckreich gedencken werden.
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Camillo. Dero Hoch-Fuͤ rstl. Gnade uͤ berschuͤ ttet mich mit dergleichen Liebseligkeit / daß ich meine Danckbarkeit in Stillschweigen verbergen muß / aus Furcht / ich moͤchte dero Hoheit mit meinen niedrigen Redens-Arten nicht erreichen. Inzwischen wolle der Himmel uͤ ber dero Hochfuͤ rstl. Durchl. allergnaͤdigst walten / 〈257〉 und den Staat von Ferrara von Tag zu Tag gluͤ ckseliger machen.
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Hercules. Das Gluͤ cke begleite euch / und laße die Tugenden welche allbereit unvergleichlich sind / durch diese Reise auf die hoͤchste Staffel der Vollkommenheit gelangen. Unsere Gnade sey euch hiermit voͤllig bestaͤtigt / mit dem ausdruͤ cklichen Vor-
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behalt / daß kein Fuͤ rstlicher Hof die Gewalt habe / euch aus unseren Diensten zu entsetzen. Was noch uͤ brig ist / so hat Flavio schon Befehl euch beym Abschied affzuwarten. (geht ab) 5
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Flavio. Wie kan ein Cavallier gluͤ ckseliger seyn / als wenn er einen Printzen zu dergleichen Versicherung anreitzen kan. Camillo. Werthester Flavio, ich wil meine Gluͤ ckseligkeit nicht verachten. Der Himmel bestaͤtige diese Gnade / und zufoͤrderst des jenigen Freundschaft / welchen ich nicht nur als meinen Bruder / sondern auch als meine Seele liebe. Flavio. Ich habe noch nie an der Affection gezweifelt / allein – – Camillo. Allein / allein / wie sol ich diß verstehn? Flavio. Ich sage nochmahls / ich zweifle nicht an der Freundschaft / allein ich fuͤ rchte mich vor der auslaͤndischen Lufft. 〈258〉
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Camillo. Vielleicht daß ich daran sterben werde? Flavio. So unbarmhertzig wird der Himmel nicht seyn. Camillo. Oder daß ich meine Gesundheit forciren werde? Flavio. Ach nein / ich weiß wie der Bruder nach der Gesundheit leben kan.
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Camillo. Was ist denn sonst / da mir die auslaͤndische Luft solte schaden thun? Flavio. Man kan auslaͤndische Gedancken schoͤpfen.
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Camillo. Wie geht diß zu? Flavio. Daß man der Einheimischen vergist. Camillo. Was in das Hertze gepraͤgt ist / wird durch keine Vergeßenheit heraus gerißen. Flavio. Doch ist die Vergeßenheit angenehm / wo man etwas belieblichers antrifft.
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Camillo. Und hingegen ist sie unmoͤglich / wo man nichts belieblichers antreffen kan. Flavio. Die fremden Sachen sind allzeit schoͤner. Camillo. Die Tugend ist am allerschoͤnsten.
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Flavio. In fremden Orten wohnet die Tugend auch. Camillo. Doch ist sie nicht so bekandt. 〈259〉 Flavio. Desto weniger Maͤngel kan man ihr ansehen. Camillo. Desto mehr Maͤngel muß man ihr zutrauen. Flavio. Ich weiß viel / welche der alten Freunde vergeßen haben.
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Camillo. Drum sol unsere Freundschafft unvergleichlich seyn. Flavio. Und in solcher Versicherung verspreche ich mich zu ewiger Bestaͤndigkeit. Camillo. Wenn das Adriatische Meer keinen Sturmwind empfinden wird / alsdenn wil ich unbestaͤndig werden.
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Flavio. Wenn der Berg Ætna nicht mehr brennen wird / so wird meine Liebe auch verleschen. Camillo. Wenn der Padus wird auf das Alp-Gebirge zuruͤ ck lauffen / so wird sich mein Gemuͤ th verwandeln. 5
Flavio. Wenn die Granat-Oepfel werden auf den Oelbeumen wachsen / alsdenn wird die Falschheit in meine Seele einwurtzeln. (Sie geben einander die Haͤ nde.) Camillo. Und also lebt unsere Freundschaft. Flavio. Und sol ewig nicht sterben.
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Camillo. Der Himmel straffe die Falschheit! Flavio. Und entzieh ihr allen Segen. Camillo. Und beschuͤ tte sie mit Betruͤ bnuͤ ß. 〈260〉 Flavio. Und mache sie vor aller Welt zu schanden! Leonore, Sylvie, Poncinello treten auf.
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Camillo. Mein Flavio ich habe vielfaͤltige Ursache den Abschied mit naßen Augen zu nehmen. Indem ich von einem gnaͤdigsten Fuͤ rsten / und von einem unschaͤtzbaren Freunde mich entfernen sol. Doch wenn ich dorthin sehe / und die standhaftige Tugend der hoͤchstgeliebten Leonore betrachte / so weiß ich nicht / mit was vor Worten ich zum Abschied kommen sol. Flavio. Sie gehen auf uns zu. Seine beywohnende Tapferkeit wird der ungefaͤrbten Liebe die Hand bieten / theils die verliebte Un-
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gedult zu besaͤnftigen / theils die Gunstgewogenheit auf ewig zu bekraͤftigen. Camillo. Wie so melancholisch / meine Schoͤne? Leonore. Wie so unbarmhertzig / mein Liebster? Camillo. Womit verdiene ich diesen grausamen Titul?
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Leonore. Ich ungluͤ ckselige! wolte Gott ich duͤ rffte es nicht empfinden. Camillo. Ich ungluͤ ckseliger! wolte Gott ich wuͤ rde nicht mit dunckeln Worten aufgehalten. Leonore. Wer mein Hertz zerspalten wil / der ist unbarmhertzig. 〈261〉
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Camillo. Wer sich mit ihrem Hertzen verbinden wil / der ist lieb reich. Leonore. Bißher hab ich solches glauben muͤ ßen. Camillo. Und solches sol sie auch ins kuͤ nftige glauben.
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Leonore. Ich muß das beste hoffen / und das aͤrgste fuͤ rchten. Camillo. Ach welcher Unstern hat mich auf die Gedancken gebracht Franckreich zu besehen / wofern ich dadurch zu ihrem Betruͤ bnuͤ ß Ursach geben sol. Leonore. Was man aus freyem Willen thut / darf man nicht dem Unstern zuschreiben.
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Camillo. Mein Engel / ein wolversuchter und in der Welt erfahrner Liebster wird Ihr dermaleins beßer anstehn / als ein elender Hausbruͤ tling / dergleichen ich itz noch bin. Leonore. Ach er ist tugendhaft genung. 5
Camillo. Alle Leute sehen mich nicht mit ihren Augen an. Leonore. Ihre Durchl. haben schon das Urthel gefaͤllet / daß seine Tugend kraͤftig gnung ist Fuͤ rsten Gnade zu gewinnen. Camillo. Vielleicht wuͤ rde Ihre Durchl. dero Meinung aͤndern / wenn sie alle meine Maͤngel wuͤ ste.
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Leonore. So ist Italien zu wenig / solche Maͤngel zu ersetzen? 〈262〉 Camillo. Ich muß sehen was vor Klugheit uͤ ber dem Alpen-Gebirge zu finden ist. Leonore. Das heist / ich muß meine Leonore verlaßen.
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Camillo. Nein das heist / ich muß meiner Leonore einen solchen Liebsten zuruͤ ck bringen / der sich um ihre Schoͤnheit desto kuͤ hner bewerben darf. Leonore. Nein das heist / ich muß sehen / ob anderswo schoͤnere Personen anzutreffen sind / und ob mich auch der erste Schluß gereuen moͤchte.
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Camillo. Nein das heist / ich muß mich in meinem Gemuͤ the bekraͤftigen / daß in allen benachbarten Provintzen keine angenehmer sey / als sie / meine Liebste Leonore. Leonore. Ach die Worte sind allzeit gut.
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Camillo. Was wollen wir schertzen? Es ist an dem / daß ich meine Seele zu dem hoͤchsten Ungluͤ ck zwingen muß. Sie lebe wol / wehrteste Leonore, biß derselbe zuruͤ ck kommt / welcher sie mittlerzeit in Gedancken begleiten wird / das ist / biß Camillo in der That bezeiget / daß er mit gegenwaͤrtigem Verdacht unschuldig ist beleget worden.
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Leonore. (weinet) Ach mein Camillo, sol ich ja das Ungluͤ ck haben / daß ich seiner holdseligen Worte zum letzten mahle gewuͤ rdigt wer-〈263〉de / so lache er nur bey seiner zukuͤ nftigen Liebsten nicht uͤ ber meiner Einfalt / daß ich mir die stoltze Hofnung gemacht seine Affection zu verdienen / sondern erbarme sich vielmehr uͤ ber dieselbe / welche sich / bey seinem beßern Gluͤ cke / vor Schmertzen verzehren wird.
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Camillo. Wozu dienen die uͤ berfluͤ ßigen Gedancken? wil sie mir den Trost der Gegen-Liebe entziehen / und mich auf der Reise verschmachten laßen?
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Leonore. Ach wer weiß ob er meines Trostes von noͤthen hat. Camillo. Dieses sol Zeuge seyn / daß sich Camillo von niemand wil besitzen laßen / als von der angenehmsten Leonore. (er giebt ihr sein Bildnuͤ ß)
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Leonore. Und dieses sol Zeuge seyn / daß ich einfaͤltig geliebet habe. (sie giebt ihm ihr Bildnuͤ ß) Camillo. (kuͤ st es) Du holdreiches Ebenbild / solstu mir die Reise durch dein Anschauen verkuͤ rtzen. (er giebt ihr die Hand) Nun allersuͤ sseste Leonore, hiermit zu guter Nacht / der Hoͤchste erhalte sie bey derselben Bluͤ te / in welcher ich sie verlaßen
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muß / und laße mich die wunderliebliche Stunde bald er reichen / ihr muͤ ndlich zu erzehlen / was ich numehr in stummen Briefen berichten muß. 〈264〉
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Leonore. (weinet) Diese Thraͤnen sind beredt genung mein Betruͤ bnuͤ ß und meinen Wunsch auszusprechen. Drum sag ich nichts als gute Nacht. Mein Verhaͤngnuͤ ß straffe mich nicht / daß ich sagen muͤ ße / die letzte gute Nacht. Camillo. Meine Briefe sollen sie oft genung erinnern / mit was vor Gedancken ich die Zeit in Franckreich passire.
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Leonore. Wenn wir in Italien so wuͤ rdig seyn koͤnnen / so bitte ich meine Furcht durch solche Mittel zu vermindern. Camillo. Flavio sol hier Buͤ rge seyn / den ich gleichfals mit bestaͤndigem Zuschreiben mehr als zu viel belaͤstigen werde.
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Flavio. Nicht belaͤstigen sondern erfreuen / gestalt ich die Tugendbelobteste Leonore zum schoͤnsten bitte / sich der vollkommenen Tugend in ihrem Camillo gewuͤ nschter maßen zu versichern. Camillo. Und du mein getreuer Poncinello bleib auch fein gesund / und wenn ich Briefe oder eigene Boten hieher abfertige / so bestelle alles fein zu rechte. Bey meiner Wiederkunft sol es an stattlicher Belohnung nicht ermangeln: hier hastu zwey Ducaten auf Rechnung. Poncinello. Ach ihr freundlicher Herr / es geschieht mir mit eurem wegreisen kein Dienst: doch weil ihr mir zwey Ducaten spendirt / so 〈M r= 265〉 mags so seyn / kommt nur bald wieder / und nehmt keinen Schaden / stolpert auch nicht uͤ ber Pilatus See auff dem Schweitzer-Gebirge: macht euch auch nicht mit den Tyrannischen Blutvergießern zu gemeine / es gibt euch
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sonst ein Kuͤ hmelcker mit seiner breiten Plempe eins uͤ ber den Grind / daß euch die Caldaunen krachen. Macht es auch nicht in Franckreich / wie manche Geelschnaͤbel / die naschen gehn / und darnach heim kommen / wie meines Großvaters Hund / ihr sollet eurem Lenoͤrigen einen schoͤnen Dienst thun.
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Camillo. Nun die Zeit ist edel / hastu mehr zu erinnern / so gib mir es schrifftlich / oder schicke mir es auff Lyon nach. Sie leben nochmals wol. (Sie gehen an unterschiedenen Orten ab.) Poncinello. 〈Poncinello.〉 Sa sa / wieder frisch Geld / das die Mutter nicht weiß. Nun wird Monsieur Poncinello brav zum Frauenzimmer gehn / daß sich die gantze Statt uͤ ber den treflichen Courtisan verwundern wird. Sa sa / wie wil ich die elenden Hungerleider abstechen / die nicht thaͤten einen blutigen Heller haben / wenn man sie thaͤte zu Boden werffen. Ich halte wo ich meine Ducaten zu sehr funckeln lasse / so verblende ich die Jungfern / daß sie mir auff der Gasse nachlauffen. Nun es muß was seyn / wenn man sich in 〈266〉 der Welt als ein rechtschaffener Kerle durchbringen wil.
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(Borgia tritt auff)
Doch halt / ich muß zuvor die Rechnung machen / wie weit ich mit meinem Gelde außkomme. ein neu Hemde vor 18. Gr. 7. Pfen. 1. Hell. einen Kragen vor 11. gr. 11. pf. 11. Hell. ein paar neue Absaͤtze auff die Tantzschu 8. gr. 1. pf. 5. hell. ein paar Trodelgen unter die Krause 21. gr. 16. pf. ein Schnuptuch forn in die Kappe 16. gr. 17. pf. eine silberne Kremppe auf den Hut 30. gr. 14. pf. eine neue Degenscheide vor 6. gr. 8. pf. 9. hell. zwey Knieriemen mit silbernen Schnallen vor 3. Rthl. 14. gr.
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8. pf. Ein Complimentirbuch in Tuͤ rckisch Pappier gebunden vor 18. pf. ein Spanisch Rohr mit einem Bisenknopfe / daß es heißt / Jungfer riecht ihr was / es kommt von mir her / vor 34. gr. 9. pf. 14. hell. der Jungfer Magd Trinckgeld auff 4. mahl dritthalb groschen / den Musicanten wenn sie Abends ein Staͤndgen machen anderthalb Thal. der Jungfer zum Angebinde 6. gr. Band / 4. pf. Birnen / 2 gr. einen silbernen Fingerhut / und 8 gr. einem der mir einen Bogen Verse macht: denn ich kan zwar vor mich was machen; doch mag ich den Kopf nicht zerbrechen. Nun last sehen was behalt ich von meinen zwey Ducaten uͤ brig. (Er setzt sich nieder / macht auf der Er-〈M 2 r= 267〉de mit Kreide einen Strich nach dem andern / bald lescht er einen aus / bald schreibt er zwey dargegen an / und agirt sonst poßierlich.)
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Borgia. Wie ist es doch so wunderlich umb das Politische Gluͤ cke beschaffen. Einer von guten Qualitaͤten muß sich verachten und beschimpfen laßen; Ein ander / der die Einfalt und die Unvernunfft selber ist / wird hervorgezogen / und auff die hoͤchste Ehrenstuffe gesetzt. Ich habe meinen Jammer bißher an dem elenden Mutter-Soͤhngen dem Camillo gesehn / wie ihn das blinde Gluͤ ck zu des Fuͤ rsten Gnade erhoben / also daß ein jedweder nicht gewust / wie er das guͤ ldene Kalb gnung anbeten solte. Zwar es mag den Fuͤ rsten wol gereuen / daß er sich in seiner Wahl in etwas uͤ bereilet / doch grosse Herren wollen recht haben: was einmahl beschlossen ist / das wollen sie nicht umwerffen lassen. Und drumb muß Camillo nun in Franckreich ziehn / der Fuͤ rst giebt selbst die Unkosten darzu / nur daß sich der hoͤltzerne Peter in etwas sol behobeln lassen. Da wird er nun einen gantzen Sack voll Gramantzen / Complimenten und andere Eitelkeiten mitbringen / Gott gebe / ob des Fuͤ rsten Staat durch ihn gebessert oder verderbet wird. Es bleibt doch dabey / er ist so qualificirt 〈268〉 daß seines gleichen nicht im Lande sind. Doch zeuch hin / du Eselskopf / daß du vom Gebir-
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ge den Hals brechen muͤ ssest / oder daß du im Rhodan deinen Rest kriegest (er sieht Poncinello.) Sieh da Poncinello was machstu hier / wie bistu so geschaͤfftig? (Poncinello rechnet immer fort / und wil keine Audienz geben) Hoͤrstu Poncinello was hastu vor eine Rechnung?
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(Poncinello will nicht hoͤ ren / endlich wirfft ihm Borgia einen Thaler uͤ ber die Rechnung / da sieht er sich umb) Borgia. Was machstu hier? Poncinello. Ich habe was zu rechnen. Borgia. Was wilstu außrechnen?
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Poncinello. Vor einen kahlen Thaler geb ich nicht mehr Antwort. (er faͤ ngt wieder an zu rechnen) Borgia. Da hastu zwey Thaler / gib mir nur Antwort. Poncinello. Ich zehle mein Geld / und rechne aus wie hoch mich der Staat zu fuͤ hren koͤmmt.
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Borgia. Wo ist dein Herr? Poncinello. Auff die Frage habe ich noch kein Geld kriegt. (er faͤ ngt wieder an zu schreiben) 〈M 3 r= 269〉 Borgia. Du bist auch ein poßierlicher Kautz / da hastu noch einen Ducaten. Poncinello. Wo ist er gebt ihn her.
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Borgia. Nein nein du must auffstehn und mir rechten Bescheid geben / sonst stecke ich den Ducaten wieder ein. Poncinello. (stehet auff) Herr eurentwegen wolte ich viel thun / aber daß ich itz auffsteh / das thu ich des Geldes wegen. 5
Borgia. Nun sage mir auch / wo ist dein Herr? Poncinello. Er ist uͤ ber das Gebirge gezogen. Borgia. Wird er bald wieder kommen.
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Poncinello. Wo ihn die Liebe auff dem Wege so im Leibe reisset / als beym Abschiede / so wird er wol auff der Post durchreisen / und bald wieder zu Hause seyn. Borgia. War er bey dem Abschiede verliebt. Poncinello. Ach! Jungfer Lenoͤ rgen und Herr Flavio hatten gnung an ihm zu troͤsten. Borgia. Wobey blieb es endlich?
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Poncinello. Sie wolten einander fein fleissig schreiben / und ich solte Postmeister seyn. Borgia. Hoͤre Poncinello ich wolte dir hundert Ducaten geben / wenn ich dir trauen duͤ rffte.
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Poncinello. Herr / wo Geld liegt / da wolte ich meinen Vatter erschlagen / und wolte der Groß-Mutter auff das Grab triumphiren. Borgia. Aber kanstu auch schweigen? 〈270〉
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Poncinello. Wenn mir das Maul mit Ducaten gestopft ist / so schweig ich als ein Kaͤtzgen vor dem Mauseloche. Borgia. Wolan / so nim es in acht / wenn Camillo Briefe oder Boten schickt / und bringe sie zu mir / ich will alsdenn sagen / was du weiter thun solst. An Gelde soll dirs nicht mangeln / halt du nur reinen Mund.
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Poncinello. Es ist gut ich wil es nicht vergessen. Unterdessen sein Diener. (geht ab) Borgia. Halt du Fuchsschwaͤntzer / die Falle ist gebaut / du solst bezahlt werden / oder du must gar ein Gluͤ ckes-Kind seyn.
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(Flavio koͤ mmt / Borgia stellt sich traurig.) Flavio. Wie so traurig Signor Borgia? Borgia. Wie kan ich froͤlich seyn / da mein liebster und vertraute ster Camillo ohne mich in Franckreich gezogen ist.
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Flavio. Wiederkommen macht / daß man scheiden nicht acht. Borgia. Aussenbleiben macht / daß man scheiden gar zu viel acht. Flavio. Ein Cavallier hat viel Mittel sich zu troͤsten. Borgia. Unsere Freundschafft war zu zart / die geringste Entfernung geht ohne Schmertzen nicht ab / dieser Ring / den ich von seiner Hand bekommen / erhaͤlt mir noch das annehmliche An-〈M 4 r= 271〉dencken. Doch Signor Flavio vergebt mir / daß ich ihn verlassen muß.
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(geht ab)
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Flavio. Was denck ich/ was glaub ich? wem trau ich? Ist Borgia mit dem Camillo so vertraulich? warumb hat sich denn Camillo uͤ ber dessen Falschheit so oft beklaget? warum hat er mich so vielfaͤltig erinnert / seiner Freundschafft muͤ ssig zu gehn? Ja wol /es war kein Ring mehr uͤ brig / den Flavio zum Geschencke und zum Gedaͤchtnuͤ ß nehmen kunte / drum war er gut genung / daß man ihn mit leeren Worten abspeisete. O haͤtte ich meine Versprechungen wieder / damit ich die koͤstlichste Freundschafft von der Welt zu versiegeln gedachte; Aber damit sich das falsche Gemuͤ the in seiner Abwesenheit kuͤ tzeln und belustigen wird. (er stehet etwas in Gedancken) Zwar solte dem Borgia wol zu trauen seyn? solte er wol durch dieses listige beginnen unsere Liebe verstoͤren wollen? vielleicht hab ich schon wider die Freundschaft gehandelt / daß ich / wider des Camillo Vermahnung / dem falschgesinnten Borgia Gehoͤr gegeben. Es sey dahin gestellt: die Zeit wird der Unschuld Richter seyn. (Hercules tritt auf.)
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Hercules. Wie stehts Flavio, ist Camillo fort? Flavio. Ja Ihr Durchl. er gieng gestern mit der Meylaͤndischen Post fort / und ließ sich zum Abschied / der Hochfuͤ rstl. Gn. nochmals unterthaͤnigst befehlen. 〈272〉 Hercules. Mangelte es ihm an etwas?
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Flavio. Es war alles recht bestellt. Hercules. Ist es mit dem Wechsel richtig? Flavio. Ich weiß nicht anders.
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Hercules. Ach wenn er nur seine Gesundheit in acht nehme. Flavio. Darzu ist Camillo klug genung. Hercules. Vielleicht kan er des Frantzoͤschen Brotes nicht ge wohnen. Flavio. Wer sich maͤßig haͤlt / der kan alles Brot verdauen.
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Hercules. Vielleicht laͤsset er sich in ein Duell ein und wird toͤdlich beschaͤdiget. Flavio. Welchen kein Mensch hassen kan / der wird nicht beschaͤdigt. Hercules. So laͤsset er sich etwan die Liebe bethoͤren.
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Flavio. Camillo ist nicht so leicht zu gewinnen. Hercules. Nun das Gluͤ cke bringe Ihn zur guten Stunde wieder in unser Herzogthum. Flavio. Das ist gleichfals mein taͤglicher Wunsch. Hercules. Wie aber wenn ihm der Hoff in Franckreich gefiele?
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Flavio. Wenn Ihre Durchl. daselbst residirten, so wolte ich nicht zweiffeln. Hercules. Der Koͤnig in Franckreich hat mehr Mittel junge Gemuͤ ther an sich zu ziehn / als der Hertzog von Ferrar. 〈M 5 r= 273〉 Flavio. Aber Camillo hat kein Hertze mehr / das er einem fremden Potentaten verpfaͤnden koͤnte.
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Hercules. Wird er fleissig zuruͤ ck schreiben / und uns seinen Zustand wissen lassen / so haben wir destoweniger Ursach an seiner Standhafftigkeit zu zweifeln. Flavio. Solches hat er heilig versprochen. 5
Hercules. Der Außgang wird seine Gedancken eroͤffnen. (Sie gehn ab) Poncinello.
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〈Poncinello.〉 Ist das nicht eine stattliche Sache! ich bin nun sechs Jahr nacheinander / weil ich dem Camillo auffwarte / so ehrlich gewesen / daß es eine Schande ist / und habe doch nicht mehr davon als zwey kahle Ducaten: Nun ich nur anfange ein kleines bißgen zum Schelmen zu werden / so schneyt und hagelt mir das Geld zu. Sieh sieh Poncinello, bistu nicht eher klug worden / als itzund? muß man also zum Reichthumb kommen? halt ich wil die Pfeiffen brav schneiden: denn habe ich nur Geld / so mag es auff die letzt an den Tag kommen / ich wil doch wol bleiben. Ist doch heute ein reicher Schelm angenehmer / als ein armer Mann / der seine Ehrligkeit mit der Brabantischen Elle außmessen kan: (er besinnet sich) zwar wenn der Handel offenbahr wuͤ rde / und kaͤme vor den Fuͤrsten / was wuͤrde Signor Poncinello vor Capreolen auf dem Galgen schneiden? doch wer wil ein 〈274〉 Narr seyn / und das Ding verrathen / und darzu / habe ich Geld weil ich lebe / wer fragt nach der boͤsen viertel Stunde. Es stirbt mancher an dem Galgen viel saͤnfter / als ein ander auf dem Todbette / der sich etliche Jahr quaͤlen muß. Nun es geht drauf loß / je groͤsser Gluͤ cke / je besser Gluͤ cke / wer mir das gute Leben nicht goͤnnet / der thue mirs nach. In der Welt gehet es so zu / wer was haben wil / muß was wagen / die Karte liegt auf dem Tische / gewinne ich / wol gut: verspiele ich / patience.
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ANDERE HANDLUNG. Leonore, Sophie. (der Schauplatz præsentirt einen Garten.) Sophie. Mein gebietendes Fraͤulein / wozu dienet dieses Trauren / haben Ihr Gn. ein Geluͤ bde gethan alle Freude und Ergetzlichkeit aus dero Hertzen zu verbannen?
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Leonore. Ach schweig Sophie, und laß meine Gedancken unverstoͤrt. Sophie. Wie koͤmmt aber Camillo darzu / daß er seine Leonore nicht so schoͤn antreffen sol / als er sie verlassen hat?
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Leonore. Ach wer weiß ob sich Camillo seiner Leonore noch erinnert. Sophie. Ihr Gn. lieben nicht / sondern sie zweifeln. Leonore. Du verstehst die Liebe nicht / je hoͤher sie steigt / destomehr Ursach hat sie zu zweifeln. 〈M 6 r= 275〉
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Sophie. Doch Camillo wird durch den Zweifel beleidigt. Leonore. Ach nein / daraus wird er meine ungefaͤrbte Treu erkennen. Sophie. Doch begehrt er nicht / daß seine Liebste sich durch Angst und Bekuͤ mmernuͤ ß verzehren sol. Leonore. Ein schwaches Weibsbild kan der Traurigkeit nicht widerstehn.
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Sophie. Nun wie dem allen. E. Gn. haben mir unterschiedene mahl versprochen / den Verlauff ihrer Liebe mit dem Camillo zu entdecken / koͤnte ich itz so bittselig seyn / die anmuthige Begebenheit zu erfahren / so wuͤ rden sich E. Gn. vielleicht durch sothane Erzehlung selbst vergnuͤ gen und troͤsten koͤnnen. Leonore. Es sey also / komb setze dich mit auff die gruͤ ne Banck / und hoͤre an / warum ich mich betruͤ ben muß. Sophie. Ich bin gehorsam und folge. (sie setzen sich.)
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Leonore. Du weist es meine liebste Sophie, daß meine seel. Eltern / neben dem Hause ihre Wohnung gehabt / wo sich noch des Camillo Frau Mutter befindet / dannenhero war die Gelegenheit so gut / daß wir einander in der zarten Kindheit kennen lerneten / die Eltern schertzten selbst / und theilten mir den Camillo zum Liebsten zu. Wir nahmen es vor bekannt an / und begegneten einander mit solcher Liebesbezeugung / derer das kindliche Alter maͤchtig war. Wir wuchsen auch indergleichen Vertrauligkeit nebeneinander auf / dass sich gleichsam ein Sinn und ein 〈276〉 Hertze in zwey Leibern befand. Ich gebot ihm / er gehorchte mir: Er bat mich / ich war ihm nicht zu wieder. In Summa wir liebten einander / und wusten nicht was Liebe war. Endlich als ich in etwas zu meinem Verstande kam / schien es nicht rathsam / solchen Kinderpossen ferner nachzuhaͤngen. Sophie. Was sagte Camillo darzu? Leonore. Ich bat ihn hoͤflich / er moͤchte sich der Dinge enthalten / die uns kuͤ nfftiger Zeit uͤ bel anstehn wuͤ rden / doch nahm er solches mit einem schwitzenden Gesichte an / biß er sich verlauten ließ / er sehe wol / bißher haͤtten wir von der Liebe viel
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geredt und wenig gedacht: Nun wolten wir viel gedencken und destoweniger reden. Sophie. Ihre Gn. sind vielleicht mit dieser Resolution wol zu frieden gewesen. Leonore. Was meinstu Sophie, solte ein Frauenzimmer so unverschaͤmt seyn? zwar ich erfreute mich heimlich / uͤ ber seiner Standhaftigkeit / doch hatte er sich wenig zu erfreuen / denn ich bat ihn aus dem Hause zu bleiben / und wofern er mir einen Dienst zu guter letzt leisten wolte / moͤchte er mich mit seinen Besuchungen verschonen. Sonst wuͤ rde ich gezwungen werden mit ihm umzugehen / als mit einem Menschen / der mir in allem verdrießlich seyn wolte.
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Sophie. Das war zu grausam. Leonore. Ein Weibesbild soll nit allein das liederliche Wesen / sondern auch deßen Verdacht meiden. 〈M 7 r= 277〉
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Sophie. War aber Camillo gehorsam? Leonore. Was wolte er thun? er stellte sich als waͤre ihm der Befehl gar angenehm. Denn / sagte er / meine Gebieterin hat hierinn erwiesen / daß sie die Macht zu befehlen uͤ ber mich behalten wil / und daß ich abwesend noch allzeit ihr Diener heißen sol.
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Sophie. Das war schoͤn geantwortet. Enthielt er sich aber von der Zeit an aller Kundschafft. Leonore. Ich verwunderte mich / daß er so gehorsam war / doch grieff er sich in allerhand Leibes- und Gemuͤ ths-Ubungen dergestalt an / daß ich nirgend hin kam / da ich nicht von den sonderbahren Qualitaͤten des Camillo hoͤren muste: gleich als
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haͤtte sich alles verschworen / demselben bey mir ein gut Wort zu verleihen. Sophie. So tugendhafft ist Camillo, daß er seine Leonore auch abwesend vergnuͤ gen kan. 5
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Leonore. Ich weiß nicht / ob allzeit! doch last mich fortfahren. Er kam hiedurch in des Fuͤ rsten Gnade / wurde bey allen zu Hofe werth gehalten / also daß er sich endlich erkuͤ hnete mit meiner seeligen Frau Mutter / in Gespraͤche einzulassen / da erinnerte er sich der kindischen Liebe und brachte es so weit / daß er ein grosses Stuͤ cke vom Jaworte wegbekam. Ich an meinem Orte 〈278〉 ließ mir den Schluß nicht uͤ bel gefallen / weil ich in dem gantzen Hofe keine anstaͤndigere Liebe zu finden wuste. Sophie. Also ward Camillo wieder zufrieden gestellt.
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Leonore. Ach nein / es war noch nicht an dem / daß wir uns einiges Vergnuͤ gen einbilden duͤ rfften. Sophie. Was stund im Wege?
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Leonore. Des Camillo Herr Vater / der numehr vor einem Jahre die Welt gesegnet / ersuchte meine Frau Mutter schrifftlich / sie moͤchte seinen Sohn aus ihrem Hause lassen. Er sey gesinnet ihn anderswo zu verheyrathen / und wolle demnach nicht haben / daß ihm eine von den Leuten zugetheilet wuͤ rde / die ihm an dem zugedachten Stuͤ cke verhindern koͤnte. Sophie. Haͤtte ich doch dem ehrlichen Manne die Unhoͤfligkeit nicht zugetraut.
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Leonore. Er ist unschuldig / hoͤre nur: wir empfunden diß Anmuthen hoͤchlich / wiesen auch den Camillo mit schlechtem Respect zuruͤ cke.
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Sophie. Aber was hatte er gesuͤ ndiget? Leonore. Er solte seine rechtmaͤssige Liebste besuchen. Nun giengen wol fuͤ nf oder sechs Wochen vorbey / daß wir uns in dem Haß gegen den Camillo befestigten / und bey unterschiedlichen 〈279〉 aus unserer Freundschafft ansuchten / wie wir uns bey solchem Schimpfe zuverhalten haͤtten: Als der alte Camillo in unser Haus koͤmmt.
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Sophie. Wolte er seine Erinnerung auch muͤ ndlich thun? Leonore. Ach viel anders. Er klagte sein Sohn waͤre in eine toͤd liche Kranckheit gefallen / also daß er an seinem Leben allbereit verzweiffelt haͤtte. Gleichwol waͤre kein Doctor so klug gewesen / seine Kranckheit urspruͤ nglich zu errathen. Biß er endlich mit Schmertzen erfahren muͤ ssen / es habe ein leichtfertiger Boͤsewicht in seinem Nahmen ein Brief geschrieben / davon er die geringste Wissenschafft nicht haͤtte. So ward die Sache gut / wir wurden stracks versprochen / doch mit dem Beding / daß er noch zwey Jahr mit seiner voͤlligen Vergnuͤ gung zuruͤ ck stehen moͤchte.
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Sophie. Aber woher war der Brieff kommen? Leonore. Das haben wir noch diese Stunde nicht erfahren. (Borgia koͤ mmt) Sophie. (stehet auf) Ihr Gnaden / wer ist dort? 〈280〉 Leonore. Ach muß der Ungluͤ cks-Vogel unser Gespraͤche verstoͤren. Borgia. Schoͤnste Leonore soll man sie hier antreffen?
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Leonore. Die Personen meines Geschlechtes sollen die Einsamkeit lieben. Borgia. Ich weiß mich doch zu besinnen / daß sie vor der Zeit froͤlicher außgesehen hat. 5
Leonore. Die Stunden sind nicht alle gleich. Borgia. So ist mirs hoͤchlich leid / wofern dieselbe in ihrem Melancholischen divertissement verstoͤret wird. Leonore. Und mir ists leid / daß er an einen Ort koͤmmt da keine Vergnuͤ gung ist.
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Borgia. Es scheinet als sey die Jahreszeit dem Frauenzimmer zu wider: Meine Schwester kan nichts thun als Grillen fangen. Leonore. Ist sie nicht wol auf?
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Borgia. An der Gesundheit spuͤ r ich keinen Mangel / sie hat einen kleinen Spiegel / davor uͤ bt sie sich in verliebten Minen / daß ihr die Thraͤnen zu den Augen herauß fallen. Leonore. Das muß ein kraͤfftiger Spiegel seyn. Borgia. Ich weiß nicht: hier hab ich ihn entfuͤ hrt / indem sie von etlichen Gespielinnen aufgehalten wird. 〈281〉 Leonore. Darf ich so fuͤ rwitzig seyn / und das Wunder betrachten?
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Borgia. Sie hat es volle Macht. (er giebt es ihr) Leonore. Was ist diß? Camillo Bildnuͤ ß!
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Borgia. Ich weiß nicht / meine curiositæt erstreckt sich so weit nicht / ich habe es nur entfuͤ hrt / meine Schwester zu vexiren. Leonore. (giebts wieder) Nun wir sind unhoͤfflich und halten denselben zu lang auf. (gehen ab) Borgia. So recht / so muß man sie fangen. Flavio hat schon einen Argwohn auf den Camillo gefast. Itz hab ich der Leonore eine falsche Eifersucht in das Hertze gesetzt / dadurch ich zu meinem Zweck desto leichter gelangen wil. Zwar die gute Leonore tauert mich / daß sie mit vergebener Sorge betruͤ bet wird: Denn sie konte fast die Thraͤnen nicht halten / und muste zu dem Garten hinauß eylen / doch was hilffts? wer dem Camillo zugethan ist / der kan den Borgia nicht zum Freunde behalten.
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(geht ab) Der Schauplatz verwandelt sich.
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Poncinello hat sich besoffen. 〈Poncinello.〉 Heysa liederlich / fein lustig! das ist ein Leben / 〈282〉 schade daß es nicht tausend Jahr und vierzehen Tage wehren sol / heysa! Geld ist die Losung / wer das nicht hat / der mag mit einem duͤ rren Maule zu Bette gehn. Ich haͤtte nicht gedacht daß so viel ehrliche Kerlen in der Welt waͤren als ich itz erfahre. Da kommt einer nach dem andern Signor Poncinello, sein schuldigster / sein gehorsamster / sein untergebenster Diener / dem Herrn einen freundlichen Trunck / des Herrn eigene gute Gesundheit / nun recht ehrlich außgetruncken. Heysa das stutzt besser / als da es noch hieß / Poncinello du etc. butze die Schuhe / schmiere die Stiefel. Ein rechter Berenheuter bin ich / daß ich nicht etliche Jar eher bin zum Schelmen worden /
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da doch so ein herrlich Leben darbey ist. Nun nun last sehn / kan ich auch das Haus finden. (er taumelt und tappt herumb / biß er die Thuͤ r findet / da laufft er hinein.) Diego.
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〈Diego.〉 Nun Gott lob daß ich einmahl Ferrar erreichet habe. Wird mir doch der Weg so sauer / daß ich das Botschafft lauffen verschwoͤren moͤchte. Ja wir alten Leute / wir werden stumpf / die Kraͤffte nehmen ab / und es laͤsset sich allmaͤhlich zum lieben Tode an. Doch last sehn hierum sol das Haus seyn / da ich Briefe abzugeben habe. (er klopft an.) 〈283〉 Poncinello. (inwendig) Holla holla wer ist da? Diego. Macht auf.
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Poncinello. Macht auf / macht auf. Du Berenheuter wer bistu? Diego. Ich bin einer der hinein wil. Poncinello. Und ich bin einer der dich nicht wil hinein lassen. Diego. Ich aber bin einer der nicht heraussen bleiben wil. (er klopft staͤ rker an.)
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Poncinello. So bin ich einer der die unnuͤ tzen Kerlen von der Thuͤ r wegfuͤ hren kan. Diego. Wilstu mich wegfuͤ hren? ich muß auch darbey seyn.
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(er klopft.) Poncinello. (koͤ mmt herauß gelauffen) Wer ist der Schurcke / der unsern Hauß-Frieden brechen wil / wo bistu / ich wil dich in hundert tausend Stuͤ cke zerhauen. Diego. Ey hundert tausend Stuͤ cke waͤren zu viel / wenn es noch neun und neuntzig tausend neunhundert und neun und neuntzig waͤren.
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Poncinello. Du alter Knisterbart wilstu noch hoͤnisch seyn? Diego. Mit den Haͤndeln! ich wil in das Haus da Signor Flavio wohnet. 〈284〉
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Poncinello. (stutzt ein wenig) Botz tausend / das ist ein Bote von meinem Herrn / ich muß ihn hoͤfflicher tractiren. Wo wollet ihr hin. Diego. Zu Signor Flavio. Poncinello. Wo kommet ihr her?
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Diego. Ich komme von Turin / da reisete ein fremder Herr durch / der gab mir Briefe / und befahl mir einen grossen Hauffen muͤ ndlich zu berichten. Poncinello. Ja ja hoͤre es wo ihr herkommt / es wird meinem Herren gar lieb seyn / er hat lange darauf gewart. Aber ich halte nicht daß er zu Hause ist. Diego. Ist denn die Jungfer Klenure oder wie sie heist nicht da? Poncinello. Die wohnt nicht hier / kommt mit ich wil euch zu rechte weisen.
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Christian Weise
Diego. Halt mich nur nicht lange auf. Poncinello. Nein nein / mir ist selbst daran gelegen / seht da ist das Hauß / wartet ein bißgen an der Thuͤ r / ich wil dort gegen uͤ ber hoͤren ob jemand da ist. 5
(Diego geht hinein) Poncinello. Sieh da / diesen Schelmen haͤtte ich bald verschlaffen / wo find ich nun meinen Herrn Borgia, dem ich die froͤliche Zeitung bringe? Es wird ihm ein Fressen seyn / wie wird er den armen alten Mann abfertigen. 〈285〉
10
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(Borgia koͤ mmt.) Borgia. Ich habe endlich alle Sachen klug genung angefangen: Nur dieses weiß ich nicht / ob dem naͤrrischen Poncinello viel zu trauen sey. Er hat mir versprochen alle Briefe zu verrathen: Allein ich sehe noch nichts / da es doch fast unmuͤ glich scheint / daß Camillo so lang verziehen solte / doch sieh da / der ehrliche Mann begegnet mir gleich. Poncinello, Poncinello, steht / steh. Poncinello. Wenn man am nothwendigsten zu thun hat / so fuͤ hrt der Hencker die meisten Ochsenkoͤpfe in den Weg / die einen verhindern muͤ ssen. Ich steh nicht / ich steh nicht. (er laͤ ufft herumb) Borgia. (fasset ihn bey dem Ermel) Poncinello steh / steh. Poncinello. Ich stehe nicht. (er zeucht das Wammes auß / und laͤ ßt dem Borgia den Ermel in der Hand)
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Borgia. (fasset ihn beym Leibe) Steh doch du Narr.
Die beschützte Unschuld II
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Poncinello. Weil ich meinen rechtmaͤssigen Titel kriege / so wil ich doch stehn / wer ist denn da / der so viel zu befehlen hat? Borgia. Wilstu nicht stehn / so kriegstu kein Geld. 〈286〉 Poncinello. Ach Signor seyd ihrs / ich lauffe herum und suche euch.
5
Borgia. Du bist ein schoͤner Vogel. Ich halte wenn ich mich am meisten auff dich verlasse / so ist es mit was anders versiegelt. Poncinello. So ein schlimmer Hund ist Poncinello nicht. Borgia. Aber du giebst auf die Boten so schoͤn achtung. Poncinello. Herr deßwegen lauff ich so / ich habe einen in der Falle: doch es ist so schlimb / er wil mit dem Flavio und der Leonore selbst reden.
10
Borgia. Was ist es vor ein Landsmann? Poncinello. Er ist ein unbekandter Kerle / er sagte seine Stadt heiße Cathrine.
15
Borgia. Hoͤre Poncinello, ich wil sagen, ich sey Flavio, unsere Cæcilie sol die Leonore præsentiren / bringe ihn nur her. Poncinello. Das ist trefflich außgesonnen. Aber wenn er Antwort begehrt. Borgia. Da laß mich davor sorgen. (geht ab)
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Christian Weise
Poncinello. (ruffet den Diego herauß) Landsmann wo seyd ihr / kommt fort ich habe sie gefunden. 〈287〉 Diego. Ihr seyd gar zu ein huͤ bscher Herr / daß ihr die Leute nicht aufhalt. 5
Poncinello. Ich bin auch ein Bote gewesen / ich weiß wol / was vor ein Verdruß darbey ist / wenn man so langsame Abfertigung hat. (Borgia und Cæcilie treten auff.) Diego. Das werden gewiß die Leute seyn.
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Poncinello. Ja ja geht nur hin / und richtet eure Sachen wol aus / ich wil nur ein bißgen dahin gehen. (geht ab) Borgia. Ihr werdet der Bote seyn.
15
Diego. Ja Herr Flavio, da ist ein Brief an Euch / und ihr werdet die Jungfer Clenure seyn? Cæcilie. Ich weiß nicht anders / bekomme ich auch was? Diego. Da ist ein gantzer Pack. Borgia. Habt ihr nichts muͤ ndlich zu gedencken.
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Diego. Nicht gar viel / der fremde Herr reisete bald fort / er bat mich nur / ich solte es keinem andern Menschen als euch selber geben / und wenn 〈288〉 ich Briefe mit zuruͤ ck braͤchte / so solte ich sie zu Turin auff die Lyonische Post geben.
Die beschützte Unschuld II
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Borgia. Es ist gar gut / wie befindet er sich? Diego. Es gieng ihm gar wol. Und ihr werdet es besser im Briefe sehn. Borgia. Seyd ihr bezahlet worden? Diego. Ja es ist alles richtig gemacht.
5
Borgia. Da habt ihr noch einen Thaler Trinckgeld / ich werde Morgen meinen eigenen Cammerdiener zu Pferde dahin abfertigen / drumb ist nicht vonnoͤthen / daß ihr auff Antwort verziehet. Diego. Ihr werdet es am besten wissen / was zu thun ist.
10
Borgia. Haltet euch nur nicht lang auf / und saget keinem Menschen von den Briefen. Diego. Bey leibe nicht / der Herr hat mirs so feste eingebunden / daß ich nirgends davon reden sol / als bey euch. Borgia. So gedenckt auch daran.
15
Diego. Gar wol. Nun Gott befohlen / grossen Danck vor das Geschencke. (geht ab.) Borgia. Cæcilie gebt mir den Brief her. Cæcilie. Ich werde doch einen recompens kriegen. Borgia. Davor sorgt nicht. 〈N r= 289〉
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Christian Weise
Cæcilie. Es ist aber deß Herrn Gebrauch / daß er gerne schuldig bleibt. (geht ab.)
5
Borgia. Die Sache leufft gluͤ cklich / doch muß ich sehn / was sich der Liebhaber vor Worte gebraucht. Wehrtester Flavio.
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Ich bin gluͤ cklich uͤ ber Meyland auf Turin kommen / in willens von dar nach Lyon zu passiren. Was ich an beyden Hoͤfen vor expedition gehabt / wird der Bruder auß dem Journal ersehen / welches vor Ih. Durchl. beygeleget ist. Er wird bemuͤ ht seyn deroselben mein gehorsamstes Zuschreiben ehistes zu uͤ berreichen. Im uͤ brigen bitte ich der einmahl geschlossenen Freundschafft ingedenck zu bleiben / und mich vor meinen Widersachern / absonderlich vor dem grundboͤsen Borgia (er schuͤ ttelt den Kopf) zu beschuͤ tzen. Verbleibe etc.
20
〈Borgia.〉 Sieh da du ehrlicher Vogel / du hast den grundboͤsen Borgia noch nicht kennen lernen / itz wirstu erst erfahren / wie schwer es sey / den Borgia zum Feinde haben / doch die beygelegten Sachen uͤ berlese ich zu anderer Zeit / itz kan ich die Stunden besser anwenden.
10
(geht ab.) Leonore, Sophie. Sophie. Ich glaube es nicht. Leonore. Die Sache ist zu klar / ich muß es glauben. 〈290〉 25
Sophie. Camillo wird so falsch nicht handeln.
Die beschützte Unschuld II
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Leonore. Die Sache hat es selbst erwiesen. Sophie. Redet denn Borgia lauter Evangelium. Leonore. Es ist an dem / doch das Bildnuͤ ß war gleichwol da. Sophie. Dadurch wird nichts erwiesen. Leonore. Der Beweiß ist gar zu handgreifflich.
5
Sophie. Borgia ist sein Feind. Leonore. So hat sich Camillo gestellt / vielleicht sind wir be trogen. Sophie. Ih. Gn. halten noch inne / biß Briefe kommen. Leonore. Haͤtte der untreue Mensch Lust zu schreiben / wir haͤtten laͤngst Briefe gehabt.
10
Sophie. Sie koͤnnen unterwegens auffgehalten werden. Leonore. Ach schmeichle mir nicht mit einer solchen vergebenen Hofnung. Ich bin verlohren. Ach warum habe ich mich durch die schmeichelnden Reden bewegen lassen? warum habe ich der falschen Scheinheiligkeit so leichtlich Glauben gegeben. Du grimmiges Tygerthier / gehe hin / und ruͤ hme dich bey deinen Damen in Franckreich / wie viel Personen du in Italien betruͤ bet hast. Du Moͤrder / verachte mich nach dei-〈N 2 r= 291〉 nem Gefallen / du wirst die Ehre bald haben / daß du mich in den Tod gebracht hast / alsdenn wil ich deiner Untreu obsiegen / und dich mit meinem Schatten aͤngstigen. Sophie. Gnaͤdiges Fraͤulein / wird Camillo hierdurch nicht be leydiget?
15
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Christian Weise
Leonore. Was beleydigen? Der Bluthund wil mich toͤden. Sophie. Wer hat es denn gewiß gemacht? Leonore. Schweig davon / sonst muß ich dich vor meine Verraͤtherin halten. 5
(Sophie seuffzet / Flavio koͤ mmt.) Flavio. Wie wils / angenehmste Leonore, sind keine Schreiben aus Franckreich kommen? Leonore. Ich habe noch nichts gesehn. Flavio. Es nimmt mich wunder.
10
Leonore. Und ich weiß nicht was ich mir einbilden sol. Flavio. Solte ihm ein Unfall zugestossen seyn. Leonore. Meine Gedancken werden am besten zutreffen. Flavio. Was vor Gedancken?
15
Leonore. Dass er mit dem Vaterlande alle Bekandschafft verlassen werde. Flavio. Ich hoffe noch das beste. 〈292〉 Leonore. Es wird eine Gattung von der Hofnung seyn / die zu schanden wird. Flavio. Die Zeit wird es eroͤffnen.
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Leonore. Zu unserm Schaden.
Die beschützte Unschuld II
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Flavio. Gott verhuͤ te solches! Camillo wuͤ rde ohne Schaden nicht davon kommen. Leonore. Unterdessen muͤ ssen die unschuldigen gequaͤlet werden. Flavio. Sie gebe sich zu frieden. Man darf nicht vor der Zeit verzweifeln.
5
Leonore. Ach diese Verzweifelung hat sich nicht vor der Zeit angefangen. Sophie. Es wundert mich daß Poncinello nicht nach der Post fragt. Leonore. Ich sehe den leichtfertigen Vogel nicht / er wird nicht ruhen biß die zwey Ducaten versoffen sind.
10
Sophie. Wer weiß wo der poßierliche Kautz was versehn hat. Flavio. Ich gehe / kan ich etwas erforschen / so sol Leonore meiner Freude theilhaftig seyn. Leonore. Seine Bemuͤ hung ist vergebens.
15
(Leonore und Sophie gehn ab) Flavio. Wem ist zu trauen / wo Camillo falsch ist? haͤtte ich auf diesen Freund nicht starcke Thuͤ rme gebauet? und nun hat es doch das Ansehen / als waͤre ich / und viel andere betrogen. 〈N 3 r= 293〉 Der Himmel sey mein Zeuge / daß ich zu keiner Falschheit Ursache gegeben. (Diego koͤ mmt herauß und hat sich besoffen.) Flavio. Aber siehe da / was muß diß vor ein alter Kumpe seyn.
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Diego. Ich bin ein elender Mensch / ich kan nicht lauffen / ich kan nicht sauffen / es ist alles auß / der liebe Herr spendirte mir einen Thaler / davon legte ich etliche Groschen an nasse Wahre / die ist mir in den Kopf gestiegen / daß ich kaum den Weg vor mir seh. Nun ich werde schoͤn zu rechte kommen. Flavio. Guter Freund wo hinauß? Diego. Lieber Herr / immer da hinauß / der Nase nach / so geht der Ruͤ cken nicht irre. Flavio. Ihr seyd bey den Bauren in die Schule gangen.
10
Diego. Die Bauren muͤ ssen auch seyn / da Adam hackt / und Eva span / wer war daselbst ein Edelmann? Flavio. Ich seh ihr seyd wol belesen. Diego. Herr lasset mich gehn: Mein Weg ist weiter / als eurer. Flavio. Wo geht denn euer Weg hin?
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Diego. Wenn ichs gleich sagte; ihr gebt mir doch das Geleite nicht biß auf Turin. 〈294〉 Flavio. Seyd ihr von Turin? was habt ihr hier zu thun?
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Diego. Es hat mich ein Herr hieher geschickt. (hier mag der Bote den Camillo in seinem Gesicht / Haaren / Kleidern etc. beschreiben / wie derselbe aussieht / der die Person agirt) Aber ich darf es andern Leuten nicht weiß machen / was ich ausgerichtet habe. Flavio. Wo seyd ihr denn gewesen? ihr seyd treflich wunderlich.
Die beschützte Unschuld II
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Diego. Was mir verboten ist / das sag ich nicht / guten Tag. (geht ab) Flavio. Ist es moͤglich / daß Camillo einen Boten hieher abgefertigt / und mir keinen Brief geschickt hat. Ich muß selbst anfangen an seiner Treu zu zweifeln. Poncinello ist auch nirgends anzutreffen / welchen ich sonst diesem Boten koͤnte uͤ ber den Hals schicken. (er ruffet) Poncinello, Poncinello.
5
(Poncinello koͤ mmt.) Poncinello. Was da / was da / wer rufft? Flavio. Du Stuͤ ckschelm / wo steckstu den gantzen Tag / du wirst dein Geld wol verdienen.
10
Poncinello. Herr ich bin stets zu Hause. Flavio. Im Weinhause vielleicht. 〈N 4 r= 295〉 Poncinello. Ich kan keinen Wein riechen. Flavio. Darum seuffstu ihn aus / daß du ihn nicht riechen darfst.
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Poncinello. Ich habe ein gut Gewissen. Flavio. Groͤsser als ein Scheunthor / doch itzt ist nicht die Zeit / Possen zu treiben: hastu noch keinen Boten von Camillo gesehn. Poncinello. Nein fuͤ rwar / ich lauffe alle Tage auf die Landstraße / und wil was erwarten: aber ich sehe nichts kommen.
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Christian Weise
Flavio. Du siehst gewiß in die Weinkanne / da koͤmmt freylich niemand. Poncinello. Ey ich nehme mein Ampt so in acht / es thaͤte Noth / man verbesserte mir die Besoldung. 5
Flavio. Warum hastu aber den alten graubaͤrtigen Boten von Turin nicht hieher gebracht. Poncinello. Ich weiß von keinem Boten.
10
Flavio. So giebstu Achtung. Hoͤre Poncinello, lauff ihm nach / und sieh ob du etwas aus ihm bringen kanst / und sage mir es wieder. (geht ab) Poncinello. Ist das nicht ein alter schimmelkoͤpffigter Berenheuter / da haͤtte er leicht das gantze Spiel verderbt / halt wo ich ihn finde / ich wil ihm Fuͤ ße machen.
15
(geht ab) (Diego kommt.)
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〈Diego.〉 Ja ja / wer doch allen Leuten sagte / was man zu verrichten haͤtte. O nein / ich erschrecke vor keinem solchen Kerlen / ich hab sie vornehmer vor mir gesehn: haͤtte ich nit koͤnnen reinen Mund 〈296〉 halten / ich waͤre nicht so lange ein Bote gewesen. (Poncinello koͤ mmt gelaufen) 〈Poncinello.〉 Halt / halt / du Maußkopf / du Scheerschlip / du Rattenpulver / du Hechelmacher / du Meußfallen-Jubelirer / du Bandite / du Spitzbube/ halt auf / halt auf.
Die beschützte Unschuld II
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Diego. Was ist da? Herr seht ihrs nicht / daß ichs bin? Poncinello. Fort / fort / es sind fuͤnfzehen Haͤscher auf der Strasse / die sollen achtung drauf geben / ob ein alter grauer Bote von Turin koͤmmt / den sollen sie todt oder lebendig liefern. Diego. Ich armer Mann / was habe ich denn gethan?
5
Poncinello. Ey was gethan / schier dich zum Lande hinaus. Diego. Ich kan nicht laͤngere Schritte thun / als mir die Beine gewachsen sind. Poncinello. Du alter Schelm / so nimb die Beine auf den Nacken / und lauf damit fort.
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Diego. Auf was sol ich denn lauffen / gewiß auf den Sturtzeln? Poncinello. Lauf so lieb dir dein Leben ist. Diego. Ich kan nicht lauffen / wenn es den Leuten eine Ehre ist / so moͤgen sie mir die Handvoll Blut nehmen. 〈N 5 r= 297〉 Poncinello. Du alter Dieb / wilstu nicht lauffen?
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Diego. Da wil ich mich niedersetzen. Poncinello. So wirstu gewiß gehangen. Diego. Ich kan nicht dafuͤ r / wenn solche Strassenraͤuber uͤ ber mich kommen. Poncinello. Du alter Krippenstoͤsser / du bist es nicht werth / daß ich es so gut mit dir meine: Sieh da / wilstu oder kanstu nicht
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Christian Weise
lauffen / so wil ich dir einen guten Rath geben / laß dir den grauen Bart abschneiden / daß dich die Soldaten nicht kennen. Diego. Ach nein / das ist mein bester Zierrath. Poncinello. So laß dich in diesem Zierrath an den Galgen hencken. 5
Diego. Ich armer Mann! ist es denn so scharff? Poncinello. So wahr ich ein ehrlicher Mann bin / es ist Befehl da / der erste der dich kriegt / sol dich an den naͤchsten Baum hencken. Diego. Auf die Weise muß der Bart wol herunter.
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Poncinello. Habe ichs doch lange gesagt / nun recke den Tuͤ ntschel her. (hier schneidet ihm Poncinello den Bart ab / und treibet possierliche Haͤ ndel mit ihm.) 〈298〉 Diego. Nun grossen Danck vor die gute Vorsorge / ich wil nun sehn wo ich fort komme.
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Poncinello. Es ist dir auch zu rathen. (Diego geht ab)
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Du alter Dieb geh nun in deinem vermutzten Barte / so nistelt kein Krebs drein. Das Hertze zittert mir / wenn ich daran dencke / was vor ein Ungluͤ ck daraus haͤtte entstehn koͤnnen. Halt koͤmmt noch ein Schelm / so wil ich ihn besser in acht nehmen. Wenn es Signor Borgia wuͤ ste / er zoͤge mir sechs Ducaten am Wochenlohn ab. Doch ich bin sehr gelauffen / hier ist gleich ein Wirthshauß / da werde ich dem Barte ein Grabelied singen. (geht ab)
Die beschützte Unschuld II
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Sophie. 〈Sophie.〉 Ich kan mich in die Haͤndel nicht schicken / Flavio wil einen Boten von Turin gesehen haben; und gleichwol sehen wir keine Briefe. Poncinello ist dem Boten nachgelauffen / und das bleyerne Voͤgelgen koͤmmt nicht wieder: Es geht poßierlich untereinander. Und niemand begegnet mir / den ich fragen koͤnte.
5
(Cæcilie koͤ mmt)
Doch sieh da / Cæcilie kan mich berichten / hoͤret doch / habt ihr nicht den Poncinello gesehn?
10
Cæcilie. Was geht mich Poncinello an? Sophie. Er ist den Weg hingegangen / ist er euch nicht begegnet? 〈N 6 r= 299〉 Cæcilie. Was gehey ich mich um den Narren? da henckt er mir auf dem Ruͤ cken.
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Sophie. Die Jungfer ist treflich spitzfuͤ ndig. Cæcilie. So lasset mich ein andermahl gehn. Sophie. Ihr gutes Mensch / ihr duͤ rffet euch die Helffte so viel nicht einbilden. Cæcilie. Botz tausend / ihr seyd gewiß die bestallte Richterin uͤ ber die Einbildung: es thut euch kuͤ rre / daß ihr fuͤ nfzehen Wochen eine Jungfer-Magd seyd.
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Christian Weise
Sophie. Je du Aschenbroͤdel / ich habe ehrliche Eltern gehabt / und daß ich vornehmen Leuten auffwarte / das thu ich aus freyem Willen. Cæcilie. Ja es sind der sauren / hatte der Fuchs gesagt. 5
Sophie. Wer bistu denn wol? ist dein Vater nicht mit den Banditen darvon gelauffen. Cæcilie. Dein Vater ist gewiß einer von Adel gewesen. Sophie. Allzeit ehrlicher als deiner. Cæcilie. Wie theuer giebstu ein paar Loth uͤ berleye Ehrlichkeit?
10
Sophie. Nicht naͤher. Cæcilie. Du moͤchtest auf die Messen ziehn / da kriegt eine reine Jungfer vor ihre Ehre zwoͤlf Thaler. 〈300〉 Sophie. O du Nickel siehstu mich vor eine solche an? Cæcilie. O schweig stille oder ich sage was.
15
Sophie. Was denn irgend? halt du nur das Maul / weistu dorte? Cæcilie. Du / weistu dorte / pe, a, pa? Sophie. Und weistu / em, i, mi? (Poncinello koͤ mmt gelauffen / und rennet mitten durch die Cammer-Maͤ gdgen durch)
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Sophie. Siehe da Esel / bistu auch da?
Die beschützte Unschuld II
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Poncinello. Und ihr Jungfern seyd ihr auch da / was gab es vor ein freundlich Gespraͤch? Sophie. Wir gedachten an deine Liebe. Poncinello. Drum juckte michs in der lincken Fuß-Sohle. Sophie. Warum in der lincken.
5
Poncinello. Die koͤmmt von Hertzen. Cæcilie. Nu Jungfer Fickgen / itz giebt es die Gelegenheit nicht / heist mich ein leichtfertig Mensch / wo ich dirs nicht gedencke. (geht ab) Sophie. Du kanst dich anmelden.
10
Poncinello. Was sind das vor Complimenten? Sophie. Der Bote von Turin hat sie mit bracht. Poncinello. Was vor ein Bote? 〈N 7 r= 301〉 Sophie. Den Poncinello so schoͤn einhohlen kan. Poncinello. Die Rede ist vor mich zu hoch. Sophie. Nim ein Kloͤtzgen auf den Kopf / daß du sie erlangen kanst. Poncinello. Schonte ich nicht Jungfer Lenoͤrigen / ich wolte dir das Kloͤtzgen auf dem Kopfe gesegnen. Sophie. Ach was woltestu thun. Sage lieber wo der Bote ist!
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Christian Weise
Poncinello. Ich habe keinen Boten gesehn. Ein alter Kerle hatte ein Pferd zwischen den Beinen / und lief damit die Landstraße hin; ob es der nicht schuldige gewesen / davon kan ich nicht reden. Das ist gewiß / ich kunte ihm nicht nachlauffen. 5
Sophie. So gehts / wenn man Narren uͤ ber die Eyer setzt. (geht ab)
10
Poncinello. Du armes Thiergen / ich bin kein Narr / ich habe ihn wohl gefunden / aber ich war klug / und wolte ihn nicht verrathen. So geht es in der Welt / wer sich alber stellt / muß ein Narr seyn / da er wohl zehen kluge Leute koͤnte zum Aprill schicken. Nun wolan / die Narrheit traͤgt mir Geld ein. Ich wil darbey bleiben. (er tritt auf die Seite) 〈302〉 Flavio, Filippo.
15
Flavio. So hastu alles in acht genommen. Filippo. Ich wil nichts vergessen. Flavio. Ruhe nicht / laß dich auch keinen Menschen abhalten biß du den Camillo gefunden hast. Filippo. Aber ich gebe ihm den Brief nicht alsobald.
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Flavio. Nein / frage vor nach / ob er sich irgend mit einer Liebsten eingelassen / ob er andere Herrendienste angenommen. Filippo. Wenn es aber also geschehen waͤre? Flavio. So komb zu ruͤ ck / und bringe mir den Brief wieder.
Die beschützte Unschuld II
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Filippo. Unterdessen lebe mein Herr wol. Flavio. Und du reise gesund. Ich binde dirs auf die Seele / wirstu was versehn / es sol von dir gefodert werden. (sie gehn ab) Poncinello. 〈Poncinello.〉 Das waͤre bald versehn worden / beym sanct Velten / wo der Kerle fortreitet / so kommen meine Stuͤ ckgen an den Tag / und ich gerathe an den Galgen / gleich zu der Zeit / da ich gantz nicht darzu geschickt bin. Ich muß hoͤren ob Herr Borgia was zu rathen weiß. Er hat mich hinein gefuͤ hrt / er mag mich bey Ehren erhalten. (geht ab) 〈303〉
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Christian Weise
DRITTE HANDLUNG. Borgia, Bastardo. Borgia. Ist es verrichtet? Bastardo. Was mir anvertrauet wird / das ist so viel als geschehn. 5
Borgia. War es auch der rechte? Bastardo. Es war des Flavio Diener Filippo, ich kenne ihn wol. Borgia. Gieng es leicht ab?
10
Bastardo. O ja / ich rennete ihm nach / und leistete ihm Gesellschaft / biß drey Meylen von hier / da forschete ich wo er hin wolte. Doch war der Vogel gewandt / und nannte mir eine andere Straße. Allein ich paßete auf der rechten auf / und als er angestochen kam / schenckte ich ihm eine Kugel durch den Kopf / daß er seines Reitens wol vergessen wird. Borgia. Aber wenn die Sache verrathen wuͤ rde?
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Bastardo. Da laße er mich davor sorgen: Er ist schon auf die Seite geschleppt / da sind die Briefe. Borgia. Es ist gut. Was ist nun vor die Muͤ h? Bastardo. Ich mag die Leute nicht uͤ bersetzen / ich nehme von einer Person todt zu schlagen vier Reichsthaler.
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Borgia. Da ist das Geld. 〈304〉 Bastardo. Ich bedancke mich vor gute Bezahlung / braucht er ins kuͤ nftige etwas / so lasse er michs nur wissen.
Die beschützte Unschuld III
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Borgia. Gar wol. Ich verlasse mich drauf / es moͤchte bald etwas zu thun geben. Bastardo. Ich steh allzeit zu seinen Diensten. (sie gehn ab) Hercules, Flavio.
5
Hercules. So ist Camillo untreu worden? Flavio. Sein langwieriges Stillschweigen macht mich zweifel haftig. Hercules. Das heist eines Fuͤ rsten Gnade mißbraucht. Flavio. Ist Camillo schuld an dem außenbleibenden Bericht / so muß ich sagen daß er der leichtfertigste Mensch unter der Sonne ist.
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Hercules. Wir werden ins kuͤ nftige mit unser Gnade sparsamer umgehn. Flavio. Es steht drauf was mein Cammerdiener vor Zeitung zu ruͤ ck bringt.
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Hercules. Wie bald kan er wieder hier seyn? Flavio. Er wird sich nicht saͤumen. Camillo muͤ ste ihn aufhalten. Hercules. Ja Camillo, der schoͤne und beliebliche Namen: Aber numehr der schaͤndlichste und verfluchteste Namen: Der Inhalt aller Undanckbarkeit / der Außzug aller verraͤtherischen Unbestaͤndigkeit. 〈305〉
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Christian Weise
Flavio. Ich kan noch nicht sehen / mit was vor Raison er einen andern Stand ergreiffen kan. Hercules. Desto straffwuͤ rdiger ist er.
5
Flavio. Ich wolte sagen / es haͤtte ihn ein Ungluͤ ck uͤ berfallen: doch warum wird solches nicht hieher geschrieben? Hercules. Die lasterhaftige Hand schaͤmet sich / auch in Schrifften vor unsere Augen zu treten. Flavio. An keinem Hofe kan solches gebilligt werden.
10
Hercules. Er hat sich mit Leonoren verbunden: Haͤlt er nicht sein Wort / so wird er nicht unter denen von Adel gelitten. Flavio. Leonore bekuͤ mmert sich biß auf den Todt.
15
Hercules. Sie sol sich erfreuen / daß die Falschheit an den Tag koͤmmt / ehe er ihrer vollkommenen Liebe genossen hat. Geht hin / versichert sie unserer Gnade / daß wir nicht ruhen wollen / ehe wir sie vergnuͤ get sehen. (sie gehen ab) Simplicio.
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〈Simplicio.〉 So lieb mir das Anschauen meines Vatterlandes ist / so sehr muß ich erschrecken / wenn ich an die Verraͤtherey gedencke / welche meinen Herrn den Camillo dermassen verhast gemacht / 〈306〉 also daß er von seiner Abreise an nicht einer Zeile gewuͤ rdiget worden / unangesehen / er keine Gelegenheit zu schreiben verabseumet. Er hatte einen gnaͤdigen Fuͤ rsten / außerlesene Freunde / und eine unvergleichlich treue Liebste. Doch nun hat sich alles umgewandt / daß ich fast Be-
Die beschützte Unschuld III
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dencken trage / offentlich in der Stadt herumzugehen. Ich sehe mich um: Allein ich finde keinen / dem ich trauen duͤ rffte / Poncinello ist noch der einfaͤltigste / solte ich diesen antreffen / der wuͤ rde wol mit etwas herausplumpen. Doch siehe da / zu gutem Gluͤ cke koͤmmt er.
5
(Poncinello 〈kommt〉) 〈Poncinello.〉 Ich dachte es waͤre gar leicht / wenn man einen Schelmen agirte: doch nun befinde ichs was vor Auffmerckens und Kopfbrechens darzu erfodert wird. Da muß ich immer auf der Schildwache stehn daß mir kein loßer Vogel Possen macht. Ich kan keine Kanne Wein mit frieden sauffen: Ich kan keine Mittags-Ruh halten. Summirum Summarum / ich habe so viel Sorgen als der Moscowittische Groß-Cantzler / daß ich oft dencke / sind die Leute nicht Narren / daß sie sich die losen Stuͤ cke so sauer werden lassen / und koͤnten mit eben der Muͤ h was guts thun. Nun was hilffts die Professiones sind unterschiedlich / wir koͤnnen nicht alle einerley Handwerck treiben. Ein Feuermauerkehrer macht keine Schuh / ein Schneider flickt keine Kessel / eine Koͤhlerin kan keine Waͤ-〈307〉scherin seyn: Und also kan ein Schelm kein ehrlich Mann seyn. Es muß doch alles gethan werden: Doch halt / was ist das vor ein Gast / ist es nicht unser Cammerdiener? wie werde ich den betriegen? lauf ich zum Borgia, so fuͤ hrt ihn der Luͤ tzel zum Flavio, bleib ich bey ihm / so ist die Sache auch mißlich. Nun laß sehn Poncinello, raffe die Weißheit zusammen / der Kerle muß betrogen seyn.
10
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Simplicio. Sein Diener Signor Poncinello. Poncinello. Je Simplicio, willkommen hier zu Lande / ich erfreue mich euer guten Gesundheit / wie kommt ihr so allein? oder ist euer Herr schon voran gereiset?
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Christian Weise
Simplicio. Ach nein / ich bin nur allein abgefertiget. Doch weistu nicht wie die Sachen stehn?
5
Poncinello. Wie sollen sie stehn / schlecht genung / wenn ich mich nicht mit Betteln behuͤ lffe / so haͤtte ich unterweilen nichts zu freßen. Simplicio. Wer hat denn solche Haͤndel gemacht? Poncinello. Ich weiß nicht. Flavio ist ein rechter Vogel / der wil die Leonore einem andern verheyrathen: drum muß Camillo vor nieder geschlagen werden / versteht ihr mich.
10
Simplicio. Man sieht wie es geht. Poncinello. Mein Raht waͤre / euer Herr saͤhe sich in Franckreich oder anderswo nach Gelegenheit umb / wo er in das Land wieder koͤmmt / so ist er des Lebens nicht sicher. 〈308〉
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Simplicio. Was fang ich nun an / hier hab ich Briefe an den Fuͤ rsten / und an andere mehr. Poncinello. Ich wolte sie wieder zu ruͤ ck nehmen. Es ist fuͤ rwar kein Kinderspiel / es steht Leib und Leben darauf.
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Simplicio. Es mag gerathen wie es wil / ich habe ein gut Gewissen / sterbe ich so sterbe ich: was mir mein Herr befohlen hat / das wil ich thun. Poncinello. Ey das waͤre mir gleichwol leid / wenn ich so einen guten Patron verlieren solte. Hoͤret / kommt hier mit herein / und lasset euch eine Ehr anthun. Unterdessen wil ich sehn wie es leuft.
Die beschützte Unschuld III
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Simplicio. Meinetwegen. Ich bin ohne dieß von der Reise muͤ de und durstig. (sie gehen hinein) Poncinello koͤ mmt mit Borgia heraus. Borgia. Was ist denn da?
5
Poncinello. Ey was wird da seyn / es ist alles verschoren und verlohren. Borgia. Warum aber? Poncinello. Darum / daß wir verrathen seyn. Borgia. Du Narr halt mich nicht auf.
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Poncinello. Herr / kommt mit hieher. (er fuͤ hrt ihn auf eine Ecke) Borgia. Ich erwarte mit Verlangen wo die Possen hinauß wollen. 〈309〉 Poncinello. Doch nein kommt dorthin.
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(er fuͤ hrt ihn an die andere Ecke) Borgia. Ich halte du hast die Bienen verkaufft / du schwermst selber. Poncinello. Ach nein / ach nein / es ist was schreckliches da / (er weiset unter die Zuschauer) doch dort sitzet einer der kan nicht reinen Mund halten / ich muß euch weiter fuͤ hren.
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(Poncinello agirt poßierlich / und fuͤ hrt den Borgia hin und her) Borgia. Du Fantast / ich bin auch nicht deßwegen da / daß ich mit dir herumlauffen sol. Sage doch endlich was hastu neues? Poncinello. Ein Bote vom Camillo. 5
Borgia. Ich dachte was sonst schreckliches da waͤre. Poncinello. Ja Herr / ihr wisset noch nicht alles. Borgia. Was ist denn mehr? bringe den Boten wieder zu mir. Poncinello. Es solte schoͤne heraus kommen / es ist sein eigener Cammerdiener Simplicio.
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Borgia. Was wil er denn? Poncinello. Er hat eine Last Briefe / die Venediger koͤnten ein Haus drauf bauen / darinnen beschwert er sich / daß er keine Antwort kriegt. Borgia. Was giebt der Kerle sonst vor?
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Poncinello. Er schneidet auf / daß man sich zum 〈310〉 Butter wecken verwundern moͤchte. Sein Herr hat so viel Gelegenheiten in Franckreich anzukommen / als er Knoͤpfe auf dem Caput hat. Und doch / wie er vorgiebt / hat er nicht Lust anzubeissen. Ich halte ehe sechs Wochen in das Land kommen / so haben wir ihn zu Hause. Borgia. Da schlage Bley zu / wie wird das ablauffen. Poncinello. Herr auf euch beruhet es. Ihr muͤ sset wissen was zu thun ist.
Die beschützte Unschuld III
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Borgia. Weistu nichts wie man den Stuͤ mper beruͤ cken kan? Poncinello. Dießmahl giebt es ein recht Meister-Stuͤ cke. Borgia. Bistu auch versichert / daß er nicht hingeht / und die Briefe abgiebt. Poncinello. Da bin ich wol versichert / ich habe ihm so bange gemacht / daß er nicht weiß / ob er ein Maͤdgen oder ein Buͤ fgen ist.
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Borgia. Wo steckt er aber? Poncinello. Da im Wirthshause. Borgia. Kanstu ihm nicht einen Rausch beybringen?
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Poncinello. Davor hab ich schon gesorgt. Ich habe ihm brav Brantewein unter den Wein gemischt / davon ist er schon so fertig / daß er braust als ein Hamster. Borgia. Hoͤre / siehe daß du ihm die Briefe 〈311〉 wegkriegst: ich wil unterdeßen andere schreiben / und an die Stelle legen.
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Poncinello. Ey das geht nicht an. Sie werden nicht die Hand kennen. Borgia. O du elender Kautz / lehre du mich anderer Leute Haͤnde nachmachen. Poncinello. Auf die Weise war es nicht schlimm. Ich seh wol ihr seyd mein Meister. Nun es bleibt darbey / ich wil die Tasche mit den Briefen bald bringen. Borgia. Ich verlasse mich drauf.
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(gehet ab)
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(der innerste Platz oͤ ffnet sich / da sitzt Simplicio mit etlichen Sauffgesellen / Poncinello setzt sich darzu / laͤ ßt auf den Simplicio scharf zusauffen. Endlich partirt er ihm die Tasche weg / und als er den Borgia sieht koͤ mmt er heraus) Poncinello. Herr da ist die Tasche / geschwind / geschwind / ehe die Katze ein Ey legt.
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Borgia. (langt die Briefe heraus / und steckt andere dargegen hinein) Da Poncinello trage sie wieder an ihren Ort / und halt den Kerlen nicht laͤnger auf / daß er die Briefe bestellt: diese aber nim / und wirff sie noch diesen Augenblick ins Feuer. (Poncinello geht hinein / der Platz wird zugezogen) 〈312〉
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Borgia. Nun steht es mit dem Camillo auf der Spitze / da sol er seinen letzten Stoß bekommen / davon er so bald nicht genesen wird. Absonderlich weil ich mich bey dem Fuͤ rsten in seine Stelle eingeschlichen / und die Gnade weggefischet habe. Was Camillo vor diesem war / ist itz Borgia. Nur Camillo war zu einfaͤltig und konte dem Borgia nicht den Hals brechen. Hingegen Borgia ist vorsichtiger / und hat beßer drauf studiert / wie man die Politische Meusefalle aufstellen muß. (geht ab.) Poncinello, Simplicio. Poncinello. Ich wolte euch gern laͤnger noͤthigen / doch weil ihr zu verrichten habt / so nehmt mit dem wenigen vorlieb.
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Simplicio. Ich bedancke mich vor dieß. Aber wo werde ich den Flavio antreffen?
Die beschützte Unschuld III
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Poncinello. Er ist zu Hofe / fragt nur oben bey den Trabanten nach. Simplicio. Aber bin ich außer Gefahr? Poncinello. Ich halte wol / wer wil euch was thun / sie moͤgen es mit eurem Herrn ausfechten.
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Simplicio. Nun lebt wol / wenn ich gute Abfertigung habe so spreche ich wieder ein. (geht ab) Poncinello. Ja ja sprich nur ein: aber mit dem Bedienge wo du kanst. Ich halte das Einspre-〈O r= 313〉chen wird dir vergehn. Doch sieh da / was mache ich mit den Briefen / ich soll sie verbrennen. Es verlohnt sich kaum der Muͤ h / daß ich dessentwegen Feuer auffschlage. Das Feuer ist auch zu reputirlich darzu / ich will es nach und nach dahin tragen wo man die Wand mit dem blosen Ruͤ cken ansieht / biß alles dem Pontio Pilato aufgeopfert ist.
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(geht ab) Hercules, Borgia. Hercules. Es ist nicht anders / die Warheit ist an einem Fuͤ rst lichen Hofe seltzam. Borgia. Sie ist seltzam: doch ist sie nicht gantz verbannt. Hercules. Nicht verbannt; doch unbekandt. Borgia. Die Zeit giebt die beste Probe.
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Hercules. Oft koͤmmt die Probe zu langsam. Borgia. Der Fuͤ rst der im Himmel wohnt weiß alles zu rechter Zeit anzustellen: sonderlich versaͤumet er die Fuͤ rsten nicht / auf welchen die gemeine Wolfahrt gegruͤ ndet ist. 5
Hercules. Wir an unserm Orte / sind demselben hohen Danck schuldig / daß wir den hoͤchsten und gefaͤhrlichsten Irrthum so gluͤ cklich erkennen lernen. 〈314〉 Borgia. Hierinn erweiset Gott / daß dero Hochfuͤ rstl. Staat solle ewig waͤhren.
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Hercules. Vor diesem war Camillo mein getreuester Diener. Borgia. Nun hat der Wind die falsche Spreu vertrieben. Hercules. Borgia muste ein Verraͤther seyn. Borgia. Wer auf seinen Nutz mehr als auf des Fuͤ rsten Wolfahrt sieht / der muß durch eines andern Fall groß werden.
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Hercules. Borgia war der Landsverderber. Borgia. Wer dem Fuͤ rsten untreu ist / wird eines Privat-Freundes nicht schonen. Hercules. Ach du schaͤndliche Verraͤtherey! Borgia. Gluͤ ckselig bin ich / daß meine Unschuld offenbahr wird.
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Hercules. Wir haben euch bißher aus rechtmaͤßigem Verdacht vieler Wolthaten unfaͤhig gemacht. Doch seyd zu frieden: Ein Fuͤ rst kan allzeit guts thun.
Die beschützte Unschuld III
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Borgia. Ihre Durchl. koͤnnen keine bessere Belohnung abstatten / als das allergnaͤdigste Erkaͤntnuß meiner unterthaͤnigsten Treue. (Flavio und Leonore treten auf.) Hercules. Da kommen die Tugendhaftesten Personen unsres Hofes / durch derer Zeugnuͤ ß Camillo biß in den Todt beschaͤmet ist. 〈O 2 r= 315〉
5
Flavio. Eu. Durchl. fallet die verlaßene Leonore zu dero Fuͤ ßen / und bittet demuͤ tigst um Schutz und Rettung. Hercules. Stehet auf / schoͤnste Leonore. Euer Gluͤ ck sol unser Gluͤ ck seyn.
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Leonore. Ich bin eine Vater- und Mutterlose Person. Hercules. Hercules sol ihre Stelle vertreten. Leonore. Mein Liebster hat mich verlassen. Hercules. Er war euer Tugenden nicht wuͤ rdig.
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Leonore. Doch leb ich in vielfaͤltiger Bekuͤ mmernuͤ ß. Hercules. Der schaͤndliche Unmensch sol so maͤchtig nicht seyn / eine tugendbegabte Seele zu betruͤ ben. Leonore. Eine Schlange kan auch die Gesunden vergiften. Hercules. Doch koͤnnen die Schlangen auch uͤ berwunden werden. Leonore. Wer schon gebissen ist / hat schlechten Trost davon.
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Hercules. Wo nicht Mittel vorhanden sind. (Gyraldo kommt gelauffen.) Gyraldo. Signor Flavio bekoͤmt einen Boten vom Camillo.
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Flavio. Wer dem Fuͤ rsten untreu wird / mit dem habe ich keine Briefe zu wechseln. 〈316〉 Borgia. Ohne Maßgebung koͤnte Ihre Durchl. die Briefe abfordern / und die endliche Gewißheit erforschen. Hercules. Es sey also / daß man die Briefe alsbald hieherbringe / und den Boten indessen anhalte.
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Gyraldo. Der Bote war etwas unhoͤflich / er wolte sie selbst uͤ bergeben. Borgia. Vielleicht schlaͤgt er dem Herren nach. Hercules. Wem gehoͤren sie nun.
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Borgia. Einer ist an E. Durchl. der andere an Flavio, der dritte an Leonoren. Hercules. Borgia leset den Brief / der an uns haͤlt / vielleicht hat er hoͤflich Abschied genommen.
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Borgia. (lieset) Durchleuchtigster Fuͤ rst / Gnaͤdigster Herr. E. Hoch fuͤ rstl. Durchl. haben dero unschaͤtzbare Gnade so vielfaͤltig auf meine geringe Person fließen lassen / also daß kein Zweifel ist / es koͤnne von mir nichts gebeten werden / dessen Gewißheit ich mir nicht versprechen duͤ rfte. Wenn denn Ihre Durchl. der Her tzog zu Lothringen / mit dergleichen Guͤ tigkeit an mich gesetzt / der ich nicht widerstehen kan: Und ich also bey hoͤchstgedach-
Die beschützte Unschuld III
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tem Herrn vor einen Stallmeister auffzuwarten gehorsamst entschlossen: Als ist an E. Hochfuͤrstl. Durchl. mein demuͤ- 〈O 3 r= 317〉tigstes zuversichtliches Bitten / sie wollen dero Weltbekandten Sinceritæt nach / mich an meinem bessern Gluͤ cke nicht verhindern: sondern sich vielmehr vergewissern / daß ich auch in fremden Landen seyn werde etc. Hercules. Halt inne / halt inne. Die letzte Complimente mag ich nicht hoͤren / du Schaum von allen Adelichen Gemuͤ thern / so bistu dermassen kuͤ hn / daß du auch ein schrifftlich Zeugnuͤ ß von deiner unartigen Boßheit geben darfst. War dieß die Volkommenheit / die in Franckreich deine Augen an dich lockte? O vermaledeyet sey die Stunde / darinnen du unsere Gnade bezaubert hast! Verflucht sey der Tag / da man sagte / wir haͤtten einen neuen Camer-Juncker befoͤrdert! Verdammet sey die Wolthat / welche dich aus dem Staube erhoͤhet hat / daß du auch fremde Fuͤ rsten betriegen kanst. Nun der Himmel schicke es / daß der Hertzog zu Lothringen eher deine Laster erkennet / als er sich an dem eusserlichen Scheine der Tugend vergafft.
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Borgia. Signor Flavio was wil er mit seinem Briefe machen. Flavio. Meinetwegen mag er ihn ins Feuer werffen.
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Hercules. Es ist unser Wille / leset ihn. Flavio. (lieset) Werther Freund: Aus eurem langwierigen Stillschweigen darf ich mich kei-〈318〉ner froͤlichen Wiederkunft versichern: Sondern ich muß mich aus den Poeten troͤsten / daß Hercules auch unbestaͤndig gewesen / und dannenhero unser Fuͤ rst mir das jenige mit spielen duͤ rffte / was er bey meiner Anwesenheit an andern allbereit moͤglich gemacht. In dessen Betrachtung werde ich entschuldigt seyn / daß ich meine Fortun auf einen gewißern Grund zu setzen gedencke. Wil er der geschloßenen Freundschaft noch eingedenck seyn /
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so beguͤ tige er Ihre Durchl. oder wofern ich allbereit ausgethan bin / so gratulire er derselben / daß Sie einer Muͤ h uͤ berhoben sind / mich mit Manier weg zuschaffen / etc. Hercules. Was haltet ihr davon Flavio? 5
Flavio. Der unterthaͤnigste respect Eu. Durchl. haͤlt mich zuruͤ cke / daß ich meine Gedancken nicht eroͤffne. Hercules. Wir sind dem unbestaͤndigen Hercules schoͤn verglichen worden. Flavio. Der undanckbare Guggug hat sich selbst abgebildet.
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Hercules. In diesem trifft er die Warheit / daß wir uns gratuliren daß er unserm Hofe keinen Schandfleck mehr anzeucht. Flavio. Unsere gratulation waͤre vollkommen / wenn seine Untugend Eu. Durchl. nie waͤre bekandt worden. 〈O 4 r= 319〉 Hercules. Aber was hat Leonore fuͤ r einen Abschied?
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Leonore. Ihre Durchl. wollen dero gehorsamste Dienerin mit dem Ungluͤ cke verschonen / das Urthel deß Todes anzuhoͤren. Hercules. Nicht das Urthel des Todes / das Urthel eines beßern Lebens: Borgia leset den Brief laut.
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Borgia. (lieset) Schoͤnste Leonore, Ihre Tugend ist so hoch / daß ich unwuͤ rdig bin dieselbe zu besitzen. Absonderlich entfaͤllt mir alle Hofnung / in dem ich außer meinem Vaterlande dem Gluͤ cke folgen muß: denn ich darf sie doch nicht bemuͤ hen / uͤ ber so viel Berge / Seen und Fluͤ ße nach zureisen. Zwar meine Bestaͤndigkeit zu erweisen / habe ich die vorgeschlagene Heyrath mit einer Niederlaͤndischen Graͤfin noch in Zweifel ge-
Die beschützte Unschuld III
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stellt / um zu vernehmen / ob Leonore meine Liebe der Niederlaͤnderin mißgoͤnnen werde. Auf solchen Fall erwarte ich meine Schoͤne in Lothringen / in Qualitaͤt eines getreuen Liebhabers. (Leonore faͤ llt in Ohnmacht: Sophie und Gyraldo kommen herzu gelauffen.)
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Hercules. Dieß sind die Fruͤ chte der Untreu / daß die Unschuld dadurch betruͤ bet wird. Flavio. Ihre Durchl. haben es in dero guter Macht / die verlaßene Leonore anderweit zu vergnuͤ gen. 〈320〉 Hercules. Es sol unsere meiste Sorge seyn / doch daß der Wache bald befohlen wird / den Boten aus der Stadt zu jagen.
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(Hercules und Borgia gehn zusammen ab / auf der andern Seite wird Leonore hinein getragen) Simplicio, Poncinello. Simplicio. Ach liebster Freund wo laß ich mich / die Wache kommt mir auf dem Fuß nach / und wil mich aufhalten.
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Poncinello. Mein ehrlicher Simplicio es ist mir leid / macht euch nur unsichtbar. Simplicio. Ach mit dem Anschlage wird mir nicht geholffen. Poncinello. Halt! dort oben ist ein Kaͤsekorb / da koͤnt ihr euch verstecken. Simplicio. Ey itz ist nicht Zeit daß wir Possen treiben. Ach wer hilfft mir!
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Poncinello. Ich kan nicht mehr thun / als daß ich euch verstecke. Kriecht hinter die Thuͤ re. Simplicio. Aber wenn die Wache koͤmmt? Poncinello. So wil ich schweren es steckt kein Mensch dahinten. 5
(Simplicio versteckt sich. Claudio koͤ mmt mit zween Dienern heraus) Claudio. Da lieff der Verraͤther hin. Hoͤre Poncinello wo kam der Kerle hin. 〈O 5 r= 321〉 Poncinello. Ich habe keinen Menschen gesehen.
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Claudio. Ich weiß er ist hieher kommen. Sage die Warheit oder dein Kopf sol so weich werden als die Nase. Poncinello. (weiset mit dem Finger auf die Thuͤ re) Ich weiß nicht was ihr wollet / ihr moͤgt mich zureissen oder gantz lassen / so krieget ihr keinen Bericht.
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Claudio. Du Unterfutter von einem Galgenvogel / antworte auf die Frage / oder ich haue dich zu schanden. Poncinello. (weiset nochmals auf die Thuͤ re) Ihr Herren lasset mich doch zufrieden / ich habe keinen Kerln hier hinter die Thuͤ re gesteckt: nein fuͤ rwar / bey meiner armen Treu / es hat sich niemand darhinter verkrochen. Ihr moͤgt suchen wo ihr wollet / nur suchet nicht hinter der Thuͤ re / denn da weiß ich gewiß / daß keine lebendige Seele da ist. Claudio. Mit solchen Poßen braͤchten wir den Tag zu / sucht ihr Pursche.
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(sie finden ihn) Simplicio. O Barmhertzigkeit / Barmhertzigkeit! Poncinello. Muͤ sset ihr denn hinter der Thuͤ re suchen / ich sagte ja es waͤre niemand da. Simplicio. Ach Poncinello mein ehrlicher 〈322〉 Freund / bringe dich nicht in Ungluͤ cke: Hie bin ich ihr Herren / machet mit mir was ihr wollet / ich muß meine Sache Gott befehlen. Poncinello. (tritt den Simplicio hinter dem Ruͤ cken / und wincket den Dienern / sie sollen brav drauf schlagen.) Ey ihr Herren geht gemach / der gute Mensch hat nichts gethan.
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Claudio. Wilstu die Schlaͤge mit ihm theilen? Poncinello. Ach so gehts wenn man einen Freund hat / der wenig helffen kan. Claudio. Nun du Hund / packe dich noch diese Viertel-Stunde zwoͤlff Meylen von dieser Stadt weg.
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Simplicio. Ich wil gerne gehn / lasset mich nur verschnieben. Claudio. Du Mordbrenner / nicht einen Augenblick. Simplicio. Was sol ich denn thun? Claudio. Zum Lande solstu hinaus gehn / oder an den Galgen. Simplicio. Ich eyle ja so sehr ich kan. Claudio. Du must besser tantzen lernen.
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(sie gehen mit ihm ab)
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Poncinello. Ihr Herren / ihr seyd meine Zeugen / ich meinte es mit dem Menschen so gut / ich haͤtte ihm mit meinem Leben gedient; doch es war 〈O 6 r= 323〉 nicht moͤglich / die Schnaphaͤhne waren zu eifrig auf das liebe Brodt / ich hatte Noth daß ich nicht in das Gedraͤnge kam / Herr Borgia hat auf die Causen ausstudiert / es geht ihm wie er selber wil / der unschuldige Simplicio muste es auch entgelten / daß Borgia dem Camillo nicht gut ist. Doch wer fragt darnach: Unterdessen hat Poncinello Geld und gut Leben / wie er nur selber wil. (Bastardo koͤ mt gelauffen) Bastardo. Hoͤret ihr Junggesell wo ist Signor Borgia? Poncinello. Sieh da / habe ich auch einen Zeugen daß ich auch ein Junggeselle bin.
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Bastardo. Ihr moͤgt gleich ein Junggeselle oder ein & cætera seyn / sagt nur wo Borgia anzutreffen ist. Poncinello. Der Herr wird gewiß nothwendig mit ihm zu sprechen haben. Bastardo. Ihr seyd ohn Zweifel sein geheimer Rath.
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Poncinello. Was er wissen sol / das muß zuvor bey mir anbracht werden. Bastardo. Ja was er wischen sol: doch was haltet ihr mich auf.
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Poncinello. Ich wil alle ehrliche Leute zu Zeugen anruffen / ob ich euch aufhalte: Meinetwegen moͤgt ihr wol dem Hn. Wachmeister nachlauffen. 〈324〉
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Bastardo. Ich rathe euch gutes / mißbrauchet meiner Gedult nicht. Ich habe wol ehe einen solchen Wacholderziemer als ihr seyd / auf das Hertze genommen. Poncinello. (pfeiffet) Sa sa seyd seyd ihr etwan der Todmacher / der neulich vier Thaler verdient hat?
5
Bastardo. Und seyd ihr etwan Poncinello der neulich einem Boten den Bart gebutzt hat? Poncinello. (wirfft ihn mit seinem Hute) Daß dich das Haͤhngen erhacke / kommen wir hier zusammen / und sollen nicht eines trincken.
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Bastardo. Ey das Trincken wird sich wol geben / sage nur wo ist der Herr / ich sol gar nothwendig mit ihm reden. Poncinello. Wissen ihr nicht wo er ist? Bastardo. Nein ich weiß nicht. Poncinello. Ich weiß es auch nicht.
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Bastardo. So ist ein Narr so klug als der ander. (Borgia koͤ mmt) Borgia. Bastardo seyd ihr schon da? Bastardo. Ich bin geschwind wie der Wind. Borgia. Es giebt wieder was zu thun. Bastardo. Er befehle nur / ich wil ihm vom Brodte helffen / und wenn es Poncinello waͤre. 〈O 7 r= 325〉
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Poncinello. Ja Herr Borgia braucht mich weiter / schlagt nur andere Leute todt die uns schaͤdlicher seyn.
5
Borgia. Hoͤret / ich besorge mich Camillo moͤchte auf des Cammer- Dieners Nachricht bald hieher eylen / und unsere Poßen zu schanden machen. Gebt doch auf der Straße etwas achtung / ich wil gerne ein uͤ briges thun / und vor seine Person zehn Thaler geben. Bastardo. Es ist schon gut. Er verlasse sich drauf / es ist so viel als wenn Camillo schon todt waͤre.
10
Borgia. Nur geht piano. Bastardo. Ich bin darbey gewesen / mir darf niemand eine Lehre vorschreiben. Borgia. Seht da habt ihr einen Ducaten drauf.
15
Bastardo. Es waͤre unvonnoͤthen. Ich lasse mich nicht gern bezahlen / als biß ich das Geld verdienet habe. Poncinello. Herr / ihr muͤ st ihm das Geld alle geben / er sagte Camillo waͤre schon todt. Bastardo. Schweigt / oder ich schicke euch einmahl in die P uͤ ltze / daß ihr nimmermehr wieder kommt.
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Poncinello. Mit solchen Bluthunden wolte ich nicht viel zu thun haben. Bastardo. Nun meine Dienste. 〈326〉 Poncinello. Meine darneben.
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Bastardo. Ich meine euch nicht. Borgia. Geht fort mit gutem Gluͤ cke / und vergesset es nicht / daß ihr das Geld abholet. (sie gehen ab) Flavio, Leonore.
5
Flavio. Sind die Thraͤnen noch nicht vertrocknet? Leonore. So lange ich Augen habe / so lange muß ich weinen. Flavio. Aber der Fuͤ rst befiehlt sie sol lachen. Leonore. Ein Fuͤ rst kan nicht unmoͤgliche Sachen befehlen. Flavio. Sie dencke aber nach / hat sie der Camillo als einen Menschen / oder als einen Gott geliebt.
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Leonore. Ein Mensch kan mit nichts als mit Menschen vermaͤhlet werden. Flavio. Da sie nun wuste daß Camillo ein Mensch war / wuste sie denn nicht / daß er koͤnte etwas menschliches begehen?
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Leonore. Diese Wissenschafft war mir zu hoch. Nun hat mir die Erfahrung den Verstand eroͤffnet. Flavio. Die Klugheit entspringt aus der Versuchung. Leonore. Ach die Klugheit muß ich theuer kauffen. 〈327〉 Flavio. Nein sie muß vor ihre Einfalt theuer buͤ ssen.
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Leonore. Doch hat der einen schlechten Ruhm / der in seinem Sieges-Zeichen nichts als meine Einfalt auffuͤ hren kan. Flavio. So hat sie schlechte Ursache / daß sie mit ihren Thraͤnen den Sieg kostbarer macht. 5
Leonore. Ich weiß nicht wohin ich mich wende. Ich hasse meine Bestaͤndigkeit: Ob mich gleich Camillo zum hoͤchsten beleidigt hat / werde ich doch von den widerwaͤrtigen Gedancken meiner Zusage und seiner Liebe erinnert. Flavio. Sie gedencke an den letzten Brief.
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Leonore. Ein Baum wenn er tieff wurtzelt / wird zwar durch den Sturmwind umgeworffen / doch bleibt die Wurtzel stehn. Flavio. Es ist die Warheit / duͤ rffte ich meine Gedancken eroͤffnen / ich kan dem Camillo nicht von gantzem Herzen feind seyn: doch der Fuͤ rst koͤmt.
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(Hercules koͤ mt.) Hercules. Wertheste Leonore habt ihr dem Verraͤther voͤllig abgesaget. Leonore. Die Gedult ist meine Artzney: und die Gnade Eu. Durchl. erquicket mich.
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Hercules. Recht so / es sind mehr Personen da sich Leonore vergnuͤ gen kan. 〈328〉 Leonore. Ach Leonore darf an keine Vergnuͤ gung dencken. Hercules. Eure Tugend kan nicht ohne Vergnuͤ gung gelassen werden.
Die beschützte Unschuld III
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Leonore. E. Durchl. schertzen mit meinem Ungluͤ ck. Hercules. Mit nichten. Ihr sollet wuͤ rcklich sehen / daß ihr die schoͤnste Rache gegen euren Verraͤther in den Haͤnden habt. Seht Borgia ist bey uns an des Camillo Platz erhoben; Gebt ihr ihm die Stelle in eurem Hertzen / so erweiset ihr / daß unser Wille euer Wolgefallen ist.
5
Leonore. Eu. Durchl. versuchen dero unterthaͤnigste Dienerin. Hercules. Es ist unser Ernst. Leonore. Ich kan nicht zugleich weinen und lachen. Hercules. Die Thraͤnen muͤ ßen verstopfet werden.
10
Leonore. Ich kan nicht zugleich bestaͤndig und unbestaͤndig seyn. Hercules. Diese Worte sind zu dunckel. Leonore. Camillo hat durch seinen Unbestand meine Bestaͤndigkeit nicht aufgehoben. Hercules. Die Bestaͤndigkeit muß zwischen zwey Personen be ruhen.
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Leonore. Aber so weit die Bestaͤndigkeit eine 〈329〉 Tugend ist / kan sie auch mit einsamen Gedancken verehret werden. Hercules. Dieser Einbildung solte Borgia bald abhelffen. Leonore. Eu. Durchl. vergeben mir gnaͤdigst / daß ich in meiner Traurigkeit schertze. Einer Witwe wird ein gantzes Jahr zur Trauer eingereumet: Man vergoͤnne mir unverheyratheten Witwe ein halbes Jahr.
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Hercules. Einen halben Monat / doch erwegt den Vorschlag: Unsere Gnade habt ihr voͤllig. (Sie gehn ab) Leonore. 5
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〈Leonore.〉 Es sage doch kein Mensch / er sey am aller ungluͤ ck seligsten: alldieweil ein Schmertz zuruͤ cke bleibt / dadurch sich das Elend vermehren kan. Ich wolte vor Angst vergehn / als Camillo mir die Liebe aufkuͤ ndigte. Nun falle ich viel tieffer in das Ungluͤ ck / da ich meinen aͤrgsten Feind Borgia lieben sol / wer weiß was vor eine Noth auf mich wartet / wofern ich itzund zu ungedultig bin? doch diß sey mein Schluß / weil mich Camillo seiner Liebe unwuͤ rdig acht / so wil ich im Gegentheil so hoffaͤrtig seyn / und alle Menschen meiner Liebe unwuͤrdig schaͤtzen. (geht ab) 〈330〉
Die beschützte Unschuld IV
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VIERDTE HANDLUNG. (Der Schauplatz præsentirt einen Wald.) Camillo, Simplicio. Camillo. Ich habe es beschlossen / ich wil in den Tod gehn. Simplicio. Und mein Herr koͤnte in Franckreich so gluͤ ckselig seyn.
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Camillo. Solches thaͤte ich / wenn ich Simplicio waͤre: Ach hastu zu Ferrara den Flavio nicht gesehn. Simplicio. Weder den Flavio noch die Leonore, diß sahe ich daß Borgia muste in grossen Gnaden seyn. Camillo. Du hast mich wieder erquickt. Kan ich mich noch des Flavio und der Leonore versichern / so wil ich dem Borgia leicht gewachsen seyn.
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Simplicio. Ich kan nichts darzu sagen. Camillo. Meine Unschuld sol kraͤftiger seyn / als anderer Leute Boßheit. O du geliebtester Flavio, O du himmlische Leonore! wenn werde ich in euren Armen die Zeitung erfahren / daß mich Borgia unschuldig verleumdet habe. Ach wenn die S onne den gluͤ ckseligen Tag erscheinen lassen / da ich meine / ach ja meine Leonore versichern werde / daß ich in Franckreich ihres 〈331〉 gleichen nicht gefunden. Ich sterbe vor Warten: Ich vergehe vor Verlangen: Ein Augenblick scheinet tausend Jahr zu seyn. Ach verzeihe mir / du angenehmste Leonore, daß ich dich mit meiner langsamen Reise an deiner Versicherung aufhalte. Ich eyle / ich eyle / und wil meine Lippen auf deinem holdseligen Munde bald ruhen lassen.
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(Bastardo springt mit zwey andern Banditen hinter dem Strauche hervor) Bastardo. Gebt euch gefangen ihr Hunde.
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(Bastardo giebt Feuer und trifft den Simplicio daß er faͤ llt. Die andern schiessen auch / doch Camillo wendet sich / daß er unbeschaͤ digt bleibet. Greift hierauf zu dem Degen / und wehrt sich gegen drey / da er einen beschaͤ digt / wollen sie außreissen: Doch Bastardo versaͤ umt sich / daß er von dem Camillo zu Boden geschlagen wird / da setzt er ihm den Degen an die Brust) Camillo. Sieh da deine verfluchte Seele ist in meiner Gewalt. Bastardo. Es ist mein Ungluͤ ck. Camillo. Und was hastu anders verdient / als Ungluͤ ck? 〈332〉 Bastardo. Mein Herr ich habe es verdienet: doch er wird nicht mein Hencker werden.
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Camillo. Die gerechte Rache fodert mir dein Blut ab. Bastardo. Ist ihm mit einem todten Coͤrper so viel gedient? Camillo. Du bist der Welt todt nuͤ tzlicher als lebendig. Bastardo. Vielleicht kan mein Herr sich meines Lebens bedienen. Camillo. Ich lasse mir keine Schelmen auffwarten.
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Bastardo. Ein Schelme kan auch eine ehrliche That begehn. Camillo. Dieß geschieht alle tausend Jahr einmahl / schicke dich dein Blut muß springen.
Die beschützte Unschuld IV
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Bastardo. Ach Gnade / Gnade. Ich wil mein Leben theuer genung loͤsen. Camillo. Verflucht seystu mit deinem Loͤsegelde. Bastardo. Ach Gnade / Gnade. Ich wil sagen warum Camillo zu Ferrara verhaßet ist.
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Camillo. Was hoͤre ich? was wilstu sagen? Bastardo. Er schone meines Lebens. Ich wil mein aͤrgstes Bubenstuͤ ck bekennen das ich jemahls im Sinne gehabt: Doch wil ich mich 〈333〉 freuen daß der Himmel mein Vornehmen verhindert hat.
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Camillo. Ich lasse dich nicht auf / bekenne die That / in dem du in meiner Gewalt bist. Bastardo. Ach er lasse mich loß / hier ist mein Gewehr / ich kan nicht mehr schaͤdlich seyn. (er laͤ st ihn auf)
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Camillo. So bekenne nun dein Bubenstuͤ ck. Bastardo. Ich habe gesuͤ ndiget / doch nicht ich / sondern der Ertz-Meuchelmoͤrder Borgia, der hat mich veranlasset daß ich den Filippo, welchen Flavio in Franckreich abfertigte / nicht weit von hier erschoßen habe. Und eben dieser Verraͤther hat mich erkauffet / daß ich dem tugendhaften Camillo den Rest geben solte. Camillo. Du gerechter Gott / ist es moͤglich daß solche Buben stuͤ cke ungestraft hingehen? doch dir sey Danck / daß du meine Arme so kraͤftig gemacht / und dieses endliche Verderben
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Christian Weise
von mir abgewendet hast: Hilff mir auch die andern Fallstricke zerreissen / welche der Ehr- und Gewissenlose Borgia meiner Wolfahrt mag auffgestellet haben. Bastardo. Itz erkenne ich erst / was ich gethan habe. 5
Camillo. Und hat Filippo auch in dieser Einoͤde so unschuldig sterben muͤ ßen? 〈334〉 Bastardo. Borgia hatte es befohlen. Camillo. Wohin war er abgefertiget? Bastardo. Ach wohin / als zu seinem besten Freunde Camillo?
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Camillo. Du treubestaͤndiger Flavio verzeihe mir / daß ich von dir gezweiffelt habe / ich wil mich bald muͤ ndlich bey dir entschuldigen / und das allerhoͤchste Schelmenstuͤ ck / so jemahls kan begangen werden / deinen Augen offenbahren: Doch hoͤre du Moͤrder / wo sind die Briefe geblieben? Bastardo. Borgia hat damit nach seinem Gefallen gehandelt. Camillo. Nun die Zeit sol kommen / da deine Falschheit sol zu schanden werden. Aber was macht mein armer Simplicio. (Er sieht nach ihm / und befindet daß er noch Leben hat)
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Bastardo. Vielleicht ist ihm zu helffen / waͤre ich nicht an meiner Wunde schwach / so wolte ich meinen Rath gern mittheilen. Doch nicht weit von hier ist ein Wirthshauß / beliebt es demselben / so sol er hingeschafft werden / biß sich der Schaden bessert.
Die beschützte Unschuld IV
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Camillo. Es sey also / doch mit dem Vorbehalt / daß du nicht von ihm weichest. Ich verspreche dir Landes-Huldigung außzu wircken: 〈335〉 Im Gegentheil wil ich Mittel gnung finden deine Boßheit zu straffen. (geht ab)
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(Bastardo bringt etliche Knecht / und schaffet den Simplicio hinein) Sophie, Poncinello. Sophie. Mein Poncinello hilff mir doch aus dem Traume / was hat denn Camillo recht gethan?
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Poncinello. Ich rede nicht gerne davon. Sophie. Ey was unter uns geredt wird / das sol nicht auskommen. Poncinello. Er ist ein Schelm und ein Verraͤhter worden. Sophie. Ist das nicht schrecklich / drum graͤmt sich Leonore wol biß auf den Tod.
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Poncinello. Ach die gute Leonore weiß die Helffte nicht. Sophie. Es ist nicht moͤglich. Poncinello. Warum nicht? er hat schon mit einer andern Hochzeit gehabt. Sophie. Ey das waͤre zu leichtfertig. Poncinello. Heutiges Tages geht es so / was nicht leichtfertig ist / das stuzt nicht.
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Christian Weise
Sophie. Auf die Maße ist keinem Kerlen mehr zu trauen. Poncinello. Ich sage es auch. Auf der gantzen Welt ist nur ein Mensch / dem zu trauen ist / und 〈336〉 derselbe Mensch heist mit seinem ersten Buchstaben Poncinello. 5
Sophie. Je du ehrliches Hertzgen daß du mir nicht wegkoͤmmst! Poncinello. Aber was thut denn Leonore. Sophie. Sie macht Calender auf zehn Jahr hinaus. Poncinello. Doch wird wenig gut Wetter drinne stehn. Sophie. Ja freylich.
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Poncinello. Sie macht es ohn Zweifel wie die Buchdruͤ cker / die druͤ cken in Calendern das schwartze zuerst und das rothe hernach. Sophie. Ach Leonore wird nicht wieder lustig.
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Poncinello. Es verlohnte sich der Muͤ h / mit dem schaͤbichten Camillo. Sophie. Da hilffet nichts darvor. Poncinello. Der Fuͤ rst hat ihr schon einen andern zugetheilt. Sophie. Ich weiß wol. Aber Borgia wird sich vergebens bemuͤ hen.
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Poncinello. Gleichwol scheinet Borgia noch Kerlens gnung zu seyn. Sophie. Daran ist nicht genung.
Die beschützte Unschuld IV
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Poncinello. Ey warum nicht / hoͤret Sophie, ihr koͤnnet was ehrliches verdienen / wo ihr Leonoren darzu bereden koͤnnt: Da schickt euch Bor-〈P r= 337〉gia zwey dutzent Thaler / und wenn ihr was ausrichtet / solt ihr zehn dutzent kriegen. Sophie. Ist Borgia so ein lieber Herr / das habe ich nicht gewust. Es ist mir leid / daß ich Geld nehmen muß / eh ich was ver sprechen kan.
5
Poncinello. Thut ihr nur euer bestes. Sophie. Ich wil sehen. Itz sol ich mit ihr in das Waͤldgen spatzieren / da wird es wol Gelegenheit geben / doch geh fort / daß du nicht gesehen wirst.
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(Poncinello laͤ ufft hinein) Leonore. Sophie bistu fertig? Sophie. Ja Ih. Gn. Leonore. So komb und folge mir.
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(sie gehn ab) Camillo. 〈Camillo.〉 Ich fange wieder an zu leben / nachdem ich dieses anmuthige Lust-Waͤldgen zu sehen bekomme / welches ich zum Zeugen anruffen kan / daß ich Leonoren und Leonore mich geliebet. Dieses sind die holdreichen Klippen / welche mir und meiner Leonoren gar zu bekandt waren / diese Baͤume fuͤ hren unsere Nahmen noch an der Rinde / und dieses Graß scheinet noch gebuͤ ckt zu stehn / gleich als solten wir darauf unsere kuͤ hle Ruh nehmen. Nun der Himmel vergoͤnne mir ins kuͤ nffti-
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Christian Weise
ge viel dergleichen Spatzier-〈338〉gaͤnge. Itz muß ich meine Gedancken zu befriedigen / allwo ich die annehmlichste Leonore zur Gefertin habe / an diesem Baͤchlein ein Lager machen. (er legt sich nieder und schlaͤ fft ein) 5
Leonore, Sophie. Leonore. Wilstu mich auch betruͤ ben? Sophie. Ihr. Gn. wolte ich gern geholffen wissen. Leonore. Ich begehre keine Huͤ lffe / die schmertzlicher ist als der Schaden.
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Sophie. Wo alles ersetzt wird / da ist kein Schaden mehr. Leonore. Borgia kan mir den aͤusserlichen Verlust erstatten / aber wo finde ich meine innerliche Vergnuͤ gung.
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Sophie. Wenn aber Camillo entweder nicht waͤre gebohren worden / oder haͤtte sich anderweit bekandt gemacht / wo haͤtte Leonore ihr innerlich Vergnuͤ gen gesucht? Leonore. In meiner Freyheit. Sophie. Camillo hat den Bund gebrochen / und Leonoren wider frey gemacht.
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Leonore. Die Freyheit ist eine Rose / die kan man nicht so schoͤn auf den Stock setzen / als man sie abgepfluͤ ckt hat. Sophie. Aber Leonore ist eine Rose / welche sich durch beywohnenden Verstand besser rathen kan. 〈P 2 r= 339〉
Die beschützte Unschuld IV
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Leonore. Die Liebe ist ein Meelthau / dadurch die Freyheit deß Glantzes beraubet wird. Sophie. Gebietendes Fraͤulein / mit Gleichnuͤ ssen wird nichts erwiesen. Leonore. Mehr als zu viel.
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Sophie. Wie viel Personen sind in Ferrara, welche das Gluͤ ck nicht außschlagen wuͤ rden. Leonore. Dieselben haben den Camillo nicht geliebt. Sophie. Was Camillo war / das ist Borgia. Leonore. So muß er auch untreu seyn.
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Sophie. Borgia ist was Camillo war / nicht was er itzund ist. Leonore. Weit gefehlt / Camillo war meine Freude / das ist Borgia noch nicht. Sophie. Ih. Gn. lasse die Einbildung fahren. Leonore. Wo ich mir nichts einbilden sol / da kan ich auch nicht lieben.
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Sophie. Sie bilde sich diß ein was der Fuͤ rst befiehlt. Leonore. Sophie laß meine Gedancken unverwirrt. (Sie gehn stille fort / endlich sehn sie den Camillo schlaffend) Leonore. Ach Sophie hier liegt ein Mannsbild.
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Christian Weise
Sophie. Es muß jemand vornehmes seyn / die Kleidung ist zu artig. 〈340〉 Leonore. Komb laß uns davon eylen. Sophie. Er schlaͤft / wir wollen sachte gehn. 5
(Camillo erwacht) Camillo. Wo bin ich? wer ist da? wer wil mir den Schlaf verstoͤren. Leonore. Ach komb Sophie, es ist Camillo, ich erschrecke daß ich kein Bein fortsetzen kan / ach ich ungluͤ ckselige. Sophie. Wie zum Ungluͤ ck sind wir hieher gebracht!
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Leonore. Fuͤ hre mich Sophie, ich kan nicht von der Stelle gehn. Ach ist im Himmel kein Donnerkeil uͤ brig / der diesem ehrvergessenen Verraͤhter das Hertz entzwey schlaͤgt: Oder ist keine Wolcke mehr vorhanden darinnen ich unsichtbar werde. Sophie. Ih. Gn. zittern nicht so sehr: sonst kommen wir nicht fort.
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Leonore. Ach hilff Himmel / er steht auf. Camillo. (steht auf) Wer ist bey mir? schlaffe ich oder traͤumt mir? Seh ich nicht meine Leonore, oder bethoͤrt mich ein Gesichte? Ach nein sie ist es selber. (er laufft hinten nach)
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Camillo. Schoͤnste Leonore vor wem fliehet sie? Leonore. Ach weh ich bin gefangen. 〈P 3 r= 341〉
Die beschützte Unschuld IV
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Camillo. Liebste Leonore kennet sie ihren Camillo nicht mehr? Leonore. Ach Sophie hoͤre die verraͤtherische Stimme. Camillo. (er greiffet sie) Wie wils wehrteste Leonore, hat Camillo nicht so viel Freyheit / daß er sich ihres Wolergehens erfreuen kan?
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Leonore. (stoͤ ßet ihn von sich) Geh du Verraͤther / wilstu mir auch das Leben nehmen. Camillo. Ein Verraͤther? Ach Leonore was sol ich noch vor eine Probe ausstehn. Leonore. Sophie fuͤ hre mich / ich kan das Tigerthier nicht anschauen.
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Camillo. Ach tugendhaffteste Leonore, wie sol ich diß verstehn. Goͤnnet sie mir die Augen nit? Leonore. Sage ich nicht du solst dich weg packen. Du meineydiger / du gewissenloser / du verfluchter / vermaledeyter Tyrann.
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Camillo. Womit hat Camillo diesen Willkommen verdient. Leonore. Kom her du Bluthund / und durchbohre diese Brust. Ich weiß doch wol daß dich nach meinem Blute duͤ rstet / und daß deine Furien nicht eher ruhen als biß du mein Hertze verschlungen hast. Komb her du Wolff und verrichte dein Ampt / wilstu dich vor einem bloͤden Schaffe entsetzen. Siehe hier ist das Raub / da sich deine grimmige und verzweiffelte Natur saͤttigen kan. 〈342〉 Camillo. Ach Leonore!
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Leonore. Was stehstu hier / sol ich mich mit deinem Anschauen quaͤlen / oder wilstu mir dieses wieder abfodern? (Sie wirfft ihm sein Bildnuͤ ß vor die Fuͤ sse und geht ab)
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Camillo. Du hast uͤ berwunden Borgia. Du hast den Camillo an einem Orte verletzet da er eine toͤdliche Empfindlichkeit hat. Leonore hat ihm das Leben abgesprochen / nun begehrt er nit zu leben. Ach ist es nicht gnung daß mir von Banditen nachgestellet wird? Muß sich auch die schoͤnste von der Welt gegen mich waffnen lassen? Bin ich darum von den Moͤrdern verschonet worden / daß mein Tod durch diese neue Art der Grausamkeit schmertzlicher wuͤ rde. Ach Bastardo wie unbarmhertzig bin ich gegen mich selbst gewesen / daß ich deine Kugel nicht mit meiner Stirne aufgefangen habe: so haͤtte ich doch das liebreiche Andencken meiner in Hofnung liebsten Leonore mit in den Tod genommen: da ich nun eben so wol sterben / und darzu unvergnuͤ gt sterben muß. (Er geht etwas in Gedancken fort / Flavio springt mit blossem ewehr hervor / und hat das Gesicht mit einer Masque verdeckt) G 〈P 4 r= 343〉
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Flavio. Ha du Verraͤther bistu in meiner Gewalt? Camillo. Sieh da Borgia koͤmmstu selbst? wilstu deine Augen an meinem Tode weiden. Flavio. Kom her und laß dich vor deine Bubenstuͤ cke straffen.
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Camillo. Wolan ich wil meine Kraͤfte zu letzt noch versamlen / und diesen Trost mit in den Todt nehmen / daß Borgia mich nicht uͤ berleben sol.
Die beschützte Unschuld IV
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(Sie fallen einander an / endlich nach langem Gefechte unterlaͤ ufft Camillo den Flavio, reisset ihm den Degen aus der Faust / und zeucht ihm die Masque vom Gesichte: wie er den Flavio erkennet / springt er zuruͤ ck / und laͤ sset ihn auf) Camillo. Ach Flavio, zu dieser Missethat habt ihr mich gebracht.
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Flavio. O du Schaum von allen rechtschaffenen Menschen / wilstu nun zum Banditen werden / und unser Land verrahten. Camillo. Liebster Flavio, die Masque hat mich verfuͤ hret / daß ich mich wider meinen Freund versuͤ ndiget habe: Hier ist das bloße Gewehr / hier ist meine bloße Brust. Was meine Hand geirret hat / das sol mein Blut abwaschen. 〈344〉
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Flavio. Dein Blut ist viel zu wenig alle Verraͤtherey abzuwaschen: Und meine Hand ist zu wenig alle Untreu zu bestraffen / deine henckermaͤssige Thaten werden ihren Lohn finden. Camillo. Ach Flavio bin ich nicht ungluͤ cklich gnung / muͤ sset ihr noch mein Feind werden.
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Flavio. Wer den Lastern zu gethan ist / den halte ich vor meinen Feind. Camillo. Ach was hat Borgia gestifftet? Flavio. Er hat deß Camillo Boßheit an den Tag bracht. Camillo. Flavio, ein Wort / Flavio ein Wort. Flavio. Du bist nicht wehrt daß du von meinen Haͤnden sterben solst / so wil ich auch deine Falschheit nicht anhoͤren. (geht ab)
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Camillo. O du grausames Verhaͤngnuͤ ß / warum lebe ich? warum wird meine Unschuld aus einem Jammer in den andern gestuͤ rtzt? Ist mein Flavio, mein Freund / mein ander Ich / meine Seele / mein Trost und meine Zuversicht verwandelt worden. Ist meine Leonore, ach die anmuthige Leonore, mir auf setzig worden? So muß der Berg Ætna nicht mehr brennen / die Granat-Aepfel muͤ ssen auf den Oelbaͤumen wachsen. Ach mein Gemuͤ th ist zu schwach alle Bekuͤ mmernuͤ ß auf einmal zu erwe-〈P 5 r= 345〉gen / die uͤ bermaͤssige Last beuget mich / daß ich zu der Erde fallen muß. (er legt sich nieder) Poncinello, Claudio. Claudio. Hat es der Fuͤ rst befohlen? Poncinello. Er hat es leibhafftig befohlen.
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Claudio. Sol ich den Camillo im Hoͤltzgen am Padus aufsuchen? Poncinello. Freylich / freylich / er muß da seyn / todt oder lebendig. Claudio. Was hat der vornehme Mann gethan?
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Poncinello. Der schoͤne vornehme Mann / laß ihn nur ankommen / er sol erfahren was er gefressen hat. Claudio. Ist es doch schade um ihn. Poncinello. Du schwartzbaͤrtigter Pechfresser / du Nachteule / du Fledermauß / du Pestilentz die im finstern schleicht / du Hurenjaͤger / du General Feldhurenwebel / du alles mit einan-
Die beschützte Unschuld IV
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der / wilstu den Fuͤ rsten reformiren? sieh dich vor / daß du nicht mit dem Camillo eine bunte Reihe machst. Claudio. Du verlogener Blaustrumpf / was habe ich gesagt? Poncinello. Schweig / oder Signor Borgia laͤsset dir ein Ballet mit Spieß-Ruthen auf dem Buckel tantzen.
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Claudio. Was sol ich denn verschweigen? 〈346〉 Poncinello. Du solst sprechen Camillo ist ein Schelm. Claudio. Was weiß ich wer Camillo ist. Poncinello. O du Schelm / o du quinta essentia aus der H aͤscher Laterne, du Lunge und Leber aus dem Haͤscher Flegel / du Extract aus der Aepfel-Kammer / du Wurstsuppe von verdorbenen Stock-Schillings-Ruthen / du Karbatschen-Koͤnig / du Bauerblacker / du Herings-Dieb / wilstu nicht sprechen Camillo ist ein Schelm? Claudio. Du hast einen vornehmen Patron / ich wolte dir sonst deine Narren-Possen gesegnen. Poncinello. Was wilstu mir gesegnen / du Schweinschneider Geselle / du aller Spitzbuben Schwager / du aller Hundebutzer Bluts-Freund / du Scharffrichters College, du aller Hurkinder Obermeister / du aller Schinderknechte Ebenbild. Claudio. Mache mir die Sache nicht zu Bund / ich leide auch so viel als mir gefaͤllt. Poncinello. Ich habe dem Herrn General Pflastertreter gewiß zu nahe geredt / hoͤrt doch Herr Ober-Vormund uͤ ber die eiserne
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Guarnison / beist doch in eure Sturmhaube / so werdet ihr wieder gut. 〈P 6 r= 347〉 (Borgia koͤ mmt)
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Borgia. Was habt ihr zu thun / ist niemand dem Camillo ent gegen geschicket worden? Claudio. Gnaͤdiger Herr / itz waren wir gleich auf dem Wege. Borgia. Und ich meine ihr sollet wiederkommen. Geh P oncinello lauf voran / ob du ihn außspuͤ ren kanst. (sie gehn ab)
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Borgia. Mein Verdacht war nicht vergebens. Doch es ist wol ge than / daß sich Camillo zu seinem Untergange selbst præsentirt. (geht ab) Poncinello.
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〈Poncinello.〉 Ist es nicht eine Schande / daß ein Hund kluͤ ger ist als ein Mensch / ich bin den gantzen Weg hergelauffen / und habe gerochen / doch kan ich nichts außspuͤ ren / was gilts haͤtte ich einen Hund bey mir / entweder Camillo oder ein Dachs waͤre außgestaͤubert worden. Nun es ist mir selber daran gelegen / daß Camillo umkoͤmmt / sonst laufft es mit meiner Schelmerey noch garstig ab. (er faͤ llt uͤ ber den Camillo) Sachte sachte was liegt mir im Wege. Camillo. (steht auf) Was vor ein Fall erschreckt mich? sieh da ein Mensch? wer seyd ihr? was mangelt euch?
Die beschützte Unschuld IV
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Poncinello. Last mich gehn / ihr seht es ja daß ich mich Steintodt gefallen habe. 〈348〉 Camillo. Die Sprache ist noch zu starck. Poncinello. Was geht euch meine Sprache an. Laßt es euch genung seyn daß ich todt bin.
5
Camillo. Sieh! haͤtte ich doch bald meinen Poncinello nicht gekandt / steh auf Poncinello, dein Herr ist wiederkommen / wilstu ihn nicht willkommen heissen. Poncinello. Waͤret ihr kommen da ich lebendig war. Camillo. Stelle dich nicht so naͤrrisch.
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Poncinello. Ich weiß nicht was ihr sagt. Camillo. (richtet ihn auf) Rede doch mit mir. Poncinello. (stellet sich gantz thum als wenn er auf kein Bein treten koͤ nte) Last mich gehn ich bin gewiß todt gefallen / ich fuͤ hlte es gar eigentlich daß mir das Leben durch die Caldaunen / die Kehl hinauf / und zum lincken Ohresloche hinaus fuhr.
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(Claudio koͤ mmt mit seiner Rotte) Claudio. Camillo gebt euch auf des Fuͤ rsten Befehl gefangen. Camillo. Ich sol mich gefangen geben? Claudio. Es ist wie ich sage. Nun 〈P 7 r= 349〉 steht es in eurer Gewalt ob ihr mit gutem oder mit boͤsem folgen wollet. Camillo. Aber warum sol ich gefangen seyn?
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Claudio. Wir sind Diener / was uns befohlen wird / moͤgen die Herren verantworten. Camillo. Bin ich nun auf allen Seiten verrathen? Claudio. Gebt den Degen von euch. 5
Camillo. Ich wil den Degen Ihro Durchl. selbst uͤ berliefern. Claudio. Uns ist es anders befohlen worden.
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Camillo. Ach daß ich meine Dapferkeit verbergen muß! Doch ich wil dem Fuͤ rstlichen Befehl nicht wiederstreben. Die Warheit und die Unschuld sollen mich auch mitten im Finsternuͤ ß erleuchten. (Sie fuͤ hren ihn davon.)
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Poncinello. Ist er weg? Nun bin ich nicht todt. Das war ein Blut-Kerle / ich solte ihm antworten / und ich hatte keine Lust darzu / ich haͤtte es bey Borgia schoͤn verderben koͤnnen / doch ist es gut daß er fort ist / nun wird er die Sonne nicht vielmahl mehr sehen aufgehen. Ich brachte vor den Apotecker ein klein Briefgen / wenn ich schweren solte / so wolte mein Herr Gifft haben / das wird Camillo auf seiner Leonoren Gesundheit verzehren muͤ ssen. Ich bin nur froh 〈350〉 daß ich kuͤ nftig beßer Zeit habe zu trincken und zu galanisiren / nach dem der Vogel im Gebauer sitzt. Borgia mag sehen / daß er es beßer trifft als Camillo. Ich wil sehn wie ich meine Person einmahl so gut agire als das andermahl. (gehet ab)
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(Der Schauplatz verwandelt sich in ein finsteres Gemach)
Die beschützte Unschuld IV
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Camillo (gehet im Finstern herum) 〈Camillo.〉 Ist dieß nun der Lohn vor meine Treue / daß mich die Sonne nicht mehr bescheinen darf? Und haben meine Verraͤther das Liecht deß Himmels vollauf zu genießen? Ach warum habe ich mein Gluͤ cke in Franckreich nicht ergriffen / da mir Italien wolte zur Stiefmutter werden? Warum habe ich mich so weit gefangen gegeben / daß ich nun keine Rettung hoffen darf? Flavio ist mir aufsaͤtzig / Leonore sieht meinen Untergang / Borgia ist mein Teufel. Wer darf sich nun erkuͤ hnen vor dem armen Camillo ein Wort zu sprechen / doch wolan / ich habe allzeit gehoͤret / die Tugend sey die beste Belohnung. Ich wil auf mein Gewißen trotzen / verderbe ich / so sol doch mein treues Gemuͤ the nicht verderben.
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(Borgia koͤ mmt / Poncinello traͤ gt ihm eine kleine Latern vor) Camillo. Ach ist jemand der mich im finstern troͤsten wil / oder sol ich mir das Leben absprechen laßen? 〈351〉
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Borgia. Gebt euch zu frieden Signor Camillo, der jenige besucht euch / der euch gern wolte geholffen wissen. Camillo. Wie kan jemand mein Gluͤ cke begehren / da mir die gan tze Welt zuwieder ist?
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Borgia. Euer vermeinter Feind / doch euer bester Hertzens Freund Borgia wuͤ nscht euch gluͤ ckselig zu sehen. Camillo. Ach Borgia laßet euch genung seyn / daß ich sterben muß: nur spottet meiner im Tode nicht. Borgia. Wem spotte ich? der gantze Hof weiß / daß ich diese Stunde meine Gnade und mein Gluͤ cke eurentwegen in die Schantze geschlagen habe.
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Christian Weise
Camillo. Ich wil an eurem Verderben keine Ursache seyn. Borgia. Ich aber wil den Camillo lieben ob er gleich undanckbar ist.
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Camillo. Wer meinen Tod und meinen Untergang wuͤ nschet / der kan mich nicht lieben. Borgia. Der Himmel straffe mich / und mache meinen Segen zu nichte / wofern mich Camillo einiger Falschheit beschuldigen kan.
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Camillo. Borgia hat sich mehr Ursachen eingebildet mich zu haßen / als mir behuͤ lflich zu seyn. Borgia. Das ist von meinen Feinden verhaßt vorgebracht worden. Camillo. Es sey also / ich wil lieber sterben als dem Borgia vor mein Leben dancken. 〈352〉
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Borgia. Ist denn keine Versicherung in der Welt / damit ich meine Gedancken von dem Verdacht entschuͤ tten kan. Der Blitz verbrenne mich lebendig. Die Erde sperre ihren Rachen auf / und verschlinge mich biß auf den tieffsten Abgrund: Die Speise werde mir auf der Zunge in Gifft und Galle verwandelt / und quaͤle mich biß an den Tod mit unersinnlichen Schmertzen / wofern ich zu gegenwaͤrtigem Ungluͤck das geringste beygetragen. Camillo. Wer hat die abscheulichen Versicherungen begehrt? Borgia. Euer Mißtrauen hat solche heraus gelocket. Camillo. Und wenn ich euch keines Meineyds beschuldigen sol / wer hat mir denn das Ungluͤ ck auf den Hals geweltzet.
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Borgia. Wer? als Flavio. Camillo. Womit ist Flavio beleydiget worden? Borgia. Meinet ihr nicht daß er euch die uͤ bermaͤßige Gnade bey dem Fuͤ rsten mißgoͤnnete? Und wer hat euch mehr angetrieben Franckreich zu besehen / als eben dieser Anfaͤnger und Vollender eures Elends?
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Camillo. Gleichwol habe ich dem Flavio nie nachgestellet. Borgia. Die heutigen Politici koͤnnen nicht 〈353〉 allein keinen uͤ ber sich: sondern auch keinen neben sich leiden. Camillo. Ich dencke mehr als ich sage. Mein Jammer mag entspringen woher er wil: Gnung daß ich verdorben bin.
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Borgia. Camillo eure Freundschaft ist blind gewesen. Camillo. Aber meine Feinde sind sehr scharfsichtig. Borgia. Sie bedienen sich eurer Einfalt. Camillo. Desto weniger sollen sie sich ruͤ hmen.
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Borgia. Nun Camillo ihr wollet mir nicht trauen / doch ist es wahr / was ins gemein geglaubt wird / daß wir in dem allgemeinen Gerichte vor unser Thun und Lassen sollen Antwort geben / so wil ich euch getrost unter Augen treten / und wegen des unrechtmaͤßigen Verdachts billichen Abtrag fodern.
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Camillo. Ich bin vor diesem Richter unerschrocken.
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Christian Weise
Borgia. So moͤgt ihr auch vor dem Hencker nicht erschrecken / lebet wie ihr es wuͤ rdig seyd / wenn ihr eure Freunde verachten wollet. (gehet ab) 5
Camillo. Du grosser Gott / hoͤre doch wie der falsche Borgia mit Eyden und Schwuͤ ren spielt. Ich weiß daß dir solches zuwider ist. Nur 〈354〉 staͤrcke mich in meinem Vertrauen / du werdest mir Tod und Leben laßen zum besten ausschlagen. (Poncinello koͤ mmt wieder)
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Poncinello. Herr da schickt Hr. Borgia etwas von Confect, weil er empfunden / daß in diesem Gemach gar feuchte und ungesunde Luft ist. Camillo. O du untreuer Boͤsewicht / bistu vielleicht auch mein Verraͤther worden / gehe und trage das Confect wider hin wo es herkommen ist. Poncinello. Ich darf es nicht wieder zuruͤ ck bringen. Camillo. (wirft es auf die Erde) So mag es hier verderben. Poncinello. Das war grob genung. Camillo. Du Ertz-Schelm / hilfstu mich auch verfolgen.
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Poncinello. Ey Narrenpossen was geht mich das verfolgen an. Camillo. Hastu nichts mehr zu bestellen? Poncinello. Ihr wollet meiner gewiß gern loß seyn?
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Camillo. Du hast es errathen. Poncinello. Ich wil schon gehn / wenn es mir gelegen ist. Camillo. O daß dir niemand nach Verdienst lohnen sol! Poncinello. Um meinen Lohn hat sich so ein Mauß-〈355〉kopf nicht zu bekuͤ mmern / seht ihr morgen darnach / daß euch der Kopf zwischen den Achseln fein fest stehen bleibt. (Laͤ uft davon) Camillo. Dieß war noch uͤ brig / daß ich auch die Narren mit Gedult vertragen muß. GOtt stehe meiner Sache bey!
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Christian Weise
FUͤNFTE HANDLUNG. Poncinello, Flavio. Flavio. So wilstu dein Gluͤ ck anderswo suchen?
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Poncinello. Ein junger Kerle meines gleichen muß sich allenthalben herum blacken. Flavio. Warum zeuchstu aber zum Borgia? Poncinello. Mir ist ein Herr wie der andere. Flavio. Es ist schon gut. Doch hoͤre Poncinello warte mir zu guter letzt noch auf.
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Poncinello. Gar gern / was kan ich verrichten. Flavio. Ich habe einen heftigen Fluß in die Zaͤhne bekommen / gehe und stecke mir eine Tabackpfeiffe an / daß ich etwas zur Gesundheit davon brauchen kan.
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Poncinello. Es ist poßierlich / ihr klagt uͤ ber Waßer / und wollet mit Feuer helffen. Flavio. Geh du nur und bringe es mir. (er geht ab) Ich weiß nicht was ich von der Enderung halten sol / daß sich Ponci-〈356〉 nello dem Borgia ergeben wil: Es scheinet als suche der schlaue Fuchs unser Verderben. Camillo ist zwar seiner Miße that uͤ berwiesen gnung; in dem er seine Hand nicht leugnen kan; Und also hat Borgia Ursach wieder ihn zu streben. Doch ob Camillo keinen Gefaͤrten in seinem Ungluͤ ck haben werde / das glaub ich fast nicht. Ein grosser Baum schlaͤgt durch seinen Fall viel benachbarte Staͤmme zu boden. (Flavio setzt sich an den Tisch: Poncinello bringt die Pfeiffe.)
Die beschützte Unschuld V
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Poncinello. Da habt ihr den besten Taback von der Welt / wo der nicht hilfft / so weiß ich keinen Rath. Flavio. Du kanst sie nicht recht anstecken / mache mir etliche fidibus die ich gebrauchen kan. Poncinello. Da habt ihr Papier / macht die fidibus selber / ich muß Julep holen / daß ihr den Mund und den Hals wieder abspuͤ len koͤnnet.
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(Poncinello geht ab) Flavio. Was gibt mir der Kerl vor Papier / es ist ein Schrifft drauf / die mir sol bekand seyn. Ich wil sie aus curiositaͤt lesen: Wehrter Hertzens-Freund. Meine vorigen Briefe werden zu recht ankommen seyn; Und wundert mich nicht / daß keine Antwort erfolget / in dem die Posten etwas unrichtig gehn / und vielleicht die Briefe hier und da liegen bleiben. Im uͤ brigen lebe 〈357〉 ich der gewißen Hofnung / mein Freund werde sich indeßen meine Wolfahrt laßen recommendirt seyn. Ich habe in Franckreich unterschiedene Vorschlaͤge / dardurch mir ein groͤßer Gluͤ ck versprochen wird / allein es bleibt bey meiner Resolution, wo meine Leonore und mein Flavio lebt / da wil ich den Rest meines Lebens vergnuͤ gt beschließen / etc. Der Brief ist zurißen / ich kan nicht weiter lesen: Doch was steckt vor eine Verraͤtherey darhinter / die Hand ist vom Camillo: Die Schrift ist voller Freundschaft / und derselben gantz nicht aͤhnlich / die uns bey dem Fuͤ rsten vorgeleßen ward. Solte sich wol Poncinello zu einem solchen Bubenstuͤ ck gebrauchen laßen? Es ist klar / Camillo ist so schuldig nicht / als ins gemein geglaubt wird / (er steht auf) das Hertze bricht mir / wenn ich an seine Reden gedencke / wie hoͤflich er mir im Walde begegnete / und ich weiß nicht was mir mein Gemuͤ the zuvor saget. (Poncinello koͤ mmt wieder)
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Hoͤre Poncinello wo hastu das Papier genommen. Poncinello. Das Papier? Ach ich kan nicht lesen / ich weis nicht wo ichs kriegt habe.
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Flavio. Du Vogel / es heist nicht so / sage wo es herkoͤmmt / oder ich wil eine andere Sprache mit dir zu reden anfangen. 〈358〉 Poncinello. Laßet mich doch darnach sehn / ob ich mich besinnen kan. Flavio. Schelm / suche keine vergebene Außflucht.
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Poncinello. Ich trage des Papiers so viel bey mir / daß ich eines vor dem andern nicht gar wol erkenne. Flavio. Worzu brauchstu das Papier? Poncinello. Herr zu Schnuptuͤ chern. Flavio. Du garstiger Vogel. Doch wo pflegstu den Zeug zun Schnuptuͤ chern her zubekommen.
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Poncinello. Wo ich was kriegen kan / da greiffe ich zu. Es kan wol seyn daß ichs hier im Hause aufgelesen habe. Flavio. (Hohlet den Pruͤ gel) Nein nein / in meinem Hause hastu es nicht gefunden / wilstu es nicht sagen / so wil ich dich pruͤ geln daß dir das Fleisch von den Knochen abfallen sol.
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Poncinello. Herr ihr moͤgt zwar thun was ihr nicht laßen koͤnt / ich kan es doch nicht sagen: ohn daß ich muthmaße / es wird daßelbe Zettelchen seyn / das ich neulich auf der Gaße vor der Cantzley fand.
Die beschützte Unschuld V
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Flavio. War es so zerrißen? Poncinello. Es kan seyn daß ich was davon gebraucht habe: Denn ich kan nicht lesen. Flavio. Ich kenne viel Gesellen / die nicht 〈359〉 lesen koͤnnen / und doch in der Schelmerey perfect gnung sind.
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Poncinello. Deßwegen werde ich kein Schelm seyn. Flavio. Ich habe viel Muthmaßungen von dir / bekenne mir die Warheit / sonst laße ich dich in den Keller versperren / und gebe dir nichts zu freßen / biß du mir wegen des Briefes aus dem Traum hilffst.
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Poncinello. Ich habe nicht lange zu warten / ich muß zu meinem neuen Herren kommen. Flavio. Was? Du Hund / hat dein alter Herr nicht so viel Macht uͤ ber dich daß er dich etliche Stunden aufhalten sol / (er besinnet sich) doch laß sehn was hastu sonst vor raritaͤten in deinem Schiebsacke.
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Poncinello. Ich habe in diesen Hosen keinen Schiebsack. Flavio. Wo zogstu den vorigen Brief heraus? Poncinello. Auß den Unterhosen. Flavio. So laß sehn was in den Unterhosen ist. Poncinello. Ich schaͤme mich / ich muͤ ste die Oberhosen vor ausziehn. Flavio. (pruͤ gelt auf ihn loß) Mache fort du Boͤsewicht. 〈360〉
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Christian Weise
(Hier muß Poncinello vier oder fuͤnf paar Hosen uͤbereinander haben / daß / wenn er ein paar außzeucht / dennoch kein Schiebsack da ist / biß auf die letzten.)
5
Flavio. Bistu bald zun Diebsaͤcken kommen / lange heraus was drinnen ist. (Hier mag Poncinello allerhand poßierlich Zeug / so gut als er es bekommen kan heraus langen / letzlich giebt er etliche zerrißene Papiergen.) Flavio. Sieh da / sieh da / was ist dieß vor Papier?
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Poncinello. Ach wann ich so gelehrt waͤre / daß ich das wuͤ ste. Flavio. Laß sehn / ich wil gelehrter seyn / dieß ist ein Brief gewesen / da ist noch die Unterschrift: Maßen ich nicht leben kan als in Hofnung zu heißen / meiner Tugendbegabtesten Leonore, eintzig und ewig verbundener Camillo. Hier find ich des Fuͤ rsten Titul / und so viel ich judicire eben von des Camillo Hand. O du Verraͤther / hastu unter deiner angemaßeten Narrheit so viel Boßheit verborgen? Sage alsobald wo koͤmstu zu den Sachen? Poncinello. Ey Herr daß ihr es auch eben wißet / ich bin euer Diener nicht / wollet ihr mir viel uͤ berlast anlegen / so sollet ihr es mit dem Borgia auszufechten haben. 〈Q r= 361〉 Flavio. Fein trotzig Stocknarr / gieb es nicht zu deutlich / daß Borgia dich zu unverantwortlichen Diensten gebraucht. Poncinello. Ey lasset mich gehn.
Die beschützte Unschuld V
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Flavio. Heute wird nichts daraus. Und wenn ich dich solte in die Feuermauer auffhencken / daß dir der Speck zun Ribben heraus schwitzte; so mustu doch bekennen was die Sache ist. (Es klopft jemand) Flavio. Ich muß sehn wer da ist.
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(geht ab) Poncinello. Nun hab ich mein koͤstlich Leben. O wenn doch die Leute keine Schelmerey trieben die es nicht recht gelernet haben: So wird es nicht viel fehlen / daß der wackere gutthaͤtige Herr Borgia mit in das Spiel koͤmmt. Er sagte wol ich solte die Briefe verbrennen / so dachte ich Pontius Pilatus waͤr auch ein ehrlicher Kerle; und bringe mich daruͤ ber in Ungluͤ cke. Ach meine boͤse viertel Stunde wird gar zu zeitlich kommen / ehe noch der Hals deß Henckers gewohnt ist. Und was werde ich vor Marter und Qual ausstehen muͤ ssen / ehe ich alles sage. Ich elender Berenheuter / haͤtte ich meine fidibus unterwegens gelassen / merckts ihr Leute dort unten: Ich sehe auch einen sitzen / der mit der Ziege allemahl zu 〈362〉 zeitlich auf den Marckt koͤmmt. Schonte ich seines Herrn Vaters nicht / so wolte ich gleich mit Fingern auf ihn weisen. Und darzu mit mir weiset sichs nicht mehr.
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(Flavio, Simplicio und Bastardo treten auf) Flavio. Bastardo kommt und uͤ berzeuget den verfluchten Schelmen. Bastardo. Ich gestehe es daß mich Borgia bestellet hat den Camillo um das Leben zu bringen / und daß eben dieser Poncinello darbey gewesen.
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Christian Weise
Poncinello. Guter Freund verzeiht mir / ihr werdet euch irren / es sieht unterweilen ein Mensch dem andern aͤhnlich. Bastardo. Du sauberes Buͤ bgen / du must viel Leute haben / die dir aͤhnlich seyn. 5
Poncinello. Ich habe euch aber mein Tage nicht gesehen. Bastardo. Es war auch fuͤ rwar nicht Abend / als ich beym Borgia mit dir schwatzte. Poncinello. Ich weiß gewiß nichts darvon / ihr muͤ st einen Rausch gehabt haben.
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Bastardo. Ich hatte keinen Rausch: Und so klug du sonst ins gemein bist / so klug warestu dazumahl auch. 〈Q 2 r= 363〉 Poncinello. Ich sehe euch an wo ich wil / so kan ich euch nichts bekandtes ansehen.
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Flavio. Deine Schelmstuͤ cke werden offenbahr. Und ihr Simplicio was habt ihr zu klagen. Simplicio. Hastu mir nicht im Wirthshause die Tasche visitirt, und hastu nicht gesagt / Flavio wolte die Leonore gern einem andern verheyrathet wissen?
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Poncinello. Der Kerle schwaͤrmt erst gantz. Hastu nicht die Tasche an der Seite gehabt / und hat es irgend an Briefen gemangelt? Simplicio. Was sagstu denn zur neuen Zeitung von Hr. Flavio. Poncinello. Das hastu selbst erdacht / ein Kind kan es greiffen / daß ich solche Thorheiten nicht reden werde.
Die beschützte Unschuld V
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Simplicio. Wer ist nun am glaubwuͤ rdigsten? Flavio. Kommt her / und aͤngstiget den ehrvergessenen Schelmen so lang biß er alles aus dem Grunde heraus gebeichtet hat. (Simplicio und Bastardo legen den Poncinello auf den Tisch) Bastardo. Wir wollen den Buben so lang kuͤ tzeln / biß er seine Leichtfertigkeit bekennet. 〈364〉
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Poncinello. (faͤ ngt uͤ berlaut an zu lachen) Ach quaͤlt mich nicht so sehr / daß ich in meinen hoͤchsten Aengsten lachen muß. Bastardo. Da hilfft nichts davor du must lachen / oder die Warheit sagen.
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Poncinello. Ich lache mich zu Tode. Bastardo. Bekenne was du gethan hast. Poncinello. Ich lache mich zum Butterwecken. Simplicio. Es war dir laͤcherlich genung da du mir die Tasche wegpartirst / nun lache eins darzu.
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Poncinello. Ich lache ich kan nicht mehr. Bastardo. Halt wir wollen ihm die Struͤ mpfe ausziehn / und ihn an die Fuß-Sohlen buͤ rsten. Poncinello. Ey hat denn die Schererey bald ein Ende? Simplicio. Ja wenn du bekennest. Poncinello. Ach ich wil gerne bekennen / lasset mich nur gehn.
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(Sie lassen ihn loß) Flavio. Nun so rede die Warheit. Poncinello. Ich weiß nichts. Flavio. Legt ihn wieder hin. (Sie wollen ihn anfassen) 5
Poncinello. Ach ich wils sagen / ich wils sagen. 〈Q 3 r= 365〉 Flavio. So sage es oder ich beschmiere dich mit Honig / und hencke dich vor das Fenster unter die Fliegen. Poncinello. Komb ich aber um den Hals wenn ich es gestehe? Flavio. Sage du nur itz die Warheit / das andere wird sich geben.
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Poncinello. Wenn ich sterben solte / so werdet ihr mirs nicht zumuthen daß ichs bekennen sol: Ich wuͤ rde ja ein Moͤrder an meinem eigenen Leibe. Flavio. Du zauderst viel / du must wieder auf den Tisch.
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Poncinello. So sey es denn ich wils sagen. Borgia gab mir Geld / so verrieht ich ihm alle Posten. Euer Filippo ward unterwegens erschlagen / dem Simplicio wurden die Briefe verwechselt. Mit einem Worte ich habe alle Verraͤtherey mit stifften helffen. Aber ach lasset mich die Suͤ nde nicht entgelten / Borgia ist Schuld daran. Ich war ein Narr / das Geld verblendete mich. Flavio. Ich gehe nach Hofe / kommet ihr bald hinach / und du Poncinello, wo du mit gehest / so wil ich vor dich bitten. (gehen ab)
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Leonore, Borgia. Leonore. Ih. Durchl. haben meiner begehrt. 〈366〉 Borgia. Sie werden bald hier seyn. Leonore. Es ist meine Schuldigkeit daß ich verziehe. Borgia. Und mein Gluͤ cke / daß sie mir die Gegenwart goͤnnen muß.
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Leonore. Das Gluͤ cke wird schlecht seyn. Borgia. Ich hoffe ein bessers. Leonore. Was sol er bey der jenigen vor Gluͤ cke hoffen / die fast unter dem Ungluͤ cke ersticken muß!
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Borgia. Nach den Wolcken scheint die Sonne. Leonore. Aber manche Traurigkeit wechselt mit keiner Freude ab. Borgia. Die Zeit veraͤndert alles. Leonore. Mir wird der Todt die Aenderung bringen. Borgia. Schoͤnste Leonore, die guͤ tige Natur hat sie nicht deß wegen so annehmlich gemacht daß sie sterben sol: sondern daß sie andern sol das Leben erhalten. Leonore. Unsere erste Geburtsstunde ist schon ein Theil von unserm Tode / so viel Tage wir zuruͤ ck legen / so viel sind wir unserm Leben gleichsam abgestorben. Warum soll ich nun mit andern Gedancken umgehn als mit Todes-Betrachtungen? 〈Q 4 r= 367〉
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Borgia. Wehrteste Leonore, in dreissig oder viertzig Jahren werden ihr solche Gedancken besser anstehn. Itz lebt sie in dem Fruͤ hlinge / da hat man sich vor dem Winter noch nicht zu fuͤ rchten. 5
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Leonore. Die Bienen und Ameißen sorgen schon im Fruͤ hlinge vor den Winter: was sol nicht ein Mensch thun / der keine Versicherung hat / daß er sein Leben werde in Sommer und Winter koͤnnen eintheilen. Borgia. Wil sie aber den Himmel beschuldigen der sie zum Lieben geschaffen hat. Leonore. Ich liebe freylich / doch hasse ich die Eitelkeit. Borgia. So wird der arme Borgia in Ewigkeit nicht vergnuͤ gt. Leonore. Die Rede ist mir zu hoch. Borgia. Und meine Person ist ihr vielleicht zu niedrig.
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Leonore. Er schertzt. Borgia. Es ist kein Schertz / wo ich von Leonore nicht geliebet werde / so sterbe ich. Leonore. Und wo ich mich verlieben sol / so sterbe ich. Borgia. Wil sie gegen sich selbst so grausam seyn?
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Leonore. Er ist grausam daß er mich zum sterben zwingen wil. 〈368〉
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(Hercules koͤ mmt) Hercules. Tugendhafte Leonore wir haben euer begehret. Leonore. Eu. Durchl. haben zu befehlen. Hercules. Es ist ungewiß ob alle Befehle so kraͤftig sind. Leonore. Was in meinen Kraͤften steht / und von der Tugend be staͤtigt wird / da bin ich nicht nachlaͤssig.
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Hercules. So erfuͤ llt demnach unser Verlangen und liebet den Borgia. Leonore. Diß steht in meiner Gewalt nicht. Hercules. Wir sehen keine Verhindernuͤ ß.
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Leonore. Camillo lebt noch. Hercules. Was geht euch der Verraͤther an? Leonore. Ich habe ihm die Treu geschworen. Hercules. Doch er hat die Treu gebrochen. Leonore. Die Laster sol man nicht nachthun.
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Hercules. Wer gleiches mit gleichem vergilt der begeht kein Laster. Leonore. Man sol aber nichts thun wo das Gewissen zweiffelhafftig ist. Hercules. Eurem Aberglauben wolten wir gern gerathen wissen.
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Borgia. Gnaͤdigster Herr / ich sehe wol / Camillo muß durch seinen Tod / mir den Weg 〈Q 5 r= 369〉 zum Leben oͤffnen: Denn wo Camillo stirbt / da ist Leonore ihrer Treu erlassen. Leonore. Ich mag meine Liebe mit keinem Blute erkauffen lassen. 5
Hercules. Camillo stirbt wegen seines Verbrechens. Und die Leonore erwehlt den Borgia wegen seiner Tugend. Borgia. So ist das Urthel feste gestellt daß Camillo sterben muß. Hercules. Es wird vonnoͤthen seyn / daß wir ordentliche Richter setzen / und den Verdacht der Tyranney von uns abweltzen.
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Borgia. Ordentliche Richter sind zwar in zweiffelhaftigen und ungewissen Faͤllen hoͤchstnoͤthig: Allein wo die Sache klar ist / da verdammet sich der Verbrecher selbst. Hercules. Die Sache ist unsern Unterthanen nicht klar: die wuͤ rden uns blutduͤ rstig nennen.
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Borgia. Ein Fuͤ rst der sein Gewissen verwahrt / darf den Unter thanen keine Rechenschafft geben. Hercules. Ein Fuͤ rst der ein gut Gewissen hat / sol sich erfreuen / wenn er sein Volck zum Zeugnuͤ ß bewegen kan. Borgia. So publicire man die Ursachen seiner Verdammnuͤ ß.
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Hercules. Es hieße doch er waͤre nicht gehoͤrt worden. 〈370〉 Borgia. Haben wir nicht seine Schrifft in Haͤnden? hat er des Fuͤ rsten Hoheit dadurch nicht beleydiget?
Die beschützte Unschuld V
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Hercules. Wir wollen doch das Bekaͤndtnuͤ ß auß seinem Munde haben. Borgia. Die Fuͤ rstliche Hoheit wird dadurch schlecht versichert; wenn man sie in das Angesichte schimpfen / und solches hernach laͤugnen darf.
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Hercules. Camillo sol es nicht laͤugnen. Borgia. Die Schlangen pflegen krumme Gaͤnge zu haben. Hercules. So wird er zum minsten in das Gesichte beschaͤmet werden. Borgia. Ich mag nicht sagen daß man sich eines Aufstandes zu besorgen hat.
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Hercules. Eines Aufstandes? haben wir kein Vermoͤgen solches abzuwenden? Borgia. Es mangelt Ih. Durchl. an zureichenden Mitteln nicht: doch ein Fuͤ rst hat groͤssern Ruhm / wenn er das Feuer in der Asche daͤmpft / als wenn er die fressende Flamme mit seinem Schaden vertilgen muß.
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(Flavio koͤ mmt) Flavio. Verraͤtherey / Ih. Durchl. Verraͤtherey! 〈Q 6 r= 371〉 Hercules. Wie? Verraͤtherey! Und wer ist so kuͤ hn? Flavio. Derselbige der die Hoch-Fuͤ rstliche Gnade mißbraucht. Hercules. Wir wollen den verfluchten Nahmen wissen.
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Flavio. Hier steht das Scheusal / die Mißgeburt / der verzweifelte verraͤtherische Borgia. Borgia. Eu. Durchl. schuͤ tzen meine Unschuld.
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Hercules. Wer wil unsere Diener im Fuͤ rstlichen Gemach angreiffen. Flavio. Das hoͤchste Schelmstuͤ ck von der Welt ist an den Tag kommen.
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Hercules. So sagt was ihr wisset / doch seyd versichert / wer meine getreue Diener ohne Ursach stuͤ rtzen wil / der sol nach der Klinge tantzen. Flavio. Ich fuͤ rchte mich nicht. Camillo ist unschuldig / Borgia ist ein zehnfacher Meuchelmoͤrder. Borgia. Eu. Durchl. befehlen gnaͤdigst / daß mich der Verleumder verschont.
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Hercules. Wie? ist Camillo unschuldig / welchen Flavio selbst verdammet hat. Flavio. Dieses Urthel hat der meineydige Borgia uns abgezwungen. 〈372〉 Borgia. Der Fuͤ rst sol meine Gerechtigkeit erkennen.
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Hercules. Was hat Borgia mißgehandelt? sind die Schandschrifften vom Camillo nicht vorhanden? Flavio. Die Schandschrifften kommen vom Borgia her.
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Borgia. Ich zerberste vor Eifer / daß mir eine fremde Schrifft zugelegt wird / man lasse nach der Hand urtheilen. Hercules. Flavio nehmet euer Leben in acht. Flavio. Es soll durch Zeugen bewiesen werden. Hercules. Was vor Zeugen?
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Flavio. Auf dero Befehl / sollen sie erscheinen. Borgia. So wird ein Fuͤ rstlicher Minister nicht tractirt, man stelle ein ordentlich Gerichte an / den Zeugen sol ihre Falschheit dargethan werden. Hercules. Borgia ihr habt uns selbst gelehrt / wie wir die Fuͤ rstl. Hoheit handhaben sollen: Lasset die Zeugen erscheinen.
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(Bastardo, Simplicio und Poncinello kommen) Borgia. Ach weh ich bin verlohren! 〈Q 7 r= 373〉 Hercules. Was sollen diese Kerlen. Flavio. Sie sollen erweisen / was Borgia leugnen wil.
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Borgia. Sollen diese nichtswuͤ rdige Creaturen uͤ ber mein Gluͤ cke zeugen / ich verwerffe sie? Hercules. Wir sollen sie hoͤren. Bastardo. (kniet) Vor Eu. Hochfuͤ rstliche Durchleucht erkuͤ hne ich mich demuͤ tigst zu erscheinen / und meine aͤrgste Boßheit oͤffentlich zu bekennen. Ich habe mich durch boͤse Gesellschaft unter die Banditen verleiten laßen / dadurch ich zu Rauben
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und Morden dergestalt veranlaßet worden / daß ich den Tod und die abscheulichste Straffe vielfaͤltig verdienet habe. Unter andern bekenne ich / und sage es dem Borgia unter die Augen / so war als Gott uͤ ber uns ist / und so war mein Herr lebet / daß mich Borgia zu zwey unterschiedenen mahlen mit Gelde bestochen / und zu grausamen Vornehmen veranlaßet. Denn als Signor Flavio seinen Diener Filippo in Franckreich abfertigte / muste ich ihn auf dem Wege nieder schießen. Auch unlaͤngst solte ich dem Camillo seinen Rest geben: Allein er war so tapfer / daß er sich unser bemeisterte / und mich in einen Stand versetzte / da ich das Leben von ihm bitten muste. Solches zeuge ich und wil drauf leben und sterben. Im uͤ brigen wolle Eu. Hoch-〈374〉fuͤ rstliche Durchl. dero angebohrne Hulde und Guͤ tigkeit staͤrcker seyn laßen als mein Verbrechen – – Borgia. Du Boͤsewicht / wie lange hat dich Flavio unterrichten muͤ ßen / ehe du so viel Fabeln hast schmieden lernen. Bastardo. Ich sage was die Warheit ist. Da ist noch der verfluchte Ducatn (wirfft ihn hin) den ich auf des Camillo Leben aus euren Haͤnden genommen habe.
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Borgia. Ein Bandit der aus Rauben und Morden ein Handwerck macht / wird sich kein Gewißen nehmen einen ehrlichen Mann mit der Zunge todt zu schlagen. Hercules. Was haben die andern zu zeugen?
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Simplicio. (kniet) E. Hochfuͤ rstl. Durchl. muß ich wehmuͤ thigst klagen / daß dieser Poncinello mir unlaͤngst die Briefe verwechselt / und ich also an statt der jenigen / so ich vom Camillo aus Franckreich gebracht / andere boßhaftige und verraͤtherische Schreiben eingeliefert habe. Uber dieß habe ich mit meinem Ungluͤ ck erfahren / daß dieser Bandit erkaufft worden den Camillo aus dem Wege zu reumen.
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Hercules. Wer ist Poncinello? Poncinello. (legt sich die Laͤ nge auf die Erde hin) Ich bin der arme Erden-Kloß. Hercules. Hastu die Briefe verwechselt? 〈375〉 Poncinello. Wer sich mit Narren verwirrt / dem gehts naͤrrisch.
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Hercules. So wird unsere Frage nicht beantwortet. Poncinello. Borgia hat mirs befohlen. Ich dachte / was solche große Leute haben wolten / das waͤre recht. Borgia. Flavio solte sich der Zeugen schaͤmen: Ist nun ein Fuͤ rst licher Diener gut genung / daß ein Bandit / ein Narr / und seines Wiedersachers Stiefelschmierer wieder ihn aufgefuͤ hret werden. Flavio. Schau Borgia, hier sind die Zeichen von den rechtmaͤßigen Briefen: diese beschuldigen dich / daß du Fuͤ rstliche Schreiben erbrochen hast.
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Hercules. (nimmt sie) Wo koͤmmet diß her. Poncinello. Herr / ich habe sie beym Borgia kriegt / der sagte ich solte sie verbrennen. Borgia. Daß du des Todes seyst mit deinen Luͤ gen. Poncinello. Kinder und Narren reden die Warheit: Wißet ihr nicht da ihr mir so viel Geld gabt? da ich Jungfer Fickgen die bey der Leonore ist / muste zwey dutzent Thaler bringen / daß sie solte euer Wort reden? da ich das giftige Confect bey dem
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Apothecker hohlte / und dem Camillo ins Gefaͤngnuͤ ß brachte? wißet ihr es nicht? he! Borgia. Es stuͤ rmet alles auf mich loß. 〈376〉
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Hercules. Borgia gebt Gott und eurem Fuͤ rsten die Ehre / und bekennet die Warheit. Verseumet die Gnaden-Zeit nicht: Eh eine Stunde vergeht / kan Hercules die Gnaden-Thuͤ r verschließen. Borgia. (kniet) Ach was sol ich sagen? Camillo ist der Tugendhafteste Mensch auf der Welt. Borgia ist uͤ berzeugt daß er den Tod verdient hat.
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Hercules. O du giftiger Basiliske / ist es moͤglich daß deine Boßheit so viel uͤ bels stifften koͤnnen? Und haben wir uns selbsten durch dein Lasterhafftes Vornehmen wieder die Tugend reitzen laßen? Camillo sol Richter seyn: Und welchen du ohne Recht und Urtheil verdammen woltest / der sol uͤ ber dein Leben zu gebieten haben: daß Camillo alsofort hieher gebracht werde. Leonore. (ist immittelst auf die Seite getreten) Ach Camillo wird hieher gefodert; mit was vor Augen werde ich seiner bestaͤndigen Tugend begegnen koͤnnen? wie werde ich die unbillichen Beschuldigungen mir zum Vortheil auslegen. Ach es ist vergebens! Er hat seinen Sinn laͤngst von mir gewandt / und ich werde mich aller Liebe und Vergnuͤ gung auf ewig verzeihen muͤ ßen. Sein Bildnus daraus ich seine Affection erkennen solte / habe ich weggeworffen: 〈377〉 Was wil ich ihm nun abfodern? Ich thue am besten / weil ich sein Anschauen nicht vertragen kan / daß ich heimlich davon schleiche. (Indem der Fuͤ rst mit Flavio in heimlichem Gespraͤ ch begriffen ist / stielt sich Leonore zum Gemache hinauß) (Camillo 〈kommt〉)
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〈Camillo.〉 Euer Fuͤ rstl. Durchl. sehen den Camillo wieder / welcher in Italien lieber unschuldig sterben / als in Franckreich herrlich leben wil. Hercules. Edler Camillo, verzeiht uns / daß wir Eure Tapferkeit wieder Verdienst beleydiget haben. Nehmet hier den Urheber alles Ungluͤ cks in eure Gewalt / und laßet in der selbst belieblichen Rache das Andenken alles Unrechts begraben seyn. Camillo. Dem Himmel sey gedanckt daß meine gerechte Sache aus dem Finsternuͤ ß an das Liecht gezogen wird: Die Rache bleibe denenselben anheim gestellt / welchen der Oberste Richter das Straf-Schwerdt in die Haͤnde gegeben.
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Hercules. Ach wir erkennen euer Gemuͤ the / wehrter Camillo, welches uͤ ber alle Begierden / auch uͤ ber die Suͤ ßigkeit der Rache obsiegen kan. Camillo. Meine geringste Sorge ist auf meiner Wiedersacher Verderben gerichtet. Wolte Gott ich koͤnte mich der vorigen Gnade / der vo-〈378〉rigen Freundschafft und Liebe voͤllig versichern! Hercules. Der Mond kan uns die Sonne bedecken: doch lescht er ihre Straalen nicht aus; Also hat die Verleumdung unsere Gnade mehr verborgen / als vertilget. Camillo tritt in seine vorige Ehren und Gnaden-Besitzungen ein / mit fester Versicherung so hoch zu steigen / als der Hof von Ferrara vertragen kan. Camillo. Die vorhergegangene Nacht / versuͤ ßet uns den Glantz der Morgenroͤthe; Und mein Gefaͤngnuͤ ß verdoppelt die Freude Eu. Durchl. in gutem wolergehn die Hand zu kuͤ ssen. Flavio. Aber wie wird sich der arme Flavio entschuldigen?
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Camillo. (umfaͤ ngt ihn) Liebster Hertzens-Freund / es ist keiner Entschuldigung vonnoͤthen. Ihr seyd vielmehr durch Einfalt und Leichtglaͤubigkeit verfuͤ hret / als durch Haß und Boßheit angereitzet worden; drumb sey unser gnaͤdigster Herr Zeuge / daß aller Widerwillen aufgehoben / und hingegen die offtbestaͤtigte Freundschafft auf das neue bekraͤfftiget wird. Flavio. Ich erkenne das tugendhafte Gemuͤ the / welches ich ewig ehren werde. Hercules. Doch wo ist Leonore? war sie nicht zu gegen?
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Flavio. Sie hat sich vielleicht in die Einsamkeit retirirt, weil die Schamhafftigkeit schwer-〈379〉lich zugeben wuͤ rde / ihre Gemuͤ ths Empfindungen oͤffentlich herauß zu lassen. Hercules. So mag sich Camillo allein mit ihr vertragen / unser Fuͤ rstliches Wort sol ihm zur Bestaͤtigung unversaget seyn.
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Camillo. In solcher Gnade wird die Fuͤ lle meiner Gluͤ ckseligkeit beruhen. Hercules. Doch wie werden die Verbrecher abgestraffet? Camillo. Meine Freudens-Bewegung laͤsset mich an keine Rache dencken.
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Flavio. Eu. Fuͤ rstl. Durchl. sind am hoͤchsten beleydiget / deroselben steht auch der Entschluß anheim. Hercules. Wolan so hoͤret euer Urthel: Borgia, ob er gleich etwas hoͤhers verdienet haͤtte / sol fuͤ nff Jahr lang auf die Galeen geschmiedet werden. Bastardo sol fuͤ nf Jahr auf derselben Galee als ein freywilliger Soldat wider den Tuͤ rcken dienen / Poncinello sey dem Camillo zu willkuͤ hrlicher Straffe verehrt.
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(Borgia wird weggefuͤ hrt / Bastardo geht auch ab) Camillo. So wil ich dem Poncinello den Kopf abschlagen lassen. Und alsobald sol die Execution vor sich gehn. 〈380〉 (Hercules, Camillo und Flavio gehn ab) Claudio mit seiner Rotte nimmt den Poncinello an.
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Poncinello. Ich will dem Poncinello laßen den Kopf abschlagen. Das war troͤstlich. So werde ich treflich hoͤflich werden / und den Hut allzeit in Haͤnden behalten / weil ich ihn nirgend hinsetzen kan. Claudio. Sieh da Maußkopf bistu wieder mein Gefangener. Wie heiße ich itzund.
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Poncinello. Ey ich werde so viel wißen / vergeße ich doch uͤ ber den Narrenpoßen bald meinen Nahmen. Claudio. Sonst darfstu deinen Kopf nicht schonen / dencke immer weil du denken kanst. Es moͤchte dir bald verboten werden.
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Poncinello. Ey ihr Bruͤ der was vexiert ihr viel. Ihr werdet mir nichts thun: Eine Kraͤhe hackt der andern nicht die Augen aus. Claudio. Komm du nur mit / die Augen wollen wir dir nicht aus hacken. Der Hals der Hals wird dran muͤ ßen. Poncinello. So muß ich sterben / und ist kein ander Mittel da. Claudio. Ja vor dießmahl sol Poncinello eine Spanne kuͤ rtzer werden. 〈381〉
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Poncinello. Nun so laßet mich doch meinen Schwanen-Gesang thun. Claudio. Das sol ein schoͤner Gesang werden.
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Poncinello. Ihr versteht die Sprache nicht / ich wil zu guter letzt meine Todes-Gedancken ausschuͤ tten. Claudio. Nur mache es nicht zu lang.
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Poncinello. Nun ade zu guter Nacht / ihr alle fuͤ nf Elemente / Himmel / Erde / Waßer / Feuer und Dreck. Zu guter Nacht ihr alle sieben Jahrs-Zeiten / Fruͤ hling und Herbst / Sommer und Winter / Fastnacht / Hundstage und Martini. Zu guter Nacht ihr alle sechs Evangelisten / Matz / Lucks / Peter / Hermen / Pilatus und Herodes. Zu guter Nacht ihr neun freyen Kuͤ nste / Freßen / Sauffen / Huren / Buben / Doppeln / spielen / stelen / liegen / todtschlagen. Zu guter Nacht ihr drey und zwantzig Wunderwercke der Welt / ihr fuͤ nfzehn Planeten / ihr sieben und dreißig Loͤcher des menschlichen Leibes: Ihr Kannen / Kruͤ ge / Bullen / Flaschen / Faͤßer / Eymer und Glaͤserbuͤ rsten: Zu guter Nacht du liebes Federvieh / Enten / Huͤ hner / Gaͤnse / Tauben / Eichhoͤrnichen und Caninichen. Zu guter Nacht ihr lieben Gartenfruͤ chte / Birnen / Pflaumen / Kirschen / Quitten / Ohrfeigen und Nasenstuͤ -〈382〉ber: Zu guter Nacht ihr alle definentia in isch, Irrwisch / Stockfisch / Flederwisch – – wisch. Claudio. Hat der Schwanengesang bald ein Ende.
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Poncinello. Ach nein / ich bin noch in dem ersten Gesetze. Nun kommen ihrer noch 99. Claudio. Ey gedencke daß wir mehr zu thun haben / laß dir den Kopf abschlagen / darnach singe einen Gesang von neuntausend Versen / es sol dich niemand verhindern.
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Poncinello. Ey ist es denn noch Ernst. Ich nehme es noch immer vor einen hoͤflichen Schertz auf. Claudio. So wollen wir dir weisen was Ernst ist. (Sie greiffen ihn an / da agirt er poßierlich / bald wil er sich sitzend / bald stehend / bald liegend koͤ pfen lassen / endlich wird er von zweyen gehalten / da zeucht der Scharfrichter an statt des Schwerdts einen Fuchsschwantz heraus / und schlaͤ gt ihn um den Hals / da faͤ llt er nieder / und macht seltzame Gauckelpossen / hiermit wird die Scene zugemacht) Leonore hat sich verkleidet als eine Schaͤ ferin.
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Der Schauplatz præsentirt einen Wald. Leonore. In dieser Einsamkeit wil ich mein 〈383〉 Leben beschließen / welches sich der Gesellschafft nicht mehr wuͤ rdig schaͤtzt. Ich habe geliebt: Und eben die Heftigkeit meiner Liebe hat mich leichtglaͤubig gemacht / daß ich dem verfluchten Borgia mehr als zu viel getrauet. Nun ist Camillo zwar unschuldig: doch desto schuldiger befinde ich mich / wegen der unbedachtsamen Worte / dadurch Camillo den Uberrest seiner Liebe vertilget hat: Und indem ich nun sehe / daß geschehene Sachen schwerlich zuruͤ ck gezogen werden / ich auch alle uͤ bermaͤßige Traurigkeit nur vergebens anwenden muͤ ste: So mag sich mein gewesener Liebhaber damit vergnuͤ gen / daß ich mir die Straffe einer ewigen Einsamkeit aufflegen wil / und nach vollbrachten Thraͤnen der Jungferschafft / welche ich an diesem Orte vergießen wil / dem naͤchstangelegenen Kloster Lebens-lang beywohnen werde. Was nicht zu aͤndern steht / ertraͤgt man gedultig. Und welchen der Himmel nicht wil verliebt haben / der mag seine Vergnuͤ gung in dem suchen / daß er nebenst dem Liebes-Zucker / auch derselben Bitterkeit nicht schmecken
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darf. Vielleicht wird mir die edle Freyheit in wenig Jahren an statt der Belohnung seyn. (Sie geht etwas beyseite) 〈384〉 Camillo, Sophie, Simplicio. 5
Sophie. Ich bekenne mein Verbrechen / sol ich gestrafft werden / so kan ich mich nicht widersetzen. Camillo. Ihr habt aus Unbedachtsamkeit gesuͤ ndiget / doch weil ich keinen Schaden davon empfinde / so lasset euch der Straffe wegen nicht leid seyn.
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Sophie. Ach wuͤ sten wir nur wo Leonore waͤre. Camillo. Alsdenn sollet ihr mich guͤ tig sehn / wenn ihr sie finden helffet. Sophie. Ich wil keinen Fleiß sparen / wenn ich so hoch sol belohnet werden.
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Camillo. So sucht und thut euer bestes. (Sophie und Simplicio gehn ab)
20
25
Ach armer Camillo, wenn wird dein Gluͤ cke ohne Betruͤ bnuß seyn? was hilfft es dich / daß Borgia unterdruckt / der Fuͤ rst versoͤhnet / und Flavio in der Freundschafft bestaͤtiget ist / wofern dich Leonore ihrer Gunst berauben wil? deine Goͤttin hat sich unsichtbar gemacht / und weil sie ihr himmlisches Angesicht von dir wendet / wil sie auch vor deinen Augen verborgen bleiben: Oder solstu noch eine Probe ablegen / und durch ein aͤngstliches Nachsuchen / die bestaͤndige Liebe kundbar machen? Elender Camillo! der Magnet zeucht dich / und du
Die beschützte Unschuld V
225
weist nicht wohin: 〈R r= 385〉 Leonore locket dich an / und du kanst ihr nicht folgen: dein Hertze eilet an einen Ort / der dir selbst nicht bekandt ist. Ach bleib! doch was erwartestu hier? geh fort! doch was wilstu dort suchen? Ach Leonore Leonore, warum kanstu mein Verlangen also aufhalten.
5
(Leonore koͤ mmt furchtsam gelauffen / Poncinello koͤ mmt mit langsamen Schritten hinach / und hat sich in ein weiß Tuch gewickelt / als ein Gespenst / nur die Papierne Pickelherings-Krause hat er noch um / daß man ihn kennet) Leonore. Ach hilff Himmel! ich bin verlohren.
10
Camillo. Was ist diß vor ein Anblick. (gehet auf den Poncinello loß) Poncinello. Bleib mir vom Leibe / bleib mir vom Leibe / mit Geistern und Gespensten ist nicht zu schertzen. Camillo. Du artiges Gespenst / du solst mir bald eine Furcht einjagen.
15
(Leonore eilt indessen davon) Poncinello. Wie zum Element geht diß zu / sol ein so braves Gespenst nicht bessern Respect haben als so / bleib mir vom Leibe. Camillo. Ich entsetze mich aber vor keinem Geiste der einen Leib hat. 〈386〉 (entbloͤ st den Degen)
20
226
Christian Weise
Poncinello. So wolte ich mein Leib waͤre hundert tausend Meilen von hier. Camillo. Wer bistu? Poncinello. Ich bin eine arme Seele. 5
Camillo. Was machstu hier? Poncinello. Im Himmel wolten sie mich nicht haben / und in der Hoͤlle schlugen sie mich auch weg / wo sol ich denn bleiben? Camillo. Was bistu aber vor eine Seele?
10
Poncinello. (weinet) Ach die Seele von dem ehrlichen Poncinello. Camillo. Du naͤrrischer Boͤsewicht / schreibe es meinen andern Verrichtungen zu / daß ich deinen Lohn nicht alsobald abfuͤ hren kan / solstu meiner Hertzliebsten ein solches Schrecken verursachen?
15
Poncinello. Herr wenn ihr wuͤ stet / wie einer armen Seele zu muthe waͤre / ihr wuͤ rdet mich wol ungebruͤ het lassen. Camillo. (siehet sich um) Aber wo ist Leonore, ist sie wieder verschwunden? wehrteste Leonore, bin ich ihres Anschauens unwuͤ rdig.
20
(er eilt ihr nach) Poncinello. Ist das nicht Elend / daß man auch nach dem Tode nicht ruhen kan. Ich habe ja einmal mein Recht uͤ berstanden / nun ist die Reihe an mir / daß ich die Leute quaͤlen und aͤng〈R 2 r= 387〉stigen sol. Kommen doch alle gute Gewonheiten ab.
Die beschützte Unschuld V
227
Wuͤ ste ich doch nicht / daß ein Gespenste so berenheuterisch waͤre tractirt worden / wo ich solches leide / so stossen mich die andern Geister aus der Compagnie, und machen mich zum etcætera, daß keiner eine Kanne Bier mit mir sauffen darf: doch courage! Wer mir begegnet / der ist in meiner Gewalt. Heysa rastrum! ich zerreisse mich.
5
Simplicio. Ich suche / und finde nichts: diß habe ich zum Vorthel daß ich meinen Herren selbst verlohren habe. (Poncinello faͤ ngt an zu gruntzen / Simplicio sieht sich um) Simplicio. Alle gute Geister / alle gute Geister.
10
Poncinello. Du Schelm komb her / ich wil dir weisen / was du die guten Geister zu braviren hast. Simplicio. Ach ist es in dem Wald so unrichtig / so wil ich ein andermahl in der Mittags-Stunde davon bleiben. (lauft davon)
15
Poncinello. (lachet) So war es recht / so muß man ein Gespenst respectiren. Ich werde dem Hudler den Weg verbeugen / daß er nicht hinaus kan. (lauft ihm nach) 〈388〉 Camillo, Leonore. (wird vom Camillo bey der Hand gefuͤ hret) Camillo. Ist diß meine Leonore, die sich vor mir verbergen wil? Leonore. Ein boͤses Gewissen sucht in dem Schatten seinen Auff enthalt.
20
228
Christian Weise
Camillo. Und ein befriedigtes Gewissen muß sich lassen an das Liecht fuͤ hren. Leonore. Dieses muß Camillo bey derselben versuchen / welche er kuͤ nftig zu seiner Liebsten ersehen wird. 5
Camillo. Drumb versuche ich solches bey meiner hochgeschaͤtzten Leonoren, und wuͤ nsche dieselbe aus dieser furchtsamen Dunckelheit an den hellen Tag zu bringen. Leonore. Leonore hat das Gluͤ cke verschertzt. Camillo. Davon weiß Camillo nichts.
10
Leonore. Leonore hat die Liebe selbst von sich gestossen. Camillo. Aber Camillo hat solches nicht bestaͤtiget. Leonore. Unterdessen thut die Gerechtigkeit den Außspruch / daß Leonore der Liebe ewig sol verlustig seyn.
15
Camillo. Die Liebe hat ein ander Gesetze / daß Leonore den ungluͤ ckseligen Camillo ewig vergnuͤ gen sol. Leonore. Es sind mehr Personen da / welche 〈R 3 r= 389〉 Camillo in seiner Unschuld zur Belohnung erwehlen kan. Camillo. Aber Camillo siehet keine Personen die er mit seiner Leonore vergleichen kan.
20
Leonore. Die Zeit wird es eroͤffnen. Ich bitte nichts mehr / als er vergoͤnne mir die Finsternuͤ ß: meine Augen sind nicht maͤchtig genung / denselben anzuschauen / den ich so unbesonnen beleidigt habe.
Die beschützte Unschuld V
229
Camillo. Wo Leonore in der Finsternuͤ ß bleibet / muß Camillo in den Tod gehn. Leonore. Ach Camillo warum werde ich auffgehalten? Camillo. Ach Leonore warum wird der Eyd unserer Liebe so weit hindan gesetzt?
5
Leonore. Camillo ist loß gesprochen. Leonore sol vor den Mein eyd buͤ ssen. Camillo. Ja Leonore sol vor den Meineyd buͤ ssen / aber in meinen Armen. Leonore. Ach er betruͤ be mich nicht.
10
Camillo. Der Himmel sey Zeuge / wer unter uns beyden Ursach zum Betruͤ bnuͤ ß giebt. Leonore. Was sol ich denn thun? Camillo. Sie sol den Eyd ihrer Liebe halten / und den Camillo gluͤ ckselig machen.
15
Leonore. Ach Camillo, warum brauchet er solche Gewalt gegen ein schwaches Weibesbild? 〈390〉 Camillo. Ihre Grausamkeit giebt mir Anlaß darzu. Leonore. Ich muß gegen mich grausam seyn. Camillo. Ich aber fodere mein Recht.
20
230
Christian Weise
Leonore. Edler Camillo, weil er mir die Straffe im Schatten mißgoͤnnet / und mich viel lieber vor aller Welt wil zu schanden machen / so sey es also. Ich folge gehorsam.
5
Camillo. Suͤ ßeste Leonore, sie folge mir. Alle Welt sol von unser Freude und Gluͤ ckseligkeit sagen. Leonore. Ich wil mich gerne vor seine Dienerin gebrauchen lassen / biß er seine Rache erfuͤ llt / und mir den Weg an diesem Ort verstatten wird.
10
Camillo. Camillo liebt Leonoren, wil Leonore ihre Zusage brechen / so sol der Himmel Richter seyn / daß Borgia uͤ ber ihr Gemuͤ the mehr Gewalt hat als Camillo. Leonore. Ach wer kan einer solchen Tugend widerstehen. Hier ist Leonore die sich ihres Eydes erinnert / und den Camillo nicht weiter beleidigen kan.
15
20
Camillo. Nun fang ich an zu leben! Nun danck ich erst dem guͤ tigen Himmel daß ich so viel Verfolgungen uͤ berwunden habe: weil ich die Suͤ ssigkeit meiner Leonoren zu Lohn empfange. Leonore. Aber Camillo hat so ein gutes Ge-〈391〉daͤchtnuͤ ß. Kan er so starck an meine Zusage gedencken / so wird er vielleicht auch meines Verbrechens nicht vergessen. Camillo. Das ist kein Verbrechen / dadurch die Liebe bestaͤtigt wird. Doch was erhebt sich vor ein Unheyl.
Die beschützte Unschuld V
231
(Poncinello bringt den Simplicio und Sophien vor sich her gejagt) Poncinello. Halt / halt / ihr seyd in meiner Gewalt / ich wil euch die Haͤlse brechen / und wenn ihr ein paar Bratspieße durchgesteckt haͤttet.
5
Leonore. Ach wie zum Ungluͤ ck bin ich hieher kommen? Camillo. Schoͤnste Leonore sie entsetze sich nicht / ich wil ihr bald aus dem Schrecken helffen. (Laͤ uft ihm nach) Poncinello. Steh / steh / du hast kein Theil an mir. Camillo. Das wollen wir sehn. (er reist ihm das Tuch ab / daß man den leibhaftigen Poncinello sehen kan)
10
Leonore. Je du Stuͤ ck-Schelm was bewegt dich zu solcher Leichtfertigkeit. Poncinello. Haͤtte mich euer Liebster nicht koͤpfen lassen / so duͤ rffte ich nicht umgehn.
15
Leonore. Hat dich mein Liebster koͤpfen lassen? dein schelmischer Scheddel steht dir ja zwischen den Diebsohren so feste / als wenn er drauf geklammert waͤre. 〈392〉 Poncinello. Das ist die Ursache / daß ich ein Geist bin: Drum habe ich weder Fleisch noch Bein / wie ein Eyerkuchen. Camillo. O du Extract von allen Buben! Kein Tollhaus sol so verschloßen seyn / du solst darinne stecken / biß du deinen Leib wieder funden hast.
20
232
Christian Weise
Poncinello. So bratwurstire ich im Nahmen aller Gespenster dagegen / daß es nicht Manier ist einen ehrlichen Geist in das Tollhaus zu stecken.
5
Camillo. Simplicio, hastu keine Spießruthe / versuche doch ob der Geist noch fuͤ hlen kan. Simplicio. (schlaͤ gt auf ihn zu) Sieh da / wie schmeckt dir dieß? (Poncinello schreyet.) Simplicio. Wirstu bald wieder lebendig?
10
Poncinello. Auf diese Weise muͤ ste wol ein ander lebendig werden: gieb mir nur die Ruthe / ich wil dich auch lebendig machen. Camillo. Mache mit den Poßen ein Ende. Siehe hier ist Leonore, die noch keine Satisfaction von dir hat: die kan dich verdammen und loßsprechen.
15
Poncinello. Sol ich etwan den Nuͤ schel noch einmahl abhauen lassen? Camillo. Es wird nicht allzeit Schertz seyn.
20
Poncinello. (Kniet vor Leonoren nie-〈393〉der) Da bin ich / die Leute wusten es daß ich ein Narr war: Und ihr wisset es / daß ich nicht klug bin / habt ihr nun was zu suchen / und meint ihr / daß ihr Ehre davon habt / wenn ihr euch mit Narren verwirrt / so koͤnt ihr thun was euch gefaͤllt. Sophie ist wol so ein Rabenaß gewesen / als ich. Leonore. Ja wol ist Sophie in gleichem Verdamnuͤ ß.
Die beschützte Unschuld V
233
Sophie. (kniet) Gebietendes Freulein / ich bekenne meine Ubel that: doch weil Borgia einen Fuͤ rsten verfuͤ hren kunte / so wird es so ungnaͤdig nicht auffgenommen werden / daß sich ein einfaͤltiges Cammermaͤdgen hat verfuͤ hren lassen. Mein kuͤ nftiges Wolverhalten sol es bezeugen / wie heftig ich dieses Verbrechen bereuet habe.
5
Camillo. Liebste Leonore, dieses ist ein gluͤ ckseliger Tag / da sollen wir niemand ungluͤ cklich machen. Leonore. Er hat zu befehlen. Aber sol ich Sophien im Dienste behalten.
10
Camillo. Kein besser Mittel kan getroffen werden / als daß ich meinen Simplicio zum Verwalter uͤ ber unser Kuͤ chen-Gut mache / und weil er eine gute Wirthin bedarf / die Sophie mit ihm versorge. Leonore. Sie haben sich beyderseits zu erfreuen.
15
Camillo. Wie stehts? habt ihr beyde Lust. Simplicio. Ich weiß nicht wie schoͤn ich mich gnung bedancken sol. 〈394〉 Sophie. Und ich muß eine unvergleichliche Gnade ruͤ hmen. Poncinello. Und ich liege da wie ein unvernuͤ nftiges Vieh / und kriege keinen Dienst / keine Liebste / mit einem Worte Nichts: das heist auf Italiaͤnisch so viel als einen Quarck.
20
Leonore. Ein Geist bedarf Nichts / du bist reicher als wir. Poncinello. Ey Poßen / ich bin nun kein Geist mehr: wo Liebsten ausgetheilet werden / da wil ich meinen Leib gern aufweisen.
25
234
Christian Weise
Camillo. Du must noch verziehn: Itz solstu ein Ampt haben / und das Holtz in die Kuͤ che tragen. Haͤltestu dich wol / so kan sich das Gluͤ cke fuͤ gen / daß Simplicio eine Tochter groß zeucht / die sich zu deiner Liebsten schickt. 5
Poncinello. Auf diese Maße habe ich noch ein groß Kerbholtz vor mir / ehe ich in den Stand der geflickten Hosen trete. Camillo. Ich weiß du achtest die Poßen nicht. Poncinello. Herr / euer Wort in Ehren / das hat euch ein Schelm gesagt.
10
Leonore. Du grober Knoll / ist das deine Hoͤfligkeit. Poncinello. Sol ich mich an meinen Ehren angreiffen laßen? Camillo. Gieb dich zu frieden / wo dir nach einer Liebsten so bange ist / so wil ich dir eine 〈395〉 schaffen / die hat ein schoͤn braun Roͤckgen mit gruͤ nen Baͤndern ausgemacht.
15
20
Poncinello. Warum nicht mit Floͤh-Zungen verbremt / und mit Meuse-Schwaͤntzen eingefast. Camillo. Du bist ein garstiger Vogel: Frage in vier Wochen wieder nach. Itz mustu vor sehen laßen / ob du dich beßern wilst: Simplicio geh mit Sophien, und sieh daß alles bey unsrer Ankunft bestellt ist: du aber Poncinello geh und sage dem Flavio, daß Leonore gefunden sey / und ihn sehen wolle. (Sie gehen ab)
Die beschützte Unschuld V
235
Camillo faßet die Leonore bey der Hand Camillo. Nun wolan ich muß mich freuen / Denn die eitlen Fantaseyen Sind vermuthlich uͤ berhin / Und ich werde neu gebohren / Weil ich nun mit Leonoren, Wiederum verbunden bin.
5
Leonore. Ich gedachte mich der Plagen In dem Kloster zu entschlagen: Doch Camillo lockt mich an / Daß ich mein vergnuͤ gtes Leben / Aller Liebes-Lust ergeben / Und mich voͤllig troͤsten kan. 〈396〉
10
15
Camillo. Ach wie haben meine Feinde / Ja wol auch die besten Freunde / Meiner Unschuld zugesetzt: Doch den Himmel ließ ich walten / Dieser hat mich wol erhalten / Und hier steh ich unverletzt.
20
Leonore. Ich gedenck an meine Suͤ nde / Daß der Eifer zu geschwinde Meinen Sinn bezwungen hat / Doch mit diesen Liebes-Kuͤ ßen Wil ich alle Tage buͤ ßen / Vor die schnoͤde Mißethat.
25
236
Christian Weise
Camillo.
5
Ich gedencke nicht zuruͤ cke / Selig wer dem guten Gluͤ cke Gleich so wol im Schoße sitzt: Alle Feindschafft ist vergangen / Ich empfinde mein Verlangen / Und die Unschuld wird beschuͤtzt. (Sie gehen ab)
ENDE.
Die beschützte Unschuld
〈236〉
237
Geneigter Leser.
Dieses Lust-Spiel ist so abgefaßet / daß man es auch an Orten præsentiren kan / wo keine sonderliche Machinen, auch kein uͤ brig kostbahr Theatrum zu finden ist. Es hat auch gantz kurtze Handlungen / also daß in wenig Stunden alles kan verbracht werden. Inzwischen weil etliche Leute gerne Comœdien sehen / die fein lang sind: Uberdiß bey der heutigen Welt nichts mehr æstimirt wird / als wo vielfaͤltige Aufzuͤ ge und Veraͤnderungen mit unterlauffen. Als habe ich etwas beygefuͤ get / das man so wol außenlaßen / als auch entweder halb oder gantz mitnehmen kan. Ein jeder Kunstverstaͤndiger wird seiner beywohnenden Geschickligkeit nach / alles fuͤ glich anzubringen / oder auch zu aͤndern wißen. Im uͤ brigen solte diese Invention beliebt werden / wuͤ rde ich desto mehr Gelegenheit haben / andere dergleichen Sachen aus den alten Briefen hervor zu suchen / und guten Freunden zu communiciren. Lebe wol.
5
10
15
238 〈235〉
Christian Weise
〈PERSONEN〉 Im zwischen Spiel.
1. Strephon 2. Amyntas 5
3. Ein Engel in den Wolcken. 4. Heraclitus 5. Democritus 6. Mercurius. 7. Nickel
10
8. Hanß 9. Die Warheit. 10. Alecto 11. Tisiphone
}
Zwey Schaͤffer.
}
Zwey alte Philosophi.
}
Zwey Bauren.
}
Zwey Furien.
12. Venus mit zwey Amouretten.
Die beschützte Unschuld
〈237〉
239
Nach der ersten Handlung wenn Poncinello abgeht so tritt Strephon ein Schaͤ fer auf und singet folgendes.
Ich lobe die Tugend und haße das Gluͤ cke. Dieweil die Tugend bloß In frommen Hertzen wohnt / Das Gluͤ ck ingegen auch Die Boͤsen wohl belohnt. Die Tugend stehet fest: das Gluͤ ck ist wie ein Rauch Der in der Luft vergeht; Drum selig ist der Mann / Welcher auf der Tugend steht / Und in Warheit sprechen kan: Ich lobe die Tugend und haße das Gluͤ cke.
5
10
Amyntas ein ander Schaͤ fer koͤ mmt ihm entgegen und singt dieses. Ich lobe das Gluͤ cke / was nutzet die Tugend? Dieweil das Gluͤ cke stets Mit suͤ ßer Freude lacht; Die Tugend aber nicht Viel gute Tage macht. Das Gluͤ cke macht mich groß: die Tugend ist ein Licht 〈238〉 Das wenig Glantz ertheilt; Drum selig ist der Mann / Der das gute Gluͤ ck ereilt Und in Warheit sprechen kan: Ich lobe das Gluͤ cke / was nutzet die Tugend? Sie treten zusammen. Strephon. Amyntas schaͤmstu dich vor diesen Reden nicht? Amyntas. Nein / weil die Warheit selbst auf meine Seite spricht.
15
20
25
240
Christian Weise
Strephon. So sol die Tugend nicht wie vormahls triumphiren? Amyntas. Das Gluͤ cke sol vielmehr den Krantz im Siege fuͤ hren? Strephon. Die Tugend bleibet stehn / wenn auch der Himmel faͤllt. Amyntas. Der Himmel bleibet wol: das Gluͤ cke ziert die Welt. 5
Strephon. Das Gluͤ cke laͤßt sich leicht von ihrem Diener spalten. Amyntas. Wer kluͤ glich leben wil der kan es leicht erhalten. Strephon. Was auf der Kugel sitzt / das eilet und vergeht. Amyntas. Vor dem der seinen Nutz im Leben nicht versteht. 〈239〉 Strephon. Wo kanstu sicher seyn? wer giebt dir Brief und Siegel?
10
Amyntas. Das Gluͤ cke fleugt davon / und leiht mir seine Fluͤ gel. Strephon. Wenn aber Icarus sich nicht regieren kan? Amyntas. So klag’ er alsodenn sein’ eigne Thorheit an. Strephon. Pompejus hatte sich beim Gluͤ cke schoͤn ergeben. Amyntas. So schoͤn als Socrates bey Tugend kunte leben.
15
Strephon. Doch wird der Socrates von allen hochgeschaͤtzt. Amyntas. Wird denn Pompejus nicht den Helden beygesetzt? Strephon. Wie lachte Socrates auch mitten im Verderben? Amyntas. Gesetzt wir leben wol / wer acht es wie wir sterben?
Die beschützte Unschuld
241
Strephon. So ist der kluge Mensch nicht beßer als ein Thier. Amyntas. Das folget nicht daraus: das Gluͤ cke zeucht uns fuͤ r. Strephon. Ein unvernuͤ nfftig Thier begehrt auch wol zu leben. Amyntas. Doch weiß es die Manier den Sachen nicht zu geben. 〈240〉
5
Strephon. Camillo wird numehr der Tugend Zeuge seyn. Amyntas. Mich duͤ ncket Borgia trifft etwas kluͤ ger ein. Strephon. Es sey darauff gewagt / wir beyde wollen wetten. Amyntas. Camillo sol dich nicht von meiner Schuld erretten. (Strephon geht ab) Amyntas. Es ist nur Eitelkeit / wer gar zu ehrlich ist. Wer auf das Gluͤ cke sieht / Und alles was geschieht Zu seinem Nutzen kehrt / Der hat was er begehrt / Die Tugend wil ich jenen gerne goͤnnen / Die sich vielleicht Nicht in das Gluͤ cke finden koͤnnen. Mich duͤ nckt wenn sie die Wege wuͤ sten / Wie sie das Gluͤ cke suchen muͤ sten / Sie wuͤ rden sich gar bald darzu verstehn / Und aller Froͤmmigkeit mit Freuden muͤ ssig gehn. (Ein Engel zeiget sich im Wolcken und singet diß)
10
15
20
242
5
10
Christian Weise
Du Weltkind schaͤme dich den Geifer auszuschuͤ tten / Davor der Himmel selbst erschrickt: 〈L r= 241〉 Du hast die Tugend zwar bestritten / Doch niemand hat dir schon den Sieges-Krantz geschickt / Die Tugend lebt: die Sterne sind ihr Haus / Da theilet sie den Segen aus. Gott selbst hat sie gezeugt: Darum wer ihren Ruhm verschweigt Muß seinen Schoͤpfer selbst verachten; Doch geh du Weltkind geh / Du wirst des Gluͤ ckes Weh / So wenig als du meinst mit spaͤter Reu betrachten. (Die Scena faͤ llt geschwind zu) Nach der andern Handlung wenn Poncinello abgeht so treten zwey alte Philosophi in langen Roͤ cken und grauen Baͤ rten auf / einer lacht der andre weint.
15
Democritus. 20
Ihr Narren die ihr euch verliebt / Was meint ihr wol vor Lust zu finden? Ihr laßet euch mit sehnden Augen binden / Und lernet dienstbar seyn. Ihr kennt die Liebe nicht / und ihre letzte Frucht / Die sie zu kosten giebt. Sie bringet keine Lust sie bringt die Efersucht. 〈242〉 Heraclitus.
25
Wo nehm’ ich Waßer gnung den Jammer zu beweinen? Die Freude selbst wird uns zur Traurigkeit / Es darf kein neuer Schmertz erscheinen / Wir fuͤ hlen Ach und Weh in der Zufriedenheit.
Die beschützte Unschuld
243
Was scheint so niedlich als das Lieben? Und gleichwohl geht ein Sinn In seiner Einfalt hin / Und wenn er lachen wil so muß er sich betruͤ ben. Democritus.
Ist niemand da? wer hilfft mir lachen? Das heist die hoͤchste Seeligkeit Daruͤ ber sich die Welt erfreut / Wenn sie nur was geneust von eitlen Liebes-Sachen. Die Lieb und ihre Schmeicheley Besteht nur in der Fantasey. Wie mancher ist wie Pech und Schwefel angebrannt / Und gleichwol wenn er diß besieht / Warum er sich bemuͤ ht / So hat er wol was anders in der Hand.
5
10
15
Heraclitus.
Wie seyd ihr doch der Einfalt Gauckelspiel / Habt ihr ein Quintgen Freude / 〈L 2 r= 243〉 So ist es trefflich viel / Hingegen habt ihr mehr Als einen Centner von dem Leide. Ihr rennt in euren Schmertz hinein. Wie selig koͤnnt ihr heißen / Ach wollt ihr euch der Freyheit nur befleißen / So muͤ ßet ihr mit Willen traurig seyn.
20
25
Democritus.
Ich sehe manchen Narren gehn / Der liebt und weiß doch nicht warum. Er kan sich muͤ de stehn / Er wird vom Wachen matt und thumm: Doch wenn er sol bekennen
30
244
Christian Weise
Was er in willens hat / So weiß ers selbsten nicht zu nennen. Gesetzt er nennt es auch: so ist es eine That / Die niemahls recht besteht / Und eher als sie koͤmmt verschwindet und vergeht.
5
Heraclitus.
10
15
Das Waßer spielet mit den Blasen: Du bist des Waßers Ebenbild / Du wirst mit lauter Luft erfuͤ llt / Und kanst nach eitlen Dingen rasen / Ach Jammer! ach du armes Thier / Dein Leben koͤmmt mir fast nicht anders fuͤ r / Als wie ein Traum der uns betreugt / Und lauter falsche Schatten zeigt. 〈244〉 Es waͤre deinen Thaten Vermuthlich wol zu rathen / Und alles waͤre gut bestellt / Ach bliebe nur die Liebe von der Welt! Mercurius zeigt sich unversehens.
20
25
30
Ihr Grillenfaͤnger ihr / was hilfft das spintesiren? Wer in der Eitelkeit das Leben denckt zu fuͤ hren / Der gebe sich darein / Es muß von Eitelkeit was untermenget seyn. Ihr seht nur auf das Boͤse / Daruͤ ber lacht und weinet ihr: Nehmt auch das gute fuͤ r / So werdet ihr euch selbst beweinen und belachen / Camillo sol den Ausschlag machen / Ob seine Flamme nicht das schoͤnste Gluͤ cke giebt? Wer so den Mißbrauch meiden kan / Der ist sehr wol daran / Und hat sehr klug geliebt.
Die beschützte Unschuld
245
(Die Scena geht zu.) Nach der dritten Handlung wenn Leonore abgeht treten zwey auren an unterschiedenen Orten auf / und singen oder reden folB gendes. NB. Ich 〈L 3 r= 245〉 habe hier auf die Schlesier Mund-Art gesehn / so viel ich mich derselben von dreyzehn Jahren her besinnen kan. Drum habe ich dem Meißnischen Leser zu gefallen etliche dunckele Woͤ rter erklaͤ ret.
5
Hanß.
Jenee Jenee / du naͤrrscha Waͤlt / Es oͤß wuul thomb mit deer bestaaͤlt / Ich maͤchte mich zer Pfarde-Kuttal wungarn: De Frimmigkeet oͤß lange tuud / De Schelma waͤrda su gemeene / Waͤr frumb oͤß daͤr hot gruuse Nuth / Ond oͤß a Narr alleene / De guude Gruuße-Mutter hoit / Viel Johra har devoin gesoit: Es giht och nerne (nirgend) naͤrrscher zu Aß aͤ dar loͤdga (leidigen) Waͤlt. Nickel.
10
15
20
Je Nobber Hanß / waas hatt’ er (habt ihr) su ze brumma / Eer hatt mer haich (ihr habt mir halte ich) a boͤßel Karsch (Brandewein) Of d’ arma Spiel genumma. 〈246〉 Hanß.
Jaaͤa glaech dersaiche (derselbe) warsch / Der Karsch vergiht enn wuul Ich haa mich su erbraͤmst / ich bin ver buust (boßheit) gantz vuul. (truncken)
25
246
Christian Weise
Nickel.
Wer hot ich waas gethoin? Hanß.
Ich waͤlda seina froin? Nickel.
5
De Froge stiht ju frey. Hanß.
10
Jesaͤht er nech de gruußa Schelmerey / Die oͤtzt an Schwanga giht? Waͤr praͤve liega kain dersaiche Main bestiht. De Wohrt (Wahrheit) oͤß nech mih (ist nicht mehr) of der Arda / Ich haale wenns nech besser woͤrdt / Se muß ich indefort (immerfort) zum Schelma waͤrda. Nickel.
15
20
Er muͤ st es aͤba (eben) woͤßa / Waͤr hot ich daß ofs Maul geschmoͤßa? Das luuse Volck kain wuul met onder loffa / Dach seyn noͤch alle su / De Frumma de gehira nech derzu. 〈L 4 r= 247〉 Es koͤmmt mer foͤr aß wie baͤn (bey den) Schoffa / Do oͤß manch reudig Raben Ooß. Hanß.
25
De boͤst a schinner Narr / de host a Quarck errotha / Waͤr noͤch a reudig Schoff mit oͤß / Mit daͤm loͤffts of a Schoͤß / Und daͤr woͤrdt noͤch veel jonga Huͤ hnall brota.
Die beschützte Unschuld
247
Nickel.
Es waͤhrt ack (nur) noͤch gar lange Ma kain de Luͤ gner baale fanga / Ich lobe dach de Wohrt. Hanß.
Ich schoͤß der of de Wohrt / Ond wenn ich tausend Johr de Wort zer Frihne (Froͤhne) redte / Ond suͤ st (sonst) kee Gaͤld an Battel (Beutel) haͤtte / Se woͤrd ich dach kee Grose. Nickel.
5
10
Ond wenn de tausend Johr an gruußen Handel leugst / Ond alle Walt betreugst / Se quaͤm (kaͤm) ich doͤr dach noͤch ze Hofe. 〈248〉 Hanß.
Ich haa ack noͤch raicht ausgelaͤrnt. Wen ichs su guut aß oͤnsa Joncker kaͤnde / Mei Siele wenn haͤ wais erdenckt / Und seina Fratza of de Bahna brengt / Se biega flugs de Bohla (Balcken) ond de Waͤnde. Nickel.
20
Daß waͤga hot ha nech sei Edelgutt / Du magst wul aͤrger liega / Se bleibste dach an armer Funfzahutt / Ond kriegst noͤch eena Ziega. Hanß.
15
Jaͤaa / oͤnse Schreiber kan es ooch / Ja leugt daß emb de Oga (Augen) ubergihn
25
248
Christian Weise
Ond waͤrs nech wil verstihn / Daͤr muß zum Clemant aß Loooch. Ha oͤß a armes Koͤnd gewaͤast / De Wohrt die haͤtts en noͤch gethon / Do hot en nischt devon / De Liega hoͤlfft ehm ei das Naͤast.
5
Nickel. 10
Wu oͤß der aale Schreiber henn / Ich haal er hot sich schuun An enner Seeler-Praͤtzel tuud gefraßa / Waͤr weeß was oͤnse Hura-Suhn / 〈L 5 r= 249〉 Noch voͤr a Ende noͤmmt? Der Joncker werds ehm noͤch vergaßa / Wenn ack der Taͤag of klee Mertine koͤmmt. Hanß.
15
Wer schoͤrt sich oͤmb a Tag? Er hot dach etz su viel ha maͤag. Dernoch se leugt sich oͤß zum andren / Ond hot ha Gald genung / se kain ha laͤchtlich wandren. Nickel.
20
Wenn ack der Galga noͤch noch senner Kaͤhle schnappt. Hanß.
Ha oͤß a kluger Koop / ha werd noͤch flugs ertappt. Nickel.
25
Wuu laͤst en aͤder (wo laͤst man aber) sei Gewoͤßa. (Gewißen)
Die beschützte Unschuld
249
Hanß.
Gewoͤßa hie Gewoͤßa haͤar Ich lob an fetta Boͤßa. Nickel.
Se giht ack gleisemaͤhr (gleich so wol) Daͤn Tueufeln an de Racha Daͤr woͤrd ich wull de fetta Boͤßa kacha. (kochen) 〈250〉
5
Hanß.
Jaͤaa doͤr aͤn haͤaͤtschen draͤack. Weltstu a Pfarr aß Hamprich (Handwerck) falla Se waͤr ich noͤch de lenge mit der stalla / Soͤß heut ohn daͤm kee Feyertaͤag.
10
Nickel.
Se gieh ack immer hie / De Wohrt bestiht dach ih (eher) De Luͤ ga oͤß as wie a Schnie / Daͤr leit am Woͤnter of der Arda / Ond wenn de Sonn a bißel stoͤcht / Se muß a flugs ze draͤcka waͤrda. Hanß.
Du Jeaͤsel halt de Fraͤßa / Waͤr of de Luͤ ga schmaͤhlt daͤr schimpt a Joncker ooch / Woͤst och a Waͤag aͤß Hundelooch / De host ju nehrten (nechst) do gesaͤßa / Ich bin kee Narr wie du. Ich bleiba bey daͤr Luͤ ga / Ond helffa staͤla und betriega / Mei Joncker Borgia daͤr macht es aͤba su /
15
20
25
250
Christian Weise
Waͤr welde (wolte) mich nu stroffa / Saͤht / wie de Hoͤrta seyn so seyn de Schoffa. (Die Warheit praͤ sentirt sich) 5
10
15
Schweig du verlogner Hund / und lerne mich erkennen / Daß ich die Wahrheit bin. Ich leb’ in Ewigkeit / 〈L 6 r= 251〉 Und wann die Luͤ gen wird wie Spreu und Staub verbrennen / So freut sich meine Schaar und fuͤ hlt kein Hertzeleid. Schau die Exempel an. Wer hat jemals gelogen / Und hat die schnoͤde That nach Willen außgefuͤ hrt? Hat er sich selbsten nicht verhindert und betrogen? Ja hat er nicht den Lohn der ihm davor gebuͤ hrt? Drumb geh du falscher Hund / geh fort in deiner Suͤ nde / Und tritt dem Borgia mit gleichen Schritten nach: Doch wenn ich seinen Rauch mit Ehren uͤ berwinde / So theile du mit ihm Geluͤ ck und Ungemach. (Die Scena faͤ llt zu)
In der vierten Handlung wenn sich Camillo schlaffen laͤ gt / kan diese Arie gesungen werden.
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25
1. Ach Camillo willstu schlaffen? Hat dein Geist noch nicht gefuͤ hlt / Daß man dir mit tausend Waffen Gleichsam nach der Seele zielt / Und wie du noch manche Last Kuͤ nfftig zu ertragen hast? 〈252〉 2. Traumt dir auch von Leonoren? Ach steh auf / und schaͤme dich /
Die beschützte Unschuld
251
Ihre Blicke sind verloren / Und sie selbsten waffnet sich / Mit der hoͤchsten Grausamkeit Wieder deine Sicherheit 3. Eile weg sie koͤmmt gegangen / Mache dich nicht offenbahr / Denn so sehr sie dein Verlangen Noch vor wenig Zeiten war / Also sehr hat sich der Stand Ihrer Liebe weggewandt.
5
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4. Ach du wirst es nicht vermeinen / Daß dein Feind so nahe steht / Wenn die Goͤttin wird erscheinen Welche da spatzieren geht: Doch dein Gluͤ cke macht den Schluß Daß die Unschuld leiden muß.
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Nach der vierdten Handlung stellt der Schauplatz eine finstere Hoͤ le vor / und kommen zwey Furien Alecto und Tisiphone mit Fackeln heraus. 〈L 7 r= 253〉
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Alecto und Tisiphone zusammen.
So schweben wir herum in dieser Finsternuͤ ß / Daß wir der Menschen Sachen Verwirrt und traurig machen / Bald geht es wol bald ungewiß / Wir weinen wenn es gluͤ cklich steht / Und lachen wenn es uͤ bel geht.
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252
Christian Weise
Alecto.
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Ich streue Neid und Feindschafft aus / Und schleiche mich durch hundert tausend Raͤncke In diß und jenes Hauß / Und da verwandel’ ich die Freundschafft in Gezaͤncke / Die Lieb in Haß / die Ruh in Krieg / Das ist mein angenehmer Sieg. Tisiphone.
10
Alecto.
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Ich streue Mord und Meineyd aus / Kan niemand sonst die Friedens-Lust zerstoͤren / So kan ich bald ein Hauß In seiner Suͤ ßigkeit durch Gall und Gifft versehren. Ich lieg’ und laͤstre wo ich kan / Und haͤnge Blut zum Siegel dran.
Mich duͤ nckt Camillo fuͤ hlt es schon / Was Borgia durch Feindschaft angerichtet: Wie aͤndert sich sein Lohn / 〈254〉 Wie wird er uͤ berall verdammet und vernichtet / Und so verderb’ ich gar zu schoͤn Der Menschen Lust und Wolergehn / Tisiphone.
25
Camillo muß noch besser dran: Er ist zwar schon sehr weit hinab gefallen; Doch weil er leben kan / So laß ich uͤ ber ihn noch kein Thriumphlied schallen / Derhalben muß das Blut allein Das Ende meines Sieges seyn.
Die beschützte Unschuld
253
Beyde zusammen.
Wolan es geht drauff loß / die Fackeln freuen sich Ihr Feuer anzustecken / Und Ungluͤ ck zuerwecken / Camillo komm und schicke dich Die Unschuld soll in deiner Pein Gar eine schlechte Rettung seyn.
5
Venus koͤ mmt mit zwey gefluͤ gelten Amouretten in der Lufft auf einem hellen Wagen gefahren. Venus
Du schnoͤde Schlangenzucht / so hastu in der Hoͤlle Nicht Platz genung dein Gifft hervorzuthun / Soll meine Schaar in keiner Liebe ruhn? 〈255〉 Geh / sonst erschlaͤget dich der Donner auff der Stelle / Du solst verstehn daß ich die Venus bin Und daß ich manchen treuen Sinn Im Gluͤ cke wil erhalten / Darumb packe dich an jenen Ort / Zu deiner Schlangen-Gattung fort / Sonst will ich dich in tausend Stuͤ cke spalten.
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(Hier schlaͤ gt sie mit Blitz und Donner auff sie loß / daß sie verschwinden / und also singet sie mit ihren Amouretten das Triumph-Lied.)
So kommet ihr Liebes-Bedienten zusammen / Und setzet Lust zur Froͤligkeit / Ihr lebet versichert und fuͤ hret die Flammen / In voͤlliger Zufriedenheit. Der Feinde Macht ist matt und stumpf / Die Venus vollfuͤ hret den schoͤnsten Triumpf / Die Furie lieget
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254
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Christian Weise
Und reget sich nicht / Die Venus vergnuͤ get Und bringet das Licht Der Himmel der lachet darzu / Und gruͤ ndet die ewige Ruh / Denn alle Feinde werden stumpf / Und Venus die fuͤ hret den schoͤnsten Triumpf.
Die Unvergnügte Seele.
256 〈A 2 r〉
5
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Christian Weise
INHALT DES SPIELES.
Vertumnus, ein Mensch von guten Qualitaͤ ten / lebt in der wunderlichen Einbildung / daß er sich alle mahl unter die unvergnuͤ gten Leute zehlet. Nun mangelt es ihm an Freunden nicht / welche sich mit ihren guten Rathe bey ihm angeben. Einer weiset ihm den Weg zum Frauen-zimmer / und da solches zu schlechter Vergnuͤ gung ablauffen will / fuͤ hret ihn der andere zu einer lusti gen Sauff-Compagnie. Doch da wird er noch viel unvergnuͤ gter / und also versucht er sein Heyl in einem vornehmen Ehren-Ampte. Wie er auch darinn seiner Vergnuͤ gung wenig nachleben kan / bekoͤmmt er eine reiche Erbschafft / da er sich an Geld und Guth vergnuͤ gen koͤnte. Gleichwohl ist es nie schlimmer mit ihm gewesen: und dannenhero sucht er seine Gemuͤ ths-Befriedigung / auff Anregung gewisser Personen / auff dem Parnasso, da ihm aller-〈4〉hand Virtuosen vorgestellet werden: Gleichwohl aber mit schlechten Success. Damit findet er im Walde mitten in seiner Verzweiffelung / einen armen einfaͤltigen Mann / welcher ihm das Geheimniß entdecket / daß jedweder Mensch auch in dem gering sten Stande GOTT und Gnung haben koͤnne. Hierauf will dieser einfaͤltige Mann weisen / daß man auch bey diesen Gedancken bißweilen eine weltliche Lust mitnehmen koͤnne / und bittet seine Freunde auf ein Gernsehen zur Martins-Ganß.
Die Unvergnügte Seele
〈A 4 r〉
257
PERSONEN DES SPIELES.
VERTUMNUS, die unvergnuͤ gte Seele. Ferrante der Fuͤ rst. Gervasio Melintes
}
dessen Raͤthe.
5
Simo ein vornehmer Patricius.
}
Theresia dessen Tochter / Vertumni Liebste. Amandus Alamode Hilario Securo 〈5〉
Cavalliers.
10
Camillo ein Officirer. Æmilio. Kilian. Joris.
15
Richard der Gastwirth. Boncompagnon Robert Omer
lustige Pursche.
William
20
Hubes Boccalino Hoffmeister im Parnasso. Severo Curioso Acuto Mirabundo Epicurus Zeno
Virtuosen aus dem Parnasso.
25
258 Otioso Stupido Bibaculo
Christian Weise
}
alte Moͤnche.
Christian ein Einsiedler bey dem Parnasso. 5
Bastian ein alter Verwalter. Dieterich Sebald James
Vertumni Bediente.
Fulvio 10
Basilio 〈6〉 Donato der Gaͤrtner. Antonio der Schuͤ tze. Lucretia die Kinderfrau. Barnabas ein Jude.
15
Steffen der Haußknecht. Rotula die Koͤchin. Porto der Hochzeitknecht. Hans Drache Oberrichter. Nicol Lindwurm Mittelrichter.
20
Peter Stentz Kirchvater. Michel Beerstutz Martin Grimmig
}
Schoͤppen.
George Blindschleiche der Schulmeister. Fix der Blaͤttbinder. 25
Passetems ein lustiger Diener. CONTENTO die vergnuͤ gte Seele. Quiete dessen Frau.
Die Unvergnügte Seele I, 1
〈A 4 r=7〉
259
Erster Handlung Erster Auffzug. Amandus, Alamode, Passetems.
Amandus. So lebet ihr Patron in so verdrießlichem Zustande? Alamode. Wir moͤchten uns schaͤmen / daß wir unsere Schande bekennen sollen / doch / es ist nicht anders / wo er geht und steht / da kan er nichts als seufftzen / und wenn er die Ursache geben soll / so weiß er nichts anders / als / ich bin unvergnuͤgt. Passetems. Ja gewiß: Wer eine unvergnuͤgte Seele / in Lebens- Groͤsse / sehen will / der mag nur bey dem lieben Herrn um Audienz anhalten / er soll in seinem Anblicke nicht betrogen seyn. Amandus. Alleine / woher kommts / daß er sich keiner Vergnuͤ gung getroͤsten will? Ich halte / der rechte Weg wird ihm noch unbekandt seyn / darauff er die Zufriedenheit suchen soll.
5
10
15
Alamode. Sein Temperament ist schon also disponiret / daß er gleichsam in der Verdrießligkeit seinen Auffenthalt suchen muß. Passetems. Es ist wahr: Ich meinte mit meinen Pos-〈8〉sen wolte ich einen melancholischen Kopff noch zu rechte setzen / aber da ist alle meine Kunst verlohren; Und wenn ich auff einem Butter-Strietzel geritten kaͤme / und haͤtte mir eine Peitsche von Butter-Milch gemacht / so glaub ich nicht / daß er lachen wuͤ rde. Denn es heist immer: Ich bin unvergnuͤgt / ich bin unvergnuͤgt. Er thut bald wie die Jungfern; Wenn der unrechte Liebste koͤmmt / so heist es auch: Ich weiß nicht was mir fehlt / es ist mir was; wer nur gestorben waͤre. (Ad. Spect.) Der Herr
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260
Christian Weise
sieht mich an / gelt er ist auch einmahl in einer solchen Conversation gewesen.
5
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Amandus. Damit wird dem lieben Menschen nicht geholffen / wenn wir gleich noch einmahl so hoͤhnisch seyn; Sie haͤtten sollen auff Mittel dencken / davon er sich haͤtte vergnuͤ gen koͤnnen. Die Welt ist groß genung; sie ist auch reich genug: Es giebt noch wohl so viel auszulesen / darbey sich ein Mensch von solcher Condition divertiren kan. Alamode. Ich wolte grossen Danck davor sagen / wenn ich einen guten Vorschlag hoͤren solte. Amandus. Wenn ich nach meiner Humeur judiciren soll / so wird wohl die beste Vergnuͤ gung beym Frauen-Zimmer angetroffen. Hat er sich noch an keinem Orte bekandt gemacht?
15
Alamode. Die unvergnuͤ gte Verdrießligkeit hat ihn davon abgehalten. Passetems. (ad spect.) Und ich habe mich allemahl gefuͤ rcht / bey dem Frauen-Zimmer moͤchte der liebe Mensch zweymahl unvergnuͤ gt werden. Ich 〈A 5 r=9〉 will doch zusehen / was der gute Rathgeber wird zu wege bringen.
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Amandus. Man uͤ berlasse mir das Werck / er soll von mir an einem Orte recommendiret werden / darinnen die Vergnuͤ gung wohl gerathen soll / und weil er gleich daher kommt / so machen sie nur so viel Platz / daß ich alleine mit ihm reden kan.
Die Unvergnügte Seele I, 2
261
Erster Handlung Zweiter Auffzug. Amandus, Vertumnus. Amandus. Gluͤ ck zu Monsieur, ich erfreue mich / daß ich die Ehre habe / denselben zum andernmahle zu sehen.
5
Vertumnus. Er wird schlechte Vergnuͤ gung bey meiner Gesellschafft gefunden haben. Amandus. Das Widerspiel ist mir besser bekandt / ich wolte wuͤ nschen / daß ich so einer lieben Conversation sehr vielmahl geniessen solte.
10
Vertumnus. Ich lasse dem Herrn seinen Willen / auch wenn er Lust hat / mit seinem Diener zu schertzen. Amandus. Ich bin ein guter Freund / in meinen Worten pflege ich nicht zu schertzen. Vertumnus. Und ich bin eine geringe Person / ich habs nicht verdienet / daß jemand nach meiner Bekandtschafft so groß Verlangen haben solte.
15
Amandus. Monsieur, wer so reden will / der laͤst der Melancholie gar zu grosse Gewalt. Vertumnus. Ich lasse der Melancholie die Gewalt 〈10〉 nicht / sie koͤmmt wohl von sich selber / und macht mich also zu ihrem Sclaven. Amandus. Ein Mensch / von freyem Gemuͤ the / wird sich dieses nimmermehr nachsagen lassen. Und ich moͤchte gerne die Ur-
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262
Christian Weise
sache wissen / warum sich die Melancholie so einer Gewalt bey ihm unternehmen duͤ rffte.
5
Vertumnus. Will er die Ursache wissen? Weiß ich doch selber nicht was mir mangelt. So viel kan ich sprechen: Ich bin unvergnuͤgt. Amandus. Das wollen wir nicht hoffen / kein Thier ist so wilde / das seine Vergnuͤ gung nicht aus allen Gebehrden heraus laͤst. Soll ein vernuͤ nfftiger Mensch diesen geringen Creaturen den Vorzug lassen?
10
15
20
Vertumnus. Ich kan mir nicht helffen / ich dencke / was ich will / ich versuche / was ich will / ich wuͤ nsche / was ich will / so bleibt mir doch allemahl dieses im Hertzen angeschrieben: Ich bin unvergnuͤgt. Amandus. Ich will was grosses verwetten / er hat noch nicht gedacht / was er soll / er hat noch nicht gesucht / was er soll / er hat noch nicht gewuͤ nscht / was er soll / und daß ich nur an ein Exempel gedencken mag / hat er jemahls Adresse beym Frauen-Zimmer gesucht? Vertumnus. Ich habe der verliebten Gesellschaft etlichemahl von weiten zugesehen / aber was mir damit geholffen worden / das weiß ich nicht. Amandus. Ach! Wer von weiten essen sieht / der wird nicht satt / und wer das Frauen-Zimmer 〈11〉 durch ein Perspectiv ansehen will / der wird nicht vergnuͤ gt.
25
Vertumnus. Er mag sich gratuliren / daß er mit so einem froͤlichen Hertzen begabt ist.
Die Unvergnügte Seele I, 3
263
Amandus. Er thue mirs zu Gefallen / und engangire sich nur einmahl bey so lieben Leuten / ich weiß / er wird mich in der Froͤligkeit uͤ bertreffen. Vertumnus. Ach! Wie solte das moͤglich seyn? Amandus. Kan ich davor / daß ihm die Sachen unbekandt seyn? Ein anders ist / unbekandt / ein anders / ist unmoͤglich. Er thue seinem auffrichtigen Freunde so viel zu Gefallen / und entschlage sich der angenehmen Gesellschafft nicht. Ich will was grosses verwetten / ehe die Sonne wird untergangen seyn / so wird er bekennen muͤ ssen / daß die Welt unterschiedene Annehmligkeiten / zu seiner Vergnuͤ gung / ausgesetzet hat.
5
10
Vertumnus. Ich will gehorsam seyn / nur daß ich meinen Freund uͤ berzeuge / daß ich zur unvergnuͤ gten Melancholei verdammet bin.
Erster Handlung
15
Dritter Auffzug. Alamode, Passetems. Alamode. Der Anfang ist gut. Passetems. Ich wolte / daß ich den Ausgang loben koͤnnte. Alamode. Das muͤ ssen wir bey dem guten Anfang hoffen. 〈12〉 Passetems. Ich bin auch mein Tage zur Jungfer gegangen / aber daß ich sprechen solte / daß ich so grosse Freude darbey gefunden haͤtte / das kan ich fuͤ rwahr nicht thun.
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264
Christian Weise
Alamode. Doch / so viel hat man davon / daß die Zeit vertrieben wird / und so lange man darbey ist / so siehet man doch ein paar kleine Fiedeln am Himmel haͤngen.
5
Passetems. Aber wenn die Jungfer sauer siehet / wenn ein guter Freund in Haber koͤmmt / wenn Vater und Mutter mit Pantoffeln nein schmeissen / so werden die kleinen Fiedeln zu Baß-Geigen. Alamode. Ey / wir muͤ ssen uns die Sachen nicht alle so schrecklich einbilden.
10
15
Passetems. Desto schlimmer wirds / wenn die Noth unverhofft koͤmmt. Ich bin bey den Jungfern sechsmahl durch den Korb gefallen / und wenn ichs vorher gewust haͤtte / ich haͤtte mich das erstemahl zu tode gegraͤmet. Alamode. So ein armer Donner / deines gleichen / darff sich nicht mit einem braven Menschen / von Condition, in Vergleichung einlassen. Passetems. Ha / ha / die Liebe ist blind / faͤllt sie auff ein Lilien- Blat / so kan sie auch wohl auff ein Bluͤ mgen fallen / das die Kuͤ he verlieren.
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Alamode. Wo Monsieur Vertumnus das Lilien-Blat seyn soll / so will ich dir die Ehre gerne goͤnnen / daß du einem Kuͤ hbluͤ mgen die Zeit deines Lebens solst verglichen werden. 〈13〉
Die Unvergnügte Seele I, 4
265
Erster Handlung Vierdter Auffzug. Theresia, Amandus. Theresia. Herr Vetter / wie kan er doch allemahl neue Haͤndel auff die Bahne bringen.
5
Amandus. Es ist mir eben als wenn ich fragte / warum sie alle Wochen neubacken Brod liesse auff den Tisch bringen. Theresia. So muß gewiß der Galan, den er mir zuweisen will / auch gar ein neubackner Cavalier seyn. Amandus. Er mag altbacken oder neubacken seyn / wenn er uns nur anstehet.
10
Theresia. Meynet aber der Herr Vetter gleichwohl / daß ich so einem unbekandten Kerlen zum Noth-Nagel gut genug bin. Amandus. Ey sie verschone ihren Diener mit so einer uͤ beln Außlegung. Es ist ein Mensch von guten Mitteln / von guter Extraction, da man endlich wohl gar von einer Heyrath schwatzen koͤnte. Theresia. Ja es geht itzund trefflich ums heyrathen / Freyer genug / aber wenn die Prahlerey den Stich halten soll / so hat sie der Hencker alle unsichtbar gemacht. Amandus. Das ist recht. Die falschen Leute muͤ ssen unsichtbar werden / damit dieselbe Person alleine sichtbar bleibet / die uns der Himmel zugedacht hat.
15
20
266
Christian Weise
Theresia. Ey wir wollen nicht gar zu tieff in die Schrifft kommen; sagt mir nur / was ists denn vor ein Mensch? 〈14〉
5
Amandus. Die rechte Wahrheit zubekennen / er ist annehmlich und qualificirt genug / aber das will er sich nicht aus den Sinnen bringen lassen / daß er unvergnuͤ gt ist. Theresia. So werde ich mit einem unvergnuͤ gten Menschen conversiren sollen!
10
Amandus. Nein / sie soll die Ehre haben / daß er in ihrer Bekandtschafft alle Vergnuͤ gung finden soll. Sie gedencke / was vor einen getreuen Liebhaber sie antreffen soll / wenn er die Vergnuͤ gung seines Lebens ihr zuschreiben muͤ ste. Theresia. Ich sehe wohl / der Herr Vetter will eine Wette gewinnen / ich werde ihm zu Gefallen meine Freundligkeit muͤ ssen hervorsuchen.
15
Amandus. Ich bitte selber drum / was ich bey der Wette gewinne / das will ich zwey mahl halb mit ihr theilen. Theresia. Ich dencke er wird es zweymahl halb behalten. Amandus. Das Wort soll sie mir abbitten / wenn ihr der Glaube wird in die Hand kommen.
Die Unvergnügte Seele I, 5
267
Erster Handlung Fuͤ nffter Aufzug. Amandus, Theresia, Vertumnus. Amandus. Monsieur, beliebt er nicht etwas naͤher zu kommen. Vertumnus. Ich bin ein unbekandter Diener.
5
Amandus. Hier ist ein Ort / da qualificirte und Tu-〈15〉gendhaffte Personen als bekandte respectiret werden. Vertumnus. Seine Recommendation macht mich kuͤ hne / und ich bitte / wenn ich eine Unhoͤffligkeit begehen solte / wolle er so guͤ tig seyn / und mich bey Mademoisellen entschuldigen.
10
Theresia. Wir sind keiner Entschuldigung gewohnet / und wenn Monsieur noch einmahl solche Worte gebrauchen will / so muͤ ssen wir es vor eine Erinnerung annehmen / als wenn wir etwas wuͤ rden entschuldigen muͤ ssen. Amandus. Nun / nun / stille mit den Complimenten / ich habe nur einen noͤthigen Gang vor mir / wird jemand in meiner Abwesenheit complimentiren / der soll mir es theuer genug bezahlen / wenn ich wiederkomme.
15
(gehet ab.) Vertumnus. Ich will mich nicht straffen lassen. Theresia. Und ich kan mich nicht straffen lassen. Vertumnus. Wer wolte sich auch gegen ein Frauen-Zimmer versuͤ ndigen.
20
268
Christian Weise
Theresia. Ach! Fuͤ rwahr / dessentwegen nicht. Ich kan nicht complimentiren / drum werde ich mich auch wider diesen Befehl nicht versuͤ ndigen. Vertumnus. Ich habe nichts darwider einzuwenden. 5
Theresia. Doch / Monsieur, wie steht er in tieffen Gedancken? Es muß ihm vor kurtzer Zeit was ungluͤ ckliches begegnet seyn. Vertumnus. Es ist mir leyd / daß ich mir so tieff in die Gedancken sehen lasse. 〈16〉
10
Theresia. (fasset ihn bey der Hand.) Und mir ist es lieb / daß ich mit einer so offenhertzigen Person soll bekandt werden. Vertumnus. Es ist aber mein Ungluͤ cke / daß mir niemand helffen will. Theresia. Wer so sprechen will / der muß alle Leute verklagen / vielleicht hat er bey etlichen der Huͤ lffe nicht begehret.
15
Vertumnus. So waͤre auch dieses mein Ungluͤ cke / daß ich in meiner Einfalt die Huͤ lffe nicht begehren kan. Theresia. Doch / wenn ich so curieuse seyn darff / worinnen bestehet doch das Anliegen? Vertumnus. Ach – – –
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Theresia. Bin ich zu geringe / daß ich so ein Geheimniß erfahren soll? Vertumnus. Ach schoͤnste Gebieterin! Ich bin unvergnuͤgt.
Die Unvergnügte Seele I, 5
269
Theresia. (schlaͤ gt ihn auff den Backen.) Aber aus diesen Reden muß ich mercken / daß er sich vergnuͤ gen will. Vertumnus. Ich weiß nicht was ich will. Theresia. Er nennet mich schoͤne / soll ich nun sein Wort in Ehren halten / so wird er sich ja an dem vergnuͤ gen / das schoͤn ist.
5
Vertumnus. Vielleicht bin ich deswegen unvergnuͤ gt / weil ich die Schoͤnheit nicht verdienen kan. Theresia. Er nennet mich aber seine Gebieterin. Vertumnus. Aber sie hat den Titul noch nicht bestaͤtiget. 〈B r=17〉 Theresia. Allein ist ers noch zufrieden / daß ich mich vor seine Gebieterin ausgebe.
10
Vertumnus. Was ich einmahl gesagt habe / das begehre ich nicht zu wiederruffen. Theresia. So gebiete ich ihm / daß er sich vergnuͤ gen soll. Vertumnus. Wenn sie mir gebieten wolte / daß ich fliegen muͤ ste / so wuͤ rde ich sprechen / ich haͤtte keine Fluͤ gel.
15
Theresia. Doch ein anders ist fliegen / als anders ist vergnuͤ gen. Vertumnus. Mir ist eins so schwer / als das andere. Theresia. Ist das nicht angenehm / wenn zwey vertraute Haͤnde mit einander spielen. (Sie fasset ihn bey der Hand.) Vertumnus. Es ist angenehm.
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270
Christian Weise
Theresia. Macht solches keine Vergnuͤ gung / wann die Hand etwas hoͤher kommen darff? (Sie schlaͤ gt ihn an das Kinne.) Vertumnus. Ich kan nicht widersprechen.
5
Theresia. Und bleibt man unvergnuͤ gt / wenn man so mit ein ander thut? (kuͤ sst ihn.) Vertumnus. Ich bin uͤ berwunden. Theresia. Er hat mich uͤ berwunden. Doch seine Tugend giebt mir die Hoffnung / daß er die auffrichtige Freyheit nicht uͤ bel deuten wird.
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Vertumnus. Ach schoͤnste Theresia, sie gebe mir die Ehre / daß ich mich einer immerwaͤhrenden Bekandtschafft troͤsten kan. 〈18〉 Theresia. Ich fuͤ rchte aber / er moͤchte noch weiter unvergnuͤ gt seyn.
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Vertumnus. Ach nein / ich habe mich in meiner Einfalt versuͤ ndiget; Nun habe ich meinen Engel angetroffen / der mir den Weg zu meiner suͤ ssen Vergnuͤ gung weisen soll. Theresia. Beliebt dem Herrn mit in den Garten zu spatziren / so kan ihm auch an den Blumen gewiesen werden / daß ein vernuͤ nfftiger Mensch seine Vergnuͤ gung nicht verachten soll. Vertumnus. Ich bin der schoͤnen Gebieterin gehorsam / auff derer Befehl ich mich vergnuͤ gen soll.
Die Unvergnügte Seele I, 6
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Erster Handlung Sechster Auffzug. Lucretia, Hilario, Securo. Lucretia. Ihr lieben Herren / habt ihr noch nichts davon gewust? Hilario. Das ist auch eine Sache / die wir nicht an den Sternen sehen koͤnnen.
5
Securo. Und wenn ich alle Possen errathen solte / die in dem Hause getrieben werden / so muͤ ste ich ein dutzend Koͤpffe haben. Lucretia. Unsere Jungfer hat einen Auffwaͤrter gekriegt. Hilario. Das ist eine schlechte Freude vor mich.
10
Securo. Und davon habe ich keinen Profit zu hoffen. Lucretia. Reiche und vornehme Leute kommen nicht alle Tage. 〈B 2 r=19〉 Hilario. So sehe ich wohl / ich bin nur gut genug / wenn die reichen Leute nicht kommen wollen.
15
Securo. Und ein armer Dorff-Diesel meines gleichen / der muß sich nur anmelden / wenn die Vornehmen aussen bleiben. Lucretia. Je nun / man sieht / wie es geht. Herr Amandus hat ihn mit gebracht / er wird uns nichts uͤ bels rathen. Hilario. Aber koͤnte auch so ein reicher Kerl von uns Schlaͤge kriegen?
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272
Christian Weise
Securo. Und waͤre es auch wider die Kleider-Ordnung / wenn man sich mit so einem vornehmen Kerlen bekandt machte?
5
Lucretia. Bey Leibe nicht / der Kerl koͤnte uns verjagt werden / daß er nicht wieder kaͤme / wartet doch / biß er zuvor was spendiret hat / darnach moͤgt ihr Haͤndel anfangen / wie ihr wollt. Aber ich dencke er hat auch fuͤ nff Finger in einer Hand / wenn er sich wehret / so kan auff beyden Seiten Ungluͤ ck entstehen. Hilario. O ja! verliebte Leute seyn grimmig / bis sie einen blosen Degen sehen.
10
Securo. Und sie seyn bestaͤndig / bis sie die Klopffische fuͤ hlen. Lucretia. Wer Lust zu Haͤndeln hat / der mag sie ausfuͤ hren / nur last mich itzo zu frieden.
15
Hilario. Nun wir wollen doch der verliebten Person was zu Gefallen thun. Doch heute muß noch eine lustige Comœdia vorgehen. 〈20〉
Erster Handlung Siebender Auffzug. Lucretia, Vertumnus, hernach Barnabas.
20
Vertumnus. Ach wer ist gluͤ ckseeliger / als ich / und wer hat seine Vergnuͤ gung jemahls so schoͤne gefunden / als ich. Das anmuthige Kind wuste mich mit so charmanten Discoursen zu unterhalten / daß ich meine Gluͤ ckseligkeit nicht genug erkennen kan. Sie wiese mir die Blumen / die Fontainen, die Galerien: Doch meine Augen hatten sich einmahl in ihrer Person
Die Unvergnügte Seele I, 7
273
so feste gesetzt / daß ich das andere nicht betrachten konte. Wiewohl in einem Stuͤ cke war ich noch unvergnuͤ gt / denn der alte Vater ließ sich mercken / und da muste ich schleunigen Abschied nehmen. Lucretia. Wie stehts / Herr. Wenn man mit einem Frauenzimmer in Garten spatziret / so darff man nicht so geschwinde wieder kommen.
5
Vertumnus. Doch / wer unvergnuͤ gt ist / der muß wiederkommen. Lucretia. Kan der unvergnuͤ gt seyn / der von einer lieben Person zuruͤ cke koͤmmt.
10
Vertumnus. Kan der vergnuͤ gt seyn / der von einem ungedultigen Vater zuruͤ cke gewiesen wird. Lucretia. Wer fragt darnach / wenn einem das Maͤdgen gut ist / so mag der Vater zehnmahl aus der Haut fahren. Vertumnus. Aber man muß sich fuͤ rchten. 〈B 3 r=21〉
15
Lucretia. Ey / mit der Furcht hat es nicht viel zu bedeuten / die Kirschen schmecken am besten / wenn man fein hoch darnach zu steigen hat. Vertumnus. Ich muß mich bereden lassen. Lucretia. Der Herr lasse sich nur bereden / er wird sehen / daß er keinem Narren gefolget hat. Doch was ist das vor ein Anblick? Barnabas. (koͤ mmt.) Ey / ey / haben sie was Lust zu schachern von schoͤnen Galanterien, von Ohr-Gehaͤngen / von Arm-Rosen / von Haar-Nadeln / von Perl-Schnuren / ich will sie ihnen guten Kauff geben.
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25
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Christian Weise
Lucretia. Du bist gar der rechte Vogel / wer einen guten Kauff bey dir thun will / der muß fruͤ h auffstehen.
5
Barnabas. Ey / ey / ihre Gnaden / ich mache es so / daß ich darff wieder kommen. Sie belieben nur die Sachen anzusehen / wo der Jungfer was anstehet / will ich gerne mit mir handeln lassen. Lucretia. Es sind zwey Fragen / ob der Jungfer was anstehet / und darnach / ob sie mit dem Kauff kan richtig werden.
10
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Barnabas. Ey / ihre Gnaden / sie schauen nur / ich will es so gut machen / als ich kan / ich soll itzund Steuer geben / ich brauche Geld / was ich heute thue / das wird ein ander mahl nicht geschehen. Lucretia. (ad spect.) Die Gelegenheit ist gut / er koͤmmt zu rechter Zeit / daß wir den neuen Liebhaber probiren koͤnnen / ob er auch seine Vergnuͤ gung mit Gelde bezahlen will. 〈22〉 Barnabas. Ihre Gnaden / sie haben das Ansehen umsonst. Lucretia. Mein Herr / was meynet er wohl / solte unserer Jungfer was von diesen Stuͤ cken anstehen? Vertumnus. Ich habe schlechten Verstand davon.
20
Lucretia. Ey das ist eine delicate Perlen-Schnur / wenn unsere Jungfer so ein Geschencke kriegen solte / sie wuͤ rde treflich vergnuͤ get seyn / ey / er sehe das wenige Geld nicht an. Vertumnus. Vielleicht wird es der Jungfer nicht anstehen / daß sie ein Geschencke von mir nehmen soll.
Die Unvergnügte Seele I, 7
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Lucretia. Ey / das ist wohl wahr / wenn eine Jungfer von allen Cavalliern Geschencke nehmen will / so koͤmmt sie den Leuten in die Rede; Doch bey so einer Person schaͤtzt man sichs vor eine Ehre / wenn man ein Gedaͤchtniß von ihr haben kan. Vertumnus. Will sie so gut seyn / und will handeln / so will ich dem schoͤnen Kinde das Gedaͤchtniß nicht versagen. (ad spect.) Aber ach was vor eine schlechte Vergnuͤ gung / die man mit Gelde kauffen soll. Lucretia. Nun hoͤre / Mauschel / wie hoch wilt du die Perlen- Schnur bezahlet haben?
5
10
Barnabas. Ihre Gnaden / wenn sie ein Bruder von dem andern kauffen soll / so ist sie zweyhundert Reichsthaler werth. Lucretia. Zweyhundert Thaler wirst du meynen / Mauschel? Meynstu gleichwohl / daß wir in unserm Hause solche Narren seyn?
15
Barnabas. Wenn ich nicht Geld brauchte / daß ich bis auffs Fuͤ rstliche Beylager warten koͤnte / ich wolte dreyhundert Thaler dafuͤ r kriegen. 〈23〉 Lucretia. Je nun / wenn du warten wilst / bis die Narren Geld kriegen / so kan ichs wohl leyden / in dem Hause seyn wirs nicht.
20
Barnabas. Ey / ey / was wollen sie geben / sie bieten was drauff / die Perlen seyn schoͤn rund / sie seyn weiß / wie ein gefallener Schnee. Lucretia. Hoͤre Jude / wilstu dreißig Thaler / so wollen wir handeln.
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Christian Weise
Barnabas. Ey behuͤ te GOtt / ich werde nicht hundert und siebentzig Thaler Schaden leyden. Lucretia. Je nun / deines Schadens wollen wir nicht begehren / behalte du die Perlen / so behalten wir unsere dreißig Thaler. 5
Barnabas. Ey die Perlen sind mir feyl / sie geben die hundert und funfftzig. Lucretia. Nein / nein / dreißig Thaler ist ein ehrlich Geld.
10
Barnabas. Und das sind auch ehrliche Perlen. Sie frage nur ihre Gnaden / den Herren da / der wird wissen / wie man die Perlen kauffen soll. Lucretia. (zu Vertumnus) Herr / die Perlen haben wir um siebenzig Thaler gefunden. Vertumnus. (ad spect.) Und es komme wie es will / so habe ich siebenzig Thaler verlohren.
15
Lucretia. Will er nun sagen / was er drauff spendiren will. Vertumnus. Sie mache nach ihrem Gefallen / ich will Geld zahlen. Lucretia. Nun / siehe Jude / damit du gleichwohl siehest / daß uns mit deinem Schaden nicht gedienet 〈24〉 ist / so wollen wir noch was dazu setzen / da sind zwey und dreißig Thaler.
20
Barnabas. Ey / ey / hundert und funffzig / und zwey und dreißig / das ist ein grosser Abschlag. Dem Herrn da zu Gefallen / will ich sie um hundert und viertzig lassen. Lucretia. Nein / nein / itzo besinne ich mich / wir moͤgen die Perlen gar nicht haben.
Die Unvergnügte Seele I, 7
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Barnabas. Ey / ey / dergleichen Perlen kriegen sie in zehen Jahren nicht wieder. Lucretia. Kommen die Perlen nicht / so kommt ein gut Jahr / deswegen wollen wir doch lustig seyn. Barnabas. Ey / ihre Gnaden schauen doch / es solte einer dreißig Thaler geben / daß er die Perlen nur anschauen solte.
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Lucretia. Nun / nun gehe nur fort / wir werden nicht Handels-Leute werden. Barnabas. Wollen sie nicht die hundert und dreißig? Lucretia. Nein / durchaus nicht.
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Barnabas. Auch nicht hundert und zwantzig. Lucretia. Gehe nur fort / dir zu Gefallen werden wir nicht hundert und zwantzig mahl Narren seyn. Barnabas. Es wird sie tauren / daß sie die schoͤne Stunde weg gehen laͤsset. Will der Herr auch nichts haben?
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Vertumnus. Wenn die Perlen sollen gekauffet werden / so wollen wir uns nur nicht auffhalten / ein Wort vor allemahl / wolt ihr funffzig Thaler haben / da ist das Geld / so sind die Perlen mein. Barnabas. Eurer Gnaden zu dienen und auff ein an-〈B 5 r=25〉der mahl wieder zu kommen / wo sind hundert Thaler / so sind die Perlen da. Vertumnus. Halb herunter.
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Christian Weise
Barnabas. Wenn ich sie um neuntzig Thaler gebe / so habe ich keinen Heller profit daran.
5
Vertumnus. Daß ich nur deiner loß werde / wilstu sechzig Thaler haben / so sage ein Wort / oder packe dich bald aus meinem Gesichte. Barnabas. Es kans niemand von mir begehren. Vertumnus. So packe dich fort. Barnabas. Ihre Gnaden / noch ein Wort / ists nicht um achtzig Thaler?
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Vertumnus. Jude / ich sage dir / packe dich fort / oder ich mache dich zum ungluͤ ckseeligen Menschen. Barnabas. Wollen ihre Gnaden nicht – – – Vertumnus. Jude / ich schmeisse dich / daß dir die Galanteryen vor die Fuͤ sse fallen.
15
Lucretia. Ich muß doch vor den armen Narren bitten / wenn er endlich siebentzig Thaler wolte / so mag es gut seyn. Barnabas. Was soll ich thun / ich brauche Geld / wo sind die siebentzig Thaler? hier sind die Perlen.
20
Vertumnus. Verziehet nur ein wenig im Hause / ich will meinem Diener Ordre geben / daß er Geld hohle. Barnabas. Ihre Gnaden gar gerne / solchen Herren ist wohl zu trauen. (Gehet ab.)
Die Unvergnügte Seele I, 8
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Lucretia. So werde ich der Jungfer das Geschencke uͤ berbringen sollen? Vertumnus. Nach ihrem Gefallen / ich will sehen / wo ich meinen Diener antreffe. (Gehet ab.) 〈26〉 Lucretia. Nun / das ist doch ein feiner Liebhaber / er laͤst sich weisen / und was er selber nicht errathen kan / da folget er gleichwohl guten ehrlichen Leuten / botz tausend / was wird sich die Jungfer vor einen Handel einbilden / daß sie so einen spen dablen Galan kriegt / es wird heissen: Maͤgdgen / stelle dich freundlich / daß der Liebste da bleibet / solche Freyer kommen nicht alle Tage.
5
10
(Gehet ab.)
Erster Handlung Achter Auffzug.
15
Passetems, hernach Theresia, Hilario, Securo. Passetems. Nun mein Herr ist vergnuͤ gt / und zum Zeichen / daß es wahr ist / soll ich ihm flugs siebentzig Thaler herbringen / ich dencke / wenn die Freude am besten wird angehen sollen / so wird er das Krimmen im Nacken kriegen / und das unvergnuͤ gte Leid wird wieder angehen. Doch was sehe ich? spatziret die liebe Jungfer nicht mit andern Courtisanen, meinem vergnuͤ gten Herrn zu schrecklichem Præjudiz, da herum? Ein feiner Trost / mein Herr bezahlt die Mahlzeit / und ein ander will sie verzehren / das muß ich ihm flugs stecken / ehe ich Geld hohle.
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Christian Weise
(Gehet ab.) Theresia. Ich haͤtte es nicht gedacht / daß so neidische Leute auff der Welt lebten.
5
Hilario. Aber ich haͤtte nicht gedacht / daß uns ein fremder so bald verdringen solte. 〈27〉 Securo. Ja wohl / wenn ein neuer Bekandter koͤmmt / so werden die alten abgestochen.
10
Theresia. Was heist denn verdringen? was heist abstechen? ich meynte / ein eintzig Mensch waͤre capable, mit vielen Leuten Freundschafft zu halten. Hilario. Ja / es wird itzund die grande mode, daß sich das Frauenzimmer mehr als zu viel Freundschafften belieben laͤst.
15
Securo. Und wenn arme Leute / meines gleichen / sich an viel Orten bekand machen / so duͤ rffen sie doch vor spitzige Reden nicht sorgen. Theresia. Messieurs, die Reden stehen mir nicht an / denn sie gehoͤren vor verliebte Leute. Wem aber mit einer indifferenten Conversation nicht gedienet ist / der mag mir verzeihen / wenn er mehr gesucht hat / als er finden kan.
20
Hilario. Ha Mademoiselle, versteht sie noch unsern Schertz nicht. Securo. Wir sind einfaͤltige Personen / wir muͤ ssen die Materie zu reden hernehmen / wo wir koͤnnen.
25
Theresia. Nun so habe ich doch gleichwohl ein Mitleyden mit ihrer Einfalt; wenn ich werde Zeit haben / so will ich gar Thraͤnen
Die Unvergnügte Seele I, 9
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vergiessen / daß sie bey dem Frauenzimmer kein Wort auffbringen koͤnnen. (Geht ab.) Hilario. Der neue Galan hat das Maͤdgen so rappelkoͤppisch gemacht.
5
Securo. Und er hat verdienet / daß ihm die Freude wieder versal tzen wird. 〈28〉
Erster Handlung Neundter Auffzug. Passetems, Alamode.
10
Alamode. Hastu nicht verdienet / daß ich dir den Hals breche? Passetems. Ich werde mein Ungluͤ ck nicht selber verdienen. Alamode. Was hastu deinen Herren so wetterwendisch zu machen? Passetems. Ich kan es nicht leyden / daß ein ander meinem Herrn in Haber geht.
15
Alamode. Ob du es leyden kanst / darnach frag ich nicht / du solst deinen Herrn nicht damit verunruhigen / was er nicht weiß / das bekuͤ mmert ihn nicht. Passetems. Gleichwohl ists wahr.
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Christian Weise
Alamode. Ach was wuͤ rde vor Unruhe in der Welt seyn / wenn die Leute alles wuͤ sten? Passetems. Ich daͤchte / wer mir was steckte / der waͤre mein guter Freund. 5
Alamode. Ich daͤchte / wer mir was steckte / davon ich unvergnuͤ gt wuͤ rde / dem wolte ichs mit was anders dancken. Passetems. Je nun / gut gemeynt / uͤ bel gerathen. (Gehet ab.)
10
Alamode. Was murrt die Bestie? Die gute Meynung soll dir bezahlet werden. Was ists denn nun mehr / ein ehrlich Maͤdgen darff ihrem Liebsten auch nicht so auff den Hals gebunden seyn / daß sie keiner Con-〈29〉versation mit einem andern pflegen solle. (Gehet ab.)
15
Erster Handlung Zehender Auffzug. Vertumnus, Theresia.
20
Vertumnus. Ich bin betrogen! Denn ob ich gleich bekennen muß / daß eine Vergnuͤ gung bey dem annehmlichen Frauenzimmer moͤchte anzutreffen seyn / so ist doch diß der hoͤchste Kummer / wenn sich eine andere Person mit dieser Vergnuͤ gung theilen muß. Ach! waͤre die Perlen-Schnur nicht gekaufft / ich wolte wieder in meinen unvergnuͤ gten Stand treten.
Die Unvergnügte Seele I, 10
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Theresia. (koͤ mmt gelauffen.) Siehe da / haͤtte ich doch bald nicht gewust / wo ich mein Engels-Kind antreffen solte. Vertumnus. Ach! wer viel zu gedencken hat / der vergisst eines mit dem andern. Theresia. Mein Kind / ich gerathe in trefliche Schuld / ich habe so ein koͤstlich Præsent sollen annehmen / und weiß nicht / worinnen ich meine Danckbarkeit wiederum erweisen soll.
5
Vertumnus. Ach es ist was geringes. Theresia. Es ist an sich selber koͤstlich / und die Person / von der es herkoͤmmt / macht es noch viel koͤstlicher.
10
Vertumnus. Es werden andere seyn / die vielleicht mit ihren Geschencken etwas besser bestehen. 〈30〉 Theresia. Was vor andere / mein Kind. Vertumnus. Es fehlt niemahls an lieber Gesellschaft / dargegen ich ein Schatten bin.
15
Theresia. Ha ha mein Kind / ich mercke es wohl / ich muß mich vexiren lassen / daß ich wider meinen Willen mit den zween Cavallieren habe reden muͤ ssen. Vertumnus. Ich will sie nicht verhindern / es mag wohl mit ihrem guten Willen geschehen seyn. Theresia. Aber mein guter Wille ist an die liebe Person verknuͤ pfft (kuͤ sst ihm die Hand) welche mich so einer annehmlichen Tugend versichert. Vertumnus. Sie beschaͤme mich nicht.
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Christian Weise
Theresia. Und er betruͤ be mich nicht. Soll ihm dadurch ein Mißfallen entstehen / wenn sich andere mit mir in ein Gespraͤch einlassen / ihm zu Gefallen will ich aller Gesellschaft entsagen. Er thue mir nur itzo die Wohlthat / und lasse mich nichts entgelten / was meine Unwissenheit verbrochen hat. (Sie caressiret ihn.) Vertumnus. Ach schoͤne Gebieterin / ich sehe / daß ich mich in meinem Verdachte versuͤ ndiget habe.
10
Theresia. Der Verdacht entstehet aus einer redlichen Liebe / drum werde ich desto mehr achtung auff mich selbst geben / daß ich so einer lieben Person nichts zuwider thue. Mein Kind / ist es nicht wahr / ausser ihm soll niemand ein Theil an mir haben? Vertumnus. Ach ja / ausser ihr verlange ich keine Vergnuͤ gung.
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Theresia. Doch ich muß sehen / wo der Herr Vater 〈31〉 bleibt. Er lebe wohl / bis auff ein angenehmes Wiedersehen. (Sie kuͤ sset ihn.) (ad spect.) Sehet / wie leicht kan ein Maͤdgen die Liebe verschertzen / bey solchen Leuten muß man sich in acht nehmen.
Erster Handlung 20
Eilffter Auffzug. Vertumnus, Hilario, Securo. Vertumnus. Ich weiß nicht / was ich von meiner Enderung dencken soll. Vor einer kurtzen Zeit war ich unvergnuͤ gt / nun scheinet es / als wenn ich in meiner Vergnuͤ gung wieder einen
Die Unvergnügte Seele I, 11
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guten Anfang spuͤ hrete. Das liebe Maͤdgen ist gut genug / doch die andern Leute moͤgen schlecht gerathen seyn. Hilario. Monsieur er vergebe mir / er wird hier in das Haus gehoͤren? Vertumnus. Nein / ich bin ein Fremder.
5
Hilario. Ich sehe ihn aber aus- und eingehen / und weil ich was zu verrichten habe / wird er mir gute Nachricht geben. Vertumnus. Mit meiner Nachricht werde ich ihm wenig dienen koͤnnen. Hilario. Monsieur, ich weiß nicht / wie ich die Antwort verstehen soll / doch will ich ihm nur diß zur Nachricht sagen / wer mich schrauben will / der muß sein Leben in Gefahr setzen.
10
Securo. Und das sage ich / Monsieur, wer meinen guten Freund touchiret / der hat es mit mir auch auszufechten. 〈32〉 Vertumnus. Messieurs, sie moͤgen sich versichern / daß ich vor keinem blossen Degen erschrecke / doch solte mir es leyd seyn / daß ich zu den geringsten Querelen Anlaß geben solte. Hilario. Das sehe ich aber wohl / daß er Haͤndel an mich suchet / und also kan ihm leicht die Ehre wiederfahren / daß er meine blose Klinge siehet.
15
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Securo. Und das kan ihm wohl gewiesen werden / wie ein frembder Pursche noch Lehr-Geld geben muß. Vertumnus. Sie verschonen nur meiner / bis ich mich etwas von diesem Hause absentiren kan / die angenehme Person / welche darinnen wohnet / soll von mir nicht erschrecket werden.
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Christian Weise
Hilario. Wer hat euch die Macht gegeben / daß ihr sie eine angenehme Person nennen duͤ rffet. Securo. Und ihr seyd gewiß der Kerl darnach / der andern zur bravade die Worte reden darff. 5
Vertumnus. Und ich sehe sie gleichwohl nicht vor die Leute an / die mir solches verbieten sollen. Hilario. Eine solche Person hat verdienet / daß man ihrentwegen Blut vergiest. (sie entbloͤ sen die Degen.)
10
Vertumnus. Wo sie an ihrem Blute etwas uͤ brig haben / so kan ich wohl etwas springen lassen. (bloͤ st den Degen.)
Erster Handlung Zwoͤ lffter Auffzug. Die vorigen / Amandus, Alamode. 〈C r=33〉
15
Amandus. Messieurs. Was ist das vor Raison, daß sich einer von zweyen soll anfallen lassen? Hilario. Er hat es so verlanget / drum wollen wir ihm zu Dienste stehen. Vertumnus. Und ihr solt etwas bey mir finden / das ihr nicht verlanget.
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Amandus. Ich bitte / sie verschonen des Herrn im Hause.
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Hilario. Der die Haͤndel angefangen hat / der mag die Schuld tragen. Amandus. Ich will mich ihrer Sache nicht theilhafftig machen / doch wer den Ort nicht respectiren wil / der muß wissen / daß er auch mit mir zu thun hat.
5
Alamode. Und wer meinen Patron attaquiret / der muß mir zuvor den Hals brechen. Hilario. Messieurs, sie mischen sich in eine Bagatelle, die nicht viel zu bedeuten hat. Vertumnus. Damit ihr aber sehet / daß solche Bagatellen bey mir gar viel zu bedeuten haben / so kommet alsobald mit mir auff den naͤchsten Platz / die Herren sollen Zeugen seyn / daß ich keinem Menschen die geringste Satisfaction schuldig bleiben will. Amandus. Ich bitte / sie lassen es zu dieser Weitlaͤuffigkeit nicht kommen / die Sachen stehen noch in solchen Terminis, daß sie mit guter Renomée daraus scheiden koͤnnen.
10
15
Hilario. Man lasse ihm seinen Willen / ich bin parat. Securo. Und weil er Haͤndel bey mir gesuchet hat / so verlohnt es sich wohl der Muͤ he / daß er mich kennen lernet. (Sie gehen in der Furie ab.) 〈34〉 Amandus. Ach wie bange wird mir um meine Recommendation, denn wer die Liebe mit Schwerd und Feuer suchen muß / der kan mir vor seine Vergnuͤ gung schlecht dancken.
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Christian Weise
Erster Handlung Dreyzehender Auffzug. Passetems, hernach Barnabas.
5
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Passetems. Mein Herr muß par force klug werden / denn nun sieht er / daß die Courtoisie mehrentheils auff brave Schlaͤgerey hinaus laufft / und es gemahnet mich mit den Jungfern eben / wie mit den schwartzen Kirschen; Wer einmahl auf den Baum zu sitzen koͤmmt / dem schmecken sie gar gut / aber was man vor Angst hat / ehe man darzu und wieder davon koͤmmt / und wie mancher gar nach Hause koͤmmt / wie meiner Große-Mutter Hund / das giebt die Erfahrung. Itzo steht nun mein Herr blanck / und wenn er nun eine Valtz-Wunde davon bekoͤmmt / so moͤchte ich doch nur eine Wage nehmen / und in eine Schale das suͤ sse Viertel-Stuͤ ndgen bey Jungfer There sien legen / in der andern Schale die grosse und erbaͤrmliche Angst / die er alsdenn ausstehen muß / wenn er im Bette liegt / wenn er Tag und Nacht schreyet / und wenn der Balbierer ein paar Wicken / Arms-lang / in das Loch drehen muß. Profit zu der schoͤnen Vergnuͤ gung! ey wie schoͤn ist der Liebe gerathen worden. Doch was will der Kerl? das ist gut / daß mein Herr nicht da ist / sonst wuͤ rde die Vergnuͤ gung zusammen kommen. 〈C 2 r=35〉 Barnabas. Ey / ey / meynet ihr / ich habe nichts zu thun / daß ich auff euch warten soll.
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Passetems. Ihr guter Freund / habt ihr auff mich gewartet / gehet / wenn ihr wollet. Barnabas. Ey ich will schon gehen / wenn ich Geld habe.
Die Unvergnügte Seele I, 13
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Passetems. Ha du Berenheuter / wilt du gehen / wenn du Geld hast? Wenn ich Geld haͤtte / ich fuͤ hre mit sechs Pferden. Barnabas. Ich will Geld haben vor meine Wahre. Passetems. Du Mauschel / hast du mir Wahre gegeben? Barnabas. Ihre Gnaden haben es befohlen / daß ihr mir das Geld bringen solt.
5
Passetems. Ey haben es Ihre Gnaden befohlen / aber meine Excellenz hat contramandiret / daß du einen Quarck haben solst. Barnabas. Ey ihr habt die Perlen-Schnur ehrlich gekriegt / ich will auch ehrlich bezahlt seyn.
10
Passetems. Ist das nicht Ehre genug / wenn ein rechtschaffener Christe die Perlen-Schnur brauchen will / die so ein schelmischer Jude in Haͤnden gehabt hat. Barnabas. Ey ihr muͤ sset wissen / daß wir Obrigkeit im Lande haben.
15
Passetems. Das ist recht / die Obrigkeit hat mehr Geld / als wir / gehet hin / und lasset euch bezahlen. Barnabas. Ey die Obrigkeit soll mir helffen / daß ich da bezahlet werde. Passetems. So gehe denn / und lasse dir helffen / wie du 〈36〉 wilt / wenn du mir noch einmahl solch tumm Ding vorredest / so werde ich gantz unvergnuͤ gt.
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Christian Weise
Erster Handlung Vierzehender Auffzug. Simo, Barnabas. Simo. Was giebt es hier zu streiten? 5
Barnabas. Ey ich bin ein ehrlicher Jude / ich habe meine Wahre gegeben / und nun will ich bezahlt seyn. Simo. Wem hastu was verkaufft? Barnabas. Ihre Gnaden / es ist in das Haus kommen. Simo. In mein Haus / ich muß auch was davon wissen.
10
Barnabas. Ihre Gnaden fragen die Jungfer / ihre Fraͤulein Tochter / die haben es bekommen. Simo. Was hat meine Tochter bekommen? Barnabas. Die Perlen-Schnur / nun soll ich siebenzig Thaler davor haben.
15
Simo. Nun mercke ich / daß alle Jude Schelme seyn. Wo kan meine Tochter Perlen bekommen / als von mir / und habe ich jemahls etwas von dir verlanget? Barnabas. Ey ihre Gnaden / der frembde Cavallier hat halt ein Andencken zur Courtoisie verehren wollen.
20
Simo. Ein Cavallier? Ein Andencken? Zur Courtoisie? Das ist was neues / daran die Ehre meines Hauses gelegen ist.
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Barnabas. Ja ihre Gnaden / es stehet gar ehrlich / wenn man bezahlt wird. 〈C 3 r=37〉 Simo. Du verzweiffelter Jude / soll ich das hoͤren/ daß heutiges Tages ehrliche Jungfern durch schelmische Juden sollen verfuͤ hrt werden. Packe dich aus dem Hause / sonst will ich dich empfinden lassen / was ein Hausvater vor Gewalt in seinen vier Pfaͤlen hat.
5
Barnabas. Ihre Gnaden geben mir die Perlen-Schnur / so will ich mich gerne packen. Simo. Ist was vorhanden / so will ich eine leichtfertige Waare nicht so gut achten / daß sie mir eine Viertelstunde im Hause bleiben soll.
10
(Geht ab.) Barnabas. Und ich werde mich in acht nehmen / daß ich ein ander mahl die Wahre nicht aus der Hand gebe / bis ich Geld sehe.
15
Erster Handlung Funffzehender Auffzug. Lucretia, Theresia, hernach Dieterich, Sebald, Kilian. Theresia. Es solte mir leyd seyn / wenn der liebe Cavalier ein Ungluͤ ck haͤtte. Lucretia. Was hilfft es / unterdessen ist es doch dem Frauenzimmer eine grosse Ehre / daß sich etliche ihrentwegen todt stechen lassen.
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Christian Weise
Theresia. Doch wenn der rechte todt gestochen wird / so laͤst sich der Schade nicht ersetzen. Lucretia. Stirbt einer / so koͤmmt wohl ein ander / und wir wollen nicht hoffen / daß die Schlaͤgerey so gefaͤhrlich ablauffen wird. 5
10
Theresia. Es ist Schande / daß die jungen Leute so unruhig seyn / die Welt ist groß genug / es sind auch 〈38〉 Jungfern genug / es koͤnte ein jedweder sein Theil behalten / da schlagen sich zehne um eine / und anderswo sitzen zehen arme Jungfern / um die sich niemand schlagen will. Dieterich. (koͤ mmt gelauffen.) Ach! ist Herr Simo hier? Lucretia. Was soll er? Dieterich. In dem Garten geht gewiß ein Ungluͤ ck vor! Lauter blosse Degen! lauter blosse Degen. Lucretia. Thun denn die blossen Degen auch Schaden?
15
Dieterich. So nahe bin ich nicht darzu kommen / das ist wahr / lauter blosse Degen. Sebald. (koͤ mmt) Ich kan nicht laͤnger zusehen. Wo alles wahr wird / was die Leute schweren und fluchen / so muß der gantze Garten im Blute schwimmen.
20
Lucretia. Guter Freund / ist denn die Sache so gefaͤhrlich? Sebald. Ich habe nur von weiten zugesehen. Ach! wie sie sich verschweren / daß sie einander das Hertz im Leibe durchbohren wollen / das ist unbeschreiblich.
Die Unvergnügte Seele I, 15
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Lucretia. O es klingt etwan nur so schrecklich / die lieben Herren werden alles nicht so boͤse meynen. Sebald. Sie stossen immer hin und her / sie werdens ja einmahl versehen / daß ein Stich gerathen kan. Lucretia. Wollen sie ein ander todt machen / so kan ich mir nicht helffen.
5
Theresia. Mir ist gleichwohl angst / daß meinetwegen solche Haͤndel vorgehen sollen. 〈C 4 r=39〉 Kilian. (koͤ mmt.) O das seyn Narren-Possen / haͤtte ich das gewust / ich waͤre nicht einmahl da geblieben.
10
Lucretia. Wie so ungeduldig Monsieur Kilian? Kilian. Soll michs nicht verdriessen / da waren etliche Partheyen / und thaten so grimmig auff einander / als wenn sie Lung und Leber mit einem Stosse durchbohren wolten / darnach / wie die Freude am besten angehen solte / so war es aus / sie machten Friede.
15
Theresia. Ach! GOtt Lob / daß es zum Frieden kommen ist. Kilian. Ey der Friede haͤtte gleichwohl kommen koͤnnen / die Schlaͤgerey haͤtte nur ein bißgen lange waͤhren sollen. Theresia. Ich wolte mich vor die gute Zeitung bedancken / aber weil er sich das Wiederspiel gewuͤ nschet hat / so verzeihet mir / daß ich den Danck schuldig bleibe. Kilian. Ich bin es gewohnet / daß ich ohne Belohnung abgewiesen werde.
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Christian Weise
(gehet ab.) Dieterich. Haͤtte ich so viel gewust / so haͤtte ich mit meiner Zeitung keinen Menschen erschreckt. (Gehet ab.) 5
Sebald. Und so viel lerne ich aus der Sache / wer ein andermahl sich vor blossen Degen und vor trotzigen Worten zu tode fuͤ rchten will / dem soll man mit der garstigen Glocke zu Grabe lauten. 〈40〉
Erster Handlung 10
Sechzehnder Auffzug. Theresia, Lucretia, Amandus, Simo. Amandus. Gluͤ ckseelige Zeitung / der Krieg ist beygeleget. Theresia. Ja / der Krieg ist beygeleget / aber mein Betruͤ bniß waͤhret noch.
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Amandus. Was vor ein Betruͤ bniß / mein Kind? Theresia. Der liebe Cavallier wird sich meiner Conversation bedancken / wenn er seine addresse mit dem blosen Degen behaupten soll.
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Amandus. Ich halte das Wiederspiel / die Person wird ihm nun gedoppelt kostbar seyn / der zu Gefallen er sein Leben auffgesetzet hat.
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Theresia. Ist es moͤglich / daß er meiner noch in guten gedencket. Amandus. Woferne er sich dieser Gedancken entschlagen soll / so ist er wieder unvergnuͤ gt. Simo. (koͤ mmt.) Bin ich gut genug darzu / daß ich meine Leute im Hause vergebens suchen soll?
5
Lucretia. Mein Herr / was verlangen sie? Simo. Ich wolte wuͤ ntschen / daß ich nichts verlangen duͤ rffte. Lucretia. Wir wollen hoffen / es wird nichts geschehen seyn. Simo. Aber ich muß mich betruͤ ben / daß etwas geschehen ist / daruͤ ber ich allenthalben moͤchte zu Spott werden. Wer hat den verdammten Juden ins 〈C 5 r=41〉 Haus gelockt? Wer hat Perlen gekaufft? Wer hat sich die Perlen schencken lassen? Ach soll ich dergleichen erfahren / und soll meine Herrschafft im Hause nicht sehen lassen. Theresia. (ad spect.) Ach mein ungluͤ ckseliger Liebhaber ist darzu gebohren / daß er in seiner Vergnuͤ gung verhindert wird / ich will davon gehen / ehe ich antworten muß.
10
15
Simo. Ist niemand / der mir antworten will? Lucretia. Ich weiß nicht / was der Jude gethan hat. Simo. Aber ich werde vielleicht wider meinen Willen erfahren / was so eine untreue Bestie gethan hat. Amandus. Mein Herr Vetter / was macht ihn so ungehalten? Simo. Mein Vetter / koͤmmt er auch / daß er mich spotten will?
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Christian Weise
Amandus. Das waͤre ein grosser Undanck / wenn ich so einen lieben Patron spotten wolte. Doch meine Schuldigkeit treibt mich wohl dahin / daß ich mich erkundige / warum ich eben zu einer so verdrießlichen Stunde kommen bin. 5
Simo. Ich hoͤre / meine Tochter laͤst sich beschencken. Sie schaͤmet sich nicht / daß Juden in das Haus kommen. Amandus. Mit permission, daß ich ein Wort rede. Simo. Ich woll nicht hoffen / daß er dem Juden das Wort reden will.
10
Amandus. Aber wenn ich spraͤche / daß ich den Rath zum Kauffe gegeben habe / so wird mein Patron auch so lange Gedult haben / und hoͤren / warum es geschehen ist. 〈42〉 Simo. Es mag geschehen seyn / warum es will / so bin ich uͤ bel zu frieden.
15
Amandus. Es kam gleichwohl da ein rechtschaffener Mensch / der an Mitteln und Qualitaͤten so wichtig ist / daß er eine Jungfer in Ehren zur Frauen machen kan. Simo. Aber nicht so wichtig / daß er hinter meinem Wissen was vornehmen soll.
20
Amandus. Ich halte / ehe man den Herrn Vater um die Tochter anspricht / so muß man wohl mit der Tochter bekandt seyn. Simo. Vaͤterliche Gewalt erfordert was anders. Amandus. Wenn der gute Mensch kaͤme / und hielte um die Tochter an / darnach waͤre die Person so beschaffen / daß er kein Belieben an ihr haͤtte / so frage ich nur / was waͤre denn einem
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redlichen Vater damit gedienet / wenn zwey unvergnuͤ gte Leute zusammen kaͤmen? Simo. Das weiß ich wohl / daß man die Toͤchter nicht im Sack verkaͤufft / und deswegen laͤst man sie nicht unter der Erde gehen / daß ein ehrlicher Kerl Bekandtschafft suchen kan. Aber warum soll ein Kerl so kuͤ hne seyn / und soll was schencken? Warum soll das lose Kind so unbedachtsam seynn / und soll was nehmen? Amandus. Ich hab es geschehen lassen / und daran hab ich gehandelt / als ein rechtschaffener Freund.
5
10
Simo. Ey daß mir nicht der gute Freund weg koͤmmt. Amandus. Ich sage es noch einmahl / ich habe es gethan / daß wir was zu Pfande haben. Es heist: Seyd witzig / sie Welt ist spitzig. 〈43〉 Simo. Ich sehe noch nicht / wo die Klugheit hinaus will. Amandus. Daß ich meine Gedancken kurtz gebe. Die Tochter ist ihm feil / sie ist achtzehn Jahr alt / der liebe Mensch bietet sich zum Kaͤuffer an / er will sich nur mit der Waare ein bißgen bekandt machen; sie gefaͤllt ihm. Aber in der Stadt sind mehr Laden / da man dergleichen Waare feil hat. Ists nicht besser / daß wir ihn was zum Pfande geben lassen? so wissen wir / daß ein liebes Kind nicht in die Rede koͤmmt. Simo. Nun / nun / ich werde mich doch weisen lassen / da ich sehe / daß so ehrliche Leute mit interessiret seyn / und da es endlich ein ehrliches Absehen hat / so bin ich zufrieden. Nur schafft / daß die Sache bald ihren Fortgang hat; Wenn ein Maͤdgen schon was auff die Hand genommen hat / so halte ich nichts davon / daß man lange troͤdeln laͤst.
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Christian Weise
Amandus. Mein Herr Vetter / will er heute das Ja-Wort geben / und morgen Verloͤbniß machen / so bin ich zufrieden / wenn in vierzehn Tagen die Hochzeit wird.
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Simo. Nun / Herr Vetter / ich will ihm trauen / er disponire es nach seinem Gefallen / hat der liebe Mensch Geld und Tugend / meine Waare ist mir feil. (gehet ab.) Amandus. Haha nun wird die vergnuͤ gte Seele den Trost auff einmahl finden / was meynt ihr / Frau Lucretia?
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Lucretia. Was solte ich meynen? Die Jungfer wird 〈44〉 vor Freuden aus der Haut fahren. Amandus. Nicht zu grimmig / nicht zu grimmig / sprecht / ich lasse sie bitten / sie soll nur drinne bleiben.
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Lucretia. Doch der Herr macht es so gewiß / wenn der Freyer nun nicht wolte. Amandus. Da last mich vor sorgen / geht nur / und disponirt die Jungfer / was sie wieder den Herrn Vater sprechen soll / bringe ich den Liebsten nicht / so komme ich an seine Stelle. (Sie gehen an unterschiedenen Orten ab.)
Die Unvergnügte Seele I, 17
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Erster Handlung Siebzehender Auffzug. Hilario, Securo, Vertumnus, hernach Amandus. Hilario. So gehts in der Welt / welche sich einmahl mit einander beriechen / das werden die besten Freunde.
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Securo. Und wenn man einen rechtschaffnen Kerlen probiret / so weiß man darnach / wie man einen æstimiren soll. Vertumnus. Ich hoffe / sie werden mir nicht nachsagen / daß ich ihnen was schuldig geblieben. Hilario. Wir sind gute Freunde / was geschehen ist / das mag vergessen seyn. Securo. Die Satisfaction ist auff beyden Theilen wohl gerathen / und also wuͤ nschen wir / einen so lieben Freund ins kuͤ nfftige zu bedienen / dessen Qualitaͤten alle Ehre und Freundschafft meritiren. 〈45〉
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Hilario. Was auch wegen des lieben Frauen-Zimmers vorgegangen ist / da will ich meinem Herrn den Platz gar gerne cediren. Securo. Und ich will noch Gluͤ cke darzu wuͤ nschen / wenn er sein Vergnuͤ gen bey dem liebsten Kind antreffen solte. Vertumnus. Meine Herren / sie lassen es darbey bewenden / daß ich ihr Freund bin: So weit will ichs nicht kommen lassen / daß ich eines Frauen-Zimmers wegen den geringsten Widerwillen verdienen solte.
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Hilario. Monsieur, seine Courage hat so viel erwiesen / daß er wuͤ rdig ist / den Platz in dem Hause zu behalten.
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Securo. Und ich bekenne selber / daß ich von meiner besten Hoffnung abstehen wolte / wenn ich hierdurch so einem Freund gefallen koͤnte. Vertumnus. (ad spect.) Ihr Hunde / macht mir die Complimente nicht so spitzig / sonst werde ich wieder unvergnuͤ gt.
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Hilario. Monsieur, so wahr ich mein Wort von mir gebe / daß ich ein redlicher Freund heissen will / so wahr hat er sich auff mich allezeit zu verlassen. Securo. Ich habe gleichfalls meine Parole gegeben / darbey will ich leben und sterben.
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Amandus. (koͤ mmt.) Ha ha ihr Herren / viel Gluͤ cks zum Friedens-Feste / wie stehts / haben sie nun einander besser kennen lernen. Hilario. Wenn ich geschehene Sachen koͤnte zuruͤ ck ruffen / so wolte ich sagen / es waͤre mir leyd / daß ich es gethan haͤtte. 〈46〉 Securo. Doch es ist mir lieb / daß ich die Qualitaͤten so eines vornehmen Freundes habe erkennen sollen.
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Amandus. (zu Hilario) Messieurs / sie thun mir einen grossen Gefallen / wenn sie mich bey dem lieben Freunde alleine lassen. Hilario. Ich mercke es schon / sie wollen ihm das Seil uͤ ber die Hoͤrner werffen / ich wuͤ nsche guten Success.
Die Unvergnügte Seele I, 17
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Amandus. Patience, patience, wer die Kunst kan / der verrathe den Meister nicht. Hilario. Wir werden nicht unhoͤfflich seyn / dieselben auffzuhalten. Sie lassen uns recommendirt verbleiben. (Sie gehen ab.)
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Vertumnus. Ach wie unvergnuͤ gt machen mich diese Freunde. Amandus. Stille / stille / an die Freunde ist nicht zu gedencken / der Herr Vater ist hinter die Perlen kommen / das arme Kind hat sich verstecken muͤ ssen / und so lange der boͤse Mann seinen blosen Degen in Haͤnden behaͤlt / so ist sie des Lebens nicht sicher.
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Vertumnus. Das wolte ich auch nicht gerne / daß so ein liebes Kind meinet wegen sterben solte. Amandus. Ja freylich haͤtte es moͤgen besser bedacht werden / es ist mir nur um das arme Kind / kriegt es keine Schlaͤge vom Vater / so schlaͤgt ihr doch die Angst zum Hertzen / daß sie das treytaͤgige Fieber davon kriegt. Vertumnus. Auff seinen Rath hab ich meine Vergnuͤ gung gesucht; aber kan ich darvor / daß so ein 〈47〉 schoͤnes Kind ihr Unvergnuͤ gen darbey gefunden hat. Amandus. Was hilffts? Die Sache ist angefangen / wir muͤ ssen sehen / wie wir sie ausfuͤ hren. Vertumnus. Da werde ich wenig darzu rathen koͤnnen.
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Amandus. Warum wenig? bey ihm beruhet das meiste. Er gebe mir Vollmacht / damit will ich zum Herr Vater gehen / und will um das liebe Kind solenniter anhalten.
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Vertumnus. Er moͤchte uns mit dem blossen Degen willkommen heissen. Amandus. Ey das Lied soll gar aus einem andern Thone gehen / und er bedencke selber / was sind ihm seine gute Mittel nuͤ tze / worzu dienen seine stattliche Qualitaͤten / wenn er sich nicht durch eine vornehme Heyrath in Zeiten einen braven Staat formiret. Und ich habe zwar gesagt / daß bey dem Frauen-Zimmer gute Vergnuͤ gung ist: Aber so lange man auff die blosse Loͤffeley gehen will / so ist es nur halb Ding. Wer einmahl loß schlaͤgt / der hat die Liebste alle Tage / damit kan er seine Vergnuͤ gung suchen / die Sonne mag auff- oder untergehen / es mag sieben oder zwoͤlffe schlagen / der Vater mag kommen oder weg gehen / er mag suͤ sse oder sauer sehen. Vertumnus. Ich hoͤre aber / die Leute sind niemahls unvergnuͤ gter / als beym Heyrathen.
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Amandus. Nachdem die Personen sind / nachdem ist die Vergnuͤ gung. Er sehe doch das freundliche / das galante, das liebe / das appetitliche Kind an / solt 〈48〉 es auch wohl moͤglich seyn / daß so ein Zucker-Bildgen nur eine unvergnuͤgte Viertel- Stunde koͤnte zu wege bringen? Ich weiß / wenn er wird dazu kommen / so wird es ihm duͤ nken / als wenn er mitten ins Paradieß gezogen waͤre. Vertumnus. So mag es drum seyn. Kan er was erhalten / so will ichs ihm dancken. Amandus. Das liebe Kind wird ihm gedoppelt dancken / daß sie nur aus der Angst gerissen wird / und da hat er meine Hand /
Die Unvergnügte Seele I, 18
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heute bekoͤmmt er noch das Jawort / und morgen machen wir Verloͤbniß / und damit wuͤ ntschen wir ihm Gluͤ cke zu seiner Vergnuͤ gung.
Erster Handlung Achtzehender Auffzug.
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Vertumnus, Passetems, hernach Dietrich, Sebald, Kilian, Barnabas, Lucretia, Alamode, James. Vertumnus. Ich weiß nicht wie mir ist / ich muß mich allemahl zu meiner Vergnuͤ gung zwingen lassen. Passetems. Nun lustig / mein Herr will Hochzeit machen / und der Diener muͤ ste wohl ein etcætera seyn / der sich nicht irgend so ein klein accedens dabey machte / die Schnupfftuͤ cher und die Halßkrausen seyn mir trefflich abgegangen / es ist Zeit / daß ich mich um so ein Allmosen bewerbe. Doch seht nur / wie der liebe Herr die Vergnuͤ gung im Kopffe rum spatzieren laͤst. Ich dencke / die Vergnuͤ gung wird 〈D r=49〉 ihn noch theuer ankommen / ehe er die Braut ins Bette kriegt. Dietrich. (koͤ mmt) Monsieur, mit permission, Herr Amandus laͤst sich schoͤn befehlen / und moͤchte gerne wissen / ob er noch Lust haͤtte / den Ring vor hundert und funfftzig Thaler zu kauffen. Vertumnus. Guter Freund / ich werde mich nur ein bißgen besinnen.
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Sebald. (koͤ mmt.) Monsieur, ich soll in Geheim fragen / obs nicht rathsam waͤre / daß die Herren Musicanten heute bestellet wuͤ rden / wenn etwan die Liebste eine Nacht-Music verlangte.
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Lucretia. (zeucht ihn auff die Seite.) Herr / im Vertrauen gedacht / die Perlen-Schnur will nicht zum Braut-Krantze reichen / waͤre es nicht Sache / daß wir noch eine bestelleten? Vertumnus. Ich will nur dem guten Freunde da vor antworten.
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Kilian. (koͤ mmt.) Monsieur, ich soll vernehmen / wenn irgend heinte von Wein und Confect was solte spendiret werden / bey welchem Zucker-Becker und in welchem Weinkeller ich es hohlen solte. James. (koͤ mmt) Monsieur ich soll vernehmen / ob er beym Ja-Wort im Mantel oder im Degen erscheinen will.
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Passetems. Botz tausend / ein jeder hat beym Herren was zu fragen / wenn ich zuruͤ cke bliebe / so moͤchte er doch wohl dencken / als wenn ich mich gar nicht drum bekuͤ mmerte. Herr / wird auch unsere Puder-Schachtel gut genug seyn / wie waͤre es / wenn ich 〈50〉 zum Goldschmiede lieffe / und flugs was artiges von getriebenen Silber hohlete / ich hoͤre / wer sich an seinem Ehren-Tage aus einer silbernen Schachtel pudert / der kriegt hernach schoͤne weisse Kinder; Mein Vater hat sich aus der Pech-Meste gepudert / es haͤngt mir mein Tage an. Vertumnus. Ach ist niemand mehr da / der mich in meiner Ver gnuͤ gung stoͤhren will.
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Alamode. (koͤ mmt.) Mein Herr / warum hat er so geschwinde darzu gethan? Heute soll das Ja-Wort gehohlet werden / morgen soll das Verloͤbniß seyn / wer solche Sachen wohl ausfuͤ hren will / der muß Zeit darzu haben.
Die Unvergnügte Seele I, 19
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Vertumnus. Ach! haͤtte ich gewust / daß man im Kopffe so verunruhiget wuͤ rde / so waͤre ich gar davon geblieben. Alamode. Davon bleiben kan er nicht / denn die Sache ist einmahl angefangen. Aber wer wird sich nun um alles bekuͤ mmern? Barnabas. (koͤ mmt.) Ey ihre Gnaden / wie steht es um die Perlen?
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Vertumnus. Ey so steht es / daß du mich solt ungehudelt lassen. Barnabas. Ihre Gnaden / ein stattlicher frischer Braͤutigam der muß handeln / wer warten will / bis er siebenzig Jahr alt wird / der laͤst es hernach bleiben. Vertumnus. Ach Himmel! ich bin unvergnuͤgt. 〈D 2 r=51〉
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Erster Handlung Neunzehender Auffzug. Die vorigen / Amandus. Amandus. Nun wie stehts? wie stehts? Der schwerste Punct ist beygelegt / will Monsieur kommen / so wird er ein lieber Gast seyn.
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Vertumnus. Ach wie soll ich kommen / bin ich doch von den Leuten fast bis auff den Tod geplaget worden. Amandus. Ey das wollen wir nicht hoffen. Passetems. Es gehet beym Heyrathen nicht so gerade zu / da fragt einer nach dem Confecte, der andere nach dem Weine / der dritte nach den Musicanten, der vierdte nach den Perlen / der
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fuͤnffte Hundsf – – wo mir recht ist / fragte gar nach der Puder- Schachtel.
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Amandus. Nun / nun / das sind Bagatellen, die duͤ rffen uns an der Haupt-Vergnuͤ gung keinen Eintrag thun. Er gebe mir Vollmacht / daß ich alles bestellen soll / damit will ich caviren / daß er mit dem Uberlauffen soll verschonet bleiben. Vertumnus. Mit allem Willen. Hier hat er meine Hand / wenn es auch tausend Thaler kosten solte / so will ich vor alles gut seyn / man schaffe mir nur das Volck vom Leibe.
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Amandus. Ein jedweder gehe / wohin er gehoͤret / wer etwas zu fragen hat / der melde sich bey mir an; ich aber gratulire meinem Hertzens-Freunde / daß ich ihn zu seiner Vergnuͤ gung fuͤ hren soll. Du aber / 〈52〉 Passetems, vergiß den Abend nicht / was du vor einem Herrn auffzuwarten hast. (Gehen ab.) Passetems. Was muste der Herr meynen? Alamode. Was wird er meinen? Wenn er bey der Jungfer das JaWort holet / so solst du die Leute abfertigen / St. Velten / wie wird dirs gehen / wo du nicht zu rechte koͤmmst?
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(Gehet ab.) Passetems. Nun ich mercke es wohl / wenn ein Braͤutigam seine Freude hat / so muß ein Narr seyn / der sich aͤngstigen laͤst; so kommt doch her / und lasst euch helffen. Dietrich. Wirds mit dem Ringe richtig seyn?
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Passetems. Worzu soll der Ring?
Die Unvergnügte Seele I, 19
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Dietrich. Es ist Mode, daß die Jungfer eine solche Versicherung kriegt. Passetems. Wie theuer soll er seyn? Dietrich. Kahle hundert und funffzig Thaler. Passetems. Je du Schurcke / was wilstu vor eine Mode auffbringen? Soll kein Maͤdgen die Versicherung haben / bis ich hundert und funffzig Thaler aufbringe / so bleibe ich ein alter Junggeselle / bis mir die Zaͤhne ausfallen. Gehe packe dich fort / und wer dichs geheissen hat / zu dem sprich / sie sollen uns mit dem Ringe ungeschoren lassen. (er jagt ihn fort.)
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Sebald. Aber mit den Herren Musicanten wirds wohl seine Richtigkeit haben? Passetems. Was sollen sie machen? 〈D 3 r=53〉 Sebald. Sie sollen vor der Thuͤ re was lustiges machen / sonst wissen die Leute nicht / ob eine Braut im Hause ist.
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Passetems. Je du Kaͤlber-Geschlincke / was sollen sie vor der Thuͤ re machen? Sind es redliche Leute / so sprich / sie sollen ins Haus kommen / hat doch der Braͤutigam auch einen sichern Eintritt. Sebald. Nun / ich will es so bestellen. (Gehet ab.) Passetems. Gehe nur / gehe / und laß dirs lieb seyn / daß du in Frieden von mir koͤmmst. Lucretia. Aber die Perlen-Schnur werde ich wohl nehmen duͤ rffen?
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Passetems. O du Reudel / nimm du eine Schnur mit glaͤsernen Corallen / und haͤnge dich daran. Barnabas. Ey wollen sie was von Corallen?
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Passetems. Ja / ja / schafft nur feine was standhafftiges her / und henckt euch daran / wohin ihr wollet. (Jagt sie weg.) Seyn das nicht leichtfertige Rabenaͤser / die solche Theurung an der Hochzeit wollen aufbringen. James. Wegen des Mantels und Degens wird es wohl keine Antwort brauchen?
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Passetems. Hoͤre / wo der Herr einen Feind hat / der ihn abstechen will / so muß er in Degen kommen. Hofft er aber auff gute Zeit / so soll er den Mantel umnehmen. Ach es ist ein koͤstlich Ding beym Frauenzimmer / wer einen Mantel um hat. Kilian. Aber wie stehet es um den Zucker-Becker?
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Passetems. Ja hoͤre du / wie stehet es um die Puder-Schachtel? 〈54〉 Kilian. Das weiß ich nicht. Passetems. So thue ich dir es zum Possen / und weiß auch nicht. Kilian. Der Herr wird sich nicht schimpffen lassen / zum wenig sten muß er vor uns Diener was spendiren lassen.
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Passetems. Ja / wenn die Diener sollen bedacht werden / so gebe ich mein Votum darzu. Kilian. Doch die Leute trauen nicht / wo sie kein Geld oder kein Pfand haben.
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Passetems. Setze du deine Nase zum Pfande / du wirst sie wohl wieder ausloͤsen. Kilian. Das Pfand ist nicht wichtig genug. Passetems. So lege einen Quarck darzu / bis das Gewichte voll wird. Kilian. Was? Wer will einen Quarck zu meiner Nase legen? Passetems. Das solstu selber thun / mit wem wilstu dich zancken? Kilian. Mit dem / der mir solche Sachen zumuthen will. (Er schlaͤ gt ihn an den Hals / sie fallen uͤ ber ein ander / und wird zugezogen.)
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Christian Weise
Anderer Handlung Erster Auffzug. Vertumnus, hernach Theresia.
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Vertumnus. Nun da steht die vergnuͤ gte Seele. Die Hochzeit ist vollbracht / gute Freunde haben sich mei-〈D 4 r=55〉ner angenommen / daß ich endlich in meiner Lust mit dem lieben Kinde nicht sonderlich bin verstoͤret worden. Auch dieses koͤmmt mir zu statten / daß ich auff etliche Tage von ihr habe verreisen muͤ ssen / denn also wird Leib und Seele wiederum zusammen kommen / und die Vergnuͤ gung wird desto annehmlicher seyn. Doch siehe / da koͤmmt mein Engel. Theresia. (hat den Kopff gebunden / und thut gantz kranck.) Nun / hastu den Weg gleichwohl wieder nach Hause gefunden? Vertumnus. Ja mein Engel / hier bin ich.
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Theresia. O laß mich gehen. Vertumnus. Mein Engel / ich will nicht hoffen / daß du kranck bist.
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Theresia. Ich fuͤ hle es am besten. Ach daß doch die schoͤnen Leute alle so kranck seyn / die Frau Gevatterin ist kranck / die Frau Nachbarin ist kranck / ich bin auch kranck. Vertumnus. Ach daß ichs nicht gewust habe / wie gerne haͤtte ich wollen zu Hause bleiben. Ist denn nicht nach dem Doctor geschickt worden?
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Theresia. O die Doctor verstehen viel / was den schoͤnen Leuten fehlet / wenn sie kranck seyn.
Die Unvergnügte Seele II, 1
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Vertumnus. So wird doch jemand auff der Welt seyn / der einen guten Rath geben kan. Theresia. Ach wer will mir Rath geben? Ach haͤtten mich die Leute nur mit der Freythe zu frieden gelassen / so waͤre ich eine Himmels-Braut worden / und es wird mir doch nicht besser / als wenn ich werde auff dem Ruͤ cken zum Thore hinaus wandern. 〈56〉
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Vertumnus. Mein Kind / vier Wochen nach der Hochzeit darff man nicht an solche Discourse gedencken. Theresia. Wer den Schaden am Halse hat / der lernet wohl daran gedencken. Ach mein Hertze / ach mein Kopff / ô was vor eine krancke Frau wohnet in dem Hause. (Sie setzet sich an ein Tischgen.) Vertumnus. Mein Kind / sie sage / was sie verlanget / oder soll ich jemand holen lassen.
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Theresia. Ach / wenn es die Leute erfahren / so dencken sie wer weiß was. Vertumnus. Ich will ihr einen Kuß geben / sie wird wohl gesund werden. Theresia. Nu so ne so nicht och. Vertumnus. Ich bitte. Theresia. Ruͤ hre mich doch nicht an / ich bin so Wehthunig. Vertumnus. Aber ich kan nicht von dir gehen. Theresia. Ich mag dich nicht haben / gehe doch hin.
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Christian Weise
Vertumnus. Ach wer will mich bereden / daß meine Seele vergnuͤ gt ist. (er setzt sich bey das Tischgen gegen uͤ ber / und legt den Kopff in die Armen.)
Anderer Handlung 5
Ander Auffzug. Die vorigen / Alamode.
10
15
Alamode. Nun die Jungefrau hat ihren Liebsten wieder nach Hause kriegt / die Klugheit gefiel mir uͤ ber 〈D 5 r=57〉 die massen wohl / daß er sich etliche Tage absentirte. Denn wo den losen Kindern der Brot-Korb nicht hoch gehaͤnget wird / so wissen sie nicht / was sie vor einen Schatz gefunden haben. Doch wo werde ich sie antreffen / ich halte / ich werde keine Suͤ nde begehen / wenn ich sie in der Lust verstoͤhren moͤchte. Aber was ist das vor ein Anblick? Sie sitzt an einem Tische / er sitzt am andern Tische / wo sie die Guͤ ter so zeitlich mit einander theilen wollen / so weiß ich nicht / was in etlichen Jahren geschehen wird. Mademoiselle wie so Melancholisch / soll ich ihr nicht Gluͤ cke wuͤ ntschen / daß ihr Liebster nach Hause kommen ist. Theresia. Ach last mich gehen / ich bin kranck.
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Alamode. (ad spect.) Wenn nur die Kranckheit zu GOttes Ehren gereichet / so mag es hingehen. Doch ich will nimmermehr hoffen / daß der Liebste in der Heyraths-notul versprochen hat / daß er allemahl will mit kranck seyn; Mein Herr wie stehet es / ist er auch kranck / daß die Liebste bald fertig wird. Vertumnus. Ach last mich gehen / ich bin unvergnuͤgt.
Die Unvergnügte Seele II, 3
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Alamode. (ad spect.) Ha ha / du armes Gaͤnßgen / hast du auch gefreyht? Bistu nun ins Paradieß kommen / da die Vergnuͤ gung daheime ist? Was wirstu vor Loͤcher in Ermel bohren / wo du allemahl die klaͤgliche Positur annehmen wilst. 〈58〉
Anderer Handlung
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Dritter Auffzug. Die vorigen / Alamode / Boncompagnon. Theresia. Wo noch mehr Leute kommen / so werde ich davon lauffen. (gehet ab.)
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Boncompagnon. Serviteur Monsieur, ich gratulire mir / daß wir ein ander hier sollen antreffen. Alamode. Es ist mir auch lieb / daß ich so einen seltsamen Gast zu sehen kriege; Doch was soll ich gedencken / daß ich ihn eben in dem Hause rencontriren soll.
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Boncompagnon. Ich wolte Gelegenheit suchen / Herrn Vertumnus auffzuwarten. Alamode. Ich weiß nicht / ob ihm die Auffwartung anstehen wird. Boncompagnon. Jungen Ehemaͤnnern geht es so / doch wer warten wolte / bis sie Zeit haͤtten / der moͤchte sich wol ein Viertel Jahr bey der Nase herum fuͤ hren lassen.
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Christian Weise
Alamode. Ach nein / die Flitter-Woche / darauff man sich im Ehestande zu freuen hat / ist schon fuͤ ruͤ ber / wo man hin sieht / wo man hin hoͤrt / da ist lauter unvergnuͤ gt Wesen.
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Boncompagnon. Ha ha / das haͤtte ich ihm lange prophezeyen wollen; Wer die Vergnuͤ gung an dem Orte suchen will / der koͤmmet nicht zurechte. Alamode. Die Leute moͤgen es verantworten / die 〈59〉 ihm darzu gerathen haben / das Voͤglichen sitzt einmahl im Gebauer / es muß wohl drinne bleiben.
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Boncompagnon. Dessentwegen ist noch nichts verspielet. Es lebt mancher im Ehestande / der sich gleichwohl seine Vergnuͤ gung zu schaffen weiß. Alamode. Wie soll mans aber anfangen?
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Boncompagnon. Man suche eine gute Gesellschaft. Ein gut Gespraͤche und ein Glaͤßgen Wein vertreibet viel Melancholey. Koͤmmt darnach ein klein Musickgen darzu / so bestehet die Vergnuͤ gung desto besser. Alamode. Ja / der Wein machet lustig / aber bisweilen wird man auch unlustig darbey.
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Boncompagnon. Ach die Leute / die beym Wein unlustig seyn / die sind nicht werth / daß sie auff der Welt leben. Es gilt eine Probe / wo sich der liebe Herr nicht gantz vergnuͤ gt befinden wird / so will ich meinen Barth verlohren haben / und wenn ich mir die Haare nach einander solte ausrauffen lassen. Alamode. Die Vermessenheit ist groß. Geht es von statten / so will ich Gluͤ cke darzu wuͤ nschen.
Die Unvergnügte Seele II, 3
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Boncompagnon. Das wollen wir sehen. Ha ha / Herr Vertumnus, wie so in tieffen Gedancken / das muß nicht seyn. Wir leben in der Welt / daß wir der Welt brauchen sollen. Bey solchem Melancholiren wachsen uns Grillen im Kopffe / die uns das Gehirne verzehren.
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Vertumnus. Ach was hat er meiner zu spotten / will mich das Verhaͤngniß so straffen / daß ich unvergnuͤ gt leben soll / so verschone er mich nur mit seinen hoͤnischen Discoursen. 〈60〉 Boncompagnon. Behuͤ te GOtt! daß ich solte hoͤnisch seyn. Ich bin ein getreuer Diener / und mein Intent gehet dahin / daß ich ihm gerne helffen wolte.
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Vertumnus. Ich habe mir einmahl helffen lassen / und ich wolte / es waͤre nicht geschehen / nun werde ich mich vor die kuͤ nfftige Huͤ lffe bedancken. Boncompagnon. Was ein guter Freund verderbet hat / das kan der andere wieder gut machen. Ich habe es gesagt / er versuche es mit einer Compagnie; Er lasse sich ein Glaͤßgen Wein wohl schmecken / was gilt es / er soll der unvergnuͤ gten Haͤndel wohl vergessen. Vertumnus. Ich kan es nicht glauben.
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Boncompagnon. Was man nicht glauben kan / das stehet zu versuchen. Vertumnus. Wenn ich mich absentire, so betruͤ be ich meine Liebste. Boncompagnon. Das darff ein Politicus nicht achten. Will es die Liebste so gut haben / als wir / so mag sie zu uns kommen; so
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viel Wein / als ein Frauen-Zimmer aussaͤufft / wird die Compagnie noch wohl bezahlen koͤnnen. Vertumnus. Herr Alamode, hoͤret er auch / worzu ich mich soll bereden lassen. 5
Alamode. Ich hoͤre es gar wohl / und ich bin eben der Meynung / er soll den guten Rath nicht wegwerffen. Vertumnus. Soll ich denn meinen Trost in einem Glase Wein suchen?
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Alamode. Wir wollen es wagen. Entweder es gehet an / so haben wir unsere Vergnuͤ gung; Gehet es 〈61〉 nicht an / so haben wir die Lust / daß wir den Rathgeber auslachen. Vertumnus. Das weiß ich / es kan mir nicht uͤ bler gehen / als jetz und / drum will ich mich gerne fuͤ hren lassen.
Anderer Handlung 15
Vierdter Auffzug. Die vorigen / Richard, Steffen. Steffen. Nun so geht es recht / die gestrige Compagnie koͤmmt heute wieder / wer nun nicht glaͤuben will / daß mein Herr guten Wein hat / der muß wohl gar ein Narr seyn.
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Boncompagnon. Junggeselle wie stehets / ist die lustige Compagnie wieder beysammen.
Die Unvergnügte Seele II, 4
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Steffen. Fragt der Herr / ob sie wieder beysammen ist? Wenn doch jemand fragte / ob sie einmahl von einander gegangen. Boncompagnon. Ihr seyd mir wohl ein lustiger Kautz. Steffen. Man siehet es wohl: Wie die Gaͤste seyn / so ist der Hausknecht.
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Boncompagnon. Doch hoͤrt / wo ist der Herr Wirth! Steffen. Da ich heraus gieng / stackt er gleich im Bier-Kruge / was er nun macht / das kan ich nicht wissen. Boncompagnon. Der Wirth muß seinen Knechten treflich zu fressen geben / das Futter sticht sie.
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Steffen. Je giebt mirs der Wirth nicht / so nehme ichs selber. 〈62〉 Richard. (koͤ mmt) Sihe da / die Herren seyn willkommen / ich dachte wohl / daß sie mich heute nicht so allein lassen wuͤ rden. Boncompagnon. Der Herr weiß wohl / ich habe einmahl mein Stuͤ bgen bey ihm gemiethet / nun wird er meines Schadens nicht begehren / daß ich davon bleibe.
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Richard. Mein Stuͤ bgen und das gantze Haus stehet ihm und andern vornehmen Gaͤsten zu Dienste. Vertumnus. Der HErr wird sich nicht mißfallen lassen / daß ich Gelegenheit suche / an so einem lustigen Orte bekandt zu werden. Richard. Der Herr verschone mich mit der Complimente. Die Leute koͤnnen mir nicht mißfallen / die mir eine Lust in meinem Hause goͤnnen / wollen sie etwas naͤher kommen / so wollen
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wir sehen / daß ihnen nach Moͤgligkeit soll auffgewartet werden. Boncompagnon. Ich wolte nur wissen / wo die liebe Compagnie beysammen waͤre. 5
Richard. Die Herren sehen das Logiament vor sich.
Anderer Handlung Fuͤ nffter Auffzug. Die vorigen / Robert, William, Omer, Hubes, hernach Passetems. (Die mittelste Scene eroͤ ffnet sich / sie sitzen an einem Tische und schmausen / und lassen sich darzu die Schalmeyen blasen / und singen 〈63〉 gleich ein Runda / wie sie endlich die andern sehen / springen sie vom Tische / und kommen heraus und schreyen:)
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Ha ha / wieder eine gute Compagnie beysammen / Serviteur, Serviteur.
Boncompagnon. Ihr Herren / macht es doch / daß man um euch bleiben kan. Robert. Ich dencke / wir wollen es so machen / daß wir in drey Tagen nicht von einander kommen. 20
William. So lange der Wirth unser Freund bleibet / so lange gedencken wir nicht anders wohin.
Die Unvergnügte Seele II, 5
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Omer. Schmeckte mir der Wein nicht / an des Wirthes Freundschafft wolte ich mich nicht kehren. Hubes. Je nun / weil wir gleich an den Wein gedencken / wollen sich die Herren lassen eine Ehre anthun? (præsentiret ihm die Kanne.)
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Boncompagnon. Ey was meynet der Herr / will er mich tractiren als einen Frembden / ich dencke / ich gehoͤre gleich so wohl in die Compagnie, gebt mir ein Glaß / so weiß ich / was darinnen ist. Robert. Monsieur, demselben einen freundlichen Trunck / zu schuldigem Dancke / daß er unsere geringe Compagnie nicht hat verachten wollen.
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Vertumnus. Die Ehre wird mein seyn / wenn ich / als ein lieber Freund und Diener / der lustigen Gesellschafft geniessen kan. Robert. Wir sind redliche Leute / was uns wohl thut / das goͤnnen wir einem andern auch gerne. 〈64〉
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William. Der Mensch ist darzu gebohren / daß er mit andern Menschen umgehen soll. Omer. Der Wein ist darzu gewachsen / daß er den Menschen erfreuen soll.
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Hubes. Esel / Hasen und Hunde sauffen Wasser; Wer nun kein solch Thier bedeuten will / der muß Wein trincken. Monsieur, es lebe der vornehme Freund! Alamode. Ich sage schoͤnen Danck; Es lebe die gesamte vornehme Compagnie.
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Vertumnus. Ich habe die Gesundheit im Hertzen schon beschlossen / es lebe die gesamte vornehme Compagnie. Robert. Ey darzu muß ein Runda klingen.
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(Die Schalmeyer fangen an / und sie singen ein Runda, Passetems koͤ mmt heimlich darzu und schreyet mit / und da die andern schweigen / haͤ lt er noch laͤ cherlich aus.) Richard. Siehe da / wo koͤmmt der lustige Compan her? Willkommen / willkommen / lange nicht gesehen.
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Passetems. Ey / Herr Wirth / werfft ihr mir meinen Gebrechen nicht vor. Richard. Nun / nun / das ist endlich kein Gebrechen / wenn man mich lange nicht gesehen hat.
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Passetems. Herr Wirth / wenn ich euch nicht lange gesehen habe / so habe ich kein Geld gehabt / und das ist vor mich gar ein grosser Gebrechen. Richard. Nun / nun / wer bey einem guten Herrn in Diensten ist / dem wird es auch an Gelde nicht fehlen. 〈E r=65〉 Robert. Doch am Tische werden wir besser auffgehoben seyn / als hier an der Stuben-Thuͤ r.
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Vertumnus. Ich will mich weisen lassen. Robert. Monsieur ist ein fremder und vornehmer Gast / und sonsten ein Patron, dem der Vorzug gebuͤ hret. Vertumnus. Ich darff die Ehre nicht annehmen.
Die Unvergnügte Seele II, 5
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Boncompagnon. Da wird nichts daraus / so lange wir complimentiren wollen. Wenn wir wollen lustig seyn / da geht ein jeder / wie er selber will / er setzet sich auch hin / wo er selber will. Vertumnus. Ich will es auch thun / nur mit Permission, daß ich meinem Diener was befehlen darff. (Sie fangen an zu singen / und setzen sich an den Tisch.)
5
Vertumnus. Hoͤre Passetems, werden sie auch zu Hause nach mir fragen? Passetems. Wenn wir weit davon seyn / so hoͤren wir es nicht. Vertumnus. Doch moͤchte ich es gerne wissen.
10
Passetems. Ach Herr / wer nicht will unvergnuͤ gt seyn / der darff nicht alles wissen. Vertumnus. Laß du mich bey meinen Gedancken / da ich es gerne wissen will / so wirst du mich nicht verhindern. Passetems. Ja / beym Wein-Glase werden wirs nicht erfahren.
15
Vertumnus. Drum solstu heim gehen / und nachforschen. Passetems. Aber hier gehet mir es besser / als daheime. 〈66〉 Vertumnus. Du kanst es wol einbringen / wenn du bald wieder koͤmmst. Verrichte meinen Befehl / und vor dich plaudere bey Leibe nichts aus / sonst moͤchte dein Maul boͤse Tage kriegen. (Gehet hinein.)
20
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Christian Weise
Anderer Handlung Sechster Auffzug. Passetems, hernach Lucretia und Theresia, endlich Kilian.
5
10
Passetems. Nun so gehet es einem treuen Diener / wenn die andern lustig seyn / so giebts eine Commission; und so viel ich Schritte thue / so viel Glaͤser werde ich versaͤumen. Denn ich halte sonst im Einschencken die Mode, allemahl sauffe ich es zuvor aus / so wissen die Gaͤste / daß ich keinen Gifft ein schencke. Lucretia. (koͤ mmt.) Nun siehe du Vogel / lebst du auch noch? Passetems. (ad spect.) Ja ja / ich habe mich so berichten lassen / wer heute trincken soll / der muß noch leben. Lucretia. Wo ist der Herr? Passetems. Wo wird er seyn / ich dencke / er ist in der Stube.
15
Lucretia. Ich dencke auch / er wird in einer Stube seyn / die Ihm nicht anstehet. Passetems. So muͤ ste ich es nicht wissen. Lucretia. Ich halte immer du wirst ihm das Geleite in einem Sauff-Winckel gegeben haben. 〈E 2 r=67〉
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Passetems. Meine liebe Frau Lucretia, ich will euch flugs beweisen / daß es nicht wahr ist. Lucretia. Was wilstu mir beweisen / ich bin eine alte Frau / ich weiß wohl / wie wahr ich reden soll.
Die Unvergnügte Seele II, 6
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Passetems. Und ich bin ein junger Kerl / ich weiß auch wohl / was ich reden soll. Haͤtte ich dem Herrn ins Sauff-Haus das Geleite gegeben / so wuͤ rde ich nimmermehr ein Baͤrenheuter seyn / und wuͤ rde da herum gehen / ich wuͤ rde wohl mein Partickel auch mit nehmen.
5
Lucretia. Ach solche Schelmen wissen sich ihr Partickel wohl auff zuheben. Da wirds herkommen / und hoͤren wollen / was wir von dem lieben Hertzgen zu Hause reden. Passetems. Das seyn Possen / wenn es geschehen waͤre / so koͤnnte ich mir wohl selber einbilden / was geredt wuͤ rde.
10
Theresia. (koͤ mmt.) Siehe / du Schelm / koͤmmstu gleichwohl wieder / und bringst deinen Herrn nicht mit. Passetems. Wie? wie? Was? was? Theresia. Wie? wie? Was? was? ich frage / ob du deinen Herrn nicht mit bringest.
15
Passetems. Es ist wohl nicht Mode, daß sich ein Herr von einem Diener bringen laͤst. Theresia. Mache du mich nicht boͤse / sonst will ich dir weisen / was Weiber-Ohrfeigen vor Dinger seyn. Passetems. (ad spect.) Ich dachte / die Frau waͤre kranck / es hieß ja: Alle schoͤ ne Leute seyn kranck / 〈68〉 die Frau Gevatterin ist kranck / die Frau Nachbarin ist kranck / ich bin auch kranck / nun muͤ ste mich der Hencker reiten / daß ich einem WeibsVolck mehr glaubte / wenn sie den Kopff gebunden hat.
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Christian Weise
Theresia. Was murmelt denn der stumme Hund? wilst du es nicht sagen / wo der verlauffne untreue Mann hin ist? er weiß / halt ich / vor guten Tagen / nicht / was er anfangen soll.
5
Passetems. (ad spect.) Und wo das Keiffen lange waͤhret / so weiß ich vor boͤsen Tagen nicht / wo ich bleiben soll. Theresia. Nun unser HErr GOtt wird mir auch so gnaͤdig seyn / daß ich darhinter komme / damit soll der auch sein Leyden haben / der Ursache daran ist. Kilian. (koͤ mmt.) Es bleibt darbey / Frau Lucretia kan wahrsagen.
10
Lucretia. Ist es moͤglich / daß sich der Elementische Mann hat verfuͤ hren lassen. Kilian. Er sitzt beym Gastwirthe zum silbern Flederwische / und laͤst sich die Schallmeyer auffwarten / daß man immer mit Tantzen moͤchte.
15
Lucretia. Ist er denn gar alleine? Kilian. Ach es ist eine gantze Compagnie beysammen / wo das Sauffen so waͤhret / so reichen etliche Eymer Wein nicht zu. Theresia. Wie? mein Mann ist zum Sauffen gegangen?
20
Kilian. Ich bin deswegen ausgeschickt worden / daß ich die Warheit erforschen soll; Nun muß ich wohl erzehlen / was ich gesehen habe. 〈E 3 r=69〉 Theresia. Nun das ist eine Sache / da der Herr Vater mit der breiten Hand darzwischen kommen muß. (Gehet ab.)
Die Unvergnügte Seele II, 6
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Lucretia. Und du Schelm hast es wohl gewust / ich will dir das Bad bestellen helffen. Passetems. Ey ey / Frau Lucretia, versprecht euch nicht / wo will ich solch Ding erfahren! Guter Freund / ist es denn wahr / daß mein Herr im silbern Flederwische sitzt?
5
Kilian. Du sauberer Vogel / der Hausknecht hat dich selber verrathen / daß er dich gesehen hat. Passetems. Wer weiß / wen er gesehen hat / ein Mensch kan dem andern wohl aͤhnlich seyn. Kilian. In der Welt giebt es wohl viel Narren / doch ob ein Narr so ein Gesichte hat / wie du / das weiß ich nicht. Wiewohl Herr Simo mag darbey thun / was er gedencket.
10
(gehet ab.) Lucretia. Ja ja / der Gastwirth soll heute noch Zeichen und Wunder sehen.
15
(Gehet ab.) Passetems. Nun das wird eine feine Comœdie werden / ich lobe mich / meiner Frau wegen moͤchte ich 6. Wochen nach einander im Keller sitzen bleiben. Denn ich habe bey sechsen den Korb kriegt / und nun werde ich die siebende bitten / daß sie mich in das Buch der Verschonung schreibet. Doch botz tausend / der Herr koͤmmt / nun werde ich mich verstecken / denn sonst moͤchte ich in dem Buch der Verschonung gar eine schlechte Stelle finden. 〈70〉
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Christian Weise
Anderer Handlung Siebender Auffzug. Simo, Amandus, Hilario, Securo, Kilian. Simo. Wer haͤtte das bey diesem hoͤflichen Menschen suchen sollen. 5
Amandus. Wenn er sich entschuldigen wird / so wollen wir hoffen / es soll alles gut seyn. Simo. Wer das gut heissen will / der ist nicht meiner Meynung.
10
Amandus. Einmahl ist nicht offt / und wer weiß / was ihn darzu bewogen hat / daß er sich der lustigen Gelegenheit nicht hat entbrechen wollen. Hilario. Das ist gewiß / er mag es gut oder boͤse gemeynet haben / so versiret des Herrn Vaters Autoritaͤt darunter / daß er seinen Ernst darbey sehen laͤst.
15
Securo. Und wo sich etwa ein liederlicher Pursche hinter ihn gestecket / so muͤ ssen dieselben den Daumen auff dem Auge fuͤ hlen / damit sie es ins kuͤ nfftige bleiben lassen. Simo. Das gute Kind nimmt sich alles sehr zu Hertzen / ich fuͤ rchte mich gar / es moͤchte was Boͤses zuschlagen.
20
Amandus. Wir duͤ rffen uns alle Sachen nicht so gefaͤhrlich einbilden. Hilario. Wir duͤ rffen auch in allen nicht gar zu sicher seyn. Securo. Man hat Exempel / daß die Sicherheit grossen Schaden gethan hat. 〈71〉
Die Unvergnügte Seele II, 7
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Hilario. Wo wolte der vaͤterliche Respect bleiben? Securo. Moͤchte doch ein ehrlicher Vater ein Geluͤ bde thun / daß er seine Kinder nicht verheirathen wolte. Hilario. Es ist ja natuͤ rlich / als wenn man das Kind selber verwahrloset haͤtte.
5
Securo. Wenn man auch alle moͤgliche Mittel nicht gebrauchet / so ist man aͤrger / als ein Heyde / und hat den Glauben verlaͤugnet. Amandus. (ad spect.) Wie schoͤne koͤnnen die Herren aus der Schrifft reden! Aber das macht es / sie sind dem Herrn nicht gut. Wo ich mir ihre Meynung nicht gefallen lasse / so werde ich uͤ berstimmet.
10
Simo. Nun Herr Amandus, er hat das meiste zur Heyrath geholffen / er thue noch ferner so viel / daß wir ihm vor die Muͤ he dancken koͤnnen. Hilario. Ich halte doch / sie werden auff den Herrn am meisten gesehen haben.
15
Securo. Und Herr Simo wird das gute Vertrauen noch haben / daß sein Zureden etwas gutes schaffen wird. Amandus. Es ist wahr / ich habe das Werck im Anfange getrieben / und ich bin auch der Gedancken / daß uns nichts gereuen soll. Simo. Wir muͤ ssen auch sehen / daß wir in den Gedancken nicht betrogen werden. Hilario. Ein junger Ehemann darff nur etliche mahl in die Wein-Kanne sehen / so wird die eheliche Liebe bald ersauffen.
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Christian Weise
Securo. Und die gute junge Frau darff in voller weise 〈72〉 nur einmahl Schlaͤge kriegen / so wird wohl mehr darauff folgen.
5
10
15
Amandus. Ey / ey / ihr Herren / dahin wollen wir nicht. Sie geben mir nur das Geleite / biß in den silbern Flederwisch / da will ich weisen / was der Mensch vor ein redlich Gemuͤ the hat. Aber das will ich einmahl vor allemahl dem Herrn vorgestellet haben / wenn er koͤnte in ein ansehnlich Amt gebracht werden / da er etwas zu thun haͤtte / so koͤnte man sich am besten helffen. Simo. Davor habe ich lange gesorget / und wenn sich der unbedachtsame Mensch nur eine kurtze Zeit wolte in den Schrancken halten / so waͤre das Amtmanns Dienst gar gewißlich feine. Amandus. Nun wohlan / der Herr Vater lasse sich seine Muͤ he nicht tauern / wir an unserm Orte wollen Achtung darauff geben / daß sich der liebe Mensch zu aller guten Befoͤrderung qualificiren soll. Simo. Ich verlasse mich darauff / und werde nach Vermoͤgen wieder danckbar seyn. (Gehet ab.)
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Amandus. Und Messieurs werden mich begleiten. Hilario. (ad spect.) Ich dachte / ich wolte dem Kerlen boͤse Tage machen / so wird er nun noch bessere Tage kriegen. Securo. (ad spect.) Ich haͤtte gedacht / ich wolte ihm die Frau auff dem Halß hetzen / so soll er nun ein Amtmann werden. 〈E 5 r=73〉
Die Unvergnügte Seele II, 8
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Anderer Handlung Achter Auffzug. Alamode, Boncompagnon, hernach Vertumnus und Passetems. Alamode. Was haͤlt er nun von uns / kan unser Herr nicht brave lustig seyn?
5
Boncompagnon. Hab ich doch allemahl gesagt / wer zur Melancholie geneigt ist / der muß mit der Liebe zufrieden bleiben. Alamode. Ich haͤtte sonst gemeynet / daß die beste Lust von der Welt in der Liebe bestuͤ nde. Boncompagnon. Nachdem die Leute sind. Wer ein Sanguinisch Temperament hat / daß er alle Verdrießligkeit aus dem Sinne schlagen kan / und aus allen Sachen nur das beste nehmen / und das andere vergessen kan / da moͤchte es endlich hingehen. Aber so ein Grillenfaͤnger / der uͤ ber allen Haͤndeln unvergnuͤ gt und kleinmuͤ thig wird / der muß ein ander Mittel zur Hand nehmen / wenn er sich vergnuͤ gen will.
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Alamode. Ja wohl / es ist so eine edle Arzney um ein Glaͤßgen Wein / man vergist seines Hertzleides und aller seiner Beschwerung auff einmahl darbey. Boncompagnon. So lange das Glaͤßgen Wein im Kopffe regieret / so seyn die Armen reich / die Schwachen starck / die Melancholischen lustig / ja wer ein halb Bein hat / der muß eine Galliarde mit tantzen. 〈74〉 Alamode. Das ist gewiß / der liebe Herr wird ihm des guten Rathes wegen sehr obligat seyn.
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Christian Weise
Boncompagnon. Und ich werde mich erfreuen / daß ich jemanden mit meinem getreuen Rathe habe helffen sollen. Vertumnus. (koͤ mmt heraus und singt:) Wohl dem / der sich vergnuͤ gt! 5
Boncompagnon. Mein Herr / ist er gleichwohl einmahl dahin gebracht worden / daß er von seiner Vergnuͤ gung singen kan. Vertumnus. Ach gedenckt mir nicht an die alten Zeiten / ich erfreue mich / daß ich in der neuen Zeit lebe / und daß ich ein neuer Mensch worden bin.
10
Passetems. (koͤ mmt.) Mein Herr redet vom neuen Menschen: Unsere Lucretia ist ein alt Mensch / wo er in ihre Predigt koͤmmt / so wird es schrecklich alte Flecke setzen. Vertumnus. Du langsamer Kerl / so wirstu deine Glaͤser Wein nicht einbringen / wenn du nicht zeitlicher kommen wilst.
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Passetems. Ach ich bin ohne dem drehende in dem Kopff / daß mir alles vor den Augen ringlich wird. Boncompagnon. Monsieur hat gewiß eine bessere Compagnie angetroffen; Doch ich haͤtte es nicht gedacht / daß ihr unsern Wein verachten solt.
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Passetems. Ach nein / ich war nur ein Bißgen im Hause / und wenn ich es werde erzehlen / so wird manchem der Kopff wohl auch ringlich werden. Vertumnus. Schweig mir vom Hause / moͤgen sie doch dencken und sprechen / was sie wollen / genug / daß ich vergnuͤgt bin. 〈75〉
25
Passetems. Herr / ich muß es sagen.
Die Unvergnügte Seele II, 8
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Vertumnus. Du must es aber auch wohl bleiben lassen. Passetems. Und wenn ich eine Maulschelle daruͤ ber leyden soll / so kan ichs nicht bleiben lassen. Vertumnus. Maulschellen kanstu kriegen. Passetems. Wartet doch / bis ich sie verdiene.
5
Vertumnus. Wenn du das Maul halten kanst / so bistu frey. Passetems. Nun ihr Herren / ich will sie auff ihr Gewissen fragen / soll ich gleichwohl stille darzu schweigen? Herr Simo ist toll und thoͤricht / daß sein Herr Schwieger-Sohn zum Sauffen gehet: Damit hat er alle Freunde auffgebothen / die sollen mit hellem Hauffen in das Wirths-Haus dringen / und wo sie den Wirth nicht kriegen / so sollen sie dem silbernen Flederwische die Federn ausrauffen. Kan denn ein rechtschaffener Diener stille darzu schweigen? Vertumnus. Ach daß doch meine Vergnuͤ gung so viel Feinde hat.
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Boncompagnon. Monsieur lasse den Muth nicht so bald sincken / die Leute reden viel / wenn sie boͤse seyn: darnach lassen sie auch viel bleiben / wenn sie zu sich selber kommen. Passetems. Ehe sie werden zu sich selber kommen / so wird es geschehen seyn. Haͤtte ich an meinen Absaͤtzen nicht besser Lauff-Leder als sie / fuͤ rwahr wir haͤtten sie schon im Hause. 〈76〉
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Christian Weise
Anderer Handlung Neunter Auffzug. Die vorigen / Richard.
5
Richard. Wie stehet es / ihr Herren / wo der Zapffen soll auff dem Tische liegen / so duͤ rffen wir nicht so lange frische Lufft schoͤpffen. Vertumnus. Ich dencke / die frische Lufft wird mir bekommen.
10
Richard. Wie so / wie so mein Herr? Die vorige Mine sahe etwas anders aus. Ich hoffe / in meinem Hause wird ihm nichts zu Leide geschehen seyn. Boncompagnon. Herr Wirth / kurtz von der Sache zu reden: Er hat zu Hause einen scharffen Præceptor, der will ihm etliche Exequirer uͤ ber den Hals schicken.
15
Alamode. Ich kenne die Leute: Sie werden einen Besuch thun / und wo der liebe Herr gewinnen will / so moͤchte es ihm etliche Wochen nach einander gar sauer werden. Richard. Sie werden aber nimmermehr so unhoͤfflich seyn / und werden mir ins Haus fallen.
20
Boncompagnon. Uns werden sie wohl nichts thun. Aber wenn sie den lieben Herrn wegnehmen / so wird seine und unsere Freude verderbet. Alamode. Und der gantzen Compagnie waͤre es ein Schimpff / wenn sie gleichwohl eine Haupt-Person so liederlich verlieren solte.
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Richard. Es ist wahr / und ich wuͤ ste selber nicht / wie 〈77〉 ich es darnach mit dem vornehmen Manne ausfechten solte. Doch das muͤ ste ein schlechter Wirth seyn / der nicht guten Rath wuͤ ste. Boncompagnon. Das Ungluͤ ck koͤmmt zu geschwinde / wer weiß / ob sich der gute Rath anbringen laͤst.
5
Alamode. Wo mir recht ist / so hoͤre ich schon jemand auf der Gasse reden / und wo sich der Herr nicht verstecken kan / so muß er mit. Richard. Ha ha / das stehet nicht cavallierisch / wenn man sich verstecken will. Kommen sie zur Foͤrder-Thuͤ r herein / so wollen wir unterdessen zur Hinter-Thuͤ re hinaus gehen. Auff dem naͤchsten Dorffe habe ich eine Schencke gepachtet / da koͤnnen wir gleich so lustig seyn / als hier.
10
Boncompagnon. Wird aber der Wein so gut draussen seyn? Alamode. Und haben wir auch den lieben Wirth so nahe darbey?
15
Richard. Warum nicht? alles so gut / als in der Stadt / und das andere Divertissement noch zehenmahl besser / als in der Stadt. Waͤre mir das eingefallen / daß so ein vornehmer Freund seine Lust bey mir suchen wolte / sie haͤtten mir noch vor Mittage hinaus gemust.
20
Boncompagnon. Wir werden uns wohl nicht lange auffhalten duͤ rffen. Alamode. Und die andere Compagnie wird damit wohl zu frieden seyn. Richard. Alles gut / alles gut (nimmt Vertumnus bey der Hand) nun wie steht es / seyn wir wieder vergnuͤ gt? 〈78〉
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Christian Weise
Vertumnus. Ich hoffe / ich will dahin kommen / daß ich meines unvergnuͤ gten Wesens vergessen kan. (Sie singen: Wohl dem / der sich vergnuͤ gt / und gehen ab.) Passetems singet: 5
10
Wohl dem / der sich vergnuͤ gt / Wenn ihm die boͤse Frau in Ohren liegt / Wenn er von Frau Lucretien die schaͤndlichsten Ehren-Tittel kriegt / Und wenn sich die Sache sonst mit dem Herrn Schwieger-Vater gar erbaͤrmlich fuͤ gt. Wenn er sich wie ein armer Hencker buͤ ckt und schmiegt / Und wenn die Haus-Ehre uͤ ber den Liebsten siegt. Wohl dem / der sich vergnuͤ gt! (gehet ab.)
15
20
Alamode. (koͤ mmt wieder heraus.) Ich sehe / die Sache wird gar laͤcherlich ablauffen / und ob ich zwar den lieben Herrn nicht gerne verlasse / so stehet mirs doch nicht an / daß ich uͤ ber Hals uͤ ber Kopff meine Lust im Dorffe suche. Ich dencke / wenn er bey der Compagnie wird wollen am vergnuͤ gsten seyn / so wird es auff eine Schrauberey / auff Haͤndel und auff solche Possen ablauffen / darbey man auff beyden Theilen wenig Ehre hat. Darum wenn sie gedencken / sie haben mich am gewissesten / so will ich mich entschuldigen / ich waͤre gar geschwinde kranck worden. 〈79〉
Die Unvergnügte Seele II, 10
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Anderer Handlung Zehender Auffzug. Drache, Lindwurm, Stenz, Beerstutz, Grimmig, Blindschleiche, Fix. Drache. Ihr Herren / wir haben ja sollen zusammen kommen.
5
Lindwurm. Ich weiß nicht anders / Meister Fix hat mich bestellet. Stenz. Und wenn wir bestellt seyn / so wird es wohl was zu bedeuten haben. Beerstutz. So / meinem Verstande nach konte ich heute gar schlecht abkommen.
10
Grimmig. Und wo es nichts zu thun giebt / so verdreust mich das Troͤpffel Brandtewein / das ich im Glase ließ. Blindschleiche. Nun seht ihr Leute / was wolt ihr machen / wenn ihr keinen Gelehrten bey euch habt? Ihr seyd zusammen kommen und wisset nicht / was ihr wollet. Aber aus dem Maule da / wie ihr es sehet / ja aus dem Maule da / dem ich zu fressen gebe / wie ihrs manchmahl sehet / ja aus dem Maule solt ihr es hoͤren / weswegen ihr seyd zusammen kommen. Drache. Ja Herr Schulmeister / deßwegen habt ihr auch euer Hausbacken-Brod / eure Wetter-Garbe / euer Maͤssel Flachs frey zu saͤen / euer Fuder Mist vom Vorwercke / und eure Kanne Butter-Milch von einem jedweden Gaͤrtner / daß ihr die herrlichen Einkommen auch mit was verdienen solt. 〈80〉
15
20
336
Christian Weise
Lindwurm. Je nun Herr George Blindschleiche / wenn ihr es sagen wolt / so koͤnnen wir uns immer niedersetzen / uͤ ber den troͤdeln koͤnnt ihr es auch vergessen.
5
Stenz. Ja / der Herr Schulmeister ist manchmahl so vergeßlich / er vergist es flugs / daß die Predigt aus ist / und faͤngt nicht an zu singen. Beerstutz. Ja ja / er hat mehr zu thun / als unser Edelmann / der bleibt bey seinem Gerichte / der muß auch mit in die Kirche gehn.
10
Grimmig. Und wenn der Edelmann einen Bauer in Thurm steckt / so hat er Leute darzu; Aber wenn der einem armen Jungen vor der Thuͤ re kehren wil / so muß er die garstige Hand selber anlegen.
15
Blindschleiche. Setzt euch / setzt euch / sonst fange ich an Lateinisch zu reden.
20
Drache. Redet immer / redet immer / wir Leute auff dem Lande hoͤren es gleichwohl gerne / weßwegen spedirten wir unserm Edelmanne so viel / daß er den neulichen Pfarrer nicht annahm? War es nicht deßwegen / daß er uns in drey Predigten nicht einmahl ein Lateinisch Woͤrtgen gesagt hatte. Lindwurm. Ich halte / er dacht / er muͤ ste seinen Lateinischen Dreck gar vor sich alleine behalten.
25
Stenz. O nein / wir wohnen in keinem Dorffe / es ist mit Zuͤ chten zu reden gar ein Marck-Flecken / und wo wir es noch erhalten / daß wir gegen den Galgen zu duͤ rffen ein Thor bauen / so wollen wir sehen / wer es nicht glaubt / daß es ein Staͤdel ist.
Die Unvergnügte Seele II, 10
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Beerstutz. Je seht / wenn irgend jemand solte gehan-〈F r=81〉gen werden / der sich was einbildete und liesse so auff seine Unkosten ein Thor bauen / es waͤre ihm gleichwohl im Tode ein Ruhm / daß er durch so ein schoͤn Thor waͤre gefuͤ hret worden. Grimmig. Wir sitzen da / und plaudern alles untereinander; ich halte / wenn es um und um koͤmt / so faͤngt Herr George Blindschleiche mehr Lateinisch an zu reden / als uns lieb ist.
5
Drache. Na Herr Schulmeister / es waͤre nun Zeit / wenn ihr was reden wolt. Blindschleiche. Herr Oberrichter / es wird wohl bey dem gestrigen bleiben / wie wir es abredeten.
10
Drache. Habe ich gestern was geredt? Blindschleiche. Gesungen war es nicht / gepfiffen auch nicht / so wird es wohl muͤ ssen geredt seyn. Drache. Ja seht / was eine Amts-Person vor Gedancken unter einander hat / weiß ich ein Wort davon / so will ich sterben.
15
Blindschleiche. Ey bey Leibe nicht / ehe ich so einen wohlverdienten Mann sterben liesse / ehe wolte ich es gerne noch einmahl sagen. Drache. Ich weiß nichts.
20
Blindschleiche. Ists denn nicht um unsere Gerechtigkeit zu thun / haben wir denn nicht schon zween Richter im Dorffe / die Bier und Wein / Most / Apffeltranck und Brantewein schencken duͤ rffen. Drache. Ja die Gerechtigkeit habe ich auff meinem Hause.
25
338
Christian Weise
Lindwurm. Und wer mich um meine Gerechtigkeit ansprechen will / der muß 500. Thaler haben / denn so viel habe ich zuzusetzen. 〈82〉
5
10
Blindschleiche. Aber wie wird es werden / der Gastwirth zum silbernen Flederwische aus der Stadt / der hat ein Bauer-Gut gekaufft / und nun will er eine Gerechtigkeit darauff bringen / daß er Wein und Bier schencken mag / sollen wir nun darzu stille schweigen. Drache. Je Herr Schulmeister / deßwegen wolte ich gestern mit euch reden. Blindschleiche. Hat denn der Herr Oberrichter nicht schon mit mir geredet. Drache. Nein / nein / es wird nicht geschehen seyn / ich werde es wohl muͤ ssen noch thun.
15
20
Blindschleiche. Herr Oberrichter / ich will ihm was sagen; Nahm er nicht den Bierkrug / und sagte / so wahr ich aus dem Bierkruge trincke / so wahr will ichs nicht leyden / und brach ihm nicht uͤ ber diesen Worten der zinnerne Deckel ab? Drache. Seht / seht / es ist doch wahr / nun wissen wir / warum wir sind zusammen kommen. Ja nun gedenckt / sollen wir das nun leyden / daß die Stadt-Sau heraus koͤmt / und uns die Gerechtigkeit bringen will. Lindwurm. Ja ich daͤchte / ein Fisch im Wasser und eine Stadt-Sau hinter der Mauer schickten sich am besten.
25
Stenz. Wenn das Ausschlagen nicht verboten waͤre / wir wolten ihn bald aus dem Marck-Flecken kriegen.
Die Unvergnügte Seele II, 10
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Beerstutz. Ja wenn die liebe Straffe thaͤte / wie wolten wir die Buͤ rger zudreschen. 〈F 2 r=83〉 Grimmig. Was hilfft es / die Bauren muͤ ssen unrecht haben. Blindschleiche. Mit Schmaͤhlen wird nicht viel ausgericht / wir muͤ ssen dencken / was wir thun wollen.
5
Drache. Wir wollen es nicht leyden / daß er Wein und Bier s chenckt. Blindschleiche. Wenn wir es nicht wehren koͤnnen / so muͤ ssen wir es wohl leyden. Lindwurm. Wir seyn gleichwohl ehrliche Leute / wir und unsere Vorfahren haben die Noth im Kriege mit helffen ausstehen / nun waͤre es doch nicht recht / daß ein ander solte so gut seyn / als wir. Blindschleiche. Wir sitzen da / und reden so / unterdessen sitzet der auff seinem Guthe / und schencket Wein / daß es ein Geschicke hat.
10
15
Stenz. Wir wolten es zuvor in der Guͤ te versuchen / und wolten ihn bitten / wenn er es doch wolte bleiben lassen. Blindschleiche. Ach die Leute seyn alle gestorben / bey denen die Bitte was gegolten hat. Beerstutz. So muͤ ssen wir gehen / und muͤ ssen klagen. Blindschleiche. Der Edelmann hat es ihm selber zugelassen / wir werden das beschmißne Hoͤltzgen mit der Klage in die Haͤnde kriegen.
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340
Christian Weise
Grimmig. So wollen wir gar zum Fuͤ rsten lauffen / und wollen den Edelmann darzu verklagen.
5
Blindschleiche. Ja es kan uns gehen / wie den Gaͤrtnern zu Hotze- plotze / die giengen zum Fuͤ rsten / und musten darnach 6. Wochen in den Thurm kriechen. Drache. Je nun / wir doͤrffen auch wohl nicht von ein-〈84〉ander gehen / bis wir einen guten Rath gefunden haben. Blindschleiche. Was gebt ihr mir / ich will euch einen Vorschlag thun / den ihr bey keinem Hoffrathe besser kriegen solt.
10
Drache. Ich gebe euch eine Martins-Ganß. Lindwurm. Und ich spendire ein Laͤgel Bier darzu.
15
Stenz. Der Bierschanck hilfft mich wohl nicht viel: Aber nur der Gerechtigkeit wegen / und daß die Buͤ rger einen christlichen Landmann nicht duͤ rffen zum Narren haben / so solt ihr von meiner ersten Sau die grosse Wurst haben. Beerstutz. Und mir soll ein Butterstruͤ tzel nicht an das Hertze gewachsen seyn.
20
Grimmig. Und waͤre euch darnach mit einer Mandel Reibe-Kaͤsen gedienet / so wolte ich meiner Frauen gute Worte geben / daß sie mit zufrieden waͤre. Blindschleiche. Nun ein ehrlicher Mann haͤlt sein Wort. Seht / die Gerechtigkeit koͤnnen wir ihm nicht nehmen / was der Edelmann einmahl versprochen hat / das wird wohl bleiben / nur darauff muͤ ssen wir dencken / daß er nicht viel Gaͤste kriegt.
Die Unvergnügte Seele II, 10
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Drache. Ach die Stadt-Leute werden wohl hinaus kommen / wer will es ihnen wehren? Blindschleiche. Das wollen wir thun / wenn wir einig beysammen halten. Die Stadt-Leute droͤhschen gerne / und wenn sie gesoffen haben / so schreyen sie gerne. Wenn nun jemand heraus koͤmmt / so wollen wir nur sehen / ob er ein Schwuͤ ppgen von einer Weyde abreist / ob er sein Jungfer-Wasser an einen 〈F 3 r=85〉 Zaun abschlaͤgt / ob er uns ein paar Halmen Graß zertritt / damit wollen wir ein Leben anfangen / und wenn sie wollen boͤse seyn / so wollen wir drauff dreschen / so lange / als es die Haͤnde ausstehen / was gilts / wenn sie ein paar mahl werden anlauffen / der Spatzier-Gang soll ihnen verbothen werden.
5
10
Drache. Aber es moͤchte einmahl gar schlecht mit uns ablauffen. Blindschleiche. Das laͤst es wohl bleiben: Wenn wir einmahl werden dichte Schlaͤge ausgetheilet haben / so muͤ ssen wir flugs zum Juncker lauffen / und muͤ ssen uns beschweren / was vor Uberlast uns geschehen waͤre. Will mir der Herr Mittel-Richter einen Kaphahn verehren / so will ich ihn schlachten / und will zehen Bauern mit blutig machen / und zwantzig Weiber sollen heulen und schreyen / wie sie bald waͤren um ihre Maͤnner kommen. Gewiß / ehe sich der Edelmann die Bauern todtschlagen laͤst / ehe wird im Dorffe ander Wetter werden. Drache. Nun fuͤ rwahr / die Gemeine ist doch gluͤ ckselig / die einen guten Rathgeber hat / und das soll keinem Narren gesagt seyn. Blindschleiche. Damit werden wir uns nicht auffzuhalten haben / nur haltet reinen Mund / und last es niemand wissen / von wem der gute Rath herkoͤmmt.
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Christian Weise
Drache. Nun Meister Fix, gebt ihr Achtung drauff / es soll euer Schade nicht seyn. (Sie gehen in zierlicher Ordnung ab.) 〈86〉
Anderer Handlung Eilffter Auffzug.
5
Fix, Robert, William.
10
Fix. Das ist brave / so eine Arbeit haͤtte ich mir gerne lange verdingen lassen / ich habe einmahl in der Stadt Schlaͤge gekriegt / es verdreust mich noch die Stunde / daß ich sie so behalten soll. Doch last sehen / was seyn das vor Leute? sie kommen mir ein bißgen vor / als wenn sie mit dem silbernen Flederwische befreundet waͤren. Robert. Gluͤ ck zu guter Freund. Fix. Großen Danck.
15
William. Ist nicht da ein Haus / das der Wirth zum silbernen Flederwische gekaufft hat? Fix. Sie werden das Haus nicht wissen.
20
Robert. Wir wissen es freylich nicht / der Wirth bringt eine gantze Compagnie heraus / und wir haͤtten sollen bey ihm bleiben / aber ich weiß selber nicht / wie ich mich verirret habe. William. Ich haͤtte es nicht gedacht / die Haͤuser stehen gar weit von einander / wir werden noch gar weit zu gehen haben.
Die Unvergnügte Seele II, 11
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Fix. So bringt der Wirth eine feine Compagnie heraus? Robert. Ja es sind feine lustige Leute / sie bringen die Music mit / habt ihr im Dorffe feine Maͤdgen / so wollen wir uns ruͤ hmen / daß wir auch Frauenzimmer darbey haben. 〈87〉 Fix. (ad spect.) Ihr guten Leute / ihr werdet wohl zu tantzen kriegen / wenn gleich unsere Maͤdel nicht darbey seyn.
5
William. Ja fuͤ rwahr / dem lieben Gastwirthe habt ihr wohl viel zu dancken / ihr haͤttet die Lust in hundert Jahren nicht erfahren / die ihr nun alle Tage haben solt. Fix. (ad spect.) Ich will hoffen / es soll nicht hundert Jahre waͤhren.
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Robert. Nun wo finden wir uns auff den rechten Weg? Fix. (schlaͤ gt die Finger creuzweiß uͤ ber einander) Ein Weg gehet da hinaus / der andere dort hinaus / gehet / welchen ihr wollet. (ad spect.) Das seyn die rechten Voͤgel / sollen sie ungeschmissen von uns kommen / so sprecht / daß in meinem Wanste kein ehrlicher Kerl steckt.
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(gehet ab.) Robert. Harre / du Schelme / krieg ich dich am rechten Orte / du solt vor dein Tractament auch nicht sorgen. William. Es bleibet doch darbey / der beste Bauer ein Schelm. Robert. Stille / stille / die Bauren moͤchten doch wohl dencken / wir wolten unsern Herr Gastwirth auch darzu rechnen.
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William. Nun nun / er wird es nicht so boͤse meynen / wir muͤ ssen den Weg selber suchen. 〈88〉
Anderer Handlung Zwoͤ lffter Auffzug. 5
Amandus, Hilario, Securo. Amandus. Das ist ein Possen / der uns mitgespielet wird. Hilario. Doch wer seine gute Freunde vexiren will / der muß kuͤ nstlich seyn / wenn er es ausfuͤ hret.
10
Securo. Musten wir doch unrecht haben / da wir mit einander ein bißgen ins Handgemaͤnge geriethen. Amandus. Was hilfft es / wir seyn nicht da / daß wir auff den lieben Menschen gar zu sehr schmaͤhlen wollen / wir muͤ ssen vielmehr sehen / wie ihm zu rathen ist.
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Hilario. So viel hoͤre ich / der Wirth mag ein loser Hudler seyn / denn da wir zur Foͤrder-Thuͤ re hinein wollen / so hat er von der Hinter-Thuͤ re hinaus einen Weg ins Land gesuchet. Securo. Doch das haben sie nicht bedacht / daß wir den Weg eben so gut suchen koͤnnen.
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Amandus. Die Spuhr kan uns nicht betruͤ gen / und ich will hoffen / wenn ich nur einmahl zu ihm komme / so wird er sich weisen lassen.
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Hilario. Ich wuͤ ste auch nicht / aus was Ursachen er sich wiedersetzen wolte. Securo. Und ich weiß nicht / warum sich die andere Compagnie nicht schaͤmen solte. Amandus. Nur freundlich gethan. Mit Stuͤ rmen 〈F 5 r=89〉 und Pochen wird nicht viel ausgerichtet / ein gutes Wort findet eine gute Stadt.
5
Hilario. Man hat Exempel / daß auch boͤse Worte von guten Effecte gewesen seyn. Securo. Und manchmahl hat eine Tracht Schlaͤge mehr gewuͤ rcket / als die freundlichste Complimente. Amandus. Das geschiehet bey Bestialischen Leuten. Wer die Vernunfft noch etwas gelten laͤsset / dem ist es am liebsten / wenn ihm als einem Menschen begegnet wird / Leute wollen leutselig tractiret seyn.
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(Gehet ab.) Hilario. Doch allen Leuten bin ich keine Leutseeligkeit schuldig. (Gehet ab.) Securo. Und ich werde so lange leutselig seyn / als ich mich bezwingen kan. (Gehet ab.)
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Anderer Handlung Dreyzehender Auffzug. Passetems, hernach Boncompagnon, Vertumnus, Robert, William, Omer, Hubes, Richard, Steffen. 5
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Passetems. Heysa / das ist eine brave Lust auf dem Lande / wenn mir ein Fuͤ rst ein Ritter-Gut schencken wolte / so waͤre ich ein Schelm / daß ich einmahl in die Stadt kaͤme / es ist alles so fein geraume / und wenn man Kaͤlbern will / hat man fein Platz dazu. 〈90〉 In der Stadt stoͤst man sich so offt an die Eck-Steine. Sehet nur / was ich vor einen vergnuͤ gten Herrn habe. (Boncompagnon mit Vertumnus kommen singende heraus / Passetems singet mit.)
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Boncompagnon. Monsieur, wie stehet es nun um die Vergnuͤ gung? ist es nicht wahr / wenn das Leben 1000. Jahr waͤhrete / und waͤre heute der erste Tag? Vertumnus. Ja wohl / das ist eine Lust / die ich nicht verbessern kan. Ach der muß sich doch selber Feind seyn / der sich die Zeit seines Lebens mit keinem Glaß Wein bekandt macht.
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Boncompagnon. Gelt / bey einer solchen Compagnie gehet es besser zu / als wenn man sich mit einer Liebsten schleppen soll. Vertumnus. Ha / wer will an die Liebste gedencken. Passetems, wie hieß das artige Liedgen / das du vor sungest? Passetems. Mein verliebt Lied werdet ihr meynen / ja / ja ich besinne mich drauff.
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(er singet.)
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Den liebsten Buhlen / den wir han / der liegt beym Wirth im Keller / Er hat ein hoͤltzern Roͤcklein an / und heist der Muscateller / Er hat uns gestern truncken gemacht / Ich wuͤ nsch ihm noch eine gute Nacht. (Die uͤ brigen kommen singende heraus und schreyen:) 〈91〉
5
Herr Bruder / Herr Bruder / wie steht es / wie gehet es / was machen wir da.
Vertumnus. Ihr Herren Bruͤ der / sie seyn gar zu gut / und gar zu hoͤfflich. Robert. Du lieber Bruder / warum solten wir nicht gut seyn / da wir Bruͤ derschafft truncken / war der Wein auch gut.
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William. Siehe Bruder / da hastu meine Hand / ich lebe und sterbe bey dir. Omer. Hastu irgend einen Feind / so sage mirs / so wahr du mein Bruder bist / so will ich heute noch gehen / und ihm den Hals brechen.
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Hubes. Ja Bruder / und wenn du drey Tage haussen bleiben wilst / ich will dich nicht verlassen. Vertumnus. (ad spect.) Ach du edler Wein / was vor redliche Freunde kanstu machen.
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Passetems. Ich dencke / ich werde auch einen redlichen Freund haben / da habe ich mit dem Haußknecht Bruͤ derschafft gemacht. Robert. Hoͤre Bruder / was habe ich vor ein Zeichen / daß wir einander lieb haben / es gilt ein Tausch mit unsern Degen.
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William. Bruder / hastu mich lieb / so wechsle mit meinem Hut. Omer. Haben wir die Hertzen mit einander getheilet / so koͤnnen wir auch die Halskrause theilen.
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Hubes. Bruder / dir zu Gefallen ziehe ich die Kappe aus / und tausche mit dir. Passetems. Wer hat Lust zu tauschen / Wammes und Hosen stehen allen Leuten zu dienen. 〈92〉 Vertumnus. Ich bin meinen guten Freunden mehr schuldig / als das / doch itzo muß ich wohl in meiner Gestalt bleiben.
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Robert. Ha Bruder / was ist das? Wer meinen Degen verachtet / der verachtet mich selber. William. Und meynest du / daß unter dem Hute kein rechtschaffener Kerl steckt?
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Omer. Weistu auch / was das vor ein Schimpff ist / wenn du die Halskrause behalten wilst? Hubes. Und denckst du / daß ich werde meine Kappe verachten lassen? Vertumnus. Die Herren haben ihre Freyheit / sie moͤgen scher tzen.
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Robert. Hey das ist kein Schertz. Wer meinen Degen tadelt / der ist ein Hundsf – – (Richard und Boncompagnon lauffen darzwischen.) Richard. Ihr Herren / sie werden die Lust nicht verderben.
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Boncompagnon. Ey was giebts? was giebts? Wollen wir Bruͤ der seyn / so muͤ ssen wir einander verstehen. Richard. Ach sie kommen hinein / das sind Bagatellen, die man beym Glaß Wein vertragen muß. (Sie schreyen zusammen:) Hey wir lassen uns nicht schimpffen / wer in der Compagnie seyn will / der mache mit / oder schere sich davon.
5
(Boncompagnon, Richard schaffen sie hinein / Vertumnus bleibt in tieffen Gedancken stehn.) 〈93〉 Passetems. Hoͤre du / Bruder / wilst du mir auch so mitspielen?
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Steffen. Nachdem du es machest. Passetems. Wie muß man es denn machen? Steffen. Wer in die Compagnie koͤmmt / der muß sich schrauben lassen / sonst krieget er Haͤndel. Passetems. Ich daͤchte / die Schraube gehoͤrete auff die Wein- Flasche / und nicht auff einen rechtschaffenen Kerl meines gleichen.
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Steffen. Nachdem die Schrauben seyn. Siehe / da hastu ein schoͤn Schnuptuch / verehre mirs / oder du bist mein Bruder nicht. Passetems. Was wird aber daraus / wenn du mein Bruder nicht bist? Steffen. Das wird daraus / daß du mein Feind bist. Passetems. Und was wird daraus / wenn du mein Feind bist?
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Steffen. Es wird so ein Ding daraus / das heist mit dem ersten Buchstaben eine Maulschelle. Passetems. Wenn ich davon lauffe / wie kanstu mir die Maulschelle geben? 5
Steffen. Das will ich dir weisen. (Sie jagen ein ander herum.)
Anderer Handlung Vierzehender Auffzug. Vertumnus, Fix, Stenz, Grimmig.
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Vertumnus. Ach wohin habe ich mich verfuͤ hren lassen! Warum bin ich doch immermehr so einfaͤltig / daß 〈94〉 ich mir eine Vergnuͤ gung auff der Welt einbilden will. Die verfluchte Compagnie hat mich dahin gebracht / daß ich zu Hause allen Verdruß erwarten muß / und wo ich hin sehe / da ist nichts denn Schande und Spott. Ach wehe / es bleibt dabey: Ich bin unvergnuͤgt. Ach moͤchte ich doch des Todes seyn / ich kan fast nicht stehen / dieser Zaun muß mich noch halten. Fix. (koͤ mmt) Hoͤrt doch / ihr Kerl / was hat euch der Zaun gethan? Vertumnus. Ich werde da keinen Schaden thun.
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Fix. O ja / so eine Stadt-Sau weiß viel / was den Zaͤunen auff dem Lande Schaden thut. Vertumnus. Wenn es geschehen waͤre / wolte ich es bezahlen.
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Fix. O ja / mit dem Maule seyd ihr gar fix / aber wenn es zum Geben koͤmmt / ist kein Flegel daheime. Stenz. (koͤ mmt) Was ist da? Wer will den Land-Frieden brechen? Grimmig. (koͤ mmt.) Ich halte / wenn kein Krieg im Lande ist / so kommen die Stadtleute und wollen uns tribuliren.
5
Vertumnus. Ihr guten Leute / last mich gehen / ich habe euch nichts gethan. Stenz. Was / du Hund / wilstu lauffen? stehe / oder ich stoß dich in die Rieben / daß sich der Hertzbengel umkehrt. (stoͤ sset ihn.) Vertumnus. Au weh / was habe ich gethan!
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Grimmig. Thut dir es weh! wie wird dir denn / wenn 〈95〉 ich dir eine Horleputze im Nacken gebe. (schlaͤ gt ihn.) Vertumnus. Ach! ist niemand / der mir hilfft!
Anderer Handlung Funffzehender Auffzug. Die vorigen Robert, William, Omer, Hubes, Boncompagnon, Richard, Passetems, Steffen. Robert. Was giebt es da zu thun? Stenz. Ha / du Schelm / gehoͤrest du auch darzu?
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Robert. Nein / ich gehoͤre nicht darzu / habt ihr was an Ihm / so moͤgt ihr es suchen. (Gehet ab.) Vertumnus. Ach Monsieur William. 5
William. (koͤ mmt) Was gehest du mich an / hast du geschryen / hastu den ehrlichen Leuten Schaden gethan / so mache es gut. (gehet ab.) Vertumnus. Ach Mons. Omer, Mons. Hubes. (Sie kommen.)
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Grimmig. Was wolt ihr haben / wolt ihr dem Kerl beystehen? Omer. Ach nein / wir kennen ihn nicht. (Gehet ab.) Hubes. Und wir werden uns nicht gegen solche ehrliche Leute setzen / wie ihr seyd.
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(gehet ab.) Vertumnus. Ich bin verlassen. 〈96〉 (Boncompagnon und Richard kommen.) Boncompagnon. Ha ihr guten ehrlichen Leute / was hat der gute ehrliche Mensch gethan?
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Richard. Ich bitte / sie lassen ihn gehen / sie werden nicht Haͤndel an ihm suchen. Stenz. Ihr Hunde / wolt ihr uns Hoffmeistern / wartet / wartet / wir wollen euch die Feigen schon weisen. (Sie fangen an zu schreyen.)
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Boncompagnon. Bruder / wo die Bauren zusammen kommen / so helffe dir GOtt / ich kan mich deinet wegen nicht in Gefahr geben. (Gehet ab.) Richard. Und ich werde sehen / wo ich bleibe.
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(Gehet ab.) Stenz. Siehe / du Schelm / waͤre was Gutes an dir / die Leute wuͤ rden dich nicht alle verlassen / komme / komme / wir wollen dir deine Freude gesegnen. (Sie schleppen ihn hinein.)
Anderer Handlung
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Sechzehnder Auffzug. Drache, Lindwurm, Stenz, Beerstutz, Blindschleiche, Fix, hernach Stenz, Grimmig. Drache. Hat jemand geschryen? Lindwurm. Hat jemand was gehoͤret? Beerstutz. Ich hoͤre noch die Stunde nichts.
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Blindschleiche. Nun sehet zum andernmahl / was an einem Gelehrten gelegen ist. Wisset ihr denn nicht / daß wir ein Wilpret aus der Stadt gefangen ha-〈G r=97〉ben / und hoͤret ihr nicht / wie der liebe Kirchvater zudreschen hilfft. 5
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Drache. Nun nun / ich hatte meine Gedancken gleich anderswo: der Kirchvater thut gar recht und wohl daran. Lindwurm. Ja / wenn er es mit den Schlaͤgen nur beym gleichen bleiben ließ / daß kein Blutvergiessen daraus wird / so ein Schock blaue Flecke / die wollen wir noch wohl in unsern Gerichten behalten. Beerstutz. Der Kirchvater ist gar ein rechter / er kniet einem huͤ bsch auff den Ruͤ cken / und setzet die Knie in die Seite / daß man nicht zum Athem kommen kan / darnach schlaͤgt er einem immer an andere Oerter / die man sich eben vor Gerichte nicht darff besichtigen lassen. Nein / nein / das weiß ich / er wird in unsern Gerichten nichts verderben. Blindschleiche. Ja hoͤret / wenn das ist / so muͤ ssen wir flugs ein Gericht anfangen / und muͤ ssen den Kerl in Stock werffen / als wenn er den Lands-Frieden gestoͤrt haͤtte / damit muß er uns noch gute Wort geben / wenn er heraus darff. Drache. Ja / ja ich waͤre es auch zu frieden / aber der Kirchvater und der andere Schoͤppe muͤ ssen auch darbey seyn.
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Lindwurm. Wenn sie werden sehen / daß er Schlaͤge genug hat / werden sie wohl kommen. Ehrliche Leute lassen sich auch nicht gerne in ihrer Arbeit stoͤhren. Beerstutz. Ja / ja / ehe man so sechtzig mahl auff eine Stelle schlaͤgt / da gehoͤret gleichwohl Zeit zu. 〈98〉
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Blindschleiche. Es ist mir leyd / sie werden es gar zu gut machen. Fix. (koͤ mmt.) Ihr Herren / der Kirchvater laͤst fragen / ob er bald soll auffhoͤren. Drache. Wie weit hat er es bracht? Fix. Er hat ihn so ein bißgen umgenommen / wie man die Mittel- Knechte schiert / wenn ihr meynet / so will ers wohl machen / wie mit den Groß-Knechten. Blindschleiche. Nein / nein / sprecht wir brauchen die Herren im Gerichte / und ihr verwahret den armen Suͤ nder so lange / biß wir euch ein Zeichen geben.
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Fix. Er wird sich wohl selber verwahren / und wo ich ihn werde hinlegen / da soll er wohl bleiben. (Gehet ab) Drache. Das ist wahr / Recht und Gerechtigkeit muß in acht genommen werden / sonst wolte ich nicht einmahl Richter seyn.
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Anderer Handlung Siebenzehender Auffzug. Die vorigen / Stenz, Grimmig, hernach Fix. Drache. Nun / wie steht es / Herr Kirchvater? Gluͤ het ihr doch um den Schnabel / wie ein Zinßhahn / die Arbeit ist euch gewiß sauer worden?
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Stenz. Ja / ich haͤtte es nicht gedacht / daß die Leute aus der Stadt so viel Blut haͤtten.
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Grimmig. Und ich haͤtte nicht gedacht / daß sie so weich 〈G 2 r=99〉 Leder haͤtten / wo unser einer hin schmeist / da gehet es flugs durch. Blindschleiche. Nun / nun ihr Leute / was geschehen ist / das mag geschehen seyn. Wir sollen nun Gerichte sitzen / und sollen daruͤ ber urtheilen / was ihr verdienet habt. Denn es wird sich nun fragen: Warumb hat er die Schlaͤge kriegt?
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Drache. Er hat sich an des Kirch-Vaters Zaun angelehnet. Blindschleiche. Das ist noch nicht genug. Lindwurm. Er hat einen Pflock auff die Seite gedruckt. Blindschleiche. Nein / wer luͤ gen will / muß besser dran.
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Stenz. Mein Großvater hat den Pflock eingestecket / und hat gesagt: Wo er so lange stehen bleibet / daß niemand sein menschlich Wasser daran abschlaͤgt / bis funffzig Jahr vorbey seyn / so solte man gute Zahnstocher daraus machen / die gut vor das Zahnweh seyn. Nun ist mirs gleichwohl bis auff das neun und viertzigste Jahr kommen / und darff mirs der leichtfertige Kerl verderben. Blindschleiche. Nun das laͤst sich hoͤren. Aber in der Stadt werden sie eine Hexerey daraus machen. Beerstutz. Ich will sprechen / er hat geschryen.
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Grimmig. Oder ich will sprechen / er hat mir eine Ohrfeige gegeben / denn es ist wahr / der Kirchvater wolte ihm eine Haar-
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husche geben / und kriegte mich. Dißmahl mag es hingehen / aber ich werde es ihm gleichwohl einmahl gedencken. Blindschleiche. Nun / nun / pax vobis, das heist auff La-〈100〉 teinisch so viel / als / wolt ihr Haͤndel haben / so sparet es / bis in die Schencke.
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Fix. (koͤ mmt) Ihr Herren / ich kan mir nicht helffen / mein armer Suͤ nder ist mir entlauffen. Wo wir nicht in Zeiten sehen / wo er sich hin versteckt hat / so verlieren wir unsere Gerichte. (Sie schreyen alle:) Ha / das muß nicht seyn / er soll aus unsern Gerichten nicht entlauffen.
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(Sie gehen ab.)
Anderer Handlung Achtzehender Auffzug. Vertumnus, hernach Amandus, endlich Hilario, Securo. Vertumnus. (gantz blutig.) Ach was soll mir doch das Leben / da ich von Tage zu Tage nichts als Ungluͤ ck erfahren muß? Ich bin mir selbst nicht aͤhnlich / und das ist meinem Schmertzen noch eine Linderung / daß ich alle Schmertzen nicht zehlen kan. So gehet es / wer dazu verdammt ist / daß er unvergnuͤ gt leben soll / der wird von dem Himmel nur desto hefftiger gestrafft / wenn er / dem Verhaͤngniß zu Trotze / viel Vergnuͤ gung suchen will. Ach mein Haupt / mein Ruͤ cken / mein Hertze. Amandus. (koͤ mmt.) Die lustige Gesellschaffte will sich noch nicht finden lassen / und so wohl als der gute Mensch zu seinem
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esten gesuchet wird / so wenig hat er Ursache / sich vor seiB nen treuen Freunden zu 〈G 3 r=101〉 verbergen. Doch was ist diß vor ein jaͤmmerlicher Anblick? Guter Freund / was macht ihr hier? 5
(Vertumnus seuffzet.) Amandus. Ihr seyd mir unbekandt / doch ist mirs leyd / daß man euch so schlecht accommodiret hat. Vertumnus. Ach Herr Amandus! Amandus. Die Sprache soll mir bekandt seyn.
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Vertumnus. Vielleicht bin ich nicht werth / daß ich ins kuͤ nfftige bekandt bin. Amandus. Mein Herr Vertumnus, ist es moͤglich / daß ich ihn so antreffen soll!
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Vertumnus. Ja nun wird die gantze Welt bekennen muͤ ssen / daß ich unvergnuͤ gt bin. Amandus. Wer hat ihn so ungluͤ ckselig gemacht! Vertumnus. Ich selber. Amandus. Das kan nicht seyn.
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Vertumnus. Waͤre ich in der Stadt geblieben / so haͤtten mich die Bauren nicht schlagen duͤ rffen. Amandus. Die Bauren habens gethan? Ha / das ist eine Sache / daruͤ ber die Schelmen ihr Blut vergiessen sollen.
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Vertumnus. Ihr Blut wird mich nicht vergnuͤ gt machen. Hilario. (koͤ mmt.) Das soll den Schelmen mit was anders gedancket werden. Securo. (koͤ mmt.) Und die verfluchten Hunde muͤ ssen noch den Augenblick erfahren / was sie gesuͤ ndiget haben.
5
Amandus. Ach / wissen sie auch schon / was dem lieben Herrn begegnet ist. 〈102〉 Hilario. Freylich wissen wir davon. Doch behuͤ te GOtt / so jaͤmmerlich haͤtte ich mir die Gestalt nicht eingebildet. Mein Herr / es ist mir leyd / daß ich zu langsam komme.
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Securo. Doch lassen wir uns dieses lieb seyn / daß er mit den ungeschliffenen Bengeln nicht weiter soll bekandt werden. Amandus. Was stehen wir hier und klagen / wo sind unsere Diener / sie sollen eine execution vornehmen / daran sie die Zeit ihres Lebens gedencken werden. Hilario. Die Grobheit muß ihnen vergolten werden. Securo. Und die Zinse werden wir auch nicht vergessen / fuͤ nff hundert pro cento das soll bey den Bauren die taxa seyn. (gehen ab.)
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Anderer Handlung Neunzehender Auffzug.
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Passetems in einem Mantel / hernach Dieterich, Sebald, Kilian, James, Drache, Lindwurm, Stenz, Beerstutz, Grimmig, Blindschleiche, Fix. Passetems. Das war eine Noth / wenn mir nicht mein anschlaͤgischer Kopff daraus geholffen haͤtte / so waͤre ich wohl kein Menschen-Kind mehr. Die Bauren haben sich verschworen / sie wollen allen Stadt-Leuten die Haͤlse brechen / und wenn ich nicht flugs den ehrbahren Mantel haͤtte erdappet / als ein Gemein-〈G 4 r=103〉Eltester / so haͤtte ich schon muͤ ssen uͤ berbucken / so dencke ich / es wird mich ein jeder vor ein Mit-Glied des vornehmen Marckfleckens erkennen. (Sie bringen sie heraus gejagt.) Kilian. Steht ihr Hunde / sonsten solt ihr bald zu GOttes Boden liegen. Drache. Wir seyn in unserm Eigenthum / wir moͤgen lauffen / wie wir wollen.
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Kilian. Und wir wollen weisen / daß wir uͤ ber das Eigenthum solcher Schelme zu gebieten haben. Auf ihr Bruͤ der / stosset zu / schlaget zu. (Sie fallen auff die Knie und schreyen:) Gnade / Gnade! Passetems. (ad spect.) Ob denn die Gemein-Eltesten auch mit nieder knien?
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Kilian. Hoͤre / du verfluchter Schelm / gehoͤrest du nicht auch mit in die Compagnie?
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Passetems. Ach! weiß ich doch selber nicht / wo ich hin gehoͤre. Kilian. Aber ich weiß / wo meine Klinge hin gehoͤret. Sprich noch ein Vater-unser / du must sterben. Passetems. Wer sagt es denn mehr / daß ich sterben soll? Kilian. Wilt du Zeugen haben? (er kehret sich um) Ihr Bruͤ der / da kan sich jemand nicht einbilden / daß er sterben soll. (Passetems wirfft den Mantel ab.)
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Sie schreyen: Ja / ja / der Schelm muß sterben. (sie sehen ihn an / und verwundern sich.) Kilian. Du Vogel / was machst du in der Gestalt? 〈104〉
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Passetems. Ich wolte so einmahl das Bauer-Leben versuchen / aber aus allen Umstaͤnden mercke ich / daß mirs nicht anstehen wird. Kilian. Doch / wirstu vor dißmahl so viel verdienet haben / als ein Bauer.
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Passetems. Ihr lieben Freunde / mich habt ihr alle Tage / habe ich was verdienet / ich will es wohl borgen / der Herr Ober-Schultze moͤchte boͤse werden / wenn er das Nachsehen haͤtte. Kilian. Nun / lange geborgt soll nicht geschencket seyn. Aber ihr Strassen-Raͤuber / ihr Blut-Hunde / von euch soll kein gantz Gebeingen davon kommen. (Sie fangen an zu schreyen / da auf sie geschlagen wird / wollen sie davon lauffen / also jagen sie ein ander poßierlich herum / biß die Scene zufaͤ llt.)
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Christian Weise
Dritter Handlung Erster Auffzug. Ferrante, Gervasio, Melintes, Simo, Amandus.
5
Ferrante. So ist nunmehr das weit-aussehende Mißverstaͤndniß mit unsern Nachbarn gluͤ cklich beygeleget worden. Gervasio. Dem Himmel ist zu dancken / daß er etwas gnaͤdiges uͤ ber unser Land verhangen hat. Melintes. Und daß er die Fried-liebenden Rathschlaͤge eines Durchleuchtigen Landes-Vaters so wohl gesegnet hat. 〈G 5 r=105〉
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Ferrante. Wer den Regiments-Stab einmahl in die Hand nimmt / der muß sich auch wider seinen Willen offtmahls zu einem Kriege noͤthigen lassen. Gervasio. Niemand kan laͤnger Friede halten / als ein unruhiger Nachbar will.
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Melintes. Und es muß auch bisweilen in der Welt also lauffen / daß man den Unterscheid zwischen tapffern und furchtsamen Leuten erkennen kan. Ferrante. Wiewohl / wenn ein Potentat auf den Krieg gedencken muß / so wird bey der innerlichen Landes-Verfassung sehr viel versaͤumet. Gervasio. Wo man sich vor dem zukuͤ nfftigen fuͤ rchtet / da kan das Gegenwaͤrtige nicht allemahl so gleich bedacht werden. Melintes. Man dancket dem lieben GOtt / wenn es nicht aͤrger wird; also darff man keiner Besserung begehren.
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Ferrante. Nun GOtt Lob! das geliebte Vaterland wird sich einer Besserung zu getroͤsten haben. Gervasio. Die Aemter sind besetzt / die Unterthanen wissen ihre Ordnung / also wird in Geistlichen und Weltlichen Dingen alles auff einem Wunderschoͤnen Grunde beruhen.
5
Melintes. Auch solches um so viel desto mehr / weil man noch allezeit qualificirte Leute antrifft / welche den wichtigsten Affairen wohl werden gewachsen seyn. Ferrante. Eben dieses sind wir von dem Herrn Simo versichert. Denn so viel wir vernehmen / so ist sein Herr Eydam capable, die Amtmanns-Stelle bey 〈106〉 den neulichst-eingeloͤsten Guͤ tern zu bekleiden.
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Gervasio. Wer den Vorschlag gethan hat / der hat es mit Eurer Hochfuͤ rstl. Durchl. als ein redlicher Unterthan gemeynet. Melintes. Der ehrliche Mann ist noch jung / doch laͤst er schon gute Hoffnung zu einer kuͤ nfftigen Maturitaͤt mercken.
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Ferrante. Nun Herr Simo, bedancket er sich nicht / daß sein Herr Eydam so wohl bedacht wird? Simo. Gnaͤdigster Herr / ich habe nicht eher dancken wollen / als bis mir die Freyheit zu reden wuͤ rde verstattet werden / ich bitte / der Gnaden-reiche GOtt wolle diese Hochfuͤ rstliche Gnade mit immerwaͤhrendem Segen belohnen. Ferrante. Wer dem Lande treu gedienet hat / dessen Nachkommen muͤ ssen auch die Vergeltung davon empfinden.
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Christian Weise
Simo. Ist etwas geschehen / daran ihre Horchfuͤ rstl. Durchl. ein gnaͤdigstes Vergnuͤ gen moͤchten geschoͤpffet haben / so dancke ich GOtt / der meinem Unvermoͤgen so maͤchtig beygestanden.
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Ferrante. GOTT hat ihm ein Vermoͤgen gegeben / welches wir noch lange zu gebrauchen wuͤ ntschen. Doch wir halten uns auff / in der Zeit haͤtte die Vocation koͤnnen vollzogen werden / der kuͤ nfftige Herr Amtmann haͤtte sich auch præsentiren koͤnnen. Simo. Was E. Hochfuͤ rstl. Durchl. gnaͤdigst schaffen werden / darinnen wollen wir gehorsam seyn. 〈107〉 Ferrante. Monsieur Amandus mag die Ehre haben / die gute Zeitung zu uͤ berbringen. Amandus. Ich sage in Unterthaͤnigkeit doppelten Danck. Ferrante. Warum doppelten Danck?
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Amandus. Vor eins / weil ich durch diesen Befehl der Hochfuͤ rstlichen Gnade versichert werde; Vors andere / weil ich Gelegenheit habe / einem Freunde zu gefallen. Ferrante. Setzt noch das dritte darzu / weil er selbst hierdurch eine Gelegenheit zu besserm Gluͤ cke finden soll. Doch wir halten uns auff. (Sie gehen ab.)
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Simo. Was thut ein rechtschaffener Vater nicht. Das wichtige / das ehrliche / das profitable Dienst habe ich dem Menschen zu wege gebracht: Aber ich kan nicht wissen / ob er mir dancken wird.
Die Unvergnügte Seele III, 1
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Amandus. Mein Patron lebe ohne Sorgen / ist ihm bishero was ungeschicktes in den Sinn kommen / so hat er auff dem D orffe neulich so viel Lehr-Geld gegeben / daß er sich nun besser gouverniren wird. Simo. Wenn er auch dieses nicht thun wolte / so wuͤ rde nicht allein die Fuͤ rstliche Gnade / sondern auch mein vaͤterlicher Beystand allerdings verschertzet seyn. Amandus. Der gute Mensch ist geplagt / er hat die gantze Zeit her keinen Blick von dem Herrn Vater / keinen Zuspruch von der Liebsten / ja fast keinen Trost von seinen Freunden geniessen koͤnnen.
5
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Simo. Wie konte ich mir anders helffen? Soll er 〈108〉 mein Haus / mein Kind / meine Freundschafft nicht besser respectiren? und soll er sich uns zu einem schmertzlichen Vorwurffe von den Bauern als einen gemeinen Buben tractiren lassen?
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Amandus. Es ist geschehen / wir haben von den leichtfertigen Bauern Satisfaction genug; Und wenn die Leute alle verzweiffeln solten / die einmahl von den Bauern haben Schlaͤge kriegt / so wuͤ rde mancher gar schlecht aussehen / der sich itzo bey seinem Ehrendienste was grosses einbilden kan.
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Simo. Er mag ins kuͤ nfftige behutsamer umgehen / und wenn er ihm die troͤstliche neue Zeitung bringen wird / so will ich hoffen / er wird auch / ohne mein Erinnern / das jenige nicht unberuͤ hret lassen / was zu seinem Friede dienet. Amandus. Ich bin schuldig / alles nach meines Patrons Gefallen einzurichten. (Sie gehen an unterschiedlichen Orten ab.)
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Christian Weise
Dritter Handlung Andrer Auffzug. Vertumnus, Alamode.
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Vertumnus. Ich halte / er will mich vexiren / daß er mir Gluͤ cke wuͤ nscht? Alamode. Soll ich demselben nicht gratuliren / der so eine schwere Niederlage hat ausstehen muͤ ssen / und dem GOtt gleichwohl so gluͤ cklich zu seiner vorigen Gesundheit geholffen hat?
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Vertumnus. Ich werde mich der Niederlage schaͤmen 〈109〉 muͤ ssen / so lange mir die Augen offen stehen. Denn ich haͤtte sollen von den Bauren bleiben. Alamode. Daran ist nicht viel zu gedencken. Es lebet kein Mensch in der Welt / dem es nicht einmahl recht naͤrrisch gegangen ist. Andere Leute machen aus solchen Sachen eine Kurtzweile / wenn sie voruͤ ber ist. Vertumnus. Aber ich weiß am besten / was mich an der Kurtzweil verhindert. Ach mein Lied bleibt noch immer im alten Thone: Ich bin unvergnuͤgt.
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Alamode. Er sagt mir von einer Verhinderung / davon weiß ich nicht. Vertumnus. Ach! habe ich nicht mein Krancken-Bette in einem fremden Hause suchen muͤ ssen? Hat mich mein Herr Schweher nicht von aller Freundschafft ausgeschlossen? Werde ich nicht von meiner Liebsten verlassen / daß sie mich nicht einmahl sehen will? Und gehen mir die Leute nicht alle an die Hand /
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daß ich aus Desperation entweder in ein Kloster lauffen / oder mit einem Hollaͤndischen Schiffe in Ost-Indien segeln soll? Alamode. Im Kloster mag endlich die Vergnuͤgung daheime seyn / denn die Muͤnche haben immer zu singen. Aber auff der Spatzier- Reise ist Ost-Indien da wird eine unvergnuͤgte Seele treflich zurechte kommen.
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Vertumnus. Ich wuͤ nsche mir allemahl den Todt; doch finde ich keinen guten Freund / der es glauben will. Alamode. Ich glaube es wohl / aber ich dencke immer es 〈110〉 wird nicht von noͤthen seyn. Denn er sehe / weßwegen ist er unvergnuͤ gt? darum / weil ihm das Gluͤ cke nicht nach seinem Willen gehen will. Er richte einmahl seinen Willen nach seinem Gluͤ cke ein / damit wird er sich in seiner Vergnuͤ gung recht Fuͤ rstlich befinden. Vertumnus. Ach wie kan solches geschehen. Alamode. Er resolvire sich / daß er alles haben will / was geschiehet. Will ihm der Herr Schweher das Hauß verbieten / so spreche er; ich will es so haben / ich will nicht einmahl zu ihm kommen; Will die Liebste sauer sehen / so spreche er / ich will es so haben / es beliebt mir so / daß die Frau eine solche mine machen soll. Wollen die Freunde von ihm absetzen / so spreche er / ich will es so haben / die Leute sollen mir itzo vom Leibe bleiben. Gelt das ist eine Fuͤ rstliche Resolution? Vertumnus. So haͤtt ich gewiß neulich auff dem Dorffe sprechen sollen / ich will es so haben / daß mir die Bauren sollen Schlaͤge geben. Alamode. Ey / ich rede vom Ungluͤ cke / das in der Einbildung bestehet / und das uns nicht so nahe an den Leib koͤmt. Dessent-
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wegen faͤllt mir wohl kein Zahn aus / wenn mich der Schwieger-Vater nicht haben will; und dessentwegen gehet mir wohl das Krause aus den Haaren nicht / wenn die Frau sauer siehet; und dessentwegen bricht mir wohl kein Bein entzwey / wenn die Freunde boͤse seyn. Vertumnus. Ich habe ein zart Gewissen / ich kan so nicht dencken. 〈111〉 Alamode. So darff niemand Mitleyden mit ihm haben / wenn er unvergnuͤ gt ist.
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Dritter Handlung Dritter Auffzug. Die vorigen / Amandus. Amandus. Gluͤ ckseelige Zeitung / mein Herr Vertumnus.
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Vertumnus. Was frag ich nach den Zeitungen / meinetwegen mag in der Welt victorisiren wer da will / so hilfft michs wenig / wenn ich unvergnuͤ gt bin. Amandus. Gluͤ ckseelige Zeitungen / die ihn angehen. Vertumnus. Soll ich etwan sterben / denn auf der Welt darff ich wohl keine Vergnuͤ gung hoffen.
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Amandus. Die gantze Familie ist ausgesoͤhnet / Ihre Durchl. wollen ihn zu einem vornehmen Amte befoͤrdert wissen / und da er sonst seine Vergnuͤ gung in etlichen Dingen nicht finden koͤnnen / so wird er nun verstehen lernen / wie sanfft es thut /
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wenn man in einer rechtschaffenen dignitaͤt lebet / davor sich andere Leute demuͤ thig buͤ cken muͤ ssen. Vertumnus. Ach ich werde mich nicht zum dritten mahle betruͤ gen lassen. Amandus. Ich sehe wohl / Ihre Durchl. sollen das Wort selber geben / doch will ich mir die Freyheit nehmen / als ein getreuer Freund / zu gratuliren / daß der zukuͤ nfftige Herr Amtmann in seiner vornehmen Charge so viel Vergnuͤ gung antreffen moͤge / als seine beliebte Qualitaͤten verdienet haben. 〈112〉 Alamode. Und ich werde / nechst gebuͤ hrender Gratulation, demuͤ thig bitten / daß die kuͤ nfftige Dignitaͤt keinen Abgang an der bisherigen guten Vertrauligkeit verursachen moͤge / gestalt ich mir die Ehre noch ferner nehmen will / als ein auffwartsahmer Diener bey demselben zu erscheinen. Vertumnus. Sie verschonen mich mit der Complimente, bis ich erfahre / was ich darauff antworten soll.
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Amandus. Das soll gleich diesen Augenblick geschehen. Alamode. Drum werde ich mich so lange befehlen / bis ich vernehme / was der vergnuͤ gte Augenblick vor eine Wuͤ rckung nach sich gezogen hat. (Gehet ab.)
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Dritter Handlung Vierdter Auffzug. Ferrante, Gervasio, Melintes, Simo, Amandus, Vertumnus. (Die mittelste Scene eroͤ ffnet sich.) 5
Ferrante. Seyd ihr da / mein liebster Vertumnus? Vertumnus. Euer. Hochfuͤ rstl. Durchl. in aller Unterthaͤnigkeit zu dienen.
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Ferrante. Eben deßwegen haben wir euch her beruffen lassen / daß ihr Gelegenheit finden solt / eure Dienste auff die Probe zu setzen. Vertumnus. Das Vermoͤgen / das mir GOtt gegeben hat / wuͤ ntsche ich nirgend lieber anzuwenden / als zu dem gnaͤdigsten Gefallen E. Durchl. 〈H r=113〉
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Ferrante. Es ist euch bekand / wie vor kurtzer Zeit die veralienirte Graffschafft an uns gekommen ist / und da wir solche Guͤ ter durch einen qualificirten Amtmann gerne wolten bestellet wissen / als hat uns eure Person vor andern gefallen / und werdet ihr das uͤ brige von unsern geheimden Raͤthen zu vernehmen haben. Vertumnus. Ich weiß nicht / mit was fuͤ r Worten die hohe Gnade soll geruͤ hmet werden. Ferrante. Die Gnade darff nicht mit Worten geruͤ hmet werden / wenn die That nach unserm Wuntsch erfolget / so geschiehet uns die beste Satisfaction.
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Vertumnus. Meine Treue / mein Fleiß / meine Sorgfalt / sollen der Innhalt meiner unterthaͤnigsten Aufwartung seyn. Ferrante. GOtt gebe den Seegen darzu! Ihr braucht einen gnaͤdigen Fuͤ rsten / den solt ihr haben; Wir brauchen getreue Diener / das koͤnnt ihr schaffen.
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(gehet ab.) Gervasio. Der grosse GOTT lasse diesen Anfang zu seinem Gluͤ cke gesegnet seyn. Melintes. GOTT helffe / daß er durch eben diese Stuffe zu hoͤhern Dignitaͤten gelangen koͤnne.
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Simo. Dahin soll auch mein getreuer und vaͤterlicher Wunsch sein Absehen haben. Vertumnus. Ach! Herr Vater – – – Gervasio. Stille / stille / was vergeben und vergessen ist / daran soll man nicht gedencken.
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Melintes. Wir wollen uns vielmehr gratuliren / daß die vormahlige Alliance in vergnuͤ gten Terminis bestehen soll. 〈114〉 Vertumnus. Ich will treu und gehorsam seyn. Simo. Ich / als ein Vater / will guͤ tig und freundlich seyn. Gervasio. Und so viel in unserm Vermoͤgen stehet / wollen wir ihm allezeit huͤ lflich und beyraͤthig seyn. Melintes. Er maintenire seine Autoritaͤt / so wird er Leute finden / die sichs vor eine Ehre schaͤtzen / mit ihm bekandt zu seyn.
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Simo. Der Durchleuchtige Fuͤ rst ist sehr gnaͤdig gewesen. Gervasio. Der Herr Vater hat es verdienet. Melintes. Und der Herr Eydam wird es verdienen.
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Simo. Nun / mein geliebter Herr Sohn / will er uns bald in unserm Hause besuchen? er wird uns sehr willkommen seyn. Vertumnus. Ich werde diesen Befehl nicht aus den Augen setzen. Simo. Meinen Patronen zu dienen. (Gehet ab.)
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Gervasio. Beliebet dem Herrn Ambtmann mit zu spatzieren / damit alles kan vollzogen werden. Vertumnus. Ich gehorche / als ein Diener. (Gehen ab.)
Dritter Handlung Fuͤ nffter Auffzug. 15
Passetems, hernach Joris.
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Passetems. Das haͤtte ich nimmermehr gedacht / daß noch so ein braver Kerl solt aus mir werden. Ha / so 〈H 2 r=115〉 geht es / mein Herr ist Amtmann worden / und ich bin sein premier Minister, da ist schon so ein Gereisse um mich / wer vor meinen Herrn nicht kommen kan / der muß sich bey mir anmelden /
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und nun weiß ich / mein Herr muß treflich vergnuͤ get seyn / denn ich haͤtte es nimmermehr gedacht / daß einen die Ehre so kuͤ tzelte / und daß man sich bey den Complimenten so viel einbilden koͤnte. Doch botz tausend / da koͤmmt schon wieder einer / der mich zu seinem Patron annehmen wird.
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Joris. Gehorsamer Diener / Monsieur Passetems. Passetems. (ad spect.) Ihr Herren / wundert euch nicht / ich werde ihm treflich freundlich begegnen / ich weiß wohl / daß er nicht meines gleichen ist / und daß ich weit besser bin; aber wir Leute muͤ ssen es zu Hofe so machen. Denn da wir allen nicht helffen koͤnnen / so fertigen wir doch alle mit einer freundlichen Mine wieder ab.
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Joris. Ich werde vielleicht zu ungelegener Zeit kommen / da mein Patron was anders zu verrichten hat. Passetems. A mein Herr / er sage nicht von Patron, ich bin gar ein armseelig Holtz / daraus man kaum einen Diener schnitzen kan / und ich bin auch deswegen da / daß ich allen vornehmen Leuten auffwarten soll / die bey dem Herrn Amt-Mann was zu expediren haben. Joris. Doch wenn mein Hochgeehrter Herr mir 〈116〉 behuͤ lflich seyn kan / so wird er mir die Freyheit geben / daß ich die Warheit rede. Passetems. (ad spect.) Ja dencket / wie mich der Kerl auff das Gewissen treibet / der lieben Warheit wegen muß ichs leyden / wenn er mich einen Patron heist. Joris. Also moͤchte ich wohl vernehmen / ob ich bey dem Herrn Amtmanne koͤnte Audienz haben.
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Passetems. Ich weiß fuͤ rwahr nicht / er ist noch zu Hofe bey den Herren Raͤthen / wolte er unterdessen so gut seyn / und mirs sagen; Ob ichs weiß / oder der Herr Ambtmann / es ist einerley.
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Joris. Ich kan es wohl sagen: Ich bin ein guter ehrlicher Kerl / ich habe mich hin und wieder bey ehrlichen Leuten herum geschraubet / und ich moͤchte auch gerne sehen / daß ich einmahl koͤnte zur Ruhe kommen.
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Passetems. Ja ja / das ist wahr / die Ruhe ist ein edel Kleinod / und der muͤ ste gar leichtfertig mit sich selber handeln / der sich nicht die Ruhe wuͤ ntschen wolte.
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Joris. Also wolte ich nur zu guter Zeit gantz unterthaͤnig bitten / wenn der neue Herr Amtmann seine Diener veraͤndern wird / ob ich nicht irgend so ein Stuͤ ck von einem Amtschreiber / von einem Rentmeister / von einem Schoͤffer / von einem Korn- Inspector, oder sonst von einem Bauer-Placker werden koͤnte. Passetems. Fuͤ rwahr die Aemter wird wohl einer zusammen nicht kriegen / ich trage fast Bedencken / ob 〈H 3 r=117〉 ich den Herrn Amtmann mit diesem Vortrage boͤse mache.
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Joris. Ey / mein Patron verstehe mich recht / ich begehre nur eines von dem allen. Und wenn er etwan ein Liebhaber von dergleichen Galanterien seyn moͤchte / so wolte ich ihm solches zu guter Recommendation verehret haben. Passetems. Ey / bey Leibe nicht / will er mein Freund seyn / so lasse er mich mit den Spendagien verschonet.
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Joris. Es ist was geringes / mein Patron verschmaͤhe mich doch nicht.
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Passetems. Ey Mons. denckt er / daß ich ein Finanzen-Fresser werden will / wer mich mit Geschencken versuchet / der haͤlt mich vor keinen ehrlichen Kerlen. Fuͤ rwahr ich bitte / er thue mir doch das Ding aus dem Gesichte / die Augen thun mir weh / daß ich es nur ansehen soll.
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Joris. Weil ich so ungluͤ cklich bin / so will ichs nur daher werffen / denn ich muß mich doch / als ein verachter Kerl / zu tode graͤmen / was ist mir darnach solch Zeug nuͤ tze? Die Leute / die Ursache an meinem Tode seyn / die moͤgen es verantworten. Passetems. Denckt / wie man es einem Politico so nahe bringen kan / einer meines gleichen muß par force zum Finanzen- Fresser werden; Wenn ich es nicht nehme / so stirbt mir der Kerl / ach mein Hertzens-Freund / bleibt nur beym Leben / ich will es gerne nehmen; nur das will ich erinnern / wenn ich euer im 〈118〉 besten gedencken werde / so meynet nur nicht / daß ichs des Geschenckes wegen thue.
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Joris. Ich werde auch nicht so ein Un-Christe seyn / daß ich es gedencken solte / das weiß ich wohl / daß er alles aus Gnade und Affection thut. Passetems. Nun der Herr komme etwan gegen Abend wieder her / so wollen wir weiter von der Sache reden. Es ist mir immer / als wenn ich mehr zu thun haͤtte.
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Joris. Mein Patron brauche seiner Gelegenheit / ich verbleibe recommendiret. Passetems. Nun / wo ich alle Leute abfertigen / und wo ich alle Geschencke verdienen soll / so werde ich mich trefflich auff Luͤ gen befleißigen sollen. Doch was bringt der Pursche.
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Dritter Handlung Sechster Auffzug. Passetems, Blindschleiche.
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Blindschleiche. Meinen unterthaͤnigsten Gruß / ihre Magnificenz. Passetems. Den Titul muß ich wieder annehmen / sonst stirbt er. Blindschleiche. Ja / wie vor gedacht / meinen unterthaͤnigsten Gruß ihr Magnificenz. Passetems. Großen Danck / lieber Freund / wolt ihr zu mir?
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Blindschleiche. Die rechte Warheit zu bekennen / ich wol-〈H 4 r= 119〉te wol eigentlich zum Herrn Amt-Manne; Aber ich weiß auch / daß ihre Magnificenzen vor muͤ ssen angesprochen werden / ehe man sich so viel erkuͤ hnen darff / so wolte ich / als ein armer Mann / auch mein Hertze vor ihm ausgeschuͤ ttet haben. Passetems. O / was wolt ihr euer Hertz ausschuͤ tten / last es immer bleiben / wer weiß / was vor ein Qualster mit heraus kaͤme / doch wer seyd ihr? Blindschleiche. Ich weiß wohl / was ich gewesen bin / aber itzo bin ich gar nichts. Definentia in il, fil, nihil & nil.
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Passetems. Des Lateinischen Spruchs wegen moͤchte ich euch geholffen wissen. Doch was ist euer Anbringen? Blindschleiche. Ach ich bin auff dem naͤchsten Marckflecken / mit Ehren zu melden / Schulmeister gewesen; Darnach traff ichs / daß unsere Leute einen vornehmen Herrn ein bißgen
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hatten abgedroschen / so muste ich alles uͤ ber mich nehmen / als wenn ichs gemacht haͤtte / und da halff nichts davor / ich kam vom Dienste: Und wenn ich nicht einen Fußfall gethan haͤtte / so waͤre ein Befehl heraus gekommen / daß ich mein Tage zu keinem andern Dienst kommen solte.
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Passetems. Wo ihrs verlanget / so kan ich wohl darzu helffen / daß der Befehl noch geschrieben wird / es ist ohne dem ein elend jaͤmmerlich Ding um einen Schulmeister. Blindschleiche. Ach es ist noch ein elender Ding / wenn man weder zu beissen noch zu brechen hat: Ach wenn sich der Herr Ambtmann meiner erbarmen wolte. 〈120〉 Ich weiß wohl / was ich ihm vor einen grossen Fleck Segen / Gluͤ ck und alle Wohlfarth anwuͤ nschen wolte.
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Passetems. Kennt euch der Herr Amtmann sonst. Blindschleiche. Ich habe gleich da ein Carmen auffgesetzt / daran wird er mich wohl kennen lernen.
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Passetems. Es wird ohne Zweiffel gar ein huͤ bsch Carmen seyn. Blindschleiche. Ich mag es nicht selber loben / aber das ist wahr / besser kan ich es nicht machen. Passetems. Botz tausend / siehet doch das Carmen aus bald wie ein Lied.
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Blindschleiche. Ich habe es deswegen gethan / wenn etwan der Herr Amt-Mann meine Stimme probiren wolte. Passetems. Guter Freund / weil wir da beysammen seyn / versucht mir doch ein paar Verßgen davon / so weiß ich desto besser / was ich bey dem Herrn Amt-Mann von der Sache reden soll.
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Blindschleiche. Das will ich gar gerne thun / will mir der Herr die Inception geben?
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Passetems. Ey ey / das war eine Sau / wenn ich einen Fiedelmann bestellte / und der wolte mir zumuthen / daß ich die Fiedel stimmen solte. Blindschleiche. Es war ein Ehren-Wort. Passetems. Gewiß als wie auff dem Dorffe / da der Pfarrer das Licht putzen muß.
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Blindschleiche. Nun so werde ich mich wohl darzu geschickt machen. (Er singet / im Thon: Verzeihe mir Clorinde.) 〈H 5 r=121〉
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1. Wohl-Edler / Ehrenvester / An Klugheit wohlgemaͤster / Hoch-Wohl- und Rechts-Gelehrter / Insonders Hochgeehrter.
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2. Herr Amtmann so zu nennen / Und dienstlich zu erkennen / Aus himmlischer Verleyhung / Ich bitt euch um Verzeihung.
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3. Hier komm ich her geschritten / Ich kaͤme gern geritten / So hab ich armer Gesell Nicht einmahl einen Esell.
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4. Ich kriegte nechst die Pritzsche / Da fiel ich von der Hitzsche / Drum bin ich ohne Tittel / Und (leyder!) ohne Mittel.
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5. Wenn ich in Beutel fuͤ hle / Bey meiner armen – – 〈122〉
Dritter Handlung Siebender Auffzug.
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Die vorigen / Robert, Steffen, James, Richard, Dieterich. Passetems. Stille / stille / da kommen andere Leute / die meiner brauchen wollen. (Blindschleiche will noch einmahl singen: Bey meiner armen – –) Passetems. Last uns doch mit der armen Siele ungehudelt. Die Comœdie ist ja von der unvergnuͤ gten Siele.
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Robert. Monsieur, der neue Herr Amtmann wird zu Hause seyn. Passetems. Ist er nicht zu Hause / so bin ich zu Hause. Robert. Der Herr Hoffmeister hat mich hergeschickt / ich soll etwas ausrichten / und also muß ich geschwinde wissen / wo ich ihn antreffe. Passetems. Itzo will ich gleich resolviren / was ich sprechen will.
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Steffen. Hoͤre doch Bruder. Passetems. Halte das Maul mit dem Bruder. Steffen. Je nun Bruder / mein Herr schickt mich her / so muß ich es wohl ausrichten. 5
Passetems. Sprich dein Herr soll jemand kluͤ gers herschicken. James. (koͤ mmt) Soll ich noch zum Kauffmann gehen / und soll die Zeuge herhohlen? Passetems. Wer will es haben? 〈123〉
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James. Es ist ja von dem Kauffmanne verlanget worden; Wer nun das Factotum will im Hause seyn / der muß mir wohl Bericht geben. Passetems. Ja / ja / Factotum, Factotum.
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Richard. (koͤ mmt) Ich muß nur selber gehen. (zeucht ihn auff die Seite) Mein Freund / der neue Herr Amtmann wird ja nicht von mir absetzen / wenn er Wein hohlen laͤst / so wird er ja mir das Geld vor andern goͤnnen. Passetems. Ja ja. Wein hohlen wird er meynen. Richard. Fuͤ rwahr es soll sein Schade nicht seyn / er helffe nur ein gut Wort beym Herrn Amtmann einlegen.
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Dieterich. (koͤ mmt und zeucht Passetems) Hochgeehrter Herr / da wolt ich einen Bauer verklagen / und wolt ihn darnach flugs lassen einstecken / seyd ihr nicht der Landknecht?
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Passetems. Vor war ich ein Patron, ihre Magnificenz, nun bin ich ein Landknecht. Dieterich. Ich bin daher gewiesen worden / nun muß ich wohl wissen / wer mir helffen kan. Robert. (zeucht ihn) Monsieur, er vergesse meiner nicht.
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James. (zeucht ihn) Nun / soll ich warten? Richard. (zeucht ihn) Will der Herr auff einen Roͤmer Wein zu mir kommen / so soll mirs lieb seyn. Dieterich. (zeucht ihn) Fuͤ rwahr ich kan den Bauer nicht selber einfuͤ hren.
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Passetems. Ihr Leute / wolt ihr meiner nicht schonen / so 〈124〉 erbarmt euch uͤ ber den Herrn Amtmann / wo die Haͤndel noch eine Stunde waͤhren / so entlauffe ich / und er verleuret seinen besten Diener. Robert. Was frag ich nach den andern / er gedencke nur an mich. (Die andern streicheln und zopffen ihn / und bitten / er solle an sie gedencken.)
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Dritter Handlung Achter Auffzug. Die vorigen / Theresia, Lucretia.
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Theresia. Ey ey / was soll das unverschaͤmte Wesen bedeuten / wist ihr nicht / daß ein Amtmann im Hause wohnet / und ich halte / Passetems, du bist selber dabey? Passetems. Ich hatte so ein bißgen kleine Amts-Verrichtungen. Theresia. Ich halte kleine genug / aber auch fein grob genung; Doch ihr Leute / was wolt ihr?
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Robert. Madame, der Herr Hoffmeister laͤst sich ihrem Liebsten gar schoͤne befehlen / und er hat etwan hier einen Auffsatz verlanget / da hat er ihn wollen uͤ berschicken / und ich moͤchte wuͤ ntschen / daß ich ihm in die Haͤnde liefern koͤnte. Theresia. Er gebe mirs nur / es soll gar gut bestellet werden.
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Robert. Ey / behuͤ te mich GOtt vor so einer Unhoͤffligkeit / ich werde so eine vornehme Hand mit einer solchen Commission nicht beschweren. 〈125〉 Theresia. Es ist keine Beschwerung / es geschieht nur dem Herrn Hoffmeister zu Ehren / er gebe es nur her.
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Robert. Ich weiß nicht / ob ich es bey meinem Patron werde verantworten koͤnnen. Theresia. So nehm ichs mit Gewalt.
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Robert. So muß ichs geschehen lassen. Aber meine gebietende Patronin lege mir dieses vor keine Unhoͤffligkeit aus. Theresia. Er gruͤ sse den Herrn Hoffmeister zum schoͤnsten / ich lasse mich auch der Frau Liebste befehlen / wenn es ihr gelegen seyn moͤchte / so werde ich so kuͤ hne seyn / und werde ihr auffwarten.
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Robert. Die vornehme Gegenwart wird ihr sehr angenehm seyn. (Gehet ab) Theresia. Aber was wollen sie? James. Ich wolte nur etwas wegen des Kauffmannes gedencken / doch ich werde meine Hochgeehrte Frau Amtmannin damit nicht beschweren duͤ rffen. Richard. Ich bin der Gastwirth zum silbernen Flederwisch / und wolte mich ihrer Gnaden zu einer fernern Kundschafft recommendiren / wenn sie etwas von Weine verlangen / so will ich gehorsam seyn.
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Dieterich. Und Ihre Gnaden / ich habe nur eine Klage vorzubringen / es ist mir leyd / daß ich zur Unzeit kommen muß. Theresia. Ihr lieben Leute / gebt euch zu frieden / gleich itzo wird mein Liebster kommen / der soll allen Reso-〈126〉lution geben. Gehe hinaus Passetems, und weiß / wo sie bleiben sollen. (Sie gehen mit hoͤ fflichen Reverenzen ab.) Theresia. Gelt Kinderfrau / das thut einem sanffte / wenn sich die Leute so buͤ cken muͤ ssen.
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Christian Weise
Lucretia. Ja / das ist wahr / wir hatten erstlich boͤse Zeit / aber nun soll auch das Gluͤ cke mit einander kommen. Theresia. Je / es ist wohl huͤ bsch / wer in der Welt was werden kan.
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Lucretia. Ja ja / das ist nur Sanct-Velten / es giebt nicht so viel solche vornehme Stellen. Theresia. Wer fragt darnach / wenn ich vornehme bin / so moͤgen meinetwegen / die andern alle zuruͤ cke bleiben. Ja ja / ich werde nun manchen ehrlichen Menschen koͤnnen forthelffen. Denn wenn einer was haben will / so ist mirs um ein Wort bey meinem Liebsten zu thun / so hat ers weg / und die Ehre / auch wohl das Geschencke / bleibt mir. Lucretia. Ja ja / es ist ein edel Ding drum / wenn man vielen Leuten helffen kan. Aber / wie waͤre es / wenn sich mein Vetter koͤnte helffen lassen.
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Theresia. Worinnen kan ihm geholffen werden / da habt ihr meine Hand / es soll alles Ja und Amen seyn. Lucretia. Ich daͤchte so / wenn er koͤnte Kornschreiber werden / er verstehet sich sonst auffs Getreyde gar wohl / er machte neulich eine Rechnung / ja es haͤtte ihm in der Summa nicht ein Viertheil gefehlet. 〈127〉 Theresia. Nun Kinderfrau / daß ihr sehet / was eine Amtmanns- Frau im Lande zu gebieten hat / gehet flugs und sagets eurem Vetter / er soll Kornschreiber seyn.
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Lucretia. Er wird mirs nicht glaͤuben / wenn ich keinen Brieff mit bringe.
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Theresia. Der Brieff soll euch gewiß genung seyn / mein L iebster solls bald fertig machen. Wird er bey mir wollen in Gnaden seyn / so wird es manchmahl nach meinem Kopffe gehen muͤ ssen / und ist es nicht genung / daß er ein Kornschreiber wird / so kan er die Inspection uͤ ber die Erbsen und uͤ ber den Lein wohl darzu kriegen. Lucretia. Je nun Frau Amtmannin / der liebe GOtt bezahle es / was sie an dem lieben Kinde thut / ich will immer gehen / und wills ihm stecken / daß er sich nicht zu weit verlaufft / wenn irgend der Brieff bald fertig wuͤ rde.
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Dritter Handlung Neundter Auffzug Theresia, Vertumnus Theresia. Nun wird mir angst und bange / daß mein Liebster nicht da ist.
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Vertumnus. Aber sie wird sich die Angst vergehen lassen / wenn er da ist. Theresia. Ach mein Hertzens-Kind / willkommen! Vertumnus. Ja mein liebstes Kind / ich bin von Hertzen froh / daß du so sprechen kanst. 〈128〉 Theresia. Aber ich habe dich lange nicht gesehen. Vertumnus. Wir wollen an das vorige nicht gedencken.
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Theresia. (schlaͤ gt ihn auff den Backen.) Ach du loses Kind / du hast doch wohl gedacht / als wenn ich boͤse waͤre. Vertumnus. Das waͤre grosse Suͤ nde / wenn ich so dencken wolte / wie kan ein guter Engel boͤse seyn. 5
Theresia. Aber / mein Kind / was haͤlst du nun vom Herrn Vater / hat er dich nicht mit einem feinen Amte bedacht? Vertumnus. Die Liebe / die er mir thut / die werde ich das liebe Kind geniessen lassen.
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Theresia. Aber siehe / du hast immer gedacht / es ist keine Vergnuͤ gung auff der Welt vor dich / gelt / wer so im Ehren-Stande sitzt / und dem so viel Leute muͤ ssen zu Gebote stehen / der kan sich mit seiner Vergnuͤ gung was einbilden. Vertumnus. Es ist wahr / die Suͤ ßigkeit ist unbeschreiblich / wenn man uͤ ber so viel Leute commandiren sol / da ist lauter Respect, lauter Hoͤffligkeit / lauter Auffwartung / man hat sich bald so viel einzubilden / als der Fuͤ rste selber. Theresia. Mein Kind / du wirst ja nicht das beste vergessen / es giebt auch brave Geschencke.
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Vertumnus. Mein Kind / die Geschencke must du nehmen / ich habe geschworen. Theresia. Nun nun / weise mir nur feine Leute zu / mit dem Nahmen soll es wohl seine Richtigkeit haben. 〈I r=129〉
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Vertumnus. Ach ja / daß ich nun so vergnuͤ gt bin / daß mir alles nach Wunsche laufft / und daß ich meines unvergnuͤ gten Zustandes vergessen kan / ach das habe ich so einem wunder-
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suͤ ssen Kinde zu dancken. Ach mein Kind / wie soll ich dir meine Liebe genug an Tag geben? Theresia. Mein Hertz / ich traue dir schon / doch wenn dir ja so bange darbey ist / daß du mir die Liebe so gerne woltest an Tag geben / so wuͤ ste ich wohl einen guten Vorschlag.
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Vertumnus. Laß michs wissen / mein Kind / ich will mich nicht halten als dein Liebster / ich will mich halten / als deinen Diener. encke Theresia. Ey mein Schatz / du darffst nicht so sprechen. D doch / du wilt mein Diener seyn / wenn nun die Leute spraͤchen: Mein Diener haͤtte mich gekuͤ st / oder waͤre mit mir zu Bette gegangen / das wuͤ rde mir artig anstehen. Vertumnus. Mein Kind / du verstehest die Sprache schon / was vor ein Diener verstanden wird / halte mich nur nicht auf / und laß mich den Vorschlag hoͤren.
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Theresia. Mein Schatz / unsere Kinder-Frau hat einen Vetter / das ist ja gar zu ein stattlicher braver Mann / es ist Schade / daß er so lange hat auff einen Dienst warten muͤ ssen / thue mirs doch zu Gefallen / und mache ihn zu deinem Kornschreiber. Vertumnus. Ja / nun nun / ich will sehen / ob der Dienst offen ist. 〈130〉
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Theresia. Ich dachte / ich will sehen! Ich hoͤre es schon / daß meine Bitte nicht viel gelten wird. Vertumnus. Mein Kind / verstehe mich doch. Theresia. Ey was soll ichs nicht verstehen / ich mercke es wohl / daß ich mit meinem Ehren-Stande nicht viel werde gebessert seyn. Ich soll eine grosse Frau bedeuten / und wenn es um und
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Christian Weise
um koͤmmt / so hab ich nicht mehr zu sprechen / als eine elende Dienst-Magd.
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Vertumnus. Ey / mein Kind / betruͤ be mich nicht / da hast du meine Hand / mache den Kornschreiber nach deinem Gefallen / hastu Lust / so will ich dir den Teichwaͤrter / den Gaͤrtner / den Organist und den Schulmeister darzu abschaffen. Theresia. O ich begehre nicht so viel / ich wolte / ich haͤtte mein Wort wieder wegen des Kornschreibers. Vertumnus. Mein Engel / ich bitte. (will sie kuͤ ssen.)
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Theresia. Wenn meine Worte nicht mehr gelten sollen / so werden einem die Maͤulgen gar versaltzen. Vertumnus. Sie sollen was gelten / gleich itzo will ich die Bestallung auffsetzen. Quaͤle du mich nur mit deiner Ungnade nicht.
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Theresia. Meiner Freude halben magstu den Kornschreiber hernehmen / wo du wilst. (weinet) Aber wenn ich armen Leuten will forthelffen / und gleichwohl in meiner Christlichen guten Meynung soll gehindert werden / so ist mir immer / als wenn sich das Hertz im Leibe umwenden solte. 〈I 2 r=131〉 Vertumnus. Mein Engel / du solt alles haben / was du wilst / mache mich doch in dem Stuͤ cke nicht unvergnuͤ gt.
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Dritter Handlung Zehender Auffzug Die vorigen / Æmilio, hernach Ferrante. Æmilio. Mein Herr Amtmann / ich gehe gleich zu. Vertumnus. So ein vornehmer Freund hat in meinem Quartier zu befehlen.
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Æmilio. Ich komme selbst / als ein Diener / der Herr Amtmann soll alsobald zu Ihr. Durchl. kommen. Vertumnus. Wird was zu verrichten seyn? Æmilio. Ich kan es nicht wissen; doch Ihr. Durchl. sind gantz alleine. Ich gratulire wegen der hohen Gnade / darinnen sie stehen / und wuͤ nsche sein Diener zu seyn.
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Vertumnus. Ich muß ihn dißmahl ohne alle Ehre von mir lassen. Æmilio. Die Ehre ist hoch genug / daß ich so eine angenehme Mine von ihm bekommen soll. Ich werde mich bemuͤ hen / solches zu verschulden.
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(Gehet ab.) Vertumnus. Nun mein Kind / auff einen kurtzen Augenblick nehme ich Abschied. Theresia. Aber damit wird des Kornschreibers Bestallung nicht geschrieben.
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Vertumnus. Wenn ich wieder komme / soll das meine erste Verrichtung seyn. 〈132〉
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Theresia. Verrichte / was du wilt / aber das schwere ich / thustu mir mit dem Kornschreiber was zum Possen / so magstu auch mit mir vor lieb nehmen / wenn ich fein wunderlich thue. (Gehet ab.) Vertumnus. Ich sehe wohl / das Gluͤ cke will auch bey der Ehre nicht vollkommen seyn; Wo meine Liebste mehr begehret / als ich leisten kan / so machen wir einander unvergnuͤ gt.
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(Die mittelste Scene oͤ ffnet sich.) Ferrante. Herr Amtmann. Vertumnus. Ihre Durchl. Ferrante. Die Sachen werden nunmehr zur Richtigkeit kommen seyn.
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Vertumnus. Gar wohl. Ihre Durchl. habe auch unterthaͤnigsten Danck / daß sie / als ein mildreicher Landes-Vater / mit einem treuen Diener gehandelt haben. Ferrante. GOTT gebe sein Gedeyen darzu / daß wir einander auff beyden Seiten fein lange anstehen. Doch eines wolten wir gedencken: Es ist ein ehrlicher Mann / der sich lange Zeit an unserm Hofe gar wohl verdienet hat / dessen Sohn ist nach Hause kommen / und verlanget eine Gnade; Nun will sich etwan in aller Eyle nichts finden lassen / damit man den guten Menschen vergnuͤ gen koͤnte / so wissen wir nicht anders / das Korn-Schreiber-Dienst ist noch in eurem Amte offen / drum
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wird sichs wohl schicken / daß er auff ein Interim damit versorget wird. Vertumnus. Ihre Durchl. haben zu befehlen. 〈I 3 r=133〉 Ferrante. Hier ist die Supplic, setzt nur die Bestallung auff / so wollen wir sie bald vollziehen.
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Vertumnus. An mir soll kein Mangel seyn. Ferrante. Das ist wahr / es ist unsere Meynung / daß dem guten Menschen soll geholffen werden / und daß er an unserer Fuͤ rstlichen Gnade nicht zweiffeln soll. Vertumnus. Das angenehmste / das ich werde erweisen koͤnnen / daß soll ihm auch zu Dienste stehen. Ferrante. Wir sagen es noch einmahl / tractiret ihn / als einen Menschen / den der Fuͤ rste gerne wohl gehalten hat. Gebt ihm auch die Versicherung / daß er bald mit etwas bessers soll bedacht werden / wenn sich eine Gelegenheit eroͤffnen moͤchte. (gehet ab.) Vertumnus. Ach das ist ein erschreckliches Wort / es war mir nicht anders / als wenn der Fuͤ rste sagte / ich solte unvergnuͤ gt seyn. (Gehet ab.)
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Dritter Handlung Eilffter Auffzug Simo, Gervasio.
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Gervasio. Nun mein Herr / ich habe einmahl fragen sollen / wie sich sein Herr Eydam bey dem Ambt-Manns-Dienste befindet. Simo. Ich bedancke mich wegen der guten Vorsorge / wir muͤ ssen mit dem lieben GOtt zu frieden seyn. 〈134〉 Gervasio. Wer so eine Gelegenheit gefunden hat / der kan wohl zu frieden seyn.
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Simo. Das macht uns nur bisweilen Bekuͤ mmerniß / daß wir keine Gelegenheit vor uns sehen / worinne vornehmen Patronen koͤnte gedienet werden. Gervasio. Ich will nicht hoffen / daß der Herr meine Person mit unter die Patronen zehlen will.
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Simo. Wer ein grosses darzu contribuiret hat / der hat uns gleichsam darzu genoͤthiget / daß wir ihm diesen Titul geben muͤ ssen. Gervasio. Ich schaͤme mich / daß ich mehr wuͤ nschen / als præsti ren kan / sonderlich / da ich itzunder eine grosse Bitte habe / darinnen mir der Herr Amtmann einen treflichen Gefallen erweisen koͤnte. Simo. Der Herr Ambtmann muß sich befehlen lassen. Gervasio. Wir sind Fuͤ rstliche Diener / wir duͤ rffen keinen Eingriff thun / sonst waͤren die Exempel gefaͤhrlich.
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Simo. Worinnen kan aber gedienet werden? Gervasio. Ich habe einen guten Kerlen bey mir im Hause gehabt / der hat etwan unter des Herrn Amt-Manns Jurisdiction eine Erbschafft zu fodern; Nun kan ich wohl im Vertrauen dem Herrn nicht verhalten / daß die andere Parthey moͤchte in etlichen Puncten besser fundiret seyn; Doch weil dem guten Kerl koͤnte geholffen werden / wenn ihm irgend auch so was zu gute gienge / da sehe ich wohl / der Herr Ambt-Mann koͤnte was rechtes darbey thun. 〈I 4 r=135〉 Simo. Ich mercke schon / mein Patron meynet / wenn das Recht getheilet wird / daß ein jeder was kriegt / so hat niemand zu klagen. Gervasio. Ich begehre nichts vorzuschreiben / doch kan mir der Gefallen geschehen / so bin ich sonst zu andern Diensten obligat, ich bitte sehr / er wolle meiner eingedenck seyn.
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Simo. Mein Patron hat sich darauff zu verlassen. Gervasio. Ich werde es auch thun / indessen meine Dienste. (gehet ab.) Simo. Wo mein Herr Eydam das Ding erfaͤhret / daß er eine kleine cause machen soll / so wird er wieder unvergnuͤ gt.
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Dritter Handlung Zwoͤ lffter Auffzug. Simo, Camillo.
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Camillo. Mein Herr / kan ich den Herrn Amtmann hier zu sprechen kriegen. Simo. Was beliebt dem Herrn. Camillo. Es geschiehet wegen einer Sache / die mir nicht beliebt. Simo. Wenn ich den Herrn kennete / wenn ich auch wuͤ ste / worauf die Sache beruhete / so wolte ich sprechen / es waͤre mir leyd.
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Camillo. Es waͤre mir auch leyd / wenn sonsten keine Gerechtigkeit mehr in der Welt waͤre. 〈136〉 Simo. Ey / das will ich nicht hoffen / daß einem Menschen die Gerechtigkeit versaget wird.
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Camillo. Ich darff es nicht hoffen / ich habe es in der That schon erfahren. Da ist eine ehrliche Jungfer / die soll unter des Herrn Amtmanns Jurisdiction eine Erbschafft antreten / die ihr von GOtt und Rechtswegen zukoͤmmt. Aber da schlaͤgt sich ein Lumpen-Hund darzwischen / der ins Hoffraths Hause vor einen Pickel-Hering gedienet hat / dem zu gefallen soll das ehrliche Mensch um etliche hundert Thaler gebracht werden. Simo. Ey / er gebe sich zu frieden / wir dencken manchmahl was / darnach / wenn es vor die rechte Schmiede koͤmmt / so lauffen die Sachen gar anders.
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Camillo. Ja freylich lauffen die Sachen anders / als man verantworten kan. Aber das mag sein Herr Eydam wissen / will er die arme Jungfer betruͤ ben / so soll er auff der Strasse nicht sicher seyn / ich will es wohl bey GOtt verantworten / daß ich so einem Causen-Macher eine Kugel durch die Ribben jage.
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Simo. Wie redet der Herr? Wenn ich das bey Hofe solte vorbringen / wo wolte er sich aufflesen. Camillo. Ein Kerl meines gleichen / und der allenthalben kan zu Hause seyn / hat nicht viel Ursache / daß er etliche Personen ansiehet / und es ist mir nur leyd / daß ich den Amtmann nicht selber kriege; hat ers sonst nicht erlebet / daß er die Warheit reden hoͤret / so will ich ihm darzu helffen. 〈I 5 r=137〉
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Simo. Nicht so boͤse / nicht so boͤse / so viel ich weiß / so ist noch kein Spruch ergangen. Camillo. Es sey auch dem ungerechten Manne ein Creutze geschworen / wo er den Spruch so ergehen laͤst / als wie die Leute munckeln / so will ich ihm so lange zu gefallen reuten / biß ich ihn zur gelegenen Zeit bezahlet habe. Kan er einem Patron was zu Gefallen thun / so will ich ihm weisen / daß ich auch ein Kerl bin / dem man haͤtte moͤgen was zu Gefallen thun.
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Simo. Warum nimmt sich aber der Herr der Jungfer so an? Camillo. Darum / daß sie ein verlassen Kind ist / und woferne ers mit seinem Herrn Eydam gut meynet / so lasse ers dabey bewenden / was ich geredt habe / denn ich bin ein tummer Kerl / ich spiele lieber mit Ohrfeigen / als mit Worten. (Gehet ab.)
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Simo. Ey ey / wie wird sich der liebe Mann im Kopffe kratzen! Denn ich sehe nicht / wem er zu Liebe wird sprechen sollen. Ach es bleibt darbey / er wird einmahl so unvergnuͤ gt seyn / als das andere.
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Dritter Handlung Dreyzehender Auffzug. Simo, Æmilio, Joris. Æmilio. Mein Herr / das wird er auch nimmermehr leyden. Simo. Was gehet vor / das ich nicht leyden soll?
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Æmilio. Da koͤmmt gleichwohl ein fremder Kerl / und 〈138〉 pruͤ gelt des Herrn Amtmanns Diener auff der Gasse / daß er sich im Blute herum weltzet / wie ein Schwein. Simo. Vielleicht hat ers erholet / er hat manchmal ein lose leichtfertig Maul.
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Æmilio. Die gantze Sache bestehet darinne / er hat ihn beym Herrn Amtmanne recommendiren sollen / und da ers vergessen hat / giebt er ihm Schlaͤge. Wenn das auch nun soll auffkommen / daß ein Herren-Diener nicht einmahl soll auff der Gasse sicher seyn / so moͤchte man lieber ein Bauer seyn / als ein Amtmann. Simo. Wo ist der Kerl? Æmilio. Da geht er uns noch vor den Augen rum / als wenn er recht darann gethan haͤtte.
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Joris. Ich habe dem Schelmen was auff die Nase gesetzt / er wird ein ander mahl daran gedencken. Wilstu Geschencke nehmen / so thue auch deine Arbeit davor. Æmilio. Monsieur, wenns ihm sonst beliebte / so koͤnnte er vor dem Hause gar stille voruͤ ber gehen.
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Joris. Mons. Er ist gewiß zum Commendanten uͤ ber mein Belieben gesetzt? Æmilio. Er aber auch nicht zum Commendanten uͤ ber des Herrn Amtmanns Diener. Joris. Deßwegen bin ich kein Commendante, wenn ich mir gegen so einen Schurcken selber helffe.
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Æmilio. Es ist nicht darauff zu sehen / ob der Diener ein Schurcke ist / man soll des Herrn Amtmanns darunter schonen. 〈139〉 Joris. Heute fruͤ h dachte ich auch so / nun ist mir immer / als wenn ich die Brieffe anders gefunden haͤtte.
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Simo. Mons. Er gehe an seinen Ort / und rede von der Sache / da sichs gehoͤret / hier sind Leute / die gerne wollen Friede haben. Joris. Wollen sie Friede haben / so lassen sie mich thun / was mir gefaͤllt. Simo. Und ihr Kerl / wollt ihr Friede haben / so bringt uns nicht in Harnisch. Joris. Ey / will der Herr einen harnisch anziehen? Nun nun / es bleibt wohl beym Sprichwort: Wer sich fuͤrchtet / der ziehe einen Harnisch an.
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Simo. Ich sage zum letzten mahle / mißbrauchet unsere Gedult nicht.
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Joris. Und was soll denn geschehen / wenn ich sie mißbrauche? Die gantze Sache bestehet darinne / daß ich mich einen Narren nicht will vexiren lassen / und wer mich darinnen will reformiren / dem werde ich so gar hoͤfflich nicht begegnen duͤ rffen. Simo. Du Bestie / gehe mir vom Leibe / oder die Land-Knechte sollen dich in Stuͤ cke zerreissen.
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Vierzehender Auffzug. Die vorigen / Melintes. Melintes. Nicht zu boͤse / nicht zu boͤse / mein Herr Simo. 〈140〉 Simo. Mein Patron verziehe mir / daß er mich in einem solchen Zustande finden soll.
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Melintes. Er verzeihe mir / daß ich ihm zu ungelegener Zeit begegnen soll. Simo. Da habe ich mich einmal erzuͤ rnen muͤ ssen. Melintes. Ein maͤßiger Zorn ist gar gesund / er kan die Galle so huͤ bsch im Leibe dissipiren.
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Simo. Aber der Kerl ist nicht werth / daß ich mir seinet wegen die Galle soll uͤ berlauffen lassen.
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Melintes. O / der gute Kerl wird es nicht gethan haben / er ist mein Cliente, es muß jemand seyn darzwischen kommen / der entweder die Sache nicht verstehet / oder der mich auff die Probe setzen will / ob ich meinem Clienten auch helffen will. Æmilio. Ey ey / steckt der vornehme Mann darhinter / so habe ich mit der Sache nichts zu thun.
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(Gehet ab.) Melintes. Worinnen beruhet denn die Sache? Joris. Da will mich des Amtmanns Narr auffziehen / und da er mir eine Ohrfeige abbettelt / so wollen mich die Leute lieber zum Tode verdammen.
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Melintes. Nun / nun / das sind Bagatellen, gehet in GOttes Nahmen fort / es soll euch dessentwegen niemand was zu leyde thun. Joris. (ad spect.) Ey / wo seyn denn die boͤsen Leute hinkommen? Ja / wer keinen Patron dargegen wuͤ ste / der muͤ ste sich doch wohl gefangen geben.
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(Gehet ab.) Simo. Mein Patron halte mirs zu gute / wo ich un-〈141〉wissende etwas gethan habe / das ihm etwan nicht gefallen moͤchte. Melintes. Ach mein lieber Herr / ich habe es lange vergessen / nun darff er mir nicht daran gedencken. Simo. Ich wuͤ ntsche auch / daß es moͤge vergessen bleiben. Melintes. Gar gerne. Doch wie befindet sich der Herr Ambtmann?
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Simo. Meinem Patrone zu dienen / er trifft immer so viel an / daß er nicht darff muͤ ßig gehen. Melintes. Wo viel zu thun ist / da ist viel Einkommen. Simo. Die Sporteln seyn nur etwas schlecht. 5
Melintes. Ach nein / wir wissen es besser. Ein Mann / der so guten Verdienst hat / und der sich der Fuͤ rstlichen Gnaden versichern kan / den muß ein jedweder passiren lassen. Simo. Ja / das ist wahr / wegen der Fuͤ rstlichen Gnade haben wir GOtt sonderlich zu dancken.
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Melintes. Aber so im Vertrauen gedacht / jetzo haͤtte man gute Gelegenheit / des Fuͤ rsten Gnade noch mehr zu verdienen. Simo. Ich werde danckbahr seyn / wenn ichs erfahren soll. Melintes. Ich weiß nicht / ob mirs anstehet / daß ich gar zu deutlich davon rede.
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Simo. Ich bin ein vertrauter Diener / es wird bey mir nichts zu bedeuten haben. Melintes. Wenn ich nur was davon entdecken soll / so weiß der Herr / wir haben itzo geschwinde Geld von 〈142〉 noͤthen / der Herr Amtmann koͤnnte sich treflich recommendiren / wenn er auff gute Versicherung einen Vorschuß von 10000. Thalern thun wolte. Simo. Wo wolten es die armen Kinder auffbringen! Melintes. Ach mein Herr / ich weiß einen andern / der giebt 12000. Aber wenn er auff das Amt versichert wuͤ rde / so moͤchte
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auch was vorgehen / das dem lieben Herrn nicht gefiele / ich rede als ein guter Freund / ein jeder bedencke / was am besten ist / haben sie zu was Lust / so lassen sie mich die Resolution wissen / ich verbleibe sein Diener. (gehet ab.)
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Dritter Handlung Funffzehender Auffzug. Simo, Theresia, hernach Passetems. Simo. Wieder etwas neues / das den lieben Mann wird unvergnuͤ gt machen.
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Theresia. Herr Vater / deswegen hab ich auch wohl den Mann nicht genommen / daß er mich allemahl vor einen Narren brauchen soll. Simo. Liebe Tochter / was giebt es? Theresia. So viel giebts: Der strotzkopfichte Narr laͤst sich gar nicht einreden; Ich haͤtte gern der Kinder-Frau ihren Vetter zum Korn-Schreiber gemacht / so thut mirs mein Mann zum Possen / und schreibt den Brieff vor einen andern. 〈143〉
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Simo. Der Fuͤ rste hat es so haben wollen. Theresia. Haͤtte mein Mann das Maul aufgethan / und haͤtte den Fuͤ rsten besser berichtet / so waͤre ihm auch was anders eingefallen.
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Simo. Ach ihr lieben Kinder / habt ihr sonst im Ehestande keine Noth / als daß der Kinder-Frauen Vetter nicht zum Amte koͤmmt / so moͤget ihr dem lieben GOtt dancken.
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Theresia. Wie stehts mit dem guten Kerlen um die Erbschafft / soll er nicht auch darhinter hingehen.
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Simo. Liebe Tochter / ein andermahl bekuͤ mmere dich um die Kuͤ che; Wenn du einen Braten gewiß ansteckest / so weist du / daß er dir nicht vom Spiese faͤllt. Wilst du aber deinem Herrn ins Handwerck fallen / so geht dirs / wie allen Pfuschern / und das von Rechtswegen. Theresia. Nun / wenn ich auch von meinem leiblichen Vater soll verlassen werden / so moͤcht ich wissen / was mir das Leben nuͤ tze waͤre.
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Simo. Gehe in die Kuͤ che / in Keller / in die Kammern / auff den Boden / du wirst viel Ding finden / darzu dir das Leben wird nuͤ tze seyn. Passetems. (koͤ mmt) Herr / Herr / ist niemand / der die Hauß-Thuͤ re zu macht. Simo. Sieh / Toͤlpel / bist du nicht groß genug / mache sie zu.
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Passetems. O ja / es ist nur drum / daß man sie zu macht. Simo. Was hast du vor Verhinderung.
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Passetems. Mein Herr ist biß auf den innersten Grund seines Hertzens unvergnuͤ gt / er schweret Stein und 〈144〉 Bein / ehe die Sonne wird untergangen seyn / so will er ein Loch in die Welt lauffen / daß die Lufft 100. Meilen hinter ihm zufallen soll. Nun
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wolt ich gerne die Hauß-Thuͤ re zu machen / denn was wolte der liebe Mensch anfangen / wenn er nicht durchkoͤnte. Simo. Es wird nicht so boͤse gemeynet seyn. Theresia. Und er wird auch fragen muͤ ssen / ob ich will. Passetems. Geschworen hat er / das ist wahr / und wo er nicht davon laͤufft / so behaͤlt er sein Lebe-Tage ein boͤse Gewissen.
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Simo. Laͤst er denn schon anspannen / hat er denn auffgepackt / und stellt er sich als ein Mann / der verreisen will. Passetems. O nein / aber ich dencke so / wenn er sich in der Furie davon machte / ehe er zu sich selber kaͤme / so waͤre er in eines andern Herrn Lande / damit waͤre es nur um mich zu thun / ich solte ihn suchen / und wuͤ ste nicht wo.
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Simo. Der Sorge wird schon abgeholffen werden / die Hauß-Thuͤ re mag immer offen bleiben.
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Sechzehnder Auffzug. Die vorigen / Richard. Richard. Dem Herrn meine schuldige Dienste / wo komme ich denn flugs zum Herrn Amtmann? 〈K r=145〉 Theresia. Der Amtmann hat ohne dem nicht Grillen genug / es fehlet nur am Gastwirthe zum silbernen Flederwische / daß er noch koͤmmt und macht ihm den Kopff warm.
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Richard. Ich weiß / meine Commission wird ihm gar wohl anstehen / es ist mir nur leid / daß ich ihn nicht hier finden solle. Theresia. Wenn die Commission so koͤstlich ist / so werden wir auch so gut seyn / daß wirs hoͤren duͤ rffen. 5
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Richard. Wenn sie ihrem Diener wollen zuhoͤren / so will ichs nicht verschweigen. Es sind zwey fremde Personen bey mir eingekehret / die wollen gerne mit ihm sprechen. Theresia. Ey ist das nicht ein Wunder-Werck / daß einmahl zwey Kerlen im Gast-Hofe seyn / die mit dem Amtmanne sprechen wollen. Richard. Meines Beduͤ nckens wird es gar ein huͤ bsch Wunder-Werck seyn / denn sie bringen gute Zeitung / davon ich mir nur das zehende Theil wuͤ nschen wolte. Theresia. Nun so sagt mir doch das zehende Theil.
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Richard. Ach nein / was ein Ansehen haben soll / das muß man gantz sagen. Des Herrn Vertumnus sein Vetter ist gestorben / der hat ihn in seinem Testamente zum Universal-Erben eingesetzt. Theresia. Welcher Vetter / der alte trief-aͤugichte Luͤ cke-Zahn / der uns auff die Hochzeit nicht einmahl einen wichtigen Doppel- Ducaten schenckte / ja / ich glaube es flugs / daß er auff dem Tod-Bet-〈146〉te die Spendier-Hosen wird angezogen haben. Richard. Ich rede es nach / wie sie mirs erzehlet haben / er bekoͤmmt ein Ritter-Gut vor 30000. Thaler / an baaren Gelde uͤ ber 50000. Thaler / an ausstehenden Capitalen uͤ ber 40000. Thaler / der koͤstlichen Juwelen und anderer mobilien zu ge-
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schweigen. Gelt / wem so ein Stuͤ cke Speck ins Kraut fallen soll / der kan mit einem fetten Maule zum Fenster rauß sehen. Simo. Mein Freund / ich hoͤre etwas / das ich mir noch nicht einbilden kan. Richard. Sie sind deßwegen hergereiset / also kan ich mir nicht einbilden / warum sie dergleichen Sachen erdencken sollen. Simo. Liebe Tochter / wo das wahr ist / so mag der liebe Mann in GOttes Nahmen wieder abdancken / und mag sich zu Ruhe setzen. Wer sein eigen Herr seyn kan / der hat keine Ursache / daß er sich in fremden Diensten um die Vergnuͤ gung bringen laͤst.
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Theresia. Wir muͤ ssen sehen / wer die Leute seyn. Guter Freund gehet nur mit / biß wir den lieben Mann gefunden haben. Richard. Ja ja / ihnen zu dienen. (Sie gehen ab.) Passetems. Nun das war eine Zeitung / darbey ich aller meiner Noth / und aller meiner Maulschellen vergessen werde. Ey ey / wird mein Herr so ein vornehmer Mann werden / und hat der redliche Vetter so brave vor ihn gesorgt; Ja fuͤ rwahr / es scha〈K 2 r=147〉det mir um ein paar Tonnen Goldes / daß ich nicht auch so einen Vetter habe. Doch was hilffts / habe ich kein Geld / so hat mein Herr desto mehr: Und reiche Leute seyn nur deßwegen da / daß sie andern Leuten zu fressen geben / und wenn es um und um koͤmmt / so wird mein Herr auch bey seinem grossen Gelde das alte Lied singen: ich bin unvergnuͤgt / ich bin unvergnuͤgt. Doch Mons. Passetems wird sich aus seiner Vergnuͤ gung wohl nicht bringen lassen / da wird es heissen: Wohl dem / der sich vergnuͤgt. (Er tantzet singende hinein.)
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Vierdter Handlung Erster Auffzug. Æmilio, Alamode, Passetems. Alamode. So leben sie gleichwohl nunmehro so vergnuͤ gt? 5
Æmilio. Der Anfang ist gut / wenn sich die kuͤ nfftige Zeit so anlassen will / so wollen wir GOtt dancken. Alamode. Monsieur hat sich gewiß wuͤ rcklich in Dienste eingelassen.
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Æmilio. Ich lebe so hier / als ein Volontaire, weil mir das Gluͤ cke zu Hofe nicht gar zu guͤ nstig bleiben wolte / und da ich von Jugend auff von der Haußhaltung auff dem Lande einiger maassen Profession machte / so braucht er sich meines guten Rathes. Passetems. Ja ja / wir seyn zwey prave Leute / der ist 〈148〉 Commendante uͤ ber das Land-Wesen / der hoͤrt das Gras wachsen; ich bin ein geheimer Kammer-Diener / ich sehe die Floͤhe Husten. Æmilio. Hoͤre Kerls / verschertze meine Affection nicht / ich bin ein Mann / der uͤ ber dein Gluͤ cke zu disponiren hat.
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Passetems. Wir wollens mit einander nicht verderben / denn was haͤtten wir davon? Herr Vertumnus hat wohl so viel / daß er uns ein fett Leben schaffen kan. Alamode. Doch Herr Vertumnus wird sich nun recht vergnuͤ gt befinden.
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Æmilio. Ich kan nicht beschreiben / wie vergnuͤ gt er ist / wenn er seine Guͤ ter besehen soll / wenn er seine Obligationes durchstanckern soll / wenn er sein Geld / seine Kleinodien / seine andere Mobilien nacheinander durchsuchen soll. Passetems. Und die Frau / die kan sich ein Handel drauf einbilden. Wie sie neulich so viel Flachs / so viel Lein-Geraͤthe / und so viel ander Wesen beysammen antraff / ach! so hohlete sie einen tieffen Seuffzer aus dem Hertzen / und sagte zur Kinder- Frau: Ach ihr liebe Frau / ihr koͤ nnt es doch nicht glauben / wie sanfft es thut / wenn man erbet.
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Alamode. Ich wolte mehr Leute finden / die eben des Glaubens waͤren / wenn sich nur jemand antreffen liesse / der ein Testament machen wolte. Æmilio. Ja / die Exempel seyn gar seltsam. Passetems. Aber / die Leute / die sichs wuͤ nschen / die seyn desto gemeiner. 〈K 3 r=149〉
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Alamode. Ich haͤtte es nicht gedacht / daß ein Kerl von der Gattung so stoltz waͤre / und daß er sich eine reiche Erbschafft wuͤ nschen solte. Æmilio. Er wird in den Gedancken wuchern / wie ein armer Jude.
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Passetems. Es ist niemand / der sich nicht was gewuͤ nschet. Nun halte ich davor / es ist mir eine Muͤ he / ob ich einen Thaler oder 10000. wuͤ ntsche / und dessentwegen muͤ ste ich wohl ein Baͤrenheuter seyn / daß ich mir in Gedancken nicht einbildete / ein solch Ritter-Guth zu kriegen.
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Alamode. Die Einbildung ist erschrecklich.
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Christian Weise
Æmilio. Und der Ausgang wird gar klaͤglich seyn. Passetems. Lasst nur einmahl ein Sterben unter die Narren kommen / es wird ja einer seyn / der mich vor seinen Vetter annehmen wird. 5
Æmilio. Oder wenn es nicht ist / so succedirest du ab intestato. Alamode. Doch wo befindet sich itzo Herr Vertumnus? Æmilio. Er hat vornehme Gaͤste / die Herren Raͤthe vom Hofe haben sich der alten Bekandschafft erinnert / und sind ihm zugesprochen.
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Alamode. Was werden sie gutes bringen?
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Æmilio. Meinet wegen haͤtten sie wohl moͤgen davon bleiben / sie thun allerhand Vorschlaͤge / wo er mit dem uͤ berfluͤ ßigen Gelde hin soll / und ich halte immer / haͤtte der Antecessor bey dem Guthe nicht anders Haus gehalten / die Erbschafft wuͤ rde sich so hoch nicht belauffen. Passetems. Ich mercke wohl / der vorige Besitzer war 〈150〉 ein alter Knister-Bart / der fuͤ hrte eine Haushaltung; Unser der ist nun ein Politicus, der wird eine Hoffhaltung fuͤ hren. Alamode. Ein jeder mag mit seinem Gelde machen / was er will.
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Æmilio. Und ich halte / es wird noch so viel uͤ brig bleiben / daß er mich belohnen kan. Doch da kommen sie gleich her. Sucht Monsieur Gelegenheit / mit dem Herrn zu sprechen? Alamode. Ich habe es schon gethan. Doch merckte ich / daß er sich nicht lange wolte verhindern lassen.
Die Unvergnügte Seele IV, 2
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Vierdter Handlung Anderer Auffzug. Die vorigen / Melintes, Gervasio, Vertumnus. Vertumnus. Mons. Alamode er thut treflich fremde / wie koͤmts / daß er uns nicht hat wollen Gesellschafft leisten?
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Alamode. Ich trug Bedencken / solchen hohen Patronen beschwerlich zu seyn. Vertumnus. Wer einen armen Land-Mann besuchen will / der hat an keine Beschwerligkeit / an keinen Patronen und an keine Complimenten zu gedencken.
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Alamode. Doch wer sich obligirt / ein Diener zu seyn / der muß auch auff dem Lande die Schuld nicht vergessen. Vertumnus. Ja ja / wer aus der Stadt koͤmmt / der kan 〈K 4 r=151〉 seine hoͤhnische Minen nicht vergessen. Doch / mein Patron, was faͤllen sie vor ein Urtheil von der Gelegenheit / die mir der liebe GOtt hierum beschehret hat.
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Gervasio. Gewiß / die Gegend ist uͤ beraus lustig. Melintes. Und wer so wohnen kan / der hat sich nach der Stadt nicht viel zu sehnen. Gervasio. Die Natur hat nichts vergessen; Das moͤchte ich nur wuͤ nschen / wenn noch etwas von menschlicher Kunst darzu kommen solte.
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Melintes. Es ist wahr / wer ohne dem Geld uͤ berfluͤ ßig hat / der thut unrecht / wenn er seiner Curiositaͤt nicht eine Genuͤ ge thut.
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Gervasio. Das Haus ist schlecht und irregular aufgebauet / was waͤre es denn nun / wenn man den Plunder uͤ bern Hauffen schmisse. Wer 20000. Thaler drauf spendiren will / der kan ein fein Haͤusgen nach der Mode davor kriegen. Melintes. Und der Platz / der einen Lust-Garten bedeuten soll / der siehet einer Wildniß viel aͤhnlicher. Was waͤre es denn nun / wenn man einen fremden Gaͤrtner und sonst keine Leute verschriebe / vor 5. 6000. Thaler koͤnte man einen schoͤnen Garten zu wege bringen. Gervasio. Wenn hernach das Haus fertig waͤre / so thaͤte man sich um rare Schildereyen um / was waͤre es denn nun / wenn man 10000. Thaler in solche Raritaͤten steckte? Melintes. Wenn man auch einen Wasser-Graben um das Haus und um den Garten fuͤ hren wolte / so 〈152〉 will ich hoffen / wenn man 2000. Thaler darauff spendirte / so koͤnte man zu Schiffe fahren / wo itzo trocken Land ist.
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Gervasio. Und wie stattlich solte sich eine kleine Compagnie von guten Musicanten darzu schicken. Was waͤre es denn nun / man gaͤbe des Jahrs ein paar Trompetern 400. Thaler / ein paar Violinisten auch so viel / den andern / die die Mittel-Parthey machen / liessen sich etwas leichter beschlagen; Kaͤme gleich darnach ein Lautenist / ein Harffenist / ein Theorbist / oder zur Noth ein Fagottist auch auf 500. Thaler / so haͤtte man doch auf dem Lande seine freye Vergnuͤ gung davor.
Die Unvergnügte Seele IV, 2
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Melintes. Von den Pferden will ich nicht gedencken / denn ich weiß / daß der Herr Vorfahr seine Studerey gar wohl versorget hat. Gervasio. Das ist gewiß / wer so gluͤ cklich ist / daß er Geld hat / und nimmt nicht was curieuses vor / das auch andern Leuten in die Augen faͤllt / den halten die klugen Leute nicht einmahl werth / daß er Geld haben soll. Melintes. Wenn sich der Herr unsern Vorschlag wolte gefallen lassen / so gedencke er nur selber nach / wie seine Curiositaͤt an den vornehmsten Orten hin und wieder wuͤ rde geruͤ hmet werden.
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Gervasio. Geld haben ist keine Kunst / aber Geld wohl gebrauchen / das ist eine Kunst / die manchmal einem Fuͤ rsten fehlet. Melintes. Ich will hoffen / an diesem Orte wird es an der Kunst nicht fehlen. 〈K 5 r=153〉
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Vertumnus. Meine Patronen, sie sagen mir viel von Bauen / von Garten-Wercken / von Wasser-Wercken / von Musiciren / allein / wo ich das zu meiner Vergnuͤ gung suchen soll / so muß ich Leute haben / die mir darzu rathen. Gervasio. Herr / es ist gleich ein koͤstlicher Baumeister mit herkommen / der haͤlt sich in dem Wirths-Hause auff / und wo er sonst Lust hat / sein Gebaͤude zu verdingen / so kan er auff der gantzen Welt keinen bessern Meister haben. Er hat in Italien / in Franckreich / in Engelland solche Dinge gesehen und gethan / und wenn ihn die Liebe des Vater-Landes nicht wieder in Deutschland getrieben haͤtte / so wuͤ rde er sich wohl bedancken / daß er bey uns bliebe.
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Melintes. Und mit mir ist gleich ein Gaͤrtner kommen / der ist in Blumen / in Baͤumen / in Versetzen / in Summa in allen Dingen so perfect, wenn er in Daͤnnemarck nicht waͤre disgustiret worden / so waͤre er lange daselbst Koͤniglicher Gaͤrtner. 5
Gervasio. Es ist auch ein trefflicher Violiniste da / wo ihm frey stehet / daß er sich darff hoͤren lassen / so wird ein jedweder sprechen / daß der Roͤmische Kaͤyser seines gleichen nicht hat. Vertumnus. Die Herren thun mir gar zu grosse Guͤ te / daß sie vor mich gesorget haben / ehe ich sie drum ansprechen kan.
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Gervasio. Wenn ich einem rechtschaffenen Manne so weit dienen soll / daß ich seine Renomée dadurch befoͤrdert sehe / so bin ich am vergnuͤ gtesten. Melintes. Und er wird befinden / was im Gelde vor 〈154〉 eine Vergnuͤ gung steckt / wenn man es recht anzulegen weiß.
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Vertumnus. Ich bitte / sie lassen die ehrlichen Leute zu mir kommen / solten wir im Handel einig werden / so wolte ich sehen lassen / daß ich bey meinem Gelde zugleich auff Reputation halten koͤnte. Gervasio. Daran soll kein Mangel seyn / es kan nur befohlen werden / daß jemand in dem Wirths-Hause nachfraget. Vertumnus. Herr Æmilio wird schon davor sorgen / Monsieur Alamode bleibt in unserer Gesellschafft.
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Vierdter Handlung Dritter Auffzug. Passetems, Bastian. Passetems. Nun der Herr faͤngt gut an / wo er den Leuten folgt / so ist er capable, in einem Jahre eine Graffschafft zu vertendeln. Ey Schade / daß ich kein Baumeister bin / Schade / daß ich kein Gaͤrtner bin / Schade daß ich kein Trompeter, kein Vio liniste, kein Fagottiste, kein Theorbiste / kein Lauteniste / kein Harffeniste bin. Der Ansatz zur Music war gut genung / waͤre der Edelmann aus meinem Dorffe der Koͤnig in Franckreich gewesen / und waͤre der Schulmeister daselbst des Koͤnigs Capellmeister gewesen / so koͤnte ich mich gleichwohl vor einen Koͤniglichen Capell-Knaben ausgeben. Doch was will der alte Wind-Buͤ chsen-Macher da / wie 〈155〉 wird er sich im Kopffe kratzen / wenn er sich wird erzehlen lassen / wie die neue Haußhaltung gar aus einem anderen Fasse gehen soll.
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Bastian. Hoͤrt doch / bleiben die fremden Leute noch einmahl beym Essen? Passetems. Warum sollen sie nicht bleiben? Sie kriegen erst rechte Lust / daß sie mit dem Herrn wollen bekandt werden. Bastian. Nein / der vorige Herr machte es nicht so. Wenn solche Fresser kommen / so wird der Haber vom Boden gar bald verschwinden / das Huͤ ner-Hauß wird gar lichte werden / wenig Kaͤlber werden wir duͤ rffen schneiden lassen / die Speck-Seiten und die Knack-Wuͤ rste werden schrecklich davon fliegen / und die Fisch-Haͤndler von Lammers-Walde / werden uns schlechte Muͤ ntze vor unsere Hechte mehr bringen.
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Passetems. Guter Freund / was waͤre es denn nun / wenn alle Leute sparten? Ob nun die Sperlinge den Haber vom Boden verschleppen; Ob das Marter die Huͤ ner frisst; Ob die Fleder-Maͤuse in die Speck-Seiten kommen; Ob die Fisch-Otter den Hechten die Koͤpffe abbeist / oder ob rechtschaffene Leute darbey lustig seyn / das ist endlich wohl eine Sache / daruͤ ber sich ein Politicus kein groß Gewissen machen darff. Bastian. Je nun nun / der liebe seelige Herr schonete manchmahl die Butter / und wolte keine fette Suppe fressen / und itzo denck ich immer / sie werden die Butter und die Kuͤ he mit einander fressen. 〈156〉
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Passetems. Ja / das muͤst ihr gedencken / der Herr hat auch Respect davon. Ach da koͤmmt ein Baumeister / der soll ein neu Schloß bauen; Da koͤmmt ein neuer Gaͤrtner / der soll das Dorff zum Paradiese machen; Da koͤmmt ein Musicante, der soll uns den Himmel uͤ ber und uͤ ber voller Geigen haͤngen. Gelt darnach werden die Bauren sehen / was sie vor einen Herrn ins Dorff kriegt haben.
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Bastian. Je nein / wie scheussert mich! wollen sie gar ein neu Haus bauen? reist nur das alte ein / ich halte / ihr werdet den alten Seegen auch mit eingerissen haben. Passetems. Wo der Garten soll schoͤne seyn / da muß fuͤ rwahr das Haus auch funckeln.
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Bastian. Unser Gaͤrtner heist Meister Marx Spiegel / der ist auch kein Narr / er hat unserm Herrn einmal vor 50. Thaler Petersi lien verkaufft / er hat ihm ein Hoͤltzgen mit Borßdorffer-Aepffeln angeleget / vor 4. Jahren / da einmahl so gute Zeit war / kriegte er auff einmahl fuͤ nffhundert Thaler Pacht-Geld.
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Passetems. So wollen wir die 500. Thaler nehmen / und wollen Citronen-Baͤume / Pomerantzen / kleine Rosinen / Mußcat- Nuͤ sse / Castanien / Datteln / Mandeln / Coloquinten / Aloen und Nonnen-Fuͤ rtzgen davor kauffen / die wollen wir hernach nicht einmahl vor 500. Thaler verpachten.
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Bastian. Nun nun / fangt es nur mit fremden Gewaͤchsen an / es ist / als wenn unser HErr GOtt verachtet wuͤ rde / ich daͤchte / Er waͤre in unserm Lande auch daheime. 〈157〉 Passetems. Nun mein lieber Freund / ich bin dem Garten-Wercke auch nicht gut / man muß gar zu lange drauff warten. Aber um die Musicanten ists doch eine feine Sache / die duͤ rffen die Quinte auffziehen / damit ist die Fiedel gestimmt. Bastian. O der seelige alte Herr war auch lustig / in der Woche brauchte er eine Leyer / und am Sonntage eine Sackpfeiffe / und dessentwegen golten seine Thaler und Ducaten immer vor voll.
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Passetems. Was hilffts? Die Welt wird immer kluͤ ger / die vorigen Kuͤ nste wollen vor den itzigen nichts mehr gelten. Bastian. Ja es gemahnet mich / wie mit unserm Schulmeister / der wolte uns vor drey Jahren bereden / wir solten 30. Thaler nehmen / und die Orgel in der Kirche wieder anrichten lassen. Aber der seel. alte Herr gab ihm gar einen kurtzen Bericht: O Schulmeister / sagte er / Wenns ack brummt. Passetems. O last die neuen Kerlen nur ankommen / ich meyne / sie sollen Dinger mit bringen / die werden brave brummen. Bastian. Ich halte / sie werden uns bald zum Dorffe hinaus brummen / ich wolte / daß ich gestorben waͤre / daß ich dem verfluchten Leben nicht zusehen duͤ rffte! Ich spreche noch
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einmahl / die Leute kan kein guter Geist regieren / die unsern neuen Herrn so beschmeissen wollen. Geht / geht / und sagts allen Leuten / daß ich so geredt habe / ich nehme kein Blat vors Maul / und ich sehe es doch wohl / daß ich nun zum Verwalter werde zu schlecht seyn / und wenn man 〈158〉 alles wird beym Lichte besehen / so werden die Hundsf – – – die mich itzt schimpffen wollen / den Herrn um sein Geld und seine Guͤ ter beschmissen haben. (Gehet ab.)
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Passetems. Der alte Schurcke mag ein kluger Kerl seyn / aber was hilffts / wenn die Klugheit ein bißgen altvaͤterisch wird / so muß was anders nach der neuen mode auffkommen / und gnug / daß ich singen kan: Wohl dem der sich vergnuͤgt.
Vierdter Handlung 15
Vierdter Auffzug. Æmilio, hernach Donato.
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Æmilio. Nun der Bau-Meister ist angenommen / und wo der Bau so fortgehen soll / so muͤ ssen wir 100. Mann darzu annehmen. Itzo soll er Gelder auff die Haͤnde kriegen / und wo wir nicht Korn oder Weitzen bald verkauffen / so muß ein eiserner Kasten dran / die Thaler muͤ ssen heraus / und wenn sie noch so feste eingehaͤmmert waͤren. Mit den Musicanten ist es auch richtig / da sollen etwan acht Personen kommen / und der jenige / der sie verschrieben / soll irgend voraus ein paar hundert Thaler kriegen. Nun weiß ich nicht / wie es mit dem Gaͤrtner stehen wird / wo der hoch hinaus will / so wird die Rechnung endlich
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sehr laͤcherlich an Tag kommen. Doch es darff mir nicht bange darnach seyn / er ist schon da. 〈159〉 Donato. Meinen Dienst dem Herrn. Æmilio. Grossen Danck / ich habe gleich auff ihn gewartet. Donato. Ja ich habe Befehl / daß ich mit dem Herrn reden soll.
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Æmilio. Nun ich hoͤre / er will sich bey uns vor einen Gaͤrtner gebrauchen lassen. Donato. Ich weiß nicht / ob dem Herrn meine Dienste werden anstehen / so weit habe ich mich schon heraus gelassen / wenn er mir des Jahrs zweyhundert Thaler Besoldung giebt / vor mich / vor den Gesellen und Jungen freyen Tisch / oder drittehalb Thaler Kost-Geld / und wenn er mir die Freyheit laͤst / daß ich was darneben von Gewaͤchsen / von Kohl-Kraͤutern und Fruͤ chten verkauffen mag / so will ich ein paar Jahre zu sehen. Æmilio. Ey das war ein bißgen zu viel / kriegt doch unser Schulmeister nicht so viel Besoldung / und der hat die lebendigen Pflantzen unter sich / die einmahl in den Himmels-Garten sollen gepflantzet werden. Donato. Koͤnnen sie es leichter haben / und eben so gut / so bin ichs wohl zu frieden / denn was huͤ lffe es mich / daß ich durch die gantze Welt gereiset waͤre / und daß ich was rechtschaffenes gelernet haͤtte / wenn mirs niemand bezahlen wolte.
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Æmilio. Aber soll denn nun der Garten so koͤstlich seyn? Donato. Wer keine Wissenschafft von den Sachen hat / bey dem laͤst sich nicht viel erzehlen / doch wenn 〈160〉 ich die Probe werde erwiesen haben / so weiß ich / sie werden sich in die
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Seele schaͤmen / daß sie mir nicht haben 500. Thaler geben sollen. Æmilio. Mich duͤ nckt aber / der Garten ist gar schoͤne angerichtet / vorne her sind so schoͤne Gaͤnge von Linden. 5
Donato. Ach pfuy! mit den garstigen Linden / ein jeder Bauer kan sie setzen; Ich lobe Tannen und Fichten. Æmilio. Das seyn auch wohl nicht die rarsten Baͤume.
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Donato. Er wird auch den Koͤnig in Franckreich nicht tadeln / zu Saint Cloû, zu Fontaine-Bleau, zu Versailles sind allenthalben die Gaͤrten mit solchen Baͤumen besetzt. Æmilio. Ich dachte immer / ich wolte noch in Franckreich ziehen / wo ich aber keine andere Raritaͤt finde / als Tannen und Fichten / so will ich hinaus auff den Gickelsberg gehen / und eine Pfeiffe Toback mitnehmen. Doch was fehlt den Johannes-Beeren?
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Donato. So viel fehlet ihnen / daß sie alle fort muͤ ssen / ach die Rabatten muͤ ssen frey stehen. Was soll mir solch Wesen / das den Blumen die Lufft nimmt. Æmilio. Den Blumen hat gleichwohl bißhero nichts gefehlet. Der alte Meister Marx hat etliche Quartier als ein Creutz gesetzt / und hat sie voll rothe Tulipanen gepflantzet / daß man seines Hertzens Lust siehet. 〈L r=161〉 Donato. Nun Meister Marx muß gewiß ein Catholischer gewesen seyn / er hat vom Creutze viel gehalten / und mit den rothen Tulipanen kommen wir am besten aus / wenn wir sie ausnehmen und ans Fleisch kochen. Æmilio. So werden unsere Gewaͤchse auch sonst nicht viel taugen.
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Donato. Freylich taugen sie nichts / es muß alles umgesetzet werden. Vor eins taugt der Buchs-Baum nichts / ich nehme gruͤ n Graß / und halte es unter der Schere. Die Tulpen moͤgen so schoͤne seyn / als sie wollen / so taugen sie nicht; Wenn die Glocken nicht so groß seyn / als ein Menschen-Kopff / und so voll / daß sie 150. Blaͤtter haben / so zertrete ich sie mit den Fuͤ ssen. Die Iris muß mir da stehen / als ein Mann hoch / und die Lappen muͤssen daran herunter hangen / wie die Rinds- Zungen. Die Rosen und die Nelcken / wenn sie seyn / wie ein kleiner Hand-Teller / so begehre ich sie nicht. Das Leucojum muß bey mir stehen / wie anders wo die Malva.
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Æmilio. (ad spect.) Ich hoͤre es / in dem Garten werden wir viel Leitern gebrauchen / wenn wir daran ruͤ chen wollen / und grosse Messer / wenn wir sie abschneiden wollen. Donato. Und das ist meine Kunst / wenn eine Blume die natuͤ rliche iola maFarbe behaͤlt / so schmeiß ich sie weg. Ich habe eine V tronalis, wie ein schwartzer Sammet / und den vollen Ritter sporn / der siehet Aschen-Farb / wie eine Fledermauß. 〈162〉
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Æmilio. Behaͤlt auch das Graß seine Farbe? Donato. So hin / ich studire noch immer drauff / ob ich das Graß kan roth machen.
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Æmilio. Ich daͤchte / wenn die Erde gruͤ ne wuͤ rde / und das Graß schwartz. Donato. Ich mercke es wohl / der Herr versteht mich nicht. Doch in etlichen Jahren wird es manchen gereuen / daß er meine Kunst aus Einfalt nicht verstanden hat.
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Vierdter Handlung Fuͤ nffter Auffzug. Die vorigen / Bastian. Bastian. Ist das der Kerl / der unsern Garten getadelt hat? 5
Æmilio. Gar zu viel Gutes hat er nicht davon geredet. Donato. Ey der Garten ist zu seiner Zeit gut genung gewesen / daß nun Leute kommen / die es besser verstehen / das soll euch lieb seyn.
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Bastian. Einen Dr – – moͤgt ihr besser verstehen / da kommen die Narren / und wollen Dinger setzen / sie heissen es Frantz- Baͤume / ich daͤchte / ich hielte es mit einem grossen Baum / der kan wiederhalten / und traͤgt etliche Scheffel nach einander. Donato. Herr / es ist die Raritaͤt / so ein kleiner Baum / so grosse Fruͤ chte.
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Bastian. Narren-Possen / es ist euch nur darum / daß 〈L 2 r=163〉 ihr alles wolt umkehren; Was unser HErr GOtt groß machet / das wolt ihr klein machen / und was Er klein macht / das wolt ihr groß haben. Donato. Ist es nicht gut / wenn man die Natur so spielen laͤst.
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Bastian. Spielen / spielen / taͤndeln / taͤndeln / ich lobe einen Rase-Plan / und einen Beutel voll Ducaten. Donato. Die Ducaten bleiben nicht aus. Gedencket / was sind die blossen Kohl-Beete werth / die netten Artischocken / Blumen- Kohl / Caulrabi, Sellery, Spargel – –
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Bastian. O lasst mir das garstige Ding ungenennt; ich hoͤre / ihr habt auch einen Quarck / der heist Kaͤse-Kohl / zu unserer Zeit hatten wir Kohl / davon gaben wir die Struͤ ncke den Kuͤ hen / so fehlete es an Kaͤsen nicht. Donato. Einfaͤltige Leute lassen sich die Sachen nicht bereden / die sie nicht verstehen.
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Bastian. O ja / euer Verstand ist gewiß auff einem Frantz-Baum gewachsen / denn er ist gar klein. Donato. Ihr guter Mann / und wenn euer Verstand auff einem wilden Apffel-Baum gewachsen ist / so kan er gleichwohl kleine seyn.
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Bastian. Nein / hoͤrt doch / ich muß euch auch was fragen / wisset ihr auch / was die Schieß-Ruͤ be vor ein Gewaͤchs ist. Donato. Ey deswegen bin ich auch nicht herkommen / daß ich mich soll schrauben lassen; Und die vornehmen Leute sollen sich selber meiner annehmen / die mich recommendiret haben.
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(gehet ab.) 〈164〉 Bastian. Den haͤtte ich nun abgefertiget / wenn er aus Boßheit wolte weglauffen / so waͤre es vor unsern Herrn gar gut. Æmilio. Das ist gewiß / ich sehe mir ein elend Leben / wo wir einen solchen Staat anfangen.
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Bastian. Ich kan mir nicht helffen / wenn die alten Diener nicht mehr gelten / so koͤmmt das neue Ungluͤ ck angezogen. Æmilio. Ein bißgen reinlich moͤchte es wohl zugehen / aber nicht so praͤchtig.
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Bastian. Ich schmiß dir auf die Reinligkeit; Wo es fein nach Mist und nach Kuhfladen reucht / wo man das saure vom Huͤ nerund Tauben-Dreck uͤ ber zwey Gewende ruͤ chen kan / wo die Sperlinge die Huͤ lfen huͤ bsch aus den Pferde-Kutteln suchen / da ist gute Zeit. Genung / daß der Kasten nicht beschmissen ist / da man die Thaler einlegt. Æmilio. Ich sehe wohl / ein alter Herr bleibt bey seinen Gedancken. Doch / wie waͤre es / wenn wir einen Versuch an die Frau thaͤten? Ich dencke / sie hat auch was zu sprechen / und sie hat das meiste darbey zu verlieren. Bastian. Ja sehet / ich habe mich auf den Ranck nicht besonnen / der ist ein Schelm / der nicht flugs hingehet / ich weiß auch / wie man das Maul auffthun soll / wenn es eine ungeschickte Neuerung betrifft.
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(gehet ab.) Æmilio. Wie lauffen doch die Sachen in der Welt so wunderlich. Wie der liebe Herr zu seiner Erbschafft kam / so wusten die Leute sein Gluͤ cke nicht genung zu 〈L 3 r=165〉 ruͤ hmen / ich halte / es haͤtte sich mancher lassen ein Ohr abschneiden / daß er nur an seine Stelle haͤtte treten koͤnnen / aber wo der Ausgang nicht besser koͤmmt / so wird ihm fuͤ rwahr die unvergnuͤ gte Seele unter dem Wamste wieder lebendig. Doch was bringt der neue Gast.
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Vierdter Handlung Sechster Auffzug. Æmilio, Barnabas. Barnabas. Ey ihre Gnaden halten mirs zu gute / daß ich wieder komme.
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Æmilio. Du Mauschel / wenn du wieder koͤmst / so gehest du nur darauff um / wie du uns betruͤ gen kanst. Barnabas. Ey ihre Gnaden / ich werde muͤ ssen sehen / daß ich nicht betrogen werde. Æmilio. Ich moͤchte es wohl sehen / wie es einer anstellen solte / wenn er dich betruͤ gen wolte.
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Barnabas. Es fehlt nicht viel / ich bin betrogen. Ich habe dem Herrn eine Kiste Silber-Werck von Augspurg vor 1500. Thaler verschreiben muͤ ssen / aber wo ist mein Geld? Æmilio. Du leichtfertiger Vogel / kennest du den Kauffmann nicht / daran wir dich angewiesen haben? Hat doch unser Herr vor 12000. Thaler Wechsel-Brieffe bey sich / warum solte er denn das nicht bezahlen koͤnnen. Barnabas. Ihre Gnaden wissen wohl / Anweisung ist keine Bezahlung; Der Kauffmann ist bancerot, 〈166〉 die Arreste sind angeleget / und ich dencke / hat der Herr 12000. Thaler zu fordern / so mag er warten / bis auff den Juͤ ngsten Tag / da gelten die Zettel so viel / als baar Geld.
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Æmilio. Nun / eine troͤstliche Zeitung vor unsern Herrn. Doch / warum hastu das Geld nicht bey Zeiten eingefodert / wir gestehen dir nichts.
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Barnabas. Ey ich halte mich an den Herrn / der das Silber-Werck bekommen hat. Æmilio. Gehe fort / wir gestehen dir nicht einen Pfifferling. Barnabas. Ihre Gnaden verzeihen mir / ich muß sehen / wo ich den Herrn selber antreffe / er ist ein galanter Mann / er wird seinen ehrlichen Nahmen nicht schimpffen lassen.
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(gehet ab.) Æmilio. Ey ey / wo uns die Kaͤfer in die Capitalia kommen / so wird unsere unvergnuͤ gte Seele viel zu pinseln kriegen.
Vierdter Handlung Siebender Auffzug. 15
Æmilio, Fulvio, Basilio. Æmilio. Doch hui / daß wir da wieder was neues erfahren. Fulvio. Herr / ich soll einen freundlichen Gruß ablegen. Basilio. Ja ja / ich soll auch einen freundlichen Gruß ablegen. 〈167〉
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Fulvio. Ey / warte doch / meine Sache ist nothwendig.
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Basilio. Und du weist viel / wie Noth mir ist. Æmilio. Ihr Kerlen / zwey koͤnnen nicht mit einander reden / wolt ihrs lassen in Noten setzen / so koͤnnt ihrs mit einander singen. Fulvio. Ich soll den Herrn gruͤssen vom Hege-Reuter zu Kleppels- Dorff / der laͤst ihm zur Nachricht sagen / er soll sich vor den Dieben in acht nehmen / es ist eine Compagnie beysammen / die hat einen Anschlag auff sein Hauß / und wo sie einmahl uͤ ber die eisernen Kasten kommen / so moͤchten sie gar ungleich mit dem Herrn theilen. Æmilio. Wo kan der Hege-Reuter das wissen.
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Fulvio. Genung / daß er darhinter kommen ist / und wie lange ists / da sie in der Nachbarschafft einbrachen / der gute Mann behielt nicht so viel uͤ brig / daß er seinen Leib damit bedecken konte. Æmilio. Je nun / wir verschliessen das Hauß / so gut wir koͤnnen.
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Fulvio. Ja / die Kerlen bringen grobe Haupt-Schluͤ ssel mit / und wenn jemand darzwischen reden will / so schmeissen sie Ihm den Schluͤ ssel uͤ ber den Kopff. Æmilio. Habt ihr auch was von den Dieben gehoͤret? Basilio. O nein / ich habe sonst eine froͤliche Zeitung. Wisset ihr auch / wo der Pferde-Knecht ist?
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Æmilio. Meinetwegen mag er auff dem Stalle oder auff dem Heu-Boden seyn / was gehet es mich an. 〈168〉 Basilio. Er ist mit des Scholtzes Magd durchgangen / es waͤre Zeit / daß sie die Pferde zehleten / ob noch alle da waͤren. Und der
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Magd ihre Mutter hat immer mit Haber gehandelt / ich dencke immer / sie werdens gemacht haben / als wie vorm Jahre beym Edelmann zu Laͤmmers-Walde / da bohrten sie ein Loch in Haber-Boden / und liessen immer einen Sack voll nach dem andern herunter lauffen. Æmilio. Uber den Haber bin ich nicht bestallt / doch ich will nicht hoffen / daß er uns soll ein paar Pferde mit genommen haben.
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Basilio. Ich dencke / die zwey Braunen werden immer fort seyn / denn da ich ihn heute reuten sahe / da hatte er nichts guts im Sinne. Fulvio. Je nun / Herr / sie moͤgen machen / was sie wollen / ich habe es gesagt. (Gehet ab.)
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Basilio. Und wenn ich bessere Zeitung hoͤren werde / so will ich bessere bringen. (Gehet ab) Æmilio. Nun es laͤst sich gar troͤstlich an / ich dencke immer / wie der alte Schabe-Hals zum Gute kommen ist / so wirds zum Hencker und zu seiner Grosse-Mutter wieder hingehen.
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(Gehet ab.) 〈L 5 r=169〉
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Vierdter Handlung Achter Auffzug. Theresia, Bastian, hernach Vertumnus. Theresia. Habt ja grossen Danck / ihr ehrlicher Mann / daß ihr mich in Zeiten gewarnet habt.
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Bastian. Seht / gestrenge Frau / ich bin nicht ein solcher Mann / der sich um fremde Ding bekuͤ mmert. Und so wohl der Herr meine liebe Obrigkeit auch ist / so stuͤ nde mirs nicht an / daß ich was Ungeschicklichs wieder ihn reden solte. Aber so ein alter deutscher redlicher Mann / wie ich / der sehe es gerne gut.
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Theresia. Bleibt ihr bey der guten Meynung / ihr sollt auch in eurem Amte bleiben / und wenn ich werde mit meinem Lieb sten geredt haben / so wollen wir sehen / wer auff dem Hofe Verwalter heissen soll. Bastian. Je nun gestrenge Frau / besser kriegt ihr keinen Menschen / als mich. Ehe ein ander Kerl lernet / wenn der Dr – – bey der Landes-Art reiff wird / so wird er noch manchmal den Schnee belecken muͤ ssen / den ich betreten habe. Theresia. Ihr guter Mann / geht / geht / es soll euch niemand nachlecken / es soll euch auch niemand die Schuhe austreten. Dort koͤmmt mein Liebster / mit dem muß ich alleine reden.
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Bastian. So gehts brave / ich habe die Frau auff die Seite / nun werde ich wohl gewinnen. (Gehet ab.) Vertumnus. Mein Kind / wie so alleine? 〈170〉
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Theresia. Mein Schatz / warum bistu alleine / ich dachte / die Herren Raͤthe waͤren noch da. Vertumnus. Sie waͤren wohl gerne da geblieben / sie kriegten geschwinde einen Bothen / und musten zum Fuͤ rsten kommen. 5
Theresia. So gehets den Leuten / die in Herrn-Diensten stehen / GOtt Lob / wir habens besser. Vertumnus. Ich kunte es auch wohl leyden / daß mir die Gaͤste vom Halse kamen / denn so kan ich meinem liebsten Engels-Kinde desto bequemer auffwarten.
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Theresia. Merckstu was / mein Kind! ich habe wohl mein Lebe- Tage gehoͤret / Geld schadt der Liebe nicht / nun erfahr ichs besser / das Geld hilfft auch der Liebe. Ja fuͤ rwahr / ich habe dich um hundert tausend Thaler lieber / als zuvor. Vertumnus. Hastu mich des Geldes wegen lieb? Ich habe kein Geld. Theresia. Mein Kind / versuͤ ndige dich nicht / du hast Geld. Vertumnus. Ach nein / was ich habe / das ist deine / du hast Geld / und drum muß ich dich vor hundert tausend Thaler lieber haben.
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Theresia. Aber mein Kind / was machen denn so viel Leute noch im Hofe / seyn sie nicht mit den Herren Raͤthen wieder weggezogen? Vertumnus. Sie machen auch was. Eins ist ein Baumeister / der soll dir ein neu Haus bauen / ich wolte gleich hoͤren / an welchem Orte deine Wohnstube / deine Spiel-Stube / und dein Beth-Cabinetgen soll angeleget werden. Darnach ist ein Gaͤrt-
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ner darbey / der soll mir einen 〈171〉 Lust-Garten anlegen / und wenn du ihm gute Worte giebst / so setzet er doch deinen geschrenckten Nahmen mit guͤ ldenem Buchsbaum aus. Das andere seyn Musicanten, die sollen allemahl bey der Tafel was lustiges machen. Siehe / mein liebes Kind / wer Geld hat / der muß auch so darmit umgehen / daß er sich des Geldes nicht schaͤmen darff.
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Theresia. O mein Kind / wenn die Sachen das Jahr immer nachblieben. Vertumnus. Mein Kind / du siehests wohl / was man thun will / das thue man bald.
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Theresia. Ich dencke aber / wenn wir so viel Geld vertaͤndeln / so werden wir ausgelacht / und behuͤ te mich GOtt / daß ich nicht irgend gar vom Abrechte darbey kaͤme. Vertumnus. Mein Kind / es wird noch wohl so viel da seyn / als wir zu unserm Staate brauchen.
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Theresia. Mein Schatz / du sagest vor selber / das Geld waͤre meine: Was meine ist / das laß ich nicht vertaͤndeln. Vertumnus. Was dir zu Ehren angewendet wird / das vertaͤndelt man nicht. Theresia. Es bleibt wohl darbey / du hast mich nicht recht lieb / da wird ein fremder Kerl nach dem andern kommen / und da wird ein eiserner Kasten nach dem andern dran muͤ ssen / darnach graͤmst du dich einmahl zu tode / und laͤst mich als eine arme Wittwe zuruͤ ck. Das ist nur mein Trost / daß ich nicht viel Kinder habe; Will mir GOtt ja Armuth zuschicken / so lasse er michs nur alleine ertragen. (Sie setzt sich an den Tisch und schmollt) 〈172〉
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Vertumnus. Mein Kind / das seyn unnoͤthige Gedancken. Theresia. O laß mich gehen / wenn ich werde gestorben seyn / so nimm dir eine andere / die sich die Sache nicht so sehr zu Hertzen nimmt. 5
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Vertumnus. Mein Kind / haͤtte ich das gewust / so haͤtte ich mit den Leuten keinen Contract geschlossen. Theresia. Je nun / laß mich nur sterben / darnach magstu Contracte schluͤ ssen / wie du wilst / und ich will dir keine boͤse Worte geben / wenn du mich gleich nicht um Rath fragest. (Sie sitzt und heulet.) Vertumnus. Nun will ich alle Welt zum Zeugen anruffen / ob ich bey solchem Zustande kan vergnuͤ gt seyn. (Er setzt sich gegen uͤ ber und schmollt.)
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Neundter Auffzug. Die vorigen / hernach Æmilio, Fulvio, Basilio, Bastian, Passetems.
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Æmilio. Ich weiß nicht / wo ich den Herrn suchen soll. Herr / der Jude will 1500. Thaler haben / der Kauffmann mit unsern 12000. Thalern ist fallit worden. Vertumnus. O last mich gehen. Fulvio. Herr / es seyn gleich itzund drey Kerlen ins Wirths-Haus kommen / die gehen um das Schloß / und sehen sich die Ge-
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legenheit ab / ich spreche immer / sie seyn von der Diebs- Compagnie. Vertumnus. Laß sie kommen / sie moͤgen mir meine unvergnuͤ gte Seele mit stehlen. 〈173〉 Basilio. Herr / der Pferde-Knecht ist gewiß mit den zwey Braunen fort / und es ist ihm ein Bauer begegnet / der einen Sack voll Geld wohl auff dreyhundert Thaler bey ihm gesehen. Bastian. Nun ich sehe mir ein jaͤmmerlich Fressen / itzo koͤmmt ein Bothe / es brennt in unserm neuen Vorwercke / wer leschen wird / das weiß ich nicht. Herr / was sollen wir denn thun?
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Vertumnus. Lasts gehen / wie es geht / ich bin einmahl so unvergnuͤ gt / als das andere? Basilio. Je / gestrenge Frau / will sie denn nichts darzu rathen? Theresia. Was gehets mich an / wer im Hause Herr ist / der mag befehlen.
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Passetems. Ach / ich armer Narr / ô wenn ich doch bald die schreckliche Zeitung vom Hertzen haͤtte / sie kruͤ belt mir unter dem Wamste / als wenn ich einen Ameiß-Hauffen hinein gesackt haͤtte. Ach das wird ein Hertzeleyd vor die Frau seyn / Ach! Gestrenge Frau / soll ich was sagen?
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Theresia. Gehe hin / ich mags nicht hoͤren. Passetems. Sie hoͤre doch nur ein bißgen davon. Theresia. Gehe / oder ich schmeisse dir ins Gesichte / was ich kriege.
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Passetems. Je nun / will sie es nicht hoͤren / so kan ichs auch nicht verschweigen. Der Pferde-Knecht ist durchgegangen und hat sieben und zwantzig Kloben Flachs mitgenommen. Theresia. (springet auf) Was sagstu vom Flachs? 5
10
Passetems. (ad spect.) Ich dachte wohl / daß mir die Frau angehen solte. Ob das Vorwerck brennet / da 〈174〉 fragt sie nichts darnach: Aber da es uͤ ber den Flachs gehet / da mercken wir erst / was wir vor ungluͤ ckselige Leute sind. Theresia. Hoͤrstu nicht / du solt mir sagen / wie es mit dem Flachse stehet. Passetems. Je nun so stehts: Der Pferde-Knecht hat was abgeborgt / wenn irgend einmahl ein gut Flachs-Jahr kommen wird / so moͤchte ers wohl wieder geben.
15
20
Theresia. Ach wo ist die Kinder-Frau / wenn wir nicht darnach sehen / so wird niemand hinter den Schaden kommen. Vertumnus. Und wenn ihr sehet / daß am Vorwercke Huͤ lffe vonnoͤthen ist / so schere sich doch ein jedweder hin / da es Huͤ lffe von noͤthen hat. (Sie lauffen fort.) Ach wehe / wer viel hat / der kan viel verlieren / und wer sich bey dem Reichthum vergnuͤ gen will / den macht die aͤngstliche Sorge wieder unvergnuͤ gt. Ach was habe ich meinem Vetter gethan / daß er mich zu solchem Ungluͤ cke hat erben lassen.
Die Unvergnügte Seele IV, 10
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Vierdter Handlung Zehender Auffzug. Kilian, Camillo, Donato. Donato. So werden wir uns nicht vexiren lassen / mir ist einmal versprochen worden / daß ich soll Gaͤrtner seyn / und wenn ich mein Geld nicht auff die Hand kriege / so will ich dem Herrn einen Possen thun / er soll die Zeit seines Lebens daran gedencken. 〈175〉 Kilian. Ich bin eben deßwegen da / daß er einen Possen von mir kriegen soll.
5
10
Camillo. Der Hund hat uns dazumahl vexiret genung / da er Amtmann war / itzo bin ich ein Soldate / da will ich ihn auch tractiren / als einen / der meiner Gnade leben muß. Kilian. Ich habe eine Schuld zu fordern / da bleib ich so lange liegen / und zehre auff des Herrn Unkosten / biß ich Satisfac tion habe. Camillo. Und ich soll vor 10. Reuter in dem Dorffe Quartier machen / und da wollen wir auch manchmahl mit einander reden; Ich dencke aber / die Amtmannische Majestaͤt wird sich nach und nach ein bißgen wohlfeiler geben.
15
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Donato. Der Herr darff mir halbicht gute Worte geben / so nehm ich Dienste an / und bleibe hier im Quartiere liegen. Camillo. Gar wohl / solche Leute seyn allemahl bey uns willkommen / da hat er meine Hand / wer dem lieben Juncker was zu gedencken hat / dem stehe ich zu Diensten.
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Christian Weise
Donato. Er hat Geld genung / wenn er gleich ein eisern Kaͤstgen angreiffet / es hat nicht viel zu bedeuten.
5
Kilian. Es hat ein alter Schmecks im Dorffe gewohnt / der hat die Thaler gesammlet; Nun waͤre es wohl einmahl Zeit / daß sie unter die Leute kaͤmen. Camillo. Ach wir werden lange fressen muͤ ssen / ehe wir an die rechten Thaler kommen / und darnach bleiben doch die ausstehenden Capitale noch zuruͤ cke. 〈176〉
10
Donato. Es ist wohl eine wunderliche Sache / manche Leute haben alles / und ein ander muß sich kuͤ mmerlich behelffen / wie er kan. Kilian. Ich will mich deswegen nicht kraͤncken / haͤtte ich viel Geld / so haͤtte ich viel Sorgen.
15
Camillo. Das ist gewiß / wenn wir dem lieben Herrn unsere Ankunfft notificiren werden / so wird er sich vor Angst tausendmahl im Kopffe kratzen. Wer nichts hat / der lebt ohne Sorgen / und wenn die gute Stunde kommen will / so nimmt er sie mit.
Vierdter Handlung Eilffter Auffzug. 20
Die vorigen / Bastian. Bastian. Nun der Schade wird mit keinen Viertausend Thalern wieder gut gemacht. Ey ey / wir duͤ rffen an kein alamodisch Hauß gedencken / wer die Staͤlle und die Scheunen wieder gebauet haͤtte.
Die Unvergnügte Seele IV, 11
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Camillo. Hoͤrt / guter Freund / ihr werdet ein Bedienter vom Herrn-Hofe seyn? Bastian. Ja von 40. Jahren her moͤchte ich so was gewesen seyn. Camillo. Kan ich den Juncker antreffen. Bastian. Wir haben irgend so ein klein Ungluͤ cke / wir wissen selber nicht / wo uns die Koͤpffe stehen. Camillo. Zum Ungluͤ cke wird wohl Rath werden / doch was mich betrifft / so hab ich Ordre, daß ich hier im Dorffe soll Quartier nehmen / werden wir fromme Leute finden / so wollen wir fromme Gaͤste seyn. 〈M r=177〉
5
10
Bastian. Ey die Herren werden wohl nicht recht ankommen. Camillo. Der Nahme des Dorffs ist mir deutlich genung vorgeschrieben. Bastian. Manchmahl haben zwey Doͤrffer einen Nahmen / sie werden wohl das andere gemeynet haben.
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Camillo. Ehe ich das ander suchen will / so bleib ich hier. Bastian. Die Herren Raͤthe seyn erst heute da gewest / wenn was daran waͤre / so haͤtten sie wohl davon gedacht. Camillo. Genung / daß ich meiner Ordre nachlebe / ich habe mich ins Wirths-Hauß einquartiret / der Juncker / oder wen die Sache angehet / die werden schon wissen / was zu thun ist. Bastian. Fuͤ rwar es wird ihnen wunderlich vorkommen.
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Christian Weise
Camillo. Haͤtte er einen andern das Dorff erben lassen / so laͤge nun auch die Beschwerung einem andern auf dem Halse / will er mit mir tauschen / und will er mir das Dorff abtreten / ich will ihn flugs an meine Stelle lassen in das Quartier gehen. 5
Bastian. Nein / ich daͤchte immer / er haͤtte es so gleichwohl b esser. Camillo. Hat ers besser / so wird er uns auch was von einer Besserung goͤnnen. Nun ihr wisset auch schon / worauff die Sache beruhet / ich will sehen / wo ich bleibe / und vor die zween lieben Herren will ich auch sorgen.
10
(Sie gehen ab.) 〈178〉
15
Bastian. Nun / das war wieder eine Gurcke / und ich sach der Gaͤrtner war auch gar darbey / der wird an mich gedencken. Ey wie gut waren die Zeitungen bey dem alten Herrn. Der waͤre ein Schelm / der nicht abdanckte / wenn ich nur einen bessern Dienst wuͤ ste.
Vierdter Handlung Zwoͤ lffter Auffzug. Ferrante, Gervasio, Melintes.
20
Ferrante. Die lustige Gegend beweget uns / einen Spatzier-Gang mitzunehmen. Gervasio. Wer den Tag mit hohen Sorgen zugebracht hat / dem ist ein Divertissement von solcher Gattung hoͤchst noͤthig.
Die Unvergnügte Seele IV, 12
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Melintes. Und wo man sich unter den gruͤ nen Baͤumen so wohl divertiren kan / da siehet man das Eben-Bild eines gesegneten Staates / der einem tapffern Ober-Haupte seine Bluͤ the zu dancken hat. Ferrante. Ja wohl kan sich ein Fuͤ rste des Gluͤ ckes nicht allezeit ruͤ hmen / welches die geringsten Vieh-Hirten alle Tage im Walde geniessen.
5
Gervasio. Eben eines Fuͤ rsten gute Vorsorge muß darzu verhelffen / daß sich ein Unterthan im Walde vergnuͤ gen kan. Melintes. Und endlich bescheret GOtt gleichwohl ein angenehmes Stuͤ ndgen / darbey die Erleichterung der Sorgen gespuͤ hret wird. 〈M 2 r=179〉 Ferrante. Wohlan / weil das Gluͤ ckseelige Stuͤ ndgen gleichwohl erschienen ist / so verlast uns / das ist ein Orth / da man der Einsamkeit gebrauchen soll.
10
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(Gehet ab.) Gervasio. Das ist was neues / der Fuͤ rste will einsam seyn. Melintes. Und was bedenckliches / er will uns in der Einsamkeit nicht bey sich haben. Gervasio. Es liegt ihm was auff dem Hertzen / das niemand errathen kan. Melintes. Und was ihn unvergnuͤ gt macht / das will er nicht an Tag geben. Gervasio. Hohe Personen haben hohe Sorgen.
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Melintes. Und es mangelt offtmahls an Personen / die sich zu hohem Troste verstehen. Gervasio. Was uns nicht committiret ist / das duͤ rffen wir nicht verantworten. 5
Melintes. Ich wolte / daß ich bey dem lieben Wirthe haͤtte bleiben sollen. Gervasio. Ja wohl / er haͤtte sich zu einem Fuͤ rsten geschickt / die Rath-Geber haͤtten leichte Arbeit gehabt.
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Melintes. Die Rath-Schlaͤge / die wir thaten / waren allezeit angenehm. Gervasio. Doch wer sich so leicht bereden laͤst / der laͤst sich auch wieder gar leicht auff die andere Seite lencken.
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Melintes. Wir wollens noch erleben / wie bestaͤndig er wird gewesen seyn. Denn itzo muͤ ssen wir doch unsere Verrichtung suchen / wo wir sie gelassen haben. 〈180〉
Verdter Handlung Dreyzehender Auffzug. Ferrante, hernach Boccalino.
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Ferrante. Das haben wir davon; Der Regiments-Stab wird allenthalben vor ein kostbahres Kleinod geschaͤtzet / allein wer die Sorgen und die Beschwerungen darbey erwegen solte / denen man zugleich die Hand untergeben muß / der wird ihn eher wegwerffen / als auffheben. Ich haͤtte gemeynet / die beste Ver-
Die Unvergnügte Seele IV, 13
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gnuͤ gung von der Welt wuͤ rde sich einstellen / wenn der Fuͤ rstliche Thron in Fried und Ruhe wuͤ rde befestiget seyn. Doch je mehr Tage vorbey fliessen / je mehr sich die Sorgen uͤ berhaͤuffen / desto mehr muß ich bekennen / daß ich vor der gantzen Welt gluͤ ckseelig / aber doch in meinem Hertzen unvergnuͤ gt bin. Allein was begegnet mir hier vor ein Mensch / der mir auch die Vergnuͤ gung nicht goͤnnet / daß ich den einsamen Gedancken nachhaͤngen kan. Boccalino. Mein Herr / er mag seyn wer er will / so wuͤ ntsche ich / daß er moͤge gluͤ ckseelig seyn.
5
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Ferrante. Und ihr Freund / ihr moͤget auch seyn wer ihr wollet / wer hat euch die Macht gegeben / daß ihr also wuͤ ntschen moͤget. Boccalino. Die Macht habe ich auff dem Parnasso bekommen / seit dem der grosse Apollo mir unter den Virtuosen eine Stelle gewiesen hat.
15
Ferrante. Seyd ihr ein Virtuoser? Boccalino. Zum wenigsten habe ich darnach gestre-〈181〉bet / daß mich die Leute vor einen Liebhaber der Tugend halten muͤ ssen. Ferrante. Aber warum sind die Virtuosen so stoltz / daß sie gleichsam uͤ ber das Gluͤ cke herrschen wollen.
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Boccalino. Sie verlangen keine Herrschafft / sondern das ist ihr Zweck / daß sie um die Gluͤ ckseeligkeit wollen bekuͤ mmert seyn. Ferrante. Doch ein Schuͤ tze / der den Zweck vor sich hat / pfleget gleichwohl nicht allemahl zu treffen.
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Boccalino. Daß ein Schuͤ tze betrogen wird / solches hat seine Ursachen. Es mangelt am Auge / daß er den Zweck nicht recht erkennet; es mangelt an der Buͤ chse / daß er nicht recht mit ihr umgehet. 5
Ferrante. Wie kan aber ein Virtuoser gewiß seyn? Boccalino. Er entzeucht sich aller Eitelkeit / und weil der Parnassus der gesunden Vernufft gewiedmet ist / so giebt er auff nichts achtung / als was sich in seinem Gemuͤ the gar deutlich offenbahret.
10
Ferrante. Liegt es an der gesunden Vernunfft / so muͤ ssen alle Menschen Virtuosen seyn. Boccalino. Ja / sie koͤnnen es seyn / die Mittel sind ihnen nahe genung gelegt. Allein da sie den Schatz nicht erkennen wollen / so verirren sich die meisten von dem Wege der Gluͤ ckseligkeit.
15
Vierdter Handlung Vierzehender Auffzug. Die vorigen / Antonio. Antonio. Ach mein Herr / ich kan nicht vorbey / ich muß ihr Gespraͤche verstoͤren. 〈182〉
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Ferrante. Wenn es nicht geschehen waͤre / so duͤ rffte es der Entschuldigung nicht. Antonio. Ich kan mir nicht helffen / und der gute Mensch / dem ich gerne dienen wolte / kan sich auch nicht helffen.
Die Unvergnügte Seele IV, 14
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Boccalino. Wer ist derselbige Mensch? Antonio. Es ist mir leyd / daß ich nichts aus ihm bringen kan / dem eusserlichen Ansehen nach / mag er von guten Herkommen seyn. Boccalino. Hat er irgend die Sprache gantz verlohren?
5
Antonio. Er hat sich hinter einen Strauch verstecket / da seufftzet er / da windet er die Haͤnde / da stellet er sich so unvergnuͤ gt / daß ich besorge / er moͤchte sich selber ein Leyd anthun. Boccalino. So haͤtte er nicht sollen verlassen werden. Antonio. Ich kunte nichts ausrichten / drum suchte ich mir einen Gehuͤ lffen / und ich bitte selber / wo sie meynen / daß sie / als Menschen / einem andern Menschen was schuldig seyn / so lassen sie meine unbekandte Vorbitte was gelten. Ferrante. Es ist eine gute Probe vor einen Virtuosen aus dem Parnasso, hat er was von Gluͤ ckseeligkeit uͤ brig / so will ich sehen / wie er helffen kan.
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Boccalino. Wer sich von einem Virtuosen nicht will helffen lassen / der darff sich durch die falsche Einbildung nicht verhindern. Antonio. Ich bitte noch einmahl / sie wollen sich nicht auffhalten. (Gehen ab.) 〈183〉
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Vierdter Handlung Funffzehender Auffzug. Vertumnus, hernach Ferrante, Boccalino, Antonio.
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Vertumnus. Ach du ungluͤ ckseeliger Wald / es scheinet / als wenn ich auch in deiner Einsamkeit wenig Erleichterung finden soll. Doch / wo soll ich hin? mein Reichthum ist mir verdruͤ ßlich / weil ich allezeit viel zu sorgen / viel zu klagen / und viel Schaden zu erleyden habe. Soll das meine Vergnuͤ gung seyn / die mir durch Feuer / durch Diebe / durch gewaltthaͤtige Feinde kan abgenommen werden? Ich bin ungluͤ ckseelig / wenn ich Geld habe: Der andere kan sich bey seinem Gluͤ cke mehr einbilden / der mich um das Geld bringet. Also werde ich bey meinen ersten Gedancken bleiben. Denn wer in meinem Zeichen gebohren ist / der muß unvergnuͤgt seyn. Antonio. Mein Herr / wie hat er sich so bald von der Spuhr verlohren? Ich gratulire / daß er sich besser befindet. Vertumnus. Ich dachte / er wolte mir condoliren / weil die Besserung von Tage zu Tage unmoͤglicher wird.
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Ferrante. Ist das der Patient? Mein liebster Vertumnus, das ist wohl nicht der Ort / da man euch suchen soll. Vertumnus. Ach gnaͤdigster Herr / das ist auch nicht der Ort / da ich mich vor so einer hohen Person schaͤmen soll. 〈184〉
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Ferrante. Er muß sich dieser Gestalt schaͤmen / wenn er bedencket / wie er sein Gluͤ cke in so einer reichen Erbschafft gefunden hat.
Die Unvergnügte Seele IV, 15
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Vertumnus. Ach! das Gluͤ cke wolte ich meinen aͤrgsten Feinde goͤnnen. Ferrante. Vielleicht solten sich Freunde angeben / welche das Gluͤ cke nicht ausschlagen moͤchten. Vertumnus. Aber ich fuͤ rchte / sie moͤchten am Ende betrogen seyn.
5
Ferrante. Doch / worinnen bestehet der Betrug? Vertumnus. Mit einem Worte: Ich bin unvergnuͤgt. Man hat mir zu Liebes-Sachen Anlaß gegeben / ich bin lustiger Compagnie nachgegangen / ich habe es bald im Ehren-Stande / bald im Reichthum versucht; allein / ich habe nichts gefunden / und einmahl wie das andere / bin ich zu einem unvergnuͤ gten Bekuͤ mmerniß verdammet. Ferrante. Die Klage muß einer beantworten / der auff dem Parnasso bekandt ist.
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Boccalino. Wer die Krebse auff dem Baume / und die Vogel unter dem Wasser sucht / der ist betrogen. Warum? Er suchet nichts an dem rechten Orte. Ferrante. Gleichwohl beduͤ nckt mich / er hat den Ort gefunden / welchen die gantze Welt zu suchen pfleget.
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Boccalino. Ich wolte sagen / den Ort / darauff die gantze Welt betrogen ist. Ach / solte der liebe Mensch nur einen Tag meiner virtuosen Gesellschafft auff dem Parnasso beywohnen! Was gilts / er wuͤ rde sich schaͤmen / an sein unvergnuͤ gtes Wesen nur einmahl zu gedencken. 〈M 5 r=185〉
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Ferrante. Ist es moͤglich / daß so ein wichtig Werck in einem Tage gehoben wird. Boccalino. So weit ist es moͤglich / daß man einen guten Anfang machet / doch wird man hernach alle Tage vollkommner. 5
Ferrante. So wuͤ rde der Tag allerdings wohl angewendet seyn. Monsieur Vertumnus! Vertumnus. Gnaͤdigster Herr.
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Ferrante. Stille mit dem Titul. Wenn wir eine solche Wohlthat suchen / und gleichsam erbetteln sollen / so duͤ rffen wir nicht mit unserer Gnade prangen. Und vielleicht stecket mir die unvergnuͤ gte Seele so tieff im Hertzen / als euch. Boccalino. Das ist gewiß / ein jeder Mensch findet etwas Unvergnuͤ gtes an sich / nur manche sind so ungedultig / daß sie alsobald daruͤ ber klagen und seuffzen wollen.
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Ferrante. Ich weiß nicht / warum ich meine Ungedult nicht uͤ berwinden kan. Boccalino. Ehe der morgende Tag vergehet / soll er den Sieg erhalten haben. Sie folgen einem getreuen Diener. (Sie gehen ab.)
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Antonio. Ich dachte / sie wuͤ rden mich auch bitten. Aber sie geben sich trefflich lateinische Nahmen: Wenn es um und um koͤmmt / so mag die Residenz einer Schule aͤhnlicher seyn / als einem Hochzeit-Hause. Ach / ich dancke dem lieben GOtt / daß ich einmahl aus der Schule bin / nun soll mich kein Mensch wieder hinein bringen. Und ich halte / wenn mir ein Haase entlieffe / und retirirte sich irgend in 〈186〉 einer Schule / ehe
Die Unvergnügte Seele IV, 16
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ich ihn da suchte / so wolte ich sprechen: Prosit Herr Schulmeister zum Wildpret. Doch / last sehen / ich muß auch nicht vergessen / weswegen ich ausgegangen bin.
Vierdter Handlung Sechzehnder Auffzug.
5
Antonio, Passetems. Passetems. Nun / das ist ein leibhafftig Exempel aus der verkehrten Welt / sonst lauffen die Diener vom Herrn / itzt ist mir der Herr entlauffen. Und ich moͤchte mir immer die Fersen mit Huff eisen beschlagen lassen / daß mir es nicht so uͤ ber die Absaͤtze gienge. Doch / auff die letzt wird mich auch mein Lauffen nicht viel helffen / wo ich nicht mit Fragen durch das Land komme. Gluͤ ck zu / guter Freund! Antonio. Lasset das Gluͤ cke immer zu / ich will es nicht auff machen.
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Passetems. Ist euch nicht irgend ein Ding begegnet / das meinem Herrn aͤhnlich siehet? Antonio. Was weiß ich / was euer Herr vor ein Ding ist / das weiß ich wohl / sie fuͤ hrten ein Ding da vorbey / das hiessen sie die unvergnuͤgte Seele.
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Passetems. Ja / es gemahnet mich / als wie mit dem Fieber / wenn der liebe Mann einmahl seinen Zustand krieget / so weiß er selber nicht / wo es ihm fehlet / und wenn alles noch so koͤstlich ist / so bleibt er doch unvergnuͤ gt. Ich halte / wo das Ding noch ein Viertel-Jahr so getrieben wird / so kriegt er einen Zu-〈187〉
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nahmen / daß er im gantzen Lande die unvergnuͤgte Seele heissen muß. Aber wisset ihr nicht / wo sie mit der unvergnuͤ gten Seele hinwanderten.
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Antonio. Es war irgend so ein haͤßlicher Kerl / der redete immer so was Lateinisches / ich weiß nicht / ob es Virtuosen oder Frantzosen waren / der meinte / er wolte ihm das schaͤndliche Wesen wohl vertreiben. Passetems. Ey / welchen Weg moͤgen sie wohl gegangen seyn? Antonio. Immer da hinaus / aber mein Weg gehet dorthin.
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(Gehet ab.) Passetems. Nun / mein Herr wird ankommen. Ich daͤchte / wenn ich die Vergnuͤ gung bey einer hochteutschen Jungfer nicht faͤnde / so wuͤ rde mir so ein Kerl mit seinem lateinischen Nahmen nicht helffen. Doch / was will ich machen / wo der Herr hinlaufft / da muß ich nach. Aber das mag der Kerle wohl versichert seyn / wo ihm ein paar lateinische Buchstaben von seinem Titul gestohlen werden / so darff er mir die Schuld nicht geben. Mit einem solchen Diebstahl mag ich mein Gewissen nicht beschweren. Doch / ihr Herren / wenn ich irgend wiederkomme / und es moͤchte mir so ein Kaͤfer in den Bart geflogen seyn / so wincket mir nur / ich will die Bart-Buͤ rste schon mitbringen. 〈188〉
Die Unvergnügte Seele V, 2
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Fuͤ nffter Handlung Erster Auffzug. (Der Schauplatz oͤ ffnet sich / und præsentiret den Parnassum. Boccalino sitzt in der Mitte / um ihn her Severo, Curioso, Acuto, Mirabundo, nebenst andern Virtuosen.) Boccalino. (koͤ mmt hervor) Hier ist der Schau-Platz der menschlichen Gluͤ ckseeligkeit / und hier werden die Menschen dahin gebracht / daß sie erst ihre Menschheit erkennen lernen. Warum ist Socrates und Plato, warum ist Aristoteles und Zeno, warum sind unzehlich viel andere den Koͤnigen gleich geschaͤtzet worden? Fuͤ rwahr nicht darum / weil sie / als gelehrte Philosophi, mit ihrer Wissenschafft prangen / und die unverstaͤndigen Seelen neben sich verachten kunten; Sondern vielmehr darum / weil sie / als Koͤnige / der menschlichen Gluͤ ckseeligkeit ein Gesetze nach dem andern zu schreiben wusten. Dieses hat ihnen eine Stelle in dem Parnasso zu wege gebracht / und diesen Ruhm suchen wir auch ins kuͤ nfftige zu behaupten.
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Fuͤ nffter Handlung Andrer Auffzug. Die vorigen / Ferrante, Vertumnus. Ferrante. Wir finden uns ein / und wollen die Gluͤ ckseeligkeit dieses Ortes geniessen. 〈189〉
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Vertumnus. Und wofern die Vergnuͤ gung der Seelen hier angetroffen wird / so wollen wir die Wohlthat in ewiger Danckbarkeit ruͤ hmen.
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Boccalino. Der Parnassus stehet allen offen. Doch daß mancher keine Stelle findet / solches muß man der allgemeinen Einfalt zurechnen. Denn der meiste Theil will sein rechtschaffenes Gluͤ cke nicht verstehen. Ferrante. An unserm Willen soll es nicht ermangeln.
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Vertumnus. Und was zu meiner Vergnuͤ gung dienet / das will ich gern verstehen. Ferrante. So werden wir die Freyheit haben / daß wir uns mit den Virtuosen bekandt machen.
15
Vertumnus. Haben wir noch nicht den Titul als Freunde verdienet / so werden sie uns in der demuͤ thigen Qualitaͤt als Diener annehmen. Boccalino. Das sind Worte / davor unsere Tugend einen Abscheu traͤget. Doch mein liebster Severo, kommet was naͤher. Hier verlanget jemand eurer Conversation. Severo. Ich bin gehorsam.
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Boccalino. Ein Virtuoser kan nicht ungehorsam seyn. Severo. Doch kan er sich erfreuen / daß ihm der Gehorsam nicht sauer ankoͤmmt.
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Boccalino. Das ist eine Antwort / die unsrem Parnasso wohl anstehet. Meine Herren haben nun gute Freyheit / ihre Fragen anzustellen.
Die Unvergnügte Seele V, 2
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Ferrante. Will der Herr an unser statt fragen / so werden wir die Mode lernen / wie man im Parnasso zum Tugendhafften Erkaͤntniß kommen soll. 〈190〉 Boccalino. Ich werde so lieben Gaͤsten auch diesen geringen Dienst nicht versagen. Und also / mein geliebter Severo, was meynet er wohl: Worinnen bestehet unsere hoͤchste Weisheit? und was hat ein Mensch zu dencken / wenn er sich vergnuͤ gen will? Severo. Ich halte / der Mensch kan vergnuͤ gt leben / wenn er sich den allgemeinen Irrthum benehmen laͤst.
5
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Boccalino. Welchen Irrthum? Severo. Wir halten das vor boͤse / das nicht wahr ist. Boccalino. Ist der Tod nicht boͤse? Severo. Socrates hat den Tod getrost ausgestanden / also kan er nicht boͤse seyn.
15
Boccalino. Ist die Armuth nicht boͤse? Severo. Crates hat sein Geld ins Meer geworffen / drum hat er den Mangel vor kein Ungluͤ ck gehalten. Boccalino. Ist die Verachtung nicht boͤse? Severo. Diogenes bildete sich bey seiner Vergnuͤ gung mehr ein / als Alexander. Boccalino. Ist die Kranckheit nicht boͤse?
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Severo. Zeno lachet dieselben aus / welche bey vorfallender Kranckheit ihr Gluͤ cke disputirlich machen. Ferrante. Die Antwort laͤst sich hoͤren / doch sind die andern eben dieser Meynung? 5
Boccalino. Ein jeder hat seine sonderliche Rede / doch in der Vergnuͤ gung haben sie einerley Gedancken. Wie stehts / mein Herr Curioso, will er nicht herkommen? Curioso. Wenn ich einen Menschen meiner Vergnuͤ -〈191〉gung theilhafftig machen soll / so bin ich gedoppelt vergnuͤ gt.
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Boccalino. Wormit will er aber einer unvergnuͤ gten Seelen zu Huͤ lffe kommen? Curioso. Ich wolte gleichfalls sprechen / man solte den allgemeinen Irrthum fahren lassen. Boccalino. Welchen Irrthum?
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Curioso. Wir halten das fuͤ r unser / das wir gleichwohl in unserer Gewalt nicht haben. Boccalino. Wenn wir Geld haben / muß es wohl unser seyn. Curioso. Wenn es aber von Dieben genommen wird / so lerne ich / daß es gleichwol nicht meine gewesen.
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Boccalino. Wenn wir Kinder haben / sind die nicht unser? Curioso. Sie sind sterbliche Menschen / und so wenig ein Buch mein ist / das ich von meinem guten Freunde entlehnet habe / gesetzt / daß ich mit aller Vergnuͤ gung etliche Tage darinnen blaͤttern kan / weil ich solches auff dessen Befehl wiederum zu-
Die Unvergnügte Seele V, 2
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ruͤ cke geben muß; So wenig wird sich ein Vater was ungereimtes einbilden / wenn er sein geborgtes Kind demselben wieder zustellen muß / von dem er es entlehnet hat. Boccalino. Ist die Hand / ist der Fuß / ist das Auge mein? Curioso. Wo mich ein Tyranne dessen berauben kan / ist es nicht mein.
5
Boccalino. Gleichwohl mangelt mir etwas / denn ich habe was verlohren / das mein ist. 〈192〉 Curioso. Es mangelt meiner Einbildung etwas. Denn wer keinen Fuß hat / der kan zwar nicht tantzen / doch sein Gemuͤ the bleibt in der Freyheit / und mag / also zu reden / tantzen und springen / wie es will. Das Gluͤ cke muß in unser Gewalt seyn / und ein jeder muß in seinem Hertzen Koͤnig seyn. Boccalino. Aber ist der Platz nicht mein / den ich in der Welt mit meinem Coͤrper einnehme.
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Curioso. Es kan mich jemand daraus jagen: doch muß er mir die Freyheit lassen / daß ich einen andern Platz einnehme. Ja wenn der Himmel einfiele / solte mir der Platz zu meiner Ruhe nicht verbothen werden. Ferrante. (ad spect.) Das ist eine Weisheit / die man in etlichen Tagen nicht begreiffen wird.
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Vertumnus. (ad spect.) Er will nicht erschrecken / wenn der Himmel einfiele / die Kunst lerne ich nimmermehr. Boccalino. Meine Herren stehen vielleicht in einer tieffen Verwunderung / sie haben noch nicht alles gehoͤret. Mein liebster Acuto koͤnnt ihr nichts sonderbahres vorbringen?
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Acuto. Ich halte nichts vor sonderbahr / denn ich bin nicht hof faͤrtig. Boccalino. Allein vor der Welt ist es gleichwohl ein sonderbahres Wesen / wenn man vergnuͤ gt ist. 5
Acuto. Ich bilde mir das menschliche Leben als ein Gast-Geboth ein: Damit fehlet mir es niemahl an der Vergnuͤ gung. Boccalino. Wie soll man das verstehen?
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Acuto. Ein Gast siehet manchmahl was in der 〈N=193〉 Schuͤ ssel; Wenn es ihm aber nicht præsentiret wird / so muß er mit dem Vorschneider zu frieden seyn / der ihm ein ander Bißgen zugedacht hat. Boccalino. Doch in dem Gastgebothe sind vielleicht die Bissen alle gut.
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Acuto. Wohl dem / der sich solches einbilden kan. Ich bleibe so gesinnet. Will mir das Gluͤcke ein Kopff-Stuͤcke / ein Mittel- Stuͤ cke / ein Schwantz-Stuͤ cke geben / es ist alles gut. Ich will vor dem Vorschneider eine Reverenze machen / und mich davor bedancken. Boccalino. Ich sehe / mein liebster Mirabundo, will auch etwas zu reden haben. Was dencket ihr / wenn ihr euch vergnuͤ gen wollet? Mirabundo. Ich dencke / das menschliche Leben ist eine Comœdie. Boccalino. Wie reimet sich das?
Die Unvergnügte Seele V, 2
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Mirabundo. In der Comœdie mag eine Person vornehm oder geringe seyn / so hat sie doch den Ruhm / wenn man sie am besten gespielet hat. Drum / will mir das Gluͤ cke die Person eines Koͤniges / eines Sclavens / eines Bettlers / eines Narren geben / so will ich thun / was meiner Person zukoͤmmt / damit wird es wohl gethan seyn.
5
Boccalino. Aber mancher bekoͤmmt einen Bettler / der lieber einen Courtisan agiret. Mirabundo. Soll ich einen Bettler bedeuten / so will ich hoffen / der Herr / von dem die Personen ausgetheilet werden / hat es besser verstanden / und hat gesehen / daß ich bey dieser Person das beste thun / 〈194〉 auch wohl die beste Vergnuͤ gung finden werde. Ferrante. Ich werde mich bald gefangen geben. Denn wer uns so einen Strich durch die menschliche Einbildung machen kan / der hat die unvergnuͤ gte Seele bezwungen. Vertumnus. Der Parnassus wird den Nahmen / als ein Sitz der Gluͤ ckseligkeit / behaupten; Wenn ich nur mit einer schwachen Seele wuͤ rdig bin / unter die geringsten Diener gezehlet zu werden.
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Boccalino. Im Parnasso wissen wir von keinen Dienern / wir sind lauter Koͤnige. Wenn wir auch unsern Freunden was zu Gefallen thun / so heist es nicht gedienet / sondern es heist eine freywillige Verrichtung / die in unsern Belieben stehet. Ferrante. Wie gerne will ich mein Fuͤ rstenthum mit dem Parnasso vertauschen. Vertumnus. Und wie froͤlich will ich seyn / wenn ich meine unvergnuͤ gte Seele bey dem Eintritte dieses Ortes niederlegen soll.
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Boccalino. Sie haben noch das wenigste gehoͤret. Sie belieben nur etwas tieffer in unsere Cabinete zu sehen: Da sollen sie erst erfahren / auff was vor einem Felsen die Gluͤ ckseeligkeit dieses Ortes gebauet ist. 5
Ferrante. Wollen wir uns den Weg weisen lassen / so muͤ ssen wir in allen gehorsam seyn. (Gehen ab.) 〈N 2 r=195〉
Fuͤ nffter Handlung Dritter Auffzug. 10
Amandus, Hilario, Securo, hernach Blindschleiche. Amandus. Nunmehr kan uns der Weg nicht betruͤ gen. Hilario. Die Personen sind uns gar zu deutlich beschrieben worden.
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Securo. Und ich wuͤ ste nicht / daß uns ein Neben-Weg haͤtte verfuͤ hren koͤnnen. Amandus. Das ist gewiß / ich moͤchte der unvergnuͤ gten Seele gerne geholffen wissen. Hilario. Und da so ein gutes Vermoͤgen vorhanden ist / so hat man gute Huͤ lffe zu hoffen.
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Securo. Das ist nur am schlimsten / wenn die Huͤ lffe am nechsten ist / so hat sich der unvergnuͤ gte Mensch am weitesten absentiret.
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Amandus. Da weist sich ein Scheide-Weg / wo sich kein Wegweiser finden laͤst / so gehen wir darneben. Doch siehe da / was bringt der unverhoffte Gast. Blindschleiche. Ach ihre Wohledle Magnificenzen, ist mir vergoͤnnet / daß ich da darff voruͤ ber gehen.
5
Hilario. Ihr guter Mensch / wie mir der Weg vorkoͤmmt / so ist er wohl mehr vor Leute euers gleichen / als vor uns angeleget. Blindschleiche. Ich meine es aber gar ordentlich / wenn ich voruͤ ber gehen soll / so muß ich auch stille stehen und reden. 〈196〉 Securo. Das ist eine gute Sache / wenn die Leute Zeit haben.
10
Blindschleiche. Sie moͤgen Zeit haben oder nicht / so weiß ich doch / was meine Schuldigkeit erfordert. Amandus. Ihr lieber Mensch / ihr seyd uns nichts schuldigt; Habt ihr an uns was zu prætendiren / so weist nur die Brieffe / damit solt ihr bezahlet werden.
15
Blindschleiche. Ich bin ein Schuldner / das weiß ich; aber das ist mein Ungluͤ cke / daß ich meinen Schuld-Herrn nicht erfragen kan. Hilario. Wenn sich die Creditores nicht angeben / so hat ein Schuldner die beste Zeit. Blindschleiche. Ach es ist mir gar anders. Securo. Doch die Schuld wird in ihrem alten esse bleiben. Blindschleiche. Ach sie sehen nur ihr Herren / wir hatten in unserm Marck-Flecken gegen einem vornehmen Herrn gros-
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se Gewalt gebrauchet / und darum sind die Schoͤppen und Richt-Herren gesteckt und gepfloͤckt worden / ja sie haben in Loͤchern gesteckt / da / mit Reverenz zu melden / die Ratten grosse Stuͤ cke vom Leibe gefressen haben. Aber ich / als der Schulmeister / weil sie sich an einer geistlichen Person nicht vergreiffen wolten / durffte noch mit einer gnaͤdigen Absaͤtzung davon lauffen. Amandus. Ja / es haͤtte auch schrecklich sollen heraus kommen / wenn die Ratten haͤtten sollen geistlich Fleisch fressen.
10
Hilario. Oder wenn ihm eine Ratte gar waͤre in die 〈N 3 r=197〉 Kehle kommen / so haͤtte er doch den Glauben muͤ ssen aus dem B. anfangen. Securo. Ich sehe den lieben Mann vor eine grimmige Person an / er haͤtte die Ratten mit der Hand zerdruͤ ckt.
15
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Amandus. Es ist wohl wahr / und wenn die Ratte erstarret waͤre / so haͤtte er mit dem Schwantze tactiren moͤgen. Blindschleiche. Nun wie dem allen / so hat sichs vergangene Woche zugetragen / daß sie alle wieder heraus kommen sind / sie sitzen in ihren Ehren-Stellen / wie zuvor / und ich bin Kirch-Schreiber / Gerichts-Actuarius, Glocken-Leuter / Organist / Hochzeit-Bitter / Licht-Butzer beym Kindtauffen / und wie alle zwoͤlff Aemter nacheinander heissen / wie zuvor. Hilario. Ich hoͤre aber gleichwohl nichts von der Schuld.
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Blindschleiche. Es ist wohl wahr / es muß ein ehrlicher Mann unser Wort geredet haben. Und wenn ich ihn wuͤ ste / ich wolte ihm zu Fusse fallen / und wenn ich ihm flugs eine Flantzsche aus der Knie-Kehle beissen solte.
Die Unvergnügte Seele V, 4
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Securo. Meine Knie-Kehle ist mir lieb / ich werde es nicht gewesen seyn. Amandus. Doch sind euch nicht Leute begegnet? Blindschleiche. Nein / ich komme nicht den ordentlichen Weg her / ich bin gleich aus gewesen / und habe etliche Leute zur Martins-Ganß gebeten / so wuͤ ste ich nicht / daß mir daher jemand begegnet waͤre.
5
Amandus. So last euch nicht verhindern / da kommt 〈198〉 ein guter Freund / von dem wollen wir bessere Nachricht haben. Blindschleiche. Sie lassen sich mein unnuͤ tze Geschwaͤtz nicht mißfallen.
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(Gehet ab.) Hilario. Ich werde sehen / wie dem guten Schlucker die Tritte anstehen / und was er vor einen Tantz-Meister gehabt hat. (Gehet ab.)
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Fuͤ nffter Handlung Vierdter Auffzug. Die vorigen / Epicurus. Amandus. Gluͤ ck zu / mein Freund / hat er auff der Strasse keine reisende Personen angetroffen?
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Epicurus. Nein / es ist mir niemand begegnet. Doch / ein Jaͤger gab mir so viel Nachricht / daß sich etliche vornehme Personen in die nechste Residenz begeben haͤtten. Amandus. Was ist das vor eine Residenz? 5
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Epicurus. Von den Gelehrten wird sie Parnassus, ins gemein aber / der Sitz der menschlichen Vergnuͤ gung genennet. Der Principal heist Appollo, der uͤ ber seine Virtuosen ein ver gnuͤ gtes Commando fuͤ hret. Amandus. So wird mein Herr vielleicht auch unter die Virtuosen gehoͤren? Epicurus. Was andere Leute von mir raisonniren / das stehet ihnen frey. Doch / so gut als ein ander 〈N 4 r=199〉 den Weg zur menschlichen Vergnuͤ gung getroffen hat / so gut weiß ich auch davon zu reden.
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Amandus. Er gedencket an eine Sache / darum sich alle Menschen bekuͤ mmern sollen. Epicurus. Ein jeder mag vor sein Gluͤ cke sorgen. Ich bin zu frieden / daß ich den Weg zu meinem Gluͤ cke gefunden habe.
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Amandus. Solte mir meine Curiositaͤt zu gute gehalten werden / so moͤchte ich doch wissen / worauff diese Weißheit gegruͤ ndet ist? Epicurus. Die Sache ist gar leicht. Der Mensch ist vergnuͤ gt / der allezeit lustig ist. Amandus. Und der Mensch ist unvergnuͤ gt / dem die Lust verbotten wird.
Die Unvergnügte Seele V, 5
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Epicurus. Es ist eine Gattung von Menschen / die sich die Lust nicht verbieten lassen. Amandus. Die Weißheit ist vor mich zu hoch. Doch / die wilden Thiere koͤnnen auch ihrer Wollust pflegen. Soll deswegen ein Mensch die Vergnuͤ gung von ihnen lernen?
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Epicurus. Wer die Wollust von Bestien lernet / der mag eine Bestie bleiben. Wenn ich die Lust nenne / so verstehe ich nichts anders / als eine vernuͤ fftige Lust. Amandus. Der Discours machet mir einen Appetit / daß ich von dieser Lust etwas ausfuͤ hrlicher moͤchte berichtet seyn. Epicurus. Meine Herren koͤnnen nicht besser thun / sie geben mir das Geleite. Denn da hat sich ein hoͤltzerner Strotz-Kopff mit unter die Virtuosen 〈200〉 genennet / der suchet mich zu verkleinern / und will die beste Lust hierinne suchen / wenn man keine Lust zu geniessen pfleget; sie sollen sehen / wie dieser Feind des menschlichen Geschlechts / von mir umgenommen wird.
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Amandus. Weil wir gewisse Personen suchen / so wird uns das Geleite / nebenst dem bevorstehenden Gespraͤche / zu einem sonderbahren Diverdissement gereichen.
Fuͤ nffter Handlung Fuͤ nffter Auffzug. Die vorigen / Ferrante, Vertumnus, Zeno. Ferrante. So recht. Die Leute sind uns willkommen.
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(Sie wollen sich demuͤ thigen.) Ferrante. Stille / stille / wir leben in dem vergnuͤ gten Parnasso, da muͤ ssen die unvergnuͤ gten Ceremonien zuruͤ cke bleiben. Amandus. Gnaͤdigster Herr / das ist etwas ungewoͤhnliches. 5
Ferrante. So judiciren die Leute / welche mit den Virtuosen noch keine Bekandschafft haben. Amandus. Wer sind die Virtuosen? Ferrante. Es sind Leute / welche von der rechtschaffenen Gluͤ ckseligkeit Profession machen.
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Vertumnus. Ich habe nicht gewust / daß Seneca von der Ruhe des Gemuͤ thes geschrieben hat / ich wuͤ rde mich sonst meines unvergnuͤ gten Wesens lange geschaͤmet haben. 〈N 5 r=201〉 Ferrante. Wie kan der kluge Epictetus von der Tugend reden.
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Vertumnus. Wie kann er die Ruhe und das Gewissen so wunderlich mit einander verknuͤ pffen. Ferrante. Die Leute fuͤ rchten kein Ungluͤ ck. Vertumnus. Und wie stattlich lehren sie doch / daß man die Affecten mit Strumpf und Stiel ausrotten soll.
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Epicurus. Mit Permission ihr Herren / wer will die Affecten ausgerottet haben. Zeno. Wer die Menschen geschaffen hat / der will es haben. Doch vor euch wird dieses genung seyn / ich will es haben.
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Epicurus. Die Affecten sind gut / ja sie helffen uns darzu / daß wir die Suͤ ßigkeit des Lebens empfinden / warum sollen wir das edelste Theil unserer Gluͤ ckseeligkeit ausrotten? Zeno. Wer viel begehret / der muß sich offt betruͤ gen lassen. Epicurus. Das thut ein Narr / der seine Begierden nicht recht zu guberniren weiß.
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Zeno. Ehe ich ein wildes Pferd baͤndigen will / ehe will ich es gantz abschaffen. Epicurus. Und ehe ich / als ein Berenheuter / will zu Fusse lauffen / so will ich das wilde Pferd nach meiner Inclination abrichten.
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Zeno. Auff einem solchen Pferde reuten die Menschen in die Sau-Schwemme. Epicurus. Nein / sie reiten in das Paradieß / da sie die rechte Wollust antreffen. 〈202〉
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Zeno. Wollust! Wollust! daß ich einem solchen Saumagen / einer solchen wolluͤ stigen Bestie / nicht den Leib zerreissen soll. Epicurus. Und daß ich einem solchen Sauertoͤpfischen Holtzbocke nicht die Hoͤrner mit was anders verguͤ lden soll. Ach ich betruͤ be mich von Hertzen / wenn ich sehen soll / was vor Leute dadurch verfuͤ hret werden.
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Zeno. Hoͤre Kerls / hastu deine Vergnuͤ gung in der Wollust gefunden / warum betruͤ bestu dich? Epicurus. Und hoͤre Kerls / hastu deine Vergnuͤ gung ausser den Affecten gefunden / warum erzuͤ rnest du dich.
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Zeno. O der Zorn sitzet mir nicht im Hertzen / er sitzt mir nur auff der Zungen / unterdessen bleibest du doch ein Sau-Magen.
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Epicurus. Und mein Betruͤ bniß sitzt mir auch anderthalb Spannen vom Hertzen / unterdessen bleibest du gleichwohl ein Holtzbock. Zeno. Das ist eine Sache / daruͤ ber der grosse Apollo richten muß. Epicurus. Ich dachte schon / es wuͤ rde Schlaͤge setzen. Zeno. Ich respectire die Freyheit des Ortes / sonsten wolte ich deine Gestalt schon verwandelt haben.
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Epicurus. Immittelst vergnuͤ ge ich mich an meiner Wollust / daß ich mich mit dem Spectacul eines solchen Holtzbockes be lustigen kan. Zeno. Wenn dich Apollo wird auff die Galeren verdammen lassen / so magstu auch lustig seyn.
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(Gehet ab.) 〈203〉 Epicurus. Auff die Galeren koͤmmstu nicht / denn die Schiffer haͤtten gewiß lauter Ungewitter. Aber ich will dich recommendiren / daß du must im Parnasso den Schloß-Thurm scheuren helffen.
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(Gehet ab) Ferrante. Wo die Leute mit unter die Tugenhafften gezehlet werden / so mag der aͤusserliche Schein groͤsser seyn / als die Wahrheit selber.
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Vertumnus. Einer wolte die Affecten ausgerottet haben / und erzuͤ rnete sich. Amandus. Einer ruͤ hmete sich seiner Wollust / und betruͤ bte sich. Vertumnus. Alle beyde wolten gluͤ ckselig seyn / und einer wolte den andern ungluͤ ckseelig machen.
5
Amandus. Und mich duͤ nckt / der Hoffarts-Geist hatte alle beyde besessen. Vertumnus. Das heist / sie muͤ ssen im Hertzen unvergnuͤ gt seyn.
Fuͤ nffter Handlung Sechster Auffzug.
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Ferrante, Vertumnus, Amandus, Securo, Hilario, hernach Passetems in blauen Muͤ nchs-Habit / Otioso, Stupido, Bibaculo. Hilario. Ach meine Herren / wo sie einer lustigen Comœdie wollen zusehen / so duͤ rffen sie nur etliche Schritte fort passiren. Ferrante. Giebt es im Parnasso auch lustige Comœdien? 〈204〉
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Hilario. Ich weiß nicht / ob der Ort zum Parnasso gehoͤret / es sind etliche Kerlen / wie Moͤnche / die haben einen unter sie kriegt / den wollen sie haͤnseln. Ferrante. Damit werden sie wenig zu seiner Vergnuͤ gung contribuiren.
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Hilario. Ich bilde mir ein / es ist auff beyden Seiten der Vergnuͤ gung halber nicht angefangen. (Passetems wird von den Moͤ nchen heraus gejagt.) Otioso. Mi Frater, hic est unus magnus Ribaldus.* 5
Stupido. Si ipsum deberem adhuc semel supponere, carnifex deberet ipsum tenere candelam. Bibaculo. Est ventriculus suillus, si Aristoteles esset ipsius Pater.
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Otioso. Si ego deberem agere Comœdiam, ego volebam esse Hirundo, & ipse debebat esse vetus Tobias. Stupido. Ego vellem, qvod isti nebulones essent cœci, nam ego credo, qvod habent malos oculos, ego istum nebulonem semel vidi, & caput mihi dolet sicut ulcus sangvineus.
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Bibaculo. Veni, volumus ipsum particulam examinare, & si nihil potest, volumus ipsum brave exvesperare. Otioso. Domine Butyrolambie, qvod est nomen tuum? Stupido. Vide qvomodo tonsor imposuit tibi tuam barbam, ego do tibi semobolum, & lacero tibi crinem. 〈205〉
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Bibaculo. Et ego do tibi nummum, & ludo cum meis digitis in tuo naso. Otioso. Ego credo, tu perdidisti tuam lingvam. * Eine Übersetzung der lateinischen Passagen findet sich im Nachwort ab S. 531.
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Stupido. Si ego essem Princeps in Regione, omnes tales Ribaldi perdere deberent suum caput. Bibaculo. Ego tibi monstrabo in tuo capite, qvomodo circumspaciatur firmamentum. Otioso. Et ego volo monstrare in tuo oculo, qvomodo it, qvando sol obtenebratur.
5
Stupido. Ah tu nebulo, ego libenter vellem esse carnifex, si ego tibi deberem dare ficefacium. Bibaculo. Et ego vellem pati ficefacium, si ego tibi possem eripere cor ex corpore.
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Otioso. Nebulo, dic, qvid facis hic? ego verberabo te in buccam, ut dentes debent saltare ex tuo collo. Stupido. Nescio qvid tales nebulones sibi imaginant: veniunt ad nos, & non rogant propter remissionem. Bibaculo. Forsan est bonus Furmannus, bene potest furari.
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Otioso. Sed interrogabimus ipsum, an etiam bene potest patibulare. (Sie wollen ihm zu Leibe gehen.) Amandus. (jagt sie von einander) Ihr Leute / in welchem Lande habt ihr die Mode gelernet / daß sich einer gegen drey wehren soll. Passetems. Ach nun komme ich wieder zu mir selber / daß 〈206〉 ich wieder ein deutsch Wort hoͤre / und da ich nun so viel brave Herren sehe / so muß ich mich zu erkennen geben. (Wirfft
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den Mantel von sich) Ihr Land-Verraͤther / sollt ihr unserer Frau Mutter Sprache zur bravade Lateinisch reden / und seyd ihr drey Galgen-Voͤgel nicht werth / daß ich alle zusammen auff Hochdeutsch zur Kirmeß bitte? 5
Otioso. Venite Fratres, qvando multi canes accedunt, leporibus dentes faciunt væ. (Die Moͤ nche gehen ab.) Amandus. Je du armer Stuͤ mper / wer zum Elemente hat dir den Rath gegeben / daß du dich so verwandelt hast?
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Passetems. Ich weiß nicht / wie mirs einmahl ankommen ist / daß ich meiner Curiositaͤt so nachgegangen bin. Amandus. Unterdessen bistu ein dummer Schelm / bey der Curiositaͤt hastu vor achtzehn Pfennige Verdruͤ ßligkeit davon kriegt.
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Passetems. Ach sagt mir nicht von achtzehn Pfennigen / es reichen fuͤ rwahr nicht drittehalb Groschen. Amandus. Ein andermahl bleibe bey deinem Herrn. Passetems. Und ein andermahl gebt meinem Herrn einen guten Wischer / daß er bey mir bleibt. Waͤre er daheime geblieben / so waͤre ich nicht in die Compagnie gerathen.
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Amandus. Ich habe deinen Herrn auch gesucht / aber deßwegen habe ich die Kleider nicht verwechselt. Passetems. Je nun die Leute schwatzten mir so viel huͤ bsch Ding von dem Orte / sie dachten / man koͤnte 〈207〉 flugs zum Virtuosen oder zum Frantzosen / wie es heisset / werden / so wolte ich mich anmelden / und zusehen / ob ich meinen
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Nahmen auch koͤnte einschreiben lassen; Aber im Thore stund einer / der hielt mich an / und wie ich dachte / mein Luͤ mmel waͤre uͤ ber die masse galant angebracht / so kriegte ich die Resolution, das Buch vom Herrn-Pappier waͤre ganz voll geschrieben; Sonst waͤre eines von Berenheuter-Pappier / wenn ich Lust haͤtte / so koͤnte ich gar mit grossen Buchstaben eingeschrieben werden.
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Amandus. Es wundert mich / daß du der grossen Buchstaben wegen nichts gethan hast. Passetems. Ich wuste nicht / ob es meinem Herrn anstehen moͤchte / wenn er einen Diener in solcher Liberey solte lassen neben sich her lauffen; damit wurde ich ins Doͤrffgen neben her gewiesen. Amandus. Aber die Haarhuschen und die Nasenstuͤ ber sind nicht neben her kommen.
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Passetems. Ich will es den guten Kerlen noch wohl gedencken. Doch ehe ich es vergesse / was heist denn Ficefacius, die Galgen-Voͤgel hiessen mich immer auff Lateinisch so. Amandus. Ey ist es um die Zeit / so haͤtte ich sie nicht verstoͤren wollen. Ficefacius ist ein Ehren-Titul / du solst drittehalb Guͤ lden drum schuldig seyn / daß dich nur jemand so heissen duͤ rffte.
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Passetems. Doch der Ehren-Titul hat gewiß viel Beschwerung / sie giengen mir trefflich um die Ohren. Amandus. Es wird sie verdrossen haben / daß du nicht hast ihr Ficefacius seyn wollen. Wenn ich an dei-〈208〉ner Stelle waͤre / so gienge ich noch / und erklaͤrete mich / daß ich ihr und aller Leute Ficefacius heissen wolte.
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Christian Weise
Passetems. (ad spect.) Wer die drittehalb Guͤ lden vor mich verdienen will / der mag hingehen.
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Ferrante. Ihr meine Geliebten / deßwegen sind wir nicht hierher kommen / daß wir einem Possen-Spiele zu sehen wollen / doch es verlanget mich nach dem Herrn Hoffmeister im Parnasso. Wo er unsere Vergnuͤ gung nicht auff einen bessern Grund zu setzen weiß / als wir an etlichen Personen befunden haben / so werden wir ebenfalls unverrichter Sachen wieder davon ziehen muͤ ssen. Vertumnus. Wir stehen da beysammen / wenn ein jedweder im Suchen fleißig waͤre / so wuͤ rde vielleicht etwas bessers zu hoffen seyn. Ferrante. Wir koͤnnen ein ander nicht verlieren / es gehe ein jeder seinen Weg. Wer etwas gutes zu wissen bekoͤmmt / der mag die andern bey guter Zeit erinnern. (Sie gehen an unterschiedenen Orten ab.)
Fuͤ nffter Handlung Siebender Auffzug. Ferrante, Christiano. 20
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Ferrante. Je mehr ich das wunderbahre Weltwesen bey mir bedencke / desto leichter kan ich mir einbilden / daß kein Mensch vergnuͤ gt lebet. Ja welche sich von 〈O r=209〉 aussen stellen / als wenn sie dem Ungluͤ cke mit froͤlichen Herzen koͤnten entgegen gehen / die haben die schlechte Zufriedenheit ihrem schwachen Verstande zu dancken / weil sie den Zustand der Welt
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entweder nicht bedencken / oder gantz vergessen. Doch was begegnet mir vor eine Person / wo das Hertz so froͤlich ist / als das Gesichte / so wird er gewiß auch sein Ungluͤ ck vergessen wollen. Christiano. Wie habe ich die Ehre / daß ich von so einer vornehmen Person gesucht werde.
5
Ferrante. Ich habe euch nicht gesucht. Doch nun moͤchte ich wissen / wen ich gefunden haͤtte. Christiano. Ich begehre nicht viel aus mir zu machen / doch wenn er alles wissen will / so hat er einen Menschen gefunden / der GOtt und sein Gluͤ cke lieb hat.
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Ferrante. Hier nechst in dem Parnasso wohnen auch Leute / die sich einer sonderlichen Gluͤ ckseligkeit ruͤ hmen / allein die That beweiset offt das Wiederspiel. Christiano. Was andere thun / davon habe ich keine Rechenschafft zu geben. Aber mein Fundament soll mich nicht betruͤ gen.
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Ferrante. Sie ruͤ hmen sich einer Tugend. Christiano. Sie haben nicht unrecht. GOtt hat uns die Erkaͤntniß der Tugend selber eingepflantzet. Ferrante. Etliche wollen die Affecten bezaͤhmet wissen / etliche wollen sie gar austilgen. Christiano. Ich weiß nichts zu tadeln. Wer er ein Sclave von seinen Affecten ist / der muß unvergnuͤ gt seyn. 〈210〉
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Ferrante. Sie beruffen sich auff eine immerwaͤhrende Ruhe des Gemuͤ thes.
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Christiano. Das ist auch der hoͤchste Schatz / wenn man im Her tzen geruhig ist. Ein gutes Gewissen ist ein ewiges Wolleben / und wenn wir etwas von GOtt erbitten wollen / so sprechen wir: Er gebe uns ein froͤliches Hertz. Ferrante. Doch in der That sind die Leute Lasterhafft / voller Affecten / und allezeit unvergnuͤ gt.
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Christiano. Man darff die Lehre nicht beschuldigen / wenn die Schuͤ ler gleich nicht wohl gerathen. Ferrante. Doch wo kein Schuͤ ler gerathen ist / da koͤmmt die Lehre selbst in Suspicion.
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Christiano. Ich weiß wohl / was ich sagen soll. Doch weil mir die Welt vor meine Reden schlecht gedancket hat / so moͤchte ich sprechen / ich weiß / was ich verschweigen soll. Ferrante. Saget / was euch beliebet / ich will danckbar seyn. Christiano. Die Leute / welche sich durch die blosse Beyhuͤ lffe der klugen Vernunfft vergnuͤ gen wollen / die haben einen Mangel. Ferrante. Worinne bestehet der Mangel?
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Christiano. Sie wollen ihren Kraͤfften etwas mehr zutrauen / als die menschliche Schwachheit verstatten will. Ferrante. Sie thun so viel / als sie koͤnnen. Christiano. Das ist nicht genung. GOtt hat uns einen Weg offenbahret / da wir ein Mittel wider die Schwachheit antreffen. Mit
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einem Wort: Wer 〈O 2 r=211〉 sich in seinem Christenthum nicht mit GOTT vereinigen lernet / der bleibet unvergnuͤ gt / und wenn er alle Pracht und Herrligkeit in seinen Haͤnden haͤtte. Ferrante. Ich dachte / das Christenthum diente nur zu der kuͤ nfftigen Seeligkeit.
5
Christiano. Die Gottseeligkeit hat die Verheissung dieses und des zukuͤ nfftigen Lebens. Ferrante. Ein Christe siehet viel Feinde / die seiner Vergnuͤ gung zuwider sind. Christiano. Aber er hat einen neben sich / der allen Feinden gewachsen ist.
10
Ferrante. Zeno spricht: Ein gluͤ ckseeliger Mensch soll sich nicht fuͤ rchten. Christiano. Der HERR ist mein Licht und mein Heyl / fuͤr wem solte ich mich fuͤrchten?
15
Ferrante. Sie sagen: Ein kluger Mann soll nicht erschrecken / wann auch der Himmel einfiele. Christiano. Hat er nicht die Worte im Gedaͤchtniß: Darum fuͤrchten wir uns nicht / wenn gleich die Welt untergienge / wenn das Meer wuͤtet und wallet / und von seinem Ungestuͤm die Berge einfielen. Ferrante. Doch wer kan so sprechen? Christiano. Die Worte sind uns vorgeschrieben / und wir / als glaͤubige Kinder / sollen sie nachsprechen.
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Ferrante. Wer die Kunst kan / der soll sich vor den Leuten nicht verbergen.
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Christiano. Ich kan nicht davor / daß die blinden Leute sich zu ihrem Gluͤ cke nicht weisen lassen. Die 〈212〉 Leute im Parnasso wollen mich nicht kennen / und weil ich der menschlichen Schwachheit mehr gedacht habe / als ihre stoltze Einbildung vertragen kan / so ist mir der Zutritt verbothen worden. Ferrante. Allein ich moͤchte Leute kennen / die sich nach diesen Leuten gluͤ cklich und vergnuͤ gt befinden.
10
Christiano. Sie spatzieren nur einen kleinen Weg weiter hin / da werden sie ein Paar vergnuͤ gte Ehe-Leute finden / welche die Kunst der rechten Gluͤ ckseeligkeit wohl studiret haben. Ich werde um Permission bitten / Abschied zu nehmen. (Gehet ab.)
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Ferrante. So will ich doch dem Wunder nachgehen / und woferne ich von einfaͤltigen Leuten was lernen kan / will ich mich der Lehrmeister nicht schaͤmen. (Gehet ab.)
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Fuͤ nffter Handlung Achter Auffzug. Simo, Gervasio, Melintes, hernach Passetems. Simo. Ich bin ungluͤ ckseelig / mein Eydam hat sich davon gemacht / und nunmehro scheinet es auch / als wenn ich meine Tochter verlieren solte.
5
Gervasio. Sie wird vielleicht einen bessern Weg gefunden haben. isen Melintes. Und / daß ich so reden mag / der Magnet wird sein E an sich gezogen haben. Simo. Der gute Mensch kan sein bestes Gluͤ cke nicht ertragen. 〈O 3 r=213〉
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Gervasio. Er hat auch das Gluͤ cke sehr wunderlich erfahren muͤ ssen. Melintes. Und es mag ihm an anderer Leute Mitleyden gemangelt haben.
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Simo. Was mich anbelanget / so ist ihm treulich gerathen und gedienet worden. Gervasio. Was wir haben darbey thun koͤnnen / darinnen haben wir uns erwiesen als gute Freunde. Melintes. Der Fuͤ rste æstimiret seine Qualitaͤten noch / ob er sich gleich nicht mehr in seinen Diensten befindet. Simo. Meine Tochter betauret etwas. Denn / wie junge Leute pflegen / so hat sie auch bisweilen mit dem Kopffe durch gewolt.
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Gervasio. Es ist wohl wahr / ein unvergnuͤ gter Kopff / und ein harter Kopff / schicken sich nicht wohl zusammen. Melintes. Die Leute sind noch jung / wir wollen hoffen / sie werden es mit der Zeit besser verstehen lernen. 5
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Simo. Ich habe meiner Tochter die Lehre gegeben / daß sie mit aller Freundligkeit seine Vergnuͤ gung suchen soll / da sie auch allgemach lernet / wie so gar wenig mit Trotzen und Pochen ausgerichtet wird / so wird sich / wills GOtt / die Sache besser weisen. Gervasio. Ich wuͤ nsche / daß alles gluͤ cklich erfolgen moͤge. Melintes. Und ich wolte / daß ich mich noch heute deswegen erfreuen koͤnte. 〈214〉
15
Passetems. (koͤ mmt gelauffen) Nun habe ich meinen Herrn wieder funden / ich dencke / wenn wir die klugen Leute werden suchen / so wird ein jeder sich selbst gefunden haben. Simo. Siehe da / Kerls / sollen wir dich hier antreffen. Passetems. Die Herren lassen mich unverstoͤret / ich suche kluge Leute. Simo. Siehestu nicht / wen du gefunden hast?
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Passetems. Ha / ha / der Herr verzeihe mir / ich habe ihn bey meinen Amts-Sorgen gewiß nicht gekant / sonst waͤre ich ihm die Complimente nicht so lange schuldig blieben; Ich freue mich seiner gluͤ ckseeligen Ankunfft auff fremder Leute Grund und Boden.
Die Unvergnügte Seele V, 8
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Simo. Ja / es scheinet fast / als wenn du uͤ ber den Grund und Boden nicht viel zu gebiethen haͤttest. Doch eines gefaͤllet mir nicht an dir / du solst einen Diener bedeuten / und hast keinen Herrn bey dir. Passetems. O der Herr ist nicht weit / wir gehen nur da herum / und suchen kluge Leute / drum bate er mich / ich moͤchte ein bißgen aus dem Wege gehen; denn wenn er mich im finstern ertappete / so moͤchte der Fund gar Ubel gerathen. Simo. Wir haben nicht viel Zeit zu schertzen / weist du / wo er zu finden ist / so kanst du leicht ein ansehnlich Trinck-Geld verdienen.
5
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Passetems. Ein ansehnlich Trinck-Geld? Gebt mirs an Golde / wenn es wichtig genung ist / des Ansehens wegen / will ich zu frieden seyn. Simo. Du hoͤrest / was dir befohlen wird. 〈O 4 r=215〉
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Passetems. Und ich hoͤre / wormit ich mein Trinck-Geld verdienen soll. Wollen sie mir die Ehre thun / und mich voran spatzieren lassen / so koͤnnen sie die Ehre haben / daß sie folgen. (gehet ab.) Gervasio. GOtt Lob! daß eine Hoffnung vorhanden ist. Melintes. Und daß wir den finden sollen / der uns am besten rathen muß. Simo. Sie werden so guͤ tig seyn / und mich begleiten.
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Christian Weise
Fuͤ nffter Handlung Neundter Auffzug. Vertumnus, hernach Theresia.
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Vertumnus. Nun ist das April-Wetter in meinem Calender wieder eingetreten. Ich dachte / die Zufriedenheit wuͤ rde mir in dem Parnasso gewiesen werden. Ich hatte mich auch von Hertzen erfreuet / daß ich hoͤren solte / wie man alles ausser sich verachten / und die Gluͤ ckseeligkeit als ein wahres Eigenthum im Gemuͤ the behaupten koͤnte. Doch nunmehr sehe ich / daß die Menschen an keinem Orte so unvergnuͤ gt seyn / als in dieser Wohnung. Ach warum lasse ich mich betruͤ gen? Ich will mich doch in die eusserste Wuͤ steney begeben / und wenn ich ja soll unvergnuͤ gt seyn / so will ich diesen Trost haben / daß mich niemand in meinem unvergnuͤ gten Stande verspotten soll. Will aber der Tod kommen / so 〈216〉 werde ich vielleicht da meine Vergnuͤ gung finden. Ach die Bekuͤ mmerniß macht mich so matt / daß ich zur Erde sincken muß. (er faͤ llt nieder.) Theresia. Ach ihr Weiber / machts doch mit euern Maͤnnern so / daß sie koͤnnen zu frieden seyn / oder wenn ihr meynt / daß Trotzen und Pochen so eine grosse Tugend ist / so sehet doch mein Exempel an. Was hilfft michs nun / daß mich der Mann verlassen hat; Und waͤre ich nicht weit gluͤ ckseeliger gewesen / wann ich ihm in gewissen Dingen nachgegeben / oder doch mein Verlangen etwas glimpflicher gesucht haͤtte? Und das ist wahr / ich habe mich selbst unvergnuͤ gt gemacht / und GOtt lasse mir die Gelegenheit nur nicht gar verschwunden seyn / so will ich endlich versuchen / ob ein gutes Wort eine gute Statt / und ein freundliches Gesichte eine freundliche Gegen-Mine verdienen wird. Aber wen sehe ich hier? Ach! ist es nicht eben mein Geliebter? Ach du liebes Hertz! hastu nicht in meinem Bette ruhen koͤnnen / und soll sich dein Leib auff diesem har-
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ten Platze druͤ cken lassen? Die Freundligkeit hat sich gleichwohl aus dem Gesichte nicht gantz verlohren / und im Backen ist ein Gruͤ bgen / das gewiß zu meiner Lust noch auffgehoben ist. Ach werde mir nur wieder gut / ich will die Zeit meines Lebens das Gruͤ bgen im Backen lieb haben. Ach weistu es nicht / ich bin gantz gut / ich bin gantz dein / laß mich nur wissen / ob es mich auch was helffen soll / wenn ich gantz deine bin.
5
(Sie kuͤ sst ihn.) 〈O 5 r=217〉 Vertumnus. Wer ist da? (Theresia steht stille / und kuͤ st ihn noch einmahl.)
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Vertumnus. Es muß wohl jemand da seyn. (Richtet sich auff.) Theresia. (Faͤ llt nieder / und fasset ihm die Hand / und kuͤ st sie.) Ach es ist freylich jemand da. Doch die betruͤ bte Person weiß nicht / ob sie reden darff. Vertumnus. (Stehet auff.) Ach Theresia, was verlangt sie? Soll es denn nicht genung seyn / daß ich unvergnuͤ gt bin?
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Theresia. Nein / es ist nicht genung; Entweder das unvergnuͤ gte Wesen soll sich aͤndern / oder ich will dabey bleiben. Vertumnus. Warum will sie doch in ihr Ungluͤ cke gehen? Theresia. Warum will er sich zu seinem Gluͤ cke nicht weisen lassen? Vertumnus. Ach! was in der gantzen Welt nicht zu finden ist / dahin kan mich niemand weisen.
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Theresia. Ach mein Kind ist so hoͤflich / er will mich nicht beschaͤmen / daß ich mich versuͤ ndiget habe. Vertumnus. Ich bin nicht capable, jemanden zu beschaͤmen / ich schaͤme mich selber / daß ich unvergnuͤ gt bin. 5
Theresia. Ach mein Kind / habe ich was darbey gethan / so lasse ers doch nur einmahl vergessen seyn. Vertumnus. Eben deswegen hab ich den Ort gesucht / daß ich der gantzen Welt vergessen will. 〈218〉
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Theresia. Ja / wo das jenige soll vergessen werden / was uns zuwider ist. Vertumnus. Es ist mir alles zuwider / drum will ich auch mein Gemuͤ the zu einer allgemeinen Vergessenheit zwingen. Theresia. Wenn auch alles zuwieder waͤre / so wuͤ rde doch die arme Theresia nicht darzu gehoͤren.
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Vertumnus. Ich weiß nicht / was ich von mir dencken soll; Wo soll ich mich auff eine Person / ausser mir / besinnen. Theresia. Ach mein Kind / ist denn die Person ausser ihm / die sich in sein Hertze geschlossen hat? Vertumnus. Ich habe nichts mehr in meinem Hertzen verschlossen.
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Theresia. Ach mein Engel / wenn ich nur suchen duͤ rffte / gewiß ich wolte was finden. Ja ich wolte es beweisen / daß ich mich selber gefunden haͤtte. Vertumnus. Warum werde ich auffgehalten? Vielleicht darum / daß mir die Leute begegnen sollen.
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Theresia. Vielleicht sind es Leute / die uns von GOtt zu unserm Troste geschickt werden. Vertumnus. Sie muͤ ssen mich mit einem betruͤ glichen Troste verfuͤ hren wollen. Theresia. Sollen sie uns nicht sehen / so koͤnnen wir uns wohl etwas verbergen.
5
Vertumnus. Wenn ich mich verbergen soll / so muß ich alleine seyn. Theresia. So lange / als die Personen voruͤ ber gehen / will ich gehorsam seyn. Ach mein Kind / ich gehe dort hinuͤ ber / aber mein Hertze bleibt da.
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(Sie verbergen sich.) 〈219〉
Fuͤ nffter Handlung Dreyzehender Auffzug. Contento, Quiete.
15
Contento. Nun meine liebe Frau / wird auch die Maͤrtins-Ganß bald gebraten seyn. Quiete. Je mein lieber Mann / warumb fragst du? Contento. Je nun / ich dachte / du moͤchtest auch was vergessen haben.
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Quiete. Gedencke doch / der Fest-Tag koͤmmt uns in dem Jahre nur einmahl / warum solt ich nicht daran gedencken. Contento. Je nun es geht uns die andern Tage gleich so gut / als wenn wir Maͤrtins-Fest halten. 5
Quiete. Ja / siehe mein Kind / ich habe dich auch die andern Tage so lieb / als am Martins-Fest. Contento. Ja / GOtt sey Lob und Danck / das ist nun die 24. Maͤrtins- Ganß / die wir mit einander essen / und ich wuͤ ste nicht / daß mir auch ein eintziger Bissen bey dir haͤtte uͤ bel geschmeckt.
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Quiete. Warumb haͤtte dirs auch sollen uͤ bel schmecken / wenn ich eine Quarckschnitte schmierte / so that ichs mit lieber Hand / und bette ein andaͤchtig Vater-Unser darzu / damit war es uns so gesund / als ein Rebhun. Contento. GOTT Lob und Danck / daß ich nicht weiß / was Rebhuͤ ner vor Dinger seyn. Quiete. Ja / ich war vergangene Woche in der 〈220〉 Stadt / da brachte ich einem vornehmen Manne Nachtschatte / er wolte sich die Huͤ ner-Augen mit vertreiben / der hatte Rebhuͤ ner genug zu essen / aber wie er sich mit der Frau begeht / das weiß ich am besten. Ach ich habe unter Wegens viel tausendmahl GOtt gedancket / daß er uns kein solch Ding zu essen giebt / wenn wir nicht sollen ein froͤlich Hertz dabey behalten.
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Fuͤ nffter Handlung Vierzehender Auffzug. Theresia, Contento, Quiete. Theresia. Die Leute machen mir die Zeit etwas lang. Ich muß sehen / daß sie mit Manier koͤnnen fortgeschaffet werden / sonsten verliere ich meinen Liebsten wieder. Gluͤ ck zu ihr guten Leute!
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Contento. Grossen Danck junge Frau; GOtt gebe euch wieder so viel. Theresia. Ihr lieben Leute / wer seyd ihr? habt ihr euch etwan im Pusche verirret?
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Contento. O nein / wir gehoͤren ins nechste Dorff; Aber weil wir so recht an der Pusch-Ecke wohnen / so seyn wir darinnen gar bekandt. Theresia. Wohnt ihr an der Pusch-Ecke? da muͤ ste ich mich fuͤ rchten.
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Contento. Vor wem solte ich mich fuͤ rchten. Quiete. Und wer den lieben GOtt bey sich hat / den sollen die boͤsen Leute / und alle boͤsen Dinger zu frieden lassen. 〈221〉 Theresia. Das ist gar ein gutes Wort; doch in der Noth will es manchem nicht in das Hertze. Contento. O wer den Trost nur einmahl ins Hertze kriegt / der behaͤlt ihn wohl darinne.
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Quiete. Und da wirs in der Welt nicht besser treffen / so dancken wir dem lieben GOtt / daß er uns ein froͤliches Gewissen giebt. Theresia. Aber an dem Orte muß euch alles fehlen?
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Contento. O nein / wir haben nun ein ander 23. Jahr / und in unserm Haͤusgen ist immer genung. Quiete. Wir haben ein Kuͤ hgen / das giebt uns so viel / daß wir uns nicht mit dem blossen Wasser und mit dem treugen Brodte behelffen duͤ rffen. Theresia. Doch wo koͤmmt das Brod her?
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Contento. Wenn wir des Tages ein Groͤschel haben / so reichen wir alle beyde. Quiete. Und es koͤmmt doch wohl / daß wir manchen Tag / einander zu Huͤ lffe / drey Groͤschel verdienen. Theresia. Das ist wenig.
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Contento. Ach wir brauchen es nicht einmahl. Quiete. O es koͤmmt manch arm Handwercks-Puͤ rschel voruͤ ber / das noch einen Pfennig von uns weg kriegt. Theresia. Wormit verdient ihr euer Geld?
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Contento. Ich schleiffe Spaͤhne / ich mache hoͤltzerne Koͤrbel / und wenn ich was fertig habe / so koͤmmt ein Mann aus dem Dorffe / der bezahlet sie. Theresia. Koͤnnt ihr sie nicht selber in die Stadt fuͤ hren? 〈222〉
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Contento. O ich bin mein Lebtage einmahl / als ein kleiner Junge / in der Stadt gewesen / ich weiß nicht / was ich drinne machen soll. Wenn ich des Sonntags in die Kirche gehe / so ist meine groͤste Reise auf der Welt verricht. Der Frauen laß ich manchmahl ihren Gang / daß sie sich in der Stadt gute Freunde macht.
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Quiete. Ja die Leute seyn so an mich gewohnet / wenn ich so gute Kraͤuter im Pusche zusammen gelesen habe / so dencken sie immer / sie seyn kraͤfftiger / wenn ich sie bringe. Theresia. Da koͤnnt ihr auch etliche Groschen mit verdienen.
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Quiete. Das werde ich nicht thun / daß ich unsers HErre GOttes Wahren solte um Geld verkauffen. Er giebt mirs umsonst / und da ich meinem Naͤchsten auff andere Weise nicht dienen kan / so will ich den Leuten gerne zuschleppen / was sie von mir verlangen.
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Theresia. Doch die Leute werden nicht so undanckbar seyn / und werden euch ein Stuͤ cke Essen vorsetzen. Quiete. O wenn ich meinen lieben Mann nicht bey mir habe / so schmeckt mir kein Bissen. Theresia. Aber ein Stuͤ cke Gebratens in der Stadt ist wohl besser / als Brod und Quarckmolcken auff dem Dorffe. Quiete. O wenn ich hungrig bin / so weiß ich viel / wie mirs schmeckt. Wenn ich sehe / daß mein lieber Mann gesund ist / und kan mit essen / so thut sich 〈223〉 doch flugs mein Herz von einander / daß ich vor Freuden greinen moͤchte. Theresia. Ihr Leute / habt ihr denn auch einander lieb.
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Contento. Ja / das haben wir dem Pfarren vor 23. Jahren zugesagt; und wo wir sonst keine Suͤ nde gethan haben / dessentwegen gedencken wir wohl bey GOtt zu bestehen.
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Quiete. Warum solten wir es auch nicht thun. Wenn Mann und Weib einander lieb haben / so wohnen die leibhafftigen Engel im Hause. Contento. Ich hatte grosse Freude / wie die Hochzeit angehen solte / ja fuͤ rwahr / die letzte Woche zehlte ich alle Stunden / biß die Zeit heran kam. Aber daß mir es nicht den heutigen Tag noch so huͤ bsch gefallen solte / als da / das kan ich nicht sagen. Quiete. Je nun / wir seyn deßwegen da / daß wir einander helffen sollen / wie koͤnnen wir es besser thun / als wenn wir einander freundlich ansehen.
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Theresia. Doch es trifft sich gleichwohl / daß ein kleiner Streit darzwischen kommet. Quiete. Ja wer dem boͤsen Feinde so viel zu Gefallen thut / bey dem kan es gar bald darzu kommen.
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Contento. Und ich wuͤ ste nicht / wie es geschehen koͤnte; Was ich thue / das gefaͤllt ihr / und was meine Frau thut / das hab ich auch gerne; da moͤchte ich wohl wissen / wo Streit und Zanck herkaͤme. Theresia. Es geschiehet aber wohl / daß man einander aus Menschlicher Schwachheit was zu wieder thut. 〈224〉
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Contento. O die Liebe kan alles entschuldigen. Und wer sein Ehgemahl von Hertzen liebt / der wird sich auch die menschliche Schwachheit nicht gar zu weit verfuͤ hren lassen.
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Theresia. Wie gehet es aber / wenn man kranck ist? Quiete. O da hat man ein ander am liebsten. Theresia. Doch die Freude wird sehr versaltzen. Quiete. O denen / die GOTT lieben / muͤ ssen alle Dinge zum besten dienen.
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Theresia. Habt ihr auch Kinder? Contento. O ja / ich habe einen Sohn / er ist neulich mit unsers Pfarren Sohn auff die Universitaͤt gezogen / er ließ mich neulich gruͤ ssen / und ließ mir sagen / es gienge ihm gar wohl; wenn wir ihm mit einem fleißigen Vater-Unser helffen wolten / so gedaͤchte er schon fortzukommen. Aber zwo Maͤdgen seyn mir gestorben.
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Quiete. Ja / und deßwegen seyn wir auch in dem Hause gar alleine beysammen. Theresia. So seyd ihr doch in eurer Liebe nicht gantz vergnuͤ gt gewesen / weil euch die Kinder gestorben seyn. Quiete. So lustig als ich war / da ich meinen Sohn auff die Schule / und auff die Universitaͤt schickte / so lustig / und noch viel hundert mahl lustiger war ich / da mir GOtt die lieben Maͤdel so wohl versorgete. Theresia. Gleichwohl fehlet euch etwas. Quiete. O wer sich keine tumme Gedancken machet / dem fehlet nichts. 〈P r=225〉
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Contento. Wie lange wirds waͤhren / so haben wir auch ausgelebet.
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Quiete. Und wenn ich in die Stadt komme / so sehe ich / daß in allen Haͤusern ein elend jaͤmmerlich Ding ist. Ja fuͤ rwahr / ich kenne noch viel feine Leute / aber ich wolte nicht mit ihnen tauschen / wenn sie mir noch dreymal so viel darzu gaͤben. Theresia. Das ist ein Wunder / ihr Leute / ihr habt nichts / und seyd allemahl vergnuͤ gt.
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Contento. Ach nein / wir haben genung / drum seyn wir vergnuͤgt. Das Essen schmeckt mir / ich habs auch. Der Schlaff bekoͤmmt mir / ich thue es auch. Die Arbeit geht mir von statten / und sie hilfft mir zur Gesundheit. Der liebe GOtt ist bey mir / der behuͤ tet mich / und wenn ich Zeit habe / so sehe ich gleichwohl meine liebe Frau nach der Seite an / und gedencke an das schoͤne Spruͤ chlein / das mir des vorigen Pfarren Herr Bruder auff den Teller schrieb: GOTT im Hertzen / die Liebste im Arm / Eins macht seelig / das andre macht warm. (Sie uͤ mfassen einander.)
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Fuͤ nffter Handlung Funffzehender Auffzug. Die vorigen / Vertumnus. Theresia. Ach mein Kind / wenn wirs nun nicht glauben wollen / daß eine Vergnuͤ gung in der Welt anzutreffen ist / so muͤ ssen wir zu den Leuten in die Schule gehen. 〈226〉
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Vertumnus. Ich habe alles gehoͤrt / und ich schaͤme mich / daß ich dem grossen GOtt vor seine Wohlthaten so undanckbar gewesen bin. Ach! ich habe viel / und bin unvergnuͤgt. Die Leute haben / gegen mich zu rechnen / nichts / und sind doch reicher / als ich. Ach! ihr gluͤ ckseeligen Leute / habt schoͤnen Danck / daß ihr mich zu etwas gewiesen habt / das ich sonst in der gantzen Welt nicht gefunden habe.
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Contento. Ihr lieben Leute / was meynet ihr denn? Vertumnus. Ich bin bishero unvergnuͤgt gewesen.
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Contento. Ja ja / es gehet so / wenn man mit dem lieben GOtt nicht zufrieden ist. Quiete. Ja ja / das ists; je mehr GOtt den Leuten giebt / desto mehr wollen sie haben / und desto thaͤmischer werden sie / wenn der liebe GOtt nicht flugs auffplatzt / wie sie es haben wollen. Vertumnus. Man wird betrogen / wenn man eine Zufriedenheit ausser sich selber sucht. Quiete. Ihr Leute / ich will einmahl reden / wie eine einfaͤltige Frau. Es gemahnet mich mit euch / als wenn euch die Heimli-
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che in den Kopf gekrochen waͤren / darnach wollt ihr die Stube und die Fenster zumachen / daß ihr sie nicht hoͤret.
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Vertumnus. Ich kan nichts darwider sprechen. Ach mein Kind / ich schaͤme mich / daß wir in unserer Liebe diesem Exempel nicht nachgefolget sind. Theresia. Und ich schaͤme mich / daß ich nicht habe folgen sollen. Vertumnus. Habe ich was gethan / so soll es nicht mehr 〈P 2 r=227〉 geschehen. Mein Kind / hinfuͤ hro soll mir das Essen bey dir am besten schmecken.
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Theresia. Bin ich Ursache daran gewesen / daß alle mahl das Essen nicht geschmecket hat / so will ich nun Lieb und Freundligkeit lassen die Wuͤ rtze seyn / damit will ich eben / wie diese Leute / GOTT und genung am Tische / im Bette und im Hertzen behalten. Vertumnus. Ach mein Engel / nun werde ich vergnuͤ gt. Theresia. Mein Kind / setze noch so viel darzu / wir wollen nimmermehr unvergnuͤ gt werden.
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Fuͤ nffter Handlung Sechzehender Auffzug. Die mittelste Scene eroͤffnet sich. Ferrante, Gervasio, Melintes, Simo, Amantus, Hilario, Securo, Vertumnus, Theresia auf einer Seite. Contento, Quiete auf der andern. Passetems darneben.
5
Ferrante. Das haͤtten wir nicht gedacht. Wir suchten etliche Personen / die sich mit einander vertragen solten / und nun befinden wir / daß sie uns eine sonderbahre Muͤ he ersparet haben. Simo. Ihr geliebten Kinder / ich erfreue mich / daß ich euch bey sammen sehe / doch ich verwundere mich zugleich / daß ihr euer Gemuͤ the so vielmahl veraͤndern koͤnnt. Vertumnus. Mein Herr Vater / wir muͤ ssen es bekennen / die bißherige Veraͤnderung ist vielen Personen 〈228〉 zu wider gewesen; Doch die kuͤ nfftige Bestaͤndigkeit soll alles wieder gut machen.
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Simo. Ich befuͤ rchte / was vor diesem ist moͤglich gewesen / das moͤchte sich kuͤ nfftiger Zeit wieder blicken lassen. Vertumnus. Ach nein / hier steht ein vergnuͤ gtes Paar / von dem habe ich mehr gelernet / als von allen guten Freunden und Philosophis.
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Ferrante. Ihr Leute / habt ihr die Kunst gelernet? Quiete. Ihr Herren / verzeiht mir zwar / mein Mann ist nicht sehr gewohnet / daß er mit den Stadt-Leuten redet; das ist wahr / von Hertzen haben wir einander lieb gehabt / und ich wuͤ ste nicht / warum wir nicht darbey bleiben solten.
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Ferrante. Ihr seyd arme Leute / wo kein Uberfluß vorhanden ist / da schickt sichs mit der Liebe nicht zum besten.
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Quiete. (ad Contento.) Hertzer Mann / die Leute dencken doch / wir haben nichts zum besten / wenn ich waͤre als du / ich baͤte sie alle mit einander zur Maͤrtins-Ganß. Contento. Ja meine Liebe Frau / die Ganß moͤchte nicht herum reichen.
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Quiete. Wir muͤ ssen die Stuͤ cke darnach schneiden / so sehen sie gleichwohl / daß wir auch mit gutem Gewissen koͤnnen eine Ganß braten lassen. Ferrante. Habt ihrs nicht gehoͤret / wir besorgen uns / ihr werdet nicht viel zum besten haben.
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Contento. Je nun / ihr schoͤnen vornehmen Leute / ich dencke wohl / was ihr meynt / je nun / wir haben wohl 〈P 3 r=229〉 irgend so ein Gaͤnsel gebraten / denn weil wir gleich am Mertens-Tage haben Hochzeit gehabt / so stellen wir auch in GOttes Nahmen noch alle Jahr eine Lust an; Wolt ihr uns nicht verschmaͤhen / und wolt darauff zu Gaste kommen / je nun fuͤ rwahr / ihr solt von Hertzen gerne gesehen werden. Ferrante. Ihr lieben Leute / last euch eure Mertens-Ganß wohl bekommen; Doch damit ihr auch unsere Gegenwart in etwas erkennen moͤget / so sollen euch 30. Thaler darzu geschencket seyn. Contento. Ach behuͤ te mich GOtt vor 30. Thalern / was solte ich damit machen? Ich halte / daß ich in meinem Hause nicht sicher waͤre / und daß mir darnach Schelmen und Diebe zuspraͤchen.
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Ferrante. Ihr werdet das Geschencke nicht verachten / man braucht das Geld allenthalben. Contento. Ich habe Geld genung / und wer weiß / ob ihr so viel uͤ berley behalt / als ich. Ferrante. Doch weil es einmahl weggeschenckt ist / so wuͤ rden wir geschimpfft / wenn wir es solten zuruͤ cke nehmen. Contento. Je nun / wenn ihr ja des Geldes gar zu viel habt / so will ich euch wohl sagen / wo ihrs hin thut. Nicht weit von meinem Haͤusel am Pusche da ist in der Land-Strasse so ein jaͤmmerlicher Ort / da bleiben die Fuhrleute immer stecken / und es wundert mich / daß alles im gantzen Pusche nicht einmahl schwartz wird / wie sich die armen Leute zu fluchen / ehe sie wieder heraus kommen. O last doch irgend vor 30. Reichsthaler Erde / Steine / und andern 〈230〉 Bettelment nein werffen / ich will thun / als wenn mirs geschehen waͤre / und ich weiß / der liebe GOtt wirds euch hundertfach wieder vergelten.
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Ferrante. GOTT Lob! so lernen wir / wo die Vergnuͤ gung wohnt / Und welche Tugend uns mit rechter Lust belohnt. (geht ab.) Gervasio. Was suchen wir den Trost in Schloͤssern und Palaͤsten? Melintes. Denn auch der schlechte Wald hat GOTT und gnung zum besten.
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Simo. Das Bild der Eitelkeit verblendet nur die Welt / Amantus. Daß man ein Schatten-Werck der Liebe wuͤ rdig haͤlt. 5
Hilario. Das macht der schnoͤde Sinn / der uns so weit verfuͤ hret / Securo. Bis man den rechten Sinn und wohl sich selbst verlieret. Vertumnus.
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GOTT Lob! ich bin vergnuͤ gt / nun trifft der Seegen ein / Theresia. Und wenn er sich vergnuͤ gt / so will ich Zeuge seyn. Contento. Wer meinem Leben folgt / der kan sich nicht betruͤ gen /
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Quiete. Er kan sich / als ein Printz / zu Tag und Nacht vergnuͤ gen. Passetems. Ihr Jungfern / sagt mir doch / wo werd ich eine kriegen? Gervasio.
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Wer sich bisweilen klagt / der tadelt seinen Stand / 〈P 4 r=231〉
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Melintes. Und gleichwohl hat ihm GOtt die Stelle zuerkannt. Simo. Der Ort kan wenig thun / ich lobe das Gemuͤ the / Amantus.
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Wer dessen Schaͤtze kennt / der fuͤ hlt auch GOttes Guͤ te. Hilario. Das Leben ist vor sich ein Platz voll Hertzeleyd / Securo. Doch wer sein Leyd vergisst / der hat die Seligkeit.
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Vertumnus. In diese Liebes-See will ich mein Leyd versencken / Theresia. So will ich meiner Noth auch ferner nicht gedencken / Contento.
15
Mein Wesen steht mir an / so bleib ich im Geschicke / Quiete. Was unser Hertze wuͤ nscht / das koͤmmt zu gutem Gluͤ cke. Passetems. Wer keine Jungfer kennt / dem geht viel Trost zuruͤ cke.
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Gervasio. Du Wald gehab dich wohl / wir dencken stets an dich / (gehet zuruͤ cke.) Melintes. 5
Wenn mich der Trost verlaͤst / so komm und lehre mich. (gehet zuruͤ cke.) Simo. Hier ist die schoͤnste Jagd / da man die Seinen findet / (zuruͤ cke.) Amantus.
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Hier waͤchset Liebes-Holtz / das Lieb und Lust entzuͤ ndet / (zuruͤ cke.) Hilario. Wer diese Wege sucht / der hat sehr wohl spatziert / 〈232〉 Securo.
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Denn wo die Einfalt wohnt / da wird man nicht verfuͤ hrt. (gehen zuruͤ cke.) Vertumnus. Ich lobe diesen Wald / da wachsen schoͤne Fruͤ chte / Theresia.
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Auch dieser Schatten spielt mit angenehmen Lichte. (zuruͤ ck.) (Contento, Quiete, Passetems breiten sich aus.)
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Contento. Nun hats der Wald gethan / und GOTT vergist man doch / Quiete. So setzt die blinde Welt die Flecke nebens Loch. Passetems.
5
Ihr Jungfern / wisst ihr was? Fuͤ rwahr ich hoffe noch. Passetems. Botz tausend / Ihr Leute / denckt ihr etwan es ist schon aus? Ich dencke / mein erbarer Mantel der weiß es wohl / daß ich auff die Martens-Ganß werde zu Gaste kommen; und wenn der Punct aussen bliebe / so solte mirs leyd seyn / daß ich mit gespielt haͤtte.
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(Sie ziehen sich alle mit Manier hinein.) Contento. Je nun / wir werden sehen / was die Martens-Ganß macht. Quiete. O wenn ich die Tuncke fertig habe / so koͤnnen wir essen / wann wir wollen. 〈233〉
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Fuͤ nfter Handlung Siebzehender Auffzug. Drache, Lindwurm, Stenz, Beerstutz, Grimmig, Fix. Drache. Nun das haͤtten wir wohl nicht gedacht / daß wir so frisch und gesund solten wieder zusammen kommen.
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Lindwurm. Ja ich haͤtte es auch nicht geglaubt / daß ein Mensch so ein zaͤhes Leben haͤtte. Es war mir einmahl eine Kroͤte unter das Wamst gekrochen / aber das merckt ich / durch Leder konte sie mir nicht beissen. 5
Stenz. Und mir kam einmahl ein Zwitter von der Fledermauß und von der Hauß-Notter an die Hand / ich dachte immer / ich wuͤ rde den Klingel-Sack mein Tage nicht mehr tragen koͤnnen. Beerstutz. Ja / Schlangen und Kroͤten stechen sehr / aber mich deucht / Hunger und Durst der schiert viel aͤrger.
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Grimmig. Das ist noch am besten / daß wir manchmahl bey unserm Ehren-Amte duͤ rffen Mist laden / so seyn wir des lieben Gestanckes doch ein bißgen gewohnet. Fix. Ich hatte noch gar eine gnaͤdige Herberge / wie ich hinein kam / so kriegt ich den Schnuppen / und wie ich heraus kam / so vergieng er mich / damit hat es moͤgen stincken; ich will es nicht verrathen / ob es von Menschen und Vieh / oder von Ungeziefer ist herkommen. 〈234〉 Drache. Aber was wollen wir denn? Wir hatten ja was zu thun / da wir uns versammleten.
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Lindwurm. Je nun vergebens haben wir wohl auch nicht die Maͤntel umgenommen. Stenz. Ach glaͤubt mirs / das Ding wird uns lange anhaͤngen / wir werden nach dem Ungluͤ cke noch vielmahl vergeßlich seyn.
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Beerstutz. Amtswegen kommen wir nicht zusammen / denn die Gerechtigkeit ist uns ja genommen worden / daß wir allemahl den Korn-Schreiber sollen darzu sitzen lassen.
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Grimmig. Ist denn eine Hochzeit / und wir habens vergessen / wer der Braͤutigam ist. Fix. Ihr Herren / ihr moͤgt hingehen / wo ihr wolt. Ich gehe zur Maͤrtens-Ganß. Drache. Nun seht / wer solte sich das traͤumen lassen / daß ich der Maͤrtens-Ganß vergessen haͤtte. Nun / nun / der gute arme Mann macht sich Ungelegenheit / aber daß er nicht meynet / daß es aus einer Verachtung geschehen waͤre / so muͤ ssen wir doch einen Hoff-Tag thun / und erscheinen. Lindwurm. O ja / wer auff seinem Hause noch solcher Hoff-Tage viel hat / der kan die Beschwerung noch ausstehen. Stenz. Ich dencke nur immer / das Ding moͤchte nicht zu verantworten seyn. Wir sollen nicht zusammen kommen / wo der Kornschreiber nicht dabey ist / und so viel ich weiß / ist er nicht da.
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Beerstutz. O / das ist keine Zusammenkunfft / es ist 〈235〉 auch kein Ehren-Gelag / es ist ack nur eine Maͤrtins-Ganß. Grimmig. Ja / wenn wir den Mause-Kopff mit der Maͤrtens-Ganß koͤnnten wegbannen / ich ließ selber einmahl eine braten. Fix. Was fragen wir darnach / wer die Gaͤste gebeten hat / mag es verantworten.
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Fuͤ nffter Handlung Achtzehender Auffzug. Die vorigen / Rotula, Porto, Blindschleiche.
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Rotula. Ach ihr Herren / sie seyn doch gebeten / und stellen sich doch ein / die Maͤrtens-Ganß ist so schoͤne braun / man moͤchte flugs die Finger darnach lecken. Drache. Maͤdel / Maͤdel / hast du irgend davon geleckt?
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Rotula. O nein / wer immer um das liebe Gebratens ist / wie unser eins / der achtet es nicht / man wird vom Geruche so satt / daß man es nicht anruͤ hren mag. Lindwurm. Maͤdel / so meinst du gleichwohl / daß die Ganß braune genung ist?
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Rotula. Ja / ich dencke es / mit der Farbe will ich bestehen; Wo sie am Fleische so gut ist / so habe ich mein Lebtage keine bessere Ganß gebraten. Porto. (koͤ mmt) Ich soll sehen / ob es die Jungfer ausgerichtet hat / die Ganß ist fertig. 〈236〉 Stenz. Nun wird es wohl wahr seyn / der andere Zeuge koͤmmt.
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Porto. Ja / fuͤ rwahr / sie steht dort und raucht / daß man einander nicht sehen kan. Blindschleiche. (koͤ mmt) Ey / großguͤ nstige Herren / sie verzeihen mir doch die grobe Sau / ich schicke die Koͤchin und den Bitter-Knecht heraus / und besinne mich nicht / daß ich bey der Maͤrtens-Ganß selber kommen soll. Ach / sie verzeihen mirs
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doch gar zu sehr / und lassen es nur den lieben Mann nicht entgelten / der sie gebeten hat. Drache. Hoͤret ihr / Goͤrge Blindschleiche / das ist euer Gluͤ cke / daß wir uns darauff nicht besonnen haben / ein derber Filtz solte euch braff anstehen.
5
Lindwurm. Es darff doch nicht so gar ohne Straff abgehen / die Koͤchin und Bitter-Knecht haben uns gebeten / und haben es nicht thun sollen / ihr habt es thun sollen / und habt es nicht gethan. Flugs sagt mir / warum es eine Maͤrtins-Ganß heist / sonst gehen wir wieder heim.
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Rotula. Je neen / das sind Possen / darum heist es eine Maͤrtens-Ganß / weil sie auff Martini gebraten ist. Haͤtten wirs gespart / biß auff Mariæ Geburt / so hieß es ein Margens-Ganß. Porto. Und haͤtten wir ein paar Wochen gewartet / biß auff den Nickels-Tag / so waͤr es eine Nickels-Ganß. Blindschleiche. Das heist gar mit einander nichts. Der heilige St. Maͤrten ist so ein grosser Wohlthaͤter gewesen / sonderlich gegen die Leute / die so in Ehren 〈237〉 haben wollen Hochzeit machen. Nun haben wir an der Ganß die gantze Hochzeit. Die Federn geben das Bette / den Braten geben wir auff die Hochzeit / die Klein-Ganß geben wir dem Gesellen schwartz / wenn sie vom Balbierer kommen / und ob man nicht auff der Gurgel koͤnnte zu Tantze pfeiffen / das mag auch dahin gestellet seyn. Rotula. Warte / warte / ich will mir schon helffen. Komme heraus / du Gold-Schatz / du solt mir flugs antworten / warum die heutige Ganß eine Maͤrtens-Ganß heist.
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Passetems. (koͤ mmt) Wo du mich wilt zum Gold-Schatz annehmen / so wolte ich dir doch aus der Angst aushelffen. Doch wer laͤst fragen? Lindwurm. Wer wird fragen lassen. Derjenige / der es Macht hat. 5
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Passetems. Nun / nun / wo die Leute Macht haben / da muß man gehorchen. Ich halte / es heist eine Maͤrtens-Ganß / weil es aussiehet / wie ein Maͤrtens-Horn. Die beyden Keulen geben die Hoͤrner / und wenn der Steiß huͤ bsch in die Hoͤhe stehet / wie eine Bischoffs-Muͤ tze / so ists das Mittel-Horn / da Monsieur Passetems was davon genaschet hat. Die Loͤcher geben sich selber / denn wo koͤnnte man Aepffel / Castanien / Beyfuß / Ungarische Pflaumen / und ander Scherement heinein stecken / wenn keine Loͤcher da waͤren. Blindschleiche. Nein / hoͤre doch / bist du alle Tage so klug? Brate mir doch um Pfingsten eine Ganß / und siehe / 〈238〉 ob sie nicht eben so spitzig wird aussehen / wie um Martini. Passetems. Und backe mir um Pfingsten ein Maͤrten-Horn / und siehe / ob es nicht wird so viel Spitzen haben / wie um Martini.
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Blindschleiche. Ja auf einem Maͤrten-Horn muß Honig seyn. Passetems. Nach der Maͤrtens-Ganß kan ich die Finger so gut lecken / als nach einem Maͤrten-Horn. Blindschleiche. Warum heist aber ein Maͤrten-Horn ein Maͤrten-Horn.
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Passetems. Das giebt sich wieder / wie das Griechische / weil es aussiehet / wie eine Maͤrtens-Ganß.
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Lindwurm. Ihr / ihr / Goͤrge Blindschleiche / nehmet euch in acht / der hat gewonnen. Schoneten wir eurer Kinder nicht / und haͤtte der liebe Mensch sonsten Lust bey uns zu bleiben / fuͤ rwahr ich wuͤ ste nicht / ob ihr lange Schulmeister bliebet. Blindschleiche. Je nun / wenn die Schulmeisters-Weißheit in der Maͤrtens-Ganß bestehet / so muͤ ste ichs geschehen lassen.
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Fuͤ nffter Handlung Neunzehender Auffzug. Die vorigen / Contento, Quiete. Contento. Je nun / willkommen / willkommen / es ist mir auch gar zu lieb / daß ihr mich mit meinen armen Maͤrtens-Gaͤnsel nicht habt verschmaͤhen wollen. 〈239〉
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Drache. O / es ist uns auch lieb. Wir wissen nur nicht / wie wir zu der Ehre kommen. Quiete. Je nun seht / ihr seyd gleichwohl unsere liebe Obrigkeit / und vor einem solchen Baum / da man bißweilen Schatten von hat / kan man sich wohl buͤ cken. Je Jungfer Koͤchin / gehet hinein und richtet an / und du / Hochzeit-Knecht / siehe / daß Bier da ist / so wollen wir flugs darzu thun / und uns setzen. Rotula. Mein Gold-Schatz / komme doch mit / und hilff mir den Tisch decken. Passetems. Ja / ja / du armes Kind / es moͤchte dir zu viel werden / ich will dir schon helffen.
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(Sie gehen ab.) Stenz. Ja / ihr lieber Mann / so koͤnnet ihr gleichwohl bey euerer Busch-Ecke ein paar Gaͤnsel auffziehen? Contento. O ja / sie muͤ ssen erstlich lernen Graß fressen. 5
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Quiete. Darnach machen wir so Wolckern / daß wir sie darmit stopffen / ich dencke / diese soll mir wohl gerathen seyn. (Rotula, Porto, Passetems bringen einen Hund heraus gejagt / und schreyen: Gehest du nicht / du Schind-Vieh / daß dich der Hencker nicht vor drey Tagen geholet hat. Und pruͤ geln ihn endlich zum Theatro hinunter.) Contento. Ihr Leute / was ist da? Was machet ihr vor einen Lermen? 〈240〉 Rotula. O / da kam ein fremder Hund / und haͤtte uns bald den Bier-Krug umgestossen.
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Contento. Aber es wird noch nicht geschehen seyn? Rotula. O nein / o nein. Blindschleiche. (Fuͤ hret sie bey Seite) Wenn es noch nicht geschehen ist / warum macht ihr denn fuͤ r den vornehmen Leuten so ein Geschrey.
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Porto. Ich daͤchte / es waͤre was geschehen / er hat die Maͤrtens- Ganß auf der Erden herum geschlept / daß sie bald das Braune verlohren hat. Rotula. Ey stille / du Narr / du hast wohl auch einmahl von einem Ganse-Steise gefressen / daß du keinen Quarck bey dir behal-
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ten kanst. Nein / seht Herr Goͤrge Blindschleiche / ich will es euch wohl recht sagen / der Hund war uns uͤ ber die Ganß kommen / er mochte sie auch wohl einmal oder sechs unter dem Tisch herum geschleppet haben / aber das Ding laͤst sich alles abwischen / was die Herren nicht wissen / davor grauet ihnen nicht.
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Blindschleiche. Es ist mir nur um mich / daß mir der Appetit zu Schanden wird. Rotula. O / ihr koͤnnet euch im Vorschneiden schon in acht nehmen. Hoͤre mein Gold-Schatz / wenn er ein bißgen thut / als wenn er ein stumpf Messer haͤtte / und zerlaͤstert brav die Brust / so wird es wohl niemand sehen / daß der Hund ein Stuͤ ck heraus gebissen hat. Passetems. (ad spect.) Potz tausend / habe ich doch nicht gewust / warum mancher Trenchante das Gebratens so verschiert. Aber wir moͤchten nach 〈Q r=241〉 der Ganß sehen / den Hund haͤtten wir weggejagt / nun koͤnte die Katze daruͤ ber kommen / und Ubel aͤrger machen. (Sie lauffen hinein)
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Contento. Herr Goͤrge Blindschleich / was war denn da? Blindschleiche. O die Jungfer Koͤchin hatte so ein Anliegen / sie fragte / ob sie die Suppe solte gelb machen.
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Contento. Sie muß es besser verstehen / sie kochet ja auff den Hochzeiten / sonsten deucht mich / die gelbe Farbe stehet gar huͤ bsch. Blindschleiche. Je ja / die Butter mochte ihr seyn ein bissel zu braun worden. (ad spect.) Ich dencke / ich werde ein Prophete seyn / der Hund hat den Topff umgeschuͤ ttet / so wird sie es so vom Heerde wieder auffgeschoͤpffet haben.
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Christian Weise
Rotula. (koͤ mmt gelauffen) Ach / Herr Goͤrge Blindschleiche / es fehlet an Leuten / wollet ihr nicht helffen aufftragen? Blindschleiche. Nun gebt mir nur ein vornehm Gerichte.
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Rotula. Je nun / leset euch eines aus / wir haben Suppe / wir haben Brat-Wurst und Sauer-Kraut / wir haben kleine Ganß / wir haben grosse Ganß / wir haben Piltze / wir haben Martins-Hoͤrner. Blindschleiche. Nun / nun / wir koͤnnen nicht alles auff einmal nehmen / wir wollen schon sehen.
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(Sie tragen auff. Porto bringt die Suppe / Rotula Piltze / Blindschleiche die gebratene Ganß mit Lichtern besteckt / Passetems Brat-Wurst und Sauer-Kraut.) 〈242〉 Porto. Nun die Butter ist an meiner Suppe huͤ bsch angebrannt / sie siehet gar braun aus.
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Rotula. Und wer mir die Biltze tadeln will / der muß sein Lebe- Tage keine Herren-Biltze gefressen haben. Blindschleiche. Ich habe eine neue Mode auffgebracht / und habe die Maͤrtens-Ganß mit Lichtern besteckt / damit weiß niemand das Loch / wo der Hund hingebissen hat.
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Passetems. Und wer sich vor dem Gerichte nicht neigen will / der ist nicht werth / daß ihm ein Pickel-Hering soll auffwarten. (er frisset die Wurst halb.) (Die mittelste Scene hat sich indessen geoͤ ffnet / da præsentiret sich ein Tisch mit Lichtern und Tellern / da werden die Schuͤ sseln ordentlich nach einander hingesetzt.)
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Blindschleiche. Nun / die Herren wissen selber / wie sie ihre Stellen nehmen sollen. Drache. Der Wirth im Hause solte oben an sitzen. Blindschleiche. O nein doch / er thut es nicht / machet immer machet / ehe die Suppe kalt wird.
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Drache. Wir werden wohl die Maͤntel um behalten. Blindschleiche. O ja / die Maͤrtens-Ganß hat wohl so viel Ehre verdienet. (ad spect.) Und ich waͤre ein schoͤner Narr / daß ich den Mantel abnaͤhme / so sehen die Leute / daß mir die Frau das Wamst mit weissen Zwirne geflicket hat. (Sie setzen sich nach ein-〈Q 2 r=243〉ander. Passetems nimmt auch seine Stelle. Blindschleiche trenchiret / und leget vor.)
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Porto. Nun Jungfer Koͤchin / wir muͤ ssen sehen / daß die andern Gerichte auch auff den Tisch kommen. Rotula. O es ist noch wohl Zeit damit / wenn sie alles mit einander kriegen / so werden sie flugs fertig.
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Passetems. (Stehet auff) Potz tausend / wie geht es doch so liederlich zu / wenn der Wirth kein Politicus ist / da sitzen wir da / und haben nichts zu sauffen. (laͤ ufft hinein.) Blindschleiche. Wenn auch der Narr was zu sauffen bringen will; so moͤchte er wohl fortgehen. (Passetems bringt eine Wasser-Kanne) Blindschleiche. (stoͤ sset ihn) So gehet doch fort / die Herren wollen sauffen.
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Passetems. (Faͤ llt mit der Kanne / und verschuͤ ttet einen Theil) Nun / Herr Goͤrge Blindschleich / das habt ihr gemacht.
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Blindschleiche. Ein Schnuptuch her / ein Schnuptuch her / wir wollens auffwischen / und wieder auswinden. (Sie nehmen die Schnuptuͤ cher / und winden sie aus / daß alles wieder in die Kanne laͤ ufft / damit gehen sie hin / und schencken ein.) Rotula. (koͤ mmt) Bist / bist / mein Schatz. Passetems. Was wilst du / mein tausend Schatz.
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Rotula. Bringe doch die ledigen Schuͤ sseln / daß wir wieder koͤnnen anrichten. Passetems. Hast du auch Wasser / daß du sie kanst auswaschen? 〈244〉 Rotula. O der arme Hund hat solche Schlaͤge kriegt / er wird sie wohl auslecken.
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Passetems. Es ist wahr / wenn es die Gaͤste nicht wissen / so fressen sie manchen Quarck mitte nein / wart / wart / ich will sie bringen. (er nimmt zwey Schuͤ sseln / und laufft mit hinein.) Blindschleiche. Wenn ich nicht hinten und forne dabey bin / so fehlet immer was / und die Leute seyn gar zu unverworren / ihrentwegen mags gehen / wie es gehet / und die vornehmen Leute sitzen doch da / die reden hernach darvon. Je nun / so kommt doch fort. Porto. Nun / nun / da bring ich Pflaumen.
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Rotula. Und da bring ich die kleine Ganß / die schwartze Tuncke ist flugs so fett / man moͤchte sie auf ein Maͤrtens-Horn schmieren. Passetems. Warte / warte mein Schatz / ich komme mit meinen Maͤrtens-Hoͤrngen auch. (Er sticht sie in die Seite.)
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Rotula. Ey waͤrte doch / biß ich die Schuͤssel mit dem Schwartz- Fleische loß bin. Passetems. Je bistu mir doch bey dem Schwartz-Fleische eben so lieb. (Er zeucht sie / sie faͤ llt / und schlaͤ gt mit dem Gesichte in die schwartze Tuncke.)
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Rotula. O du Schelm / ô du Dieb / du bringst mich um meine schoͤne Gestalt. Passetems. Ihr Leute / ihr seyd meine Zeugen / sie ist da uͤ ber das Bier gefallen / ich habe nichts darbey gethan. 〈Q 3 r=245〉 Rotula. Ein Schelm bistu / ein Dieb bistu / du solst kein Theil an mir haben.
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Blindschleiche. Je was habt ihr denn vor ein Gedraͤsche / dencket ihr denn / daß die Herren Hundsfuͤ tter seyn. Heu prisca fides! Ey Prischke wie siehstu aus! Rotula. Ey du Schelm / komm mir nur nahe / du solst mir davor leyden / daß du mich um mein Gesichte gebracht hast. Blindschleiche. Wo ich nicht darvon lauffe / so schwaͤrtzt mich das Reudel auch / daß mich kein Mensch vor den Schulmeister ansiehet.
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Passetems. Herr Schulmeister / gehet mir aus dem Wege / denn ich sehe es wohl / wo ich es nicht gut mache / so wird es alles nachbleiben. (giebt dem Schulmeister die Maͤ rtens-Hoͤ rner) Ach mein Tausend-Schatz / habe ich eine Suͤ nde darbey gethan / so laß nur alles verziehen und vergeben seyn. (Indem er dieses redet / so kuͤ sset er sie / daß sein Gesichte auch gantz schwarz wird.) Rotula. Ey was heissen denn die Narren-Possen / ins Gaͤnse- Schwartz bin ich gefallen / und wer mir nun Wasser hohlen wird / das weiß ich nicht. (Gehet ab) Passetems. Nun ihr Leute / wenn ihr es wissen wolt / wie einen die Liebe schwaͤrtzen kan / so sehet mich an / ehe ich Wasser kriege.
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(Gehet ab.) 〈246〉 Blindschleiche. Das ist unser Gluͤ cke / daß die Herren bey ihren Amts-Sorgen nicht drauff achtung geben. Und also darff ich mit meinen Maͤrtens-Hoͤrnern nicht zu langsam kommen. (Er gehet hinein / die mittelste Scene faͤ llet zu.)
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Hierauff stellte sich der Nach-Redner ein / und sagte folgendes:
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GOtt Lob! der dritte Tag hat sich gleichfalls mit guter Lust geendiget / und die unvergnuͤ gte Seele wird verhoffentlich etliche vergnuͤ gte Zuschauer gefunden haben. Es ist ein Spiel / und wenn es von aussen angesehen wird / so moͤchte es wohl vor einen lustigen Zeit-Vertreib zu halten seyn. Immittelst was die alten Philosophi
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gelehret haben / was noch heute zu Tage die n oblesten Buͤ cher in sich halten / das stehet in diesem Lust-Spiele gleichsam mit lebendigen Farben abgemahlet. Ja wer so weit kom-〈247〉men ist / daß er die klugen Geheimnisse begreiffen kan / welche mitten aus dieser Action hervor spielen / der mag den Nahmen behalten / daß er wohl studieret hat. Und also kan die gantze spielende Gesellschaft um so viel desto getroster bitten / es moͤchte sich diese Hochansehnliche Versammlung das lustige Studieren gefallen lassen / damit / wenn GOtt inskuͤ nfftige Krafft und Gelegenheit verleyhen wolle / man eben so vergnuͤ gt / und mit eben so gutem Effect, diesen Platz betreten koͤnne. Das ist gewiß / wer die Zeitungen ansiehet / wie an manchen Orthen die Freuden-Spiele gar in ein trauriges Weheklagen verwandelt werden / der hat Ursache zu beten / gestalt auch wir unsere gesambte Andacht zu dem hoͤchsten Liebhaber des Lebens hin wenden: Er wolle dieses liebe Vaterland / und diesen Auffenthalt so vieler frembden Kinder / liebreich und genaͤdig ansehen / damit unter einem gluͤ ckseeligsten Churfuͤ rsten die Religion geschuͤ tzet / das Regiment erhalten / Reichthum und die Fuͤ lle genossen / und hierneben auch die Jugend auff dem Wege der Tugend und Weißheit / zu allem Seegen fortgeleitet werde. 〈248〉 Also wird in der gantzen Stadt sich niemand einer unvergnuͤ gten Seele wegen zu beschweren haben / sondern GOtt und Genung wird an alle Hauß-Thuͤ ren und an alle Zimmer koͤnnen geschrieben werden. Und in einem solchen Wuntsche bleibt die gesammte studierende Gesellschafft zu aller hohen Affection, Gewogenheit und Freundschafft / demuͤ thig / dienstlich / und freundlich befohlen.
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Nachwort des Bearbeiters Der hier vorgelegte vierzehnte Band der Sämtlichen Werke Christian Weises enthält die kritisch revidierten Texte der Dramen Die Triumphirende Keuschheit (1668), Die beschützte Unschuld (1673) und Die Unvergnügte Seele (1688). Ihre Edition folgt den im ersten Band der Ausgabe dargelegten Prinzipien: der Unterscheidung von Fraktur und Antiqua (Fraktur des Originals in Antiqua, dortige Antiqua in Kapitälchen), der einheitlichen Darstellung von Regieanweisungen im Kursivdruck, der Differenzierung von i (vor Konsonanten) und j (vor Vokalen) sowie der Angleichung von qv- zu qu-. Auch im Prinzip der stillschweigenden Ergänzung fehlender Punkte am Satz ende sowie ausbleibender schließender Klammern entspricht die Wiedergabe den dortigen Regelungen. Davon abweichend wird bei den Bogenzahlen hier nur die jeweilige Vorderseite (recte) angegeben. Auch werden die Abbreviaturen nicht mehr im Text, sondern hier wie folgt aufgelöst:
Anreden, Personenattribute
Durchl. Durchlaucht E./Eu. Euer Fr. Frau G./Gn. Gnaden Hochfürstl. Hochfürstlich Hr./Hn. Herr/Herrn Ih. Ihrer M./Majest. Majestät Mons. Monsieur seel. selig
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Christian Weise
Geld Gr. Gronen Hell. Heller Pfen. Pfenning Rthl. Reichsthaler
Anmerkungen Ad Spect. Ad Spectatores NB Nebenbemerkung
Nachwort des Bearbeiters
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I Die Triumphirende Keuschheit (1668) Die Triumphirende Keuschheit ist in den acht bekannten zeitgenössischen Drucken des (in Schreibung des Titels leicht variierenden) Bands Der gruͤ nen Jugend uͤ berfluͤ ssige Gedancken erschienen. Alle bekannten Drucke wurden beigezogen. Die Edition folgt der Erstausgabe: A-Druck (1668)
Die Triumphirende | Keuschheit. abgedruckt in Der gruͤ nen | Jugend | Uberfluͤ ssige | Gedancken | Aus vielfaͤltiger und meh- | rentheils fremder Erfahrung | in offenhertziger Ein- | falt | Allen Jungen und Lustbegieri- | gen Gemuͤ thern vor- | gestellet | von | D. E. 〈=Christian Weise〉 | 〈Symbol〉 | Amsterdam 〈= Felsecker, Nürnberg〉 im Jahr | 〈Strich〉 | 1668. 12°, unpaginiert.
Standort: Universitätsbibliothek Leipzig Signatur: Signatur: Lit.germ.E.6556.
Identisches Exemplar: Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel, Signatur: Xb 7246 (2).
Zur Erstellung des Variantenverzeichnisses wurden folgende Exemplare beigezogen:
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Christian Weise
B-Druck (1671)
Die Triumphirende | Keuschheit. abgedruckt in Der gruͤ nen Jugend | Uberfluͤ ssige | Gedancken / | Aus vielfaͤltiger | und meh- |rentheils fremder Erfahrung | in Offenhertziger Ein- |falt | Allen Jungen und Lustbegieri- |gen Gemuͤ thern vor- | gestellet. | von | D. E. 〈= Christian Weise〉 | 〈Symbol〉 | 〈Strich〉 | Zu finden bey Wolff Eberhardt | Felsecker 〈Nürnberg〉. | Gedruckt im Jahr / 1671. 12°, unpaginiert.
Standort: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Signatur: 8 POL II, 5622 (2).
Keine weiteren Exemplare bekannt. C-Druck (1673)
Die Triumphirende | Keuschheit. abgedruckt in Der gruͤ nen Jugend | Uberfluͤ ssige | Gedancken / | Aus vielfaͤltiger und | mehrentheils fremder Er- | fahrung in Offenhertziger | Einfalt / | Allen Jungen und Lustbe- | gierigen Gemuͤ thern | vorgestellet | von | D. E. 〈=Christian Weise〉 | 〈Symbol〉 | 〈Strich〉 | Nürnberg / | Zu finden bey Wolf Eberhard Felsecker. | 1673. 12°, unpaginiert.
Standort: Staatsbibliothek zu Berlin Signatur: Yi 6574
Keine weiteren Exemplare bekannt.
Nachwort des Bearbeiters
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D-Druck (1677)
Die Triumphirende | Keuschheit. abgedruckt in Der gruͤ nen Jugend | Uberfluͤ ssige | Gedancken / | Aus vielfaͤltiger und | mehrentheils fremder Er- | fahrung in Offenhertziger | Einfalt | Allen Jungen und Lust- | begierigen Gemuͤ thern | vorgestellet | von | D. E. 〈= Christian Weise〉 | 〈Symbol〉 | Zu finden bey Wolff Eberhard | Felsecker. | Gedruckt im Jahr / 1677. 12°, unpaginiert.
Standort: Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel Signatur: Xb 8185 (1).
Keine weiteren Exemplare bekannt. E-Druck (1678)
Die Triumphirende | Keuschheit. abgedruckt in Der gruͤ nenden Jugend | uͤ berfluͤ ssige | Gedancken / | Aus vielfaͤl tiger und meh- | rentheils frembder Erfahrung | in offenhertziger Einfalt | Allen | Jungen und Lustbegieri- |gen Gemuͤ thern vorge- | stellet / | Jetzo aber auffs Neue uͤ bersehen und an | vielen Orten/ wie auch mit einer neuen | Vorrede verbessert. | 〈Symbol〉 | Leipzig/ | Verlegts Johann Fritzsche / | 〈Strich〉 | Anno 1678. 12°, unpaginiert.
Standort: Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg Signatur: Signatur H00/SCH.L 643.
Identisches Exemplar: Pfälzische Landesbibliothek Speyer, Signatur: 26.7895 Rara.
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Christian Weise
F-Druck (1680)
Die Triumphirende | Keuschheit. abgedruckt in Der gruͤ nenden Jugend | uͤ berfluͤ ssige | Gedancken / | Aus vielfaͤltiger und meh- | rentheils frembder Erfahrung | in offenhertziger Einfalt | Allen | Jungen und Lust- | begierigen Gemuͤ thern vor- | gestellet / | Jetzo aber auffs Neue übersehen und | an vielen Orten/ wie auch mit | einer neuen Vorrede ver- | bessert. | 〈Symbol〉 | Leipzig / | Verlegts Johann Fritzsche. | 〈Strich〉 Anno 1680. 12°, unpaginiert.
Standort: Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel Signatur: H: P 312.12° Helmst. (1). (Falsche Abfolge der Bogen: R2, R4 , R3.)
Keine weiteren Exemplare bekannt. G-Druck (1692)
Die Triumphirende | Keuschheit. abgedruckt in Christian Weisens | überfluͤ ßige | Gedancken | Der gruͤ nenden Jugend / | Aus vielfaͤltiger und meh- | renteils frembder Erfahrung | in offenhertziger Einfalt | Allen | Jungen und Lust- | begierigen Gemuͤ thern | vorgestellet / | Jetzo aber auffs Neue uͤ bersehen und | an vielen Orten/ wie auch mit | einer neuen Vorrede ver- | bessert. | 〈Symbol〉 | Verlegts | Johann Friedrich Gleditsch. | Anno 1692. 12°, unpaginiert.
Standort: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle Signatur: Dd 5402 a (2).
Nachwort des Bearbeiters
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Identisches Exemplar: Staatsbibliothek zu Berlin, Signatur: Yi 6586-1/2. H-Druck (1701)
Die triumphirende | keuschheit abgedruckt in Christian Weisens | uͤ berfluͤ ßige | Gedancken | Der | gruͤ nenden jugend. | 〈Symbol〉 | Leipzig / | bey Thomas Fritsch / | 1701 8°, S. 196–282.
Standort: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Signatur: 8 P GERM III, 676.
Keine weiteren Exemplare bekannt.
In dem Stück fehlen in sämtlichen Drucken nummerierte Szenen innerhalb der Akte: Die Szenenanfänge wurden durch die Zentrierung der Namen der auftretenden Figuren sowie die Hervorhebung des ersten Buchstabens zu Beginn des darauf folgenden Sprechertexts in großem Druck (Initial) markiert. Hierbei sorgte zweierlei für Verwirrung: Erstens gestaltete sich die Szeneneinteilung generell relativ willkürlich. So fanden sich an unsinniger Stelle Szenenanfänge markiert (siehe hierzu etwa die Korrekturen zu 32,22 und 47,8). Anderorts, wo schlüssiger, fehlte eine solche Gliederung dagegen (so fangen unter anderem bei 42,20, 53,3, 54,18 oder 76,24 neue Szenen ohne entsprechende Darstellung an). Und zweitens wurde auch angesichts dieser uneinheitlichen Darstellung nicht immer unmittelbar deutlich, ob eine Person zu einer bestehenden Szene hinzutritt oder ob mit ihrem Auftritt eine neue Szene beginnt. Da der zentrierte Figurenname bei neuen Szenen zugleich zur Zuweisung des Redetexts fungierte, war nicht immer sofort klar, wer spricht: Nach dem Auftritt innerhalb einer Szene war Dialogtext ohne neue Sprechermarkierung
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Christian Weise
als Fortsetzung der Rede einer anderen Figur zu verstehen. Begann dagegen seine neue Szene (was optisch mitunter identisch aussah), sprach die auftretende Figur. Um das Irritationspotenzial dieser verwirrenden Darstellung zu schmälern, werden die Angaben zu den Figurenauftritten hier differenziert: Tritt eine Figur zu einer bestehenden Szene hinzu, wird dies in eckigen Klammern vermerkt. Diente der Figurenname dagegen auch der Zuweisung des Redetexts bei einem Szenenanfang, wird er vor dem Dialogteil nochmals wiederholt (ebenfalls in Klammern). So ist jederzeit ersichtlich, wer in welcher Konstellation auftritt und wer dabei spricht. Der Initial zur Markierung der Szenenanfänge wird durch eine Markierung im Fettdruck bei gleicher Textgröße ersetzt: So bleibt die Szeneneinteilung der Drucke bestehen, deren teilweise Willkür fällt bei der Lektüre aber weniger ins Gewicht. Unterschiede der Druckersprache wurden nur kursorisch erfasst. Die meisten Änderungen bestehen zwischen den Drucken A und B: Letzterer führt eine Vielzahl von Doppelungen bei Konsonanten sowie Dehnungs-Hs ein (willst statt wilst [3,11], Gesellschafft statt Gesellschaft [5,9], Fruͤ hling statt Fruͤ ling [7,5]), trennt Infinitiv-Konstruktionen (zu verschonen statt zuverschonen [4,2]) und erweitert die Syntax mit zusätzlichen Virgeln sowie Frage- und Ausrufezeichen. Die Edition bleibt hier bei A, bloß wo B besonders irritierende Fälle lokalsprachlicher Eigenart in der Konjugation ändert, folgt diesen die Ausgabe (siehe in den Korrekturen etwa 4,27: welchen zu welchem, oder 25,19f.: im trojanischem Kriege zu im trojanischen Kriege). Die weiteren Drucke folgen B in Orthografie und Syntax mit je nur geringfügigen Abweichungen bis Druck H: Dieser setzt Nomina konsequent klein und gleicht den Satz in Antiqua zu Fraktur an. Folgende Varianten wurden festgestellt: 4,14 Elende A; Elendeste B–H. 6,20 ich sage A; sage B–H. 7,27 an A; in B–H. 11,21 rauh A–D; Rauch EG; rauch FH. 15,1 in A–D; in die E–H. 15,1f. bald sticht er ABD; er sticht CE–H. 17,15 Kosten A–D; Kofent E–G; kofent H. 20,8 dergleichen Liebes-Rede nie gehoͤret /
Nachwort des Bearbeiters
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dergleichen ABD; dergleichen CE–H. 24,2 in die A–D; in den E; an F–H. 30,2 ihr ABD; ich C; sich E–H. 36,18 auflesen ABD; aufloͤsen CE; auffloͤsen F–H. 37,10 lauffen sehen A–D; sehen lauffen E–H. 54,4 Verrichtungen A–C; Verrichtung E–G; verrichtung H. 56,21 vom ABD; am CE–H. 58,5 meinem ABD; meinen CE–H. 61,21 zu sieden A– CF–H; zufrieden E. 63,23 doch A; dich B–H. 66,14 ihr wol ABD; ihr CE–H. 66,18 die A–E; und die F–H. 75,18 zerreissen lassen AD; zureissen E–H. 85,16f. liebste Belise A; Belise B–H. 88,10 und ich A; und B–H. 88,28f. Wolwollenheit ABD; Wohlwogenheit CE; Wohlgewogenheit FG; wohlgewogenheit H. 89,8 unrecht A–DH; Unrecht E–G. 91,7 allergnaͤdigste A–E; gnaͤdigste F–H. 91,23 die A–D; ein E–H. 96,6 Ja ABD; Ich CE–H. 96,17 kennen AB; erkennen C–H.
Aus dem Variantenabgleich ergibt sich folgendes Verhältnis der Drucke zueinander: Nachdem B von A in Orthografie und Syntax maßgeblich abweicht, bleibt C nahe an Druck B. Grundlage von D ist dann nicht C, sondern ebenfalls B: Dies belegen unter anderem die Varianten bald sticht er (15,1f.) zu er sticht, auflesen (36,18) zu aufloͤsen sowie Ja (96,6) zu Ich. Aus diesen Stellen ergibt sich zugleich, dass E auf C basiert. Die Drucke F bis H folgen E in diesen wie weiteren Änderungen: etwa der Übernahme des offensichtlichen Druckfehlers Ich statt Ja (96,6). F geht auf E zurück (so bei liebet statt lieber [74,23]). G basiert auf F (etwa bei Wohlgewogenheit statt zuvor Wohlwogenheit [88,28f.] gnaͤdigste statt allergnaͤdigste [91,7]). H entspricht G weitgehend (etwa zerbrochenen statt zuvor zubrochnen 25,12); Abweichungen ergeben sich primär durch die generelle Kleinschreibung der Nomina in H. Anlass zu Korrekturen ergab sich zunächst an vier Stellen, an denen Redetext falsch zugewiesen wurde: 1. Gleich zu Beginn sprach Floretto im Erstdruck drei Mal direkt hintereinander. Die mittlere Rede (Wann ich aber deinen Zustand gluͤ ckselig mache … [3,7]) ist offenkundig der Gesprächspartnerin Clarisse zuzuordnen. (Druck C korrigiert dies erstmals, D fällt dahinter zurück, ab E entsprechen die Drucke der sinnigen Entscheidung in C.)
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Christian Weise
2. Clarisses Brief an Floretto gegen Ende des zweiten Akts endete in Druck A mit der Anweisung Floretto zureist ihn (32,21). Darauf trat Clarisse auf und sprach: Geh du nichtswuͤ rdige Mißgeburt … (32,22). Auch hierbei muss es sich um einen Fehler handeln, denn Floretto befindet sich zu diesem Zeitpunkt in weiter Ferne von Clarisse. Stattdessen ist Clarisse (32,20) über die Handlungsanweisung des Zerreißens des Briefs zu setzen; und zwar nicht als Sprecherangabe, sondern als Unterschrift unter dem Brief. Der folgende Redetext gehört Floretto zu. (Dies wird in Druck E zum ersten Mal berichtigt, der die Abfolge von Name und Regieanweisung abtauscht. F setzt den Namen zur weiteren Klärung dann rechtsbündig, worin ihm die Edition hier [mit G und H] folgt.) Da Clarisses vermeintlicher Sprechtext nicht, wie im Erstdruck, den Beginn einer neuen Szene markiert, fällt eine entsprechende Markierung (32,22) hier weg. In A bis D werden nach einem Gespräch Florettos und Clarisses 3. beider Namen zur Markierung eines Szenenanfangs zentriert gesetzt (47,7). Nicht nur sind beide Figuren aber bereits anwesend, der folgende Satz von Floretto: Ihr Gnaden / hier bin ich (47,8), ergibt keinen Sinn: Clarisse hatte zuletzt gar nichts gesagt, sondern geschlafen. Somit ist nur Clarisse als Figurenbezeichnung zu verstehen – aufwachend, ruft sie: Floretto. (Dies richten die Drucke E bis H entsprechend ein.) Ein allfälliger Szenenanfang wäre ferner dann auf Zeile 47,7 (nicht 47,8) zu veranschlagen. 4. Im vierten Akt wird Florettos Rede durch die Regieanweisung: Pickelhering kommt (61,11), unterbrochen. Daraufhin fährt Florettos Rede fort. Wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, muss der Redetext anders zugewiesen werden: Sprecher des auf Pickelherings Auftritt folgenden Texts ist dieser selbst – der im Text als Vatter (61,12) angesprochene Ephialtes ist Pickelherings, nicht Florettos Vater. (Dies wurde in keinem der Drucke korrigiert.)
Nachwort des Bearbeiters
521
Nebst der Ergänzung der fehlenden Bogen-Zahl M 6 r (17,5) sowie der Nummer der ersten Strophe des Lieds 64,2 wurden ferner folgende Korrekturen vorgenommen: 2,6 Belise ] Belisse A–H. 2,7 Der ] der A–H. 3,2 Floretto. ] Floreto A–E; Floretto F–H. 3,8 Zweiffel ] zweiffel AH; Zweiffel B–EG; Zweifel D. 4,4 Haͤnde ] Hande A; Haͤnde B–G; haͤnde H. 4,27 welchem ] welchen A; welchem B–H. 5,6 ihrem ] ihren A–D; ihrem E–H. 6,2 fallen ] falln A; fallen B–H. 6,13 Zusammenfuͤ gung ] zusammenfuͤ gung AH; Zusammenfuͤ gung B–G. 7,4 Und ] und A; Und B–H. 7,15 Liebsten ] Liebste AB; Liebsten C–G; liebsten H. 8,13 reden ] Reden AB; reden C–H. 9,10 sussen A; suͤ ssen B–H. 11,9 Honigtoͤpfgen ] honigtoͤpfgen AH; Honigtoͤpfgen B–G. 11,24 wolten ] wolte AC; wolten BD–H. 12,15 In ] Im A; In B–H. 12,18 Zweifel ] zweifel A; Zweifel BD; Zweiffel FG; zweiffel H. 12,22 Nonnen ] Nonne A–C; Nonnen D–G; nonnen H. 13,1 Meithele ] mei Thele AB; mein Thele C–G; mein t hele H. 13,4 lieb ] Lieb A; lieb B–H. 14,3 liebaͤugele ] liebeigele A; liebaͤugele B–H. 14,6 wem ] wen A; wem B–H. 15,11 dich ] dch A; dich B–H. 16,16 Sibylle ] Sybille A; Siblylle B–H. 18,23 du ] Du A–D; du E–H. 20,19 im ] in A–G; im H. 20,25 Rodoman ] Rodaman A; Radoman B; Rodoman C–H. 22,10 Sieh ] Sie A; Sieh B–H. 25,12 zubrochnen ] zu brochnen A; zubrochnen B–F; zerbrochenen GH. 25,19f. Trojanischen ] Trojanischem A; Trojanischen B–H. 27,2 Halt ] halt A–E; Halt F–H. 27,13 Rheinisch ] Reinisch A; Rheinisch BD; Rheinischen CE–G; rheinischen H. 28,1 Mein ] mein A–D; Mein E–H. 28,19 Leuten ] Leuttn A; Leuten B–D; Leuthen E–G; leuten H. 35,22 ich ] ichs A; ich B–H. 36,19 am ] an A–D; am E–H. 36,22 dem ] den A–D; dem E–H. 39,9 meiner ] weiner A; meiner B–H. 40,8 Ja / ja. ] ja / ja / A–D; ja / ja. E; Ja / ja. F-H. 40,14 Leckt ] leckt A–D; leck E; Leck F–H. 41,8 Der ] der A; Der B–H. 41,17 sich. ] sich / A–H. 41,17 Rodoman ] Rodomann A–C; Rodoman D–G; Rodoman H. 42,18 Fort ] fort A–E; Fort F–H. 43,23 Nein ] Mein A–H. 45,20 Schlafe ] Schlafen A; Schlafe B–G; schlafe H. 48,5 uͤ berfluͤ ssigen ] uͤ berfluͤ ssigem A–D; uͤ berfluͤ ssigen E–H. 48,17 unschuldiger ] uuschuldiger A; unschuldiger B–H. 48,21 lieben ] lieber A–D; lieben E–H. 48,27 deiner ] deine A–D; deiner E–H. 50,10 nichtswürdigen ] nichswürdigen A; nichtswürdigen B–H. 51,3 niemand ] nieman A; niemand B–H. 51,14 seinem ] seinen A; seinem B–H. 53,8 einem ] einen A; einem B–H. 54,7 den ] denn A; den B–H. 58,13 K: ihn ] ihm A–D; ihm E–H. 58,28 verbergen ] verborgen A–D; verbergen E–H. 61,12 Ich ] ich A–D; Ich F–H. 66,17 Aufschub / aufschub A; Aufschub / Auf-
522
Christian Weise
schub BC; Auffschub / Auffschub D; Aufsehens / Aufsehens E–G; Auffsehens / auffsehens H. 67,2 seltzsam ] selsam A; seltzsam B–H. 67,20 gemeinen ] gemeiner A; gemeinen B–H. 68,11 dem ] den A–D; dem E–H. 69,9 Keiner ] keiner A–H. 70,13 Justinian ] Justian A–CE; Justi nia D; Justinian F–H. 73,1 meiner ] miner A; meiner B–H. 74,23 liebet ] lieber A–D; liebet E–H. 78,15 Ich ] ich A; Ich B–H. 81,19f. Dienstleistung ] dienstleistung A–G; Dienstleistung F–H. 81,20 gluͤ ckselig ] Gluͤ ckselig A–CEH; gluͤ ckselig D–G. 82,28 unbegreifliche ] unbegrifliche A; unbegreifliche B–H. 83,18f. unser ] anser A; unser B–H. 84,10 verbindet ] Verbindet A–CE; verbindet DF–H. 90,20 Herren ] Herrn A; Herren B–H. 92,9 seinem ] seinen A; seinem B–H. 92,25 dem ] den A; dem B–H. 95,5 einem ] einen A; einem B–H. 96,9 Leben ] leben A–EH; Leben FG. 98,10 dreye zehlen ] dreyezehlen A; dreye zehlen B–H. 99,8 werden ]: wer den A; werden B–H. 99,17 Lebens ] Le- A; Lebens B–H. 102,8 weise A–D; weisse E–H. 102,21 sie ] sie sie A–D; sie E–H. 103,6 Also ] also A–E; Also F–H. 103,16 Beschwerung ] Beschwernng A; Beschwerung B–D; Beschwehrung FG; beschwehrung H. 104,3 Stuͤ cke ] Stuͤ cke. A; Stuͤ cke B–G; stuͤ cke H. 104,4 freundlich ] Freundlich A; freundlich B–H. 104,10 Ehre / ] Ehre A; Ehre / B–G; ehre / H. 104,20 Hochmuth / ] Hochmuth A; Hochmuth / B–G; hochmuth H. 105,6 Hofnung / ] Hofnung AB; Hofnung / CD; Hoffnung / E–G; hoffnung / H.
Nachwort des Bearbeiters
523
II Die beschützte Unschuld. Lust-Spiel (1673) Die beschuͤ tzte Unschuld ist in fünf Drucken überliefert: Zunächst in den vier Auflagen des Bands Eine andere Gattung von den Uberfluͤ ssigen Gedancken zwischen 1673 bis 1692 (A–D) – der Fortsetzung von Weises Der gruͤ nen Jugend Uberfluͤ ssige Gedancken. Ein fünfter Abdruck (E) erfolgt 1701 in einem Band, der Texte beider Werke kombiniert (und so auch den oben angeführten Druck H der Triumphirenden Keuschheit enthält). Zum Abgleich wurden alle bekannten Ausgaben beigezogen. Die Edition folgt dem Erstdruck: A-Druck (1673)
Die beschuͤ tzte | Unschuld / | Lust-Spiel abgedruckt in Eine andere Gattung | Von den | Uberfluͤ ssigen Gedancken / | In | Etlichen | Gespraͤchen | vorgestellet | Von | D. E. | 〈Symbol〉 | Leipzig / | M DC LXXIII. 〈Verlagsangabe auf dem Frontispiz: In den Schuͤ rischen | und | goͤtzischen buchladen | bey | Joh. fritzschen.〉 12°, S. 235–396.
Verwendetes Exemplar: Standort: Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel Signatur: QuN 802 (1).
Identische Exemplare: 1. Staatsbibliothek zu Berlin, Sign.: Yi 6591. 2. Bibliothek der St. Nikolai-Kirche Spandau, Sign.: 4/2722.
524
Christian Weise
Zwecks Erstellung des Variantenverzeichnisses und Abgleich der Korrekturen wurden folgende Exemplare beigezogen: B-Druck (1679)
Die beschuͤ tzte | Unschuld | Lust-Spiel abgedruckt in Eine andere Gattung | Von den | uͤ berfluͤ ssigen | Gedancken / | In | Etlichen | Gespraͤchen | Vorgestellet | Von | D. C. | 〈Symbol〉 | Leipzig | In Verlegung Johann Fritzschen. | 〈Strich〉 | Im Jahr 1679. 12°, S. 235–396.
Verwendetes Exemplar: Standort: Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg Signatur: 0/SCH.L 643.
Keine weiteren Exemplare bekannt. C-Druck (1682)
Die beschuͤ tzte | Unschuld | Lust-Spiel abgedruckt in Eine andere Gattung | Von den | uͤ berfluͤ ssigen | Gedancken / | In | Etlichen | Gespraͤchen | Vorgestellet | Nebenst einem Anhang | Von | D. C. | 〈Symbol〉 | Leipzig | In Verlegung Joh. Fritzschens Sel. Erben | und Joh. Friedrich Gleditschen. | 〈Strich〉 | Im Jahr 1682. 12°, S. 235–396 〈letzte Seite fälschlich: 499〉.
Verwendetes Exemplar: Standort: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle
Nachwort des Bearbeiters
525
Signatur: AB 1424 (2).
Identische Exemplare: 1. Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. P 312.12° Helmst. (2) 2. Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. Xb 8185 (2) 3. Universitätsbibliothek Leipzig, Sign. Lit.germ.E.6554 D-Druck (1692)
Die beschuͤ tzte | Unschuld | Lust-Spiel abgedruckt in Christian Weisens | uͤ berfluͤ ßiger | Gedancken | Andere Gattung | vorstellend | Etliche Gespraͤche / | Nebenst | Einem Anhang. | 〈Symbol〉 | Verlegts | Johann Friedrich Gleditsch | 1692. 12°, S. 235–396 〈letzte Seite fälschlich: 499〉.
Verwendetes Exemplar: Standort: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle Signatur: Dd 5402 a (1).
Identisches Exemplar: 1. Staatsbibliothek zu Berlin, Sign.: Yi 6586-1/2 E-Druck (1701)
Die beschuͤ tzte | Unschuld / | Lust-Spiel. abgedruckt in Christian Weisens | uͤ berfluͤ ßige | Gedancken | Der | gruͤ nenden jugend. | 〈Symbol〉 | Leipzig / | bey Thomas Fritsch / | 1701. 8°, S. 460–577.
526
Christian Weise
Verwendetes Exemplar: Standort: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Signatur: 8 P GERM III, 676.
Keine weiteren Exemplare bekannt.
Christian Weise hat dem Druck der beschuͤ tzten Unschuld eine Reihe zusätzlicher Szenen beigegeben. Wie er in seiner Bemerkung an die Leserschaft ausführt (vgl. S. 237), können diese bei Bedarf als Zwischenspiele aufgeführt werden. In den historischen Drucken finden sich diese zusätzlichen Dialoge dem Stück vorangestellt. Hier erfolgt ihr Abdruck nach dem Stück (S. 237–254). Unterschiede in der Druckersprache wurden nur kursorisch erfasst. Solche zeigen sich vor allem zwischen den Drucken A und B: Letzterer wählt anstelle von ß oft ss (etwa abgefasset statt abgefaßet [237,2], hasse statt haße [239,3]) und setzt vermehrt doppelte Konsonanten und Dehnungs-Hs (so wird Bote zu Botte [108,11], Aufzüge zu Auffzüge [237,8], gleichwol zu gleichwohl [243,13]). Druck C folgt B in diesen Änderungen, geringfügige zusätzliche Veränderungen (etwa wol zu wohl [240,18]) führen nicht zu Schreibweisen von A zurück. Die ebenfalls nur wenigen Abweichungen von D zu C (etwa hasse statt haße [239,13], Daß statt Das [240,5]) führen weder zu A noch zu B zurück. E folgt generell D (so an den hier bisher angeführten Stellen), setzt Nomina jedoch konsequent klein und hebt die Darstellung in Antiqua auf. Vereinzelt kehrt E (womöglich zufällig) zu Schreibweisen von A zurück: so statt Botte wieder Bote (108,11) und statt destomehr wieder desto mehr (237,13). Folgende Varianten wurden festgestellt: 113,6 ungluͤ ckselige A; Ungluͤ ckselige BCD. 113,8 ungluͤ ckseliger A; Ungluͤ ckseliger BCD. 113,20 dem A–C; den D. 114,23 sind A; sein CD; seyn E. 115,5 That A–C; that DE. 116,2 ihr AE; Ihr BCD. 116,18 getreuer A–C; treuer DE. 120,1 Bescheid AB; bescheid C–E. 121,17
Nachwort des Bearbeiters
527
gar zu viel AB; gar viel C–E. 123,10 die A–CE; die die D. 125,4 Trauren AB; trauren C–E. 127,20 heißen A–C; seyn DE. 144,14 ihm AB; ihn C–E. 147,21 kuͤ rre AB; kaͤrre C–E. 155,13 Sorgen AB; Sorge CD; sorge E. 161,13 auffschlage ABC; anschlage DE. 175,4 erhoben AB; erhaben C–E. 176,7 sich AB; sie C–E. 177,4 Tod A; Tog B; Tag CD; tod E. 183,4 ausrichtet A; außrichtet B; richtet C–E. 202,13 zun A; zum B–E. 204,6 mag A–C; macht DE. 204,7 heraus langen ] heraus langen A–C; heraus zu langen DE. 205,2 zun A–C; zum DE. 216,12 wil A–CE; weil D. 216,23 zeugen A–CE; zeigen D. 217,11 wieder ABE; wird er C; wider E. 217,12 werden A–C; werden sol DE. 220,22 so hoͤret AB; hoͤret C–E. 224,20 dich AB; die C–E. 229,20 fodere AB; erfordere C–E. 233,9 befehlen ABE; befehen C; besehen D.
Varianten in den beigefügten Zwischenspielen: 239,23 ereilt A–CE; er eilt D. 240,11 Icarus A–C; carus D; carus E. 241,4 den Sachen AB; den Sache C; der Sache D; der sache E. 242,27 zur Traurigkeit A–C; zu lauter Traurigkeit D; zu lauter traurigkeit E. 244,3 so ist A–CE; ist D.
Der Blick auf die semantisch relevanten Unterschiede bestätigt das Bild, das sich bereits angesichts der Unterschiede in der Druckersprache ergeben hat: Die Ausgaben folgen der jeweils vorangegangenen. Wo B anstelle von Tod (177,4) falsch Tog setzt, kehrt C so nicht zu A zurück, sondern korrigiert den Satzfehler von B irrig zu Tag. D übernimmt Tag von C und korrigiert an anderer Stelle das in C ebenfalls falsch gesetzte den Sache (von den Sachen [241,4]) zu der Sache – inhaltlich sinnig, ebenfalls aber ohne zu A oder B zurückzukehren. E folgt generell D (etwa in der Übernahme der mit D eingeführten Varianten treuer statt getreuer [116,18] oder werden sol statt werden [217,12]), entspricht jedoch vereinzelt auch Schreibweisen von A: Tog (B) bzw. Tag (CD) wird wieder wie in A zu Tod (177,4), befehen (C) bzw. besehen (D) wird wieder zu befehlen (233,9). Diese Entsprechungen zur Erstausgabe mögen sich mit einen Abgleich mit A erklären, vielleicht aber auch dem Scharfsinn des Setzers von E verdanken.
528
Christian Weise
Folgende Korrekturen wurden vorgenommen: 116,4 (weinet) Diese ] (Weinet) diese A–E. 119,4 Hoͤrstu ] hoͤrstu A–E. 120,12 Lenoͤrgen ] Lenoͤrgen A–E. 120,14 endlich? ] endlich. A–D. 126,17 Alter ] alter AE; Alter CD. 127,10 Besuchungen ] besuchungen AE; Besuchungen B–D. 127,12 allem ] allen A; allem C–D. 127,14 Wesen ] wesen ABE; Wesen CD. 127,15 Verdacht ] verdacht A–E. 134,25 Steh ] steh A–E. 135,20 Da ] Do AB; Da C–E. 140,5 seuffzet ] Seuffzet A–D; seuftzet E. 146,17 Du ] du A–E. 153,1 Gar ] gar A; Gar B–E. 155,15 Stuͤ cke ] stuͤ cke AE; Stuͤ cke B–D. 162,22 Fuͤ rst ] fuͤ rst AE; Fuͤ rst B–D. 181,1 Vorbehalt ] vorbehalt AE; B–D. 182,17 schon ] schou A; schon B–E. 186,16 Wer ] wer A–E. 192,21 Sachte ] sachte A–E. 193,9 Waͤret ] waͤret A; Waͤret BCDE. 198,17 So ] so A–E. 201,6f. abspuͤ len ] abspielen A; abspuͤ len B–E. 201,19 meine ] mein A–D; meine E. 213,19 Verraͤtherey ] Verraͤhterey ABC; Verraͤtherey D; verraͤtherey E. 221,10 Gefangener ] gefangener A–E. 224,24 ein ] eine AB; ein C–E.
Nachwort des Bearbeiters
529
III Die Unvergnügte Seele (1688) Das 1688 uraufgeführte Stück Die Unvergnügte Seele wurde 1690 das erste (und in der Epoche einzige Mal) 1 gedruckt in: Christian Weisens | Lust und Nutz | der | Spielenden Jugend | bestehend | in zwey Schau- und Lust-Spielen | vom | Keuschen JOSEPH | und der | Unverguͤ gten Seele / | Nebenst | Einer ausfuͤ hrlichen Vorrede / | Darinnen von der Intention der-| gleichen Spiele deutlich aus dem Fundamente gehandelt wird. | 〈Strich〉 | Dreßden und Leipzig / | Verlegts Johann Christoph Mieth. | Drucks Christian Banckmann. | Anno 1690. 8°, S. 1–248. Grundlage der Edition ist das Exemplar:
Standort: Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel Signatur: Lo 7876.
Identische Exemplare: 1. Staatsbibliothek zu Berlin, Signatur Yq 7191. 2. Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Jena, Signatur: 8 MS 30633(4). 3. Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle, Signatur: Dd 5406. (Vorrede fehlt) 4. Sächsische Landesbibliothek, Dresden, Signatur: D.O.194,20. 5. Universitätsbibliothek Leipzig, Signatur: 8-B.S.T.763/1.
1 Eine Edition des Text durch Fritz Brüggemann in der Reclam-Reihe „Deutsche Literatur“ (Aus der Frühzeit der deutschen Aufklärung. Leipzig 1938, S. 134–281) beruht auf derselben Ausgabe, sodass sich ein Abgleich erübrigt.
530
Christian Weise
Die im Titel erwähnte ausfuͤ hrliche Vorrede findet sich als Anhang A im achten Band der Weise-Ausgabe ediert (Biblische Dramen V, S. 417–429). Mangels weiterer Drucke sind keine Varianten zu verzeichnen. Indessen wurden folgende Korrekturen vorgenommen: Im Personenverzeichnis des Erstdrucks sind die Namen der Figuren 258,18–23 nicht in Antiqua, sondern in Fraktur gesetzt. Den editorischen Leitlinien entsprechend, wird ihre Darstellung in Kapitälchen angeglichen. Bei der Seitenzählung wurden die folgenden Ziffern korrigiert: 114 statt 14 (371,17), 116 statt 16 (373,20), 125 statt 155 (382,17) und 240 statt 250 (502,12). In der Figurenaufzählung 313,7 konnte Alamode wegfallen: Er wird bereits zuvor (312,6) eingeführt. Folgende weitere Korrekturen wurden vorgenommen: 257,17 Boncompagnon ] Boncompagno. 261,2 Zweiter ] Erster. 261,18 Monsieur ] Monsieuer. 266,4f. Sinnen ] Sinne. 269,14 So ] so. 272,10 Klopffische ] Klopfffische. 277,15 Herr ] HErr. 284,24 wieder ] mieder. 288,23 ey ] ev. 296,22 gute ] gnte. 303,11 etcætera ] etcœtera. 304,10 und ] nud. 309,9 an ] au. 312,24 fertig ] fetig. 337,12 geredt? ] geredt! 341,27 Mund ] Mnnd. 342,20 selber ] selder. 353,12 Siehe ] Sirhe. 357,23 Gesellschaffte ] Gesellschaffe. 360,4 Beerstutz ] Beerstuz. 374,14 einem ] eiuem. 375,1 Fresser ] Fresserr. 379,14 singen: ] singen. 380,13 gehen. ] gehen /. 388,15 (weinet) Aber ] (Weinet) aber. 401,18 schreibt ] chreibt. 402,19 Sieh ] Sich. 408,6 Vertumnus ] Vertumnns. 412,2 Blumen ] Blnmen. 416,10 alte ] alle. 416,13 kan: ] kan;. 428,25 deine Wohnstube ] deine Wohnstube / deine Wohnstube. 435,11 Bastian ] Pastian. 439,3 mehr ] mher. 440,11 seyn ] sey. 444,14 und ] nnd. 446,1 Lande ] Lanee. 450,8 Wenn ] Wen. 450,9 gedoppelt ] gedopdelt. 454,11 Nunmehr ] Nunmeyr. 457,1 ich werde ] ichwerde. 477,10 (Theresia ] Theresia (. 488,13 genung ] geuung. 489,11 verwundere ] verwundeee. 492,10 Lob ] Lod. 505,22 (Passetems bringt ] Passetems (bringt. 508,4 Tausend-Schatz ] tausend-Schatz. 508,19 zu.) ] zu). 508,25 Immittelst ] Immiltelst.
Nachwort des Bearbeiters
531
In das Stück ist ab Seite 464f. ein lateinischer Dialog eingeflochten. Hierfür sei folgende Übersetzung vorgeschlagen: Otioso. Mi Frater, hic est unus magnus Ribaldus. Otioso 〈Der Faule〉. Mein Bruder, hier ist ein großer Raufbold. Stupido. Si ipsum deberem adhuc semel supponere, carnifex deberet ipsum tenere candelam. Stupido 〈Der Dumme〉. Sollte ich selbst noch einmal seine Rolle spielen, müsste ihn der Henker als Kerze halten. Bibaculo. Est ventriculus suillus, si Aristoteles esset ipsius Pater. Bibaculo 〈Der Säufer〉. Er wäre auch ein Schweinemagen, wenn Aristoteles sein Vater wäre. Otioso. Si ego deberem agere Comœdiam, ego volebam esse Hirundo, & ipse debebat esse vetus Tobias. Otioso. Sollte ich eine Komödie aufführen, wollte ich eine Schwalbe sein und er wäre der alte Tobias. Stupido. Ego vellem, qvod isti nebulones essent cœci, nam ego credo, qvod habent malos oculos, ego istum nebulonem semel vidi, & caput mihi dolet sicut ulcus sangvineus. Stupido. Ich wollte, diese Taugenichtse wären blind, denn ich glaube, dass sie schlechte Augen haben, ich habe diesen Taugenichts einmal gesehen und der Kopf schmerzt mir wie ein blutiges Geschwür.
532
Christian Weise
Bibaculo. Veni, volumus ipsum particulam examinare, & si nihil potest, volumus ipsum brave exvesperare. Bibaculo. Komm, soll er das Stückchen selbst prüfen, und wenn es nichts taugt, wollen wir es tüchtig verreißen. Otioso. Domine Butyrolambie, qvod est nomen tuum? Otioso. Herr Butterlecker, was ist dein Name? Stupido. Vide qvomodo tonsor imposuit tibi tuam barbam, ego do tibi semobolum, & lacero tibi crinem. Stupido. Schau wie der Barbier dir den Bart legte, so gebe ich dir einen halben Obolus und verstümmle dir das Haar. Bibaculo. Et ego do tibi nummum, & ludo cum meis digitis in tuo naso. Bibaculo. Und ich gebe dir eine Münze und spiele mit meinen Fingern in deiner Nase. Otioso. Ego credo, tu perdidisti tuam lingvam. Otioso. Ich glaube, du hast deine Zunge verloren. Stupido. Si ego essem Princeps in Regione, omnes tales Ribaldi perdere deberent suum caput. Stupido. Wäre ich Herrscher in der Region, verlören alle solche Raufbolde ihren Kopf.
Nachwort des Bearbeiters
533
Bibaculo. Ego tibi monstrabo in tuo capite, qvomodo circum spaciatur firmamentum. Bibaculo. Ich werde dir an deinem Kopf zeigen, wie sich der Himmel weitet. Otioso. Et ego volo monstrare in tuo oculo, qvomodo it, qvando sol obtenebratur. Otioso. Und ich will an deinem Auge zeigen, wie es ist, wenn sich die Sonne verdunkelt. Stupido. Ah tu nebulo, ego libenter vellem esse carnifex, si ego tibi deberem dare ficefacium. Stupido. Ah, du Schuft, ich wäre gern Henker, wenn ich dir den Ficefacius geben dürfte. Bibaculo. Et ego vellem pati ficefacium, si ego tibi possem eripere cor ex corpore. Bibaculo. Und ich würde den Ficefacius hinnehmen, wenn ich dir das Herz aus dem Leib reißen könnte. Otioso. Nebulo, dic, qvid facis hic? ego verberabo te in buccam, ut dentes debent saltare ex tuo collo. Otioso. Schuft, sag’, was machst du hier? Ich werde dich auf die Backe schlagen, dass dir die Zähne aus dem Hals hüpfen. Stupido. Nescio qvid tales nebulones sibi imaginant: veniunt ad nos, & non rogant propter remissionem. Stupido. Ich weiß nicht, was sich solche Schufte einbilden: Sie kommen zu uns und bitten nicht um Vergebung.
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Christian Weise
Bibaculo. Forsan est bonus Furmannus, bene potest furari. Bibaculo. Vielleicht ist es der gute Furmannus, er kann gut stehlen. Otioso. Sed interrogabimus ipsum, an etiam bene potest patibulare. Otioso. Aber fragen wir ihn, ob er auch gut am Galgenkreuz hängen kann. Kurz darauf (466,5f.) folgt der Satz: Otioso. Venite Fratres, qvando multi canes accedunt, leporibus dentes faciunt væ. Otioso. Kommt, Brüder, wann immer sich viele Hunde nähern, tun den Hasen die Zähne weh. Für ihre Mitarbeit bei der Übersetzung sei Julia Riemann herzlich gedankt.
Inhalt
Die Triumphirende Keuschheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Die beschützte Unschuld / Lust-Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Die Unvergnügte Seele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Nachwort des Bearbeiters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
Ausgaben Deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts Herausgegeben von Hans-Gert Roloff
A D L
144 Wolfgang Caspar Printz, Ausgewählte Werke · Band III: Realien. Hrsg. von Helmut K. Krausse. VI, 357 S. – 1993 145
Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band IV, 2. Teil: Adriatische Rosemund. Hrsg. von Ferdinand van Ingen. Bearb. von Volker Meid. IV, 351 S. – 1993
146 Daniel Czepko, Sämtliche Werke · Band VI: Briefwechsel und Lebenszeugnisse. Hrsg. von Hans-Gert Roloff und Marian Szyrocki †. Bearb. von Lothar Mundt und Ulrich Seelbach. VI, 474 S. – 1995 147 Johannes Geiler von Kaysersberg, Sämtliche Werke. Erster Teil: Die deutschen Schriften. Erste Abteilung: Die zu Geilers Lebzeiten erschienenen Schriften · Band III. Hrsg. von Gerhard Bauer. XXX, 975 S. – 1995 148
Johann Christoph Gottsched, Ausgewählte Werke · Band V, 4. Teil: Erste Gründe der gesamten Weltweisheit. Kommentar. Hrsg. von Phillip M. Mitchell. Bearb. von István Gombocz. VI, 283 S. – 1995
149
Christian Weise, Sämtliche Werke · Band XIII: Lustspiele IV. Hrsg. von Hans-Gert Roloff unter Mitarb. von Susanne Kura. IV, 325 S. – 1996
150
Daniel Czepko, Sämtliche Werke · Band II/1: Vermische Gedichte. Lateinische Gedichte. Hrsg. von Hans-Gert Roloff und Marian Szyrocki †. IV, 821 S. – 1996
151
Georg Wickram, Sämtliche Werke · Band X: Kleine Spiele. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. IV, 391 S. – 1997
152
Daniel Czepko, Sämtliche Werke · Band II/2: Vermische Gedichte. Deutsche Gedichte. Hrsg. von Hans-Gert Roloff und Marian Szyrocki †. Bearb. von Lothar Mundt und Ulrich Seelbach. IV, 611 S. – 1997
153
Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band XIV: Ethische Schriften. Hrsg. und bearb. von Ferdinand van Ingen. IV, 693 S. – 1997
Ausgaben Deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts Herausgegeben von Hans-Gert Roloff
A D L
154
Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band XVII/1: Heidnische Gottheiten. Hrsg. und bearb. von Ferdinand van Ingen. IV, 697 S. – 1998
155
Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band XVII/2: Heidnische Gottheiten. Hrsg. und bearb. von Ferdinand van Ingen. IV, 333 S. – 1999
156
Spieltexte der Wanderbühne · Band V/1: Italienische Spieltexte. Hrsg. von Alfred Noe. IV, 620 S. – 1999
157
Spieltexte der Wanderbühne · Band V/2: Italienische Spieltexte. Hrsg. von Alfred Noe. IV, 675 S. – 1999
158 Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band XVI: Beschreibung der Stadt Amsterdam. Hrsg. und bearb. von Ferdinand van Ingen. IV, 629 S. – 2000 159
Christian Weise, Sämtliche Werke · Band XVI: Schauspiele III. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. Bearb. von Hans-Gert Roloff und Susanne Kura. IV, 379 S. – 2002
160 Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band III/2: Weltliche Lyrik: Cats-Übersetzungen. Hrsg. und bearb. von Ferdinand van Ingen. IV, 429 S. – 2003 161
Georg Wickram, Sämtliche Werke · Band IX: Losbuch. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. IV, 263 S. – 2003
162
Christian Weise, Sämtliche Werke · Band XIX: Romane III. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. Bearb. von Hans-Gert Roloff und Gerd-Hermann Susen. IV, 382 S. – 2004
163
Christian Weise, Sämtliche Werke · Band XVIII: Romane II. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. Bearb. von Hans-Gert Roloff und Gerd-Hermann Susen. IV, 229 S. – 2005
164
Christian Weise, Sämtliche Werke · Band XVII: Romane I. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. Bearb. von Hans-Gert Roloff und Gerd-Hermann Susen. IV, 319 S. – 2006
Ausgaben Deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts Herausgegeben von Hans-Gert Roloff
A D L
165
Spieltexte der Wanderbühne · Band VI: Kommentar zu Band I–V. Hrsg. von Alfred Noe. XC, 296 S. – 2007
166
Bartholomäus Ringwaldt, Ausgewählte Werke. Hrsg. von Federica Masiero. 2 Bde. V, 1207 S. – 2007
167 Martin Opitz, Lateinische Werke · Band 1: 1614–1624. Hrsg., über setzt und kommentiert von Veronika Marschall und Robert Seidel. XLII, 477 S. – 2009 168 Martin Opitz, Lateinische Werke · Band 2: 1624–1631. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Veronika Marschall und Robert Seidel. XXXIII, 561 S. – 2011 169 Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band XVIII/1: Coelum astronomico-poeticum. Lateinischer Text und Übersetzung. Hrsg. und übers. von Reinhard Klockow. XX, 877 S. – 2011 170 Thomas Naogeorg, Sämtliche Werke · Band VI/1: Regnum Papisticum. Lateinische Fassung von 1553. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. IV, 143 S. – 2015 171
Thomas Naogeorg, Sämtliche Werke · Band VI/2: Regnum Papisticum. Deutsche Fassung von 1555. Das Ppstisch Reych von Burkhard Waldis. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. IV, 292 S. – 2015
172 Martin Opitz, Lateinische Werke · Band 3: 1631–1639. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Veronika Marschall und Robert Seidel. XXXIII, 657 S. – 2015 173 Johann Rist, Sämtliche Werke · Band III: Dichtungen 1634–1642. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. IV, 783 S. – 2017 174
Johannes Adelphus, Ausgewählte Schriften · Band IV: Realienband. Hrsg. von Bodo Gotzkowsky. XXII, 592 S. – 2018
175 Johann Rist, Sämtliche Werke · Band VIII: Dichtungen 1644–1646. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. IV, 473 S. – 2018
Ausgaben Deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts Herausgegeben von Hans-Gert Roloff
A D L
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Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band XVIII/2: Coelum astro nomico-poeticum. Kommentar von Reinhard Klockow. 751 S. – 2019
177
Johann Rist, Sämtliche Werke · Band IX: Dichtungen 1647–1648. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. IV, 377 S. – 2019
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Johann Rist, Sämtliche Werke · Band X/1: Neuer Teutscher Parnass 1652. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. IV, 456 S. – 2019
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Johann Rist, Sämtliche Werke · Band X/2: Neuer Teutscher Parnass 1652. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. VI, 429 S. – 2019
180 Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band XIX: Neues Buß- und Gebetbuch. Hrsg. und bearb. von Ferdinand van Ingen. IV, 251 S. – 2020 181
Johann Rist, Sämtliche Werke · Band XI: Dichtungen 1653–1660. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. VI, 507 S. – 2020
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Johann Rist, Sämtliche Werke · Band XII: Verstreute Schriften. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. V, 541 S. – 2020
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Johann Christian Hallmann, Sämtliche Werke · Band 4: Leich-Reden, Todten-Gedichte, Grab-Schrifften. Hrsg. von Ulrich Seelbach. IV, 589 S. – 2021
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Johann Christian Hallmann, Sämtliche Werke · Band 5: Adlersflügel, Ehren-Stern, Leopoldus, Hochzeits- und Glückwunschgedichte. Hrsg. von Ulrich Seelbach. IV, 256 S. – 2022
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Christian Weise, Sämtliche Werke · Band 14: Schauspiele I. Hrsg. von Nicolas von Passavant. IV, 510 S. – 2022
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Johann Rist, Sämtliche Werke · Band 13: Realien, Textkommentar und Register. Hrsg. von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff. IV, 654 S. – 2022